2900/J XXI.GP
Eingelangt am: 8.10.2001
der Abgeordneten Heidrun Silhavy
und Genossinnen
an den Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung
In der Anfragebeantwortung 2730 AB erfolgt eine Darstellung der gravierenden
Fehleinschätzung hinsichtlich der Anzahl der betroffenen Personen und damit verbunden den
finanziellen Einnahmeerwartung des BMSG durch die ungerechte und auch unsoziale
Streichung der beitragsfreien Mitversicherung in der Krankenversicherung.
Die Antort zu Frage 10 lautet: „Auch wenn die finanziellen Mehreinnahmen unter den
Erwartungen geblieben sind, hat diese Maßnahme zu mehr Beitragsgerechtigkeit in der
Krankenversicherung geführt“.
Nun erhalten Abgeordnete unter anderem folgenden Brief
Sehr geehrte Damen und Herren!
Hiermit erhebe ich Einspruch gegen die Vorschreibung des Zusatzbeitrags gemäß § 51d
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (,‚Hausfrauensteuer“).
Begründung:
Meine Gattin war seit Abschluss Ihrer Krankenpflegeschule im Jahre 1981 bis März 1997
nahezu durchgehend als Diplomkrankenschwester tätig und daher versichert. Auf Grund
eines schweren Arbeitsunfalls Ende November 1996 (Oberschenkelhalsbruch!), dessen
Ausmaß trotz Konsultation mehrerer Fachärzte und Unfallambulanzen erst Ende Dezember
1996 nach mehr als 3 Wochen äußerst starker Schmerzen erkannt wurde und der eine sehr
belastende Operation erforderte (Verplattung und Verschraubung des linken Oberschenkels).
Da auch nach der Operation das kranke Bein bis heute nicht mehr im vollen Umfang
belastbar war, war an eine weitere Ausübung des schweren Berufs meiner Gattin nicht mehr
zu denken. Das Dienstverhältnis mit ihrem Arbeitgeber (Land NÖ) wurde daher
einvernehmlich gelöst.
Dazu kommt, dass meine Gattin durch das traumatische Ereignis des Unfalls mit der Folge
einer langen verunstaltenden Narbe, immer wiederkehrenden Schmerzen, eingeschränkter
Belastbarkeit des Beins und zusätzlich eines Abortus in der dritten Schwangerschaftswoche
im August 1997 auch psychisch nicht mehr so belastbar ist, wie es für die Ausübung des
Krankenpflegeberufs erforderlich wäre.
Leider hat es meine Gattin auch infolge der auf Grund des Unfalls resultierenden psychischen
Probleme verabsäumt, um entsprechende Unterstützung wie Unfallrente, Arbeitslosengeld
etc. anzusuchen, und sich der im Zuge dieser Verfahren ziemlich anstrengenden Prozeduren
zu unterziehen. Sie ist daher nicht bei mir mitversichert, weil sie nur Hausfrau sein will,
sondern im Gegenteil, sie wird durch die
erzwungene Untätigkeit noch zusätzlich belastet.
Obwohl dem Sozialsystem durch die Nichtanspruchname von Leistungen, die meiner Gattin
an sich zugestanden wären (jedenfalls Arbeitslosengeld und Unfallrente und aber
wahrscheinlich auch Notstandshilfe im Falle ihrer Nichtverheiratung), Geld erspart wurde,
werden meine Gattin und ich jetzt durch die Vorschreibung der Hausfrauensteuer quasi
bestraft für ein Ereignis, das im Zuge der Berufsausübung meiner Gattin und nicht etwa
durch einen Freizeitunfall eingetreten war.
Ich werde daher die mir vorgeschriebenen Beträge nur unter Vorbehalt leisten.
Insbesondere behalte ich mir auch das Recht vor, alle geleisteten Beträge zurückzufordern,
falls durch eine Erkenntnis eines dafür zuständigen österreichischen oder europäischen
Gerichtshofes die Passagen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes aufgehoben werden
sollten, welche den Zusatzbeitrag gem. § 51d betreffen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen nachfolgende
ANFRAGE:
1. Wodurch ist beim oben angeführten Beispiel ein mehr an Beitragsgerechtigkeit
gegeben?
2. Was ist ein Mehr an Beitragsgerechtigkeit, wenn Menschen viele Jahre ihre
Krankenversicherungsbeiträge geleistet haben und beispielsweise trotz Arbeitslosigkeit
keinen Leistungsanspruch wegen Einkommensanrechnung in der Arbeitslosenversicherung
haben, nun einen Zusatzbeitrag leisten müssen?
3. Sie haben in einer Anfragebeantwortung ausgeführt:
„Die Abschaffung der beitragsfreien Anspruchsberechtigung in der Krankenversicherung
beruht wie alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erhöhung der Treffsicherheit des
Sozialsystems auf dem Gedanken, dass sich soziale Gerechtigkeit durch alle politischen
Maßnahmen ziehen muss und sozialstaatliche Leistungen auf nachvollziehbaren Kriterien
sowie gesicherten Finanzierungsgrundlagen basieren sollen und nicht undifferenziert verteilt
werden sollen. So wird mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2001 für Angehörige - mit Ausnahme
der Kinder und Enkel - grundsätzlich ein Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung in Höhe
von 3,4 % der Beitragsgrundlage des (der) Versicherten zu entrichten sein.
Die Gratismitversicherung bleibt jedoch nach der Regierungsvorlage eines
Budgetbegleitgesetzes 2001(311 der Beilagen) weiterhin für alle Personen erhalten, die sich
- der Kindererziehung widmen oder
- vier Jahre lang gewidmet haben, weiters für Personen, die Pflegegeld zumindest in Höhe
der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den einschlägigen Bestimmungen der
Landespflegegeldgesetze beziehen oder
- den erheblich behinderten Versicherten (die erheblich behinderte Versicherte) pflegen. Als
erheblich behindert gelten solche Personen, die Anspruch auf Pflegegeld mindestens in Höhe
der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den einschlägigen Bestimmungen der
Landespflegegeldgesetze haben.
Darüber hinaus wird hinsichtlich dieses Zusatzbeitrages eine Befreiungs - und
Herabsetzungsmöglichkeit bei besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit durch eigene
Richtlinien des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger eingeräumt
werden.“ Wo sehen Sie den Vertrauensschutz für Menschen gewährleistet, die aus
Altersgründen keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen können?
4. Von rund 1,4 Mio. Menschen - welche vor dieser Maßnahme beitragsfrei
mitversichert waren - haben laut Angaben in der Anfragebeantwortung 2730 AB rund
21.000 Menschen einen Zusatzbeitrag zu leisten.
a) Wie viele sind davon Frauen?
b) Wie viele sind davon Frauen über 55 Jahre?
c) Wie viele waren davon irgendwann bereits auf Grund einer Berufstätigkeit versichert?