3446/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.02.2002

AN FRAGE

der Abgeordneten Helmut Dietachmayr

und GenossInnen

an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend “Sanierung der Krankenkassen "

Die    unerhörte    Vorgangsweise    der    schwarz-blauen    Regierung    im    Bereich     der

Krankenversicherung wird fortgesetzt. Nach dem Motto “wer krank ist muss zahlen" wird
weiter über Selbstbehalte diskutiert. Der Chef der Sozialversicherung der Gewerblichen
Wirtschaft spricht schon davon, dass Patientinnen generell bei jedem Arztbesuch 20%
Selbstbehalt bezahlen sollen. Selbstbehalte treffen jedoch in erster Linie die sozial
Schwächeren und die Pensionisten, auf die wegen der altersbedingten körperlichen Gebrechen
ein hoher Anteil der Gesundheitsausgaben fällt.

Ein Experte aus dem Europäischen Zentrum für Sozialforschung ließ mit der Aussage
aufhorchen: “dass wenn die beitragsfreie Mitversicherung für Mütter, deren Kinder älter als
drei Jahre sind, abgeschafft würde mehr als 14 Milliarden Schilling (1,02 Mrd. Euro) ins
Krankenversicherungssystem kämen. Wenn das bei Müttern mit Kindern ab dem 7.
Lebensjahr umgesetzt würde - Ausnahmen für Härtefälle eingerechnet - so würde dies
Mehreinnahmen von über 727 Mio. Euro (10 Mrd. Schilling) ergeben!" Damit hätte man sich
von der Ambulanzgebühr bis zur Unfallrentenbesteuerung alles erspart und man hätte immer
noch einen riesigen Finanzpolster für die nächsten Jahre.

Die WKÖ wiederum fordert Sanktionen ( so sollen z.B.: Verträge leichter gekündigt werden
können) gegen Ärzte, die bei den Medikamentenverordnungen über einem gewissen, erst zu
ermittelnden Schnitt liegen. Nach der Meinung der WKÖ soll der Ausgleich zwischen den

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Krankenversicherungsträgern neu geregelt werden. Aus dem Fonds sollen jene mit Darlehen
versorgt werden, die effizient wirtschaften und durch die Versichertenstruktur benachteiligt
sind. Weiters spricht sich die WKÖ für Ländergesundheitsfonds - nach dem Prinzip “ein Topf
für ein Bundesland" aus.

Der neue Sprecher der Geschäftsführung des Hauptverbandes, Dr. Kandlhofer, spricht in
einem Kronenzeitungsinterview davon, dass der Ausgleichsfonds aufgestockt werden soll.
Seiner Ansicht nach sollte außerdem ein gemeinsamer Einkauf, etwa beim Strom, beim
Telefon und in der EDV stattfinden, eine zentrale Führung der “Einrichtungen"
(Sonderkrankenanstalten, Rehabilitationszentren, Kurheimen) könnte die Auslastung und
Koordination verbessern, etc.

Im internationalen Vergleich liegt Österreich sehr gut bei den Ausgaben für die Gesundheit.
In Österreich wird 8,2% des BIP in die Gesundheit investiert, in Frankreich 9,6%, in der
Schweiz 10,4%, in Deutschland 10,6% und in den USA sind es gar 13,6 % des BIP.


Der Umstieg von der Pflichtversicherung auf die Versicherungspflicht ist keine Alternative.
In Deutschland, wo man sich den Versicherer aussuchen kann, sind nicht nur die Kosten
gestiegen, sondern auch der bürokratische Aufwand. Deutsche Experten warnen uns
eindringlich vor der Übernahme dieses Systems!

Die   Politik    der   schwarz-blauen    Regierung    lastet   den   Krankenversicherungsträgem

Belastungen von über 365 Mio € pro Jahr auf:

Zu nennen sind hier unter anderem Mindereinnahmen nach der Senkung der
Arbeitgeberbeiträge in der Krankenversicherung (65 Mio Euro) und aufgrund des
Arbeitsrechtsänderungsgesetztes (14.5 Mio Euro), der Nettoausfall durch das Lehrlingspaket
(23,3 Mio Euro), die Übernahme der Bauernversicherung in den Ausgleichsfonds (damit
Übernahme des Defizits von 65 Mio Euro durch die anderen Kassen), die Erhöhung der
Zahlungen an die Privatspitäler (17,4 Mio Euro), die Verringerung der Zahlungen der
Pensionsversicherung (10,9 Mio. Euro), der Zinsverlust durch die Verlängerung der
Zahlungsfrist der Sozial Versicherungsbeiträge (7,3 Mio. Euro) und 73 Mio. Euro durch die
(nicht abgegoltene) Mehrwertsteuer durch den gestiegenen Medikamentenbedarf.

Alleine ein vollständiger Ausgleich bei der Mehrwertsteuer für Medikamente, würde den
Krankenkassen angeblich 73 Mio Euro (eine Milliarde Schilling) bringen.
Eine Änderung in der Praxis der Medikamentenverschreibung könnte viel Geld einsparen
helfen, wie sich am Beispiel der Steiermark zeigt. Dort erfolgt ein besonders ökonomischer
Einsatz von Medikamenten, da je nach erwünschten Wirkstoff das jeweils günstigste
Medikament vorgeschrieben wird.

Durch die Abschaffung der Höchstbeitragsgrundlage würden ca. fünf Milliarden Schilling
zusätzlich in die Krankenkassen fließen. Würde die Höchstbeitragsgrenze bloß - wie es Ihr
Parteifreund Gaugg vorschlägt - auf 60.000 Schilling angehoben, wären es immer noch 2,6
Milliarden Schilling. Ein Teil der Beiträge würde durch eine niedrigere Steuerleistung
kompensiert werden.

Mit der Einführung der E-Card müssen die wegfallenden Krankenscheingebühren
kompensiert werden, die den Kassen pro Jahr immerhin über 58 Mio Euro bringen.

Der Übergang zu einer wertschöpfungsbasierten Berechnung würde die Möglichkeit bieten,
ein höheres Volumen an Beiträgen bei gleichzeitiger Senkung des Beitragssatzes zu erreichen.
Dies würde einen Übergang von einer reinen Lohnsteuer zu einer Steuer auf die gesamte
Wertschöpfung bedeuten. Dies wäre der erste Schritt um Arbeitseinkommen zu entlasten und
(Sach-) Kapitaleinkommen zu belasten.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
soziale Sicherheit und Generationen nachstehende


Anfrage

1.    Wie hoch sind die Abgänge der Krankenversicherungsträger (aufgeschlüsselt nach
Kassen und Bundesländern) für das Jahr 2001?

2.   Wie hoch war im Jahr 2001 die Summe im Ausgleichsfonds?

3.   Welche Kassen haben 2001, wie viel in diesen Ausgleichsfonds eingezahlt?

4.   Welche Kassen waren die Empfänger der Leistungen des Ausgleichsfonds im Jahr 2001?

5.   Welche Beträge haben diese Kassen aus dem Ausgleichsfonds im Jahr 2001 erhalten?

6.   Wie hoch waren die Abgänge in der Bauernkasse im Jahr 2001?

7.    Wie hoch wird der Abgang in der Bauernkasse im Jahr 2002, der von den anderen
Trägern aus dem Ausgleichsfonds abzudecken ist, sein ?

8.    Wie hoch ist der Beitrag der Gebietskrankenkassen im Jahr 2001 zur Sanierung der
Bauernkasse?

9.    Wie hoch waren die Einnahmen durch die Ambulanzgebühr im Jahr 2001?

10.  Um wie viel ist die Frequenz in den Ambulanzen im letzten Quartal 2001 im Vergleich
zum letzten Quartal 2000 gesunken?

11.  Wird es zu neuen Selbstbehalten kommen?
a.     Falls ja, welche neuen Selbstbehalte sollen eingeführt werden?
b.     Falls ja, wie hoch sind die erwarteten Einnahmen durch die neuen Selbstbehalte?
c.     Wie stehen Sie zur Forderung der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, dass
Patienten generell bei jedem Arztbesuch 20% Selbstbehalt bezahlen sollen?

12.  Wird es zu einer Erhöhung der bestehenden Selbstbehalte kommen?
a.     Falls ja, um welchen Betrag werden die Selbstbehalte erhöht?
b.     Falls ja, wie hoch sind die durch die Erhöhung erwarteten Einnahmen?
c.     Wie hoch waren die Einnahmen durch die bereits bestehenden Selbstbehalte im Jahr
2001 (aufgegliedert nach Selbstbehalten) ?

13. Wird es zu einer weiteren Erhöhung der Rezeptgebühr kommen?

a.   Falls ja, um welchen Betrag soll die Rezeptgebühr erhöht werden?

b.    Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten zusätzlichen Einnahmen?

c.    Wie hoch waren die Einnahmen aus der Rezeptgebühr im Jahr 2001?


14. Wird es zu einer weiteren Erhöhung des Spitalskostenbeitrages kommen?

a.   Falls ja, um welchen Betrag soll der Spitalskostenbeitrag erhöht werden?

b.   Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten zusätzlichen Einnahmen?

c.   Wie hoch waren die Einnahmen durch den Spitalskostenbeitrag im Jahr 2001?

15. Droht eine weitere Kürzung des Krankengeldes?

a.   Falls ja, um welchen Betrag soll das Krankengeld gekürzt werden?

b.   Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten Einsparungen?

c.   Wie hoch waren die Leistungen für das Krankengeld in den Jahren 2000 und 2001?

16.  Wird es zu einer weiteren Kürzung der Zuschüsse für Heilbehelfe und Hilfsmittel

kommen?
a.     Falls ja, um welchen Betrag werden die Zuschüsse für welche konkreten Heilbehelfe und

Hilfsmittel gekürzt?

b.     Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten Einsparungen?
c.     Wie hoch waren die Zuschüsse in den Jahren 2000 und 2001?

17.  Wird es zu einer Kürzung für Zuschüsse für Zahnregulierungen kommen?

a.    Falls ja, um welchen Betrag werden die Zuschüsse für Zahnregulierungen gekürzt?

b.    Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten Einsparungen?

c.      Wie hoch waren die Zuschüsse in den Jahren 2000 und 2001?

18.  Wird es zu einem österreichweit einheitlichen Katalog an Grundleistungen der

Krankenkassen kommen?
a.     Falls ja, welche Grundleistungen sollen alle Krankenkassen erbringen?

b.     Falls ja, ab wann wird es diesen Katalog geben?

19. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Kassen länderweise in Gesundheitsforen

zusammenarbeiten und ihre Leistungen koordinieren?
a.     Falls nein, warum nicht?
b.     Falls ja, ab wann soll es diese Gesundheitsforen geben?

20.   Kommt ein einheitliches EDV-System für alle Versicherungen und Leistungserbringer

um ein effizientes Controlling zu ermöglichen?
a.     Falls nein, warum nicht?
b.     Falls ja, ab wann gibt es dieses einheitliche EDV-System?

21.  Wo sehen Sie konkret noch Einsparungspotentiale in der Verwaltung der Kassen?
a.     Wie hoch sind diese Einsparungen?

22.   Wird es zu einer Reduktion der Einrichtungen der Sozialversicherungen auf

Bezirksebene kommen?
a.     Falls ja, wie viele Einrichtungen der Sozialversicherungen sollen in welchen Bezirken

geschlossen werden?


b.    Falls ja, wie viele Beschäftigte sind davon betroffen?

c.    Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten finanziellen Einsparungen?

d.    Falls ja, wie wollen Sie Nachteile für Alte, Kranke und Behinderte ausschließen?

23.  Können Sie sich eine geringfügige Beitragserhöhung vorstellen?

a.    Falls ja, wie hoch sollte die Beitragserhöhung ausfallen?

b.    Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten zusätzlichen Einnahmen?

c.    Falls nein, warum nicht?

24.  Sind Sie für die Aufhebung bzw. Anhebung der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage in der
Krankenversicherung?

a.    Falls nein, warum nicht?

b.    Falls ja, auf welchen Betrag wird die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage angehoben?

c.     Wie hoch wären die Einnahmen für die Krankenversicherung, falls die ASVG-
Höchstbeitragsgrundlage aufgehoben bzw. auf ATS 50.000 (ca. € 3633,64). ATS 55.000
(ca. € 3997) bzw. ATS 60.000 Schilling (ca. € 4360,37) angehoben wird?

25. Wie wollen Sie mehr Kostendisziplin in der Ärzteschaft bei der

Medikamentenverschreibung erreichen?
a.    Wie wurde in der Steiermark der ökonomische Einsatz von Medikamenten konkret

erreicht?
b.    Könnten Sie sich generell diesen Weg für alle Kassen vorstellen und wie wollen sie

diesen umsetzen?

26.  Wieso haben Sie den Vorschlag Ihres eigenen Staatssekretärs Dr. Waneck, der einen
zweckgebundenen Beitrag bei der Tabaksteuer vorgeschlagen hat, zurückgewiesen?

27. Trauen Sie Ihrem eigenen Finanzminister nicht, wenn Sie befürchten, dass das Geld im
Budget versickert und nicht den Kassen zugute kommt?

28.  Wird die beitragsfreie Mitversicherung für Mütter mit Kindern ab einem gewissen Alter

der Kinder gestrichen?
a.    Falls ja, ab welche Alter der Kinder wird die beitragsfreie Mitversicherung für Mütter mit

Kindern gestrichen?

b.    Falls ja, wie hoch sind die dadurch erwarteten Einnahmen für die Kassen?
c.     Falls nein, warum nicht?

29.   Werden Sie sich für die volle Abgeltung der Mehrwertsteuer auf Medikamente

einsetzen?

a.     Falls nein, warum nicht?
b.     Falls ja, ab wann ist mit der vollen Abgeltung der Mehrwertsteuer auf Medikamente zu

rechnen?
c.     Falls ja, wie hoch wären die Einnahmen für die Kassen falls die Mehrwertsteuer auf

Medikamente voll abgegolten wird?


30.  Wird es zu einer weiteren Senkung des Arbeitgeberbeitrages zur Krankenversicherung

der Arbeiter ohne ausreichende Kompensation kommen?
a.     Falls ja, wie hoch wird diese Senkung ausfallen?
b.     Wie hoch ist die zusätzlich finanzielle Belastung für die Kassen im Jahr 2001, die durch

die Senkung des Arbeitgeberbeitrags zur Krankenversicherung entstanden ist?
c.     Wird es in nächster Zeit zugunsten der Kassen zu einer Kompensation für diese

finanzielle Belastung kommen?

31. Wird es zu einer weiteren Senkung des Krankenversicherungsbeitrages für Selbständige

kommen?
a.     Falls ja, wie hoch wird diese Senkung ausfallen?

32. Wird es zu einer weiteren Verlängerung der Zahlungsfristen der Arbeitgeber für

Krankenversicherungsbeiträge kommen?

a.     Falls ja, um welchen Zeitraum wird die Zahlungsfrist verlängert?
b.    Wie hoch ist der finanzielle Schaden, der den Kassen durch die Verlängerung der

Zahlungsfristen der Arbeitgeber im Jahr 2001 entstanden ist?

33.   Welche Maßnahmen werden Sie gegen die wachsenden Beitragsschulden der

Arbeitgeber setzen?
a.     Wie hoch ist die Beitragsschuld der Arbeitgeber im Jahr 2001?

34.  Wird es zu mehr Beitragsgelder für Privatkliniken kommen?

a.     Falls ja, wie hoch sind die Beitragsgelder, die für Privatkliniken zusätzlich vorgesehen

sind?
b.    Welche Summe an Beitragsgelder bekamen die Privatkliniken (aufgeschlüsselt nach

Privatkliniken) in den Jahren 1999, 2000 und 2001?

35.  Wird es zu einer Spannensenkung bei den Arzneimitteln auf EU-Niveau kommen?
a.     Falls nein, warum nicht?

b.    Wie hoch wären die Einsparungen für die Kassen, falls es zu einer Spannensenkung bei
den Arzneimitteln auf EU-Niveau kommt?

36. Werden Sie die Zensur der Meinungsäußerung der SV-Träger durch Ihr Ministerium

weiter aufrechterhalten?
a.     Falls ja, warum?
b.    Wie viele Schreiben der SV-Träger wurden seitens Ihres Ministeriums - aufgeschlüsselt

nach Träger - vor deren Veröffentlichung “korrigiert" bzw. ganz unterbunden?

37.  Ist es richtig, dass die Gremien der Selbstverwaltung des “Hauptverbandes-Neu" ca. 3

mal so viel vor der “Wende" kosten?
a.    Falls nein, wie hoch sind tatsächlich die finanziellen Aufwendungen für die Gremien des

“Hauptverbandes-Neu"?


38. Wie stehen Sie nun zur Einführung der Versicherungspflicht?

a.   Ist die Einführung der Versicherungspflicht für Sie immer noch ein Thema?

b.   Falls ja, warum?

39.  Was werden Sie zur besseren Prävention unternehmen?

40.  Wie wird der zu erwartende Einnahmenentfall durch die Einführung der E-Card

kompensiert?

41.  Wie stehen Sie zum Übergang zu einer wertschöpfungsbasierten Berechnung?

a.     Welche konkreten Vorteile würden sich dadurch für die Versicherten und für die Kassen

ergeben?
b.    Welche konkreten Nachteile würden sich dadurch für die Versicherten und für die

Kassen ergeben?