3665/J XXI.GP

Eingelangt am: 21.03.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend Verhaltensvereinbarungen

Seit Beginn des Schuljahres 2001/02 sind unter dem Titel “Gestaltung des Schullebens und
Qualitätssicherung" die sogenannten “Verhaltensvereinbarungen" (§44 SchUG) in Kraft
getreten. Allerdings sind mittlerweile Hausordnungen an Schulen bzw. Vorfälle an einzelnen
Schulen bekanntgeworden, die autoritäre Intentionen sichtbar machen und sich ausschließlich
als willkürliche Disziplinierungsmaßnahme gegen Schülerinnen herausstellen. So werden z.B.
bei Verstößen gegen die Hausordnung (Tragen von Hausschuhen) als Sanktionsmaßnahmen
das Putzen von Klassen, generelle Einteilung zum “Putzdienst" bzw. bei mehrmaligen
Verstößen bis zur Androhung des Ausschlusses aus der Schule festgelegt (HLW
Spittal/Drau). Im BRG Güssing (Burgenland) wurde - aufgrund des Verdachtes von
Alkoholbesitz bei Schülerinnen -eine “Razzia" durchgeführt, ohne den
Schulgemeinschaftsausschuß zu befassen. In anderen Schulen, wie z.B. im Europagymnasium
Linz (Oberösterreich) wird bei Verstößen gegen die Hausordnung das Nachholen von
Versäumnissen (“compensation time"), das Nachsitzen, angedroht. In der Hausordnung am
RG/WRG
VIII, Feldgasse in Wien wird folgendes angeführt: “WC-Besuche sind in den
Pausen zu tätigen und unmittelbar nach Stundenbeginn zu unterlassen (!). Der Aufenthalt im
Schulgebäude ist in der Freizeit verboten."

Zum Teil handelt es sich bei diesen Beispielen um massive Eingriffe in die Privatsphäre und
in die Persönlichkeitsrechte einzelner Schülerinnen!

Die Umsetzung der “Verhaltensvereinbarungen" in der Praxis sind auch vor dem Hintergrund
der vor kurzem veröffentlichen Studie des Salzburger Erziehungswissenschafters, Univ.-Prof.
Dr. Volker Krumm, zu sehen, wonach 78 % der Schülerinnen angaben, in ihrer Schullaufbahn
mindestens einmal von einem Lehrer massiv gekränkt worden zu sein.


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung,

Wissenschaft und Kultur nachstehende

Anfrage:

1.      Sind Ihnen die Hausordnungen der Schulen, die auf der gesetzlichen Grundlage des

§ 44 SchUG erstellt worden sind, bekannt?

2.      Entsprechen die in der Begründung genannten Hausordnungen tatsächlich der
Zielsetzung, wie sie in § 44 SchUG, festgelegt ist?

Wenn nein, welche Konsequenzen sind für die Hausordnungen vorgesehen, die nicht
dieser Zielsetzung entsprechen?

3.      Sind Sie der Auffassung, daß diese Hausordnungen modernen, zeitgemäßen,
pädagogischen Zielsetzungen entsprechen?

4.      Denken Sie an die Möglichkeit des verstärkten Einsatzes von

Konfliktlösungsmodellen mit MediatorInnen und werden dafür die Budgetmittel
bereitgestellt?

5.      Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den alarmierenden Ergebnissen der Studie von
Univ.-Prof. Dr. Volker Krumm?

6.      Was halten Sie von der Einrichtung von “Unabhängigen Schülerinnenanwälten" nach
dem Muster der Kinder- und Jugendanwälten in den Bundesländern?