3669/J XXI.GP

Eingelangt am: 21.03.2002

ANFRAGE

des Abgeordneten Brosz, FreundInnen und Freunde

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

betreffend Diskriminierung von Lesben und Schwulen durch an österreichischen
Schulen verwendete Schulbücher

Das an österreichischen allgemeinbildenden höheren Schulen verwendete
Schulbuch "Welt des Lebens 4" von Hännl, Tezner und Mandl, das mit Bescheid ZI.
24.714/5-1/9/87 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport als für den
Unterrichtsgebrauch an allgemeinbildenden höheren Schulen für die 4. Klasse im
Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde geeignet erklärt wurde, enthält
Informationen über menschliche Sexualität im allgemeinen und Homosexualität im
besonderen, die keineswegs dem wissenschaftlichen Stand entsprechen und als
diskriminierend gegenüber Lesben und Schwulen einzustufen sind.
Insbesondere folgende Textstellen sind zu erwähnen:

(1) "Die Selbstbefriedigung (Masturbation, Onanie) mag eine gelegentliche sexuelle
Entspannung bringen, sollte aber stets nur eine Notlösung bleiben. Denn das
eigentliche Ziel des menschlichen Geschlechtslebens und seiner Erotik ist der
andersgeschlechtliche Partner" (S.89).

(2) "Manchmal kommt es vor, daß Menschen zu einem gleichgeschlechtlichen
Partner sexuelle Beziehungen entwickeln. Sie sind homosexuell. Bei Frauen
spricht man von lesbischer Beziehung. Es ist dies eine biologische Fehlhaltung"
(S. 95)

(3) "[Von Aids] besonders gefährdet sind homosexuelle und bisexuelle Männer,
Drogenabhängige, Prostituierte und deren Kunden, Männer und Frauen, die
häufig ihre Sexualpartner wechseln, Männer und Frauen, die Sexualkontakte
häufig in stark durchseuchten Gebieten und Städten haben (Sextourismus)" (S.
96)

Diese Stellen sind geeignet, Vorurteile gegenüber Lesben und Schwulen zu
vermitteln und entsprechen auch nicht den Zielsetzungen des Unterrichtsprinzips der
Sexualerziehung; insbesondere sind sie geeignet, lesbischen und schwulen
Schülerinnen die Annahme der Fehlerhaftigkeit ihrer Persönlichkeit nahezubringen
und sie somit in ihrem Reifungs- und Bildungsprozess zu behindern, anstatt zu
unterstützen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

1.  Ist Ihrer Meinung nach gerechtfertigt, in Schulbüchern zu vermitteln, dass das Ziel
des menschlichen Geschlechtslebens und seiner Erotik in jedem Falle der/die
andersgeschlechtliche Partnerin ist?

a) Wenn ja, wie meinen Sie, dass dann Menschen beurteilt werden, die eineN
gleichgeschlechtlichen Partnerin wählen?

b) Halten Sie es für möglich, dass sich Lesben und Schwule durch eine derartige
Aussage diskriminiert fühlen?

2.  Entspricht es dem aktuellen Stand der Wissenschaft, dass Homosexualität eine
biologische Fehlhaltung darstellt?

a) Wenn ja, welche wissenschaftlichen Quellen wurden konsultiert, um zu dieser
Beurteilung zu gelangen?

b) Wenn nein, halten Sie es für angebracht, Schülerinnen solches zu vermitteln?

c)  Halten Sie es für möglich, dass sich Lesben und Schwule durch eine derartige
Aussage diskriminiert fühlen?

3.   Ist es im Sinne einer präventiven Aufklärung sinnvoll, Schülerinnen zu vermitteln,
dass eine Gefährdung durch HIV/Aids besonders homo- und bisexuelle Männer,
Prostituierte und deren Kunden, Männer und Frauen mit häufigem Wechsel der
Sexualpartnerinnen sowie Sextouristinnen betrifft?

a) Ist eher die Zugehörigkeit zu einer (Risiko-)Gruppe oder das Ausüben eines
Risikoverhaltens dazu geeignet, die Gefährdung durch HIV/Aids zu erhöhen?

b) Halten Sie es für möglich, dass solche Aussagen dazu führen können, dass sich
Jugendliche, die in keine der genannten Gruppen fallen, in Sicherheit wiegen?

c)  Halten Sie es für möglich, dass sich Lesben, Schwule und Bisexuelle durch eine
derartige Aussage diskriminiert fühlen?

4.  Entsprechen die Passagen aus Hännl, Tezner u. Mandl, "Welt des Lebens 4"
über (Homo-)sexualität dem aktuellen wissenschaftlichen Stand?

a) Wenn ja, halten Sie es für möglich, dass sich Lesben und Schwule durch diese
Passagen diskriminiert fühlen?

b) Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um zu verhindern, dass
weiterhin falsche Informationen über Homosexualität an Schülerinnen durch
dieses Schulbuch vermittelt werden?

5.  Welche für den Unterrichtsgebrauch an österreichischen Schulen zugelassenen
Bücher und Unterrichtsmaterialien enthalten Informationen über oder
Erwähnungen von Homosexualität bzw. Lesben und Schwulen?

6.   In welchen dieser Bücher bzw. Unterrichtsmaterialien sind Informationen über
Homosexualität bzw. Lesben und Schwule enthalten, die nicht mehr dem
wissenschaftlichen Stand entsprechen und/oder geeignet sind, Lesben und
Schwule zu diskriminieren?

7.  In welchen dieser Bücher bzw. Unterrichtsmaterialien sind Informationen über
Homosexualität bzw. Lesben und Schwule enthalten, die dazu beitragen, dass
Schülerinnen einen vorurteilsfreien und gleichberechtigten Umgang miteinander


lernen und insbesondere lesbische und schwule Jugendliche ein positives
Selbstbild im Zuge ihres Reifungsprozesses entwickeln können?

8.  Welche Maßnahmen haben sie gesetzt und/oder werden Sie setzen, um zu
gewährleisten, dass keine Fehlinformationen über Homosexualität bzw. Lesben
und Schwule durch Schulbücher bzw. Unterrichtsmaterialien an Schülerinnen
vermittelt werden?

a) In bezug auf für den Unterricht zugelassene, gegebenenfalls sich in
Überarbeitung befindliche Bücher?

b) In bezug auf Neuzulassungen von Büchern für den Unterricht an Schulen?