3905/J XXI.GP

Eingelangt am: 22.05.2002

ANFRAGE

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde


an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

betreffend Unfallversicherung bei freiwilligen berufspraktischen Tagen.

Folgender Brief eines Vaters an Bundesministerin Gehrer erging in Kopie an den
Grünen Klub:

"Sehr geehrte Frau Bundesministerin Gehrer,

ich wende mich mit einem speziellen Fall an Sie, der jedoch für viele junge
Menschen von Bedeutung sein könnte.

Mein Sohn besucht derzeit die 5. Klasse Gymnasium. Es ist für ihn die 9. Schulstufe
und er wurde im Februar 15 Jahre alt. Momentan befindet er sich bezüglich seiner
weiteren Zukunft in einer Orientierungsphase und deshalb interessiert er sich für
eine Schnupperlehre. Wir fanden ein Unternehmen, das ihn für einige Tage in der
Lehrwerkstätte "schnuppern" ließe. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Schule
die notwendige Unfallversicherung bestätigen könnte. Die Direktion versicherte
allerdings, dass dies nicht möglich sei, unser Sohn wurde aber selbstverständlich für
die berufspraktischen Tage freigestellt werden.

Das Unternehmen und ich erkundigten uns daraufhin bei einem Juristen in Ihrem
Hause und einem Juristen der Wirtschaftskammer und nun ergibt sich folgendes
Bild:

Berufspraktische Tage sind eigentlich nur im Rahmen einer Schulveranstaltung für
alle Kinder einer Klasse möglich. Die angebotene Schulfreistellung nutzt im
konkreten Fall auch nichts. Mein Sohn hatte zwar die Möglichkeit, als Privatperson
beim Unternehmen berufspraktische Erfahrungen zu machen die Unfallversicherung
wäre vom Unternehmen abzuschließen. Demgegenüber steht das Kinder- und
Jugendbeschäftigungsgesetz, das keine Kinderarbeit (abgeschlossene Schulpflicht)
zulasst. Ihm Rahmen einer Schulveranstaltung gilt ja die Schnupperlehre als
erweiterter Unterricht.

Aufgrund dieser Sachverhalte ist nun die geplante Schnupperzeit für meinen Sohn
leider nicht möglich.

Im Sinne der Chancengleichheit für alle Jugendlichen bitte ich Sie, diese Thematik
zu prüfen und gegebenenfalls die Initiative für erforderliche Änderungen zu ergreifen.


Die Antwort aus Ihrem Ministerium lautet wie folgt:

"(...) Ich weiß nicht genau wie Sie das Argument mit der Chancengleichheit für alle
Jugendlichen meinen. Wir haben halt in Österreich ein gegliedertes Schulsystem und
es bestehen auch keine politischen Absichten, diese Gliederung unbedingt zu
ändern. Die einzelnen Schularten wiederum haben ihre bestimmten Bildungsziele
und jenes der AHS ist (§34 SchOG) eine umfassende und vertiefte Allgemeinbildung
und zugleich die Heranführung zur Hochschulreife. In diesem Sinne ist ja auch die 5.
Klasse der AHS keine "Orientierungsstufe", auch wenn die Schulpflicht noch nicht
erfüllt ist, vielmehr ist es das erste Jahr der vertieften Allgemeinbildung nach einer
für diese Schulform getroffenen Entscheidung.

In der parallel geführten Polytechnischen Schule gibt es natürlich wesentlich breitere
Angebote zur Orientierung, wo auch Vergleichbares wie eine Schnupperlehre zum
schulischen Alltag gehört. Für den Bereich der AHS ist die Orientierung über den
weiteren Weg für die 3. und 4. Klasse vorgesehen und deshalb hat der Gesetzgeber
in diesen beiden Schulstufen auch die verbindliche Übung Berufsorientierung
vorgesehen, in deren Rahmen meiner Kenntnis nach etliche Schulen auch
Praxistage für Schuler/innen in verschiedenen Unternehmen organisieren.

Es tut mir leid, dass für Ihren Sohn die sicherlich wichtige Praxiserfahrung aus den
von Ihnen geschilderten Gründen nicht möglich ist - trotz der unterstutzenden
Haltung der Schulleitung.

Mit freundlichen Grüßen
Augustin Kern"

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.      Unter welchen Voraussetzung übernimmt das Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur die Kosten für eine Unfallversicherung der
SchülerInnen in einer "Schnupperlehre"?

2.      Gibt es Möglichkeiten außerhalb der als Schulveranstaltung geführten
"Schnupperlehre" eine Kostenübernahme für die Unfallversicherung im
Rahmen berufspraktischer Tage vom Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur zu beantragen?
2a.   Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
2b.   Wenn nein, warum nicht?

3.     Wie stehen Sie zur Einführung berufspraktischer Tage in der 5. Klasse AHS (9.
Schulstufe)?

4.      Erachten Sie die persönliche Erfahrung einiger Arbeitstage in einem Betrieb als
für Gymnasiastinnen unnötig?
4a.   Wenn ja, warum?


4b.   Wenn nein, welche Initiativen zur Einführung berufspraktischer Tage an
der AHS werden Sie setzen?

5.     Unterstützen Sie persönliches Engagement in der Beruforientierung?
5a.   Wenn ja, in welcher Form?
5b.   Wenn nein, warum nicht?