4221/J XXI.GP
Eingelangt am: 11.07.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen
und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend
ein "Pilotprojekt" der Integration der Schülerfreifahrt in die
Verkehrsverbünde
Der
ORF berichtete am 5.7. (tirol.ORF.at) über eine "Neuorganisation der
Schülerfreifahrt" nach einer am 05.07.2002 in der Wirtschaftskammer
Tirol erfolgten
Präsentation, bei der die Verkehrsverbund
Tirol GmbH allen am WT beteiligten
Verkehrsunternehmen das Organisations- und EDV-Projekt zur Einbeziehung der
Schülerfreifahrt in den VVT, den SVV und den VVK vorgestellt hatte.
"Verkehrsverbund Tirol, Sozialminister und Verkehrsunternehmen haben sich
darauf geeinigt, dass die Schüler- und Lehrlingsfreifahrt auf eine neue Basis
gestellt wird. Statt einer ganzen Reihe von Ausweisen soll es nur mehr einen
einzigen Fahrausweis geben.
Als zusätzliches Angebot soll es auch die Möglichkeit der Aufzahlung geben,
um das Ticket auch in größerem Umfang nützen zu können.
Noch ist es für die 45.000 Fahrschüler in Tirol allerdings noch nicht so weit.
Damit das System einwandfrei funktioniert, immerhin sind daran 22
Verkehrsunternehmen beteiligt, braucht es noch eine längere
Vorbereitungszeit.
Den neuen Freifahrtsausweis soll es im Schuljahr 2004/2005 geben."
Von
einer "Einigung" kann allerdings im Ernst nicht die Rede sein, da
nach äußerst
glaubwürdigen Informationen die beteiligten Verkehrsunternehmen, an der
Spitze die
Vertreterinnen der ÖBB, die Präsentation nach kurzer Zeit aufgebracht
verließen.
Die
Anfragestellerinnen begrüßen die vom Bundesminister für Soziale
Sicherheit und
Generationen verfolgte Absicht, die Schülerinnen- und
Lehrlingsbeförderung in die
Verkehrsverbünde zu integrieren.
In
einer Mitteilung aus dem BMSG vom 8.7. an ein Tiroler Verkehrsunternehmen
heißt es:
"Im neuen System wird die Schüler- und Lehrlingsfreifahrt auf Basis eines
kleinräumigen Zonensystems realisiert. Damit wird auch für die Schüler- und
Lehrlingsfreifahrt die freie Wahl der Verkehrsmittel für den Weg von und zur
Schule möglich.
Zukünftig wird nur noch ein Antrag und ein Fahrausweis für die gesamte
Strecke notwendig sein.
Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass die Verrechnung der
Fahrpreisersätze einheitlich über die Verbundgesellschaften erfolgt, denn
damit wird die klare Abrechnung der
Leistung und die Kontrolle der
Mittelverwendung aus dem FLAF erleichtert
und der Verwaltungsaufwand auf
jeder Ebene für die Abwicklung
der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt reduziert."
Sowohl die Verwaltungsvereinfachung als auch die
Transparenz der Geldflüsse und
ebenso der Anreiz zur verstärkten Nutzung des öffentlichen Verkehrs
durch die
kostengünstige Erweiterung des Schülerinnen- oder Lehrlingstickets
auf auch für
den Freizeitverkehr nutzbare Verbundstrecken- oder Zeitkarten wird von den
Anfragestellerinnen
begrüßt.
Es besteht aber das Problem,
a) dass die
Neufassungen der Grund- und Finanzierungsverträge für die
Verbundorganisationsgesellschaften gerade erst verhandelt werden und hier
teilweise noch erhebliche
Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten
Gebietskörperschaften und auch zwischen Verbundorganisationsgesellschaften
und Verkehrsunternehmen
bestehen;
b) dass die
bestehenden Vereinbarungen zwischen dem BMSG und den
Verkehrsunternehmen (ÖPNRV-G § 29) nicht einseitig und
gewissermaßen per
Zwangsakt durch Vereinbarungen zwischen dem BMSG und
Verbundorganisationsgesellschaften
ersetzt werden können;
c) dass die
Aufgabenträgerrolle der Gemeinden und Länder (ÖPNRV-G §§11,
13) und deren
Verantwortung für die Planung und Bestellung von
Verkehrsdienstleistungen im
Gesamtzusammenhang der Aufgabenverteilung
nach dem ÖPNRV-G nicht
durch Vereinbarungen zwischen Ministerien und
Verbundorganisationsgesellschaften umgangen werden darf, und insbesondere
d) dass die Frage
der Aufteilung der durch das genannte "Pilotprojekt"
entstehenden Kosten und die Frage der Finanzierung der den Schülerinnen
und Lehrlingen einzuräumenden verbilligten Erweiterungsmöglichkeit
des
Geltungsbereichs der Fahrscheine auf die Gebietskörperschaften und ihre
Verbundorganisationsgesellschaften und die Verkehrsunternehmen noch
keineswegs einvernehmlich gelöst ist.
Die
Sicherung und Finanzierung der vom Bundesgesetzgeber gewünschten
Schülerinnen- und
Lehrlingsfreifahrt ist unzweifelhaft eine Aufgabe des Bundes.
Angesichts der im F-VG getroffenen eindeutigen Verfassungsregelungen und gerade
auch angesichts des Stabilitätspaktes zwischen den
Gebietskörperschaften wird es
wohl nicht möglich sein, Kosten für wie immer wünschenswerte
Verbesserungen auf
andere Gebietskörperschaften "abzuladen". Es wird auch nicht
möglich sein,
Verkehrsunternehmen zwangsweise zur Gewährung von Verbilligungen
anzuhalten:
Die Kompetenz der Verbundorganisationsgesellschaften, im Rahmen einer
bundeseinheitlichen Tarifsystematik (ÖPNRV-G § 15 Z 2) Rahmenvorgaben
für die
Tarifsystematik im Verbundraum festzulegen (§ 18 Z 1) beinhaltet nicht das
Recht, in
die Tarifautonomie der Verkehrsunternehmen (§ 16 Z 1), also in den
Kernbereich
unternehmerischer Eigenverantwortung, einzugreifen.
Was der Bundesminister für Soziale Sicherheit und
Generationen als Verwirklichung
eines großen familien- und verkehrspolitisches Anliegens abfeiert, stellt
sich bei
näherer Betrachtung als
Lösung zu Lasten Dritter - nämlich der anderen
Gebietskörperschaften
und der Verkehrsunternehmen - heraus.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie werden Sie einzelnen sicherstellen,
dass bei der Neugestaltung der Grund-
und Finanzierungsverträge für die Verkehrsverbünde die
gesetzlichen Vorgaben
des ÖPNRV-G in Bezug auf die Aufgabenträgerschafts- und
Finanzierungsverantwortung eingehalten werden?
2. Welche Massnahmen haben Sie
insbesondere getroffen, dass die Integration der
Schülerinnen- und Lehrlingsfreifahrt in die Verkehrsverbünde
gesetzeskonform
und im Einvernehmen mit allen beteiligten Gebietskörperschaften erfolgt?
3. Welche Aufteilung der zusätzlichen
Kosten aus dieser Maßnahme (inklusive der
Erweiterungsmöglichkeit von Schülerinnen- und
Lehrlingsfreifahrscheinen auf
reguläre
Verbundfahrscheine) zwischen den beteiligten Partnern (VOGen und
Verkehrsunternehmen) streben Sie an?
4. Wie ist der Verhandlungsstand in den
vom "Pilotprojekt" betroffenen
Verbundräumen und welche Hindernisse für ein Einvernehmen bestehen
dort
noch?
5. Werden Sie in ihrem
Kompetenzbereich sicherstellen, dass die Verhandlungen
unter Respektierung der Vorgaben des ÖPNRV-G über die
partnerschaftliche
Zusammenarbeit zwischen Verbundorganisationsgesellschaften und den
jeweiligen Kooperationsgemeinschaften der Verkehrsunternehmen geführt
werden?