20/JPR XXI.GP
Eingelangt am:17.10.2001
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Tancsits
und Kollegen und Kolleginnen
an den Präsidenten des Nationalrates
betreffend soziale Kälte und Herzlosigkeit der SPÖ - Abgeordneten Silhavy
Am 6. September 2001 meldete die Zeitschrift ,,NEWS“:
„Am Freitag findet im Wiener Arbeits - und Sozialgericht eine politisch äußerst
pikante Verhandlung statt. Eine 58 - jährige ehemalige parlamentarische Mitarbeiterin hat
ausgerechnet SP - Sozialsprecherin Heidrun Silhavy geklagt, weil sie von dieser nach 5 -
jähriger Tätigkeit gekündigt wurde. Die Exmitarbeiterin wirft der Sozialsprecherin vor,
„sozialwidrig“ gekündigt worden zu sein. Zudem verweist die Klägerin auf Bestimmungen
zum Schutze älterer Arbeitnehmer.“
Demgegenüber haben die Regierungsparteien im umfangreichen arbeits - und
sozialrechtlichen Begleitpaket zur Pensionsreform 2000 unter anderem zum Schutze älterer
Arbeitnehmer und - innen einen zusätzlichen besondereren Kündigungsschutz und die
Möglichkeit zur Kündigungsanfechtung in § 15 Abs. 3 bis 6 AVRAG neu verankert (ARÄG
2000). Die SPÖ - Abgeordnete Silhavy hat im Plenum des Nationalrates am 7.6.2000 gegen
dieses Gesetz und damit auch gegen die Erweiterung des Kündigungsschutzes für ältere
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gestimmt. Nun hat sich die SPÖ - Sozialsprecherin
angeblich darauf berufen, ihre Mitarbeiterin hätte die Anfechtungsfrist versäumt.
Die unterzeichneten Abgeordneten haben daher an den Bundesminister für Justiz folgende
Fragen gerichtet:
1. Trifft der in der Präambel geschilderte Sachverhalt betreffend die Abg. Silhavy zu?
2. Welche Umstände, die in der Person der Arbeitnehmerin liegen, hat die Abg. Silhavy für
die Kündigung ihrer 58 - jährigen, langjährigen Mitarbeiterin Gertrude S. in öffentlicher
mündlicher Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vorgebracht und geltend gemacht?
3. Welche betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, hat
die Abg. Silhavy in öffentlicher mündlicher Verhandlung vorgebracht bzw. aus einem
Schriftsatz verlesen ?
4. Wurde die Abg. Silhavy als Prozesspartei einvernommen ?
5. Wenn ja, wie lautete ihre Aussage ?
6. Hat die gekündigte 58 - jährige Mitarbeiterin nach den Feststellungen des Gerichtes
tatsächlich bloß die Anfechtungsfrist versäumt ?
7. Hat sich die Abg. Silhavy in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht tatsächlich auf ein
Fristversäumnis der gekündigten Mitarbeiterin berufen ?
8. Wenn ja, wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Umstände erörtert, die
darauf hinweisen
können, dass die Abg. Silhavy diese Versäumung der Anfechtungsfrist
dadurch geradezu herbeigeführt hat, dass sie der gekündigte Mitarbeiterin die
Anfechtungsfrist verschwiegen hat und mit ihr Anfang Jänner 2001, zum äußersten Ende
der Anfechtungsfrist, einen Gesprächstermin vereinbart dabei den Eindruck erweckt hat,
die Mitarbeiterin brauche noch nicht zu Gericht gehen, weil man sicherlich eine für alle
Teile befriedigende Lösung finden werde?
9. Wenn ja, würde dies - im Lichte der Beantwortung der vorstehenden Fragen - aus
rechtlicher Sicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wäre dies
schikanös im Sinne des § 1295 Abs 2 AbGB, sittenwidrig im Sinne des § 879 AbGB oder
lediglich moralisch verwerflich?
10. Ist in der Verhandlung irgendetwas hervorgekommen, das darauf hindeutet, dass die
gekündigte Mitarbeiterin im Hinblick auf das sozialpolitische Engagement der
Abgeordneten bis zuletzt nicht glauben konnte, dass die Abgeordnete in ihrem eigenen
Verantwortungsbereich total konträr zu ihren öffentlichen politischen Aussagen handeln
würde und dass die Abgeordnete die „soziale Kälte“, die sie bei jeder sich bietenden
Gelegenheit der Bundesregierung vorwirft, selbst rücksichtslos übt?
11. Befürchten Sie aufgrund des Verhaltens der Abg. Silhavy eine Beispielswirkung bzw.
aufgrund des Prozessergebnisses ein Präjudiz, die bzw. das geeignet ist,
Arbeitnehmerinneninteressen zu beeinträchtigen ?
12. War die gekündigte Mitarbeiterin vor dem Arbeitsgericht im Rahmen des Rechtsschutzes
durch Arbeiterkammer oder ÖGB rechtsfreundlich vertreten ?
13. Hat die Abg. Silhavy in ihrer Eigenschaft als Frauensekretärin des ÖGB - Steiermark der
gekündigten Mitarbeiterin dabei geholfen, ihre Arbeitnehmerinnenrechte auch wirksam
wahrzunehmen, wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht?
14. Welche Rolle hat die SPÖ - Landtagsabgeordnete und Büroleiterin der Abg. Silhavy im
ÖGB - Steiermark Halper bei der Kündigung gespielt ?
15. Ist in der Verhandlung etwas hervorgekommen, das darauf hindeuten könnte, dass der
eigentliche Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses notwendige Sparmaßnahmen
in Klub und Partei der SPÖ nach dem Ausscheiden aus der Regierung sind, sodass man
die Meinung vertreten könnte, die SPÖ saniert sich finanziell auf dem Rücken älterer
Mitarbeiterinnen ?
16. Ist in der Verhandlung etwas hervorgekommen, dass darauf hindeuten könnte, dass die
Abg. Silhavy die Auflösung des Dienstverhältnisses bereits im Frühjahr 2000 in Aussicht
genommen hat, sodass man vermuten kann, die Abg. Silhavy habe im Plenum des
Nationalrates gegen die Verbesserung der Kündigungsschutzbestimmungen für ältere
Arbeitnehmerinnen in dem Bewußtsein gestimmt, dass durch solche Bestimmungen die
Durchsetzung der von ihr beabsichtigten Auflösung des Dienstverhältnisses wesentlich
erschwert würde?
17. Trifft es zu, dass die gekündigte Mitarbeiterin durch das Verhalten der Abg. Silhavv in
eine finanzielle Notlage gestürzt wurde, weil sie über den Verlust des Einkommens aus
dem gekündigten Dienstverhältnis hinaus Nebentätigkeiten auf Werkvertragsbasis
einstellen muss, und in
Gefahr kam, auch noch den Sozialversicherungsschutz zu
verlieren?
18. Trifft es nach den Verhandlungsergebnissen zu, dass sich die gekündigte 58 - jährige
Mitarbeiterin in ihrer Verzweiflung an hohe SPÖ - und ÖGB - Funktionäre wie
Parteivorsitzenden Gusenbauer und Präsident Verzetnitsch mit der Bitte um Hilfe
gewandt hat ?
19. Wenn ja, ist in der Verhandlung irgendetwas hervorgekommen, was darauf hindeutet,
dass sich die genannten Personen in irgendeiner Weise für die gekündigte Mitarbeiterin
eingesetzt hätten, oder haben sie die dringende Bitte um Hilfe herzlos ignoriert ?
Die unterzeichneten Abgeordneten haben weiters an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit folgende Fragen gerichtet:
1. Wie beurteilen Sie die in der obenstehenden Anfrage geschilderten Umstände und die
dort gestellten Fragen in arbeitsrechtlicher Hinsicht ?
2. Sind Ihnen viele Fälle bekannt, in denen ein Arbeitgeber so mit seinen Mitarbeitern
umgeht ?
3. Hat die Abgeordnete Silhavy die zuständige regionale Geschäftsstelle des
Arbeitsmarktservice gem. § 45 AMFG durch schriftliche Anzeige verständigt ?
4. Wenn nein, hat sie dadurch eine gesetzliche Pflicht verletzt ?
5. Wenn ja, wann ist diese Verständigung erfolgt ?
6. Ist diese Verständigung spätestens gleichzeitig mit dem Ausspruch der Kündigung
erfolgt?
7. Wenn ja, ist die Verständigung zu dem von der SPÖ politisch geforderten Zeitpunkt,
nämlich 30 Tage vor Ausspruch der Kündigung erfolgt oder ist die Verständigung zum
letztmöglichen Zeitpunkt erfolgt ?
8. Welche Maßnahmen und Beratungen hat das AMS durchgeführt oder veranlasst, um
eine Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin im bisherigen Arbeitsverhältnis zu ermöglichen
(§ 45 Abs 2 AMFG) ?
9. Hat die Abg. Silhavy von sich aus solche Beratungen vor Ausspruch der Kündigung in
Anspruch genommen ?
10. Welche Vorschläge wurden der Abg. Silhavy vom AMS gemacht und wie hat sie darauf
reagiert?
11. War die gekündigte Arbeitnehmerin vor ihrer Tätigkeit als parlamentarische
Mitarbeiterin Angestellte des Parlamentsklubs der SPÖ (bzw. diesem zugeteilt), eines
Landtagsklubs der SPÖ oder Angestellte der SPÖ (bzw. einer ihrer Gliederungen) oder sonst
von der Abg. Silhavy unter Anrechnung von Vordienstzeiten als parlamentarische
Mitarbeiterin eingestellt, sodass sich eine im Sinne des §5b Abs. 1 AMPFG
zusammenrechenbare Dienstzeit von 10 Jahren
ergibt ?
12. Wenn ja, wurde ein "Malus" entrichtet und in welcher Höhe?
13. Wenn die Verständigung des AMS nicht rechtzeitig im Sinne des Gesetzes war: wurde
der vorgesehene Strafzuschlag von 30% entrichtet, wenn nein, warum nicht?
14. Hat die gekündigte Mitarbeiterin eine neue Beschäftigung gefunden bzw. wie beurteilen
Sie die Chancen auf eine neue Beschäftigung ?
15. Hat Gertrude S. Anspruch auf Arbeitslosengeld und für welchen Zeitraum?
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Präsidenten des Nationalrates
folgende
Anfrage:
1. Sehen Sie im Lichte der in den obenstehenden Anfragen dargestellten Umstände eine
Notwendigkeit, für parlamentarische Mitarbeiter einen besseren Kündigungsschutz gesetzlich
zu verankern?
2. Dient aus Ihrer Sicht die von der Abgeordneten allem Anschein nach gewählte
Vorgangsweise dem Ansehen des Hohen Hauses und der wichtigen sozialen Vorbildwirkung
seiner Mitglieder?
3. War die gekündigte Arbeitnehmerin vor ihrer Tätigkeit als parlamentarische Mitarbeiterin
Angestellte des Parlamentsklubs der SPÖ (bzw. diesem zugeteilt), eines Landtagsklubs der
SPÖ oder Angestellte der SPÖ (bzw. einer ihrer Gliederungen), oder sonst von der Abg.
Silhavy unter der Zusage der Anrechnung von Vordienstzeiten als parlamentarische
Mitarbeiterin eingestellt worden?