Stenographisches Protokoll

11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 24. Feber 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode            Donnerstag, 24. Feber 2000


Dauer der Sitzung

Donnerstag, 24. Feber 2000: 12.00 – 12.58 Uhr

                                               15.00 – 19.09 Uhr

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Viktor Klima, Dr. Michael Krü­ger, Dr. Susanne Riess-Passer und Herbert Scheibner ............................................................................        10

Angelobung der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Wilhelm Nieder­huemer, Bernd Brugger und Ilse Burket .....................................................................................................        10

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................        10

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Alexander Van der Bellen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 4 der Geschäfts­ord­nung ..........................        11

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ......        12

Redner:

Dr. Peter Kostelka ..............................................................................        12

Dr. Andreas Khol ...............................................................................        13

Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................        14

Ing. Peter Westenthaler ......................................................................        15

Peter Schieder ...................................................................................        16

Helmut Haigermoser ..........................................................................        17

Mag. Werner Kogler ...........................................................................        18

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ..............................................................        19

Dr. Ilse Mertel ....................................................................................        20

Dr. Peter Pilz .....................................................................................        21

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler ...........................................................        23

Einwendungen finden keine Mehrheit .........................................................        24

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 167/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................        24

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Ge­schäfts­ord­nung               73

Redner:

Franz Riepl ........................................................................................        73

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...............................................        76

Heidrun Silhavy .................................................................................        76

Mag. Dr. Josef Trinkl ..........................................................................        78

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ...........................................................        79

Karl Öllinger ......................................................................................        80

Unterbrechung der Sitzung ......................................................................        24

Antrag des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka im Sinne des § 18 Abs. 3 der Ge­­schäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüs­­sel, des Bundesministers Mag. Wilhelm Molterer sowie der Bundes­mi­ni­sterinnen Elisabeth Gehrer und Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner – Ableh­nung          33, 33

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Dr. Peter Kostelka gestellten Antrag im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung                  33

Wortmeldungen der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol betreffend Bestimmungen der Geschäftsordnung hinsichtlich der tat­sächlichen Berichtigung ...............  44, 44

Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Klärung der politi­schen Verantwortlichkeit für den Umstand, dass den VP-Ministern für aus­wär­ti­ge Angelegenheiten, Unterricht, Umwelt, Landesverteidigung und Land­wirt­­schaft ihren eigenen Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Bud­­­get­­defizits nicht bekannt  war,  gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsord­nung ..........................        82

Bekanntgabe ...........................................................................................        50

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ...................................................................................        50

Redner:

Mag. Werner Kogler ...........................................................................        83

Dr. Caspar Einem ...............................................................................        84

Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................        85

Hermann Böhacker ............................................................................        87

Ablehnung des Antrages ..........................................................................        88

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Ge­schäfts­ordnung auf Anwesenheit des Bundesministers Mag. Wilhelm Molte­rer – Ablehnung ..........................  53, 53

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend die Usancen des Hauses beziehungsweise den Sinn der Geschäftsordnung in Bezug auf die tatsächliche Berichtigung                   54

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend die tatsächli­chen Berichtigungen der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Mag. Wal­ter Tancsits ....................        88

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ...............................................................................        11

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................        11

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz (88/A) (E) ....................        25

Begründung: Ing. Peter Westenthaler .......................................................        27

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................        34

Debatte:

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ..............................................................        39

Dr. Alfred Gusenbauer .......................................................................        41

Dr. Alois Pumberger (tatsächliche Berichtigung) ..................................        43

Mag. Walter Tancsits (tatsächliche Berichtigung) ..................................        44

Mag. Gilbert Trattner ..........................................................................        45

Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................        47

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler ...........................................................        49

Rudolf Edlinger .................................................................................        50

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) ...........................................        53

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...............................................        54

Reinhart Gaugg ..................................................................................        56

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ............................................................        58

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ...........................................        61

Bundesminister Dr. Michael Krüger ...................................................        62

Mag. Franz Steindl .............................................................................        63

Dr. Josef Cap .....................................................................................        64

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn ..............................................................        66

Staatssekretär  Dr. Alfred Finz ............................................................        67

Karl Öllinger ......................................................................................        68

Helmut Haigermoser ..........................................................................        69

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) ............................        70

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) ............................        71

Peter Schieder (tatsächliche Berichtigung) ...........................................        71

Rudolf Schwarzböck ..........................................................................        71

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 88/A (E) (E 2) ...........        73

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ergänzung des Berichtes des Finanzministers um Bericht­erstattung über die Einhaltung des Beschlusses der FPÖ auf Begren­zung der Politikerbezüge auf ATS 60 000 – Ablehnung .  60, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anschaffung eines Jaguars als erste Amts­hand­lung des neuen Justizministers – Ablehnung          61, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genos­sen betreffend Controlling – Ablehnung ...............................................................................................  64, 73

Eingebracht wurden

Petition ...................................................................................................        11

Petition des Gemeinderates der Gemeinde Fohnsdorf betreffend Wahrung der immerwährenden Neutralität und Nichtbeitritt zu militärischen Bündnis­sen (Ordnungsnummer 5) (überreicht vom Abgeordneten Heinz Gradwohl)

Bürgerinitiative .......................................................................................        11

Bürgerinitiative betreffend „Zeltweg darf kein NATO-Flugplatz werden!“ (Ord­nungsnummer 1)

Regierungsvorlage .................................................................................        11

21: Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung

Bericht ....................................................................................................        11

Vorlage 9 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Aus­gaben im 4. Quartal 1999; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Ing. Peter Westenthaler, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend Kassasturz (88/A) (E)

Kurt Eder und Genossen betreffend die Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Erhöhung der Griffigkeit österreichischer Straßen (89/A) (E)

Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechts­gesetz geändert wird (90/A)

Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsu­men­ten­schutzgesetz geändert wird (91/A)

Anfragen der Abgeordneten

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend „Beneš-Dekrete“ und „AVNOJ-Bestimmungen“ (354/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und So­ziales betreffend Treffsicherheit sozial- und familienpolitischer Leistungen (355/J)

Josef Edler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betref­fend Ausbau der österreichischen Schieneninfrastruktur (356/J)

Josef Edler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrsinfrastruktur und Wiener Nordostumfahrung (357/J)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Vorschlag des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Harald Ofner „Untertunnelung der Außenring Autobahn (A 21) von den Gemeinden Spar­bach bis Brunn am Gebirge und einem weiteren Tunnel von der B 17 durch den Kalenderberg bis zur Außenring Autobahn“ (358/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend internationalen Zugsverkehr auf der Franz-Josefs-Bahn (359/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend Finanzierung der Infrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr (360/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Getränkesteuer (361/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend die Fortführung des Baues des Semmering-Basistunnels (362/J)

Dr. Dieter Antoni und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turel­le Angelegenheiten betreffend Absagen von Schüleraustausch-Program­men (363/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche An­ge­legenheiten betreffend gewerblichen Verleih von Schiausrüstung, Schibindungs-Sicherheitserhe­bungen, Konsequenzen Tourismus (364/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­k­ehr betreffend Rechtsgleichstellung von Hebammen mit Ärzten u.a. im KFG und der StVO (365/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Wohnkostenbeihilfe für Grundwehrdiener und Zivildiener nach dem Heeres­gebührengesetz beziehungsweise dem Zivildienstgesetz (366/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Mopedausweis für 15-Jährige (367/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Rechtsgleichstellung von Hebammen mit Ärzten u.a. im KFG und der StVO (368/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aus­landszivildiener: Familienbeihilfe und Wohnbeihilfe; Ungleichbehandlung (369/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft (im Rahmen der Zuständigkeit für die Nuklearkoordination) betreffend die Um­setzung des Anti-Atom-Aktionsplans sowie die EU-Osterweiterung und die da­mit verbundenen Fragen der nuklearen Sicherheit (370/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­gen­heiten betreffend die Umsetzung des Anti-Atom-Aktionsplans sowie die EU-Ost­erweiterung und die damit verbundenen Fragen der nuklearen Sicherheit (371/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend „Kinderbetreuungsgeld“, „Karenzgeld für alle“ sowie Ent­wicklung des FLAF (372/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Dienstautowünsche der Regierungsmitglieder (373/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Unterhaltszahlungen und subsidiäre Verpflichtungen (374/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend B 115 – Umfahrung Vordernberg (375/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Parallel­aktion Volkszählung – Meldedatenbereinigung (376/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Zentrale Melderegister (377/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Amtsübergabe (378/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzie­rung von Anzeigen im „International Herald Tribune“ (379/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wohn­kosten­beihilfe für Zivildiener und Grundwehrdiener nach dem Heeres­gebüh­ren­gesetz beziehungsweise dem Zivildienstgesetz (380/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche An­ge­­legenheiten betreffend überhöhte Benzinpreise in Österreich (381/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­tref­fend Einsatz von Bundesheer-Fluggerät beziehungsweise -piloten bei Geburts­tags­feier Landeshauptmann Haider (382/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Exportkredit-Zusage für Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei (383/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­­le­genheiten betreffend Exportkredit-Zusage für Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei (384/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Min­der­heiten­rechte der steirischen Slowenen (385/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Ver­wendung der kroatischen Amtssprache im Burgenland (386/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die anti-homosexuelle Sonderstrafbestimmung § 209 StGB (387/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend „Benesch“ (388/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Lebens­mit­tel­­zusatzstoffe (389/J)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Personalmangel der Gendarmerie des Bezirkes Mödling“ (390/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Täuschung des Nationalrates durch den Bundeskanzler (391/J)

*****

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Informationen, wonach im Parlament Ausrüstungs­gegen­stände für die Demonstration am 19.2.2000 hergestellt werden (4/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (174/AB zu 115/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (175/AB zu 131/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Te­rezija Stoisits und Genossen (176/AB zu 141/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Her­bert Haupt und Genossen (177/AB zu 168/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Her­bert Haupt und Genossen (178/AB zu 193/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (179/AB zu 201/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (180/AB zu 214/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (181/AB zu 138/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (182/AB zu 298/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (183/AB zu 132/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der  Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (184/AB zu 139/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­­ordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (185/AB zu 130/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Beate Hartinger und Genossen (186/AB zu 174/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Günther Leiner und Genossen (187/AB zu 178/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (188/AB zu 179/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (189/AB zu 219/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (190/AB zu 226/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (191/AB zu 163/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (192/AB zu 218/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (193/AB zu 142/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (194/AB zu 152/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Gabriela Moser und Genossen (195/AB zu 236/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (196/AB zu 183/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (197/AB zu 200/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (198/AB zu 148/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (199/AB zu 149/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (200/AB zu 171/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (201/AB zu 198/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Ab­ge­ord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (202/AB zu 190/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (203/AB zu 172/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (204/AB zu 195/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Edith Haller und Genossen (205/AB zu 156/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (206/AB zu 182/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (207/AB zu 189/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (208/AB zu 166/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Ge­nossen (209/AB zu 159/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (210/AB zu 165/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolf­gang Jung und Genossen (211/AB zu 176/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (212/AB zu 196/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (213/AB zu 211/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (214/AB zu 167/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (215/AB zu 164/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (216/AB zu 186/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (217/AB zu 235/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (218/AB zu 188/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (219/AB zu 194/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (220/AB zu 203/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­ord­neten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (221/AB zu 160/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (222/AB zu 187/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler und Genossen (223/AB zu 207/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­ordneten Dr. Susanne Riess-Passer und Genossen (224/AB zu 204/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (225/AB zu 210/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (226/AB zu 181/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.  Karl Schweitzer und Genossen (227/AB zu 215/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (228/AB zu 208/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (229/AB zu 225/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (230/AB zu 228/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­ord­neten Karl Öllinger und Genossen (231/AB zu 234/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (232/AB zu 231/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (233/AB zu 232/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheib­ner und Genossen (234/AB zu 230/J)

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des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (3/ABPR zu 3/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen (4/ABPR zu 4/JPR)

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen und bitten, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 11. Sitzung der XXI. Ge­setz­gebungsperiode zur anberaumten Stunde.

Diese Sitzung ist auf Grund eines Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung einbe­rufen worden.

Ich stelle fest, dass die Amtlichen Protokolle der 9. Sitzung und der 10. Sitzung jeweils während der erforderlichen Frist in der Parlamentsdirektion aufgelegen sind. Sie sind unbeeinsprucht geblieben und gelten daher als genehmigt.

Für den heutigen Tag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Ha­­­rald Ofner, Dr. Brigitte Povysil, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Jakob Auer, Mag. Helmut Ku­kacka, Franz Morak und Theresia Haidlmayr.

Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde sind vier Mitteilungen eingelangt, wo­nach die Abgeordneten Mag. Viktor Klima, Dr. Michael Krüger, Dr. Susanne Riess-Passer und Herbert Scheibner auf ihre Mandate im Nationalrat verzichtet haben.

Weiters teilt die Hauptwahlbehörde mit, dass an deren Stelle die Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Wilhelm Niederhuemer, Bernd Brugger und Ilse Burket neu in den Nationalrat berufen wurden.

Die Wahlscheine der Genannten sind in der Parlamentsdirektion zeitgerecht eingelangt. Wir wer­den sogleich die Angelobung vornehmen, und zwar in der bekannten Weise, dass nach der Ver­lesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin die neuen Mandatare über Namensaufruf ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ leisten.

Da die Damen offenbar dem Herrn Schriftführer den Vortritt lassen, darf ich den Schriftführer Mag. Schweitzer um Verlesung der Gelöbnisformel bitten, sodann um den Namensaufruf und schließlich um das Gelöbnis.


Schriftführer Mag. Karl Schweitzer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch Schriftführer Mag. Schweitzer leisten die nachstehend angeführten Abgeordneten die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“:

Ilse Burket, Bernd Brugger, Wilhelm Niederhuemer, Dr. Peter Wittmann.


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neue Kollegin und die neuen Kollegen sehr herz­lich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer wird durch Herrn Bun­desminister Dr. Ernst Strasser vertreten. – Ich bitte um Kenntnisnahme.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungs­saal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 354/J und 355/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 4/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 174/AB bis 234/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 3/ABPR und 4/ABPR.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Aus­gaben im 4. Quartal 1999 (Vorlage 9 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 5 des Gemeinderates der Gemeinde Fohnsdorf betreffend Wahrung der immer­währenden Neutralität und Nichtbeitritt zu militärischen Bündnissen, überreicht vom Abgeord­neten Heinz Gradwohl,

Bürgerinitiative Nr. 1 betreffend „Zeltweg darf kein NATO-Flugplatz werden!“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (21 der Bei­l­a­gen).

*****

Einwendungen gegen die Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein schriftliches Verlangen vor, wonach Einwendun­gen in Bezug auf die heutige Tagesordnung erhoben werden.

Dieses Verlangen lautet wie folgt: Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Van der Bellen bean­tragen unter Erhebung von Einwendungen die Ergänzung der Tagesordnung um den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 85/A betreffend Bundesministeriengesetz 2000 in 42 der Beilagen sowie um den Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird, in 43 der Beilagen.

Außerdem wird eine Erklärung des Herrn Bundesministers für Finanzen im Sinne der einschlä­gigen Bestimmungen der Geschäftsordnung verlangt.

Der Übung in diesem Hause entsprechend halte ich mich an das, was das Resultat von Bera­tungen in der Präsidialsitzung war. Das heißt, dass ich diesen Einwendungen nicht beitrete, was aber bedeutet, dass der Nationalrat darüber zu entscheiden hat.

Dieser Entscheidung des Nationalrates geht nach § 50 der Geschäftsordnung eine Debatte voraus. Der Präsident hat das Recht, diese Debatte auf drei Redner pro Fraktion und 5 Minuten pro Diskussionsbeitrag zu beschränken. Ich mache von diesem Recht Gebrauch und beschrän­ke die Debatte auf drei Redner pro Fraktion und 5 Minuten pro Diskussionsbeitrag.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

12.07


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Bundesregierung hat vollmundig erklärt, man möge sie an ihren Taten messen. (Abg. Schwemlein: Oje!) Nur: Wenn man ihr die Gelegenheit dazu gibt, dann flüchtet sie in Worte. Genau das tun Sie, meine Damen und Herren, heute.

Mit dem Antrag, den wir auch schon in der Präsidiale besprochen haben, wollen wir sicher­stellen, dass in der heutigen Sitzung auch Gesetzesbeschlüsse gefasst werden. Sie haben fürs Erste in der heutigen Finanzausschusssitzung verhindert, dass das Budgetprovisorium be­schlos­sen werden kann, obwohl es mit 1. Jänner laufenden Jahres in Kraft treten soll. Und sie wer­den – dessen bin ich sicher – in der heutigen Abstimmung verhindern, dass wir das Bun­des­mini­steriengesetz beschließen. (Abg. Ing. Westenthaler: Budgetausschuss!) Sie wollen nicht arbeiten, Sie wollen im Grunde genommen nur reden. Ihr Demokratieverständnis ist das Demo­kratieverständnis einer PR-Agentur. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Diese Sitzung dient ausschließlich da­zu, die Schimäre aufrechtzuerhalten, dass es im Keller des Finanzministeriums Budgetlei­chen gäbe. (Abg. Mag. Trattner: Das wurde Ihnen aber nicht berichtet, was heute im Budget­aus­schuss war, Herr Kollege Kostelka!) Jeder Fachmann hat erklärt, dass es nur eine Form von Bezifferung dieses Budgets gibt, nämlich die Budgetierung und die Budgetzahlen, die Rudolf Edlin­ger genannt hat. Das haben auch Sie zur Kenntnis zu nehmen, selbst Ihr Finanzminister, der brutto und netto noch nicht ganz auseinander halten kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Es beschleicht Sie ja in der Zwischenzeit bereits das schlechte Gewissen. Sie haben sich in der Präsidiale geweigert, eine faire, offene Diskussion, eine inhaltliche Diskussion in dieser Frage zu ermöglichen. Sie haben sich geweigert, eine Erklärung zu der Frage des Budgets und der Bud­getbasis abzugeben. Sie haben das getan, weil Sie ganz genau wissen, dass der Miss­brauch oppositioneller Instrumente, nämlich des Dringlichen Antrages oder der Dringlichen Anfra­ge, dazu führt, dass allein die ersten drei Redner in der Debatte, nämlich der Begründer, der Mini­ster und der erste Redner, um 100 Prozent mehr an Redezeit haben als meine gesamte Fraktion. Das ist Ihr Demokratieverständnis! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Das ist aber die Rechtslage!)

Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei und von der ÖVP: Wenn Sie nur ein Quäntchen von dem ernst meinen, was Sie angekündigt haben, dann ergreifen Sie die Chance! Ergreifen Sie die Chance, fassen Sie Beschlüsse und diskutieren offen und ehrlich mit uns! PR-Aktionen über Budgetzahlen, die sich dann im Nachhinein als eine Schimäre erwei­sen, sind mit Sicherheit kein guter Weg für eine Regierung, die im Grunde genommen bereits am Beginn einen Flop gebaut hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Spielen Sie nicht die Ahnungslosen! Seit 1984 tragen Sie für jedes Budget die volle Verantwortung. (Abg. Schwarzenberger: Ja, das wäre schön, seit 1984! – Abg. Dr. Khol: 1984? – Abg. Schwarzenberger: Seit 1987!) Am 15. April 1998 hat Herr Kollege Khol genau zu jenem Budget, das Sie jetzt hier in Diskussion ziehen, erklärt, dass da­mit der Konsolidierungskurs zu einem Höhe- und Endpunkt gebracht wird. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder eine falsche Zahl!)

Meine Damen und Herren! Sie haben nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Ihre Unwis­sen­heit in der Budgetfrage ist entweder Unfähigkeit oder Unwilligkeit, sich informiert zu haben. Entweder verdienen Sie in Mathematik oder in Fleiß ein Nicht genügend! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Abg. Fischl: Schwach!)

Es ist schon ein bisschen schwer, arbeiten zu sollen, wenn man nicht arbeiten kann. Ergreifen Sie die Hand! Sie wissen, dass wir das Budgetprovisorium mittragen werden. Sie haben den Mut in diesem Zusammenhang nicht aufgebracht, diese Hand zu ergreifen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Das hätte gescheiter der Gusenbauer machen sollen, diese Rede!)

12.12


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Er hat die glei­che Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

12.12


Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn dem Hohen Hause falsche Zahlen über ein zu erwartendes Defizit in der Prospektive einer gesamten Gesetzgebungsperiode vorliegen, ist das ein Grund, dass der Nationalrat eine dringliche Son­der­sitzung abhält, um diese Fehlinformation zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Recht, eine Sondersitzung einzuberufen, ist kein Recht der Opposition allein, sondern ein Recht von allen Abgeordneten dieses Hauses! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Mein Parlamentsverständnis besagt, dass wir alle gleich sind in der Inanspruchnahme dieser Rechte, und daher haben wir das Recht, eine Sondersitzung einzuberufen.

Ich weiß, meine Damen und Herren von der früheren Regierungspartei Sozialdemokratie, dass es Ihnen sehr unangenehm ist, wenn Sie überführt werden, dass aus Ihren Reihen diesem Haus nicht immer die volle Information gegeben wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kostelka! Fünf Jahre waren wir gemeinsam in einer Koalition. (Abg. Öllinger: Kolle­ge Khol, was haben Sie damals gesagt?) Wir haben in dieser Zeit ungefähr 15 Sonder­sitzungen gemeinsam so gestaltet, wie heute diese Sondersitzung gestaltet wird, aber in keiner dieser Sondersitzungen wurde je ein Gesetzesbeschluss gefasst, also sind Krokodilstränen un­an­gebracht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Besonders aufschlussreich ist, dass hier in einem Antrag Dinge auf die Tagesordnung rekla­miert werden, nämlich das Bundesministeriengesetz und das Budgetprovisorium, die wir in der Präsidialkonferenz alle einvernehmlich auf die Tagesordnung der Plenarsitzung der nächsten Wo­che gesetzt haben. Herr Kollege Kostelka, das sind durchsichtige Manöver! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden heute einen Dringlichen Antrag einbringen, weil wir Abgeordneten dieser Koalition der Meinung sind, dass es nicht angeht, dass dieses Haus falsch über Budgetzahlen informiert wird. (Abg. Öllinger: Sie haben ja auch falsch informiert!) Wir wollen in Zukunft ein Instrumen­tarium einrichten, das es dem Hohen Hause ermöglicht, zu jeder Zeit Klarheit über folgende Fra­gen zu gewinnen: Wie hoch ist das Defizit in der laufenden Budgetplanung? Wie hoch ist das Defizit in den nächsten drei Jahren? Wie entwickeln sich Posten außerhalb des Budgets wie zum Beispiel die ÖIAG, die ASFINAG oder der Staatsschuldendienst? Wie entwickeln sich dort die Defizite? (Abg. Öllinger: Und das Brutto- und das Nettodefizit!) – Wir wollen das wis­sen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Erzählen Sie uns hier keine Märchen von Hunden und Würsten und Budgetlöchern et cetera! Wir haben in Österreich ein Defizit von 109 Milliarden Schilling zu er­war­ten. (Abg. Grabner: ... Märchenonkel Khol! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Davon sind nach den Maastricht-Kriterien 62 Milliarden Schilling Defizit möglich, 47 Milliarden Schilling sind zu bedecken. Herr Edlinger hat jeweils von maximal 20 Milliarden Schilling Defizit gespro­chen. Daher ist das Hohe Haus falsch informiert worden! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie, meine Herren von den Grünen! Herr Kollege Van der Bellen! Bezüglich der Krankenkasse beispielsweise hat man uns in der Person des Herrn Sallmutter im August 1999 gesagt, es sei ein leichter Abgang zu erwarten. Am 27. September 1999 hat uns Frau Lore Hostasch erklärt, es sei ein Abgang in der Höhe von 1,4 Milliarden Schilling zu erwarten. Am 7. Dezember 1999 hat uns der durch Herrn Kollegen Wittmann ersetzte Vorsitzende Klima erklärt, es sei ein Ab­gang in der Höhe von 2,5 Milliarden Schilling zu erwarten. – Jetzt haben wir den Kassensturz ge­macht und mussten feststellen, dass 3,3 Milliarden Schilling fehlen. Ja, wer hätte das wissen sollen? Herr Kollege Van der Bellen, haben Sie das gewusst? (Abg. Öllinger: Da sitzen überall ÖVP-Funktionäre drinnen!)

Daher wollen wir ein Controlling einrichten, und zu diesem Zweck werden wir heute einen Dringli­chen Antrag stellen. Wir werden das Hohe Haus in Zukunft sachgerecht und rechtzeitig infor­mieren, statt in die Irre zu führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.17


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Gleiche Rede­zeit. Er hat das Wort. (Abg. Mag. Schweitzer: Dazu hat es die FPÖ gebraucht, dass es endlich einmal transparent wird in diesem Land!)

12.17


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Die Grünen schließen sich der Einwendung gegen die Tagesordnung an, im Wesentlichen aus jenen Gründen, die Herr Kostelka schon genannt hat.

Herr Kollege Khol! Sie wollen in Zukunft alles wissen. Das sind die guten Wünsche, die man nor­malerweise am 1. Jänner des Jahres hat. (Abg. Dr. Khol: Wollen Sie es nicht?) – Sie haben wirklich nichts gewusst über die Defizit-Entwicklung des Jahres 1999/2000? Wir wollen auch alles wissen! Aber ich wusste es schon. – Wir werden um 15 Uhr noch darauf zurückkommen. (Abg. Dr. Khol: Haben Sie das gewusst?)

„Die Presse“ vom 25. März 1999: „Das Wifo erwartet Explosion des Defizits auf 2,5 Prozent.“ (Abg. Mag. Trattner: Das hat Edlinger immer dementiert! – Weitere Zwischenrufe.) – Das ha­ben alle gelesen, nur die ÖVP nicht. Ich zitiere weiter: „Immerhin müssten zur Erreichung dieser Vorgabe von 2000 bis 2002 rund 40 Mrd. S eingespart werden.“ – Das haben alle gelesen, nur die ÖVP nicht. Das sind WIFO-Wirtschaftsdaten. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Aber Sie haben es gewusst, meine Damen und Herren von der ÖVP! Das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich weiß nicht, wie der korrekte medizinische Ausdruck für Ge­dächtnisverlust lautet. Kollege Grünewald wird mich vielleicht im Laufe der Zeit aufklären. (Abg. Dr. Khol: Amnesie, Herr Professor! Amnesia! Es gibt aber auch Traumata!) Amnesia. Danke vielmals!

Ich weiß nicht, wie es da mit dem Herrn Bundeskanzler steht. Herr Bundeskanzler Schüssel klagt über teure Altlasten – gemeldet am 23. Februar 2000. Was sagt er da? – Die Zinsen für die Schulden, die die ÖIAG aufgenommen hat, kippen in das Budget, sagt er. Ich zitiere wört­lich: Ihm sei dieses Problem bisher nicht bekannt gewesen.

Wissen Sie, wann diese ÖIAG-Geschichte beschlossen wurde? – 1986! Also vor 14 Jahren! Viel­leicht wird im Jahr 2014 Herr Bundeskanzler Schüssel (Beifall bei der ÖVP – Abg. Dr. Khol: Bravo! Bis 2014 Bundeskanzler!) – der bis dahin hoffentlich nicht mehr Bundeskanzler sein wird –, vielleicht wird im Jahr 2014 Herr Dr. Schüssel dann über die Budgetprobleme des Jahres 2000 Bescheid wissen. Wenn er in dem Tempo weitermacht, wird es schneller nicht gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Wenn schon eine Sondersitzung stattfinden soll, dann hätte man in dieser wenigstens zwei Punkte verhandeln können: Der erste Punkt ist das gesetzliche Budgetprovisorium – es liegt seit Wochen im Ausschuss, es wäre heu­te Sitzung gewesen; ich komme darauf noch zurück –, und der zweite Punkt ist das Bun­des­ministeriengesetz, das auch sehr dringlich ist. (Abg. Dr. Khol: Nächste Woche!)

Nein, Sie wollen das nicht! Sie machen eine stinklangweilige Sitzung zu einem Thema, dessen Grundproblematik seit einem Jahr bekannt ist. Seit einem Jahr, Herr Kollege Khol! (Abg. Dr. Khol: Warten Sie es ab!) Wenn Sie das erst jetzt zur Kenntnis nehmen, ist das wirklich Ihr Problem, aber nicht unseres. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben sich geweigert, das Bundesministeriengesetz heute auf die Tagesordnung zu neh­men. Sie haben den Ausschuss – den Budgetausschuss – so konzipiert, dass der Ausschuss mit dem gesetzlichen Budgetprovisorium natürlich auch nicht fertig werden kann. Darüber hinaus handelt der Ausschussobmann, Ihr Kollege, Herr Kollege Mühlbachler, hier im höchsten Grade willkürlich. (Abg. Mag. Mühlbachler: ... Demaskierung!) Wenn das Schule macht, was Herr Kollege Mühlbachler macht, dann pfeife ich auf die Sitzungen in der Präsidiale, denn die sind dann für den so genannten „Hugo“! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie kommen eh nicht hin!)

Das, was in der Präsidiale vereinbart wird, hält dann offenbar im Ausschuss einfach nicht, son­dern da wird willkürlich etwas anderes anberaumt. Das ist ein Beispiel – noch ein Beispiel! – für den neuen Stil, den uns diese Bundesregierung versprochen hat. Jetzt muss ich feststellen – ich habe gehofft, das bedeutet etwas Gutes –, dass die Ankündigung eines neuen Stils eine ge­fähr­liche Drohung war. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.21


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Westenthaler. Gleiche Redezeit. (Abg. Öllinger: Jetzt wird’s ultraseriös!)

12.21


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Van der Bellen, wenn Sie Sitzungen und Wort­spenden in diesem Hause – ich zitiere – „stinklangweilig“ finden, dann ersuche ich Sie, sich bes­ser vorzubereiten und mit interessanteren Fakten, Zahlen und Aussagen herzukommen, dann wird das Ganze bunter und lebendiger. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Zum Zweiten, Herr Kollege Van der Bellen: Sie brauchen uns nicht damit zu drohen, dass Sie nicht mehr in die Präsidiale kommen. Sie kommen ohnehin nicht mehr hin. In den letzten beiden Sitzungen jedenfalls waren Sie nicht da, Herr Kollege Van der Bellen, und können daher offen­bar nicht nachvollziehen, was dort besprochen worden ist, oder Kollege Kogler hat Sie nicht richtig informiert. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Nun an die Adresse des Herrn Kollegen Kostelka: Ich sage immer, es bleibt an sich jedem selbst überlassen, wie sehr und auf welche Art und Weise er sich bloßstellt. (Abg. Dr. Jarolim: Das gilt in erster Linie für Sie, Herr Kollege!) In der letzten Sitzung haben Sie uns die Mechanis­men Ihres Klubs referiert, wo man darüber abstimmt, ob man frei abstimmen darf. Das haben Sie letztes Mal einer staunenden Öffentlichkeit erklärt. Jetzt erklären Sie uns allen Ernstes, dass Sie heute das Budgetprovisorium auf die Tagesordnung setzen wollen.

Wenn man nicht aufpasst – und ich habe hier den Erstantrag, den Sie einbringen wollten und worin Sie beantragen, dass heute das Budgetprovisorium auf die Tagesordnung gesetzt wird, Herr Kollege Kostelka –, dann passiert einem eben so etwas: Wieder ein klassischer Selbst­faller! (Abg. Öllinger: 60 000 S, Herr Westenthaler! Das gilt auch für Sie! Da können Sie Gift darauf nehmen!) Erkundigen Sie sich doch bitte, bevor eine Sitzung beginnt! Der Budgetaus­schuss, Herr Kollege Kostelka, und nicht der Finanzausschuss, wie Sie gesagt haben, tagt heute. Der Finanzausschuss tagt heute gar nicht; heute tagt der Budgetausschuss!

Herr Kostelka, Sie sollten sich besser informieren! Im Budgetausschuss ist das Budgetpro­viso­rium noch nicht einmal besprochen worden, weil wir erst bei der aktuellen Aussprache sind, Herr Kollege Kostelka! Sie können das Budgetprovisorium heute gar nicht auf die Tagesord­nung setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist der Punkt! Lernen Sie die Ge­schäftsordnung, lernen Sie die Regeln in diesem Haus!

Herr Kollege Kostelka! Ich darf Ihnen zu Ihrem Vorwurf, diese Regierung arbeite nicht, sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall! Noch bei keiner Regierung vorher – prüfen Sie das nach! – sind das Budgetprovisorium und das Bundesministeriengesetz schneller durch das Parlament gegangen als bei dieser Regierung! Ich sage Ihnen: Diese Regierung arbeitet hier im Haus, während Sie auf der Straße draußen demonstrieren. Das ist die Wahrheit! Das ist wirklich die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Sachlichen – im Sachlichen! – ist die heutige Sondersitzung nicht nur rechtmäßig, sondern auch wichtig, weil die Abgeordneten dieses Hauses, die Öffentlichkeit, die Medien, ja alle, die sich für die Politik interessieren, vom Vorgänger des heutigen Finanzministers, vom sozialisti­schen Finanzminister Edlinger wochenlang, monatelang mit falschen Budgetzahlen falsch infor­miert und hinters Licht geführt worden sind! Das ist die Wahrheit! Das werden wir Ihnen heute am Nachmittag noch belegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber nicht nur dort, Herr Kollege Kostelka, wird so operiert, sondern das Muster der Desinfor­ma­­tion, das Muster der Politik des Tarnens und Täuschens ist Ihr politisches Muster in der Sozialistischen Partei! Sorry, der Sozialdemokratischen Partei, würde jetzt Herr Kollege Gusen­bauer sagen, wenn er da wäre. – Das ist nicht nur beim Budget so gewesen. Ihr Strickmuster der Politik ist doch immer das Gleiche! Sie sagten vor der Wahl, es gebe überhaupt kein Bud­get­loch, es gebe nichts zu sanieren. (Abg. Edlinger: Wie ist das mit den 60 000 S?) – Wir ha­ben jetzt, nach der Wahl, nach dem Kassensturz, 47 Milliarden Schilling Defizit zu sanieren.

Sie sagten vor der Wahl, es gebe kein Defizit ...


Präsident Dr. Heinz Fischer: So, jetzt versuchen wir wieder, ein bisschen über die Einwen­dung zu reden.


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): ... kein Defizit bei den Krankenversiche­run­gen. – Nach der Wahl steigt es auf Milliarden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie sagten vor der Wahl, wir bräuchten keine Pensionsreform. – Nach der Wahl liegt plötzlich die Wahrheit auf dem Tisch.

Ich sage Ihnen eines: Dieses Haus hat das Recht, die Budgetwahrheit und auch die politische Wahr­heit in allen Bereichen zu erfahren und soll nicht weiterhin Ihre Propaganda und Ihre Poli­tik des Tarnens und Täuschens hinnehmen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.25


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. Es gilt die glei­che Redezeit, und der Verhandlungsgegenstand ist die Einwendungsdebatte. – Bitte.

12.25


Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eigent­lich ganz klar: Da machen Sie eine Sitzung, um einen Dringlichen Antrag einzubringen, in dem Sie sich mit etwas beauftragen lassen, was Sie auch ohne Auftrag, ohne Beschluss und ohne Zustimmung tun können.

Was dahinter steckt, ist ebenfalls klar: Der Finanzminister hat sich zu weit vorgewagt. Er hat über­trieben und war nicht im Recht mit dem, was er seinem Vorgänger vorgehalten hat. Alle Experten haben bestätigt, dass Edlinger Recht hat und nicht der neue Finanzminister. (Abg. Fischl: Welche Experten?) Diese Schlappe wollen Sie eben im zweiten Anlauf wettmachen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Waren das die Experten vom „Konsum“?)

Dieser zweite Anlauf soll eben heute stattfinden. Das ist ein Dringlicher Antrag, hat Kollege Khol gesagt, und er hat auch das Wort „Maastricht“ in den Mund genommen. Ich würde das am heu­tigen Tag nicht tun, Kollege Khol, denn wirklich dringlich in diesem Zusammenhang wäre es, am heutigen Tag darauf einzugehen, dass der Parteivorsitzende Ihres Partners den Euro als eine „Missgeburt“ bezeichnet hat und dass der Landesobmann der FPÖ im Burgenland gerade in diesen Stunden gesagt hat, man sollte eine Initiative starten, dass Österreich aus der EU aus­tritt. (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht der Landesobmann!) – Sich damit zu beschäftigen, das wä­re wirklich dringlich! (Abg. Leikam: Das ist eine Partei! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch wenn es nicht vernünftig ist, ist es doch rechtmäßig, dass Sie diese Sondersitzung verlangen und einen Dringlichen Antrag stellen. Nur, wir sagen Folgendes: Wenn schon solch eine Sitzung stattfindet und wenn Sie schon sagen, es wäre so wichtig, die neuen Kompetenzen der Regierung zu haben; wenn Sie schon im Verfassungsausschuss ge­sagt haben, dass das außerordentlich dringlich ist, damit Sie für dieses Land arbeiten können, dann arbeiten Sie wenigstens, dann nehmen Sie diesen Punkt mit uns auf die Tagesordnung, damit Sie früher so arbeiten können, wie Sie vorgeben, es tun zu wollen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.28


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Er hat das Wort. (Abg. Schwemlein: Jetzt kommt das freiheitliche Europa-Bekenntnis!)

12.28


Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Eine Kurzanmerkung an die Adresse von Van der Bellen: Wissen Sie, was langweilig ist, Herr Professor? – Ihre Schachtelsätze vor allem. (Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.) Und wissen Sie, was spannend ist? – Die Zeit dieser Koalition ist spannend! Und sie wird erfolgreich sein, meine Damen und Herren, weil nur unter Spannung Erkleckliches geleistet werden kann. (Abg. Öllinger: Weil Sie es nicht verstehen!) Das werden wir Ihnen zeigen, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: ... Ihre eigenen Sätze! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Auch bei Schieder ist das durchgekommen – das wundert mich bei einem alten Hasen ein biss­chen; aber die 13 Jahre sozialistischer Koalition der Vergangenheit haben auch bei Schieder Spuren hinterlassen –, denn er hat offensichtlich gemeint, es gehört nach dem Motto „A Ruah muass sein!“ gehandelt: keine Sondersitzung, nur ein bisschen Diskutieren. Vielleicht warten wir die Befehle aus der Parteizentrale ab, dann werden wir wissen, was wir tun, der große Bruder wird’s schon richten. – Nicht mit uns, meine Damen und Herren, nicht mit einem modernen Par­la­mentarismus, wie wir ihn verstehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ihr lautes Zwischenruf-Gebrüll beweist ja, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben. Im Unterschied zur sozialistischen Koalition, in der vieles unter der Tuchent ab­ge­handelt wurde und Nebelschwaden sich kaum gelichtet haben, gibt es unter freiheitlicher Re­gierungsbeteiligung eine offene Diskussion und den Zugang zur Wahrheit, sodass der Bür­ger auch betrachten kann, was Sache ist, meine Damen und Herren! (Abg. Schwemlein: Su­per! – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Insbesondere beim Budgetdefizit, das Sie uns, den Bürgern dieses Landes, hinterlassen haben, ist eine offene Diskussion mit Transpa­renz gefragt, aber nicht die Tuchent des Zudeckens, wie Sie es in der Vergangenheit getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Edlinger.) In diesem Haus gehört diskutiert, wenn Sie wollen, auch herzhaft gestritten, Herr Ex-Finanzminister! Das Werfen von Pflaster­steinen auf Polizisten und fremdes Eigentum ist jedoch keine Alternative zum demokratischen Dia­log, wie wir ihn hier führen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Es ist geradezu skurril, wenn nicht sogar bedenklich, wenn sich Gusenbauer und Klima einer­seits an die Spitze der linken Demonstranten stellen und andererseits im Parlament eine Son­der­sitzung – das Recht auch der Bürger – beklagen. Meine Damen und Herren, das ist skurril und bedenklich gleichermaßen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

30 Jahre Sozialismus in der Finanzpolitik haben uns eine dicke Suppe eingebrockt, und die Öster­­rei­cher haben nun bedauerlicherweise diese dicke Suppe auszulöffeln. (Zwischenruf des Abg. Öllin­ger.) Herr Kostelka, Ihre Pflichtverteidigung des Altfinanzministers Rudolf Edlinger – vom Volksmund bereits als „Rudi Ratlos“ bezeichnet – ist danebengegangen (Abg. Öllinger: Schach­tel­sätze! Aufpassen!), und zwar deswegen, weil zum Beispiel Griechenland bereits da­bei ist, die Konvergenzkriterien zu erreichen, Österreich aber mit Ihrer Finanzpolitik Gefahr ge­lau­fen wäre, das Schlusslicht in Europa zu werden. Das wird diese Koalition aber zum Nutzen der Bürger verhindern. Das können Sie für bare Münze beziehungsweise so, wie ich es gesagt habe, nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Der Grasser sagt, ...!)

Meine Damen und Herren! Die Arbeit, die wir uns vorgenommen haben, ist auf ein großes Ziel ge­rich­tet: nämlich Österreich zu sanieren und den sozialistischen Weg zu konterkarieren.

Meine Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf Wahr­heit, und dem dient die heutige Sitzung; nicht mehr und nicht weniger. Das Recht dieses Parla­ments, das Budget zu beschließen und zu diskutieren und die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten, lassen wir von niemandem beschneiden – auch nicht in diesem Fall von der vereinigten sozialistischen Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.)

Ich meine, dass die heutige Sondersitzung ein guter Anfang eines neuen finanzpolitischen We­ges ist, eines Weges der Offenheit und der Transparenz, meine Damen und Herren. (Zwischen­ruf des Abg. Schwemlein.) In diesem Sinne geht die Republik, geht die Mehrheit in diesem Hau­se einen großartigen, einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Frei­heitli­chen und der ÖVP.)

12.33


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

12.33


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Nehmen Sie unser Angebot an: Befreien Sie doch den Finanzminister von dem Verdacht, der damit ver­bunden ist, was gemeint sein könnte, wenn er sagt, dass es sich bei den Vorstellungen hier im Hohen Haus um Theater handelt! Es drängt sich nämlich der starke Verdacht auf, dass hier Regierungs-Theater inszeniert wird.

In der Präsidiale hat es zwei Vorschläge gegeben, die dieses Hauses würdig gewesen wären, wenn schon etwas dringlich sei: der Beschluss über die Neuverteilung der Kompetenzen und eben der Beschluss des gesetzlichen Budgetprovisoriums. Das wäre eine klare Vorgangsweise gewesen, aber die Regierungsfraktionen haben dies nicht zugelassen. So werden Sie das nicht hinkriegen! Das ist offensichtlich das Theater, das gemeint war. (Beifall bei den Grünen.)

Im Übrigen ist festzustellen, dass die ÖVP offensichtlich weiter darauf beharrt, in der Disziplin des Nichtwissens Weltmeister werden zu wollen. Es ist doch völlig unglaubwürdig, dass die ÖVP nach jahrelanger Regierungsbeteiligung nichts von der Budgetmisere, die jetzt behauptet wird, wusste. Dies ist umso unglaubwürdiger, als gerade die ÖVP-Ministerien im letzten Rech­nungs­hofbericht besonders kritisiert wurden, wobei nicht nur die Budgetplanung Gegen­stand des Berichtes war, sondern auch der Budgetvollzug. Siehe da: Gerade die ÖVP-Minister haben sich in der Verfehlung der Budgetkonsolidierung besonders hervorgetan. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das nenne ich Budget- und Wirtschaftskompetenz!

In Wirklichkeit glaubt Ihnen das ohnedies kein Mensch. Es scheint so zu sein, dass das neue Motto der Regierung, das für alle Belange gilt, auch im internationalen Austausch und Verkehr, das Motto des Schüssel/Grasser-Budget- und -Wirtschaftskurses lautet: Leugnen, verdrehen und vernebeln! – Das ist Ihr Motto, das ist der neue Kurs! Mit dem werden Sie aber nicht weit kom­men, dazu hätte es keiner Sondersitzung bedurft. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geord­neten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Hättest du dir etwas aufgeschrieben! Das ist unglaub­lich!)

Ich komme zum letzten Punkt: Der Herr Finanzminister, der ja noch nicht hier im Saal ist, hat eine Woche gebraucht (Abg. Haigermoser: Das nächste Mal nehmen Sie sich einen Schwimm­reifen!), um im Keller und in den Katakomben des Ministeriums Leichensucherei zu betreiben. Herausgekommen ist im Wesentlichen – das wurde auch von den Experten bestätigt –, dass der Herr Finanzminister die von Edlinger genannten Zahlen bestätigen musste. Unter diesen Auspi­zien eine Woche im Keller zu verbringen, zig Milliarden Leichen anzukündigen und dann so einen Bauchfleck zu landen, da stellt sich schon die Frage, ob nicht auch noch 60 000 S für solch einen Minister zu viel sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwi­schen­ruf des Abg. Haigermoser.)

Aber dieser Frage werden wir uns noch gesondert zuwenden. – Herr Haigermoser, Sie haben ja zugegeben, dass Sie der Debatte nicht folgen können. Es versteht wirklich kein Mensch, dass Sie da dauernd dazwischenkeppeln! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jedenfalls wird das Ehrengericht der FPÖ noch genug zu tun haben, was diese Sache betrifft – viel­leicht werden wir sogar noch die ganze Bundesregierung dort antreffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.36


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung des Abg. Mag. Kogler –: Werner, schreib dir etwas auf, bitte!)

12.37


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staatsse­kre­täre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In jedem ordentlich geführten Briefmarken­sammler­verein wird, wenn ein neuer Vorstand gewählt wird, eine Übergabe- und Übernahme­bi­lanz gegeben. Es wird genau gesagt, welcher Kassenstand der neuen Führung übergeben wird. Das Gleiche wollen wir hier im Interesse des Steuerzahlers, im Interesse der parlamenta­rischen Verantwortung, die wir tragen, und vor allem auch im Interesse einer Transparenz und Budget­verantwortung machen. Etwas ganz Selbstverständliches, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass das Finanzministerium ein sehr wichtiges Ressort ist – wichtig in den Bereichen Budgetplanung, Budgetprognose, Budgetcontrolling, Budget­voll­ziehung (Zwischenrufe bei der SPÖ) –, aber die letzte Budgetverantwortung liegt in diesem Hohen Hause, liegt beim Nationalrat. Wir lassen uns diese Verantwortung nicht nehmen. Wir las­sen es uns auch nicht nehmen, zu kontrollieren, ob das, was wir hier beschließen, auch ordent­lich vollzogen wird! Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Verantwortung lassen wir uns nicht nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen! Eines möchte ich schon auch sagen: Wenn ich Mitglied dieses Hohen Hauses, wenn ich Mitglied des Budgetausschusses bin, möchte ich mir, ehrlich gestan­den, meine Informationen betreffend das Budget nicht aus den Wifo-Monatsberichten heraus­holen müssen, sondern dann möchte ich meine Fragen vom Finanzminister beantwortet haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der vorige Finanzminister – all das ist ja dokumentiert – hat in der Sitzung des Budgetaus­schus­ses vom 2. Dezember 1999 auf nachdrückliches Befragen erklärt: Es fehlen 20 Milliarden Schilling. Er hat die gleiche Zahl am 15. Dezember 1999 hier im Plenum wiederholt. (Abg. Edlinger nickt.) Er hat dann erst am 17. Dezember 1999 der ÖVP Zahlen genannt, die erstmals Einzelheiten nachgewiesen haben.

Herr Edlinger! Sie haben öffentlich erklärt: Die ÖVP bekommt die Zahlen erst dann, wenn ich weiß, dass sie bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Sie haben uns diese Zahlen damals nicht gegeben! Sie haben hier im Hohen Hause auch nicht die volle Wahrheit gesagt! Das muss ich dazusagen: Sie haben nicht die volle Wahrheit gesagt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es geht hier ja nicht nur um den Staatshaushalt – unser Klubob­mann Khol hat darauf hingewiesen; es ist erstaunlich, wie sich die Bilder überall gleichen –, sondern auch um den Haushalt in den Bereichen ÖIAG, Pensionsfinanzen, Krankenkassen­finan­­zen. Ihre eigenen Parteifinanzen, bitte, zeigen das gleiche Bild! Es kommt ein neuer Ob­mann, und plötzlich stellt sich heraus: Es sind 300 Millionen Schilling Schulden da. – Das völlig gleiche Verhalten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir können hier im Hohen Hause nur ein Budgetcontrolling für den Staatshaushalt beschließen, aber ich empfehle Herrn Kollegen Gusenbauer ein Budget-Controlling in der eigenen Partei ein­zuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen. – Zwischenruf des Abg. Grabner.)

All diese Beispiele, Herr Kollege Grabner – wir werden am Nachmittag noch im Detail darüber reden: Staatshaushalt, Pensionen, Krankenkassen, ÖIAG, SPÖ-Parteifinanzen –, zeigen das gleiche Bild: Man hat eben in Ihrer Partei eine leichte Hand beim Geldausgeben, verschleiert jedoch die Dinge und hat nicht den Mut zur Wahrheit.

Wir haben den Mut zur Wahrheit, und wir verlangen Transparenz! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.40


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung SPÖ –: Jetzt weiß ich, warum du nicht Obmann werden willst! Mit den Schulden!)

12.41


Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Eine Möglichkeit, etwas weni­ger Fadesse hier zu haben, wäre, wenn Herr Haigermoser einmal schönere Krawatten trüge. Er nimmt sich ja derer immer an. In der Vergangenheit konnten wir immer darüber lesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Noch einmal! – Abg. Haigermoser: Noch einmal, bitte!)

Meine Damen und Herren! Der Gralshüter des parlamentarischen Anstandes, Dr. Khol, der Spe­zialist für Kassastürze – das haben wir auch schon in der Vergangenheit erlebt –, für Zahlen und hohle Worte, hat im Jahre 1996 bei der Geschäftsordnungsreform gemeint, dass diese Re­form eine gelungene sei, dass sie ein sensibler Kompromiss sei. (Abg. Haigermoser – seine Kra­watte in die Höhe haltend –: Reine Seide!) Er hat gesagt, diese Reform sei gelungen, weil die Rechte der Opposition und jene der Regierungsfraktionen angemessen austariert würden und es eine Selbstverständlichkeit sei, dass die Regierungsfraktionen der Opposition die Rech­te auch beließen und nicht für sich ausnützen würden. – So viel zu den schönen Worten des Herrn Khol.

Die Realität jedoch ist, dass die Regierungsfraktionen nun eine demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise wählen und eine Sondersitzung verlangen. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum? Erklä­ren Sie das!) Das ist ein Missbrauch der Minderheitsrechte, ein Missbrauch der Geschäfts­ordnung. Hier wird ein Minderheitsrecht zu einem Instrument der Regierung verbogen.

Wenn Sie, Herr Stummvoll, heute ständig auf Verschleierungen hinweisen, dann möchte ich Ihnen sagen: Es wird durch ständige Wiederholung die Unwahrheit nicht zur Wahrheit. (Zwi­schen­ruf des Abg. Mag. Schweitzer. – Abg. Schwarzenberger – ein Exemplar der Geschäfts­ord­nung des Nationalrates in die Höhe haltend –: Hier steht nicht drinnen, dass eine Sonder­sitzung nur einer Minderheit zusteht!)

Sie verwechseln Budgetloch mit Defizit. In 30 Jahren hat es die SPÖ nicht für notwendig befun­den, eine Sondersitzung zu verlangen. Das ist auch nicht notwendig, denn wenn eine Regie­rungs­partei in der Präsidiale die Abhaltung einer Sitzung zu einem bestimmten Thema verlangt, wird diese selbstverständlich durchgeführt. Es blieb Ihnen vorbehalten, eine Sondersitzung als Regierungspartei zu verlangen. Damit wird der Opposition das Recht genommen, selbst einen Dringlichen Antrag einzubringen. Nein, die Regierungsfraktionen diesen an sich selbst stellen.

Dahinter steckt Folgendes: die Redezeiten der Opposition auf ein Minimum zu kürzen und Ihre Redezeit auf ein Maximum auszudehnen. Die Redezeit der Opposition beträgt 20 Minuten, für Ihre Darstellungen haben Sie 50 Minuten Zeit. – So viel zum Zugang zur Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat die Geschäftsordnung in der Form beschlossen?)

Gegen diese Vorgangsweise erheben wir Einwendungen. Daher sagen wir: Der Bundesminister für Finanzen hat hier die Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben, damit danach eine ordnungs­ge­mäße Debatte geführt werden kann und wir Ihrer Aufforderung, Sie an Ihren Worten zu messen, nachkommen können.

Wir wollen auch, dass die Tagesordnung ergänzt wird, damit diese sinnlose Sondersitzung durch Abarbeiten von Verhandlungsgegenständen wenigstens einen Sinn erhält. (Abg. Gaugg: Das werden Sie bestimmen, was sinnvoll und sinnlos ist!) – Das ist schon fast ein Perpetuum mobile: Ständig fordern Sie uns auf – und man kann dem gar nicht entgehen, ganz egal, welchen „Sender“ man einschaltet (Abg. Gaugg: 30 Jahre haben Sie geschlafen im ÖGB! Jedes Belastungspaket wurde verteidigt!) –: Messen Sie uns an den Taten und Worten! – An welchen Taten sollen wir Sie messen, wenn Sie sich der Möglichkeit, Taten zu setzen, die geprüft werden können, entziehen?

In Wirklichkeit bringen Sie kein Budget zustande. Die Behandlung des Bundesministerien­ge­setzes haben Sie auch erst für nächste Woche angesetzt. Das Ganze ist ein Ablenkungs­ma­nö­ver, und zwar um von Ihrem ständigen Bruch von Wahlversprechen abzulenken, um davon abzu­lenken, dass Sie kein Budget zustande bringen, und um davon abzulenken, dass Sie sich innerhalb der FPÖ nicht einig sind und sich auch nicht zwischen den Regie­rungs­fraktionen einig sind. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung des Abg. Grabner –: Noldi, geh du einmal raus!)

Sie wissen nicht, ob Sie bei 60 000 S netto eine Einkommensgrenze einziehen sollen oder wie viel 60 000 S wirklich sind. Sie verwechseln Brutto- mit Nettozahlen. Sie wollen Familienbeihilfe nur an Rei­che – oder vielleicht auch an doch nicht Reiche – ausbezahlen. Sie wollen einen Selbst­behalt oder eine Krankenscheingebühr einführen. Sie wollen Beitragserhöhungen vorneh­men, und die große EU-Partei ÖVP findet nichts dabei, dass jemand von der FPÖ vorschlägt, aus der EU auszutreten.

Ich glaube, dass das alles Ablenkungsmanöver sind und dass das die Öffentlichkeit auch sieht. Wahrscheinlich haben Sie aus Kärnten noch keine direkten Anweisungen bekommen, was Sie tun sollen, denn der wahre Lenker des Hauses sitzt in Klagenfurt. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist jener ...


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Schlusssatz: Das ist jener, der sich für Napoleon hält; nein, ich habe das mit Blair verwechselt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Er hat das Wort. (Die Abgeordneten Dr. Khol und Mag. Schweitzer: Na endlich! – Abg. Mag. Schweitzer: Der hat sich etwas aufgeschrieben!)

12.46


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsi­dent! Der vorliegende Finanzminister hat angekündigt, dieses Parlament für ein „Theater“ zu halten. (Abg. Dr. Khol: „Der vorliegende“?) Ich habe nicht gewusst, was er mit Parlament als Theater gemeint hat, bis ich den Antrag auf Einberufung der Sondersitzung und diesen Dringli­chen Antrag gelesen habe. Ich muss sagen: Das ist ein Theater! (Beifall bei den Grünen.) Die Bun­desregierung hat das Parlament einberufen, um es zu pflanzen. Und das ist ein wirklich ein­maliger Vorgang in der österreichischen Demokratiegeschichte!

Meine Damen und Herren! Was wollen Sie eigentlich? Stimmt es, dass der ehemalige Vize­kanz­ler das Budget gelobt hat (Abg. Haigermoser: Keine Polemik vom Rednerpult!), jetzt aber draufgekommen ist, dass das ein ganz schlechtes Budget ist, und überdies nicht weiß, was in dem Budget wirklich drinsteht?

Herr Kollege Khol! Stimmt es, dass das vor kurzem ein hervorragendes Budget war und jetzt ein ganz schlechtes Budget ist und Sie außerdem nicht wissen, was wirklich in diesem Budget drin­steht und was mit der Staatsschuld passiert ist? Und müssen Sie deswegen an sich jetzt wirk­lich einen Dringlichen Antrag richten, in dem drinsteht, Sie wollen mit Mehrheit den Finanz­mini­ster zur Darstellung der bestehenden Instrumente des Budget-, Personal- und Finanz-Control­lings zwingen? Brauchen Sie eine Mehrheit im Nationalrat, damit er Ihnen, die Sie offensichtlich die Instrumente des Budget- und Personal-Controllings nicht kennen, von hier aus eine Er­klärung gibt, wobei Sie nie die Sicherheit haben können, ob er es brutto oder netto meint? (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wie schwer ist es, den Finanzminister davon zu überzeugen, be­stehen­de Instrumente darzustellen, dass man dazu sogar eine Sondersitzung des Nationalrates einberufen muss? Wie schlecht funktioniert die Kommunikation? – Da gibt es jetzt einen sach­dienlichen Hinweis. Aus Klagenfurt wird gefordert – wahrscheinlich aus diesen Gründen –, das Einkommen des Finanzministers mit 60 000 S zu begrenzen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist wahrscheinlich in der Sache und in der Person nicht unbegründet. Ja wahrscheinlich ist die bisherige Arbeit des Finanzministers mit Sicherheit keine 60 000 S – ich würde sagen brutto – wert. (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ.)

Nur sollte man daraus keinen falschen Schluss ziehen. Ich wünsche mir die Arbeit eines Fi­nanz­ministers, die im Monat 120 000 S netto wert ist. Wenn ich die Wahl habe zwischen einem 60 000-S-Finanzminister Grasser und einem qualifizierten 120 000-S-Finanzminister, der mit Sicherheit nicht aus Ihrer Fraktion (in Richtung der Freiheitlichen) kommen könnte, dann ent­scheide ich mich zu 100 Prozent für den doppelt so teuren und mehrfach so guten Finanz­mini­ster, den diese Republik auch verdient hat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Aber in Zu­kunft steht uns wahrscheinlich ein Justizminister ins Haus, der auch nicht mehr als 60 000 S wert ist, aber einen 2-Millionen-Schilling-Dienstwagen braucht (Ruf bei der SPÖ: Ja genau!), damit er seine arme 60 000-S-Existenz durch die Republik chauffieren lässt. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist offensichtlich die Zukunft dieser Bundesregierung. Jawohl, das ist nicht Qualitäts­siche­rung, aber das ist eine faire und sachliche Qualitätsbeurteilung – zumindest durch die größere Regierungsfraktion.

Meine Damen und Herren! Nun zu unserer Einwendung gegen die Tagesordnung. Wir haben nicht gesagt: Setzen wir eben irgendetwas auf die Tagesordnung!, sondern wir wussten, dass heute der Frauenminister-Rat in Lissabon stattfindet und es einer Neuordnung des Bundes­ministe­rien­gesetzes bedurft hätte, damit Österreich eine Vertreterin hätte entsenden können. Wir müssen ja gar nicht mehr durch die EU isoliert werden, denn deshalb, weil Sie unfähig sind, rechtzeitig ein Gesetz in dieses Haus einzubringen, kann die Ministerin gar nicht nach Lissabon fahren! So schaut es nämlich aus mit den Sanktionen! Ihre Nachlässigkeit führt dazu, dass Vertreter Österreichs an Sitzungen von EU-Gremien nicht mehr rechtzeitig teilnehmen können! Und deswegen wäre es gescheit gewesen, heute über das Bundesministeriengesetz und nicht über diesen unsinnigen Antrag zu reden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch ein letzter Satz, meine Damen und Herren: Ich nehme diesen Begriff „Theater Parlament“, die Bezeichnung des Parlaments als Theater durch den Finanzminister, durchaus ernst! Es hat schon einmal eine politische Tradition gegeben, in der man damit begonnen hat, das Parlament als „Theater“, als „Quatschbude“ zu bezeichnen (Abg. Ing. Westenthaler: Als „Volksgerichts­hof“ haben Sie das Wiener Rathaus bezeichnet!) und es systematisch lächerlich zu machen. Die Entwertung des Parlaments war immer Teil eines Versuches, demokratische Verhältnisse aus­zu­höhlen und durch autoritäre Verhältnisse zu ersetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: „Volks­ge­richts­hof“ haben Sie gesagt zum Wiener Rathaus!)

Ich sage Ihnen von diesem Rednerpult aus in aller Deutlichkeit (Abg. Ing. Westenthaler: „Volks­gerichtshof“!): Wir werden alles tun – und sogar Ihre Dringlichen Anträge ...


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Das ist mein letzter Satz. Wir werden sogar Ihre Dringlichen Anträge sehr ernst nehmen (Abg. Ing. Westenthaler: Time out! Die Zeit ist abge­laufen!), damit verhindert wird, dass aus diesem Nationalrat ein „Theater“ wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.52


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. Ich erteile ihm das Wort.

12.52


Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Pilz, es gibt eine Entwertung dieses Hauses durch verbale Attacken, die möglicherweise von außen kommen, es gibt aber auch eine Entwertung dieses Hauses, die durch Mitglieder des Parlaments selbst erfolgt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Durch deren Unfähigkeit!) Und dagegen verwahre ich mich ganz besonders!

Ich frage mich, weshalb heute so getan wird, als wäre diese Einberufung des Nationalrates (Abg. Huber: Haben Sie sich auch nicht ausgekannt?) zu einem ganz dringlichen Thema ein Sakrileg, gnädige Frau. Eine neue Regierung hat in Österreich das Recht darauf, einen Kassa­sturz zu machen, bevor sie mit Maßnahmen an die Öffentlichkeit geht. (Abg. Schwemlein: Wo war Ihre Verantwortung in der Vergangenheit?) Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu möchte ich Ihnen jetzt Folgendes sagen: Die österreichische Bevölkerung erwartet, dass es im Normalfall eine Übergabe gibt. Diese Übergabe hat nicht stattgefunden, ja sie ist sogar verhindert worden! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Schwemlein.) Die Übergabe der Mini­sterien ist sogar – und das wurde durch viele Aussagen bestätigt ... (Ruf bei der SPÖ: Von wem? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine solche Übergabe wurde durch das Herausreißen von Kabeln, durch das Herunterfahren von Computern und durch das Löschen von Dateien unmöglich gemacht! Umso mehr ist es heute ein Anrecht dieses Nationalrates, einen Kassasturz zu verlangen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich hätte mir erwartet, dass die ehemaligen Regierungsmitglieder von SPÖ-Seite anlässlich der Regierungserklärung in der vorigen Woche (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ) eine Er­klä­rung zur Übergabe abgeben. – Aber nein! Frau Hostasch hat sich stattdessen durch eine Dring­li­che Anfrage an eine erst kurz davor angelobte neue Sozialministerin „ausgezeichnet“!

Frau Bundesministerin außer Dienst Hostasch! Sie hätten damals wirklich Gelegenheit dazu ge­habt (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen), Ihre Regierungszeit besonders herauszustreichen. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Saldo war ka­tastrophal!) Das wäre eine Übergabe gewesen, das wäre guter Stil gewesen! Aber davon habe ich nichts gehört, nichts gesehen.

In der heutigen Einwendungsdebatte wollen Sie diese Sondersitzung als Recht der Opposition beanspruchen, obwohl Sie genau wissen müssten, dass es notwendig ist, dass heute Daten und Fakten auf den Tisch gelegt werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Es geht nicht darum, dass wir von Seiten der ÖVP unsere Mitver­ant­wortung in den Jahren 1986 bis 2000 in Abrede stellen oder gar verleugnen wollen, sondern es geht um etwas anderes (Abg. Schwemlein: Haben Sie geschlafen?): Es geht darum, dass wir der österreichischen Bevölkerung ganz klar und deutlich aufzeigen wollen, unter welchen Bedingungen die neue Regierung zu arbeiten beginnt. Das muss zunächst einmal klargelegt werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler.)

Bei jeder Betriebsübernahme ist es üblich, dass eine Eröffnungsbilanz erstellt wird (Zwischenruf des Abg. Edlinger); wir fordern heute diese Eröffnungsbilanz ein, weil wir glauben, dass – ge­nau­so wie das Parlament – auch die österreichische Bevölkerung das Recht darauf hat, zu wissen (Zwischenruf der Abg. Huber), auf welcher Grundlage das neue Regieren Österreichs basiert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.57


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung über die beiden Einwendungsanträge, die wir unter einem ab­füh­ren, weil sie sich auf den gleichen Gegenstand beziehen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den Einwendungen Rechnung tragen und damit die Sitzung im Sinne der gestellten Abänderungsanträge gestalten wollen, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit bleibt es bei der geplanten Vorgangsweise für den Ablauf der heutigen Nationalrats­sitzung.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Stummvoll und Genos­sen haben das Verlangen gestellt, den Selbständigen Antrag 88/A (E) der Abgeordneten Ing. Westen­thaler, Dr. Stummvoll betreffend Kassasturz dringlich zu behandeln.

Die Durchführung dieses Dringlichen Antrages ist im Sinne der Bestimmungen, die Ihnen be­kannt sind, für 15 Uhr in Aussicht genommen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 167/AB


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass mir das gemäß § 92 GOG gestellte Ver­langen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 167/AB der Anfrage 164/J der Ab­geord­neten Mag. Haupt betreffend Förderungsbericht durch den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die Kurzdebatte über diese Anfragebeantwortung betreffend den genannten Förderungsbericht im Anschluss an die Beratungen des Dringlichen Antrages stattfinden.

Ich unterbreche nun die Sitzung und werde die unterbrochene Sitzung um 15 Uhr wieder auf­nehmen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 12.59 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze ein­zunehmen. Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz (88/A) (E)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen, wie angekündigt, zur Behandlung des Dringlichen Antrages 88/A (E).

Dieser Antrag ist im Sitzungssaal schriftlich verteilt worden, steht allen Mitgliedern des Hohen Hauses zur Verfügung, und es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

„„Sie brauchen sich daher auch gar nicht zu bemühen, im kommenden Wahlkampf eine Argu­menta­tionslinie zu verfolgen, die die Frage stellt, wie hoch das Budgetloch ist. Es ist nämlich gar keines vorhanden.“ Mit diesen Worten bekräftigte der ehemalige Bundesminister für Finanzen Edlinger in der Sitzung des Nationalrates am 17.6.1999, daß er die Budgetsituation unter Kontrolle habe.

Am 19. Oktober 1999 gab er entgegen seinen bisherigen Aussagen bekannt, daß für die Einhal­tung des Budgetrahmens 20 Mrd. Schilling notwendig sein werden, wobei ca. 5 Mrd. davon durch Kürzung von Ermessensausgaben hereinbringbar seien.

Am 21. Oktober 1999 bezifferte der ehemalige Finanzminister Edlinger den „Fehlbetrag geringer als ein Prozent des Bruttoinlandproduktes“ (d.h. weniger als 25 Mrd. Schilling) und schlug zu­sätz­lich die Verwendung der Überschüsse aus Fonds (u.a. FLAF) zum Absenken der Lohn­nebenkosten vor.

Am 30. November 1999 erklärte er, daß die bisher bekanntgegebene Kürzung der Ermessens­aus­gaben von 5 Mrd. Schilling nicht ausreiche, sondern daß statt dessen die Kürzung der Ermes­sensausgaben 20 Mrd. Schilling betragen müsse, um das Budget im Rahmen zu halten.

Wegen der widersprüchlichen Aussagen wurde in der Sitzung des Nationalrates am 15.12.1999 eine Dringliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Trattner und Kollegen eingebracht, um vom ehemaligen Bundesminister Edlinger endlich eine vollständige Aufklärung über die tatsächliche Budgetsituation Österreichs (inklusive möglicher zukünftiger Belastungen des Budgets infolge der „grauen Finanzschulden“ und sonstiger Schulden, für die der Bund Haftungen übernommen hat) zu erhalten. In seiner Stellungnahme verwies der Genannte hinsichtlich des budgetären Fehl­betrages lediglich darauf, daß alle seine bisherigen Budgets gehalten hätten und bezeich­nete es als „wohl bekanntes Ritual, daß vor Verhandlungen eines jeden Budgets Fehlbeträge be­stehen, die im Zuge dieser Verhandlungen dann auf ein vertretbares Ausmaß reduziert wer­den“. Eine detaillierte und begründete Darstellung der tatsächlichen Budgetsituation erfolgte nicht. Auch blieb Edlinger jegliche Auskunft über die sogenannten grauen Finanzschulden und sonstige Schulden, für die der Bund haftet, schuldig.

Im Zuge der später gescheiterten Regierungsverhandlungen zwischen der ÖVP und der SPÖ erhärtete sich bereits der Verdacht, daß das tatsächliche Budgetloch ein Vielfaches des bisher ein­bekannten Betrages von 20 Mrd. Schilling betragen dürfte, wobei die Regierungsmitglieder der ÖVP weiterhin im unklaren über das tatsächliche Ausmaß der Budgetsituation gelassen wur­den.

Vielmehr bekräftigte Edlinger noch in der Nationalratssitzung am 26.1.2000, daß genau der Be­trag von 20 Milliarden Schilling das Budgetloch sei. Dies habe er schon lange Zeit immer wieder ge­sagt.

Im Zuge der Umsetzung des Regierungsprogrammes der FPÖ-ÖVP-Koalition wurde der vor­gesehene Kassasturz durchgeführt, dessen Ergebnis der Bundesminister für Finanzen Grasser und der Staatssekretär Finz am 17.2.2000 vorstellten. Durch diesen Kassasturz ist nunmehr of­fen­­kundig, daß der ehemalige Bundesminister für Finanzen Edlinger gegenüber dem Na­tional­rat und der Öffentlichkeit die tatsächliche Budgetsituation verschleiert hat. Feststeht, daß das Bud­getdefizit 109 Mrd. Schilling ausmacht, und daß sich unter Abzug des erlaubten Maastricht-Defi­zits in der Höhe von max. 62 Mrd. Schilling ein budgetärer Fehlbetrag von 47 Mrd. Schilling und nicht von 20 Mrd. Schilling ergibt, wie dies Edlinger zuletzt noch am 26.1.2000 behauptet hat. Dies ist auch der nachfolgenden Grafik zu entnehmen.

 


Wohin die Budgetpolitik des ehemaligen Finanzministers geführt hat, zeigt auch die Kritik von Seiten der EU, OECD und IWF, wonach

Österreich das bisher am wenigsten ambitionierte Budgetprogramm aller Euro-Länder habe,

die österreichische Abgabenquote zu hoch und

die Steuerungsintensität der österreichischen Budgetpolitik viel zu gering seien.

Die OECD fordert daher auch eine raschere und ambitioniertere Budgetkonsolidierung.

Um den längst überfälligen und notwendigen Weg einer nachhaltigen Konsolidierung des Bud­gets mit allen Mitteln sicherzustellen, ist ein Ausbau und eine Neuorganisation der bestehenden Steuerungsinstrumente im Bundeshaushalt auch im Hinblick auf eine jederzeitige Transparenz erforderlich. So ist ein umfassendes Budget-, Personal- und Finanzcontrollingsystem auf EDV-Basis einzurichten, welches sich auch auf alle ausgegliederten Rechtsträger des Bundes und auf alle Haftungsübernahmen erstreckt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher gemäß § 74 a Abs. 1 iVm § 93 Abs.1 GOG-NR folgenden

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, dem Nationalrat bis Ende September 2000

1. einen Bericht mit folgenden Elementen zu erstatten:

Darstellung der bestehenden Instrumente des Budget-, Personal- und Finanzcontrollings,

Erfahrungsbericht, warum die bisherigen Instrumente des Controllings nicht den Anforderungen einer modernen und leistungsfähigen Haushaltsführung gerecht wurden.

2. ein Konzept mit folgenden Maßnahmen vorzulegen:

Verbesserung des Controllingverfahrens als umfassendes Lenkungsinstrument für die Budget­steuerung, mit der Zielrichtung eines laufenden Soll-/ Istvergleiches mit Vorschau (Hochrech­nung),

Einführung eines Projektcontrollings,

Ausbau eines Reportingsystems,

Aufbau eines Controllingverfahrens für alle ausgegliederten Rechtsträger,

Aufbau eines Controllingverfahrens für alle Haftungsübernahmen des Bundes,

Ausbau von Anreiz- und Sanktionsmechanismen im Haushaltsrecht.

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74 a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR dringlich zu behandeln.“

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Antragsteller erhält Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler das Wort. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hören Sie gut zu bei den folgenden Zitaten! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich zitiere wortwörtlich ... (Ruf bei der SPÖ: Zitieren Sie lieber den Herrn Minister ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich zitiere wortwörtlich:

„Sie brauchen sich daher auch gar nicht zu bemühen, im kommenden Wahlkampf eine Argu­mentationslinie zu verfolgen, die die Frage stellt, wie hoch das Budgetloch ist. Es ist nämlich keines vorhanden.“ (Abg. Haigermoser: Wer war das? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat das gesagt?)

Das sagte SPÖ-Finanzminister Edlinger in der Sitzung des Nationalrates vom 17. Juni 1999, also vor den letzten Nationalratswahlen. (Abg. Haigermoser: Das ist ja unglaublich! – Gegen­rufe bei der SPÖ.) Hören Sie weiter gut zu! (Abg. Dr. Kostelka: Ist das eine Lesestunde? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Am 19. Oktober 1999 bekräftigte Finanzminister Edlinger seine Aussagen und gab bekannt – also wenige Wochen später –, dass für die Einhaltung des Budgetrahmens 20 Milliarden Schil­ling notwendig sein werden, wobei zirka 5 Milliarden Schilling davon durch Kürzungen von Ermes­sens­ausgaben hereinbringbar seien.

Am 21. Oktober 1999 bezifferte der ehemalige Finanzminister Edlinger den Fehlbetrag als ge­rin­­ger als 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, das heißt als weniger als 25 Milliarden Schil­ling, und er schlug zusätzlich die Verwendung der Überschüsse aus den Fonds, so zum Bei­spiel aus dem Familienlastenausgleichsfonds, zur Senkung der Lohnnebenkosten vor. Interes­san­ter­weise! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat er gesagt?)

Am 30. November 1999 erklärte SPÖ-Finanzminister Edlinger, dass die bisher bekannt gege­bene Kürzung der Ermessensausgaben von 5 Milliarden Schilling nicht ausreiche, sondern dass stattdessen die Kürzung der Ermessensausgaben 20 Milliarden Schilling betragen müsse, um das Budget im Rahmen zu halten.

Die Freiheitliche Partei Österreichs hat am 15. Dezember 1999 eine Dringliche Anfrage hier im Hohen Hause an Finanzminister Edlinger gerichtet, wobei im Zuge der Anfragebeantwortung Herr Finanzminister Edlinger die gleichen Zahlen nannte – und keine weitere Auskunft über ein Mehrbudget gab.

Schließlich, und zwar in der Nationalratssitzung vom 16. Jänner 2000, nannte Edlinger genau den Betrag von 20 Milliarden Schilling; so groß sei das Budgetloch. Und weiters: Dies habe er, Edlinger, schon lange Zeit immer wieder gesagt.

Also: Vor dem Sommer kein Budgetloch, nach den Nationalratswahlen ein Budgetloch von 20 Milliarden Schilling.

Vor wenigen Wochen hat der neue Finanzminister Grasser das wahre Ausmaß des Budget­desasters der Sozialisten auf den Tisch gelegt, und dieses lautet: 109 Milliarden Schilling Defi­zit, 47 Milliarden Schilling Einsparungsbedarf!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der frühere SP-Finanzminister Edlinger hat das Hohe Haus, hat die Abgeordneten dieses Hauses, hat die Öffentlichkeit und seinen Koali­­tions­partner falsch informiert, getäuscht und hinters Licht geführt. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher ist es nicht nur legitim, sondern auch notwendig, dass wir heute im Rahmen einer Son­der­sitzung – verlangt von den beiden Regierungsparteien Österreichische Volkspartei und Frei­heitliche Partei Österreichs – diese Dinge genau auf den Tisch legen, vor allem auch alles auf den Tisch legen, was die Budgetwahrheit anlangt. Das muss auf den Tisch!

Ich bin dem neuen Finanzminister Karl-Heinz Grasser dankbar für diesen Kassasturz, dankbar da­für, dass er das ganze Ausmaß der verheerenden sozialistischen Budget- und Finanzpolitik jetzt dem Hohen Hause auf den Tisch legt und transparent macht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schwemlein. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist ja interessant, dass Exfinanzminister Edlinger, dass der nunmehrige Abgeordnete Edlin­ger, der jetzt, so weit ich das sehe, nicht im Saale ist, einen Tag, bevor Finanzminister Grasser den angekündigten Kassasturz gemacht hat, eiligst eine Pressekonferenz einberufen hat. Eiligst! Und auf einmal teilte Edlinger der Öffentlichkeit am Tage vor dem Kassasturz Grassers mit: Ja, das Defizit beträgt wirklich 108 Milliarden Schilling, und es gibt tatsächlich einen Ein­spa­rungsbedarf von 47 Milliarden Schilling. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich frage Sie, Herr Abgeordneter Edlinger, der Sie leider dieser wichtigen Debatte nicht einmal Ihr Gehör schenken und nicht hierher ins Hohe Haus kommen: Warum haben Sie die Öffentlich­keit über diese Zahlen nicht früher informiert? Warum haben Sie nicht früher mit der Sanierung des Budgets begonnen? Warum ist das Budget derart aus den Schienen gelaufen? Sie tragen dafür die Verantwortung, dass jetzt alle Österreicher an der Sanierung des Budgets, an der Sanie­rung dieses riesigen Budgetlochs und dieses riesigen Finanzdesasters zu arbeiten haben. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein Defizit von 109 Milliarden Schilling, ein Einsparungsbedarf von 47 Milliarden Schilling ist ein ziemlich schweres Erbe. (Abg. Schwemlein: Können Sie nichts anderes, als von der Vergan­gen­heit reden ... ? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich weiß schon, dass Sie alle sehr nervös sind, wenn man Ihnen den Spiegel vorhält, wenn man die tatsächlichen Zahlen auf den Tisch legt. Das ist mir schon klar. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber es ist das nun einmal ein schweres Erbe für diese neue Regierung, die von Ihnen ja tagtäglich bekämpft und kritisiert wird. Es ist das ein schweres Erbe, das Sie uns hier hinterlassen haben. Ein schweres, schwe­res Erbe: 47 Milliarden Schilling Einsparungsbedarf, 109 Milliarden Schilling Sanierungs­bedarf.

Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Par­tei alles dafür tun werden, damit jetzt vor allem nicht die „kleinen“ Leute, die Arbeitnehmer, die Fa­milien (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), die Pensionisten und die Wirtschaftstreibenden zur Kasse gebeten werden! Das wird es nicht spielen – trotz Ihrer Politik nicht! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Wie ist denn das mit dem Jaguar für den Herrn Krüger? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir werden nicht zulassen, dass diese Men­schen für Ihr Fehlbudget zur Kasse gebeten werden!

Wir haben ein sehr ambitioniertes Reformprogramm auf den Tisch gelegt (Abg. Schwemlein: Einen Jaguar für einen von euch ...!), das Sie entweder nicht verstehen beziehungsweise ganz be­wusst schlecht machen. Und Sie arbeiten ganz bewusst mit Desinformation weiter! Der Scha­den, den Sie von der SPÖ und Ihr Finanzminister Edlinger hinterlassen haben, ist groß. Wir haben jetzt die Suppe auszulöffeln. Die Strategie der letzten Wochen und Monate seitens der Sozialisten ist ja ganz leicht nachvollziehbar, und zwar für jedermann, dass Sie nämlich auch in allen anderen Bereichen, nicht nur beim Budget ... (Abg. Edlinger betritt soeben den Sitzungs­saal.) Ich begrüße nunmehr den ehemaligen Finanzminister Edlinger. Herr Abgeordneter Edlin­­ger, es freut mich, dass Sie jetzt an dieser Sitzung teilnehmen. (Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abge­ord­neten von SPÖ und Freiheitlichen.)

Auch in anderen Bereichen, wie etwa bei den Krankenkassen, haben Sie von der SPÖ die glei­che Strategie verfolgt. Noch im August 1999 teilte Verbandspräsident Sallmutter mit – ich zitie­re –: Aus heutiger Sicht müssen wir nur mit einem leichten Abgang rechnen, noch ist es nicht dramatisch bei den Krankenkassen. – Zitatende.

Die damalige Sozialministerin Lore Hostasch teilte beispielsweise am 27. September 1999 – hö­ren Sie gut zu, Frau Exsozialministerin! –, also vor der Wahl, zum Defizit der Krankenkassen Folgendes mit – sie sagte das in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ vom 27. Sep­tem­ber 1999 –: „Wir werden einigermaßen gut durchkommen in den nächsten zwei Jah­ren.“ – Ich wiederhole: „einigermaßen gut durchkommen“. – Ihrer, Hostaschs, Ansicht nach wer­de das Defizit bei den Krankenkassen eine halbe Milliarde, vielleicht 1 Milliarde Schilling betra­gen; mehr werde es nicht sein.

Dann ziehen wieder einige Monate ins Land, und es kommt eine Wahl. Die Wahl ist vorbei – und plötzlich, wie beim Budget, kommt die Wahrheit ans Tageslicht. Am 17. Dezember 1999 wird der damalige Bundeskanzler Klima gefragt, wie es mit dem Defizit der Krankenkassen aus­schaue. – Auf diese Frage antwortete Klima in einem Radiointerview: 2,5 Milliarden Schilling feh­len. Er, Klima, erwarte von den Organen der Selbstverwaltung, erwarte vom Hauptverband, ganz konkrete Vorschläge dazu. – Hört, hört: Ganz konkrete Vorschläge erwarte er seitens des Haupt­verbandes, teilte uns der damalige Bundeskanzler mit, und ebenso, dass es dort ein Finanzdebakel von 2,5 Milliarden Schilling gebe.

Es ziehen dann wieder einige Wochen ins Land – und mittlerweile wissen wir, dass für das Jahr 1999 das Defizit bei den Krankenkassen 3,3 Milliarden Schilling beträgt und dieses letzt­end­lich auf eine Gesamthöhe von 6 Milliarden Schilling gestiegen ist. 6 Milliarden Schilling De­fizit, das muss man sich einmal vorstellen! 6 Milliarden Schilling bitte! Sie von der SPÖ haben nicht nur beim Budget, sondern auch, was die Krankenkassen anlangt, ein wirkliches Desaster hin­terlassen, sodass daher die neue Sanierungspartnerschaft das alles in Ordnung bringen muss. Sie von der SPÖ tragen dafür aber die Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist bei Ihnen ja immer wieder dasselbe Strickmuster festzustellen. Und in diesem Zusam­men­hang stelle ich eine Frage – eine rhetorische Frage, aber weil eben sehr viel vom Defizit Ihrer Partei gesprochen wird, tue ich das –, ich stelle also die Frage an alle redlichen SPÖ-Finanz­experten, Finanzpolitiker. Wenn das Budgetdefizit des Bundes nicht 20 Milliarden Schil­ling beträgt, wie Sie das behaupten, sondern tatsächlich 47 Milliarden Schilling, und wenn das De­fizit der Krankenkassen nicht 1 Milliarde Schilling beträgt, wie Sie von der SPÖ behauptet haben, sondern tatsächlich 6 Milliarden Schilling, möchte ich Sie schon fragen: Wie viel betra­gen dann wirklich Ihre Parteischulden, wenn Sie behaupten, dass es sich dabei um 300 Milli­onen Schilling handle? (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Das muss ja dann tatsächlich eine unglaublich hohe Summe sein, das muss ja in die Milli­arden gehen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitli­chen und der ÖVP. – Widerspruch des Abg. Dr. Gusenbauer.) Machen Ihre Parteischulden 600, 800 oder 900 Millionen Schilling aus? Das steigert sich vielleicht noch in den nächsten Wochen – aber das ist Ihr Problem, dieses Loch müssen Sie stopfen, und da werden Sie eben Ihre Lie­gen­schaften verkaufen müssen. Das Ganze, all diese Zahlen zeigen aber jedenfalls, dass es in Be­zug auf die Redlichkeit eines Kaufmannes in der SPÖ doch ein bisschen problematisch ist. Es ist auch schwierig, diese vielen Zahlen zu verwalten. Ich glaube Ihnen ja, dass das nicht so einfach ist.

Angesichts der Tatsache, wie oft Sie mit Ihren Einschätzungen daneben gelegen sind – egal, ob bewusst oder unbewusst –, möchte ich Ihnen, Herr Exfinanzminister Edlinger, Ihren Ver­gleich mit der Knackwurst und dem Hund vor Augen halten beziehungsweise diesen dahin gehend abwandeln: Jede Knackwurst ist bei jedem Hund besser aufgehoben als jedes Budget in Ihren und der SPÖ Händen. Das sage ich Ihnen auch ganz deutlich! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Aber es ist ja nichts Neues, dass die Sozialdemokratie beim Wirtschaften Probleme hat. Eine neue „Qualität“ stellt allerdings dar, welche Desinformationspolitik von Ihnen betrieben wird. In diesem Zusammenhang habe ich ja bereits die Beispiele Krankenkassen beziehungsweise Bud­get genannt. (Abg. Hostasch: Was ist mit der Flat-Tax? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und wie schaut es beim Thema Pensionen aus? – Genau dieselbe Methodik! Vor und nach der Wahl ist es anders! Vor der Wahl haben Sie von der SPÖ uns allen mitgeteilt: Wir brauchen keine Pensionsreform; in den nächsten zehn Jahren ist das nicht notwendig. – Jetzt wissen wir, dass es diesbezüglich selbstverständlich einen Sanierungs- und Reformbedarf gibt. Sie wissen ganz genau, dass es wegen der großen Zahl an Frühpensionisten – Sie selbst, Frau Kollegin Hostasch, haben ja eine viel, viel schärfere Regelung vorgeschlagen – zu Einschleifregelungen kommen muss, da es da enorme Mehrausgaben gibt. (Zwischenruf der Abg. Hostasch.)

Aber es geht nicht an, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie jetzt diese Desinfor­ma­tions- und Falschpolitik fortsetzen, indem Sie den Menschen einfach Unwahrheiten sagen, in­dem Sie, Herr Kollege Gusenbauer, in Fernsehsendungen behaupten, diese neue Regierung wolle die Pensionen um 20 Prozent kürzen. – Das ist die Unwahrheit! Das ist die glatte Unwahr­heit! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wissen ganz genau, dass wir die Garantie abgegeben ha­ben, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird. Und das ist richtig so! Das Ge­gen­teil davon haben Sie schon viel zu oft in den letzten Jahren gemacht, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie, Herr Kollege Gusenbauer, wissen ganz genau: Was Frühpensionen anlangt, gibt es Re­form­­bedarf. Und da haben wir ein Modell ausgearbeitet, das wesentlich besser und vorteilhafter als Ihres von der SPÖ ist, bei dem es sich um ein Modell gehandelt hat, das von Herrn Finanz­mini­ster Edlinger vorgeschlagen wurde, der das Frühpensionsalter um zwei Jahre anheben wollte – ohne ein Setzen von Rahmenbedingungen, bitte! Wir aber machen da nicht mit, son­dern FPÖ und ÖVP sagen: Anhebung nur um 18 Monate. Wir wollen vor allem auch, dass lange Versicherungszeiten so angerechnet werden, dass es eben bei langer Versicherungsdauer Vor­teile gibt. (Ruf bei der SPÖ: Bei 45 Arbeitsjahren!)

Wenn jemand mit 15 Jahren eine Lehre begonnen hat, kann er, und zwar ohne jegliche Ein­schrän­kungen, mit 60 Jahren in Pension gehen. Arbeitet diese Person länger als bis zum Alter von 60 Jahren – und das ist der große Vorteil an diesem System –, erhält sie einen Bonus und be­kommt sogar mehr, als ihr eigentlich zustehen würde. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist doch ein Riesenvorteil für viele Arbeitnehmer, vor allem auch für Frauen, denen Kinderer­ziehungs­zeiten voll angerechnet werden. Das ist ein wirklich gutes Modell! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das war also nach Budget- und Krankenkassen-Defizit das dritte Beispiel, wie es vor be­ziehungs­weise nach der Wahl bei Ihnen gelautet hat. Und was den Gesundheitsbereich an­langt, ist es genauso: Da läuft man in den Betrieben herum, da wird den Arbeitnehmern von roten Gewerkschaftern Angst gemacht, da werden unwahre Behauptungen aufgetischt, so etwa die, niemand werde sich in Hinkunft die Behandlung seiner Krankheit leisten können, dass man etwa für teure Operationen im Spital 20 Prozent Selbstbehalt zahlen müsse und so weiter. – All das ist falsch, stimmt überhaupt nicht, ist nicht richtig!

In Wirklichkeit haben sich die Koalitionsparteien überhaupt noch nicht festgelegt, wie die Sanie­rung der maroden Krankenkassen über die Bühne gehen wird. Am 2. März – dafür bin ich Staats­sekretär Waneck dankbar – wird es zu einem Gipfelgespräch kommen, bei dem auch die Vertreter der Krankenkassen dabei sein werden. Auch auf diesem Gebiet muss der schon längst notwendige Kassasturz gemacht werden. Und danach wird man ja sehen, welche Maß­nah­men tatsächlich notwendig sein werden. Jedenfalls lautet auch da unsere Devise: moderat, sozial gerecht – und vor allem nicht die „kleinen“ Arbeitnehmer treffend! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Politik des Tarnens und Täuschens, die Politik der Unwahrheit ist jedenfalls vorbei, jene Poli­tik, die am 3. Oktober 1999 abgewählt wurde, sodass eben nunmehr eine nichtsozialistische demo­kratische Mehrheit diese Reformregierung möglich gemacht hat. Diese Regierung wird all das aufräumen müssen, was vor allem in vormals von Sozialisten geführten Ressorts übrig geblieben ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese Regierung wird neue Ideen entwickeln, wie etwa die Abfertigungsregelung, die von den Kommentatoren, die von den meisten Medien als großartige Verbesserung für die Menschen in unse­rem Lande bezeichnet wird. Es stellt eine großartige Verbesserung dar, wenn Arbeit­neh­mer, die ein Jahr lang in einem Betrieb gearbeitet haben, auch im Falle einer Selbstkündi­gung die Abfertigung in einer Art Huckepack-System in den nächsten Betrieb sozusagen mit­neh­men können. Das ist ein sehr modernes Modell, und das geht hin bis zur „Aktion Fair­ness“, die Sie von der SPÖ zwar jahrelang gepredigt, aber nie durchgesetzt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

All das steht im Regierungsübereinkommen. Endlich wird es durch uns zur Verwirklichung der „Aktion Fairness“ kommen – dazu bekennen wir uns –, und ebenso wird es zu Gleichstellungen und wesentlichen Besserstellungen von Arbeitnehmern kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Bures: Fragt sich nur, wo es dazu kommen wird!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es wird Ihnen nicht gelingen, durch Falsch- und Fehl­pro­paganda – egal, ob das in Betrieben oder Schulen ist – dieses gute und richtungweisende Regierungsprogramm schlecht zu machen. Wir werden sanieren! Budgetdefizit: 100 Milliarden Schil­ling; 47 Milliarden Schilling Fehlbetrag! Wir sanieren das, und zwar mit lediglich 6 Milli­ar­den Schilling an Mehreinnahmen. Den überwiegenden Teil, nämlich 41 Milliarden Schilling, spa­ren wir durch ausgabenseitige Maßnahmen ein. Und wie es sich gehört, gibt es Einsparungen natür­lich auch bei den Politikern, auch bei den Ministerien und vor allem auch in der Verwal­tung. (Abg. Schwemlein: Ja, deswegen ein Jaguar als Dienstauto! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben diesbezüglich ein klares Bekenntnis abgegeben, aber Sie, Herr Finanzminister Edlin­ger von der SPÖ, haben es – im Gegensatz dazu – geschafft, Österreich zum europäischen Schluss­licht in finanzpolitischer Hinsicht zu machen; Österreich liegt da sogar hinter Griechen­land. Aber unsere neue Regierung wird diese rote Laterne wieder abgeben und Österreich auf bessere budgetpolitische Wege bringen. Das ist verbrieft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden, wie gesagt, alles daran setzen, das zu erreichen, und wir haben unser Sanierungs- und Erneuerungsprogramm nicht nur sozial gerecht, von oben beginnend, sondern auch ehrlich und transparent gestaltet. In diesem Programm sind attraktive Verbesserungen enthalten, so zum Beispiel: Mieten senken, Strompreis senken – all jene Dinge, die Sie von der SPÖ nicht zu­stande gebracht haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Es gilt, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und Arbeitnehmer und Familien zu ent­lasten. Und all das ist in diesem Programm enthalten. (Abg. Schwemlein: Realitätsverlust!)

Der Dringliche Antrag, der Ihnen heute vorliegt, ist Ihnen deshalb so unangenehm, weil er die Wahr­­heit enthält. In diesem Dringlichen Antrag ist eine an sich völlig neue Form des Finanz­ma­na­ge­ments in unserem Lande enthalten. Ein modernes und neues Finanzmanagement werden wir brauchen, ebenso ein umfassendes Controlling: modern, offen, effizient. Controlling und Transpa­renz für die Öffentlichkeit, vor allem auch für jene Abgeordneten, die von Ihnen jahre­lang falsch informiert wurden.

Es wird die Möglichkeit geben, dass sich die Abgeordneten dieses Hauses, die Volksvertreter eben, besser, schneller und effizienter informieren können, damit es niemals wieder vorkommt, dass Österreich in solch ein Budgetdesaster schlittert, in ein Budgetdesaster, wie Sie (der Redner weist in Richtung SPÖ) es hinterlassen haben! Das wird es nicht mehr geben; das kann ich Ihnen versprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ab jetzt wird es Berichte an das Parlament geben! In diesem Zusammenhang frage ich mich aber schon, was Sie eigentlich daran gehindert hat, all jene Ideen, die wir in diesem Dringlichen An­trag angeführt haben, all diese Controlling-Ideen, Ideen für mehr Transparenz, sämtliche Konzepte, die darin stehen, umzusetzen? Warum haben Sie nie Transparenz walten lassen, war­um haben Sie immer wieder nur von falschen Zahlen gesprochen?

Ich halte es für wichtig, nach dieser langen, langen Periode sozialistischer Finanzpolitik zur Budgetwahrheit zurückzukommen. (Abg. Schwemlein: Uhr! Abdrehen!) Und ich glaube, dass das wichtig und richtig ist!

Herr Kollege Gusenbauer, Folgendes sei an Sie gerichtet (der Redner wendet sich in Richtung der Freiheitlichen – Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Dietachmayr: Prinzhorn heißt der! Oder wen meinen Sie?): Es ist heute Ihre erste Nationalratssitzung als Vorsitzender und Klubobmann der SPÖ, das sollte man, glaube ich, nicht verschweigen! (Abg. Grabner: Kennen Sie sich nicht aus?)

Bei all den Auseinandersetzungen, die wir hatten und noch haben werden, gebietet es schon der Respekt vor dem Amt, einem neuen Mitwerber besondere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Gestatten Sie mir daher als kleine Reminiszenz (Abg. Leikam: Zeit!) – das Licht blinkt noch! – an Ihre politische Romantik, Ihnen im Anschluss ein kleines Präsent zu überreichen, das an die Romantik vergangener Tage, der Tage Ihres Vorsitzes bei den Jungsozialisten, erin­nern soll, ein kleines Präsent (Abg. Grabner: Herr Hojac!), das nicht als Symbol für politische Gegnerschaft, für politischen Kampf stehen soll, sondern als Symbol einer, wie Sie heute be­reits gesagt haben, Deeskalierung der Sprache, als Symbol auch für eine Politik, wie sie sein sollte, gesehen werden kann. (Abg. Leikam: Zeit!) Ich werde Ihnen dieses Geschenk im An­schluss an meine Ausführungen überreichen.

Da wir alle wissen, dass Sie anlässlich einer Reise nach Moskau den russischen Boden, also die russische Erde geküsst haben, werden wir Ihnen nun ein kleines Präsent überreichen. (Abg. Leikam: Abtreten!) Ein Freund, ein Kollege war in Moskau und hat mir ein wenig von dieser Erde mitgebracht, die wir Ihnen nun in einer Schüssel überreichen werden. (Abg. Dr. Martin Graf bringt dem Redner einen roten Blumentopf, in dem die Fahne der UdSSR steckt, zum Red­­nerpult.)

15.22


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, die Redezeit ist beendet. (Abg. Ing. Westen­thaler überreicht Abg. Dr. Gusenbauer den Blumentopf. – Anhaltender Beifall bei den Freiheitli­chen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.22


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Was wir bisher gehört haben, war kein Kassasturz, sondern bestenfalls eine Zitatensammlung, die der Herr Abgeordnete vorgebracht hat. (Zwischenrufe bei den Frei­heitli­chen.)

Ich verstehe, dass es nicht so einfach ist, nach wenigen Tagen in der Funktion als Finanz­mi­ni­ster und auch als Klubobmann brutto und netto auseinander zu halten. (Abg. Aumayr: Ge­schäfts­behandlung!) Ich beantrage daher gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dass jene Minister, die dieser Regierung angehören, aber auch der vergangenen Regierung angehört ha­ben und sich ausken­nen müssten, im Hause anwesend sind, um den Herren in dieser Debatte beizustehen.

Die Verantwortung für das Budget hat die gesamte vergangene, aber auch die jetzige Regie­rung zu tragen. In Letzterer gibt es offensichtlich Schwierigkeiten. Es ist daher legitim, die An­we­sen­heit der Minister Schüssel, Molterer, Gehrer und Ferrero-Waldner zu verlangen. (Rufe bei der ÖVP: Der Bundeskanzler!) Ich stelle diesen Antrag. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.24


Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie haben diesen Antrag zur Geschäftsbehandlung gehört. Es ist dies ein Antrag, der schon öfters im Hause gestellt wurde, nämlich auf Anwesenheit von Re­gierungsmitgliedern.

Eine Debatte über diesen Antrag wurde nicht beantragt, es entspricht aber der Gepflogenheit, je eine Stellungnahme jeder anderen Fraktion anzuhören. Wenn das gewünscht wird ... (Abg. Mag. Kogler: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Jung: Er möchte auch reden!)

15.24


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die grüne Fraktion tritt nicht nur diesem Antrag bei, sondern möchte ihn sogar noch erweitern: Herr Bundeskanzler Schüssel ist, wenn ich richtig gehört habe, noch nicht genannt worden. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: O ja!) Es betrifft dies nämlich einen besonderen Fall von Aufklärungsbedürftigkeit.

Ich rufe in Erinnerung, dass die Budgetdaten seit Jahren in der Öffentlichkeit bekannt waren. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt!) Ich hätte jetzt gerne zum Handling der alten Bundesregierung gewusst, wie von ihr Budgetdaten aufgenommen wurden und wie öffentlich dargelegte Berichte verarbeitet wurden. (Abg. Böhacker: Das ist ja keine Fragestunde!)

Ich möchte alle Bundesminister und ...

15.25


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kogler! Wenn ich Sie richtig verstehe, unter­stützen Sie den Antrag gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit der ge­nannten Mitglieder der Bundesregierung. Ist das richtig? (Abg. Mag. Kogler: Das ist richtig!) – Gut!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag auf Anwesenheit des Herrn Bundes­kanzlers Dr. Schüssel und der anderen genannten Regierungsmitglieder in dieser Debatte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. (Rufe bei der SPÖ: Auf! Auf! – Abg. Silhavy – in Richtung der Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen –: Was ist jetzt mit Transparenz? – Abg. Ing. Westenthaler: Der Edlin­ger ist eh da!) – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir setzen nun die Debatte über den Dringlichen Antrag fort.

Nach den einschlägigen Bestimmungen ist der Herr Finanzminister verpflichtet, zum Gegen­stand des Dringlichen Antrages eine Stellungnahme abzugeben. Diese Stellungnahme soll 20 Mi­nu­ten nicht überschreiten.

Das Wort erhält daher nun der Herr Finanzminister zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegen­stand des Dringlichen Antrages. – Bitte, Herr Minister. (Abg. Schwemlein: Sind das jetzt Überstunden, oder ist das in 60 000 S ...?)

15.26


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! In Artikel 51 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist vorgesehen, dass die Bundesregierung und natürlich auch der Finanzminister zehn Wochen vor Ablauf des Finanzjahres den Entwurf eines Bundesfinanzgesetzes vorzulegen haben. (Abge­ord­­nete der SPÖ halten Tafeln in die Höhe, auf denen jeweils der Name eines Finanz­ministers eines anderen EU-Landes steht. – Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger halten eben­falls zwei Tafeln nebeneinander in die Höhe, auf denen, in einem gelesen, „60 000“ ge­schrie­ben steht.)

Diese Verfassungsbestimmung hat mein Vorgänger im Amte des Finanzministers nicht einge­halten. Es ist daher – eben weil diese Verfassungsbestimmung nicht eingehalten wurde – ein auto­ma­ti­sches Budgetprovisorium in Kraft getreten, ein Provisorium, das bei restriktivem Voll­zug bereits Ende April seine Grenzen erreicht und damit zu einer partiellen Illiquidität des Bun­des geführt hätte, meine Damen und Herren.

Es war mir daher genauso wie meinem Kollegen, Staatssekretär Dr. Finz, ein persönliches Anlie­gen, von Beginn an in diesem wichtigen Ressort Zeichen in jene Richtung zu setzen, dass wir alles tun werden, damit die Finanzierbarkeit und die Liquidität unseres Haushaltes in jeder Weise sichergestellt ist, dass es daran auch nicht den leisesten Zweifel geben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „55 000“ zu lesen ist.)

Das ist der Grund dafür, dass wir bereits am dritten Tag nach unserer Amtsübernahme im Mini­sterrat einen Entwurf für ein gesetzliches Budgetprovisorium eingebracht haben. Ich darf, weil es mir wirklich ein Anliegen ist, hinzufügen, dass dies mit Unterstützung der nicht nur hoch qua­li­fizierten, sondern auch leistungswilligen und leistungsfähigen Beamtenschaft erfolgt ist, die uns bei der Budgeterstellung sehr massiv unterstützt und dazu beigetragen hat, dass das, was vor uns versäumt wurde, nämlich die Finanzierbarkeit und die Liquidität des Bundes sicher­zustellen, außer jede Diskussion gestellt wurde. (Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „50 000“ zu lesen ist.)

Meine Damen und Herren! Die Übergabe dieses so wichtigen Ressorts war unseres Erach­tens – gelinde ausgedrückt – verbesserungswürdig. Meiner Meinung nach muss man es wie jeder Geschäftsführer eines Unternehmens als persönliches Anliegen betrachten, zu sagen: Wir versuchen, ein Schlüsselressort der Bundesregierung so zu übergeben, dass man weiß, wie die Bilanz ausgefallen ist, wie die Situation bei den Einnahmen und bei den Ausgaben aussieht, welche Prioritäten in der Vergangenheit gesetzt wurden und wie wir weiter vorgehen wollten. – Eine solche Übergabe hat man uns verweigert!

Minister Edlinger hat es vorgezogen, die Geschäfte nicht zu übergeben, hat aber gleichzeitig auch aktenmäßig keine Vorsorge für den Bundesvoranschlag 2000 getroffen. (Die Abgeord­neten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „45 000“ zu lesen ist.) Das heißt also, dass jener Prozess, der normalerweise im Frühjahres eines Jahres einsetzt, um dann mit der Budgetrede im Oktober und einem Beschluss dieses Hohen Hauses im De­zem­ber abgeschlossen zu werden, von uns nun in einigen wenigen Wochen über die Bühne gebracht werden muss, damit eine ordentliche Gebarung sichergestellt werden kann.

Aber wir werden das zustande bringen, wir werden zeigen, dass die Budgetpolitik dieser neuen Bundesregierung richtungweisend und wesentlich besser ist als jene in der Vergangenheit. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öl­lin­ger ändern ihre Tafel, sodass darauf „40 000“ zu lesen ist. – Abg. Dr. Petrovic fügt ein Schrift­stück mit der Aufschrift „brutto!“ an.)

Meine Damen und Herren! Ich habe es bereits angesprochen: Jedem Geschäftsführer ist es ein Anliegen, zu sehen, wie die Einnahmen- und die Ausgabensituation sind, wie das Unternehmen zu jenem Zeitpunkt, zu dem man es übernimmt, dasteht. Denn man kann, glaube ich, von nie­mandem verlangen, dass er für das, was ein anderer überlassen hat und er ohnehin auszu­ba­den hat, auch noch die Verantwortung übernehmen muss. Wir sagen daher: Das ist das, was wir von Ihnen übernommen haben. Versuchen wir, es besser zu machen! (Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „35 000“ zu lesen ist.)

Wir haben leider sehr rasch erkennen müssen, dass die Übernahmebilanz zutiefst rot ist – rot, weil in diesem Land seit 30 Jahren jedes Jahr mehr Geld ausgegeben wurde, als eingenommen wer­den konnte (Zwischenruf des Abg. Schwemlein), weil sich die Einnahmen in diesem Zeit­raum, nämlich in den letzten 30 Jahren, nur verachtfacht haben, während sich die Ausgaben ver­­vielfacht haben und sich die Finanzschuld mehr als vervierzigfacht hat. Die Finanzschuld des Bun­des ist in diesem Zeitraum auf mehr als 1 600 Milliarden Schilling, also um mehr als 3 700 Pro­zent gestiegen!

Meine Damen und Herren! Damit mir nicht fad wird, habe ich auch ein Taferl mitgebracht – auch, um Ihnen zu zeigen, dass ich es ebenfalls eine Zeit lang hochhalten kann. (Der Redner hält eine Tafel mit einer Tabellengraphik und der Überschrift „Schuldenentwicklung des Bundes“ in die Höhe.) Sie sehen hier die entsprechenden roten Zahlen, die Sie dieser neuen Bundes­regierung übergeben haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „30 000“ zu lesen ist.)

Meine Damen und Herren! Rote Zahlen in andere Dimensionen umgelegt heißen, dass ... (Ab­geordnete der SPÖ halten neuerlich Tafeln mit den Namen der Finanzminister anderer EU-Län­der in die Höhe.) – Ich habe mich schon darüber gewundert, wie kurz dort oben die Muskelkraft ausreicht. Aber ich hoffe, dass sich das wieder steigern lässt! (Abg. Dr. Stummvoll: Lässt schon nach! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn man es umlegt ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat sein Taferl weggegeben. Ich schlage vor, Sie geben Ihre Taferl auch weg. Bitte! (Beifall. – Die Abge­ord­neten der SPÖ legen ihre Tafeln beiseite. – Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Öllinger ändern ihre Tafel, sodass darauf „?? 000“ zu lesen ist.)

Herr Minister, Sie sind am Wort.


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Meine Damen und Her­ren! Diese Finanzschuld des Bundes entspricht einer Größenordnung von umgerechnet etwa 650 000 Einfamilienhäusern. Unter der Annahme, dass in einem Einfamilienhaus drei Men­schen leben, ergäbe das eine Wohnbevölkerung von 2 Millionen Menschen. Das heißt, mit der in den letzten 30 Jahren angehäuften Finanzschuld des Bundes hätte man Wien neu erbauen können! (Abg. Dr. Mertel: Das haben wir jetzt schon ein paar Mal gehört!)

Wir haben darüber hinaus außerbudgetäre Verbindlichkeiten von mehr als 280 Milliarden Schil­ling sowie jährliche Zinszahlungen von mehr als 100 Milliarden Schilling übernommen – eine Finanzpolitik, die, wie Herr Klubobmann Westenthaler zu Recht ausgeführt hat, Österreich zum Schlusslicht in Europa gemacht hat, die uns mit einem riesigen Defizit die rote Laterne hinter Griechenland, hinter Portugal und hinter Spanien eingebracht hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nächsten Montag werde ich erstmals an einer Sitzung des ECOFIN-Rates teilnehmen. Ich kann Ihnen – bereits antizipativ! – versichern, dass jene Kollegen, deren Na­men Sie soeben noch hochgehalten haben, die Berichte der OECD, der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds aufgreifend die bisherige Finanzpolitik Österreichs mas­siv kritisieren werden, und zwar deshalb, weil alles andere als ein Budgetüberschuss in einem hoch entwickelten Industrieland eine absolut verfehlte Budgetpolitik ist. Diese Rechnung umzudrehen, wird unsere Herausforderung sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kleine Pikanterie am Rande, weil es in den letzten Wochen immer wieder eine verteilungspolitische Diskussion gegeben hat. Die Sozial­demokratie, für die Banken so ziemlich das Schlimmste auf Erden gewesen zu sein scheinen, die Sozialdemokratie, die Banken und Kapital nicht sehr schätzt – um es diplomatisch zu formu­lie­ren –, hat dazu beigetragen beziehungsweise eine Politik zu verantworten, deren Ergebnis fol­gen­dermaßen lautet: Die Bevölkerung zahlt zurzeit mehr als 100 Milliarden Schilling an Zin­sen für jene Finanzschuld, die Sie in den letzten 30 Jahren aufgehäuft haben. Diese Zins­zah­lun­gen in der Höhe von mehr als 100 Milliarden Schilling sind ein Potential, das man zur Ar­muts­bekämpfung, zur Absicherung der Pensionen, zu einer Wirtschaftsoffensive in diesem Land verwenden könnte. Sie jedoch haben es vorgezogen, diese Beträge in Richtung Banken und institutionelle Anleger umzuverteilen. Auch das sollte man in verteilungspolitischer Hinsicht ein­mal festhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Die­tachmayr: Und damit ist nichts geschaffen worden? – Abg. Leikam: Peinlich! Äußerst peinlich!)

Meine Damen und Herren! Es hat mich vor diesem Hintergrund auch nicht verblüfft, dass die Si­tuation nicht so war, wie wir noch am 19. Jänner, am 21. Jänner dieses Jahres hören konnten, als es geheißen hat, dass das Loch in unserem Budget 20 Milliarden Schilling bezie­hungs­weise 25 Milliarden Schilling betrage, sondern dass wir nach dem Kassasturz, also nach der von uns durchgeführten Status-quo-Feststellung sehen mussten (Abg. Grabner: Grasser-Sturz!), dass sich die Einnahmen des Jahres 2000 auf 691 Milliarden Schilling und die Ausga­ben – und zwar sehr, sehr vorsichtig und nicht politisch kalkuliert, denn sonst wäre etwas noch viel Schlimmeres herausgekommen! – auf 800,5 Milliarden Schilling belaufen werden, dass das zu erwartende Nettodefizit somit bei 109 Milliarden Schilling liegen wird.

Diese 109 Milliarden Schilling zu betonen, ist mir deshalb so wichtig, weil es eben nicht um 20, nicht um 25 und auch nicht um 45 Milliarden Schilling geht! Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, offen, ehrlich und transparent darüber informiert zu werden, wie es um Österreichs Finan­zen bestellt ist – und das heißt: ein Defizit von 109 Milliarden Schilling! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Erbe für diese neue Bundesregierung bedeutet somit, dass allein in diesem Jahr mehr als sechzigmal so viele Schulden gemacht werden – mehr als sech­zig­­mal! –, wie die Initiative „Nachbar in Not“ seit dem Jahre 1992 an Spenden sammeln konnte. Es ist dies eine Initiative, die, wie ich glaube, allseits anerkannt ist, und die Bevölkerung spendet mit ungeheurem Idealismus und Engagement für diesen karitativen Zweck von 1992 bis heute. Sechzigmal so viel an Schulden machen wir auf Grund Ihrer Budgetpolitik in einem Jahr!

Das heißt also: Dieses Erbe, meine Damen und Herren, das wir antreten, würde ein normaler Bür­ger gar nicht übernehmen, könnte er es sich aussuchen. Es ist das ein Erbe, das einen län­ge­ren Sparkurs notwendig machen wird, als wir es uns wünschen, ein Erbe, das eine ge­mein­same Kraftanstrengung notwendig macht, eine gemeinsame Kraftanstrengung, die nicht dar­auf abzielt, dass Sie das, was Sie selbst mit zu verantworten haben, kritisieren sollen, son­dern mit der ich Sie dazu einlade, zu einer ausgabenseitigen Budgetsanierung einen Beitrag zu leisten (Zwischenrufe der Abgeordneten Jäger und Sophie Bauer), damit die Bevölkerung nicht wie in der Vergangenheit durch Sparpakete belastet wird, sondern der Bevölkerung gezeigt wird: Wir können die Lebensqualität der Österreicherinnen und Österreicher erhöhen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Weg, den wir einschlagen werden, um zu Stabili­tät und zur Sanierung unserer Haushalte zurückzufinden, ist Ihnen mittlerweile bekannt. (Neuer­li­cher Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer.) Denn diese österreichische Bundesregierung hat das Bekenntnis abgelegt, den Haushalt ausgabenseitig zu konsolidieren. Wir haben uns dazu be­kannt, Einsparungen im Sach- und im Personalaufwand in der Größenordnung von 11 Milli­arden Schilling zustande zu bringen. Wir haben uns dazu bekannt, jene Summen aus Fonds ab­­zu­schöpfen, die heute als Überschüsse vorhanden sind, diese sollen nicht in zusätzliche Aus­gaben umgemünzt, sondern im Ausmaß von 13 Milliarden Schilling zur Senkung des Bud­get­defizits herangezogen werden.

Wir haben uns weiters gezielte Maßnahmen wie den Verkauf einer Handy-Lizenz, Liegen­schafts­verkäufe oder Rücklagenauflösungen in der Größenordnung von 17 Milliarden Schilling vorgenommen. Und wir haben zusätzlich noch vergleichsweise sehr, sehr geringe neuen Steu­ern und Abgaben – nämlich in der Größenordnung von 6 Milliarden Schilling – als unum­gäng­lich, als notwendig empfunden, um diese Sanierung und die Stabilitätsziele laut Maastricht-Vertrag erreichen zu können.

Meine Damen und Herren! Diese Signale auf der Einnahmenseite in der Höhe von 6 Milliarden Schilling wurden heute von Ihnen als verteilungspolitisch nicht gerecht kritisiert – dies von einer Fraktion, die es zu verantworten hat, dass die Bevölkerung im Jahre 1996 durch das erste Spar­paket mit 27 Milliarden Schilling mehr und im Jahre 1997 mit weiteren 47 Milliarden Schilling mehr belastet wurde. Das ist die Realität, meine Damen und Herren! 6 Milliarden Schilling im Ver­gleich zu 27 Milliarden Schilling und dann 47 Milliarden Schilling! (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer.) Daran zeigt sich, wie man versucht, die Bevölkerung hinters Licht zu führen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat es sich nicht leicht gemacht. Diese Bun­desregierung hat gesagt: Wir sanieren nicht über die Einnahmenseite, sondern wir legen ein Bekenntnis zum Sparen ab. Wir legen ein Bekenntnis zu einer sparsamen Gebarung in diesem Land ab. Wir wollen nicht Steuern und Abgaben erhöhen, sondern wir haben – im Gegenteil dazu – an der Steuerreform festgehalten, einer Steuerreform mit einem Volumen von 32,5 Milli­arden Schilling, die gerade mittleren und niedrigeren Einkommen zugute kommt und auch ein Familienpaket beinhaltet. Die Bundesregierung wird diese Familienoffensive in Zukunft weiter verstärken.

Wir haben an der Tarifreform im Lohn- und Einkommensteuerbereich, die ebenfalls das untere Drittel der Einkommen entlastet, festgehalten und damit gezeigt, wie wichtig es uns ist, dass die Be­schäftigten, dass die so genannten kleinen Leute wirklich entlastet werden, weil die Bela­stun­gen der Vergangenheit in keiner Weise gerechtfertigt waren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns dazu entschlossen, diese Entlastung weiterhin auf­rechtzuerhalten (Abg. Leikam: Peinlich!), auch im Bewusstsein, dass diese Steuerreform von einem Kardinalfehler vergangener Budgetpolitik begleitet wird, einem Kardinalfehler, der da heißt: Man entlastet um 32,5 Milliarden Schilling, ohne jedoch auf der anderen Seite die gleiche Summe bei den Ausgaben eingespart zu haben, man gibt also Geld aus, weiß aber nicht, woher man es nehmen soll.

Aber wir bekennen uns trotzdem dazu und sagen: Wir halten an einer stabilen Finanzpolitik fest, wir halten an der Entlastung fest, und wir werden von der Ausgabenseite her zeigen, dass diese Regierung in der Lage ist, auch dieses Budgetloch, das Sie ihr überlassen haben, entsprechend zu sanieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit ist aber auch klar, dass die Verweigerung dieser Aufgaben­re­form der Vergangenheit, dieser Strukturreformen, die oft angekündigt, aber niemals stattgefun­den haben, nicht fortgesetzt werden kann, sondern diese Bundesregierung nimmt sich vor, die Struktu­ren des Staatshaushaltes ausgabenseitig zu verändern und damit eine stabile Finanz­po­litik anzugehen, die erstklassige Bonitätseinstufung Österreichs beizubehalten, damit Öster­reich ein attraktiver Wirtschafts- und Lebensstandort bleibt, den wir noch verbessern werden. Wir wer­den auch die Lebensqualität jener 27 Prozent der Bevölkerung in Österreich verbessern, die an der Armutsgrenze leben, die nicht auf die Butterseite gefallen sind. Wir als die neue Bundes­regierung werden ihnen zeigen, dass wir in diesem Bereich Signale setzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich Folgendes auch ganz klar ausspre­chen: Es gibt keine Umverteilung von unten nach oben (Rufe bei der SPÖ: O ja!), es gibt solche Maßnahmen, wie Sie sie behauptet haben, ganz einfach nicht!

Ich darf Ihnen allein zum Thema Pensionen ein nettes Zitat anführen. Es lautet folgender­maßen:

„Wir können nicht kürzer arbeiten als irgendwo in Europa und noch dazu Pensionsersatzquoten haben, die es auch nirgendwo in Europa gibt. Ich glaube daher, dass es zur Sicherung der Pensionen notwendig ist, dass man ein bisschen länger arbeitet, weil man auch viel länger lebt.“

Das ist ein Zitat des ehemaligen Finanzministers Edlinger, der des Weiteren ausgeführt hat, dass die Zuschüsse zu den Pensionen von Seiten des Bundes in den kommenden Jahren mehr als 25 Milliarden Schilling zusätzlich betragen würden, und der von einem sehr großen Problem spricht, das die Pensionen in diesem Land gefährden könnte.

Das ist der Grund dafür, dass wir Maßnahmen beschlossen haben, die weniger hart sind als jene, denen Sie im mit der ÖVP geschlossenen Koalitionsabkommen davor zugestimmt haben, und zwar sind das Maßnahmen, die die Pensionen sichern werden. Diese Maßnahmen werden von Ihnen heute kritisiert. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Sie werden von Ihnen kritisiert, sehr geehrter Herr Abgeordneter, vor dem Hintergrund – Sie haben da höchstwahrscheinlich mit­­gestimmt –, dass die Pensionsreform im Jahre 1996 für die Pensionen 8 Milliarden Schilling an Belastung gebracht hat, dass man im Jahre 1997 den Pensionisten 17 Milliarden Schilling weg­­genommen hat, dass man im Jahre 1998 den Pensionisten 19,5 Milliarden Schilling weg­ge­nom­men hat und dass Sie im Jahre 1997 eine Pensionsreform beschlossen haben, auf Grund welcher den Pensionisten in den Jahren 1998 und 1999 weitere 12 Milliarden Schilling weg­genommen wurden.

Meine Damen und Herren! Damit ist klar, wer in der Vergangenheit die Pensionisten zur Kasse gebeten hat, und damit ist auch klar, wer einen Beitrag dazu leisten will, dass die Pensionen gesichert werden, und dafür sorgen will, dass die ältere Generation sich darauf verlassen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dieser Regierung ein großes Anliegen, über stabile und verlässliche Rahmenbedingungen es den Unternehmen in diesem Land zu ermög­li­chen, mehr Mitarbeiter einzustellen. Es ist ihr ein großes Anliegen, die Lebensqualität der Be­völ­ke­rung zu erhöhen, und es ist ihr ein besonderes Anliegen – dies soll für jedermann erkenn­bar sein –, für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen.

Meine Damen und Herren! Soziale Gerechtigkeit ist, dass wir heute das Budget sanieren, damit wir morgen wichtige Aufgaben erfüllen können. Soziale Gerechtigkeit ist, dass sich heute die jun­gen Menschen darauf verlassen können, dass sie im Alter noch eine Pension bekommen. So­ziale Gerechtigkeit ist, dass die öffentliche Verwaltung schlanker wird, damit Innovation für neue Arbeitsplätze möglich wird. Soziale Gerechtigkeit ist, dass jene Hilfe erhalten, die sie brau­chen, und nicht alle, die sie haben wollen. Soziale Gerechtigkeit ist, dass Leistung ihren Stellen­wert hat, aber gleichzeitig die Armut in Österreich konsequent bekämpft wird. Und soziale Ge­rechtigkeit ist es, die Chancen der Jugend zu bewahren und gleichzeitig die Sicherheit der älteren Generation zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllin­ger hält eine Tafel in die Höhe mit der Aufschrift „60 000“ und danach eine weitere mit zwei Fra­ge­zeichen.)

In diesem Sinne werden wir heuer Budgetpolitik machen. Wir werden den Bundesvoranschlag ver­­handeln und möglichst rasch in dieses Hohe Haus bringen. Wir werden einen zweiten Bun­des­vor­anschlag im Herbst verhandeln. Wir werden weiters in diesem Jahr ein Finanzaus­gleichs­­gesetz verhandeln. Dies alles werden wir noch heuer tun. Wir werden eine stabile, zu­kunfts­orientier­te, verlässliche Finanzpolitik machen, die auch von unseren europäischen Part­nern als solid anerkannt wird. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.45


Präsident Dr. Heinz Fischer: Es sind die Begründung des Dringlichen Antrages und die Stellung­nahme des Herrn Finanzministers zum Dringlichen Antrag erfolgt.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Für die folgenden Wortmeldungen beträgt die Redezeit maxi­mal 10 Minuten.

Es hat unterschiedliche Meinungen hinsichtlich der Reihenfolge der Redner gegeben. Ich halte mich an eine Interpretation einer Präsidialsitzung aus dem Jahre 1995. Wir können aber im Prä­sidium noch einmal über die neuen Gegebenheiten reden.

Ich beginne nun mit der Worterteilung. Erster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Rede­zeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.46


Abg­eordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundes­mini­ster! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die Finanzen dieser Republik an­sehen, den Staatshaushalt, die Finanzen der ÖIAG, die Finanzen der Krankenkassen, die Finanzen der Pensionsversicherung, dann stellen wir Folgendes fest – und das war das Signal des Wählers vom 3. Oktober –: Österreich braucht eine Erneuerung, Österreich muss neu re­giert werden. (Rufe bei der SPÖ: Oh! Oh!) Das gilt nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch finanzpolitisch, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was heißt finanzpolitisch „Österreich muss neu regiert werden“, Herr Kollege? – Das heißt, die Pro­bleme nicht herunterzuspielen, das heißt, keine Schönfärberei zu betreiben, das heißt, die Dinge beim Namen zu nennen, das heißt, den Mut zur Wahrheit zu haben, das heißt, Reformen nicht zu blockieren, sondern energisch voranzutreiben. Das alles heißt, Österreich neu zu regieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, was sich jetzt viele fragen, nämlich: Warum hat das die ÖVP bisher nicht zu­sam­mengebracht? (Abg. Öllinger: Sind Sie für Erneuerung?) Dafür gibt es eine sehr einfache Erklärung – die volle Wahrheit! –: In einer Koalition von zwei Partnern, die nur gemeinsam eine Mehrheit haben, ist immer derjenige im Nachteil, der etwas verändern will, denn der braucht immer den zweiten Partner, um ein Gesetz zu ändern, und derjenige, der nichts verändern will, der meint, es solle alles so bleiben, wie es ist, ist immer im Vorteil, denn der braucht den zwei­ten Partner nie. So einfach ist das, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­li­chen.) Und ich freue mich darüber, dass wir jetzt einen Partner haben, der bereit ist, mit uns Reformen durchzuführen.

Zu Reformen gehören in einer Koalition immer zwei, und wir haben einen Partner, wo ich der Über­­z­eugung bin, dass wir mit ihm Österreich neu regieren werden, meine sehr verehrten Da­men und Herren. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, sie demonstrieren ständig, sie sind schlechte Verlierer, wir wis­sen es. Sie brauchen es nicht neuerlich zu beweisen, sie sind schlechte Verlierer in der De­mo­kratie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bringe jetzt vier Beispiele aus dem Finanzbereich dafür, dass Österreich neu regiert werden muss.

Erstes Beispiel: die Staatsfinanzen. Der ehemalige Finanzminister hat, was den Staatshaushalt betrifft – ich habe es schon einmal gesagt – erstens, vorsichtig formuliert, nur die halbe Wahr­heit gesagt, er hat zweitens notwendige Reformen blockiert, und er hat drittens unpassende Ver­gleiche gezogen.

Erster Vorwurf: die halbe Wahrheit. Meine Damen und Herren! Wenn ein Staatsbürger und Steu­erzahler in der Zeitung liest „Wir haben ein Budgetloch von 20 Milliarden Schilling“, so muss er annehmen, dass damit das Defizit gemeint ist. Herr Finanzminister Edlinger hat aber ein semantisches Verwirrspiel eingeleitet. Er hat gesagt: Ich differenziere zwischen Bruttodefizit, Nettodefizit, Budgetloch und und und.

Das, Herr Ex-Finanzminister Edlinger, war eigentlich dem Steuerzahler gegenüber nicht fair. Ich sage gar nicht, dem Koalitionspartner gegenüber, der die ÖVP war, sondern sage: Es war dem Steuerzahler gegenüber unfair. Sie haben den Eindruck erweckt, das Budgetdefizit wäre nur 20 Milliarden Schilling. Dieser Eindruck ist entstanden, und diese Kritik müssen Sie sich daher gefallen lassen, Herr Ex-Finanzminister Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Ex-Finanzminister! Nun zum Vorwurf, Sie hätten notwendige Reformen blockiert. (Abg. Öllin­ger: Fangen Sie mit der Erneuerung bei sich selbst an!) Es ist wiederholt dokumentiert wor­den, dass wir, als Sie die Steuerreformkommission eingesetzt haben, immer wieder parallel da­zu eine Ausgabeneinsparungskommission verlangt haben, weil nach Adam Riese klar war, dass dann, wenn man die Steuern um 10, 20 oder 30 Milliarden senkt und man aber auf der Aus­ga­­ben­seite nichts macht, das Budgetdefizit größer werden wird. Das ist jedem Volksschüler klar. Sie haben trotz wiederholter Aufforderungen diesen Vorschlag der ÖVP, eine Ausgabeneinspa­rungs­kommission einzusetzen, zwei Jahre lang nicht aufgenommen. Wir haben zwei Jahre ver­tan. Das ist ein schweres Versäumnis des ehemaligen Finanzministers. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Ex-Finanzminister Edlinger! Sie haben drittens unpassende Vergleiche gezogen. Der Ver­gleich mit der Wurst und dem Hund war unpassend, er war eigentlich geschmacklos und auch sach­lich unrichtig, denn Sie haben uns keine „Budgetwurst“, sondern ein Budgetloch hinter­lassen. Der Vergleich war also doppelt unpassend! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dass all das kein Zufall ist – das habe ich heute schon einmal gesagt, und Kollege Westenthaler hat es auch erwähnt –, beweist der Umstand, dass es ge­nauso wie mit den Staatsfinanzen mit Ihren eigenen Parteifinanzen ausschaut. Es gibt einen Wech­sel im Vorsitz, und plötzlich kommt man drauf, dass Hunderte Millionen Schilling an Schulden da sind.

Der frühere Innenminister – der jetzige Abgeordnete Schlögl – hat öffentlich erklärt, dass das mit ein Grund dafür war, dass er für den Parteivorsitz nicht kandidiert, nämlich deshalb, weil da plötzlich Hunderte Millionen Schilling an Schulden da sind.

Wir werden es nicht zulassen, dass unser Staatshaushalt so geführt wird wie die sozialistischen Parteifinanzen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Aber nehmen wir ein anderes Beispiel, ein zweites Beispiel: die Finanzen der ÖIAG. In den letzten drei Jahren gab es Privatisierungserlöse in der Höhe von rund 9 Milliarden Schilling. Zur Schul­denrückzahlung wurde nicht einmal 1 Milliarde Schilling verwendet – alles andere nur für Zinszahlungen. Wenn wir mit dem neuen Regierungspartner keinen neuen Schwung in die Pri­va­tisierung bringen, dann werden allein in den nächsten drei Jahren weitere 6 Milliarden Schilling an alten Zinslasten auf den Steuerzahler zukommen. Das ist keine verantwortungs­be­wusste Verstaatlichten- und Finanzpolitik, meine Damen und Herren!

Wir haben aber neuen Schwung hineingebracht, wir werden gemeinsam privatisieren, und wir wer­den darauf achten, dass der Steuerzahler nicht neuerlich durch die verstaatlichte Industrie zur Kasse gebeten wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittes Beispiel: die Finanzen der Krankenkassen: Sprünge: 1 Milliarde Schilling Defizit, 3 Milli­arden Schilling Defizit, 6 Milliarden Schilling Defizit. – Ich habe mir das ein bisschen ange­schaut, und ich spreche jetzt die frühere Sozialministerin an. Die Situation ist folgendermaßen: Es gibt bei einigen Leistungen gesetzliche Leistungen und satzungsmäßige Mehrleistungs­mög­lich­keiten. Was stelle ich da fest? – Es gibt unter der Aufsicht des Sozialministeriums Kranken­kas­sen, die hohe Defizite budgetieren, aber Leistungen über das Gesetz hinaus gewähren. Ja wie soll das funktionieren, Frau Sozialministerin: Ich habe gesetzliche Leistungen, schreibe gleich­zeitig Defizite und sage: Ich zahle aber mehr, als das Gesetz mir vorschreibt!? 

Das ist ja eigentlich fahrlässig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden darauf in der nächsten Plenarsitzung noch zurückkommen. Es ist fahrlässig, Defizite zu budgetieren und gleichzeitig mehr Leistungen zu gewähren, als der Gesetzgeber vorschreibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden dafür sorgen, dass soziale Verantwortung und finanzielle Verlässlichkeit von uns gemeinsam getragen werden.

Das vierte Beispiel: die Finanzen im Bereich der Pensionen. – Wir haben bei der Pensions­reform 1997 erlebt, wie der Finanzausschuss und der Sozialausschuss in Geiselhaft der soziali­sti­schen Gewerkschafter waren. Wir mussten beide Ausschüsse auf drei Stunden unterbrechen, weil Herr Kostelka sagte, der SPÖ-Klub könne nur dann zustimmen, wenn auch der ÖGB zu­stimmt.

Wir würden jetzt bestimmte Reformschritte nicht brauchen, wäre damals die Pensionsreform von Ihnen nicht verwässert worden, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler.)

Zum Abschluss Folgendes, meine Damen und Herren, vor allem in Richtung der lauten Schrei­er: Meine Damen und Herren! Merken wir uns eines: In der Demokratie entscheiden nicht De­monstra­tionen auf der Straße, sondern der Wähler und das Parlament, und weder Triller­pfei­fen – auch wenn Sie der Altbundeskanzler in den Mund steckt – noch aus dem Ausland ein­ge­reiste Skinheads werden Wahlergebnisse zum Verschwinden bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.55


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

15.55


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Stummvoll war leider eine intellektuel­le Beleidigung des Expertenwissens, das in der Bundeswirtschaftskammer vorhan­den ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Seine Experten wissen besser über die Budgetrealität Bescheid als er. Das beweist das, was er hier heute zum Besten gegeben hat als Ausdruck einer neuen Konstellation: dass es zwar offensichtlich noch zwei Parteien hier im Hohen Hause gibt, die gemeinsam eine Regierung bil­den, zwei Parteien, die heute noch unterschiedlich sind, aber offensichtlich von der Art und vom Stil her bereits einen gemeinsamen Obmann haben – und der sitzt in Kärnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Nach Ihrer Rede, Herr Finanzminister, weiß ich nicht, wieso Sie mehr als 60 000 S netto im Mo­nat verdienen wollen, denn diese Rede ist nicht das Papier wert, auf der sie geschrieben ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Auf dem!)

Was mit diesem so genannten Kassasturz probiert werden soll, ist nichts anderes als die Ver­schlei­erung eines groß angelegten Programms der Ungerechtigkeiten. Was verschleiert werden soll, sind die gebrochenen Versprechen der FPÖ, was verschleiert werden soll, sind die Be­la­stun­gen für viele „kleine“ Leute, um andererseits großzügige Geschenke für wenige Große finanzie­ren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen von Reformen und meinen Kürzungen bei den Schwachen! Sie sprechen von An­passungen und meinen Steuererhöhungen für die „kleinen“ Leute! Sie sprechen von Sanie­rungs­bedarf im Gesundheitswesen und meinen Strafabgaben für Kranke! – Nicht ein Budget­loch ist Ihr Problem, sondern das Gerechtigkeitsloch, das mit Ihrer Politik der radikalen Umver­tei­lung in Österreich entstehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Frei­heitlichen.)

Der Kassasturz ist in Wirklichkeit nur dazu da, das Feld für einen sozialen Fenstersturz in die­sem Land vorzubereiten. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ist es nicht ungerecht, wenn eine Frau Berger, die nach fast 40 Jahren schwerer Arbeit ohnehin nur eine bescheidene Pension von rund 10 000 S monatlich erreicht hätte, durch das von Ihnen geplante Kürzungsprogramm auf einen Schlag nahezu 10 000 S im Jahr verlieren wird, und das für den Rest ihres Lebens?

Ist es nicht ungerecht, wenn ein Herr Gruber, der bis zum 60. Lebensjahr schwer geschuftet hat und dann gesundheitlich kaputt ist, auf Grund Ihres Kürzungsprogramms im Jahr sage und schrei­be 28 000 S an künftiger Pension verlieren wird? – Aber er ist nur einer von vielen Betrof­fenen, denn mehr als die Hälfte aller Männer gehen aus Gesundheitsgründen in Pension. (Ruf bei den Freiheitlichen: Bei Ihnen wären es 40 000 S gewesen!)

Ist es nicht ungerecht, wenn sich eine vierköpfige Salzburger Familie durch die bereits vollzo­ge­ne Liberalisierung des Strommarktes bisher zwar 590 S an Stromkosten im Jahr erspart hat, aber die neue Stromsteuer diese gesamte Ersparnis wieder auffrisst? War es nicht ein zentrales Wahlversprechen der FPÖ, die Strompreise zu senken? (Abg. Ing. Westenthaler: Das machen wir auch! Ab 2001!) – Auch hier gilt: Wie versprochen, so gebrochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit nicht genug, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es regiert das Chaos, und zwar vor allem bei den Maßnahmen im Gesundheitsbereich. Einzelne Regierungsmitglieder legen jeden Tag eine andere Variante vor: Sie fangen an mit dem Selbstbehalt, dazu kommt dann die Erhöhung der Krankenscheingebühr von 50 S auf 80 S (Abg. Dr. Pumberger: Nicht dazu, ersatz­weise!), dann ist von der Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage die Rede – aber keiner von ihnen kennt sich mehr aus, keiner weiß, wie der enorme zusätzliche Verwaltungsaufwand bezahlt werden soll. Nur eines ist in diesem Regierungschaos immer klar: Die Rechnung zahlt die Bevölkerung, die noch dazu zutiefst verunsichert wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt in Zukunft keine Gerechtigkeit, weil Sie sie abschaffen wollen – zugunsten einer Politik, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belastet, um Unternehmen und Großbauern zu be­schen­­ken. Es liegt auf der Hand, dass genau jene Summe, die Sie den künftigen Pen­sionistinnen und Pensionisten wegnehmen – nämlich 15 Milliarden Schilling –, als Geschenk an die Unternehmer ausgeschüttet wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten rechnen lernen!)

Es liegt auf der Hand, dass ein 4-Milliarden-Geschenk für die Landwirtschaft ausschließlich an Großbauern und Gutsbesitzer geht (Abg. Zweytick: Das ist kein Geschenk!), die zweistellige Millionenbeträge kassieren, während die kleinen Bauern abgespeist werden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben die Gerechtigkeit abgeschafft! (Abg. Ing. Westenthaler: Merken Sie nicht, welchen Unsinn Sie da verzapfen?) Ihre Politik teilt Österreich in Gewinner und Verlierer auf. Die Gewin­ner sind die großen Unternehmer und die Besitzenden – auf deren Seite steht die Regierung! (Abg. Ing. Westenthaler: Herr „Gruselbauer“!) –, die Verlierer sind die Arbeitnehmer und die sozial Schwächeren – auf deren Seite stehen wir! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Der Kollege „Gruselbauer“!)

Ihr Weg führt geradewegs in die Ellenbogengesellschaft. Aber das ist nicht Österreich! Wir werden dafür sorgen, dass es Ihnen mit Ihrer Politik der Rückschritte nicht gelingt, die Zukunft unseres Landes als moderne Chancengesellschaft zu beseitigen, denn es geht ein Ruck durch unser Land, und wir wollen diesem Ruck eine klare Richtung geben. (Abg. Gaugg: Das merkt man beim Marschieren!) Es geht um einen Gerechtigkeitsruck, um einen Zukunftsruck, um einen Ruck für ein neues soziales Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir betrachten es als unsere Pflicht, als starke soziale Kraft in diesem Lande die wirklich öster­rei­chischen Werte zu verteidigen: die gerechte Verteilung des Wohlstandes, die Rücksicht­nah­me auf die Schwächeren in der Gesellschaft und den sozialen Frieden. Diese Werte bringen Sie jedoch in Gefahr! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Glauben Sie das alles selbst, was Sie da sagen?)

Wir wollen nicht zulassen, dass unserem Land Ihre Politik angetan wird. Wir haben ein geord­netes Haus Österreich übergeben, und wir wollen nicht, dass es zerstört wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Regierung spaltet das Land innerhalb der Grenzen und isoliert es nach außen. (Abg. Gaugg: Wer hat diese Rede geschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das hat Österreich nicht gewollt, das hat sich Österreich nicht verdient!

Unser Land braucht einen Neustart, vor allem was das Bild Österreichs in der Welt anlangt. Im Interesse Österreichs sind wir bereit einzuspringen, da diese Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist, unser Land aus dieser Krise zu führen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Das ist eine Drohung!)

Es ist bedenklich, dass mein Angebot für ein gemeinsames Krisenmanagement zurückgewie­sen wurde. Es ist bedenklich, dass mein Versuch, eine Brücke zu bauen und in Verantwortung für unser Land die Hand auszustrecken, abgeschmettert wurde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Par­tik-Pablé. – Abg. Gaugg: 30 Jahre Zeit!) Sie haben sich offensichtlich dafür entschie­den, weiter den Kopf in den Sand zu stecken und die größte Krise seit Bestehen der Zweiten Republik ein­fach auszusitzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zweytick.)

Aber das wird nicht funktionieren, und daher bleibt unser Angebot aufrecht. Es geht nicht um die Verteidigung einer selbst verschuldeten Regierungspolitik, sondern wir wollen verhindern, dass Österreich unter Ihrer Politik leidet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Weiter de­monstrieren heißt das!)

Wir werden keine solche Oppositionspolitik betreiben wie früher die FPÖ, die den Österrei­che­rin­nen und Österreichern das Blaue vom Himmel versprochen hat und nichts, aber auch gar nichts davon gehalten hat. (Ruf bei der ÖVP: Eine schöne blaue Krawatte haben Sie heute!) Wir werden eine ehrliche, harte und verantwortungsvolle Oppositionspolitik betreiben. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Die Menschen, die sich nicht gegen Ihre Politik wehren können (Abg. Haller: Bitte im Parlament, nicht auf der Straße!), haben genug von Ihren gebrochenen Versprechen. Wir können versprechen, dass wir der ehrliche Anwalt der „klei­nen“ Leute in diesem Land sein werden. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen – in Richtung SPÖ –: Aufstehen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da klatschen nicht ein­mal die Grünen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.06


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­ne­ter Dr. Pumberger zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, den zu berichtigenden Sachverhalt und den tatsächlichen einander gegenüberzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.06


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gusen­bauer hat in seinem Debattenbeitrag davon gesprochen, dass es zu Belastungen im Gesund­heits­wesen kommen würde, dass vom Selbstbehalt die Rede wäre, und dazu käme noch die Krankenscheingebühr.

Ich berichtige tatsächlich: Sollte überhaupt, wenn alle weiteren Sparmaßnahmen in der Reform der sozialen Krankenversicherungen nicht greifen, ein Selbstbehalt kommen, dann kommt die Krankenscheingebühr nicht dazu, sondern dann fällt die Krankenscheingebühr, Herr Kollege Gu­senbauer! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) – Ich glaube, Sie haben das Programm nicht ordnungsgemäß gelesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe.)

16.07


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­ne­ter Tancsits zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: So viel Unwahrheit in der Klassen­kampf­rede!)

16.07


Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gusenbauer hat gesagt (Abg. Dr. Khol: Der „Küsserkönig“!), dass ein späteres Antrittsalter der vorzeitigen Alterspension zu höheren Abschlägen führen würde. – Das ist nicht richtig! (Abg. Schie­der: Nein, das hat er nicht gesagt! – Abg. Dr. Gusenbauer: Das habe ich nicht gesagt! Das ist unrichtig! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Richtig ist tatsächlich, dass ein längeres Verbleiben im Beruf zu einer höheren Pension führt. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich entnehme Ihren Zwischenrufen, dass Sie das ohne­hin wissen. – Danke schön.

Herr Abgeordneter Gusenbauer hat weiters gesagt und seine Aussagen haben den Eindruck erweckt, dass die zur Verfügung stehenden Mittel für die Pensionen gekürzt werden würden. – Das ist unrichtig! (Abg. Edler: Wie viele christliche Gewerkschafter sind ausgetreten?)

Wenn der Pensionszuwachs von 27 Milliarden Schilling auf die Hälfte reduziert wird, bleibt ein Zuwachs von 13,5 Milliarden Schilling übrig. Das ist eine einfache Division. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsordnung!)

16.08


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostel­ka zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.09


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich ersuche um Verständnis dafür, dass es unerträglich ist (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich, dass das unerträglich ist!), dass Aussagen eines Abgeordneten, die nicht gefallen sind, erfunden werden, um auf diese Art einen zusätzlichen Redebeitrag anbringen zu können. Das entspricht nicht der Geschäftsordnung. Das entspricht auch nicht der Fairness und nicht der parlamentarischen Praxis! Es darf nicht sein, dass man etwas erfindet, um dann berichtigen zu können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das muss auch ins Fernsehen kom­men! – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsordnung!)

16.09


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

16.09


Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Über die Einhaltung der Geschäftsordnung wachen Sie. Meine Fraktion hat volles Vertrauen zu Ihnen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.09


Präsident Dr. Heinz Fischer: Diesem Vertrauen, das ich mir vom ganzen Hause erwarte, wer­de ich in dem Sinne gerecht werden, dass ich mir das Stenographische Protokoll kommen lasse und dann Klarstellungen treffen werde.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Trattner. Ich erteile es ihm.

16.10


Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Gusenbauer, mir ist bei Ihrer Rede auf­ge­fallen, dass Sie nämlich jedes Mal, wenn Sie von „Belastungen“ beziehungsweise „Rück­schritt“ gesprochen haben, zu Ihrer eigenen Fraktion geschaut haben. Das muss ja irgendeinen speziellen Hintergrund haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Gusenbauer! Sie ha­ben auch gesagt ... (Abg. Dr. Khol: Jetzt geht er! Er flüchtet schon! – Abg. Ing. Westen­thaler: Er redet – und geht!)

Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben auch davon gesprochen, dass Sie das Land aus der Krise herausführen wollen. Herr Kollege Gusenbauer, es war Ihre Fraktion, Ihre Partei, die das Land in diese so genannte Krise geführt haben! Was Sie aber eigentlich wollen, ist Folgendes: Sie wollen, dass der Konkursant gleichzeitig der Masseverwalter ist. (Abg. Dr. Niederwieser: Das wäre dann wie bei der Wohnbaugenossenschaft „Freies Wohnen“!) Das spielt es aber hier im Hohen Hause nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie waren ja diejenige Fraktion, die mit Steuerbelastungen in der Größen­ord­nung von 150 Milli­arden Schilling in Österreich den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen hat. Und Sie waren ja diejenigen, die trotz 150 Milliarden Schilling an Steuermehreinnahmen ein Budgetdefizit von 109 Milliarden Schilling produziert und eine Entwicklung der Staats­schul­den auf derzeit über 1 600 Milliarden Schilling verursacht haben. Das ist einmal ein Faktum.

Zu diesen 1 600 Milliarden kommen noch einmal außerbudgetär 300 Milliarden Schilling hinzu, wenn man die ASFINAG, die SCHIG, die ÖBB-Infrastruktur und dergleichen mehr hinzuzählt. Also kommen wir auf ein „schönes“, „solides“ Paket in einer Größenordnung von 2 000 Milli­arden Schilling. Das war Ihre Budgetpolitik – und nicht die Budgetpolitik der neuen Bundesre­gie­rung! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger.)

Ich verstehe die Gewerkschaften überhaupt nicht: Sie versuchen jetzt auf die Straße zu gehen beziehungsweise sind bereits auf die Straße gegangen, obwohl sie selbst in ihrer eigenen Zeitschrift „Perspektiven“ schreiben – ich zitiere –:

In Gesprächen und Verhandlungen werden die Vertreter des ÖGB versuchen, die Regierung zu über­zeugen, dass sozial gerechte und zukunftsweisende Maßnahmen für Österreich besser sind als einseitige Belastungspakete für Arbeitnehmer. – Zitatende.

Ist in Ordnung! Setzen wir uns zusammen! Ein diesbezügliches Angebot ist an Sie ergangen.

Und weiters heißt es hier: Sollte dieses Angebot fruchtlos vorüberstreichen, werden die Ge­werk­schafter keine andere Möglichkeit haben, als zu demonstrieren. – Zitatende.

Was aber haben Sie getan? – Es ist noch nicht einmal ein Gesetz beschlossen, es hat noch kei­ne einzige Gesprächsrunde mit Ihnen stattgefunden (Zwischenruf des Abg. Dr. Nieder­wie­ser), von Ihrer Seite ist kein einziger vernünftiger Vorschlag gekommen, aber schon drohen Sie mit Streik. Bringen Sie doch Ihre Vorschläge ein, setzen wir uns an einen Tisch! Wenn es Maßnah­men sind, mit denen man das Budgetkonsolidierungsziel erreichen kann, warum nicht? Es sollte keiner für sich in Anspruch nehmen, dass er sozusagen das Monopol hat, hundertprozentig Recht zu haben. Bringen Sie doch Ihre Grundideen in diese Diskussion mit ein! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Und Sie, Frau Sozialminister a. D. Hostasch, sollten natürlich auch bei der Wahrheit bleiben. Was Klubobmann Kostelka in der Sendung „Zur Sache“ gesagt hat, dass nämlich die Pen­sionen um 20 Prozent reduziert würden, und was Sie in dieser Gewerkschaftszeitung schreiben: Jun­­ge haben weniger Chancen, einen Job zu finden! – Ja bitte, was soll denn das? Die Bun­des­regierung initiiert gerade ein so genanntes Paket zur Sicherung des Wirtschaftsstand­ortes Österreich, initiiert ein Paket zur Senkung der Lohnnebenkosten, um Arbeitsplätze zu schaf­fen und den Wirtschaftsstandort zu sichern, und just da kommen Sie von der Gewerk­schafts­seite und behaupten, mit diesen Maßnahmen würden der Wirtschaftsstandort Österreich beziehungs­weise die Arbeitsplätze gefährdet werden. – Das ist doch nicht wahr! Das ist ein Unsinn, das steht aber hier in dieser Zeitung. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Korrigieren Sie das bitte, denn das, was hier steht, stimmt nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiters gibt es von Seiten der Bundesregierung keinerlei Absicht, den Urlaub zu kürzen. Es steht doch bitte nirgends, dass der Urlaub gekürzt werden soll. Die gesetzlichen Urlaubszeiten sind vorhanden; das ist bestehendes Recht. Da wird nichts gekürzt! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Aber Sie schreiben in dieser Zeitung: Die Urlaube werden gekürzt.

Sie betreiben als Oppositionspartei eine Politik, die die Menschen verunsichert, und Sie tragen überhaupt nichts dazu bei, dass in Österreich endlich wieder eine positive Stimmung aufkommt, wie sie die neue Regierung der österreichischen Bevölkerung zugute kommen lassen will. (Bei­fall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Das war jetzt aber eine ...! – Weitere Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Zurzeit geht es natürlich schon auch um gewisse Tatsachen, die uns Sorge bereiten, und in diesem Zusammenhang verstehe ich auch Herrn Ex-Finanzminister Edlinger nicht, warum er da einfach so locker darüber hinweggeht und sagt, seine Zahlen seien ja ohnehin alle in Ordnung, diese 20 und 25 Milliarden Schilling.

Herr Finanzminister Edlinger! Sie wissen doch ganz genau, wie die internationalen Organisa­tionen – sei es die EU, sei es die OECD oder etwa der Internationale Währungsfonds – über Öster­reich denken. Österreich ist leider zum Schlusslicht Europas geworden. Das ergibt sich allein schon aus einem bloßen Vergleich der Budgetüberschüsse beziehungsweise Budget­defi­zite. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) Finnland hat Überschüsse in einer Größen­ord­nung von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Auch Irland, Dänemark, Schweden und Groß­­britannien haben Budgetüberschüsse. Budgetdefizite haben die Niederlande und so wei­ter. Österreich ist mit großem Abstand und einem Budgetdefizit von 2,5 Prozent des Brutto­in­lands­produktes Tabellenschlusslicht.

Das Schlimme an dieser ganzen Sache ist, Herr Finanzminister Edlinger, dass Sie gesagt ha­ben: Es besteht überhaupt kein Budgetloch! – Sie haben das Ganze sogar noch auf so süffi­sante Art und Weise artikuliert, indem Sie gesagt haben: Ich habe ja noch nicht einmal ein Bud­get, da kann also auch kein Loch da sein! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja unerhört!) Mit die­ser Argumentation, Herr Finanzminister Edlinger, brüskieren Sie das Hohe Haus und auch die anderen Österreicher, die echtes Interesse am Wirtschaftsstandort und an der Heimat Öster­reich haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir ist schon klar, dass man das Budget nicht von heute auf morgen sanieren kann. Wir ma­chen zunächst einmal einen Schritt, indem wir den Wirtschaftsstandort Österreich sichern. Wir werden also in den ersten zwei Jahren Maßnahmen setzen, privatisieren, damit wir die außer­budgetären Schulden abbauen können, damit wir uns die Zinszahlungen aus dem Budget spa­ren können, und wir werden dafür sorgen, dass keine neuen Belastungen auf das Budget zu­kom­men. Wir setzen eine Ausgaben- und Aufgabenreformkommission ein. Und in zwei Jahren, wenn dieser Haushalt durch strukturelle Maßnahmen konsolidiert sein wird, können wir ein neues Steuerreformprogramm auf den Weg bringen, das zu einer Steuervereinfachung und Steue­rerleichterung für die österreichische Bevölkerung führen wird.

Genau das steht auch in unserem Regierungsprogramm und ist eine sehr wichtige Vorgabe: Die­se Regierung hat sich vorgenommen, die Abgabenquote in Österreich zu senken, und die Abga­benquote in Österreich kann nur dann gesenkt werden, wenn man eine vernünftige Steuer­reform durchführt, mit der auch der Wirtschaftsstandort Österreich beziehungsweise die Beschäftigungssituation abgesichert werden.

Mit Ihrer Vorgangsweise, mit Verniedlichen, mit dem Lächerlichmachen der Budgetzahlen be­zie­hungsweise dem Vorwurf des Nicht-Rechnen-Könnens des neuen Finanzministers haben Sie von der SPÖ niemandem einen guten Dienst erwiesen. (Abg. Schwemlein: Aber Sie schon!?) Sie haben Österreich damit einen riesengroßen Bärendienst erwiesen.

Es geht darum, dass es Belastungen gibt, die nicht nur das Budget 2000 betreffen, sondern die so geartet sind, dass sie nahezu zu einer Verdoppelung der Ausgaben führen würden, wenn man dagegen nichts unternähme. Das ist die Gefahr! Es muss in der nächsten Zeit der Brief nach Brüssel abgeschickt werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwemlein.)

Noch etwas zu den Pensionen, meine Herren Kollegen von der SPÖ: Sie waren nämlich diejeni­gen, die bei der Pensionsreform die österreichische Bevölkerung belastet haben, und zwar in einem Ausmaß von 8 Milliarden Schilling 1996, von 17 Milliarden Schilling 1997 und von 19 Milliarden Schilling 1998.

Diese neue Bundesregierung hingegen macht ein Konsolidierungspaket mit einer Pensions­an­pas­sung in der Größenordnung von 15 Milliarden Schilling. Und da sagen Sie, das sei nicht pensionistenfreundlich? (Zwischenruf des Abg. Edlinger.) Wir wollen die Strukturen in eine sol­che Richtung verändern, dass wir für Österreich eine sichere Zukunft gestalten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.18


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Rede­zeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.19


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Das war jetzt offenbar so eine Art vorgezogene Budgetdebatte. Ich werde mich nicht darauf einlassen, sondern auf unser eigentliches Thema zurückkommen. Zwischendurch vielleicht den Herrn Gusenbauer ... (Abg. Dr. Kostelka: Er hört Sie!) Er hört mich – das ist immer gut!

Die „Gerechtigkeitslücke“, die Gusenbauer da angeschnitten hat, haben wir in den Jahren 1996 und 1997 aber auch schmerzlich verspürt, jedenfalls wir von den Grünen, und zwar bei dem, was Sie damals in der Budgetpolitik gemacht haben. Aber das ist ja dann noch ein Thema für das nächste Mal. (Beifall bei den Grünen.)

Für heute war uns angekündigt: Informationsdefizite im Bereich des Budgets, der Budgetpolitik und das, was der Finanzminister kann beziehungsweise nicht kann. Und dieses Thema geht irgendwie komplett unter. Aber ich bin so konservativ und halte mich an die Tagesordnung – wenn ich darf. (Abg. Mag. Trattner: Alternativ ist das! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) – Alternativ/konservativ!

Ich verstehe ja noch, wenn der neue Bundesfinanzminister sagt: Es ist erstaunlich, was sich da tut!, dass er über die budgetäre Situation überrascht ist – das war ja vorher nicht sein Job. Er hat, wenn ich mich nicht irre, beim Magna-Konzern von Herrn Stronach gearbeitet, und ich nehme nicht an, dass es dort sein Job war, die budgetäre Situation Österreichs zu beobachten. Wenn­gleich es mich schon etwas merkwürdig berührt, wenn er sagt, zitiert im „profil“ vom 21. Februar, er entdecke täglich neue zweistellige Milliardensummen, die im Zahlenwerk von Edlinger keine Bedeckung fänden. – Wie viele Tage betrifft dieses „täglich“? – Ein Tag sind in diesem Fall mindestens 10 Milliarden Schilling. Viele Tage können es daher nicht gewesen sein, an denen er diese zweistelligen Milliardenbeträge gesucht hat. Er hätte nicht die vier Tage investieren müssen, um die 40 Milliarden Schilling zu finden, die jetzt ungefähr fehlen, um das Maastricht-Ziel zu erreichen, sondern es hätte eigentlich genügen müssen, Herrn Kollegen Trattner, den ich jetzt anschaue, anzurufen, denn der musste auch wissen, wie es um das Budget steht – und das seit einem Jahr, nicht erst seit Jänner 2000. (Beifall bei den Grünen.)

Aber es macht sich momentan eben gut, so zu tun, als hätte man niemals etwas ge­wusst. Auch unser Bundeskanzler – ich habe das schon zu Mittag gesagt, aber ich muss es noch einmal wiederholen – macht genau dasselbe: Nichts gehört, nichts gewusst, und entdeckt täglich neue Altlasten!

Zitiert im gestrigen „Standard“: Er sagt nach dem Ministerrat, er habe feststellen müssen, dass die Zinszahlungen der ÖIAG ins Budget zurückkippen. Diese Altlast finde er dramatisch. Ihm, Schüssel, sei diese Altlast bisher nicht bekannt gewesen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Seit wann war Schüssel Minister? – Ich habe es jetzt vergessen – 1988, 1989? – Egal. Er war Wirtschaftsminister, wurde Vizekanzler, dann Bundeskanzler. Er war vorher ein politisch höchst interessierter Mensch – sicher mehr als ich damals. Damals! (Abg. Dr. Khol: Da haben wir Sie noch nicht gekannt!) Diese ÖIAG-Last – Herr Kollege Khol, Sie wissen das ganz genau; Sie wissen das nicht? (Abg. Dr. Khol: Wer die Schulden gemacht hat, weiß ich!) – Ja, das war damals die Regierung Vranitzky mit der FPÖ, oder war es schon Ihre mit Vranitzky? Das weiß ich nicht mehr so genau. (Abg. Dr. Khol: Nein, vorher! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Egal.

Minister Schüssel erinnert sich jetzt daran, was vor ungefähr 14 Jahren beschlossen wurde. Das war ihm nicht bekannt, sagt er. Er entdeckt jetzt, dass die Zinsen ins Budget zurückkippen, und sagt, ihm sei das bisher nicht bekannt gewesen. – Dieses Gesetz ist 14 Jahre alt! Er hat nicht gewusst, dass das im Bundesgesetzblatt steht. Das konnte er nicht wissen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Der Bundeskanzler hat viel zu tun, ein Minister hat viel zu tun – das kann man schon einmal vergessen. (Abg. Dr. Khol: Aber das Defizit hat er nicht gewusst!) Es steht im Gesetz, Herr Kollege Khol, dass Zinsen und Tilgungen der Bund übernimmt. (Abg. Dr. Fekter: Aber die Höhe des Defizits!) Vergessen hat er es bestenfalls. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Dr. Fekter: Die Privatisierungserlöse mindern ja ...!)

„Das Defizit hat er nicht gewusst“. – Wie oft habe ich Ihnen dieses Heft schon gezeigt, Herr Kolle­ge Khol? Ihnen geht es auf die Nerven, mir geht es auf die Nerven. (Abg. Dr. Khol: Sie gehen uns nicht auf die Nerven!) Wifo-Wirtschaftsdaten März 1999 (Abg. Dr. Stummvoll: Ich will das trotzdem vom Finanzminister wissen!), Budgetdefizit für das Jahr 2000 – Herr Kollege Stummvoll, Sie schauen vielleicht manchmal da hinein; ich weiß es nicht; nach Ihrer heutigen Rede muss ich allerdings schließen, dass Sie da nie hineinschauen –, Budgetdefizit für das Jahr 2000: 2,5 Prozent des BIP; vorgesehen von der Regierung: 1,7 Prozent. Ich brauche Ihnen nicht vorzurechnen, was das hinsichtlich des Defizits bedeutet. – Seit einem Jahr bekannt! Warum machen Sie heute hier solch großen Wirbel? Wir alle wissen das.

Es kommen dann die Pensionszahlungen und die Gehälter noch dazu, ein paar Einmaleffekte fal­len weg – über den Daumen gepeilt, habe ich im Frühjahr vor einem Jahr gesagt, werden es et­wa 40 Milliarden Schilling sein, die uns auf das Maastricht-Ziel fehlen. Sie haben gesagt: Pfui! Kassandrarufe! Stimmt nicht! – Sie von der Volkspartei haben das gesagt! Von Minister Edlin­ger möchte ich ja gar nicht reden. (Abg. Dr. Stummvoll: Der hat sich verschwiegen!) Natürlich hat er gesagt, dass alles in Ordnung ist. Ich erwarte ja gar nichts anderes. Ich scheine weniger naiv zu sein als Sie. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sicher, na klar. Darin bin ich ja mit Ihnen einig.

Aber ich hatte offenbar fälschlicherweise angenommen, die Geheimhalterei beziehe sich nur auf die Opposition. Hin und wieder hat er mir ja sogar Recht gegeben und versprochen – es ist eben leider nichts daraus geworden –, dass über die budgetären Effekte der Ausgliederungen ein Extrabericht erstattet wird. Dazu hat er jetzt keine Gelegenheit mehr ge­habt, unser Herr Finanz­minister Edlinger. Aber dass Sie sagen, dass das auch auf Sie zutrifft, den Regierungspartner – ich bitte Sie! –, das langweilt mich. (Abg. Dr. Khol: Sie langweilen uns! – Weitere Zwischenrufe.)

Diese Sitzung dient doch nur Folgendem: Sie, der Regierungspartner ÖVP, und Sie von der FPÖ bereiten ein Belastungsprogramm vor, höhere Steuern und niedrigere Sozialausgaben – und schuld ist Minister Edlinger! Das ist die Botschaft des heutigen Tages. (Abg. Böhacker: Mes­ser­scharf erkannt!) Meinen Sie wirklich, das ist nicht zu durchsichtig? – „Messerscharf er­kannt!“ – danke vielmals. Ihrer Meinung nach. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ist jetzt alles in Ord­nung oder nicht in Ordnung? – Weitere Zwischenrufe.)

Edlinger sei schuld, das ist die Botschaft des heutigen Tages. – Die Kollegen von der rechten Fraktion haben immer die größten Schwierigkeiten, wenn auch nur die Spur von einer ironi­schen oder sarkastischen Linie in eine Rede kommt. Aber jetzt habe ich es hoffentlich ver­deutlicht.

Ich kann nur sagen: Wenn Sie jedes Mal eine Sondersitzung abhalten wollen, wenn Sie alt­backe­ne Sachen hier verkaufen wollen, werden wir wahrscheinlich viele Sondersitzungen brau­chen. (Abg. Dr. Khol: Für Sie machen wir sie nicht! Sie verkaufen altbackene Sachen!) Ich muss auch hier sitzen und mir das anhören. (Abg. Dr. Khol: Für Sie machen wir sie nicht!) Für wen denn dann? – Für die Presse, um zu behaupten: Ja, wir brauchen höhere Steuern und niedri­gere Sozialausgaben (Abg. Dr. Khol: Ein besseres Finanz-Controlling!), aber der Edlinger ist schuld. – So einfach ist das Ihrer – Ihrer! – Meinung nach.

Sie machen einfach eine Sondersitzung als verlängerte Pressekonferenz, und da diese alten Sa­chen ja niemand von der Presse mehr hören kann – das stand ja alles schon in den Zeitun­gen –, sind wenigstens 183 Abgeordnete eingeladen, sich das anzuhören. (Heiterkeit und Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.) Ist okay.

Ich bin ja bereit, Ihnen einen Schritt entgegenzukommen, Herr Kollege Khol, oder zwei Schritte. Wirklich. Ich bin ja bereit zu sagen: Vielleicht irre ich mich. Vielleicht ist es wirklich so, dass der Re­­gierungspartner, der jeweils nicht das Finanzministerium stellt, systematisch von allen Infor­mationen abgeschnitten werden kann. Wäre ja denkmöglich – zwischen Klammern: Ich wunde­re mich zwar darüber, dass Sie schon wieder auf den Finanzminister verzichtet haben, aber las­sen wir das auch dahingestellt. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Wir haben einen Staatssekretär!) – Ja, Sie ha­ben einen Staatssekretär. (Abg. Dr. Khol: Haben wir nicht gehabt, und das war auch ein Feh­ler!) Okay.

Nehmen wir einmal an, es ist so: Das Finanzministerium kann wirklich alle anderen – nicht nur die Opposition, sondern auch den Regierungspartner – von Informationen abschneiden. (Abg. Dr. Khol: Und sich selbst auch!) Da sage ich: Das wollen wir prüfen. Setzen wir doch einen Unter­suchungs­ausschuss ein, der genau prüft, wieso das Finanzministerium diese Möglich­kei­ten hat, alle anderen Minister von diesen Informationen systematisch abzuschneiden. (Abg. Dr. Khol: Controlling ist besser!) – Nein, nein, nicht Controlling. (Abg. Dr. Khol: Wir machen ein Controlling! – Abg. Dr. Stummvoll: Kein Controlling?) Das ist schon okay. Das Controlling haben wir ja schon längst. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Natürlich! Eines der Verdienste von Ruttenstorfer war es, sich für Dinge wie Controlling einzusetzen. Nein, für das vergangene Jahr, für die vergangenen zwei Jahre, wenn Sie wollen: für die ver­gan­­genen 14 Jahre – wegen Schüssel! –, möchte ich gerne untersucht haben, wie es möglich ist (Abg. Dr. Khol: Beantragen Sie es!), dass der Finanzminister diese Macht hat und der „ar­me“, „arme“ Koalitionspartner keine Möglichkeit hat, sich dagegen zu schützen – noch viel weni­ger als die Opposition. Wäre das ein Vorschlag? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.29


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

16.29


Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Professor Van der Bellen hat uns jetzt gerade ein Bild gezeichnet, so, wie er sich in der Bevölkerung gesehen haben will: ge­­scheit, freundlich (Abg. Schwarzenberger: Vergesslich!), allseits verbindlich, aber leider manch­­mal, Herr Professor, gefährlich vergesslich! (Abg. Schwarzenberger: Sehr vergesslich, ein zerstreuter Professor!)

Ich erinnere mich daran, dass Sie bei Budgetausschusssitzungen bezüglich des Budgets immer wieder mehr Transparenz, mehr Controlling verlangt haben. Das war Ihr großes Anliegen, und jetzt auf einmal, unter geänderten Vorzeichen, ist Ihnen das Controlling ausreichend, sagen Sie, die Transparenz müsste gegeben gewesen sein. Herr Professor Van der Bellen! Ich glaube, so kann nicht ernsthaft diskutiert werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht uns heute um einen Kassasturz, weil wir glau­ben, dass wir, bevor Verantwortungen hin- und hergeschoben werden, der österreichischen Be­völ­kerung tatsächlich einen Rechenschaftsbericht schuldig sind. Ich bin ich der Meinung – und da meine ich jetzt auch den früheren Regierungspartner –, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass in den letzten 50 Jahren sehr viel Positives für Österreich geschaffen worden ist. Aller­dings haben Sie es nicht verstanden, diese positiven Leistungen auch der Bevölkerung nahe zu bringen. Sie tragen jetzt nicht mehr Regierungsverantwortung, aber trotzdem haben Sie als größte Partei in diesem Parlament noch eine Verantwortung für Österreich, und diese haben Sie in den letzten Wochen nicht wahrgenommen! Das ist meine Meinung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss heute auch einen „Kassasturz“ der politi­schen Moral geben. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich finde es näm­lich gefährlich, wenn da mit Sozialabbau argumentiert wird, wie es Abgeordneter Gusen­bauer heute hier gemacht hat, mit Beispielen, die jedweder Grundlage entbehren. So wird die öster­rei­chische Bevölkerung nämlich auf gefährliche Art und Weise irregeführt. (Abg. Dr. Gu­sen­bauer: Nachlesen!)

Herr Kollege Gusenbauer, ich nenne Ihnen ein Beispiel. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, eine vierköpfige Salzburger Familie hätte durch die Energieliberalisierung ein Einsparungspotential von monatlich 590 S, und durch das Regierungsprogramm würde dieses Einsparungspotential wegversteuert. Wissen Sie, dass im Regierungsprogramm steht, 10 Groschen pro Kilowatt­stun­de sollen an das Budget überwiesen werden? Unterstellen Sie, dass diese vierköpfige Familie pro Monat 5 900 Kilowattstunden verbraucht? Oder glauben Sie tatsächlich, dass das so sein kann? Herr Kollege Gusenbauer, da haben Sie irgendetwas völlig falsch verstanden, sonst hät­ten Sie das so nicht sagen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gu­senbauer: So ist es aber!)

Das ist nur ein kleines Beispiel, aber die Verifizierung dessen, was Sie sagten, wird allein schon durch Nachrechnen unmöglich gemacht. Das kann ganz sicher nicht richtig gewesen sein.

Herr Kollege Gusenbauer! Das ist ja das Problem mit den Sozialdemokraten: dass sie so vieles im Bereich der Halbwahrheiten angesiedelt haben. Auch dann, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie bedauern, dass Österreich durch eine neue Regierungsbildung entzweit wurde, frage ich Sie, Herr Kollege Gusenbauer, als Parteichef oder designierter Parteichef: Wem nützt Ihr Ver­hal­ten? – Österreich nicht, den Österreicherinnen und Österreichern auch nicht. Und ab­schlie­ßend sage ich: Ich bezweifle sehr, dass es Ihrer Partei nützt. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­li­chen.)

16.34

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass Herr Abgeordneter Van der Bellen nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, und zwar betreffend Klärung der politischen Verantwortlichkeit für den Umstand, dass den VP-Mini­stern für auswärtige Angelegenheiten, Unterricht, Umwelt, Landesverteidigung und Land­wirt­schaft ihren eigenen Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Budgetdefizits nicht bekannt war. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Die Durchführung einer Debatte wurde beantragt, und wir werden diese Debatte zu dem in der Geschäftsordnung vorgesehenen Zeitpunkt durchführen.

*****

Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Edlinger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Keine Polemik vom Rednerpult!)

16.35


Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Bundesminister für Finanzen hat kürzlich in den Medien ein Bonmot von sich gegeben, indem er meinte, das Parlament sei ein „Theater“. – Ich will diese Äußerung politisch überhaupt nicht bewerten, aber es ist in der Tat ein Theater, was FPÖ und ÖVP heute in diesem Hause aufführen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist ein trauriges Schauspiel, wenn die Regierungsparteien heute mit Instrumenten der Oppo­sition, nämlich einer Sondersitzung des Nationalrates sowie einem Dringlichen Antrag an ihren eigenen Minister operieren, damit, wie sie sagen, die Zahlen auf den Tisch kommen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Eine Sondersitzung ist ein Instrument aller Abgeordneten!)

Nach dem groß angekündigten Kassasturz liegen nun Zahlen auf dem Tisch. Es liegen Zahlen auf dem Tisch, die eigentlich niemanden verwundern dürften, vor allem jene nicht, die sich mit diesen Dingen beschäftigen. (Abg. Dr. Khol: Wer den Edlinger kennt, der wundert sich nicht!) Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen – und ich habe das heute auch im Budgetausschuss ge­sagt –, dass ich die Rollen in diesem Theaterstück, das ÖVP und FPÖ hier aufführen, unter­schied­lich bewerte.

Die Freiheitliche Partei kann sich auf mangelnden Wissensstand ausreden. Ich billige Ihnen das zu, denn eine Oppositionspartei hat natürlich einen geringeren Zugang zu Informationen als eine Regierungspartei. Aber Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Österrei­chi­schen Volkspartei, möchte ich in aller Deutlichkeit sagen: Ihnen glaubt niemand, dass Sie das nicht gewusst haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Sie waren nämlich in alle politischen und fiskalen Entscheidungen eingebunden, und zwar zuerst in der Person des Herrn Ministers Farnleitner und später in der Person des Herrn Ministers Molterer. – Wobei es sich im Übrigen meiner Kenntnis entzog, warum Farnleitner durch Molterer ersetzt wurde.

Ich bin bereit, für alles Mögliche die Verantwortung zu übernehmen, aber für Ihren innerparteili­chen Informationsfluss bin ich beim besten Willen nicht zuständig – und das möchte ich auch gar nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Kassasturz hat eine sonderbare Folge: Es wird nämlich seitens der ÖVP gesagt, die Zahlen lägen erst seit wenigen Wochen auf dem Tisch. Dieses Zahlentableau, von dem auch der Herr Finanzminister ausgegangen ist, ist viel älter. Und es ist überhaupt kein Problem, prog­nost­i­zierte Ausgaben von 800 Milliarden Schilling und prognostizierte Einnahmen von 692 Milli­arden Schilling voneinander abzuziehen. Da braucht man nicht so besonders gescheit zu sein, diese Liste lag auf dem Tisch, Herr Klubobmann Khol. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Diese Liste bekam im Oktober, allerdings ohne Saldierung, Ihr Minister Molterer. – Ich habe ihn offenbar überschätzt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dass man das zusammenzählt, davon bin ich eigentlich ausgegangen. Und von diesem Defizit sind doch – da werden Sie mir Recht geben – die 62 Milliarden abzuziehen, die laut Maastricht als zulässiges Defizit gelten. (Abg. Haller: Das ist ja auch ein Defizit!) Ich glaube nicht, dass Sie inner­halb von ein oder zwei Jahren ein ausgeglichenes Budget machen können, sondern das Sta­bilitätsprogramm gilt, das die vorige Regierung vorgelegt hat, und das haben Sie auch für gül­tig erklärt. Also: 62 Milliarden Schilling zusätzliches Defizit, bleiben 45 bis 46 Milliarden Schil­ling, und 25 bis 26 Milliarden Schilling über die Fonds.

Es hat sich zwar der Herr Ex-Familienminister immer dagegen gewehrt, dass dort für das Budget abkassiert wird, aber das machen Sie jetzt auch! (Abg. Ing. Westenthaler: Warum haben Sie immer nur von 20 Milliarden Schilling geredet?) Und auch beim Wasserwirtschafts­fonds hat er sich gewehrt, dass daraus etwas dem Budget zufließt.

Dazu kommen noch die Arbeitslosenversicherungsüberschüsse und die Einmaleffekte, die be­reits bekannt sind. Das macht 26 Milliarden Schilling, bleiben also 20 Milliarden Schilling übrig, und das ist genau das, worauf auch Herr Minister Grasser gekommen ist.

Sie ziehen hier ein Drama in drei Akten auf. Der erste Akt: Chaos. Angeblich werden täglich Leichen im Keller gefunden. Plötzlich aber hat der Herr Minister festgestellt, es gibt keine Toten. – Also kann er auch keine Leichen finden. (Beifall bei der SPÖ.) Erster Akt abgehakt; war ein Rohrkrepierer. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso haben Sie immer nur von 20 Milliarden geredet?)

Zweiter Akt: Keiner wusste etwas!, sagte die ÖVP. Das ist wirklich ein Akt der Peinlichkeit, mei­ne Damen und Herren! Man sagt mir nach, meine Krawatten sprächen immer für sich selbst. Heu­te (der Redner weist auf seine Krawatte) habe ich Häschen auf meiner Krawatte. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist die Parteikrawatte der ÖVP: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. – Das ist die Politik, die Sie machen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Also: Zweiter Akt auch abgesetzt.

Jetzt kommt der dritte Akt: das Sparpaket. Das Sparpaket ist erforderlich, um die Geschenke für Ihre Klientel zu bezahlen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da werden wir sehr genau aufpassen, denn wir haben immer wieder gesagt, dieses Budget 2000 ist dann finanzierbar, wenn man keine zusätzlichen Ausgaben erfindet.

Wir haben in der früheren Regierung heftige Diskussionen darüber geführt, was denn nicht noch alles erfunden werden soll. In Ihrem Programm, in Ihrem Arbeitsprogramm haben Sie zu­sätz­liche Bonifikationen für die Bauern, haben Sie zusätzliche Bonifikationen in Bereichen etwa der Unternehmungen. (Abg. Mag. Steindl: Ein völliger Blödsinn!) Und Sie haben eine Forde­rung auf dem Tisch liegen, die letztendlich bedeutet, dass jährlich 6 Milliarden Schilling allein für das österreichische Bundesheer ausgegeben werden sollen. Daher müssen Sie in den Berei­chen der Arbeiter und Angestellten, in den Bereichen der potentiellen Pensionisten kürzen! (Ru­fe bei den Freiheitlichen: Klassenkampf! – Abg. Mag. Trattner: Das ist eine falsche Infor­ma­tion!)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Politik der Umverteilung von unten nach oben, von der wir immer reden, und wir werden aufpassen, dass Ihnen das nicht so leicht ge­macht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe im Rahmen meiner Tätigkeit als Finanz­minister drei Budgets zu verantworten gehabt (Abg. Ing. Westenthaler: Drei Belastungs­pake­te!), und ich habe jedes der drei Budgets punktgenau erfüllt. Vor nicht einmal zwei Monaten wur­de das Haushaltsjahr 1999 mit einem Saldo abgeschlossen, der günstiger als der Voran­schlag war. Rechnungshof, Wirtschaftsforscher und auch die OECD haben immer die punkt­ge­naue Vollzugspolitik gewürdigt. Das Budgetdefizit konnte in den letzten Jahren durch die spar­same Budgetpolitik, die wir gemacht haben, halbiert werden.

Ich weiß, dass 10 Minuten zu kurz sind, um ausführlich auf das Thema einzugehen, und ich weiß auch, dass Sie das Instrument einer Sondersitzung deshalb gewählt haben, um die Quan­tität der Debatte für sich zu haben – nicht aber die Qualität: Es reichen nämlich 10 Minuten aus, um die Unhaltbarkeit Ihrer Argumentation, die sich über eineinhalb Stunden erstreckt hat, darzulegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Minister hat gemeint, er wird sich am Mon­tag beim ECOFIN-Rat rechtfertigen müssen für das budgetpolitische Schlusslicht, das wir an­geblich sind. (Bundesminister Dr. Krüger spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bun­desminister Dr. Grasser. – Rufe bei der SPÖ: Unerhört!) Das budgetpolitische Schlusslicht sind wir dann, wenn dieses Budget 2000 nicht so vollzogen wird, wie es von mir vorbereitet war. Denn dann gibt es kein Defizit von 2,6 Prozent, sondern dann gibt es ein Defizit von 1,7 Pro­zent; das war das, was ich vorgehabt habe. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft von Frankreich, Italien und wahrscheinlich der Bundesrepublik Deutschland.

Und wenn Herr Trattner vorhin gemeint hat: Wo liegt Finnland, wo liegt Irland?, muss ich sagen, ja, das mag schon sein, dass diese Länder Budgetüberschüsse haben, aber zu Lasten des sozialen Klimas in diesen Ländern! Hohe Arbeitslosigkeit, geringe Beschäftigung – das ist eine Politik, die ich unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten möchte! Das möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen. (Lebhafter Beifall und Bravo!-Rufe bei der SPÖ.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Rudolf Edlinger (fortsetzend): Möglicherweise sorgt das Budget für euro­päische Irritation, aber heute ist Europa weit mehr an politischen Entwicklungen in Österreich interessiert. Die Isolation von Haider und Schüssel, das ist es, was die Europäer irritiert, und we­ni­ger das Budget dieses Landes! (Lang anhaltender Beifall und Bravo!-Rufe bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

16.46


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.47


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Klubobmann Khol hat jetzt gerade Herrn Bundesminister Bartenstein aufgefordert, sich zu Wort zu melden. Ich nehme an, dass dieser Redebeitrag deshalb erfolgt, damit die Abgeord­ne­ten innerhalb der verbleibenden Fernsehübertragungszeit nicht mehr Stellung nehmen können. Da aber Herr Abgeordneter Edlinger ganz konkret den für das Budget verantwortlichen ÖVP-Mini­ster Molterer angesprochen hat, glaube ich, dass Herr Minister Bartenstein in dieser Funktion nicht so viel zur Aufklärung beitragen kann wie Herr Minister Molterer, und stelle des­halb den Antrag, dass Herr Minister Molterer dieser parlamentarischen Verhandlung jetzt bei­ge­zogen wird.

16.47


Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie haben einen Antrag gehört, der sich auf § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung stützt.

Eine Debatte über diesen Antrag wurde nicht beantragt, daher ist auch darüber nicht abzustim­men.

Ich bringe den Antrag Öllinger zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag des Abgeordneten Öllinger zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Ich muss jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Graf auf Ehre und Gewissen etwas fragen. Herr Abge­ord­neter! Sie haben sich, sofort nachdem Herr Abgeordneter Edlinger zu sprechen begonnen hat, zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. 30 Sekunden nach Beginn seiner Rede haben Sie sich schon gemeldet. Hatte es in dieser Zeit schon jenen Sachverhalt gegeben, den Sie berichtigen wollen? (Abg. Dr. Martin Graf bejaht dies.) Ja? Bitte, dann erteile ich Ihnen das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung.

16.48


Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Abgeordneter Edlinger hat hier vom Rednerpult gleich zu Beginn seines Debatten­beitra­ges behauptet, dass das Verlangen auf Abhaltung einer Sondersitzung ein Instrument der Opposition sei. – Das ist unrichtig.

Richtig ist vielmehr, dass es gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Nationalrates das Recht von 20 Abgeordneten ist, ein derartiges Verlangen zu stellen, und dass diesbezüglich eine Sitzung abgehalten werden muss.

Wir freiheitlichen Abgeordneten haben dieselben Rechte wie alle anderen Abgeordneten hier im Hohen Hause.

Ich erinnere der Vollständigkeit halber nur daran, dass in der XIX. Gesetzgebungsperiode, zum Beispiel am 10. Juli 1996, eine Sondersitzung auf Verlangen der sozialistischen Abgeordneten abgehalten wurde, ebenso am 18. Feber 1997 zum Thema „Arbeit schaffen“, ebenfalls auf Ver­lan­gen der Sozialistischen Partei, und ich erinnere mich daran, dass damals die Sozialisti­sche Partei in der Regierung gesessen ist. Ich verlange daher, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass freiheitliche Abgeordnete und Abgeordnete der Volkspartei dieselben Rechte haben in diesem Hohen Hause!

16.50


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Verlangen sind kein Gegenstand einer tat­sächlichen Berichtigung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP für den das Rednerpult ver­lassenden Abg. Dr. Martin Graf. – Abg. Edler: Desaströs! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsbehandlung!)

Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

16.50


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich halte es für einen Bruch mit den Usancen des Hauses und mit dem Sinn der Geschäfts­ord­nung, der vorhin angesprochen war, wenn hier offenbar Wortmeldungen stattfin­den, die nur dazu dienen, die Redezeiten zu Gunsten von Regierungsabgeordneten zu verlän­gern und unangenehmen Anträgen der Opposition – auch vor den Augen der Fernseh­zu­seherIn­nen – auszuweichen.


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ordnungsgemäß eingebracht worden, wird natürlich zur Beratung gelangen und abgestimmt werden.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, Sie hatten jetzt gerade das Wort. (Abg. Dr. Petrovic: Ein An­trag! Ein Antrag!) Waren Sie mit Ihrer Wortmeldung noch nicht fertig? (Abg. Dr. Petrovic: Nein!)


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich rege an, da diese Debatte doch sehr viel mit dem Regierungsstil insgesamt zu tun hat, dass zumindest ab jetzt der neue Bun­deskanzler dieser Debatte beiwohnen möge. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Noch eine Minute mehr im Fernsehen!)

16.52


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! So eine Anregung ist natürlich ge­stattet, aber sie hat keine rechtlich verbindliche Wirkung.

Ich fühle mich verpflichtet, wenn sich ein Bundesminister zu Wort meldet, ihm dieses auch zu erteilen. Er hat das Recht, zu Wort zu gelangen.

Herr Bundesminister Dr. Bartenstein! Sie haben das Wort.

16.52


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsi­dent! Meine Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! (Abg. Schieder: Das ist nicht fair! Ein bisschen unfair ist das schon!) Es hätte und hat in der Tat keiner Aufforderung bedurft, dass ich auch als langjähriger Kollege des nunmehr außer Dienst befindlichen Finanzministers Edlinger einige Richtigstellungen anbringe, die Sie, Herr Kollege Edlinger, mit Ihrer Wortmeldung geradezu herausgefordert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Edlinger hat auf seine Krawatte und die darauf befindlichen Hasen Bezug genommen. In mancherlei Beziehung treffen diese Symbole, Herr Kollege Edlinger, aber auch auf Sie selbst zu, denn Sie haben hier in mancherlei Bezie­hung referiert, als wüssten Sie von nichts und wären Sie der Hase. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Schieder: Das ist unerhört! Das gehört sich nicht von der Regierungsbank aus! – Abg. Leikam: Unerhört! Unerhört! – Abg. Mag. Stoisits: Menschen mit Tieren ver­glei­chen, das haben nur die Nazis getan, Herr Bundesminister! Tiervergleiche stammen aus der Nazi­zeit! Das haben nur die Nazis getan, Tiere vergleichen mit Menschen! – Weitere heftige Zwi­schenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich ma­che auf eines aufmerksam: Das ganze Land kann über Fernsehen unsere Sitzung verfolgen. (Abg. Mag. Stoisits: Dann soll er aufpassen, was er sagt!) Jeder kann sich seine Meinung bil­den, aber alle werde eine schlechte Meinung haben, wenn wir jetzt nicht auch noch die letzten sechs Minuten der Übertragung ordentlich über die Bühne bringen!

Ich bitte den Herrn Finanzminister, zum Gegenstand zu sprechen. Ich werde dafür sorgen, dass Sie das Wort haben. (Rufe: Das ist nicht der Finanzminister!)


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Ich war wie viele andere in diesem Haus nicht in der Erwartung, dass Sie, Herr Kollege Edlinger, die Verantwortung, die Sie getragen haben und aus meiner Sicht auch heute noch tragen, wirklich übernehmen würden. Und glauben Sie mir, Sie haben diese mei­ne Erwartung auch nicht enttäuscht. Sie haben in Wirklichkeit keinerlei Verantwortung über­nommen für die äußerst prekäre und problematische Budgetsituation, die Sie dieser neuen Bun­desregierung als Erbe hinterlassen haben (Abg. Edlinger: Die Sie verursacht haben!) und die ein so schweres Erbe ist, dass man sich eine unbedingte Erberklärung sehr gründlich überlegen müsste. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger.)

Herr Kollege Edlinger! Sie haben vor einigen Minuten die punktgenaue Erfüllung des Budgets 1999 gelobt und damit auch sich selbst gelobt. Sie haben gesagt, dass der Saldo sogar besser ist. Ich darf aber schon ergänzend sagen, was Sie vergessen haben, nämlich dass die Be­träge auf der Einnahmenseite und auch auf der Ausgabenseite um jeweils 20 Milliarden Schil­ling von Ihrem Budgetvoranschlag entfernt gewesen sind. Das sollte der Vollständigkeit halber noch hin­zu­gefügt werden. (Abg. Dr. Khol: Punktgenau! Punktgenau! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Edlin­­ger: Ich habe eingenommen, und Sie haben ausgegeben! ... – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben von einem traurigen Schauspiel gespro­chen, das heute hier geboten wird – Sie leisten jetzt einen erheblichen Beitrag dazu, dass diese Analyse eine richtige ist. (Abg. Dr. Petrovic: Ihrer ist größer!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich war die Volkspartei als Regie­rungs­partei in die Entscheidungen eingebunden, aber eines darf schon festgehalten werden: dass in diesem Lande noch immer der Finanzminister primär für das Budget verantwortlich ist, dass immer noch der Finanzminister primär für Steuerreformen verantwortlich ist, sei es die Familiensteuerreform, sei es die allgemeine Steuerreform des letzten Jahres. (Abg. Edlinger: Das ist ein starkes Stück!) Sie tun jetzt so, als hätten Sie damit nichts zu tun gehabt. Das muss kategorisch abgelehnt werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Finanzminister außer Dienst hat auch heute hier versucht darzustellen, dass er schon immer die richtigen Zahlen genannt hätte (Zwischenruf des Abg. Edler) und dass diese jetzt nur von Grasser nachvollzogen würden. Herr Kollege Edlin­ger! Das stimmt nicht! Das stimmt nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Doch! Doch!)

Ich zitiere aus einem „Kurier“-Interview vom 21. Oktober 1999, also einige Wochen nach den Wahlen. Sie sagten damals:

So ist der Fehlbetrag geringer als ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes – das würde mit Ihren 20 Milliarden Schilling zusammenpassen, wir sind uns erstmals einig, ausgezeichnet –, gleich­zeitig würde ich die Überschüsse aus Fonds zum Absenken der Lohnnebenkosten vorschla­gen. – Zitatende.

Herr Kollege Edlinger! Das ist mein Vorwurf: Sie wollten die Überschüsse der Fonds für alle möglichen anderen Dinge verwenden und haben auf diese Art und Weise natürlich nicht konsta­tiert und nicht eingestanden, dass der Fehlbetrag insgesamt bei 47 Milliarden Schilling gelegen ist. Und darum geht es. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ich nehme zur Kenntnis, Sie polemisieren nicht, Sie haben mich nicht verstanden! – Abg. Leikam: Keine Ahnung!)

Zum Stichwort Polemik, Herr Finanzminister außer Dienst: Sie werfen der neuen Regierung vor, um 7 Milliarden Schilling per anno mehr für die Familien auszugeben – ein Vorwurf, der so schlimm nicht ist aus Sicht von zwei Familienparteien, die diese Regierung bilden –, um 7 Milli­arden Schilling per anno mehr, als das die SPÖ getan hätte. (Abg. Leikam: Nicht genügend!)

Herr Kollege Edlinger! Gegenüber dem Verhandlungsstand, den wir, die Volkspartei, mit Ihnen abgeschlossen haben – und hätte Nürnberger unterschrieben, sähen die Dinge heute vielleicht anders aus, aber wir sind in mancherlei Beziehung froh darüber, dass es nicht so gekommen ist (Abg. Leikam: Wir auch! Wir auch! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) –, ist ein Mehraufwand für die Familien von 3 Milliarden Schilling veranschlagt und nicht einer von sieben. – So viel zur Wahr­heit Ihrer Zahlen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Punkt­genau! Punktgenau!)

Egal, ob es sich um den Finanzminister außer Dienst Edlinger handelt oder um den neuen de­signierten Vorsitzenden der Sozialdemokratie, Herrn Gusenbauer. Sie betreiben Kindeswegle­gung in einer Art und Weise, die verblüfft, bei der einem ja der Atem wegbleibt. Herr Kollege Edlin­ger, da kommt ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Ist das ein Minister, oder ist das ein Volksvertre­ter? Das ist ja unerhört! Dieses Benehmen dieser Regierung ist unerträglich!) Hören Sie mir zu, Herr Kollege Gusenbauer! Sie selbst zitieren die schwierige Situation eines Herrn Gruber und einer Frau Berger, in die diese auf Grund der Anhebung des Pensionsantrittsalters kämen. (Abg. Dietachmayr: Unerhört!) Es muss an dieser Stelle schon erwähnt werden, dass diese Bundesregierung die Absicht hat, das Frühpensionsalter um 18 Monate anzuheben, während Sie auf Basis des Edlinger-Vorschlages beabsichtigt haben, das Frühpensionsalter um 24 Mo­na­te anzuheben. – Na was schadet dem Herrn Gruber und der Frau Berger mehr? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Die Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler: Punkt­genau! Punktgenau! – Abg. Dr. Gusenbauer: Wenn Sie so polemisieren, dann gehen Sie zum Rednerpult! Dort oben hat das nichts verloren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsi­dent Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht auf die vielen sehr persönlichen Attacken und Vorwürfe des früheren Finanzministers Edlinger eingehen, die er in den letzten Wochen gegen­über Mitgliedern der Regierung geäußert hat. Ich werte das als Ausdruck Ihres schlech­ten Gewissens. (Abg. Dr. Gusenbauer: Letztklassige Polemik! – Ruf bei den Grünen: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!) Aber lassen Sie mich eines sagen, Herr Kollege Edlinger: Den Vorwurf, den ich Ihnen am 30. Dezember gemacht habe, nämlich dass Sie die Regierung, das Parlament und auch uns als damaligen Koalitionspartner weder vollständig noch zeitgerecht über die Dimensionen des budgetären Fehlbetrages informiert haben, den halte ich voll auf­recht, er hat sich inzwischen voll bestätigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Unerhört! Unerhört! Ein Skandal! Sie stehlen den Abgeordneten die Redezeit! – Rufe bei der ÖVP: Punktgenau! Punktgenau!)

17.00


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Es stehen Ihnen 7 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Bitte.

17.01


Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Ich möchte wissen, woher Herr Abgeordneter Edlinger den Mut nimmt – seine rhetorischen Klimmzüge sind ja bekannt –, woher der Herr Bundesminister außer Dienst den Mut nimmt, hier heraus zu gehen und wieder Zahlen in den Raum zu stellen, die so wie seine in den Budgetausschüssen genannten allesamt falsch waren.

Wann immer er zu irgendwelchen Zahlen gefragt wurde, hat man gehört: „Punktgenau!“ Das war sein Synonym. „Punktgenau“ hat alles gestimmt. In Wirklichkeit, Herr Minister, so muss ich sagen, haben Sie uns massiv getäuscht! Und jetzt gehen nicht nur Sie mit falschen Zahlen hausieren, sondern auch all Ihre Kollegen und Abgeordneten, alle Gewerkschaftsvorfeldorgani­sationen und Ähnliches mehr, denn der einzige Verlierer in dieser Republik ist bis dato die SPÖ, die ihre Ministerposten aufgeben musste! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da gibt es den Neo-Parteivorsitzenden Gusenbauer (Abg. Schwemlein: Tun Sie das buchsta­bie­ren!), auf dem der Schatten der Moskauer Heimaterde liegt, aber nicht nur dieser Schatten. Ich erinnere etwa an „Euroteam“, wo sich jemand verbotenerweise eingeschlichen hat, und zwar unter Mithilfe dieses neuen Parteiobmannes der SPÖ. Und der spricht hier heraußen von „Unge­rechtigkeiten“! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja in dieser Republik höchste Zeit geworden, dass es zu einem Wechsel kommt! Allein wenn ich mir diese Zeitschrift (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) des ÖGB – sie nennt sich „Solidarität“ – vor Augen führe, dann muss ich sagen, das ist ja eine einzige Selbst­anklage. Sie von der SPÖ haben 30 Jahre lang den Bundeskanzler gestellt, 30 Jahre lang den Sozialminister, und jetzt haben Sie eine 40-seitige Broschüre mit Forderungen herausgegeben. Wo ist denn da die Glaubwürdigkeit einer Partei, die immer das Sagen gehabt hat? Wo sind denn Ihre Leistungen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Frage an Herrn Präsidenten Verzetnitsch: Herr Präsident und Herr Nationalratsab­geord­neter! Wie fühlen Sie sich, wenn Sie nach einem Arbeitstag mit Dienstwagen und Chauffeur im ersten Bezirk in Wien vor der BAWAG vorfahren und dann mit dem Lift auf Kosten der BAWAG in das Penthouse fahren, dessen Eigentümer die BAWAG ist? Wie fühlen Sie sich da, wenn Sie wie­der einmal von einem Betriebsbesuch nach Hause kommen, wo Sie vielen Mitarbeitern ge­gen­über gestanden sind, die nach wie vor keinen Kollektivvertrag haben, die nach wie vor in unserer Republik zu Schand­löhnen beschäftigt werden? (Ironische Heiterkeit der Abg. Hostasch.) – Sie, Frau Sozialministerin, scheint das sehr zu amüsieren.

Jetzt werde ich Ihnen zwei Beispiele Ihres Versagens in der Sozialpolitik nennen. Da gibt es einen Kollektivvertrag für das Bewachungspersonal. Dieses wird nach Stundensätzen entlohnt. Und dann gibt es ein Bundesgesetzblatt, mit dem die Arbeitsvergütungen für Strafgefangene gere­gelt werden. Für leichte Hilfsarbeiten bekommen die Strafgefangenen 54,80 S, für Fachar­beiten 75,30 S in der Stunde.

Dem gegenüber bekommt ein verantwortlicher Mitarbeiter einer Bewachungsfirma für den Flug­hafensicherheitsdienst – unabhängig, ob er am Abend, in der Nacht, am Samstag, am Sonntag oder an einem Feiertag Dienst versieht – 74,80 S pro Stunde. Ich wiederhole: 74,80 S!

Ich muss Ihnen sagen: Das ist eine Schande für die Sozialdemokratie, dass heute Strafgefan­gene höhere Stundenlöhne beziehen als Arbeiter, die sich irgendwo frei am Markt beschäftigen müssen! Das ist eine unglaubliche Schande, die Ihnen bleibt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Hostasch.)

Wo war da Ihre Solidarität? Wo ist Ihre Solidarität bei Ihren Belastungspaketen gewesen? Der Herr Leutner, xxxOKeiner der führenden Gewerkschafter dieser Republik, sagt, man müsse eine mas­si­ve Gegenoffensive gegen ein Belastungspaket starten, das nur für Sie als solches er­kenn­bar ist, weil Sie eine Propaganda brauchen, weil Sie im Untergehen sind, weil Sie nicht mehr wis­sen, was Sie tun sollen! In Wahrheit haben Sie die letzten 30 Jahre versäumt! (Abg. Hostasch: Die Wirtschaftskammer! Die Arbeitgeberseite ist gefragt!)

Frau Minister außer Dienst Hostasch! Der Herr Leutner meldet sich jetzt zu Wort und sagt: Bevor wir bei den Menschen sparen, die draußen arbeiten, soll doch endlich der Finanz­mini­ster – ich nehme an, es ist Kollege Grasser gemeint – die Steuerrückstände in der Höhe von über 30 Milliarden Schilling einfordern. – Wo war denn der Herr Leutner bei den Belastungs­pa­keten Ihrer Regierung? Wo war er denn? Hat er sich jemals zu Wort gemeldet? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muss Ihnen sagen: Es ist geradezu abenteuerlich, wer sich jetzt und in welcher Form zu Wort meldet. (Abg. Oberhaidinger: Ihre Uninformiertheit ist geradezu abenteuerlich! Das Einzi­ge, was Sie können, ist buchstabieren!) Diese Steuerrückstände hat nicht Kollege Grasser ver­ur­sacht, diese Steuerrückstände haben ausschließlich sozialdemokratische Finanzminister zu verant­worten! Aber da hat sich der Kollege Leutner nie zu Wort gemeldet. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Und jetzt spricht er von einem Diktat der Unternehmen, weil die Arbeitszeiten im Unternehmen vereinbart werden dürfen und nicht mehr mit dem ÖGB ausverhandelt werden müssen. Jetzt fra­ge ich mich schon – und dagegen würde ich mich verwahren –: Sind die Arbeitnehmer in Öster­­reich bisher unter dem ÖGB-Diktat gestanden? Wenn das der Fall ist, dann waren sie schlecht bedient, denn es sind katastrophale und miserable Bedingungen, unter denen die Mitar­beiter zum Teil arbeiten müssen! Das ist Ihre Form der Politik. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Sie haben in 30 Jahren Regierungsverantwortung in dieser Republik eine Zwei-Klassen-Ge­sell­schaft aufgebaut. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Sie haben eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Ge­sund­heitswesen geschaffen, weil es Mitarbeiter von Unternehmen gibt – speziell im ver­staat­lichten Bereich –, für die Zusatzversicherungen bezahlt werden, und eine Zwei-Klassen-Gesell­schaft bei den Beschäftigten in den geschützten Bereichen der Verstaatlichten, die Sie aber auch zum Teil im Stich gelassen haben. Wo waren denn Ihre Stimmen, als es um den „Konsum“ ging? Wo war denn da die soziale Ader der SPÖ?

Das geht bis hin zu den Pensionen. Da gibt es den Ex-Minister Edlinger – ich lese 160 000 S. Da gibt es den Ex-Bundeskanzler Klima – ich lese 150 000 S und Ähnliches mehr. Wo ist denn Ihre Solidarität mit den Mindestrentnern in den letzten Jahren geblieben? Diese Solidarität hätte ich mir von Ihnen einmal erwartet! Das geht bis hin zu Ihrem Herrn Ehrenvorsitzenden Vranitzky, der gratis auf Kosten der West-LB in der Welt herumfliegt und nebenbei noch einen groß­zügigen Konsulentenvertrag bei der West-LB hat. Und selbstverständlich bezieht er von der Staatsbank Länderbank, die es ja auf dem Papier nicht mehr gibt, weil sie fusioniert ist, noch 360 000 S Pension im Monat. (Abg. Mag. Kogler: Aber den Untersuchungsausschussantrag haben Sie abgelehnt!)

All das, Frau Minister, hätte Sie wachrütteln müssen! Wenn Sie dagegen etwas gemacht hätten, das hätte Sie geehrt und geadelt. Aber jetzt zu beweinen, dass man nicht mehr in der Regie­rung ist, dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren der Sozialdemokratie, ist es zu spät! Und Gott sei Dank ist es zu diesem Wechsel gekommen.

Es ist jetzt notwendig, viele Dinge, die Sie verschuldet haben, zu sanieren. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Und wenn wir erfolgreich saniert haben, dann werden wir erfolgreich aufbauen. Wir haben schon jetzt einige Maßnahmen umgesetzt, die im Forderungskatalog des ÖGB enthalten sind, wie etwa die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten – die kommt! –, die Abfertigung für alle Arbeitnehmer ...


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende!


Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Das ist die Voraussetzung, das hätte ich mir er­wartet – und nicht Ihre weinerlichen Stimmen und die vielen Krokodilstränen in Ihrem heutigen Oppositionsdasein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.09


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Madeleine Petrovic. – Bitte.

17.09


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ange­sichts all der Vorwürfe gegen eine Fraktion, die in der Regierung war, und angesichts der Be­hauptun­gen, dass der andere Regierungspartner, nämlich die ÖVP, von all dem nichts gewusst hat, gehe ich davon aus, dass zumindest die freiheitliche Fraktion geschlossen dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen wird. Denn wenn Sie der Meinung sind, dass es hier so schwerwiegende Fehler und Versäumnisse gegeben hat, dann wird es doch wohl auch im Hinblick auf die Zukunft ratsam sein, alle diese Versäumnisse lückenlos aufzudecken, um dann auch Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen zu können.

Bei dem Dringlichen Antrag selbst habe ich zunächst einmal überlegt, zuzustimmen, denn mehr Transparenz wäre sicherlich auch im Interesse einer Oppositionsfraktion. Ich habe mir aber die­sen Antrag dann näher angeschaut und stelle jetzt fest, er wirft mehr Fragen auf, als er Klarheit verspricht. Denn wenn es Ihnen ein Anliegen ist, in Zukunft mehr Transparenz für dieses Haus einzuführen, dann frage ich Sie schon: Haben Sie denn gar keine Ahnung davon, wie diese Instrumente ausschauen könnten? Ist es wirklich so, dass die beiden Abgeordneten Stummvoll und Westenthaler nicht den Funken einer Idee haben, wie das legistisch umgesetzt werden könnte? Wo wollen Sie denn Änderungen machen?

Ich habe in der letzten Sitzung des Verfassungsausschusses Ihre angebliche neue Bereitschaft zur Transparenz schmerzlich vermisst! Dort habe ich die Fragen gestellt: Wie wird sich denn die Ressortneugliederung von der Kostenseite her auswirken? Ist nicht zu befürchten, dass das Zerreißen von meiner Meinung nach sachlich zusammengehörenden Einheiten zu einem höhe­ren Koordinationsaufwand und damit zu Mehrkosten führen wird? Und ich war bitter enttäuscht, als Staatssekretär Morak und die anwesende Expertenschar meine Fragen überhaupt nicht beantworten konnten – etwa, wie das denn im Ausland sei, welche Synergieeffekte man erwarte und wie sich das auf die Kosten, auf den Staatshaushalt niederschlagen werde. – Gar nichts ist da gekommen. Sie haben gesagt, wir wollen das so, und wir ziehen das durch. Und so ist es auch passiert.

Ich frage Sie: Wenn Sie ein neues Controlling-Verfahren verlangen, was ausgegliederte Rechts­träger betrifft, wieso sind Sie dann jetzt schon so sicher, dass etwa das Arbeitsmarktservice als GesmbH wirtschaftlicher geführt werden kann? Wäre es nicht gescheiter, dass man sich zuerst ausländische Beispiele anschaut, dass man zuerst prüft, was die bisher schon vorgenommenen Ausgliederungen an Mehrkosten – wie ich behaupte – und an völlig unkalkulierbaren Belastun­gen pro futuro verursacht haben, wie etwa bei der ASFINAG, die dem Herrn Bundeskanzler jetzt, nach 14 Jahren, so zu schaffen macht?

Könnte in diesem Fall nicht das Gleiche drohen? Wieso, Herr Klubobmann Khol, sind Sie denn so sicher, ohne dass Sie irgendwelche Berechnungen anstellen lassen, dass das ein volkswirt­schaftlich vernünftiger Schritt ist? Haben Sie das über den Daumen gepeilt oder aus der Glas­ku­gel heraus gelesen oder steckt nicht vielmehr eine bestimmte Ideologie dahinter, warum Sie etwa das Arbeits­marktservice dem Wirtschaftsressort untergliedern wollen?

Wenn es Ihnen mit mehr Transparenz und der Überprüfung von Kostenauswirkungen Ernst ist, dann prüfen Sie das doch bitte vorher, statt im Nachhinein dann wieder zu weinen und zu sa­gen: „Wenn wir das gewusst hätten! Das haben wir doch leider nicht abschätzen können!“, und so weiter.

Ein anderes Beispiel ist der in der Öffentlichkeit viel zitierte Selbstbehalt in der Krankenver­siche­rung. Sie, die Sprecher dieser neuen Koalition, erklären uns hier immer wieder, bei wem die­ser Selbstbehalt nicht Platz greifen soll. Er kommt zum Beispiel nicht bei Krankenhaus­auf­ent­halten, nicht bei Kindern und nicht bei chronisch Kranken. – Also entweder ist das eine komplette Luftblase, dann ist es aber auch ungeeignet, das Budget in irgend einer Form zu verbessern, oder die dicken Brocken kommen erst, und Sie wollen es nicht sagen.

Was ist denn das für eine Transparenz, wenn Sie zwar immer sagen, wer von einer Maßnahme nicht getroffen werden soll, dann sagen, es muss kräftig gespart werden, gleichzeitig aber verschweigen, wer getroffen werden soll?! – Wenn es für das Budget irgend etwas bringen soll, dann muss es doch auch irgend jemanden treffen! Haben Sie doch den Mut – (die Rednerin dreht sich zur Regierungsbank um, auf der im Augenblick Bundesminister Mag. Grasser fehlt; er betritt gerade den Saal) vielleicht ist noch jemand auf der Regierungsbank –, das auch zu sagen! Sagen Sie den Leuten doch, diese und jene Personengruppe wird es treffen!

Ich denke, für eine Regierung, die mit dem Ziel angetreten ist, mehr Transparenz zu bieten, ist dies ein reichlich schlechter Start. Die Maßnahmen, die Sie hier vorschlagen, sind sehr vage und nebulos. Dabei erinnere ich mich durchaus mit einiger Sorge an einen Antrag, den wir in der letzten Gesetzgebungsperiode oftmals diskutiert haben, nämlich die Verpflichtung, bei allen An­trägen in diesem Haus eine Kostenkalkulation abzugeben, und zwar auch bei Anträgen von einzelnen Abgeordneten, die natürlich nicht die gleichen Chancen haben, auf einen vergleich­bar großen Stab an Personal zurückzugreifen wie die Regierung.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die freiheitliche Fraktion und wie heftig sie da­mals dagegen opponiert und gesagt hat, das sei ein Knebelungsinstrument für die Oppo­si­tion. – Wo entnehme ich diesem Antrag, dass nicht wieder das gemeint ist? Sind Sie nicht be­reit, wenigstens hier bei einer Sitzung unter dem Motto „mehr Transparenz“ diesem Haus ein biss­chen Transparenz zu gewähren? – Ansonsten kann ich diesen Antrag fürwahr nicht sehr ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich will Ihnen aber doch noch Gelegenheit geben, Ihren ernsthaften Sparwillen unter Beweis zu stellen. Wie wir alle wissen, beginnt Sparen im Kleinen, und man soll auch die Groschen und die kleinen Beträge ehren, sonst wird aus dem hehren Sparziel wohl nicht viel werden. Diesbezüglich haben mich einige Debatten, die in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit geführt worden sind, wirklich sehr entsetzt.

Ich glaube, die Vergesslichkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen unter Regierungsfraktionen. Aber ich möchte insbesondere die freiheitliche Fraktion und ihren Koalitionspartner daran erin­nern, dass die FPÖ 1995 in Linz einstimmig eine Gehaltsobergrenze von 60 000 S beschlossen hat. – Das brächte schon etwas, wenn sich wirklich alle daran hielten und das auch transparent machen würden!

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Pilz, Freunde und Freundinnen betreffend Ergänzung des Berichtes des Finanzministers um Berichterstattung über die Einhaltung des Beschlusses der FPÖ auf Begrenzung der Politikerbezüge auf ATS 60.000,--

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat (allenfalls in Ergänzung zu dem von den Regierungsfraktionen verlangten Bericht) über folgende Gegenstände zu berich­ten:

1. Controlling der sozialen Ausgewogenheit der bisherigen beziehungsweise des von der neuen Bun­desregierung vorgelegten Sparpaketes.

2. Beurteilung, inwiefern Beschlüsse und Anträge der FPÖ betreffend Politikerbezüge zum Bei­spiel

a) Entschließungsantrag 117/A(E) betreffend Abbau von Politikerprivilegien;

b) Entschließungsantrag 285/A(E) betreffend Begrenzung der Politiker- und Funktionärsbezüge;

c) der am Bundesparteitag der FPÖ am 14.1.1995 in Linz einstimmig beschlossene Antrag be­treffend Obergrenze für sämtliche Bezüge aus politischen Funktionen mit ATS 60.000,--;

geeignet sind, einen zumindest symbolischen Beitrag zu einer sozial ausgewogenen Budgetkon­solidierung zu leisten beziehungsweise ob nicht gleichzeitig durch eine Umsetzung dieser Be­schlüsse Schwierigkeiten entstehen könnten, geeignete Personen für wichtige Funktionen in Parlament und Regierung zu gewinnen.

3. Berichterstattung darüber, inwieweit sich die der FPÖ angehörenden Mitglieder der Bundes­re­gierung nach deren Angaben an die unter Punkt 2 angeführten Entschließungsanträge und Beschlüsse halten.“

*****

Ich bringe ferner einen Antrag betreffend Dienstfahrzeuge ein, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Pilz, Freunde und Freundinnen betreffend Anschaffung eines Jaguars als erste Amtshandlung des neuen Justizministers

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert,

1. dem Nationalrat über die Entwicklung des Fahrzeugplans in den letzten und im heurigen Jahr zu berichten und dabei insbesondere auch die durchschnittlichen Ankaufkosten pro ange­kauftem KFZ zu erheben,

2. keine Steigerung der Zahl der Dienstfahrzeuge gegenüber dem derzeit geltenden Fahrzeug­plan zuzulassen,

3. bei Neuanschaffung dafür Sorge zu tragen, dass der Ankaufspreis pro Fahrzeug keinesfalls ATS 500.000,-- übersteigen darf.“

*****

Ich denke, es wird vor allem die sogenannten kleinen Leute in diesem Land sehr interessieren, wie Sie es mit Ihren eigenen Versprechen, mit Ihren eigenen Ankündigungen und mit Ihrem eigenen Sparwillen halten. Sie sind gefordert! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Herr Minister Krüger! Das betrifft Sie!)

17.19


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die beiden soeben verlesenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser. – Bitte.

17.19


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte kurz zu den Ausführungen von Frau Kollegin Petrovic Stellung nehmen, weil ich meine, dass es gerade angesichts dieser Diskussion und der „netten Taferln“, die ich heute gesehen habe, auch durchaus angebracht ist, hiezu aus der Sicht des Finanzministers eine Bemerkung zu machen.

Frau Abgeordnete Petrovic! Ich lade Sie ein, das, was Sie ankündigen, nicht nur leere Worte sein zu lassen, sondern tatsächlich auch an die Umsetzung zu gehen. Ich darf Ihnen vorschla­gen, dass wir beide – und wenn es angenommen wird, auch das gesamte Hohe Haus –, um hier das Signal zu setzen und der Bevölkerung zu zeigen, dass das Sparen bei uns selbst be­ginnt, pro Monat 10 000 S unserer Monatsgage für karitative Zwecke zur Verfügung stellen.

Ich sage Ihnen hier und heute: Ich werde das von meiner Seite in jedem Fall gerne tun – egal, ob Sie auf das einsteigen, was Sie selbst angekündigt haben –, weil es mir nie darum gegan­gen ist, wieviel Geld man in der Politik verdient, sondern weil es mir immer nur darum gegangen ist, eine Diskussion darüber zu führen, wieviel eine Funktion, die tatsächlich eine sehr verant­wortungsvolle für die Finanzpolitik und für die Beschäftigung in diesem Land ist, wert ist. (Abg. Öllinger: 60 000 netto! Wir haben das nie verlangt! Ihre Parteifreunde haben das verlangt: 60 000 netto!) – Ich lade Sie ein, Herr Öllinger, in die Privatwirtschaft und dann zurück in die Politik zu gehen. Ich hoffe, Sie werden einmal das Vergnügen haben, in der Privatwirtschaft eine Funktion wie ich zu erreichen und hoffe, dass Sie nicht Berufspolitiker werden! (Abg. Öllinger: ... Magna! – Weitere Zwischenrufe.)

Aber wie dem auch sei: Ich darf alle Abgeordneten und Kollegen aufgrund der Ausführungen von Frau Petrovic einladen und erkläre hier und heute, dass ich monatlich 10 000 für karitative Zwecke zur Verfügung stelle, damit man sieht, dem Finanzminister ist es ernst und der Finanz­minister beginnt, bei sich selbst zu sparen. Die Bevölkerung soll erkennen: Hier geht es um eine ausgabenseitige Konsolidierung des Haushaltes und um Sparsignale auch von unserer Seite! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.21


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Krü­ger. Ich erteile es ihm. (Ruf bei der SPÖ: Sind Sie mit dem Jaguar da? – Heiterkeit.)

17.21


Bundesminister für Justiz Dr. Michael Krüger: Herr Präsident! Hohes Haus! Eine Bemerkung von mir aus Anlass der Amtsübergabe in Wiener Neustadt, von einem Präsidenten an den anderen: Als ich der stolzen Wagenflotte des Justizressorts ansichtig wurde, war mein erster Gedanke, dass man das eine oder andere Auto verkaufen könnte. Das haben leider manche in die falsche Kehle bekommen und daraus dann – wie zumindest in der „Tiroler Tageszeitung“ zu lesen war – den „Biss des Jaguars“ gemacht. Dazu muss ich sagen, dass es für mich kein Evangelium ist, ob ein Auto englischer oder deutscher Provenienz ist, das ist überhaupt keine Frage. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich habe mir nur gedacht, dieser langgestreckte BMW, den ich von meinem Amtsvorgänger übernommen habe, ist doch ein biss­chen zu luxuriös. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Jaguar S-Type aus einem Kärntner Autohaus (Abg. Schwarzenberger: Autohaus Gras­ser!), den ich in der Wachau probefahren durfte – ich habe allerdings die Bestellung nicht ge­tätigt, weil es eines der ersten Dinge war, dass ich mein Auto verkauft habe –, kostet 600 000 S Basis-Preis, und nach Abzug des üblichen Rabatts wäre er dann bei rund 400 000 S gelegen. Da habe ich gesagt, ich bin möglicherweise bereit, diesen Wagen zur Verfügung zu stellen. Aber ich bin dann falsch interpretiert worden. Wir haben ohnehin gesehen, was dabei heraus­gekommen ist. Ich darf Ihnen sagen: Ich kann mich mit diesem „Biss des Jaguars“ wirklich nicht identifizieren und finde, dass das eher ein „Schnurren eines Schmeichel­kätzchens“ war als ein „Biss des Jaguars“. (Heiterkeit.)

Aber ich will hier nicht für eine heitere Stimmung sorgen, sondern möchte vielmehr auf den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Petrovic, Pilz, Freunde und Freundinnen betreffend An­schaf­fung eines Jaguars eingehen, der abgestimmt werden wird, wenn ich nicht mehr hier bin, weil ich mich auch um andere Dinge kümmern muss. (Abg. Öllinger: Antworten Sie uns doch, ob es das Autohaus Grasser war!) – Ich nehme an, dass mit „Freundinnen“ auch die neue Justiz­sprecherin gemeint ist und die anderen Kolleginnen und Kollegen; auch Kollege Van der Bellen, obwohl er nicht auf dem Antrag steht, aber ich nehme an, dass er unter dem Begriff „Freunde“ subsumierbar ist.

Ich finde, es ist nicht meine Aufgabe, diesen Antrag zu beantworten, weil das ein Auftrag an die Vollziehung  ist.  Ich  will  natürlich  auch  dem  Klub  der  Grünen  keine  Empfehlung  geben, aber wenn ich Abgeordneter wäre – ich gehöre dem Hohen Haus ja nicht mehr als Abgeord­neter an –, dann könnte ich mir schon vorstellen, bei diesem Antrag mitzugehen. Ich hätte da kein Problem, aber, wie gesagt, das ist Sache des frei gewählten Parlaments.

Minister Edlinger hat von einem Schauspiel in drei Akten gesprochen. – Dazu möchte ich sa­gen: Ein Schauspiel hat üblicherweise einen Prolog und einen Epilog, und was im Epilog steht, hat Ihnen der Herr Finanzminister bereits sehr eindrucksvoll, wie ich meine, gesagt. (Abg. Öllin­ger: Autohaus Grasser!) Ich selbst habe vor, einen Fahrzeugplan zu erstellen und auch dem Ministerium beziehungsweise den Oberlandesgerichten zu empfehlen, das eine oder andere Auto, wenn es nicht unbedingt gebraucht wird, zu verkaufen. Jedenfalls werde ich sicher dafür Sor­ge tragen, dass der Ankaufspreis pro Fahrzeug keinesfalls 500 000 S übersteigen wird. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Haben Sie auch etwas zum Budget zu sagen oder sprechen Sie nur über das Auto, Herr Minister?)

17.25


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Franz Steindl zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.25


Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich würde vorschlagen, wieder zur Budgetdiskussion zurückzukehren.

Ich habe mir diese Debatte sehr genau angehört – zweieinhalb Stunden lang, und vorher schon die dreistündige Diskussion im Budgetausschuss –, aber ich werde als Abgeordneter einfach den Eindruck nicht los, dass Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, sich nur sehr schwer von der Macht trennen können. Sie reagieren beleidigt, angerührt, und wenn man etwas sagt, happen Sie sofort zurück! Sie sind ganz einfach, das muss man sagen, sehr schlechte Verlierer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe einige Redebeiträge des Herrn Ministers außer Dienst, des Kollegen Edlinger, genos­sen. Ich attestiere ihm, dass er ein hervorragender Rhetoriker ist. Und wenn ich zum Beispiel die Rede des Herrn Gusenbauer mit der Rede des Herrn Edlinger vergleiche, dann muss ich in Richtung Sozialdemokratie schon fragen: Haben Sie nicht vielleicht den falschen SPÖ-Obmann vorgeschlagen? (Abg. Haigermoser: Nein, den richtigen!)

Ich habe den Eindruck, dass in letzter Zeit die Diskussion um den SPÖ-Obmann zu einer Dis­kussion um eine Bruchzahl geworden ist. Man hat nämlich den kleinsten gemeinsamen Nenner ge­sucht und gefunden: Herrn Kollegen Gusenbauer. Das zeigt natürlich auch die dünne Per­sonalreserve der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber nun zum Budget. Herr Kollege Edlinger, ich kann mich mit dem, was Sie hier gesagt ha­ben, nicht anfreunden. Und ich sage Ihnen hier vom Rednerpult aus: Sie haben das Parlament nicht richtig informiert! (Abg. Edlinger: Das macht nichts, das kränkt mich nicht!) Ich wieder­ho­le: Sie haben das Parlament nicht richtig informiert. Sie haben vielleicht den einen oder ande­ren informiert, aber Sie haben als Minister – und da haben Sie eine Verantwortung – das Parlament nicht richtig informiert, und ich möchte hier nochmals den Beweis dafür antreten.

Sie haben im Juni im Plenum nach wie vor davon gesprochen, dass es kein Budgetloch für das Jahr 2000 geben wird. Das haben Sie hier gesagt, da kann ich Sie zitieren. – Dann, überra­schen­derweise, kamen die 20 Milliarden Schilling auf, das Budgetloch von 20 Milliarden Schil­ling. In weiterer Folge gab es sogar verschiedene andere Zahlen, die hier kursiert sind, und jetzt – letztendlich auf Grund der Sondierungsgespräche und auf Grund des Kassasturzes – stel­len wir fest, dass es sich um einen Fehlbetrag von 47 Milliarden Schilling handelt, den man auf­bringen muß, damit man das Maastricht-Ziel einhalten kann. (Abg. Edlinger: Das ist ab­surd!)

Herr Kollege Edlinger! Das ist nicht absurd! Sie sind nämlich bei dem Ansatz von 20 Milliarden Schilling davon ausgegangen, dass Sie die derzeitigen Gesetze ändern werden, denn ohne Änderung der gesetzlichen Möglichkeiten können Sie die Fonds nicht ausräumen, wie Sie das vor­ge­habt haben, können Sie keinen Familienlastenausgleichsfonds und auch nicht die ande­ren Fonds ausräumen.

Sie hätten dem Parlament ganz klar sagen müssen: Jawohl, dieses Budgetloch von 20 Milli­arden Schilling basiert darauf, dass wir die Gesetze ändern werden. – Das haben Sie aber nie ge­sagt! Das haben Sie weder in einem Ausschuss noch im Plenum gesagt. Sie sind einfach da­v­on ausgegangen, dass die Gesetze geändert werden, aber davon durften Sie nicht aus­gehen! Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. – Abg. Dr. Khol: Das ist Manipulation! Tarnen und Täuschen! Häschen! – Abg. Edlinger – in Anspie­lung auf seine Krawatte –: Die schenke ich dir! – Abg. Edlinger nimmt auf die bejahende Geste des Abg. Dr. Khol hin seine Krawatte ab und überreicht diese demonstrativ Herrn Abg. Dr. Khol. – Heiterkeit.)

Herr Minister Edlinger! Sie haben nicht nur das Parlament falsch informiert, sondern Sie haben sogar ein Provisorium mit einer zwanzigprozentigen Kürzung der Ermessensausgaben erlas­sen, mit der man wie mit dem Rasenmäher über alle Ressorts drübergefahren ist – ein sehr „intelligentes“ Sparen!

Das hat bewirkt, dass es zu Diskussionen hier im Hohen Hause gekommen ist, weil einige Mini­sterien nicht gewusst haben, wie sie ihren Verpflichtungen nachkommen sollen.

Weiters, Herr Ex-Minister Edlinger: Ich weiß nicht, ob das Ihr Stil ist, aber es ist Tatsache – das wurde uns vom Finanzminister im Budgetausschuss berichtet –, dass in Ihrem Ressort keine Übergabe erfolgt ist. Jeder anständige Vereinskassier übergibt seine Kassa an den Nachfolger. Sie haben das nicht gemacht! Im Gegenteil: Es wurden leere Büros vorgefunden, Leitungen waren herausgerissen, Computer heruntergefahren, Pogramme gelöscht. Ist das die Vorgangs­weise von Toleranz?! – Das muss man hier auch dementsprechend öffentlich aufzei­gen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Stimmt das, Herr Edlinger?)

Ich könnte hier noch viele ähnliche Fakten nennen, tue das aber auf Grund der vorgeschritte­nen Zeit nicht. (Abg. Öllinger: War das Licht auch abgedreht?) Ich glaube, dass die heutige Dis­kussion für die Öffentlichkeit wichtig ist, dass man hier Transparenz walten lässt und dass man hier ganz genau aufzeigt, wo wir uns budgetär befinden. Und das ist mit diesem Kassa­sturz der Regierung gelungen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

17.31


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Budgetexperte Cap am Rednerpult!)

17.31


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vorerst habe ich einen Antrag einzubringen. (Abg. Mag. Schweitzer: In letzter Zeit bringst du immer die Anträge ein! – Abg. Dr. Khol: Er darf nicht mehr sagen!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Gusenbauer, Edlinger, Dr. Cap und Genossen betreffend Controlling

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, um eine umfassende Kostenrechnung in allen Ressorts zu verwirklichen.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Vorlage von Regierungsvorlagen die haus­halts­­rechtli­chen Bestimmungen hinsichtlich einer präzisen Kostenschätzung umfassend zu be­rück­sichtigen, damit in einem im Nationalrat einzusetzenden Haushaltsausschuss diese Anga­ben detailliert überprüft werden können.

3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Budgetausschuss des Nationalrates monatlich einen Bericht über den Stand des Budgetvollzuges zu erstatten.

*****

Nun zur Debatte selbst. Ich verstehe schon, dass man so etwas wie einen Kassasturz machen will. Man braucht ja nur nach Deutschland zu blicken, was passiert ist, als dort die Regierung wechselte. Aber dort hat die Regierung tatsächlich gewechselt! Hier in Österreich war es ja ganz anders. Hier gibt es einen kleinen Unterschied: Eine der Regierungsparteien war schon vorher in der Regierung und ist auch jetzt noch drinnen. Daher ist es ziemlich lächerlich, wenn man diesen Kassasturz im Parlament veranstaltet, nämlich schon deswegen, weil es einfach niemand glaubt, dass man 13 Jahre lang dabeigesessen ist und nichts gewusst hat.

Es ist doch bekannt, dass über alles und jedes, jeden Beistrich und jeden Punkt Verhandlungen und Gespräche geführt worden sind. Sie können doch in der Tat niemandem erzählen, dass Sie bloß virtuell anwesend waren! Vielleicht haben es die Wähler am 3. Oktober geglaubt; deswe­gen haben Sie auch ein solches Wahlergebnis erzielt, liebe ÖVP! Virtuell anwesend waren Sie jedoch wahrlich nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.)

Dann kommt ausgerechnet Herr Minister Bartenstein – ausgerechnet er! Mir fehlt die Zeit, um alle Zitate hier anzubringen, aber in den Jahren 1997 und 1998 kam dickes Lob von der ÖVP für den sozialdemokratischen Finanzminister – dickes Lob! Aber Minister Bartenstein war immer derjenige, der sich gleich mit seinen familienpolitischen Vorschlägen, Reformvorschlä­gen, Ent­lastun­gen und Steuerreformüberlegungen in Milliardenhöhe in die Diskussion einge­schaltet hat – der gleiche Bartenstein, der hier die parlamentarische Courtoisie bricht und von der Regie­rungsbank aus wie ein ÖVP-Abgeordneter herunterhusst. Dieser Bartenstein ist jedenfalls mit­ver­antwortlich dafür, dass es zu jener Budgetentwicklung gekommen ist, die jetzt vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich finde, die Performance, der Start dieser Regierung, und das, was sie heute geboten hat, ist ja fast ein Aufruf zur Kapitalflucht, ist in Wahrheit der Aufruf: Bitte investiert nicht mehr in Öster­reich! Man muss Folgendes bedenken, weil immer wieder so stolz berichtet wird: Herr Minister Grasser! Sie waren ja in einem Privatbetrieb. Sie müssen aufpassen, dass aus dem heutigen Kassasturz nicht ein „Grasser-Sturz“ wird. Ich sage Ihnen das! (Abg. Mag. Schweitzer: Deine Ge­nos­sen haben schon mehr gelacht über deine Witzchen!) Wenn man wirklich privatwirt­schaftliche Kriterien darauf anwenden würde, wie Sie sich dargestellt haben, dann müssten den einzelnen Mitgliedern der Regierung die fristlosen Entlassungen nur so präsentiert werden, denn das ist von der Präsentation her ein Dilettantenstadel! (Beifall bei der SPÖ.)

Machen Sie einmal solch eine Planung, indem Sie, obwohl die Budgetsituation schwierig ist, trotz­dem eine jährliche zusätzliche Budgetbelastung von 53 Milliarden Schilling durchführen wol­len – mit all den Umverteilungen von unten nach oben! Machen Sie das einmal in einem Privat­betrieb! Bringen Sie diese Geisteshaltung einmal dort ein und überhaupt einen Forde­rungskatalog, der nicht quantifizierbar ist! Machen Sie das doch einmal in einem Privatbetrieb! Machen Sie das doch dort einmal!

Ich verstehe ja in einem gewissen Sinn ... (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) – Nur fristlose Ent­lassungen würde es dort hageln! Ich verstehe ja, dass diese Controlling-Initiative heute ge­setzt werden soll. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wollen Sie den Job?) Ich sehe ja förmlich die Strate­giesitzung in der ÖVP, bei der es dann geheißen hat: Mein Gott, jetzt will die FPÖ den Finanzminister! Man hat in die FPÖ-Fraktion geschaut: lauter erfolgreiche Unternehmer. – Sie grinsen, aber auch Sie haben damals Unterstützung durch den Staat bekommen, Herr Prinz­horn. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Aber nicht lange!)

Lauter „erfolgreiche“ Unternehmer: etwa Peter Rosenstingl, das Paradebeispiel! Den hätten Sie ja gleich zum Finanzminister machen können. Das steckt also dahinter, wenn Sie hier diese Controlling-Initiative setzen, die völlig überflüssig und nur ein Vorwand ist, weil Sie diese so ge­nannte Kassasturzdebatte hier führen müssen.

Wenn man schon privatwirtschaftlich denkt, dann sollte man aber auch die Konsequenzen be­denken. Herr Stummvoll hat ja nicht gesagt: „wie in der Privatwirtschaft“. Er hat gesagt: „Brief­markensammlerverein“. Er hat die Regierung mit einem Briefmarkensammlerverein gleichge­stellt! Das war ja besonders charmant, was er getan hat. Bedenken Sie doch allein die Perfor­mance, die diese Regierung im Ausland hat, was das für wirtschaftliche Konsequenzen hat, was das für Konsequenzen für den Tourismus, für nicht durchgeführte Investitionen und letztlich, welche Auswirkungen das auf das Budget hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir sagen nur „Klima“!)

In einem Privatbetrieb würden alle diese Personen ausgewechselt. Ich sage Ihnen das! In einem Privatbetrieb überlebt kein Einziger der hier Agierenden! (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die Pri­vat­wirtschaft, von der Sie die ganze Zeit hier reden! Das sollten Sie bitte berücksichtigen, wenn Sie davon sprechen, dass hier ein neuer Stil Einzug hält, eine neue Regierung am Werk ist, ein neues Budget erstellt wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer war denn der Zündler? Das war der Herr Klima!) Das sei Ihnen hinter die Ohren geschrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.37


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Josef! In welchem Privatbetrieb hast du schon gearbeitet?)

17.37


Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ja echt heiter, wenn Herr Abgeordneter Cap über die Privatwirtschaft redet. (Zwischenruf des Abg. Grabner.) Er verwechselt Förderungen mit Bankkrediten. Das ist ganz normal! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) So, wie Herr Edlinger ständig über den Schuldenstand im Budget neue Zahlen angegeben hat, genauso verwechselt Herr Cap eben Förderungen mit Bank­krediten. Das ist ganz normal für Sie, Herr Cap!

Was jedoch nicht normal ist, ist, dass wir heute nur über das Budgetdefizit 2000 reden. Wir reden in Wahrheit über 30 Jahre sozialistischer Regierungsbeteiligung! Wie der Herr Finanz­minister ganz richtig gesagt hat: Im Jahre 1969 hatten wir nahezu keine Schulden im Bundes­haus­halt in Österreich (Abg. Leikam: Sie haben 60 Millionen bekommen! Sie haben 60 Milli­onen kassiert!), und heute haben wir 1 600 Milliarden Schilling Schulden. Das sind 30 Jahre sozialistischer Verschuldenspolitik, auch des Herrn Ex-Finanzministers Edlinger, den ich zuletzt „Herrn Bundesschuldenminister“ genannt habe. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Sehr viele Millionen haben Sie kassiert! – Zwischenruf des Abg. Grabner.)

Ich muss Ihnen Folgendes dazu sagen: Das Management dieser Wirtschafts- und Finanzpolitik ist abgewählt worden, und zwar vom Wähler am 3. Oktober! (Abg. Grabner: Und Sie hat der Bun­despräsident nicht genehmigt! ...!) Jetzt haben wir ein neues Unternehmen, und wir haben eine neue Unternehmensführung. Nehmen Sie zur Kenntnis: Der Wähler hat entschieden! Von Ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik hat er sich letztlich verabschiedet.

Die Belastungen, die Sie gegenüber den sozial Schwachen gesetzt haben, sind klar. Gerade Sie, Herr Abgeordneter Edlinger! Das haben Sie gemacht! Sie haben nicht für die Mindest­pen­sionisten gesorgt. Sie haben die Körperschaftssteuer heruntergesetzt! Sie haben ... (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Ich habe gar nichts nach Ungarn verkauft, sondern ich habe ständig in Öster­reich investiert. Sagen Sie nicht schon wieder falsche Dinge, sonst müssen Sie diese zurück­nehmen! Sie wissen, tatsächliche Berichtigungen hat es heute schon genug gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben es auch verstanden, in wirtschaftlichen Boomzeiten wie in den Jahren 1998/99 Öster­reich an die Spitze der Defizitländer zu bringen. 109 Milliarden Schilling an Neuver­schul­dung reihen sich nahtlos an die bereits genannten 1 600 Milliarden Schulden!

Ihr Herr Bundeskanzler Klima hat gerade zuletzt zum Thema Verschuldenspolitik gesagt: Eine Defizitpolitik ist bei den integrierten und offenen Märkten kein effizientes Instrument mehr, Be­schäftigung zu schaffen. Schließlich darf ich noch erwähnen, dass sich hohe Budgetdefizite zu­min­dest mittelfristig in höheren Inflationsraten und nicht in Wachstum niederschlagen werden und damit Investitionsprojekte letztlich zum Stillstand kommen. – Das hat Ihr Herr Bundes­kanz­ler Klima gesagt. Was Sie also so toll an dieser Verschuldens- und Belastungspolitik finden, das frage ich mich.

Daher sage ich Ihnen auch: Die Arbeitslosenrate, die Sie so rühmen, ist eine der höchsten in Europa. (Zwischenruf der Abg. Hostasch.) Das wissen Sie! Ich sage Ihnen auch genau, warum: Rechnen Sie die Zahl der Frühpensionisten dazu! Wir haben in Österreich die höchste Zahl an Frühpensionisten in ganz Europa. Sie haben die Arbeitslosigkeit genau so ausgegliedert, wie Sie die Schulden bei der ÖIAG und bei der ASFINAG ausgegliedert haben. Sie sind Spezialist in kreativer Buchhaltung, Herr Bundesschuldenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Sie täuschen die österreichischen Wähler! Aber so dumm sind sie nicht, daher haben sie Ihnen die Rechnung präsentiert. (Zwischenruf der Abg. Huber.)

Sie haben gesagt, für das Bundesheer hätten wir jetzt kein Geld. – Ich kann Ihnen nur sagen: Wir brauchen es, weil unsere Flieger quasi am Boden sind. Aber Sie haben die Verteidigung die­ses Landes nie ernst genommen, das hat man auch in den letzten Wochen gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen sagen: Wir werden von Ihnen auch jene Schulden übernehmen, die Sie aus den Vorkriegsjahren noch nicht beglichen haben. (Zwischenruf des Abg. Edlinger.) Sie haben uns hier weitere Schulden – außerbudgetäre – bis in das nächste Jahrtausend hinein bereitet. Das sind die Verbindlichkeiten der dreißiger und vierziger Jahre, für die wir Freiheitliche jetzt eintre­ten müssen, die Sie nicht beglichen haben, was mich auch gar nicht wundert. Die Spitzen­ma­na­ger der ÖIAG waren hochdekorierte Offiziere, daher musste der zweite Teil des ausgehenden Jahrhunderts dafür aufgewandt werden, um keine Schuldenfrage in diesem Land zu diskutieren. Frau Dr. Schaumayer und wir Freiheitliche werden auch für diese Schulden geradestehen, Herr Bun­des­schuldenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Gott sei Dank kommt ja internationales Lob für unsere neue Regierung, es kommt auch inter­nationales Lob von der „Neuen Zürcher Zeitung“. (Zwischenruf des Abg. Edlinger.) Da steht zu lesen:

Der Auftritt des Finanzministers hat einiges dazu beigetragen, das Zahlenchaos für das Budget 2000 zu ordnen. Grassers Vorgänger Rudolf Edlinger, der den Steuerzahlern keine großen Zah­len zumuten wollte, hatte bis zuletzt von einem Konsolidierungsbedarf von 20 Milliarden gespro­chen. – Da haben Sie es in der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Aber Sie können es auch in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lesen, wenn Sie wollen. Im Ausland werden unsere Reformschritte, die Sie unterlassen haben, sehr wohl gewürdigt.

Daher kann ich Ihnen Folgendes sagen: Das hindert natürlich die Opposition nicht daran, keinen Blick für die Realität zu haben. Der Machtverlust schmerzt, Herr Ex-Minister. Der Blick und Sinn für die Realität werden erst langsam, wenn überhaupt, bei Ihnen wieder einkehren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Staats­sekretär Dr. Finz. – Bitte.

17.42


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte wieder zum Thema Defizit zurückkehren – da das außer Streit steht –: 109 Milli­arden Schilling. Die Ausgangslage für alle weiteren Berechnungen ist, die Differenz zum zulässigen Maastricht-Defizit zu überwinden. Es gibt ein Ausräumen der Töpfe, die angeblich nur noch einen Spielraum von 20 Milliarden offen lassen. Dazu möchte ich anmerken, dass diese 109 Milliarden – auch das gehört zum Kassasturzbericht – nicht verifiziert sind. Es hat dieses Jahr beziehungsweise vergangenes Jahr kein ordnungsgemäßes Budgeter­stellungs­ver­fahren gegeben. Es hat kein Budget vor Beginn des neuen Finanzjahres gegeben (Abg. Eder: Macht es!), obwohl es in der Verfassung vorgesehen ist, und es hat auch keine Vorarbeiten für das Budget 2000 gegeben (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha! Hört, hört!), obwohl am 1. Jänner bereits das Finanzjahr 2000 begonnen hat.

Es sind daher diese Zahlen nicht durch eine Ressortumfrage, wie es bei einem Budgeterstel­lungs­verfahren üblich ist – welche Bedürfnisse haben die Ressorts auf Grund ihrer Aufgaben­stellun­gen –, erhoben worden (Abg. Eder: Sie sind verantwortlich! – Abg. Dr. Khol: Da schaust du, Fritz! Das ist ein Spezialist! 30 Jahre Rechnungshof!), sondern es sind nur die Zahlen des Jah­res 1999 fortgeschrieben worden. (Ruf bei der SPÖ: Das geht ja gar nicht anders, Herr Staats­sekretär!) – Nein. Man erhebt bei jedem Budget – das ist die Ausgangslage, das ergibt sich aus den Bundeshaushaltsvorschriften – den Bedarf bei den Ressorts. Dann wird verhan­delt, dann wird geprüft, und daraus wird ein Budget geschaffen.

Wie wurde dieses Budget errechnet? – Es wurden zu den Zahlen des Jahres 1999 lediglich die Ergeb­nisse der Gehaltsverhandlungen mit dem öffentlichen Dienst dazugerechnet. Sonst wurde nichts berücksichtigt! Es ist jetzt unsere Aufgabe – darum wollten wir auch über diese Aus­gangs­lage berichten; das gehört zum Kassasturz –, erst während dieses Finanzjahres diese Ver­handlungen im Eiltempo nachzuholen. Und wir müssen dafür sorgen, dass wir diese Zahlen auch halten können. (Abg. Eder: Macht es!) – Das werden wir auch machen.

Nun zum Controlling, zu diesem Dringlichen Antrag: Es gibt heute schon Instrumente des Con­trol­­lings, aber diese sind rein auf das Einnahmen-/Ausgabenbudget konzentriert und auf den Stellenplan. (Abg. Dr. Petrovic: Den Fahrzeugplan auch!) Was es nicht gibt – und was heute an­ge­klungen ist –, sind zum Beispiel legistische Maßnahmen. Da werden immer finanziel­le Maßnahmen genannt. Diese finanziellen Maßnahmen – darüber beklagen sich die Abgeord­neten zu Recht – können sie nicht nachvollziehen, weil das Globalbeträge sind. Aber es gibt kein Verfahren, das diese Zahlen begleitet, nämlich dahin gehend, ob sie auch halten werden. Die­se wichtige Information fehlt der Regierung, ist aber unbedingt erforderlich, damit die Regie­rung rechtzeitig erkennen kann, ob sich diese Zahlen wirklich in der vorgesehenen Form im Bud­get niederschlagen werden beziehungsweise ob entsprechende gegensteuernde Maß­nah­men gesetzt werden müssen. (Abg. Huber: Haben Sie das jetzt in einem Kurs gelernt?) Das fehlt heute. Und das ist ein ganz entscheidender Bauteil.

Ja, auf Grund dieses Antrages werden wir das nun tun. Aber bisher wurde es nicht gemacht. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.46


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

17.46


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es gibt einen Missbrauch dieser Debatte durch die Regierungsparteien – das wurde schon festgestellt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Brosz: Jawohl!) Aber damit komme ich zu einem anderen Punkt. Es gibt einen Miss­brauch, der noch schlimmer ist: Das ist der Missbrauch des Wortes in der öffentlichen Debatte.

Damit komme ich zu Ihnen, Herr Präsident Prinzhorn. Sie haben jetzt schon zum wieder­hol­ten Male Aussagen getroffen – ich komme auch dabei auf den Punkt, der das Budget betrifft, zu sprechen –, in denen Sie behauptet haben, Asylanten und Ausländer hätten eine ganze Reihe von Vorteilen. Ich erspare es mir, diese widerlichen Sätze im Detail vorzulesen; sie sind wider­lich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wie oft denn noch?)

Aber, Herr Prinzhorn, auch wenn Ihr Parteichef gesagt hat, er habe es nicht so gesagt, denn wenn er es so gesagt hätte, dann müsste er die Partei verlassen, dann können Sie das inner­parteilich ausmachen. Der Punkt ist jener, Herr Prinzhorn: Ihre Behauptungen sind von A bis Z falsch. Und ich werde die Zeit dazu nutzen – das hängt mit dem Budget zusammen –, Ihnen das zu erklären.

Es gibt beim Sozialamt keine Ungleichbehandlung zwischen Inländern und Ausländern. Im Ge­gen­teil! In manchen Bundesländer-Sozialgesetzen ist es so, dass Ausländer überhaupt keinen Rechtszugang haben. Das ist nicht ein Privileg, Herr Abgeordneter Prinzhorn. Es gibt Bundes­länder, in denen sehr korrekt vorgegangen wird, wie zum Beispiel im Bundesland Wien. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Oder die Steiermark!) Wenn in Wien und auch in der Steiermark ein Aus­län­der mit einem Problem zum Sozialamt geht, weil er sozialhilfeberechtigt ist – berechtigt, und zwar weil er arm ist –, dann kann er nicht vom Sozialamt Medikamente, wie Sie es behaupten, gratis erhalten. Nein! Auch das ist falsch, Herr Abgeordneter Prinzhorn! Er erhält sie nicht vom So­zialamt, sondern er erhält das Medikament, wie jeder andere Mensch auch, von seinem Haus­arzt. Und wenn es ein chefarztpflichtiges Medikament ist, Herr Abgeordneter Prinzhorn, dann muss er, wenn er Sozialhilfebezieher ist, zum Amtsarzt gehen. Der ist dem Chefarzt gleich­zustellen.

Nun komme ich zur Budgetfrage: Seit dem Jahr 2000 wird das Medikament, von dem Sie be­haupten, dass es den Ausländerinnen sozusagen in den Mund geschoben wird, zum ersten Mal durch die Krankenkassen verordnet. Das ist ein Teil des zukünftigen Krankenkassen­problems, meine Damen und Herren, im Rahmen der In-vitro-Fertilisation. 30 Prozent der Kosten zahlen die Krankenkassen und 70 Prozent kommen vom Familienlastenausgleichsfonds.

Es gibt ein Medikament, das Puregon heißt, aber erst seit 1. Jänner 2000. Ihre Äußerungen, Herr Prinzhorn, stammen aber aus dem Vorjahr. Da gab es dieses Medikament noch nicht auf Krankenschein, und da gab es auch nicht die Möglichkeit für Sozialhilfebezieher oder für sonsti­ge Personen, die zum Sozialamt gehen, dieses Medikament zu erhalten. – Das gab es nicht, Herr Abgeordneter Prinzhorn – der Sie jetzt sehr interessiert mit jemandem ande­ren sprechen –, und ich möchte Sie schon darauf aufmerksam machen: Das ist eine peinliche Sache für Sie! (Rufe bei den Freiheitlichen: Zur Sache!) Das gab es nicht, aber Herr Prinzhorn behauptet genau das.

Herr Abgeordneter Prinzhorn hat zum wiederholten Male falsche Behauptungen öffentlich ver­brei­tet, hat sich teilweise dafür entschuldigt, ist aber in keiner Weise dazu bereit, auch nur einen Beweis dafür zu liefern, dass es irgendwo in Österreich eine Person gegeben hat, die dieses Medikament auf Sozialhilfekosten erhalten hat.

Weiters, Herr Abgeordneter Prinzhorn: Es gibt Frauen aus Bosnien, die im Rahmen der Pro­gram­­me, die Österreich gewährleistet hat, Hilfestellungen erhalten haben, Hilfestellungen durch die Republik Österreich. Das sind die so genannten kriegsgeschädigten Frauen, die traumati-sier­ten Frauen, die vergewaltigt worden sind. Diese Frauen erhalten tatsächlich ein Medikament vom Sozialamt, und auch das ist ein Hormonpräparat. Dabei geht es aber nicht um In-vitro-Fer­ti­­li­sation, sondern darum, dass diesen Frauen, die wegen dieser Vergewaltigungen oder mögli­cherweise wegen Schwangerschaftsabbrüchen an starken Regelblutungen leiden, gehol­fen wird. Aber Sie gehen monatelang in öffentlichen Debatten quer durch Österreich und inter­na­tional damit hausieren und sagen, da gebe es Missbrauch durch die Ausländer. Das ist unge­heuerlich, Herr Abgeordneter Prinzhorn! (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ungeheuerlich! – Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist so ungeheuerlich und jenseitig und zynisch gegenüber diesen Frauen, dass es einem die Sprache verschlägt! Mir ist es egal, ob Herr Haider Sie wegen dieser Behauptung – die Sie ja dann doch genauso gemacht haben, wie er gesagt hat, dass Sie sie nicht gemacht haben – aus der Partei ausschließt, aber als Präsident dieses Nationalrates, Herr Abgeordneter Prinz­horn, als Präsident sind Sie mit solchen Aussagen in keiner Weise tragbar, weil Sie in keiner Weise den Wahrheitsbeweis für eine Ihrer Behauptungen in diesem Zusammenhang erbringen können. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Aber locker! – Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.52


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Haiger­moser. – Bitte.

17.52


Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Herren Minister! Herr Präsident Benya (der Redner blickt in Richtung Zuschauergalerien), meinen Respekt für Ihre Kondition, die Sie heute beim Zuhören bewiesen haben! Auch unter Ihrem Vorsitz ist hier schon die eine oder andere hitzige Debatte geführt worden; ich kann mich noch daran erinnern, das war zu der Zeit, als ich als junger Spund ins Plenum gekommen bin. Ich habe auch heute noch großen Respekt vor Ihnen, Herr Präsident Benya! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Linken! Dem Staat droht eine Milliardenklage im Zusam­men­hang mit dem Transitvertrag. Herr Ex-Bundesminister Edlinger! Auch „punktgenau“ getroffen: der Transitvertrag des Herrn Klima. Meine Damen und Herren der früheren Regierungskoalition! Mit dem, was haben Sie uns an Hinterlassenschaft auf die Regierungsbank gelegt haben, ha­ben Sie uns eine schöne Suppe eingebrockt! Sie hinterlassen uns nicht nur ein desaströses Bud­get, sondern auch einen Transitvertrag, der eine einzige Katastrophe ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Null Ahnung!) – Eine einzige Katastrophe!

Herr Kollege Gusenbauer! Wenn Sie jetzt meinen, Sie könnten die Vergangenheit schnell be­wäl­tigen und im Abstreiten der Verantwortung für Ihr Tun mit der aufgepflanzten roten Fahne das rettende Ufer erreichen, dann muss ich Ihnen sagen: Das wird Ihnen mitnichten gelingen, denn die Bürger wissen ganz genau, dass Sie dafür verantwortlich sind – es wurde ja heute der Tat­sachenbeweis bereits erbracht –, dass wir ein Budgetdefizit haben, das die Österreicher zu berappen haben werden.

Leider Gottes gibt es keine bedingte Erbannahme für dieses Budget. Der Bürger muss quasi Ihre Versäumnisse berappen. Damit das nicht zu streng ausfällt, erarbeiten wir mit dem Finanz­mini­ster und mit seinem Staatssekretär Einsparungsmöglichkeiten, die notwendig sind, um die kleinen Leute in diesem Lande nicht zu sehr zu belasten. Angesichts dieses katastrophalen Nach­las­ses ist es aber kein Wunder, dass Sie – weil die Menschen Ihrer Versäumnisse erkannt ha­ben – am 3. Oktober ein entsprechendes Wahlergebnis eingefahren haben.

Herr Bundesminister Edlinger! Es wäre Ihnen heute gut angestanden, etwas mehr Redlichkeit zu üben, etwas mehr Ihre eigenen Versäumnisse zu bedenken. Dass Sie Ihre eigene Arbeit nicht in Frage stellen, versteht jeder, aber ein bisschen Redlichkeit hätte auch Ihrer eigenen Glaub­würdigkeit genützt, meine Damen und Herren von der SPÖ.

Vielleicht noch eine Anmerkung – ich habe ja sehr wenig Redezeit – zu den Taferln, die Sie in die Höhe gehalten haben. Es ist nachgewiesen, dass Sie via Sozialistische Internationale Öster­reich im Ausland schlecht gemacht haben. Das ist nachgewiesen! Jetzt in Krokodilstränen aus­zu­brechen und mit Hilfe von Taferln aufzuzeigen, das war der oder jener Finanzminister, und qua­si in Boshaftigkeit erstarrt zu sagen: Gut, dass man uns vom Ausland angeschüttet hat!, das, meine Damen und Herren, ist nicht jenes Zu-Österreich-Halten, das wir von Ihnen als größter Oppositionspartei erwartet hätten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Taferln und in gewisser Weise auch die Körpersprache haben mir bewiesen, dass zumin­dest der eine oder andere, insbesondere einer der Hauptverantwortlichen für dieses Österreich-aus-dem-Ausland-Beschmutzen, nämlich Gusenbauer, vielleicht ein schlechtes Gewissen hat, jedenfalls aber haben müsste oder haben sollte, meine Damen und Herren!

Daher sollten Sie sich selber an der Nase nehmen und jetzt nicht frohlocken und meinen, nur die Regierung sei im Misskredit. Es geht um dieses Land, um die Republik Österreich! Wir wer­den gemeinsam mit unserem Koalitionspartner hart daran arbeiten, den Scherbenhaufen zu kit­ten, den Sie, meine Damen und Herren, nicht nur mit dem Transitvertrag hinterlassen haben, den Sie nicht nur in der Budgetpolitik hinterlassen haben, sondern den Sie allenthalben den österreichischen Bürgern unverdienterweise ins Haus geschickt haben. Sie haben ja „gute“ – unter Anführungszeichen – Helfershelfer, was die Regierungstätigkeit anlangt, so zum Beispiel die Frau Exlandesrätin aus Tirol: Man kann ja nur froh darüber sein, dass sie aus der Lan­des­regierung draußen ist, denn die Arbeit, die so dort geleistet hat, ist so negativ, dass sie sich naht­los an jene des Herrn Edlinger angliedern kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Abgeordneter Rudolf Schwarz­böck. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ich habe mich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemel­det!)

Ich bitte noch um eine Minute Geduld. Es gibt noch eine tatsächliche Berichtigung. (Rufe bei der SPÖ: Drei! Drei!) – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser.

17.57


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Haigermoser hat hier mit der Schlagzeile der morgigen „Kro­nen-Zeitung“, mit der über eine Milliardenklage berichtet wird, den früheren Verkehrs­mini­ster und Bundeskanzler Viktor Klima für Schäden aus dem Transitvertrag verantwortlich gemacht. – Diese Be­haup­tung ist nicht nur unrichtig, sondern völlig unrichtig! (Rufe bei den Freiheitlichen: Na, was jetzt?!)

Tatsächlich hängt diese Milliardenklage damit zusammen, dass erstens der frühere Wirtschafts­minister Farnleitner den Beschluss des Parlaments über die Einführung des Road-Pricing für LKW nicht umgesetzt hat und dass zum Zweiten der verhandelte Mautkompromiss, die Maut­lösung (Abg. Ing. Westenthaler: Klima! Transitvertrag!), die mit der EU getroffen wurde, wegen eines Mautstretchings von Kufstein bis an den Brenner am Widerstand des Tiroler Landes­haupt­mannes Weingartner gescheitert ist. (Abg. Windholz: Das ist kompletter Blödsinn! EU-Kostenrichtlinien!) – Beides ÖVP-Politiker, für beides tragen sie die Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger zu Wort gemeldet. 2 Minuten stehen zur Verfü­gung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.59


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Zur tatsächlichen Berichtigung in zwei Punk­ten, Herr Haigermoser: Erster Punkt: Freuen über mein Ausscheiden aus der Landesregierung (Abg. Haigermoser: Die Tiroler freuen sich!) werden sich vielleicht nur freiheitliche Abgeord­nete. Ich weiß nicht, wen Sie dort kennen.

Punkt zwei: Auch meine Berichtigung richtet sich auf die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen dem Transitvertrag und der Mautklage, der nicht besteht. Der Transitvertrag arbeitet über Ökopunkte und hat in Sachen Ökopunkte große Probleme, die von den ÖVP-Kollegen mit verur­sacht worden sind. Und die Mautklage ist darauf zurückzuführen, dass Österreich den Mautkompromiss vom Dezember 1998 nicht eingegangen ist. – Das ist hiermit zu berichtigen. Dieser Zusammenhang ist nicht herstellbar. (Beifall bei den Grünen.)

18.00


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Peter Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.00


Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Haigermoser hat ge­sagt: Es ist nachgewiesen, dass die Aktionen gegen Österreich im Ausland von der Sozialisti­schen Internationale gestartet beziehungsweise durchgeführt wurden. Er hat entweder „gestar­tet“ oder „durchgeführt“ gesagt. – Diese Behauptung ist unrichtig! Diese Behauptung ist nicht nur nicht nachgewiesen, sie ist auch erstunken und erlogen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mar­tin Graf: Das ist nicht nachweisbar! – Abg. Fischl: Ordnungsruf!)

18.01


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Für den Ausdruck „erstunken und erlo­gen“ ... (Abg. Schieder: Nein, Herr Präsident, das kann ich nicht annehmen! – Allgemeine Hei­ter­keit. – Abg. Dr. Khol: Das ist ein guter Schmäh, den merke ich mir!)

Herr Abgeordneter! Ich fordere Sie auf, derartige Aussagen wie „erstunken und erlogen“ im Zuge einer Debatte nicht zu treffen.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte.

18.01


Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die politische Sensibilisierung eines Regierungswechsels gibt Aufschluss über Stil und Kultur einer politischen Grundstim­mung, und Emotionalität ist wohl angebracht. Ich erlebe das selbst in meiner politischen Tätig­keit jetzt zum zweiten Mal; das erste Mal nach dem Wechsel 1987. Dennoch muss man appel­lie­ren, die Diskussion in jenem Rahmen fortzusetzen, der dem politischen Stil nicht nur in Öster­reich, sondern auch international gerecht wird. Klassenkampf im Jahr 2000 ist sicherlich kein probates Instrument der politischen Auseinandersetzung. Kollege Öllinger hat soeben einen Missbrauch der Worte zurückgewiesen.

Kollege Öllinger! Wenn wir alle zusammen in dieser Frage sensibel sind, dann erzielen wir sicherlich Fortschritte. Uns aber gegenseitig etwas vorzuwerfen, aber selbst nicht zu reagieren, das wird uns sicherlich nicht weiterhelfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Mir persönlich haben in den letzten Wochen vor allem jene Vorwürfe Kopfzerbrechen bereitet und mich nachdenklich gestimmt, die darauf abzielen, dass das neue Regierungsprogramm im Bemühen, die Budgetsanierung umzusetzen, vor allem von einer sozialen Schieflage gezeich­net ist. In diesem Zusammenhang werden sehr oft klassenkämpferische Töne angeschlagen. Meine Damen und Herren! Wenn hier Berufsgruppen unterschiedlichster innerer Strukturen, unter­schied­lichster Bandbreiten in der Einkommensbildung pauschal über einen Kamm gescho­ren werden, so ist das einer modernen politischen Auseinandersetzung unwürdig.

Kollege Gusenbauer hat heute in seinen Vorwürfen zu dieser angeblichen sozialen Schieflage wieder einmal – ich muss sagen, auf Grund seiner Sachkenntnisse sicherlich wider besseres Wis­­sen und gegen seinen Informationsstand – die Großbauern angesprochen. Ich habe die so­zialdemokratischen Kollegen, die seit Wochen die Bauern – noch viel ärger ist es, wenn man in diesem Zusammenhang das Wort „Großbauern“ in den Mund nimmt – bezichtigen, dass sie Ge­winner der Budgetpolitik der neuen Bundesregierung werden, aufgefordert, irgendwelche Fak­ten darzulegen. Es ist wohl unbestritten, dass wir in drei Bereichen Handlungsbedarf haben, auch wenn internationale Maßstäbe an die österreichische Budgetsituation angelegt werden, näm­lich in der Defizitsenkung, in der Pensionsreform und in der Reform des Krankenkassen-Fi­nan­zierungswesens. Das ist wohl unbestritten! Wie wir das machen und wie die politische Aus­einan­dersetzung darüber geführt wird, ist aus parteipolitischer Sicht unterschiedlich zu bewerten.

Meine Damen und Herren! Was wird nun der Regierung und damit auch den Bauern als soziale Schieflage vorgeworfen? Der Bauernstand ist jene Berufsgruppe, in der ein Drittel der Pen­sionisten Ausgleichszulagenbezieher ist, weil die Höhe ihrer Pensionen nicht dem Existenzmini­mum des Ausgleichszulagenrichtsatzes entspricht. Die Bemühung, die Anrechnung eines fikti­ven Abzugsbetrags zu mindern als sozial un­ge­rechtfertigtes Geschenk zu bezeichnen, ist der sozialdemokratischen Gesinnung unwürdig, mei­ne Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Tatsache, dass diese Bundesregierung vorhat, im Bereich des Berufsschutzalters die Bäuerin­nen und Bauern mit der höchsten Altersgrenze, nämlich 55 Jahre bei Frauen und 57 Jah­re bei Männern, dem nächst erreichbaren Stand anzugleichen, womöglich in einer ganz­heitlichen Reform, ist ebenfalls nicht der sozialen Situation entsprechend. Sie werden 50-, 52-, 53-jährigen, die mehrere Krebsoperationen hinter sich haben, oder einer 52-jährigen Bäuerin im Waldviertel, die einen Arm auf Grund einer Lähmung nicht mehr bewegen kann, nicht raten können, sie mögen sich doch anstelle des bäuerlichen Berufs zum Beispiel eine Stelle als Telefonistin suchen, denn auf Grund der Gesetzeslage besteht für Bauern keine Möglichkeit, wegen derartiger Erkrankungen in Pension zu gehen.

Sie werden auch das „Karenzgeld für alle“ auf Dauer nicht als soziale Schieflage darstellen kön­nen. Sie haben vor allem im Bereich der sozialdemokratischen Arbeitnehmervertreter nie darum ge­kämpft, dass rein nach dem Versicherungsprinzip vorgegangen wird. Ich habe nie öffentlich kritisiert, auf Grund meiner sozialpartnerschaftlichen Gesinnung, dass nach der jetzt geltenden alten Karenzregelung Mütter, die keine Versicherungsleistung erbringen, sehr wohl einen An­spruch darauf haben.

Ich möchte diese Beispiele nur deshalb aufzeigen, weil offenkundig ist, dass die Weiterführung dieser Diskussion auf dieser Ebene keine Diskussion um tatsächliche Verteilungsgerechtigkeit ist, sondern ein Klassenkampf, der eigentlich überwunden sein müsste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde mich dagegen verwahren, meine geschätzten Damen und Herren, die Diskussion der sozialpolitischen Finanzierungsgrundlage in der Art und Weise zu führen, dass wir pauschal nur über Arbeiter und nur über Angestellte oder nur über Beamte oder nur über Selbständige oder nur über Gewerbetreibende reden, denn innerhalb dieser Berufsgruppen sind so viele soziale Diffe­ren­zen vorhanden, dass wir uns, glaube ich, übereinstimmend jenen Bereichen widmen sollten, in denen wir selbstverständlich nach wie vor sozialen Aufholbedarf haben, anstatt Bei­spiele herzu­nehmen, die das Klima vergiften und uns in der Sache nicht einmal einen Millimeter weiterbrin­gen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.07


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand gemeldet. Die Debatte ist ge­schlos­sen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 88/A (E) der Abgeord­neten Ing. Westenthaler, Dr. Stummvoll und Genossen betreffend Kassasturz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 2.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petrovic und Genossen betreffend Ergänzung des Berichts des Finanzministers um Berichter­stat­tung über die Einhaltung des Beschlusses der FPÖ auf Begrenzung der Politikerbezüge auf 60 000 S.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pe­trovic und Genossen betreffend Anschaffung eines Jaguars als erste Amtshandlung des neuen Justizministers.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Controlling.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 167/AB


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­be­ant­wortung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten mit der Ord­nungs­zahl 167/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 GOG kein Redner länger als 5 Minu­ten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zu­kommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder Wortmeldungen von Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

18.10


Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Erlauben Sie mir vorweg eine kurze Bemerkung. Herr Abgeordneter Prinzhorn hat in der vorhergehenden Debatte über das Lob der Bundesregierung gesprochen. Ich glaube, es ist gut, wenn man über das Lob der Bundesregierung, das aus dem Ausland kommt, spricht. Herr Abgeordneter! Sie haben aber leider insgesamt nur elf Sekunden benötigt, um das ganze Lob der Bundesregierung zusammenzufassen. Mehr Lob gibt es nicht, seit es diese Regierung gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben heute des­halb die Anfrage der Freiheitlichen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zum Thema gemacht, weil in der Anfragebeantwortung klar und deutlich geworden ist, dass viele Millionen Steuergelder über das Wirtschaftsministerium zur Wirtschaftskammer geflossen sind. Es drängt sich daher die Frage auf, ob nicht aktive Politiker von Schwarz und Blau direkt oder indirekt Subventionsnehmer waren beziehungsweise sind.

Bei genauem Studium der Anfragebeantwortung ist es, so glaube ich, doch für alle hier im Haus interessant zu erfahren, ob zum Beispiel Frau Bundesministerin Sickl von den Freiheitlichen als Schlosshotelbesitzerin und Wirtschaftskammermitglied über die Wirtschaftskammer im Rahmen des Projektes „Via Imperialis – Burgen und Schlösser“ Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln für ihr Schloss Albeck zugeteilt bekam. Ich denke, es wäre vielleicht bei Gelegenheit eine Antwort oder eine Klarstellung sinnvoll. Vielleicht ist es auch möglich, in dieser Debatte eine Antwort zu bekommen.

Es geht also um Förderungen aus Steuermitteln für die Wirtschaft und für Mitglieder der Wirt­schafts­kammer. Und die nächste Umleitung von Steuergeldern in Richtung Wirtschaft wird schon angekündigt und versprochen. Ich meine damit jetzt gar nicht das Regierungs­überein­kom­­men der Freiheitlichen und der Volkspartei an, das von der Umleitung von Steuergeld in Rich­tung Wirtschaft geprägt ist, sondern vor allem die aktuellen Aussendungen und Aussagen des Wirtschaftsbundes Kärnten. Wenn man sich die Homepage des Wirtschaftsbundes Kärnten an­­sieht, dann kann man dort zehn Ziele lesen, die erreicht werden sollen. Man sieht den zu­künftigen Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl lächelnd groß im Bild, der sagt: Wir wollen mehr Steuergeld für die Wirtschaft. – Ich denke, auch für den Finanz­mini­ster ist es interessant zu wissen, wohin er künftig mehr Geld wird geben müssen.

Es geht um verstärkte, erhöhte und erweiterte Förderungen und Steuerermäßigungen für Be­trie­be. Diese werden nicht nur von Herrn Leitl gefordert, sondern sogar schon versprochen. Es dürfte also in dieser Frage schon sehr viel ausgemacht sein. – All das – ich sage es noch ein­mal – ist nachlesbar auf der Homepage des Kärntner Wirtschaftsbundes. Alle Interessierten sind eingeladen, da ein bisschen zu blättern.

Ich denke, Kärntner Unternehmer muss man wohl zufrieden stellen, hat doch erst vor kurzem Herr Abgeordneter Gaugg von den Arbeitgebern in Kärnten finanzielle Zuwendungen für die Grün­­dung einer freiheitlichen Gewerkschaft verlangt – ich sage geschnorrt. Herr Abgeordneter! Sie sind bis heute die Antwort darauf schuldig geblieben, wie viel Sie bekommen haben. Was ist mit dem Geld geschehen? Haben Sie das weiter gegeben? Sind das auch Millionen, oder haben Sie das Geld behalten? – Vielleicht könnten Sie einmal dem Hohen Haus sagen, wenn Sie schon Briefe an Unternehmer schreiben und darin für eine Gewerkschaft werben ... (Abg. Gaugg: Die Ge­werk­schaft schnorrt Inserate in Massen! Ich möchte einmal wissen, woher die Milliarden kom­men!) – Nein, jetzt sind wir bei Ihnen. Jetzt könnten Sie doch sagen, was Sie mit dem Geld alles gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist doch eine spannende Frage, und die werden Sie sich wohl gefallen lassen müssen. Sie werden wahrscheinlich wissen, was Sie damit gemacht haben. (Abg. Gaugg: Was tut der ÖGB mit den Milliarden? – Verzetnitsch ein Penthouse zahlen!) Aber die Antwort ist klar: Jetzt gibt es natürlich eine Retourkutsche in dem Sinn, dass man nun Förderungen für Kärntner Betriebe stärker in den Vordergrund stellt und versucht, der Unternehmerseite öffentliche Mittel zu­kom­men zu lassen. Der kleine anständige Arbeiter, Herr Abgeordneter Gaugg, wird das mit seinen Steu­er­n zu bezahlen haben. (Abg. Gaugg: Wie ist das mit den Inseraten in den Gewerk­schafts­zeitungen, in den ÖGB-Zeitungen? Sagen Sie einmal, wie das mit den Inseraten in den ÖGB-Zeitungen ist! Sind diese gratis? Inserate von der BAWAG, der CA!)

Nebenbei hat sich diese Gaugg-Gewerkschaft zu einer Flop-Gewerkschaft entwickelt – im Unter­­schied zum ÖGB, der sich gerade in den letzten Tagen über viele neue Beitritte freuen kann. Das sollte Sie auch freuen, dass es doch eine richtige Gewerkschaft in unserem Land gibt, die sich entsprechend einsetzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Lieber Freund! Tu dich nicht versündigen! 30 Jahre habt ihr geschlafen, und jetzt kauft ihr Demonstranten!)

Wer keine Argumente hat, der plärrt heraus. Das ist ein Satz von Ihrem Kollegen Ofner, und er bestätigt sich jetzt wieder. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ihr kauft Demonstranten mit Gewerk­schaftsgeldern!) Seriöse Arbeit zahlt sich eben aus. Nicht Worte, sondern Taten zählen!

Sehr verehrte Damen und Herren! Diese Regierung ist eine teure Angelegenheit für die Steu­er­zahler, aber auch eine teure Angelegenheit für die Arbeitnehmer in diesem Land. In diesen zehn Zielen, die der Wirtschaftsbund der Volkspartei formuliert, sind Ziele enthalten, die vor allem eine Förderung der Wirtschaft vorsehen und die zu einer rechtlichen Schlechterstellung der Arbeitnehmer führen. Sie sind in diesem Förderungsbericht, der die Grundlage der Anfrage­be­­antwortung ist, natürlich nicht enthalten, aber vielleicht schon im künftigen Förderungsbericht, den wir einfordern werden.

Welche Grauslichkeiten sind da noch verpackt? – Beispielsweise ist die Abschaffung der Ar­beits­inspektorate geplant. Ist im ÖVP/FPÖ-Regierungspakt noch von einer Umwandlung der Ar­beits­inspektorate in eine Serviceinstitution die Rede, so will der ÖVP-Wirtschaftsbund ge­mein­sam mit der Wirtschaftskammer nun statt der Umwandlung eine Abschaffung – die Ab­schaf­fung einer wichtigen Schutzinstitution für Arbeitnehmer. Ich denke, auch das ist es wert, hier erwähnt zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Freiheitlichen wiederum schauen einfach dabei zu, wie die ÖVP die Ein­ver­leibung des Arbeitsinspektorates vom freiheitlichen Sozialministerium in das Wirt­schafts­mi­nisterium der ÖVP betreibt, um es dort gemäß diesen Forderungen zu Grabe zu tra­gen. Da schlafen die so genannten Arbeitnehmervertreter bei den Freiheitlichen, oder sie schau­en zumindest nur zu und tun nichts, wie wir es schon so oft erlebt haben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Herr Abgeord­neter Westenthaler – ich sehe ihn hier momentan nicht; sieben Jahre ist es her – mit mir gemeinsam im Wiener Landtag und im Wiener Gemeinderat gesessen ist und immer betont hat, er habe ein be­sonderes Herz für die Lehrlinge. Er versuchte, sich immer wieder als Schutz­patron der Lehr­linge zu präsentieren. Was geschieht jetzt? – Jetzt schauen er und seine ganze Fraktion zu, wie unter der Überschrift eines „ambitionierten Reformprogramms“, wie wir heute gehört haben, die Arbeitsplatzsicherheit der Lehrlinge in unserem Land zerstört werden soll. Leitl fordert eine leichtere Auflösbarkeit von Lehrverträgen. Maderthaner und Stummvoll nicken dazu heftig – so gehe ich jedenfalls davon aus –, und die Freiheitlichen schweigen zum geplanten Raus­schmiss­recht für Lehrlinge, das in Vorbereitung ist.

Wir Sozialdemokraten werden die Lehrlinge jedenfalls mit all unserer Kraft gegen diese reaktionä­ren Angriffe verteidigen, sehr verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der blau-schwarze Faden, den diese Regierung von den Arbeitnehmerrechten weg hin zu den Arbeitgeberförderungen spannt, entwickelt sich in kurzer Zeit bereits zu einem Strick für die ar­beitenden Menschen in diesem Land. Man kann es mit dem folgenden Satz sagen: Was Unter­nehmen künftig bekommen, wird den Arbeitnehmern genommen, sehr verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Widerstand der Sozialdemokraten in diesem Haus, aber auch darüber hinaus – ich glaube, auch jener der christlichen Gewerkschafter im ÖGB – ist Ihnen angesichts dieser Politik ganz, ganz sicher. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

18.20


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsi­dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Betreffend die Beantwortung der Anfrage, speziell Punkt 19 der Anfrage: Förderung des Projekts „Via Imperialis – Burgen und Schlösser“ mit einem Betrag in der Höhe von 525 000 S darf ich Sie darüber in Kenntnis setzen, dass das Geld für Maßnahmen des Marketings, wie für die Herstellung von Prospekten, Video­kassetten, Messebeteiligungen und auch für die Beteiligung an einer Weltausstellung, verwen­det wurde. Kollegin Sozialministerin Sickl wie auch der Projektverantwortliche Mag. Bardeau tei­len mir mit, dass das von Ihnen in Frage gestellte Schloss Albeck, die Perle des Gurktales, der Frau Sozialministerin im Rahmen dieses Projektes nicht gefördert wurde.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Riepl! Sie haben einen für mich nicht nachvollziehbaren Bo­gen zu einem Inserat geschlagen, das nach Ihrer Information in Kärnten erschienen ist. (Zwi­schenruf des Abg. Eder.) Ich kann Ihnen versichern, dass von meiner Seite und von Seiten der Volks­partei keinesfalls an die Abschaffung der Arbeitsinspektorate gedacht ist, ganz im Gegenteil! Ich möchte auch zu Ihrer Kritik, wonach es ... (Abg. Verzetnitsch: Gehört der Wirt­schafts­bund nicht mehr zur ÖVP? Das ist ein Inserat des Wirtschaftsbundes!)

Herr Abgeordneter und Präsident Verzetnitsch! Ich wollte das in dieser Debatte nicht anziehen, aber Sie fordern mich dazu heraus. Sie fordern mich heraus, und ich komme darauf zurück, dass wohl auch im Zusammenhang mit bevorstehenden Wahlen, Kammerwahlen, auch auf Ihrer Seite manche Unpässlichkeit Platz greift. Eine Resolution der Arbeiterkammer, Herr Präsi­dent Verzetnitsch, spricht beispielsweise davon, dass es zuletzt eine Zusammenlegung von Wirt­schafts- und Arbeitsmarktagenden in der NS-Zeit gegeben hätte. Ich halte diesen Verweis für sehr bedenklich und sehr kritisch. (Rufe bei der SPÖ: Aber es stimmt!)

Sie sprechen in dieser Resolution zwei Zeilen weiter von einem Arbeitsdienst und tun dies offen­sichtlich auch nicht ohne Absicht. Ich kann Ihnen jedenfalls sagen: Schauen Sie ins Mekka der Sozialdemokratie, nämlich nach Schweden. Dort gibt es ein Ministerium für Industrie- und Be­schäftigungspolitik. Es wird von einem Minister Rosengren geführt. Das ist ebenso in vielen deut­schen Bundesländern, aber auch in österreichischen Bundesländern und auch in Irland durchaus üblich. Das ist etwas, was in Österreich zu einem Standortministerium führen wird, das, so glaube ich, den Arbeitnehmern und dem Arbeitsmarkt in diesem Land sehr dienlich sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.23


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heidrun Silhavy. – Bitte.

18.23


Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ein bisschen verwundert bin ich schon über Ihren Verweis auf Schweden, weil ich annehme, dass Sie sich genau erkundigt haben und wohl wissen werden, dass das Mini­ste­rium für Industrie- und Beschäftigungspolitik in Schweden eine gänzlich andere Struktur hat, als Sie sie offensichtlich in Österreich planen.

Die Anfragebeantwortung 167/AB scheint mir aber insbesondere in den Punkten 17 bis 19 be­son­ders bemerkenswert zu sein. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sie bestätigen damit, dass es das gibt!) – Aber die Strukturen machen es aus. Es geht um die Frage, ob ich die Arbeit­neh­mer und deren Rechte in einem Ministerium knechte und dann sozusagen der Wirtschaft zur Gän­ze unterordne. Das ist wohl ein haushoher Unterschied, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Zurückkommend zu den Punkten 17 bis 19 der Anfragebeantwortung: Diese Punkte beinhalten Millionen an Steuerschillingen, die der Tourismusbereich bekommen hat, unter anderem betrifft das auch die so genannte „Marktoffensive im Tourismus“. Nun erfährt man, Herr Bundes­mini­ster, dass innerhalb von 14 Tagen allein in Wien 30 000 Stornos bei den Nächtigungen zu ver­zeich­nen sind. Der Schaden wird ungefähr mit 150 Millionen Schilling beziffert. Wen trifft dieser Scha­­den, frage ich Sie. – Als Erstes trifft er die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, also jene Men­schen, denen Sie in dieser Branche Belastungen und massive Kürzungen – vor allem im Pen­sionsbereich, den wir heute schon ein paar Mal angesprochen haben – ankündigen. (Abg. Bö­­hacker: Sie haben keine Ahnung!) Zugleich fordert aber der Wirtschaftsbund auf der zitierten Webseite 20 000 S Mindestpension für Unternehmer.

Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zu dieser Forderung angesichts der massiven Belastun­gen, die diese Regierung den ArbeitnehmerInnen zumutet, und der Politik, die die Wirtschaft und die Vermögensbesitzer massiv bevorzugt? – Vielleicht könnten Sie diese Frage beant­worten. (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders bedrohlich wirken diese Forderungen des Wirtschaftsbundes unter dem Gesichts­punkt, dass Dr. Leitl anscheinend maßgeblich an der Entstehung dieses Programms der Unge­rechtigkeiten beteiligt war, wenn man sich das anschaut. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist nicht mehr originell!) – Das hat mit Originalität nichts zu tun, es ist leider Tatsache. Es wäre mir lieber, es wäre originell und dafür nicht wahr. Aber leider bestätigt sich das immer wieder, wenn man das Programm durchliest. (Abg. Dr. Khol: Es gibt auch originelle Tatsachen, Frau Kollegin!)

Unter Punkt 19 werden weitere Förderungen angesprochen. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie uns darüber aufgeklärt haben, dass Frau Ministerin Sickl Ihnen sozusagen bestätigt hat, keine För­derungen unter diesem Titel bekommen zu haben. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Hat Sie oder das Unternehmen, das in ihrer Verantwortung steht, unter einem anderen Titel Förde­rungen bekommen? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das, Frau Kollegin, weiß ich nicht!) – Das wissen Sie nicht. Na gut, vielleicht könnten Sie das recherchieren, Herr Bundes­minister. Sonst werden wir ja die Möglichkeit einer Anfrage in diesem Haus haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Natürlich! Feel free!)

Ich denke mir, dass diese Frage besonders wichtig und für uns von Interesse ist, vor allem wenn man bedenkt, dass Ihre Regierung die Abfertigungen in der bestehenden Form abschaf­fen will.

Übrigens Abfertigung: Auch in den besagten zehn Punkten ist etwas Interessantes enthalten: Wie stehen Sie zur Forderung des Wirtschaftsbundes „Keine Abfertigung bei Selbst­kündi­gung!“? Wie passt das zu dem Modell der verpflichtenden Pensionskassa in Ihrem Regierungs­papier? – Es würde mich interessieren, welche Position Sie dazu beziehen. (Abg. Dr. Khol: Das ist leicht zu beantworten! Das ist in der Regierungsvereinbarung drinnen!) – Natürlich. Aber der Herr Minister ist dafür poli­tisch zuständig, oder ist er nur ein Vollziehender? Ist er ein Voll­ziehender von Ihnen, Herr Abge­ordneter Khol? – Ich hoffe doch nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Erfüllungs­gehilfe!)

Bezieht sich der Vollzug dieser Regierung nur auf die so genannten Koalitionsgespräche, die von Kärnten aus geleitet werden? – Herr Dr. Khol! Auch das ist für uns im Parlament interes­sant. Auch da bin ich dankbar, wenn wir eine Antwort bekommen, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Auch das ist in dem Programm zu lesen! Haben Sie es auch verstan­den?) – Ja, ich lese es, und genau deswegen habe ich Fragen, Herr Dr. Khol, das ist der Punkt. Im Gegensatz zu manchen Ihrer Abgeordneten habe ich dieses Programm gelesen. Viele Ihrer Abgeordneten haben es offensichtlich nicht gelesen. (Abg. Dr. Khol: Nicht verstanden!)

Herr Bundesminister! Die Wirtschaftskammer verspricht 200 Millionen Schilling an Beitragssen­kung. Im Zusammenhang mit dieser Anfragebeantwortung habe ich eine Frage: Werden diese 200 Millionen Schilling durch weitere Förderungen an die Bundeswirtschaftskammer wettge­macht? Ist das die Sanierungspartnerschaft, von der heute die Rede war? – Die Ungerechtig­kei­ten, Herr Bundesminister, in die sich diese Regierung zunehmend verstrickt, könnten ein Fall­strick für Ihre Regierung werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Josef Trinkl. –Bitte.

18.28


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmini­ster! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Beginn der heutigen Diskussion hier in diesem Hohen Haus hat es uns überrascht, dass die Besprechung einer Anfragebeantwortung auf die Tagesordnung gekommen ist. Ich habe mir dann wirklich überlegt, was an dieser Anfra­gebeantwortung so spannend sein könnte. Ist die Art der Beantwortung nicht in Ordnung? Hätte man den Minister auffordern müssen, detaillierter zu antworten? Oder ist es so, dass irgend­welche sensationellen Ergebnisse aus dieser Anfragebeantwortung abzuleiten gewesen wären?

Wir haben uns wirklich überlegt und im Klub gerätselt, was dahinterstecken könnte? Endlich hat uns um 15.23 Uhr eine APA-Aussendung des sozialdemokratischen Klubs Aufklärung ver­schafft. Diese Anfragebesprechung ist tatsächlich spannend, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir lesen mit großem Interesse – Kollege Riepl hat es soeben nochmals referiert –: Via Imperialis: Frau Ministerin Sickl soll doch Fördermittel bekommen haben! Oder vielleicht doch nicht? – Wenn nicht, werden Sie noch einmal eine Anfrage einbringen, hat Frau Kollegin Sil-havy gerade gesagt. Wenn diese Anfrage nicht spannender ist als die erste Besprechung heu­te, dann bitte ich davon Abstand zu nehmen, denn das ist eine gefährliche Drohung. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Bundesminister hat es bereits ausgeführt. Wir haben natürlich sofort recherchiert, weil wenn eine Bundesministerin, die im Jahre 2000 Bundesministerin wird, im Jahre 1998 vielleicht eine Förderung für einen gut geführten Betrieb bekommen hätte, dann ist das schon wirklich sehr „skurril“. Also, meine Damen und Herren, bitte versteigen Sie sich hier nicht in Abgründe, aus denen Sie dann selbst nicht wieder herauskommen!

Punkt 2: Aus dieser Presseaussendung geht noch etwas Interessantes hervor. In diesem Land finden Wirtschaftskammerwahlen statt, und ich gebe zu, dass manche Ankündigungen in Wahl­zei­ten und manche Aussagen in Wahlbewegungen nicht immer sehr glücklich sind und auch den politischen Gegner aus dem Gleichgewicht beziehungsweise aus der Contenance bringen. Ich denke nur an zwei Pensionistenbriefe von zwei mittlerweile in Pension gegangenen Bundes­kanzlern, die uns auch aus dem Gleichgewicht gebracht haben, die aber heute noch viele Pen­sionisten ärgern. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) – Ich bin nicht mehr so jung, wie ich ausschaue.

In den Wirtschaftskammern herrscht Wahlkampf, und daher schaut es gut aus, wenn man För­der­mittel, die über die Wirtschaftskammern zur Auszahlung kommen, in die Gegend des Un­rechtmäßigen, in einen grauen Bereich bringt.

Ich darf Sie folgendermaßen aufklären, Herr Kollege Riepl: Die Wirtschaftskammern sind die gesetzliche Interessenvertretung der Klein- und Mittelbetriebe, der Unternehmen in Österreich. Die Wirtschaftskammern haben sich jetzt, da Strukturmittel zur Verfügung gestanden sind, daran gemacht, Projekte möglich zu machen, Unternehmen bei der Projektabwicklung zu unter­stützen. Ich bin stolz darauf, dass die Wirtschaftskammern das getan haben. Wer denn sonst sollte Klein- und Mittelbetriebe bei diesen Aktionen unterstützen? (Beifall bei der ÖVP.)

Führen Sie sich die geförderten Projekte vor Augen, etwa die TELEFIT-Aktionen! Ich erinnere dies­be­züglich nur an einen Nachrichtenbericht von heute Morgen. Die Zahl der Teilnehmer am Inter­net verdoppelt sich in Amerika Jahr für Jahr. Die Wirtschaftskammern waren es, die schon vor zwei Jahren begonnen haben, im Rahmen der „TELEFIT-Road-Shows“ auf die Unternehmer einzu­wirken, um die österreichischen Unternehmer „telefit“ zu machen. Für diese Förderungen von Seiten des Bundesministers darf ich mich heute hier sehr herzlich bedanken. Ich bin stolz auf diese Initiativen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen aber noch etwas sagen: Ich bin davon überzeugt, dass diese Fördermittel in Pro­jekten der Wirtschaftskammer zehnmal besser angelegt sind als in Projekten wie Euroteam und so weiter, die Herr Kanzler Klima gefördert hat.

Letzte Runde dieses Spieles – das schlägt dem Fass den Boden aus –: „Der schwarz-blaue Strick wird schon um die Hälse der jüngsten und schwächsten ArbeitnehmerInnengruppe, die Lehrl­inge, gelegt.“ (Abg. Dr. Stummvoll: Wer sagt das?) – Das sagt die SPÖ heute um 15.23 Uhr in einer Presseaussendung. (Abg. Dr. Stummvoll: Schrecklich!) – Meine Damen und Her­ren! Solche Aussagen richten sich selbst. (Abg. Haigermoser: Das ist tief! Gewalt der Spra­che!)

Sie wissen, dass es gerade die Österreichische Volkspartei war, die jahrelang um die Verbesse­rung der Lehrlingsausbildung gerungen hat (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ – Beifall bei der ÖVP), dass es gerade die Österreichische Volkspartei war, die sich jahrelang bemüht hat, für die Betriebe Möglichkeiten zu schaffen, die ihnen die Lehrlingsausbildung ermöglicht hat. Sie wissen, dass jene Lehrgänge und Stiftungen, die Sie so stark vertreten haben – Frau Kollegin Sil­havy, Sie wissen es –, leider Gottes ein Flop waren. Sie wissen es. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ, während von einigen ein Schriftstück in die Höhe ge­halten wird.)

Ich darf nur eines sagen: Es ist zwar nicht besonders originell, wenn Sie immer wieder ein Taferl in die Luft halten, aber irgendwann wird Ihnen auch die Luft ausgehen.

In diesem Sinne, so glaube ich, ist diese Besprechung auch ein interessanter Anlass gewesen, um zu erkunden, wie weh es tut, wenn man nicht mehr an der Macht ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.34


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Ma­xi­milian Hofmann. – Bitte.

18.34


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­mi­ni­ster! Hohes Haus! Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Riepl: Laut Kollegen Riepl sind angeblich viele Steuermillionen in den Bereich der Wirtschaftskammer geflossen und gleichsam unter den Mitgliedern aufgeteilt worden, oder die Mitglieder haben sich die Steuergelder zukom­men lassen – so klingt das. (Abg. Silhavy: Die Anfragebeantwortung lesen!)

Ich stehe nicht hier, um die Wirtschaftskammer in der Form, wie sie besteht, zu verteidigen. Die Wirtschaftskammer hat eine Interessenvertretung ihrer Mitglieder zu sein, und ich gebe zu, dass sehr vieles reformbedürftig ist. Aber ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie sich Sorgen um die Wirtschaftskammer und um die Geldflüsse der Wirtschaftskammer machen: Wo war beispielsweise die Arbeiterkammer, als es um eine Arbeitsstiftung für die Lebens­mittel­industrie gegangen ist? – Da hat die Wirtschaftskammer 17,5 Millionen Schilling einbezahlt. Ich frage Sie: Wie viel hat die Arbeiterkammer hiezu geleistet? (Ruf bei der ÖVP: Auch so viel? – Abg. Haigermoser: Nichts!) – Nichts! Keinen einzigen Schilling hat die Arbeiterkammer für ihre Arbeitnehmer geleistet. (Abg. Haigermoser: So ist es! Auch der ÖGB nicht! – Abg. Dr. Trinkl: Auch der ÖGB nicht!)

Lassen Sie mich Folgendes festhalten, weil der Klassenkampf immer wieder in den Vordergrund ge­spielt wird: Offensichtlich sind Ihnen andere Mittel abhanden gekommen, um politisch agieren zu können, daher greifen Sie darauf zurück. Es gibt nur in gesunden Betrieben Arbeitsplätze, und das sollten Sie einmal verinnerlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Offensichtlich ist an Ihnen auch spurlos vorüber gegangen, dass – wir haben vorhin in der De­bat­te einiges darüber vernommen – aufgrund Ihrer Steuer- und Abgabenpolitik, aufgrund einer sozialistischen Abgabenpolitik die Rahmenbedingungen für Unternehmer so schlecht geworden sind, dass die Zahl der Insolvenzen allein im letzten Jahr immerhin um mehr als 30 Prozent angestiegen ist, verglichen mit dem Jahr zuvor.

Es kann also nicht sein, dass Sie leichtfertig äußern, der Tourismus lasse nach, es seien Stor­nos in der Höhe von Hunderten Millionen Schilling zu befürchten und zu verzeichnen und es gehe um Arbeitsplätze, um Arbeitnehmer, die keines Schutzes bedürfen. Sie haben es nicht ver­standen: 85 Prozent der Arbeitsplätze werden von kleinen und mittleren Unternehmungen zur Verfügung gestellt. Wenn es diese nicht mehr gibt, dann schaue ich mir an, wo Sie die Arbeit­nehmer, deren Obsorge Sie doch immer für sich in Anspruch nehmen, unterbringen. Ist das sozial gerecht, wenn Sie die Arbeitsplätze aufgrund Ihrer Abgaben-, Sozial- und Steuerpolitik, die Sie 30 Jahre lang betrieben haben, vernichten? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy hat die Problematik im Zusammenhang mit den Lehrlingen angeführt. Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll ist, überzogene Schutzbestimmungen zurück­zunehmen, um auch wieder den Anreiz zu schaffen ... (Abg. Edlinger: Was zum Bei­spiel? Was zum Beispiel? – Abg. Eder: Was zum Beispiel? Was zum Beispiel? Konkret was?)

Sie diskutieren darüber, dass es nicht tragbar ist, dass auch die Probezeit für Lehrlinge verlän­gert werden kann. (Abg. Edlinger: Sie wissen nicht, was Sie reden! Ich war einmal ein Lehrling! Ich weiß, was das heißt!) Es gibt viele Betriebe, die aufgrund der überzogenen Schutzbestim­mun­gen, die Sie beschlossen haben, keine Lehrlinge mehr einstellen. (Abg. Edlinger: Das ist ungeheuerlich!) Und Sie stellen sich hin und jammern, dass keine Lehrlinge mehr in gesunden Betrieben unterzubringen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Ausbeuten wollen Sie die Lehrlinge!)

Sie haben bei Ihrer Umverteilungspolitik, die Sie betrieben haben, offensichtlich eines nicht ver­stan­den ... (Abg. Eder: Können Sie mir ein Beispiel nennen?) Ja, ich weiß, dass Sie völlig unbe­lehrbar sind, und ich weiß, was Sie uns hinterlassen haben. Wir haben vorher ... (Abg. Eder: Sagen Sie mir ein Beispiel, wenn Sie so gescheit sind! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Am Wort ist Herr Abgeordneter Hofmann, bitte!


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (fortsetzend): Diese Regierung wird antreten, das ist eine Reformregierung, und da nützt es nichts, nach alt hergekommenen Mustern an dem fest zu halten, was Sie letztlich dazu gebracht hat, der Republik einen Offenbarungseid abzu­ver­lan­gen, wie es vorhin in der Debatte ohnedies geschehen ist, auch wenn Sie sich anstren­gen, eine Budgetschönung vorzunehmen. (Abg. Edlinger: Sie wollen den Klassenkampf!)

Die Tatsache, dass dem Wirtschaftsministerium der Bereich Arbeit zugeordnet wird, halte ich für eine vernünftige Maßnahme – allein schon deswegen, weil Sie endlich einmal begreifen müs­sen, dass wir alle die Wirtschaft sind: Das sind Unternehmer gleichermaßen wie Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.39


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder! – Abg. Eder: Es kann nicht immer Khol sein!)

18.40


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Ich möchte auch meine Fragen zu dieser Anfrage stellen beziehungsweise einmahnen, dass diese Beantwortung unzureichend ist. Ich nehme nur zwei Punkte heraus, Herr Minister.

In der Antwort zu Punkt 6 heißt es: „Die Fernwärmeförderung laut Fernwärmeförderungsgesetz ... ist Ende 1996 ausgelaufen, daher fanden keine Investitionszuschüsse statt. Der Betrag in Höhe von 5,81 Millionen Schilling“, der als Förderung aufscheint, „kann daher vom Bundes­ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht beurteilt werden.“

Bitte was heißt das? – Da scheint im Förderbericht unter der Position des Wirtschaftsministe­riums ein Betrag in der Höhe von 5,81 Millionen Schilling auf, und diesen gibt es gar nicht! Das können wir nicht beurteilen, weil das ausgelaufen ist, ist die Antwort. – Was heißt das? Was ist mit den 5,81 Millionen Schilling passiert? – Das würde mich schon interessieren, Herr Bundes­minister! (Abg. Dr. Petrovic: Ausgelaufen!)

Wenn wir schon von „Euroteam“ reden, bei dem schon einige Millionen verschwunden sind, dann würde mich auch interessieren, wie sich 5,81 Millionen Schilling irgendwie auflösen kön­nen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: „Euroteam“ war nicht bei uns!) Ich sage nicht, dass sie ver­­schwunden sind, aber dieser Passage der Anfragebeantwortung zufolge könnte man davon ausgehen, dass sich diese 5,81 Millionen Schilling in Luft aufgelöst haben. (Abg. Edlin­ger: Ich gehe davon aus!) – Ich gehe davon aus, meint Herr Kollege Edlinger. Gut.

Ich habe noch eine Anmerkung zu Frage 7 zu machen. Ausstattung des Wifi-Neubaues Ober­wart: 2,8 Millionen Schilling. – Haben wir aber nicht die ganze Zeit gerade von freiheitlicher Seite eine Debatte darüber – da hätte ich mir einen Zuruf erwartet –, dass die Wirtschafts­kam­mer zu hohe Beiträge einhebt? – Und jetzt will ausgerechnet – das ist dokumentiert – eine Einrich­tung der Wirtschaftskammer Geld – und sie hat es auch erhalten –, Geld, das private Quali­fi­zie­rungs­einrichtungen nicht erhalten! (Abg. Mag. Schweitzer: Wie war es im bfi? Ist dir das bfi in Ober­wart aufgefallen?) – Das bfi fällt mir auch auf, aber jetzt reden wir über diese Anfra­gebe­ant­wor­tung, Kollege Schweitzer!

Da fällt mir auf, dass es relativ deutliche Forderungen der Freiheitlichen gibt, die Beiträge zur Wirt­schaftskammer abzusenken, dass an die Wirtschaftskammer aber zusätzliche Subven­tionen erteilt werden. Und keinem von den Freiheitlichen fällt das auf! (Abg. Edlinger: Ein Skan­dal ist das!) Herr Schweitzer studiert immer den Bericht und findet die Wirtschaftskammer nicht, obwohl sie in x Positionen auftaucht. (Abg. Edlinger: Ungeheuerlich!) Er findet es nicht erwäh­nens­wert, dass die Wirtschaftskammer subventioniert wird.

Für mich wäre die Wirtschaftskammersubvention primär noch kein Problem, wenn ich davon aus­­gehen kann, dass wirklich etwas Sinnvolles subventioniert wird. Aber kann ich das? (Abg. Wattaul: Arbeitsplätze!) Kann ich das, vor allem wenn ich lese, was jetzt schon in die Debatte einge­­bracht wurde, nämlich die zehn Ziele, die der Wirtschaftsbund-Präsident für die Wirt­schaftskammer vorschlägt?

Da bin ich schon bei Ihnen, Herr Bundesminister, der Sie sich so heftig dagegen verwahren, dass man Sie wegen dieser Neutitulierung beziehungsweise Zusammenführung von Wirt­schafts­ministerium mit Teilen des Sozialministeriums kritisiert. Sie sagen, das sei ein ungeheu­er­licher Vorwurf, aber es ist ein Faktum (Abg. Wattaul: Stellen Sie die Sozialpartnerschaft in Frage?): Im Mai 1938 sind diese Ministerien von Seyss-Inquart zusammengeführt worden. Und es ist weiters ein Faktum – und damit sage ich nicht, Herr Bundesminister, dass Sie Nazi-Pro­pa­ganda betreiben, das sage ich nicht (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nett! Nett! Danke, Herr Kollege!), aber es ist äußerst irritierend –, dass Sie sagen, das Klischee von unterschied­lichen Interessen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gehöre entsorgt, das sei Vergan­gen­heit, es gebe keine unterschiedlichen Interessen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch wenn uns Herr Kollege Hofmann zuruft, es gebe nur mehr eine Wirtschaft, und das seien wir alle, dann muss ich sagen, all das löst sich auch in der Wirtschaftsgemeinschaft oder in der Betriebsgemeinschaft auf. Ich meine hingegen, es gibt unterschiedliche Interessen! Wenn ich mir diese Vorschläge des Wirtschaftsbundes anschaue, dann ist deutlich erkennbar, dass es die­se unterschiedlichen Interessen zwischen zumindest dem Wirtschaftsbund als dem wesentli­chen Teil der Wirtschaftskammer und den anderen gibt (Beifall bei den Grünen – Abg. Wattaul: Stellen Sie die Sozialpartnerschaft in Frage?), und zwar nicht nur in der Wirtschaftskammer! Da kandidieren diesmal übrigens auch die Grünen, und wir werden dann schon weiter sehen. Es gibt auch andere, die unterschiedliche Interessen haben.

Herr Bundesminister! Ich möchte schon ein bisschen mehr von Ihnen hören, als dass Sie sa­gen, Sie sind gegen die Abschaffung der Arbeitsinspektorate, wenn gleichzeitig im Regie­rungs­programm steht, dass sie in Zukunft nur mehr beraten sollen. (Abg. Mag. Schweitzer: Zeit! Zeit! Zeit!) Die Kontrolle und die Bestrafung brauchen wir ja nicht mehr, weil es keine unter­schiedlichen Interessen mehr gibt.


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist zu Ende. Den Schluss­satz bitte!


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Betrachten Sie es als gegeben, dass es unterschiedliche wirtschaftliche und poli­ti­sche Interessen gibt. Wir werden uns noch des Öfteren in diesem Haus damit auseinander zu setzen haben. (Beifall bei den Grünen.)

18.45


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schus­ses betreffend Klärung der politischen Verantwortlichkeit für den Umstand, dass den VP-Mini­stern für auswärtige Angelegenheiten, Unterricht, Umwelt, Landesverteidigung und Land­wirt­schaft ihren eigenen Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Budgetdefizits nicht be­kannt war.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt. Eine Verlesung durch die Schrift­führung erübrigt sich daher.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Kogler, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Unter­­suchungsausschusses gemäß § 33 GOG betreffend Klärung der politischen Verantwort­lich­keit für den Umstand, dass den VP-Ministern für auswärtige Angelegenheiten, Unterricht, Um­welt, Landesverteidigung, Landwirtschaft ihren eigenen Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Budgetdefizits nicht bekannt war

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Organisationsmängel im Bereich der Bundesministerien für auswärtige Angelegenheiten, Un­ter­richt, Umwelt, Landesverteidigung, Landwirtschaft, die dazu geführt haben, dass den betrof­fe­nen VP-Ministern ihren eigenen Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Budget­defizits nicht bekannt war.

2. Kriterien, nach denen in den angeführten Bundesministerien der Pressespiegel erstellt wird und die dazu geführt haben, dass den angeführten Bundesministern Medienberichte über die Höhe des zu erwartenden Budgetdefizits entgangen sind.

3. Auswertung bzw. interner Verteiler von WIFO-Berichten in den angeführten Bundes­mini­sterien, die dazu geführt haben, dass der jedermann/frau zugängliche WIFO-Monatsbericht-Wirt­schafts­daten März/1999 in den angeführten Ministerien nicht den Ministern bzw. deren Büros vorgelegt wurde bzw. auch die darin enthaltenen Informationen nicht bis zu den ange­führten Ministern durchgedrungen sind.

4. Bundesminister a.D. Farnleitner hat gegenüber der APA vom 13. Jänner 2000 erklärt: „Ich ha­be seit Monaten immer gesagt, und man kann meine Mitarbeiter fragen, dass 40 bis 60 Milli­arden Schilling fehlen werden.“

Klärung jener Organisationsmängel, die dazu geführt haben, dass dieser Kenntnisstand Bun­des­minister Farnleitners nicht den Weg zu den übrigen VP-Ministern gefunden hat.

Zusammensetzung: 4 SPÖ, 3 ÖVP, 3 FPÖ, 1 Grüne

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gehen in die Debatte ein.

Nach § 57a Abs. 1 GOG beträgt die Redezeit 5 Minuten, für den Erstredner 10 Minuten. Stel­lungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise von Staatssekretären sollten nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Mag. Werner Kogler. – Bitte. (Zwischenrufe bei den Frei­heitlichen.)

18.47


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nutzen wir doch die Chance und geben wir der heutigen Sitzung noch einen Sinn, nämlich den Sinn, dass die Dringlichkeit, die Sie dieser Sitzung zugedacht haben, auch wirklich ihre Recht­fertigung erhält! (Ruf bei den Freiheitlichen: Schwache Anfragen!)

Minister Bartenstein – er ist gerade im Gehen – hat selbst noch von der Regierungsbank aus ge­sagt, dass er es nicht wissen konnte, wie die Budgetprognosen sind; er konnte es nicht wis­sen. – Ich glaube, es ist sehr aufklärungsbedürftig, wenn der nunmehrige Wirtschaftsminister und frühere Minister in anderen Angelegenheiten nicht wissen konnte, was die Budgetprog­no­sen hergeben. Das ist tatsächlich aufklärungsbedürftig. (Beifall bei den Grünen.)

Aber wir haben einen noch prominenteren Zeugen: Bundeskanzler Schüssel stellt im „Standard“ fest, dass die Zinszahlungen, die im ÖIAG-Gesetz festgelegt sind, nun ins Budget zurück­kippen, und zwar 5 Milliarden Schilling pro Jahr. Ihm – Schüssel – sei das bisher nicht bekannt gewesen. Das ist das ÖIAG-Gesetz von 1986 gewesen!

Meine Damen und Herren! Drängt sich nicht dringend die Frage auf, die absolut untersuchungs­bedürftig ist, ob und in welcher Form Bundesgesetzblätter im Bundeskanzleramt und in den Ministerien, in denen Minister Schüssel zuvor ressortiert hat, aufliegen und wie deren Inhalt dort zur Kenntnis genommen wird beziehungsweise ob nach dem Inhalt des Gesetzes auch ent­sprechend gehandelt werden kann? – Immerhin ist die Exekutive an die Gesetzesvorgaben ge­bun­den. Ein wahrlich aufklärungswürdiger Umstand für die Republik! (Beifall bei den Grünen.)

Es stellt sich weiters die Frage, welche Organisationsmängel in diesen besagten Ministerien vorlie­gen, dass es dazu kommen kann, dass Bundesminister über die Inhalte von Bundesge­setz­blättern nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden, dass sie möglicherweise erst knapp vor Ende ihrer politischen Karriere Kenntnis darüber erlangen, was Sache ist. – In diesem Fall hat Kollege Schüssel die Kurve gerade noch gekratzt. Wie lange es ihm gelingt, werden wir noch sehen; im Sinne und zum Wohle des Landes wird dieses Zwischenspiel hoffentlich nicht mehr allzu lange andauern.

Nächste Frage: Medienberichte. Wie werden Medienberichte in den entsprechenden Ministerien aufgenommen? Wie kann den Bundesministern etwas entgehen, was jeder Staatsbürger in jeder Tageszeitung nachlesen kann, und das seit über einem Jahr? Welcher Pressespiegel ist da angelegt worden?

Zumindest die Berichte des Wirtschaftsforschungsinstituts sollten im Wirtschaftsministerium bekannt sein. Schüssel war Wirtschaftsminister und erklärt, er habe von diesen Dingen nie etwas gewusst. Wir halten das für schwer aufklärungsbedürftig! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt allerdings einen, der aus dieser Reihe tanzt und der auch ein ehemaliger Wirtschafts­mi­nister ist: Bundesminister Farnleitner. (Abg. Edlinger: Kein Hase!) Eben: kein Hase!; Sie sagen es.

Es ist daher einmal die Frage zu stellen, wie es dazu kommt und welch merkwürdig gefährliche Mechanismen in diesen Ministerien am Werk sind, dass ausgeschiedene Bundesminister heuer zum Jahreswechsel eine ganz andere Wahrnehmung haben als im Amt verbliebene ÖVP-Minister. Was ist das für ein Virus? Sitzt und werkt der hier in den Computernetzen, oder ist es möglicherweise ein biologischer Virus, der den Gedächtnisschwund nur bei im Amt befindlichen Ministern wirklich schlagend werden lässt? (Beifall bei den Grünen.)

Farnleitner sagt nämlich ... (Ruf: Der ist in Pension!) Wenn er in Pension ist, dann wird ihm das offensichtlich gut tun, denn er kann sich plötzlich erinnern, und das wollen wir ja aufklären. Farnleitner sagt also: „Ich habe seit Monaten immer gesagt – und man kann meine Mitarbeiter befragen –,“ fügt er noch hinzu, „dass 40 bis 60 Milliarden Schilling fehlen werden.“ – Das hat er im Vorjahr mehrmals betont. Wie kommt es dazu?

Das wäre doch ein schöner Beitrag, den Sie mit uns noch liefern könnten, wenn Sie diesem Untersuchungsausschuss zustimmen würden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl.) Wenn Sie den Restfunken an Glaubwürdigkeit, den Ihre Fraktion, Kollege Steindl, in homöopathischen, versteckten Dosen gerade noch besitzen mag, in die nächste Woche hinüberretten wollen, dann stimmen Sie jetzt mit uns diesem Antrag auf Einsetzung eines Unersuchungsausschusses zu! Klären wir doch endlich auf, wie Ihre armen Minister jahrelang derart hinters Licht geführt werden konnten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.52


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Caspar Einem. – Bitte.

18.53


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss gestehen, ich mache mir etwas Sorgen um diese Bundesregierung (Abg. Dr. Khol: Ich hab’ geglaubt, um die SPÖ!), und zwar sowohl um die Abgeordneten hier auf der rechten Seite des Hauses als auch insbesondere um die Mitglieder der Bundesregierung, und zwar jene, die schon der letzten Regierung angehört haben. (Abg. Dr. Khol: Ich hab’ geglaubt, um die SPÖ! Das würde ich ver­stehen!)

Herr Abgeordneter Westenthaler! Ich habe gerade aus Ihrer Fraktion schon öfters den sicheren Eindruck gewinnen können, dass einige Ihrer Kandidaten, einige Ihrer Funktionäre zwar in der La­ge sind (Abg. Dr. Pumberger: Kandidieren Sie?), den Mund aufzumachen, aber nicht im glei­chen Umfang auch zu hören. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das werden wir den Wähler entschei­den lassen!) Das ist ein interessantes Phänomen, das mit Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit umschrieben werden kann. Aber dass es ansteckend ist, ist verwunderlich.

Lassen Sie mich ein wenig auf die Punkte, die in dem Antrag der Grünen angesprochen sind, eingehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kollege, sagen Sie einfach „Ich kandidiere“! – Heiter­keit des Abg. Dr. Khol.) Ich denke, dass die ÖVP-Minister tatsächlich einige Versuche gemacht haben müssen, sparsam zu wirtschaften. Sie haben offenbar in den Ministerbüros keine Zeitun­gen bezogen: Sehr lobenswert! – Sie haben offenbar keine Wifo-Monatsberichte abonniert: Sehr lobenswert! Das hat auch sparen geholfen. – Sie haben offenbar amtswegig nicht Radio gehört und nicht ferngesehen: Das hat Anschlusskosten gespart. Sehr lobenswert!

Nur: Geholfen hat es nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren! Denn wer den Rech­nungs­hofbericht über den Budgetvollzug in den schwarzen Ministerien liest, der sieht, dass das die Ministerien sind, die am meisten übers Ziel geschossen haben. Mit den Einsparungen, die Sie da offenbar vorgehabt haben, ist es Ihnen zwar gelungen, nicht lesen zu müssen, nicht fern­sehen und nicht Radio hören zu müssen, aber zum Sparen hat es nicht wirklich beigetragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gegensatz zu der Kritik, die Sie heute am ehemaligen Finanzminister geübt haben, muss ich sagen: Ihm und seinen Beamten gehört meine volle Bewunderung! (Beifall bei der SPÖ.) Dass es ihm möglich gewesen ist, den schwar­zen Mitgliedern der Bundesregierung dennoch das Budget einigermaßen im Rahmen zu halten, dass es möglich gewesen ist, mit einem vernünftigen Budgetcontrolling im Finanz­mini­ste­rium dafür zu sorgen, dass das Budget trotz dieser Gehörlosigkeit der schwarzen Minister nicht gänzlich entgleist, das, muss ich sagen, verdient meine ganze Bewunderung. Und ich werde Ihnen auch sagen, warum (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ist schon wie­der Parteitag? Kandidiert der Edlinger auch? – Abg. Schwarzenberger: Und der Bundes­mini­ster Schlögl auch?)

Ich habe während der Ministerratssitzungen jeweils gut zugehört. Ich bin nicht an einer aku­stisch besonders begünstigten Position gesessen, aber ich habe die Auszeichnung gehabt, in der Ministerratsrunde zwischen Herrn Fasslabend und Herrn Bartenstein zu sitzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Sie jetzt auch noch anfangen, den Schlögl zu loben, dann wird es ernst!)

Herr Westenthaler! Hören Sie ruhig zu! Ich weiß, Sie haben auch keine Ohren, aber das macht ja nichts. Vielleicht ist jemand anderer unter Ihnen, der welche hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Sie etwas Gescheites sagen, dann hören wir zu!)

In der Ministerratssitzung vom 19. Oktober 1999 – schon gehört? – hat der damalige Finanz­minister Edlinger über die Budgetperspektiven für das Jahr 2000 gesprochen. Er hat dabei klar und eindeutig gesagt, welche Notwendigkeiten zu weiteren Einsparungen bestehen. Er hat darauf hingewiesen, dass der Betrag, der nach Abzug des Maastricht-konformen Defizits und nach den entsprechenden Maßnahmen bei den Fonds noch zu bedecken bleibt, in der Größen-ordnung von 25 bis 30 Milliarden Schilling liegt.

Sie werden staunen: Es war in dieser Ministerratssitzung, wenn ich meine Aufzeichnungen recht lese, der heutige Herr Bundeskanzler Schüssel anwesend (Abg. Dietachmayr: Aha!) – er hat dort auch gesprochen –, es war der heutige Herr Bundesminister Molterer anwesend, es war der heutige Herr Präsident Fasslabend anwesend, es war der heutige Herr Minister Barten­stein anwesend. Alle haben sie dort das Wort ergriffen, aber keiner hat etwas gehört! (Zwi­schen­ruf der Abg. Dr. Mertel.) Hohes Haus! Ich denke, hier besteht ein echtes medizinisches Problem! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Hohes Haus! Wir von der sozialdemokratischen Fraktion sind daher gerne bereit, dem Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen. Ich darf allerdings bei dieser Gelegenheit gleich anregen, dass wir bei diesem Ausschuss auch medizinische Ex­per­ten zuziehen (Heiterkeit der Abgeordneten Brosz und Mag. Lunacek), weil ich mir Sor­gen mache, wenn Mitglieder der Bundesregierung nicht mehr in der Lage sind, die Klagen und Nöte der Bevölkerung zu hören, weil sie überhaupt nichts mehr hören. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Aber den Schlögl haben Sie nicht gelobt! Der wird Sie nicht wählen am Parteitag! – Abg. Dr. Khol: Denen ist leicht eine Freude zu machen! In der Oppo­sition sind sie mit kleinen Sachen zufrieden!)

18.57


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reinhold Mitter­lehner. – Bitte.

18.58


Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen sehr gut zugehört, Herr Dr. Einem, und mir ist im Verlauf des heuti­gen Nachmittags aufgefallen, dass zwei Fakten unbestritten sind. (Abg. Dr. Mertel: Woher wis­sen Sie das?)

Faktum eins: Wir haben eines der schlechtesten Budgets, die wir in der Zweiten Republik, ins­besondere aber im Rahmen der EU je gehabt haben (Abg. Dr. Mertel: Woher haben Sie das?): 62 Milliarden Schilling, die im Rahmen der Maastricht-Kriterien zulässig sind, plus die 47 Milli­arden Schilling Fehlbetrag.

Nun sagt Herr Minister Edlinger, wir haben damit die niedrigste Arbeitslosenrate, eine hohe Be­schäftigung, die Zahlung der Pensionen und die Leistungen eines sozialen Netzes gesichert. (Abg. Hostasch: Den Wirtschaftsstandort!) Das mag so scheinen, Herr Minister. Aber sehen Sie sich doch die anderen Länder in Europa an: Die haben eine Strukturreform gemacht. Die ha­ben ihren Staatshaushalt in Ordnung. Die sind damit in der Lage, Investitionen zu finanzie­ren. Sie sind in der Lage, in Bildung, Forschung und Entwicklung zu investieren, und damit si­chern sie erst die Arbeitsplätze. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: ... vor allem in Abfangjäger zu in­vestie­ren!)

Sie aber, Herr Minister, haben eigentlich vorgegriffen und eine Rechnung hinterlassen, die Sie jetzt den anderen übergeben. Sie stehlen sich damit davon, kritisieren noch dazu die Pro­blembewältigung und leisten aktiv keinen Beitrag dazu. Das ist an sich unfair. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Faktum zwei, Herr Minister: Wenn eindeutig nachgewiesen wird und im Zeitablauf auch klar dokumentiert ist, dass zu verschiedenen Zeitpunkten – obwohl die Zahlen immer die gleichen waren – von Ihnen jedes Mal etwas anderes gesagt wird, dann haben Sie, gelinde ausgedrückt, das Problem verniedlicht. (Abg. Grabner: Stimmt dem Ausschuss zu!) Sie haben nicht richtig informiert. (Abg. Edlinger: Stimmen Sie dem Ausschuss zu, dann stellt sich das heraus!)

Herr Minister, Sie sind dafür verantwortlich, dass in der Bevölkerung und bei den Medien kein oder ein anderes Problembewusstsein entstanden ist. Sie haben bei der Bevölkerung eine voll­kom­men falsche Erwartungshaltung ausgelöst, nämlich, dass alle Probleme eigentlich gelöst sind. Und Sie haben zuletzt eines verursacht und sind für eines verantwortlich – und das ist das Schwer­wiegendste –, nämlich dafür, dass nicht ausreichend gegengesteuert werden konnte. Wenn heute über Controlling gesprochen wird, so behandeln Sie „Controlling“ anschei­nend nur im Sinne der Revision, im Hinblick auf die Frage, was damals war – wobei anzumer­ken ist, dass, wie der Staatssekretär gesagt hat, ja noch gar nicht alle Zahlen evident sind. (Abg. Grab­ner: Sie brauchen nur zuzustimmen, und alles ist in Ordnung!) Was wir aber eigent­lich brauchen würden, das ist ein Controlling in Richtung einer besseren Steuerung, in Richtung von mehr Innovation. Das aber fehlt an der ganzen Budgettechnik, und das muss jetzt gemacht werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zu den Damen und Herren von den Grünen: Sie stellen einen Antrag – und hier ist es auch dar­ge­stellt worden –, in dem Sie schreiben, die VP-Ministerien sollen untersucht werden, um heraus­zu­finden, was es denn dort an Informationsmaterialien gegeben hat, was dort an Presse­spiegeln, an Wifo-Berichten und dergleichen mehr verfügbar war. Hier wird auch Wirtschafts­mini­ster Farnleitner zitiert, der darauf hinweist, er habe ja schon immer von 40 und 60 Milliarden Schil­ling Defizit gesprochen.

Herr Minister Edlinger! Das spricht für Minister Farnleitner, das spricht aber gegen Sie! (Abg. Grab­ner: Ja wo ist denn der Farnleitner, wenn er so gut ist?) Haben Sie selbst denn nicht all die Wifo-Berichte gehabt? Haben Sie nicht den Pressespiegel gehabt? Vor allem aber sind Sie der zuständige Minister! Sie müssen entsprechend darstellen und nicht die anderen! Daher lautet der Vorwurf: Sie haben als Minister nicht entsprechend richtig geantwortet, nicht entspre­chend richtig informiert! (Abg. Edlinger: Stimmen Sie dem Ausschuss zu!) Da Sie das alles ge­wusst haben, muss man Ihnen sogar vorwerfen, Sie haben bewusst (Abg. Edlinger: Stimmen Sie dem Ausschuss zu!) falsch informiert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitli­chen. – Abg. Edlinger: Stimmen Sie dem Ausschuss zu!)

Herr Minister! Wenn Sie sagen: „Stimmen Sie dem Ausschuss zu!“, dann möchte ich Ihnen sa­gen: Sie haben doch auch mit der Wirtschaft zu tun! Wenn ein Unternehmensführer drauf­kommt, dass in seinem Betrieb irgendetwas nicht stimmt (Abg. Edlinger: Stimmen Sie dem Aus­schuss zu!), dann fängt er doch nicht an, in der Versandabteilung oder in der Marketing­abtei­lung zu prüfen, sondern dann holt er sich seinen Finanzreferenten. (Abg. Eder: Was haben Sie für ein Problem?) Genau dort, Herr Minister, muss man ansetzen: im Finanzministerium, und nicht irgendwo in den anderen Ministerien, denn dort ist die Zusammenschau. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Stimmt doch zu!)

Und damit zum Abschluss (Abg. Eder: Stimmt zu!): Wieso soll ich zustimmen, wenn ein Antrag vollkommen unsinnig ist? (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Eder.)

Meine Damen und Herren, wir brauchen keinen Untersuchungsausschuss! Wir haben heute einen Kassa-Sturz gehabt, und wir haben gesehen, was Sie der Bevölkerung eigentlich ver­schwie­gen haben. Es ist jetzt bekannt, was zu tun ist, und mehr brauchen wir in dieser Situation sicher­lich nicht, vor allem keinen solchen Untersuchungsausschuss! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grabner: Sehr schwach!)

19.03


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

19.03


Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! (Zwischenruf des Abg. Grabner.) – Kollege Grabner, sehr gut! – Professor Van der Bellen hat heu­te in einem seiner ersten Debattenbeiträge gesagt, es sei das eine „stinklangweilige De­batte“. – „Stinklangweilig“! (Abg. Schwarzenberger: Er ist die halbe Zeit schon nicht mehr da! Er ist schon lange nicht mehr da!)

Wenn ich mir die Erregung auf der linken Reichshälfte, bei den Grünen und bei den Sozial­demokraten, so ansehe, dann war es doch gar nicht so stinklangweilig! Es war eine hoch­attrakti­ve und interessante Debatte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da kommen also die Grünen und bringen einen Antrag ein, dessen Erstunterzeichner Van der Bel­len ist, nur: Wo ist er denn? Wo ist er denn jetzt? (Abg. Schwarzenberger: Er ist gar nicht da! Wo ist er? Er schämt sich für seinen Antrag!)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Dieser Antrag ist nicht nur offensichtlich popu­li­stisch, er ist stinklangweilig, wirklich stinklangweilig! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abge­ord­neten der ÖVP. – Abg. Eder: Ihr seid ja gar nicht gemeint!)

Allein die Begründung zeigt es doch: Sie wollen prüfen (Abg. Eder: Ihr seid ja gar nicht gemeint! Reg dich nicht so auf!), ob in den Ministerien der ÖVP Zeitungen gelesen werden, um das Bud­getdefizit zu eruieren! Jetzt weiß ich endlich, woher die Grünen ihre Informationen haben: aus der Zeitung! Zeitunglesen muss man, dann ist man so gescheit wie die Grünen! (Abg. Dr. Mer­tel: Ja, wenn Sie ein Spezialist sind!) Dann ist man so gescheit wie Van der Bellen! Dann kann man hier heruntergehen und Geschichtchen erzählen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

So sieht es aus! Es ist nur die Frage, welche Zeitungen Sie lesen! Terroristenzeitungen, in de­nen inseriert wird: Ist das Ihr Informationsstand? Das frage ich mich mit aller Konsequenz! (Abg. Dr. Khol: Das „TATblatt“! Das „TATblatt“ lesen sie! Den „Falter“! Das „TATblatt“!)

Kollege Cap hat heute gemeint, Finanzminister Grasser sollte sich einmal umsehen, wie das in der Privatwirtschaft so vor sich geht. (Abg. Eder: In der Firma vom Rosenstingl!) Ich würde da einmal eines fragen: Wie viele Jahre hat denn Herr Kollege Cap in der Privatwirtschaft gear­beitet? Oder sollte in der Privatwirtschaft jene sozialistische Wirtschaftsphilosophie Platz greifen (Abg. Jäger: Beim Rosenstingl!), die den Konsum zu ungeahnter Blüte getrieben hat, nämlich in den Konkurs mit 4 Milliarden Schilling? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl!) Wer hat denn dafür die Zeche bezahlt? – Der Steuerzahler, der Bürger! Für eine solche Wirtschaftspolitik sollten Sie sich schämen! Es ist ja unglaublich!

Die Liste dieser Skandale auf wirtschaftlicher Ebene könnte man ja nahtlos fortführen: Wie ist denn das mit der WEB in Salzburg? (Weitere Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl! – Prä­si­dent Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Oder wie war es denn, meine Herren, ...? (Abg. Eder – auf das Rednerpult weisend –: Da ist er gestanden! Wo ist der denn jetzt, der Rosen­stingl? – Anhaltende Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl! – Präsident Dr. Fassl­abend gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Herr Finanzminister! Ich habe Sie immer als einen blendenden Rhetoriker geschätzt, aber Sie begeben sich jetzt auf ein Niveau, das von Arroganz geprägt ist. Das aber steht Ihnen wirklich schon gar nicht zu! Ihre Haltung ist arrogant und überheblich! Sie sollten sich ein bisschen mäßi­gen – ein bisschen nur! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Wo ist er denn, der Rosenstingl?) Sie können es nämlich auch anders.

Oder vielleicht wollen Sie den „Gruselbauer“ noch als Vorsitzenden der SPÖ ablösen? Vielleicht wollen Sie das? Wollen Sie sich in den eigenen Reihen beliebt machen? (Abg. Eder: Der Rosen­stingl, wo ist er denn?) – Ich weiß es nicht. Nur eines muss ich sagen: Ihre sozialdemo­kratische Wirtschaftspolitik hat im Konsum versagt (Abg. Reitsamer: Rosenstingl!), und sie hat auch bei den österreichischen Budgetverhandlungen immer wieder versagt! (Weitere Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl!) Sie sollten doch endlich einmal aufhören, heute hier den Anwalt des „kleinen Mannes“ zu spielen!

Sie haben ja alle nur ein sehr selektives Gedächtnis. Was haben Sie gemacht? – Sie haben mit Ihrer Steuerpolitik die Freibetragsbescheide ausgesetzt (Weitere anhaltende Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl!) und haben Millionen von Arbeitnehmern durch Jahre hindurch die Lohn­steuerrückvergütung vorenthalten! Das ist Ihre sozialistische Politik! (Beifall bei den Frei­heitlichen.) Sie haben die Behinderten bestraft, Sie haben das Karenzgeld gekürzt. – Haben Sie das oder haben Sie das nicht? (Rufe bei der SPÖ: Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben den österreichischen Bürgern Milliarden weggenommen, und dann gehen Sie hier heraus, spielen den Unschuldsengel und wollen der Anwalt des „kleinen Mannes“ sein!

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Mit diesen populistischen Ansagen locken Sie wirklich keinen Wähler mehr hinter dem Ofen hervor. (Abg. Dr. Cap: Den Rosen­stingl auch nicht!) Sie haben durch Ihre Taten und nicht nur durch Ihre Worte bewiesen, dass Sie nicht der Freund des „kleinen Mannes“ sind, sondern der Abkassierer beim „kleinen Mann“! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.08


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Van der Bellen und Genos­sen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu be­kun­den. (Abg. Dr. Khol: Ja wo ist denn Van der Bellen? – Abg. Schwarzenberger: Der An­trag­steller schämt sich, diesem Antrag zuzustimmen!) – Das ist die Minderheit und damit abge­lehnt. (Abg. Schwarzenberger: Er will nicht so naiv sein, diesem Antrag zuzustimmen!)

Einlauf


Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 88/A bis 91/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 356/J bis 391/J eingelangt.

*****

Ich ersuche jetzt Herrn Präsidenten Fischer um seine Ausführungen. (Präsident Dr. Fischer über­nimmt den Vorsitz. – Abg. Dr. Khol: Die Sitzung ist noch nicht geschlossen?)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Sitzung ist noch nicht geschlossen. (Abg. Dr. Khol: Dann blei­ben wir da!) Ich habe noch Folgendes bekannt zu geben:

Nach der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Gusenbauer hat es zwei tatsächliche Berichtigun­gen gegeben, gegen deren Korrektheit protestiert wurde. Ich habe eine Überprüfung anhand des Stenographischen Protokolls angekündigt; diese ist vorgenommen worden.

Herr Abgeordneter Walter Tancsits hat nach dem Wortlaut des Stenographischen Protokolls seine tatsächliche Berichtigung wie folgt begründet – ich zitiere –:

„Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer hat gesagt ..., dass ein späteres Antrittsalter der vorzeiti­gen Alterspension zu höheren Abschlägen führen würde.“ – Diesen Satz hat Herr Abgeordneter Tancsits berichtigt. Dieser Satz ist aber in der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Gusenbauer im Stenographischen Protokoll nicht enthalten. (Rufe bei der SPÖ: Aha! – Abg. Dr. Khol: Nicht ein­mal diesen Satz hat er gesagt! – Abg. Schwarzenberger: Was hat er denn gesagt? – Abg. Dr. Khol: Nicht einmal das hat er gesagt!)

Was die tatsächliche Berichtigung von Herrn Abgeordneten Dr. Pumberger betrifft, so ist der Sach­verhalt komplexer. Es hätte keinen Sinn, da jetzt eine Bewertung vorzunehmen. Wir kön­nen allenfalls in der Präsidialkonferenz darüber sprechen.

*****

Ich halte noch fest, dass die nächste Sitzung des Nationalrates für 1. März 2000, 9 Uhr, in Aus­sicht genommen ist; sie wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 19.10 Uhr

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