Stenographisches Protokoll

16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 21. März 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 21. März 2000

Dauer der Sitzung

Dienstag, 21. März 2000: 11.01 – 22.15 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen

2. Punkt: Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998

3. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über den Hochschulbericht 1999 (Band 1 bis 3)

4. Punkt: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998

5. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes Krems an der Donau (17 Ur 116/99, 26 E Hv 3/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek

6. Punkt: Wahl von Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

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Inhalt

Nationalrat

Angelobung des Abgeordneten Dr. Michael Krüger 11

Personalien

Verhinderungen 11

Ordnungsruf 139

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend die Bestimmungen der Geschäftsordnung hinsichtlich der Dauer der Aktuellen Stunde 26

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer im Zusammenhang mit der Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka 27


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16. Sitzung / Seite 2

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 209/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 30

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 68

Redner:

Dieter Brosz 68

Staatssekretär Franz Morak 71

Mag. Johann Maier 71

Karlheinz Kopf 72

Mag. Karl Schweitzer 74

Mag. Werner Kogler 75

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 14/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz und andere Gesetze geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 25. April 2000 zu setzen 30

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 30

Redner:

Karl Öllinger 76

Annemarie Reitsamer 79

Mag. Walter Tancsits 80

Reinhart Gaugg 81

Mag. Terezija Stoisits 82

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 84

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen – Annahme 30, 30

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 30

Antrag der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten seit dem Jahr 1994 betreffend die Alpen Straßen AG sowie Aufklärung des Verdachtes der illegalen Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit einem Forschungsauftrag durch die Alpen Straßen AG und der Rolle des AR-Mitgliedes Dr. Sachs als Geschäftsführer der Dico-Soft und als Beamter des BMWA sowie als engster Mitarbeiter des nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 162

Bekanntgabe 76

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 76

Redner:

Gerhard Reheis 163

Mag. Franz Steindl 166

Mag. Herbert Haupt 166

Mag. Werner Kogler 167

Otmar Brix 168


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16. Sitzung / Seite 3

Ablehnung des Antrages 169

Verlangen des Abgeordneten Wolfgang Jung auf Erteilung eines Ordnungsrufes 79

Wortmeldungen betreffend Bekanntgabe als KontrarednerInnen seitens freiheitlicher Abgeordneter in der Debatte zu Tagesordnungspunkt 4 sowie Verlangen auf Behandlung dieses Themas in der nächsten Präsidiale:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 155

Dr. Martin Graf 155

Dr. Peter Kostelka 156

Dr. Andreas Khol 156

Feststellungen des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend im Zusammenhang mit den oben angeführten Wortmeldungen 156, 156

Aktuelle Stunde (5.)

Thema: "Benachteiligung der Frauen durch die neue Bundesregierung"

Redner:

Mag. Barbara Prammer 11

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 14

Dr. Caspar Einem 16

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 17

Theresia Zierler 18

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 20

Mag. Andrea Kuntzl 21

Dr. Gertrude Brinek 22

Edith Haller 23

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 25

Mag. Ulrike Lunacek 27

Wahlen in Institutionen

6. Punkt: Wahl von Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 161

Ergebnis: Mitglieder: Ing. Peter Westenthaler, Mag. Karl Schweitzer; Ersatzmitglied: Mag. Gisela Wurm

Ausschüsse

Zuweisungen 29

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung 31, 30

2. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-11 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (62 d. B.) 41

Redner:

Mag. Werner Kogler 41, 115

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung)44

Otmar Brix 45


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16. Sitzung / Seite 4

Dr. Evelin Lichtenberger 47

Mag. Franz Steindl 48

Dr. Gabriela Moser 50

Mag. Herbert Haupt 52

Dieter Brosz 54

Dr. Günther Kräuter 56

Dr. Eva Glawischnig 59

Mag. Martina Pecher 61

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 63

Mag. Gilbert Trattner 65

Gerhard Reheis 66, 84

Nikolaus Prinz 85

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 87

Mag. Terezija Stoisits (tatsächliche Berichtigung) 87

Hermann Böhacker 88

Mag. Brunhilde Plank 89

Mag. Herbert Haupt (tatsächliche Berichtigung) 91

Johann Kurzbauer 92

Mag. Karl Schweitzer 93, 116

Christian Faul 94

Edeltraud Lentsch 96

Sigisbert Dolinschek 97

Gabriele Binder 98

Wolfgang Jung 100

Mag. Kurt Gaßner 101

Mag. Dr. Udo Grollitsch 102

Josef Edler 104

Theresia Zierler 105

Anton Leikam 106

Ernest Windholz 108

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 109

Roland Zellot 110

Hermann Reindl 111

Mag. Ulrike Sima 112

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 113

Dr. Andreas Khol 114

Dr. Peter Kostelka 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität – Ablehnung 60, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend UVP-Verfahren zum AKW Temelin – Ablehnung 60, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Nikolaus Prinz, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität – Annahme (E 5) 87, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend einen Einspruch der Republik Österreich im UVP-Verfahren bezüglich des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin – Ablehnung 113, 117

Kenntnisnahme des Berichtes III-11 d. B. 117

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-15 d. B.) des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über den Hochschulbericht 1999 (Band 1 bis 3) (29 d. B.) 117


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16. Sitzung / Seite 5

Redner:

Dr. Martin Graf 117

DDr. Erwin Niederwieser 120

Mag. Rüdiger Schender 123

Dr. Gertrude Brinek 125

Dr. Brigitte Povysil 127

Dr. Kurt Grünewald 129

Dr. Dieter Antoni 133

Dr. Elisabeth Pittermann 135

Mag. Brunhilde Plank 137

Mag. Christine Muttonen 140

Mag. Dr. Udo Grollitsch 141

Theresia Haidlmayr 142

Mag. Walter Posch 143

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 145

Heinz Gradwohl 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Gertrude Brinek und Genossen betreffend Schwerpunktsetzung im Bereich Wissenschaft, Forschung, Technologie – Annahme (E 6) 118, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend uneingeschränkte Veröffentlichung der Lehrveranstaltungsbewertungen – Ablehnung 122, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend Forschung zu Fremdenfeindlichkeit – Ablehnung 123, 148

Kenntnisnahme des Berichtes III-15 d. B. 148

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-21 d. B.) des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (30 d. B.) 149

Redner:

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 149

Dr. Robert Rada 150

Mag. Dr. Udo Grollitsch 151

Mag. Johanna Mikl-Leitner 152

Dr. Sylvia Papházy MBA 154

Dr. Kurt Grünewald 156

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Dr. Gertrude Brinek und Genossen betreffend Universitätsorganisationsreform – Annahme (E 7) 151, 159

Kenntnisnahme des Berichtes III-21 d. B. 159

5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Krems an der Donau (17 Ur 116/99, 26 E Hv 3/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek (54 d. B.) 159

Redner:

Rudolf Parnigoni 159


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16. Sitzung / Seite 6

Annahme des Ausschussantrages in 54 d. B. 161

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 28

57: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

58: Bundesgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz), das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Finanzstrafgesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden

59: Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung

60 und Zu 60: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen

61: Budgetbegleitgesetz 2000

Anträge der Abgeordneten

Helmut Dietachmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (117/A)

Dieter Brosz und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wählerevidenzgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalratswahlordnung) sowie das Bundesgesetz über die Führung ständiger Evidenzen der Wahl- und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa-Wählerevidenzgesetz) geändert werden (Senkung des aktiven Wahlalters bei Nationalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen, Wahlen zum Europäischen Parlament sowie bei Volksabstimmungen, -befragungen und -begehren) (118/A)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Verfahren der EU bei Verletzung von EU-Grundwerten (119/A) (E)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Einrichtung eines Begleitausschusses zum Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes (120/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Otmar Brix und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend eigenartige Ankündigungen in der Hompage www.rechnungshof.com (519/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Sofia-Connection", II. Teil (oder die weisrussische Variante); Praktiken der Fa. Oberkofler Ges.m.b.H., Handel und Transport, Blühnbachstraße 3, 5451 Tenneck (520/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verpflichtung zur Preisreduktion durch Getränkesteuer-Entfall (521/J)


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16. Sitzung / Seite 7

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend das Nutzungspotential von Stevia rebaudiana (Zuckerblattpflanze) (522/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das Nutzungspotential von Stevia rebaudiana (Zuckerblattpflanze) (523/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auswirkung der Liberalisierung auf die VerbraucherInnen durch Öffnung des Strom- und Gasmarktes (524/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auswirkung der Liberalisierung auf die VerbraucherInnen durch Öffnung des Strom- und Gasmarktes (525/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Auswirkung der Liberalisierung auf die VerbraucherInnen durch Öffnung des Strom- und Gasmarktes (526/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (527/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (528/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (529/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Weitergabe von Zinssenkung (530/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Situation der StudienbeihilfenbezieherInnen (531/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Strahlenschutz-Grenzwerte (532/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Neuregelung des Sachwalterrechts (533/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbau der VerbraucherInnenschutzagenden (534/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den "bundesweiten Schülerwettbewerb 1998/99 zu Sicherheitspolitik und umfassender Landesverteidigung" (535/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend rechtsextreme Zeitzeugen in Schulen (536/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend illegale Praktiken bei Futter- und Tierarzneimitteln (537/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vergabe von Tabaktrafiken mit Lotto-Toto-Annahmestellen an behinderte Menschen (538/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufsichtspflicht über die Österreichische Lotterien GmbH (539/J)


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16. Sitzung / Seite 8

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verunsicherung der Bevölkerung im Bezug auf die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und auf die Einführung eines Teilkrankenstandes (540/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verunsicherung der Bevölkerung durch die unsozialen Anschläge auf die Geldbörsen kranker Menschen im FPÖVP-Belastungspaket (541/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verunsicherung der Bevölkerung bei der Entwicklung einheitlicher Patientenrechte in Österreich und die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens (542/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verunsicherung der Bevölkerung durch die unsozialen Anschläge auf die Geldbörsen kranker Menschen im FPÖVP-Belastungspaket (543/J)

Dr. Günther Leiner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verweigerung eines Kassenvertrages durch die NÖ GKK für die Dialyse Mödling (544/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend seine Aussagen als Mitglied der Bundesregierung (545/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kompetenzüberschreitungen des ehemaligen Sporthilfegeneralsekretärs Hubert Neuper sowie des ehemaligen Sporthilfepräsidenten Mag. Viktor Klima beim "World Sports Awards of the Century" (546/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Aufgabe und Zusammensetzung des so genannten "Beihilfensenat" im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (547/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "EU-Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit – österreichische Position" (548/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (246/AB zu 241/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (247/AB zu 244/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (248/AB zu 275/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (249/AB zu 289/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (250/AB zu 314/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (251/AB zu 243/J)


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16. Sitzung / Seite 9

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (252/AB zu 274/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (253/AB zu 286/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (254/AB zu 246/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (255/AB zu 245/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (256/AB zu 310/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (257/AB zu 249/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (258/AB zu 284/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (259/AB zu 248/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (260/AB zu 291/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (261/AB zu 257/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (262/AB zu 261/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (263/AB zu 309/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (264/AB zu 256/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (265/AB zu 255/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner und Genossen (266/AB zu 260/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (267/AB zu 290/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (268/AB zu 312/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (269/AB zu 251/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (270/AB zu 254/J)


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16. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (271/AB zu 259/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (272/AB zu 306/J)


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16. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 11.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne zur anberaumten Zeit die 16. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 15. Sitzung ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben, es gilt somit als genehmigt.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind der Zweite Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn sowie die Abgeordneten Lexer, Dr. Mertel, Platter, Dr. Pilz, Verzetnitsch und Ing. Weinmeier.

Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wie bereits in der vorigen Sitzung bekannt gegeben, liegt der Wahlschein des Herrn Abgeordneten Dr. Michael Krüger vor. Da der Genannte im Hause anwesend ist, schlage ich vor, dass wir sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird der Anzugelobende die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich darf Herrn Abgeordneten Schweitzer als Schriftführer bitten, die Gelöbnisformel zu verlesen.

Schriftführer Mag. Karl Schweitzer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße Herrn Kollegen Krüger herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Benachteiligung der Frauen durch die neue Bundesregierung"

Zur Begründung der Aktuellen Stunde hat sich Frau Abgeordnete Mag. Prammer zu Wort gemeldet. Die Redezeit für die Begründung einer Aktuellen Stunde beträgt 10 Minuten. – Bitte.

11.03

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frauenrechte sind Menschenrechte, und Menschenrechte sind ja, wie wir alle wissen, auch in der Präambel dieses Regierungsübereinkommens festgeschrieben. Und ich würde meinen, dass der Herr Bundeskanzler zuvorderst, aber auch alle anderen Mitglieder der Bundesregierung ein erstes weites Betätigungsfeld finden, indem sie die Umsetzung dieser Präambel jetzt ernsthaft in Angriff nehmen und alle Maßnahmen und alle Taten setzen, um Frau Superintendentin Knoll in Schutz zu nehmen und ihr jenes Recht in Österreich widerfahren zu lassen, das jeder Mensch in Österreich hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


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16. Sitzung / Seite 12

Meine Damen und Herren! Nun steht es wieder einmal und ein weiteres Mal fest – das Budget liegt neben dem Regierungsübereinkommen, das wir seit einigen Wochen kennen, vor –: Beide sprechen eine eindeutige Sprache, eine Sprache zu Lasten der Bezieher und Bezieherinnen kleiner Einkommen.

Wer glaubt, dass Autobahnvignetten, Passgebühren, Elektrizitätsabgaben und vieles andere mehr nichts mit Frauen und Frauenpolitik zu tun haben, der irrt, meine Damen und Herren – all das hat enorm viel mit Frauenpolitik zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Und derjenige, der das nicht verstanden hat, hat auch die Frauenpolitik nicht verstanden, hat nämlich – dieses Wort hat ja mittlerweile auch Frau Bundesministerin Sickl in den Mund genommen – auch das Gender Mainstreaming nicht verstanden. Soziale Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, ist der erste Ansatz des Gender Mainstreamings, und soziale Gerechtigkeit ist überall dringend gefordert im Interesse der Frauen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

All das, was wir jetzt über das Budget wissen, ist ja nur der Anfang. Wenn man das Regierungsübereinkommen liest, kennt man die weiteren Punkte oder kann sie zumindest erahnen, und beides – Budget wie Regierungsübereinkommen – spricht eben eine eindeutige Sprache, und diese Sprache wird ja von einzelnen Politikerinnen und Politikern auch ganz deutlich gepflegt. So möchten einzelne Politiker Frauen nach wie vor in die Kinderzimmer zurückschicken, sprechen davon, dass jene, die ihre Kinder in den Kindergarten geben, die Elternpflichten an den Staat abschieben. Ein mittlerweile einfaches Parteimitglied der Freiheitlichen Partei hat unverhohlen gesagt, dass der Kinderbetreuungsscheck den Arbeitsmarkt entlasten würde. Meine Damen und Herren! Daran erkennen wir, dass Frauenpolitik in Österreich offensichtlich zu einer Fußnote einer sehr, sehr konservativen, einer sehr rückschrittlichen Familienpolitik mutiert ist und nichts mehr mit fortschrittlicher Frauenpolitik zu tun hat. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe natürlich auch schon einen Blick in die schriftliche Fassung der in kurzer Zeit stattfindenden Budgetrede des Finanzministers geworfen: Auch darin finde ich Frauen nur zwischen den Punkten Familien und Soziales in einem kurzen Nebensatz erwähnt.

Was bringt dieses ÖVP/FPÖ-Regierungsprogramm den Frauen in unserem Land tatsächlich? – Ein paar Punkte möchte ich herausgreifen.

Voller Urlaubsanspruch erst am Ende des Urlaubsjahres: Die Aliquotierung des Urlaubsanspruches bedeutet, dass der Urlaubsanspruch jährlich schrittweise mit den abgearbeiteten Kalendermonaten anwächst. (Abg. Dr. Puttinger: Wer sagt denn das?) Das ist grundsätzlich für alle sehr negativ, aber insbesondere für Frauen, denn Frauen haben ja, wie bekannt ist, bis heute noch sehr oft die Familienpflichten zu erfüllen. Sie können es sich nicht aussuchen: Wenn der Pflegeurlaub aufgebraucht ist, können sie nicht warten, bis ein Urlaubspolster angewachsen ist, sondern dann brauchen sie sofort zusätzlichen Urlaub, meine Damen und Herren. Es ist das eine maßgebliche Verschlechterung, die sich hier anbahnt, und zwar gegen die Interessen der erwerbstätigen Frauen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der sicher sehr intensiv diskutiert werden muss – nicht nur heute beziehungsweise morgen, sondern auch im Budgetausschuss und im Plenum, wenn das Budget beschlossen werden soll –, ist Folgender: die Mittel der Arbeitsmarktförderung, die Mittel der Arbeitsmarktpolitik. Wenn das Arbeitsmarktservice auch in Zukunft anspruchsvolle und länger dauernde Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen, gerade auch für Wiedereinsteigerinnen, anbieten soll, dann dürfen die Mittel nicht gekürzt, sondern müssen erhöht werden. Aber das Gegenteil wird jetzt offensichtlich geplant, das Gegenteil ist initiiert.

Es ist schon bezeichnend, meine Damen und Herren, wenn Sie im Regierungsübereinkommen nicht mehr von den Qualifizierungsmaßnahmen bei Wiedereinstieg aus arbeitsmarktpolitischen Titeln sprechen, sondern die Wiedereinstiegshilfen ausschließlich auf die Familienberatungsstellen reduzieren, wo ohnedies nur viel zu oberflächlich gearbeitet werden kann – die wirklichen Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des Arbeitsmarktservice werden nicht ausgebaut; ich


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erkenne zumindest nicht jene Zahlen, die das Gegenteil besagen würden, meine Damen und Herren.

Es ist jedoch die Stärkung des Unternehmens Haushalt geplant. Alle, die es sich leisten können, können natürlich zu Hause Hilfestellungen in Anspruch nehmen. Für diesen Bereich eine finanzielle Besserstellung, die steuerliche Absetzbarkeit zu initiieren, mag ja für manche ganz lukrativ sein, aber für die Supermarkt-Kassiererin, die sich wahrscheinlich keine Haushaltshilfe leisten kann, wird es wenig erträglich sein, dass hier Verbesserungen geplant sind. Sie braucht landauf, landab Kinderbetreuungseinrichtungen mit entsprechenden Öffnungszeiten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Allzu viel wissen wir noch nicht über das in Zukunft nicht mehr vorhandene Karenzgeld – es wird ja ganz anders heißen –, es soll keine Versicherungsleistung mehr sein. Viele, viele Antworten sind Sie uns schuldig geblieben, viele Fragen haben Sie nicht beantwortet! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Ich möchte einige dieser Fragen hier stellen.

Was ist mit dem erhöhten Karenzgeld für Alleinerzieherinnen und einkommensschwache Eltern? Wo sind die Maßnahmen für diese besonders unterstützenswerte Personengruppe? (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Dr. Puttinger. ) Was wird in Zukunft mit der Teilzeitkarenz sein? (Abg. Rosemarie Bauer: Sie haben das alles nicht gelesen! Wovon reden Sie überhaupt?) Was ist mit den ausländischen Arbeitnehmerinnen, die fünf Jahre lang in Österreich leben müssen, um überhaupt diese Leistung erhalten zu können? Was ist mit der Möglichkeit der Teilung des Karenzgeldes? (Abg. Dr. Puttinger: Dass es Abgeordnete gibt, die nicht lesen können, verstehe ich nicht!) Welche Maßnahmen gibt es diesbezüglich? (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Pensionen nur ganz kurz – dazu ließe sich auch sehr viel sagen; das konnte ich auch bereits in den Unterlagen von Finanzminister Grasser lesen –: Die 45 Beitragsjahre, die es auch in Zukunft den Menschen ermöglichen sollen, mit 60 Jahren – er sagt sogar dazu: mit 55 Jahren – in Pension gehen zu können, sind wirklich ein Schlag ins Gesicht der Frauen. Diese hätten dann nämlich mit zehn Jahren zu arbeiten beginnen müssen – aber Kinderarbeit ist in Österreich verboten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Keine Polemik!)

Wir wissen, was dahinter steckt. Haider sagte: "Die heutige Form des Zusammenlebens ist denaturiert, das ist kein Ideal im nationalen Sinn." – Ich habe nur zitiert. "Partnerschaft besteht doch aus zwei Funktionen: dem dienenden und dem führenden Teil, so ist das", sagte Haider 1984. Auch 1994 hat er noch nicht viel anderes gesagt – ich habe schon darauf hingewiesen –, als er den Kinderbetreuungsscheck als Entlastung des Arbeitsmarktes für Frauen betrachtet hat.

Herr Klubobmann Khol, ich zitiere aus Ihrem Buch: Das Dilemma der Emanzipation: Wo die Selbstverwirklichung versprochen wird, bleibt immer Einsamkeit und Elend im Alter, und mehr noch: Singles sterben früher. – Ich sage nur eines: Blanker Hohn den Frauen gegenüber. Das wird den Frauen in Österreich nicht weiterhelfen. (Abg. Schwarzenberger: Das sagt die Statistik!) Die Frauen in diesem Staat haben sich schon längst auf den Weg zur Eigenständigkeit gemacht. Sie wissen, dass Erwerbsarbeit der Schlüssel zur Eigenständigkeit ist. Ein Einkommen ist für Frauen der Schlüssel zur Unabhängigkeit (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und Macht ist für Frauen der Schlüssel zur Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren! Eine Gesellschaft der Zukunft und eine Gesellschaft mit Zukunft (Abg. Dr. Khol: Was ist mit dem Schlusssatz?) hat Eigenständigkeit für Frauen zu garantieren und keinen Rückschritt ins Mittelalter. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)


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11.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Verhandlungsgegenstand, also zur Aktuellen Stunde, hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll, wie Sie wissen, 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

11.14

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Bis mit 1. April das neue Bundesministeriengesetz in Kraft tritt, sind Frauenangelegenheiten noch immer im Bundeskanzleramt und damit in keinem eigenständigen Ressort angesiedelt. Ich werde daher gerne die Möglichkeit nützen, im Rahmen der Aktuellen Stunde, die die sozialdemokratische Fraktion verlangt hat, die frauenpolitischen Schwerpunkte zu vertreten. Ich tue dies umso lieber, als die neue Bundesregierung in diesem Bereich einiges anzubieten hat, was absolut im Interesse der Frauen Österreichs liegt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Huber: Das muss ein Geheimpapier sein!)

Ich danke dafür, dass die Hauptrednerin der SPÖ nicht mehr – und das werte ich als sehr positives Zeichen – die angebliche Abschaffung des Frauenministeriums kritisiert, da Frauenangelegenheiten bisher mit Veterinärangelegenheiten, Giftwesen und Konsumentenschutz in einem eher willkürlichen Konglomerat zu finden waren.

Frau Abgeordnete! Sie haben kein einziges Wort der Kritik mehr darüber verloren, dass wir jetzt Frauenangelegenheiten in das neue Ministerium für Generationenfragen einbringen. Ich glaube, dass damit wirklich ressortübergreifend unter der sorgsamen Obhut einer Frau, nämlich der neben mir sitzenden Frau Dr. Elisabeth Sickl, erstklassige Arbeit für die Frauen in Österreich geleistet werden wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittens – ich finde, es ist sehr wichtig, auch das festzuhalten –: Diese neue Bundesregierung hat den höchsten Frauenanteil aller bisherigen Regierungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ein Drittel, vier von zwölf Ministerien werden von Frauen geführt – und beileibe keine Alibi-Ressorts. Immerhin zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik führt eine Vizekanzlerin ein wichtiges Ressort, und ich finde, das ist mehr als ein Symbol. Das nimmt Frauen ernst. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Fünf von 16 Regierungsmitgliedern – da sind die Staatssekretäre mit eingerechnet – bedeuten, dass der Frauenanteil in der gesamten Regierung bei über 30 Prozent liegt.

Nicht, dass ich diese Statistik für das Wichtigste halte, aber ich finde, es ist schon ein sehr positives Zeichen, starke, erstklassige Frauen an die Spitze von Ressorts mit Kompetenzen zu berufen. Das ist, so glaube ich, gelebte Frauenpolitik, wie wir sie verstehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den Inhalten: Ich möchte Frau Mag. Prammer wirklich entschieden widersprechen, wenn sie meint, hier seien Rückschritte geplant. Frau Abgeordnete! Sie haben natürlich völlig Recht: Frauenangelegenheiten muss man in allen Bereichen sehen. Die Erhöhung von Gebühren, wie sie auch früher geplant war, die Steuerpolitik, all diese Themen müssen umfassend gesehen werden.

Was tut nun diese neue Bundesregierung? – Zunächst einmal haben wir in den ersten sechs Wochen unserer Amtszeit Arbeiter, auch Arbeiterinnen mit den Angestellten gleichzustellen versucht. Dieses Gesetz wird demnächst im Hohen Hause beschlossen werden. Ein sehr wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur sozialen Gerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben die Steuerreform gehalten. Sie wissen, wer dafür gekämpft hat, dass diese Steuer- und Familienreform mit 1. Jänner großzügiger ausfällt als unter dem früheren Finanzminister. Wir halten die Zusagen von damals. Es ist das ein ganz wichtiger Impuls zur Stärkung der Einkommen in Österreich. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Frau Vizekanzler und ich haben vorigen Freitag ein großes Programm vorgestellt, wie man Miet- und Wohnkosten senken kann. Wem hilft das? – Das hilft den Beziehern kleiner Einkommen (Zwischenruf bei der SPÖ), denen, die am Beginn einer Familiengründung oder des Zusammenlebens stehen. Wenn man etwa bei befristeten Mietverträgen generell einen Abschlag von 25 Prozent hat, dann ist dies erstklassige Politik im Interesse der Bezieher kleiner Einkommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wenn wir die Betriebskosten senken, die heute sehr hoch sind – gerade für kleine Wohnungen und für schmale Brieftaschen –, dann ist das ein Beitrag, um den Menschen, die nicht so viel haben, wirklich zu helfen. Dafür stehen wir, das bedeutet "neu regieren" für uns. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In den nächsten Wochen wird von dieser Bundesregierung und von den Fraktionen, die sie unterstützen, ein Programm vorgelegt, wie wir die Strom- und Energiekosten, auch die Gaskosten nachhaltig absenken. Wem hilft das mehr als den Beziehern kleiner Einkommen und vor allem auch den Frauen in Österreich? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesen Tagen liegen die Konjunkturprognosen vor. Das Wachstum steigt, die Zahl der Arbeitsplätze steigt – das ist ein erstklassiger Impuls dafür, dass es den Menschen allgemein wieder gut geht. Und wenn wir heute über 30 000 zusätzliche Arbeitsplätze haben, verglichen mit dem Stand vor einem Jahr, so profitieren natürlich auch Frauen davon, indem sie mehr und leichter Arbeitsplätze bekommen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Zahl der Arbeitslosen geht zurück; auch bei den Frauen ist sie stark rückläufig. Wir hatten innerhalb des letzten Jahres einen Rückgang der Arbeitslosigkeit von Frauen um 14 Prozent zu verzeichnen beziehungsweise 14 100 Frauen weniger, die arbeitslos sind. Ein großer Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Demonstrativer Beifall des Abg. Dietachmayr in Richtung der Abg. Hostasch.)

Letzter Punkt, zur Familienpolitik: Frau Mag. Prammer! Ich darf hier ganz offen sagen: Ich verstehe nicht, warum es ein Rückschritt sein soll, wenn wir einer langjährigen Forderung sämtlicher Frauenverbände – ganz gleich, welcher politischen Gesinnung sie sind – nach Erhöhung des Karenzzeitraumes für Frauen oder Männer auf zwei Jahre zustimmen. Das ist doch ein ganz großer Fortschritt. Hier zu sagen, das sei ein Rückschritt, ist ja die Umdrehung der Welt! Frau Prammer, bleiben Sie fair und objektiv! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Erhöhung des Karenzzeitraums auf zwei Jahre kommt ja für den Partner noch einmal ein Jahr Kindergeldbezug, was eigentlich auch eine partnerschaftliche Lösung für beide bedeutet. Denn ich sage ganz offen, ich habe keine Stunde bedauert, die ich für meine Kinder da gewesen bin. Ich möchte eigentlich die "Unterväterung" unserer Gesellschaft mit bekämpfen, dort liegt nämlich der Schlüssel zu einer partnerschaftlichen Familie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Worin liegt der Rückschritt, Frau Abgeordnete Prammer, wenn wir das Karenzgeld ab 1. Jänner 2002 erhöhen? Es wird mehr Geld für Mütter und Väter geben und nicht weniger. Hier ist von einem Rückschritt nichts zu sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen zum ersten Mal eine pensionsbegründende Anrechnung von Kindererziehungszeiten durchsetzen – etwas, was Sie in Ihrer gesamten Amtszeit als Frauenministerin nie durchgesetzt haben! Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sagen, dass wir die Frauen zurück an den Herd oder zurück ins Kinderzimmer schicken wollen. Ich sage Ihnen: Unsere Taten beweisen genau das Gegenteil. Wir werden die Berufsverbote, die es de facto gibt, aufheben, die Zuverdienst-Grenzen erhöhen. Es wird mit unserem Plan leichter, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchzusetzen. Warum haben Sie, Frau Abgeordnete Prammer, das nie durchgesetzt? (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn wir das Karenzgeld für alle Mütter oder Väter einführen, dann ist das in keiner Weise gegen die Frauen gerichtet, sondern es werden Studentinnen, Bäuerinnen, Hausfrauen, Selbständige oder geringfügig Erwerbstätige genauso profitieren wie alle anderen, die bisher schon diese sozialen Leistungen bekommen haben. Diese Maßnahme ist nicht gegen die Frauen, sondern sie ist für jene, die bisher von diesen sozialen Förderungen ausgeschlossen waren. Wir werden das durchführen, das heißt für uns "neu regieren" im Interesse Österreichs, auch im


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Interesse österreichischer Frauen! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundeskanzler.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten aller Redner in dieser Debatte sind mit 5 Minuten limitiert.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Caspar Einem zu Wort. – Bitte.

11.25

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Lassen Sie mich ein paar Worte zur Frage, was sich die Frauen von dieser Bundesregierung erwarten können, sagen.

Erlauben Sie mir zunächst ein Zitat aus dem Koalitionspakt – ich zitiere –: "Am Beispiel des hohen Prozentsatzes kinderloser Frauen in Spitzenpositionen wird sichtbar, dass sich Frauen zumindest in höher qualifizierten Berufen bisher sehr oft zwischen Kinderwunsch und Karriereplanung entscheiden mussten." – So heißt es in Ihrem Koalitionspakt auf Seite 39.

Weiter: "Diese Ausschließlichkeit ist eine unzumutbare Einschränkung der Lebens- und Entfaltungschancen von Frauen." – Zitatende. Wie Recht Sie haben!

Aber das Merkwürdige an Ihrem Koalitionsprogramm, meine sehr verehrten Damen und Herren, und an den Äußerungen führender Vertreter der beiden Regierungsparteien ist, dass Ihnen gar nicht auffällt, dass es auch Männer gibt. Gerade Ihnen fällt nicht auf, dass es auch Männer gibt (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer ) und dass die Elternschaft keine biologische Besonderheit der Frauen ist, Frau Bauer! (Beifall bei der SPÖ.)

Vermutlich kann es Ihnen auch gar nicht auffallen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer ), weil nach Ihrem Gesellschaftsbild, Frau Bauer, nach dem Gesellschaftsbild der ÖVP und jenem der Freiheitlichen und von Ihrem Karriereverständnis her klar ist, dass diese Welt für Männer geschaffen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie sind schon für die Partnerschaft zwischen Mann und Frau, aber für eine Partnerschaft mit klarer Rollenverteilung zugunsten des Mannes. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch ein Zitat vortragen! (Abg. Ing. Westenthaler: Und aus!) Ich zitiere: Die Gefahr der seelischen Verwahrlosung beim Kind, wenn die Mutter fehlt, hat nichts mit der materiellen Situation zu tun, schreibt Haider. – Er hat schon darin Unrecht. Und weiter: Auch wenn für das Kind so gut wie möglich gesorgt wird, aber die Pflege unter Stress und Zeitnot nur noch eine Pflicht darstellt, erleidet das Kind ohne emotionale Begegnung mit der Mutter bleibenden Schaden. Wir müssen also von den Frauen den Druck nehmen, das Kind aus Gründen der Berufstätigkeit von Fremden aufziehen und erziehen zu lassen. – Jörg Haider in seinem Buch "Die Freiheit, die ich meine", auf den Seiten 212 und 213.

Bei dieser Aussage, bei diesem Ihrem (in Richtung Freiheitliche) und Ihrem (in Richtung ÖVP) Frauenbild gibt es gar keine Männer, an diese haben Sie immer schon als in der Karriere stehend oder eben als Fremde gedacht. Die sind schon aus dem Haus. Sie setzen voraus, welche die Rolle der Frau ist. Sie ist durch das beschrieben, was übrig bleibt, wenn die Männer aus dem Haus sind! (Abg. Dr. Puttinger: Das ist die falsche Rede!) In diesem Punkt sind Sie sich sogar einig: Klubobmann Khol mit seinem christlichen Ansatz zur Bürgergesellschaft, und Sie von den Freiheitlichen. Das ist die Ordnung, die Sie meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Koalitionspakt schreiben Sie, dass Sie – ich zitiere – die vollständige Gleichberechtigung und Gleichrangigkeit von Mann und Frau voraussetzen. – Ende des Zitats. Die Wahrheit ist: Sie setzen voraus, dass der Mann seinen Interessen nachgeht und die Frau daher – in echter Partnerschaft – Haus und Kinder zu betreuen hat. Auf die Idee, dass Kinder ohne emotionale


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Begegnung mit dem Vater auch schweren Schaden erleiden können, kommen Sie gar nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was haben Frauen von dieser Regierung zu erwarten? – Im besten Falle noch, dass sich nichts zum Besseren wendet – aber nicht einmal das! Die Frauen in Österreich müssen von Ihnen erwarten, dass Sie Ihr Modell umsetzen. Es ist das ein Modell, nach dem die Männer das Sagen haben und die Frauen primär als Mütter willkommen sind. Von eigenständigen, von selbstbewussten Frauen, die sich ihre Rolle selbst aussuchen, halten Sie jedenfalls wenig und von deren Unterstützung offenbar gar nichts!

Dies zeigt auch Ihre Reaktion auf den Appell von Frau Abgeordneter Prammer in Sachen der jetzt auf das Unmöglichste angegriffenen und verfolgten Superintendentin Knoll. Dass Sie, Herr Bundeskanzler, nicht ein einziges Wort zu diesem Thema gefunden haben, finde ich bemerkenswert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu befürchten ist, dass Ihre Regierung ein Einschnitt wird, ein Einschnitt, was die Entwicklung der Frauen in unserer Gesellschaft betrifft, und ein Rückschritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung, zu wirklich gleichen Rechten und Ansprüchen, nämlich zu solchen, die Sie bei Männern selbstverständlich finden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Da kann man wieder einmal sehen, wie Minister am Rednerpult der Abgeordneten verblassen können!)

11.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Die Redezeit ist die gleiche. – Bitte.

11.31

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Frauenministerin Dr. Sickl! Lieber Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Arbeits- und Wirtschaftsminister! Wenn Kollege Einem hier meinte, die ÖVP halte nichts von eigenständigen, selbstbewussten Frauen und diese Frauen hätten bei der ÖVP und bei der FPÖ keinen Platz in dieser Gesellschaft, dann, Herr Kollege Einem, frage ich Sie: Was bin ich? Bin ich nicht eigenständig, selbstbewusst? Habe ich keinen Platz hier im Hohen Hause, in dieser Gesellschaft? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Frauen, die bei uns das Sagen haben: eine kompetente Bildungsministerin, eine erfolgreiche Landeshauptfrau, eine exzellente Außenministerin, eine sehr gute Sozial-, Frauen- und Familienministerin! Wir haben etwas vorzuweisen. Dadurch erübrigt sich jeder weitere Kommentar zu Ihrer Rede. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der provokante Titel der heutigen Aktuellen Stunde gibt uns zudem Gelegenheit, die Frauenpolitik der Regierung ins richtige Licht zu rücken. Der Herr Bundeskanzler hat das schon hervorragend gemacht. Es war schon bezeichnend, dass dieser klassische Vorwurf, der lange Zeit im Raum stand, wir hätten das Frauenministerium abgeschafft, von der ehemaligen Frauenministerin nun nicht mehr gekommen ist. Wir haben nämlich eine Frauenministerin, und zwar Frau Dr. Sickl. Die drei Abteilungen von Frau Kollegin Prammer sind eben aus dem Konsumentenschutz-Ministerium jetzt in das Sozial- und Frauenministerium hinübergewandert. Abgeschafft haben wir somit nichts. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler hat schon ausgeführt, dass die Diskussion über die Abschaffung des Frauenministeriums eine Feigenblatt-Diskussion ist, denn auch das frühere Frauenministerium war nur ein Anhängsel an den Agenden des Konsumentenschutzes und den wesentlich größeren Agenden des Verbraucherschutzes. In diesem Ministerium waren die Angelegenheiten des Giftverkehrs, der Futtermittelhygiene, der Schlachttier- und Fleischuntersuchung mit wesentlich mehr Personal und auch mehr Budgetmitteln bedacht als die Frauenangelegenheiten. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein Sammelsurium!) Dieses nicht sehr effiziente Konglomerat haben wir jetzt in eine wesentlich bessere Konstellation gebracht. Frau Dr. Sickl ist nämlich jetzt Sozialministerin, Frauenministerin und Familienministerin und somit für diese Agenden zuständig. Sie ist mit


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mehr Kompetenz und mit mehr Budget ausgestattet (Abg. Grabner: Und weniger Können!) , was ein großer Vorteil für die Frauen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der zweite große Vorteil für die Frauen ist das neue Kinderbetreuungsgeld, das den Frauen wesentlich mehr Freiheit im Hinblick auf die Wahl, ob sie bei den Kindern zu Hause bleiben oder berufstätig sein wollen, einräumt.

Der dritte große Vorteil ist – und es ist schon irgendwie skurril, dass Sie das jetzt kritisieren, denn das ist eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens –, dass die Kindererziehungszeiten jetzt neuerdings pensionsbegründend sind, und zwar begründen sie eine eigenständige Pension für die Frauen. Und das ist ein Quantensprung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der vierte große Vorteil, den Frauen in Zukunft haben werden, ist der im Regierungsübereinkommen festgelegte neue Ansatz zum Arbeitsplatz Haushalt. Gerade die berufstätigen Frauen – das sind ja jene, die Sie so unterstützen – haben doch das Problem, dass sie zur Unterstützung im Haushalt womöglich Hilfe brauchen, die allerdings in keiner Weise vom Staat berücksichtigt wird. Die Betreuungs- und Pflegearbeit, die heute noch überwiegend bei den Frauen angesiedelt ist, kann über den Dienstleistungsscheck, über den Haushaltsscheck auf die Frauen entlastend wirken.

Frauenpolitik ist natürlich nicht gleich Familienpolitik. Aber so streng trennen möchten wir es nicht, Frau Kollegin Prammer. Und da haben wir eben einen anderen Ansatz. Wir glauben, dass Familienpolitik immer auch ein Stück Frauenpolitik ist. Und wir lassen es nicht zu, dass Sie Frauen, die sich zu Hause der Kindererziehung widmen, herablassend als Nur-Hausfrauen abqualifizieren. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Zierler. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.36

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Bundesminister! Hohes Haus! Sprechen wir also über die vermeintliche Benachteiligung der Frauen durch die neue Bundesregierung – eine Bundesregierung mit einer Zahl von weiblichen Regierungsmitgliedern, die es bis jetzt in keiner österreichischen Regierung gab. Das Amt des Vizekanzlers ist in den Händen einer Frau, aber, Frau Dr. Petrovic, nicht deswegen, weil es die Quote erfordert, sondern auf Grund von Kompetenz, von Qualifikation und von Selbstverständlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Internationale Frauentag war heuer in Österreich ein ganz besonderer Internationaler Frauentag, aber nicht deshalb, meine Damen und Herren, weil Sie zu Demonstrationen aufgerufen haben, sondern deshalb, weil dieser Frauentag erstmals unter einer Regierung gefeiert wurde, deren Führungsduo eine Frau angehört. (Abg. Silhavy: Der Internationale Frauentag wurde nicht wegen dieser neuen Regierung gegründet, sondern schon 1911!)

Unsere Partei hat auch nicht gesagt, wir sind noch nicht reif für eine Frau an der Spitze. Diese Aussage kam von Frau Ederer von der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen kein Ministerium für Frauenangelegenheiten. Eigentlich ist es müßig, jetzt noch einmal darüber zu sprechen: Veterinärmedizin, Tierseuchen und Tierkörperverwertung ohne Kompetenzen, ohne eigenständiges Budget. – Was wir brauchen, sind Frauen, die an allen politischen Entscheidungen teilhaben und daher auch in allen Bereichen aktiv werden können.

Beispiele aus Skandinavien zeigen, dass sich dort, wo Frauenpolitik als Bestandteil der Gesamtpolitik gesehen wird, die ungleichen Verhältnisse zwischen Männern und Frauen verändern, und zwar zum Besseren verändern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Unsere Ziele sind es, Gleichrangigkeit von Männern und Frauen auf allen Ebenen zu unterstützen, Frauen und Mädchen zu fördern, und zwar in allen Bildungsbereichen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. – Eine uralte Forderung der SPÖ.

Herr Genosse Verzetnitsch – leider ist er im Moment nicht anwesend –, dieses Ziel zu erreichen wäre eigentlich Sache der Sozialpartner gewesen, wäre Sache von Kollektivvertragsverhandlungen gewesen. Warum finde ich diese Forderung mit einer beständigen Regelmäßigkeit in allen Wahlprogrammen der SPÖ? – Trotz 30 Jahren sozialdemokratischer Frauenpolitik wurde diese Forderung bis heute nicht annähernd umgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen! Schrille Töne allein genügen nicht, damit haben Sie auch in den letzten Jahren nichts verändern können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes oder des Karenzgeldes für alle bietet den Frauen erstmals eine echte Wahlmöglichkeit, aber nicht, wie Sie gerne kolportieren, die Wahl zwischen Küche oder Beruf. Das heißt, die Frau kann entscheiden, ob sie berufstätig bleiben will, was bisher nicht erlaubt war, und das Geld für die Betreuung ihres Kindes verwendet, ob sie das Kind einer Krabbelstube, einem Kindergarten, einer Tagesmutter oder einer anderen Bezugsperson anvertraut oder ob sie die ersten Jahre bei ihrem Kind bleibt und diese Zeit auch für eine Weiterbildung nutzt, um dann den Wiedereinstieg in den Beruf leichter zu schaffen. Diese Entscheidung kann die Frau in Zukunft treffen! Ich sehe es als unsere Aufgabe an, für entsprechende Fördermaßnahmen zu sorgen, um den Frauen den Wiedereinstieg zu erleichtern.

Frauenarmut – ein wichtiges Thema in Österreich. Der Frauenarmut entgegenwirken – das sehe ich als unsere Aufgabe an. Daher sind nunmehr auch die Kindererziehungszeiten pensionsbegründend. (Abg. Huber: Mit 250 S! – Abg. Silhavy: Das glaubst du ja selber nicht!)

Was ist noch an das Karenzgeld beziehungsweise an das Kinderbetreuungsgeld gekoppelt? – Die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, die in letzter Zeit sehr vernachlässigt wurden.

Die Rahmenbedingungen müssen von den Politikern geschaffen werden. Die Entscheidung muss jede Frau ganz für sich alleine treffen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben auch nicht die Philosophie der SPÖ, die besagt: Frau bekommt Kind, Kind wird abgegeben, und Frau muss, um auch als solche akzeptiert zu werden, wieder ins Berufsleben zurückkehren. (Abg. Silhavy: Das ist ja ungeheuerlich!)

Wie kommen Frauen, die keinerlei Karrierepläne haben, die glücklich sind mit ihrem Leben als Hausfrau und Mutter, die Familienarbeit leisten, die Spitzenmanager in ihrem Bereich sind, dazu, sich ständig von SPÖ und Grünen diskriminieren zu lassen?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Unsere Aufgabe ist es, das Bild der Frauen zu verändern und Frauen einen höheren Stellenwert zu geben, sei es in der Familie oder im Beruf.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Theresia Zierler (fortsetzend): Wenn sich Freiheitliche zu diesem Thema äußern, dann werden sie niedergeschrieen und ausgebuht. Wie komme ich dazu, in die Nähe von Rassismus und Faschismus gerückt zu werden, nur weil ich nicht das Frauenbild linksextremer, radikaler Feministinnen unterstütze, Männer nicht als Feinde, sondern als Partner sehe und dem linken Frauenbild – Gott sei Dank! – nicht entspreche?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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11.42


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16. Sitzung / Seite 21

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Haigermoser: Woher haben Sie die "scharfe" Brille? – Abg. Mag. Kukacka: Ist das die Berlin-Brille?) Eingangs eine Frage an den Herrn Bundeskanzler. Sie sagten, Frauen hätten in dieser Bundesregierung keine Alibi-Ressorts, sondern wichtige Ressorts, Ressorts mit Kompetenz. Meine Frage dazu: Gibt es denn in dieser Bundesregierung irgendwelche Alibi-Ressorts, oder was haben Sie damit gemeint? Vielleicht können Sie uns das noch mitteilen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu dem von Ihnen angesprochenen Wachstum der Beschäftigung. Vielleicht wird sich die Frau Sozialministerin auch noch dazu äußern. Herr Bundeskanzler, es ist zutreffend, dass es einen Beschäftigungszuwachs gibt. Allein Sie kennen die Zahlen so gut wie ich. Das Jobwunder auf österreichisch ist nicht die Frucht dieser Bundesregierung, sondern es hat auch schon in der Vergangenheit unsere Kritik hervorgerufen. Aber Sie jedenfalls waren mit beteiligt. Das Jobwunder ist ein Wunder an Geringfügigkeit, Geringfügigkeit für die Frauen!

Herr Bundesminister! Ich habe die genauen Zahlen hier. Zwischen Mai 1998 und 1999 ist die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse um 12,7 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der unselbständig Beschäftigten insgesamt nur um 0,8 Prozentpunkte gestiegen. Und von eben diesen entfällt wieder ein Großteil, mehrheitlich Frauen betreffend, auf Personen mit einem Monatseinkommen von unter 12 000 S brutto. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer trägt dafür die Verantwortung? – Abg. Mag. Kukacka: Wer war dafür bisher verantwortlich?)

Ein schönes Wunder! Ja, sie sind in Beschäftigung. Ob "frau" davon leben kann, ist eine andere Frage. Vor allem gibt es erstmals wieder eine Zunahme der Zahl von Personen, die unter 12 000 S brutto verdienen. Bis zum Jahr 1996 war diese Zahl rückläufig. Jetzt steigt die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, und das ist sehr, sehr schade. Das betrifft leider in erster Linie die österreichischen Frauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Erzählen Sie das der ehemaligen Frauenministerin Prammer!)  – Ich erzähle es dem Hohen Haus! Ich hoffe, das Hohe Haus wird diese Zahlen mit Erschütterung zur Kenntnis nehmen und auch Sie, Herr Kollege Schweitzer, der Sie so laut rufen.

Zu der vielfach angesprochenen Wahlfreiheit: Schauen wir uns an, wie es um die Wahlfreiheit steht! Ich bin eine leidenschaftliche Vertreterin der Wahlfreiheit für Frauen. In der Praxis schaut es allerdings ein wenig anders aus. Ich zitiere das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, kein grünes Institut. Die Zahlen stammen vom Februar 2000, sind also brandaktuell. Dieses Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft geht davon aus, dass, grob geschätzt – und das wird sehr ausführlich begründet –, 75 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter einen Beruf ausüben wollen. Die tatsächliche Erwerbsquote liegt aber in Österreich im europäischen Vergleich der entwickelten Industriestaaten niedrig, nämlich bei 60 Prozent. Das heißt, 15 Prozent der Frauen wollen arbeiten, können es aber nicht. Wie schaut es da mit der Wahlfreiheit aus? Woran krankt es denn da? – Es fehlen öffentliche Verkehrsverbindungen. Vor allem aber fehlen hochwertige, nahe gelegene und preisgünstige Kinderbetreuungseinrichtungen. Und das ist eine Schande! (Beifall bei den Grünen.)

Errichten Sie keine ideologischen Scheingebilde, sondern stellen Sie die Wahlfreiheit erst einmal her!

Ein Allerletztes: Die wohl schlimmste Einschränkung von Wahlfreiheit ist dann gegeben, wenn Frauen, sehr hoch qualifizierte Frauen, Spitzenfrauen, durch Druck, durch Angst einflößende Maßnahmen aus ihrer Berufstätigkeit verdrängt werden sollen. Ich rede einmal mehr von Frau Superintendentin Gertraud Knoll. (Zwischenruf des Abg. Jung.  – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Hohn und Spott aus den Reihen der Freiheitlichen – ich hoffe, die StenographInnen haben es protokolliert. Es ist bemerkenswert: Die Briefe, in denen sogar das Leben der Kinder von Gertraud Knoll bedroht wird, werden durch Aufrufe provoziert. Und diese Aufrufe können Sie auf der Homepage des freiheitlichen Parlamentsklubs abrufen. Das ist erbärmlich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Pfui, pfui!)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kuntzl. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

11.48

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn uns die Redner und Rednerinnen der Regierungsparteien weismachen wollen, dass wir nicht mit Rückschritten in der Frauenpolitik konfrontiert sind, so muss ich dem entgegenhalten, dass das dennoch der Fall ist. Ein stetiges Wiederholen wird die Fakten nicht ändern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter : Ganz richtig!)

Sie haben sich zum Ersten – und das schmerzt besonders aus der Perspektive der Frauen – vom Ziel der Frauenpolitik verabschiedet, nämlich vom Ziel der Eigenständigkeit. Sie konstruieren eine Frauenpolitik der Belastungen und der neuen Abhängigkeiten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Und was ist mit der eigenständigen Pension für Frauen?)

Sie haben die Institutionen der Frauenpolitik abgeschafft. Dies, damit Sie nicht enttäuscht sind, dass von uns heute kein Protest gegen die Abschaffung des Frauenministeriums kommt. Natürlich können wir das weiterhin nicht akzeptieren, dass das Frauenministerium abgeschafft worden ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir alles schon gehört! Sie wiederholen sich!)

Es war keine willkürliche Ansiedelung des Frauenministeriums, Herr Bundeskanzler. Es war keine willkürliche Ansiedelung im Bundeskanzleramt, weil Frauenpolitik Querschnittsmaterie ist (Abg. Dr. Fekter: Feigenblatt!) und weil es einen Sinn hat, Frauenpolitik aus der Institution des Bundeskanzleramtes heraus zu machen. Der nächste Schritt wäre allerdings nicht die Abschaffung oder die Unterordnung gewesen, der nächste Schritt wäre ein eigenständiges Frauenministerium gewesen. Und diesen Schritt, mit dem wir in ganz Europa beispielhaft hätten sein können, haben Sie verabsäumt zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie drehen in Ihren Handlungen und in Ihrer Programmatik den Grundsatz um, dass Frauenpolitik in allen Bereichen der Gesellschaft, in allen Bereichen der Politik stattzufinden hat. Sie konstruieren Belastungen für Frauen in allen Bereichen. Sie konstruieren neue Abhängigkeiten für Frauen in allen Bereichen. Und das werden wir nicht akzeptieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen das in zwei Bereichen darlegen. Zum einen im Bereich der Entscheidung für Beruf oder Familie, denn diese Politik betreiben und konzipieren Sie. Immerhin reden Sie schon von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was man ja als kleinen Fortschritt bezeichnen könnte. Aber, meine Damen und Herren, wo sind die entsprechenden Schritte? Mit welchen Schritten wollen Sie diese Vereinbarkeit für die Frauen gewährleisten? – Diese fehlen völlig in Ihrem sehr dünnen Kapitel zur Frauenpolitik in der Regierungserklärung. Kein Wort vom Recht auf Teilzeitarbeit, kein Wort von der Verlängerung der Behaltefrist, Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen – kein Anliegen, Wiedereinstieg: Kürzung der Mittel. Die Wiedereinstiegsmaßnahme, die Sie für die Frauen konzipieren, ist der Bürgerdienst, bei dem sie dann um ganz wenig Geld, um ein geringes Einkommen Pflegedienst leisten müssen. Das ist Ihre Wiedereinstiegsmaßnahme für Frauen, und das ist nicht akzeptabel! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht!)

Sie betreiben – als zweites Beispiel – eine Politik des geteilten Arbeitsmarktes: auf der einen Seite der Arbeitsmarkt, auf dem die Männer die gut bezahlten, jedenfalls Existenz sichernden Jobs finden können, und auf der anderen Seite der Arbeitsmarkt für die Frauen, mit den geringfügig Beschäftigten, den Scheinselbstständigen und den Teilzeitbeschäftigten. Die Frauen kommen nicht mehr aus der Teilzeitfalle heraus, denn das Recht auf Rückkehr aus der Teilzeitarbeit gestehen Sie ihnen ja nicht zu. (Abg. Gaugg: Das ist ja abenteuerlich, was Sie aufführen! Das habt ja ihr gemacht! Das haben ja Ihre Genossen so vollzogen! Eine Selbstanklage! Das ist Ihre Politik!)

In Ihrem Programm sind nur für die Frauen in Spitzenpositionen Maßnahmen vorgesehen. Kein Wort von der "kleinen Frau" – weil Sie das Wort vom "kleinen Mann" immer im Mund führen –,


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kein Wort von der kleinen durchschnittlichen berufstätigen Frau! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie stärken nicht die Arbeitsmarktpolitik, Sie kürzen die Mittel. Sie sehen keine Qualifizierungsmaßnahmen vor, die wir auf Grund der von Ihnen geplanten Verlängerung des Karenzurlaubs auf zwei Jahre umso mehr brauchen würden. Da wäre das parallel besonders notwendig. (Abg. Gaugg: Alles falsch!)

Abschließend noch ein Wort zu den viel gerühmten weiblichen Persönlichkeiten in der Bundesregierung (Abg. Ing. Westenthaler: Totalabsturz!): Es ist gut, wenn Frauen in Spitzenpositionen kommen, quer durch alle Parteien, das ist gut. Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht nur um Quantität, es geht um Qualität! Und Frauen, die sich zu Advokatinnen der Abschaffung der Frauenpolitik machen, sind kein Aushängeschild für unsere Republik. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

11.53

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Hohes Haus! Ich muss gleich richtig stellen: Frau Kuntzl hat gesagt, die Frauenpolitik der Bundesregierung hat versagt. (Ruf bei der SPÖ: War gut, nicht?! – Abg. Schwarzenberger: Nein, das war nicht gut!) Die Frau Frauenministerin ist erst ab 1. April 2000 im Amt. Der Herr Bundeskanzler hat daher heute als Frauenminister das Wort ergriffen. Ich bin sehr froh darüber, dass er das getan hat, weil er damit ein Zeichen gesetzt hat, ein Zeichen, dass die Frauenpolitik an der Spitze ernst genommen wird. Vielen herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Also, Sie können nicht nur nicht den Tag vor dem Abend loben, Sie können den Tag auch nicht vor dem Abend "verteufeln".

Meine Damen und Herren! Ich muss auch weiters richtig stellen: Frau Kollegin Petrovic hat eine Frauen-Beschäftigtenzahl genannt, die dem internationalen Vergleich nicht standhalten kann. Ich hoffe, dass das die Frau Minister noch richtig stellen wird. Sie haben einfach falsche Daten miteinander verglichen. Erst jüngst wurde im "Standard" die Frauen-Beschäftigungsquote Österreichs im EU-Vergleich referiert, und diese schaut nicht so schlecht aus, wie Sie sie darstellen. Sie ist alle Mal verbesserungswürdig, aber sie ist auf gutem Niveau. Bitte lassen Sie die Kirche im Dorf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was ist noch zu sagen? – Im Familienbericht wird angeführt, dass mehr Frauen, als es bisher geschafft haben, nach der Karenzzeit in das Erwerbsleben zurückkehren möchten. Wir müssen also Maßnahmen setzen, um diese Rückkehr zu erleichtern. Frauen spüren, dass sie, wenn nichts geschieht, im Alter in eine Armutssituation geraten, die sie sich nicht verdient haben.

Was setzt die Bundesregierung dem entgegen? – Eine Maßnahme entsprechend einer langjährigen Forderung der ÖAAB-Frauen und der ÖVP-Frauen ist, die Karenzzeit, die bezahlte Karenzzeit auf zwei Jahre auszudehnen. Ich bedanke mich bei der Bundesregierung, dass diese Maßnahme Eingang in das Regierungsprogramm gefunden hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sehr herzlichen Dank dafür! Zwei Jahre Karenz, das ist das, was sich die Frauen wünschen, einschließlich der Möglichkeit, flexibler dazuzuverdienen, um den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern.

Nächster Punkt: Kinderbetreuung. Ich bin sehr froh darüber, dass wieder die ÖVP-Frauen diejenigen waren – und ich darf an der Spitze die niederösterreichischen ÖAAB-Frauen nennen –, die gesagt haben: Wenn der Kindergarten eine Bildungseinrichtung ist, dann soll wie bei anderen Bildungseinrichtungen der Besuch nicht daran scheitern, dass er zu viel kostet. In Niederösterreich kostet der Kindergarten während der Bildungszeit nämlich 0 S. Herzlichen Dank


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den Niederösterreichern für diese Maßnahme! Ich hoffe, dass wir damit ein gutes Beispiel für die Bundesregierung und andere Bundesländer geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin über die Haltung mancher Parteien sehr erstaunt gewesen, als diese Forderung zuletzt im Wiener Landtag und Gemeinderat diskutiert wurde. Wenn Integration, wenn Spracherziehung für Kinder im Vorschulalter wichtig sind, wenn diese Bildungseinrichtung Kindergarten allen Kindern zugänglich sein soll, darf es nicht am Geld scheitern. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Hier ist Ihre Handlung, hier ist Ihre Haltungsänderung gefordert! In Wien könnten Sie zeigen: Da gibt es eine Initiative, die wir unterstützen.

Noch etwas ist interessant in diesem Zusammenhang. Eine Pressemeldung von heute: New Labour gibt Gesamtschule auf. – Ich glaube, das ist eine wirklich wichtige, interessante Entscheidung. Tony Blair verabschiedet sich von der Gesamtschule. (Beifall sowie Oho- und Bravo-Rufe bei der ÖVP.)

Das hat auch mit Frauen- und Mädchenpolitik zu tun. Mädchen sind nämlich diejenigen, die sich nicht scheuen müssen, gute und anspruchsvolle Schulen zu besuchen, und Mädchen haben ein Recht darauf, höhere Schulen zu besuchen, die mit einem guten Abschluss, mit guten Berufsaussichten enden. Ich bin sehr froh, dass die ÖVP in der Regierung mit der FPÖ keinen Augenblick daran zweifelt, dass die Gesamtschule kein gutes Modell ist. Tony Blair hat es bewiesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin auch sehr froh darüber, dass sich die Bildungsministerin schon die Jahre zuvor, aber auch jetzt wieder mit einem engagierten Mädchenförderungsprogramm durchgesetzt hat. Ähnliches geschieht auch an den Universitäten und wird sicher von dieser Bundesregierung weiter unterstützt: Networking, Mentoring, Strategien entwickeln, Motivationsprogramme für eine Habilitation und so weiter. Wir dürfen nicht vergessen, mehr als 100 000 Studierende sind weiblich. Das sind unsere tüchtigen Frauen der Zukunft. Diese Maßnahmen wird die Bundesregierung mit aller Kraft unterstützen. Da bin ich ganz sicher.

Ein letztes Wort sei noch an Frau Ministerin außer Dienst Prammer gerichtet. Wenn Sie von der Teilzeitchance gesprochen haben, dürfen Sie nicht gleichzeitig von der Teilzeitfalle reden. Oder ist das Recht auf Teilzeit dann eine Falle, wenn es nicht als Recht garantiert ist? Und welche Garantie wäre dies dann? Weiters: Wie ist es mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit? Haben die beiden Zentralsekretärinnen der SPÖ jetzt jeweils genauso viel Lohn zu erwarten, wie ihn ihr Vorgänger Rudas bekommen hat, oder ist das jetzt anders geregelt, nach dem Motto: Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Schließlich: Vergessen Sie nicht, meine Damen und Herren vor allem von der SPÖ, dass natürlich Elektrizitätswirtschaftspolitik, Autobahnvignetten und so weiter auch Frauenpolitik sind! Aber wir müssen, um neue Verbesserungsmaßnahmen setzen zu können, erst durch das rote Budgetloch durch. Wenn wir das erledigt haben, setzen wir weitere Maßnahmen im Sinne von Gender Mainstreaming als "Österreich-Mainstreaming". – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haller. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.59

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich habe mich in den letzten Wochen mehrere Male gefragt, welche Fakten eigentlich dafür den Ausschlag geben könnten, dass von Frauen der Sozialdemokratie, der Grünen solche Horrorvisionen in Bezug auf die zukünftige Frauenpolitik gezeichnet werden. Ich habe sie nicht gefunden. (Abg. Huber: Regierungsprogramm!) Aber die frühere Frauenministerin Prammer hat heute die Antwort darauf gegeben. Sie hat gesagt, es lassen sich die Punkte erahnen . Nun wissen wir es also: Die Punkte lassen sich erahnen!


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Faktum, Frau Kollegin Prammer, ist aber, dass es 20 Jahre lang sozialdemokratisch dominierte Frauenpolitik in Österreich gegeben hat. Und wenn es noch Ungleichbehandlungen und Schlechterstellungen von Frauen in Österreich gibt – und die gibt es –, dann liegen diese in Ihrem Wirkungsbereich und dann haben Sie sie zu verantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn es heute heißt, dass das neue Programm Benachteiligungen für Frauen bringt, dann muss ich sagen, die alte Regierung hat mit den Benachteiligungen von Frauen nicht aufräumen können. Ich erinnere in diesem Zusammenhang sehr gerne an das Frauen-Volksbegehren: Damals haben genau dieselben Frauen, die heute auf die Straße gehen, Sie, Frau Kollegin Prammer, als Ministerin angegriffen und Ihnen die Schuld am Versagen der österreichischen Frauenpolitik gegeben.

Wir haben ein neues Programm, und, zugegeben, wir sind stolz auf dieses neue Programm. Wenn man das Kapitel betreffend Frauen im neuen Regierungsprogramm liest – das ist das Kapitel IV ab Seite 35 – und in Zusammenhang mit dem Kapitel I ab Seite 17, aber auch – und dazu bekennen wir uns, weil Frauen oft auch Mütter sind – mit dem Kapitel III betreffend die Familie stellt, dann kann man ganz klar erkennen, dass diese Befürchtungen, die Sie heute und immer wieder plakativ aufzeigen, alle nur Schimäre sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Huber: Sie bestätigen es ja! Frauen sind ein Teil der ...!)  – Dürfen Sie heute weiter vorne sitzen, Frau Kollegin? Sonst sitzen Sie nämlich weiter hinten. Dürfen Sie das heute? Sehr gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie wissen genau, dass mit dem Beschluss des Kinderbetreuungsgeldes eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens umgesetzt wird. Es wird die Karenzzeit verlängert werden, es wird in Zukunft bessere Zuverdienstmöglichkeiten geben, und das De-facto-Berufsverbot wird fallen, was wiederum den Vorteil hat, dass Wiedereinstiegshilfen vielleicht nicht mehr in diesem Ausmaß notwendig sein werden. Aber trotzdem bekennt sich die neue Regierung dazu, die bereits im NAP – ich zitiere wörtlich – festgeschriebenen Maßnahmen für Frauen und ältere Arbeitnehmer verstärkt fortzusetzen. Also was erzählen Sie denn da dauernd?

Genauso ist es mit den Kinderbetreuungseinrichtungen, Frau Kollegin Kuntzl. Es steht im Regierungsprogramm dezidiert drinnen, dass sich die neue Regierung zum weiteren Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen bekennt, wobei – wörtlich – auf pädagogische Erfordernisse, familienähnliche, kindgerechte, kundenorientierte Strukturen sowie die spezifische Situation von allein erziehenden Eltern Rücksicht zu nehmen ist.

Also alles Nonsens, was Sie hier erzählen, meine Damen!

Über das Wochenende ist der Vorwurf gekommen, dass die neue Karenzgeldregelung beziehungsweise das Kinderbetreuungsgeld Ausländerinnen benachteiligen würde. Das stimmt auch nicht! Ausländerinnen haben das gleiche Recht wie Österreicherinnen. Dazu haben wir uns bekannt. Derzeit bekommen weitaus mehr Ausländerinnen Kinderbeihilfe als Karenzgeld, also werden in Zukunft auch mehr Ausländerinnen Kinderbetreuungsgeld bekommen. Das ist ja ganz klar, und Sie wissen genau, dass die Anspruchsberechtigung beiden Elternteilen zusteht – nach wie vor.

Ich glaube, dass das Problem der ausländischen Frauen in Sachen Gleichberechtigung im ausländischen Kulturkreis liegt. Und diesbezüglich haben Sie, Frau Ex-Ministerin Prammer, auch versagt, das muss man einfach sagen. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine total nichts sagende Anfragebeantwortung Ihrerseits zur Gleichberechtigung von ausländischen Frauen.

Es ist hier eine Menge an unhaltbaren Behauptungen aufgestellt worden, die großteils wirklich als skurril zu bezeichnen sind. Das ist nachweisbar! SozialforscherInnen, SozialpädagogInnen, PolitikwissenschafterInnen oder auch Frau Kollegin Kuntzl müssten eigentlich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!


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Abgeordnete Edith Haller
(fortsetzend): Ich bin dabei. – Diese müssten eigentlich wissen, dass erfolgreiche Frauenpolitik nur ein Ziel haben kann, nämlich jenes, sich selber abzuschaffen, weil sie nicht mehr notwendig ist, meine Damen von der Sozialdemokratie. Und die Damen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie haben gesagt, Sie sind dabei. Jetzt darf ich Sie bitten, dieses Versprechen zu halten.

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend): Und die Damen, die heute auf die Straße gehen und gegen Maßnahmen demonstrieren und protestieren, bei denen in Zukunft nicht einmal die Absicht besteht ...

12.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich muss die Redezeit für beendet erklären, sonst benachteilige ich die anderen Redner. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP für die das Rednerpult verlassende Abg. Haller.)

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Sickl. – Bitte, Frau Ministerin. Gleiche Redezeit.

12.06

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedauere, dass die Oppositionsparteien so stark polarisieren (Abg. Parnigoni: Denken Sie einmal an Ihren Parteihäuptling in Ruhe!), weil ich glaube, dass uns allen das Thema Frauen am Herzen liegt. Ich lade Sie ein, dass wir uns zusammensetzen und gemeinsam gute Lösungen erzielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Eine solche Einladung ist schon an alle Frauenorganisationen ergangen. Ich werde mich demnächst mit Vertreterinnen aller zusammensetzen, um den Dialog zu suchen und um gemeinsame Lösungen anzupeilen, die wir gerade in diesem Bereich so dringend brauchen. Eine Vorrednerin hat es schon gesagt: Das Frauenthema ist eine Querschnittsmaterie. Und die Entwicklung in diesem Bereich soll so vor sich gehen, wie es in den Fragen des Umweltschutzes der Fall gewesen ist. Vor 20 Jahren war der Umweltschutz noch nicht ressortübergreifend, heute ist er das unbestritten. Das gleiche Ziel müssen wir in der Frauenpolitik haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich selbst habe schon einen ersten Ansatz gesetzt, um hier eine ressortübergreifende Regelung zu treffen. Es gibt schon einen Ministerratsvortrag, laut dem vorgesehen ist, dass in jeder Sektion eine Beauftragte oder ein Beauftragter die Frauenfreundlichkeit aller Maßnahmen dieser Sektion prüft. Die Ergebnisse werden in jedem Ministerium bei einer Ressortbeauftragten zusammengeleitet, und diese bilden gemeinsam eine interministerielle Arbeitsgruppe, die die Informationen vernetzt und diese Themen weiterführt. Also es passiert schon etwas genau in Richtung Querschnittsmaterie.

Ich muss mich auch dagegen verwahren, dass Sie uns Frauen die Eigenständigkeit aberkennen. Ich weiß, wovon ich rede, ich bin selbst Mutter von vier Kindern und immer berufstätig gewesen. Und daher ist das Thema der Frauen eines, das mir sehr am Herzen liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Beim Frauenministerium hat sich nichts geändert. Das hat es nie gegeben, sondern es war nur eine Sektion im Bundeskanzleramt. Und diese Sektion ist jetzt im Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen untergebracht, und glauben Sie mir, gerade die Frauensektion werde ich sehr gut betreuen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mir geht es besonders um Frauen mit geringem Einkommen, die die Ärmsten in unserer Gesellschaft sind, für die Sie auch noch nicht so viel getan haben, denn Sie jammern ja immer noch, dass es diesen Frauen schlecht geht. Ich werde mich bemühen, dass es gerade den Frauen mit geringem Einkommen in Zukunft besser gehen wird. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Korrigierend zur Beschäftigungsquote der Frauen: Wir haben heute eine Beschäftigungsquote in Österreich von 61,6 Prozent. Das ist um fast 3 Prozent mehr als im Jahre 1996, und damals betrug der EU-Durchschnitt 50 Prozent. Vor uns liegen nur Schweden, Dänemark und Großbritannien. Also wir brauchen uns hier keineswegs zu verstecken.

Obwohl ich in meinem Budget große Belastungen von Ihnen übernehmen musste, habe ich es erreicht, dass kein Frauenprojekt und kein Frauenverein eine Kürzung der Förderung hinnehmen mussten. Ich möchte auch betonen, dass es mir dabei darum gegangen ist, alle Frauenprojekte zu unterstützen (Abg. Parnigoni: Sind Sie dafür überhaupt noch zuständig? Dafür ist doch Bartenstein zuständig, da haben Sie doch nichts zu reden, Frau Sickl!), ohne Unterschied, ob es sich um progressive oder um konservative handelt, denn es geht mir darum, dass alle Frauen die Möglichkeit haben, sich zu artikulieren, und dass speziell auch die Arbeitsplätze in diesen Projekten gesichert sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Da sind Sie auch über den Tisch gezogen worden von der ÖVP! Wie immer!)

Zur Gleichbehandlung von Frauen. Bisher gab es nur zwei Gleichbehandlungsanwältinnen, in Zukunft wird es wesentlich mehr geben. Die Begründung für die Installierung einer Gleichbehandlungsanwältin in Klagenfurt ist bereits im Gange. In wenigen Wochen wird sie bereits in Funktion treten. Mir ist es ein Anliegen, dass gerade die Frauen in den ländlichen Bereichen, die weite Wege zurückzulegen haben, eine Gleichbehandlungsanwältin in der Nähe haben. Daher wird es demnächst eine in Graz geben und eine weitere für die Region Salzburg und Oberösterreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sie bestätigen die erfolgreiche Politik der Frau Prammer! Sehr gut! Da haben Sie Recht!)

Zum Kinderbetreuungsgeld. Warum behaupten Sie denn, dass die Zuverdienstgrenze, die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung während der Kindererziehung etwas Schlechtes ist? – Das ist positiv und fördert die Möglichkeit des Wiedereinstiegs, weil der Kontakt der Frau zu ihrem Arbeitsplatz nicht völlig abgebrochen wird.

Das Thema Wiedereinstieg ist eines, das uns, so glaube ich, alle sehr stark beschäftigt. Gerade da lade ich Sie zur Zusammenarbeit ein, weil ich meine, dass das ein Thema ist, das für die Frauen in Zukunft ganz wichtig ist. Wir müssen den Druck von den jungen Frauen nehmen, die heute berufstätig sind, dann zu Hause bleiben müssen, weil es keine Möglichkeiten der Kinderbetreuung für sie gibt, und den Wiedereinstieg in den Beruf schwer schaffen. Teilzeitbeschäftigung, flexible Arbeitszeiten, Fortbildung der Frauen in der Zeit der Kinderbetreuung, das sind wichtige Ziele, die wir in der Zukunft verfolgen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Und als Letztes: Mir wird es ein Anliegen sein, auch in Zukunft ausreichend Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, besonders auch für die Null- bis Dreijährigen. Es stehen heuer schon 133 Millionen Schilling ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlusssatz!

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl (fortsetzend): ... zur Verfügung, um die Kindergartenmilliarde zu vervollständigen. Wir werden aber auch in Zukunft genau dieses Thema verstärkt verfolgen, um den Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Kostelka. – Bitte.

12.11

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Gemäß § 97a Abs. 5 der Geschäftsordnung hat die Aktuelle Stunde 60 bis 70 Minuten zu betragen, wobei den Abgeordneten zumindest 50 Minuten zukommen. Jetzt haben zwei Regierungsmitglieder gesprochen. Sie haben ihre Redezeit voll ausgeschöpft. Ich beantrage daher, dass im Sinne der Geschäftsordnung eine weitere Runde von Abgeordneten zu Wort kommt, und nominiere Frau Abgeordnete Wurm namens meiner Fraktion. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka! Es ist wahr, dass wir die 50 Minuten Redezeit für Abgeordnete noch nicht ausgeschöpft haben. Es ist aber auch wahr, dass im nächsten Absatz des § 97a steht: Von jedem Klub sollen in der Regel zwei Redner zu Wort gelangen. – Dieser Widerspruch ergibt sich daraus, dass wir diese Geschäftsordnungsbestimmung zu einem Zeitpunkt formuliert haben, als das Haus fünf Fraktionen hatte, und fünf mal zwei Redner waren zehn Redner, mal 5 Minuten waren 50 Minuten.

Wir haben jetzt eine neue Situation, und ich würde zur Güte vorschlagen, dass wir Ihre Wortmeldung zur Kenntnis nehmen, nämlich die Tatsache, dass wir jetzt nur vier Fraktionen mit in der Regel acht Abgeordneten mit 40 Minuten Redezeit haben, und dass wir darüber in der nächsten Präsidialsitzung beraten, um ein einheitliches und einvernehmliches Modell zu entwickeln.

Dann darf ich Frau Abgeordneter Lunacek das Wort erteilen, damit ich nicht irrtümlich noch eine Rednerin weniger statt vier weitere zu Wort kommen lasse. – Bitte.

12.13

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Sozialministerin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Ministerin für soziale Gerechtigkeit und Generationen! Ich möchte zuerst das ansprechen, auf das Sie jetzt eingegangen sind. Sie haben zum Beispiel gesagt, dass wir von den Oppositionsparteien den Frauen in Ihrer Regierung die Eigenständigkeit absprechen. Darum geht es nicht! Es geht darum, dass wir bisher nur vernehmen konnten, dass Sie sich darum bemühen wollen, dass Frauen vermehrt auch in höhere Positionen kommen, aber wir haben bisher noch nirgendwo gelesen oder gehört, wie Sie das tatsächlich umsetzen wollen, wo es dazu Förderpläne und Ähnliches gibt. Darüber steht in Ihrem Regierungsprogramm nämlich nichts. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Sie haben auch gesagt, dass noch kein Frauenprojekt eine Kürzung hinnehmen musste. Ich hoffe, dass die Frauenorganisationen das mittlerweile wissen, denn ich weiß von ihnen nicht, dass sie sich schon sicher sind, dass es keine Kürzungen für sie geben wird. Das ist noch offen. Ich nehme Ihr Wort gerne als bare Münze und hoffe, dass es auch alle Frauenorganisationen gehört haben, dass es keine Kürzungen in diesen so wichtigen Bereichen in diesem Land geben wird.

Ein anderer Punkt noch: Sie haben gesagt – und das ist sicher zu loben –, dass es jetzt mehr Gleichbehandlungsanwältinnen geben wird. Frau Ministerin! Ich hoffe doch sehr, dass Sie mittlerweile seit Ihrem Interview, das Sie dem "Standard" vor einigen Wochen gegeben haben, auch um den gesamten Geltungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes wissen. Dieses gilt nämlich auch für die Privatwirtschaft, und es sind auch in diesem Bereich Maßnahmen notwendig.

Nun möchte ich zu den Ausführungen der Kollegin Zierler von der Freiheitlichen Partei kommen, die gemeint hat, wir sollten doch endlich zur Kenntnis nehmen, dass es jetzt eine Vizekanzlerin und mehr Frauen als bisher in der Regierung gibt. Das sei jetzt alles wunderbar, das seien Frauen mit Kompetenz und Qualifikation, und wir sollten uns nicht mehr darüber aufregen, dass es keine Pläne gibt, das anders zu machen.

Frau Ministerin Sickl! Sie haben sich im selben "Standard"-Interview auch dagegen ausgesprochen, dass es für Frauen Quoten gibt. Sie sagen, Sie wollen keine Alibi-Frauen. Das, was mir da sehr oft auffällt, ist, dass es immer noch so ist – das ist auch in den beiden Regierungsparteien so –, dass Sie auch hier im Parlament nicht die Hälfte der Mandate an Frauen vergeben haben. Auch die SPÖ nicht, muss ich sagen. Aber bei der FPÖ ist es überhaupt am schlimmsten, die hat nur 17,3 Prozent Frauen im Klub. Ist das wirklich Gleichstellung? Geht das denn ohne Quoten? – Ich sage Ihnen, das geht nicht, Quoten sind notwendig. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Und da geht es nicht, Herr Kollege, um die Qualifikation. Wir wissen ganz genau, dass Frauen in den meisten Fällen mindestens genauso gut qualifiziert sind wie Männer (Beifall bei den Grünen


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und bei Abgeordneten der SPÖ), dass sie es aber nicht immer schaffen weiterzukommen, weil dort nämlich Männer sitzen, die es mit ihren Bünden und ihren Vereinigungen schaffen, weiter hinaufzukommen, sodass ich eher von Alibi-Männern sprechen würde anstatt von Alibi-Frauen, die es dann vielleicht noch gibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Quotenmänner!) Deswegen ist es notwendig, dass es Quoten und genaue Frauenförderpläne gibt.

Frau Kollegin Zierler – ich habe sie das schon einmal gefragt im Plenum – hat mir bisher noch nicht darauf geantwortet, warum es denn so ist, dass die Freiheitliche Partei, auch die ÖVP und die Sozialdemokraten unserem Antrag, die Parteienförderung auf die Anzahl der an Frauen vergebenen Mandate in den Parteien abzustimmen, bisher nicht zugestimmt haben, damit eben Frauen größere Chancen haben, damit es im FPÖ-Klub nicht mehr nur 17,3 Prozent Frauen und im ÖVP-Klub 23,1 Prozent Frauen gibt, damit der Frauenanteil eben angehoben wird. Darauf hat mir niemand, weder die Frau Kollegin Zierler noch die anderen Sprecherinnen der beiden Regierungsfraktionen, eine Antwort gegeben. Auf die warte ich noch und bin neugierig darauf.

In Ihrer Regierungserklärung steht betreffend Frauen im öffentlichen Leben groß zu lesen: Sie setzen sich zum Ziel, die gesellschaftliche Anerkennung des politischen Engagements von Frauen zu verbessern. – Da frage ich mich: Meinen Sie damit das ehrenamtliche oder das bezahlte Engagement? Meinen Sie das ehrenamtliche, im Sinne der Bürgergesellschaft des Herrn Kollegen Khol, wobei es darum geht, dass die Frauen mehr in der Öffentlichkeit machen, helfen, auftreten, oder meinen Sie die bezahlte Arbeit, die Karriere, die Frauen machen können? Und Sie wollen sich bemühen – steht in der Regierungserklärung –, politische Strukturen frauen- und familienfreundlicher zu gestalten, damit Frauen ermutigt werden, sich politisch zu engagieren. Das sind Absichtserklärungen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ein Satz noch: Von konkreten Plänen zur Umsetzung haben wir von Ihnen noch nichts gehört. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit erkläre ich die Aktuelle Stunde für beendet, und wir werden uns, wie gesagt, in der Präsidialsitzung darüber unterhalten, ob wir am Ablauf etwas verändern sollen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfrage: 519/J.

2. Anfragebeantwortungen: 246/AB bis 272/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (57 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz), das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Finanzstrafgesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (58 der Beilagen),


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Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (59 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (60 und Zu 60 der Beilagen),

Budgetbegleitgesetz 2000 (61 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 111/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Erhaltung einer eigenständigen Sozial-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Organisation der Bundesministerien;

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 105/A (E) der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend Schulterschluss gegen die EU-vertragswidrigen, diskriminierenden Sanktionen gegen Österreich,

Antrag 106/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend gemeinsame Maßnahmen aller im Nationalrat vertretenen Parteien zur Beendigung der weitgehenden außenpolitischen Isolation Österreichs,

Antrag 113/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Ratifikation des internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker;

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 109/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Fraueninteressen wahrnimmt;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 114/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Einbindung der im Menschenrechtsbereich tätigen Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) in die Ausarbeitung von Grundlagen der österreichischen Menschenrechtspolitik,

Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Information des österreichischen Nationalrats und der zuständigen Ausschüsse über die Standpunkte und Vorhaben der Bundesregierung betreffend EU-Grundrechtscharta;

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden (52 der Beilagen),

Antrag 108/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Umweltinteressen wahrnimmt,

Antrag 112/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmen, die der fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "KonsumentInnenpolitik und -schutz" entgegenwirken;


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Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 107/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird,

Antrag 110/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich möchte in Ihrer aller Namen Herrn Bundespräsidenten Dr. Klestil sehr herzlich begrüßen, der in unserer Mitte weilt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 209/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung habe ich mitzuteilen, dass das nach § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 209/AB zur Anfrage 159/J der Abgeordneten Brosz und Fraktion betreffend World Sports Award of the Century durch den Herrn Bundeskanzler abzuführen.

Diese Kurzdebatte findet nach § 57a der Geschäftsordnung um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Stoisits beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 14/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz und andere Gesetze geändert werden, eine Frist bis zum 25. April dieses Jahres zu setzen.

Es ist in diesem Zusammenhang das Verlangen gestellt worden, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Die Kurzdebatte wird im Anschluss an die soeben bekannt gegebene Debatte zur Anfragebeantwortung stattfinden.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein Antrag nach § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf erste Lesung zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Die erste Lesung wird morgen stattfinden.

Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialsitzung wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demnach wird eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, wodurch sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten, Grüne 92 Minuten.

Darüber hat ebenfalls das Hohe Haus zu befinden, und ich frage: Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so festgelegt.


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1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort. – Bitte, Herr Minister.

12.22

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Hochverehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Das Budget des Jahres 2000, das ich Ihnen heute vorlegen darf, ist das erste der laufenden Legislaturperiode. Es soll das gesetzliche Budgetprovisorium noch vor dem Sommer ablösen. Mit diesem Budget beginnt die Umsetzung der gemeinsamen Regierungserklärung vom Februar dieses Jahres.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz schwieriger Rahmenbedingungen durch ein drohendes 109-Milliarden-Schilling-Nettodefizit im Allgemeinen Haushalt hat die neue Bundesregierung Handlungsfähigkeit bewiesen und das Budget 2000 in einer Rekordzeit von nur vier Wochen zu Stande gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Verpflichtung zur Budgetkonsolidierung, die Österreich als Folge des Maastricht-Vertrags eingegangen ist, erlaubt uns eine Verschuldung des Bundes von 62 Milliarden Schilling. Das sind 2,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beziehungsweise 1,7 Prozent für den Gesamtstaat.

Der Entwurf für den Bundesvoranschlag 2000 sieht Einnahmen in der Höhe von 726,7 Milliarden Schilling und Ausgaben in der Höhe von 781,3 Milliarden Schilling, somit ein administratives Nettodefizit von rund 54,6 Milliarden Schilling oder 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor. Dies deshalb, weil das Maastricht-Defizit im Jahr 2000 nur dann erzielbar sein wird, wenn das administrative Defizit deutlich unter dem Zielwert von 62 Milliarden Schilling liegt. Das ist durch den vorliegenden Entwurf des Bundesvoranschlages gelungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Daher ist davon auszugehen, dass die Verpflichtungen des Bundes aus dem österreichischen Stabilitätsprogramm betreffend das Defizitziel für das Jahr 2000 auch eingehalten werden können. Diese Zahlen setzen auch voraus, dass die Länder, Städte und Gemeinden einen angestrebten Gebarungsüberschuss in der Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes tatsächlich einhalten können. Das ist sicher ein ehrgeiziges, aber durchaus erreichbares Ziel, wenn alle Gebietskörperschaften die ausgabenseitige Konsolidierung ihrer Haushalte auch zur besonderen Priorität erheben.

Ich darf daran erinnern, dass Ausgangspunkt der Betrachtungen die prognostizierten und angesprochenen 109 Milliarden Schilling Nettodefizit waren. Von den Konsolidierungsmaßnahmen im Jahr 2000 entfallen nun 14,5 Milliarden Schilling auf Ausgabeneinsparungen, lediglich rund 7 Milliarden Schilling werden durch Erhöhungen bei Abgaben und Gebühren, 20 Milliarden Schilling durch Einmalmaßnahmen und 12,9 Milliarden Schilling durch Fondsabschöpfungen erzielt. (Abg. Parnigoni: Erhöhungen! Erhöhungen! Ich höre immer nur Erhöhungen!)

Vergleicht man das Nettodefizit in Prozent des Bruttoinlandsproduktes mit den Defiziten vergangener Jahre, dann ist es letztmalig im Jahr 1974 – im Jahr 1974, meine Damen und Herren – gelungen, den Wert von 2 Prozent des administrativen Budgets 2000 zu unterschreiten. Gemessen in absoluten Beträgen wurde das Nettodefizit des Jahres 2000 letztmalig im Jahr 1982 mit 46,6 Milliarden Schilling unterschritten.

Dieser Weg einer vor allem ausgabenseitigen Sanierung unseres Staatshaushaltes muss in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, muss im strukturellen Bereich verstärkt werden, damit budgetäre Freiräume geschaffen werden können, die für die Finanzierung und die Moder


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nisierung von lebenswichtigen und zukunftsfähigen Strukturen unseres Landes notwendig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir können stolz darauf sein, ein realistisches Budget ohne Tricks ungeachtet des enormen Zeitdrucks auf die Beine gestellt zu haben. Das Budget 2000 stellt einen gelungenen Mix aus Einsparungen und aus wirklich sehr maßvollen einnahmenseitigen Maßnahmen dar. Wir haben in erster Linie gespart und zugleich dort, wo es insbesondere hinsichtlich der Kostendeckung von öffentlicher Leistungserbringung vertretbar war, Anpassungen auf der Einnahmenseite vorgenommen.

Da das Finanzjahr 2000 schon vorgeschritten war, konnten tiefer gehende Strukturmaßnahmen leider noch nicht in Angriff genommen werden. Die knappe Budgetierung auf der Ausgabenseite im Jahr 2000 stellt aber dennoch bereits eine Schnittstelle zu Strukturreformen dar, weil die Aufgabenpriorisierung erste Weichenstellungen in jedem Ressort verlangen wird.

Wichtige Schritte in Richtung eines Globalbudgets wurden bereits gesetzt. Der bei den Verhandlungen angewandte Top-down-Approach gab den Ministerien wesentlichen Spielraum für Schwerpunktsetzungen auf Ressortebene und betont damit auch den Respekt vor der fachlichen Eigenverantwortung jedes Ministers und jeder Ministerin. Dazu werden auch die Umschichtungsermächtigungen im Bundesfinanzgesetz 2000 wesentlich erweitert.

Es ist mir ein Bedürfnis, als oberstes Prinzip hervorzuheben, dass diese Regierung in besonderer Weise soziale Gerechtigkeit ermöglichen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Ich sage "ermöglichen", meine Damen und Herren, weil wir und alle Experten der Meinung sind, dass die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates und die geringe soziale Treffsicherheit von Transfers neue Wege und Instrumente der Sozialpolitik notwendig machen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn wir heute das Budget sanieren, damit wir morgen wichtige Aufgaben erfüllen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn sich heute die jungen Menschen darauf verlassen können, dass sie im Alter noch eine Pension bekommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn jene Hilfe erhalten, die sie wirklich brauchen, und nicht alle, die diese Hilfe in Anspruch nehmen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn Leistungen ihren Stellenwert haben, aber gleichzeitig die Armut in Österreich ganz konsequent bekämpft wird. Und soziale Gerechtigkeit ist es auch, die Chancen der Jugend zu bewahren und gleichzeitig die Sicherheit der älteren Generation zu gewährleisten. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Alle, die Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen haben, sollen diese auch möglichst unbürokratisch und bürgerfreundlich erhalten können. Wir wollen jede menschenunwürdige Bittstellerschaft von Behörde zu Behörde ein für alle Mal abschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Wir haben uns auch vorgenommen, die Struktur öffentlicher Ausgaben zu überprüfen und tief greifende Änderungen umzusetzen. So hat die Bevölkerung ganz einfach das Recht darauf, einen effizienten und im Sinne einer modernen Dienstleistungs- und Serviceeinrichtung organisierten Staat vorzufinden. Vorteile und Nutzen für den Bürger haben unser oberstes Gebot zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen gleichzeitig aber auch nach Alternativen suchen, die den allgegenwärtigen Ruf nach dem Staat durch andere Maßnahmen ersetzen helfen. Der Staat kann nichts geben, was er vorher nicht genommen hat. In diesem Sinne wird die Finanzierung der öffentlichen Ausgaben einer genauen Prüfung zu unterziehen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Danke vielmals.

Kostenwahrheit und Transparenz sollen bei der Entgeltlichkeit von staatlichen Leistungen an oberster Stelle stehen. Dies scheint vor allem deshalb geboten, um dem Bürger den Wert staatlicher Leistungen nahe zu bringen. Wir werden bei all unserem Tun das kurzfristige Denken in


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Legislaturperioden durch eine langfristige Strategie ersetzen. Insbesondere fühlen wir uns verpflichtet, kurzfristig, oft zu Lasten künftiger Generationen ausgerichtete Politik durch eine nachhaltige und längerfristige Betrachtung zu ersetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei den öffentlichen Ausgaben werden wir unter diesen Prämissen neue Schwerpunkte etwa im Bereich des Ausbaus der Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur und der Forschung setzen können. Wir sind es unserer Jugend schuldig, durch die Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen eine entsprechende Ausbildung sicherzustellen, die in einer globalisierten Wissens- und Informationsgesellschaft für den beruflichen Erfolg maßgeblich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten zum Nationalrat! Budgetkonsolidierung bedeutet aus unserer Sicht also nicht eine lineare Streichung von Ausgaben, sondern die Überprüfung der Erreichung der Ziele staatlicher Ausgaben. Die österreichische Wirtschaft hat in den letzten 25 Jahren infolge des zunehmenden Konkurrenzdrucks, verursacht auch durch die Integration Österreichs in die Europäische Union und die Ostöffnung, einen weltweit bewunderten Aufholprozess mit deutlich über der Europäischen Union liegenden Wachstumsraten erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Leider, meine Damen und Herren, können wir dies in keiner Weise vom staatlichen Sektor behaupten. Wir sind in diesem Bereich eher zu einem Problemfall in der Europäischen Union geworden. Die letzten Berichte, ob jene der OECD oder der Europäischen Union, aber auch jene der beide österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute, des Instituts für Höhere Studien und des Wirtschaftsforschungsinstituts, haben immer wieder betont, dass die Konsolidierungsziele des österreichischen Bundeshaushalts in den letzten Jahren alles andere als ehrgeizig waren. Schlimmer noch, auch notwendige Strukturreformen haben in den letzten Jahren nicht stattgefunden.

Die unvermeidbare Rücknahme von staatlichen Aktivitäten ist alleine schon auf Grund der Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität dieses Landes unumgänglich. Der hohe Anteil von Einmalmaßnahmen, Abschöpfung von Fonds und Ähnliches, also das Fehlen von strukturwirksamen Einsparungen, ist eine Folge der mangelnden strukturellen Weichenstellung der letzten Legislaturperiode. Wir werden also erst im Laufe dieser Legislaturperiode die Einmalmaßnahmen mit jedem Jahr zunehmend durch strukturelle Maßnahmen ersetzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat sich verpflichtet, in all diesen Bereichen tätig zu werden, dabei aber das politische Augenmaß nicht zu verlieren. Wir haben deshalb nicht nur Reaktionen bekommen, die sich über die Sparmaßnahmen beklagt haben, sondern auch solche, die finden, dass wir mit diesen Sparmaßnahmen nicht weit genug gegangen sind.

Erlauben Sie mir auch, dass ich nochmals betone, dass wir unserem Ziel nach einer ausgabenseitigen Sanierung sehr weit nachgekommen sind. Das gegenwärtige Regierungsprogramm sieht zusätzliche Steuereinnahmen von nur 7 Milliarden Schilling für das Jahr 2000 und etwa 13 Milliarden Schilling für jedes der darauf folgenden Jahre vor. Dem stehen Entlastungen vor allem der einkommensschwächeren Teile der Bevölkerung durch Steuerreform und Familienpaket 2000 von zirka 28 Milliarden Schilling gegenüber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Huber: Das glauben Sie aber selbst nicht!)

Im Vergleich dazu, meine Damen und Herren, hat das Sparpaket der Jahre 1996 und 1997 im Jahre 1996 einen Betrag von 27 Milliarden Schilling und im Jahre 1997 und in den Folgejahren 46 Milliarden Schilling jährlich an Steuererhöhungen und damit an Belastungen für unsere Bevölkerung verursacht. Diese neue Regierung beweist damit Augenmaß bei der Budgetkonsolidierung und spart in erster Linie bei den Ausgaben des Bundes. Wir, meine Damen und Herren, sparen nicht beim Bürger, sondern zuallererst bei uns selbst! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Dieses und die nächsten Budgets der Legislaturperiode werden von großer Sparsamkeit gekennzeichnet sein. Ich habe all meinen Kolleginnen und Kollegen der österreichi


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schen Bundesregierung und – soweit ich es bisher konnte – auch der Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass größte Anstrengungen und Phantasie notwendig sein werden, um die unvermeidbaren Einsparungen durchzuführen und gleichzeitig die wichtigsten Funktionen des Staates weiterhin aufrechterhalten zu können. Ich hoffe auf und ersuche um die Mitarbeit aller in unserem Land einflussreichen gesellschaftlichen Gruppen an diesem notwendigen Zukunftsprojekt für Österreich. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Sinne sind auch die Privatisierungsabsichten dieser Bundesregierung zu verstehen, die eine Rückführung der drückenden außerbudgetären Schulden und damit eine Befreiung der Bevölkerung aus der Haftung und damit auch die Vermeidung zukünftiger Belastungen zum Ziel haben. Mehr Privat und weniger Staat, die dynamische und schöpferische Kraft der privaten Wirtschaft, faire Marktwirtschaft, verstanden als ein enges Miteinander von Mitarbeitern und Management, um über wettbewerbsfähige Produkte neue Arbeitsplätze zu schaffen, moderne und zukunftsträchtige Rahmenbedingungen: Das sind die Voraussetzungen für eine zukunftsträchtige weltweit erfolgreiche österreichische Industrie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Moderne Industriepolitik bedeutet nicht staatliches Eigentum, bedeutet nicht staatlichen Eingriff in die Wirtschaft, bedeutet nicht, monopolartige Strukturen aufzubauen und Wettbewerb zu verhindern, und bedeutet auch nicht, Abhängigkeiten durch staatliche Förderpolitik zu schaffen.

Moderne Industriepolitik im neuen Jahrtausend, meine Damen und Herren, heißt attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, schnelle Unternehmensgründung zu ermöglichen, heißt Forschung und Entwicklung zu forcieren und über innovative Produktlösungen weltweit Kunden zu gewinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Moderne Industriepolitik bedeutet, unserer Jugend beste Bildungs- und Ausbildungssysteme anzubieten, bedeutet Flexibilität und Durchlässigkeit auf dem Arbeitsmarkt und bedeutet, Mitarbeiter zu Beteiligten und zu Mitunternehmern zu machen. Das sind die Erfolgsvoraussetzungen für eine starke und privatisierte österreichische Wirtschaft, der sich diese Bundesregierung verpflichtet fühlt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die ÖIAG erhält daher von der Regierung den Auftrag, für diese Legislaturperiode ein umfassendes Privatisierungskonzept umzusetzen, in dem die Bundesanteile mehrerer Unternehmen zu 100 Prozent strategischen Partnern oder der Öffentlichkeit zugeführt werden sollen. Mit dabei in diesem Privatisierungsprogramm ist die Staatsdruckerei, das Dorotheum, die Print Media AG, der Flughafen Wien AG Bundesanteil, die P.S.K., die Telekom und die Austria Tabak. Österreich hat bereits in der Vergangenheit besonders positive Erfahrungen mit der Privatisierung gemacht. Gescheit privatisieren ist daher auch heute das Gebot der Stunde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gescheit privatisieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, heißt, im Interesse der österreichischen Bevölkerung zu handeln, heißt, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu ermöglichen, heißt, bestmögliche Erlöse zu erzielen, damit Altschulden zurückgezahlt werden können. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Privatisierung stellt, wie in anderen europäischen Ländern, auch bei uns eine Chance dar, den Kapitalmarkt zu beleben und der österreichischen Bevölkerung die Aktie als eine attraktive Anlageform nahe zu bringen. Wir werden uns daher bemühen, zumindest mit einem Teil der Privatisierung durch eine breite Streuung der Aktien zur Eigentumsbildung in den Händen der Arbeitnehmer beizutragen. Damit wollen wir die Kaufkraft der Bevölkerung erhöhen, Aufbau von Eigenkapital forcieren und entsprechende Finanzmasse für eine verstärkte Investitionstätigkeit im Unternehmensbereich schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Besondere Anstrengungen werden wir in der öffentlichen Verwaltung unternehmen, in der wir 2 Prozent der Stellen des Bundes pro Jahr abbauen werden. Dieses Ziel ist ehrgeiziger als ähnliche Konsolidierungen, die in anderen europäischen Ländern durchgeführt worden sind. Wir werden daher weniger, aber umso qualifiziertere öffentliche Bedienstete haben. Ich habe mich


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selbst im Finanzministerium davon überzeugen können, dass der Ausbildungsstand der Mitarbeiter des Hauses ein ausgezeichneter ist und dass nicht die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst für einen aus den Fugen geratenen Staatshaushalt verantwortlich gemacht werden können. Daher muss es auch um eine Ausgewogenheit der Maßnahmen zwischen öffentlichem Dienst und allen anderen Bereichen gehen.

Unsere Vision, meine Damen und Herren, ist ein schlanker Staat, der dem Bürger dient, ist mehr Freiheit und ist weniger Gebote und Verbote, ist mehr Eigenverantwortung und weniger Fremdbestimmung, ist eine offene und demokratische Gesellschaft freier Bürger. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Die Regierungsparteien sind bemüht, die Steuerbelastung, die in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch angestiegen ist, nicht weiter anzuheben. Die Staatsquote wird nach der mittelfristigen Finanzplanung nicht mehr ansteigen, vielmehr ist die Umkehrung dieser Politik der immer höheren Belastungen unser Ziel: Ein faires, ein gerechtes, ein leicht verständliches Steuerrecht, das an der Leistungsfähigkeit der Bevölkerung und an der Wirtschaft orientiert ist, muss unser Ziel sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden daher auch am Grundsatz festhalten, dass jeder nach seiner Leistungsfähigkeit zum öffentlichen Budget beitragen muss. Wir stehen zum Instrument der Steuerprogression, womit höhere Einkommen überproportional zur Finanzierung der Steuerlast herangezogen werden. Bei der zunehmenden Knappheit öffentlicher Mittel wird es immer wichtiger, soziale Transfers dort hinzulenken, wo sie wirklich gebraucht werden. 1 Million Menschen in Österreich lebt an der Armutsgrenze – das darf nicht sein, meine Damen und Herren! Hier hat die Politik Verantwortung zu übernehmen! Sozialleistungen müssen noch stärker konzentriert werden, damit die Lebensqualität der sozial Schwächsten in unserem Land angehoben werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Obwohl sich diese Regierung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Steuereinhebung nicht verweigern wird, bereiten wir uns dennoch darauf vor, in den kommenden Jahren einer weiteren Zunahme des Steuerwettbewerbs ausgesetzt zu sein. Wir beobachten die Steuerrechtsänderungen in den wichtigsten Referenzländern – so zum Beispiel in Deutschland – sehr genau und werden nötigenfalls relativ kurzfristig darauf reagieren. Unser Ziel ist die Verwirklichung eines attraktiven Wirtschaftsstandortes mit allen positiven Folgen für Investitionen und Beschäftigung in unserem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Der Budgeterstellung liegen realistische Annahmen zu Grunde, die sich an den Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, des Instituts für Höhere Studien und des Wirtschaftsforschungsinstituts, orientieren. Ich habe ein Budgetcontrolling auf Ministerebene eingeführt, mit dem die Bundesregierung dreimal jährlich einen Überblick über die Einhaltung der Budgetplanung erhalten wird. Uns liegt daran, dass die Bevölkerung auf eine stabile Finanzpolitik und eine sparsame Verwaltung vertrauen kann. Einen effizienten Einsatz und die bestmögliche Verteilung von Steuergeld – dafür wollen wir stehen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gestatten Sie mir nun, dass ich schwerpunktmäßig den Einsatz der für das Budgetjahr 2000 vorgesehenen Mittel darstelle.

Bildung, Wissenschaft und Kultur:

Schule und Universität werden ihren Beitrag zum Sparziel der Bundesregierung leisten, ohne aber dabei die Bewältigung von Zukunftsaufgaben zu beeinträchtigen. Es ist unser Ziel, das Funktionieren der Bildungseinrichtungen durch Effizienzsteigerung und strukturelle Weiterentwicklung sicherzustellen und weiter zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Bildungsbereich ist, wie im Koalitionsabkommen festgelegt, vom Aufnahmestopp des Bundes ausgenommen. Dienstrechtliche Reformen werden zu entwickeln sein. Die Einführung der Autonomie an den Schulen und die Entwicklung der Universitäten in Richtung Vollrechtsfähigkeit


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ermöglichen zusätzlichen Gestaltungsspielraum und daher auch notwendige Effizienzsteigerungen.

Ein besonderer Akzent wird auf die notwendige Internationalisierung der Ausbildung unserer Jugend zu legen sein. Im Bereich der Fachhochschulen ist dafür Vorsorge getroffen, dass die bewilligten Fachhochschul-Studiengänge finanziert werden können.

Die Vollrechtsfähigkeit der Bundesmuseen sichert diesen ihre finanzielle Basis.

Im Bundesvoranschlag 2000 sind für die Kapitel Bildung und Kultur 76 Milliarden Schilling und für den Bereich Wissenschaft 29,6 Milliarden Schilling veranschlagt.

Innovation und Zukunft:

Es wird angestrebt, die Forschungsmittel auf jene Aktivitäten zu fokussieren, die für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze entscheidend sind. Die im Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie konzentrierten Forschungsmittel werden stark erhöht. Zum Beispiel werden dem Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft zusätzlich 680 Millionen Schilling aus dem ordentlichen Budget zur Verfügung gestellt werden und damit der Schwerpunkt Forschung und Entwicklung, wie er im Regierungsübereinkommen festgelegt ist, realisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Bundesvoranschlag 2000 sieht 31,3 Milliarden Schilling für den Bereich Verkehr, Innovation und Technologie vor.

Sozialpolitik:

Einer der Schwerpunkte wird es sein, den hohen Standard der sozialen Sicherheit in Österreich aufrechtzuerhalten und vor allem den untersten Einkommensgruppen noch größere Aufmerksamkeit zu widmen.

Im Bereich der Sozialversicherungen werden Einsparungen durch Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern angestrebt, damit Synergieeffekte bei der Wahrung und Verbesserung von Bürgernähe und Qualität der Leistungen ermöglicht werden können.

Im Bereich der Pensionsversicherung wird eine Anhebung des Zugangsalters zu den vorzeitigen Alterspensionen wegen langer Versicherungsdauer und wegen geminderter Arbeitsfähigkeit eingeführt. Versicherte mit einer Beitragsdauer von 45 Jahren sollen aber weiterhin mit 55 beziehungsweise 60 Jahren in Pension gehen können. (Abg. Grabner: ..., mit 10 Jahren zu arbeiten anfangen! Das darf nicht wahr sein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Durch ein Bonus-Malus-System sollte eine flexible Entscheidung über das Pensionsantrittsalter möglich gemacht werden.

Die Einführung der Chipkarte wird es erlauben, die Effizienz im Gesundheitssystem durch besseres Controlling in den Krankenversicherungen zu erhöhen.

Ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung war es auch, die Förderungen für Familien-, Frauen- und Sozialprojekte trotz notwendiger Sparmaßnahmen nicht zu kürzen. Auch der zunehmenden Bedeutung von Präventivmedizin wird durch zusätzliche Budgetmittel Rechnung getragen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für den Bereich Sozialversicherungen sind im Bundesvoranschlag 2000 rund 66,4 Milliarden Schilling, für den Bereich soziale Sicherheit und Generationen 39 Milliarden Schilling, für den Bereich Gesundheit 8,8 Milliarden Schilling und für den Bereich Jugend und Familie 58,7 Milliarden Schilling vorgesehen.


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Wirtschaft und Arbeitsmarkt:

Die Arbeitsmarktpolitik soll eng mit der Wirtschaftspolitik verknüpft sein. Österreich wird seine Aktivitäten im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung fortsetzen und insbesondere die im Rahmen der europäischen Beschäftigungspolitik festgelegten Zielsetzungen einhalten. Für ältere Arbeitnehmer und für Frauen sind zusätzliche Maßnahmen vorgesehen.

Die Liberalisierung im Bereich des Strommarktes und des Gasmarktes wird weiter fortgesetzt und soll erhebliche Preisreduktionen für die Konsumenten zur Folge haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geplant ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch eine Vereinheitlichung und eine Vereinfachung des Unternehmensrechts (Unruhe bei der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die auch eine weitere Reform der Gewerbeordnung umfassen soll.

Für den Bereich Arbeit und Wirtschaft sind 51 Milliarden Schilling, für den Bereich Bauten und Technik 8,7 Milliarden Schilling im Bundesvoranschlag 2000 vorgesehen.

Sport:

In einer modernen Gesellschaft ist Sport ein Lebensbereich von besonderer Bedeutung. Die Regierung trägt der aus diesem Umstand erwachsenden Aufgabe durch die Bundessportförderung Rechnung, die gegenüber dem Vorjahr deutlich angehoben werden konnte. (Abg. Grabner: Das haben wir vorher schon beschlossen! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Grabner –: Zuhören! Hör einmal zu! – Abg. Grabner  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Wenn ich will!)

Laut Bundesvoranschlag 2000 stehen 587 Millionen Schilling für den Bereich Sport zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Bundessportorganisation, den Dachverbänden und Fachverbänden, dem Österreichischen Olympischen Comité und den 12 000 Sportvereinen wird eine sportliche Neuausrichtung in Österreich beginnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Umwelt:

Die Bundesregierung bekennt sich zu dem Ziel, die hohen Umweltstandards, die wir in Österreich heute Gott sei Dank haben, zu sichern und sie auch weiterhin auszubauen. Wir wollen uns mit aller Kraft den neuen internationalen Herausforderungen stellen, wie sie sich in den globalen Umweltproblemen manifestieren.

Die größte umweltpolitische Herausforderung, die sich global stellt, ist zweifellos der Klimaschutz. Die Bundesregierung wird daher bei der Umsetzung des neuen Kyoto-Ziels von minus 13 Prozent an Treibhausgas-Emissionen an die Länder und auch an die Gemeinden herantreten, um eine gemeinsame und auf allen Ebenen ansetzende Strategie des Klimaschutzes sowie der Energieeffizienz zu erarbeiten und zu finanzieren. Im Bundesvoranschlag 2000 sind für den Umweltbereich 5,2 Milliarden Schilling budgetiert.

Land- und Forstwirtschaft:

Die österreichische Landwirtschaft wird in den nächsten Jahren mit einem verbesserten Agrarumweltprogramm die Ökologisierung weiter vorantreiben. Dafür sieht die Europäische Union eine erhöhte Förderung vor, die von Österreich kofinanziert wird. Das Gleiche gilt für die Bergbauernförderung, die mit verbesserten Instrumenten Benachteiligungen für unsere Bergbauern nachhaltig und effektiv ausgleichen will.

Die österreichische Landwirtschaft erhält alle Mittel aus dem Bundesbudget, die notwendig sind, um alle zugesagten und bereitstehenden Mittel der Europäischen Union abholen zu können. Im Bundesvoranschlag 2000 ist für den Bereich Land-, Forst- und Wasserwirtschaft ein Betrag von 23,5 Milliarden Schilling vorgesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Öffentliche Sicherheit:

Erhöhtes Augenmerk wird auf die innere Sicherheit gelegt werden, wobei insbesondere der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein entscheidender Stellenwert zukommt. Der Bereich Innere Sicherheit erhält nach dem Bundesvoranschlag 2000 einen Betrag von 23,2 Milliarden Schilling. Das in der Öffentlichkeit zweifellos vorhandene subjektive Sicherheitsgefühl soll erhalten und weiter gestärkt werden.

Darüber hinaus ist es dieser Bundesregierung auch aus der österreichischen Tradition heraus ein großes Anliegen, im Bereich der Flüchtlings- und der Asylpolitik den europäischen Grundsätzen der Toleranz und der Menschenwürde weiter Vorrang zu geben. Österreich hat bisher immer die größtmögliche Zahl an Flüchtlingen aufgenommen. So soll es auch bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Landesverteidigung (Rufe bei der SPÖ: Oje! Oje!):

Das österreichische Bundesheer – ich darf Sie beruhigen! – bleibt ein wesentliches und unverzichtbares Element, um Österreich und seinen Bürgern Frieden, Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. In Zukunft werden neben den territorialen Verteidigungsaufgaben immer stärker internationale Solidaritätsleistungen, Katastrophenhilfe sowie Assistenzleistungen des Bundesheeres, zum Beispiel zur Grenzsicherung, im Vordergrund stehen. Für die Landesverteidigung sind im Bundesvoranschlag 2000 rund 22,5 Milliarden Schilling vorgesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Grabner: Was heißt "rund"? "Rund" steht da!)

Justiz:

Trotz der erforderlichen Einsparungen wird es möglich sein, im Voranschlag des Justizressorts erstmalig Mittel zur Hilfe für Verbrechensopfer vorzusehen. Ein erster Schwerpunkt dieser neuen Aufgabe des Justizressorts wird es sein, für minderjährige Opfer von Gewaltdelikten eine fundierte rechtliche und auch eine psychosoziale Prozessbegleitung im Gerichtsverfahren aufzubauen. Ich halte das für eine eminent wichtige Tätigkeit des Justizressorts. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden gleichzeitig Gebührenbefreiungen, die eine versteckte Subventionierung darstellen, weiter zurückführen. Für das Justizressort sind im Bundesvoranschlag 2000 in Summe 10,9 Milliarden Schilling vorgesehen.

Außenpolitik:

Ein Schwerpunkt im Jahr 2000 ist der OSZE-Vorsitz – er wird bereits jetzt sehr umsichtig von unserer Kollegin, Außenministerin Ferrero-Waldner wahrgenommen (lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) –, der angesichts der zahlreichen Krisenherde im OSZE-Raum personell wie materiell unseren besonderen Einsatz verlangt.

Ein weiteres Anliegen der außenpolitischen Bemühungen in diesem Jahr wird auch die Erweiterung der Europäischen Union sein. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle aber vor allem daran erinnern, dass sich die österreichische Bevölkerung mit einem überwältigenden Votum von mehr als 66 Prozent – es war das eindeutigste und größte direktdemokratische Votum einer Bevölkerung – für den Beitritt zur Europäischen Union entschieden hat. Wir haben daher auch jedes Recht, als ein gleichwertiger Partner und als Säule dieser Union behandelt zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Sanktionen der Europäischen Union entbehren gerade vor dem Hintergrund dieses Votums unserer Bevölkerung jeder rechtlichen Basis und sind ein Affront gegenüber der nach wie vor Europa-begeisterten österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Ich denke daher – und möchte an Sie auch appellieren, da mitzugehen –, dass es ein gemeinsames politisches Wollen aller Fraktionen dieses Hohen Hauses geben muss. Dann, wenn sich alle dahinter stellen, kann es auch gelingen, die Haltlosigkeit dieser Sanktionen der Europäischen Union gegen Österreich darzustellen und unser Land wieder zum respektierten und anerkannten Brückenpfeiler in Europa zu machen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Der Mitgliedstaaten der Europäischen Union!)

Österreich wird auch in Zeiten budgetärer Zwänge zu seinen Verpflichtungen gegenüber den internationalen Organisationen, insbesondere den Vereinten Nationen, stehen. Die Bundesregierung wird sich deshalb bemühen, ihre Beiträge zu internationalen friedenserhaltenden Operationen im militärischen und im zivilen Bereich weiterhin zu leisten und die Tätigkeit der Weltorganisation nach Kräften zu unterstützen. (Abg. Parnigoni: Tunnel, Schmid: Alles weg! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Der Bundesvoranschlag für das Jahr 2000 sieht für den Bereich Äußeres 4,2 Milliarden Schilling vor.

Kunst:

Kunst hat in Österreich einen überdurchschnittlich hohen Stellenwert. Diesen Stellenwert gilt es zu erhalten, auszubauen und für die Zukunft zu sichern. Die Freiheit der Kunst, meine Damen und Herren, wird das tragende Prinzip der Kunstförderung und der Kulturpolitik dieser Bundesregierung sein.

Der Staat hat dabei seine Tätigkeit auf die Schaffung von stimulierenden Rahmenbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten für unsere Künstlerinnen und Künstler zu konzentrieren. Für den wichtigen Bereich der Kunst sind im Bundesvoranschlag 2000 insgesamt zirka 3 Milliarden Schilling budgetiert, wovon 1,9 Milliarden Schilling auf die ausgegliederten Bundestheater entfallen. (Abg. Parnigoni: Tourismus ist auch nicht wichtig in dieser Rede!)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Budgetpolitik muss im Kontext der internationalen Wirtschaftsentwicklung gesehen werden. Überall in der Welt hat sich, wie in Österreich, der Anpassungsdruck an eine zunehmende Verflechtung von Kapital- und Gütermärkten verstärkt. Diese Entwicklung hat ihre Wurzel in grundlegenden technologischen Umwälzungen und hat eine langfristige historische Dimension. Wer einen Abwehrkampf gegen diese Globalisierung führen will, wird diesen unausweichlich verlieren müssen. Die Mobilisierung der Intelligenz und der Motivation unserer Bevölkerung hat schon in den letzten Jahrzehnten unserem Land ein hohes Wohlstandsniveau gesichert und wird auch für die nächsten Jahre eine sichere Basis für die Bewältigung der von außen auf uns zukommenden Herausforderungen sein.

Der Großteil der österreichischen Bevölkerung, insbesondere die junge Generation, der ich auch noch angehören darf, sieht in der Globalisierung eine außergewöhnliche Chance. Wenn wir gemeinsam zu diesem Abenteuer der Veränderung der Welt unseren Beitrag leisten, dann wird es uns gelingen, unseren Wohlstand zu erhöhen und unsere demokratischen Einrichtungen weiter zu stärken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Budgetpolitik wird in dieser Legislaturperiode vor allem Sparpolitik sein und wird zum Verlust manch gewohnter Annehmlichkeiten führen müssen. Nicht jede Maßnahme, meine Damen und Herren, die scheinbar eine Bevölkerungsgruppe benachteiligt, ist tatsächlich langfristig zu ihrem Nachteil. Ich bitte Sie, dies zu bedenken.

So ist beispielsweise die Entlastung der Unternehmen durch die Verminderung von Lohnnebenkosten, wie es diese Regierung richtigerweise zu ihrem Ziel gemacht hat, kein Geschenk an Unternehmen, sondern wird helfen, die Beschäftigung zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Attraktive Rahmenbedingungen, eine von Gesetzesflut und Bürokratie entfesselte Wirtschaft und eine international hervorragend ausgebildete Jugend, das wird


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Österreichs erfolgreiche Antwort auf die Globalisierung dieser Welt sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Das internationale Wirtschaftsklima hat sich in den letzten Monaten verbessert. Alle Prognosen rechnen mit einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung in Europa. Es besteht kein Zweifel, dass in den meisten europäischen Staaten Reformen, die wir seit Jahren als notwendig erachtet haben, aufgeschoben worden sind. Darin liegt auch ein wichtiger Grund für den deutlichen Unterschied in der wirtschaftlichen Entwicklung, den wir zwischen den Vereinigten Staaten einerseits und Europa andererseits feststellen können. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Der großen Flexibilität der Märkte in den USA hat Europa allerdings ein hohes Ausbildungsniveau aller sozialen Schichten und den sozialen Frieden, dessen Voraussetzung Bildung und Sozialstaat sind, entgegenzusetzen. Wir werden uns bemühen, diese traditionellen europäischen Werte zu erhalten und als Vorteile in diesen Wettbewerb der Systeme miteinzubringen.

Die Arbeitslosigkeit ist in den letzten Monaten gesunken (Zwischenruf des Abg. Parnigoni ), und unsere Erwartung ist, dass sie im Laufe des Jahres weiter zurückgehen wird. Wir werden Vollbeschäftigungswerte in diesem Land erreichen, wie man sie in den letzten Jahren nicht bilanzieren konnte. Wir sehen darin keine Entwarnung, meine Damen und Herren, aber die Aufforderung, bewährte Wege weiter zu verfolgen und neue Möglichkeiten zu suchen, insbesondere auch ältere Menschen in den Arbeitsprozess zu integrieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Realeinkommen der Österreicherinnen und Österreicher werden in dieser Legislaturperiode weiter wachsen. Die österreichische Außenwirtschaft ist nach wie vor durch eine hohe Zunahme ihrer Exporte gekennzeichnet.

Der Kursverlust, den wir beim Euro feststellen müssen, spiegelt zwar sicherlich Strukturschwächen in der Wirtschaft der elf Mitgliedsländer in Relation zur Wirtschaft der Vereinigten Staaten wider, hilft aber unseren Exporten, weiter zu wachsen und damit auch Spielraum zu schaffen, um unsere internen Aufgaben leichter bewältigen zu können.

Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und die Beschäftigungssituation in Österreich werden seit der Mitgliedschaft im Euro-System stärker als vorher durch die Lohnkostenentwicklung beeinflusst. Dass die relativen, von der OECD berechneten Lohnstückkosten nunmehr seit Jahren leicht sinken, zeigt auch die gute Anpassungsfähigkeit des österreichischen Arbeitsmarktes beziehungsweise das bis jetzt konstruktive Verhältnis der österreichischen Sozialpartner zueinander.

Manches deutet für mich darauf hin, dass dieses konstruktive Verhalten von konfliktreicheren politischen Ritualen abgelöst wird. Ich für meinen Teil hoffe aber sehr, dass auch in Zukunft eine für alle Seiten vorteilhafte sachliche Beziehung zwischen den Sozialpartnern untereinander und mit dieser Bundesregierung möglich sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein wichtiges Ziel unserer Aktivitäten wird auch die intensivierte Mitarbeit an der Weiterentwicklung und der Reform der europäischen Institutionen sein. Als kleines Land haben wir dieser Integration sicherlich einen entscheidenden Teil unseres Wohlstandes zu verdanken. Wir haben daher ein großes Interesse an einer dauerhaften politischen Integration zur Absicherung dieser wirtschaftlichen Vorteile.

Wir sind auch der Auffassung, dass die Subsidiarität in der Europäischen Union nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern als politische Leitmaxime Geltung haben muss. Der Versuch großer europäischer Länder, durch Änderungen von europäischen Institutionen eine zentralistische Tendenz in Europa durchzusetzen, wird von den Kleinstaaten nicht akzeptiert werden können. Wir plädieren für ein Europa der Bürgernähe, für ein Europa der Menschenrechte und für ein Europa der demokratischen Mitbestimmung und des Friedens. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Wir werden wie bisher auch weiter bei der Heranführung der mittel- und osteuropäischen Länder an die Europäische Union mithelfen. Wir haben ein vitales Interesse daran, auch hier unsere wirtschaftlichen Erfolge und künftigen Chancen durch dauerhafte politische Integration abzusichern. Das heißt, ein grundsätzliches Bekenntnis zur EU-Osterweiterung, ja, aber unter bestimmten Voraussetzungen, wie sie auch im Regierungsübereinkommen definiert sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget, das ich Ihnen heute hier vorlege, zeigt deutlicher als frühere Budgets die Grenzen staatlicher Aufgabenerfüllung. Es zwingt zu einer tiefergehenden Reflexion darüber, welche Aufgaben der Staat in Zukunft erfüllen soll.

Der Ordnungsrahmen, den dieses Budget darstellt, wird aber der Wirtschaft sehr gute Möglichkeiten bieten, sich weiter in der globalisierten Welt zu behaupten, und für alle Österreicher in hohem Umfang Beschäftigung und Wohlstand sichern. Dazu, meine Damen und Herren, brauchen wir das Vertrauen in uns selbst, das Vertrauen in die Leistungen dieses Landes, das Vertrauen in unsere Jugend, brauchen wir eine gemeinsame Initiative des Optimismus und der Zuversicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich Sie ersuchen, dem Bundesvoranschlag 2000 Ihre Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank. (Die Abgeordneten der Freiheitlichen, später auch Abgeordnete der ÖVP erheben sich von ihren Plätzen und spenden stehend lang anhaltenden Beifall. – Abg. Dr. Papházy überreicht Bundesminister Mag. Grasser einen Blumenstrauß und ein Billet. – Bundesminister Mag. Grasser reicht die Blumen an Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer weiter.)

13.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausführungen.

2. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-11 der Beilagen) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (62 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

13.08


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Abgeordneter Mag. Werner Kogler
(Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Der Brückenschlag vom vorigen Tagesordnungspunkt zum nunmehrigen fällt eigentlich relativ leicht. (Abg. Auer: Hoffentlich!)  – Warte es ab! Ganz leicht.

Bei den Einsparungsbemühungen, die diese Bundesregierung setzen wird, sind auch Pläne enthalten, die die Streichung von verschiedenen Dienstposten im öffentlichen Dienst vorsehen. Eines scheint mir sicher, und eine Regel gilt nach wie vor: dass Dienstposten beim Rechnungshof, die noch zusätzlich geschaffen werden könnten, die zusätzlichen Kosten ... (Mehrere Mitglieder der Bundesregierung schicken sich an, die Regierungsbank zu verlassen, führen jedoch noch Gespräche mit einzelnen Ministerkollegen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte, die Gespräche auf der Regierungsbank möglichst so zu führen, dass der Herr Abgeordnete seine Rede fortsetzen kann!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Das gibt mir die Gelegenheit, den Satz neu zu beginnen; ich hatte ihn nämlich falsch angesetzt. Ich wollte sagen, dass in diesem Fall die zusätzlichen Nutzen die zusätzlichen Kosten bei weitem übersteigen werden. Mit einer Anleihe aus dem mikroökonomischen Jargon könnte man sagen: Es übersteigen die Grenznutzen die Grenzkosten sicherlich, wenn wir beim Rechnungshof weiter investieren, und zwar auch in den Ausbau des Personalplans. Das ist eine alte Erkenntnis; sie soll an dieser Stelle einfach noch einmal betont werden.

Weiters möchte ich betonen, dass der jährliche Tagesordnungspunkt über diesen Tätigkeitsbericht uns die Gelegenheit gibt, dem Präsidenten des Rechnungshofes und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit, die dort verrichtet wird, Dank zu sagen. Es ist, wie ich meine, eine gute Arbeit, und ich möchte unter diesem Blickwinkel – (Abg. Mag. Schweitzer: Na was jetzt?) warte, Schweitzer! – noch einmal an Sie appellieren, bei den Budgetverhandlungen darauf Rücksicht zu nehmen, dass wir beim Personalplan des Rechnungshofes etwas investieren sollten.

Zum Bericht selbst. Der Bericht zeigt wie immer ein Sittenbild der Republik. Dieses Mal ist es gar nicht so schlimm ausgefallen. Ich möchte nur ein paar allgemeine Aspekte hier vorbringen.

Der Rechnungshof hat sich mit der Handhabung des Parteiengesetzes zu beschäftigen, und dabei ist uns in letzter Zeit einiges aufgefallen. Uns ist zum Beispiel aufgefallen, dass Vorgänge, die in Deutschland zu einer Rücktrittsserie und zu entsprechenden Turbulenzen in einer ehemals staatstragenden Partei geführt haben, in Österreich durch die Gesetzeslage nachgerade gefördert werden. Ich erinnere an § 4 Abs. 4 Ziffer 7 im Parteiengesetz, wonach Spenden von Kammern, Stiftungen und Fonds ausdrücklich davon ausgenommen sind, dass sie dem Präsidenten des Rechnungshofes gegenüber namhaft gemacht werden sollen.

Ich finde, das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir werden uns darum kümmern müssen, dass dieser Zustand beseitigt wird. Daher wird unsere Fraktion im Frühjahr die Aktion "gläserne Kassen" für Parteieinnahmen starten. Sie alle sind recht herzlich eingeladen, bei einer derartigen Gesetzesinitiative mitzutun.

Ich sage dies deshalb auch von dieser Stelle aus, weil sich nunmehr ein Ende des, wie ich meine, sehr heftigen Skandals in Deutschland abzeichnet, nämlich ein Ende in der Dimension, was die Überschaubarkeit betrifft. Ich finde, dass wir einmal eine Anleihe daran nehmen sollten, was die bundesgesetzliche Lage in Deutschland in diesem Bereich hergibt, denn diese ist meiner Ansicht nach wesentlich fortschrittlicher als die österreichische.

Herr Kollege Stummvoll! Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, dass Sie jüngst mit dem Vorwurf konfrontiert wurden, dass Ihr Wirtschaftsbund von der Wirtschaftskammer Fraktionsgelder – Beträge in erklecklichem Ausmaß, in Millionenhöhe – bezogen und an die Partei weitergeleitet hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich biete dir eine Nachhilfestunde an!)  – Ja, Sie können immer wieder alles heftig dementieren. Schauen Sie, das Geld hat kein Mascherl, das sollten Sie wissen.

Die üppige Kammerfinanzierung für die Fraktionen in der Wirtschaftskammer, natürlich allen voran die ÖVP-Fraktion, ermöglicht es dem Wirtschaftsbund, Teile dieser Gelder weiterzuleiten. Und das ist Parteienfinanzierung durch die Hintertür. Das hat mit Transparenz überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. )

Kollege Steindl! Wenn Sie meinen, das gehört nicht zum Thema (Abg. Mag. Steindl: Das habe ich nicht gesagt!), dann muss ich sagen, ich habe diesen Zwischenruf eher aus den Reihen der "F" erwartet. Für den Fraktionsführer einer Fraktion ist das kein guter Ausweis. Lesen Sie auf den ersten paar Seiten dieses Berichtes nach, was alles zum Tätigkeitsfeld des Rechnungshofes gehört! (Abg. Dr. Trinkl: Die Aussage wird nicht vernünftiger und auch nicht richtiger, wenn sie von Ihnen kommt! Sie reden von etwas, von dem Sie wirklich nichts wissen!)  – Herr Kollege! Sie provozieren mich wirklich. Schauen wir uns einmal die Parteienfinanzierung in der Steiermark an, wenn wir gerade in einen Dialog treten.


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Bekanntlich gibt es auch dort ein Baukartell, und zwar nicht nur "irgendwie bekanntlich", sondern ein gerichtsbekanntes . Die Verfahren laufen dort bereits. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Puttinger: Er greift schon wieder in laufende Verfahren ein!)  – Da gibt es nichts zu lachen!

Faktum ist, dass die Parteizeitungen der ÖVP regelmäßig ... (Abg. Kiss: Welche?)  – Die in Leibnitz zum Beispiel. (Die Abgeordneten Fink und Kiss: Welche?)  – "Leibnitz aktuell", aber so detailliert wollte ich das gar nicht sagen. Ich möchte meine Rolle als Vorsitzender des Rechnungshofausschusses ja nicht dazu benutzen, um das hier vorzubringen. Aber wenn der Kollege aus der Steiermark einen solchen Zwischenruf tätigt, dann darf ich doch einmal darauf eingehen, was in unserem gemeinsamen Heimatwahlkreis diesbezüglich vor sich geht – von wegen Parteienfinanzierung.

Das Baukartell mit ein paar Baufirmen, die ich hier nicht nennen will, ist jedenfalls gerichtsbekannt, ist aktenkundig. Und genau jene Baufirmen, die in Leibnitz seit Jahr und Tag zu ihren Aufträgen kommen, inserieren regelmäßig in der Bürgermeisterzeitung und in der Parteizeitung der ÖVP: genau so, wie die Auftragslage ist. Das ist völlig synchronisiert. Das "Abonnement" auf Aufträge bewirkt ein Abonnement auf Inserate. – So schaut das dort aus! (Widerspruch der Abgeordneten Mag. Steindl und Kiss. )

Das ist nicht einmal mehr eine heimliche Parteienfinanzierung, das ist doch die offene! Sicherlich liegt sie nicht in zig-Milliardenhöhe, aber doch: Rechnen Sie zusammen, wie viele Bezirkszeitungen es in der Steiermark gibt! Das ist einfach ein Prinzip dort. Das ist Prinzip, und die ÖVP steckt in diesem steirischen Sumpf bis hierher! (Der Redner deutet mit der Hand zum Kinn.) Das habe ich Ihnen in diesem Zusammenhang nicht ersparen können, wirklich nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie können es noch konkreter haben, und zwar aus diesem Bericht hier. Ich komme damit zu meinem letzten konkreten Punkt. Die nächsten Rednerinnen und Redner werden Gelegenheit haben, noch andere Dinge zu erwähnen, die in diesem Bericht stehen. Ich möchte nur auf eine spezielle "Kleinigkeit" – unter Anführungszeichen – eingehen. Sie zeichnet das von mir erwähnte Sittenbild auch im Jahre 2000 noch sehr deutlich.

Im Kapitel über die Straßenbaugesellschaften findet sich etwas, was wir an sich kennen. Aufsichtsräte werden von öffentlichen Institutionen beschickt. Das ist auch richtig so, weil deren Interessen ja dort vertreten werden müssen. Aber was passiert da? – Da gibt es Aufsichtsräte, die erscheinen eigentlich kaum jemals zu den Sitzungen! Es gibt auch einen speziellen, aber ich werde keinen Namen nennen; vorläufig jedenfalls nicht, wenn Sie mich nicht weiter provozieren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. )

Da gibt es Aufsichtsräte, die erscheinen genau einmal in diesem Gremium, in das sie geschickt wurden, nämlich anlässlich ihrer Bestellung. Dann erscheinen sie jahrelang nicht mehr oder zumindest ein ganzes Jahr lang nicht mehr. Da gibt es zum Beispiel einen, der war bei sechs von sieben Sitzungen nicht anwesend. Kassiert hat er aber für das ganze Jahr, nämlich sieben Mal! (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren der ÖVP! Die steigende Nervosität in Ihren Reihen ist wahrscheinlich damit zu begründen, dass die Identität des Betreffenden mittlerweile gelüftet worden ist. Es handelt sich nämlich um keinen geringeren als den ehemaligen Kabinettchef des nunmehrigen Bundeskanzlers. Und es sollte uns doch zu denken geben, was da jahrelang in der unmittelbaren Umgebung des jetzigen Bundeskanzlers für Sitten eingerissen sind!

Anlässlich des Ministerwechsels passierte Folgendes. – Schüssel wurde im Jahre 1995 vom Wirtschaftsminister zum Außenminister, wenn Sie sich noch erinnern wollen – Kollege Busek und so, Sie wissen ja. (Ruf bei der ÖVP: Wer ist das?)  – Er ist ja mittlerweile wieder Regierungsbeauftragter. Was heißt, wer ist das? Einen bisschen intelligentere Zwischenrufe hätte ich mir jetzt schon erwartet! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Steindl: Ich habe gar nichts gesagt!)


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Aber es geht nicht um Busek, es geht um Schüssel. Es geht um den Hofstaat, den er sich errichtet hat, und es geht darum, wie diese Leute agieren. Schüssel wechselte also das Ministerium, und dem ehemaligen Kabinettchef wurde dieses Revirement damit versüßt, dass er in der Folge in einen Aufsichtsrat kam: in eine Straßenbaugesellschaft, weil es wahrscheinlich gerade gepasst hat. Wie es halt so ist, das ist ja nichts Neues.

Aber dass der Betreffende nicht einmal die Sitzungsgelder zurückzahlt – und das ist evident, das haben wir recherchiert –, obwohl er also ganz offenkundig nur dazu angetreten ist, um die Hand aufzuhalten, das ist schon ein bisschen ernüchternd. Der Betreffende sitzt ja noch immer im Wirtschaftsministerium.

Ich finde, die ÖVP hat, was das betrifft, einen ziemlich großen Handlungsbedarf. Und ich würde mir vom jetzigen Wirtschaftsminister erwarten, dass er diesbezüglich einmal eine Initiative setzt und Nachschau hält, was seine Aufsichtsräte derzeit treiben. Und vom Herrn Bundeskanzler würde ich mir bei Gelegenheit eine Stellungnahme dazu wünschen, wie er es denn so hält mit den Mitarbeitern in seinem unmittelbaren Umkreis. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das ist ja nicht das Einzige, was bei diesem Kapitel ins Auge gestochen ist. In Wahrheit, das sage ich Ihnen, ist dieses Thema reif für einen Untersuchungsausschuss!

Herr Kollege Steindl, Sie haben doch gemeinsam mit der FPÖ im Rechnungshofausschuss erfolgreich verhindert, dass der Vorstand dieser Gesellschaft noch nachgeladen werden konnte. Vielleicht werden Sie nachher dazu Stellung nehmen, warum Sie das gemacht haben. Das interessiert das Hohe Haus vielleicht. Wir sind der Meinung, dass bei Behandlung dieses Tagesordnungspunktes im Rechnungshofausschuss eine Reihe von weiteren Ungereimtheiten aufgetaucht ist, und zwar über die Berichtslage hinaus, sodass dieses Thema nicht abgeschlossen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Nachrednerinnen und Nachredner dazu noch etwas beizutragen haben.

Was ich allerdings noch weniger verstehe, ist, warum die Fraktion der Freiheitlichen da nicht mit uns mitgegangen ist. Das erklärt sich meines Erachtens nur mehr dadurch, dass die Freiheitlichen als Kontrollpartei endgültig abgedankt haben. Ich habe diese Taferlpolitik ohnehin immer für ein bisschen vordergründig gehalten: diese Politik, bei der ständig mit falschen Behauptungen – aber umso schwarz-weiß-malerischer auf die Taferln gedruckt – irgendetwas festgestellt, behauptet worden ist, um es dann, wenn es dementiert worden ist, einfach zu vergessen.

Sie haben das zum Prinzip gemacht, Herr Westenthaler. Aber jetzt, da Sie in der Regierung sind, spielt das alles keine Rolle mehr.

Ich stelle angesichts der Wandlung Ihrer Fraktion im Rechnungshofausschuss fest, dass Sie als Kontrollpartei – wenn Sie es jemals waren – endgültig abgedankt haben. Diese Rolle kommt ganz offensichtlich den Grünen zu, und wir werden sie auch entsprechend ausfüllen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. )

13.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gemeldet. – Bitte.

13.21

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Magister Kogler hat hier vom Rednerpult aus unter anderem erklärt, dass Gelder der Wirtschaftskammerorganisation über den Wirtschaftsbund zur Parteifinanzierung der ÖVP umgeleitet werden. – Diese Aussage ist unrichtig, sie widerspricht der Wahrheit!

Wahr ist vielmehr, dass alle wahlwerbenden Gruppen in der Wirtschaftskammer entsprechende Gelder bekommen. (Abg. Dr. Fekter: Auch die Grünen?) Die wahlwerbenden Gruppen weisen nach, dass sie diese Gelder für die gesetzlich vorgesehenen Zwecke verwenden.


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16. Sitzung / Seite 45

Was der Wirtschaftsbund darüber hinaus mit Mitgliedsbeiträgen oder mit anderen Erträgnissen macht, entzieht sich meiner Kenntnis. Es werden jedenfalls keine Gelder der Wirtschaftskammer zweckwidrig verwendet. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

13.22

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Lassen Sie mich vorweg dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, allen Beamtinnen und Beamten dafür Danke sagen, dass uns als Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1998 ein sehr effizienter Bericht vorliegt: ein Bericht, der nicht nur in der Ausführung qualitativ sehr hochwertig ist, Herr Präsident, sondern der auch aufzeigt, dass die Regierung in dieser Zeit eine ordentliche und sehr anständige Arbeit geleistet hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Er zeigt auch, dass von 21 Kapiteln nur acht inhaltlich zur Diskussion gestanden sind. Und auch bei diesen acht Bereichen, die zur Diskussion gestanden sind, zeigt der Bericht, dass großteils mehr als zufrieden stellend mit dem Steuergeld umgegangen wurde, die Daten aussagekräftig und die Maßnahmen für den Bereich, für den sie gedacht waren, zielführend waren.

Meine Damen und Herren! Natürlich gab es auch Kritikpunkte. Als besonders unwürdig haben es die Mitglieder des Ausschusses empfunden, Herr Finanzminister, dass Sie, obwohl von der Präsidiale beschlossen wurde, dass Sie an diesem Tag im Ausschuss anwesend sein sollten und dort den Mitgliedern auch Rede und Antwort zu stehen hätten, ganz einfach nicht nur nicht gekommen sind, sondern dass Sie sich auch nicht entschuldigt und erklärt haben, warum Sie nicht gekommen sind. Meine Damen und Herren! Überhaupt musste man – das muss man hier auch sagen – den Finanzminister zuerst mehr als eine halbe Stunde lang suchen, und erst dann hat er es für nötig gehalten, sich zu entschuldigen.

Er war bei einer Konferenz mit den ÖIAG-Betriebsräten gewesen, die sicherlich sehr wichtig war. Dort ging es unter anderem auch darum, dass die Betriebsräte verhindern wollen, dass die österreichische Wertschöpfung durch den Finanzminister verscherbelt wird. – Der Finanzminister hat also erklärt, dass er bei dieser Konferenz war und daher nicht im Ausschuss erschienen ist.

Herr Finanzminister! Wenn Sie schon dieses Parlament als Theater betrachten, dann muss ich Ihnen sagen, Sie haben Ihren ersten Auftritt im Rechnungshofausschuss versäumt. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters mussten wir feststellen, dass der Herr Staatssekretär, der Sie logischerweise vertritt – und an der Integrität des Herrn Staatssekretärs gibt es nichts anzuzweifeln –, zuerst einmal erklären musste, dass er nicht befangen ist, weil er ja damals als der dafür zuständige Beamte im Rechnungshof den Prüfungsauftrag für den Nullkuponfonds erteilt hat und wir dies noch klären mussten. Aber der Herr Staatssekretär hat gesagt, er steht über diesen Dingen. Wir haben das auch zur Kenntnis genommen.

Meine Damen und Herren! Einer der Punkte, die diskutiert wurden, war die Ausgliederung der Bundessportheime. Lassen Sie mich anmerken, dass diese Ausgliederung gut erfolgt ist: eine funktionierende Ausgliederung, die effizient und im Sinne des Sportes ist. Aber lassen Sie mich von hier aus eine Warnung aussprechen. Zu glauben, dass die Preise in den Bundessportheimen an die ortsüblichen Preise angepasst werden sollten – und es gibt solche Forderungen vor allem von den Freiheitlichen –, wäre sicherlich, das muss ich sagen, nicht im Dienste des Sportes! (Abg. Mag. Schweitzer: Das stimmt ja nicht! Nur für die Funktionäre, die dort übernachten möchten!)

Kollege Schweitzer! Du weißt genau, dass auch Funktionäre dorthin fahren müssen, weil sie die Verbände und Vereine zu betreuen haben. Hör doch bitte auf mit der Trennung: hier die Sportler


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und dort die Funktionäre! Beides ist notwendig für einen funktionierenden Sport: sowohl die Sportler als auch die Funktionäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann nicht sein, dass die Tarife in Bundessportheimen an die ortsüblichen Preise angepasst werden, sonst werden sich viele Verbände einen Aufenthalt dort nicht mehr leisten können. In manchen Orten wäre auf Grund des Fremdenverkehrs und der guten wirtschaftlichen Lage in der Region der Aufenthalt für Sportfunktionäre oder für Sportler dann nicht mehr möglich. Das möchte ich hier festhalten, und ich bin schon zufrieden, wenn auch Kollege Schweitzer feststellt, dass ... (Abg. Mag. Schweitzer: Otmar, die Sportler kommen im Sommer in Faak nicht unter, weil da die Urlauber dort sind! Oder St. Christoph!)  – Es geht nicht allein um Faak, es geht auch um alle anderen Bundessportheime, und diese sollen nicht den ortsüblichen Preisen angepasst werden. Das ist notwendig für den Sport.

Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, war die Umweltkriminalität. Bei der Umweltkriminalität haben wir festgestellt, dass laut Schätzung des Umwelt- und Innenressorts jährlich 670 000 Tonnen gefährlicher Abfall anfallen. Von diesen 670 000 Tonnen werden rund 70 Prozent ordnungsgemäß entsorgt, bei 30 Prozent findet keine ordnungsgemäße Entsorgung statt. Wir wissen aber, dass die Dunkelziffer noch viel, viel höher ist.

Bei einem Preis von 7 000 S pro Tonne Entsorgung beläuft sich die Ersparnis für rund 200 000 Tonnen nicht entsorgten Sondermülls auf 1,6 Milliarden Schilling. Da etwa die Hälfte der Deponie- und Entsorgungsbetreiber die öffentliche Hand ist, entgehen dieser 800 Millionen Schilling an jährlichen Einnahmen. Da muss man ansetzen, damit es nicht nur zu einer ordnungsgemäßen Entsorgung kommt, sondern damit diese Umweltkriminalität überhaupt verhindert wird.

Ich frage jetzt den Innenminister: Wie will er das in der Zukunft handhaben, wenn ihm der Finanzminister budgetär nicht jene Maßnahmen zugesteht, die er braucht, um in der Umweltkriminalität besser und effizienter werden zu können?

Ein weiterer Kritikpunkt, meine Damen und Herren, war der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe. Aber all das war nicht so bedeutend wie die großen Ungereimtheiten bei der Alpen Straßen AG.

Diesbezüglich hat sich besonders die Freiheitliche Partei – die ja immer jene Partei war, die von sich behauptet hat, dass sie aufzeigt, was nicht in Ordnung ist – im Sold der ÖVP bewegt, als sie gemeinsam mit der ÖVP eine Aufklärung verhindert hat. Als Herr Bundesminister Schmid nämlich festgestellt hat, dass einzig und allein der Vorstandsdirektor Ing. Unterholzner Antwort auf die vielen Fragen und ungeklärten Missstände geben kann, und als wir daraufhin beantragt haben, die Ladung des Herrn Ing. Unterholzner für den nächsten Tag anzusetzen, um einmal etwas Licht in das Dunkel bringen zu können, hat sich die FPÖ in den Sold der ÖVP begeben und das verhindert. FPÖ und ÖVP haben gemeinsam verhindert, dass etwas aufgeklärt wird, was aufklärungswürdig ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber noch ist nicht aller Tage Abend, meine Damen und Herren! Wir werden das nicht auf sich beruhen lassen! Das ist reif – wie Kollege Kogler vor mir auch schon gesagt hat – für die Aufklärung in einem Untersuchungsausschuss. Wir werden genau prüfen, inwieweit nicht doch einiges an Finanziellem in die Parteikassen vor allem einer einzigen Partei, der Österreichischen Volkspartei, geflossen ist.

Wie kann es sein, dass zum Beispiel in Verbindung mit der Errichtung einer Alpenstraße ein Auftrag an eine Seniorengesellschaft erteilt wird, die eine Studie über das hohe Alter beziehungsweise das Altern vorlegt? Was das mit einer Straße zu tun hat, ist unverständlich!

Oder: Wie kann es sein, dass Doppelverrechnungen von Leistungen aufgetreten sind, dass Vergütungen ausgesprochen und ausgezahlt werden für nicht aufgetretene Erschwernisse, dass bei der Abwicklung zweier Baulose im Abschnitt Landeck West – Pians/Paznaun Mängel bei der Grundeinlösung aufgetreten sind? Also hier ist eine Reihe von Unzulänglichkeiten bekannt, die eine Untersuchung erfordern.


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16. Sitzung / Seite 47

Meine Damen und Herren! Sie haben im Ausschuss verhindert, dass der zuständige Vorstandsdirektor vorgeladen wird und uns Antworten gibt, Sie werden mit Ihrer brachialen Mehrheit auch verhindern, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird, aber etwas können Sie nicht: Sie können uns nicht zum Schweigen bringen, wenn wir diese Unzulänglichkeiten aufzeigen. Wir werden vor allem auch in Tirol alles daransetzen, dass all das an die Öffentlichkeit kommt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. )

Meine Damen und Herren! Ich sage das jetzt als einer der Leidgeprüften, der in der Nähe der Südosttangente wohnt: Die Tiroler sind schon bedient genug mit der Brenner und der Inntal Autobahn. Aber dass man sie jetzt noch bestraft dafür und Geld der Alpen Straßen AG in Parteikassen fließen lässt, das halte ich für eine Ungeheuerlichkeit, und das muss aufgeklärt und aufgezeigt werden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

13.32

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus – verbliebenes Hohes Haus muss ich fast sagen, wenn ich da auf die rechte Seite schaue! (Abg. Dr. Khol: Bei Ihnen sind auch nicht mehr viele da! Ihr Parteiobmann fehlt, Ihr stellvertretender Klubobmann fehlt! Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! Ich geniere mich, dass so etwas bei uns im Landtag gesessen ist!) Ich kann genau dort fortsetzen, wo mein Vorredner aufgehört hat, nämlich bei jenem Teil der Kontrolle des Rechnungshofes, der sich um die Alpen Straßen AG dreht.

Dieser Bericht enthält einige mehr als interessante Details – sie sind auch schon zum Teil aufgezählt worden –, belastende Details; belastende Details, wenn man die Hintergründe, die sich so langsam, langsam im Ausschuss aufgerollt haben, auch noch mit berücksichtigt. Zweifellos, und das muss man auch erwähnen, ist diese Liste von Mängeln wesentlich kürzer als jene, die bei der Prüfung der Alpen Straßen AG, damals noch ASFINAG, zu Beginn der Neunzigerjahre erstellt wurde, und das ist für mich auch ein wesentlicher Beleg dafür, dass die Prüfungen des Rechnungshofes etwas bewirken, und dafür sei den Prüfern auch gedankt.

Es hat sich zweifellos etwas getan, so zum Beispiel – ein Detail, das schon angesprochen wurde – hinsichtlich der vielen Annoncen bestimmter Gesellschaften, auch Straßenbaugesellschaften, in Parteizeitungen, in parteinahen Zeitungen in bestimmten Bereichen. Die Brenner Autobahn AG war ja berühmt dafür, dass sie – und das war ja ein Affront für die lärm- und abgasgeplagte Bevölkerung! – in jeder nur verfügbaren Zeitung mit der "Traumstraße in den Süden" geworben hat. Die Zahl der Annoncen ist aber nach der ersten Prüfung wesentlich reduziert worden. Das war eine wesentliche Auswirkung dieser Prüfungen.

Im Gesamten gesehen ist aber herausgekommen, dass diese Autobahn eine Autobahn mit wesentlich überhöhten Kosten im gesamten Bereich der Erhaltung geworden ist. Die Herren von der ASAG sollten sich jetzt aber nicht erleichtert den Schweiß von der Stirn wischen und sagen: Gott sei Dank, die nächste Prüfung haben wir auch überstanden!, denn ich hoffe und ich will, dass der Rechnungshof an dieser Gesellschaft dranbleibt, weil gerade die Sanierung der so genannten Pilzbrücken, die schon 30 Jahre nach der Errichtung erneuerungs-, renovierungsbedürftig sind, wird noch einmal, was man so hört, einige Details in die Öffentlichkeit bringen, die dieses Haus zu interessieren haben.

Aber nun zu den Kosten, Erhaltungs- und Baukosten, die an jenen Strecken, die die ASAG verwaltet, laut Bericht aufgetreten sind. Da ist zum Ersten eine sehr, sehr interessante Berechnung im Rechnungshofbericht enthalten, die zwar in der Fachliteratur immer schon zu finden war, nun aber auf die dadurch verursachten Kosten umgelegt wurde. Die Rechnungshofprüfung hat nämlich ergeben, dass auf der Brenner Autobahn zirka 5 bis 7 Prozent überladene LKW verkehren, solche LKW also, die das 40-Tonnen-Limit wesentlich überschreiten. Jetzt könnte man sich denken: Na gut, die sind halt ein bisschen schwerer, das ist ja kein Problem! Allerdings muss man als Hintergrund wissen, dass die Belastung für die Straßendecke


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mit der vierten Potenz des Gewichtes steigt. Im Klartext: Hat ein 40-Tonner nicht 40 Tonnen geladen sondern 44, dann bedeutet das nicht 10 Prozent mehr an Schäden, sondern 46 Prozent mehr an Schäden.

Wenn dies nun hochgerechnet wird, haben wir in einem Jahr Folgekosten von 35 Millionen Schillingen – 35 Millionen Schilling! –, die man wesentlich besser einsetzen könnte, wenn man der Exekutive das Personal und die technischen Gerätschaften verschaffte, um seriös und dicht prüfen zu können. Nicht so, wie es sich die Europäische Union im Verkehrsbereich vorstellt, also nur in Stichproben 10 Prozent der LKW auf Überladungen zu untersuchen, sondern eine Kontrolldichte von über der Hälfte der LKW oder eine Vollkontrolle sollte angestrebt werden, gerade weil sich das natürlich volkswirtschaftlich enorm durchschlägt, was wir dadurch an Schäden zu erwarten haben. Das wird aber nicht gemacht.

Gleichzeitig muss man, und das ist meine Aufforderung an den neuen Verkehrsminister, auf europäischer Ebene alles tun, um zu verhindern, dass das Tonnagelimit generell hinaufgesetzt wird um diese 4 Tonnen, wie es ja die nordischen Staaten immer wollen.

Sie können sich vorstellen, was das an Folgekosten verursachen würde! Das wären gigantische Zahlen! Jetzt schon haben wir 46 Prozent mehr Abnützung durch überladene LKW zu verzeichnen – man beachte, dass nur 5 bis 7 Prozent kontrolliert wurden! –, wenn nun aber sehr, sehr viele LKW mit diesen Hochtonnagen fahren, dann können Sie sich vorstellen, was das an zusätzlichen Kosten ausmacht. – Insofern also ein Dankeschön an den Rechnungshof für diese Prüfung, für die Vorlage dieser Dokumentation und der Kostenumrechnung. Das halte ich für enorm wichtig.

Es war aber nicht alles nur auf diese Überladungen, die ja sozusagen eine Zukunftsperspektive auch für die Prüfung aufzeigen, zurückzuführen, wie in diesem Rechnungshofbericht über die ASAG aufgezeigt wird. Es gab zusätzlich Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe des Drainasphaltes, also des so genannten Flüsterasphaltes, was dazu führte, dass man noch öfter Asphaltdecken sanieren und aufbringen musste, weil die Hohlräume zu groß waren, und es gab vor allem jene ominösen Risse im Gewölbe des Pianner Tunnels, die auch auf einen Rechenfehler zurückzuführen sind; man hat bei der Herstellung des Tunnels die zu erwartende Belastung falsch eingeschätzt. Zu guter Letzt hat man auch noch überhöhte Ablösen für Grundstücke bezahlt.

All das hat damit zu tun, dass Aufsichtsratsmitglieder des Bundes nicht oder nur äußerst sporadisch bei den Sitzungen anwesend waren. Und all das hat damit zu tun, dass in Aufsichtsräten des Bundes zur Vertretung der Interessen der öffentlichen Hand in Zukunft qualifizierte und engagierte Kontrollorgane der öffentlichen Hand sitzen müssen und nicht solche, die kurz bei der konstituierenden Sitzung vorbeischauen und dann nie wieder gesehen wurden. Diese können das Interesse der öffentlichen Hand nicht genügend mit berücksichtigen.

Ich glaube, dass das, was hier durch die Nichtanwesenheit der Kontrolle der öffentlichen Hand, der begleitenden Kontrolle durch den Aufsichtsrat passiert ist, uns auffordern muss, genauer hinzuschauen. Wir werden um einen Untersuchungsausschuss in dieser Frage – das ist meine Vermutung – nicht herumkommen. Wir werden uns dieser Aufgabe stellen und genau beobachten, was nun die ASAG nach dieser ersten Prüfung und nach einer – das geht in die Zukunft – zweiten Prüfung in Hinkunft im öffentlichen Auftrag und mit öffentlichen Geldern macht und machen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte.

13.41

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einer vielleicht etwas ungewöhnlichen Einleitung beginnen: Ich möchte Herrn Kollegen Kogler ein Kompliment aussprechen. (Abg. Schwarzenberger: Er hat aber keines verdient!) Ja, das mache ich. Ich glaube nämlich, dass er die


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ersten Tage seiner Vorsitzführung im Ausschuss sehr gut bewältigt hat. Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Wabl, der viel Polemik hineingebracht hat, und einem Kogler, der, obwohl er auch eine Partei im Ausschuss zu vertreten hat, versucht hat, diesen Ausschuss sehr objektiv zu führen. Das möchte ich einmal eingangs betonen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Umso weniger verstehe ich – diese Kritik möchte ich leise anbringen –, dass Kollege Kogler nicht viel stärker auf die einzelnen Berichte eingegangen ist, sondern auf Teile, die zwar auch im Rechnungshofbericht enthalten sind, im Ausschuss aber nicht behandelt wurden.

Auffallend in diesem Rechnungshofbericht – Tätigkeitsjahr 1998 – sind drei Punkte. Interessant ist, dass – erstens – Minister Rede und Antwort stehen mussten, die für dieses Verwaltungsjahr 1998 gar nicht zuständig waren. Es war daher eine sehr interessante Diskussion in Richtung Zukunft, in Richtung Vorhaben der neuen Regierung.

Zweitens: Durch den Parteienwechsel in der Regierung konnte auch die politische Verantwortung nicht genau herausgearbeitet werden, denn ein Innenminister Strasser konnte kaum für die Versäumnisse und Verfehlungen des ehemaligen Innenministers Einem oder ein Minister Bartenstein kaum für die aufgezeigten Missstände im Bereich der ehemaligen Sozialministerin Hostasch Verantwortung übernehmen. Das wird uns auch bei der Behandlung des Berichtes 1999 so gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Sie sehen das auch so, merke ich.

Drittens: Es ist ganz interessant, dass dieser Tätigkeitsbericht das erste Mal mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ, also mit den Stimmen dreier Fraktionen beschlossen wurde. Auffallend – und das zog sich wie ein roter Faden durch alle Sitzungen – war aber das nicht faire Verhalten mancher SPÖ-Mandatare im Ausschuss, die versucht haben, durch Formalitäten die Ausschussarbeit zu blockieren, oder sich zu klassenkämpferischen Tönen haben hinreißen lassen.

Ich nenne Ihnen Beispiele dafür. Beispiel 1, Alpen Straßen AG: Es wurde von keinem Vorredner, auch nicht von Ihnen, Frau Kollegin Lichtenberger, erwähnt, dass es durch Einsparungen, durch die Zusammenlegung zweier Gesellschaften zu Synergieeffekten kam, nämlich zu Einsparungen – das muss man auch aufzeigen – von zirka 50 Millionen Schilling. Darin werden Sie mir Recht geben. Es ist eigenartig, dass Ausschusssitzungen unterbrochen werden mussten, weil es zu Ladungsanträgen kam, obwohl es eine eigene Ladungssitzung im Rechnungshofausschuss gegeben hatte. Es konnte jede Fraktion genau jene Personen nennen, die geladen werden sollten. Da gab es nie Probleme. Auf einmal wurde versucht, in der inhaltlichen Diskussion eine formale Diskussion zu entwickeln, eine Sitzungsunterbrechung zu erreichen – also rein taktische Züge, die meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar waren. Diese taktischen Spiele lehnen wir auch in Zukunft ab! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächstes Beispiel: Nullkuponfonds. Obwohl Ex-Minister Edlinger rund fünf Monate vor In-Kraft-Treten der gesetzlichen Auflösebestimmungen im Fonds befindliche Wertpapiere frühzeitig verkaufte, also ohne Bedachtnahme auf Kupon-Termine, und damit der Republik Österreich nachweislich einen wirtschaftlichen Schaden von 86 Millionen Schilling zufügte, reduzierte sich die Diskussion im Ausschuss zum Teil auf eine Formaldiskussion darüber, ob denn Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz als ehemaliger Rechnungshofbeamter nicht befangen wäre. Es gab wieder Sitzungsunterbrechungen, weil der Herr Finanzminister anderswo Verhandlungen zu führen hatte und sich durch den Staatssekretär vertreten ließ. – Ein mimosenhaftes Verhalten!

Ich frage: Wie oft, Herr Ex-Minister Edlinger, haben Sie sich im Rechnungshofausschuss durch den Staatssekretär vertreten lassen? Haben Sie eine schriftliche Entschuldigung gesandt? – Ich glaube nicht. Auf einmal fordert man das von einem Finanzminister ein. All diese Dinge müssen auch im Plenum genannt werden, denn gerade die inhaltliche Diskussion im Ausschuss wurde dadurch erheblich gestört.

Ein weiteres Beispiel: Innenministerium, Bekämpfung der Umweltkriminalität. – Okay, da sind wir in vielen Bereichen einer Meinung mit der grünen Fraktion. Da gibt es wahrscheinlich unter Umständen auch einen gemeinsamen Entschließungsantrag, wenn wir uns einigen können.


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Kritisiert wurde vom Rechnungshof zum Beispiel die Zuordnung der Bekämpfung der Umweltkriminalität in unterschiedlichste oder andere kriminalpolizeiliche Aufgabenbereiche. Aber damals war ein Minister Einem als Innenminister zuständig, das muss man auch betonen.

Genau dieses Thema wurde im Ausschuss von SPÖ-Abgeordnetem Gaßner zum Anlass genommen, klassenkämpferische Töne anzuschlagen. So wurde der neue Innenminister etwa gefragt, was er gegen den größten Bereich der Umweltkriminalität, die Landwirtschaft, zu tun gedenke. Das ist pure Provokation, das ist purer Klassenkampf und das ist bewusste Kriminalisierung einer Berufsgruppe, nämlich der Landwirte, und die lassen wir, die ÖVP, uns nicht gefallen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber die Bauern, Herr Abgeordneter Gaßner, wissen ganz genau, wer sie vertritt, nämlich die ÖVP und der Bauernbund. Den Beweis dafür können wir jederzeit liefern, den haben unsere Bauernvertreter, ob Georg Schwarzenberger oder jüngst Rudolf Schwarzböck bei der letzten Landwirtschaftskammerwahl, eindrucksvoll geliefert. Gratulation! (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt, wir haben nur gewisse Kapitel andiskutiert. Es wäre garantiert verlockend, auch gewisse andere Themen anzugehen; das werden meine Nachrednerinnen und -redner machen. Zum Beispiel: die Verbesserung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt – zuständig: Ex-Ministerin Hostasch. Auch diesbezüglich bemängelte der Rechnungshof, dass geeignete Instrumente zur Beurteilung des Grades der Verwirklichung der Chancen von Mann und Frau fehlen oder die Voraussetzungen für ein Controlling der Förderungen nicht gegeben sind. Das zeigt ganz deutlich auch in diesem Bereich, dass nach 30 Jahren SPÖ-Sozialminister beziehungsweise Frauenministerinnen in puncto Gleichstellung nicht das weitergegangen ist, was man sich scheinbar vorgenommen hat. (Abg. Schwemlein: Wir haben einen Koalitionspartner gehabt!) Das zeigt natürlich auch, Herr Kollege, das deutliche Fehlverhalten Ihrer Ressortzuständigen auf.

Man kann noch sehr vieles diskutieren und auf sehr viele Bereiche eingehen, aber lassen Sie mich zum Schluss noch folgende zwei Feststellungen treffen:

Feststellung Numero 1, das wurde auch von meinen Vorrednern betont: Wir konnten nur deswegen auch sehr gut diskutieren, weil die Berichte fachlich gut aufgearbeitet waren. – Dafür ein Dankeschön den Rechnungshofbeamten, in deren Vertretung dem Herrn Präsidenten Dr. Fiedler, der in seiner bewährten Manier hier sachlich und fachlich Auskunft geben konnte. Diese Arbeit steht auf einem sehr hohen Niveau. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens musste ich feststellen, dass es der SPÖ offensichtlich nicht um Inhalte geht, sondern – das sah man, wenn man die Diskussion im Ausschuss verfolgte – um Formalitäten, die dem Parlamentarismus sicher schaden.

Wir bleiben garantiert auf dem Boden der Sachlichkeit, und wir laden Sie ein, ein Stück des Weges mit uns zu gehen. Wenn Sie das nicht wollen, dann werden wir ja in den nächsten Jahren sehen, wie das Volk entscheiden wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

13.51

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Der Boden der Sachlichkeit, der Boden der Tatsachen ist die eigentliche Auseinandersetzungsebene, die auch hier vorherrschen sollte. Deshalb möchte ich abseits einer Diskussion über Benehmen im Rechnungshofausschuss, abseits einer Diskussion über taktische Maßnahmen, abseits einer Diskussion über irgendwelche Winkelzüge zurückkommen auf den Boden der Tatsachen in einem Bereich, der wirklich dringend, massiv, vielfältigst und qualifiziert diskutiert werden muss, nämlich im Bereich der Frauenförderung, im Bereich des Arbeitsmarktservice, das sich damit beschäftigt hat, die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt voranzu


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treiben. Was hier der Rechnungshof feststellte, und auch ich möchte ihm sehr herzlich dafür danken, ist wirklich nicht nur die Anleitung für zukünftige Maßnahmenbündel, sondern das ist mehr oder weniger ein Register von 10 Geboten: Wie mache ich es ordentlich?

Was wurde kritisiert? – Erstens: Das Wort "Chancengleichheit" ist ja breit gestreut, ist breitgängig, ist in aller Munde, läuft fast schon Gefahr, inflationär gebraucht zu werden. Chancengleichheit tritt dann ein, wenn man weiß, was sie konkret umfasst, wenn man präzise umschreibt, worin sie besteht, und wenn man insgesamt auch Umsetzungsstrategien und Beurteilungsinstrumente bereithält. Genau das bemängelte der Rechnungshofbericht in Bezug auf die Frauenförderung, wie sie vom Arbeitsmarktservice vorgenommen wurde. Er bemängelte es meines Erachtens sehr zu Recht, und er ist hoffentlich auch in der Lage, entsprechende Hebel anzusetzen, damit das Arbeitsmarktservice und darüber hinaus auch noch weitere Institutionen von dem Vokabel "Chancengleichheit" endlich zu präzisen, konkreten Projekten kommen und vor allem auch Möglichkeiten bieten, zu evaluieren, was im Hinblick auf Chancengleichheit unternommen worden ist.

Damit komme ich gleich zu einem zweiten Kritikpunkt in diesem Bereich, den ich unterstreichen und vortragen möchte: das Controlling – das sprach bereits mein Vorredner an – als Defizit gerade in diesem Förderungswesen, in diesem Bereich des Arbeitsmarktservice. Es wurde attestiert, dass die innere Systematik und die zeitliche Kontinuität der Zielsteuerung und der strukturierten Schwerpunkte eigentlich fehlen. Und ohne diese Voraussetzungen ist es sehr, sehr schwierig, die Fördermittel, die zugunsten der Frauen ausgeschüttet wurden, auf ihre Effizienz hin zu untersuchen. Dadurch bleiben wir in einem vagen Raum, dadurch bewegen wir uns wieder auf einer unsicheren Ebene und dadurch werden teilweise Mittel eingesetzt, ohne dass gewährleistet ist, dass sie wirklich das bringen, was sie längst bringen sollten.

Daher unterstreiche ich noch einmal die Forderung nach einem besseren Controlling, das auch voraussetzt, dass wir über eine geeignete Datengrundlage verfügen. Diesbezüglich ist das AMS – in der Vergangenheit, betone ich – auch noch säumig gewesen. Es fehlten die entsprechenden EDV-Systeme, und es ist die Datengrundlage noch nicht so, dass man jetzt wirklich konkrete positive oder negative Äußerungen über die Effizienz der Frauenförderung machen könnte.

Ein dritter Kritikpunkt, der in vielen Bereichen, gerade im Subventionswesen, anzusetzen ist, ist das Fehlen von längerfristigen Planungen, das Fehlen von längerfristigen Programmen, das sozusagen kurzfristige Ausschütten, das einjährige Ausschütten von Subventionen, und das Fehlen eines Planes, der praktisch vier Jahre umfasst. Da ist sicherlich die Schuld nicht beim AMS in erster Linie gelegen, sondern da ist der Auftraggeber, nämlich die Bundesregierung mehr oder weniger ins Gebet zu nehmen und auch zur Verantwortung zu ziehen. Es ist gerade die Aufgabe einer neuen Bundesregierung, jetzt nicht den Fehler der alten zu wiederholen, sondern wirklich für Planungssicherheit zu sorgen und auch längerfristige Planungen vorzunehmen.

Somit komme ich zum vierten Punkt, den der Rechnungshof bemängelt, nämlich betreffend die Mittel, die für die Qualifizierung von Frauen eingesetzt wurden. Qualifizierungsprogramme sind ja gerade für den Wiedereinstieg sehr wesentlich, und Qualifizierungsprogramme sind auch die Chance für die Frauen, die Chancengleichheit im beruflichen Bereich konkret wahrnehmen zu können, ja dass ihnen diese überhaupt angeboten wird. Und gerade von den Qualifizierungsprogrammen ist nur ein Drittel den Frauen zugute gekommen, zwei Drittel der Qualifizierungsprogramme kamen den Männern zugute. Das ist eine Fehlsteuerung, die angesichts der Notwendigkeiten wirklich am Problem vorbeigeht, und gerade bei dieser Fehlsteuerung gilt es anzusetzen: weg mit der Gießkanne, hin zu einem gezielten Förderungsstrahl in Richtung Frauen, die im sozusagen minderqualifizierten Bereich beschäftigt sind, in Richtung Frauen, die wiedereinsteigen müssen.

Diesbezüglich ist noch etwas als sehr wesentlich zu erwähnen, was auch der Rechnungshof einfordert, nämlich die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen. (Beifall bei den Grünen.)


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Sie alle wissen, die Möglichkeit für die Frauen, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, steht und fällt mit der Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder. Und da gibt es natürlich Kompetenzschwierigkeiten, denn zuständig für die Bereitstellung von Kindergärten sind meistens Gemeinden, Städte, Länder, und das Ministerium gibt das Geld für die Qualifizierungsprogramme oder auch für die Arbeitsmarktförderung. Das wesentliche Begleitregiment muss aber auf der anderen Ebene bereitgestellt werden, und dabei hat sich auch das Ministerium forcierend einzusetzen und entsprechende Mittel über den Finanzausgleich sicherzustellen.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Anregungen des Rechnungshofes würden mehr oder weniger ein Vier-Jahres-Programm für die nächste Periode des AMS im Bereich Frauenförderung grob umschreiben. Dass sie noch konkretisiert und spezialisiert werden, liegt sicherlich in den Händen des AMS, das sich durch Direktor Buchinger in den Beratungen des Ausschusses als durchaus sehr konstruktiv und, wie ich es auch nenne, lernbereit gezeigt hat. Hoffentlich trägt das alles auch Früchte. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

13.58

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja verwunderlich, welche Tatsachen bei der Diskussion des vorliegenden Rechnungshofberichtes zu Tage treten. Während am heutigen Vormittag die Fernsehkameras eingeschaltet waren und sich in der Aktuellen Stunde noch die grünen und die sozialdemokratischen Frauenvertreterinnen und die Männer, die die Frauenrechte hier vertreten haben, gewaltsam über die neue Bundesregierung geäußert (Abg. Schwemlein: Gewaltsam?!)  – in Worten (weitere Rufe bei der SPÖ: Gewaltsam?) –, in Worten gewaltsam geäußert haben – aus meiner Sicht, wenn ich Ihren Standard ansetze, den Sie in entsprechender Form unseren Wortmeldungen zugrunde legen –, hat jetzt Frau Kollegin Gabriela Moser zumindest in Bezug auf den vorliegenden Rechnungshofbericht über das AMS zugegeben, dass "diese Bundesregierung" – und ich zitiere sie hier wortwörtlich – "nicht die Fehlsteuerung bei Qualifizierungsprogrammen der alten Bundesregierung fortsetzen soll". – Frau Kollegin Moser, ich bin Ihnen dankbar. Jetzt, da das Fernsehen abgeschaltet ist, sind Sie endlich bereit, den Tatsachen und der Wahrheit ins Auge zu sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die nun zu Ende gegangene sozialdemokratische Bundesregierung mit Frauenministerin Prammer unter dem Schutzmantel des Herrn Bundeskanzlers Klima, der einzig und allein nämlich im Ministerrat die Rechte für die Frauen wahrnehmen konnte – und nicht sie! –, hat offensichtlich, wie der derzeitige Rechnungshofbericht, wie die Kritik dieses Rechnungshofberichtes beweist, in der Vorsorge für die österreichischen Frauen im Hinblick auf die Qualifizierung für den Rückeintritt in das Berufsleben, aber auch im Hinblick auf die Bundesförderung für Kinderbetreuungseinrichtungen sträflich versagt. Das ist die Tatsache, und diese Bundesregierung wird das hoffentlich besser machen, sehr geehrte Damen und Herren! Dafür sind wir angetreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir uns die Berichte ansehen, so ist doch eines auffällig, und wenn der ehemalige Bundesminister Edlinger für den Nullkuponfonds in der vorliegende Berichtsform zur Verfügung steht, so sollte man nicht vergessen, dass er nach der Methode gehandelt hat: Heute das schnelle Geld – und die Belastung für die zukünftigen Generationen! Herr Bundesminister! Der Rechnungshofbericht über den Nullkuponfonds ist der deutliche Beweis dafür, dass Sie nach der Methode "Loch auf – Loch zu", also mit kurzfristigen Methoden unter Belastung der nachfolgenden Generationen und der nachfolgenden Budgets gearbeitet haben.

Herr Bundesminister! Die Zahlen des Rechnungshofberichtes sind deutlich: Im Jahre 2000 beträgt die Belastung mehr als 1,3 Milliarden Schilling, im Jahre 2002 wird die Belastung 537 Millionen Schilling betragen, im Jahre 2007 171 Millionen Schilling und im Jahre 2016 noch


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immer 11 363,1 Millionen Schilling; das macht insgesamt in den nächsten 16 Jahren eine Belastung durch Sie und den Nullkuponfonds von 13 450,2 Millionen Schilling.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Rechnungshofbericht ist eindeutig, die Zahlen über die Zahlungsverpflichtungen der nächsten Jahre sind eindeutig, und vielleicht werden sich die jungen Damen und Herren auf der Galerie endlich ein Bild darüber machen, wer die Jugend belastet und wer die Jugend entlasten will. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich gebe schon zu, sehr geehrte Damen und Herren, dass es für die jetzige Bundesregierung nicht lustig ist, ein Belastungspaket im Ausmaß von 7 Milliarden Schilling für die Bevölkerung zu schnüren, aber ich gebe auch zu bedenken, dass das ganze Desaster damals angefangen hat, als Herr Bundeskanzler Bruno Kreisky einen nahezu schuldenfreien Staat übernommen hat, und dann haben sozialdemokratische Finanzminister durch mehr als 30 Jahre diesen Staat in die heutige Schuldenenge geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Darüber hat dieser Rechnungshofbericht zumindest mit dem Beispiel des Nullkuponfonds deutliche Zahlen auf den Tisch gelegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Rechnungshofbericht über die Alpen Straßen AG muss man klar und deutlich sagen, Herr Kollege Brix: Im Berichtszeitraum hatten Sie durchaus Mitkompetenzen. Ihr Herr Minister Einem war etwa für die Eichung der entsprechenden Waagen im Straßenbau zuständig. 30, 38 Milliarden Schilling Mehrkosten für die Erhaltung entstanden allein deshalb, weil es keine geeichten Waagen gab.

Sie können leicht lachen, Herr Kollege Jarolim. Das alles muss heute der österreichische Steuerzahler durch Verteuerungen auf sich nehmen (Abg. Dr. Jarolim: Glauben Sie das wirklich, was Sie da sagen?), weil Sie mit Ihren Bundesministern im Innenministerium und auch mit Ihrem Herrn Einem im Verkehrsministerium im Bereich der Sicherheit auf der Straße bundesweit nicht dafür gesorgt haben, dass die übergewichtigen Brummer unsere Straßen nicht vorsätzlich und schneller als notwendig ruinieren, wie es der Fall wäre, wenn sie mit 40 Tonnen fahren würden. (Abg. Dr. Jarolim: Was tun Sie mit der ÖVP dagegen?)

Da, Herr Kollege Jarolim, wird Sie keiner aus Ihrer Verantwortung entlassen, weder Ihren Herrn Einem noch Ihren Herrn Schlögl noch deren Vorgänger in diesen beiden Ressorts. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Amon. ) So wird es nicht gehen, dass Sie, kaum, dass die neue Bundesregierung im Amt ist, 30 Jahre Versäumnis und das, was der Rechnungshof zu Recht aufgezeigt hat, der neuen Bundesregierung in die Schuhe schieben!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie brauchen sich gar nicht so künstlich zu erregen. Der Rechnungshofbericht liegt auf dem Tisch, die kritische Überprüfung der Tätigkeit während Ihrer Amtszeit durch den Rechnungshof liegt auf dem Tisch, und wir Freiheitlichen haben diesem Rechnungshofbericht deswegen zugestimmt, weil er ein klares Sittenbild der sozialistischen Regierung bietet. Er tut dies besser als viele Rechnungshofberichte in der Vergangenheit, weil die ausgewählten Kapitel wirklich ein Streiflicht auf jene Politik werfen, die Sie 30 Jahre lang zum Schaden der österreichischen Steuerzahler und zum Schaden der österreichischen Bürger gemacht haben. In diesem Rechnungshofbericht ist dies deutlicher aufgelistet als in vielen anderen Rechnungshofberichten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe schon ein, dass Sie sich diesbezüglich aufregen, ich sehe schon ein, dass Sie sich aus der Verantwortung stehlen wollen, aber das wird die neue Bundesregierung nicht zulassen. Und dort, wo Sie Mitkompetenzen gehabt haben, Herr Kollege Brix, werden Sie auch für diese Mitkompetenzen verantwortlich gemacht. (Abg. Dr. Jarolim: Sorgen Sie für Qualität!)

Ich sage es deutlich und klar: Immer dann, wenn Sie im Rechnungshofausschuss mit Geschäftsordnungstricks versuchen werden, zu erreichen, dass die Rechnungshofberichte nicht zeitgerecht ins Plenum kommen und damit nicht zeitgerecht an die Öffentlichkeit gelangen, damit man die tatsächlichen Versagen in der Vergangenheit und die tatsächlichen Protagonisten, die damals in entsprechender Form bei den von ihnen wahrzunehmenden Aufsichts


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kontrollen als Minister versagt haben, nicht betrachten kann, werden Sie nicht mit uns als Partner für diese Verzögerungen rechnen können.

Sehr geehrte Damen und Herren von Seiten der grünen und der sozialdemokratischen Opposition! Wenn Sie heute mit zwei Entschließungsanträgen versuchen werden, dem Herrn Bundesminister für Inneres Strasser nunmehr auf den Weg mitzugeben, was zumindest die Sozialdemokraten in 30 Jahren Innenministerium nicht zuwege gebracht haben, nämlich ihm die Straffung bei der Bekämpfung der Umweltkriminalität innerhalb der nächsten paar Monate hinaufzudividieren, und wenn Sie glauben, dann auch noch in die Budgetsituation eingreifen zu können – bei einem Budget, das mit 23,2 Milliarden Schilling dotiert ist und das durch die für den Herrn Minister Strasser vorgesehene Freiheit der inneren Umgestaltung ihm auch die Möglichkeit gibt, diesen wichtigen Bereich der Bekämpfung der Umweltkriminalität besser zu dotieren –, dann werden Sie von Seiten der Sozialdemokratie sich, zumindest was die heutigen Anträge betrifft, wundern.

Denn dieses Feld 30 Jahre lang unbearbeitet zu lassen und nicht effizient zu straffen, aber dann von der neuen Bundesregierung zu verlangen, innerhalb eines Monats diese 30 Jahre lang versäumte Straffung im Bereich der Bekämpfung der Umweltkriminalität nachzuholen, das, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, nimmt Ihnen kein Bürger in diesem Lande ab, der nachdenken kann und weiß, dass gerade die Tätigkeit der Umweltgendarmen in den letzten 30 Jahren von Ihrem Ressort nicht gefördert worden ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das war eine laute, aber schwache Rede! – Abg. Böhacker: Das war ein oberschwacher Zwischenruf! Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!)

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst zu einem Punkt, der im Ausschuss besprochen worden ist, nämlich zur Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen. Ich möchte nicht anstehen, einen Punkt zu erwähnen, der auch aus der Sicht der Grünen ein durchaus positiver war. Offenbar ist es nämlich im Rahmen dieser Ausgliederungen gelungen, wieder dahin zurückzukommen, dass der Spitzen- und Leistungssport bei den Bundessporteinrichtungen nicht hinter dem Breitensport zurücksteht. Die damalige Situation, die in der Medienberichterstattung als ziemlich peinlich dargestellt wurde – da wurde über diverse Funktionärsgruppen, die zu Spottpreisen in den Bundessporteinrichtungen logieren konnten, berichtet –, ist durch den Schritt der Ausgliederung jetzt nicht mehr möglich.

Das ist einer der Punkte, die positiv sind, aber auch in diesem Bericht über die Bundessporteinrichtungen gibt es Punkte, die bei weitem weniger erfreulich sind.

Wir haben folgende Situation – und ich finde es besonders interessant, dass wir heute aus dem Ministerium noch mitgeteilt bekommen haben, um welche Verbände es sich dabei handelt –: Im "Haus des Sports" sind 14 von 55 Verbänden untergebracht, die zu äußerst günstigen und lukrativen Verträgen dort logieren können. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet der Österreichische Golfverband – ich sage es noch einmal: der Golfverband! – zu einem Quadratmeterpreis von 4,17 S im Haus des Sports logieren kann! Egal, wann diese Verträge entstanden sind: Es geht einfach darum, dass da ungleiches Maß angewendet wird. Es kann nicht sein, dass ein Teil der Verbände zu extrem günstigen Bedingungen dort logieren kann, ungeachtet dessen, ob sie finanziell kompetent sind oder nicht, und die anderen, die woanders untergebracht sind, Mieten zu Marktpreisen bezahlen müssen. Da gab es eindeutige Versäumnisse in der Vergangenheit. (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Kritikpunkt ist die Vergabepraxis in der österreichischen Sportförderung. Die Rechnungshofberichte der Jahre 1994 und 1998 lesen sich sehr ähnlich: Das Gesetz sei äußerst undurchsichtig gegliedert, es sei nicht klar, nach welchen Richtlinien gefördert wird. – Das steht in beiden Berichten! Es gibt einen umfangreichen Förderbericht, in dem wirklich jede Trainer


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tätigkeit aufscheint, in dem steht, wie viel jeder Spartentrainer bekommt, und dann gibt es auf einer unscheinbaren Seite eine Auflistung über die Leistungen von ASKÖ und Union, auf der 160 Millionen Schilling – ohne Aufgliederung! – stehen. Das ist eine Situation, die auf Dauer gesehen ja wohl nicht haltbar sein kann. Es geht darum, klare Richtlinien zu schaffen, es geht darum, klar zu definieren, für welche Leistungen Förderungen bezahlt werden, und auch klar zu sagen, nach welchen Kriterien das erfolgt.

Ein Punkt, der auch bereits im Jahre 1994 schön und klar im Bericht stand, ist die Verflechtung auf der personellen Ebene. Der Rechnungshof hat 1994 kritisiert, dass Personen, die mit der Förderungsvergabe und -abwicklung beschäftigt sind, gleichzeitig in den Verbänden und im Ministerium sitzen. Wortidentisch – wortidentisch! – steht das nun wieder drinnen. Vier Jahre vergangen – keine Aktivitäten! Entsprechende Aktivitäten haben erst während der Prüfung eingesetzt, aber es gibt nach wie vor einen Verein, der noch immer sagt, es geht nicht anders: Jene Leute, die fördern und die mit der Förderungsabrechnung beschäftigt sind, müssen gleichzeitig auch in unserem Verband sitzen! – Ich frage mich, was das für eine Offenlegung sein soll. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt – und ich finde es wirklich schade, dass das ein Thema war, zu dem wir im Ausschuss nicht mehr gekommen sind – ist die Schulraumüberlassung und Werbung. Es ist ja relativ unscheinbar, was da auf einer Seite ziemlich weit hinten im Bericht steht, aber ich möchte einen kleinen Rückblick wagen.

Die Möglichkeit, Sponsoring in den Schulen zu betreiben, gibt es noch nicht allzu lang. Komischerweise gab es offenbar einen Moment, ab dem klar wurde, dass es gesetzliche Regelungen geben wird, die es ermöglichen sollen, durch Sponsoring zusätzliche Mittel für die Schulen – wobei das Wort "zusätzliche" schon irgendwie zu hinterfragen ist – zu lukrieren. Es ist schade, dass Frau Ministerin Gehrer bei diesem Punkt nicht da ist, denn merkwürdigerweise hat sich eine junge, eine äußerst junge Firma – auch von den handelnden Personen her sehr jung – gebildet: Offenbar haben Schüler unmittelbar nach ihrem Schulabgang und zu einem Zeitpunkt, zu dem überhaupt noch nicht klar war, wie die genauen Richtlinien ausschauen werden, eine Firma gegründet, nämlich die Schulwerbung. – Ich würde einmal sagen, an der Börse werden Informationen, wie sie hier geflossen sind, mit einem klaren Wort bezeichnet, und das heißt "Insiderinformationen".

Nun ist es so – und der Rechnungshof hat das festgestellt –, dass diese Agentur, die Schulwerbung, Provisionen von 60 Prozent kassiert. – 60 Prozent verbleiben bei der Agentur, 40 Prozent erhalten die Schulen. Das ist ein ziemlich unhaltbarer Zustand, denn – es sind hier auch einige Schüler auf der Galerie – wenn ich mir vorstelle, was man mit zusätzlichen 60 Prozent der Sponsoreinnahmen machen könnte, dann wäre das wohl ein durchaus großer Fortschritt. Der Rechnungshof hat auch klar angesprochen, dass es diesbezüglich eindeutig einen Handlungsbedarf gibt.

Aber um noch einmal dazu zurückzukehren, wie dieses Schulsponsoring abläuft: Diese Agentur trägt kein Risiko im Geschäft. Sie zahlt dann, wenn sie vergibt, und wenn sie nicht vergibt, bekommen die Schulen nichts. – Für dieses "enorme Risiko" gibt es 60 Prozent. – Irgendwie eine etwas merkwürdige Lösung.

Es wäre durchaus interessant, zu klären, wer die handelnden Personen sind, auch zu klären, woher die Informationen kamen, die offensichtlich vorher geflossen sind. Möglicherweise kamen sie aus dem Ministerium selbst, aber wir werden versuchen, auch das zu eruieren.

Die Frage ist natürlich auch, wie diese Schulwerbung abläuft. Mittlerweile gibt es – man kann den Namen hier ja ruhig nennen – eine Werbeplakat-Serie der Firma BIPA, mit der für Unterwäsche geworben wird. Auf diesen Plakaten sind dementsprechend auch mit Unterwäsche bekleidete Personen – vor allem Frauen – zu sehen, und diese Plakate hängen wunderschön in den Wiener Schulen herum. Da frage ich mich: Welche Kriterien gibt es eigentlich für diese Form des Sponsorings? – Es ist dort wohl alles möglich, es gibt offensichtlich auch in den Schulen keine Einschränkungen.


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16. Sitzung / Seite 56

Nächster Punkt zu den Sponsoring-Einnahmen – ich bin etwas traurig darüber, dass der Rechnungshof nicht auch darauf eingegangen ist –: Wie funktioniert die Abrechnung? – Es gibt Sponsoring-Einnahmen, aber es gibt keine Abrechnungsverpflichtung der Schulen. Es gibt den Direktor – meistens den Direktor, zeitweise auch die Direktorin – in der Schule, der die Möglichkeit hat, im Prinzip im Alleingang, ohne Verpflichtung gegenüber dem Schulgemeinschaftsausschuss, diese Sponsorgelder zu verwalten. Dazu gibt es so lustige Beispiele wie dieses, dass sich ein Wiener Direktor einbildete: Einen Brunnen wollen wir haben! Und ein Brunnen mit Kosten in der Größenordnung eines dreistelligen Tausenderbetrages wurde dort errichtet. Computer oder andere Dinge wären für die Schüler vielleicht angemessener gewesen, aber nein, es musste ein Brunnen sein!

Ich wiederhole: Es gibt keine Abrechnungsverpflichtung! Dazu ein lustiger Punkt, den ich jetzt noch anmerken möchte. Im Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ist es immer so: Wenn so etwas im Rechnungshofbericht steht, braucht man nur fünf Zeilen zu lesen, und dann steht drinnen, es gibt keine Daten. – Das ist mir jetzt schon bei mehreren Berichten aus diesem Ministerium aufgefallen, und auch diesmal steht es wieder drin:

"Weder das BMUK noch die einzelnen Landesschulräte verfügten zum Prüfungsgegenstand über aufbereitetes Datenmaterial." 

Der Rechnungshof hat dann eine Fragebogen-Aktion durchgeführt und die Schulen selbst befragt, wie es ausschaut, aber es ist schon bemerkenswert, dass genau aus diesem Ministerium immer wieder das gleiche Argument kommt: keine Datenlage, nicht nachprüfbar.

Dieses Sponsoring möchte ich jetzt noch einmal, und zwar unter dem Aspekt der Mittelkürzung im Bildungsbudget beleuchten. Es geht ja nicht darum, dass es negativ ist, zusätzliche Mittel zu lukrieren – das ist nicht der Punkt. Das Problem ist, dass Kürzungen vorgenommen werden, da sozusagen davon ausgegangen wird, dass es eine gewisse Möglichkeit gibt, Sponsoring-Einnahmen zu lukrieren. Das trifft für gewisse Schulen absolut zu, das trifft vor allem für Schulen zu, in denen Schüler aus jenen sozialen Schichten sitzen, die es für Sponsoren lukrativ machen, dort zu werben, das trifft aber für viele Schulen nicht zu. Und genau in diesen Schulen reißt mittlerweile schon die Sitte ein, dass die Schüler oder die Eltern herangezogen werden, um die Räume auszumalen, um irgendwelche handwerklichen Tätigkeiten in den Schulen zu verrichten. Ich frage mich wirklich, ob das der Sinn des österreichischen Schul- und Bildungssystems ist, dass man schon auf solche Eigenleistungen zurückgreifen muss.

Ein letzter Punkt, den ich noch anführen will: Es geht offenbar auch darum, dass es wichtig ist, wer mit den Sponsoren in Kommunikation tritt, und da kann ich auch den Kollegen von der SPÖ ein Ereignis nicht ersparen: Wenn die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers, Sonja Klima, zu den Sponsoren geht, dann ist es offenbar möglich, dass sie mit einer Schulklasse für zwei Tage nach "Disneyland" fliegen kann – hin und retour samt Aufenthalt – und das offenbar von Sponsoren bezahlt wird. Es ist aber nicht jeder Sonja Klima, und nicht jede Schule hat die Möglichkeit, über solch prominente Lehrer zu verfügen. Ich finde, dass es ein ausreichendes Maß an Mitteln im Schulsystem geben muss – unabhängig davon, ob es Sponsorgelder gibt, und unabhängig davon, ob die jeweiligen Lehrkräfte entsprechende Möglichkeiten haben, diese Sponsorgelder zu lukrieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Herbert L. Graf. )

14.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

14.16

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Kollege Mag. Steindl – er ist, glaube ich, jetzt geflüchtet – hat doch tatsächlich kritisiert, dass die SPÖ Anträge im Rechnungshofausschuss stellt, und Kollege Haupt – das ist besonders pikant, denn er ist ja Vorsitzender im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses – hat sich dem angeschlossen.

Also, meine Herren, nehmen Sie zur Kenntnis: Die SPÖ stellt Anträge, wo sie will, wann sie will und welche sie für richtig hält. (Beifall bei der SPÖ.) Herr Haupt und Herr Mag. Steindl! Sie sind ja mit der Demokratie auf Kriegsfuß! Da tun sich Abgründe auf, muss ich sagen. Aber breiten


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16. Sitzung / Seite 57

wir den Mantel des Schweigens über diese außerordentliche Peinlichkeit, die Sie hier geliefert haben.

Meine Damen und Herren! Ich werde mich in meinem Redebeitrag mit dem Sport beschäftigen, und es tut mir daher Leid, dass die Frau Vizekanzlerin nicht da ist. Ich weiß schon, sie ist möglicherweise beim Herrn Bundespräsidenten. Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn sie im Hohen Haus anwesend wäre, denn ich glaube, es macht keinen Sinn, beim Herrn Bundespräsidenten zu sein, solange Herr Haider seine Beschimpfungen und die Verunglimpfungen von Menschen im In- und Ausland nicht einstellt. Da wird es nichts nützen, wenn Frau Riess-Passer beim Herrn Bundespräsidenten zu Gast ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Ausgliederung der Bundessportheime ist eigentlich ein sehr erfolgreiches Projekt. Es geht da um ganz traditionelle Einrichtungen mit klingenden Namen, etwa die Südstadt, Schielleiten, Faakersee. Einerseits gibt es jetzt ein modernes Management, ein modernes Marketing, streng nach betriebswirtschaftlichen Kriterien, zum anderen einen Förderungsbereich, einen Bereich der Sportpolitik. Und auch der Rechnungshof meint, dass die Ausgliederung insgesamt positiv zu bewerten ist – und das will schon etwas heißen bei den gestrengen Prüfern.

Der Prozess ist vorbildlich abgelaufen. Er wurde mit einer Unternehmensberatung, der Infora, abgewickelt, und es hat diverse Teilnehmer aus verschiedensten Bereichen gegeben, die daran mitgearbeitet haben. Ein Herr Ministerialrat Wagner zum Beispiel aus dem Bundesministerium für Landesverteidigung oder Herr Mag. Martin Holzinger von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst oder Frau Mag. Lammert, Verwaltungsakademie des Bundes. Ich habe mitgearbeitet als Mitglied des Sport-Ausschusses. Herr Ministerialrat Loicht, Bundesministerium für kulturelle Angelegenheiten, und auch zwei Herren aus dem Rechnungshof, nämlich Herr Dr. Muckenhuber und Herr Ing. Mag. Schlicker, haben sich beteiligt. Abgeordnete anderer Parteien, meine Damen und Herren, haben sich nicht beteiligt an diesem ganzen Prozess. Die FPÖ hat, statt konstruktiv mitzuarbeiten, in dieser Zeit einen Antrag gestellt, die Bundessportheime zu verscherbeln, zu verschleudern.

Meine Damen und Herren! Das ist Ihr Antrag aus dem Jahr 1997, mit dem Sie eben eine so genannte "echte Privatisierung" der Bundessportheime verlangen. (Abg. Dr. Grollitsch: Was heißt "verscherbeln"?) Ja, meine Damen und Herren – Sie stehen ja als Unterzeichner auf diesem Antrag, Herr Dr. Grollitsch –, haben Sie sich keine Gedanken gemacht, wie das mit den Trainerkursen dann sein wird, mit den Lehrwarten, mit der Aus- und Fortbildung, ob man Trainerkurse für den Behindertensport privat abwickeln kann? Was ist mit den Schulkursen – Schwerpunkt Leistungssport – oder mit Kursen der Institute für Sportwissenschaften? Das müsste Ihnen doch zu denken geben! Was ist mit Auswahlmannschaften für die Dachverbände? Kann man all das privat organisieren? – Egal! Das war der FPÖ alles einerlei. Populistisch hat es gepasst. Da gibt es einen Abgang von 150 Millionen Schilling, daher die Forderung: Privat, alles verscherbeln, alles verschleudern!

Im Rechnungshofausschuss – und jetzt komme ich noch einmal zu Ihnen, Herr Dr. Grollitsch – hat die Lesart der FPÖ dann schon ein bisschen anders ausgeschaut. Es passt ohnehin, wie es gemacht wurde, hat es geheißen, und mit einem treuherzigen und kuhäugigen Blick hat man gesagt: Wir haben diesen Anstoß seinerzeit geben müssen, das war eben notwendig.

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Herr Dr. Grollitsch! Distanzieren Sie sich also jetzt von diesem populistischen FPÖ-Antrag des Jahres 1997, mit dem man ohne Rücksicht auf sportpolitische Notwendigkeiten die Bundeseinrichtungen verscherbelt hätte! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine ganz andere Distanzierung wird für die FPÖ notwendig sein, nämlich von einer Aussage der Frau Vizekanzlerin im Sportausschuss, wo sie doch tatsächlich gemeint hat, das Herz des Sports seien nicht die Funktionäre, sondern die Sportler.

Meine Damen und Herren! Zählen die Funktionäre nichts, die Funktionäre mir ihrem ehrenamtlichen Einsatz, die den Sport überhaupt erst ermöglichen? (Abg. Fischl: Danke, Herr Kollege!) Was ist, Herr Kollege Fischl, mit der Pensionistin, die die Dressen der Fußball-Buben wäscht? Was ist mit dem Lehrer, der in seiner Freizeit die Tischtennisplatten aufstellt? Was ist


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mit den Zehntausenden Frauen und Männern, ob jung oder alt, die als Trainer, Lehrwarte und Betreuer zur Verfügung stehen? Ist das nicht das Herz des Sports? Was ist denn die Perspektive der Frau Vizekanzlerin? Das VIP-Zelt in Schladming beim Nachtslalom? (Abg. Fischl: Na, na, na!) Sind Sportler nur Profis, Funktionäre nur bezahlte Serviceleute?

Was ist denn das für eine Perspektive des Sports zwischen Bischof Krenn und ihrem Chef Haider auf der Ehrentribüne in Schladming? An was denkt da die Frau Vizekanzlerin? Denkt sie an 500 Freiwillige, die tagelang, bei Nacht und im Regen, die Piste präpariert haben oder vielleicht an ein paar Minuten TV-Zeit?

Sport ohne Funktionäre gibt es nicht! Die Funktionäre sind das Herz des Sports, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein drittes und letztes Thema ins Sportstammbuch der FPÖ geschrieben. Es geht um die finanzielle Balance im Sport, es geht um etwas sehr, sehr Sensibles, nämlich um den Verteilerschlüssel der Mittel. Da geht es um den Sport grundsätzlich, meine Damen und Herren, um die Balance zwischen Dachverbänden und Fachverbänden.

Die Frau Vizekanzlerin hat angekündigt, sie wird bis Oktober ein neues Sportförderungsgesetz vorlegen, und das werden wir mit ihr sehr ausführlich diskutieren. (Abg. Böhacker: Ist das eine Drohung?) Uns ist die Bedeutung der Dachverbände sehr wichtig, denn diese haben einen gewaltigen Anteil daran, dass die Sportstätten überhaupt funktionieren können – in einer Zeit, da die Gebietskörperschaften immer weniger Mittel haben. Ich erinnere an die Sache mit dem Getränkesteuerentfall, bei der ÖVP und FPÖ die Bürgermeister im Regen stehen lassen. Diese Mittel, die die Gebietskörperschaften für Sportanlagen aufbringen, werden in Zukunft fehlen. (Abg. Jung: Hätten Sie vorher weniger Schulden gemacht!) Es ist also eine gewaltige Anzahl von Sportstätten gefährdet, meine Damen und Herren. Und es geht auch um die Basiserhaltung des Sports, des Wettkampf- und des Breitensports. So betreut beispielsweise der ASKÖ 85 Sportarten.

Meine Damen und Herren! Ein Merksatz: Einige Vereine und die Dachverbände haben ein loses Naheverhältnis zu politischen Parteien. Das ist kein Geheimnis. Die Union beispielsweise zur ÖVP, der ASKÖ zur SPÖ, und das darf kein Nachteil für den Sport sein. (Abg. Böhacker: Das ist doch blauäugig!) Da wird doch nicht verbissen Parteipolitik gemacht, meine Herren von der FPÖ. (Abg. Böhacker: So was von blauäugig!) Dafür bin ich ein lebendes Beispiel. Ich bin aktiver Sportler in einem Union-Verein, und wie Sie wissen, bin ich sozialdemokratischer Abgeordneter. Also Ihre verquere Vorstellung, dass bei Sportvereinen in den Hinterzimmern verbissen Parteipolitik gemacht wird – vergessen Sie das endlich einmal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Das ist aber eine ganz neue Entwicklung bei Ihnen!)

Meine Damen und Herren! Die Qualität der Arbeit im Sport, der Arbeit für die Jugend kann doch nichts mit politischem Engagement auf anderer Ebene zu tun haben, und politische Gesinnung disqualifiziert den Sport in Österreich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es zu einer Kürzung der Fördergelder für die Dachverbände kommen sollte – für mich ist das unvorstellbar –, dann kommt das de facto einer Auflösung dieser Verbände gleich, weil ja das Geld von den Gebietskörperschaften fehlt. Und die letzte Auflösung des ASKÖ – darauf möchte ich schon hinweisen – erfolgte im Jahre 1934 durch das austrofaschistische Regime.

Daher, meine Damen und Herren, versichere ich Ihnen: Auf Schritt und Tritt werden wir Ihre Handlungen und Unterlassungen, die die Dachverbände des Sports betreffen, beobachten. Und wenn es politisches Ziel der FPÖ oder wenn es politisches Ziel von Dr. Haider ist, funktionierende Sporteinrichtungen aus rein parteipolitischen Gründen zu schädigen oder zu zerstören, dann werden wir von der Sozialdemokratie erbitterten Widerstand leisten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fischl: Grabner, lassen Sie dich gar nicht mehr reden? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

14.24


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16. Sitzung / Seite 59

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, Sie gelangen als Nächste zu Wort. – Bitte.

14.24

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Was ist der Unterschied zwischen Österreich und Deutschland? – Da gibt es viele Unterschiede, aber einen signifikanten Unterschied gibt es, wenn man sich die Umweltkriminalität ansieht: Die Deutschen sind sichtlich um das Tausendfache krimineller als die Österreicher. Von den Straftaten im Jahre 1997 haben wir in Österreich 304 angezeigte Delikte zu verzeichnen gehabt, in Deutschland 46 142.

Woran liegt das? Liegt das wirklich daran, dass die Deutschen tausendfach mehr kriminelle Energie in sich vereinen, oder liegen die Ursachen vielleicht doch ganz woanders? (Abg. Jung: Von wo kommt denn der deutsche Innenminister?)

Ich habe vorhin gehört, dass die Bekämpfung der Umweltkriminalität und des dunklen Bereiches, den es da ganz offensichtlich gibt, ein Anliegen der Bundesregierung sei, und auch wenn jetzt versucht werde, zu erreichen, dass zusätzliche Ressourcen dafür bereitgestellt werden, Anträge in diese Richtung einzubringen, könne das nichts Ernstes sein, denn diese Bundesregierung will ohnehin die Umweltkriminalität bekämpfen.

Wenn das Dilemma so klar ist, wenn einerseits die Dunkelziffer so hoch ist, wenn andererseits die Maßnahmen, die dankenswerterweise im Rechnungshof-Prüfbericht sehr gut ausgearbeitet sind, so klar auf dem Tisch liegen, dann gibt es eigentlich, denke ich, für eine verantwortungsbewusste Regierung nur eine einzige Möglichkeit, nämlich diese Maßnahmen zu 100 Prozent umzusetzen.

Dass es bei dieser Umweltkriminalität nicht um Bagatelldelikte geht und auch nicht um Klassenkampf, ist klar. Es ist irgendwie absurd, dass man sich immer hinstellt und sagt, die Landwirtschaft kann das nicht sein, die ist brav, die ist nicht böse. Die Wirtschaft ist es wahrscheinlich auch nicht. Tatsache ist, es gibt in diesem Bereich schwarze Schafe sowohl in der Landwirtschaft als auch bei der illegalen Abfallbeseitigung, die vor allem im zweiteren Bereich milliardenschwere illegale Profite erwirtschaften. Milliardenschwere illegale Profite!

Das ist ein extrem heikler Bereich der Wirtschaftskriminalität, und wenn dann in Österreich 48 Beamte in diesem Dunkel, das es da gibt, in dieser absoluten Finsternis, die hier herrscht, sozusagen mit Taschenlampen oder Kerzen auf Ermittlungen geschickt werden, dann ist das einfach unerträglich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Nein, nicht mit Kerzen! Das ist zu gefährlich!) Aber 48 Beamte für ganz Österreich! Allein in Hamburg gibt es so viele, allein in Berlin sind es über 100. Das ist wirklich zu vergleichen mit 48 Menschen, die mit einer Kerze in die Wiener Kanalisation geschickt werden und dort eine Stecknadel suchen sollen. Das ist, auch wenn man das Engagement und die Motivation dieser Beamten anerkennt, eine recht schwierige Aufgabe. Ich danke dem Rechnungshof, der das so klar herausgestrichen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Dass das ein Milliardengeschäft ist, an dem mittlerweile die Mafia beteiligt ist – das ist auch dokumentiert –, liegt auch auf dem Tisch, und deswegen ist es eine ganz klare Forderung von Seiten der Grünen, dass wir diesen 48 Beamten endlich das geben, was sie brauchen, nämlich eine gute Ausrüstung, einen Internet-Zugang, Dienstautos, damit sie nicht weiterhin in einer so gering ausgestatteten und belächelten Form ihre extrem wichtige Arbeit verrichten müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind auch einige Kollegen der ÖVP und der Freiheitlichen, die in den Kommissionen Bundesgelder im Bereich Altlastensanierung zuteilen. Da geben wir wirklich Milliarden Schilling aus, um die Sünden der Vergangenheit wieder gut zu machen, aber wenn es um die Sünden der Gegenwart geht, sind 15 bis 20 Millionen Schilling sichtlich zu wenig. Die öffentliche Hand verliert jedes Jahr nachweislich Millionen durch die fehlende Ressourcen-Ausstattung in diesem Bereich.


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Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gaßner, Dr. Glawischnig, Brix, Mag. Kogler, Mag. Sima, Dr. Moser und GenossInnen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für innere Angelegenheiten wird aufgefordert, die Empfehlungen des Rechnungshofes hinsichtlich der Verbesserung der Umweltkriminalitätsbekämpfung in Österreich bis spätestens 31. Dezember 2000 umzusetzen und darüber dem Hohen Haus einen schriftlichen Bericht vorzulegen. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, das Budget für die Umweltkriminalitätsbekämpfung um 20 Millionen Schilling pro Jahr zu erhöhen."

*****

Diese 20 Millionen Schilling – das kann wohl nicht zu viel sein! Wir haben heute die erste Rede des Bundesfinanzministers über das Budget gehört, wo es um Milliarden geht. Was sind im Vergleich dazu diese 20 Millionen Schilling, bei denen die Umwegrentabilität und der Nutzen für die Republik Österreich und die öffentliche Hand so klar ersichtlich sind? Das ist mir unverständlich, und ich habe nur eine Antwort darauf, vor allem in die Richtung der freiheitlichen Kollegen: Das ist wieder ein Umfaller der FPÖ im Bereich Umweltpolitik.

Ich dokumentiere jeden einzelnen Umfaller sehr gewissenhaft. Ich bin gespannt, ob auch Kollege Schweitzer diesem Antrag nicht zustimmt oder vielleicht hinausgeht – wie zuletzt bei der Gentechnik. Wir werden das auch der interessierten Öffentlichkeit mitteilen, wenn es um so wichtige und einsichtige Probleme geht und die Lösungen so klar auf dem Tisch liegen.

Zweiter Punkt: Der Rechnungshof hat auch dankenswerterweise in einem anderen Umweltbereich geprüft. Da ist es vorwiegend um Programme betreffend Osteuropa gegangen, und zwar sowohl um die Förderprogramme für die mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten als auch um grenzüberschreitende Projekte. Diesbezüglich haben wir natürlich – jetzt wieder aktuell – ein Problem auf der Tagesordnung, das uns so schnell nicht verlassen wird: das grenznahe AKW im Beitrittsland Tschechien, nämlich Temelin.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend UVP-Verfahren zum AKW-Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Gewässerwirtschaft und Umweltschutz werden ersucht, im Rahmen des laufenden UVP-Verfahrens eine offizielle Einwendung im Namen der Republik Österreich fristgerecht der tschechischen Regierung zu übermitteln.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, an die Regierung der Republik Tschechien mit dem Ersuchen heranzutreten, dass österreichische Bürgerinnen und Bürger im Sinne der Espoo-Konvention im UVP-Verfahren formal verfahrensbeteiligt sein können und eine öffentliche Erörterung zur UVP auch in Österreich durchgeführt wird.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, nach dem Vorbild des oberösterreichischen Landtages – alle Parteien – über Inserate die österreichischen Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeit einer Einwendung zu informieren.


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4. Die Bundesregierung wird ersucht, anlässlich des UVP-Verfahrens der Republik Tschechien Unterstützung für einen Temelin-Ausstiegsplan anzubieten.

*****

Auch hier gilt wiederum: Ich hoffe, dass vor allem die Kollegen der freiheitlichen Fraktion nicht wieder eine Vorstellung des nächsten Umfallers bieten werden. Das ist eine Sache, die sich nicht weiter hinausschieben lässt. Die Verfahrensfrist endet am 30. März, also zu Beginn nächster Woche.

Handeln von Seiten Österreichs tut Not! Bis jetzt hat es noch keine Aussage des Umweltministers dazu gegeben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die von Frau Abgeordneter Glawischnig eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt; beim ersten ist auch eindeutig ein sachlicher Zusammenhang zum Thema der jetzigen Debatte vorhanden, beim zweiten ist es ein Grenzfall.

Ich würde sagen, da großes Interesse gegeben ist, erkläre ich auch diesen Entschließungsantrag für in Verhandlung stehend. Er steht damit zur Debatte. (Abg. Edlinger: Jetzt weiß ich, was ein "Grenzfall" ist! Wenn es nahe an der Grenze steht!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. – Bitte.

14.32

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat des Präsidenten des Rechnungshofes beginnen, der zum Thema "Arbeitsmarktservice: Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen am Arbeitsmarkt" sagte:

Man sieht zwar die gute Absicht, aber es fehlen jene Zahlen, die eine Gesamtsicht der Situation ermöglichen. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in der Vergangenheit auch immer wieder das Gefühl gehabt, dass bezüglich Frauenpolitik zwar die gute Absicht da war, es aber an Taten deutlich fehlte. (Abg. Schieder: So wie bei Ihrem Rückzug! Da war auch nur die Absicht da! – Abg. Dr. Puttinger: Es hat sich ja zum Besseren gewendet!) So gab es zum Beispiel ein Anhängsel im Bundeskanzleramt, das sich "Frauenministerium" nannte. Es verfügte aber nicht wirklich über das notwendige Budget, um sich durchzusetzen, und es hatte auch kein Durchgriffsrecht in den einzelnen Ministerien, um jene Frauenpolitik voranzutreiben, die es den Frauen tatsächlich ermöglicht hätte, ihre Position am Arbeitsmarkt zu verbessern. (Abg. Mag. Prammer: Frau Sickl hat im Bundesrat etwas anderes gesagt!)

Ich glaube, dass Frauenpolitik in den Köpfen jeder einzelnen Ministerin und jedes einzelnen Ministers sein muss, damit sie wirklich umgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Trattner. )

Ich möchte nun auf die Kritik des Rechnungshofes konkret eingehen. Wir haben heute schon ein paar Mal das Wort Gender-Mainstreaming gehört. Es ist auch richtig, dass es im Arbeitsmarktservice sowohl Ziele für Männer als auch Ziele für Frauen gab. Aber was ist ein Ziel allein, wenn es nicht auch wirklich an einem übergeordneten Ziel gemessen werden kann? Wenn bezüglich Arbeitsmarktservice vorgesehen ist, dass man 5 000 Männer in Beschäftigung bringen will und auch 5 000 Frauen, so ist das sicherlich ein gutes Ziel, das weiterhilft. Aber wo bleibt das übergeordnete Ziel, damit Frauenpolitik wirklich festgestellt werden kann? Wo bleibt das übergeordnete Ziel, dass zum Beispiel der Anteil der Frauen an der Zahl der unselbständig Beschäftigten wirklich erhöht wird? Wo bleibt das übergeordnete Ziel, dass die Beschäftigungs


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quote von Frauen insgesamt erhöht wird? (Abg. Öllinger: Wo bleibt das im Koalitionsabkommen?)

Der Rechnungshof hat mit Recht festgestellt, dass es an dieser übergeordneten Zieldefinition völlig mangelt. Damit ist ja auch ganz klar, dass man trotz Gender-Mainstreaming nicht wirklich kontrollieren und messen kann, ob sich die Situation und die Chancengleichheit der Frauen auf dem Arbeitsmarkt auch wirklich verbessert hat.

Ich freue mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Herr Bundesminister Bartenstein, der nun unter anderem mit Frau Bundesministerin Sickl dafür zuständig sein wird, in der Ausschusssitzung gesagt hat, dass er die Ausgaben für die Frauenförderung im Rahmen des AMS nicht reduzieren wird, wie heute schon ein paar Mal geunkt wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Gegenteil: Die Maßnahmen im Rahmen des AMS werden in Zukunft verstärkt und verbessert. So wird zum Beispiel das Programm für Wiedereinsteigerinnen deutlich verbessert. Wenn die Frauen noch in Karenz sind, ist bereits geplant, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, ihnen Qualifizierungsprogramme anzubieten, ihnen Möglichkeiten zu bieten, damit sie schon in der Karenzzeit wieder einen leichteren Zugang zu ihrem Unternehmen finden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde auch zugesagt, dass die Kinderbetreuungshilfen erhalten bleiben werden.

Ein weiterer Punkt ist, dass in Zukunft die Qualifizierungsprogramme, die in der Vergangenheit sehr allgemein gehandhabt wurden, nur noch für zwei Zielgruppen zugänglich sein werden, nämlich für Frauen und ältere Dienstnehmer über 45.

Ein dritter wichtiger Punkt sind Unternehmensgründungsprogramme, die sich sehr gut bewährt haben. Dabei geht es darum, dass man versucht, Arbeitslose zu Unternehmern zu machen. Das hat bisher gut funktioniert und wird in Zukunft weitergeführt werden. Es wird Geld dafür vorhanden sein, und es wird zukünftig Versuche geben, auch da Frauen stärker als bisher einzubeziehen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), indem man diesen Frauen auch bei der Unternehmensidee hilft. Man wird diesen Frauen helfen, eine Idee zur Gründung eines Unternehmens zu entwickeln. Dadurch werden Frauen, die arbeitslos sind, auch verstärkt zu Unternehmerinnen gemacht. Ich halte das für eine sehr gute Möglichkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters wird es auch erstmalig eine längerfristige Planung und eine übergeordnete Zielsetzung für Frauenpolitik im Rahmen des AMS geben, damit man dann in Zukunft messen kann, inwieweit die Chancengleichheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich umgesetzt wurde. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Schließlich möchte ich noch zwei Maßnahmen aus dem Regierungsübereinkommen erwähnen, die ich gerade als Unternehmerin für besonders wichtig halte und für besonders gut geeignet, die Chancengleichheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Erstens: Es wird endlich Karenzgeld auch für Studentinnen geben. Ich finde es unglaublich, dass man in der Vergangenheit Frauen, die sich für ein Beruf qualifizieren, die studieren, die aber in die Situation kommen, zu diesem Zeitpunkt ein Kind zu bekommen, den Zugang zum Karenzgeld verwehrt hat. Und ich finde es höchst an der Zeit, wenn man Frauen wirklich fördern will, dass man ihnen diese Möglichkeit auch gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Das Zweite – nicht minder wichtig – ist die Möglichkeit, dazuzuverdienen und die Erhöhung dieser Zuverdienstgrenze für Frauen in Karenz. Ich habe immer gesagt, dass es ganz wichtig ist, dass Frauen frühzeitig, nämlich wenn sie noch in Karenz sind, in das Unternehmen zurückkehren, damit sie den Kontakt zum Unternehmen nicht verlieren.

Ich freue mich als Unternehmerin sehr, dass ich in Zukunft solchen Dienstnehmerinnen eine bezahlte Arbeit und eine Aufgabe bieten kann, damit sie ihre Qualifizierung in der Karenz nicht


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verlieren und damit sie auch den notwendigen Kontakt zum Unternehmen aufrechterhalten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh darüber – allen Ihren Unkenrufen zum Trotz –, dass diese Bundesregierung nicht nur Absichtserklärungen abgibt, sondern auch Taten setzt. Heute sitzen mehr Frauen auf der Regierungsbank. Ich bin aber sicher, dass es morgen auch mehr Frauen in allen Bereichen des Berufslebens geben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

14.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag noch einem anderen Ressort widmen, das im Ausschuss nicht direkt intensiv zur Diskussion stand, nämlich dem Bereich der Landwirtschaft.

Sie wissen, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister Molterer lässt sich immer gerne feiern als der Garant für die Umsetzung einer ökologischen Landwirtschaft in Österreich. (Abg. Murauer: Zu Recht! – Abg. Schwarzenberger: Mit Recht! – Abg. Dr. Fekter: Ein guter Mann!) Ich möchte darauf hinweisen, dass in diesem Rechnungshofbericht auch einige sehr interessante Details enthalten sind, die Mängel in der Durchführung der österreichischen Agrarprogramme aufzeigen.

Ich möchte Ihnen einige dieser zentralen Mängel nicht vorenthalten. Ganz wesentlich erscheint mir, dass die Zeitplanung – das Procedere –, innerhalb welcher die Förderungen und die Maßnahmen umzusetzen waren, und die diesbezüglichen Vorgänge in Österreich eindeutig verschleppt wurden. Der Rechnungshof bemängelt zu Recht, dass alleine die Meldung an Brüssel, was Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abwicklung dieser Programme anlangt, bis Mai 1998 gedauert hat. Mehr als drei Jahre hat die österreichische Bundesregierung beziehungsweise der damalige und auch jetzige Bundesminister gebraucht, um endlich klarzustellen, was eine "Unregelmäßigkeit" im Rahmen dieser Programme überhaupt ist.

Weiters wurde auch das Rückforderungsmanagement der AMA sehr deutlich von der Kontrolle durch die EU und auch vom Rechnungshof bemängelt. Rückforderungsmanagement bedeutet die Art und Weise, wie mit Mitteln umgegangen wird, die zu Unrecht bezogen wurden. Es fehlt ein Debitorenbuch, es ist unklar und auch aus dem Rechnungshofbericht nicht ersichtlich, wohin diese Mittel fließen – wohin diese Umschichtungen gelangen sollen.

Aber wesentlich und zentral – das scheint mir durchaus ein Punkt zu sein, der uns auch in den nächsten Monaten sehr intensiv beschäftigen wird – ist der Mangel im Bereich des Kontrollsystems der österreichischen Agrarwirtschaft. Die europäischen Kontrollore und auch der österreichische Rechnungshof bemängeln die fehlende Fachaufsicht der Zahlstelle Agrarmarkt Austria über den technischen Prüfdienst, über die Abwicklung dieser Förderauszahlungen. Das sind keine geringen Mittel, die da den bäuerlichen Betrieben, aber auch verschiedenen Projekten zugute kommen – zu Recht zugute kommen, sage ich ganz klar, und zwar – keine Frage – dann zu Recht, wenn eben die Kriterien erfüllt werden. Das ist selbstverständlich.

Ich möchte hier in einem kleinen Exkurs auch darauf hinweisen, dass zwar derzeit ein Rechtsanspruch für Marktordnungsausgaben besteht – das sind eben die Prämien für Flächen und Tierbestände –, aber in Österreich derzeit kein subjektiver Rechtsanspruch besteht für Mittel aus dem Umweltprogramm, für die Umweltmaßnahmen, meine Damen und Herren, also für jene Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass Österreich ökologischer wird, dass unser Grundwasser gesichert wird, dass unsere Landschaft erhalten wird. Darauf besteht kein Rechtsanspruch, sehr geehrte Damen und Herren, und auch keine Rechtssicherheit! Das ist ein Riesenproblem.


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16. Sitzung / Seite 64

Es gibt nicht nur potentiell Mittel, die zu Unrecht bezogen wurden, sondern es gibt auch Mittel, die nicht ausbezahlt wurden. Es gibt in Österreich Förderfälle – und das sind nicht wenige –, wo Betriebe ökologisch wirtschaften wollen, es jedoch auf Grund dieser unklaren Rechtssituation eben nicht können, weil zum Beispiel ein kleiner Formalfehler besteht.

Lassen Sie mich weiters auf den Bereich der Strukturförderungen eingehen. Das ist aus dem Bericht deutlich und sehr schön am Beispiel Oberösterreichs herauszulesen. Das ist eine Region, die sehr intensiv an diesen Programmen teilnimmt, die sehr viele interessante Projekte durchführt. Aber was passiert hier? – Der Rechnungshofbericht zeigt das ganz deutlich: Die schleppende Umsetzung von kofinanzierten Strukturförderungsmaßnahmen war ein zentrales Problem in der Programmperiode 1995 bis 1999. Mit Ende des Jahres 1998, also vier Jahre nach Beginn dieses Projektzeitraumes, sind erst 53 Prozent der möglichen Projekte überhaupt durch die Förderabwicklung erfasst und nur 31 Prozent der Mittel ausbezahlt worden.

Das ist eine enorme zeitliche Verschleppung des Programms, das mit dem Jahr 1999 endet, aber de facto nicht enden kann, weil eben Fördermittel gar nicht rechtzeitig verwendet wurden, um Ökologisierung, um Projektorientierung, um Regionalentwicklung voranzutreiben. Mir scheint, dass das ein ganz wichtiges Ergebnis dieses Berichtes ist, und wir werden sehr genau darauf achten müssen, dass es in der nächsten Periode, 2000 bis 2006, im Rahmen des Programmes für die ländliche Entwicklung nicht zu einer weiteren Verschleppung kommt. Wir brauchen eine effiziente und zielgenaue Umsetzung der EU-Vorgaben.

Ein wesentlicher Punkt ist selbstverständlich die Verstärkung der und die bessere Nachprüfbarkeit an Ort und Stelle. Meine Damen und Herren! Das negative Szenario sieht so aus, dass Beamte von Landesämtern oder Landwirtschaftskammern, die die Förderansuchen bearbeiten, diese auch gleichzeitig kontrollieren. Es kann doch nicht sein – aber das ist derzeit der Fall –, dass diese Projekte von jenen Beamten kontrolliert werden sollen, die sie gleichzeitig auch abwickeln. Das führt zu Willkür, führt zu Abhängigkeitssituationen und kann zu Missbrauch führen, meine Damen und Herren! (Abg. Zweytick: Das ist eine Hilfestellung! Das ist ein Vorteil!)

Daher, sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes, würde ich unbedingt anregen, in Hinkunft im Rahmen dieser Berichtslegung verstärkt auch die "Originalton"-Versionen der EU einzubauen. Es gibt einen speziellen Berichtsteil, weil der Rechnungshof ja eigentlich nur das kommentiert, was die EU-Kontrolle feststellt, denn es besteht eine Doppelkontrolle in diesem Ressort. Das wäre ein Ersuchen an Sie, Herr Präsident des Rechnungshofes!

Was das Inhaltliche betrifft, brauchen wir dringend ein Reformpaket für das AMA-Kontrollsystem. Wir haben diesbezüglich einen Antrag eingebracht, der im Rahmen des Agrarausschusses behandelt werden wird. Dieser Antrag beinhaltet im Wesentlichen vor allem das, dass klar wird, was denn eigentlich kontrolliert wird – ein klarer Kontrollkatalog, ein klarer Sanktionskatalog für diese Agrarprogramme. (Zwischenruf des Abg. Zweytick. )

Der Sanktionskatalog,  Herr  Abgeordneter  Zweytick,  wurde  nicht  veröffentlicht  –  Sie  wissen das –, was die Jahre 1995 bis 1999 angeht. Dieser Sanktionskatalog wurde nie veröffentlicht. Minister Molterer hat auf eine parlamentarische Anfrage meinerseits nicht einmal geantwortet. Sie wissen das! Und bekanntermaßen wird dieser Sanktionskatalog jetzt diskutiert. Das war bisher ein Versäumnis, das unbedingt einzulösen ist, gegen das Maßnahmen getroffen werden müssen.

Auch ist es sinnvoll und notwendig, eine Beschwerde- und Schiedsstelle im Rahmen der Agrarmarkt Austria einzuführen; eine Beschwerde- und Schiedsstelle, die auch einen Kontrollbericht legen kann – wenigstens einen kurzen, denn wir wollen keine unnötige Bürokratie, aber einen Kontrollbericht, anhand dessen nachvollziehbar ist, was die Mängel im System sind. Was sind die Probleme im System? – Dieser Kontrollbericht, meine sehr geehrten Damen und Herren, könnte an den Landwirtschaftsminister gehen und im Rahmen des Grünen Berichtes ein Bestandteil dessen sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.49


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Stenographisches Protokoll
16. Sitzung / Seite 65

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

14.49

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Der Nullkuponfonds gibt uns Gelegenheit, über die so genannten einmaligen Maßnahmen seitens der Bundesregierung dahin gehend nachzudenken, warum wir heute bei einem Budgetdefizit angelangt sind, das uns die rote Laterne in Europa gebracht hat – und das aus einem ganz einfachen Grund. Wir Freiheitliche haben bereits bei der Budgetdebatte im Jahre 1998 hier detailliert dargestellt, warum das Budget 1998 nicht 67,3 Milliarden Schilling ausmachte, sondern warum das strukturelle Budgetdefizit 1998 134,1 Milliarden Schilling ausmachte. Die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion und auch der Grünen haben damals das Ganze ins Lächerliche gezogen und haben immer wieder gesagt, das seien die "Horrorzahlen" der freiheitlichen Opposition.

Noch einmal kurz zur Erinnerung: Es wurden einmalige Maßnahmen durchgeführt. Die vorzeitige Einhebung der Versicherungssteuer hat 1,5 Milliarden Schilling ausgemacht, die Erhöhung der Tabakeinfuhrumsatzsteuer 4,5 Milliarden Schilling, Steuerguthaben, die man auf Einnahmen umgebucht hat, 15,8 Milliarden Schilling, die Sonderdividende der OeNB belief sich auf 3,1 Milliarden Schilling, der 5-prozentige Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlung auf 3 Milliarden Schilling, die Nichtanerkennung von Verlustvorträgen bei Vorauszahlungen lag bei 6 Milliarden Schilling und so weiter und so fort. Und die Auflösung des Nullkuponfonds befand sich in der Größenordnung von 4,7 Milliarden Schilling.

Das waren eben diese einmaligen Maßnahmen, die wir bereits damals kritisiert haben. Wir haben die Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass dann, wenn diese einmaligen Maßnahmen nicht mehr machbar sind beziehungsweise die Effekte in den Folgejahren sich nicht mehr positiv auswirken, sondern negativ, uns ein Budgetdefizit einholen wird, mit dem wir die größten Probleme haben werden, die Maastricht-Kriterien zu erreichen. Und vor diesen Problemen stehen wir heute!

Der Nullkuponfonds zeigt uns ganz deutlich auf, welche Politik der Finanzminister betrieben hat. Der Nullkuponfonds wäre nicht aufzulösen gewesen, sondern er wurde nur aufgelöst auf Grund budgetkosmetischer Maßnahmen. Er hat im Jahre 1997 für das Budget 1,2 Milliarden Schilling und im Jahre 1998 4,7 Milliarden Schilling gebracht. (Abg. Haigermoser: Wie hat der Mann geheißen?)  – Das waren die einmaligen Maßnahmen seitens des Alt-Finanzministers Edlinger. (Abg. Haigermoser: Ah, Edlinger war das!) So hat er seine so genannten Punktlandungen erreicht, aber mit den nachhaltigen negativen Auswirkungen sind wir heute konfrontiert.

Diese nachhaltigen negativen Wirkungen aus der Auflösung des Nullkuponfonds werden sich bis zum Jahre 2016 hinziehen. Bis zum Jahre 2016 werden wir mit den negativen Auswirkungen befasst sein, und zwar im Jahre 2000, also bei dem Budget, das wir jetzt verabschieden werden, in der Größenordnung von 1,379 Milliarden Schilling, im Jahr 2002 mit 537 Millionen Schilling, im Jahr 2007 mit 171 Millionen Schilling und im Jahr 2016 mit 11,363 Milliarden Schilling.

Der Finanzminister, der im Jahre 2016 das Budget erstellen wird, wird gleich einmal damit konfrontiert sein, dass er eine Altlast von Alt-Finanzminister Edlinger in der Größenordnung von alleine 11,3 Milliarden Schilling mitzunehmen hat.

Das ist der "Erfolg" Ihrer Finanzpolitik! Damit sind wir momentan konfrontiert. Und wir sind momentan auch damit konfrontiert, nun ein Budget erstellen zu müssen, das Maastricht-konform ist, das den Maastricht-Kriterien gerecht wird, das à la longue strukturelle Maßnahmen impliziert, damit wir in zwei Jahren eine Steuerreform in Gang setzen können, die zu mehr Wachstum in Österreich führt. Aber zuerst müssen wir in den nächsten zwei Jahren diese Konsolidierungsmaßnahmen vorantreiben, damit das Budget nicht außer Rand und Band gerät. Da ist es unserem Finanzminister wirklich gelungen, ein ordentliches und vor allen Dingen ein


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16. Sitzung / Seite 66

ehrliches Budget zu präsentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Er hat ein ehrliches Budget präsentiert, in dem alle Zahlen enthalten sind und in dem es keine versteckten Zuweisungen gibt. Wenn es Abschöpfungen aus den Fonds gibt, dann sind sie klar und deutlich deklariert. Wir bekennen uns dazu, dass das auf Grund der vorherigen Budgetpolitik notwendig ist, aber es gibt keine Mogelpackungen mehr.

Kollege Öllinger! Die Mogelpackungen, die in den früheren Budgets enthalten waren, haben Sie hier am Rednerpult genauso kritisiert, wie wir sie kritisiert haben. Wenn Sie heute zu diesen Mogelpackungen aus der Vergangenheit stehen, dann hat sich dieses Linksbündnis bereits konsolidiert und es ist für Österreich nur zu hoffen, dass es nie die Mehrheit erhalten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

14.54

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 offenbart im Kapitel "Alpen Straßen AG" eine beträchtliche Auflistung von Ungereimtheiten; Ungereimtheiten, deren Aufklärung die beiden Regierungsparteien im Rechnungshofausschuss zu verhindern versuchten.

Gerade mein Bundesland Tirol ist von einigen im Rechnungshofbericht aufgelisteten groben Mängeln betroffen: So wurden zum Beispiel bereits im Jänner 1998 Risse im Betongewölbe des bereits fertig gestellten Pianner Tunnels festgestellt, die auf eine deutliche Abweichung der tatsächlich aufgetretenen Belastung von den berechneten Annahmen zurückzuführen waren – so die Feststellung des Rechnungshofes. Die Kosten für die dringend notwendigen Sofortmaßnahmen liegen in Millionenhöhe und bedeuten eine wesentliche Wertminderung für dieses Bauprojekt.

Besonders hervorzuheben ist aber die Tatsache, dass durch diese Fehlberechnung auch Menschen einer großen Gefahr ausgesetzt waren. Der Rechnungshof berichtet nämlich weiter, "dass die Abweichungen bei der Errichtung des Bauwerkes offenbar ohne Überprüfung der statischen Auswirkungen zugelassen worden waren."

Als Tiroler wundert es mich – das wurde heute schon von Frau Kollegin Lichtenberger angesprochen –, dass von der ASAG wohl für eine "wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet des Alterns" Geld vergeben wurde – was das mit Verkehr und Straßen zu tun hat, ist zu hinterfragen –, aber eine Ausgabe für eine sinnvolle "wissenschaftliche Forschung, wie es den Menschen in den vom Verkehr belasteten Gebieten, etwa des Inn- oder des Wipptales geht" ist leider nicht zu finden.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die ÖVP, die immer lamentiert, dass unser Budget gar so schlecht ausschaut, hat es zugelassen, dass ihr ÖVP-Wirtschaftsminister in der letzten Gesetzgebungsperiode die wichtige Mautstellenverordnung monatelang verzögert und somit einen Schaden in Milliardenhöhe zu Lasten der Steuerzahler verursacht hat. (Beifall bei der SPÖ.) Mit diesem Geld hätte man sehr viel für die verkehrsbelasteten Menschen tun können. Auch dafür sind ÖVP-Wirtschaftspolitiker verantwortlich!

Oder: Der Rechnungshof zeigt in seinem Bericht weitere Beispiele noch und noch auf, aus denen deutlich hervorgeht, dass seitens des Aufsichtsrates weder kaufmännische noch wirtschaftliche Grundsätze entsprechend berücksichtigt wurden. Es entsteht der Eindruck von einem sorglosen, lockeren Umgang bei Vergabeentscheidungen beziehungsweise bei gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen.


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16. Sitzung / Seite 67

Wer ist dafür verantwortlich? Generaldirektor Unterholzner – zufällig ein deklarierter ÖVP-Mann? Laut meinen Informationen offenbar ein bestbezahlter Generaldirektor mit einer angeblich tollen Pensionsregelung.

Apropos Pensionsregelung: Unterholzners Vertrag läuft im Juni 2000 aus. Wer wird sein Nachfolger? – Hinter vorgehaltener Hand munkelt man, Unterholzners Nachfolger wird wieder Unterholzner.

Ich denke, hier kann die neue Koalition zeigen, wie ernst sie es mit Objektivierung und korrekter Ausschreibung meint oder ob sie bei dieser Vergabe weiterhin einen ÖVP-Mann mit dem Generaldirektoren-Posten betrauen wird. An ihren Taten wird man sie messen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie haben keine Taten gesetzt in der Vergangenheit! 30 Jahre Sozialismus!)

Wie schon von Vorrednern aufgezeigt, lieber Kollege, bemängelt der Rechnungshof auch, dass zwei vom Bund entsandte Mitglieder des Aufsichtsrates in der Zeit von 1993 bis 1996 nur gelegentlich an den Sitzungen des Aufsichtsrates teilnahmen – ich zitiere –:

"Nach Auffassung des Rechnungshofes bewirkte die häufige Abwesenheit der beiden Aufsichtsratsmitglieder eine Einschränkung der Kontrollmöglichkeit des Eigentümers." – Zitatende.

Nun kann auch die FPÖ beweisen, wie ernst sie es nimmt, dass nur fleißige und tüchtige Leute in diesen Positionen arbeiten sollen! Wenn das so ist, müsste von dieser Regierung doch für diese Null -Leistung das erhaltene Geld zurückgefordert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf meine Frage an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes wurden mir die zwei Namen dieser Aufsichtsratsmitglieder in der entsprechenden Sitzung des Rechnungshofausschusses auch genannt: Es sind dies – ich nenne die Namen hier, das Hohe Haus soll das wissen – Herr Dr. Pistauer, der zumindest gelegentlich an den Aufsichtsratssitzungen teilnahm und Herr Dr. Michael Sachs, der, wie mir bestätigt wurde, nur ein Mal, nämlich bei seiner Wahl in den Aufsichtsrat anlässlich der Hauptversammlung teilgenommen hat, dann aber nie mehr in diesem Gremium gesichtet wurde. (Abg. Gradwohl: Hört! Hört!)

Bei meinen Recherchen bin ich gerade bei Dr. Michael Sachs auf sehr interessante Querverbindungen gestoßen; Querverbindungen, bei denen ich mich verpflichtet fühle, die Mitglieder des Hohen Hauses davon zu unterrichten.

Herr Dr. Michael Sachs war nicht nur ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der ASAG mit nur einer Sitzungsteilnahme in drei Jahren, sondern ist auch Geschäftsführer einer im EDV-Bereich tätigen ÖVP-Firma namens Dico-Soft, die vor nicht allzu langer Zeit ins Zwielicht geraten ist. (Rufe bei der SPÖ: Oh! Schau! Schau!)

Das Pikante und Aufklärungsbedürftige an dieser Firma ist Folgendes: In der immer noch aktuellen Spendengeldaffäre rund um den deutschen Altbundeskanzler Kohl, in die auch der Waffenhändler Schreiber verwickelt ist, in dessen Notizbuch man dreimal den Namen "Schüssel" gefunden hat, steht ebenfalls eine Firma namens Dico-Soft im Mittelpunkt. (Rufe bei der SPÖ: Ah!)

Die deutsche Dico-Soft soll, so der Ermittlungsstand, jene Schwarzgelder, die aus den Waffengeschäften lukriert wurden, gewaschen haben. In der Zeitschrift "NEWS" war dazu am 5. Jänner 2000 zu lesen – ich zitiere –:

"Kohl verwendete die ominösen Spenden zum parteiinternen Machterhalt – abgewickelt wurde das etwa über die CDU-Firma Dico-Soft."

So viel zu dem, was Deutschland betrifft. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

"Völlig überraschend ergaben Recherchen", schreibt "NEWS", "dass die Firma Dico-Soft auch in Österreich ein namensgleiches Pendant hat!" – Zitatende. Die Firma hat laut Firmenbuch die


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16. Sitzung / Seite 68

Adresse Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien, und teilt sich also mit der VP-Bundeszentrale einen Standort.

Weiters ist interessant, dass ihr Geschäftsführer Dr. Michael Sachs jahrelang der engste Mitarbeiter von VP-Chef Schüssel gewesen und derzeit ein hoher Beamter im Wirtschaftsministerium ist. Man hat mir berichtet, Herr Dr. Sachs soll als Jahrgang 1964 außergewöhnlich jung – und daher unüblich – zum Ministerialrat aufgestiegen sein, offenbar eine Folge besonderer parteipolitischer Verdienste. (Abg. Gradwohl: Sehr spannend!)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich darf Sie bitten, Ihre Rede zu unterbrechen, Sie bleiben aber am Wort. Es ist 15 Uhr, und um 15 Uhr hat das zu geschehen, was die Geschäftsordnung vorschreibt. (Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Reheis.)

Ich unterbreche nun die Debatte zum laufenden Verhandlungsgegenstand.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 209/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen, wie angekündigt, zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers mit der Ordnungszahl 209/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist vervielfältigt und schriftlich verteilt worden, sodass sich eine Verlesung erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Es steht dem Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten zu. Die anderen Redner haben eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung. Stellungnahmen von Seiten der Bundesregierung sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Veranstaltung "World Sports Award of the Century" vom 19. November 1999 ist mittlerweile eine relativ lange Geschichte. Ich möchte vorweg etwas außer Streit stellen, was aus meiner Sicht in der bisherigen Diskussion immer verwechselt wurde, nämlich dass es nicht darum geht, jedes sportliche Großereignis, das in Wien stattfindet, grundsätzlich abzulehnen, und auch nicht darum, dass eine Unterstützung dafür aus öffentlichen Mitteln grundsätzlich abzulehnen ist.

Das ist nicht der Punkt, um den es bei dieser ganzen Angelegenheit geht. Worum es vielmehr geht, ist einerseits das Procedere, also wie diese Förderungsabwicklung abgelaufen ist, und sind andererseits – zumindest aus meiner Sicht – die Summen, die bei dieser Geschichte im Spiel waren. Ich möchte es für all jene, die das nicht so genau verfolgt haben, einmal kurz darstellen.

Es gab offenbar von Hubert Neuper, dem ehemaligen Generalsekretär der Sporthilfe, die Idee, ein Mega-Event, nämlich die Ehrung der Jahrhundertsportler, in Österreich zu veranstalten. Diese Idee hatte er ganz eindeutig als Generalsekretär der Sporthilfe.

Das folgende Procedere hat sich dann etwas merkwürdig gestaltet, weil die Sporthilfe selbst offenbar – sagen wir es so – nasse Füße bekommen hat, sich des Risikos bewusst wurde, das eine solche Veranstaltung in sich birgt, und irgendwann im Juni des Vorjahres aus der gesamten Planung ausgestiegen ist.

Was nun – vorweg gesagt – an dieser Sache interessant ist, ist, dass Herr Bundeskanzler Schüssel, der als Nachfolger des Herrn Klima, eigentlich in Vertretung des Herrn Wittmann, diese Anfrage beantwortet hat, in dieser Beantwortung darauf aufmerksam macht, dass eine volle Information über die geplanten tatsächlichen Kosten nicht in ausreichendem Maße erfolgt ist. – Jetzt ist es also schon so weit, dass nicht nur die Computer heruntergefahren und die


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16. Sitzung / Seite 69

Leitungen gekappt werden, sondern dass aus den Ministerien gleich ganze Akten, was Förderungsvergaben betrifft, mitgenommen worden sind, was doch ein bedenkliches Sittenbild offenbart.

Ich kann aber den jetzigen Bundeskanzler Schüssel nicht aus der Verantwortung entlassen, denn am 9. Februar 1999 gab es im Ministerrat jenen Antrag, der diese ganze Geschichte letztlich vom Zaun gebrochen hat. Darin wurde zunächst eine Förderung des Bundes von 25 Millionen Schilling für dieses Event beschlossen, zusätzlich standen 25 Millionen Schilling der Stadt Wien im Raum.

Laut Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers Schüssel datiert das offizielle Förderansuchen vom 15. Juni 1999. Das heißt, dass am 9. Februar 1999 der Ministerrat offenbar ohne Vorliegen eines entsprechenden Ansuchens eine Förderung in der Höhe von 25 Millionen Schilling für eine Abendveranstaltung beschlossen hat. Das halte ich doch für bemerkenswert. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist aber nicht der einzige Zeitablauf in dieser ganzen Angelegenheit, der merkwürdig ist. Argumentiert wurde – ich habe schon darauf aufmerksam gemacht –, dass es eine Risikoveranstaltung sei, die Sporthilfe dieses Risiko aber nicht tragen könne. Schauen wir uns auch den diesbezüglichen Ablauf der Ereignisse näher an:

Laut Beantwortung hat sich der Sporthilfe-Vorstand am 23. Juni und am 7. September des Vorjahres mit dieser Veranstaltung auseinander gesetzt. Der Sporthilfe-Vorstand soll Herrn Neuper angeblich aufgefordert oder ermächtigt haben, diese Veranstaltung allein durchzuführen, und zwar als Neuper&Team Ges.m.b.H., also mit seinem Privatunternehmen.

Der Antrag des Herrn Neuper, der Neuper&Team Ges.m.b.H., datiert aber vom 15. Juni. Das heißt also, dass Herr Neuper schon eine Woche, bevor der Sporthilfe-Vorstand getagt hat, wusste, dass ihm eben dieser Vorstand sagen wird, dass das über die Sporthilfe nicht geht. Und er hat diesen Antrag ohne Ermächtigung der Sporthilfe gestellt. Übrigens hat entweder er oder der damalige Bundeskanzler Klima – das weiß ich nicht, möglicherweise über Herrn Staatssekretär Wittmann – bereits im Februar ohne Beschluss der Sporthilfe einen Förderungsantrag eingebracht, auf Grund dessen eine Förderung von 25 Millionen Schilling beschlossen wurde – zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Sporthilfe mit dieser Angelegenheit noch gar nicht auseinander gesetzt hat.

Das gesamte Procedere dieses Verfahrens ist also äußerst merkwürdig. Das ist einmal die eine Seite. Es kam aber offenbar auch zu ganz klaren Kompetenzüberschreitungen, und zwar entweder durch den Generalsekretär der Sporthilfe oder durch den zuständigen Staatssekretär oder durch den damaligen Bundeskanzler, das ist noch nicht aufgeklärt. Auf jeden Fall aber hat irgendjemand diese Geschichte ohne entsprechende Beschlüsse vom Zaun gebrochen.

Besonders spannend ist, dass dieses Event zunächst in sämtlichen Aussendungen als Sporthilfe-Event firmiert hat. Die eingeladenen Sportler haben eine Einladung bekommen, auf der stand: "Organizing Committee: Österreichische Sporthilfe". Faktum ist aber, dass der Organisator die Neuper&Team Ges.m.b.H. war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sportler, die gekommen sind, wirklich gewusst haben, dass sie an einer Privatveranstaltung teilnehmen, deren Gewinn – und das ist besonders spannend – laut Anfragebeantwortung der Neuper&Team Ges.m.b.H. zusteht.

Diese Veranstaltung wurde also in Summe mit 33 Millionen Schilling an Steuergeldern subventioniert – 16,5 Millionen von der Stadt Wien, 16,5 Millionen vom Bund –, hatte 12 Millionen Schilling an Sponsoring-Einnahmen, aber der Gewinn aus dieser Veranstaltung kam einem Privatunternehmen zugute! – Ich kenne viele Förderungsvergaben von Ministerien, aber so eine Vergabe habe ich noch nie gesehen. Das ist doch ein sehr bemerkenswerter Schritt.

Besonders originell ist auch die Argumentation, dass – wobei man die Argumentation, dass das ein wichtiges Event ist, davon trennen muss, denn darüber könnte man ja diskutieren, aber das ist nicht der Punkt – die Veranstaltung einen so enormen Gegenwert für Österreich gebracht


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16. Sitzung / Seite 70

habe, dass diese zunächst 50 Millionen Schilling und dann die 33 Millionen Schilling an Förderungen eigentlich locker zu vertreten seien. Es wird dabei von einem Werbeeffekt für Österreich im Ausmaß von 270 Millionen Schilling gesprochen, 270 Millionen Schilling aus einer Abendveranstaltung!

Ich halte das für relativ interessant, es wird aber dann erklärlich, wenn man sich anschaut, wie es zu solchen Zahlen kommt. In der Anfragebeantwortung steht nämlich, es habe 5,4 Millionen Seher in Österreich gegeben – interessant angesichts der ORF-Quoten bei beliebten Fernsehsendungen, die meist um die 1,5 Millionen Zuseher haben, das ist dann schon ein Mega-Event. Der "Sports Award" aber hatte 5,4 Millionen Zuseher! Wir haben schon während einer Pressekonferenz darüber gerätselt, ob es in Österreich überhaupt so viele Fernseher gibt wie Leute, die dieses Event gesehen haben. Ich kann es mir nicht vorstellen. (Abg. Böhacker: Es können ja mehrere zuschauen bei einem Event!)  – Ja, wenn noch mehr als diese 5,4 Millionen zuschauen, dann kommen wir über die Einwohnerzahl in Österreich hinaus, dann haben wir auch ein gewisses Problem, weil die Einwohner Österreichs nicht ausreichen. (Abg. Böhacker: Wird ja auch umgerechnet!)

Ein letzter Punkt, der sich auch an die Herren von der FPÖ, die Herrn Neuper ja als Sporthilfe-Kurator vorgeschlagen haben und der dann zum Regierungskurator im ORF ernannt worden ist, richtet: Laut Anfragebeantwortung gab es 96 – 96! – verkaufte Einzeltickets, und das bei einer Veranstaltung, von welcher Wochen davor davon gesprochen wurde – und nach meinen Informationen war es auch so –, dass sie ausverkauft wäre, dass es keine Karten mehr gäbe! 96 verkaufte Einzeltickets, 49 Logen verkauft, das macht in Summe, sagen wir einmal, 400 verkaufte Tickets. Man kann hier nicht von einer ausverkauften Veranstaltung reden, sondern maximal von einer "ausverschenkten" Veranstaltung! (Beifall bei den Grünen.)

Bei dieser "ausverschenkten" Veranstaltung gab es für 400 zahlende Besucher Catering-Kosten, also Kosten fürs Buffet, in Höhe von 2 Millionen Schilling. Das ist eine Summe, die ich für äußerst bemerkenswert halte. 2 Millionen Schilling aus Steuermitteln für 400 zahlende Besucher, das macht 5 000 S an Buffetkosten pro Nase. Also für die Partei der kleinen Leute ist es schon merkwürdig, wenn sie denjenigen, der so eine Veranstaltung ausrichtet, dann auch noch mit einem politischen – oder "unpolitischen", wie auch immer, an sich unpolitischen, in diesem Fall wahrscheinlich nicht –, auf jeden Fall mit einem Kuratoriumsposten belohnt.

Zusammenfassend: Ich glaube, dass das Sittenbild dieser ganzen Geschichte klar zeigt (Abg. Mag. Schweitzer: Was war denn das jetzt?) , wie Sportförderung in Österreich ... (Abg. Mag. Schweitzer: Was hätte das jetzt heißen sollen?) Das Wort "Sittenbild" ist bekannt bei der FPÖ? "Sittenbild" ist ein Fremdwort? (Abg. Mag. Schweitzer  – auf die Abgeordneten der SPÖ zeigend –: Da sind die Freunde zum Ansprechen!)

Herrn Neuper als jemanden, der auch in Zukunft davon abhängig sein wird, dass der ORF bei seinen "Sports Award"-Veranstaltungen der nächsten Jahre sein Kooperationspartner sein wird, und der diese Veranstaltung ohne die Zuständigkeit des ORF und ohne die Zusammenarbeit mit dem ORF gar nicht wird durchführen können, als Kurator zu bestellen, ist ein Sittenbild Ihrer Partei. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat wen bestellt?)

Wer hat wen bestellt? – Das ist auch eine gute Frage! Offenbar als Regierungskurator bestellt, war es möglicherweise die ÖVP und nicht die FPÖ, die ihn vorgeschlagen hat, das wäre durchaus eine interessante Aufklärung. (Abg. Kopf: Jetzt wird es immer "besser"!) Wir gingen, da in den Medien davon die Rede war, dass er als FPÖ-Kurator bestellt wurde, doch davon aus, dass Ihre Fraktion damit einiges zu tun hat.

Ich wiederhole: Es geht darum, dass es bei Subventionsvergaben klare und eindeutige Entscheidungsprozesse geben soll. Das ist jedoch in diesem Fall ganz eindeutig nicht erfolgt. Es gab eine unzulässige Verquickung von Interessen, und es gab auf jeden Fall ein Procedere, das für den Ministerrat, für ein Ministerium, für den Bundeskanzler einfach unzulässig ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.12


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16. Sitzung / Seite 71

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand unserer Verhandlung hat sich der Herr Staatssekretär zu Wort gemeldet.

Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Herr Staatssekretär, ich erteile Ihnen das Wort.

15.12

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Veranstaltung "World Sports Award of the Century" handelt es sich um ein einmaliges Projekt, das auf Anregung des damaligen Generalsekretärs der Sporthilfe, Hubert Neuper, ins Leben gerufen wurde.

Da die Sporthilfe als gemeinnütziger Verein ein solches auf Gewinn ausgerichtetes Vorhaben nicht abwickeln konnte, wurde auf Initiative des früheren Bundeskanzlers Mag. Viktor Klima und des Staatssekretärs Dr. Peter Wittmann diese Veranstaltung, gedeckt durch einen Beschluss des Vorstandes der Österreichischen Sporthilfe vom 23. Juni 1999, durch die Hubert Neuper&Team Ges.m.b.H. durchgeführt. Diese trug daher auch die Ausfallshaftung des Veranstalters.

Die Betrauung der Hubert Neuper&Team Ges.m.b.H., für die der Vorstand der Sporthilfe, wie bereits ausgeführt, dem Generalsekretär eine formelle Ermächtigung gab, fällt daher zur Gänze in den Verantwortungsbereich des früheren Bundeskanzlers Mag. Viktor Klima und ist auch von diesem politisch zu vertreten.

Ich betone dies deshalb, da der Ministerrat zwar am 9. Februar 1999 einen entsprechenden Bericht über diese Veranstaltung seitens des Bundeskanzlers zur Kenntnis genommen hatte, damals aber noch von einer Trägerschaft durch die Österreichische Sporthilfe die Rede war. Die Vorgangsweise, die Förderung nicht an die Österreichische Sporthilfe, sondern an die Neuper&Team Ges.m.b.H. auszuzahlen, wurde zwischen Hubert Neuper und Vertretern des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen und des Büros von Staatssekretär Wittmann sowie der Stadt Wien in einer Sitzung am 7. Juni 1999 vorbesprochen (Abg. Mag. Schweitzer: Edlinger, Häupl, ...!), sodass der Förderungsantrag vom 14. Juni 1999 von der Neuper&Team Ges.m.b.H. gestellt wurde.

Lassen Sie mich abschließend noch festhalten, dass im Moment die Endabrechnung der Veranstaltung beim Kontrollamt der Stadt Wien, die so wie der Bund an der Veranstaltung finanziell beteiligt war, zur Überprüfung aufliegt. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Staatssekretär.

Die weiteren Redezeiten betragen jeweils 5 Minuten.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maier. – Bitte.

15.15

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Durchführung von "World Sports Award of the Century" in Wien war aus unserer Sicht weltweit ein einzigartiges Ereignis (Abg. Mag. Schweitzer: Das stimmt!), und das – das muss man auch festhalten – mit einem phänomenalen Werbeeffekt für Österreich. (Abg. Öllinger: Den haben wir inzwischen wettgemacht durch andere Effekte!) Insgesamt 26 Sender berichteten in ihren Ländern über diese Veranstaltung 35 Stunden lang. Die Einschaltquote wurde vom Veranstalter auf 59 Millionen Zuschauer geschätzt. Das bedeutet, dass Sportveranstaltungen und Events in dieser Dimension auch für die Zukunft in Österreich angestrebt werden müssen.

In Anbetracht der politischen Situation in Österreich und innerhalb Europas wird man allerdings bedauerlicherweise darauf verzichten müssen. Österreich ist international durch diese Bundes


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regierung isoliert. Die europäische Sportöffentlichkeit wird nicht bereit sein, derartige Veranstaltungen in Österreich zu besuchen. Bedauerlich ist aber auch, dass dieser mediale Bonus für Österreich, der durch diese Veranstaltung weltweit erzielt werden konnte, bereits verfallen ist. Verantwortlich dafür ist die blau-schwarze Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Hauptvorwurf, der aus dieser Anfrage und aus der Beantwortung herauszulesen ist – mein Vorredner hat ihn bereits konkretisiert –, ist einerseits der einer nicht korrekten finanziellen Planung und Budgetierung sowie andererseits, dass mit der Durchführung nicht die Sporthilfe, sondern die Neuper&Team Ges.m.b.H. beauftragt wurde. Die Neuper&Team Ges.m.b.H. wurde deswegen mit der Durchführung dieser Veranstaltung durch die Sporthilfe beauftragt, um das finanzielle Risiko und das Reputationsrisiko von der Österreichischen Sporthilfe zu nehmen und um einen eigenen Rechnungskreis zu entwickeln. (Abg. Fischl: Na, das ist ein Argument!)

Die Österreichische Sporthilfe ist ein gemeinnütziger Verein. Der Herr Staatssekretär hat bereits dargestellt, warum es zu dieser Lösung kommen musste. (Abg. Öllinger: Die Bundesregierung hat ein viel größeres Reputationsrisiko!) Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Einwendungen müssen jedoch erhoben werden, wenn eine derartige Veranstaltung vom Generalsekretär der Sporthilfe nebenbei und selbständig mit einer eigenen Firma durchgeführt und damit auch der Gewinn lukriert wird. (Abg. Fischl: Na bitte! Wer hat es denn bestimmt? Wer hat es denn beschlossen?)

Wir erwarten uns, dass dies in Zukunft durch die Österreichische Sporthilfe statutengemäß ausgeschlossen wird. Wir erwarten uns weiters – und da schließe ich mich meinem Vorredner an –, dass Aufklärung über die budgetäre Abwicklung dieser Veranstaltung gegeben wird, weil wir meinen, dass dies notwendig ist, um auch weiterhin und später glaubwürdig für derartige Veranstaltungen eintreten zu können.

Zur finanziellen Abwicklung ganz kurz: Das hängt mit dem Zeitablauf zusammen. Ich halte fest, die Österreichische Sporthilfe hat sich sehr wohl im Detail mit der Abwicklung auseinander gesetzt. Angesucht wurde durch die österreichische Sporthilfe, im Ministerratsantrag vom 9. Februar wurden die Kosten auf 77 Millionen Schilling geschätzt. Bund und Land Wien sollten je 25 Millionen Schilling beitragen. Danach erfolgte – und ich betone: damals formal korrekt – die Beauftragung der Neuper&Team Ges.m.b.H. mit der Durchführung. Am 14. Juni wurde ein entsprechender Förderungsantrag eingebracht, der einen finanziellen Rahmen von 50 Millionen Schilling zuzüglich Kosten der TV-Produktion und Marketing-Aktivitäten vorsah. Später wurde im Förderungsantrag eine Einnahmen/Ausgabenrechnung von 45 Millionen Schilling angegeben. Der Bund und das Land Wien ersparten sich damit insgesamt 17 Millionen Schilling.

Da es vor dieser Veranstaltung keine vergleichbare Veranstaltung gegeben hatte, konnte keine realistische Kostenschätzung abgegeben werden, und das führte auch zu öffentlichen Irritationen. Aber – und das ist aus meiner Sicht wesentlich – es hat zu einer niedrigen Kostenbeteiligung der öffentlichen Hand geführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion bekennt sich grundsätzlich zur Durchführung von internationalen Sportveranstaltungen und Events. (Abg. Fischl: Amen!) Sport hat sehr viel mit Völkerverständigung und Antirassismus zu tun. Diese Völkerverständigung in Europa, zwischen Österreich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): ... und europäischen Ländern, gibt es leider nicht mehr. Die Verantwortung tragen die Damen und Herren auf der Regierungsbank, die blau-schwarze Koalition in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kopf zu Wort. – Bitte.

15.21

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Alle, die Hubert Neuper, den ehemaligen Generalsekretär der Österreichischen


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Sporthilfe, kennen, haben auch sein Amtsverständnis mitverfolgen können, das er in dieses Amt eingebracht hat (Abg. Öllinger: Amtsverständnis heißt das?), denn durch ihn hat es eine bisher nicht da gewesene öffentliche Darstellung des Sports bei verschiedensten Veranstaltungen gegeben, also eine sehr extrovertierte Auslegung dieser Funktion, die – so hat er mir einmal gesagt – auch der Imagepflege des Sports dienen und den Sponsoren eine Auftrittsmöglichkeit geben soll. All das hat letzten Endes ja auch – das muss man ihm zugute halten – zu einer Umsatzsteigerung bei der Sporthilfe geführt.

Aus diesem Verständnis seines Amtes heraus dürfte offenbar auch die Idee zur Veranstaltung "World Sports Award of the Century" entstanden sein. Es gibt im Zuge dieser Veranstaltung, genau so wie zur Amtsführung in der Sporthilfe, eine ganze Reihe von offenen Fragen. Das ist überhaupt keine ... (Abg. Öllinger: Frage!), das wird von uns nicht in Frage gestellt (Abg. Mag. Kogler: Was ist für Sie überhaupt die Frage?), denn sowohl beim "Sports Award", Herr Kollege, als auch bei der Sporthilfe gibt es eine Reihe von offenen Fragen. (Abg. Mag. Kogler: Haben Sie einmal in 30 Jahren mitkontrolliert? Einmal in 30 Jahren?)

Der Herr Staatssekretär hat schon darauf hingewiesen, dass die Unterlagen derzeit beim Kontrollamt der Stadt Wien als einem der Sponsoren liegen und genauestens geprüft werden. Es war ja auch Staatssekretär Morak, der selbst, noch als Abgeordneter, eine Anfrage an den damaligen Bundeskanzler gerichtet hat, weil auch er gesehen hat, dass in der Abwicklung dieses Projektes offenbar einiges nicht in Ordnung zu sein scheint, da eine ehemalige Mitarbeiterin der Firma Neuper bei ihm war und ihm einige Ungereimtheiten berichtet hat. Die Beantwortung dieser Anfrage war einerseits äußerst dürftig, zum anderen lässt sie jedoch so manchen Schluss darauf zu, wie diese Firma mit Gesetzen umgegangen ist, wie diese Firma die Veranstaltung administrativ, steuerlich und so weiter abgewickelt hat.

Es wird nun Sache der Behörden sein, einerseits des Bundeskanzleramtes, andererseits des Kontrollamtes der Stadt Wien, aber natürlich auch der Gebietskrankenkasse und des Finanzamtes, im Zuge der Prüfung dieser Firma festzustellen, ob die Berichte dieser Mitarbeiterin den Tatsachen entsprechen oder nicht. Einiges lässt darauf schließen, dass die Berichte dieser Mitarbeiterin absolut korrekt waren.

Ich möchte mich damit eigentlich auch gar nicht weiter auseinander setzen, das fällt, wie gesagt, in den Verantwortungsbereich des früheren Bundeskanzlers und des früheren Staatssekretärs. Dafür zu sorgen, dass es eine Aufklärung gibt, haben allerdings die jetzt Verantwortlichen, nämlich, sobald das Bundesministeriengesetz in Kraft ist, Frau Vizekanzlerin Riess-Passer. Und ich gehe davon aus, dass eine lückenlose Aufklärung über diese Fragen und diese Anschuldigungen erfolgen wird, weil auch wir darauf einen Anspruch erheben.

Für mich stellt sich aber in diesem Zusammenhang noch eine ganz andere Frage, nämlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Veranstaltungen. Es war von Werbung für Österreich die Rede. Natürlich kann man das jetzt von verschiedensten Seiten betrachten, und man kann auch den Bericht über die Medienpräsenz dieser Veranstaltung von verschiedenen Seiten anschauen, denn mit "Sendezeit" ist noch bei weitem nicht gesagt, dass das auch viele Leute sehen, nachts um halb drei, als manche Sender das gebracht haben.

Dass allerdings ein SPÖ-Vertreter an dieses Rednerpult tritt und sagt, der Werbewert, der einmal vorhanden gewesen sei, sei jetzt wegen dieser Bundesregierung und deren Ansehen im Ausland verflogen (Abg. Dietachmayr: Seid ihr blind, oder was?), ist wirklich – Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es zum Lachen, meine Damen und Herren! (Abg. Dietachmayr: Ja, das ist traurig!) Denn eine Partei, die sich weigert, sich gemeinsam vor dieses Land hinzustellen, wenn das Ausland ungerechtfertigte Anschuldigungen und Ausgrenzungen gegen unser ganzes Land vornimmt, diese Partei hat jedes Recht verwirkt, hier Kritik zu üben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Wer sagt denn das? – Abg. Öllinger: Nur an der Bundesregierung! Die Bundesregierung ist eine extreme Minderheit!)

Man könnte auch sonst noch einige Frage stellen, etwa ob diese Veranstaltung einen Nutzen für den österreichischen Sport gehabt hat. Ich glaube nicht, jedenfalls nicht in der Relation zum


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finanziellen Aufwand. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Man könnte sich auch die Frage – Herr Präsident, ich bin schon beim Schlusssatz – nach den Aufgaben der Sporthilfe stellen. Ich bin der Meinung, eine der ersten Aufgaben der Frau Vizekanzlerin wird sein, der Sporthilfe eine neues Leitbild, eine neue Aufgabenstellung zu definieren – und damit auch das Berufsbild des Geschäftsführers, des Generalsekretärs neu zu definieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

15.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.27

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wundert mich schon etwas, Herr Kollege Wittmann (Abg. Öllinger: Etwas zum Buffet, Kollege Schweitzer!), nämlich dass Sie die Gelegenheit nicht beim Schopf ergreifen und hier klar Stellung beziehen, denn Sie sind ja in dieser Geschichte mittendrin gewesen. Und da ziehen Sie es vor, in der vorletzten Bank sitzen zu bleiben? Herr Kollege Wittmann, warum denn? Ich meine, es ist doch klar herausgekommen: Klima, Wittmann, Edlinger, Häupl heißen die handelnden Personen, Herr Kollege Brosz! (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Neuper, Neuper!) An diese müssen Sie sich wenden, wenn Sie dieses Event beziehungsweise seine Finanzierung kritisieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Warum nicht? Warum nicht Häupl? – Auf Neuper komme ich noch zu sprechen! – Warum nicht Wittmann? Er sitzt da als Ansprechpartner. (Abg. Mag. Kogler: Aber der Wittmann ist wenigstens da! Du fehlst ja immer, wenn Abstimmung ist!) Klima ist leider nicht mehr da. Edlinger, Häupl, das wären die Personen gewesen, die diesbezüglich anzusprechen gewesen wären. – Gut!

Zu Neuper: Sie kritisieren, dass Neuper heute als Kurator im ORF sitzt. Sie wissen, dass der Hupo Neuper nicht den Freiheitlichen zuzurechnen ist. (Oh-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.) Er wurde von der FPÖ – und da können Sie noch lernen (Abg. Mag. Kogler: Als Unabhängiger!)  – als unabhängiger Sportexperte nominiert. (Abg. Dietachmayr: So "unabhängig" wie der Böhmdorfer!) Er wäre eher anderen Parteien zuzurechnen, aber unsere parteiunabhängigen Nominierungen sollten mittlerweile auch zu Ihnen vorgedrungen sein. In vielen Bereichen ist das nämlich die Vorgangsweise der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Sie haben ein weiteres Stichwort gegeben: Sittenbild und Kurator. (Abg. Öllinger: Unabhängig, aber unqualifiziert!) Ich möchte Sie – Sie waren damals noch nicht im Parlament – an die Geschichte mit Herrn Strobl erinnern. Sagt Ihnen dieser Name etwas? Er hat gezeigt, wie man als Kurator Geschäfte macht: Pius Strobl, grüner Kurator im ORF. Ich werde es Ihnen erzählen. Er hat sich das Recht erkauft, alle WM-Spiele im öffentlichen Raum exklusiv zu zeigen. Der Kurator von den Grünen hat sich vom ORF dieses Recht gekauft! (Abg. Mag. Schlögl: War das nicht Ihr Freund?)

Eine fette Wurst hat er sich damals gekauft, der grüne Kurator, indem er der Firma Orbit, die ihm gehört, die Exklusivrechte für die Wiedergabe auf Vidiwalls und größeren Fernsehern gesichert hat – der grüne Kurator! (Abg. Mag. Kogler: Und du bist vor der Votivkirche gestanden und hast geschaut! Ich habe dich gesehen!) Er hat sich sogar rechtlich absichern lassen, dass die Wiedergabe auf größeren Geräten einer Lizenzgebühr von 15 000 S unterliegt. Und diese 15 000 S hat er von jedem Wirt einheben wollen – der grüne Kurator! Das ist ein Sittenbild, Herr Kollege Brosz, über das wir einmal diskutieren müssten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieser grüne Kurator sollte wirklich einmal hier zur Diskussion stehen, auch ein grünes Sittenbild, das so ausschaut, sollte hier einmal zur Diskussion stehen! (Abg. Öllinger: Im Unterschied zu euch ist er nicht mehr Kurator!)

Er hat sich sogar ein verschuldensunabhängiges Mindestpönale von 500 000 S zusichern lassen, für den Fall, dass jemand gegen die von ihm gemeinsam mit dem ORF festgelegten Richt


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linien – also der ORF-Kurator hat gemeinsam mit dem ORF Richtlinien festgelegt! – verstößt. (Abg. Dietachmayr: Was hat das mit dieser Anfrage zu tun?) Mindestpönale: 500 000 S – noch dazu in einer Zeit, in der es den Wirten nicht so gut gegangen ist. Als auch die Wirte gerne das Geschäft mit den Fußballübertragungen gemacht hätten, hat sich der Grüne Pius Strobl, ORF-Kurator, diese Rechte erkauft und den Wirten das Geschäft genommen, noch dazu unter Androhung einer Pönale von 500 000 S. Das ist das grüne Sittenbild, Herr Kollege Brosz! (Zwischenruf des Abg. Brosz. )

Folgendes noch, Herr Kollege Brosz, etwas der APA Entnommenes: Es war an einem lauen Spätsommer-Donnerstag, und zwar im Radio-Kulturhaus, als Hörfunkintendant Manfred Jochum die Neuübernahme des "RadioCafé" gefeiert hat. Und wer, glauben Sie, hat es übernommen? – Einmal mehr: Pius Strobl, ORF-Kurator. Grünes Sittenbild! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

15.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung der Grünen –: Diffamieren – und dann reden über ein "Sittenbild"! – Abg. Mag. Kogler  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Schweitzer, aufpassen! – Abg. Mag. Schweitzer: Erklären Sie, wie das war mit dem Strobl!)

15.31

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hohes Haus! Die Regierungsparteien der alten Koalition schaffen es doch regelmäßig, sich bei Kurzdebatten wechselseitig und ohne Not – du bist jetzt ausgenommen, Schweitzer, und musst nicht mehr zwischenrufen! – irgendwie in das Terrain der Lächerlichkeit zu begeben. Schon das letzte Mal hatten wir im Zuge einer Kurzdebatte sozusagen eine "Asterix-Debatte" darüber, wer wann wem warum einen Lautsprecher weggenommen hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Erklären Sie, wie das war mit dem Strobl!)

Heute erklärt der Vorredner der SPÖ, wie toll das war, spricht über die Reputation unseres Landes, darüber, was da nicht alles kaputt gemacht worden sei. – Seien S‘ mir nicht böse! Ich bekommen zwar auch schon psychosomatische Leiden bei den Appellen der jetzigen Bundesregierung zum "Schulterschließen" mit der Opposition für etwas, bei dem es nichts zum Schulterschließen gibt, aber dass Sie sich nicht entblöden, einen solchen Debattenbeitrag zu liefern ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, nehmen Sie diesen Ausdruck bitte zurück!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich nehme diesen Ausdruck zurück und ersetze ihn ... Ja wodurch eigentlich? – Dass Sie sich hier herstellen und so formulieren, enttäuscht mich wirklich! In Wirklichkeit geht es da um ganz banale Dinge, um ganz ordinäre Verfehlungen, die aufzuklären sind. Und da sollten Sie sich nicht sperren! Da sollten Sie sich einfach nicht sperren! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Mir liegt eine andere Anfrage vor – ich kann es kurz machen –, die ich hier nun thematisieren will und die vielleicht etwas mehr Licht in diese Sache bringt. In dieser Anfrage trifft der Anfragesteller die Feststellung, dass es nach Informationen, die ihm, dem unterzeichneten Abgeordneten, vorliegen, bei den Anstellungsverhältnissen der für die Gala angeheuerten Mitarbeiter zu Unklarheiten gekommen sei, und zwar bezieht sich das bereits auf die Neuper&Team Ges.m.b.H. Hier steht, diese Mitarbeiter hätten nie einen Vertrag bekommen, und statt eines Gehalts seien fiktive Kilometergeldabrechnungen verlangt worden. Und das hat mehrerlei Konsequenzen: Die Betroffenen sind weder unfall- noch krankenversichert noch gibt es Beitragszeiten für die Pensionsversicherung. Und umgekehrt, ein doppelter Nutzen für Neuper&Team: Steuergelder seiner Mitarbeiter werden zu Gunsten der Firma einbehalten, Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls.

Der Anfragesteller stellte die Anfrage, ob diese Vorwürfe überprüft werden – und er hat auch eine Antwort bekommen, und zwar vom damaligen Bundeskanzler Klima: Ja, das soll überprüft werden. In der Antwort selbst ist man aber eigentlich sehr viel schuldig geblieben.


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Ich möchte jetzt zum Anfragesteller kommen, es war dies Herr Abgeordneter Morak. Diese Anfrage stammt von vor ein paar Monaten. – Herr Staatssekretär Morak! Es ist ganz offensichtlich und evident, dass Sie in dieser Sache Informationen haben, die über jene von Mitgliedern dieses Hauses hinausgehen. Ich weiß nicht, wie die Usance da jetzt ist, die Geschäftsordnung ist ja sozusagen eine Sollbestimmung, aber: Ich würde bitten, Herr Staatssekretär, dass Sie sich jetzt hier noch einmal zu Wort melden und Ihr Hintergrundwissen dem Hohen Haus gegenüber offen legen, damit in dieser Sache alle den gleichen Informationsstand haben. Ihre Beantwortung war in diesem Punkt keinesfalls befriedigend. Und das ist umso problematischer, als Sie, Herr Staatssekretär, in dieser Sache offensichtlich viel mehr wissen; ansonsten ist nämlich diese Anfrage, wie Sie sie damals gestellt haben, nicht erklärlich. Ich würde bitten! (Beifall bei den Grünen.)

15.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich diese Kurzdebatte.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Brix und Genossen gemäß § 33 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten seit dem Jahre 1994 betreffend die Alpenstraßen AG sowie Aufklärung des Verdachtes der illegalen Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit einem Forschungsauftrag durch die Alpenstraßen AG und der Rolle des Aufsichtsratsmitgliedes Dr. Sachs als Geschäftsführer der Dico-Soft und als Beamter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie als engster Mitarbeiter des nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel einzusetzen.

Es liegt darüber hinaus das von fünf Abgeordneten unterstützte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchzuführen.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Debatte nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung durchgeführt.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr kommen wir zur Durchführung einer Kurzdebatte betreffend den Antrag der Frau Abgeordneten Stoisits, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 14/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz und weitere Gesetze geändert werden, eine Frist bis 25. April des laufenden Jahres zu setzen.

Nach Ende der Kurzdebatte wird eine Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag durchgeführt werden.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass der Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten hat und dass die weiteren Redner 5 Minuten sprechen dürfen.

Herr Abgeordneter Öllinger erhält für die Begründung dieses Antrages auf Fristsetzung das Wort. – Bitte.

15.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie oft führen wir eigentlich jetzt schon diese Debatte über das passive Wahlrecht zur Arbeiterkammer, zu den Betriebsräten und auch zur Hochschülerschaft?!

Herr Kollege Feurstein, ich glaube, Sie wissen, sehr oft, und Sie wissen genauso gut wie jeder andere Abgeordnete hier im Hohen Hause, dass Sie als Vertreter einer Regierungspartei, und zwar einer ehemaligen und jetzigen Regierungspartei, dafür verantwortlich sind, dass hier im


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Hohen Hause ein Gesetz beschlossen wurde, und zwar 1997 das Arbeiterkammergesetz, in dem wissentlich – ich betone: wissentlich! – EU-Recht gebrochen wurde.

Wissentlich haben Sie beschlossen, in Bezug auf die Arbeiterkammer ausländischen ArbeitnehmerInnen das passive Wahlrecht zu verweigern (Abg. Dr. Martin Graf: Das stimmt doch nicht!), obwohl Kollege Feurstein – vielleicht nicht Kollege Graf, denn dieser ist, was seine Rechtsauffassungen anlangt, etwas weiter hinten (Abg. Dr. Martin Graf: Noch gibt es das Staatsgrundgesetz!) –, obwohl also Kollege Feurstein sehr genau weiß, dass erstens das EU-Recht unmittelbar zwingend auch für Österreich gilt, und zweitens Kollege Feurstein weiß – genauso wie sein Klubobmann Khol –, dass in dieser Frage die EU-Kommission gegenüber der Republik Österreich seit Jahren Beschwerde führt und sich Österreich diesbezüglich im Stadium eines Vertragsverletzungsverfahrens befindet.

Meine Damen und Herren von der ÖVP und von den Freiheitlichen, ich kann Ihnen schon heute sagen: Sie werden es sein, die auf Beschluss des Europäischen Gerichtshofes diese Bestimmungen durchführen müssen! (Abg. Gaugg  – auf die Bankreihen der SPÖ weisend –: Die waren das!) Sie brechen seit Jahren wissentlich und willentlich Recht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wissentlich und willentlich brechen Sie Recht!

Zeigen Sie von den Freiheitlichen jetzt nicht mit den Fingern auf die Sozialdemokraten! Die spielen da eine klägliche Rolle, das ist mir schon klar! Die klägliche Rolle der Sozialdemokratischen Partei besteht nämlich darin, dass sie sich nicht gegen die Politik vor allem der Österreichischen Volkspartei wendet – in diesem Fall gegen die eines Regierungsmitgliedes, nämlich des Herrn Fasslabend, der mit seinem "Njet!" in der damaligen Regierungskoalition das passive Wahlrecht zu Fall gebracht und alles blockiert hat.

Das ist die Politik der Sozialdemokratie, und die hat sie auch zu verantworten! (Beifall bei den Grünen.) Aber es ist diese ÖVP – und im Hintergrund die Freiheitliche Partei! –, die seit Jahren ihr Spiel auf Kosten ausländischer ArbeitnehmerInnen macht! (Abg. Dr. Martin Graf: Unsere Haltung ...! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie betreiben unter dem Vorwand "Integration vor Zuwanderung!" die Ausgrenzung von in Österreich integrierten ArbeitsmigrantInnen. Sie betreiben das seit Jahren; das war und ist nach wie vor Gegenstand Ihrer Politik! (Abg. Dr. Martin Graf: Wir haben eine ehrliche Haltung!) Wenn Sie es ernst nehmen würden, dann müssten Sie schon längst diese Bestimmungen in Bezug auf die Arbeiterkammer-Wahlen, in Bezug auf die Hochschülerschafts- und Betriebsratswahlen geändert haben! (Abg. Gaugg: Sie habe ich auch schon besser gehört! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! 1918 beziehungsweise 1920 war man da schon weiter: Im damaligen Betriebsrätegesetz .... (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Herr Kollege Haigermoser, du mit deiner Räterepublik! Das ist ja unglaublich! Das ist ein derart bornierter Zwischenruf, wie man ihn sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen kann! (Beifall bei den Grünen.)

1920 hat es in Österreich keine Räterepublik gegeben, Herr Kollege Haigermoser! Lernen Sie Geschichte, Kollege Haigermoser! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Lernen Sie Geschichte, und zwar das Elementarste – das Elementarste! –, das man wissen sollte!

1920 ... (Abg. Haigermoser: Von 1920 hat kein Mensch gesprochen!) "1920" habe ich in den Mund genommen, man sollte vielleicht etwas aufpassen. 1920 hat es ein Betriebsrätegesetz gegeben (Zwischenruf des Abg. Haigermoser – Herr Kollege Haigermoser, gut zuhören! –, und in diesem war das passive Wahlrecht vorgesehen. Damals war die Republik auf einem anderen Stand, und es war dann – das muss man schon dazusagen, Herr Kollege Haigermoser, damit Sie die Jahreszahlen nicht verwechseln – im Jahre 1934 der Austrofaschismus beziehungsweise 1938 eine "dunkle Periode" für die Freiheitliche Partei, wo man nichts Genaueres darüber weiß. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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1938 ist dieses passive Wahlrecht von den Nazis eliminiert worden – und heute haben die ArbeitsmigrantInnen in Österreich noch immer nicht das passive Wahlrecht für die Betriebsratswahlen! (Abg. Fischl: So eine Dummheit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Fragen Sie sich vielleicht einmal, in welche Kontinuität Sie sich (in Richtung der Freiheitlichen) stellen wollen! Fragen Sie sich, ob in die der Republik von 1920 oder in die Kontinuität von 1938! Sie von den Freiheitlichen können sich wahlweise mit der ÖVP dann 1934 als "Alternative" aussuchen (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen): entweder die austrofaschistische oder die nationalsozialistische Vergangenheit als Anknüpfungspunkt für die Verweigerung von Rechten für die ArbeitsmigrantInnen! Das ist es, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist eine Frechheit!)

Man kann es leider nicht deutlicher sagen, in welcher Kontinuität dieses Denken steht! Nichts und niemand entschuldigt die Zeit nach 1945 und auch die KollegInnen von der Sozialdemokratischen Partei und der Österreichischen Volkspartei, die ja über 50 Jahre lang regiert und dieses Recht verweigert haben (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) und nicht wieder angeknüpft haben an die demokratische Republik von 1920, sondern sich 1945 lieber auf den Standpunkt gestellt haben: Wir wollen da nichts Neues machen, wir wollen da nicht wieder zu den Zeiten einer Republik zurückkehren, sondern in diesem Punkt an den Rechtsbestand des Nationalsozialismus anknüpfen. (Abg. Gaugg: Öllinger, die Fleisch gewordene "Weisheit"!)

Es ist zwar traurig, das sagen zu müssen, ist aber leider die Realität – und dieser sollten Sie sich nicht verweigern, meine Damen und Herren! Es sitzen ja immerhin Ihre (in Richtung ÖVP) Ministerkollegen hier auf der Regierungsbank, und es saß auch da auf der Regierungsbank der jetzige Dritte Nationalratspräsident Fasslabend, und es sitzen noch genügend andere Vertreter dieser alten Koalitionsregierung hier, die sich nicht dagegen gewehrt haben, dass schändlich nicht nur mit Rechten von Arbeitnehmern, sondern in diesem Fall auch mit dem EU-Recht umgegangen wurde beziehungsweise wird.

Ich kann mich noch genau daran erinnern: 1994 – ich habe mir diese Rede ausgehoben – ist Herr Abgeordneter Schwimmer, der jetzt auf europäischer Ebene tätig ist, hier herausgegangen und hat sinngemäß gesagt: Wir wissen eh, dass das EU-Recht gilt, aber wir wollen es trotzdem nicht zur Kenntnis nehmen! – Das war bitte 1994. Jetzt ist Walter Schwimmer Generalsekretär des Europarates, und er würde sich wahrscheinlich lieber den Mund zuhalten, bevor er eine solche Äußerung wiederholen würde. Aber das ist Ihre Art des Umganges mit Rechtsbestand, den Sie in dieser Republik zu verantworten haben! (Abg. Böhacker: Das war 1994, als Österreich noch nicht einmal bei der EU war! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich kündige Ihnen Folgendes an – nachdem wir ja Gott sei Dank in einer Phase sind, in der diese Bundesregierung unter besonderer Beobachtung steht –: Wir werden alles dazu tun, dass die EU-Kommission diesen Prozess des Vertragsverletzungsverfahrens, der Einreichung der Klage beim Europäischen Gerichtshof beschleunigt. (Abg. Gaugg: Rechtsinstanzen unter Druck setzen! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Dieses Ihr Verhalten, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist nicht nur rechtswidrig, sondern unwürdig – unwürdig der Traditionen einer Arbeiterbewegung, die etwas anderes Anfang dieses Jahrhunderts auf ihre Fahnen geschrieben hat, unwürdig der Traditionen auch dieser Parteien, dass so gespielt wird mit dem Recht, dass man nur das zur Kenntnis nimmt, was sozusagen unvermeidbar ist, und man bestehende Rechtsgrundsätze, in diesem Fall EU-Rechtsgrundsätze, völlig ignoriert, wohl wissend, dass sie zur Anwendung kommen müssen. Diese Rechtsgrundsätze müssen ja jetzt schon bei den Arbeiterkammer-Wahlen angewandt werden. Man versucht jedoch, das zu ignorieren, indem man nach innen und für die eigene Klientel ein Arbeiterkammergesetz, ein Betriebsräte-, ein Arbeitsverfassungsgesetz präsentiert und alles dazu beiträgt, dass ausländische Kolleginnen und Kollegen nicht die entsprechenden Rechte erhalten. (Abg. Gaugg: Wer hat das denn beschlossen?)


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Herr Kollege Gaugg! Wer es beschlossen hat, das ist nicht die Frage, denn wir haben hier schon vier oder fünf Mal eine Debatte darüber geführt, und wenn es der Freiheitlichen Partei ernst gewesen wäre, ihrem angeblichen Grundsatz "Integration vor Neuzuzug!" zum Durchbruch zu verhelfen, dann hätten Sie mit uns stimmen können. Wir haben Ihnen diese Möglichkeit gegeben! Es gab darüber erste Lesungen, Ausschuss-Debatten und so weiter. Wir haben hier diesbezügliche Abänderungsanträge eingebracht – ich kann mich jedoch nicht daran erinnern (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass die Freiheitliche Partei jemals mit der Österreichischen Volkspartei oder mit der Sozialdemokratischen Partei in dieser Frage europäischem Recht, aber auch dem Recht der Ersten Republik zur Geltung hätte verhelfen wollen. Das ist ein Faktum! (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Und dafür, meine Damen und Herren, werden Sie die Konsequenzen zu tragen haben. (Beifall bei den Grünen.)

15.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Jung zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.48

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Öllinger hat in seinem Debattenbeitrag Ereignisse der Jahre 1934 und 1938 angesprochen und sich dahin gehend geäußert, dass man genau sehe – das sagte er Richtung ÖVP und FPÖ gewandt –, in welcher Kontinuität deren Denken stehe.

Ich ersuche, das anhand des Protokolls zu verifizieren und – wenn er das so gesagt hat – Herrn Abgeordneten Öllinger dafür den Ordnungsruf zu erteilen, denn er hat damit auf ungeheuerliche Art und Weise die beiden Regierungsparteien in die Nähe diktatorischer Verhältnisse gebracht.

15.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer.

Herrn Abgeordneten Öllinger würde ich übrigens bitten, nachzuschauen, ob das Betriebsrätegesetz wirklich aus dem Jahr 1920 stammt – weil Sie "Lernen Sie Geschichte!" gesagt haben – oder ob nicht doch aus dem Mai 1919. Aber das nur nebenbei. (Heiterkeit.)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

15.49

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir von der SPÖ begrüßen diese heutige Fristsetzungsdebatte ausdrücklich; vielleicht waren wir diesbezüglich in der Vergangenheit zu wenig offensiv. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Aber gerade jetzt ist mehr Demokratisierung für ArbeitnehmerInnen angesagt, jetzt, wo nämlich eine Beschneidung der Arbeitnehmerrechte droht. Man braucht sich ja nur das Regierungsübereinkommen anzuschauen. Und schließlich ein deutliches Signal: Das Ressort Arbeit wandert ins Wirtschaftsressort! Das ist wohl aussagekräftig genug, meine Damen und Herren!

Was die Arbeiterkammer-Wahlen in Vorarlberg anlangt, gab es eine Anfechtung wegen Streichung von fünf ausländischen Wahlwerbern, genauer gesagt türkischen Staatsangehörigen. Es gibt ein Gutachten der Sektion V des damaligen Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, wonach diese Streichung rechtswidrig war.

Ich bin ja sehr gespannt auf das Verhalten des Herrn Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in dieser Diskussion, die durch diesen Fristsetzungsantrag vielleicht etwas früher in Gang kommen könnte: Wird sich der Herr Bundesminister auf dieses Gutachten stützen – oder wird dieses Gutachten in einer Schublade verschwinden?, was ich eigentlich eher befürchte.


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Auch wenn eine Fristsetzung für die heurigen Kammerwahlen nichts mehr bringt, so gibt es in den meisten Bundesländer-Arbeiterkammern erfreulicherweise doch ausländische wahlwerbende Gruppen, Herr Kollege Öllinger, und das ist immerhin ein gutes Signal.

Der Grund, warum wir von der SPÖ diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, ist, dass wir bald wissen möchten, wie es die Bundesregierung in dieser Frage tatsächlich hält. Zum einen gibt es im Regierungsübereinkommen die Absichtserklärung bezüglich Arbeitnehmer-Rechte, die nichts Gutes erwarten lässt und obendrein zu wenig konkret ist – darüber möchten wir Konkreteres erfahren –, und zum anderen gibt es ja das Stimmverhalten der Freiheitlichen in den Länderkammern, wenn es um die Zulassung ausländischer Wahllisten geht. Aber dann wird hier EU-Konformität betont, und man unterschreibt sogar eine Präambel. Wie ehrlich, meine Damen und Herren von der FPÖ, ist denn das gemeint? Ich erinnere Sie da etwa nur an Ihren Slogan: "Einfach ehrlich, einfach Jörg." (Abg. Kiermaier: Das ist schon alt!) Alt und nicht gut (Heiterkeit bei der SPÖ), aber immerhin sehr aussagekräftig, muss ich sagen.

Zu einer Forderung möchte ich noch kurz Stellung nehmen. Im Antrag der Grünen steht: "... insgesamt mindestens zwei Jahre in Österreich in einem die Kammerzugehörigkeit begründeten Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis" sollte der Wahlwerbende sein. – Bisher hatten wir fünf Jahre, und ich sehe da keine Diskriminierung, denn das gilt für In- und Ausländer gleichermaßen. Wenn man eine Funktion in der Arbeiterkammer sinnvoll ausüben möchte, muss man eine Nähe zum Arbeitsleben haben und muss die Probleme und Fragestellungen konkret kennen. Und ich denke, da sind diese fünf Jahre richtig angesetzt.

Zum Hochschülerschaftsgesetz sei mir nur eine Bemerkung gestattet. Mein Fraktionskollege Dr. Niederwieser hat vor zirka zwei Monaten einen diesbezüglichen Initiativantrag eingebracht.

Abschließend möchte ich nur noch sagen: Die sozialdemokratische Fraktion wird diesem Fristsetzungsantrag der Grünen wegen einer baldigen Diskussion – und nur deswegen! – zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

15.52

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde diesem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. (Abg. Kiermaier: Na so was, das hätten wir gar nicht geglaubt!) Und ich nehme an, dass mit dieser knappen Fristsetzung die – zugegebenermaßen – schon länger andauernden Beratungen über das passive Wahlrecht in Interessenvertretungen und damit Körperschaften öffentlichen Rechts offensichtlich deshalb abgekürzt werden sollen, weil man so die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes unterlaufen möchte. (Aha-Rufe bei der ÖVP.)

Es gibt nämlich nicht nur jene erwähnten vielleicht Gefälligkeits-, vielleicht etwas oberflächlich zusammengemixte Gutachten, in denen alle möglichen Interessenvertretungen sozusagen in einen Topf geworfen werden, sondern es gibt sehr wohl auch Gutachten, in denen darauf eingegangen wird, dass die österreichische Arbeiterkammer als Körperschaft öffentlichen Rechts an der Hoheitsverwaltung in einem wesentlich höheren Maße als gewerkschaftliche individuelle Interessenvertretungen beteiligt ist, als das in allen bisherigen Fällen, in denen der Europäische Gerichtshof ... (Abg. Öllinger: Erzählen Sie keine Märchen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Sie, Kollege Öllinger, kennen doch auch den Fall der Luxemburger Beamtenkammer, wo man von einem individuellen gewerkschaftlichen Recht ausgegangen ist.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich können wir es in Österreich so machen, dass dort passiv gewählt werden kann, aber vorher müsste erst einmal möglich sein, innerhalb des ÖGB aktiv wählen zu dürfen. Im ÖGB ist – mit Ausnahme der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst – eine Urwahl nicht möglich! Weder Inländer noch Ausländer können innerhalb des ÖGB wählen beziehungsweise gewählt werden.


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Anders ist es im Bereich der Arbeiterkammern: Da haben wir es mit einer Körperschaft öffentlichen Rechts zu tun, die zum Beispiel Laienrichter bestellt – also ganz klar eine öffentliche Aufgabe –, während etwa Kollektivverträge von den Gewerkschaften abgeschlossen werden, auf die dieses Recht anzuwenden wäre.

Die österreichischen Arbeitnehmer haben dieses System bei einer Reihe von Befragungen und Urabstimmungen auch eindrucksvoll unterstrichen, und man sollte meiner Ansicht nach am System der öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit Pflichtmitgliedschaft – wer A sagt, muss auch B sagen! – nicht rütteln.

Faktum ist jedenfalls, dass das Bezug nehmende Assoziationsabkommen der EWG mit der Türkei aus dem Jahre 1964 dieser Argumentation zugrunde liegt. Der österreichische Gesetzgeber hat mit der erwähnten Novelle vom März 1998, die 1997 hier beraten wurde – im Wissen um das Assoziationsabkommen mit der Türkei, im Wissen um bestehendes EU-Recht –, auf den unterschiedlichen Charakter hingewiesen und durch seine Entscheidung, das passive Wahlrecht nicht einzuführen, eindeutig authentisch interpretiert, dass die österreichische Arbeiterkammer nicht unter diesen Bereich des EU-Rechtes fällt. Mit dieser Regierungsvorlage, der meines Wissens auch die Sozialdemokratische Partei zugestimmt hat, ist es zu keiner Änderung und keiner Ausweitung des passiven Wahlrechtes gekommen.

Frau Kollegin Hostasch hat diese Regierungsvorlage damals im Ministerrat eingebracht. (Zwischenruf der Abg. Hostasch. – Ich höre gerade, dass es Herr Bundesminister Fasslabend war, der diese Regierungsvorlage offensichtlich allein eingebracht hat. Dazu möchte ich feststellen, dass das die interessanteste Interpretation des Einstimmigkeitsprinzips im Ministerrat ist, die ich jemals gehört habe. (Abg. Hostasch: Und wer hat denn zugestimmt?) Sie haben zugestimmt, Ihre Fraktion hat zugestimmt, die ÖVP hat zugestimmt, die Freiheitlichen haben zugestimmt, und daher ist in diesem Hause das bestehende Arbeiterkammergesetz so beschlossen worden. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Edler: Sie haben doch zugestimmt in der Arbeiterkammer!)

Ich habe in der AK Wien nicht zugestimmt! Da kann ich Sie völlig beruhigen, Kollege Edler.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (fortsetzend): Daher sehen wir einem solchen Verfahren über den Ausgang der Ausweitung des passiven Wahlrechtes mit Zuversicht entgegen. Wir werden die österreichische Arbeiterkammer im Interesse der Arbeitnehmer dieses Landes so erhalten (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), wie ihr die Leute in den Abstimmungen auch zugestimmt haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort.

15.58

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Öllinger fragte in seinem Debattenbeitrag, wie oft wir noch darüber diskutieren werden. – Meine Antwort ist: So lange, bis es diesbezüglich Rechtssicherheit geben wird. Es besteht nämlich nach wie vor Rechtsunsicherheit auch auf europäischer Ebene (Abg. Öllinger: Überhaupt nicht!) , ob dieses Kammer-Wahlrecht, das wir hier in Österreich fast als Unikat, als Relikt der Vergangenheit haben, in Summe überhaupt rechtens ist. Man sollte sich wesentlich mehr Gedanken darüber machen, dass es dort das letzte Mal eine Wahlbeteiligung zwischen 20 und 30 Prozent gab. (Zwischenruf der Abg. Hostasch. )

Frau Minister außer Dienst Hostasch! Sie haben am allerwenigsten Grund, sich in diese Debatte einzumengen, denn Sie haben es sich einfach gemacht und gesagt: Das Arbeiterkammer-Wahlrecht ist gegeben – aber die Entscheidung, ob ausländische Mitarbeiter in den Betrieben


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wählen dürfen oder nicht beziehungsweise sich wählen lassen dürfen, sollen die Hauptwahl-Kommissionen treffen. – Das kann es doch nicht gewesen sein, Frau Ministerin Hostasch!

Ihre Kollegin Reitsamer geht hier zum Rednerpult und sagt, es gebe sozusagen brave Länder, in denen Ausländer kandidieren dürften. – Das ist doch überhaupt das Beste! Entschuldigung: Und was ist mit den Ländern, in denen es keine solche Kandidatur gibt? (Zwischenruf der Abg. Hostasch. ) Aber so ist es rübergekommen! Auch die Grünen kandidieren nicht in ganz Österreich.

Sorge müsste doch vielmehr der Tatsache gelten, dass die Einrichtungen der Kammer jahrelang parteipolitisch missbraucht wurden! Das war nicht im Interesse der Arbeitnehmer! Jetzt ist ja wieder österreichweit eine Plakatwelle mit Konterfeis der einzelnen Präsidenten zu sehen, und zwar in geradezu penetranter Art und Weise, so, als ob sich ein Großmogul der Öffentlichkeit präsentieren würde. – Dann aber tauchen diese wieder ab und vergessen, dass 1 Million Österreicher an der Armutsgrenze lebt – und das dank 30 Jahren sozialdemokratischer Politik. Das ist Ihre Art und Weise, Politik zu betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Öllinger! Es ist wirklich abenteuerlich, immer wieder mit demselben zu kommen. Die Form der Mitgliedschaft sollten wir hinterfragen, nämlich ob es demokratisch ist, eine Zwangsmitgliedschaft zu haben. Wir sollten das Wahlrecht in Summe hinterfragen. Seit einer Woche wird in Tirol gewählt, und gewählt wird bis Ende Mai. Kuba würde sich freuen, das sind nämlich kubanische Verhältnisse, Verhältnisse wie in einer Diktatur, dass man wochenlang wählt, bis das Ergebnis passt. Es ist das überhaupt nicht mehr verständlich, sondern abenteuerlich. Ihnen geht es ausschließlich um den Machterhalt und nicht um Demokratie und nicht um die Arbeitnehmer in diesen Bereichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgendes sollte uns Sorge bereiten: Das letzte Mal waren in Kärnten 160 000 Wahlberechtigte, jetzt sind es 140 000 – die 20 000 sind weg. Bei denen, die Sie im Griff haben, Eisenbahn und Co – Herr Edler, schau oba! –, gibt es eine Wahlbeteiligung von 90 und mehr Prozent, aber in den Privatbetrieben reicht eine halbe Stunde zum Wählen, denn das genügt schon für die 50 Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind und die Sie nicht so im Griff haben. (Abg. Dietachmayr: Da müsst ihr aber ein schlechtes Gewissen haben!) Das ist die Realität!

Ihre Form der Sozialpolitik hat immer so verstanden werden müssen, dass es die Herrenklasse der Funktionäre gibt und jene, die Zwangsbeiträge abliefern, damit Ihre Präsidenten ein feudales Leben führen können. Damit wird hoffentlich auch nach den kommenden Arbeiterkammer-Wahlen Schluss sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgendes sei Ihnen noch ins Stammbuch geschrieben: Ich würde allen Abgeordneten der SPÖ empfehlen, sich die Rede des ehemaligen Abgeordneten Kaufmann zu dieser Frage des Wahlrechtes zu Gemüte zu führen. Er hat gesagt: Wir brauchen in den Kammern keine serbischen und türkischen Listen. – Wörtliches Zitat des Abgeordneten Kaufmann.

Wir sollten uns damit beschäftigen, dass die Kammer für Arbeiter und Angestellte zu ihren Wurzeln und Aufgaben zurückfindet, nämlich nicht die Befriedigung der Präsidenten zu erreichen, sondern die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten, jene Hunderttausende zu vertreten, die dank der verfehlten Sozialpolitik der Sozialdemokraten noch immer Brutto-Stundenlöhne von 60 und 70 S haben. Das ist die Leistung Ihrer Arbeiterkammer, weil Sie ständig damit beschäftigt sind, Ihre Präsidenten wohlgefällig durch die Lande zu führen und Bilder von ihnen zu plakatieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

16.03

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, welcher Tag heute ist? – Heute ist der Internationale Tag gegen Rassismus. Der Internationale Tag gegen Rassismus wurde von der UNO-Generalversammlung anlässlich des Massakers 1960 bei einer Demonstration gegen das


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Apartheid-Regime in Südafrika eingeführt, in memoriam der 69 Toten, die damals friedlich demonstrierend gegen das Apartheid-Regime auftraten und von dortigen Polizisten erschossen wurden. Jahrzehnte später hat die UNO-Generalversammlung im Gedenken an die Opfer und auch im Gedenken an die Überwindung des Apartheid-Regimes in Südafrika diesen Tag eingeführt. Und zufällig findet heute auch diese Debatte statt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem, was ich bis jetzt gehört habe, muss ich sagen: Es ist ein "unglaublicher" Beitrag, den Österreich hier im Kampf gegen den Rassismus leistet (Zwischenruf des Abg. Edler ); alle Fraktionen außer den Grünen – Kollege Steindl, da hast du vollkommen recht –, denn wir sind diejenigen, die sich – zumindest solange ich mich erinnern kann, und ich bin jetzt schon das zehnte Jahr Mitglied des Nationalrates – mit Vehemenz und der uns eigenen Beharrlichkeit dafür einsetzen, dass diese Art von institutionellem Rassismus – nicht anders denn als solchen kann ich ihn bezeichnen – beseitigt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Doch was machen die Regierungsparteien, die hier im Nationalrat willfährig den Willen der Bundesregierung vollziehen? – Sie putzen sich im wahrsten Sinne des Wortes ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie müssen sich einmal ein paar Minuten Zeit nehmen und die Präambel lesen, die zu unterschreiben der Herr Bundespräsident lobenswerterweise den Herrn Bundeskanzler und damals noch den Parteiobmann und jetzt die Frau Vizekanzlerin genötigt hat, denn freiwillig haben sie das sicher nicht gemacht. Denn das, was auf diesen eineinhalb DIN-A4-Seiten steht, steht in krassem Widerspruch zum Handeln und zu den Taten der Bundesregierung, in einem absolut krassen Widerspruch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen versprechen – es sind Abgeordnete im Hohen Haus, die mich schon länger kennen und wissen, dass ich Ankündigungen und Versprechen dieser Art auch halte –: Ich werde nicht müde werden, den Herrn Bundeskanzler in den nächsten Monaten und Jahren beim Wort zu nehmen. Ich werde ihn ausschließlich ... (Abg. Edlinger: Jahre haben Sie keine Chance! Ein paar Monate!) – Herr Bundesminister außer Dienst! Ihr Wort in der Wählerinnen und Wähler Ohr, aber ob es Jahre oder Monate sein werden, weiß ich nicht. Ich bin auf alles eingestellt, und mein langer Atem wird so lange durchhalten.

Ich werde den Bundeskanzler immer an seinen Taten messen, und ich messe ihn an den Taten, die er im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Xenophobie setzt. An den Taten messe ich ihn, nicht an den Worten, denn gesagt hat er schon viel.

Er hat auch hier im Parlament davon gesprochen, dass es in Österreich zu keinen nachhaltigen Menschenrechtsverletzungen kommen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist aber eine nachhaltige Menschenrechtsverletzung, wenn jemandem wissentlich und willentlich, wie Herr Kollege Öllinger gesagt hat, ein demokratisches Recht vorenthalten wird. In den frühen Jahren der Arbeiterbewegung wurde das Recht erkämpft – und es ist ein demokratisches Recht –, Betriebsrat zu werden und Kolleginnen und Kollegen in Betrieben zu vertreten.

Es gibt in diesem Zusammenhang das genannte Zitat vom ehemaligen Direktor der Arbeiterkammer Niederösterreich, jetzt Vorstand des Flughafens Wien. Es ist mir peinlich, Frau Kollegin Hostasch, wenn ich mich daran erinnere, dass er gesagt hat: Wir wollen nicht, dass uns serbische und türkische Arbeiter vertreten! Das hat er blöder Weise, kann ich jetzt nur sagen – und das kann Ihnen ewig peinlich sein –, hier gesagt. Er hat sich damit genau der Diktion der Freiheitlichen, die das schon immer, schon seit zehn Jahren mit Beharrlichkeit vertreten, angeschlossen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Jetzt sind ohnehin alle vereint: die einen, die in erster Linie Interessen von Arbeitgebern im Kopf haben, und die anderen, die sich vermeintlich für den "kleinen" Mann, sofern er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt – aber auch nur für den "kleinen" Mann; die "kleine" Frau ist davon nicht betroffen, das haben wir heute in der Aktuellen Stunde schon gehört –, einsetzen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Koalition ist eine gefährliche Drohung (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und deshalb: Vertrauen Sie mir, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Vertrauen Sie mir, es wird die Beharrlichkeit der Opposition dazu führen, dass diese Bestimmungen fallen! Und wenn wir Sie nicht zwingen können – die EU tut es. (Beifall bei den Grünen.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Stoisits, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 14/A betreffend Novellierung des Arbeiterkammergesetzes und anderer Rechtsvorschriften eine Frist bis zum 25. April 2000 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Fristsetzungsantrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über den 2. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Ich habe vor dieser Debatte Herrn Abgeordneten Reheis unterbrochen. Er ist nun wieder am Wort. – Bitte.

16.09

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ) (fortsetzend): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich erinnere an meine Ausführungen vor der Unterbrechung meines Debattenbeitrages, an die vom Rechnungshof bemängelte Nichtteilnahme von zwei Mitgliedern an ASAG-Aufsichtsratssitzungen und daran, dass einer davon, Herr Dr. Michael Sachs, als Geschäftsführer der ÖVP-EDV-Firma Geschäftsführer einer ins Zwielicht geratenen Firma ist. In meinen Ausführungen habe ich bereits angeführt, dass insbesondere die Rolle des Aufsichtsratsmitgliedes Sachs und seiner Firma Dico-Soft aufklärungsbedürftig ist.

Ich habe hier eine Aussage aus dem ÖVP-Generalsekretariat laut "profil" vom 10.1.2000: Man habe sich mit dem Firmenwortlaut der Dico-Soft "lediglich ,an eine von der CDU gegründete Firma mit ähnlichem Wortlaut angelehnt‘".

Weiters schreibt "profil", es habe "Pläne gegeben, einen ,Datenverbund aller christdemokratischen Parteien in Europa zu schaffen‘, mit Beteiligung der bereits 1987 gegründeten deutschen Dico-Soft." Dies sei allerdings gescheitert, der Grund dafür wären Schwierigkeiten der CDU-Firmen gewesen.

"Stutzig macht die Tatsache, dass auch die Konstruktion der Dico-Soft ihrem deutschen Pendant ähnelt." – Das schreibt das "profil" vom 10. Jänner 2000.

Es stellen sich daher berechtigte Fragen betreffend den ASAG-Aufsichtsrat Dr. Sachs. Es muss die problematische Stellung von Dr. Michael Sachs bezüglich der Unvereinbarkeit geklärt werden: als Aufsichtsrat der Alpen Straßen AG, als Ministerialrat, als Geschäftsführer der EDV-Firma Dico-Soft, die in der VP-Bundeszentrale ihren Sitz hat, und was die Verbindungen zwischen ÖVP und CDU in wirtschaftlichen Zusammenhängen betrifft.

Weiters stellen sich in diesem Zusammenhang berechtigte Fragen hinsichtlich der Stellung von Wolfgang Schüssel in der Waffenaffäre, die nun weitere Kreise zu ziehen beginnt.

Die Fraktionen SPÖ und Grüne haben zur Aufklärung der vom Rechnungshof bemängelten Punkte die Ladung des ASAG-Generaldirektors Unterholzner in den Rechnungshofausschuss


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beantragt. Dies wurde aber von den Regierungsparteien mit deren Mehrheit abgelehnt. Es bleibt die Frage: Warum wohl?

Dies ist Grund genug, zur weiteren Aufklärung dieser massiven Vorwürfe des Rechnungshofes mittels eines entsprechenden Untersuchungsausschusses beizutragen. Wir Sozialdemokraten werden daher weitere Schritte setzen – der entsprechende Antrag liegt Ihnen bereits vor. Ich lade Sie ein, diesen Antrag im Sinne einer korrekten Aufklärung zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.12

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren! Vorweg einige Bemerkungen: Es war sehr interessant zu hören, dass Abgeordneter Kräuter zum Beispiel Probleme damit hat, dass Regierungsvertreter, die Frau Vizekanzler und auch der Herr Bundeskanzler, in Schladming beim Nachtslalom anwesend waren. Ich kann mich durchaus an andere Sportveranstaltungen erinnern, bei denen der ehemalige Herr Bundeskanzler anwesend war, zum Beispiel in Kitzbühel. Ich sehe grundsätzlich kein Problem darin, dass Vertreter der österreichischen Regierung an derartigen Sportevents teilnehmen.

Zum Vorwurf, die ÖVP oder namentlich Herr Abgeordneter Steindl würde ein undemokratisches Verhalten an den Tag legen: Ich persönlich glaube, würden sich zwei Parteien dieses Hauses von der etwas linken Reichshälfte endlich wirklich zur Demokratie bekennen und die Sanktionen der EU-14 gegen Österreich verurteilen, dann bräuchte vielleicht die Frau Vizekanzler keinen Termin beim Herrn Bundespräsidenten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Pirklhuber – er ist jetzt da, wunderbar, denn es ist wichtig, dass Abgeordneter Pirklhuber das jetzt hört, nachdem er sich beschwert hat –: Er hat gemeint, es gäbe scheinbar Mängel im Bereich des Kontrollsystems im landwirtschaftlichen Bereich. Er verlangt mehr Kontrolle, gleichzeitig aber beschwert er sich in öffentlichen Veranstaltungen darüber, dass die Bauern schon so stark kontrolliert werden. – Diesbezüglich sind wir einer Meinung, Herr Abgeordneter Pirklhuber, die Bauern werden wirklich enorm kontrolliert, keinesfalls zu wenig. Es passt nicht zusammen, auf der einen Seite öffentlich zu beklagen, dass die Bauern zu sehr kontrolliert werden, auf der anderen Seite aber hier mehr Kontrolle zu verlangen. Oder steht das vielleicht in Zusammenhang mit der beruflichen Verflechtung zum Kontrollsystem?

Damit das auch klargestellt ist: Bei den ÖPUL-Förderungen, also Umweltmaßnahmen, gibt es sehr wohl einen Rechtsanspruch, denn die Bauern schließen einen Vertrag mit der Republik ab.

Damit aber zum eigentlichen Grund meiner Wortmeldung, zur Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen im Rahmen des Tätigkeitsberichtes des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998.

Das bereits 1992 eingeleitete Verfahren zur Umstrukturierung der Bundessporteinrichtungen wurde 1998 abgeschlossen und hat in der Gründung der Bundessporteinrichtungen GesmbH per 1. Jänner 1999 geendet. Die Ausgliederung ist vom Rechnungshof insgesamt positiv beurteilt worden, allerdings kritisiert er unter anderem, dass mehr ökonomische Gesichtspunkte notwendig seien, um vorhandene Einsparungspotentiale entsprechend nutzen zu können.

Für das nicht ausgegliederte Haus des Sports fehlt laut Rechnungshof nach wie vor ein Konzept für die künftige Organisationsstruktur.

In Bezug auf die Mietangelegenheiten wird vom Rechnungshof kritisiert, dass diese im Haus des Sports, im Bundessportzentrum Südstadt und im Bundessportheim "Blattgasse" nach wie vor verbesserungsfähig wären, und zwar insofern, als die Mieten für Verbände begünstigt sind, das


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heißt, die Verbände zahlen weniger Miete, als eigentlich notwendig wäre, um Marktkonformität zu erreichen. Es gibt hier tatsächlich eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Verbänden.

Das Sportförderungsgesetz ist eine eher schwer durchschaubare Materie. In diesem Bereich gibt es sicher Handlungsbedarf, um Verbesserungen für die Zukunft durchzuführen.

Ziel des Ausgliederungskonzeptes war es, betriebswirtschaftliche Grundsätze auch für Bundessporteinrichtungen anzuwenden. Der Rechnungshof regte in diesem Zusammenhang an, im operativen Geschäftsbereich insbesondere auf die Vermeidung von Quersubventionen zwischen dem gemeinwirtschaftlichen Bereich und dem erwerbswirtschaftlichen Bereich zu achten, und empfahl hier einen entsprechenden Förderungsvertrag.

Es ist aber auch festzuhalten, dass sich die neue Betriebsführung sehr bemüht, zum Beispiel die Auslastung entsprechend zu verbessern. Weiters ist ein Marketingkonzept beschlossen worden, an dessen Umsetzung intensiv gearbeitet wird.

Der Rechnungshof hielt es für überlegenswert, das Haus des Sports weitgehend der Zentralleitung des Bundeskanzleramtes einzugliedern, so könnte jährlich eine halbe Million Schilling eingespart werden.

Weiters kritisierte der Rechnungshof intensiv, dass es personelle Verflechtungen gibt. Personen, die auf der einen Seite für die Förderungsabwicklung verantwortlich sind, sind auf der anderen Seite gleichzeitig beim Förderungsnehmer in verantwortlicher Funktion tätig. Dort, wo dies noch der Fall ist, ist eine rigorose Trennung notwendig und einzuführen.

Es ist aber auch festzuhalten, dass im Sport nicht alles nur nach privatwirtschaftlichen Prinzipien und Grundsätzen bewertet werden kann. Der Sport hat eine große gesellschaftliche Bedeutung, und darüber hinaus gibt es eine gewisse wirtschaftliche Umwegrentabilität, die nur schwer in Zahlen zu quantifizieren ist. Es ist hier schlicht und einfach ein Interessenausgleich zwischen den wirtschaftlichen und den sportpolitischen Zielsetzungen zu finden.

Die in der Bundesregierung für den Sport verantwortliche Frau Vizekanzler hat hier ein großes Aufgabenfeld vor sich, aber auch ein dankbares Aufgabengebiet, denn sieht man sich den Rechnungshofbericht etwas genauer an, so kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der verantwortliche Vorgänger, das heißt der in der letzten Bundesregierung für den Sport verantwortliche Staatssekretär, mit mehr Einsatz und mehr Engagement wesentlich mehr hätte antreiben können. Aber die neue Regierung wird das sicher erledigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich muss auch noch Bezug nehmen auf die Diskussion im Rechnungshofausschuss zum Kapitel Bekämpfung der Umweltkriminalität. Von Kollegen Kurt Gaßner ist dort sinngemäß in den Raum gestellt worden – wir kommen ja aus demselben Bezirk –, dass die größte Zahl der Delikte im Bereich der Umweltkriminalität eigentlich aus dem Bereich Landwirtschaft käme. Das ist schlicht und einfach nicht richtig. Du hast deine Wortmeldung dann in anderer Form relativiert, aber ich meine, wir sollten mit derart verallgemeinernden Aussagen vorsichtig sein, egal in welchem Bereich (Abg. Auer: Unterstellung! Eine maßlose Übertreibung!), denn damit bereiten wir den Boden dafür auf, dass manche – auch Mitglieder dieses Hohen Hauses – bei Aktivitäten von Aktivisten wie zum Beispiel aus dem Tierschutzbereich und dergleichen mit von der Partie sind, denn anders könnte es nicht zu verstehen sein, dass Frau Abgeordnete Petrovic in erster Instanz rechtskräftig verurteilt ist, bei einem Einbruch in ein Stallgebäude dabei gewesen zu sein. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Auer: Da schau her!)

In aller Kürze zu den Entschließungsanträgen, die von der grünen Fraktion eingebracht wurden. Ich darf an dieser Stelle sagen, dass das Land Oberösterreich oder der Temelin-Beauftragte Radko Pavlovec im Namen der Oberösterreichischen Landesregierung im laufenden UVP-Verfahren zu Temelin Einspruch erheben wird.

Ich möchte aber schon auch darauf aufmerksam machen: Wir sollten mit unserem Einfluss, damit, wie wir Einfluss nehmen, etwas vorsichtig sein. Es hilft uns nicht, oberlehrerhaft zu wir


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ken. Ich möchte als Beispiel den Abgeordneten Josef Mühlbachler nennen, der vorbildhaft wirkt: Er hat bereits die Bürgermeister der Region Krumau eingeladen, demnächst wird er die Bürgermeister der Region Budweis bei sich zu Gast haben und mit ihnen über Möglichkeiten, umweltsparende Maßnahmen umzusetzen, diskutieren.

Ich glaube, das ist der richtige Weg, nämlich nicht nur reden und etwas beschließen, sondern auch in die Tat umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Beide Regierungsparteien bekennen sich natürlich zur Bekämpfung der Umweltkriminalität. Allerdings ist es notwendig, dafür einen überschaubaren und durchführbaren Mechanismus zu finden. Auch in diesem Bereich gilt es, etwas Hausverstand walten zu lassen.

Ich darf nun folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Prinz, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Justiz werden ersucht, danach zu trachten, die Empfehlungen des Rechnungshofes hinsichtlich der Verbesserung der Umweltkriminalitätsbekämpfung umzusetzen. Der Bundesminister für Inneres möge insbesondere im Zuge der Reform des Kriminaldienstes auf eine Steigerung der Effizienz betreffend die Bekämpfung der Umweltkriminalität hinwirken.

*****

In diesem Sinne ersuche ich um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist in Ordnung und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Ich bitte um Darlegung des zu berichtigenden und des tatsächlichen Sachverhalts.

16.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Abgeordneter Prinz! Sie haben hier gesagt, ich hätte mehr an Kontrolle gefordert.

Ich berichtige: Der Rechnungshofbericht spricht an mehreren Stellen davon, dass mehr an Kontrolle erforderlich ist. Ich habe vielmehr gesagt, dass die Reform des AMA-Kontrollsystems als Gesamtes notwendig ist. Das ist der Inhalt meiner Rede gewesen. (Abg. Prinz: Das war etwas dürftig, Wolfgang!)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.22

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine Damen und Herren! Kollege Prinz von der ÖVP hat vorher hier behauptet, Kollegin Petrovic sei in erster Instanz – man möge das auf der Zunge zergehen lassen! – rechtskräftig wegen Einbruchs in einen Stall verurteilt worden. (Abg. Prinz: Rechtskräftig verurteilt!)


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Ich berichtige ihn tatsächlich: Gegen Frau Dr. Petrovic liegt tatsächlich ein Verfahren vor, ein zivilrechtliches Besitzstörungsverfahren, das in erster Instanz anhängig ist. Die böswillige Unterstellung, die er hier nur im Schutz der Immunität vornehmen kann, indem er ihr einen strafrechtlich relevanten Tatbestand unterstellt, halte ich für wirklich unglaublich!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Stoisits! Sie haben den Sachverhalt dargestellt und die Berichtigung vorgetragen. Das ist in Ordnung. Eine weitere Kommentierung kann im Zuge der Debatte erfolgen. (Abg. Mag. Stoisits: Ich wollte etwas Liebenswürdiges zum Kollegen Prinz sagen!)

Sie wollten Ihrer Empörung Ausdruck verleihen, aber auch das kann man im Zuge der Debatte machen.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Er kann sich nur damit entschuldigen, dass er kein Jurist und deshalb unwissend ist.

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.23

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Kollege Kräuter hat sich hier hergestellt und davon gesprochen, dass sich die Parteipolitik in Sportvereine, in den Bereich des Sports nicht einmischte. – Also ich weiß nicht, hat er das blauäugig, rotäugig oder naiv gesagt. Ich kann dem nur eines entgegenhalten, Herr Kollege Kräuter – wenn er nicht da ist, möge man es ihm ausrichten –: Ich selbst war mehr als zwei Jahrzehnte lang Funktionär eines Sportvereines, eines Union-Vereines. Als es darum ging, mich zum Präsidenten dieses Vereines zu wählen, gab es plötzlich seitens der Österreichischen Volkspartei, seitens des Bürgermeisters die Aussage: Wenn der freiheitliche Böhacker Präsident wird, dann gibt es keine Subvention mehr. – So schaut es in der Politik und im Sport tatsächlich aus!

Kollege Brix – er ist hier – hat einen neuen Mehrheitsbegriff hier kreiert. Ich kenne die demokratische Mehrheit, die Zweidrittelmehrheit, die verfassungsmäßige Mehrheit, die überwiegende Mehrheit, aber er hat von einer "Brachialmehrheit" gesprochen.

Herr Kollege Brix! Was ist eine "Brachialmehrheit", mit der abgestimmt wurde? Ist das eine Brachialgewalt? Was ist das wirklich? Vielleicht kann man das einmal näher erläutern, vielleicht kann man den Begriff "Brachialmehrheit" irgendwo aufnehmen. Im Ausschuss gibt es gewählte Mitglieder. Ist das eine "Brachialmehrheit", wenn hier zwei Parteien die Mehrheit haben? Ist das eine "Brachialmehrheit" oder eine demokratische Mehrheit? Ich würde also sagen, Herr Kollege Brix, diesen Ausdruck "Brachialmehrheit" sollten Sie aus Ihrem Sprachschatz endgültig streichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber diese Debatte vor allem um die Auflösung des Nullkuponfonds im Rechnungshofausschuss war aus dreifacher Sicht ... (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Kollege, bleib ruhig! Ich habe nur 5 Minuten Zeit. Nachher können wir darüber diskutieren.

Sie war aus dreifacher Sicht wirklich bemerkenswert, und zwar hat sich im Rahmen der Debatte die gesamte Orientierungslosigkeit der Gusenbauer-SPÖ herausgestellt, auf der einen Seite noch die Verantwortung tragend, auf der anderen Seite Kindesweglegung betreibend und schon ein wenig Opposition spielend.

Zum Zweiten hat der Rechnungshof wirklich penibel und haarklein am Beispiel Auflösung des Nullkuponfonds dargelegt, wie sich die SPÖ-Budgetpolitik der letzten Jahrzehnte dargestellt hat: Vorziehen von Einnahmen, Hinausschieben von Ausgaben nach dem Motto: Kassiere heute, zahlen sollen es spätere Generationen!


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Zum Dritten hat die Diskussion aufgezeigt, dass die Gusenbauer-SPÖ als staatstragende Partei endgültig abgedankt und sich einer Fundamentalopposition verschrieben hat. Ohne irgendwelche konstruktive Maßnahmen zu setzen, hat sie sich darauf beschränkt, eine völlig fruchtlose, unnotwendige und chaotische Geschäftsführungsdebatte vom Zaun zu brechen. Da wurde plötzlich verlangt, der Herr Finanzminister solle erscheinen, obwohl der Herr Staatssekretär aus dem Finanzministerium anwesend war. Ja, bitte, wo war denn der Herr Exfinanzminister Edlinger, wenn Herr Staatssekretär Ruttenstorfer anwesend war? Es war für uns selbstverständlich, dass der Herr Staatssekretär den Herrn Finanzminister vertreten kann. Dagegen hat es überhaupt nichts einzuwenden gegeben. Doch plötzlich beginnt Kollege Brix eine Geschäftsordnungsdebatte vom Zaun zu brechen.

Als sich schlussendlich herausstellte, dass sich Finanzminister Karl-Heinz Grasser in intensiven Verhandlungen mit den Betriebsräten befand, wo es um die Sicherung der Arbeitsplätze und um Fragen der Privatisierung ging, und plötzlich Kollege Brix merkte, dass diese Geschäftsordnungsdebatte ein Schuss ins eigene sozialdemokratische Knie werden könnte, hat man sich plötzlich ruhig verhalten. Dann hat man gemerkt, dass die Optik schlecht gewesen ist, und man hat einen neuen Versuch gestartet.

Da kommt Kollege Edler daher und sagt: Um Gottes willen, der Herr Staatssekretär könnte ja befangen sein, weil er Rechnungshof-Beamter war. (Abg. Edler: Ist er ja!)  – Wie der Schelm denkt, so spricht er! Und das zeigt mir wieder einmal, dass die Sozialdemokratie in ihrem Kasteldenken einfach nicht weiterkommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen eines: Herr Staatssekretär Dr. Finz hätte dies, wenn er befangen gewesen wäre, sicher unaufgefordert unverzüglich erklärt und an den Beratungen nicht teilgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesamte Debatte rund um die Auflösung des Nullkuponfonds war eine erbärmliche Darstellung der sozialdemokratischen Vertreter in dieser Sitzung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Plank. – Bitte.

16.29

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt versuchen, in mein Kastel ein bisschen hineinschauen zu lassen, Herr Kollege Böhacker, in das, was ich in dieses Kastel im Rahmen der Rechnungshofausschussdebatte mitgenommen habe und hier heute gerne zur Diskussion stellen möchte.

Ich bin dem Genossen Brix sehr dankbar für seinen Hinweis am Anfang seines Debattenbeitrags auf die vielfach sehr positive Bewertung, auf den vielfach sehr, sehr positiven Bericht, den der Rechnungshof über das Verwaltungsjahr 1998 vorgelegt hat. Es ist um drei wesentliche Jahre der sozialdemokratischen Regierung gegangen, und der Bericht war über weite Strecken positiv. Allerdings gibt es sehr wohl auch Bereiche – diese waren auch Gegenstand der Ausschussdebatte vergangener Woche –, wo es doch einiges aufzuklären und zu kritisieren gibt.

Ein Punkt davon betrifft die Debatte zur Landesverteidigung, und zwar die Untersuchungen des Rechnungshofes zum Truppenübungsplatz Seetaler Alpe. Es wird zunehmend weniger möglich, Manöver im so genannten freien Land durchzuführen. Die Kosten dafür steigen ganz einfach enorm. Die Bevölkerung fühlt sich belästigt, sie fühlt sich gestört, in der Kulturlandschaft entstehen große Flurschäden, was wiederum die Kosten steigen lässt. Die Unterkunft ist zu bezahlen. Das ist dem Verteidigungsministerium angesichts der momentanen Budgetlage kaum mehr zuzumuten.

Der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe ist einer der fünf hochalpinen, und er ist vor allem für den gesamten südlichen Raum Österreichs und für den gesamten Südosten wichtig. Es versteht sich von selbst: Die Transportwege, die Anfahrtskosten dorthin sind vertretbar, weil die Entfernungen nicht so riesig sind.


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Umso mehr hat mich dieser Rechnungshofbericht in Bezug auf den Truppenübungsplatz Seetaler Alpe verwundert. (Abg. Rosemarie Bauer: In welchem Ausschuss waren Sie denn?) Was sich da offensichtlich in den letzten Jahren im Bundesministerium für Landesverteidigung an Versäumnissen angehäuft hat, das ist schon einigermaßen verwunderlich. Ich würde den Ausschussbericht ganz knapp einmal so zusammenfassen: Geringfügige Nutzung, zu geringfügige Nutzung, unzureichende Auslastung des Truppenübungsplatzes trotz der enorm wichtigen Bedeutung für das ganze Gebiet. Es fehlen moderne Schießstätten. Es fehlt absolut jedes Controlling. Es fehlt jegliches strategisches Planungskonzept für diesen Truppenübungsplatz. Ich würde doch jedem Minister zutrauen, dass er mit seinem Budget so haushalten kann und so plant, dass diese Planung auch sinnvoll ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Ihr habt da nie ein Geld hergegeben! – Abg. Schwarzenberger: Ihr wollt ein "Bundesheer light"!)

Es gibt offensichtlich kein genehmigtes Konzept für alle Truppenübungsplätze Österreichs im Hinblick auf eine wirklich sinnvolle Nutzung. Es geht um die sinnvolle Nutzung! Es gibt keinerlei Berechnungen über die Auslastung dieser Truppenübungsplätze. (Abg. Jung: Blödsinn!) Es ist kein Blödsinn, es ist wörtlich nachzulesen im Rechnungshofbericht, und auch der Herr Minister hat das zur Kenntnis nehmen müssen. Er weiß sehr wohl um diese Missstände. Es gibt keinerlei betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Auch jene, die bis jetzt vorgelegt wurden – schon in Reaktion auf den Rechnungshofbericht –, sind nicht ausreichend. Das ist einfach Faktum, und das wurde festgestellt.

Es hat sich etwas durchgezogen, was schon in der Debatte zum Konsolidierungspaket ... (Abg. Dr. Martin Graf: Gibt es "keinerlei" oder "nicht ausreichende"? Das wird jetzt gefährlich – das wäre zu klären!)  – Ich wiederhole das alles noch einmal zusammenfassend, ich erläutere noch Detailbereiche. Es gibt bis jetzt kein ausreichendes Konzept, keinerlei Controlling und keinerlei betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Es gibt einen Vorschlag, den umzusetzen allerdings nicht sinnvoll ist.

Das heißt, es zieht sich etwas durch: Die Planung scheint offensichtlich in diesem Ministerium nicht zu funktionieren, die Material- und Personalpolitik ist ganz einfach schlecht gemacht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edler: Sehr richtig! – Abg. Dr. Martin Graf: Die Beamten sind schuld!)

Gerade jetzt muss die neue Regierung, die zu sparen sich vorgenommen hat, die sozusagen dem Österreicher vorführt, wie sparsam man mit den Budgetmitteln umgehen kann, zur Kenntnis nehmen, dass es jetzt Zeit wird, zu beweisen, dass diese Regierung sparen kann. Das heißt für mich, mit den Mitteln so hauszuhalten, dass das eigentliche Ziel von Verteidigungspolitik auch erreicht werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde anhand von einigen Einzelbeispielen, die ganz dezidiert im Bericht angesprochen werden, erläutern, was ich meine. Es gibt im Bereich dieses Truppenübungsplatzes einen Teil, der sich Lavantegg nennt. 1997 wurde dieser Teil des Truppenübungsplatzes einen Tag genutzt. An einem von 365 Tagen fanden dort Übungen statt! (Abg. Jung: Wissen Sie überhaupt, wie groß so ein Truppenübungsplatz ist?) Als Reaktion darauf gibt es heute von wesentlichen Stellen des Heeres die Feststellung: Dank des Kosovo-Konflikts und dank der vermehrten Auslandseinsätze gelingt es jetzt, diesen Teil des Truppenübungsplatzes wieder besser auszulasten. Man hatte einfach kein Konzept dafür. Es gab Krieg in der Nachbarschaft. Wir sind bereit, dort zu helfen, und sagen: Dank dieses Konflikts können wir diesen Bereich jetzt wieder besser auslasten. – Also das ist ein "schönes" Konzept: Wenn ich einen Konflikt in der Nachbarschaft brauche, um etwas zu meinen Gunsten nutzen zu können.

Das gleiche oder ein ähnliches Problem bezieht sich auf einen anderen Teil der Übungsfläche, der so genannten Köckhalt. Es gab keine Verwendung mehr dafür. Dem Bundesminister für Landesverteidigung ist es nicht gelungen, dieses Gebiet zu verkaufen. Die Antwort, die schulterzuckend gegeben wurde, darauf war: Der Verkauf ist nicht möglich, er wird nicht mehr weiter betrieben. Wir brauchen dieses Gebiet zwar nicht, aber wir kümmern uns auch nicht darum. Das ist Staatseigentum! Und der Minister kümmert sich nicht einmal mehr darum, was damit passiert. Eine Aufforderung an Herrn Bundesminister Scheibner – er hat gesagt, er werde es wieder versuchen –, die Köckhalt zu verkaufen. Ich wünsche ihm, es möge ihm gelingen, denn


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wir werden genau darauf schauen, dass etwas, was nicht gebraucht wird, in Zukunft auch keine Kosten verursacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Stichwort verfehlte Materialplanung und Unterhalt der bestehenden Einrichtungen: Es gibt auf diesem Truppenübungsplatz Seetaler Alpe einen komplett veralteten Bauhof. Der Rechnungshof sagt dazu: Es ist den Menschen nicht mehr zuzumuten, dort unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Es ist nicht möglich, Material dort so zu lagern, dass es keinen Schaden nimmt. Und das ist Teil des Konzeptes, Teil der Planung im Bundesministerium für Landesverteidigung? Das kann ich mir nicht vorstellen, wenn so mit Geld umgegangen wird!

Jetzt gibt es wieder ein Bekenntnis zum Neubau. 47 Millionen Schilling seien dafür notwendig, hat Herr Bundesminister Scheibner gesagt. Ich frage mich, woher er diese 47 Millionen Schilling nehmen wird, wo doch sein Budget nicht größer, sondern unter der neuen Regierung sogar kleiner, und zwar bedeutend kleiner, geworden ist. Da wird es jetzt darauf ankommen, wie er versucht, das einzubringen und solcherart Maßnahmen zu setzen, dass es den Menschen wieder zuzumuten ist, dort zu arbeiten.

Warum es bisher kein Controlling-System gegeben hat, weiß ich nicht. Ob es jetzt endlich ein Konzept geben wird, und zwar ein österreichweites Konzept für die Auslastung aller Truppenübungsplätze, das frage ich mich. Wir sind vertröstet worden mit der Bemerkung, es sei in Ausarbeitung. Jeder kleine Kaufmann muss sich überlegen, wie er seine Flächen, seine Lagerflächen und sein Haus nützt und bestellt. Umsomehr wird sich das ein Ministerium von solch enormer Größe wohl hoffentlich auch gut überlegen und wirklich ein sinnvolles Controllinginstrument und ein sinnvolles Konzept für die Auslastung all der bestehenden Truppenübungsplätze vorlegen. Das wünsche ich mir sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Allerdings bin ich einigermaßen skeptisch, ob oder wie das gelingen wird, wenn ich bedenke, dass etwa zwei Drittel der Kosten für das Heer Personalkosten sind, dass das Personal einfach das Geld für sich benötigt. Ich frage mich: Womit will denn unser Bundesminister für Landesverteidigung all diese Maßnahmen, die er jetzt vorhat, umsetzen?

Zusätzlich spricht er noch von Kaufvorhaben. Wir alle wissen, es sind einige Anschaffungen in der nächsten Zeit notwendig. Woher, Herr Bundesminister Scheibner, werden Sie das Geld dafür nehmen?

Ich fordere Sie auf: Holen Sie das nach, was in den letzten Jahren versäumt wurde, und zwar nicht von der Regierung, sondern vom Ministerium, von Ihrem Vorgänger! Wir werden Ihnen dabei auf jeden Fall zuschauen. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist aber billig!) Ich fordere Sie auch auf: Legen Sie ein Konzept für die Entwicklung des österreichischen Heeres vor!

Das ist nicht billig! Er wird zu verantworten haben, wie er diese Empfehlungen umsetzt, und er bekennt sich ja auch dazu. Aber wir werden ihm zuschauen, wie er das macht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wollte in meiner Rede auch noch ganz kurz auf einige vorangegangene Redebeiträge eingehen. Nur so viel: Kollegin Pecher hätte ich gerne Folgendes mitgeteilt: Sie hat gesagt, alle Ministerinnen und Minister mögen die Frauenpolitik in ihren Köpfen haben. – Ja, das wünschen wir uns auch. Ich habe aber heute leider von Frau Ministerin Sickl schon wieder den Eindruck gehabt, dass sie sie wohl im Herzen trägt, aber es an Konzepten noch zu mangeln scheint. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Haupt zu Wort gemeldet. Er kennt die Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.40

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Kollegin Mag. Plank hat in ihrer soeben gehaltenen Rede festgestellt, dass der derzeitige Verteidigungsminister


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Herbert Scheibner schulterzuckend festgestellt habe, dass "Köckhalt" nicht verkauft werden konnte.

Sehr geehrte Frau Mag. Plank! Ich darf Sie berichtigen. Tatsächlich hat Herr Verteidigungsminister Scheibner festgestellt, dass in der Vergangenheit "Köckhalt" deswegen nicht verkauft werden konnte, weil es zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für Finanzen einen erheblichen Unterschied bei den Verkaufserlösvorstellungen gegeben hat, dass es inzwischen eine Neubewertung des Grundstückes Köckhalt durch das Bundesministerium für Finanzen gegeben hat und nunmehr ein realistischer Preis für das Grundstück Köckhalt vom Bundesministerium für Finanzen als Verkaufserlös erwartet wird und derzeit vielversprechende Verhandlungen mit einem Interessenten laufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kurzbauer. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

16.42

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Stoisits! Vielleicht kann ich einen Beitrag leisten. Sie haben versucht, die Ausführungen meines Kollegen zu berichtigen. Es betrifft ganz konkret Frau Dr. Petrovic. Sie haben in Ihrem Beitrag gemeint, dass das Verfahren beim Landesgericht St. Pölten anhängig sei. Tatsache ist, dass Frau Dr. Petrovic mittlerweile verurteilt und schuldig gesprochen wurde, dass sie den Hof von Herrn Brader in Obertiefenbach nicht mehr betreten darf. Sie hat sich einer Besitzstörung schuldig gemacht. – Das nur, um vielleicht einen Beitrag zur Klarstellung zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes. Ich darf einen Teil dieses Berichtes herausgreifen und möchte mich in meinen Ausführungen mit dem Nullkuponfonds beschäftigen.

Dieser Nullkuponfonds wurde im Jahre 1986 gegründet. Der Anlass für die Gründung dieses Fonds waren die 1985 vom Bund erstmals begebenen Nullkuponanleihen, die, wie wir wissen, abgezinst ausgegeben und bei Fälligkeit zum Nennwert getilgt werden. Im August 1997 wurde letztlich per Gesetz die Auflösung dieses Fonds per 1. September 1998 verfügt. Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hatte den Auftrag, die für den Nullkuponfonds getätigten Veranlagungen bestmöglich aufzulösen und dem Bund bis Ende August 1998 diese finanziellen Mittel auch zur Verfügung zu stellen.

Wir wissen aber, wie aus dem Rechnungshofbericht hervorgeht, dass dieser Fonds vorzeitig aufgelöst wurde. Aufgrund dieser vorzeitigen Auflösung erfolgte letztlich die Überprüfung durch den Rechnungshof im November und Dezember 1998. Es gibt diesbezüglich kritische Äußerungen des Rechnungshofes. Ich möchte speziell auf einen Punkt hinweisen: Wie bereits angeführt, erfolgte der Verkauf der Wertpapiere ungefähr fünf Monate vor dem gesetzlichen Ablauf. Es ist schon bemerkenswert, dass dieser Verkauf auch vor Ablauf des fälligen Kupontermins erfolgte. Wir wissen alle, wenn vor Ablauf des Kupontermins abgerechnet wird, dann werden Stückzinsen verrechnet, und es entsteht dadurch natürlich ein Schaden. Gerade bei dieser Transaktion entstand letztlich ein Nettoschaden von zirka 86,2 Millionen Schilling.

Der zweite Kritikpunkt: Die Auflösung des Fonds – das haben wir auch heute schon gehört – lässt beträchtliche Mehrbelastungen der künftigen Budgets erwarten, und zwar im Jahre 2000 rund 1,37 Milliarden Schilling, im Jahre 2002 537 Millionen Schilling, im Jahre 2007 171 Millionen Schilling, und im Jahre 2016 sind es letztlich 11,3 Milliarden Schilling.

Ich möchte aber auch auf einige positive Aspekte, die im Rechnungshofbericht erwähnt wurden, hinweisen. Durch die Auflösung des Fonds wurden in den Jahren 1997 und 1998 beträchtliche finanzielle Mittel dem Bundeshaushalt zugewiesen, konkret 1997 1,2 Milliarden Schilling, im Jahre 1998 waren es 4,7 Milliarden Schilling, in Summe 5,9 Milliarden Schilling. Dieser Betrag


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unterstützte natürlich die Bemühungen der Bundesregierung im Hinblick auf eine Budgetkonsolidierung. Diese Maßnahme diente letztlich auch dazu, dass wir die Maastricht-Kriterien erreichen konnten.

Ich möchte weiters auf noch etwas Positives hinweisen: Bis zur Auflösung kam der Nullkuponfonds seinem gesetzlichen Auftrag, nämlich die Dotierungen bestmöglich zu veranlagen und Zinseszinsen zu erwirtschaften, überwiegend erfolgreich nach. In den Jahren 1993 bis 1995 wurden aus den Veranlagungen der Zinsen und Zinseszinsen darüber hinaus Mehrerträge von rund 75,5 Millionen Schilling erzielt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auch namens meiner Fraktion den Damen und Herren des Rechnungshofes sehr, sehr herzlich danken, stellvertretend dem Präsidenten Fiedler. Wir werden dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes sehr gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Er hat das Wort.

16.48

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dem Rechnungshof zu verdanken, dass wir heute auch einmal etwas detaillierter die sozialdemokratische Sportpolitik und vor allem das sozialdemokratische Fördersystem beziehungsweise Postenbelegungssystem beleuchten können.

Dieser Rechnungshofbericht hat sich nämlich sehr detailliert mit der sozialdemokratischen Sportpolitik auseinander gesetzt und hat zum Teil Abenteuerliches zu Tage gefördert. Es gibt das "Haus des Sports" in der Prinz-Eugen-Straße. In diesem Haus sind einige Verbände als Untermieter zu Gast. Es ist schon abenteuerlich, welche Mieten dort zu bezahlen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zum Beispiel bezahlt die Österreichische Bundessportorganisation, dort eingemietet auf 140 Quadratmetern, ganze 5 S pro Quadratmeter an Miete! Das ergibt für die Gesamtfläche 739,20 S Monatsmiete. (Zwischenruf des Abg. Leikam.  – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist eine Friedenszinsregelung!) Ein vergleichbares Büro würde wahrscheinlich 50 000 S Monatsmiete kosten. Aber nicht nur, Herr Kollege Leikam, dass da in erster Linie der Sozialdemokratie nahe stehende Bereiche untergebracht sind, so hat zum Beispiel diese Österreichische Bundessportorganisation noch einen Rückstand in der Höhe von 149 330 S per 29. Feber 2000 ausgewiesen. So ähnlich wie das Österreichische Olympische Comité, Herr Kollege Leikam, das eine Miete von 1,80 S pro Quadratmeter entrichtet und trotz dieser 1,80 S pro Quadratmeter 192 848 S Rückstand hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, Sie reden jetzt davon, dass dies Sportförderung ist. Ja, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, welche Vereine und Verbände kommen noch in den Genuss dieser billigen Mieten? Wie ist denn das bei Vereinen und Verbänden, die nicht im Haus des Sports Unterschlupf gefunden haben? Was haben denn die an Mieten zu bezahlen? Da wäre es schon besser und wahrscheinlich auch fairer, wenn man die Mieten insgesamt ein bisschen gleichmäßiger zahlen müsste, dass also nicht die einen, die nicht dort untergekommen sind, hohe Mieten zahlen müssen und alle jene, die dort untergekommen sind, weil sie gute Beziehungen zur Sozialdemokratie gehabt haben, in den Genuss dieser billigen Mieten kommen.

Aber es wird sich ja diesbezüglich – Kollege Brix, du hast mir ja gesagt, dass dir das Ganze auch nicht so passt, wie das bis jetzt gelaufen ist – einiges ändern. Wir werden Vorschläge unterbreiten, und ihr werdet zustimmen, dass es solch abenteuerliche Quadratmetermietpreise nicht mehr gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Zweiten. Der Rechnungshofbericht hat sich auch, Kollege Brix – und jetzt wird es spannend –, mit dem Wildwuchs von Gremien auseinander gesetzt, die Aufgaben erfüllen, die an und für sich vom Ressort zu erfüllen wären. In diesen Gremien sind in erster Linie hohe und höchste Ressortbeamte mit der Vertretung beauftragt. Die Auswahlkriterien waren leicht festzu


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stellen. Die Auswahlkriterien waren in erster Linie die entsprechende Parteizugehörigkeit. Meistens waren oder sind hohe und höchste Ressortbeamte davon betroffen. Und diese hohen und höchsten Ressortbeamten üben ihre Tätigkeit in erster Linie in der Dienstzeit aus, was schlimm genug ist.

Herr Kollege Brix! Wissen Sie, dass diese Beamten diese Funktionen in erster Linie in der Dienstzeit ausüben? (Zwischenruf des Abg. Brix. ) Die Folge ist, dass zum Beispiel die Frau Vizekanzlerin in den letzten drei Wochen überhaupt keine hohen Beamten zur Verfügung gehabt hat, weil diese permanent in dieser Angelegenheit unterwegs waren, anstatt ihrer ordentlichen Arbeit nachzukommen. Tagelange Absenzen von Spitzenbeamten sind dort an der Tagesordnung. Gleichzeitig ist das natürlich eine Mehrbelastung für die weniger hoch angesiedelten Bediensteten.

Herr Kollege Brix! Zum Teil hat der Rechnungshof gewaltige Unvereinbarkeiten vorgefunden. Vor allem sind Fördergeber und Fördernehmer in einer Person anzutreffen gewesen. Diese geben die Förderungen und nehmen sie gleichzeitig in Empfang. Da habe ich zwei Beispiele herausgefunden, die sensationell sind und die ich Ihnen zum Besten geben will.

Da gibt es einen Ministerialrat Mag. Scherbaum. Haben Sie von dem schon gehört, Kollege Brix? (Abg. Brix: Jaja!) Der sitzt im Basketball-Leistungszentrum Klosterneuburg, im Beirat für Kinder-, Schüler- und Jugendschilauf, in den Bundesliga-Nachwuchszentren Fußball, im Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung. Weiters sitzt er in der Interski-Austria, im Nordischen Ausbildungszentrum Eisenerz, im Österreichischen Anti-Doping-Comité und im Österreichischen Spitzensportausschuss. Er sitzt im Skigymnasium Stams, in der Schihandelsschule Schladming und im Tischtennis-Leistungszentrum Stockerau. (Abg. Haigermoser: Ein Spezialist!) Wie macht der Junge das, Kollege Brix? Können Sie mir das erklären? (Abg. Brix: Er ist ein Talent!)

Da gibt es noch einen Zweiten, das ist der Ministerialrat Dr. Erich Irschik. Der sitzt beim Austria Ski Pool, der sitzt bei der Interski-Austria, im Österreichischen Komitee für internationale Sportbeziehungen, im Nordischen Ausbildungszentrum Eisenerz, im Österreichischen Anti-Doping-Comité, im Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau, im Österreichischen Institut für Sportmedizin, im Österreichischen Olympia- und Sportmuseum, im Österreichischen Spitzensportausschuss und bei der Österreichischen Sporthilfe. – 11 Posten! Kollege Brix, kennen Sie den Herrn? (Abg. Brix: Freilich!) Wie macht der das, wo er doch gleichzeitig 400 Millionen Schilling an allgemeiner Sportförderung freihändig vergeben muss? Der muss sich ja da schon Gedanken machen, wie er dieses Geld vergibt. Es gibt ja gar keine Förderungsrichtlinien bei Ihnen. Die einzige Richtlinie, die wirklich Bedeutung hat, ist, ob dieser Verein aus sozialdemokratischer Sicht förderungswürdig ist. Wenn diese Frage mit Ja beantwortet wird, dann ist die einzige Richtlinie erfüllt.

Liebe Freunde von der Sozialdemokratie! Was sich im Sportbereich bis jetzt unter sozialdemokratischer Führung abgespielt hat, ist unbeschreiblich und abenteuerlich! Ich sage Ihnen, da ist Handlungsbedarf gegeben, wie Vranitzky immer gesagt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden handeln, und die Sozialdemokratie wird froh sein, wenn sie diese viele Arbeit, die sie bis jetzt nicht machen konnte, in Hinkunft nicht mehr zu machen braucht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich für meine besondere Stimmlage entschuldigen. Das ist kein Relikt aus den Gemeinderatswahlen, sondern schlechthin eine Entzündung.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an den Beginn unserer Debatte zurückkehren, wo Abgeordneter Steindl und Abgeordneter Haupt so wortgewaltig und populistisch, wie sie es halt von ihrem gemeinsamen Chef aus Kärnten gewohnt sind, die Dinge dargestellt haben, die sich im Rechnungshof abgespielt haben. Sie haben eigentlich nur einige Fragmente aus der Gesamtsicht herausgenommen.

Kollege Haupt hat dann zu den Jugendlichen hinaufgeschaut und gesagt: Liebe Jugendliche, euch müsste man es eigentlich wirklich sagen! Und dann hat er unverfroren wieder nur die Halbwahrheit gesagt. – Das ist die Politik, die ihr vertretet! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt. )

Es hat Kollege Trattner, der es besser wissen müsste, Horrorszenarien in Richtung 2016 skizziert, indem er die letzten Zahlen des Präsidenten des Rechnungshofes wissentlich verschwiegen oder vielleicht auch zu erwähnen vergessen hat, und das bedarf einer Richtigstellung. Ich danke Kollegen Kurzbauer, der vieles vorweggenommen und versucht hat, die Dinge wirklich im Zusammenhang richtig zu stellen, wiewohl, wie ich weiß, die ganze Problematik des Nullkupons keine einfache ist.

Herr Kollege Kurzbauer hat mir die Nennung der Jahre der Gründungen vorweggenommen. Die Vermögenszugänge von jährlich 200 bis 300 Millionen Schilling, die der Fonds erwirtschaftet hat, hat er zu erwähnen vergessen, aber die Mehrerträge in der Höhe von 75,5 Millionen Schilling hat er attestiert. Zinst man diesen Betrag ein bisschen auf, dann steht er den Mindererträgen aus dem vorzeitigen Verkauf des Nullkuponfonds, die sehr kritisiert worden sind, entgegen, und das Ganze wird zu einem Nullsummenspiel. (Abg. Mag. Haupt: Da haben Sie aber eine andere Sicht als der Rechnungshof!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu erwähnen vergessen wurde auch – und das wurde dem Finanzminister in einer billigen Weise zugespielt – der Grund dafür, warum dieser Nullkuponfonds vorzeitig aufgelöst worden ist. Der Anlass für die vorzeirige Auflösung dieses Fonds war eine Forderung des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg, des Eurostat, das die Richtlinien festgelegt hat, die zu einer besseren Vergleichbarkeit der Budgetdefizite und der Schuldenstände der EU-Mitgliedstaaten hätten beitragen sollen.

Die alljährlichen Zinsbelastungen des Budgets, wie sie sich aus dem Nullkuponfondsgesetz ergaben, haben nicht dem EU-Standard entsprochen, und deswegen war der Nullkuponfonds aufzulösen.

Nicht erwähnt wurde die im Rechnungshofausschuss geladene Auskunftsperson Dr. Helmut Eder. Dieser hat eindeutig festgestellt, dass bei normaler Portfolioverwaltung mit einem theoretisch unbegrenzten Zeitraum für die Auflösung des Fonds ein möglicherweise – möglicherweise! – günstigerer Verkauf zu erzielen gewesen wäre, da auf die Marktentwicklungen mit einem größeren Handlungsspielraum hätte eingegangen werden können.

Im Portfolio des Nullkuponfonds befanden sich aber unter anderem auch Wertpapiere mit Zinsrisiken und vor allem Wechselkursrisiken wie beispielsweise amerikanische und kanadische Dollars. Hier war die Zielsetzung, keine Wechselkursverluste bei der Auflösung des Fonds in Kauf nehmen zu müssen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Retrospektiv betrachtet erwirtschaftete – das ist auch attestiert worden – der Fonds eine Rendite von 8,5 Prozent jährlich bei einem Aufwand von 5,7 Prozent. Sie haben selber attestiert, dass dieser Nettoertrag von 1,8 Prozent ein beachtlicher war.

Herr Staatssekretär Dr. Finz anerkannte in seiner Stellungnahme die Risikolage, die für den Verkauf maßgeblich war und hielt die damalige Risikoentscheidung der Bundesfinanzierungsagentur aus der heutigen Sicht für richtig.

Herr Präsident Dr. Fiedler unterschied in seinen Schlussbemerkungen drei Betrachtungszeiträume des Fonds, nämlich den Fonds in seinen Anfängen, den Fonds bei seiner Auflösung und letztlich die Auflösung aus den Veranlagungen. Und wie schon erwähnt, die Auflösungen 1997


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und 1998 hatten einnahmenwirksame Auswirkungen auf die Budgets der genannten Jahre, und aus den Verpflichtungen zur Tilgung der Kuponschulden erwachsen dem Bundeshaushalt Mehrbelastungen von netto 6,6 Milliarden Schilling. 6 Millionen Schilling Einnahmen aufgezinst ergeben also in etwa die Summe der zu erwartenden Ausgaben.

Abschließend kann man sagen, die Einrichtung des Nullkuponfonds war ein wirtschaftlich erfolgreiches Instrument, das seiner Aufgabe, der Verwaltung der Rückstellungen für Zinsen aus Nullkupon-Finanzschulden, hervorragend nachgekommen ist. Ich wünsche eurem Finanzminister, dass ihm auch etwas Gutes einfällt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn man Österreichs Sicherheitspolitik betrachtet, die in den letzten Jahrzehnten ausnahmslos von SPÖ-Ministern gemacht wurde, so könnte man eigentlich ins Schwärmen geraten. Da gibt es nämlich einerseits Spitzenleistungen wie etwa in der Drogenbekämpfung oder aber auch bei der Aufklärung von Gewaltdelikten.

Diesen einzelnen, teils sogar sehr, sehr großen Erfolgen der Exekutive stehen andererseits haarsträubende Unzulänglichkeiten in der Sicherheitspolitik gegenüber, die die alltägliche Arbeit der Beamten nicht gerade erleichtern. Das beginnt schon bei der Aufbauorganisation der Wachkörper. Nach wie vor hat hier die Bürokratie Vorrang vor dem Dienst am Bürger. Viel zu viele Bereiche existieren nebeneinander, die nichts voneinander wissen. Viel zu viele hierarchische Ebenen mit viel zu vielen Engstellen behindern ein rasches und energisches Umsetzen von ausgemachten sicherheitspolitischen Zielen.

Wenn neue Sicherheitsbereiche auftauchen, wie etwa die Umweltkriminalität, dann dauert es wieder Jahrzehnte, bis eigene Fachgruppen aufgebaut werden, die dann auch noch professionell arbeiten. Oder wie professionell, Herr Ex-Innenminister Schlögl, kommt es Ihnen vor, wenn Angelegenheiten der Umweltkriminalität selbst im Innenministerium von denjenigen Beamten bearbeitet werden muss, die für Kulturgutkriminalität zuständig sind? Ist Ihnen nicht auch ab und zu der Verdacht gekommen, dass Umweltkriminalität eher mit Wirtschaftsdelikten zu tun hat als mit Kirchenraub oder Kulturgutraub?

Drückt Sie nicht doch ab und zu das schlechte Gewissen, Herr Ex-Minister, dass Sie erst 1998 das Pilotprojekt "Umweltkundige Organe" installiert haben – fast zehn Jahre nachdem der Skandal in der Mitterndorfer Senke aufgedeckt wurde!? (Abg. Mag. Schlögl: Wissen Sie, wann ich Innenminister geworden bin?) Nein, weiß ich nicht. (Abg. Mag. Schlögl: Knapp vorher!) Knapp vorher, okay, aber trotzdem. (Abg. Dr. Martin Graf: Aber jahrelang schon Mitglied der Regierung!)

Aber man könnte sich da ein Beispiel an der Feuerwehr nehmen, die schon seit Jahrzehnten sehr, sehr professionell im Umweltbereich arbeitet. Ich weiß natürlich schon, dass es angenehmer ist, bestehende Zustände zu verwalten als mutige Reformen einzuleiten. Aber die innere Sicherheit eignet sich wirklich nicht dazu, bloß verwaltet zu werden. Zu rasch ändern sich die Gefahren, auf die reagiert werden muss, und zu rasch ändern sich auch die Techniken, mit denen die Gesetzesbrecher vorgehen.

Geschätzte Damen und Herren! Unter diesem Aspekt muss auch das neue Sicherheitssystem in den Grenzbezirken unseres Landes, an der Grenze zu Ungarn, Tschechien und der Slowakei, gesehen werden. In den meist ländlichen Gemeinden wurden die kleineren Gendarmerieposten eingespart und dafür große Posten an der Grenze errichtet – mit dem Resultat, dass es jetzt an der Grenze relativ ruhig ist, aber im Hinterland, in den Orten, in denen es bis jetzt kaum Kriminalität gab, explodiert plötzlich die Zahl der Eigentumsdelikte. Und ich als Burgenländerin kann diesbezüglich wirklich ein Lied davon singen.


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Doch während wir noch die Welle von Autodiebstählen beklagen, wartet schon die nächste Bedrohung. Wie steht es denn etwa mit der Bekämpfung der Computer- beziehungsweise Internetkriminalität? Auch hier schwant mir nichts Gutes, wenn, wie ich schon angeführt habe, Herr Ex-Minister Schlögl erst im Jahre 1998 draufgekommen ist, dass es Umweltkriminalität überhaupt gibt.

Geschätzte Damen und Herren! Alles in allem zeigt der vorliegende Rechnungshofbericht zum Bereich des Innenministeriums einmal mehr, wie wichtig der kürzlich durchgeführte Wechsel in der Bundesregierung war. Ich bin überzeugt davon, dass viele Beamte, die unter der täglichen Bürokratie leiden, sehr erwartungsvoll auf den neuen Bundesminister Dr. Strasser schauen, weil sie auf längst fällige Reformen hoffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schlögl: Fragen Sie einmal die Beamten, was sie davon halten!)

Zu dieser Aufgabe kann man dem neuen Minister nur Glück wünschen, denn der Problemstau, der ihm von seinen Vorgängern hinterlassen wurde, ist wahrlich nicht von schlechtern Eltern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

17.06

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Rechnungshofpräsident! Ich werde mich in meinem Debattenbeitrag zum Bericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 mit dem Arbeitsmarktservice beziehungsweise der Verbesserung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt befassen. Die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern war ein Bestandteil nahezu aller Vorgaben für das AMS, geeignete Instrumente zur Beurteilung des Grades der Verwirklichung der Chancengleichheit durch die getroffenen Maßnahmen haben allerdings gefehlt.

Im Jahre 1998 sind 50,5 Prozent der gesamten arbeitsmarktpolitischen Förderaufgaben auf Frauen aufgeteilt gewesen. Der Rechnungshof erachtet dies in Anbetracht der besonderen Problemlagen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und der im Vergleich zu den Männern höheren Arbeitslosenquoten für zweckmäßig.

Im Zusammenhang mit dem Sonderprogramm für Wiedereinsteigerinnen verfügt das Arbeitsmarktservice aber weder hinsichtlich der eingesetzten Förderungsmittel noch hinsichtlich der Teilnehmerzahlen über nachvollziehbare detaillierte Daten. Die Voraussetzungen für das Controlling sind EDV-mäßig überhaupt verbesserungsfähig.

Nach 30 Jahren sozialistischer Sozialminister besteht in der Situation der Frauen am Arbeitsmarkt gegenüber den Männern noch immer ein erheblicher Unterschied. Frauen haben im Durchschnitt in Österreich ein niedrigeres Qualifikationsniveau. Frauen erzielen niedrigere Einkommen. Frauen haben weniger Aufstiegsmöglichkeiten als Männer. Zur Benachteiligung der Frauen im Erwerbsleben trugen dann noch die Konzentration auf wenige Berufe und die geringere Mobilität der Frauen bei. Ein besonderes Hindernis ergab sich für Frauen im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung und damit verbundenen Pflichten.

Kinder bekommen nun einmal nur Frauen, und die Kinderbetreuung ist in Österreich größtenteils weiblich. Egal, ob im Babyalter, im Kleinkindalter, im Schulalter oder später: Die Erziehungsarbeit in Österreich ist zu 80 Prozent Frauensache. Das hängt natürlich sehr stark vom Beruf und von der Beschäftigung ab. Es macht natürlich einen Unterschied, ob die Kindererziehung eine bezahlte, eine berufliche Tätigkeit ist oder ob sie eine im Familienverband geleistete nicht bezahlte Tätigkeit ist.

Die Erwerbstätigkeit von Frauen, also die bezahlte Arbeit von Frauen, ist Gott sei Dank im Steigen begriffen, aber die Unterbrechung dieser bezahlten Arbeit ist bei den Frauen ebenfalls wesentlich häufiger der Fall als bei den Männern, bedingt durch Babypause, Pflege von Familienangehörigen und durch Erziehungsarbeit.


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Der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten, an den geringfügig Beschäftigten ist wesentlich größer als bei den Männern, und auch die Arbeitslosenrate ist bei den Frauen wesentlich höher und ebenfalls im Steigen begriffen. Frauen sind am Arbeitsmarkt länger arbeitslos als Männer. Die durchschnittliche Arbeitslosendauer betrug im Jahre 1998 bei den Frauen 138 Tage, im Gegensatz dazu bei den Männern 119 Tage – ein eklatanter Unterschied!

Die bei den Frauen wesentlich geringeren Einkommen, die ich bereits erwähnt habe, sind natürlich hervorgerufen durch vermehrte Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigung von Frauen. Ein Hauptgrund sind aber auch die von den Frauen geleistete Familienarbeit und Kinderbetreuung. Interessant ist, dass die Differenz zwischen den Einkommen der Männer und Frauen beim Berufseinstieg wesentlich geringer ist als später. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass diese immer größer werdende Einkommensdifferenz durch die Unterbrechungen im Arbeitsprozess bedingt ist. Eine Ausnahme stellen die Lehrer dar, weil es einfach mehr weibliche als männliche Lehrpersonen gibt. In diesem Bereich sind die Einkommen nahezu gleich.

Hinsichtlich der jungen Generation gibt es eine gewisse Hoffnung, denn die Mädchen sind gleich gut ausgebildet wie die Burschen, und das ist gut so. Das zeigt, dass die bessere Ausbildung und die Erweiterung der Berufspalette mithelfen, dass die Frauen in Zukunft größere Chancen beim Einkommen und bei der Berufsauswahl haben.

Bei allen Arbeitszeitmodellen, bei den atypischen Beschäftigungsverhältnissen spielten wirtschaftspolitische Aspekte eine Rolle, familienpolitische Aspekte werden in der heutigen Zeit kaum berücksichtigt. Flexible Arbeitszeit, Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung werden dort angewandt, wo es die Wirtschaft braucht – auf die Familien wird kaum Rücksicht genommen. Man ist flexibel bei Beschäftigungsverhältnissen, es gibt aber eine gewisse Starrheit in Österreich, was die Familienarbeit betrifft. Ein Problem sind natürlich die Fehlsteuerungen von arbeitsmarktpolitischen Förderungsmaßnahmen.

In Zukunft erhoffe ich mir mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie, dass bei Arbeitszeitmodellen familienpolitische Aspekte vermehrt einfließen und berücksichtigt wird, dass Frauen bei der Kinderbetreuung besonders geholfen werden muss. Es soll den Frauen mehr Wahlfreiheit gewährleistet werden, wie zum Beispiel durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks oder eines Erziehungsgeldes für Frauen. Verstärkte Wiedereinstiegshilfen müssen gefunden, gezielt eingesetzt und den Frauen angeboten werden. Die Anregungen des Rechnungshofes, die in diesem Tätigkeitsbericht vorkommen, sind ernst zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Gabriele Binder ist die nächste Rednerin. – Bitte.

17.12

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Thema Arbeitsmarktservice und Chancen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt widmen. Der Rechnungshof stellt fest: In Anbetracht der besonderen Problemlagen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und im Vergleich zu den Männern höheren Arbeitslosenrate waren diese Förderungen – auch laut Rechungshof – zweckmäßig und sinnvoll.

Worin, meine Damen und Herren, unterscheidet sich die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt von jener der Männer? Drei markante Hindernisse, die ausschließlich Frauen betreffen, sind festzustellen: niedriges Qualifikationsniveau, mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten und fehlende Mobilität. Dazu kommen noch die erzielten niedrigeren Einkommen und die geringeren Aufstiegschancen für Frauen.

Dem AMS ist zu danken für das Engagement und die Förderung von Projekten für Frauen, für jene, die schwer vermittelbar sind, und vor allen Dingen auch für die Wiedereinsteigerinnen. Im ganzen Land gibt es funktionierende Mädchen- und Frauenprojekte, die äußerst bemüht und engagiert arbeiten. Hervorragende Ideen und Pläne im Sinne der betroffenen Gruppen konnten


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umgesetzt werden. Laut Aussage von Minister Bartenstein werden durch Umschichtung im Budget die Förderungen für diese Projekte auch in Zukunft gewährleistet sein. Versprochene Verbindlichkeiten werden umgehend ausbezahlt. Ich hoffe, die Verantwortlichen dieser Projekte können auf das Wort von Minister Bartenstein vertrauen.

Nachdenklicher und besorgter stimmen mich aber jene Aussagen, dass zusätzliche, sprich: neue Ausgaben oder neue Aufgaben nicht mehr möglich sind. Die Projekte werden überprüft, evaluiert und auf ihre Sinnhaftigkeit und ihre Effizienz durchleuchtet. In Anbetracht des Rechnungshofberichtes, meine Damen und Herren, erscheint es mir aber mehr als notwendig, diese Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekte weiterzuführen und auszubauen. Denn nur so haben gerade jene Frauen mit besonderen individuellen Problemen eine Chance, eine Chance, die mehr als fair ist.

Ein weiterer Problembereich ist die Kinderbetreuung. Das AMS wird sich – auch wieder laut Aussage Minister Bartensteins in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses – wegen Geldknappheit aus diesem Problemfeld zurückziehen. Kollege Dolinschek, Sie haben die Problematik der Frauen beklagt: Eine der Lösungen wäre die starke Beteiligung auch der Väter und Männer an der Kinderbetreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Minister Bartenstein meinte auch, dass es hinsichtlich der Kinderbetreuung bei der geltenden Kompetenzlage der Länder und Gemeinden bleiben wird. Im Familienausschuss sprach Frau Ministerin Sickl wiederum von rund 133 Millionen Schilling, die sie für neue Einrichtungen zur Verfügung stellen wird. Ich meine, es ist nach wie vor ein Tropfen auf den heißen Stein.

Kleinkindbetreuung und Schulkindbetreuung weisen noch immer große Lücken in Österreich auf. Vereinbarkeit von Beruf und Familie steht und fällt mit qualifizierten Kinderbetreuungseinrichtungen. Meiner Meinung nach ist es deshalb unbedingt notwendig, ein bundeseinheitliches Rahmengesetz für qualifizierte Kinderbetreuung zu schaffen. Kinder in Österreich und auch ihre Eltern haben ein Recht darauf. Ich meine, wir dürfen Kinder und Eltern und vor allen Dingen die Frauen bei der Bewältigung dieses Problems nicht alleine lassen (Beifall bei der SPÖ), denn da geht es um faire Chancen, unabhängig davon, in welchem Bundesland man lebt, unabhängig von der jeweiligen Brieftasche.

Meine Damen und Herren! Wenn der Slogan der Wirtschaft "Mehr privat, weniger Staat!" lautet und das auch das Konzept der Bundesregierung ist und wenn bei der Familienförderung "mehr Staat, weniger privat" gefordert wird, so muss auch bei der Kinderbetreuung das Motto "Mehr Staat und weniger privat!" Gültigkeit haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurückkommend auf den Rechnungshofbericht und die Kritikpunkte in Bezug auf die Frauenreferentinnen innerhalb des AMS. Vor allem die fehlende Zeit in diesem Personenkreis wurde kritisiert. In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, möchte ich gerne einen Satz aus einem "Standard"-Artikel von Professor Sieglinde Rosenberger zitieren: Die Logik des auf Repräsentativem basierenden politischen Systems impliziert, dass Interessen Sprecher und Orte brauchen, um zu einem öffentlichen Thema zu werden. – Zitatende.

Ich glaube, nein, wir wissen es: Die Österreicherinnen haben durch die Abschaffung des Frauenministeriums diese Stimmen und diese Orte verloren. Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass der Leiter des AMS, Dr. Buchinger, dem Stellenwert der Frauenreferentinnen innerhalb seiner Einrichtungen in Zukunft noch mehr Augenmerk schenken wird, diese verstärkt einsetzen und ihnen auch mehr Zeit zur Verfügung stellen wird.

Alles in allem unterstreicht der Rechnungshofbericht die Notwendigkeit der Förderungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Die neue Regierung wird tatsächlich an ihren Taten und deren Auswirkungen gemessen werden. Ich hoffe, dass auch weiterhin Frauen eine Chance und die notwendige Unterstützung erhalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.


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17.19

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Plank hat sich vorhin in ihren Ausführungen über den Truppenübungsplatz Seetaler Alpe in eine bestimmte Richtung verrannt, und ich würde gerne einige aufklärende Worte dazu beitragen. Vielleicht versteht sie dann, warum gewisse Sachen notwendig sind.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass dieser Bericht des Rechnungshofes, wie es eigentlich fast immer bei den Berichten des Rechnungshofes der Fall ist, in seinen Grundzügen richtig ist, dass eine Überprüfung in verschiedenen Bereichen notwendig ist und auch erfolgt ist.

Der Rechnungshof hat die nicht ausreichende Nutzung des Übungsplatzes kritisiert, ebenso ein nicht ausreichendes Controlling. Weiters hat er Mängel in der sanitätsärztlichen Betreuung und auch die mangelhafte Erhebung des ökologischen Zustandes des Übungsplatzes kritisiert. Diese Kritik hat zum damaligen Zeitpunkt weitgehend der Wirklichkeit entsprochen. Die Situation sieht aber jetzt etwas anders aus.

Warum sieht sie anders aus? – Zunächst einmal auf Grund der Auslandseinsätze, die Frau Kollegin Plank angesprochen hat. Nicht Gott sei Dank wird deswegen der Übungsplatz benützt, sondern die zunehmenden Auslandseinsätze, zu denen wir uns nicht zuletzt auch zu einer Zeit, als Sie von der SPÖ den Kanzler gestellt haben, bekannt haben, verlangen eine entsprechende zielgerichtete Ausbildung des Bundesheeres, die etwas anders erfolgt als früher. Und gerade dieser Übungsplatz wird für die Zusammenstellung von Kontingenten verwendet. Dadurch sieht die Auslastung dieses Übungsplatzes etwas anders aus.

Weiters hat sich – und das wurde auch bei den Vorbesprechungen gesagt; die Frau Kollegin hat es anscheinend bewusst oder unbewusst vergessen – durch die Aufgabenstellung an das Bundesheer etwas geändert: Früher erfolgten die meisten Übungen im freien Gelände, in jenen Räumen, in denen Verbände des Bundesheeres zur Verteidigung vorgesehen waren und die daher das dortige Gelände kennen sollten.

Jetzt geht es – gerade im Hinblick auf Auslandseinsätze und so weiter – nicht darum, in den Räumen zu üben, sondern die Sachen zu üben, die man braucht, die man dringend benötigt, und gerade ein Gebirgs- oder Hochgebirgsübungsplatz ist in diesem Bereich sehr wichtig und sehr wertvoll. Ein alpiner Übungsplatz, der zwar nicht das ganze Jahr über genutzt werden kann – das ist gar keine Frage; denken Sie nur an die Lawinengefahr, die auch für Teile der Seetaler Alm zutrifft –, muss aber trotzdem vorhanden sein, weil eben bestimmte Dinge dort geübt werden müssen, auch wenn damit keine ganzjährige Auslastung erfolgt.

Zum Controlling: Das ist der einzige Punkt, bei dem ich mit dem Rechnungshof nicht ganz übereinstimme, denn der Ansatz, der gewählt wurde, nämlich nach Nächtigungszahlen zu rechnen, ob ein Übungsplatz ausgenützt wird, ist nicht ganz richtig. Ich habe das auch schon im Ausschuss zur Sprache gebracht. Es gibt nämlich nicht nur Nächtigungen, sondern – ich sage das jetzt im Jargon des Fremdenverkehrs – auch Tagesgäste, die einen Übungsplatz ausnützen. Es gibt sogar solche Soldaten, die den Übungsplatz brauchen und ihn gar nicht betreten. Ich denke da etwa an folgendes Beispiel: Wenn die Artillerie von außerhalb des Übungsplatzes in den Übungsplatz hineinschießt, dann werden Teile des Geländes gesperrt, obwohl dort überhaupt niemand drinnen ist.

Es ist ohnehin sehr problematisch, nach Gesichtspunkten zu messen wie zum Beispiel Soldaten pro Quadratkilometer oder Ähnliches mehr. Nehmen wir nur einen Jägerverband als Beispiel, der beispielsweise Verteidigung übt. Der kommt mit einem Quadratkilometer aus, aber es sind 150, 160 oder mehr Leute dort beschäftigt. Eine Jagdpanzerkompanie braucht vielleicht 10 oder 12 oder mehr Quadratkilometer, umfasst aber nur 40 bis 50 Leute.

Der einzige, unter Berücksichtigung der militärischen Verhältnisse wirklich messbare Punkt für die Belegung eines Übungsplatzes ist ein Blick auf den Übungskalender – und den gibt es ja, insofern gibt und gab es schon in der Vergangenheit ein Controlling –, der Auskunft gibt über die


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Stärke der Belegung mit Einheiten in diesem Bereich, und nichts anders. – So weit zur Frage des Controllings.

Zur sanitätsdienstlichen Versorgung ist zu sagen, dass empfohlen wird, beim Scharfschießen mit Waffen ständig einen Notarztdienst einzurichten. Das kann zum Teil auch mit Hubschraubern wahrgenommen werden. Die Kritik an der Situation betreffend Notarztdienst ist also nur eingeschränkt berechtigt. Mir fehlt jetzt die Zeit, hier ausführlich darauf einzugehen. Ein Arzt, der dort ständig Dienst versehen würde, ist schwer zu finden, weil er dort wirklich nicht ausgelastet wäre, Gott sei Dank nicht ausgelastet wäre, und damit wäre das auch eine sehr unbefriedigende Tätigkeit.

Der Rechnungshof schlägt drei Möglichkeiten vor. Der Minister hat sich zur letzten Möglichkeit, nämlich zur Beibehaltung, zum Ausbau und zur stärken Nützung des Übungsplatzes bekannt. Das wird in weiterer Folge geschehen, und ich sehe damit die notwendigen Konsequenzen aus dem Bericht gezogen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auf nicht ganz fünf Seiten beschäftigt sich der Rechnungshof im gegenständlichen Bericht mit der Bekämpfung der Umweltkriminalität. Mehr ist wahrscheinlich dazu nicht notwendig, denn es sind ja nur 48 Beamte hievon betroffen, und von diesen 48 Beamten beschäftigen sich, wie aus dem Bericht hervorgeht, wieder nur 20 ausschließlich damit.

Es geht aus dem Bericht ganz klar und eindeutig hervor, dass es da eine personelle Unterbesetzung gibt, aber auch eine materielle Unterbesetzung, könnte man sagen, denn es werden auch Schulungs- und Ausbildungsdefizite und eine sehr geringe Koordination der Zusammenarbeit der zuständigen ressortfremden Stellen festgestellt.

Die Neuorganisation und eine bessere Ausstattung sind notwendig, sind ein Gebot der Stunde, bedenkt man nur die eine Zahl, die der Herr Präsident des Rechnungshofes im Zuge der Ausführungen genannt hat: 280 000 Tonnen Sondermüll verschwinden in Österreich. Oder ein anderer Hinweis – in der gestrigen "Kronen Zeitung" haben Sie es vielleicht gelesen –: Am vergangenen Wochenende wurden in Suben acht LKW mit gefährlichsten Stoffen, so genannte rollende Bomben, aus dem Verkehr gezogen, weil festgestellt wurde, dass sie den technischen Anforderungen nicht entsprechen. Außerdem wurden noch verschiedene andere Delikte festgestellt. Es besteht also die dringende Notwendigkeit, dass es da zu Veränderungen beziehungsweise zu Verbesserungen kommt.

Frau Kollegin Lentsch möchte ich sagen, dass ich mich daran erinnern kann, dass im Rechnungshofausschuss Herr Bundesminister Strasser gemeint hat, er danke seinem Vorgänger dafür, dass er die Neuorganisation des Kriminaldienstes noch auf den Weg gebracht hat. Also es ist nicht so, dass da so viel unerledigt geblieben ist.

Im Bericht kommt leider die Art und Weise, wie sich denn diese Umweltkriminalitätsfälle darstellen, nicht zur Sprache. Es steht lediglich zu lesen, dass die schweren Formen der Umweltkriminalität im wirtschaftlichen Umfeld von Gewerbe- und Industriebetrieben vorkommen. Ich wagte im Ausschuss einen Hinweis darauf, dass es auch unter den Landwirten so genannte schwarze Schafe gibt, und das hat zu heftigsten Reaktionen der Vertreter der Landwirte geführt. Heute hat es Herr Abgeordneter Steindl noch auf den Punkt gebracht und mich einen Klassenkämpfer genannt.

Ich fühle mich da in guter Gesellschaft, meine Damen und Herren, denn es hat dies auch der Agrarreferent der oberösterreichischen Landesregierung festgestellt, nämlich Landeshauptmann Pühringer. Er hat anlässlich einen Atrazin-Gipfels, der jetzt, nach fünf Jahren, in Oberösterreich


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notwendig geworden ist, festgestellt, dass es da schwarze Schafe gibt. Ich glaube, dass Herr Landeshauptmann Pühringer doch über jeden Verdacht des Klassenkampfes erhaben ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass auch die Institution des Umweltbundesamtes über diesen Verdacht erhaben ist. Auf der Homepage des Umweltbundesamtes steht ganz klar zu lesen, dass Atrazin immer noch verwendet wird, obwohl dessen Einsatz seit 1995 verboten ist, weil es ein billiges und effizientes Pestizid vorwiegend im Maisanbau ist. (Abg. Schwarzenberger: Aber auch bei den Bahnböschungen wird es vielfach verwendet!) Dies bestätigen alle anderen derartigen Untersuchungen, auch jene Untersuchung, die im ersten Wassersanierungsgebiet vorgenommen wurde.

Herr Schwarzenberger! Es ist die Zeit leider zu kurz, darauf noch näher einzugehen. (Abg. Schwarzenberger: Es ist nachgewiesen, dass die Österreichischen Bundesbahnen das meiste Atrazin verwenden!)

Auch die illegal importieren Pestizide finden im Bericht des Umweltbundesamtes Erwähnung. Es werden darin verstärkte Grenzkontrollen und eine stichprobenartige Überprüfung der Höfe und der Maiskulturen vorgeschlagen. Was macht der Präsident der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftkammern Österreichs? – Er macht eine Presseaussendung, und in dieser sagt er, dass manche SPÖ-Abgeordnete klassenkämpferische Töne anschlügen, und er unterstellt uns, dass wir die Bauern zu Umweltkriminellen machen. – Das möchte ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

In dieser Presseaussendung, meine Damen und Herren, steht aber noch viel Ärgeres drinnen. Da werden Leute des Umwelt- und Tierschutzbereiches, Aktivisten aus diesem Bereich pauschal als Einbrecher, Diebe und Brandstifter bezeichnet, und das ist wohl der Gipfel der Frechheit! Auch das ist mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Unerhört!)

Wir, die "manchen SPÖ-Abgeordneten", wissen sehr genau, dass die große Mehrheit der Bauern, vor allem die kleineren und mittleren Landwirte, die Biobauern, sehr umweltbewusst handeln. Es genügen einige wenige schwarze Schafe, die mit ihren umweltkriminellen Handlungen der Allgemeinheit großen Schaden zufügen, aber auch ihren Kollegen durch diesen unlauteren Wettbewerb, der dadurch stattfindet. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn es Klassenkampf ist, dagegen vorzugehen und diese Dinge aufzuzeigen, dann, Herr Präsident Schwarzböck – er hört mich leider nicht –, bin ich gerne Klassenkämpfer. (Beifall bei der SPÖ.)

17.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

17.30

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst auf die Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen beziehungsweise auf die Prüfungsergebnisse zu sprechen kommen. Schon im Ausschuss habe ich mich dafür bedankt, Herr Präsident, dass Sie der künftigen Regierung in diesem Bereich eine Handhabe gegeben haben, wie man auf einem ökonomischen plus sportpolitischen Weg eine Lösung dieses alten Problems der Bundessporteinrichtungen finden kann. Sie schreiben – ich zitiere –:

"Zwar war die Ausgliederung insgesamt positiv zu bewerten, doch standen bei der Erstellung des Ausgliederungskonzeptes sportpolitische Zielsetzungen und die Aufrechterhaltung des bisherigen Gesamtangebotes und der bisherigen Förderungstarife im Vordergrund. Eine Strukturierung des Gesamtangebotes nach ökonomischen Gesichtspunkten unterblieb; dies wäre aber für die Erreichung des erwarteten Einsparungspotentials von 48 Millionen Schilling unabdingbar."


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Dieser zweite Satz, dass man nicht primär ökonomische Gesichtspunkte untersucht hat, wird auch durch das, was zu Beginn dieser Debatte von Herrn Kollegen Kräuter und von Herrn Präsidenten Brix hier eingewendet und den Freiheitlichen unterstellt wurde, unterstrichen: Ihr wolltet das ja nur "verscherbeln", ihr habt ja keine sportpolitische Sichtweise, die man nachvollziehen kann. (Zwischenrufe der Abgeordneten Brix und Dr. Kräuter. )

Lieber Kollege Kräuter! Ich habe Ihnen versprochen, dass ich es Ihnen, wenn ich hier zum Rednerpult komme, erklären werde. Versuchen Sie einmal zuzuhören! Damals ist nichts anderes passiert, als dass, nachdem dieses Ausgliederungsmodell ins Stocken geraten ist – das war im Jahre 1992; Sie wissen ja, wie es mit dem gescheiterten Gesundheitsminister angefangen hat, der sich dann seine politischen Lorbeeren in Kärnten geholt hat; wie das mit dem Herrn Ausserwinkler ausgegangen ist, das wissen wir auch –, dieses Thema von Herrn Ausserwinkler zumindest angerissen wurde. Dann ist drei Jahre lang nichts passiert. Schließlich hat man versucht, Einzelteile der Bundessporteinrichtungen auszugliedern, aber letztendlich ist dieses System gescheitert.

Dann haben wir versucht, uns mit unserer Forderung nach Privatisierung – und jetzt lernen Sie den Unterschied zwischen dem, was man allgemein unter Privatisieren versteht, und dem, was Sie mit staatlicher Rückhaltung praktizieren; versuchen Sie das einmal! –, durchzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Letztlich hat man ja privatisiert, meine Herrschaften – zwar nur halbherzig, aber, wie der Rechnungshofbericht zeigt, in der richtigen Richtung. Dies erfolgte zwar nicht vollständig, aber jedenfalls hat man privatisiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. ) Herr Dr. Kräuter! Man hat privatisiert, man hat ausgegliedert, und man ist in die richtige Richtung unterwegs. Da gab es einen langen Lernprozess.

Sie haben mir vorgeworfen, dass wir, während Sie sich den Kopf darüber zerbrochen haben, wie man diese Einrichtungen retten beziehungsweise ökonomisieren kann, populistisch "herumgemault" oder was immer getan haben.

Ich darf Ihnen zu dieser Infora-Studie, die die Basis darstellt, sagen: Es ist mir als Oppositions-politiker in zwei Jahren nicht gelungen, in diese Studie über das Haus des Sports Einsicht zu bekommen, obwohl ich das ehrliche Versprechen abgegeben habe, dass nur ich sie lesen werde und meinen Beitrag leisten will. – Nicht einmal hineinschauen durfte man bei dieser "eifersüchtigsten" Form von Verwaltung!

Man konnte Ihnen gar nicht helfen, aber man konnte über den Umweg eines Sportausschusses, den letztlich ja auch die Freiheitlichen urgiert, durchgesetzt und dann auch entsprechend fachlich besetzt haben, ein bisschen etwas weiter betreiben.

Der Status ist folgender – und auch da bitte ich Sie, diesen Bericht ganz genau zu lesen –: Wir sind mit dieser Ausgliederung nicht fertig, wir sind mit dieser Privatisierung nicht fertig. Die Bundessportheime, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sind Einzelschicksale. Es wurde über Jahre versucht, hier nach einem bestimmten Strickmuster – von der Preisbestimmung bis zur Verwaltung – alles vorzugeben. Auch über die Besetzung hat man natürlich politisch Einflussnahme ausgeübt. Nur: Inzwischen weiß man, dass es neun verschiedene Heime sind, jedes mit einem anderen Schwerpunkt: leistungssportlich, breitensportlich, urlaubsmäßig. Da kann man auch die Tarife unterschiedlich gestalten. Es wird übermorgen eine Heimleiterkonferenz geben, bei welcher man sich gerade über dieses Thema intensiv unterhalten wird, aber bitte unterlassen Sie Ihre Einflüstereien, unterlassen Sie Ihr Einsagen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. )

Herr Kräuter! Hätten Sie es rechtzeitig bleiben lassen mit Ihrem marktwirtschaftlichen Horizont der "Konsum"-Verwaltung! (Abg. Edler : Hallo!) Hätten Sie es bleiben lassen, dann wäre es schneller gelungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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16. Sitzung / Seite 104

Herr Brix! Weil Sie unseren Vorschlag, der jetzt umgesetzt wurde, "verscherbeln" nennen: Ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie auf anderer Ebene als Präsident – und ich kenne Ihr Sport-Herz, ich sage das hier ganz offen, ich weiß, was Sie für den Sport tun – ein Übriges tun.

Gestern konnte man folgende Schlagzeile lesen: "Wieder Sport-Boykott." "Gérard Harveng, Sprecher des belgischen Verteidigungsministers, gab am Freitag bekannt, dass sein Land an der am Dienstag beginnenden Militär-WM in Saalfelden, Leogang und Hochfilzen nicht teilnehmen werde." – "Es ist eine der Maßnahmen, die wir getroffen haben, um Österreich zu isolieren."

Herr Präsident! Nützen Sie einmal Ihre Einfluss ...(Abg. Brix: Die österreichischen Schwimmer starten bei den französischen ...-Meisterschaften!) – Sie lassen mich nicht ausreden, Herr Präsident. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix. ) Sie lassen mich nicht ausreden! Ich wollte gerade sagen, dass im Schwimmsektor Ihr Vorgehen beispielgebend ist – Ehre, wem Ehre gebührt! –, aber, bitte schön, machen Sie auch dort Ihren Einfluss geltend, denn Sie haben vom Schwimmverband aus ja genügend Möglichkeiten dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Sport sollte hier jenen Schulterschluss zustande bringen, den die übrige Politik nicht zustande bringt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

17.36

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Es wurde heute wiederholt gesagt, dass der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das Verwaltungsjahr 1998 eine sehr grundsätzliche, fundierte, verständliche Darstellung ist. – Ich möchte das auch betonen. Ich glaube, dass grundsätzlich auch im Rechnungshofausschuss eine zwar sehr kritische, aber durchaus sachliche Diskussion stattgefunden hat.

Nur, was wir als Opposition zu bemängeln haben – das ist unser gutes Recht, und ich möchte das betonen –, ist Folgendes: Es ist verständlich, dass ein Minister, der einen Staatssekretär hat – nicht jeder hat einen solchen –, sich vertreten lassen kann, aber es ist eine Gepflogenheit – auch für das Parlament gilt das –, dass sich der Minister, wenn er verhindert ist, entschuldigt. In der Ausschusssitzung war für die Debatte über den Nullkuponfonds das Kommen des Finanzministers Grasser zugesagt, er kam jedoch nicht. Sein Nichterscheinen wurde zwar begründet, er hat sich aber nicht entschuldigt. Vertreten wurde er von Staatssekretär Dr. Finz. Hinsichtlich Dr. Finz gab es dann allerdings eine Diskussion, wie weit er als früherer Beamter des Rechnungshofes damit zu tun gehabt hat und ob er befangen ist oder nicht. Wir haben uns aufklären lassen, dass er da praktisch nur einige Aufträge gegeben hat, und wir haben das ausdiskutiert.

Dass dieser Nullkuponfonds übergeordnet solch ein große Rolle gespielt hat, ist ja interessant. Da gibt es doch andere, wesentlichere Punkte. So hat Kollege Brix beispielsweise einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Alpen Straßen AG eingebracht. Da gibt es mehrere Ungereimtheiten. Doch da sind die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ ruhig. Wir haben das ja in den vergangenen Jahren schon einige Male diskutiert. Da haben Sie immer wieder Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen eingebracht, et cetera et cetera. (Abg. Haigermoser: Ihr habt das niedergestimmt!) Jetzt halten Sie sich jedoch zurück.

Sie haben sich gewendet: Sie sind jetzt Regierungspartei, Sie wollen nicht mehr die Kontrolle ausüben! – Wir nehmen das zur Kenntnis, wir übernehmen das gerne. Aber Sie können heute einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses noch zustimmen.

Nun komme ich zurück zum Nullkuponfonds. Dieser wurde im Jahre 1986 gegründet – eine gute Entscheidung; das ist auch von Seiten des Rechnungshofes bestätigt worden –, und 1997 kam die Entscheidung – Kollege Faul hat das betont –, dass dieser auf Grund der EU-Normen aufgelassen werden muss. (Abg. Mag. Trattner: Nein! Das stimmt nicht! Es gibt keine Notwendigkeit!)


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Jetzt geht es um eine sachliche Diskussion, meine Damen und Herren, und es war unseriös, Kollege Trattner, was Sie vorgebracht haben. Sie wollten damit den erfolgreichen Ex-Finanzminister Edlinger nur anschütten. (Abg. Mag. Trattner: Erfolgreich war er nicht! Ein Desaster hat er hinterlassen! 109 Milliarden Schilling Defizit!) – Erfolgreich war er!

Wenn der neue Finanzminister, der heute seine erste Budgetrede gehalten hat, in welcher er festgestellt hat, Österreich habe den besten Wirtschaftsstandort, die besten Wirtschaftsdaten, die besten Sozialstandards, die besten Umweltstandards, fair gewesen wäre – es wäre ein Fair Play gewesen –, dann hätte er auch darauf hingewiesen, dass das auch ein Verdienst – zumindest zum Teil; es war eine Koalitionsregierung mit der ÖVP – des Finanzministers Edlinger war. (Abg. Mag. Trattner: Er hätte sich selbst zu Wort melden können!)

Aber Sie wollen die SPÖ nur anschütten. Wir kennen das, meine Damen und Herren. Wir werden damit entsprechend umgehen, aber Sie müssen vorsichtig sein, besonders Sie von der FPÖ, denn die steirischen Wahlergebnisse haben ganz klar und deutlich gezeigt, dass die von Ihnen – oder von Ihrem Noch-Parteiobmann Haider – immer wieder angesprochenen kleinen Leute in den Industriestandorten (Abg. Mag. Trattner: Wir haben dort die meisten Mandate gewonnen! Das wissen Sie genau!), die Arbeiterin und der Arbeiter, die "kleine" Angestellte und der "kleine" Angestellte, zu uns, zur SPÖ wieder zurückkommen. Das, meine Damen und Herren, müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden eine sachliche, verantwortungsvolle Oppositionspolitik betreiben. Wir werden aufzeigen, welche Fehler diese Regierung macht, und sie macht genug Fehler. Sie machen beispielsweise den Fehler, dass Sie dem kleinen Mann beziehungsweise der kleinen Frau das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Sie wollen praktisch eine Umverteilung durchführen. (Abg. Mag. Trattner: Geben Sie ein Beispiel!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss kommen. Ich hoffe, dass die Forderungen des Rechnungshofes Anlass dazu sind, das konsequent umzusetzen. Blau-Schwarz ist gut beraten, keine Politik des Drüberfahrens zu betreiben, wie es teilweise im Rechnungshofausschuss durchgeklungen ist (Ruf bei den Freiheitlichen: Jessas, Maria! – Abg. Haigermoser: Hahaha!), sondern eine Politik des Dialoges zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Das sagt er ! – Abg. Haigermoser: Das ist ja ungeheuerlich! – Abg. Schwarzenberger: Der SPÖ geht es wie dem Zauberlehrling: Die Geister, die ich rief, die werd’ ich nicht mehr los!)

17.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Zierler. – Bitte.

17.41

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes 1998: Der Rechnungshof überprüfte im Oktober und November 1998 die Gebarung des Arbeitsmarktservices hinsichtlich Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen von Frauen auf den Arbeitsmarkt. Zahlen, Daten, Fakten wurden bereits von meinem Kollegen Dolinschek genannt.

Die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt unterschied sich erheblich von jener der Männer. Im Durchschnitt wiesen Frauen ein niedrigeres Qualifikationsniveau auf, erzielten niedrigere Einkommen und hatten geringere Aufstiegsmöglichkeiten. Zur Benachteiligung der Frauen im Erwerbsleben trugen gleichfalls der segmentierte Arbeitsmarkt, insbesondere die Konzentration der Frauen auf wenige Berufe und auch geringe Mobilität bei – besondere Hindernisse für Frauen mit Kinderbetreuungspflichten.

Budgetpolitik, Frauenpolitik und sozialdemokratische Politik sind, wenn sie aufeinander treffen, offensichtlich unvereinbar. So hat es auf jeden Fall die Vergangenheit gezeigt. Wir stehen heute vor den Ruinen Ihrer Politik. Das zieht sich durch all jene Bereiche, für die die Sozialdemokraten in der Vergangenheit federführend gezeichnet haben. Die Budgetpolitik und die Frauenpolitik etwa stehen heute da wie von der Moderne überholte Bauwerke des "sozialistischen Realismus". Sie haben die Zeichen der Zeit leider nicht erkannt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Als Ausrede wird von Ihnen gerne das Argument herangezogen, dass in der Vergangenheit die Frauenpolitik in Österreich mit zu wenig finanziellen Mitteln ausgestattet gewesen wäre, um die großen anstehenden Probleme, wie Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach der Karenz oder gleiches Geld für gleiche Arbeit, zu lösen.

Aber ich frage mich eigentlich schon: Was hält die SPÖ vom gleichen Lohn für gleiche Arbeit in den eigenen Reihen? Wie ich hörte, verdienen die beiden neuen SPÖ-Bundesgeschäftsführerinnen Bures und Kuntzl zusammen nicht einmal so viel, wie ihr männlicher Vorgänger Rudas alleine verdiente. (Abg. Haigermoser: Geh!) Eine interessante Information! (Abg. Haigermoser: Halbe/halbe!) Dies ist aber nicht deshalb so, weil sie sich vielleicht mit den Menschen in Österreich solidarisch erklären und wie die Freiheitlichen auf einen Teil des Einkommens verzichten, sondern die beiden Damen bekommen es schlichtweg nicht. Noch einmal an die Adresse der SPÖ: Wie ist es mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit? – So viel zur Gleichberechtigung in der SPÖ. (Abg. Dr. Martin Graf: Der Rudas war überbezahlt!)

Höhere Frauenbeschäftigungsquoten und niedrigere Frauenarbeitslosenzahlen hätten auch erkämpft werden können, wenn die ehemalige Sozialministerin Hostasch im Rahmen der Arbeitsmarktförderung der Frauenpolitik mehr Priorität eingeräumt hätte. Wie Sie wissen – so nehme ich an –, verfolgt das AMS zwei primäre Ziele: Erstens soll die Dauer der Sucharbeitslosigkeit verkürzt werden – das ist gut so und volkswirtschaftlich unverzichtbar –, zweitens sollen die verschiedenen Gruppen von Betroffenen – egal, welcher sozialen Schicht sie angehören, egal, in welcher Region sie leben, egal, welchen Beruf sie erlernt haben, und egal, welchem Geschlecht sie angehören – gleich niedrige Zahlen von Arbeitslosen aufweisen, um den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft nicht ins Wanken zu bringen. Dem AMS werden hierfür beträchtliche finanzielle Mittel in Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt und nicht nur ein paar lächerliche Millionen, die etwa die ehemalige Ressortchefin Prammer als Ministerin im Bundeskanzleramt zu verteilen hatte.

Deshalb sage ich Ihnen: Auch in diesem Bereich haben Sie die Möglichkeiten nicht genutzt, der Sache der Frauen zu dienen, auch in diesem Bereich haben Sie lediglich versucht, der Sache der SPÖ zur Manifestierung der Macht in diesem Staat zu dienen. Aber beides, meine Damen und Herren, ist Ihnen nicht gelungen. (Abg. Schwemlein: Wow!) Ich versichere Ihnen, dass angesichts der Leistungen in der Vergangenheit die Frauenpolitik dieser Bundesregierung sicherlich reaktionärer wird (Abg. Schwemlein: Kann man Ihre Versicherung auch ablehnen?), als das bisher der Fall war (Beifall bei den Freiheitlichen), denn die FPÖ und die ÖVP vertreten nicht nur einen Teil der Frauen, sondern alle Frauen, die in Österreich leben. (Abg. Schwemlein: Das glaube ich nicht!)

Ein Wort noch zum Abschluss an Sie, Frau Mag. Prammer: Auch wenn Sie mich schriftlich darum anflehen, dass ich Sie mit der freiheitlichen Frauenpolitik verschonen soll: Das werde ich nicht tun! Aber Sie werden lernen müssen, mit der freiheitlichen Regierungspartei zu leben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An und für sich hatte ich die Absicht, im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechnungshofbericht den Prüfbericht für das Landesgendarmeriekommando Salzburg kurz zu erwähnen. Ich werde das auch tun, mich dann aber trotzdem mit der Sportmaterie befassen, weil zwei meiner Vorredner aus der freiheitlichen Fraktion in dieser Debatte hier Bemerkungen gemacht haben, die so nicht im Raum stehen bleiben können.

Aber zunächst einmal zum Bericht über das Landesgendarmeriekommando für Salzburg. Hier gilt es einmal festzuhalten, dass bereits mit 1. Jänner 1995 der damalige Innenminister Franz Löschnak eine sehr umfangreiche Reform der österreichischen Bundesgendarmerie eingeleitet hat, die mit diesem Tag, mit 1. Jänner 1995, in Kraft getreten ist.


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Auf Grund dieser Reform kam es zur Auflösung der Abteilungskommanden, es gab Zusammenlegungen von einzelnen Gendarmeriedienststellen, vor allen Dingen im Osten Österreichs, was nicht überall mit Begeisterung aufgenommen wurde – ich darf da nur an die Aktionen einiger Landeshauptleute erinnern, die keine Freude damit hatten, dass Gendarmeriedienststellen zusammengelegt worden sind –, weiters wurden die Bezirksleitzentralen mit einem neuen Sektorenstreifensystem eingerichtet, und es wurde in diese Reform auch eine neue Dienstzeitregelung für die Beamten mit eingebaut, was auch nicht überall mit Begeisterung aufgenommen wurde.

Der Rechnungshof hat in seiner Prüfung beim Landesgendarmeriekommando für Salzburg eigentlich genau die Auswirkungen dieser Reformmaßnahmen, wie sie von Löschnak eingeführt worden sind, geprüft. Ich muss schon sagen, dass es mich mit Stolz erfüllt, dass der Rechnungshof in seinem Prüfbericht über den Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg keine Kritik geübt hat. Er hat Anregungen gemacht, was man auf Grund jahrelanger Erfahrungen im Vollzug dieser Reform besser machen kann. Manches ist bereits in diese Richtung geschehen. Es ist im Rechnungshofausschuss vom neuen Innenminister, von Dr. Strasser, anerkannt worden, dass diese Reform sinnvoll ist, dass sie notwendig war und dass sie die Bundesgendarmerie einen wichtigen Schritt zu einer besseren Situation bei der Bekämpfung der Kriminalität geführt hat.

Ich sage das deswegen sehr bewusst, weil Frau Kollegin Lentsch, die allerdings heute ihre Jungfernrede gehalten hat, gemeint hat, der Vorgänger von Herrn Strasser hätte einen gewaltigen Rückstau im Ministerium hinterlassen, den es nun aufzuarbeiten gilt. So ist es ganz sicher nicht! Auch der neue Innenminister hat das bestätigt. Wäre Frau Lentsch auch noch Mitglied des Innenausschusses, dann hätte sie vorige Woche gehört, dass es allgemeines Lob, Lob von allen Fraktionen, auch vom neuen Innenminister, für seinen Vorgänger gab, dass er gute Arbeit für die Sicherheit unseres Landes geleistet hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei Neulingen darf man nicht zu nachtragend sein – das war die Jungfernrede –, sie können das Wissen noch nicht haben.

Meine Damen und Herren! Aber nun zu den Ausführungen der Abgeordneten Schweitzer und Grollitsch, die sich mit dem Prüfbericht über die Ausgliederung der Bundessporteinrichtungen und mit Sportfragen im Allgemeinen beschäftigt haben. Ich möchte zunächst einmal sagen, dass die Reden dieser beiden Abgeordneten wirklich eine gefährliche Drohung und ein Anschlag auf den österreichischen Sport gewesen sind. Anders kann ich das nicht werten.

Meine Damen und Herren! Was bedeutet es denn, wenn etwa Herr Abgeordneter Schweitzer meint, dass man im Haus des Sports – wo immerhin die Gruppe Sport des Bundeskanzleramtes, die Bundessportorganisation, das Österreichische Olympische Comité, das Österreichische Institut für Schul- und Sportstättenbau untergebracht sind und vierzehn Fach- und Landessportverbände ihr Zuhause haben – marktgerechte Mieten erzielen müsste? – Wenn man das täte, dann gäbe es diese Einrichtungen nicht, und ich vergleiche hier durchaus auch mit anderen Einrichtungen des Bundes.

Das würde bedeuten, dass diese Organisationen, die Einrichtungen des Staates sind – wie die BSO, das Österreichische Olympische Comité und das Institut für Schul- und Sportstättenbau; das sind Einrichtungen unserer Republik –, in ihrem eigenen Haus höhere beziehungsweise hohe Mieten zahlen müssten, wenn es nach der Meinung des Abgeordneten Schweitzer ginge. Das ist wirklich ein Anschlag auf den Sport und auf die Sportdach- und -fachverbände in unserem Land! Wir werden das den Sportlerinnen und Sportlern auch sagen.

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat auch gemeint, man müsste hier eventuell marktgerechte Preise erzielen. Es könnten jährlich etwa 500 000 S mehr lukriert werden. Ich glaube, dass diese Rechnung nicht richtig ist. Ich stelle dem gegenüber und gehe davon aus, dass es in Österreich rund 12 000 Sportvereine gibt. Das ist in jeder Statistik nachzulesen. Wenn jeder dieser 12 000 Sportvereine nur jeweils zehn Funktionären, die derzeit ehrenamtlich für den Sport tätig sind, zehn Stunden monatlich bezahlen würde, dann wären das 120 Millionen


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Schilling monatlich, die aufgewendet werden müssten, wenn es diese Ehrenamtlichkeit im Sport nicht gäbe! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher können solche Rechnungen nicht angestellt werden. Das ist nicht möglich! Wenn so gerechnet wird, dass dort, wo die Sportverbände untergebracht sind, künftig Marktpreise für die Mieten zu erzielen sind, noch dazu für bundeseigene Einrichtungen, dann muss auch der Sport sich erheben, dann muss auch der Sport das verlangen, was ihm gebührt. Dann ist die Ehrenamtlichkeit eben nicht mehr möglich, und dann ist diese ehrenamtliche Tätigkeit ebenfalls zu bezahlen.

In Richtung des Abgeordneten Schweitzer, der hier sehr zynisch gemeint hat, die BSO und das Österreichische Olympische Comité seien sozialdemokratische Einrichtungen, möchte ich sagen: Ich glaube, dass Karli Schweitzer schon so lange im Sport tätig ist, dass er das wohl selbst nicht glaubt, was er hier beim Rednerpult gesagt hat! Die BSO setzt sich aus den Sportfachverbänden unserer Republik zusammen, und das Österreichische Olympische Comité ist alles andere als eine Einrichtung der Sozialdemokratischen Partei, meine Damen und Herren! Das weiß Herr Abgeordneter Schweitzer aber ohnehin und sogar besser als ich, und trotzdem sagt er es hier wider besseres Wissen.

Noch ein Hinweis, weil auch die Abgeordneten Haupt und Dolinschek aus Kärnten gerade hier sind. Genau das, was der Abgeordnete Schweitzer hier kritisiert, weil es beim Bund geschieht, dass es nämlich ein Haus des Sports gibt, in dem alle Sportdach- und -Fachverbände zusammengefasst sind, ist derzeit der neue Kärntner Sportreferent Mathias Reichhold dabei, für den Kärntner Sport zu tun. Auch er will das Landessportsekretariat und die Sportdach- und -fachverbände in einem Haus des Sports unterbringen, und zwar auch zu günstigsten Bedingungen, weil sonst niemand dort hineingehen würde. Also hier gibt es Kritik, dabei wäre es sinnvoller, wenn der Abgeordnete Schweitzer einmal mit den Kärntnern reden würde. Dann würde er es wahrscheinlich unterlassen, hier einen solchen Unsinn zu verzapfen und dem österreichischen Sport zu schaden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt. )

Meine Damen und Herren! Abschließend noch einen Satz zum Abgeordneten Grollitsch, der einmal mehr den Appell an uns, an die Sozialdemokraten gerichtet hat, bei diesem Protest, der von den 14 EU-Ländern gegenüber unserem Land nach Meinung des Abgeordneten Grollitsch offensichtlich ausgeübt wird, doch zu helfen, damit es diesen nicht mehr gibt. Er hat an uns appelliert, diesen Schulterschluss herbeizuführen.

Dazu ganz klar, und bleiben wir auch in diesem Punkt bei der sportlichen Sprache: Der Protest dieser 14 EU-Länder richtet sich nicht gegen das Publikum im Stadion Österreich. Der Protest richtet sich gegen die, die auf dem Spielfeld sind (Abg. Fischl: Aber ihr seid die Reservespieler! Ihr sitzt auf der Reservebank!), die hier sitzen, gegen die Mitglieder der derzeitigen österreichischen Bundesregierung, und nicht gegen das österreichische Volk! Sie werden uns überall dort auf Ihrer Seite finden, wo wir uns vor das österreichische Volk hinstellen werden! Aber diese Bundesregierung muss sich selbst verteidigen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf: Jetzt weiß ich, warum Sie nicht mehr beim GAK sind! – Abg. Dr. Puttinger: Was hat euch ein Mitglied der Bundesregierung bis heute getan?)

17.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

17.55

Abgeordneter Ernest Windholz (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof setzte sich auch sehr umfassend mit der Bekämpfung der Umweltkriminalität auseinander. Dies ist eine Form der Kriminalität, bei der es eine enorme Dunkelziffer gibt. Da besteht im wahrsten Sinne des Wortes dringender Handlungsbedarf. Ein Kollege von mir, ein Vorredner hat bereits Zahlen genannt. Es ist leider Gottes tatsächlich so: Jährlich verschwinden 280 000 Tonnen Sondermüll. Nur in etwa 70 Prozent werden korrekt abgeliefert.


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Der Rechnungshof setzte sich auch mit dem Personaleinsatz beziehungsweise mit der Schulung jener Bediensteten auseinander, die hiefür zuständig sind. Den Ausführungen des Rechnungshofes ist zu entnehmen, dass hier größter Bedarf besteht. Es ist, so möchte ich sagen, fast erschütternd, wenn man sich die Fakten genau ansieht.

Mit der Bearbeitung von Umweltstrafsachen waren bundesweit lediglich 48 Beamte des Kriminaldienstes, sogenannte Umweltsachbearbeiter, verteilt auf 22 Dienststellen betraut. Auf Grund der geringen Auslastung und zeitlich eingeschränkter Beschäftigung mit Umweltstrafsachen bot sich nur rund der Hälfte der Umweltsachbearbeiter eine Gelegenheit, sich weiterzubilden. Für die andere Hälfte gab es keine ausreichende Gelegenheit, sich in die Materie einzuarbeiten beziehungsweise spezifische Erfahrungen zu sammeln.

Aber auch bei der Schulung ist die Lage, so muss ich sagen, erschütternd. Das Bundesministerium für Inneres veranstaltete nur in den Jahren 1988, 1989 und 1994 Grundausbildungslehrgänge für Umweltsachbearbeiter. Lediglich im Jahre 1996 gab es ein Seminar zum Thema Abfallwirtschaft. Einzelnen Bediensteten wurde zwar der Besuch umweltrelevanter Schulungsveranstaltungen im Ausland ermöglicht, darüber hinaus blieb die fachspezifische Aus- und Weiterbildung der Initiative der Bediensteten selbst überlassen.

Meine Damen und Herren! Man braucht sich dann nicht mehr zu wundern, dass die Umweltkriminalität eine enorme Dunkelziffer aufweist. Es gibt aber auch erste erfreuliche Ansätze, so das schon zitierte Pilotprojekt "Umweltkundige Organe" in Niederösterreich, und das ist wohl der richtige Weg. Gerade der Umweltbereich erfordert ein spezielles Wissen.

Ebenfalls angesprochen wurde die verbesserte ressortübergreifende Zusammenarbeit. Im Bericht selbst wird auf das Justizministerium eingegangen. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass in diesem Zusammenhang die Zollverwaltung nach meiner Sicht der Dinge entscheidende Möglichkeiten hat, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens: Die Umweltkriminalität ist sehr oft eine länderübergreifende; Stichwort Müllexport. Ich denke, dass Kontrollen anlässlich des Grenzübertrittes durchaus interessante Dinge zu Tage bringen könnten. Dies natürlich unter der Voraussetzung, dass die Zollorgane entsprechend geschult und dadurch auch entsprechend sensibilisiert werden für diesen Bereich. Aber die Zollverwaltung hat nicht nur an der Grenze selbst Zugriffsrecht, sondern es gibt dieses Zugriffsrecht im ganzen Bundesgebiet auf Grund der Rechtsbestimmungen des Zollrechts-Durchführungsgesetzes. Hiezu gibt es auch eine Rechtsbestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes, dabei wird die Zollwache ja auch namentlich genannt.

Ich darf daher gerade in Anwesenheit des Herrn Staatssekretärs, der ja die Zollwache in seinem Ressort, im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen hat, ersuchen, hier alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine entsprechende Schulung sicherzustellen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Fragt nach in Tirol, die kennen sich dort gut aus!)  – Ja, in Tirol, bei den mobilen Überwachungsgruppen. Wenn Sie das einwerfen, dann sage ich Ihnen, das ist gerade in Tirol leichter möglich gewesen, und zwar auf Grund der Umbauphase, welche in der Zollverwaltung Platz gegriffen hat. Es gibt aber in anderen Bereichen leider Gottes noch nicht jenes Fachwissen, das an die einzelnen Bediensteten weitergegeben wurde.

Aber wenn das in Tirol so gut geklappt hat, dann ist das, wie ich meine, gerade eine Ermunterung, dass man das auch in anderen Bundesländern forciert.

Alles in allem besteht hier sofortiger Handlungsbedarf! Es müssen rasch die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden, damit die Schonzeit für die Umweltkriminalität hoffentlich in Bälde für beendet erklärt werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

18.01

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Herr Abgeordneter


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Edler hat im Zusammenhang mit der heutigen Budgetrede von Herrn Bundesminister Grasser die Behauptung aufgestellt, dass die Bezieher niedriger Einkommen besonders belastet würden.

Da morgen im Hohen Haus über das Budget 2000 debattiert werden wird, möchte ich heute nicht näher darauf eingehen. Aber eines sollte heute schon klargestellt werden: Mit 1. Jänner 2000 ist eine Steuerreform und ein Familienpaket in Kraft getreten, das insgesamt 28 Milliarden Schilling gebracht hat. (Abg. Leikam: Bravo! – Abg. Brix: Das habt ihr nicht gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auf Grund der Ausgangslage für das Budget – 109 Milliarden Schilling Defizit waren die Ausgangslage – mussten wir uns zur Erreichung der Maastricht-Kriterien von 62 Milliarden Schilling mit einnahmenseitigen Maßnahmen in etwa 6 bis 7 Milliarden Schilling zurückholen. Ich meine, das ist eine ausgewogene Maßnahme im Hinblick auf den Kassasturz, den wir zu übernehmen hatten! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das war die Antwort auf Edler!)

18.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. – Bitte.

18.03

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Da wir jetzt schon fast am Ende der Debatte über den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes sind, muss man feststellen, dass es bei vielen Debattenrednern eigentlich nicht um die Sache ging, sondern nur darum, wer anwesend war, wer nicht anwesend war oder wer noch hätte teilnehmen sollen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Bürger unseres Landes erwarten von einem Rechnungshofbericht auch Änderungen. Das wären die richtigen Botschaften: bereit zu sein, etwas zu ändern, bereit zu sein, etwas zu verbessern! Dafür gibt es die Garantie der neuen Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja – wenn man genau analysiert – völlig unverständlich, da der Rechnungshofbericht ja aus dem Jahr 1998 kommt, dass hier über die Bereiche des ehemaligen Innenministers gesprochen wird und die SPÖ quasi mit voller Wucht auf die Regierungspartei hinnagelt, sich aber meistens selbst mit dem Hammer auf den Finger trifft, weil sie selbst für dieses Ressort zuständig war! Ich glaube, solche Botschaften wollen die Bürger nicht hören. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Kollege Zellot, wo haben Sie Kritik am neuen Innenminister gehört?)

Wenn Sie heute über Steuern und Sport reden, dann haben Sie wahrscheinlich nicht hören wollen, wo die Funktionäre sind, die dort drinnen sitzen. Das sind ja Tatsachen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leikam. )  – Am alten Innenminister. Das sind Versäumnisse des alten Innenministers mit seiner Funktion betreffend die Umweltkriminalität. Bitte, hören Sie genau zu! Lassen Sie Ihre rhetorischen Untergriffe und hören Sie einmal zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man nur 48 Beamte für den zunehmenden Faktor der Umweltkriminalität ausbildet und diese armen Beamten nachweislich nicht einmal richtig dafür geschult wurden, dann ist das ein Manko. Das ist ein Manko, und das ist schlecht. Das ist verbesserungswürdig.

Man kann dann nicht hergehen und hier wieder den Ausweg finden, dass man als die großen Umweltverschmutzer wieder jene Berufsgruppe hinstellt, die für Grund und Boden in Österreich verantwortlich ist, die dafür verantwortlich ist, den Boden sauber zu halten und auch schlechte Zustände zu melden. Es geht nicht an, immer wieder die Bauern als Umweltvergifter hinzustellen, wie es auch schon der Fall war, meine geschätzten Damen und Herren. (Widerspruch der Abgeordneten Leikam und Mag. Prammer. )

Wir brauchen deswegen nicht mehr Beamte. Wir brauchen sie nur alle zu schulen, und das steht hier im Bericht. Das war ein Versäumnis. Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen nur alle zu schulen, damit jeder weiß, ist das eine Umweltbombe oder nicht, damit jeder die Kennziffer


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von gefährlichen Gütern kennt. Das ist der Sinn und Zweck einer richtigen Schulung von Beamten. Man braucht den Personalstand nicht zu erweitern.

Ein wesentlicher Punkt, auch ein Kritikpunkt, war der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe. Das möchte ich vielleicht hier noch einmal anführen. Der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe wird einmal mehr und einmal weniger diskutiert, das ist richtig. Der Herr Minister hat auch die Maßnahmen dafür bekannt gegeben. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass dieser Truppenübungsplatz Seetaler Alpe für unsere Präsenzdiener ein guter Übungsplatz ist, was die Behandlung von Menschen, die Unterkunft und Qualität anlangt. Das ist auch wichtig.

Ich möchte weiter darauf hinweisen, dass für die steirische Stadt Judenburg der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist und dass daher dieser Truppenübungsplatz mit allen Maßnahmen erhalten werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Edler ist im Augenblick nicht da. Ich will nur ganz kurz auf seine Ausführungen eingehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Er ist ohnehin noch da.

Es ist nämlich interessant, wenn ein Wiener Abgeordneter das Ergebnis einer steirischen Gemeinderatswahl – ein gebürtiger Steirer, der aber jetzt weder hier noch dort wählbar ist und nicht mitgewählt hat –, wenn also ein Wiener Abgeordneter ein steirisches Wahlergebnis interpretiert, und noch dazu falsch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Edler tut so, als wären die Wählerinnen und Wähler scharenweise wieder der Sozialdemokratie zugelaufen. Das stimmt nicht! Die Freiheitliche Partei war die einzige Partei, die bei dieser Gemeinderatswahl vorgestern an Mandaten dazugewonnen hat. – Das einmal zur Richtigstellung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Edler! Ich garantiere Ihnen – ich bin mir dessen ganz sicher –, dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler auch bei der nächsten Wahl, das ist die Landtagswahl im heurigen Oktober, und auch bei den nächsten Nationalratswahlen nicht mehr zulaufen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Rechnungshofbericht. Ich möchte mich hier mit jenen Kapiteln des Rechnungshofberichtes beschäftigen, die den Bereich des Bundesministeriums für Inneres betreffen. Bemerkenswert ist sowohl im Kapitel Umweltkriminalität als auch im Kapitel, welches sich mit dem Landesgendarmeriekommando für Salzburg auseinander setzt, Folgendes: Es geht immer um Geld, und es geht immer darum, dass es zu wenig Geld ist, das zur Verfügung steht.

Im Bereich der Umweltkriminalität sind es unzureichende Schulungen, um die es geht, und im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg kritisiert der Rechnungshof den zu geringen finanziellen Handlungsspielraum, obwohl Kollege Leikam von der linken Reichshälfte gesagt hat, es sei ohnehin alles eitel Wonne, es passe ohnehin alles. So ist es nicht! Dieses Dilemma ist hausgemacht, und zwar einzig und allein von den sozialdemokratischen Innenministern.

Ich weiß schon, der jetzige Kollege und ehemalige Innenminister Karl Schlögl hat mehr Planstellen im Bereich der Sicherheitsexekutive geschaffen; aber wo er sie geschaffen hat, das ist entscheidend. Seine Amtsvorgänger – speziell einer von ihnen – haben im Bereich der Exekutive ganz gewaltig den Rotstift angesetzt.

Zweitens frage ich: Wo wurden die neuen Planstellen geschaffen? – Fast ausschließlich im Bereich des Grenzdienstes der Bundesgendarmerie. Und warum? – Weil die sozialdemokratischen Innenminister es verabsäumt haben, sowohl personell als auch im Ausrüstungsbereich


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die Exekutive rechtzeitig schengenreif zu machen. Und dank der dann notwendigen Ho-Ruck-Aktionen ist jetzt die Personaldecke im Inneren des Landes extrem dünn. (Abg. Leikam: ... eine sensationelle Leistung!)

Herr Kollege Leikam! Wir alle wissen, dass die Gendarmerieposten in ganz Österreich wirklich unter Personalmangel leiden. Ich kann Ihnen dazu ein Beispiel nennen.

Da gibt es einen Gendarmerieposten, systemisiert mit fünf Planstellen. Ein Beamter ist in den Ruhestand getreten, sein Posten wurde "natürlich" nicht nachbesetzt, ein weiterer ist Diensthundeführer und daher kaum auf dem Gendarmerieposten greifbar. Ich kann Ihnen nachweisen, er hat im Jahre 1999 – im gesamten Jahr! – nur sage und schreibe 125 Stunden auf der Dienststelle verbracht und stand nicht mehr Stunden zur Verfügung. Ein weiterer Mann ist Kommandant eines Zuges der Einsatzeinheit und auf der Dienststelle ebenso wenig verfügbar. Und der Vierte ist mit den Aufgaben des koordinierten Kriminaldienstes befasst und steht auch nur begrenzt zur Verfügung. – Das ist die derzeitige Situation auf vielen Gendarmerieposten in ganz Österreich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist die Praxis der sozialistischen Personal- und Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren. Aber offenbar hat das die früheren Innenminister nicht sehr gestört.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch den Massafonds ansprechen, der auch der massiven Kritik des Rechnungshof ausgesetzt war. Es ist in drei Jahren nicht gelungen, den Massafonds – ihm unterliegt die Beschaffung der Bekleidung der Sicherheitsexekutive, also der Bundesgendarmerie, der Bundespolizei, der Zoll- und Justizwache – in eine Organisationseinheit zusammenzuführen.

Meine Damen und Herren! Ich habe als Sicherheitsbeamter, als Exekutivbeamter vollstes Vertrauen in diese neue Bundesregierung! Ich bin mir sicher, dass wir trotz des schweren Erbes, das wir angetreten haben, die sozialdemokratischen Versäumnisse reparieren werden und dass die Sicherheitsexekutive in ganz Österreich eine gute Zukunft haben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

18.12

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte am Schluss der Debatte nochmals auf das Thema Umweltkriminalität zurückkommen. Wir haben heute schon öfters vom Dunkelfeld und von der Dunkelfeldausleuchtung, die von Herrn Präsidenten Fiedler verlangt wurde, gesprochen. Das ist hier schon öfters zitiert worden. Ich halte die Maßnahmen, die der Rechnungshof diesbezüglich in seinem Bericht vorschlägt, für absolut wichtig und diese sind dringend umzusetzen.

Aber, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, wenn ich mir Ihren Entschließungsantrag ansehe, in dem steht, der Minister "soll danach trachten", "möge eventuell umsetzen", dann verstehe ich das nicht ganz. Man hat sich zwar in vielen Redebeiträgen dazu bekannt, dass man diese Maßnahmen umsetzen will, aber im Antrag findet sich davon leider nicht viel wieder.

Ich verstehe auch Ihre Zögerlichkeit in diesem Bereich ehrlich gesagt nicht ganz, weil es dabei ja nicht nur um die Umwelt geht, sondern es geht auch um sehr viel Geld, das dem Staat durch die Nichtbekämpfung der Umweltkriminalität entgeht. Ich erinnere nur an das viel zitierte Beispiel, das der Herr Rechnungshofpräsident im entsprechenden Ausschuss gebracht hat, an die 800 Millionen Schilling, die dem österreichischen Staat jedes Jahr entgehen, weil eben 280 000 Tonnen gefährlichen Mülls einfach illegal entsorgt werden. Das entgeht uns! Wenn wir dieses Geld für die Bekämpfung der Umweltkriminalität einsetzen würden, dann könnten wir sicherlich eine schlagkräftige Truppe auf die Beine stellen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Doch nun zu einem weiteren Thema. Im Rechnungshofbericht wurde auch über grenzüberschreitende EU-Förderungsprogramme geschrieben. Dabei geht es auch um Förderungen für Mittel- und Osteuropa.

Atomkraftwerke sind ebenfalls ein grenzüberschreitendes Problem. Zurzeit ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Atomkraftwerk Temelin im Laufen. Dazu möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Oberhaidinger, Dipl.-Ing. Keppelmüller und GenossInnen betreffend Einspruch der Republik Österreich im UVP-Verfahren bezüglich des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin

Der Nationalrat möge beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, fristgerecht eine begründete Stellungnahme im Namen der Republik Österreich der Republik Tschechien zu übermitteln. Diese soll auf der fachlichen Stellungnahme des Umweltbundesamtes aufbauen. In ihrer Stellungnahme hat die Bundesregierung auch die Durchführung eines öffentlichen Hearings in Österreich zu beantragen.

Die Stellungnahme nach dem tschechischen UVP-Gesetz 244/94 hat jedenfalls zu beinhalten:

1. Durch die Änderungen am AKW Temelin wurden am gegenständlichen Gebäudekomplex auch weitere Änderungen an anderen Teilen des AKW Temelin hervorgerufen, die bisher in diesem UVP-Verfahren ignoriert wurden. Die Republik Österreich fordert deshalb, das UVP-Verfahren auch auf diese Anlagenteile auszudehnen.

2. Die Einflüsse von radioaktiver Strahlung auf Mensch und Umwelt werden in der UVP-Dokumentation großteils negiert oder nur völlig unzureichend dargestellt. Die Republik Österreich verlangt deshalb die Erarbeitung von Gutachten zur objektiven Klärung.

3. Das geänderte Konzept zur Behandlung radioaktiver Abfälle in Temelin rechnet mit Transporten in das Atommüll-Lager in Dukovany. Die Transportproblematik wird jedoch im Rahmen der UVP-Dokumentation nicht behandelt. Die Republik Österreich hält eine neue Dokumentation mit detaillierter Abschätzung der möglichen negativen Folgen auf Mensch und Umwelt für unerlässlich."

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler. – Bitte.

18.16

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat im Zuge der Prüfungen im Jahre 1998 auch die Umweltkriminalität näher ins Auge gefasst. In diesem Zusammenhang ist ihm – aber nicht nur ihm – aufgefallen, dass es dort ein außerordentlich großes Dunkelfeld gibt, dass relativ wenige Anzeigen erstattet werden und dass noch viel weniger Verurteilungen erfolgen.

Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfung auch festgestellt, dass dieser Umstand vor allem darauf zurückzuführen ist, dass es im Bereich des Innenressorts zu wenige Sachbearbeiter für Fragen der Umweltkriminalität gibt und dass darüber hinaus auch die Schulungsmaßnahmen


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nach Meinung des Rechnungshofes nicht optimal, sondern verbesserungsbedürftig sind. Er hat eine Empfehlung ausgesprochen, die für den Rechnungshof eher selten ist. Er hat sich dafür ausgesprochen, dass die Zahl jener Beamten, die mit der Bekämpfung der Umweltkriminalität zu tun haben, aufgestockt werden sollte.

Der Rechnungshof steht auf dem Standpunkt, dass diese Empfehlung – so eigenartig sie auch für eine Kontrollinstanz klingen mag, die vor allem darauf zu achten hat, dass möglichst viel gespart wird – durchaus ihre Berechtigung hat, und zwar im Hinblick auf die materiellen Werte, die es zu erhalten gibt, denn man darf nicht übersehen, dass unterlassene Maßnahmen im Bereich des Umweltschutzes später gewaltige Kosten als Konsequenz nach sich ziehen können. Darüber hinaus sollte man aber auch nicht übersehen, dass es natürlich auch immaterielle Werte zu schützen gilt, die sich gar nicht quantifizieren lassen: das ist zum Beispiel unser Wasser, das ist der Boden unserer Heimat, das ist die Luft.

Wir sind daher der Ansicht, dass in diesem Bereich – nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt, dass es im Jahre 1984 zu einer verfassungsrechtlichen Absicherung des umfassenden Umweltschutzes kam – auch von Seiten der angesprochenen Stellen alles ins Werk gesetzt werden muss, was dazu dient, dass unsere Umwelt nachhaltig geschützt wird, sei es im präventiven, sei es im repressiven Bereich.

Wir stehen auch auf dem Standpunkt – und haben dies in unseren Empfehlungen zum Ausdruck gebracht –, dass eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem präventiven und dem repressiven Bereich erfolgen soll.

Wenn hier im Rahmen dieser Diskussion von mehreren Rednern das gute Einvernehmen und die sachliche Gesprächsbasis im Rechnungshofausschuss gelobt und darüber hinaus auch dem Rechnungshof Lob ausgesprochen wurde, so freut mich dies im eigenen Interesse, aber auch im Interesse der Prüfer des Rechnungshofes. Und ich glaube auch, sagen zu können, dass die Stimmung im Rechnungshofausschuss und auch nunmehr hier während der Diskussion gegenüber dem Rechnungshof und gegenüber den Prüfern des Rechnungshofes eine sehr offene war. Auch darüber möchte ich meiner Freude Ausdruck verleihen und mich für die sachliche Diskussion bedanken.

Es wäre natürlich im Zusammenhang mit den Äußerungen, die von verschiedenen Abgeordneten gefallen sind, für den Rechnungshof noch wesentlich erfreulicher, wenn die Empfehlungen, die der Rechnungshof in seinem Bericht ausgesprochen hat, auch tatsächlich umgesetzt würden. Ich darf daher, was die Umweltkriminalität anlangt, nur darauf verweisen, dass wir uns dafür ausgesprochen haben, eine Aufstockung der Sachbearbeiter, was ihre Anzahl anlangt, vorzunehmen, eine bessere Schulung durchzuführen und eine bessere Zusammenarbeit mit den Umweltverwaltungsbehörden voranzutreiben, um eben, wie ich bereits gesagt habe, schon im präventiven Vorfeld die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit es gar nicht erst zu kriminellen Handlungen kommen kann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei den Grünen.)

Wenn in diesem Zusammenhang sowohl von Oppositionsparteien als auch von Regierungsseite Entschließungsanträge eingebracht wurden, die in diese Richtung zielen, so freut das den Rechnungshof natürlich noch umso mehr. Ich glaube, dass mit diesen Entschließungsanträgen, wenn sie angenommen werden, ein wesentlicher Schritt dahin gehend geleistet werden kann, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt werden – aber diese sind kein Selbstzweck, das möchte ich hier betonen –, und dass damit auch unsere Umwelt nachhaltig geschont werden kann. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

18.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. – Bitte.

18.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens möchte ich Herrn Präsidenten Fiedler noch einmal sehr herzlich für seine Prüfungstätigkeit


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danken. Das ganze Haus kann auf den Rechnungshof stolz sein. Vielen Dank, Herr Präsident! (Allgemeiner Beifall.)

Der eigentliche Grund meiner Wortmeldung aber ist, dass ich etwas klarstellen möchte, das aber nicht im Rahmen einer tatsächlichen Berichtigung möglich ist. Ich zitiere hier aus der Rede des Abgeordneten Rech eis aus dem Tiroler Oberland. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Reh eis! Reh eis!)  – Reh eis, ja, Reh eis; die Rech eis Nudeln, Frau Kollegin Lichtenberger, sind ja etwas ganz Hervorragendes. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Reheis hat hier Aussagen getätigt, die ich Ihnen zu Gemüte führen möchte:

"Das Pikante und Aufklärungsbedürftige an dieser Firma" – Dico-Soft – "ist Folgendes: In der immer noch aktuellen Spendengeldaffäre rund um den deutschen Altbundeskanzler Kohl ist ebenfalls eine Firma namens ,Dico-Soft‘ im Mittelpunkt, in die auch der Waffenhändler Schreiber verwickelt ist, in dessen Notizbuch man dreimal den Namen ,Schüssel‘ gefunden hat. Die deutsche ,Dico-Soft‘ soll, so der Ermittlungsstand, jene Schwarzgelder, die aus den Waffengeschäften lukriert wurden, gewaschen haben."

"NEWS" schrieb dazu am 5. Jänner 2000: "Kohl" – mit "oh!" – "verwendete die ominösen Spenden zum parteiinternen Machterhalt – abgewickelt wurde das etwa über die CDU-Firma ,Dico-Soft‘." – Und so weiter.

Herr Kollege Reheis versuchte in seiner Rede einen Zusammenhang herzustellen zu den Behauptungen, die in "NEWS" abgedruckt wurden, und zwar viermal hintereinander immer das Gleiche, dass also ein Zusammenhang zwischen dem Waffenhändler Schreiber, den Bundesheeraufträgen und dem Bundeskanzler Schüssel bestehe.

Ich zitiere aus dem "profil": "Kenne Schüssel nicht!", exklusiv Karlheinz Schreiber. Über das Bundesheer und die Anschuldigungen gegen Schüssel, über Spenden an die ÖVP weist Schüssel jedoch zurück: ",Ich kenne Schreiber nicht.‘ Was der Bayer gegenüber profil bestätigt. profil: Hatten Sie Kontakt zu Schüssel? – Schreiber: Nein, nie. Ich kenne ihn gar nicht."

Ähnlich im "FORMAT": Absoluter Unsinn. Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber dementiert gegenüber "FORMAT", Schmiergelder an Wolfgang Schüssel gezahlt zu haben. Zitat: "Die Sache mit dem Schüssel ist absoluter Unsinn. Wenn das so weitergeht, dann weiß bald die ganze Welt, warum es so viele Österreicher-Witze gibt.", sagt Herr Schreiber; auch Ihnen, Herr Reheis. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Ausführungen von Klubobmann Khol ermöglichen es mir, auch noch kurz zu einer anderen Sache Stellung zu nehmen. Ich wollte das unterlassen und nicht mehr nach dem Präsidenten des Rechnungshofes das Wort ergreifen, aber es ist heute sehr oft strapaziert worden, was im Ausschuss war, was nicht war, wer da war, wer nicht da war. Ich will das alles nicht wiederholen. Es hat so geklungen seitens der nunmehrigen Regierungsfraktionen, als ob eine Fraktion, nämlich die SPÖ, irgendetwas Ungeheuerliches veranstaltet hätte mit ihrem Begehren auf Sitzungsunterbrechung und Ladung und was weiß ich alles.

Die SPÖ hat Geschäftsordnungsdebatten strapaziert, das ist richtig, aber über die Handhabung der Geschäftsordnung habe immer noch ich befunden. Wir haben die Ausschusssitzung kurz unterbrochen, das ist richtig. Ich hoffe, das war zu verschmerzen. Die Debatte ist schneller abgewickelt worden als sonst üblich in dem Ausschuss.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass sich durch den Regierungswechsel für verschiedene Ausschüsse, nehme ich an, besondere, eigenartige neue Konstellationen erge


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ben, insbesondere für den Rechnungshofausschuss; insbesondere hier, weil eine der jetzigen Regierungsfraktionen in der Zeit, die diese Prüftätigkeit umfasst, in Opposition war. Das ist eine manchmal etwas kuriose Situation, das stimmt, aber ich bitte Sie doch, meine Damen und Herren von den nunmehrigen Regierungsparteien: Seien Sie doch nicht so wehleidig, wenn die nunmehr größte Oppositionspartei ein paar geschäftsordnungsmäßig vorgesehene Möglichkeiten in Anspruch nimmt! Ich habe mir in ein paar kurzen Sitzungsunterbrechungen die Geschichte angehört und entschieden wie gehabt, wofür ich ja sogar noch gelobt worden bin, was auch immer das bedeuten mag. In der Präsidiale haben wir ebenfalls festgestellt, dass das die richtige Vorgangsweise war.

Seien Sie doch bitte schön nicht so wehleidig! In einem Kontrollausschuss muss die größte Oppositionspartei ja etwas zu reden haben. Das muss schon so sein. Das wollte ich an dieser Stelle deponieren, und wir werden das sicher auch in Zukunft so handhaben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

18.26

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wurde zum ersten Mal ein in der sehr, sehr wichtigen Frage der Anti-Atompolitik getrennter Weg eingeschlagen, und zwar in der Form, dass sowohl Kollegin Sima als auch Kollegin Glawischnig einen Antrag eingebracht haben. Selbst Grüne und Sozialdemokraten waren also nicht in der Lage, sich als Oppositionsparteien auf einen Antrag zu einigen.

Ich glaube, dass die österreichische Anti-AKW-Politik für uns alle sehr, sehr wichtig ist (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP) und es deshalb notwendig ist, dass wir auch in einer Zeit, in der sich eben die Machtverhältnisse in diesem Parlament etwas verschoben haben, in dieser wichtigen Frage weiterhin an einem gemeinsamen Strang ziehen, weil es für unsere Regierungsmitglieder nur dann wirklich möglich ist, entsprechendes Gewicht bei Verhandlungen und entsprechendes Auftreten im Ausland zu erreichen.

Deshalb ersuche ich Sie, morgen – es wird genügend Zeit dafür sein – gemeinsam mit uns über einen Antrag zu verhandeln, der dann wieder als Vier-Parteien-Antrag in dieser Frage eingebracht werden kann. Ich lade Sie höflich ein, einen Entwurf, den Kollege Kopf und ich gemeinsam ausverhandelt haben, mit uns zu begutachten, Ihre Wünsche einzubringen, so weit wie möglich, und dann einmal mehr, wie bis jetzt immer in dieser Frage, einen Allparteienantrag zu beschließen, weil es wichtig für die Glaubwürdigkeit ist, wichtig für das Auftreten der Regierungsmitglieder im Ausland ist.

Ich lade Sie höflich ein, dies zu tun und in dieser wichtigen Frage jetzt nicht auf Dissens zu beharren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Khol hat dankenswerterweise Aussagen des Kollegen Reheis wiederholt und eindrücklich nachgewiesen, dass wirklich einiges aufklärungsbedürftig ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das, meine Damen und Herren, ist der Grund dafür, dass wir in dieser Frage einen Untersuchungsausschuss für sinnvoll empfinden. Sie können Ihre Objektivität, auch Ihre Versicherung, dass an den Vorwürfen nichts dran ist, unter Beweis stellen, wenn Sie dem Antrag auf Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zustimmen.


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Meine Damen und Herren von der freiheitlichen und von der ÖVP-Fraktion! Wenn Ihnen die Politik gegen nicht sichere Kraftwerke wirklich am Herzen liegt, lade ich Sie dazu ein, unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-11 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gaßner, Dr. Glawischnig und Genossen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen betreffend UVP-Verfahren zum AKW Temelin.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Prinz, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 5.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Sima und Genossen betreffend einen Einspruch der Republik Österreich im UVP-Verfahren bezüglich des Atomkraftwerkes Temelin.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-15 der Beilagen) des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über den Hochschulbericht 1999 (Band 1 bis 3) (29 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Ich erteile es ihm.

18.32

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute einen Bericht zu verhandeln, der noch unter dem seinerzeitigen Minister Einem im Ausschuss behandelt worden ist – Abgeordneter Einem ist jetzt leider nicht im Saal, aber er ist auf der Rednerliste vermerkt –, der an sich ein, wenn man sich das Zahlenwerk und die Qualität des Berichtes ansieht, sehr guter Bericht ist, der, wenn man sich den Inhalt oder die politische Ausrichtung oder die politische Ausschau genauer ansieht oder hinterfragt, doch sehr vieles aufzeigt, was sich als äußerst verbesserungswürdig für die Zukunft darstellt.


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Für mich war dieser Bericht ein Zeichen dafür, dass wir gerade auf dem tertiären Sektor viel Verbesserungs-, Aufholungs- und Nachholbedarf haben. Der tertiäre Sektor ist von einer Zersplitterung gekennzeichnet, die Vergleichbares in Europa, aber auch in der Welt sucht. Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Akademien, Sozialakademien, Privatuniversitäten neuerdings und einiges andere mehr – bislang alles oder zum Großteil oder zum Teil auch parteipolitische Spielwiesen, wo nur in zweiter und dritter Linie an die Studenten, an die Qualität der Forschung und Lehre und an das Land gedacht wurde. Besitzstanddenken – ich erinnere an die Kunsthochschulen – und gesellschaftspolitische Anliegen standen im Vordergrund oder waren überbewertet.

Kennzeichen der letzten beiden Jahre, und diese umfasst der Bericht, ist nun auch – und das ist neu – eine Zersplitterung der einzelnen in Österreich vergleichbaren Institutionen. Durch die überhastete Einführung des dreigliedrigen Studiums, der kein ausreichender Meinungsbildungsprozess vorangegangen ist, hat man sehr viel Porzellan zerschlagen und Verunsicherung herbeigeführt, insbesondere in der Kaste der Lehrenden.

Kennzeichen der letzten beiden Jahre sind zum größten Teil aus diesem Grund auch überhastete Reformen. Ein UniStG jagte das andere, eine Universitäts-Organisationsreform jagte die andere und so weiter.

Was wollte man erreichen, und das war das politische Ziel in vielen dieser Fragen? – Man wollte die Mobilität sowohl auf dem Sektor der Studierenden als auch auf dem Sektor der Lehrenden verbessern, insbesondere die internationale Mobilität. Es hat sich herausgestellt – und das ist das Kennzeichen nach Veröffentlichung der ersten Studienpläne –, dass diese Mobilität im Inland bald nicht mehr möglich sein wird; als Beispiel dafür seien nur die fünf juristischen Fakultäten in Österreich aufgezeigt. Es wird bald nicht mehr möglich sein, dass ein Jus-Student oder eine Jus-Studentin von Innsbruck nach Graz oder von Graz nach Wien oder umgekehrt wird wechseln können. Und wenn wir es nicht schaffen, im eigenen Land dem Studenten Mobilität zu garantieren, frage ich mich: Wie will man dem Studenten Mobilität international garantieren können?

Wir haben viel Aufholbedarf. Es wurde seitens der verantwortlichen politischen Entscheidungsträger im Meinungsbildungsprozess, der viel zu oft viel zu kurz gewesen ist, die Kritik, die positive Kritik viel zu wenig ernst genommen.

Aus diesem Grund bringen wir heute einen Entschließungsantrag ein, weil wir meinen, dass es notwendig ist, dass man ziemlich am Anfang einer neuen Gesetzgebungsperiode oder am Anfang der Arbeit einer neuen Regierung auch wissen sollte oder öffentlich darüber diskutieren sollte, hier im Hohen Hause und in den Ausschüssen, wie es weitergehen soll und wozu sich diese neue Bundesregierung bekennt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Brinek und Kollegen betreffend Schwerpunktsetzung im Bereich Wissenschaft, Forschung, Technologie

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen für Reformen im Universitätswesen, in der Forschung und in der Technologie unter Einbeziehung u. a. nachstehender Forderungen zu schaffen:

Weiterentwicklung der Universitätsreform hin zu einer vollen Rechtsfähigkeit

Schaffung von Globalbudgets für Universitäten

Schaffung eines modernen, leistungsorientierten Dienstrechts mit der Möglichkeit, zwischen Universität und Privatwirtschaft zu wechseln (berufliche Mobilität zwischen Berufsfeldern)


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Verbesserung der Chancen junger Akademiker, in wissenschaftliche Karrieren einzusteigen (eine erste Etappe soll als vierjährige wissenschaftliche Tätigkeit vorgesehen werden; an diese kann sich eine zweite maximal fünfjährige Etappe anschließen)

Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung

Strukturreform und Effizienzsteigerung zur Verkürzung der Studiendauer durch Reformen des Studienangebotes und Wissensvermittlung mit modernen Technologien, Verbesserung der Binnenorganisation der Universitäten

verpflichtende regelmäßige Evaluierung mit Konsequenzen zur Verbesserung von Lehre und Forschung

Schwerpunktsetzung der Universitäten über die derzeitigen Institutsgrenzen hinaus

privat finanzierte Fachhochschulstudiengänge

Schaffung von Voraussetzungen, dass bis 2005 ein Drittel der Studienanfänger an Fachhochschulen studieren kann (Fachhochschulentwicklungsplan II)

Erhöhung der Forschungsquote auf 2,5 Prozent des BIP bis 2005; als Zwischenziel sollen bis 2002 2 Prozent des BIP angestrebt werden

Einrichtung eines Rates für Forschung und Technologieentwicklung

Zusammenführung von universitärer Forschung und angewandter Forschung/Technologie in den Unternehmen

Monitoring und internationales Bench-Marking des Innovationssystems

Vernetzung mit europäischen Partnern und zielgerichteter Ausbau von Kompetenzclustern; Ausbau der Programmförderung durch Einrichtung themenzentrierter nationaler Forschungsprogramme in Abstimmung mit entsprechenden EU-Programmen

Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt Bio- und Gentechnologie

Förderung der wirtschaftsnahen Forschung über die Steuerreform 2000 hinaus und die Schaffung von Anreizen zur Ansiedlung internationaler Forschungseinrichtungen in Österreich

Verbindung von Ansiedlungsförderung für ausländische Unternehmen und Forschungsförderung

Ausbau der Qualifikationen für den Informations- und Telekommunikationsbereich und marktwirksame Förderung der Forschung im Informationstechnologie-Sektor

Förderung der Kooperation von innovativen Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Universitäten und Fachhochschulen durch stärkere personelle Durchlässigkeit und Vernetzung (regional, national und international)

Zweckbindung von Privatisierungserlösen für eine Technologieoffensive"

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein engagiertes Programm, und ich füge noch hinzu, der Antrag stammt von meiner Wenigkeit und von Frau Kollegin Dr. Brinek. Ich glaube, dass wir hier sehr viel Gesprächsstoff für die Zukunft haben werden, um ein Besseres in diesen Bereichen für die Universitäten zu erreichen.

Erlauben Sie mir aber auf eine aktuelle Situation im Rahmen dieses Berichtes auch noch einzugehen. Wenn wir von Mobilität der Studenten sprechen, dann kommen wir nicht darum


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herum, uns die Zustände an den Universitäten, so wie sie sich heute für einige Studierende darstellen, anzuschauen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In den Zeitungen ist zu lesen, dass Vandalenakte, Streiks – illegale Streiks nahezu, würde ich meinen, weil nicht autorisiert, nicht demokratisch legitimiert – stattfinden, wodurch den Universitäten enormer Schaden zugefügt wird. Bislang sind 300 000 S Schaden durch eine Audimax-Besetzung einer linken Gruppierung zu verzeichnen, täglich kommen 25 000 S dazu. Ich würde mir wünschen, dass auch Kollege Grünewald dazu Stellung nimmt, wie er sich das vorstellt. Ich halte es wirklich für vermessen, wenn eine Gruppierung letztlich Studierende in ihrem Studium behindert, wenn letztlich den jungen Menschen die Zeit gestohlen wird. Wenn 250 Philosophiestudenten ihre Prüfung nicht ablegen können, nur weil ein kleiner Klüngel von Chaoten letztendlich die Universität zu einer politischen Spielwiese macht, dann habe ich dafür kein Verständnis mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Transparente verbreitet werden mit den Worten: "Patrioten sind Idioten", mit einem Stinkefinger, wie heute in den Medien zu lesen ist, dann habe ich kein Verständnis mehr für diese Streikmaßnahme. Der Streik soll ein sehr, sehr sensibles Instrument sein. Ich habe kein Verständnis dafür, dass man derartige Streiks an unseren Universitäten zu Lasten der Studierenden, zu Lasten der öffentlichen Hand weiterhin duldet! Es sind nicht einmal nur Studenten. Bei der Abstimmung über die Streikfrage waren bei der Hörerversammlung nicht einmal alle Hörer zugelassen. Mit Gewalt wurden sie von dort vertrieben.

Wie ist das mit dem Demokratieverständnis der Grünen, der Linken und der sozialistischen Studierenden? Wie ist es damit? Wann wird mit solchen Zuständen Schluss gemacht? Ich fordere hier von dieser Stelle aus auch den Hausherrn dieser Universität im Rahmen seiner Autonomie auf, dass er diesem Streikspuk ein Ende bereitet, sodass dort wieder Zustände herrschen, dass letztendlich der Studierende sein Studium schnellstmöglich beenden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Grünewald! Sie sind auch dazu angehalten, sich diesen Aufforderungen anzuschließen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

18.42

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sie erinnern sich sicherlich an das "Österreich-Gespräch" vom vergangenen Mittwoch. Greifen wir eine Szene davon heraus, die wie geschaffen ist für die heutige Diskussion über den Hochschulbericht. Im letzten Drittel des Gesprächs war die Reihe an der Wissenschaft. Auch deren Vertreter waren da, um ihre Erkenntnisse, ihre Fähigkeiten, ihre Analysen in den Dienst der Sache zu stellen. Am Wort war Professor Welzig, der Präsident der Akademie der Wissenschaften. Sinngemäß meinte Welzig in einem, so denke ich, wohl formulierten und treffend analysierten Beitrag, dass eines der Grundübel der heutigen Zeit darin bestehe, dass sich Medien Funktionen anmaßen, die ihnen nicht zukommen und für die die Redakteure weder legitimiert noch befähigt sind, nämlich Ersatzpolitik zu machen.

Was dann folgte, war wie eine hundertprozentige Bestätigung von Welzigs These, nämlich: Frau Hopfmüller hat sich dem Präsidenten der Akademie der Wissenschaften zugewandt, der es soeben gewagt hatte, in Anwesenheit des Generalintendanten und der halben Bundesregierung den ORF zu beleidigen. Wie ein Schulbub musste sich Welzig hier abkanzeln lassen, ob er denn nicht wisse und nicht verstanden habe, um welch große Sache es dem ORF an diesem Abend gehe, und dass seine Bemerkung wohl das Unpassendste sei, was man überhaupt machen könne. Das ist nicht wörtlich, aber wer zugesehen hat, hat das so empfinden müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es darf uns nicht gleichgültig sein, wie mit Wissenschaftern in dieser Republik umgegangen wird! Wir dürfen und werden so etwas nicht stillschweigend zur


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Kenntnis nehmen, nur weil wir vielleicht selbst fürchten müssten, dann den Bannstrahl einer Redaktion zu verspüren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Damit sind wir beim Kernthema der heutigen Diskussion, dem Stellenwert der Wissenschaft, den diese Bundesregierung ihr heute einräumt. Was sind die Botschaften, Frau Bundesministerin, was haben Sie den Wissenschaften bisher an Botschaften übermittelt?

Erstens: Es gibt kein Wissenschaftsministerium mehr.

Zweitens: Das Wissenschaftsbudget wird um rund 1 Milliarde Schilling gekürzt.

Drittens: Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung kommt in das Infrastrukturministerium.

Viertens: Es gibt nicht ausreichend Mittel für die Weiterentwicklung des Zukunftssektors Fachhochschulen.

Das sind die Fakten. Sie von der ÖVP und von der FPÖ können, so kommt es mir vor, manchmal geradezu froh sein, dass die ganze Nation derzeit nur über die Sanktionen der 14 EU-Länder spricht und nicht über jene innenpolitischen Maßnahmen und Aktionen, welche die Menschen im Lande und auch die 200 000 Studierenden und die rund 20 000 Beschäftigten an den Universitäten bis hin zur existenziellen Bedrohung treffen.

Kolleginnen und Kollegen! Den Hochschulbericht werden wir noch aus den verschiedensten Perspektiven beleuchten, eines sei aber vorweg schon gesagt: Für die Arbeit an diesem Bericht sei den Autorinnen und Autoren gedankt, aber auch all jenen, um die es in diesem Bericht geht, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ministerium, den UniversitätslehrerInnen, den Studierenden, den Eltern und letztlich auch den Steuerzahlern, die sicher sein können, dass ihr Geld an den Universitäten im Großen und Ganzen gut angelegt ist.

Der Bericht beschreibt die wesentlichen Reformschritte der vergangenen Jahre, die wir gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei und teilweise auch gemeinsam mit den Grünen und den Liberalen gesetzt haben. Die Freiheitliche Partei, liebe Kolleginnen und Kollegen – und daran sei wieder einmal erinnert –, hat keinem dieser Gesetze zugestimmt – Kollege Graf hat das gerade auch erläutert –, was mit dem UOG und dem UniStG geschaffen wurde, ist aber gleichzeitig die Basis für die Weiterentwicklung auf dem Hochschulsektor der nächsten Zeit. Wie Sie das zusammenbringen, dem allen nicht zuzustimmen und jetzt auf dieser Basis weiterzuarbeiten, das ist ein eigenes Kapitel. Ich werde dafür später noch eine Erklärung eines Linzer Wissenschafters zitieren.

Was sind nun die Felder der künftigen Hochschulpolitik? Es ist nicht so, dass das in der Vergangenheit versäumt wurde, sondern es gilt immer wieder auf Grund der Veränderungen zu reformieren. Ich war etwas enttäuscht, als ich diese Entschließung gehört habe, und gleichzeitig waren wir überrascht darüber. Denn was haben Sie hier vorgelesen, Kollege Graf? Sie haben, wenn ich das richtig vernommen habe, einen Entschließungsantrag vorgelesen, in dem die Umsetzung des Regierungsprogramms verlangt wird. Trauen Sie dieser Bundesregierung so wenig, dass Sie jetzt mit einer Entschließung fordern müssen, dass das tatsächlich umgesetzt wird? Das ist also für Regierungsparteien doch einigermaßen überraschend. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sind nun die Felder? Ich kann nur einige kurz anschneiden: in erster Linie sicherlich die Finanzierung und hier vor allem die Finanzierung neuer Entwicklungen. Darf ich daran erinnern, dass die deutsche Bundesregierung gegenwärtig rund 300 Millionen D-Mark in ein deutsches Fernuniversitätsnetz steckt, während wir die Mittel kürzen und kein Geld mehr vorhanden sein wird, um die wichtigen Lehrgänge in den Informations- und Kommunikationstechnologien zu starten!?

Das Studienrecht ist zu verbessern, da gebe ich Ihnen Recht. In diesem Zusammenhang haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht, den ich hiemit verlesen darf:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser und Genossen betreffend uneingeschränkte Veröffentlichung de Lehrveranstaltungsbewertungen

"Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, im Rahmen ihrer künftigen Zuständigkeit für den Bereich der Universitäten eine Novelle des Universitäts-Organisationsgesetzes und des Kunstuniversitäts-Organisationsgesetzes vorzulegen, mit der sichergestellt wird, dass Lehrveranstaltungsbewertungen uneingeschränkt veröffentlicht werden müssen."

*****

Da geht es darum, dass es eine Evaluierungsverpflichtung gibt, aber keine Verpflichtung, diese auch zur Veröffentlichung freizugeben. – Sicherlich ein Manko.

Was wir brauchen, ist eine Weiterentwicklung der Universitäts-Organisationsstruktur. Auch hier sind wir für konstruktive Gespräche sicherlich zu haben, aber Folgendes lassen Sie sich gleich gesagt sein: Für die Entwicklung hin zur Vollrechtsfähigkeit als einem Vehikel, mit dem dann Studiengebühren transportiert werden, werden Sie uns nicht gewinnen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Kooperationen werden immer wichtiger. Das sage ich nicht, um auf die missliche Situation hinzuweisen, in welche Sie Ihr Koalitionspartner FPÖ diesbezüglich gebracht hat, sondern weil es ein Faktum ist. Hier gibt es verschiedene Ebenen. Das ist natürlich die internationale Kooperation, aber auch die Kooperation zwischen Universität und Erwachsenenbildung und die Kooperation zwischen Universität und Wirtschaft werden für die Zukunft von ganz besonderer Wichtigkeit sein. Auch diese halten wir für zwei sehr wichtige Felder, in denen wir durchaus zur gemeinsamen Arbeit bereit sind.

Ein Letztes betrifft die öffentliche Meinung in Bezug auf die Wissenschaft beziehungsweise die öffentliche Anerkennung der Wissenschaft: Sie haben als Koalition den Stellenwert der Wissenschaft gemindert. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass Mittel und Ressort gestrichen wurden. Das ist ein schlechter Dienst an der Wissenschaft, den wir verurteilen. Das können und dürfen wir auch nicht zur Kenntnis nehmen.

Wie wichtig diese Wissenschaft für die Gesellschaft sein kann, darf ich abschließend an zwei kurzen Beispielen erläutern: Das erste Beispiel betrifft ein wissenschaftliches Forschungsergebnis von Professor Walter Ötsch vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Linz. Es ist – und mehr kann ich hier nicht tun, als Sie alle dazu einzuladen, sich das anzusehen, was auf einer Homepage mit der Bezeichnung "nlp.at" ablesbar ist – eine Analyse der Kommunikationsstrategien der Freiheitlichen Partei, die hier ins Netz gestellt wurde (Heiterkeit des Abg. Dr. Martin Graf ), und sie ist lesenswert! Sie ist lesenswert, weil sie uns gleichzeitig auch auf Fehler hinweist, die wir vielleicht in der Vergangenheit im Verhältnis zu Ihnen gemacht haben und auf Grund derer wir uns manchmal gefragt haben, wieso wir in der Argumentation nicht weitergekommen sind. Sie haben ja heute wieder so argumentiert, Kollege Graf! (Abg. Dr. Martin Graf: Ich bedanke mich, dass Sie ... erforschen!)

Ein Zweites betrifft die Ergebnisse eines Forschungsleitschwerpunktes des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung: "Fremdenfeindlichkeit – Erforschung, Erklärung, Gegenstrategien". Der erste von voraussichtlich fünf Bänden dieser Forschungsergebnisse ist soeben erschienen, und "Austria Innovativ" schreibt dazu in seiner Ausgabe Nr. 1 aus dem heurigen Jahr – ich zitiere –:

"Aus all diesen Beiträgen kann trotz des breiten Themenspektrums" – zum Thema Fremdenfeindlichkeit – "eine Botschaft abgeleitet werden: Wer für den gleichberechtigten Zugang zu materiellen und immateriellen Ressourcen in der Gesellschaft sorgt, der entzieht der Fremdenfeindlichkeit weitgehend ihre Basis."

Ich füge hinzu: Und wer den Kinderscheck oder neue


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familienpolitische Maßnahmen plant, fördert oder durchführt und gleichzeitig AusländerInnen davon ausschließt, der fördert diese Ausländerfeindlichkeit – und er weiß, dass er das tut.

Aber gehen wir einmal davon aus, dass die Präambel ernst zu nehmen ist, und gehen wir davon aus, dass hier ein Umdenken vonstatten geht. In der Präambel zur Regierungserklärung steht ein Satz, der keine Missdeutung zulässt:

"Die Bundesregierung arbeitet für ein Österreich, in dem Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus keinen Platz finden."

Wir nehmen an, dass das ein gemeinsames Anliegen ist, und ich lade Sie daher ein, unserem Entschließungsantrag, der sich auf diese Forschungsergebnisse und deren Veröffentlichung bezieht, beizutreten:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser und GenossInnen betreffend Forschung zu Fremdenfeindlichkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, im Rahmen der Budgetumsetzung 2000 und der Budgetverhandlungen 2001 dafür Vorsorge zu treffen, dass die Ergebnisse des Forschungsschwerpunktes Fremdenfeindlichkeit in vollem Umfang publiziert und erforderliche Nachfolgeuntersuchungen und Forschungsprojekte finanziert werden können."

*****

(Abg. Dr. Martin Graf: Das wurde ja jetzt ohnedies gemacht! Da gibt es ja die Rassismus-Berichte der EU!) Das ist, glaube ich, ein wichtiges Projekt, und ebenso wichtig ist es, dass diese Forschungsergebnisse auch den Weg an die Öffentlichkeit finden.

Ich darf Sie sehr herzlich einladen, diesem Antrag zuzustimmen, um das auch zu garantieren. Setzen Sie mit uns ein Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit und für die Wissenschaft in unserem Lande! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

18.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die von Herrn Abgeordnetem DDr. Niederwieser vorgetragenen Entschließungsanträge und ebenso der Entschließungsantrag von Herrn Abgeordnetem Dr. Graf und von Frau Abgeordneter Dr. Brinek und Kollegen, die vorher zur Kenntnis gebracht wurden, sind ausreichend unterstützt und stehen damit auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Dieser Bericht, den wir heute diskutieren, spiegelt ganz deutlich die Schwachpunkte des Universitätswesens in Österreich wider. Er vermeidet aber eine ausführlich Behandlung erkannter Schwachstellen oder Fehlentscheidungen.

Meine Damen und Herren! Das Universitätswesen hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Österreich eine Richtung eingeschlagen, die durchaus kritikwürdig erscheint. Wir haben heute in Österreich Massen-Universitäten, die sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden eine äußerst unproduktive Voraussetzung darstellen.

Ich möchte hier als Beispiel das Juridicum, also die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, anführen. Das Juridicum beherbergt 12 000 Studenten, die in Wien Jus studieren – die Tendenz ist steigend. Das Juridicum ist somit die größte rechtswissenschaftliche Fakultät des gesamten deutschsprachigen Raumes. Es herrscht in Österreich allgemein die


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Tendenz, dass es immer mehr Studenten, aber nicht im gleichen Ausmaß auch eine Steigerung der Zahl von Professoren und Assistenten gibt. Von einer auch nur annähernd persönlichen Betreuung kann da an den österreichischen Universitäten wohl nicht mehr die Rede sein.

So ist es etwa in vielen Fällen so, dass ein Student seinen Prüfer bei der Prüfung zum ersten Mal sieht. Dazu kommt dann noch ein akuter Raummangel in beinahe allen universitären Einrichtungen. Das führt in Kombination zu einem eklatanten Unterangebot von Lehrveranstaltungen. Studenten müssen – glauben Sie mir das, ich weiß es aus eigener Erfahrung – zum Teil auf der Universität kampieren, um einen Übungs- beziehungsweise einen Praktikumsplatz ergattern zu können.

Daher ist es ja auch so unverständlich und auch so bedenklich, dass diese autonome Gruppe gerade jetzt in diesem Moment das Audimax der Universität Wien besetzt und blockiert! (Abg. Aumayr: Das ist ein Skandal! – Abg. Dr. Khol: ... kaputt! Zerstört!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch diese Aktion, die in Wahrheit nichts mit einer politischen Meinungsäußerung zu tun hat, werden viele Studenten massiv an ihren Studien gehindert. Es wurden bereits zahlreiche Vorlesungen abgesagt, und es mussten vor allem – und das ist am bedenklichsten – schon Prüfungen abgesagt werden, und Studenten haben Angst und fragen sich, wann sie diese Prüfungen nachholen können. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ungeheuerlich!)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie schon: Wie kommen denn diejenigen, die ordentlich und fleißig studieren wollen (Heiterkeit der Abgeordneten Jäger und Öllinger ), dazu, dass sie Prüfungen nicht ablegen können und so womöglich eine nicht unbeträchtliche Verzögerung in ihrem Studium hinnehmen müssen? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Die "kleinen" Studenten meinen Sie?)  – Alle Studenten, Herr Kollege! (Abg. Öllinger: Die "kleinen" Studenten!) – Nein, alle Studenten! (Abg. Aumayr: ... Chaoten! ... Anarchisten! – Abg. Dr. Pumberger: ... frühzeitig ausgeschieden!)

Herr Öllinger, ich sage Ihnen schon eines: Die Freiheit des einen kann nur so weit gehen, wie sie nicht in die Freiheit des anderen eingreift. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, dass jeder österreichische Student die Freiheit und auch das Recht hat, ordentlich und zeitgerecht und anständig studieren zu können, auch wenn Sie das polemisch in Frage stellen möchten. (Abg. Öllinger: Wissen Sie, von wem das Zitat ist? – Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Öllinger! Damals war noch keine Massen-Universität, und er hat das Studium auch abgebrochen!)

Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien! Ich vermisse hier – und das möchte ich ganz deutlich zum Ausdruck bringen – eine ganz klare Distanzierung von Ihrer Seite zu diesen Vorgängen. Ich fordere Sie dazu auf, Ihre Möglichkeiten auch wahrzunehmen, damit diese chaotische Besetzung des Audimax beendet werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann mich des Verdachtes nicht erwehren, dass Sie dazu sehr wohl in der Lage wären, würden Sie sich nur ausreichend davon distanzieren. Ich bitte Sie – und ich bitte Sie ehrlich –, dies im Interesse der Studenten zu tun. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Gerade Sie – damit wende ich mich an die Kollegen und Kolleginnen von der sozialdemokratischen Fraktion – wären eigentlich besonders verpflichtet, dazu beizutragen, dass alles zu einer Verbesserung der Studienbedingungen getan wird. Denn es waren nicht zuletzt Versäumnisse einer SPÖ-dominierten Bildungspolitik, vor allem auch einer Bildungspolitik unter der Ägide von Herrn Wissenschaftsminister a. D., Herrn Ex-Wissenschaftsminister Einem – der leider dieser Debatte im Moment nicht zuhören kann –, die zu der jetzigen Situation der MassenUniversität mit dem akuten Platz- und Personalmangel geführt haben. Und es ist nicht zuletzt das Ergebnis einer SPÖ-Bildungspolitik, dass ein Studieren in der Mindeststudienzeit beinahe unmöglich geworden ist.

Das Schlimmste am Faktum der Massen-Uni ist aber, dass sich der Massenzulauf unzweifelhaft negativ auf das Niveau der Ausbildung auswirkt. Das bedeutet gerade in Zeiten der Globalisierung und des zunehmenden internationalen Wettbewerbs eine Bedrohung der Berufschan


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cen unserer Jugend. Daher sage ich, dass hier raschest – wirklich raschest! – reagiert werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Fink. )

Ich möchte aber bei aller Kritik auch nicht verhehlen, dass es in der heutigen Studiensituation durchaus auch Bereiche gibt, die positiv hervorzuheben sind, etwa was den freien Zugang zu den Universitäten oder auch was die zwar zögerliche, aber doch stattgefundene Forcierung von Fachhochschulen und Privatuniversitäten betrifft.

Meine Damen und Herren! Mit dem UOG 1993, den neuen Studiengesetzen, der Akkreditierung der Privat-Unis, den Fachhochschulen und einigen anderen Maßnahmen wurde versucht, den Qualitätsverfall von Österreichs akademischer Ausbildung zu bremsen und der langen Studiendauer und den hohen Drop-out-Raten zu begegnen. Diese verschiedenen Maßnahmen waren sicherlich gut gemeint – das möchte ich gar nicht in Frage stellen –, und sie haben zum Teil sogar auch punktuell zielführend gewirkt. Sie erfolgten aber allesamt – und das ist meine Kritik, meine Damen und Herren – ohne systematisches Gesamtkonzept, und genau da liegt auch die Crux.

Diese Bundesregierung, die jetzt hier antritt, um für die Studenten erstmals eine wirkliche Verbesserung zu erreichen, wird es schaffen, durch eine echte Strukturreform und durch eine Effizienzsteigerung zu einer Verkürzung der Studiendauer zu gelangen. Diese Regierung wird es dadurch schaffen, den Studierenden das zu ermöglichen, was Sie in den letzten Jahren nicht geschafft haben, nämlich ein Studieren in der Mindeststudienzeit, was der Normalfall sein sollte! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Fink.  – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

19.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.03

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! "Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: Wähle!, ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: Vater gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!" – Lessing zur Wahrheitssuche.

Das habe ich besonders für meinen Kollegen Emmerich Schwemlein gesagt, weil er so gerne intellektuelle Zitate hört, aber jetzt ist er nicht da. (Abg. Dr. Khol: Man kann ihm das Protokoll schicken!) – Ich werde ihm das zum Nachlesen geben.

Wilhelm von Humboldt hat, so meine ich, die Universitätsidee später ebenso treffend formuliert. Obwohl historisch ist sie aber heute so ungebrochen gültig wie je zuvor. Humboldt hat nämlich gemeint: Die Universitäten sind weder als Gymnasien noch als Spezialschulen – im heutigen Sinn als Fachhochschulen – zu führen und zu behandeln, sondern – ich interpretiere – ihrem eigenen Zwecke nach zu führen. Der eigene Zweck ist die volle Entfaltung der geistigen Kräfte – man könnte sagen – zum Personenwohl und zum Staatswohl.

Meine Damen und Herren! Die genannten aktuellen Humboldt'schen Prinzipien betreffend Universitäten und Hochschulen laden ein, einen Blick auf die tatsächliche Situation, in die tatsächlichen Hochschulen zu machen. Das ist umso mehr möglich, als wir dies über das Studium des Hochschulberichts tun können. Ich möchte mich auch beim Ressort sehr herzlich bedanken, weil wir schon lange keinen so umfassenden, das heißt mehrbändigen Bericht, keine so ausführliche Dokumentation mehr erhalten haben.

Dieser Hochschulbericht, meine ich, räumt mit einigen Vorurteilen und Missverständnissen auf.

Missverständnis Nummer 1: Die Drop-out-Rate und die Studienzeit wären in Österreich in der letzten Zeit besonders stark angestiegen. – Diese Aussage ignoriert die soziokulturelle Situation der aktuellen Studierenden – siehe dazu den Bericht zur sozialen Lage der Studierenden – und die europäischen Vergleichsziffern. Der Hochschulbericht informiert über die tatsächliche Si


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tuation: Seit Jahren ist die durchschnittliche Studiendauer mit sieben Jahren konstant. Dass sie zu verbessern ist, ist damit nicht ausgeschlossen.

Missverständnis Nummer 2: Die Hochschulpersonalsituation sei, wie es ein Hochschulfunktionär jüngst nannte, "verstopft". Das heißt, zu viele Hochschullehrer hielten sich zu lange – ist gleich pragmatisiert – an den Universitäten auf. – Ich habe mir besonders die Zahlen des akademischen Mittelbaues angesehen, und da muss ich sagen, dem ist überhaupt nicht so: Von 2 163 habilitierten und 4 171 nicht habilitierten Assistenten sind bloß 770 pragmatisiert und 1 100 provisorisch definitiv. Bei Frauen sieht das Verhältnis – ich kann leider sagen: naturgemäß – schlechter aus.

Missverständnis Nummer 3: Österreich liege in Sachen Akademisierungsrate schlecht. – Der Hochschulbericht gibt dazu genau Auskunft: Die Akademisierung der Erwerbsbevölkerung ist seit den siebziger Jahren gestiegen. Frauen konnten den Abstand zu den Männern weiter verringern. – Vielfach wurde mit schlechten, das heißt falschen Vergleichsziffern operiert, vor allem mit solchen, die den sekundären und postsekundären Bildungsbereich abbilden.

Für die Frauensituation gilt, dass nicht alles so ist, wie es sein soll. Handlungsbedarf besteht etwa bei der Graduiertenausbildung von Akademikerinnen. Was weiters Anlass zum Nachdenken und zu politischen Maßnahmen geben soll: Mädchen wählen nicht im notwendigen Maße karriere- und berufsorientierte Studien und ignorieren damit Chancen, die auf dem Arbeitsmarkt bestehen würden – Stichwort: Arbeitsbereich Technologie, Informatik, Information. Die aktuelle Aktion des deutschen Kanzlers Schröder zur "Rettung in Arbeitnehmernot" durch Import von Arbeitskräften und jungen Hochschulabsolventen aus der ganzen Welt ist ein beredtes Beispiel für die Lage in unserem Nachbarland. Wir sollten nicht dorthin unterwegs sein.

Was schlage ich daher vor? Verstärkt gezielte Berufs- und Studieninformation zu planen und umzusetzen. Wir wissen nämlich auch aus diversen Studien, dass eine Zufallsentscheidung für ein Studium, die En-passant-Information, die Peer-Group-geleitete Entscheidung mit großer Sicherheit zu Drop-out, zu einem Studienwechsel, zu einer unmotivierten Studienwahl und schließlich zu Studienzeitverlust führt. Nachdenken lässt mich die Tatsache, dass über die Hälfte der Absolventinnen – bezogen auf zitierte Wirtschaftsklassen – in nur drei Branchen tätig sind. Das ist keine gute Entwicklung.

Was ist daher zu tun? Ausbau der Post-Doc-Qualifizierungsstellen, Frauenförderung im Speziellen als Habilitationsförderungsprogramm – hier sind die Weichen gut gestellt –, eine Reform des Studienförderungsgesetzes – kurzum: Viele, viele Punkte, die sich im Regierungsprogramm formuliert finden, sind rasch in Angriff zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Die Wahrheitssuche, die ich am Anfang mit Lessing angesprochen habe, die epistemische Neugierde als Ziel des universitären Studiums, das muss auch in Zukunft – und künftig noch stärker, meine ich – Ziel der Universität und Inhalt der universitären Auseinandersetzung sein.

Ein paar Bemerkungen noch zum Entschließungsantrag von Kollegen Niederwieser: Ein wenig orientiert sich der Antrag 1 am Regierungsprogramm, nämlich insofern er die Veröffentlichung der Lehrveranstaltungsbewertungen betrifft. Fast könnte man seiner Meinung sein, wenn da nicht das Wörtchen "uneingeschränkt" wäre. Eine "uneingeschränkte" Veröffentlichung ist deshalb problematisch, weil die Evaluationsagentur erst Entwürfe machen muss, wie diese Evaluation sach- und fachgerecht geschehen muss, bevor wir die Ergebnisse der Erprobung uneingeschränkt der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Zum zweiten Entschließungsantrag, betreffend den Forschungsbereich Fremdenfeindlichkeit: Wir haben in Österreich die EU-Beobachtungsstelle für Rassismus erhalten. Ich denke, dass es der österreichischen Wissenschafts-, Kultur- und Unterrichtsministerin gelingen wird, einen Kontakt und eine Kooperation mit dieser Stelle herzustellen, um die Forschungsbereiche, die notwendig, die zu erneuern und zu erweitern sind, zu fixieren und schwerpunktartig ihren Fortbestand und ihre Weiterentwicklung zu sichern.


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Meine Damen und Herren! Zur Zukunft der Hochschulen hat Wolf Rauch einmal in einem Beispiel zitiert – ich will mit diesem schließen –:

Die Universitäten kommen mir manchmal vor wie ein hochspezialisiertes Fahrzeug, das geschaffen wurde, um in schwierigstem Gelände Neuland zu entdecken. Allerdings bedienen sich immer mehr Menschen dieses Fahrzeugs, um damit den täglichen Büroweg hinter sich zu bringen. Die Menschen tun das, weil dieses Fahrzeug ein gutes Image hat, weil zu wenige andere Fahrzeuge in der gehobenen Klasse angeboten werden, vielleicht auch aus Angst vor einem plötzlichen Wintereinbruch. – Zitatende.

Wenn wir mit dem "Fahrzeug Universität" ein bisschen sorgfältiger und schonender umgehen werden und wollen – das Regierungsprogramm macht mich zuversichtlich –, dann bin ich überzeugt davon, dass die exklusive Zukunft dieses Fahrzeuges sicher ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

19.11

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Vor knapp zwei Monaten war mein Kommentar zur sozialen Lage der Studenten der Bettelstudent, und nun steht der Hochschulbericht 1999 zur Debatte. Der Hochschulbericht ist ein dreibändiges Werk mit sehr viel Information und sehr vielen offenen Fragen. Dieser Bericht spiegelt ganz deutlich die Schwachpunkte des Universitätswesens wider, er vermeidet aber eine ausführliche Behandlung erkannter Schwachstellen.

Lassen Sie mich zuerst einmal kurz zu den Frauen und dann zum Grund des heutigen Zustandes der Universitäten Stellung nehmen. Wie präsentiert sich die Frau in ihrer Stellung zur Universität der Öffentlichkeit? Einige Schlagzeilen: "Frauenanteil an der Uni: Der Frauenanteil an Uniprofessoren ist erbärmlich." – Diese Schlagzeile stammt vom ehemaligen Wissenschaftsminister Dr. Einem. "Unter 200 Absolventen des Mechatronikstudiums an der Linzer Uni war nur eine Frau"; "Erstmals absolviert eine Frau das Theologiestudium"; "Frau an der Spitze eines Universitätskollegiums"; "Habilitation soll weg, damit Frauen nach oben kommen"; eine komplette Unkenntnis widerspiegelnde Forderung, andererseits sind natürlich auch Rektoren gegen die Abschaffung dieser Habilitation. Man sieht die Widersprüchlichkeit des Themas Frau in Studium und Lehre.

Ein Beispiel aus meinem Beruf. Ein Patient kommt und fragt: "Schwester, wo ist der Herr Primar?" Antwort: "Er steht vor Ihnen!" – Das ist eine Situation, die in meinem Beruf sehr oft vorkommt. Dieser Satz zeugt allerdings noch von einem ganz veralteten Gedankengut der Prädominanz von Männern in gewissen Berufswelten.

Aber, meine Damen und Herren, nicht mehr lange! Der Frauenanteil der Studierenden beträgt derzeit 48 Prozent. Im Jahre 2001 wird er 50 Prozent betragen. Frauen stürmen die Universitäten. In Graz stehen 16 000 Studentinnen 12 000 Kollegen des "starken Geschlechts" gegenüber. Hier lässt sich frei nach US-Vorbild die Frage stellen: Where are the guys?, während man im Führungsbereich der Universitäten und gewisser Berufsgruppen wieder gegenteilig rufen müsste: Where are the girls?

Aber am Ende des 20. Jahrhunderts, meine Damen und Herren, haben Frauen die Uni-Bildungsleiter fest ergriffen, und sicherlich werden sie im 21. Jahrhundert die Leiter dieser Bildungsinstitutionen auch erklimmen.

Nun zu den Universitäten. Die österreichischen Universitäten haben sich, wie die meisten Universitäten in Europa, über mehrere Jahrhunderte entwickelt und können auf viel Tradition, aber auch auf viel wissenschaftliche und didaktische Substanz verweisen. Sie sind derzeit nahezu die alleinigen Träger der akademischen Ausbildung und sind für zirka 70 Prozent des österreichischen Forschungspotentials verantwortlich. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der öster


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reichischen Identität und haben nach dem Krieg den Großteil der Führungskräfte in Industrie und Wirtschaft ausgebildet.

Trotzdem und vor allem auf Grund der lange SP-dominierten Bildungspolitik ist die Bedeutung der Universitäten in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren immer geringer geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Hauptgrund dafür ist meiner Meinung nach der, dass bis vor wenigen Jahren mehr als 60 Prozent – ich betone: mehr als 60 Prozent! – aller Absolventen der Universitäten im Staatsdienst Verwendung fanden, wo das Einstellungskriterium in erster Linie der erworbene Titel und nicht das erworbene Wissen war. Dies hat nun zu einer Geringschätzung der Lehrinhalte geführt und andererseits das Vergeben eines Titels als Hauptzweck der universitären Ausbildung etabliert.

Diese Situation hat sich erst in dem Moment geändert, als das berufliche Fortkommen eines Absolventen nur vom erworbenen Wissen und nicht mehr vom Titel abhängig war, wie das heute in der Wirtschaft und in der Industrie überall der Fall ist. Auf einmal haben die Universitäten nun eine verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen, was ihnen schwer fällt, denn das hat man ja bisher von ihnen nicht verlangt.

Dazu kommt, dass seit mehr als 20 Jahren SP-dominierter Politik versucht wird, die Universitäten zu reformieren beziehungsweise an die Bedürfnisse der Zeit anzupassen. Die Reformen begannen 1975 mit dem UOG und wurden 1993 mit dem neuen UOG fortgesetzt, wobei die Reformfreude des Gesetzgebers immer mehr zugenommen hat, sodass die Universitäten heute Umsetzungsprobleme mit diesen Reformen haben und ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die Ausbildung von Studenten und die Forschung, nur mehr schwer oder gar nicht mehr wahrnehmen können.

Seit Anfang der siebziger Jahre wird also ununterbrochen an der Universität herumreformiert, wobei Österreich seit damals den höchsten Grad an Veränderungen und an Mitbestimmung auf allen Ebenen unter allen Universitäten der westlichen Welt aufweist. Die politisch Verantwortlichen gingen davon aus, dass gerade der hohe Grad an Mitbestimmung die Reformen beschleunigen werde. Das ist zwar prinzipiell richtig, aber es entstanden mehrere eher gegeneinander arbeitende Gruppen. Und in Deutschland hat man bereits in den siebziger Jahre erkannt, dass zu viel Mitbestimmung auf allen Ebenen die Funktionsfähigkeit behindert, und man hat viele der alten 68er-Regeln wieder rückgängig gemacht.

In Österreich ging man typischerweise zielstrebig weiter. Studiengesetz, Dienstrecht, UOG wurden unabhängig voneinander ohne gegenseitige Abstimmung beschlossen. Wir haben immer wieder davor gewarnt.

Dabei ist es doch so einfach, die Aufgabe einer Universität zu definieren: Sie soll eine exzellente, zukunftsorientierte, motivierte Ausbildung anbieten und Forschung auf internationalem Niveau betreiben. Unser Staat, der aufgebrochen ist, sich in einem großen Europa zu bewähren, scheint bislang seine SP-Bildungspolitik mehr an den östlichen Vorbildern als den westlichen zu orientieren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Unsere Konkurrenten und Vorbilder können doch nur Universitäten wie jene in Bayern, in der Schweiz, in Holland sein. Diese Länder haben ähnliche Traditionen, und sie haben es geschafft, dass an ihren Universitäten wieder eine Aufbruchstimmung herrscht. Bei uns aber verlassen die besten Absolventen, gerade jene in den technischen Fächern, zu einem großen Prozentsatz das Land, aber nicht deshalb, weil sie das gerne tun, sondern weil sie in Österreich wenig Zukunftsaussichten haben.

Es ist sehr leicht, meine Damen und Herren, etwas kaputtzumachen. Es ist viel, viel schwieriger, dies wieder aufzubauen. Ich zitiere dazu Professor Gornik, der sagt: "Reformen können dadurch geschaffen werden, dass man auf den 30 Prozent Exzellenz, die derzeit noch immer an unseren Universitäten existieren, aufbaut."

Einen Stimmungsumschwung innerhalb der Universitäten herbeizuführen und das Leistungsprinzip ohne Rücksicht auf erworbene Rechte durchzusetzen, ist die einzige Möglichkeit, die


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unsere Universitäten haben. Und die Studenten und alle Universitätslehrer müssen erkennen, dass sie in einem Boot sitzen. Denn die Studenten sind die wichtigste Gruppe der Universität, da sie ihr die Legitimation ihrer Existenz geben.

Bei der Debatte zur sozialen Lage der Studenten habe ich den Studenten als Bettelstudenten bezeichnet. Dieser soll nun nach dem Hochschulbericht nicht genötigt werden, seinen Schlafsack unter einer Brücke aufzurollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

19.20

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte zuerst ganz kurz auf das eingehen, was vor mir gesagt wurde. Ich habe einiges gelernt. Es ist mir zum Beispiel bislang völlig neu gewesen, dass sich die österreichischen Universitäten an den Universitäten der ehemaligen Ostblockstaaten orientieren. Ich hätte dazu gerne etwas mehr gewusst. Ich weiß darüber nichts.

Auch war mir bislang relativ unklar, dass die Opposition beziehungsweise der ehemalige Minister für Wissenschaft daran schuld ist, dass Frauen noch immer nicht zu ihren Rechten an den Universitäten gekommen sind. Da ist sehr viel geschehen. Erinnern Sie sich, wie die Universitäten früher waren! Jetzt gibt es so etwas wie Berufungskommissionen. Die Universitäten sind autonom, und wenn Berufungskommissionen aus Männern bestehen, dann kann es vorkommen – und es kommt vor –, dass daraus den Frauen ein Nachteil erwächst. Aber mit Politik, mit gezielter Politik hat das sehr wenig zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Graf – der mich zwar "Grunwald" nennt, aber ich verstehe ihn trotzdem – gibt mir, das ehrt mich, die Befugnisse des Wiener Polizeipräsidenten. Er meint, ich sollte doch bei den Demos für Ordnung sorgen. Es fällt auch immer wieder das Wort von den "ordentlichen und braven Studenten". – Herr Abgeordneter Graf! Erstens bin ich nicht Polizeipräsident von Wien und habe auch nicht vor, es zu werden. Zweitens: Sie fordern autonome und vollrechtsfähige Universitäten, die sich selbst regieren und autonom sind. Verlangen Sie von mir nicht, dass ich in die Universitäten gehe und dort für Ordnung sorge! Das heißt nicht, dass ich im Proponentenkomitee dieser Besetzer bin. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie können sich politisch distanzieren!)

Und noch etwas: Bevor Sie von mir ein Wort der Distanzierung hören, möchte ich Ihnen etwas sagen: Wenn man Studenten nur dann anerkennt, wenn sie lieb und brav sind und die Ohren anlegen, wenn sie das tun, was Ihnen recht und angenehm ist, dann mache ich Sie darauf aufmerksam: Demos und Widerstand erwachsen vorwiegend dort, wo man die Ohnmacht des Wortes erkennt. (Abg. Jung: Aber sie richten Schaden an!) Und wenn ich merke, wie Sie sich bei Kritik, ohne mit dem kleinsten Ohrläppchen zu wackeln, abputzen und gar nicht darauf reagieren, dann kann ich verstehen, dass aus Ohnmacht und Wut zu manchen Mitteln gegriffen wird, die ich nicht alle unterschreibe. Mehr werden Sie dazu von mir mit keinem einzigen Wort hören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wichtig ist aber der Hochschulbericht. Unter dem letzten Minister wurde auf Grund von Geldmangel und Sparmaßnahmen demonstriert. (Abg. Dr. Martin Graf: Erfolglos!) Ja, erfolglos. Aber ich sage Ihnen, mir sind Leute lieber, die nicht wegen Geld, sondern wegen Gesinnungen Widerstand leisten. Das ist, glaube ich, ein bisschen höher einzuschätzen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das hat fast alle Studenten ein Semester gekostet!) Und wenn da einige darunter sind, die etwas überziehen, dann ist das Autonomie. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Das hat Tausende Studenten ein Semester gekostet!)

Der Hochschulbericht liefert gute Daten, und er ist korrekt. Was ich aber in der heutigen Bundesregierung vermisse, ist, dass sie erkennt, dass Daten und Fakten dazu da sein sollten, sie zu interpretieren und daraus auch Handlungen für die Zukunft abzuleiten.


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Ich habe mir das Regierungsprogramm angeschaut. Mir fällt auf, dass eher auf Zuruf von Einzelpersonen, selbst ernannten Experten, Vertretern des Industriellenverbandes, des Wirtschaftsverbandes und einigen Journalisten agiert oder reagiert wurde, und man daraus offenbar ein Programm gebastelt hat. Denn etwas muss klar sein: Sich konkurrenz- und leistungsfähige Universitäten zu wünschen, das kann jeder. Dazu braucht es weder Phantasie noch Mut, und dafür werden Sie viele Verbündete finden. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist doch nichts Böses!) Das ist auch nichts Böses, aber es ist dünn, es ist plakativ, und es ist eine Aneinanderreihung von Schlagzeilen, die jede Wissenschaftlichkeit vermissen lassen.

Wissenschaftlich wäre es, sich anzuschauen, welche Mängel de facto an den Universitäten existieren, welche Stärken und Schwächen in diesem Bericht fair und relativ klar angesprochen sind und wie man den Begriff "Leistung" definiert. Man kann nicht von den Unis Leistung verlangen, sie aber im Unklaren darüber lassen, was man unter Leistung versteht. Ich werde Ihnen etwas sagen: Im Papier der Industriellenvereinigung, die Ihnen vielleicht etwas näher steht, steht Folgendes: Man beklagt sich auf einer Seite über die große Spezialisierung der Absolventen und hält das für unbrauchbar, aber auf der nächsten Seite, auf der Seite direkt vis-à-vis, steht geschrieben: "Die zu generalistische Ausbildung ist ein Nachteil des gegenwärtigen Systems." (Heiterkeit bei den Grünen.)

Fällt Ihnen etwas auf? – Das kann nicht stimmen! Wen wundert es aber, wenn eine Politik, die sozusagen auf Zuruf reagiert, dann plötzlich nicht mehr weiß, wohin die Universitäten sollen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Da müssen Sie die Industriellenvereinigung kritisieren!)  – Das habe ich auch. Das haben Sie vielleicht überlesen.

Das Zweite: Wir haben – das war vor etwa vier Jahren – eine Veranstaltung mit dem Titel "Produziert die Universität am Arbeitsmarkt vorbei?" abgehalten. Hier werde ich natürlich hören: Selbstverständlich produziert sie vorbei! Meine Vorrednerin hat ja gesagt, wenn die Absolventen keine Arbeit finden, dann ist die Universität, dann ist der Wissenschaftsminister, dann ist die Frauenministerin schuld. – Ich sage Ihnen, wer schuld ist: Bei gedeckelten Budgets ist der Arbeitsmarkt der Absolventen vorwiegend die Wirtschaft: die Wirtschaft, die Sie fördern, die Sie lieben – zu Recht! – und die Sie verehren. Die Quote an Forschern unter 10 000 Erwerbstätigen in Österreich ist schlecht. Bei dieser Rechnung ist der öffentliche Bereich jedoch ausgenommen.

Produziert die Universität am Arbeitsmarkt vorbei? – Es ließ sich damals trotz hochkarätiger Redner kein Resümee ziehen, und ich sage Ihnen, warum nicht. Beispiele: Was habe ich gehört? Bis auf schlechte Manieren und zu saloppe Kleidung bei den Vorstellungsgesprächen ist alles bestens, haben die einen gemeint. Alles bestens bis auf mangelnde Sprachkenntnisse, meinten die anderen. Die einen kritisierten wiederum die mangelnde Flexibilität, die anderen die zu enge Spezialisierung. Andere wünschten sich für ihre Firma Absolventen von Studienrichtungen, in denen gelehrt werden sollte, wie man zum Beispiel reißfeste fälschungssichere Geldscheine herstellt. So eng hätte es sein müssen. Jeder Industrie, jedem Meister seine Studienrichtung! Das kann es aber auch nicht sein.

Also: Quo vadis, geschätzte Bundesregierung? – Bei so vielen Zurufen wäre jetzt, glaube ich, Denken, wären Überlegungen angesagt. (Abg. Dr. Brinek: Das machen wir ja!) Zum Beispiel: In welchen Sektor soll das Geld fließen? Wohin soll man jetzt die Ströme – wie Sie es genannt haben – von Studenten lenken? Wo sollen Schwerpunkte gesetzt werden? Wo soll man investieren und wo soll man Geld zurücknehmen?

In Anbetracht dieser letztlich nicht unbeträchtlichen Ratlosigkeit kommt mir das Wort eines früheren Kanzlers: Es ist alles sehr schwierig! (Abg. Dr. Brinek: Kompliziert! "Kompliziert", hat er gesagt!) oder "Es ist alles sehr kompliziert!" – das ist ja kein großer Unterschied – fast als respektvolle Metapher angesichts der Schwierigkeit der Dinge vor. Ich wünsche mir, dass Sie diesen Satz einmal verstehen und überlegen, dass ein zukünftiger Bericht der Bundesregierung doch nicht so aussehen kann wie eine Firmenbilanz, in der man sozusagen nur den Quotienten zwischen In- und Output vergleicht. (Abg. Dr. Martin Graf: Keine Sorge! Das wird nicht so sein!) Ein paar Sorgen werden Sie mir nicht nehmen können. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie suchen die


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Sorgen mit Gewalt!)  – Nein, ich suche Sorgen nicht mit Gewalt. Wissen Sie, ich habe viel zu tun. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Das Wesen der Produktion an der Universität kann meiner Auffassung nach nicht die Produktion und deren monetärer Gewinn selbst sein. Wenn wir das glauben, dann würde ich raten: Konzentrieren Sie sich an den Universitäten auf die Produktion von Gummibärlis! Dabei lassen sich die Regeln des Marktes relativ salopp und einfach ableiten.

Nach geltendem UOG – das kennen Sie sehr gut – ist das Wesen der Produktion an den Unis das Wohl der Menschen und der Nutzen für die gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft. Das ist aber vielen anscheinend zu langweilig, zu mühsam, sicher aber kontrovers. Warum kontrovers? Weil es mit Weltanschauung zu tun hat, und darüber gehen hier und heute die Meinungen auseinander. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ganz genau!) Sie dürfen Ihre Meinung haben, aber lassen Sie bitte auch mir die meine! (Abg. Dr. Martin Graf: Jederzeit!) Über diese Weltanschauung gibt es nämlich keinen Bericht, weder für 1999 noch für die Jahre davor und leider oder vielmehr sicherlich auch nicht für die Jahre 2000 und 2001. Daher bleiben wir bei den kühlen Fakten, vielleicht können wir uns da irgendwo finden.

Über die Zahl der Studierenden ist bereits gesprochen worden; in den letzten 40 Jahren hat sie sich vervierfacht. Die Zahl der HochschullehrerInnen hat sich verdoppelt. Die Schere ist trotzdem oder gerade deswegen auseinander gegangen, obwohl der Staat – das möchte ich anerkennen – bei expandierenden Budgets sehr viel Geld in die Unis gelenkt hat. Die Tatsache, dass immer mehr Menschen, Studentinnen und Studenten, an diesem Wissen im tertiären Bildungssektor partizipieren und immer mehr Menschen auch aus den unteren Einkommensschichten die Möglichkeit haben, die Unis zu besuchen, erlaubt Ihnen aber nicht, die Universität als Massenuniversität zu denunzieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Das hat niemand getan!)

Wissen Sie, wenn Leute in einer komplizierten und immer komplizierter werdenden Welt beginnen, sich durch zunehmende Bildung zu orientieren, dann halte ich das für ein Positivum, auch wenn die Betreuungsverhältnisse nicht ideal und sicher verbesserungswürdig sind. Wenn Sie das nicht wollen, dann bevorzugen Sie wahrscheinlich den unmündigen und untertänigen oder desorientierten und untertänigen Bürger, der in seiner Arglosigkeit oder Orientierungslosigkeit ein hohes Maß ... (Abg. Dr. Martin Graf: Den Ansatz haben nicht wir gehabt!)  – Wie bitte? (Abg. Dr. Martin Graf: Das war nicht unser Ansatz! Das interpretieren Sie!) Na gut.

Ich habe gesagt, je mehr Menschen an der Bildung teilhaben, desto besser ist es. (Abg. Dr. Martin Graf: Aber es kann ja nicht so sein, dass die Universität die dritte, vierte, fünfte Wahl ist! Wenn man nirgendwo mehr unterkommt, dann geht man an die Universität!) Ich bin neugierig, wie die Zugangskriterien bei Ihren vollrechtsfähigen Universitäten sein werden. Über die Zugangskriterien bei Ihren Privatuniversitäten kann ich Ihnen jetzt schon etwas sagen: Die werden die Massen nicht aufnehmen und auch nicht adäquat betreuen können. Das ist klar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Sollen sie auch nicht!)

Worin ich Ihnen schon Recht gebe, ist die Tatsache, dass man, wenn man sich zu diesen alten Idealen der Bildungspolitik bekennt, auch so fair und ehrlich sein muss, die nötigen Mittel dafür bereitzustellen. Das ist für mich auch klar.

Die soziale Lage der Studierenden ist schon besprochen worden. Ich möchte nur zwei Sätze dazu sagen. Man spricht immer wieder von gigantischen Drop-out-Raten und überlangen Studienzeiten. – Eine Ursache des Drop-outs und der überlangen Studienzeiten ist die soziale Lage der Studierenden, und nicht die Faulheit, die soziale Hängematte der Studenten, wie es immer so als Schlagwort hier und anderswo gesagt wird.

Im Hochschulbericht werden mehrere Schwächen des universitären Systems genannt: die Struktur, verschiedenste Prozesse, Dienstrecht und Budgetmittel.

Jetzt muss ich Ihnen Folgendes sagen: Was die Mitbestimmung betrifft, so ist es nicht so, dass sie alles verschlechtert hat. Und dass sie im Ostblock zu finden war, ist historisch sogar ein


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ziemlich schlimmer Irrtum. Im Ostblock oder an den Universitäten, die uns angeblich als Vorbild gedient haben, gab es, genauso wie im Staate, relativ wenig Mitbestimmung. Das haben Sie doch immer behauptet oder gesagt. Und an den Universitäten war es genauso.

Ich kann Ihnen sagen, wenn man die Universitäten evaluiert am wissenschaftlichen Output, an internationaler Präsenz, so hat seit dem UOG 1975 eine positive Entwicklung in der Präsenz von Wissenschaftlern in international anerkannten Medien stattgefunden. Nicht zu Unrecht wehren sich viele ältere Ordinarien gegen eine Evaluierung des damaligen Zustandes mit dem von heute und hier. Das hat seinen Grund.

Was mich wundert, ist, dass Sie sagen, die Universitäten seien durch all diese Reformen gelähmt. (Abg. Dr. Martin Graf: Niemand hat das gesagt! Sie interpretieren das!) Sie vergessen, dass die größte Universität Österreichs, nämlich Wien, gerade erst vor wenigen Monaten ins UOG 1993 gekippt ist. (Abg. Dr. Martin Graf: Das sagt ja nicht, dass das gelebt wird!)  – Nein, Sie haben gesagt, die Universität schlittert von einer Reform in die andere. Die größte Reform, bei der kein Stein auf dem anderen bleiben wird, ist die Vollrechtsfähigkeit, und mich wundert es schon, wenn auf Grund einer mangelnden Analyse oder fehlenden Mängelanalyse nicht darauf geschaut wird, wohin die Vollrechtsfähigkeit führt und was ihre wahren Vorteile sind. (Abg. Dr. Brinek: Die gibt es schon, diese Analyse!)  – Ja, die gibt es schon. Es gibt aber auch die Möglichkeit, zum Beispiel das UOG 1993 zu evaluieren. (Abg. Dr. Martin Graf: Es kam das gleiche Ergebnis heraus!) Ich glaube, Sie sollten den Satz vom zureichenden Grund jetzt nicht übermäßig strapazieren, sonst wird meine Rede zu lange und das Licht fängt zu blinken an.

Ich glaube, dass der Rückzug des Staates in der Bildungspolitik allein noch kein Programm ist. Das gilt gerade auch für Frauenanliegen, die angesprochen worden sind. Mein Anliegen, das Ziel einer demokratischen, offenen, freien Universität, kann im jetzigen UOG mit gewissen Verbesserungen durchaus garantiert werden, und auch die Mehrjährigkeit der Budgets wäre sicherzustellen. Da bräuchte man nur Gesetze zu ändern. Die Rechte und die Karrieren der Frauen in der Vollrechtsfähigkeit sind jedenfalls schwieriger durchzusetzen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist schon alles gelöst!)  – Sie haben schon alles gelöst? Wir werden es sehen! (Abg. Dr. Martin Graf: Da brauchen Sie nur unserem Antrag zuzustimmen!) Dann könnten Sie ja Ihre Legislaturperiode verkürzen, wenn Sie jetzt schon alles gelöst haben. Vielleicht genügen dann zwei Jahre. (Beifall bei den Grünen.)

Das geltende Dienstrecht, zu dem ich auch noch kommen muss, ist für mich nicht tabu. Ich glaube auch, dass Pragmatisierung nicht Unkündbarkeit um jeden Preis heißen muss. Dazu bekenne ich mich. (Abg. Dr. Martin Graf: Da sind Sie in der falschen Fraktion!)  – Ich bin in der falschen Fraktion? Also da bin ich mir ziemlich sicher, dass ich das nicht bin. (Beifall bei den Grünen.)

Was, wie ich glaube, bei allen Dienstrechtsdebatten sehr notwendig ist, ist, dass junge Menschen und NachwuchsforscherInnen eine Perspektive haben. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihr Leben zu planen und dürfen nicht den jetzt häufig vorherrschenden Zuständen von Karrieren ausgesetzt sein, die von Willkür, Sympathie und Abhängigkeiten geprägt sind. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Oh doch! Die Arbeitsbedingungen an einer Universität hängen sehr vom Wohlverhalten der Personen ab. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Von der Qualifikation!) Also ich glaube nicht, dass Widerstand, Widerrede und mangelnder Respekt, auch dann, wenn er nicht angezeigt ist, sehr karrierefördernd sind. Wenn Sie mir so etwas beweisen, dann ziehe ich den Hut, auch wenn ich ihn jetzt nicht aufhabe.

Ich glaube, dass das Risiko der Forschung allein schon genügt, denn je mehr ich spezialisiert bin, desto weniger Chancen habe ich letztlich in der freien Wirtschaft, weil es dafür, wie ich gesagt habe, keine Arbeitsplätze gibt. Das heißt, das Risiko der Forschung soll nicht durch das Risiko einer weiteren Arbeitsplatzunsicherheit in der Wissenschaft potenziert werden. Ich bin der Überzeugung, dass es eine antiquierte, menschenverachtende und ausbeuterische Gesinnung ist, wenn man glaubt, dass Angst und Unsicherheit am Arbeitsplatz das geeignete Mittel der Motivations- und Leistungssteigerung ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wer behauptet denn das? – Abg. Dr. Povysil: Wer behauptet das?) Das behaupten einige, aber


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wenn Sie es nicht sind, dann bedanke ich mich und bin froh. (Abg. Dr. Martin Graf: Wir wollen ja die Universitäten freier machen! – Weiterer Zwischenruf des Abg. Jung. ) Wissen Sie, "Popanz" sagt man vielleicht bei Ihrer Kompanie, aber Sie sind ja schon Divisionär. Aber Popanz – na gut. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. ) Eine intelligente Bemerkung, werden Sie jetzt wahrscheinlich sagen. – Gut.

Der Hochschulbericht gibt dem Wissenschaftsbudget relativ viel Raum, und das ist auch fair. Ich glaube, Geld ist an Universitäten nicht alles, und die Forderung nach mehr Ressourcen darf auch nicht die notwendige Selbstkritik an den Universitäten unter den Tisch kehren. Trotzdem ist die Frage, wozu steigende öffentliche Ausgaben für Forschung und Lehre notwendig sind, legitim, wenn sie der Steuerzahler stellt. (Abg. Dr. Martin Graf: Da haben wir überhaupt keinen Dissens!)  – Keinen Dissens? Also vielleicht mache ich etwas falsch, und Sie sagen es mir dann. (Heiterkeit.)

Wie Sie wissen, hat die Regierung uns versprochen, dass man, was Forschung und Technologie betrifft, auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kommen wird. Wissen Sie, wie viele Milliarden bis zum Jahre 2005 dafür notwendig sind? – Dreißig! Wie glaubwürdig ist dieses Regierungsprogramm, wenn man der Universität jetzt eine Milliarde Schilling wegnimmt?

Die Chance, dass Universitäten in dieser Beziehung wehrhafter werden, ist groß. Wenn andere die gegenwärtige Situation als etwas Positives bezeichnen, weil man uns – ich zitiere frei – nicht mehr mit Australien verwechselt, so steht das nicht im Hochschulbericht. (Abg. Dr. Martin Graf: Der Hochschulbericht ist ja auch von 1999!) Mit gutem Grunde nicht, weil Österreich in der Wissenschaft nie mit Australien verwechselt wurde.

Das spricht jedenfalls – (in Richtung Freiheitliche) die Verwechslung mit Australien ist von Ihrer Staatssekretärin angeführt worden – für die Qualität unserer Universitäten und auch für die Qualität und Notwendigkeit des Faches Zeitgeschichte. Es spricht auch für Österreich und seine gedeihliche Entwicklung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Schnell noch etwas grünes Gedankengut dazu!)

Wenn das Wohl der Menschen grünes Gedankengut ist, dann bin ich auf dieses Gedankengut stolz. Sie sollten es auch übernehmen. (Abg. Dr. Martin Graf: Dieser Seitenhieb auf die Frau Tourismus-Staatssekretärin war notwendig, sonst wären Sie in Verruf gekommen in Ihrer Fraktion!)  – Sie haben mir etwas voraus: Sie wissen in einigen Dingen viel mehr als ich. Aber es sind nicht die wichtigsten und nicht die besten Dinge. (Beifall bei den Grünen.)

19.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich darf vorweg zwei Bemerkungen zu den Ausführungen von Frau Kollegin Povysil machen. Ich habe an sich kein Problem damit – sie ist gerade nicht da; das macht nichts –, wenn unsere gut, ich würde sagen hervorragend ausgebildeten Universitätsabsolventen Österreich verlassen, um auch im Ausland tätig zu sein. Das ist ja eine Auszeichnung für unsere Universitäten, eine Auszeichnung für die ausgebildeten Leute, wenn die Jobs im Ausland mehr bieten und wenn man im Ausland mehr dazu lernen kann – und das kann man allemal. Ich würde das durchaus nicht negativ sehen.

Kollege Schender! Auch Ihre Aussagen kann ich nicht unwidersprochen lassen. Sie appellieren hier in unsere Richtung: Wir, die SPÖ, sollen wieder für Ordnung an den Universitäten sorgen. – Lassen Sie mich dazu sagen, dass wir kurz mit der Vorsitzenden des VSStÖ gesprochen haben. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Der VSStÖ beteiligt sich nicht an den Demonstrationen im Audimax und spricht auch von einer durchaus nicht sinnvollen Aktion. (Abg. Jung: Das stimmt nicht! Die wollten teilnehmen! Nur wurden sie ... entfernt, weil ...!)  – Das ist vielleicht Ihre Auffassung, Herr Kollege.


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Lassen Sie mich drittens Folgendes sagen: Es gibt in dieser Angelegenheit eine absolut klare Ministerverantwortung. Ich stelle mir schon die Frage, meine Damen und Herren: Was wäre denn, wenn hier statt der Frau Bundesministerin Gehrer unser Ex-Wissenschaftsminister Caspar Einem säße? Würden Sie dann an die ÖVP appellieren, sie solle sich einschalten, damit keine Demonstrationen stattfinden? – Ich verstehe Ihre Formulierungen und vor allem den Vorwurf in unsere Richtung überhaupt nicht.

Aber zum Bericht selbst, meine Damen und Herren. Er wurde schon mehrfach angesprochen und positiv bewertet. Ich schließe mich diesen Aussagen an. Ich möchte mich in meinen Ausführungen kurz den neuen Medien und den Universitäten widmen.

Sie wissen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass an jedem Arbeitstag etwa 20 000 wissenschaftliche Aufsätze weltweit ins Netz gestellt werden. Und Sie wissen auch, dass Bildung ein wichtiger Rohstoff ist, dass er aber auch unglaublich schnell veraltet. Diese Entwicklung ist meines Erachtens ein signifikanter Ausdruck eines Epochenwechsels, in welchem auch Österreich integriert ist.

Diese Informations- und Wissensgesellschaft, in der wir leben, erfordert selbstverständlich neue Lehr- und Lernformen, zugleich fordert sie auch neue Bildungsinhalte, wobei insbesondere die Medienkompetenz anzusprechen ist.

Im österreichischen Bildungswesen haben neue Unterrichtstechnologien derzeit noch einen untergeordneten Stellenwert. Schulisches Lernen wird künftig aber immer stärker von den Medien bestimmt sein. Im tertiären Sektor sind wir bereits so weit, dass wir seit geraumer Zeit die legistische Einrichtung zur Durchführung von Fernstudien haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den "Fernstudien"-Paragraphen 8 im Universitäts-Studiengesetz, der die rechtliche Grundlage für Fernstudienelemente beinhaltet.

Im tertiären Bereich wurde der verstärkte Einsatz neuer Medien von Österreich bisher gut unterstützt. So wurden insbesondere multimediale Bildungsmaterialien gefördert, wie das im Hochschulbericht ja auch im Detail ausgeführt ist.

Die Chance, die mit modernen Medien im Bildungsbereich einhergeht, kann eine längst fällige Demokratisierung im Bildungsbereich bewirken. Damit meine ich den möglichen Abbau von Bildungsbarrieren, die Ausweitung von Bildungsangeboten, die verbesserte Teilnahmemöglichkeit, den erleichterten Zugang für Berufstätige, für Personen mit Betreuungspflichten, aber auch für Behinderte im Allgemeinen. Darüber hinaus ist auch die Möglichkeit des verbesserten Zusammenwirkens der verschiedenen Bildungseinrichtungen zu erwähnen.

Wichtig oder noch wichtiger scheint mir allerdings derzeit jener Prozess zu sein, diese Technologie zur Verfügung zu stellen. Es ist meinem Empfinden nach durchaus nicht sichergestellt, dass hiefür die nötigen Maßnahmen in Österreich gesetzt werden können. Ein Blick in das Regierungsprogramm der Koalitionsparteien zeigt, dass dem Thema "Neue Medien" nur ein eher geringer Raum gewidmet wird. Es fällt jedoch auf, dass dieses Thema unter dem Titel "Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich" subsumiert ist.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Ihre gut klingenden Forderungen und Kapitelüberschriften allein sind meines Erachtens zu wenig. Und auch der Satz aus der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers reicht da nicht aus, nämlich: "Neu regieren heißt, Bildung als Rohstoff des 21. Jahrhunderts in den Mittelpunkt zu stellen." – Bei all Ihren Ankündigungen fehlen die konkreten Pläne und Maßnahmen, wie Sie, geschätzte Damen und Herren, das tatsächlich umsetzen wollen.

Was allerdings seit heute – und auch schon in den letzten Tagen – bekannt und gleichzeitig auch bedauerlich ist, ist, dass die vorgesehene Technologiemilliarde für das Jahr 2000 bereits ausgesetzt wurde und dass die Ausgaben für den Bereich Wissenschaft und Forschung um mehr als 600 Millionen Schilling gekürzt werden. (Abg. Dr. Martin Graf: Das stimmt ja nicht! Sie brauchen nur den Budgetposten anzuschauen! Über 100 Millionen! 530 Millionen ...!) Ich glaube, dass Ihre Budgetvorschläge nicht ausreichen werden. Ob wir das im Bildungsbereich finden


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werden, Herr Kollege, da bin ich mir nicht so sicher wie Sie. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie müssen nur beim Infrastrukturministerium schauen!)  – Ich rede gerne mit Ihnen, aber meine Redezeit ist begrenzt. Sie sehen, das Licht blinkt schon. (Abg. Dr. Martin Graf: Ich wollte Ihnen nur einen Tipp geben!)

Im sechsten Absatz – das ist für mich auch nachfragenswert – des Bildungskapitels der Regierungserklärung wird konkret auf das Thema "Moderne Technologien" eingegangen. Dort steht, dass durch eine umfassende Strukturreform und durch Reformen im Studienangebot sowie durch den Einsatz moderner Technologien die Studiendauer wirksam verkürzt werden soll.

Diese Formulierung beweist mir – oder warnt mich davor –, dass Sie unter "neue und moderne Technologien" ausschließlich eine quantitative Veränderung verstehen. Wir Sozialdemokraten wünschen uns aber auch den qualitätsorientierten Zugang und den qualitätsorientierten Gesichtspunkt in dieser Thematik. Die Integration neuer Medien im gesamten Bildungsbereich ist von größter Bedeutung, um neuartige Möglichkeiten in der Wissensvermittlung und in der Lehre sicherzustellen, aber auch, um neue Möglichkeiten des Lernangebotes, etwa eine zeitliche und räumliche Entkoppelung anzubieten. Neue Formen der Strukturierung des Studiums können angeboten werden, zum Beispiel eine stärkere Betonung des eigengeleiteten Studiums und dadurch eine Entlastung der Präsenzvoraussetzungen im Bereich der Wissenschaften.

All das, meine Damen und Herren, wird es wahrscheinlich nicht geben, fürchte ich, denn die Budgetzahlen, die Budgetkürzungen signalisieren etwas anderes. Ich glaube, wir Bildungspolitiker der Sozialdemokratischen Partei machen uns daher zu Recht Sorgen um den Stellenwert der Bildung in Österreich.

Lassen Sie mich, zum Schluss kommend, trotzdem sagen, dass es dringend zu fordern gilt, dass für den gesamten Bildungssektor die notwendigen fachlichen, organisatorischen, strukturellen, institutionellen und materiellen Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser neuen Medien zur Verfügung gestellt werden müssen, denn nur dadurch können die betreffenden Institutionen auf die neuen, gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen die richtigen Antworten geben.

Die Bundesregierung ist unseres Erachtens aufgefordert, ein Universalzugangskonzept für neue Medien für den gesamten Bildungssektor zu erstellen und dessen Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode zu realisieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Anfangs möchte ich zum Thema Massen-Universität noch Folgendes erwähnen: Es wäre vielleicht ganz günstig, würden sich die Abgeordneten dieses Hauses das Biographische Handbuch des Nationalrates und des Bundesrates der Republik Österreich anschauen und einmal nachsehen, wie viele Studienabbrecher hier in diesem Hause sitzen und wie wenige die Mindeststudiendauer eingehalten haben. (Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Auch ich gehöre nicht zu jenen, die die Mindeststudiendauer eingehalten haben. Ich sage es gleich ehrlich: Ich bin aber auch nicht diejenige, die am längsten Medizin studiert hat. Es gibt hier jemanden, der elf Jahre lang Medizin studiert hat, ohne ein Doktorat zu erreichen. Ich habe unter der durchschnittlichen Dauer studiert, wurde auch sub auspiciis praesidentis promoviert (demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Brinek ), aber ich habe sieben Jahre lang gebraucht und habe nicht die Mindeststudiendauer eingehalten. Also wenn schon so kritisiert und auf die anderen herabgeschaut wird, dann betrachten wir doch einmal, wer hier mit uns im Hohen Hause sitzt, wie lange manche studiert haben – und wie erfolglos manche studiert haben! (Beifall bei der SPÖ.)


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Der Hochschulbericht 1999 – erweitert um den Frauenbericht – ist besonders ausführlich. Dafür möchte ich unserem früheren Bundesminister Caspar Einem und den zuständigen BeamtInnen danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns Sozialdemokraten war seit Anbeginn der barrierefreie Zugang zur Bildung ein großes Anliegen, dient Bildung doch der Partizipation an den gesellschaftlichen Ressourcen sowie der Chance für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen.

Erst vor 100 Jahren wurden die Universitäten für Frauen geöffnet. Sie blieben überwiegend gesellschaftlich privilegierten Schichten vorbehalten. Für Abeiterkinder war der Abschluss eines Hochschulstudiums schwierig und entbehrungsreich. Heute noch sind die meisten Absolventen akademischer Studien Akademikerkinder, prozentuell an zweiter Stelle stehen Kinder von Vätern mit Volksschulabschluss. Der Wunsch nach Bildung ist bei diesen Kindern besonders ausgeprägt. Sie müssen viele Entbehrungen auf sich nehmen, um zu ihrem Ziel zu gelangen.

StudentInnen mit Akademikervätern wählen eher atypische wie technische Studienrichtungen und erreichen häufiger einen Studienabschluss. Akademiker verdienen häufig mehr. Sie können es sich leisten, ihre Kinder länger zu versorgen und haben die Vorteile höherer Bildung erlebt. Der prozentuelle Anteil von Töchtern von AkademikerInnen ist unter den Hochschulabsolventinnen ebenfalls ein höherer. Der brutalere Arbeitsmarkt erfordert höhere Qualifikationen.

Das Budget für die Hochschulen soll um zirka 1 Milliarde Schilling gekürzt werden, die Schulen erhalten jedoch mehr. Liegt das daran, dass unser Bildungsministerium jetzt unter der Führung einer Volksschullehrerin steht? Ist Lehrer-Lobbyismus wichtiger als die Zukunft von Jugend, Wissenschaft und Forschung?

Um keine Probleme mit der Lehrerbeschäftigung zu bekommen, wurden Lateinkenntnisse als Studienvoraussetzung beibehalten. In meinen Augen wäre das Forcieren von EU-Sprachen die bessere Antwort auf die Herausforderung einer globalisierten Welt.

Der Lehrberuf ist überwiegend weiblich. Das Positive an dieser Budgetzuteilung ist daher die Förderung von Frauenarbeitsplätzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dr. Hertha Firnberg war die Pionierin für die Öffnung und Demokratisierung der Universitäten – genau das, was Sie jetzt gerade so beklagt haben. Der Akademikeranteil an der Erwerbsbevölkerung stieg von 3,1 Prozent mit einem Frauenanteil von 1,6 Prozent im Jahre 1971 auf 8,6 Prozent mit einem Frauenanteil von 8,2 Prozent im Jahre 1997.

Das Studium ist nicht mehr elitär. In den letzten zehn Jahren stiegen die jährlichen Absolutzahlen der Erstabschlüsse von Frauen um über 60 Prozent, die Steigerungsrate bei den Männern betrug 31,6 Prozent. Obwohl mehr Frauen ein Studium beginnen, gibt es weniger Absolventinnen. Die höhere Drop-out-Rate bei Frauen ist vor allem durch die Geburt von Kindern bedingt. Studentinnen sind häufig Alleinerzieherinnen, Studenten fast nie.

Familienarbeit ist ein Karrierehindernis! Erfolgreiche Männer sind idealerweise verheiratet, haben zwei oder mehr Kinder. Frauen müssen sich zwischen Familie und Karriere entscheiden. Die Verteilung der Lasten der unbezahlten, wenig angesehenen Familienarbeit geht massiv in Richtung Frauen – für die männerorientierte Gesellschaft optimal! Sie setzt die Manövriermasse Frau nach Beliebigkeit und Bedürfnissen ein – vom Mutterkreuz über die Arbeit in Rüstungsbetrieben, als Trümmerfrauen, als Arbeitstiere in schlecht bezahlten, weniger interessanten Berufen, bis hin zur Unterstützung der Karriere des Mannes, zur karitativen Arbeit in der Nachbarschaft, zum Großziehen der Kinder, zum Führen des Haushalts, zur Mitwirkung in Familienbetrieben ohne soziale Absicherung, zur Pflege alter Angehöriger, aber auch zur Teilzeitbeschäftigung, wenn man die Frauen gerade benötigt.

Wir Frauen haben gleiche geistige Interessen wie Männer, wollen eigenes Geld verdienen, ohne uns für Ausgaben rechtfertigen zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.) Kochen, putzen, das Pflegen und Großziehen von Kindern sind nicht unsere angeborenen Begabungen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)


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Aber unser Verantwortungsbewusstsein ist wesentlich größer. Daher sind wir im Beruf weniger flexibel – ein so genannter Unsicherheitsfaktor. Diese Regierung will die Berufs- und Aufstiegschancen der Frauen nicht verbessern, sondern sie mit finanziellen und gesellschaftspolitischen Maßnahmen in die Abhängigkeit von Männern zurückdrängen. Ihre Politik führt zur Unvereinbarkeit von Familie und qualifizierter Vollzeitarbeit, somit zur absoluten Abhängigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Männer haben perfekte Herzeigefamilien mit ihren angepassten, kostenlos mitversicherten Haushälterinnen mit Kinderbetreuungsgeld. Sie brauchen keine Rücksicht zu nehmen, sie können ihre Frauen öffentlich demütigen. Die Teilzeitbeschäftigte, die ihren ökonomischen und sozialen Status ihrem Mann verdankt, muss gute Miene zum bösen Spiel machen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ungeheuerlich! In welcher Welt leben Sie?)

Unser Ziel ist es, den Zugang zur Bildung zu erleichtern, Barrieren zu entfernen, Drop-out-Raten zu minimieren (Abg. Kiss: Glauben Sie diesen Unsinn auch?) und die Karrierechancen für Frauen im Wissenschafts- und Forschungsbereich – wie es unter sozialdemokratischen Wissenschaftsministern der Fall war – weiter zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Ein unglaublicher Unsinn, den Sie da ... verlesen!)  – Herr Hauptschullehrer! Regen Sie sich nicht dauernd darüber auf! Ich halte meine Reden, wie ich will! Halten Sie Ihre Reden, wie Sie wollen, aber schulmeistern Sie nicht dauernd! Das ist doch lächerlich, immer wieder Ihre Schulmeisterei! (Beifall bei der SPÖ.) Gehen Sie zu Ihrer Scientology und lassen Sie mich in Ruhe! (Neuerliche Zwischenrufe. – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Über die Medien erfuhren wir von der ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Drüberfahren!)  – Wir haben relativ kurze Redezeiten, und die können wir nur so einhalten! Sie haben längere Redezeiten! (Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Über die Medien erfuhren wir kürzlich von einer geglückten Handtransplantation, einer medizinischen Spitzenleistung. Die Planung und Hauptarbeit lag bei Frau Professor Dr. Piza, deren Berufung wir Bundesminister Dr. Caspar Einem, der männliche Widerstände überwinden musste, verdanken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Unglaublich! ...! – Abg. Kiss: ... präpotent!) Frau Professor Dr. Piza hat durch ihre Fähigkeiten diese Pionierleistung ermöglicht. Medial ist jedoch jener Arzt präsent, der bei dieser Operation medizinisch am wenigsten geleistet hat.

Das neue Jahrtausend ist noch jung. Kämpfen wir für die Zukunft der Hochschulen, der Wissenschaft und Forschung sowie der Bildungschancen für unsere Jugend und für die Gleichberechtigung der Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Den letzten Satz kennen wir schon auswendig!)

19.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Plank. – Bitte.

19.59

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Brinek hat heute hier gesagt, der Hochschulbericht zeigt die tatsächliche Situation, zeigt in Zahlen gegossen das Hochschulwesen. – Ich stimme ihr zu. Ich würde das sogar noch erweitern. Ich meine, ein Hochschulbericht – noch dazu ein so umfassender, wie er uns diesmal vorgelegt wurde – ist auch eine gesellschaftspolitische Bestandsaufnahme, und diese gesellschaftspolitische Bestandsaufnahme ist eine gute.

Ich habe versucht, die drei Bände des Hochschulberichtes speziell unter einem Aspekt zu durchleuchten, und zwar unter dem des Begriffes der Chancengleichheit. Ich habe diesen Begriff der Chancengleichheit auch im ÖVP/FPÖ-Regierungsübereinkommen gelesen. Was das nun bedeutet, dem wollte ich anhand des Hochschulberichtes auf den Grund gehen. Ich habe mir die spezielle Situation von Frauen an Hochschulen genau sowie einen weiteren Bereich angeschaut, der offenbar bis jetzt nicht besonders viel Aufmerksamkeit in diesem Haus erfahren hat, nämlich den Bereich der Fachhochschulen.


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Auf die Situation von Frauen werde ich kaum eingehen, weil das einige der Vorrednerinnen schon getan haben. Ich möchte mich gerne auf den Fachhochschulbereich konzentrieren.

Die Fachhochschulen sind eine Erfolgsgeschichte; das ist bekannt. Wir wissen, dass aktuell von 7 000 BewerberInnen, die einen Studienplatz an einer FH wollten, nur etwa 3 000 aufgenommen werden konnten. Das beweist – und das ist die Erfolgsgeschichte –, dass es sich auszahlt, das Fachhochschulwesen weiter auszubauen, weil es im internationalen Trend liegt und weil das im Konzept für die Fachhochschulentwicklung und auch im Finanzierungskonzept bis 2005 vorgesehen ist. Ich werde noch darauf zu sprechen kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass so viele junge Menschen an die FHs strömen, ist kein Wunder, weil sie nämlich nach Absolvierung einer FH beste Chancen im Berufsleben vorfinden, und zwar national wie international. Wir haben das in der Debatte zum Fachhochschulbericht schon vor einiger Zeit hier im Nationalrat diskutiert. Es kam damals auch von manchen die Kritik, die Fachhochschulen kosteten zu viel. Mit 85 000 bis 90 000 S fördert der Bund einen Studienplatz an einer FH. Verglichen mit Kosten, die arbeitslose Akademikerinnen oder Akademiker verursachen, ist das wohl nicht besonders hoch.

Ich halte diese Kosten für absolut gerechtfertigt, weil dort eben keine Arbeitslosigkeit produziert wird, sondern kompetente Fachkräfte ausgebildet werden, die alle Chancen haben – national wie international. Ich meine, der Staat ist schon verantwortlich für seine jungen Menschen und für die Chancen, die diese jungen Menschen in Zukunft vorfinden werden.

Herr Dr. Grünewald hat von fehlenden Zukunftsperspektiven in der Hochschulpolitik gesprochen. Er hat gemeint, das sei beunruhigend. Ich teile seine Beunruhigung, aber aus einem anderen Grund: Mich beunruhigt nämlich, den Fachhochschulsektor betreffend, das, was diese Regierung plant.

Obwohl sich diese Regierung, Frau Ministerin, ursprünglich dazu bekannt hat, das Fachhochschulkonzept umzusetzen und damit auch die Finanzierung bis zum Jahre 2005 zu sichern, tönt es speziell seit heute, seit der Budgetrede etwas anders. Wörtlich hat Herr Bundesminister Grasser heute gesagt: Die bewilligten FHs werden finanziert werden. – Ich frage: Was ist mit den anderen, die noch bis zum Jahre 2005 in Planung standen? Was passiert mit den Standorten, die schon vorgesehen waren? Was wird aus den Bereichen der Ausbildung, die nun akut gefährdet sind?

Dem internationalen Trend entsprechend sollte bis 2005 ein Drittel der österreichischen Studenten an FHs studieren – ein Drittel! Mit jenem Ausbaukonzept aber, das der Staat jetzt nur mehr finanzieren will, wird das nicht gelingen können. (Abg. Dr. Grollitsch: Der Einem hat das vorbereitet!)

Ich frage Sie, ob sich die Regierung jetzt schon von diesen Vorhaben und von ihren Pflichten verabschiedet. Ich entnehme nämlich sowohl dem Regierungsprogramm als auch den heutigen Aussagen anderes, und zwar das Bekenntnis zur uneingeschränkten Privatisierung auch im Fachhochschulwesen. Und was das heißt, kann sich jeder gut ausrechnen und gut vorstellen! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sagen Sie uns, was es heißt!)  – Warten Sie, ich sage es! Damit geht Hand in Hand, dass diese privaten Fachhochschulen natürlich auch Studiengebühren einheben dürfen, und sie werden diese Studiengebühren einheben wollen und müssen.

Was heißt das dann für die Chancengleichheit, wenn es FHs ohne Studiengebühren gibt, die vom Staat gefördert werden, und andere, bei denen Studiengebühren eingehoben werden? Ist das der freie Zugang zur Bildung, von dem Sie heute schon gesprochen haben? (Beifall bei der SPÖ.) Das kann nicht die Freiheit zur Lebensplanung sein, die Sie meinen! Das kann ich mir nicht vorstellen. (Abg. Dr. Leiner: Das ist ja sozial gestaffelt!)  – Das werden wir erst sehen, wie sozial gestaffelt das ist.

Wer zahlen kann, kann sich eine Zukunft versprechende Ausbildung leisten. Wer nicht zahlen kann, hat Pech gehabt (Abg. Dr. Leiner: Ich habe nichts gekriegt und habe mir auch das Studium ...!) oder so ähnlich. In diese Richtung geht das: die Zweiklassengesellschaft auch in


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der Bildung als Regierungsprogramm! – Danke. Mein Programm könnte das nicht sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Leiner: Meines auch nicht!)

Sie teilen ein in "reich" und "arm", so wie Sie offensichtlich in "tüchtig" und "nicht tüchtig" einteilen. Leistungsfähige – finanziell gemeint – an die FHs und weniger Leistungsfähige an die Unis, oder wie haben Sie sich das vorgestellt? – Auf jeden Fall ist dieses Konzept sehr beunruhigend. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Es ist nur nicht sozialistisch!)  – Es ist leider nicht sozialdemokratisch, nicht im Sinne der Sozialdemokratie gedacht, wo auf Chancengleichheit und auf sozial Schwache Rücksicht genommen wird. Das ist richtig. Das ist es leider nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich orte noch eine weitere Chancenungleichheit in der regionalen Verteilung der FHs. Ich habe das hier schon einmal gesagt. Wer sich mit der FH-Bewegung in Österreich auseinander setzt, weiß, dass es im Zentralraum Österreichs einen riesigen weißen Fleck gibt, in dem es keine Fachhochschule gibt. Ich erinnere mich sehr ungern an die zynische Bemerkung der Frau Kollegin Brinek, die gesagt hat: Na, so kann es ja nicht sein, dass jedes Dorf seine FH bekommt. (Abg. Dr. Brinek: Ja sicher nicht!)  – Ich stimme Ihnen zu, nicht jedes Dorf. Aber dass es prinzipiell auch das Bekenntnis zur Regionalisierung und zum Abbau von Disparitäten in der regionalen Versorgung gibt, davon höre ich auch nichts mehr. Diesbezüglich meine ich: Das sollte doch noch kommen. (Abg. Dr. Martin Graf: Wer hat die "weißen Flecken" hinterlassen?)

Frau Brinek ist immerhin Bildungssprecherin einer Regierungspartei. Ich habe diese Botschaft sehr genau gehört. Aber wir von der SPÖ werden daran arbeiten, dass es auch anders sein kann, auch wir werden unseren Einfluss nutzen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie haben viel Zeit gehabt!)

Als letzte Bemerkung dazu, weil meine Redezeit fast abgelaufen ist und ich keine Möglichkeit mehr habe, das weiter auszuführen (Abg. Dr. Martin Graf: Wer hat die "weißen Flecken" denn hinterlassen?) : Genauso bin ich von Ihnen enttäuscht, Herr Kollege Grollitsch. Sie haben mir vor einigen Monaten ausrichten lassen, dass Sie sich selbstverständlich für unseren gemeinsamen Wahlkreis, für meinen Bezirk mit einsetzen werden. Hier von diesem Rednerpult aus habe ich jedoch ganz andere Dinge von Ihnen gehört. Kein Wort habe ich von Ihnen noch zur Situation der Bildungspolitik in unserem Bezirk, in Ihrem und meinem Wahlkreis vernommen! Aber Sie haben hier für die Fachhochschule in Feldkirchen in Kärnten plädiert.

Vielleicht ist Ihr Chef in einigen Monaten tatsächlich nicht mehr Ihr Chef, und Sie werden sich für eine Fachhochschule in Oberösterreich aussprechen. Offensichtlich kümmert Sie unser Bezirk sehr, sehr wenig. Das tut mir Leid. Wir werden noch zu tun haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Auer: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Böhacker: Das ist ja unglaublich!)  – Das ist keine Unterstellung, aber es ist eine Gemeinheit, wie Sie hier mit meinen Aussagen umgehen.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte, Frau Abgeordnete, den Ausdruck "Gemeinheit" nehmen Sie zurück!

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (fortsetzend): Den Ausdruck nehme ich dann zurück, wenn sich Herr Dr. Grollitsch davon distanziert, dass er mir blöd zeigt. (Unruhe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Da schau her!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Dann muss ich Ihnen für den Ausdruck "Gemeinheit" einen Ordnungsruf erteilen. – Bitte setzen Sie fort!

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (fortsetzend): Ich werde trotzdem auf die Entschuldigung von Herrn Dr. Grollitsch warten. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf jeden Fall fürchte ich tatsächlich um die Chancengleichheit auch in diesem wichtigen Bildungssektor. Es tut mir sehr, sehr Leid, dass die Entwicklung in diese Richtung geht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Was soll denn diese Gewalt der Sprache?)

20.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch! Darf ich Sie eine Sekunde zu mir bitten? (Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung des Abg. Dr. Grollitsch –: Sei großzügig!)

Zu Wort gelangt als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

20.09

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich zitiere: Ich halte diese Quotenregelung für nicht sinnvoll. – Zitatende.

Das, meine Damen und Herren, ist die bisher unwidersprochen gebliebene Aussage eines der neuen Regierungsmitglieder. Übersetzt heißt das: Die neue Regierung hält es nicht für sinnvoll, bei einer Bewerbung bei gleicher Qualifikation – und ich betone noch einmal: bei gleicher Qualifikation – die Frau zu bevorzugen, um den Frauenanteil im öffentlichen Dienst langsam anzuheben. Das, meine Damen und Herren, macht mich sehr betroffen.

Ich möchte anhand des Hochschulberichtes aufzeigen, warum die Förderung von Frauen ganz besonders in der Wissenschaft notwendig ist.

Waren die letzten Jahre geprägt vom Gedanken der Öffnung der Universitäten, steht jetzt eine permanente Verunsicherung auf dem Programm. Studiengebühren? – Ja oder nein! Oder doch nicht? Spitzenausbildung? – Ja, aber nicht für alle, nur für wenige, und zu diesen wenigen gehören ganz sicher nicht die Frauen. Besser ein Kinderscheck, denn Bildung ist Macht, und mächtig sein sollen nur diejenigen, die die Macht schon haben. Dazu gehören aber nicht die Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Jetzt gehen Sie doch nicht mit dem Einem so scharf ins Gericht!)

In den letzten Jahren wurden im Bereich der Wissenschaft wichtige Schritte in Richtung Frauenförderung unternommen. Dieser schon eingeschlagene Weg muss unter allen Umständen fortgesetzt werden. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sind bereits zu sehen: Im Hochschulbericht ist so etwas wie ein zartes Pflänzchen einer zukünftigen tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen zu erkennen. Er lässt aber auch erahnen, wie viel Sorge und Verständnis notwendig ist, damit dieses Pflänzchen wirklich gedeihen und wachsen kann, denn Frauen sind an den Universitäten nach wie vor stark unterrepräsentiert.

Seit dem Jahre 1995 hat sich der prozentuelle Anteil der Frauen an den Universitäten durch die Maßnahmen eines sozialdemokratischen Ministers erhöht. Die Startschwierigkeiten wurden überwunden, und es ist eine gewisse Bewegung entstanden. Was mir Sorge macht, ist die Frage, wer in Zukunft für Schwung sorgen wird. Dieser Schwung wird notwendig sein, denn die Zahlen sprechen ihre eigene, deutliche Sprache. Es gibt bei den Studienanfängerinnen zurzeit 58 Prozent Frauen – das sind 5 Prozent mehr seit 1995 –, es gibt 43 Prozent Vertragsassistentinnen – das sind 6 Prozent mehr seit 1995 –, 23 Prozent Universitätsassistentinnen – das sind 3 Prozent mehr – und 5,2 Prozent Universitätsprofessorinnen – im Jahre 1995 waren es erst 1,2 Prozent!

Das heißt: In jenen Bereichen, wo es um Machtpositionen geht, wird es eng. Und genau an diesem Punkt muss eine aufgeklärte Gesellschaft beziehungsweise müssen deren Vertreter und Vertreterinnen – im Idealfall wäre das die Regierung – auch ansetzen, und nicht bei einem unfinanzierbaren Kinderscheck und nicht bei der Abwertung eines hier im Parlament beschlossenen Gesetzes, nämlich des Gleichbehandlungsgesetzes.

Die Frage lautet daher: Wie wird die Regierung mit ihrem bisher eher dürftigen Verständnis von Frauenpolitik künftig im Wissenschaftsbereich vorgehen? (Abg. Dr. Martin Graf: Besser als die alte!) Wie wird sie den erfolgreich eingeschlagenen Weg fortführen? Kann sie das Niveau von 1999 überhaupt halten?

Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür wurden in den letzten Jahren geschaffen. Meine Sorge gilt aber den Sicherheiten, den Garantien in Bezug auf diese Gesetze. Wird die neue Regierung


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sie garantieren? Und wie werden die weiteren Entwicklungsschritte von Schwarz-Blau ausschauen?

Meine Damen und Herren! Frauen sind kein Randproblem der Wissenschaft. Erstens kann es sich die Gesamtbevölkerung nicht leisten, auf den weiblichen Anteil der Bevölkerung und ihre Fähigkeiten zu verzichten, und zweitens kann von den Universitäten eine enorme Vorbildwirkung auf die Gesellschaft ausgehen. Dadurch könnte in der Gesellschaft ein Prozess der Bewusstseinsbildung betreffend Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen – wenn man das überhaupt will. Denn das ist die eigentliche Frage.

Einige Alibifrauen allein werden nicht ausreichend sein. Es geht vielmehr um die kontinuierliche Erhöhung des Frauenanteils, und daher fordere ich die Regierung auf, den Weg einer feministischen Politik im Wissenschaftsbereich fortzusetzen und folgende Punkte zu beachten:

Es ist von ungeheurer Bedeutung, dass erstens der weitere Ausbau der Lehrtätigkeit im Bereich der Frauenforschung und der feministischen Wissenschaft stattfindet. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was ist das?) Es ist ganz wichtig, dass Frauenforschungsprogramme und -projekte weitergeführt werden. Es ist ungeheuer wichtig, dass der weibliche wissenschaftliche Nachwuchs gefördert und unterstützt wird, und zwar auch finanziell! Weiters sollen höhere Budgetmittel zum Beispiel nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn die jeweilige Universität frauenfördernde Maßnahmen setzen, die dann auch in den Fakultäten und bis hin zu den Instituten Wirkung zeigen.

Ich fordere also die Regierung, die einen gut aufbereiteten Boden vorfindet, mit Nachdruck auf, die Arbeit des früheren Wissenschaftsministers Einem fortzusetzen. Österreich darf nicht international abgedrängt werden (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Grünewald ), nicht durch die Art Ihrer Außenpolitik, nicht durch die Art Ihrer Innenpolitik, und schon gar nicht durch ein konservatives Frauenbild! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Und schon gar nicht durch Ihre Oppositionspolitik! Ihre Oppositionspolitik übernehmen wir sicher nicht!)

Das kann ich mir vorstellen, dass Sie das nicht übernehmen, denn für Frauen haben Sie nichts übrig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Oh ja! – Abg. Haigermoser: Das stimmt nicht! Nehmen Sie diese Behauptung zurück!)

Weltoffenheit, Chancengleichheit und gemeinsames Arbeiten von Frauen und Männern statt konservativer Männerseilschaften – das ist unser Ziel! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Daher werden wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sehr genau Acht geben, damit unser Bildungssystem keine Rückentwicklung erleidet. Die Gefahr besteht, daher auch meine berechtigte Sorge. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.17

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Provoziert durch einige Äußerungen der Frau Kollegin Plank möchte ich einiges richtig stellen.

Dem Vorwurf, dass der Bereich der Fachhochschulen in den Ausführungen des Finanzministers heute Vormittag nicht ausreichend zur Geltung gekommen ist, muss ich widersprechen. Es wird noch heute von mir ein Antrag eingebracht, der vorsieht, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre eine Lenkung der Studierenden hin zur Fachhochschule erfolgen soll – jedoch nicht unter der Voraussetzung, dass dort eine unfinanzierbare Schule auf sie wartet und damit eine Zweiklassengesellschaft gemacht wird. Das ist nicht das Ziel!

Würde Frau Kollegin Plank das zwischen den Sozialdemokraten und der ÖVP in dieser Angelegenheit ausverhandelte Papier kennen, in dem die Tür zur Einhebung von Studienbeiträgen sehr


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wohl einen Spalt breit aufgemacht wurde, dann würde sie dem Text, der dazu im Regierungsübereinkommen steht, wohl etwas anders gegenüberstehen.

Faktum ist, dass der Ausbildungsweg hin zur Fachhochschule weiter geöffnet werden muss. Faktum ist, dass die Fachhochschule für den Bedarf in der freien Wirtschaft – Herr Kollege Einem wird das gerne bestätigen – konzipiert und eingerichtet wurde. Und Faktum ist auch, dass man auf dem Sektor der Universitäten eine Qualitätssteigerung und eine "Gesundschrumpfung" – gebrauchen wir ruhig dieses Wort! – benötigt.

Ich habe nichts zurückzunehmen oder richtig zu stellen. Eine Geste, die die Frau Kollegin möglicherweise falsch interpretiert hat, hat sich darauf bezogen, dass sie mir unterstellt hat, dass von meiner Seite aus kein Wort zur Förderung einer Fachhochschule in unserem gemeinsamen Wahlkreis gesagt worden sei. (Abg. Gradwohl: Welche Geste war es?)  – Liebe Frau Kollegin! Ich hatte bisher keine Gelegenheit dazu, es werden aber gerade die Idee in Irdning und jene, die in Rottenmann geboren wurde, von unserer Seite rechtzeitig gefördert und betrieben werden. (Abg. Gradwohl: Welche Geste war es?)

Da ich noch keine Gelegenheit hatte, dazu zu sprechen, von Ihnen aber unterstellt bekam, dass uns das nicht kümmert, wollte ich das richtig stellen und habe eine Geste des Hörens – und nichts anderes gemacht (Oh-Rufe bei der SPÖ), denn das verbietet mir meine Erziehung, gnädige Frau. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und gerade Sie von der SPÖ sollten sich in Fragen des Benimms in Anbetracht vergangener Debatten – ich sage nur 0,8 Promille und 0,5 Promille! – hier nicht besonders zu Wort melden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) So etwas kommt von meiner Seite nicht, das verbietet mir die Erziehung, und das habe ich auch dem Herrn Präsidenten in entsprechender Form mitgeteilt.

Ich habe hier nichts zurückzunehmen. Ich bitte nur, sachlich zu bleiben und zur Kenntnis zu nehmen, dass es von meiner Seite aus kein Abrücken von den Forderungen bezüglich Fachhochschulen für unseren gemeinsamen Wahlkreis gibt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.21

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Hochschulbericht, den wir heute diskutieren, hat für mich den bitteren Nachgeschmack, dass darin über die Situation von behinderten Studierenden nichts steht. Es steht darin weder etwas über Chancengleichheit für behinderte Studierende noch darüber, welche Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren zu schaffen sind oder überhaupt in den letzten Jahren geschaffen wurden, und welche Möglichkeiten es für behinderte Menschen gibt, ein Studium oder eine Fachhochschule zu absolvieren.

Die Gründe dafür, warum behinderte Menschen nicht erwähnt werden, sind vielfältig. Vor allem wird es gerade durch die Schulpolitik – und die letzte Schulorganisations-Novelle beweist das wieder sehr deutlich – behinderten Menschen nahezu unmöglich gemacht, über die Hauptschule hinaus eine Ausbildung zu absolvieren. Es ist eben noch nicht selbstverständlich, dass behinderte Menschen ihren Schulweg, ihren Bildungsweg auch in der Oberstufe der AHS machen können. Aber ohne Matura gibt es kein Studium.

Deshalb ist auch die Zahl der arbeitslosen behinderten Menschen so hoch, also eigentlich deshalb, weil Sie, Frau Ministerin, behinderten Menschen bereits von der Volksschule an den Bildungsweg vermiesen. So war es in der Vergangenheit.

Die Zukunft schaut aber noch viel schlimmer und schrecklicher aus. In Ihrem Regierungsprogramm steht zum Thema "Behinderte Menschen" kein Wort, kein Satz, kein Bekenntnis – in all den 125 Seiten! – zu einer qualitativ hochwertigen Bildung für behinderte Menschen. (Abg.


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Dr. Martin Graf: Das stimmt nicht! Es ist sehr wohl drin!) All das, was Sie hineingepackt haben, sind Ausbildungen in Sondereinrichtungen et cetera, et cetera. Und Sondereinrichtungen, meine Damen und Herren, sind keine Hochschulen und auch keine Fachhochschulen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Es steht sehr wohl etwas drinnen! Sie müssen es nur lesen!)

Herr Dr. Graf! Schauen Sie es sich genau an, dann werden Sie sehen, wie Recht ich habe. Ich weiß, dass es Ihnen peinlich ist und dass Sie ein völlig anderes Verständnis von Studierenden und von Leistung von Studierenden haben. Für Sie sind etwa die Schrammen in Ihrem Gesicht noch immer ein Zeichen von Studium, ein Zeichen von Stärke, ein Zeichen von Kraft und Mut. (Abg. Dr. Grollitsch: Da ist etwas Wahres dran!)

Ich frage Sie: Hat jemand, der heute noch glaubt, Stärke zu zeigen, indem er sich Schrammen ins Gesicht machen lässt – und zwar nicht, weil er vielleicht zehn Mal gegen das geschlossene Garagentor gelaufen ist, sondern als Mutbeweis! –, wirklich die Berechtigung, so zu unterscheiden beziehungsweise sich das Recht zu nehmen, eine bestimmte Gruppe von Menschen von der Bildung auszuschließen? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Jung: Sie nützen es schamlos aus, dass Sie ...!)

Selbstverstümmelung ist kein Weg zur Selbständigkeit und zum Selbstbestimmungsrecht! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Grollitsch: Was haben Sie gegen Piercing?)

Sie hätten die Chance gehabt, gemeinsam mit Ihrem Regierungspartner ein Zeichen für behinderte Menschen zu setzen, indem Sie es ermöglichen, dass diese ihr Recht auf Selbstbestimmung in Anspruch nehmen und eine qualitative Ausbildung machen können. Aber das ist Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, auch in Zukunft überhaupt nicht wichtig. Viel, viel lieber ist es Ihnen, wenn behinderte Menschen wieder in ihre Sonderanstalten gehen – hoch oben auf dem Berg, tief drinnen im Wald, denn dort sieht man sie nicht und somit kann man dieses Problem abhaken.

Da Sie jetzt so reden, als ob ich Ihnen unrecht täte, und was ich Ihnen nicht schon wieder alles unterstelle et cetera, möchte ich Ihnen ein anderes Beispiel bringen, und zwar eines, das nichts mit dem Bildungsbereich zu tun hat.

Sie haben sich in Ihrer Fraktion, also bei den Freiheitlichen, Ihr Gehalt um 10 Prozent auf 66 000 S valorisiert. (Abg. Jung: Wer? Die Abgeordneten? Zeigen Sie mir den Abgeordneten, der 66 000 S verdient!)  – Wenn Sie behaupten, der Geldwertverlust sei so groß, dass Sie jetzt, nach vier oder fünf Jahren, eine Aufstockung um 6 000 S brauchen, dann frage ich Sie, warum Sie das nicht auch beim Pflegegeld für richtig halten! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ja ungeheuerlich!)

Gerade das Pflegegeld ist eine wesentliche Unterstützung auch für studierende Menschen, damit sie sich ihre persönlichen Assistenzen, die sie an der Uni ganz einfach brauchen, finanzieren können. Aber dafür gibt es bei Ihnen keinen Muckser, und Ihren eigenen wortidentischen Antrag haben Sie in der vorletzten Sitzung abgelehnt.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Nehmen Sie sich nie mehr das Recht, zu sagen, dass Sie sich für die Interessen behinderter Menschen einsetzen! (Ruf bei den Freiheitlichen: Wir tun es aber!) Seit Sie in der Regierung sind, haben Sie – bis jetzt – genau das Gegenteil getan! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Jung: Was haben Sie jetzt eigentlich gesagt? – Abg. Dr. Martin Graf: Wir haben in sechs Wochen nicht alles umgestellt! Das ist richtig!)

20.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

20.27

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin, Sie haben jetzt ein riesiges Bildungsministerium, dafür werden Sie eine


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gesamthafte Sicht der Dinge brauchen. Ich möchte zunächst auf den Hochschulbericht eingehen und daran einige Bemerkungen anschließen.

Der vorliegende Hochschulbericht 1999 ist ein umfassender, ein außerordentlicher Bericht, der zeigt, dass die Zahl der Maturanten und Maturantinnen jährlich um 3 Prozent ansteigt. Der Frauenanteil lag dabei zuletzt bei 55 Prozent. Damit steigt auch die Zahl der erstzugelassenen inländischen ordentlich Studierenden an den Universitäten weiterhin an. Im Jahre 1995/1996 waren es noch 23 Prozent, im Jahre 1998/1999 waren es zusammen mit den Fachhochschulen bereits 25,5 Prozent, wobei signifikant ist, dass der Anteil der Frauen bei diesen Anfängern mit 28,7 Prozent deutlich höher liegt als der der Männer mit 22,5 Prozent.

Zu Beginn des Wintersemesters 1998/1999 gab es über 200 000 Studierende. Der Frauenanteil lag dabei insgesamt bei über 50 Prozent. Das ist sicherlich ein ganz großer Erfolg der Bildungspolitik der vergangenen Jahrzehnte!

Bedauerlicherweise hat sich der soziale Zugang zu den Universitäten kaum verändert. Nach wie vor bevölkern mehr Kinder Selbständiger und Freiberufler die Universitäten, als dies etwa bei Kindern von Arbeitern und Angestellten der Fall ist.

Im Ansteigen begriffen ist die Zahl der ausländischen Studierenden. Der Ausländeranteil lag bei 12 Prozent. Der Hauptteil kommt aus Italien, Südtirol und Deutschland. Insgesamt 53 Prozent kommen aus EU-Staaten und 27 Prozent aus Entwicklungsländern.

Alles in allem kann man also mit der Entwicklung der Universitäten zufrieden sein. Es ist zu hoffen, dass es bei diesen positiven Zahlen bleiben wird. Ich möchte an dieser Stelle auch ausdrücklich den Beamten und Beamtinnen des Ministeriums, die wesentlich an den großen Reformen der vergangenen Jahre beteiligt waren, etwa an der Entstehung und Entwicklung des Fachhochschulsektors, danken. Sie haben große Leistungen vollbracht. – So viel dazu.

Wie gesagt: Ich hoffe, es bleibt so. Ich hoffe, dass die beabsichtigte Kürzung um eine Milliarde Schilling nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Der Rektor der Technischen Universität Wien, Peter Skalicky, hat gesagt: Irgendwie hat man den Eindruck, die Republik verabschiedet sich von den Universitäten. – Ich hoffe, dass das nicht so ist, weil es in den vergangenen Jahren mit dem UOG 1993 und dem UniStG 1997 durchaus positive Ansätze gegeben hat. Sie haben den Universitäten mehr Autonomie gebracht, die Studienkommissionen haben die Möglichkeit erhalten, die Lehrpläne bis zum Jahre 2002 selbst zu gestalten, und es wurden wesentliche Geldmittel aus dem Drittmittelsektor erschlossen – ein Hoffnungsbereich für die Universitäten, wie auch der Präsident der Rektorenkonferenz, Georg Winckler sagt. – So viel zu den Universitäten.

Zur gesamthaften Sicht der Dinge gehört aber auch die Verantwortung für das, was an den höheren Schulen, an den Hochschulen, an den Schulen insgesamt geschieht, was als Mainstreaming passiert. In diesem Zusammenhang hätte ich Sie, Frau Ministerin, da es in Ihren Verantwortungsbereich gehört, erstens gerne gefragt, ob es stimmt, dass der Landesschulrat für Oberösterreich einen Erlass herausgegeben hat, demzufolge in den Schulen im Unterricht nicht mehr auf die gegenwärtige politische Situation eingegangen werden darf.

Zweitens möchte ich aus einer ganz merkwürdigen Broschüre zur Sucht- und Drogenabhängigkeit zitieren, zu der Sie persönlich auch das Vorwort geschrieben haben. Dieses Vorwort, das muss ich zugeben, ist völlig unverfänglich. Der Landesschulrat für Kärnten, der Präsident des Landesschulrates für Kärnten, hat diese Broschüre mit dem Titel "Life in Line" in den Schulen verteilen lassen. Die Vision von "Life in Line" ist es, ein umfassendes landesweites Umdenken in Richtung einer positiven Jugendkultur zu bewirken.

Ich möchte Sie damit konfrontieren und wissen, was Sie davon halten, dass auf einer Seite Herr Reichhold, Landesjugendreferent, gemeinsam mit dem Jugendreferenten inseriert: "Die Zwei tun was. Für Dich.", und dass sich dann, auf einer Doppelseite – und das wurde, wie schon gesagt, den Schulen zugestellt! – der mutigste "Antidrogenkämpfer" Österreichs – wer ist das wohl? –, also der mutigste Antidrogenkämpfer Österreichs, Herr Landeshauptmann Haider,


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darüber verbreiten darf, dass sein "traurigster Tag" seine "Abwahl als Landeshauptmann im 91’er Jahr" war, weil er "dies als tiefes Unrecht empfunden habe." (Abg. Dr. Petrovic: Unglaublich!)

Abgeordneter Pirker verbreitet sich ebenfalls auf zwei Seiten darüber – ich zitiere –: "Alles Gute, das uns über die Liberalisierung erzählt wird, sind Märchen – und nichts anderes!"

Und dann kommt es noch zum Mainstreaming, nämlich zu einem breiten Artikel mit dem bezeichnenden Titel: "Sex ist nicht genug!" Darin heißt es – ich zitiere –:

"Was macht mich glücklich? Um also beim Thema zu bleiben und es klar vorweg zu sagen: Sex ist es nicht. Wie der Umgang mit Genussmitteln aller Art ist die Sexualität ein Lebensbaustein, der viel Verantwortung und reifes Bewusstsein erfordert ..." Und mehrere Absätze weiter heißt es: "Einige erzählten uns sogar Dinge von ,mich kriegt keiner, nur der, den ich mal heiraten werde ...‘. Dies offen darzulegen, beeindruckte uns. Wie sehr überholt erscheint doch solch frommer Lebenswandel, einem mittelalterlichen Heldenepos ähnelnd, wenn du gerade aus Jahren des Arrangements offener Betten und tabuloser, aufgeklärter Sexualität ins nächste Jahrtausend stolperst?"

Weiters liest man – ich zitiere –: "Jungs, die sich trotz massivem Druck in der Lendengegend in die Wogen der Vernunft begeben und Verantwortung in Stilechtheit leben, scheinen clever. Sie genießen später weit intensivere Beziehungen, auch intensivere Sexualität."

Und zum Abschluss: "In unserem Kopf bewegen sich schlussendlich zwei Modelle gegensätzlicher Moral. Auf der einen Seite steht der nüchterne Junge, der täglich seine kalte Dusche nimmt und unentwegt Ausschau nach seiner Prinzessin hält. Auf der anderen Seite wackelt uns der absolute ,Stecher‘, meinetwegen der Zuchthengst der Schule, halblässig entgegen. Wer denn letztendlich die besseren Karten hat, wenn’s darum geht, irgendwann mal ... eine verbindliche, glückliche Partnerschaft einzugehen? Die Herz-Ass befindet sich beim holden Prinzen, der in seinem Edelmut die alte Schule des Herzenseroberers versteht und sein Mädchen glücklich machen wird. Und ... irgendwie hat mir dies alles schon mal meine Großmutter erzählt, wusste damals aber nicht, wie recht sie hat ..." – Zitatende.

Ist das die neue Zeit, die jetzt mit Ihnen anbricht: die neue Zeit, der neue Geist, den Sie uns mit Ihrer Regierung bescheren? Ich nehme an, dass Sie das Ganze nicht gelesen haben, als Sie das Vorwort verfasst haben. Ich nehme auch an, dass dieses Vorwort jemand anderer für Sie verfasst hat. Denn ich kenne Sie aus der Vergangenheit und glaube daher nicht, dass Sie diesen Unsinn der Landesschulräte von Oberösterreich und Kärnten offiziell dulden, durchsetzen, tolerieren oder was auch immer. Ich denke nicht, dass Sie hinter diesem Unsinn stehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Was hat das mit dem Hochschulbericht zu tun?)

20.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Frau Ministerin.

20.36

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, hier einige Sachen klarzustellen. Der Landesschulrat für Oberösterreich hat vollkommen korrekt gehandelt. Der Landesschulrat hat den Schulen mitgeteilt, dass parteipolitische Werbung und Agitation jeglicher Art verboten sind. Ich halte das für richtig. Das war die Aufgabe des Landesschulrates für Oberösterreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lieber Herr Kollege Posch, Ihre Anregung, genauer zu schauen, wofür man ein Vorwort schreibt, nehme ich gerne auf. Es werden von mir sehr viele Vorworte zu sehr vielen Publikationen verlangt, und ich werde mir dieses Heft sehr genau anschauen.


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16. Sitzung / Seite 146

Ich möchte aber noch etwas klarstellen, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Was heute hier über Fachhochschulen gesagt wurde, ist schlicht und einfach falsch! In der Rede des Herrn Finanzministers steht – ich zitiere –: Die "bewilligten Fachhochschul-Studiengänge werden finanziert" werden! "Werden finanziert", meine Damen und Herren! Ich kann doch nicht unbewilligte Fachhochschul-Studiengänge finanzieren! Es werden neue Fachhochschul-Studiengänge finanziert, wenn der Fachhochschulrat wieder getagt und neue Fachhochschulgänge bewilligt hat. Und diese bewilligten Fachhochschul-Studiengänge werden finanziert. Ich weiß nicht, was an diesem Satz nicht richtig ist. Dieser Satz ist absolut richtig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte bezüglich der Fachhochschulen Folgendes klar feststellen: Fachhochschulen wurden von Herrn Bundesminister Busek initiiert und gesetzlich verankert. Fachhochschulen sind ein sehr wichtiges Angebot im tertiären Bereich. Dass es womöglich total privat finanzierte Fachhochschulen geben könnte, wurde bereits in das damalige Übereinkommen mit der SPÖ aufgenommen, und in Analogie zu dem von Ihnen vorgelegten Gesetz betreffend Privatuniversitäten wurde die gleiche Möglichkeit geschaffen, nämlich dass es auch für zur Gänze privat finanzierte Fachhochschulen möglich sein soll, Studiengebühren einzuheben – genauso wie bei den total privaten Universitäten. Ich finde, da gilt der Gleichheitsgrundsatz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zum Budget noch ein paar Worte sagen. Es ist nicht so, wie Frau Kollegin Pittermann gesagt hat, nämlich dass die Universitäten weniger erhalten, die Schulen aber nicht gekürzt werden. Es hat jedes Kapitel, sowohl das Unterrichtskapitel als auch das Wissenschaftskapitel, 15 Prozent an Einsparungen bei den Ermessensausgaben zu erbringen. Allerdings habe ich mit dem Finanzminister ausverhandelt, dass wir Schwerpunkte setzen können, und das halte ich für vernünftig und für richtig. Wir haben damit immerhin erreicht, dass in Kapitel XIV, im Wissenschaftskapitel, bei den Personalkosten 1,4 Milliarden Schilling dazugekommen und damit die gesamten Personalkosten der Universitäten abgedeckt sind.

Frau Kollegin Pittermann, ich bin sehr verwundert über das, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt, wahrscheinlich kommt das daher, weil die Ministerin eine Volksschullehrerin ist. (Abg. Kiss: Darum habe ich mich auch so empört!) Ich hätte geglaubt, dass es gerade in der SPÖ derartige Standesdünkel nicht mehr gibt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun noch zu den Äußerungen der Frau Kollegin Haidlmayr. – Liebe Frau Kollegin Haidlmayr, ich habe mich in den letzten vier Jahren sehr darum bemüht, die Integration sowohl gesetzlich zu verankern – das ist uns gelungen! – als auch, sie umzusetzen.

Ich stelle dezidiert fest: Körperlich behinderte Menschen und sinnesbehinderte Menschen haben jede Möglichkeit, zur Matura zu gelangen. Wenn Sie den Hochschulbericht wirklich gelesen hätten, dann hätten Sie gesehen, dass im Band 1 auf den Seiten 131 und 132 sehr wohl die Gruppe der behinderten Menschen angesprochen wird!

Es wird sehr wohl gesagt: Der Bedarf nach spezifischer Beratung ist gestiegen, was den Schluss zulässt, dass Maturantinnen und Maturanten mit Behinderungen vermehrt eine universitäre Ausbildung anstreben. (Abg. Haidlmayr: Wie viele sind es wirklich?) Aus diesem Grund wurde 1997 gemeinsam mit dem Verein UniAbility erstmals ein eigener Studienführer für behinderte und chronisch kranke Studierende herausgegeben. Liebe Frau Kollegin! Ich bitte Sie, das wirklich auch zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zur Diskussion steht heute der Hochschulbericht für die Jahre 1996 bis 1998, ein Bericht über Leistungen, Zustand und Herausforderungen an den Universitäten. Heute bezeichnet man so etwas als Controlling-Instrument, mit dessen Hilfe auch bei späteren Berichten Vergleiche angestellt werden können.

Ich möchte doch festhalten, dass aus diesem Bericht hervorgeht, dass unsere Universitäten einen hohen Stellenwert haben und dass an unseren Universitäten gute Arbeit geleistet wird. Dafür möchte ich mich bei den dort Lehrenden, bei den Professoren, beim Mittelbau und bei


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allen, die in der Verwaltung tätig sind, herzlich bedanken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass es noch Verbesserungen geben muss und Dinge anders gestaltet werden müssen, ist die Aufgabe für die Zukunft. Ich glaube, wir sollten unser Augenmerk besonders auf die zukünftigen Herausforderungen legen, die sich im Universitätsbereich, im Wissenschaftsbereich und im Forschungsbereich ergeben.

In der vorletzten Legislaturperiode wurde mit dem UOG 1993 der Schritt von der staatlich geleiteten zur unternehmensähnlichen Universität getan. Als Nächstes folgt nun der Schritt zu Universitäten mit eigener Rechtspersönlichkeit. Dabei geht es nicht darum, Angst und Unsicherheit zu verbreiten, wie hier angedeutet wurde, sondern es geht um die Schaffung neuer Selbständigkeiten und Verantwortlichkeiten in einem neuen Zeitalter. Es geht um den selbständigen und verantwortlichen Umgang mit den Ressourcen.

Sie können sicher sein – ich werde der Garant dafür sein –, dass die Universitäten auch dann, wenn sie in der Vollrechtsfähigkeit sind, so wie die Museen ihr gesetzlich abgesichertes Budget haben, mit dem sie verantwortungsvoll, und zwar sehr verantwortungsvoll, umgehen müssen. Sie müssen selbst Schwerpunkte setzen, und ich glaube, das können die Universitäten sehr gut. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Bericht enthält auch einen großen Abschnitt über die Förderung von Frauen an den Universitäten und in der Wissenschaft. Ich begrüße das. Ich begrüße dieses breite Förderungsspektrum, und ich werde persönlich dafür Sorge tragen, dass gerade in diesem Bereich alle Maßnahmen weitergeführt werden, damit der nächste Bericht gerade in diesem Bereich genauso umfangreich sein wird. Denn es ist mir ein Anliegen, besonders Frauen an den Universitäten verstärkt zu fördern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich nenne nun in Schlagworten, was es noch zu tun gibt: Ein neues Dienstrecht für Universitätslehrer, die Schwerpunktsetzung an den Universitäten – ich möchte dazu festhalten, im Budget sind ausdrücklich Schwerpunkte wie internationale Zusammenarbeit und Schwerpunkte im Forschungsbereich nicht gekürzt worden –, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die uns ein großes Anliegen sein wird, ebenso wie die Forcierung der Europäisierung und der Internationalisierung. Es wurden auch die internationalen Bereiche nicht gekürzt, etwa betreffend die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Für all das ist im Budget das Notwendige vorhanden.

Kürzen mussten wir – das sage ich ganz klar und ganz deutlich – im Bereich der Investitionen für Einrichtungen im Schulbereich sowie im Universitätsbereich. Manche Dinge werden vielleicht verschoben werden müssen. Meine Damen und Herren! Dazu sage ich aber: Es gilt, ein Budgetloch zu bewältigen. Und dabei verhält es sich wie in einer Familie: Wenn weniger Geld da ist, dann wird man dafür sorgen, dass man etwas zum Essen und zum Anziehen hat und dass die Kinder in die Schule gehen. Aber das neue Wohnzimmer wird man sich erst dann kaufen, wenn man wieder Geld hat, vielleicht in ein bis zwei Jahren. – Ich glaube, dass man diese Reife auch von unseren Bildungsinstitutionen verlangen kann! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist mein Appell: Wer wirklich etwas Positives erreichen will, der soll mit der Panikmache aufhören, etwa mit der Panikmache durch Befragungen über Studiengebühren, die überhaupt nicht geplant sind, mit der Panikmache über Kürzungen, die überhaupt nicht geplant sind, mit der Panikmache im Inland und mit der Panikmache im Ausland! Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur brauchen es, dass sie auf breiter Basis von der Politik getragen werden, und um diese breite Zusammenarbeit ersuche ich Sie auch in der kommenden Legislaturperiode! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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16. Sitzung / Seite 148

20.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

20.45

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Trotz Ihrer Ausführungen ist es Ihnen nicht gelungen, die von Frau Abgeordneter Plank geäußerten Bedenken im Hinblick auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Bereich der Fachhochschulen zu zerstreuen. Wir werden das sehr genau beobachten.

Eigentlich habe ich mich aber aus einem anderen Grund zu Wort gemeldet. Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin der Ansicht, dass es ein beredtes Zeichen für das Demokratieverständnis der Freiheitlichen ist, wenn Kollege Grollitsch sagt, dass seine Bildung und seine Erziehung es ihm verbieten würden, die von Kollegin Plank behaupteten Gesten gesetzt zu haben.

Herr Kollege Grollitsch! Ich fordere Sie auf: Seien Sie Manns genug – wie es Frau Abgeordnete Plank hier am Rednerpult war – und stehen Sie zu Ihren Gesten, die nicht nur sie gesehen hat, sondern die auch andere Abgeordnete dieses Hauses beziehungsweise meiner Fraktion gesehen haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Ihr wart alle nicht da! – Zwischenruf des Abg. Jung. )

Seien Sie Manns genug und verstecken Sie sich nicht hinter Ihrer Ausbildung – wie Sie es dargestellt haben –, sondern zeigen Sie Größe, und zwar nicht nur körperliche, sondern auch menschliche Größe! Stehen Sie zu Ihrer Geste und entschuldigen Sie sich bei Frau Abgeordneter Plank für das, was Sie getan haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher schließe ich die Debatte.

Seitens des Berichterstatters liegt kein Wunsch nach einem Schlusswort vor.

Daher kommen wir zu den einzelnen Abstimmungen.

Als  Erstes  stimmen  wir  ab  über  den  Antrag  des  Ausschusses, den vorliegenden Bericht in III-15 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Berichtes stimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Brinek und Genossen betreffend Schwerpunktsetzung im Bereich Wissenschaft, Forschung, Technologie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 6.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen betreffend uneingeschränkte Veröffentlichung der Lehrveranstaltungsbewertung.

Auch hier darf ich bitten, dass jene Damen und Herren, die dem Antrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen betreffend Forschung zur Fremdenfeindlichkeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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16. Sitzung / Seite 149

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-21 der Beilagen) des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (30 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schöggl als erster Redner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte.

20.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wenn wir den Bericht des Universitätenkuratoriums diskutieren, dann können wir an und für sich nahtlos an die Diskussion des Hochschulberichtes anknüpfen, weil auch in diesem ähnliche Probleme aufgezeigt und entsprechende Vorschläge gemacht werden.

Vorerst möchte ich allerdings einige grundsätzliche Anmerkungen zum Universitätenkuratorium machen. – Dieses Kuratorium wurde in erster Linie zur Beobachtung und Evaluierung des Kippens der Universitäten in das UOG 1993 eingerichtet. Es arbeitet mit hohem Engagement und liefert pflichtgemäß den jährlichen Bericht ab. Es besteht allerdings die Frage, inwieweit dieser Bericht verbindlich ist, inwieweit also Maßnahmen oder Konsequenzen aus diesem Bericht abzuleiten sind beziehungsweise ob es sogar etwas wie zeitliche Vorgaben zur Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen geben soll.

Meine Damen und Herren! Die Antwort auf diese Frage ist, dass eher unverbindliche Empfehlungen darin enthalten sind, und daraus ziehe ich den Schluss, dass die Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse des Universitätenkuratoriums neu definiert werden müssen.

Zu einigen Punkten dieses Berichts: Es sind nun alle Universitäten – wie schon erwähnt – in das neue UOG gekippt. Das wurde auch entsprechend gefeiert. Dennoch beginnen die Universitäten nur sehr zögerlich, die neuen Möglichkeiten der Autonomie zu nützen.

Im Bericht wird aber auch ganz klar ausgesagt, dass Strukturreformen besonders im Bereich der Kleinstinstitute notwendig beziehungsweise unabdingbar sein werden, dass diese besonders zur Effizienzsteigerung und Qualitätssteigerung unseres Universitätswesens notwendig sein werden. Außerdem werden Ausstattungsdefizite geortet, allerdings wird – wie wir wissen – Geld immer wieder knapp sein. Im Hinblick darauf werden Prioritäten eingefordert, um diese Ausstattungsdefizite schwerpunktmäßig beseitigen zu können. Wir würden allerdings etliche deutlichere Hinweise hinsichtlich der Vorgangsweise und konkretere Ansätze betreffend der Schwerpunktbildung erwarten.

Außerdem wird darauf hingewiesen, dass inneruniversitäre Planungsabläufe noch suboptimal laufen und zu verbessern sind und dass Verwaltungsstrukturen zu optimieren sind. All das sind aber mehr oder weniger bekannte Tatsachen, daher wären auch diesbezüglich konkretere Hinweise des Universitätenkuratoriums und exaktere Ansätze, wo man konkrete Maßnahmen sehr rasch umsetzen soll, wünschenswert. Das Universitätenkuratorium bleibt dies aber mehr oder weniger schuldig.

Es wird zum Beispiel ein Management-Informationssystem gefordert, das Kennzahlen liefern soll, damit die Effizienz unseres Hochschulsystems leichter, rascher und durchschaubarer evaluiert werden kann, aber auch in diesem Zusammenhang fehlt das Wie.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vorschläge des Universitätenkuratoriums sind beachtenswert, wenn sie auch mehr präzisiert werden sollten. Sie sollten beachtet und umgesetzt werden,


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16. Sitzung / Seite 150

und es wird sich sehr rasch herausstellen, was für die Universitäten wirklich gut ist. Allein aus diesem Grund, im Eigeninteresse der Universitäten, werden die genannten Maßnahmen raschest umgesetzt werden müssen.

Der Bogen spannt sich von der inneruniversitären Zusammenarbeit – diesbezüglich wird die sich teilweise konkurrenzierende Universitätsstruktur, insbesondere, was die Kurien betrifft, kritisiert – bis zum heute schon sehr oft angesprochenen reformbedürftigen Dienstrecht.

Sehr geehrte Frau Minister! Es ist viel zu tun im universitären Bereich. Aber auch die Universitäten selbst müssen sich beweglich und reformfreudig zeigen, um sich den Anforderungen des internationalen Wettbewerbs und den Anforderungen der internationalen Scientific Community stellen zu können und ihnen zu entsprechen. Wir sind aufgefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Universitäten ermöglichen, Spitzenlehre und Spitzenforschung anzubieten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geben wir den Universitäten ihre schon lange gewünschte Freiheit, ein modernes Dienstrecht und Planungssicherheit über mehrere Jahre! Dann werden wir in Zukunft der Wirtschaft bestqualifizierte Fachleute und der Wissenschaft engagierte, erfolgreiche Forscher zur Verfügung stellen können. Ich habe noch die eindrucksvolle Budgetrede von Minister Grasser im Ohr, der ein ganz klares Bekenntnis dazu abgelegt hat: Es müssen alle Möglichkeiten zur Förderung von Wissenschaft und Forschung und unseren Universitäten genützt werden. – Ich denke, dass wir da auf einem guten Weg sind, und das zum Wohle unserer Wirtschaft, unserer Wissenschaft und zum Wohle Österreichs! – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rada. Ich stelle 5 Minuten Redezeit für Sie ein. – Bitte.

20.56

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Heute ist offensichtlich der Tag der Berichte und der Debatten darüber den ganzen Tag über.

Wenn mein Vorredner gesagt hat, dass der Kuratoriumsbericht eine eher nichtssagende Struktur hat, muss ich dem entschieden widersprechen. Daher begrüße ich auch sehr, dass dieser Bericht erstmalig in einer Plenardebatte zur Behandlung kommt. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich begrüße auch den Inhalt dieses Berichtes. Das Kuratorium hat sicherlich über seine ursächlichsten Aufgaben als reine Gutachter- und Beratungsinstanz des Bundesministers hinaus sehr, sehr wertvolle Arbeit geleistet. Es hat sich insbesondere mit Evaluationen beschäftigt, und es ist im Zusammenhang mit einer heutigen modernen Universität absolut nicht mehr wegzudenken, dass internationale Evaluierungen vorgenommen werden. Hauptaufgabe dabei ist natürlich, dass all diese Evaluierungsmaßnahmen auch Folgen zeitigen. Denn es wird relativ wenig nützen, wenn wertvollste Vorschläge unterbreitet, aber dann nicht in die Tat umgesetzt werden.

Wenn auch Kritik, konstruktive Kritik geäußert wurde, so muss man doch festhalten, dass die vielen Kleinstinstitute, die es in unserer Universitätslandschaft noch immer gibt, tatsächlich einmal zu größeren Institutionseinheiten zusammengefasst werden müssen. Denn deren Strukturen – auch das wurde bereits angeschnitten – werden sich ebenso wie die Kurienstrukturen, die alle möglichen Reformansätze in sich von vornherein blockieren, in der internationalen universitären Entwicklung sicherlich nicht wirklich bewähren können.

Mir scheint es sehr wesentlich zu sein, dass dieses Kuratorium sich mit einer österreichweiten Evaluierungsagentur beschäftigt. Denn wenn man diese Arbeiten sinnvoll durchführen möchte – so wird etwas ironisch angemerkt –, dann wird es bald an qualifizierten Evaluierern in Österreich mangeln, es wird eng werden.


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Ich möchte das auch zum Anlass nehmen, Sie, Frau Bundesministerin, zu fragen – insbesondere da wir jetzt nach den autonomen Lehrplänen auch im Pflichtschulbereich diese Evaluierungsmaßnahmen immer mehr brauchen –, ob es nicht an der Zeit ist, auch diesen Lehrern notwendige Hilfestellungen zu geben. Denn das Zauberwort heißt "Selbstevaluierung", und es wird mitunter nicht jede Schule wirklich in der Lage sein, diese Evaluierungen vorzunehmen. Am wesentlichsten daran ist, dass daraus Konsequenzen gezogen werden und sich Wirkungen ergeben, damit es durch diese Maßnahmen nicht etwa zu einer Verklärung der bestehenden Ist-Situation kommt.

Insgesamt sehe ich in diesem Bericht sehr viele positive Ansätze. Abschließend möchte ich noch besonders hervorstreichen, dass international eine Datenerfassung vorgenommen wurde, die auch im österreichischen Hochschulbereich ihren Niederschlag gefunden hat. Dies ist die Voraussetzung für eine effiziente Mittelnutzung und Budgetgestaltung.

Wichtig wird dabei sein, dass diese Daten nicht allein online im Computer gespeichert sind, sondern dass auch alle jene, die diese Daten brauchen, den Zugang dazu bekommen. All das hat, im internationalen Kontext gesehen, sicherlich Auswirkungen im Hinblick auf eine hervorragend qualifizierte Universität. – Ich erwarte mir insgesamt einen mindestens ebenso guten Bericht über das Jahr 1999. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich komme gleich zum Kuratoriumsbericht, da ich mit Kollegin Plank jetzt kein klärendes Wort wechseln kann, weil sie nicht im Saale ist.

Zum Universitätskuratorium grundsätzlich: Frau Bundesminister! Sie werden sich an die Zeit der Entstehung dieses Kuratoriums erinnern, und Sie werden auch wissen, wie sehr von unserer Seite Kompetenz für dieses Gremium eingefordert wurde. Wir sind glücklich darüber, dass es nun ein solches gibt. Wir sind aber nicht glücklich darüber, dass dieses nur mit solch bescheidenen Möglichkeiten und Ressourcen ausgerüstet ist. Vielleicht kann dieser Nachholbedarf aber in allernächster Zeit gedeckt werden.

Der durchaus kritische, gute Bericht unterstellt den Universitäten, dass sie schwerfällige Verwaltungsstrukturen hätten, dass ein Hochschullehrer-Dienstrecht fehlte, dass die Forderungen nach vergleichbarer Qualität und Zugangssteuerung von Studierenden zu Uni und FH fehlten, dass es Kompetenzprobleme an den Unis gebe und dass der Geltungsbereich der autonomen Budgetverantwortlichkeit zum Zeitpunkt der Berichterstattung 1998 noch zu klein sei, weil damals die Uni Wien noch nicht gekippt war. Weiters werden vom Kuratorium das Fehlen mehrjähriger Budgetrahmen und die schleppende Einführung von Managementinformationssystemen kritisiert.

Auf diese Kritiken geht nun ein Antrag der Freiheitlichen und der ÖVP ein, der folgenden Wortlaut hat:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Grollitsch, Dr. Brinek und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-21 der Beilagen) des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (30 der Beilagen) betreffend Universitätsorganisationsreform

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen in Richtung einer Ausweitung der Universitätsorganisationsreform unter Einbeziehung unter anderem nachstehender Forderungen zu schaffen:

Weiterentwicklung der Universitätsreform zu voller Rechtsfähigkeit

Schaffung von Globalbudgets für Universitäten zur selbstverantwortlichen Gestaltung

Modernes leistungsorientiertes Dienstrecht mit der Möglichkeit, zwischen Universität und Privatwirtschaft zu wechseln, und der Förderung beruflicher Mobilität

Verbesserung der Chancen junger Akademiker, in wissenschaftliche Karrieren einzusteigen

Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung des Universitätswesens mit dem Ziel, dass Verwaltungswege für Studierende in kürzester Zeit abgeschlossen sind

Strukturreform und Effizienzsteigerung zur Verkürzung der Studiendauer durch Reformen des Studienangebotes und Wissensvermittlung mit modernen Technologien, Verbesserung der Binnenorganisation der Universitäten

Verpflichtende regelmäßige Evaluierung mit Konsequenzen zur Verbesserung von Lehre und Forschung, Schwerpunktsetzung der Universitäten über die derzeitigen Institutionengrenzen hinaus

Schaffung privat finanzierter Fachhochschul-Studiengänge

Schaffung von Voraussetzungen, dass bis 2005 ein Drittel der Studienanfänger an Fachhochschulen studieren können (Fachhochschulentwicklungsplan II) etc."

*****

Frau Bundesminister! Sie waren beim letzten Tagesordnungspunkt hilfreich, indem Sie aufgeklärt haben, was bezüglich der Regierungsvorstellungen missverstanden wurde. Ihr Beitrag und, wie ich hoffe, auch dieser Antrag sollten Klarheit dahin gehend schaffen, dass es die Regierung nicht darauf abgesehen hat, eine Zwei-Klassen-Bildungsgesellschaft zu formen, sondern dass einerseits den Privatinitiativen im Fachhochschul- und Universitätsbereich Raum zur Entwicklung gegeben werden soll, dass aber gleichzeitig Universitäten und Fachhochschulen auch so offen wie möglich für alle bildungshungrigen jungen Österreicherinnen und Österreicher bleiben sollen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

21.06

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Uns liegt heute zur Beratung nicht nur der Hochschulbericht vor, sondern – wie wir bereits gehört haben – auch der Tätigkeitsbericht des Universitätskuratoriums aus dem Jahre 1998. Drei meiner Vorredner sind bereits darauf eingegangen.

Ich möchte vorausschicken, dass dieses Kuratorium auch in Zukunft ein wichtiger Begleiter im universitären Bereich sein wird. Ich möchte heute ein Dankeschön allen Mitgliedern des Kuratoriums sagen, die bisher gute Arbeit geleistet haben. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Tätigkeitsbericht aus dem Jahre 1998 enthält sehr viele Verbesserungsvorschläge, und viele dieser Vorschläge wurden bereits realisiert und umgesetzt. Ich möchte an dieser Stelle be


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16. Sitzung / Seite 153

tonen, dass dieser Tätigkeitsbericht bereits im März 1999 fix und fertig vorlag, leider aber erst im Dezember 1999 im Nationalrat eingebracht wurde. Seither ist schon viel Zeit vergangen, und in dieser Zeit hat sich sehr viel geändert. Aber ich bin sicher, dass unserer Frau Bundesminister Gehrer so etwas nicht passieren wird, sondern dass jetzt alles rascher vorangetrieben werden wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Manche Punkte – auf die ich später noch eingehen werde – enthalten sehr wichtige Anregungen für unsere künftige Arbeit. Ich glaube, eine wichtige Aufgabe des Kuratoriums war die Kontrolle der Implementierung und der Umsetzung des Universitäts-Organisationsgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kritik des Kuratoriums hat die Implementierung betroffen, nämlich dass diese zu langsam vor sich gehe und dass die Umsetzung vor allem an sieben Universitäten zu wünschen übrig lasse.

Erfreulich ist aber, dass diese Umsetzung Gott sei Dank jetzt bereits an allen Universitäten stattgefunden hat. Wir wissen: Die Mühlen der Universitäten mahlen langsam, aber sie mahlen. Fairerweise möchte ich auch dazusagen, dass die Rahmenbedingungen für die Universitäten nicht einfach waren.

Im Bereich des Online-Data-Warehouse leistete das Kuratorium meines Erachtens sehr Großes, geradezu Pionierarbeit, und wir können stolz darauf sein, dass wir in diesem Bereich in der Europäischen Union federführend sind! (Beifall bei der ÖVP.)

Drei Bereiche, die das Kuratorium aufgegriffen hat, müssen meines Erachtens heute hervorgehoben werden. Erstens ist das Strukturproblem zu erwähnen, das heißt, es fehlen wichtige Grundlagen für die Planungsarbeit wie etwa moderne geeignete Managementinformationssysteme.

Zweitens gibt es Schwierigkeiten bei der Budgeterstellung, weil meines Erachtens die Kameralistik den modernen Anforderungen von Flexibilität einfach nicht gewachsen ist.

Der dritte Punkt – der wichtige Punkt – ist die Schwerfälligkeit des gesamten Apparates der Universität.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, uns allen ist bewusst, dass wir in der Zeit der Globalisierung leben, dass wir in einer Zeit des immer härteren Wettbewerbs leben. Jeder Einzelne von uns muss sich diesem Wettbewerb stellen, und auch die Universitäten werden sich in Zukunft diesem Wettbewerb stellen müssen. In Zukunft wird nicht die geographische Lage der Universität entscheidend sein, in Zukunft wird die Qualität der Universität entscheidend sein! (Beifall bei der ÖVP.)

In Zukunft wird es auch wichtig sein, dass vor allem Wirtschaft und Wissenschaft eng zusammenarbeiten. Eine wichtige Voraussetzung, um der Flexibilität gerecht zu werden, ist vor allem die Vollrechtsfähigkeit. Selbstverständlich brauchen wir parallel dazu auch ein leistungsorientiertes Dienstrecht, welches vor allem Mobilität zwischen der wissenschaftlichen Arbeit an der Universität und der Arbeit in der Privatwirtschaft ermöglicht. Uns ist es wichtig, dass vor allem junge Akademiker Erfahrungen in den Betrieben, in der Privatwirtschaft sammeln können und dann diese Erfahrungen an die Studenten an der Universität weitergeben können.

Eines sei hier aber auch gesagt: Das derzeitige Dienstrecht ist dazu zu starr und zu inflexibel.

Nun zu den Budgets. Es wird notwendig sein, an den Universitäten mit Globalbudgets zu arbeiten, und es wird auch notwendig sein, budgetär über mehrere Jahre hinaus planen zu können. Mit Globalbudgets haben die Universitäten die Möglichkeit, die freien Mittel jederzeit auf ihre Bedürfnisse abzustimmen und ihre Entscheidungen danach auszurichten. Voraussetzung dafür ist jedoch, wie bereits erwähnt, die Vollrechtsfähigkeit. Durch diese Vollrechtsfähigkeit werden die Universitäten zu eigenständigen, selbständigen Betrieben, und sie können auch eigenständig über die Fragen entscheiden: Welche Maßnahmen sind zu treffen? Welche Maßnahmen sind notwendig? Welche Einsparungspotentiale müssen getroffen werden? Welche Abläufe müssen vereinfacht werden? Welche Abläufe und welche Vereinfachungen sind notwendig?


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Ich darf an dieser Stelle auch einen Appell an alle Kritiker der Vollrechtsfähigkeit richten: Sehen Sie die Vollrechtsfähigkeit und damit die Umgestaltung der Universitäten zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb, zu einem Managementbetrieb nicht als Horrorszenario, sondern als große Chance der Universitäten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich ist dazu eine verpflichtende Evaluierung notwendig, und aus dieser Evaluierung sollen dann Konsequenzen zur Verbesserung von Forschung und Lehre gezogen werden. Notwendig wird es aber auch sein, zu prüfen, ob Überschneidungen zwischen den Universitäten und innerhalb der einzelnen Institute vorliegen. Ein sehr wichtiger Punkt wird aber auch die Frage sein, wo wir Bürokratie abbauen und Verwaltungsabläufe vereinfachen können, vor allem für unsere Studenten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden auch daran gehen müssen, Privatuniversitäten zu ermöglichen. Privatuniversitäten sind nicht mehr ein Kuriosum, sondern sie sind eine Notwendigkeit und ein immer wichtigerer Bestandteil, wie man in den anderen europäischen Ländern sieht. Dazu wurde bereits in der letzten Legislaturperiode ein Akkreditierungsgesetz beschlossen, mittlerweile hat sich der Akkreditierungsrat konstituiert, und es liegen auch bereits erste Anträge auf Zulassung vor.

Meine Damen und Herren! Sie sehen also, wir haben ein sehr intensives, umfassendes Programm. All diese Punkte sind in unserem Regierungsprogramm vertreten, es ist das also ein sehr ambitioniertes Programm. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir all diese Dinge mit unserer kompetenten Frau Bundesminister umsetzen werden können und dass die Frau Bundesminister auch Garant dafür sein wird.

Zuletzt sei noch an die Kritiker der geplanten Vorhaben Folgendes gerichtet: Der Wettbewerb zwischen den Universitäten, also auch die Autonomie, mag vielleicht für den einen oder anderen wie eine bittere Pille schmecken. Diese Pille aber macht nicht krank, sondern gesund! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

21.16

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Universitätenkuratoriums zeigt klar auf, dass die Universitätslandschaft im Umbruch ist. Einiges ist schon getan worden, viel ist noch zu tun. Die OECD-Berichte weisen wiederholt darauf hin, dass Defizite zu beseitigen sind. Sie sprechen vom Abbau der Bürokratie und von Effizienzsteigerung, um nur einige Punkte zu nennen. Um im internationalen Konzert bestehen zu können, werden wir die Universitätsreform, wie im Regierungsprogramm genannt, weiterführen müssen. Die Bürokratie wird auf ein Mindestmaß zu reduzieren sein.

Unser Wissenschaftssprecher Dr. Martin Graf hat bereits davon gesprochen, dass die überhastete Einführung des dreigliedrigen Studiensystems nicht geglückt ist.

Aufgabe der Regierung muss es sein, aufmerksam darüber zu wachen, dass es zu keinen Überschneidungen im universitären Bereich kommt, das heißt, dass es zwischen Ausbildungsformen und Abschlüssen keine Überschneidungen gibt. Dies betrifft insbesondere auch mögliche Doppelgleisigkeiten bei den Fachhochschulabschlüssen und den Bakkalaureatsabschlüssen.

Es muss insbesondere auch auf die Wirtschaft Bedacht genommen werden. Interessant wird jedenfalls sein, welche Abschlüsse die Wirtschaft fordern wird.

Der Wettbewerb zwischen den Universitäten ist gut, denn er nützt vor allem einem, von dem wenig gesprochen wird: dem Kunden der Universitäten, nämlich dem Studenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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16. Sitzung / Seite 155

Die Qualität der Universitäten misst sich daran, welchen Stellenwert der Absolvent in der Wirtschaft hat beziehungsweise haben wird.

Ich befürworte ein gleichberechtigtes Nebeneinander von privaten und staatlichen Universitäten. Für sie gilt bezüglich des Wettbewerbs gleichermaßen das Gesagte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dr. Einem – er ist jetzt nicht im Saale – hat, als er noch Minister war, die Privatuniversitäten – wenn ich es richtig in Erinnerung habe – als Lückenbüßer gesehen. Ich sehe es nicht so. Ich plädiere für ein gleichberechtigtes Nebeneinander von privaten und staatlichen Universitäten. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Schwarzenberger. )

Daraus resultierend wird es natürlich notwendig sein, die gesetzlichen Möglichkeiten dafür zu schaffen, dass private Universitäten auch österreichische Titel vergeben können. Vielleicht haben wir auch bald eine Privatuniversität, die den Gang an die Börse schaffen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das wär’s, ja!)

Der Ausbau der Autonomie ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Selbstorganisation, in Richtung richtige Selbständigkeit. Es wird eines großen Umstellungsaufwandes bedürfen, es wird ein großer Aufwand sein, aber das Ergebnis wird sich lohnen.

Alle Universitäten, private wie staatliche, sollen sich in Kooperation mit der Wirtschaft ihre Zukunft organisieren können. Wir sind natürlich weit entfernt von amerikanischen Verhältnissen, wo das Massachusetts Institute of Technology demnächst eine 5-Milliarden-Schilling-Donation bekommen wird, aber wir können uns ja darum bemühen, dass die Möglichkeit dazu geschaffen wird, und versuchen, uns langsam in diese Richtung zu tasten.

Sinn und Zweck einer effizienten Hochschulpolitik muss es natürlich sein, dass die eigentlichen Bereiche, wie Effektivität der Forschung und der Lehre, nicht durch überbordende Verwaltung, überbordende Administration überlagert werden. Es gibt im universitären Bereich einiges zu tun, es stehen einige Reformen an. Reformen sind natürlich nur dort sinnvoll, wo sie Qualitätsverbesserungen bringen. Reformen um der Reformen willen bringen nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsordnung!)

21.20


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16. Sitzung / Seite 156

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zur Geschäftsordnung: Frau Abgeordnete Petrovic. – Bitte.

21.21

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir verhandeln jetzt den 2. Tagesordnungspunkt, bei dem die RednerInnen der freiheitlichen Fraktion als Kontra-RednerInnen gemeldet sind. Es war beim vergangenen Tagesordnungspunkt so, dass sie sowohl im Ausschuss als auch dann hier dafür gestimmt haben. Ich entnehme auch jetzt den Redebeiträgen, dass wahrscheinlich auch hier, so wie im Ausschuss, eine Zustimmung – was bei einer Regierungsfraktion ja auch nicht sehr verwunderlich ist – zu erwarten ist.

Ich halte das für einen Missbrauch der Geschäftsordnung und gerade von Seiten einer Regierungsfraktion für sehr bedauerlich. Ich ersuche daher darum, dass wir diese Art des Missbrauchs der Geschäftsordnung in der nächsten Präsidiale thematisieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung!)

21.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Graf. – Bitte.

21.22

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Der Sachverhalt wurde von Abgeordneter Petrovic nicht richtig dargestellt. Im Dezember haben wir im Ausschuss, in dem diese Berichte verhandelt wurden, bei beiden Berichten kontra gestimmt. Dementsprechend erfolgt auch heute unsere Kontra-Eintragung. – Danke. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Petrovic kennt die Geschäftsordnung nicht!)

21.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gehe davon aus, dass diese Unsicherheit durch den Wechsel in der Rolle zustande kommt. Der Bericht bezieht sich ja auf den Zeitraum von 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 1998. Ich glaube, dass durch die Klarstellung von Herrn Abgeordnetem Graf die angegebene Rolle der freiheitlichen Fraktion soweit auch klargestellt ist. Wir werden dieses Thema aber gerne in der nächsten Präsidiale aufgreifen. (Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Herr Abgeordneter Kostelka, bitte.

21.23

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich würde zumindest darum ersuchen, dass Sie diese Frage, deren Beratung in der Präsidiale vereinbart wurde, hier nicht endgültig absprechen. Es ist das eine mehr als bedenkliche Vorgangsweise, und ich bestehe auf die Beratung und würde ersuchen, dass seitens des Präsidiums hier nicht bereits die Abgabe eines Werturteils erfolgt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsordnung!)

21.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Khol, bitte.

21.23

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben uns über diese Frage in der Präsidiale zeit meines Lebens jedes Semester einmal unterhalten. Wir sind nie zu einer Lösung gekommen, denn der Standort bestimmt immer den Standpunkt, auch jenen von Herrn Kollegen Kostelka.

Ich würde meinen, jedes Präsidialmitglied kann jede Frage jederzeit in der Präsidiale anschneiden. Wir können wieder einmal leeres Stroh dreschen, wenn das Herr Kollege Kostelka und Frau Petrovic gerne wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das ist ja unerhört! – Abg. Parnigoni: Das ist unerhört!)

21.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir führen jetzt keine Geschäftsordnungsdebatte, sondern ich darf nur eine kurze Stellungnahme dazu abgeben:

Ich habe bereits gesagt, es liegt mir eine für die Situation soweit durchaus einleuchtende Erklärung vor. Aber ich nehme gerne die Kritik der beiden Oppositionsparteien auf, um das Thema auch in der nächsten Präsidiale anzusprechen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. (Abg. Dr. Khol: Pro oder kontra? – Abg. Dr. Grünewald: Differenziert! – Abg. Dr. Khol: Wie haben Sie im Ausschuss gestimmt?)

21.24

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bevor ich direkt auf das Kuratorium zu sprechen komme, möchte ich kurz etwas zu den Ausführungen meiner Vorredner sagen, dazu, was mir von ÖVP-Seite gefallen hat, nämlich dass hier "Mobilität" anders definiert wurde, als es bisher üblich war. "Mobilität" wurde als Hinausgehen von der Universität in die Wirtschaft und Wiederzurückkehren definiert. Viele verstehen darunter aber nur Kündigung, das heißt Hinausgehen ohne Rückkehr. – Ein Plus!

Die Schwerfälligkeit beim Implementierungsprozess wurde ebenfalls angesprochen. Ich gebe Ihnen zu bedenken – weil Sie immer von der Orientierung an Betrieben sprechen –, dass zum Beispiel die Universität Wien mindestens – so würde ich schätzen – 200 Studienrichtungen hat! Ich glaube, kein Betrieb in Österreich erzeugt 200 unterschiedliche Produkte. (Abg. Schwarzenberger: Unsere Molkerei erzeugt 350 verschiedene Produkte!) Das ist ein Grund, der die Schwerfälligkeit zumindest halb, wenn nicht ganz, entschuldigen würde.

Was Fund-Raising und das Auftreiben von Mäzenaten und die 5 Milliarden für das Massachusetts Institute of Technology betrifft, so darf ich Ihnen etwas sagen: Sie kennen vielleicht


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den ehemaligen Präsidenten der Rektorenkonferenz, Professor Skalicky, der sicher kein Beispiel von Schüchternheit und Ungeschicklichkeit ist. An der TU Wien hat man versucht, über die Drittmittel hinaus Mäzenaten aufzutreiben. Das ist dokumentiert. Ich glaube, es war eine Steigerung von 2 bis 3 Prozent möglich, dann war der österreichische Markt erschöpft. – Das nur zu Ihrer Information, um nicht zu sagen Belehrung.

Weiters ist davon gesprochen worden – und das stimmt –, dass das Universitätenkuratorium zur Evaluierung der Implementierung des UOG geschaffen wurde. Auch hier möchte ich Sie an etwas erinnern: Das Parlament hat damals bei der Beschlussfassung zum UOG 1993 gesagt, es möchte die Umsetzung dieses Gesetzes begleitend evaluieren, um Stärken und Schwächen des neuen Systems festzustellen. Anscheinend kommen im Hohen Haus, auf gut Österreichisch gesagt, auch einige Absichten in Verstoß.

Meine Erinnerung sagt mir, dass dieser § 83 des UOG, der das Universitätenkuratorium behandelt, damals schon massiv und heftig diskutiert wurde. Zum Anstoß wurde damals genommen, dass ein Minister – es war damals Busek – relativ handverlesen vier außeruniversitäre und vier universitäre Experten holen konnte, die zu den Universitäten Gutachten und Stellungnahmen verfassen und begleitende Evaluierungen durchführen.

Nun ist Österreich natürlich ein Land der Experten: Warum sollte es daher nicht auch ein Expertenteam im Kuratorium geben? Ganz böse Zungen haben gemeint, dass hier die politische Einflussnahme oder der politische Wunsch nach einer Prätorianergarde dahinter steckt. Ich habe mich dem nicht angeschlossen.

Trotzdem darf man nicht vergessen, dass Universitäten gemeint haben, das sei aus verschiedensten Gründen nicht notwendig. Der Gesetzgeber selbst hat vergessen, dass es an den Universitäten einige hochschulpolitische Einrichtungen gibt, wie zum Beispiel Senate, Kurien, Universitätsbeirat, Rektorenkonferenz, die beiden Bundeskonferenzen et cetera, denen laut Gesetz im Prinzip auch die Aufgaben übertragen wären, Stellungnahmen abzugeben, zu beraten, zu evaluieren und die Umsetzung eines Gesetzes zu verfolgen.

Auf wenig Freude und auf eine eher geringe Einschätzung ihrer etwaigen Sinnhaftigkeit stießen auch die immer neuen, aber trotzdem altbekannten Fragebögen, die laufend ausgesandt wurden. Das heißt, das Universitätenkuratorium sah sich primär einer passiven Résistance gegenüber, und dadurch ist einiges zu entschuldigen.

Der Glaube an Experten – das, glaube ich, sollte man schon einmal überlegen –, auf Grund dessen man dann forschungs- und bildungspolitische Entscheidungen einfach in die Hand weniger zu legen pflegt oder diese einfach, noch besser, handverlesen aussuchen darf, gleicht schon einem etwas blinden und nicht unbedingt so leicht begründbaren Vertrauen. Das erinnert mich irgendwie an unsere monarchistische Vergangenheit oder an die Praktiken, gemäß der man sich an die Glaubenskongregation des Vatikan zu halten und an ihren Lippen zu hängen bemüßigt fühlt. (Beifall bei den Grünen.)

Das Universitätenkuratorium entwickelte jedenfalls etwas: Es entwickelte Druck. Das finde ich im Prinzip nicht schädlich, da dieser Druck die Universitäten zwingt, besser zu argumentieren und in ihrer Planung auch mehr zu beachten und mehr zu sehen als die bloße Ansammlung individueller Wünsche und Begehrlichkeiten oder die Fortführung von Budgets, die letztlich auf der Tradierung von Hierarchien und Traditionen beruhen.

Einen Satz aus dem Bericht des Kuratoriums möchte ich aber der neuen Bundesregierung schon sehr ans Herz legen. Da heißt es nämlich: Reformen der Universitäten sind nicht durch den äußeren Druck, der durch Budgetverknappung entsteht, zu bewirken, denn dieser Druck endet möglicherweise in einem Zu-Tode-Sparen. – Wir haben gehört, es wird ohnehin nicht gekürzt und alles wird besser. Vielleicht irrt sich hier das Kuratorium. – Wir werden auch diese Sache evaluieren. 

Andere Ausdrücke, die in diesem Bericht stehen, stoßen einem allerdings sauer auf. Zum Beispiel kommt das Wort "Sortimentbereinigung" vor. "Sortimentbereinigung" soll nichts anderes


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heißen als Schwerpunktsetzung und Akzentsetzung im Studienangebot. Da hätte ich mir schon ein etwas respektvolleres Wort gewünscht.

Trotzdem: Nach langen Phasen des Lernens hat das Universitätenkuratorium doch Fuß gefasst, und mehrere Ansätze von sinnhaften Bemühungen sind zu finden. Dazu zähle ich auch die Einsicht, wie sehr eine maßgeschneiderte, den einzelnen Studienrichtungen angepasste Evaluierung vonnöten ist. Man ist auch hier so klug gewesen, diese Evaluierung mit den Universitäten zu adaptieren und zu beraten und sie nicht einfach gegen sie im stillen Kämmerchen zu konzipieren.

Lobenswert – das wurde heute kurz erwähnt – ist auch der Wunsch nach einer einheitlichen Datenerfassung, weil da mehr als vieles im Argen liegt. Im Argen liegen die komplette PC-Ausstattung und die Vergleichbarkeit und Definition von Standards, gewisser Eck- und Kenndaten, ohne die eine Evaluierung zwischen den Universitäten und über die Grenzen unseres Landes hinaus kaum möglich ist und keine planungsrelevanten Schlüsse zu ziehen sind.

Trotz dieser vielen guten Ansätze des Kuratoriums enttäuschen aber doch einige andere Punkte in diesem Bericht. Zum Beispiel wird behauptet, dass bei der Umstellung zum UOG 1993 – ich zitiere jetzt – "kulturelle und strukturelle Hemmnisse" sichtbar wurden. – Ich würde mir wirklich wünschen, den Kulturbegriff des Universitätenkuratoriums kennen zu lernen, wenn von "kulturellen Hemmnissen" bei der Umsetzung des UOG gesprochen wird. Ich kenne die Kultur des Kuratoriums allerdings nicht.

Weiters weist das Kuratorium immer wieder auf die Bedeutung der überregionalen Entwicklungsplanung hin, sagt aber nicht – das ist ein eklatanter Mangel –, in wessen Kompetenz diese überregionale Entwicklungsplanung fallen sollte. Aber auch hier wird man sich handverlesene Experten suchen, und ich vermute, man wird sie auch zu finden glauben. (Beifall bei den Grünen.)

Im Kuratoriumsbericht fällt noch etwas auf: dass zu diffizilen Problembereichen Dinge wie zum Beispiel die demokratische Entscheidungsfindung gezählt werden! Ich erinnere daran, dass man auch das Parlament einmal als "demokratische Quatschbude" bezeichnet hat – das waren andere Zeiten. Wenn demokratische Prozesse, gremiale Arbeit als "Problembereich" angesehen werden, so sollte dies zumindest erläutert werden.

Auch die Kurienstruktur, das Lehrangebot, eine Akzentuierung und stärkere Gewichtung von Sachmitteln zu Ungunsten des Personals wurden als Problem angesehen, und es wurde dazu recht pauschal und relativ autoritär Stellung bezogen. Plötzlich scheint, wenn man den Senat und seine Entscheidungsfindung und strategische Planung kritisiert, etwas Eigenartiges zu geschehen: Das Kuratorium, das sehr für die Vollrechtsfähigkeit plädiert, argumentiert plötzlich, dass hier die Autonomie der Universitäten zu weit gehe! – Auch das ist also kein sehr kongruentes Beweisverfahren und keine kongruente Argumentation.

Es fehlt auch die Aussage, welche Strukturen und Personen zukünftige Steuerungen definieren sollen.

Letztlich drückt sich das Kuratorium auch vor einem entscheidenden Problem – Bundschuh weiß das seit langem, ich habe es ihm auch in einer längeren Debatte erzählt –: Eines der größten Probleme der jetzigen Universität sind die Budgets der medizinischen Fakultäten. Alle Freunde, Delegierten und Mandatare der Länder, wie sie hier sitzen, sollten sehen, dass hier das Wissenschaftsressort Geld für eine Verpflichtung ausgibt, die im Gesetz den Ländern überantwortet ist, nämlich die Verpflichtung zu einer qualitativ hoch stehenden Krankenversorgung. In sämtlichen Universitätskliniken – Wien, Graz und Innsbruck – wird entweder das komplette akademische Personal oder, wie in Graz und in Innsbruck, 50 Prozent davon aus dem Wissenschaftsressort bestellt und bezahlt.

Ich sage Ihnen auch, was heute verschwiegen wurde: Das Arbeitszeitgesetz an den Universitätskliniken ist seit drei Jahren nicht vollzogen. Die Umsetzung kostet zumindest eine halbe Milliarde Schilling! – Auch darüber lese ich im Budget nichts. Ich sage nicht, dass es Aufgabe


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des Wissenschaftsministeriums ist, die Nachtdienste zu finanzieren, aber reden sollte das Kuratorium darüber schon, und nachdenken sollten Sie auch darüber! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. – Bitte.

21.36

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Bericht liefert uns wertvolle Hinweise, kritische Anmerkungen, aber auch zu hinterfragende Feststellungen. Das Universitätenkuratorium – Herr Vorsitzender Dr. Bundschuh und sein Team – hat intensive Arbeit geleistet, hat vielleicht einiges noch nicht beleuchtet, hat auch einige Schlussfolgerungen noch nicht gezogen. Ich meine aber, dass dieser Bericht des Universitätenkuratoriums ein Spiegel ist; ein Spiegel, der uns in vielen Bereichen vorgehalten wird und der aufzeigt, woraus wir Schlüsse ziehen sollen, woraus wir lernen sollen.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim zuständigen Sektionschef Dr. Höllinger und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Er hat diesen Bericht ja bereits intensiv mit Ihnen diskutiert, und er hat aus diesem Bericht auch schon Konsequenzen gezogen: Er hat mir ein Arbeitsprogramm vorgelegt, in dem detailliert mit einem Zeitplan festgehalten wird, was von der Sektion, was vom Ministerium alles umgesetzt wird. Ich glaube, das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-21 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Grollitsch, Dr. Brinek und Genossen betreffend Universitätsorganisationsreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 7.)

5. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Krems an der Donau (17 Ur 116/99, 26 E Hv 3/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek (54 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni. Ich erteile es ihm.

21.39

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heute die tiefe Zuneigung zwischen den beiden Regierungsfraktionen, der FPÖ und der ÖVP, mit Standing Ovations für den Finanzminister erlebt: Liebe, Wonne, Eitelkeit! Eine Verbrüderung haben wir hier erkennen können! Die blau-schwarze Einheitspartei hat ihre Geburtsstunde wieder ein


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mal gefeiert! (Abg. Dr. Grollitsch: Ihr leidet unter Liebesentzug! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Besonders schön wäre es gewesen, wenn Herr Klubobmann Khol vielleicht noch einen Blumenstrauß überreicht hätte. (Abg. Rosemarie Bauer: Der sozialistische Linksblock ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Dann wäre für uns so richtig erkennbar gewesen, wie sehr sie einander lieben, wie sehr sie zusammenstehen! (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herrn! Wir haben heute aber auch die andere Seite dieser blau-schwarzen Einheitspartei erlebt. Denn wir behandeln einen Bericht des Immunitätsausschusses, der besagt, dass ein ÖVP-Abgeordneter ausgeliefert werden muss, weil er von einem freiheitlichen Landtagsabgeordneten geklagt wird. Es geht um Verleumdung und darum, dass der Herr Abgeordnete gesagt hat, dass dieser Freiheitliche eine Schande für die Region sei und dem Ansehen unseres Landes schade.

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich eigenartig: Auf der einen Seite ist Liebe und alles eitel Wonne und Waschtrog und in bester Ordnung, auf der anderen Seite klagen sie einander. Das ist schon sehr bezeichnend!

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Für mich ist auch noch ein weiterer Aspekt interessant, nämlich dass gerade dieser Landtagsabgeordnete des Waldviertels, den ich natürlich persönlich gut kenne, eigentlich stellvertretend dafür genannt werden kann, wie die Basis der Freiheitlichen Partei bei Wahlkämpfen und auch sonst draußen beim Volk agiert.

Wir erleben beispielsweise, dass dieser freiheitliche Abgeordnete jetzt vor den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen von Haus zu Haus geht und den Menschen erzählt, wie er seine politische Meinung festigt und wie er sie durchsetzen wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Zur Sache!) Er sagt den Menschen: Nein zur Osterweiterung ohne Wenn und Aber! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was hat das mit dem Thema zu tun?) Er verteilt ein Werbegeschenk, das die Landespartei der FPÖ erzeugt hat, nämlich eine Landkarte, auf der das Gleiche steht: EU-Osterweiterung – nein danke!

Dann bekommt er einen Rüffel von Frau Riess-Passer. Sie ruft ihn an, beschwert sich und sagt: Das kannst du doch nicht machen! Daraufhin sagt der gute Mann: Auf einem Pickerl wird unter anderem stehen: "EU-Osterweiterung 2003?" Dieses Pickerl mit dem Fragezeichen sollen die Freunde von der FPÖ auf die Landkarten picken, damit der Slogan sozusagen ein wenig regierungskonform adaptiert wird! (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Firlinger und Haigermoser. )

Der besagte Landtagsabgeordnete, der als Verleumder bezeichnet wurde, sagt dann, dass er Rückgrat hat, dass er gar keine Zeit dafür hat und dass für ihn überhaupt nicht in Frage kommt, dass er das tut, weil er Rückgrat hat. (Zwischenruf des Abg. Amon. )  – Meine Damen und Herren! Es gibt auch noch andere, die angeblich Rückgrat haben. So hat etwa Herr Rauter Rückgrat, weil er ja eine Aktion starten will, um aus der EU auszutreten! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Auf der anderen Seite würde das aber heißen, dass in Wirklichkeit alle anderen, die eine andere Meinung haben, kein Rückgrat haben! (Abg. Haigermoser: Parnigoni! Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Da fällt mir folgende Passage ein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )  – Hören Sie zu, Kollege Firlinger! Heute habe ich gehört – ich zitiere –:

"Wie bisher werden wir bei der Heranführung der mittel- und osteuropäischen Länder an die Europäische Union mithelfen." Und weiters heißt es: "Wir haben ein vitales Interesse, auch hier unsere wirtschaftlichen Erfolge und künftigen Chancen durch dauerhafte politische Integration abzusichern."


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Das sagte heute nicht der Abgeordnete Waldhäusl, der als Verleumder tituliert wird, sondern das sagte heute der – viel beklatschte – Herr Finanzminister. Ich weiß schon, er tut sich natürlich leicht! Er braucht sich ja den Wählern draußen im Wirtshaus nicht zu stellen! Er wird von der Konzernzentrale hierher gestellt und hat es natürlich leicht, seine Meinung zu vertreten! (Abg. Dr. Martin Graf: Sind Sie eigentlich Pro- oder Kontraredner?)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Ich möchte von Ihnen eigentlich nur hören, wie Sie es denn gerne hätten! (Abg. Haigermoser: Du wirst von uns überhaupt nichts hören außer Gelächter!) Was gilt denn bei Ihnen letztendlich wirklich? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Gilt das, was uns Minister und andere in Sonntagsreden erklären, oder gilt das, was freiheitliche Basisfunktionäre wie dieser Landtagsabgeordnete und andere in blauen Montagsreden dem Volk verklickern wollen? (Abg. Dr. Martin Graf: Sind Sie nun Pro- oder Kontraredner?)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie werden sich endlich entscheiden müssen, was in Wirklichkeit Gültigkeit hat: die Reden Ihrer Regierungsfunktionäre oder das, was die Funktionäre Ihrer Partei den Menschen draußen an dicken, großen Sandkörnern in die Augen streuen wollen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Bist du jetzt für oder gegen die Auslieferung?)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das bedarf einer Klärung. Denn ich hätte sonst die große Sorge, dass es nicht nur zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen ... (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Am Wort ist Herr Abgeordneter Parnigoni!

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (fortsetzend): Sonst habe ich Grund zur Befürchtung, dass es zwischen Ihnen nicht nur zu gerichtsanhängigen Verfahren kommt, sondern, meine Damen und Herren, dass Sie am Ende vor Gericht noch gegeneinander antreten müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 54 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

 

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 23. Februar 2000 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatkläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Erwin Hornek wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

6. Punkt

Wahl von Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 6. und letzten Punkt der Tagesordnung.


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Auf Grund des Ausscheidens von Dr. Susanne Riess-Passer und Herbert Scheibner aus dem Nationalrat sowie des Verzichts der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel auf ihre Ersatzmitgliedschaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ist die Wahl von zwei Mitgliedern und eines Ersatzmitgliedes vorzunehmen.

Seitens des freiheitlichen Parlamentsklubs liegt der Vorschlag vor, die Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Mag. Karl Schweitzer zu Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen. Der Vorschlag der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion für das zu wählende Ersatzmitglied lautet auf Mag. Gisela Wurm.

Da hinsichtlich der zu wählenden Mitglieder und des Ersatzmitgliedes jeweils nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Wahl von zwei Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordneten, die für den Wahlvorschlag der freiheitlichen Parlamentsfraktion sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig und damit auch angenommen.

Somit sind Ing. Peter Westenthaler und Mag. Karl Schweitzer zu Mitgliedern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt.

Nun gelangen wir zur Wahl eines Ersatzmitgliedes.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordneten, die für den Wahlvorschlag der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Somit ist Abgeordnete Mag. Gisela Wurm zum Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Brix und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Brix, Reheis und Genossen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten seit dem Jahr 1994 betreffend die Alpen Straßen AG sowie Aufklärung des Verdachtes der illegalen Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit einem Forschungsauftrag durch die Alpen Straßen AG und der Rolle des Aufsichtsratsmitgliedes Dr. Sachs als Geschäftsführer der Dico-Soft und als Beamter des BMWA sowie als engster Mitarbeiter des nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur umfassenden Untersuchung aller Umstände und der politischen Verantwortlichkeiten der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten seit dem Jahr 1994 betreffend die Alpen Straßen AG sowie Aufklärung des Verdachtes der illegalen Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit einem Forschungsauftrag durch die Alpen Straßen AG und der Rolle des AR-Mitgliedes Dr. Sachs als Geschäftsführer der Dico-Soft und als Beamter des BMWA sowie als engster Mitarbeiter des nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel wird ein Untersuchungsausschuss gemäß § 33 Abs. 1 GOG eingesetzt.

Die Zusammensetzung des Ausschusses lautet:

SPÖ: 5, FPÖ: 4, ÖVP: 4, Grüne: 1.

Untersuchungsauftrag:

Durch Vorlage von Akten und Befragung von Auskunftspersonen soll der genannte Gegenstand untersucht werden.

Unter einem wird verlangt, über diesen Antrag eine Debatte abzuhalten.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Gerhard Reheis. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder des Hohen Hauses! Zuerst möchte ich klarstellen, weil es offensichtlich des Öfteren Probleme mit der Aussprache meines Namens gibt: Ich bin weder verwandt mit dem berühmten Nudelfabrikanten Recheis, dessen Name auch ein "c" enthält, noch ein Reh-Eis, sondern ich spreche meinen Namen wie "Reheis" aus. – Das zur Kenntnisnahme des Hauses. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol, Ihre Wortmeldung zu meinen Ausführungen zum Rechnungshofbericht und den daraus recherchierten Erkenntnissen beweist für mich eindrucksvoll, dass gerade im Zusammenhang mit der ÖVP-Firma, die sich "Dico-Soft" nennt und die im ÖVP-EDV-Bereich tätig ist und in den letzten Monaten ins Zwielicht geraten ist, einiges aufklärungsbedürftig ist. (Abg. Dr. Khol: Na geh!)

Auch ich möchte Sie dazu einladen, diesen Vorwürfe nicht einfach hier am Rednerpult verbal zu entgegnen, sondern diese in einem Untersuchungsausschuss mit größtmöglicher Transparenz und Offenheit aufzuklären und daher unserem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aufklärungsbedürftig ist für mich auf jeden Fall die Rolle des ASAG-Aufsichtsratsmitglieds Dr. Sachs. Sachs ist Geschäftsführer der Firma Dico-Soft, deren Adresse mit jener der ÖVP-Zentrale in Wien – wie schon erwähnt – identisch ist.

Und wie es der Zufall so will, wurde auch im CDU-Untersuchungsausschuss festgestellt, dass in Deutschland eine namensgleiche Firma Dico-Soft unter dringendem Verdacht steht, die CDU-Spendengelder verwaltet zu haben. (Abg. Parnigoni: Unerhört!)


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16. Sitzung / Seite 164

Zudem nahm Sachs, der als Beamter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten und als engster Mitarbeiter des nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel in den Aufsichtsrat der Alpen Straßen AG berufen wurde, nach den vorliegenden Informationen seine Funktion als Aufsichtsrat nur einmal anlässlich seiner Bestellung in der Hauptversammlung wahr. Innerhalb von drei Jahren nahm er also nur einmal an einer Aufsichtsratssitzung teil!

Es stellt sich daher in Anbetracht der Funktionen von ASAG-Aufsichtsrat Dr. Sachs die Frage, wie es sich in diesem Zusammenhang mit Unvereinbarkeit verhält: Denn er ist zugleich Aufsichtsrat der Asag, Ministerialrat, Geschäftsführer der Dico-Soft und so weiter.

Es ist auch interessant, zu wissen, dass Dr. Sachs 1995 schon einmal in den Medien mit dem Vorwurf "informierte Beamte sichern sich die günstigsten und besten Wohnungen" kritisiert wurde. – Im "trend" vom 1. März 1995 war dazu zu lesen:

"Die Vermutung, dass Beamte des Bauten- beziehungsweise Wirtschaftsministeriums einander die besten Wohnungen widmungswidrig zugeschanzt haben, empfindet Dr. Michael Sachs, Sekretär von Wirtschaftsminister Schüssel, als zu scharfe Formulierung."

Und weiter schreibt der "trend": "Dr. Sachs muss es ja wissen! Auch er wohnt in der Liechtensteinstraße mit einem Hauptmietzins von 30 Schilling pro Quadratmeter."

Durch die nur einmalige Teilnahme von Dr. Sachs innerhalb von drei Jahren an einer Aufsichtsratssitzung der ASAG ergibt sich eine Verletzung der Aufsichtsratspflicht, die nach Auffassung des Rechnungshofes eine Einschränkung der Kontrollmöglichkeit des Eigentümers bewirkte.

Noch einmal: Meine Damen und Herren von der ÖVP und den Freiheitlichen! Hier und heute können Sie beweisen, dass es Ihnen ernst ist mit einer Kontrolle und einer ehrlichen Aufklärung dieser Unzulänglichkeiten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig könnte auch der Vorwurf, dass der damalige Außenminister und jetzige Bundeskanzler nichts mit den Notizen in Schreibers ominösem Buch zu tun hat, endgültig aufgeklärt werden. – Im Sinne einer korrekten Aufklärung lade ich Sie noch einmal ein, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben!

Auf Grund der vom Rechnungshof erhobenen und im Bericht vermerkten beträchtlichen Anzahl von Ungereimtheiten und der anlässlich der Debatte über den Bericht bekannt gewordenen, zum Teil verantwortungslosen Fehlberechnungen bei Bauprojekten der Asag ist es angebracht, im Sinne einer korrekten Aufklärung der massiven Vorwürfe diesen Untersuchungsausschuss zur umfassenden Untersuchung aller Umstände und des Verhaltens der politisch Verantwortlichen einzusetzen.

Ich erinnere an die vom Rechnungshof zu Recht vermerkten Mängel und aufklärungsbedürftigen Stellungnahmen, dass bei der Bauvorbereitung und Bauabwicklung zweier Baulose im Abschnitt Landeck-West–Pians/Paznaun Mängel bei der Grundeinlösung und der Verwertung von Baulosmaterial Doppelverrechnungen von Leistungen auftraten. Daher stellt sich die Frage: Wer profitierte bei diesen Doppelverrechnungen beziehungsweise von der Verwertung von Baulosmaterial? Weiters wurden nicht aufgetretene Erschwernisse vergütet. Daher die Frage: Seit wann werden nicht aufgetretene Erschwernisse vergütet? Wem kam diese Vergütung zugute?

Auch wurden dem Auftragnehmer zweier Baulose in diesem Abschnitt Änderungen gegenüber der Ausschreibung sowie ein besonders aufwendiges Bauverfahren zugestanden. – Fragen dazu: Seit wann ist es üblich, Änderungen gegenüber Ausschreibungen nachträglich zu genehmigen, und zwar von einem Aufsichtsrat, bei dem offensichtlich ständig Leute fehlten, oder gar nur von Generaldirektor Unterholzner allein? Wem wurde ein besonders aufwendiges Bauverfahren zugestanden? Wer ist dafür verantwortlich, und wer profitiert davon?

Bezüglich der Risse im Betongewölbe des Pianner-Tunnels stellt der Rechnungshof fest, dass diese auf eine deutliche Abweichung der berechneten Annahmen und der tatsächlich am Bauwerk aufgetretenen Belastung zurückzuführen waren. – Fragen: Wie waren derart deutliche Ab


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weichungen möglich? Warum konnten die Verantwortlichen der Asag das übersehen und dadurch Sofortmaßnahmen in Millionenhöhe verantworten? Wie ist es möglich, derartige Abweichungen bei der Errichtung eines Bauwerkes ohne Überprüfung der statischen Auswirkungen zuzulassen?

Weiters gehört – wie schon angesprochen – aufgeklärt, ob im Zusammenhang mit einem Forschungsauftrag mit einer "dem Gesellschaftszweck nicht entsprechenden finanziellen Zuwendung zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet des Alterns" bei einer Straßenbaugesellschaft der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung zu Recht oder zu Unrecht besteht. – Fragen: Wohin und an wen wurden diese Zuwendungen bezahlt? Gibt es auf Grund dieser Forschung ein Ergebnis, eine Studie, ein Gutachten oder Ähnliches? Welche Wissenschafter haben daran mitgearbeitet? Was steht darin in Bezug auf den Verkehr im Zusammenhang mit dem Altern? Ich stelle mir vor, dass bei einem Auftrag an eine Verkehrsgesellschaft darin auch etwas über den Zusammenhang zwischen Altern und Verkehr enthalten sein sollte! – Weitere Frage: Wer ist für diese Zuwendung verantwortlich?

Weitere Feststellungen des Rechnungshofes, die unbedingt der Aufklärung bedürfen, erlaube ich mir infolge meiner kurzen Redezeit nur in Schlagworten wiederzugeben. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) – Herr Kollege! Wenn Sie Zwischenrufe machen, muss ich langsamer sprechen, dann dauert es noch etwas länger! (Abg. Dr. Khol: Sie schenken uns ohnedies nichts! – Abg. Dr. Puttinger: Und die Rede wird nicht besser!) Hören Sie bitte zu!

Der Rechnungshof spricht in seinem Bericht von überdurchschnittlichen Kosten. – Fragen: Warum kam es zu überdurchschnittlichen Kosten? Warum wurde jemand bevorteilt? Wer wurde bevorteilt?

Im Bericht ist weiters die Rede von einer "manipulativen Darstellung einer Detailkalkulation", von "umfangreichen Qualitätsmängeln", von "unzureichenden Ausschreibungen" sowie von "unterlassenen Abzügen und doppelten Verrechnungen". – Frage: Unterlasse Abzüge und doppelte Verrechnungen müssen doch jemandem zugute kommen. Wem? (Abg. Dr. Khol: Der Firma Recheis Eiernudeln!)

All das sind Punkte, die zu überprüfen sind!

Anlässlich meiner Recherchen hat man mir berichtet, dass bei Asag-Vergaben an Zivilingenieure immer wieder derselbe Name, nämlich der Name der Firma Passegger auftaucht. – Fragen: Warum? Gibt es keine anderen Firmen, die das könnten? Wurden andere Firmen überhaupt zur Anbotserstellung eingeladen?

Weiters stellt sich die Frage, warum trotz Brückenkontrollen eines Herrn Professors Wicke die Sanierung aller Pilzbrücken 2 Milliarden Schilling gekostet haben soll, und dies, obwohl die Brücken erst seit zirka 30 bis 35 Jahren stehen. – Dagegen war die eingestürzte Wiener Reichsbrücke, deren Einsturz damals immerhin politische Konsequenzen nach sich gezogen hatte, ein weltmeisterliches Bauwerk mit dem stolzen Alter von 100 Jahren!

Es gibt also Gründe genug, diese Ungereimtheiten, die von mir jetzt aufgezählt wurden, mittels eines Untersuchungsausschusses aufzuklären.

Eine Ablehnung dieses Untersuchungsausschusses wäre gerade eine Bestätigung der Mängel und insbesondere der Firmenverknüpfungen der österreichischen und der deutschen Dico-Soft mit allen damit verbundenen Vorwürfen. Meine Damen und Herren! Das können Sie nicht wollen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Khol: Die Eiernudeln sind besser!)

22.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte.


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22.02

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Reheis, hätten Sie uns die Fragen schriftlich gegeben, dann hätten wir uns jetzt zehn quälende Minuten erspart! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es vergeht nämlich keine Plenarsitzung, in welcher nicht irgendwelche Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen gestellt werden. Sie haben in der letzten Gesetzgebungsperiode 66 Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen abgelehnt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Jetzt, in dieser Gesetzgebungsperiode, stellen Sie sie! Es vergeht keine Sitzung, in der nicht irgendjemand angeschüttet oder kriminalisiert wird. Das beste Beispiel hat Herr Parnigoni beim vorigen Tagesordnungspunkt geliefert – auch das war eine quälende Wortmeldung. Dafür sollte man eine eigene Kategorie schaffen: quälende Wortmeldung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ja, das stimmt! Im Rechnungshofausschuss haben Sie die Bauern kriminalisiert! Und jetzt wollen Sie wieder eine Gesellschaft kriminalisieren! Das werden wir von der ÖVP nicht zulassen! (Beifall bei der ÖVP.)

Konkret: Es geht um eine Ausgabe von 100 000 S für eine Studie. Man kann nachlesen, was diese Studie zum Gegenstand hat. – In dieser Studie, die in Auftrag gegeben wurde an das Institut für biomedizinische Altersforschung, Professor Dr. Wicke, geht es um Unfallhäufungspunkte. Das kann man genau nachlesen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Es gab nie ein Ergebnis!) Frau Kollegin! Sie müssten wissen, worum es geht! Und dann fordern Sie wegen 100 000 S die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses? Meine Damen und Herren von der SPÖ! Da müssten wir betreffend "Euroteam" ein Untersuchungsparlament installieren, denn da geht es um Millionen Schilling, die Sie veruntreut haben! Das ist ja zum Lachen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie versuchen, durch Konstruktionen, die man gar nicht nachvollziehen kann, eine Parteienfinanzierung zu konstruieren! Dr. Khol hat es in seiner vorigen Wortmeldung schon gesagt: Auch dazu meint derjenige, den Sie angesprochen haben und den auch Herr Reheis angesprochen hat, nämlich dieser Karl-Heinz Schreiber, dass er nie Kontakte hatte, dass es hier keinen Zusammenhang gibt und dass all diese Vorwürfe ins Märchenland verwiesen werden müssen!

Ein weiteres Beispiel: Sie äußern die Beschuldigung, dass ein Arbeitnehmer zu Unrecht eine Abfertigung in Anspruch genommen hat; statt drei Monaten vier Monate. Ich meine, da muss man einmal nachschauen, um wen es sich handelt. – Es handelt sich um Zentralbetriebsratsobmann Manfred Fleischmann, und es gab eine einvernehmliche Lösung: Er war neun Jahre und zehn Monate in dieser Gesellschaft, und nach zehn Jahren – es geht also um zwei Monate! – hätte ihm diese Abfertigung gebührt. Und Sie schimpfen sich Arbeitnehmerinteressenvertreter? Das sind Sie schon lange nicht mehr! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Franz Steindl hat sich die Eiernudeln eher verdient!)

22.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

22.04

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Der Antrag der Abgeordneten Brix und Reheis, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, kann aus freiheitlicher Sicht nur als untaugliches Instrument bezeichnet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Vergegenwärtigen Sie sich: Wozu dient ein Untersuchungsausschuss im Hohen Haus? – Zur Aufklärung von politischen Verantwortlichkeiten! Und wenn Sie die politischen Verantwortlichkeiten kennen lernen wollen, brauchen Sie nur den Rechnungshofbericht zu lesen.

Darin steht ausdrücklich:


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
16. Sitzung / Seite 167

Die Entsendung des Aufsichtsrates ist durch die damalige rote Bundesregierung erfolgt. Der Aufsichtsrat hat seine Aufgabe, die Interessen der Bundesregierung wahrzunehmen, nicht wahrgenommen.

Der Rechnungshof hat weiters in entsprechender Form festgestellt, dass zu Unrecht 100 000 S in eine Studie geflossen sind, weil das nicht Angelegenheit einer Straßenerrichtungsgesellschaft ist. Auch in diesem Punkt ist der Rechnungshofbericht eindeutig. Und auch andere Zusammenhänge mit der Umplanung und den Baumängeln sind eindeutig und klar erwähnt bis hin zu den Überladungen, für welche letztlich Herr Bundesminister Einem die Verantwortung trägt, weil er die Nacheichung der entsprechenden Waagen und damit das Abstellen der pausenlosen Überladungen der Lastwägen nicht bewirkt hat.

Ich frage mich: Was wollen Sie hier um teures Steuergeld untersuchen? – Die politischen Verantwortungen sind klar. Die Nichtwahrnehmung der Verantwortung im Aufsichtsrat ist klar, und die Konsequenzen der letzten fünf Jahre – der Bericht geht von 1995 bis 1997 – durch die damalige Bundesregierung sind auch klar, sie waren nämlich gleich null.

Daher ist nichts zu untersuchen, sehr geehrte Damen und Herren, sondern es ist allein und ausschließlich zu fragen, was die damalige Bundesregierung veranlasst hat, der Kritik des Rechnungshofes nicht nachzukommen. Das ist die einzige Frage, die sich stellt, und sonst keine! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder pendelt die Debatte zwischen Aufgeregtheit und Heiterkeit. Manche nehmen sie ernst. Ich nehme sie ernst, denn der Antrag der Kollegen Reheis und Brix nach § 33 Geschäftsordnungsgesetz beinhaltet ein paar gravierende Vorwürfe, die man nicht so locker vom Tisch wischen kann, wie das hier meines Erachtens gemacht wurde. Von der ÖVP habe ich mir nicht viel anderes erwartet. Das steht ja in der Tradition. Früher war die SPÖ auch in einer ähnlichen Tradition verhaftet. (Abg. Mag. Haupt: Sie flüchtet vor der eigenen Vergangenheit!)

Eigentlich ist es die Aufmerksamkeit der Kollegen von der FPÖ, die jetzt steigen sollte. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Genau Ihre, Herr Haigermoser! Sie sind jetzt eh wie der pawlowsche Hund beigesprungen! Das funktioniert ja perfekt!

Sie haben 15 Jahre lang als Ober-Opposition Wahlkämpfe geführt. Dass jetzt Ihr Regierungspartner die drittstärkste Partei ist, die auch in Opposition gehen wollte, ist eine Geschichte. Die göttliche Vorsehung war zwar nur der Platz drei, aber immer muss man es ja nicht so genau nehmen mit diesbezüglichen Ehrenwörtern! Aber dass Sie von den Freiheitlichen mit Ihrem Kontrollanspruch, den Sie ständig strapaziert haben (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ), jetzt im Zweifel auch für das Zudecken und Vertuschen auftreten, halte ich wirklich für beachtlich!

Ich behaupte nicht, dass das jetzt solch großes Gewicht hat und dass man nicht wichtigere Untersuchungsausschüsse starten könnte, aber ich sage Ihnen: Die Situation ist gravierend genug, um sie der Aufklärung zuzuführen. Und das sollten gerade Sie von der "F" berücksichtigen! Sie belächeln ständig die Wehleidigkeit der SPÖ, die sich angeblich nicht von der Macht verabschieden kann – soll sein! –, aber Ihre Metamorphosen sind erst recht atemberaubend (Beifall bei den Grünen): Sie wechseln von einer angeblichen Kontrollpartei zu einer Partei, die vor lauter Schulterschließerei jetzt in der Not schon siamesisch mit dem Altregierungspartner verschweißt ist, von dem wir ja nichts anderes gewohnt sind!

Siamesisch verschweißt verharren und nichts kontrollieren, das ist Ihr jetziger Auftrag! Versprochen wurde etwas ganz anderes. – Stimmen Sie doch zu und wischen Sie diesen Eindruck weg! Sonst bleibt wieder einmal nichts übrig als: Einfach ehrlich – einfach Jörg. – Super! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.09


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
16. Sitzung / Seite 168

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

22.09

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Stiefel, in denen sich Herr Abgeordneter Steindl bewegt, sind jene Stiefel, in die er sich am 3. Oktober 1999 gestellt und mit denen er sich vom dritten Platz auf den ersten Platz hinaufkatapultiert hat. Diese Stiefel triefen nur so von Arroganz, und das galt auch für Ihren Ausspruch! (Beifall bei der SPÖ.) Denn Ihr Ausspruch ist arrogant, er zeichnet sich vor allem durch Arroganz aus! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Puttinger und Rosemarie Bauer. )

Ein Zweites: Merken Sie sich aber, Herr Abgeordneter Steindl: Hochmut kommt selten vor dem Fall! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Auch Sie werden von diesem Hochmut noch irgendwann behindert sein!

Ein Drittes: Woher Sie die Arroganz nehmen, hier die Beschuldigung auszusprechen, dass bei "Euroteam" 100 Millionen Schilling veruntreut worden sind, das möchte ich überhaupt wissen! (Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Sie haben nicht das Recht dazu, Sie dürfen das gar nicht aussprechen, solange Sie die Unterlagen dazu noch nicht hier haben. Sie wissen ganz genau, dass in dieser Angelegenheit der Rechnungshof prüft. (Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Sie können ruhig herunterschreien! Sie wollen ganz einfach nicht wahrhaben und wollen lächerlich machen, dass hier etwas zu überprüfen ist, was wahrscheinlich in Wirklichkeit noch mehr an Schaden verursacht hat. (Weitere anhaltende Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Warum sind wir zu diesem Antrag gekommen? – Weil Herr Bundesminister Schmid im Ausschuss während der Diskussion festgestellt hat, dass zu diesen Vorwürfen, die ausgesprochen worden sind, Herr Vorstandsdirektor Unterholzner, und nur dieser, eine Aufklärung geben kann. Daraufhin haben wir für den nächsten Tag beantragt, dass Vorstandsdirektor Unterholzner dem Ausschuss Auskunft darüber geben soll. Was ist geschehen? – Die ÖVP und die "mitgeknechtelte" FPÖ haben das ganz einfach abgelehnt und sind über diesen Antrag drübergefahren!

Wenn es so ist, wie Sie behaupten, und wenn Sie alles so lächerlich finden: Was haben Sie denn dagegen, dass wir den ganzen Fall in diesem Ausschuss behandeln? Was weiß eigentlich Herr Unterholzner? Was weiß er über den Zusammenhang und darüber, welche Geldmittel eventuell als Parteispende geflossen sind? Gibt es hier womöglich einen Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre? (Ironische Rufe bei der ÖVP: Oje, oje!) Könnte es sein, dass die Firma Dico-Soft, die auch in die CDU-Spendenaffäre verwickelt ist, womöglich mitgeholfen hat, auch österreichische Parteien zu sanieren? Es wäre nicht uninteressant, zu erfahren, wie es gelungen ist, die Schulden der ÖVP so schnell wegzubringen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. )

Ich meine, wenn man ein reines Gewissen hat, dann braucht man das nicht ins Lächerliche zu ziehen (Zwischenruf des Abg. Fink ), dann braucht man nicht zu sagen, das wollen wir alles nicht, sondern dann nimmt man ganz einfach diesen Antrag an. Der Ausschuss soll den Fall untersuchen! Er wird feststellen, wie die Fakten aussehen – und womöglich sind dann wirklich wir diejenigen, die falschen Informationen aufgesessen sind. (Zwischenruf des Abg. Murauer. ) Lassen Sie es doch auf die Ehrlichkeit hin überprüfen! Lassen Sie doch einmal nachsehen, wohin wirklich etwas gegangen ist! (Abg. Neudeck: Der Vranitzky hat ...!)

Ein Zweites: Der von uns allen geschätzte Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler (Abg. Dr. Khol: So sicher warst du da nicht immer!) hat im Ausschuss auf unsere Frage "Herr Präsident, würden Sie auf Grund der Vorwürfe eine nochmalige Untersuchung dieser Angelegenheit aufnehmen?" Folgendes festgestellt: Es wäre verlockend, noch einmal eine Überprüfung des Unternehmens vorzunehmen (Abg. Mag. Steindl: Er hat es ein bisschen anders gesagt!), jedoch fehlt es mir an Kapazitäten. (Abg. Mag. Steindl: Er hat es ein bisschen anders


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
16. Sitzung / Seite 169

gesagt!)  – Die Aussage war: Er hat nicht so viele Leute, er hat nicht so viel Platz, dass er diese Untersuchung durchführen könnte.

Wenn selbst der Rechnungshof-Präsident feststellt, dass das verlockend wäre, dann muss es für uns erst recht verlockend sein, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen! (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Mag. Kogler. )

22.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Brix und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 117/A bis 120/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 520/J bis 548/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, 22. März 2000, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.15 Uhr