Stenographisches Protokoll

17. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 22. März 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

17. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 22. März 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 22. März 2000: 9.02 – 20.45 Uhr

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Tagesordnung

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 8

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder betreffend die Beantwortung der von der SPÖ gestellten Fragen in der Fragestunde durch die Bundesministerin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner 14

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer im Zusammenhang mit der Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder 14

Wortmeldungen ebenfalls im Zusammenhang mit der Beantwortung der Fragen in der Fragestunde durch die Bundesministerin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner:

Dr. Peter Kostelka 23

Dr. Andreas Khol 23

Ing. Peter Westenthaler 24

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Fragestunde 24

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 26

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 167

Bekanntgabe 54


Nationalrat, XXI.GP
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17. Sitzung / Seite 2

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 54

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 168

Bundesminister Herbert Scheibner 170

Anton Leikam 172

Wolfgang Jung 173

Johannes Zweytick 174

Mag. Werner Kogler 175

Ablehnung des Antrages 176

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend die Bestimmungen der Geschäftsordnung hinsichtlich der tatsächlichen Berichtigung beziehungsweise der Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung 62

Feststellung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend Handhabung der Geschäftsordnungsbestimmungen bei tatsächlichen Berichtigungen beziehungsweise bei Erwiderungen auf tatsächliche Berichtigungen 62

Verlangen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka auf Erteilung eines Ordnungsrufes 69

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka zur Geschäftsbehandlung 70

Verlangen des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler auf Erteilung eines Ordnungsrufes 70

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Gesamtanalyse der Vorsitzführung in der nächsten Präsidiale 70

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend die Verlangen auf Erteilung von Ordnungsrufen sowie die Behandlung bestimmter Angelegenheiten in der Präsidiale 70

Präsident Dr. Werner Fasslabend zur Mitteilung der Abgeordneten Eleonora Hostasch betreffend ihr Ausscheiden aus dem Nationalrat mit 31. März 2000 103

Fragestunde (2.)

Bundeskanzleramt 8

Mag. Kurt Gaßner (19/M); Hermann Böhacker, Franz Kampichler, Dr. Evelin Lichtenberger

Auswärtige Angelegenheiten 9

Peter Schieder (16/M); Mag. Karl Schweitzer, Jakob Auer, Mag. Ulrike Lunacek

Mag. Karl Schweitzer (14/M); Mag. Karin Hakl, Mag. Ulrike Lunacek, Inge Jäger

Mag. Ulrike Lunacek (12/M); Mag. Christine Muttonen, Wolfgang Jung, Mag. Dr. Josef Trinkl


Nationalrat, XXI.GP
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17. Sitzung / Seite 3

Dr. Michael Spindelegger (10/M); Mag. Ulrike Lunacek, Otmar Brix, Mag. Karl Schweitzer

Dr. Josef Cap (17/M); Dr. Gerhard Kurzmann, Johann Kurzbauer, Dr. Evelin Lichtenberger

Wolfgang Jung (15/M); Walter Murauer, Mag. Ulrike Lunacek, Anton Heinzl

Mag. Ulrike Lunacek (13/M); Mag. Walter Posch, Wolfgang Jung, Dr. Günther Leiner

Wolfgang Großruck (11/M); Mag. Ulrike Lunacek, Inge Jäger, Harald Fischl

Dr. Kurt Heindl (18/M); Edeltraud Gatterer, Mag. Ulrike Lunacek

Ausschüsse

Zuweisungen 25, 167

Verhandlungen

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (60 und Zu 60 d. B.) 26

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 26

Ing. Peter Westenthaler 29

Dr. Andreas Khol 34

Dr. Alexander Van der Bellen 37

Rudolf Edlinger 43

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 45

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigungen) 50, 90, 151

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 50

Rudolf Edlinger (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 51

Mag. Gilbert Trattner 51

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 54

Karl Öllinger 57

Dr. Alexander Van der Bellen (tatsächliche Berichtigung) 61

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 61

Rudolf Nürnberger 62

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 65

Kurt Eder (tatsächliche Berichtigung) 71

Reinhart Gaugg 71

Georg Schwarzenberger 74

Dr. Eva Glawischnig 76

Doris Bures 78

Hermann Böhacker 81

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 83

Dr. Kurt Grünewald 86

Ing. Kurt Gartlehner 88

Dr. Helene Partik-Pablé 90

Mag. Walter Tancsits 92

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 93

Theresia Haidlmayr 94

Dr. Kurt Heindl 95

Helmut Haigermoser 98

Jakob Auer 99

Dr. Eva Glawischnig (tatsächliche Berichtigung) 101


Nationalrat, XXI.GP
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17. Sitzung / Seite 4

Dieter Brosz 101

Eleonora Hostasch 102

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 104

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 109

Ing. Leopold Maderthaner 110

Mag. Ulrike Lunacek 113

Dr. Günther Kräuter 115

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 117

Mag. Reinhard Firlinger 120

Mag. Helmut Kukacka 121

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 123

Beate Schasching 125

Anna Elisabeth Aumayr 127

Rudolf Schwarzböck 128

Kurt Eder 130

Hans Müller 132

Edeltraud Gatterer 133

Marianne Hagenhofer 135

Sigisbert Dolinschek 136

Mag. Cordula Frieser 138

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 139

Mag. Gisela Wurm 141

Edith Haller 142

Ridi Steibl 144

Anna Huber 145

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 146

Karl Donabauer 148

Heinz Gradwohl 149

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 151

Jakob Pistotnig 152

Mag. Martina Pecher 154

Arnold Grabner 155

Robert Egghart 156

Paul Kiss 158

Gabriele Heinisch-Hosek 159

Helmut Dietachmayr 160

Mag. Johann Maier 161

Ing. Erwin Kaipel 163


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17. Sitzung / Seite 5

Dr. Peter Kostelka 164

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 165

Zuweisung der Regierungsvorlage 60 und Zu 60 d. B. an den Budgetausschuss 167

Eingebracht wurden

Bericht 26

III-34: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Karlheinz Kopf, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP) für ein Hilfsbetriebsgebäude des in Bau befindlichen Kernkraftwerks (KKW) Temelin in der Tschechischen Republik (121/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Brief des Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil an den portugiesischen Ratsvorsitzenden Antonio Guterres – Unterstützung der dort erwähnten Initiative durch die gesamte Bundesregierung (122/A) (E)

Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 – SVÄG 2000) (123/A)

Dr. Josef Cap und Genossen betreffend die Entwicklung des Kunstbudgets (124/A) (E)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend einen Bericht der Bundesregierung an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich (Menschenrechtsbericht) (125/A) (E)

Dr. Andreas Khol, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (126/A)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (127/A)

Dieter Brosz und Genossen betreffend Durchführung einer Sonderprüfung des Rechnungshofes gemäß § 99 Abs. 1 GOG hinsichtlich der gebarungsrelevanten Vorgänge bei der Abwicklung des "World Sports Awards of the Century 1999" (128/A)

Mag. Walter Tancsits, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden und das Hausbesorgergesetz aufgehoben wird (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000) (129/A)

Dr. Michael Spindelegger, Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 – ARÄG 2000) (130/A)

Rudolf Nürnberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 – SVÄG 2000) (131/A)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Edler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend technischen Arbeitskräftemangel und zusätzliche HTL-Ausbildungsangebote (549/J)

Josef Edler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Tourismusausbildung (550/J)


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17. Sitzung / Seite 6

Rainer Wimmer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation der Gendarmerie im Bereich des Bezirkes Gmunden (551/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Rucola-Salat als Nitratbomben" (552/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Kreditzinsenskandal – Aufgedeckt durch die AK-Niederösterreich: Aufsichtsmaßnahmen? (553/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gesetzliche Verpflichtung zur Preisreduktion durch Getränkesteuer-Entfall (554/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kunstbudget 1995–2000 (555/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kunstbudget 1995–2000 (556/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ausbau der VerbraucherInnenschutzagenden (557/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Empfehlungen des EU-Rates zur Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten (558/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Follow-Up zur Weltfrauenkonferenz von Peking, 1995, sowie Aktivitäten im Bereich "internationale Frauenpolitik" (559/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) (560/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ausbau der VerbraucherInnenschutzagenden (561/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Traunverordnung im Hinblick auf die Beschlüsse des Oberösterreichischen Landtags und der Oberösterreichischen Landesregierung (562/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Behebung des mangelnden Umsetzungsgrades des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (563/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend LKF-Daten des Krankenhauses Freistadt (564/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend praxisbezogene Verwertung der LKF-Daten (565/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Diskussionsverbot an Schulen (566/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Grenzübergänge in die Slowakei (567/J)

Edeltraud Gatterer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Impf-Zwischenfälle (568/J)


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17. Sitzung / Seite 7

Inge Jäger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den weiteren Ausbau der Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie (569/J)

Inge Jäger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den weiteren Ausbau der Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie (570/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend überdurchschnittliche Inanspruchnahme der Aussenhandelsstellen der Wirtschaftskammer durch Prinzhorn-Firmen (571/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten DDr.  Erwin Niederwieser und Genossen (273/AB zu 283/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (274/AB zu 293/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (275/AB zu 345/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (276/AB zu 277/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (277/AB zu 258/J)

 


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17. Sitzung / Seite 8

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Wir beginnen mit der 17. Sitzung des Nationalrates in der laufenden Gesetzgebungsperiode, die ich hiemit für eröffnet erkläre.

Als verhindert gemeldet sind der Zweite Präsident des Nationalrates Dipl.-Ing. Prinzhorn sowie die Abgeordneten Lexer, Dr. Mertel, Platter, Verzetnitsch und Ing. Weinmeier.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir beginnen die Sitzung mit einer Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.03 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundeskanzleramt

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Sie ist an den Herrn Bundeskanzler gerichtet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Frage an die Frau Vizekanzlerin lautet:

19/M

Wie steht die Bundesregierung zu den Anträgen der FPÖ und ÖVP vom Juli 1999, den Gemeinden den durch Wegfall der Getränkesteuer entstehenden Einnahmensausfall zur Gänze zu ersetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Frage ist an den Herrn Bundeskanzler gerichtet. Der Herr Bundeskanzler wird in der heutigen Sitzung vom Herrn Staatssekretär vertreten, daher bitte ich den Herrn Staatssekretär, die Anfrage zu beantworten.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Die Frage, die ich für den Herrn Bundeskanzler beantworten darf, die Sie an mich gerichtet haben, wird auch im Budgetkapitel dieser Bundesregierung behandelt. Es heißt dort: "Angesichts der Diskussion um den Bestand von Steuern ist der Bundesregierung die Erhaltung der Finanzkraft der Gemeinden ein besonderes Anliegen."

Zu dieser politischen Vereinbarung steht die Bundesregierung natürlich nach wie vor. Ich möchte Ihnen aber schon sagen, dass die sachliche Zuständigkeit für diese Frage beim Bundesminister für Finanzen liegt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaßner, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Nein.

Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Böhacker, bitte.

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es ist interessant, dass sich die SPÖ nunmehr plötzlich Sorgen um die Finanzkraft der Gemeinden macht. Seit Mitte des vorigen Jahres ist allgemein bekannt, dass die Getränkesteuer in der bisherigen Form nicht halten wird.


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17. Sitzung / Seite 9

Herr Staatssekretär! Ich frage Sie: Welche Maßnahmen sind Ihnen bekannt, die der damals zuständige Finanzminister Edlinger gesetzt hat, um die Finanzkraft der Gemeinden auch in Zukunft zu sichern?


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17. Sitzung / Seite 10

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Grundsätzlich wurden diesbezüglich noch keine Beschlüsse gefasst. Ich muss aber hinzufügen, dass man in diesem Punkt das Erkenntnis des EuGH abwarten musste, um zu wissen, in welche Richtung man sich bewegen soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Staatssekretär. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Kampichler, bitte.

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Werter Herr Staatssekretär! Wie sieht der konkrete Zeitplan der Bundesregierung aus, damit für die Gemeinden rasch eine Lösung zur Sicherung der Gemeindefinanzen erzielt werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Abgeordneter! Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung ihr Bestes tun wird, um eine raschest mögliche Lösung gemeinsam mit allen Vertragspartnern zu erarbeiten und sie dem Nationalrat beziehungsweise dem Bundesrat vorzulegen, um den Einnahmenentfall der Gemeinden zu überbrücken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Dr. Lichtenberger, bitte.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Staatssekretär! Da der Kompromiss zur Getränkesteuer letztes Jahr kurzfristig gescheitert ist, wäre es natürlich für das Hohe Haus sehr interessant zu wissen, welche Veränderungen gegenüber dem damals ausgehandelten Kompromiss einer Neuregelung der Getränkesteuer oder einer möglichen Kompensation für die Gemeinden derzeit von der Bundesregierung geplant werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Wie Sie wissen, ist das ein Thema, das nicht nur die Bundesregierung angeht, sondern selbstverständlich auch die Gemeinden und Interessenvertretungen. In Abstimmung mit diesen Partnern wird eine Beschlussvorlage erstellt werden, die den Gemeinden den Einnahmenentfall nicht nur überbrücken hilft, sondern auch Einnahmen aus anderen Quellen sichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist keine Antwort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Staatssekretär.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die weiteren Anfragen richten sich an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten.

Die 2. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Peter Schieder. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

16/M

Teilen Sie die Meinung der ÖVP-Europaabgeordneten Ursula Stenzel ("profil" 13. März), dass Bundeskanzler Dr. Schüssel sich klar von Dr. Haiders Aschermittwoch-Rede hätte distanzieren müssen, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren, da diese Rede zu einer weiteren Isolation Österreichs beiträgt und der Regierung schadet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Bundesministerin.


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17. Sitzung / Seite 11

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner:
Herr Präsident! Hohes Haus! Ursula Stenzel hat diese Äußerung nicht hinsichtlich der Aschermittwoch-Rede, sondern in Bezug auf Haiders Sprüche und Schmids Zweifel an der EU-Osterweiterung gemacht.

Der Bundeskanzler hat seine Glaubwürdigkeit nicht verloren, weil er nicht dazu geschwiegen hat. Sie wissen, dass Bundeskanzler Schüssel in einer Ausgabe des "profil" vom 13. dieses Monats auf die aus Deutschland kommende Tradition hingewiesen hat, dass manche Politiker glauben, sie müssten den Aschermittwoch dazu verwenden, die Leute zu unterhalten.

Er hat gleichzeitig auch gesagt, dass er nicht dazu aufgerufen ist, zum Entertainment beizutragen, sondern reale Arbeit zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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17. Sitzung / Seite 12

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schieder, bitte.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Bundesministerin! Da Sie ja selbst mehrmals auf die Aufgabe des Bundespräsidenten zur Vertretung der Republik nach außen hingewiesen haben, frage ich Sie, ob die Bundesregierung voll und ganz und im Wortlaut zum Brief des Herrn Bundespräsidenten an den EU-Ratsvorsitzenden Guterres steht, insbesondere zu dem darin angeregten Mechanismus des vorbeugenden Einschreitens gegen ein Mitgliedsland bei Verdacht der Abkehr von europäischen Werten.


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17. Sitzung / Seite 13

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, dass ... (Abg. Dr. Stummvoll  – in Richtung SPÖ –: Ihr solltet Österreich verteidigen! – Abg. Schieder: Das tun wir auch! – Abg. Dr. Puttinger: Geht einmal hinaus zu den Leuten! Horcht einmal auf sie!)


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17. Sitzung / Seite 14

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Herr Abgeordneter! Hier findet ein Dialog zwischen einem Abgeordneten und einer Ministerin statt. Wir werden doch diesen Dialog ordentlich führen können.

Bitte, Frau Ministerin, Sie sind am Wort.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich habe öfters gesagt, dass der Herr Bundespräsident, der Herr Bundeskanzler und ich als Außenministerin entsprechend der Verfassung dazu berufen sind, im Ausland und für das Ausland zu sprechen. Was den Brief des Herrn Bundespräsidenten angeht, darf ich sagen, dass es enorm wichtig ist, dass Geschlossenheit aller österreichischer Vertreter und eine gemeinsame Linie gegeben sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Das ist keine Antwort auf meine Frage!)


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17. Sitzung / Seite 15

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, bitte.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Inwieweit unterläuft die beharrliche Weigerung der Oppositionsparteien – wir haben es ja zuletzt bei den Verhandlungen betreffend eine gemeinsame Resolution erlebt –, die ungerechtfertigten Sanktionen zu verurteilen und gemeinsam im Interesse unseres Landes dagegen aufzutreten, die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung, der Vorausverurteilung Österreichs erfolgreich entgegenzutreten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, dass zweifellos die Bemühungen der Bundesregierung, dieser Vorausverurteilung erfolgreich entgegnen zu können, durch eine innere Geschlossenheit Österreichs, insbesondere aller im Nationalrat vertretenen Parteien, natürlich wesentlich erleichtert würden. Deshalb haben sich ja Bundeskanzler und Vizekanzlerin sowie die gesamte Bundesregierung seit einiger Zeit bemüht, eine Einigung über das gemeinsame Vorgehen herbeizuführen. Leider vergeblich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kann man tatsächlich von einer Isolation Österreichs sprechen, und welche Erfahrungen brachten diesbezüglich die letzten Ratssitzungen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Von einer Isolation Österreichs kann man zweifellos nicht sprechen, denn die Maßnahmen sind ja Maßnahmen im bilateralen Bereich. Allerdings ist es richtig, dass manche Staaten diese Maßnahmen dazu benutzt haben, Österreich zusätzliche Schwierigkeiten zu bereiten. Ich darf aber sagen, dass dies beim letzten Rat "Allgemeine Angelegenheiten" in keiner Weise zu erkennen war. Daher sehe ich auch hier eine gewisse Zurückhaltung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Da Bundeskanzler Dr. Schüssel beim kommenden EU-Gipfel in Lissabon beim offiziellen Abendessen die derzeitige Causa prima ansprechen wird, frage ich Sie: Werden Sie auf Bundeskanzler Schüssel einwirken, damit er sich bei dieser Gelegenheit klar von den fremdenfeindlichen und die NS-Zeit verharmlosenden Aussagen von Dr. Haider und anderen FPÖ-Mitgliedern distanziert und Dr. Haiders Aschermittwoch-Rede nicht etwa nur als Faschingsscherz abtut?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Es wird sicher nicht meiner Einwirkung bedürfen, damit der Herr Bundeskanzler dort die Stellungnahme der österreichischen Bundesregierung entsprechend vorträgt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum dritten Thema. – Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, Sie formulieren die Frage Nr. 14/M.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Meine Frage lautet:

14/M

Welche Schwerpunkte werden Sie als Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten im außereuropäischen Raum setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich werde – dies habe ich auch bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben – weiterhin auch auf die Globalisierung der österreichischen Außenpolitik setzen, das heißt nach wie vor Schwerpunkte im Bereich Lateinamerika, im Bereich Asien und selbstverständlich im Bereich Afrika setzen – in nächster Zeit kommt ja der EU-Afrikagipfel auf uns zu. Ich werde darüber hinaus auch die Entwicklungszusammenarbeit zu meinen besonderen Schwerpunkten zählen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Inwieweit erachten Sie es als machbar, dass im Interesse einer erhöhten Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Außenpräsenz Österreichs in diesem Raum nunmehr verstärkt zwischen österreichischen diplomatischen Vertretungen, Außenhandelsstellen und beispielsweise internationalen Büros der "Österreich Werbung" kooperiert wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, dass es ohnehin schon seit einigen Jahren geübte Praxis ist, dass in diesem Bereich sehr eng zusammengearbeitet wird. Im Übrigen sind die Außenhandelsstellen ja formell bereits Teile der Botschaft. Es ist normalerweise üblich – ich habe das insbesondere in Form eines Arbeitsprogramms angeregt –, dass Arbeitssitzungen zwischen allen österreichischen Dienststellen im Ausland abgehalten werden, damit eine möglichst einheitliche Politik betrieben wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Hakl, bitte.

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Welche Perspektiven sehen Sie in diesem Zusammenhang für den UNO-Sitz Wien?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Für den UNO-Sitz Wien gibt es eigentlich zwei große Schwerpunkte, also Cluster: Der eine ist der Bereich der Industrie- und Energiepolitik, und der zweite ist der Bereich der Drogenbekämpfung und Verbrechensverhütung. Da beide größte Zukunftsperspektiven haben, gehe ich davon aus, dass auch der UNO-Sitz Wien weiter gefestigt sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Da ja die Entwicklungszusammenarbeit eines Ihrer Schwerpunktthemen ist und auch in der Vergangenheit war: Werden Sie sich angesichts der dramatischen Lage in einem der Schwerpunktländer, in Mosambik nach der jüngsten Flutkatastrophe, bei Finanzminister Grasser für die völlige Streichung der noch vorhandenen bilateralen Schulden Mosambiks einsetzen, damit dieses Land einen Wiederaufbau frei von diesen Schulden gestalten kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Dazu darf ich sagen, dass Österreich einen Großteil der bilateralen Schulden bereits im Vorfeld gestrichen hat. Wir haben, wie Sie wissen, eine Reihe von besonderen Maßnahmen ergriffen, zum Teil Sonderaufbaumaßnahmen, vor allem Brunnenbauten und Versorgung mit Trinkwasser, aber auch Wiederaufbau von Häusern. Zum anderen hat der Herr Landesverteidigungsminister – wie Sie ebenfalls wissen – mit dem österreichischen Bundesheer eine Trinkwasserversorgungsanlage dorthin beordert. Darüber hinaus werden wir die normale Entwicklungszusammenarbeit weiterführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Jäger, bitte.

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Wie glaubwürdig ist das Engagement der österreichischen Bundesregierung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit angesichts der drastischen Kürzungen im Bereich der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zwischen 1998 und heuer, und zwar um 200 Millionen auf nunmehr 750 Millionen Schilling? (Abg. Dr. Martin Graf: Das war ja schon die vorige Bundesregierung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Wie Sie, Frau Abgeordnete, wissen, hat Bundesminister Edlinger bereits im letzten Jahr die 100 Millionen Schilling Budgetüberschreitung nicht mehr zur Verfügung gestellt. Daher kann es sich nicht um eine Kürzung um 200 Millionen handeln, sondern es handelt sich um eine Kürzung um 100 Millionen.

Ich muss Ihnen sagen, ich habe dafür gekämpft, dass nicht ein Minus von 20 Prozent, wie von Bundesminister Edlinger vorgesehen, sondern nur ein Minus von 10 Prozent im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Das war aber jetzt ein Eigentor!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: 4. Anfrage: Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, ich bitte um die Referierung.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin! Meine Frage lautet:

12/M

Liegen Ihnen Informationen vor, dass die Sanktionen der EU-14 bei einem Austritt der FPÖ aus der Regierung aufgehoben würden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen: Es gibt Stimmen aus einigen EU-Ländern, die zum Sturz der Regierung aufgerufen haben. Das ist aber bitte eine Vorgangsweise, die in Europa nur aus der ferneren Vergangenheit, jedenfalls nicht zwischen Partnern in einer Integrationsgemeinschaft erinnerlich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin! Teilen Sie die Meinung der Vorsitzenden des Europaparlaments, Nicole Fontaine, dass die Ursache für die Maßnahmen der EU-14 in einem europäischen Tabu-Bruch liegt, nämlich in der Ermöglichung der Regierungsbeteiligung der FPÖ durch die ÖVP?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Diese Meinung teile ich nicht! Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass die Freiheitliche Partei eine auf der österreichischen Verfassung beruhende, im Parlament seit Ende des Krieges vorhandene Partei ist. Und ich glaube, das muss man berücksichtigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Bei Ihnen hat der Krieg aber lange gedauert!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Muttonen, bitte.

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Ministerin! Was sollte Ihrer Meinung nach die FPÖ tun, damit Österreich nicht weiter unter den Sanktionen der EU zu leiden hat, die durch diese FPÖ verschuldet wurden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Dazu darf ich sagen: Vor allem wäre eine geschlossene Haltung der im Parlament vertretenen Parteien wichtig. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Die Antwort! – Abg. Dr. Jarolim: Sagen Sie doch gleich, dass die Aschermittwoch-Rede Ihr Programm ist!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister! Wollen Sie noch etwas hinzufügen, oder ist die Antwort beendet? – Danke.

Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jung, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Wie sehen Sie die Haltung von Staaten wie beispielsweise Finnland oder Dänemark hinsichtlich einer schrittweisen Aufhebung dieser rechtlich in den EU-Verträgen in keiner Weise gedeckten Sanktionen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Die innenpolitische Diskussion in diesen Ländern zeigt nach meiner Ansicht das Unbehagen über die Art, den Inhalt und auch das Zustandekommen dieser durch wirklich keine Tatsachen oder Handlungen der Bundesregierung herausgeforderten oder gerechtfertigten Maßnahmen. Die Debatte dreht sich insbesondere um die Frage, inwieweit einige EU-Staaten berechtigt sind und auch in der Lage sein sollen, in einer Blitzaktion, sozusagen über das Wochenende, und ohne wirkliche Abstimmung mit den anderen EU-Mitgliedstaaten sowie auch ohne irgendeine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen eine derartige Vorgangsweise den anderen aufzudrängen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Herr Abgeordneter Schieder, bitte.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir werden uns in der Präsidiale darüber unterhalten müssen, dass die Frau Ministerin nicht bereit ist, auch nur eine unserer Fragen inhaltlich zu beantworten. Das geht nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Stimmt ja gar nicht! – Abg. Dr. Martin Graf: Wir werden uns über das Zuhören unterhalten müssen! Die Fragen sind eben nicht anders! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, dass die Fragestunde live im Fernsehen übertragen wird. Sie alle wissen, dass wir gemeinsam um den Ruf des Parlaments besorgt sein müssen. Wir können natürlich Themen in der Präsidialsitzung besprechen, aber das wird uns jetzt nicht weiter aufhalten. Daher gehen wir jetzt in der Fragestunde weiter, und ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Trinkl das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben schon erwähnt, dass Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel alle im Parlament vertretenen Parteien zu einem gemeinsamen rot-weiß-roten Schulterschluss aufgefordert und eingeladen hat, um diese ungerechten Maßnahmen zurückzuweisen. Leider ist dieser Vorschlag nicht aufgenommen worden. Vor allem der Klubobmann der Grünen Van der Bellen hat dies damit begründet, dass seine Basis das nicht mittragen könnte.

Ich darf Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, daher fragen: Glauben Sie, dass ein gemeinsames Vorgehen aller im Parlament vertretenen Parteien die Position Österreichs auf europäischer Ebene tatsächlich stärken würde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Selbstverständlich würde ein geschlossenes, einheitliches Auftreten aller Parteien – das habe ich vorhin gerade in Beantwortung einer Anfrage gesagt – im Ausland ganz anders berücksichtigt werden.

Ich möchte dazu auch noch bemerken, dass die Maßnahmen, die sozusagen gegen die Bundesregierung gerichtet sind, selbstverständlich auch die Bevölkerung treffen. Und wer glaubt, dass man das trennen kann, der irrt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum fünften Thema, es betrifft die Erweiterung der Europäischen Union. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

10/M

Wie wird sich aus der Sicht des Außenministeriums der Erweiterungsprozess der Europäischen Union in den kommenden Monaten entwickeln?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Dazu darf ich sagen: Erstens möchte ich an dieser Stelle noch einmal ein klares Bekenntnis zur Kontinuität der österreichischen Außenpolitik auch im Hinblick auf die Erweiterung ablegen.

Zweitens möchte ich sagen: Wie alle wissen, gibt es zwei Gruppen, die jetzt wieder wie eine behandelt werden. Die eine ist die Luxemburger Gruppe, die andere ist die Helsinki-Gruppe. Mit beiden wird weiter verhandelt werden, und entsprechend den jeweiligen Verhandlungspunkten werden wir dann natürlich auch in bilaterale Verhandlungen mit den einzelnen Staaten eintreten, um schwierige Fragen im Interesse Österreichs zu lösen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sie waren auch in der letzten Bundesregierung als Staatssekretärin tätig, und Sie haben jetzt die Kontinuität dieser Politik Österreichs angesprochen. Meine Frage an Sie lautet: Können Sie mit Blick auf die letzten Jahre tatsächlich von einer Kontinuität der österreichischen Haltung in dieser Erweiterungsfrage sprechen, oder hat sich da in der neuen Bundesregierung irgendeine Änderung ergeben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Wie ich bereits angesprochen habe, hat sich keine Änderung ergeben, sondern wir stehen absolut zur Erweiterung, denn die Erweiterung bedeutet für uns eine Friedens- und Stabilitätsgemeinschaft, eine Wirtschaftsgemeinschaft, aber auch eine Kulturgemeinschaft. Und gerade für uns Österreicher muss das im Vordergrund stehen. Wir müssen die Chancen herausstellen und die Risiken vermindern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Eine Kontinuität in der Außenpolitik ist natürlich angesichts der jetzigen außenpolitischen Isolation etwas schwierig. Einer der Bereiche, in dem es Kontinuität geben sollte, in dem diese aber in letzter Zeit in Frage gestellt wurde – dies betrifft auch einen Beitrittskandidaten, nämlich Zypern –, ist die Finanzierung des Einsatzes der österreichischen UNO-Blauhelme dort auch in den nächsten Jahren. Dies war auch ein wichtiges Anliegen Österreichs in der Vergangenheit.

Können Sie garantieren, dass diese Einsätze österreichischer UNO-Blauhelme auch in Zukunft, auch in den nächsten Jahren finanziert werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen: Ich habe gestern zufällig mit dem zypriotischen Außenminister über diese Frage gesprochen, und ich kann sagen, bis Ende des Jahres wird der Einsatz in Zypern aus


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17. Sitzung / Seite 16

außenpolitischer Sicht sicher garantiert sein. Was die Weiterführung betrifft, handelt es sich um eine Entscheidung des Landesverteidigungsministeriums, bei der das Außenministerium sicher ein Wort mitzureden haben wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Brix, bitte.

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Frau Bundesminister! Sie haben sehr viel von Gemeinsamkeiten gesprochen: Anscheinend gibt es keine Gemeinsamkeit der beiden Regierungspartner in dieser Frage, denn die FPÖ macht andere Aussagen zur EU-Erweiterung als Sie, siehe Bundesminister Schmid, siehe das Flugblatt der FPÖ Niederösterreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Daher frage ich Sie: Wie wird Ihre Erklärung sein? Welche gemeinsame Erklärung können Sie zum Thema EU-Osterweiterung abgeben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.


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17. Sitzung / Seite 17

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner:
Zu dieser Frage habe ich bereits Stellung genommen. Erstens hat sich Frau Vizekanzlerin Riess-Passer ganz klar von diesen Äußerungen distanziert und gesagt, sie steht wie die übrigen Mitglieder der Bundesregierung auch auf dem Boden des Regierungsübereinkommens, und das besagt ganz klar, dass wir positiv zur EU-Erweiterung eingestellt sind. (Abg. Oberhaidinger: Vertritt das auch Bundesminister Schmid?)

Hinsichtlich Minister Schmid darf ich sagen: Ich habe selbst mit ihm gesprochen.

Und bitte: Ich führe die Verhandlungen, sie fallen in meine Ressortzuständigkeit. Das, glaube ich, sollte eigentlich genügen. (Beifall und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, bitte.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Bevölkerung in den an die beitrittswilligen Staaten angrenzenden Gebieten ist natürlich so wie der sozialdemokratische Landeshauptmann Stix auch in Sorge darüber, was eine Erweiterung für sie schlussendlich bedeuten könnte. Deshalb ist es notwendig, dass die Erweiterung der Union gut und sorgfältig vorbereitet wird, damit sie für Österreich, vor allem auch für die Grenzregionen, und für die beitrittswilligen Länder zum Erfolg wird.

Welche Bereiche bedürfen aus Ihrer Sicht zur Abfederung von Anpassungsschwierigkeiten entsprechender Übergangsfristen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Die wichtigsten Übergangsfristen werden zweifellos im Bereich der Freizügigkeit der Personen sowie im Bereich der Dienstleistungsfreiheiten bestehen müssen. Aber auch die Landwirtschaft wird sicher eine wesentliche Frage bei den Beitrittsverhandlungen sein. Dies wird aber jetzt erst abgestimmt, und es gibt zum Teil noch keine gemeinsamen Positionen. Daher wird mein Haus in Zukunft an diesen Positionen arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Wir kommen zur 6. Frage: Herr Abgeordneter Dr. Cap, bitte.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Bundesminister! Meine Frage lautet:

17/M

Welche Auswirkungen hätte aus Ihrer Sicht die Realisierung des Vorschlages von Infrastrukturminister Dipl.-Ing. Schmid, Österreichs Beitragszahlungen an die EU zumindest zu verzögern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen: Sie haben bereits gesehen, dass die österreichische Bundesregierung und auch ich bisher in keiner Weise eine Verzögerung bewirkt haben. Ich habe schon gesagt: Es fällt das absolut in meine Kompetenz. Daher können Sie beruhigt sein, dass dies nicht erfolgen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Bundesminister! Ich verstehe schon, was Sie mir sagen; aber was sagen Sie Ihrem Kollegen, Herrn Minister Schmid? Schimpfen Sie mit ihm, oder negieren Sie das? Was sagen Sie dann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich führe mit ihm einen Dialog und sage ihm genau dasselbe. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann, bitte.

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Hat es bisher Versuche gegeben, das Recht Österreichs, gleichberechtigt in die Entscheidungsprozesse innerhalb der EU eingebunden zu werden, einzuschränken oder zu unterlaufen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Es hat bisher überhaupt keine Fälle in diese Richtung gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kurzbauer, bitte.

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Gab es bisher Fälle, in denen Österreich Entscheidungen der EU verzögert oder gar verhindert hätte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich habe es bereits in meiner Antwort auf die Zusatzfrage von Abgeordnetem Cap gesagt: Es hat bisher keine solchen Verzögerungen gegeben. Auch als es um den neuen Chef des Internationalen Währungsfonds ging, hat Österreich nicht verzögert, sondern hatte nicht ausreichende Informationen, wurde aber nachinformiert und hat dann seine Zustimmung gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, bitte.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Frau Bundesministerin! Zurückkommend auf den eigentlichen Grund der Frage: Die Österreichische Volkspartei ist nach einem weithin geteilten Eindruck nicht so sehr Meinungsführerin innerhalb der Regierung als vielmehr "Hitzeschild" der Freiheitlichen (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), was mit jeder Wortmeldung eines Ministers im Zusammenhang mit der Europäischen Union ja zunehmend schwieriger wird.

Das führt mich zu der Frage: Mit welchen Maßnahmen seitens der Europäischen Union würden Sie rechnen, wenn sich Ihr Koalitionspartner mit seiner Haltung, dass die Beitragszahlungen verzögert werden sollten, nun innerhalb der Koalition durchsetzen würde? (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Khol und Dr. Stummvoll. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Frau Abgeordnete Lichtenberger! Das ist eine rein hypothetische Frage. (Abg. Dr. Stummvoll: Die ist


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17. Sitzung / Seite 18

nicht zu beantworten!) Es gibt einen Ministerrat, und im Ministerrat werden die Dinge abgestimmt. Ich habe schon mehrere Male betont, dass beide Partner in dieser Regierung auf der Basis des Regierungsprogramms stehen und handeln. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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17. Sitzung / Seite 19

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen nun zur 7. Anfrage. Herr Abgeordneter Jung, würden Sie Frage 15 bitte referieren?

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen auf der Regierungsbank! – Das ist übrigens ein einmaliges Ereignis in der Zweiten Republik: Die Regierungsbank ist ausschließlich von Damen besetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Kollege Schieder schaut verdrießlich: Diese neue ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Formulierung der Frage! (Heiterkeit. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal dazu klatschen die Sozialisten! Die Sozialisten sollten auch klatschen!)

Abgeordneter Wolfgang Jung (fortsetzend): Meine Frage lautet:

15/M

Inwieweit sind die Bemühungen zum Aufbau einer effizienten europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gediehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.


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17. Sitzung / Seite 20

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner:
Herr Abgeordneter Jung! Die portugiesische Präsidentschaft hat im Bereich der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim letzten Europäischen Rat folgende Arbeitsaufträge erhalten: die institutionelle Entwicklung des neuen ständigen politischen und sicherheitspolitischen Komitees, Regelungen über Konsultations- und Mitwirkungsmechanismen so genannter Drittstaaten und Regelungen für Konsultationen mit der NATO.

Beim letzten Rat "Allgemeine Angelegenheiten" in dieser Woche ist nun über die Fortführung und über den Fortschritt in diesen Bereichen gesprochen worden, und beim Europäischen Rat in Lissabon wird es einen ersten Bericht darüber geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Sie haben diese Fortschritte schon angesprochen. Welche konkreten diesbezüglichen Fortschritte für den Europäischen Rat sehen Sie, und sehen Sie mögliche Schwierigkeiten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Fortschritte wird es sicherlich in den folgenden drei Fragen geben: bei den Beziehungen hinsichtlich EU – NATO – aber es wird auch dort Problemfälle geben –, ebenso bei der Frage der europäischen Drittstaaten und bei der Einsetzung eines zivilen Krisenmanagements. Gerade Letzteres ist ja Österreich besonders wichtig, aber ich sehe Möglichkeiten erst beim Europäischen Rat in Feira, da es jetzt in Lissabon nur einen Zwischenbericht geben wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Murauer, bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Bundesminister! Auch wenn es die linke Seite unseres Hauses nicht wahrhaben will: Die neue Bundesregierung hat ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union, zu den Menschenrechten und zur Osterweiterung abgegeben.

Meine Frage ist: Wie wurde das klare Bekenntnis der neuen Bundesregierung zu einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik von unseren Partnern in Europa aufgenommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf sagen: Es wird natürlich das klare Bekenntnis zu einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von unseren Partnern sehr positiv aufgenommen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja keine Antwort!)  – Selbstverständlich: Das wurde sehr positiv aufgenommen. Man wird nun weiter sehen, wie Österreich hier tätig werden kann und welche Aktivitäten Österreich diesbezüglich entwickeln kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Mag. Lunacek wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Sie haben davon gesprochen, dass die österreichische Haltung im Rahmen der EU sehr positiv aufgenommen wird.

Ihr Kollege, Verteidigungsminister Scheibner, hat, was den Außen- und Verteidigungsministerrat der EU vom 20. März betrifft, davon gesprochen, dass es einen Beschluss gab, der – und das wäre wohl neutralitätswidrig – eine schnelle Eingreiftruppe formell abgesegnet haben soll. – Können Sie das, was in diesem Zusammenhang in Brüssel geschehen ist, konkretisieren, mittels einer Aktenzahl dokumentieren sowie den Inhalt dieses Beschlusses bezüglich einer schnellen Eingreiftruppe genau darlegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich kann Ihnen von meinem Ressort aus sagen, dass es um den Aufbau eines Krisenmanagements, einer Krisentruppe gehen wird. Sie wissen, es geht um 60 000 Mann, die innerhalb eines kurzen Zeitraums für den Einsatz verfügbar sein sollen. Im Übrigen bitte ich Sie, sich an den Landesverteidigungsminister zu wenden, denn das fällt in seine Kompetenz.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Heinzl, bitte.

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Ministerin! Wird die österreichische Bundesregierung weiterhin die Übernahme einer Beistandsgarantie zwischen den EU-Mitgliedstaaten in den EU-Rechtsbestand fordern, obwohl dieser Vorschlag, wie das informelle Treffen der EU-Verteidigungsminister gezeigt hat, von den anderen EU-Mitgliedstaaten nicht unterstützt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Es ist derzeit die Position der österreichischen Bundesregierung, eine europäische Beistandsverpflichtung anzusprechen. Das stand auch in dem Pakt, den die Sozialdemokraten mit der Österreichischen Volkspartei ausgehandelt hatten. Ich wundere mich daher eigentlich, dass Sie diese Frage stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Schaffen wir doch gleich das Fragerecht ab! Der Regierung ja keine Fragen stellen! – Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Frechheit! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kollege Schieder, Sie sind live im Fernsehen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nunmehr zur 8. Anfrage, die von Frau Abgeordneter Mag. Lunacek gestellt wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

13/M

Welche Schritte haben Sie unternommen, um internationale politische Sonderbeauftragte für die Beilegung des Tschetschenien-Konfliktes einzusetzen, wie dies im Entschließungsantrag des Nationalrates vom 1. März 2000 vorgeschlagen wurde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Dazu darf ich Ihnen sagen – ich habe dies ja schon einige Male ausgeführt –, dass bereits im Vorfeld der Übernahme der OSZE-Präsidentschaft Sonderbeauftragte eingesetzt wurden. Gerade für Tschetschenien gibt es Frau Botschafterin Tagliavini, eine Schweizer Expertin, die schon während des ersten Tschetschenien-Krieges ausgezeichnete Arbeit geleistet hat und die übrigens jetzt für mich im Vorfeld meiner Reise nach Moskau, die von 12. bis 15. April stattfinden wird, sowohl in Moskau als auch in New York vorgefühlt hat. Ich glaube, hiemit habe ich jemanden, der die Akteure in der Gegend kennt, und ich halte das für das Wichtigste. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Sie wissen, dass es um die Frage der politischen Sonderbeauftragten geht und nicht um jene auf der diplomatischen Ebene.

In den letzten Tagen ist aber auch etwas passiert, zu dem ich Sie Folgendes fragen möchte: Wie beurteilen Sie die von der russischen Kriegspolitik in Tschetschenien anscheinend unbeeindruckt erfolgende Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen der NATO mit Russland?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Es ist das keine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen, sondern es gibt hier, wie ich höre – nachdem es zwischen Russland und der NATO vor allem wegen des Kosovo-Konfliktes eine Zeit lang Schwierigkeiten gegeben hat –, eine Annäherung.

Ich glaube, das Wesentliche dabei ist aber – das gilt auch für die OSZE –, dass wir selbstverständlich mit Russland weiterhin sehr gute Dialogbeziehungen haben müssen, denn nur so kann ein Konflikt wie der Tschetschenien-Konflikt auch gelöst werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Posch, bitte.

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Bundesministerin! Welche Schritte wird Österreich setzen, um eine Verbesserung der humanitären Situation der Flüchtlinge zu erreichen, allenfalls eine Rückkehr der Flüchtlinge in die zerstörten Gebiete zu ermöglichen, beziehungsweise wird sich Österreich auch am Wiederaufbau der zerstörten Gebiete ökonomisch beteiligen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Sie meinen im Zusammenhang mit Tschetschenien? – Erstens darf ich sagen, dass wir im Rahmen der OSZE, als Vizepremierminister Koschman hier war, angesprochen haben, dass die OSZE koordinierend für die kleineren humanitären Organisationen auftreten sollte – wenn ich "kleinere" sage, dann meine ich nicht UNHCR und Internationales Komitee vom Roten Kreuz, sondern Care, Caritas und viele andere. Diese Frage wurde an Koschman gestellt. Sie ist von russischer Seite noch nicht endgültig beantwortet und gehört sicher zu den wesentlichen Punkten meines Gespräches in Moskau im April.

Zweitens hat Österreich als Vorsitzland zwei besondere Projekte vor: Bei einem geht es darum, dass Kinder und kriegsgeschädigte Mütter einen Aufenthalt in Russland bezahlt bekommen sollen, und beim zweiten soll eine Nahrungsmittelhilfe für 7 500 Tschetschenen bereitgestellt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jung, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Meine Frage geht in die gleiche Richtung, aber über den Flüchtlingsbereich etwas hinaus: Gibt es für Österreich als


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17. Sitzung / Seite 21

Staat insgesamt, unabhängig von der Aufgabe des Vorsitzes, Möglichkeiten, zur Eindämmung dieses Konfliktes beizutragen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.


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17. Sitzung / Seite 22

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner:
Es gibt im Rahmen der OSZE natürlich die Möglichkeit, auf Russland einzuwirken, aber wir werden auch sehr eng mit der Europäischen Union und der Europäischen Kommission koordinieren müssen. Es wird nunmehr eine Kontaktgruppensitzung in Paris stattfinden, zu der unser politischer Direktor ausdrücklich eingeladen wurde. Auch das ist ein politisches Signal.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Leiner, bitte.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Was unternehmen Sie als OSZE-Vorsitzende mit den Vertretern Russlands, um den Konflikt in Tschetschenien endgültig beizulegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich glaube, neben der Rolle der OSZE, die ich schon angedeutet habe, sowohl im humanitären Bereich als auch im Bereich der Menschenrechte, ist die politische Rolle der OSZE einzufordern, die allerdings von der Russischen Föderation bislang immer verweigert wurde. Ich werde das selbstverständlich zu einem der wesentlichen Gesprächspunkte machen. Ich hoffe, dass sich da nach den Präsidentenwahlen auch eine Öffnung in Russland ergeben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die 8. Anfrage erledigt.

Wir kommen zur 9. Anfrage, die Herr Abgeordneter Großruck formulieren wird. – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

11/M

Welche Schwerpunkte setzt Österreich für die weitere OSZE-Präsidentschaft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen, dass die Schwerpunkte eigentlich durch die Konfliktregionen sozusagen vorgegeben sind. Zum einen ist es der Balkan – hier sind es vor allem Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Montenegro –, zum anderen natürlich Tschetschenien, und drittens Zentralasien, wo wir im Bereich der Sicherheit, im Bereich der wirtschaftlichen Beziehungen, aber auch im Bereich der Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung einen besonderen Schwerpunkt setzen wollen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ihre derzeitige Vorsitzführung in der OSZE wird international höchst anerkannt und gelobt (Beifall bei der ÖVP), und Ihre Professionalität, Qualität und Ihr Einsatz werden allgemein bestens beurteilt. Es wird Ihnen dafür große Anerkennung gezollt.

Meine Frage an Sie ist nun: Es wird demnächst NATO-Generalsekretär Robertson nach Wien kommen. Welche Themen werden Sie mit dem NATO-Generalsekretär schwerpunktmäßig und vorrangig behandeln?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich habe NATO-Generalsekretär Robertson am Montag in Brüssel gesehen und habe mit ihm bereits drei wesentliche Themen angesprochen. Das eine war das Verhältnis der OSZE zur NATO. Hier will man im Rahmen einer Plattform für kooperative Sicherheit wesentlich mehr und besser zusammenarbeiten. Die beiden anderen Themen waren selbstverständlich Tschetschenien und Kosovo, hinsichtlich derer die internationale Gemeinschaft größte Sorge hat – und hier natürlich sowohl die OSZE als auch die NATO, die sich gemeinsam so weit wie möglich informieren wollen, um besser agieren zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Ihr Bemühen in Ehren, es gibt aber Stimmen, auch innerhalb der OSZE, die – wie zum Beispiel der US-Botschafter bei der OSZE, David Johnson – laut Zeitungsberichten davon gesprochen haben, dass die Energie, die der OSZE-Vorsitz erfordert, auf Grund der außenpolitischen Situation Österreichs derzeit nicht vorhanden ist. Wie beurteilen Sie derartige Aussagen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich kann Sie beruhigen: Botschafter Johnson hat, als ich den Vorsitz übernommen habe, in gewohnter amerikanischer Manier sehr klar gefordert, dass es einen aktiven OSZE-Vorsitz geben soll. Diesen wird es geben. Ich bin innerhalb kurzer Zeit bereits auch in sehr vielen Krisenregionen gewesen, um das Geschehen aus möglichst unmittelbarer Nähe zu verfolgen und damit auch politisch agieren zu können.

Ich darf Sie auch insofern beruhigen, als diese Sorge von den Amerikanern inzwischen in keiner Form geäußert wurde, im Gegenteil: Ich erhalte Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Jäger, bitte.

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Frau Außenministerin! Die OSZE-Präsidentschaft Österreichs wurde auch von Norwegen bereits kritisiert. Ich frage mich angesichts der Isolation Österreichs: Ist es Ihnen derzeit überhaupt möglich, die verantwortungsvollen Aufgaben des OSZE-Vorsitzes voll wahrzunehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Minister, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Es ging nicht um eine Kritik von Norwegen, sondern Sie beziehen sich auf einen Zeitungsartikel einer norwegischen Zeitung, die übrigens aus einem Berliner Blatt abgeschrieben hat. Ich kenne den Artikel sehr gut. Der frühere Vorsitzende Knut Vollebaek hat mir, ganz im Gegenteil, in mehreren Telefonaten – ich kenne ihn ja sehr gut – seine absolute Unterstützung versichert. Derzeit ist aber Vollebaek leider nicht mehr Außenminister – es gibt inzwischen einen neuen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fischl, bitte.

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Von den Oppositionsparteien, aber auch von Medien wird immer wieder behauptet, Österreich und insbesondere Sie seien in der Vorsitzführung im Rahmen der OSZE durch die Maßnahmen der Vierzehn behindert. Ich frage Sie: Sehen Sie sich behindert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, dass am Anfang vor allem zwei Staaten versucht haben, Österreich zu behindern. Aber ich kann Ihnen sagen, ich habe eine sehr klare Sprache gesprochen: Wenn man Österreich im Vorsitz behindern würde, dann würde man versuchen, die OSZE als Organisation emp


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findlich zu stören. Das haben diese beiden Staaten ebenfalls eingesehen. Ich sehe keine Behinderung mehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die 9. Anfrage behandelt und kommen zur 10. und letzten Anfrage: Herr Abgeordneter Dr. Heindl, bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Frau Bundesministerin! Eine Fragestunde hat den Sinn, dass man auf konkrete Fragen konkrete Antworten erhält. Ich habe schon gehört, dass Sie mit Ihrem Kollegen Schmid (Abg. Kiss: Frage! Frage! – Abg. Dr. Ofner: Bist du gar kein Kavalier mehr?) bezüglich seiner Enunziationen gesprochen haben. Meine konkrete Frage lautet:

18/M

Stehen die von Infrastrukturminister Dipl.-Ing. Schmid wiederholt geäußerten Zweifel an der Erweiterung der EU in Übereinstimmung mit der FPÖ-ÖVP-Regierungserklärung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich kann Ihnen dazu noch einmal sagen, dass sowohl die Frau Vizekanzlerin, die ja wohl hier den Part hat, sozusagen ihren eigenen Minister anzusprechen, als auch ich sofort darauf reagiert haben. (Abg. Schieder: Das war nicht die Frage!) Ich kann das hier sagen, und ich kann das noch einmal Minister Schmid sagen, aber ich habe es bereits getan (Abg. Edlinger: Das ist nicht die Frage!): Die Kompetenz liegt hier bei der Außenministerin, und die Außenministerin steht klar auf dem Boden der Erweiterung. (Abg. Edlinger: Das ist nicht die Frage!) – Das ist sehr wohl die Frage, denn die Frage ist: Wie wird Österreich hinsichtlich der Beitrittsverhandlungen reagieren? (Abg. Schwarzenberger: Sie können ja auch die Gewerkschaft fragen! – Abg. Dr. Ofner: Redet einmal mit der Arbeiterkammer! Erkundigt euch dort!) Und die Antwort darauf ist: klar positiv! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die Geschäftsordnung ist vollkommen klar: § 94 Abs. 2 der Geschäftsordnung besagt (Ruf bei den Freiheitlichen: Herr Oberlehrer!), dass ein befragtes Regierungsmitglied die Frage zu beantworten hat (Abg. Schwarzenberger: Hat sie ja!), und zwar inhaltlich zu beantworten hat. (Abg. Schwarzenberger: Sie hat ja geantwortet! Du brauchst ja nur zuzuhören! Sie hat ja geantwortet! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Weiter lautet diese Bestimmung der Geschäftsordnung: "Ist den Genannten die Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so haben sie dies in der Beantwortung zu begründen." (Abg. Rosemarie Bauer: Die Frau Minister hat geantwortet! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Bundesminister! Sie haben entweder die Frage zu beantworten, die Herr Abgeordneter Heindl gestellt hat – ist das, was Herr Bundesminister Schmid gesagt hat, im Sinne der Präambel? –, oder zu begründen, warum Sie nicht in der Lage sind, eine solche Antwort zu geben. Eines von beiden ist notwendig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol, bitte.

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist ständige Praxis dieses Hauses, dass ein befragtes Regierungsmitglied natürlich Fragen zu beantworten hat. Die Geschäftsordnung enthält aber keine inhaltlichen Kriterien, wie eine Antwort auszusehen hat. (Abg. Mag. Stoisits: Ha, ha, ha!) Daher können Sie nicht verlangen, dass Sie


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die Antwort bekommen, die Sie gerne hätten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Zur Geschäftsbehandlung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Westenthaler zur Geschäftsbehandlung. (Ruf: Das ist eine Belangsendung!)

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Ministerin hat sich selbstverständlich geschäftsordnungskonform verhalten und die Fragen auch geschäftsordnungskonform beantwortet.

Herr Kollege Kostelka! Was nicht in der Geschäftsordnung steht, aber mindestens genauso wichtig ist: Zuhören! Hören Sie zu, und nehmen Sie die Antworten auch zur Kenntnis! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Würde ich mich auf den formalen Standpunkt stellen, würde ich sagen: Es ist kein Antrag gestellt worden, daher erteile ich Herrn Abgeordneten Heindl das Wort für eine Zusatzfrage.

Ich möchte nur Folgendes sagen: Ich habe schon viele Fragestunden erlebt (Abg. Mag. Stoisits: Aber solche ohne Antwort noch nicht!), in den unterschiedlichsten Konstellationen, und es ist immer schwierig, den Grundsatz einzuhalten, dass jede Zusatzfrage nur eine kurze Frage zu enthalten hat. Ich habe heute von allen Fraktionen viele "beziehungsweise" und "allenfalls" gehört, die auf eine zweite oder dritte Frage hinauslaufen. Ich glaube, es ist vernünftig, da nicht oberlehrerhaft immer ganz streng zu sein.

Was die Anfragebeantwortungen betrifft, so ist natürlich die Sicht der Regierungsparteien eine andere als die Sicht der Oppositionsparteien. (Abg. Dr. Khol: So ist es!) Wir werden diesbezüglich nie vollen Konsens erreichen.

Ich bitte daher die Kollegen Dr. Kostelka, Dr. Khol, Dr. Westenthaler (Abg. Dr. Khol: Ingenieur!) – ich habe ihn promoviert, ausnahmsweise –, Dr. Van der Bellen oder Dr. Petrovic, dass wir uns darüber einmal unterhalten, aber jetzt werden wir das Problem nicht lösen können. Ich kann ja nicht die Antworten der Frau Bundesminister – oder früher eines anderen Bundesministers – quasi ergänzen oder korrigieren. Wir werden darüber reden. Wir sind jetzt bei der letzten Frage, und wir werden das sicher ordentlich zu Ende bringen.

Herr Abgeordneter Dr. Heindl! Eine mustergültige Zusatzfrage – und dann eine mustergültige Antwort! – Bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Meine mustergültige Zusatzfrage, Herr Präsident, ist die Wiederholung meiner Frage, weil ich sie nicht konkret beantwortet bekommen habe: Stehen die von Infrastrukturminister Schmid wiederholt geäußerten Zweifel an der Erweiterung der EU, insbesondere die im "ZiB 2"-Interview gemachten Enunziationen, in Übereinstimmung mit der FPÖ-ÖVP-Regierungserklärung? – Das ist meine konkrete Zusatzfrage. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Meine konkrete, mustergültige Antwort dazu ist, dass das Regierungsprogramm ganz klar besagt (Abg. Parnigoni: Klar?), dass die österreichische Bundesregierung ein Ja zur Erweiterung sagt. Das ist implizit die Antwort, die ich Ihnen gebe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Mustergültig! – Abg. Dr. Heindl: ... noch einmal fragen! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Die vorletzte Zusatzfrage stellt nun Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.


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Abgeordnete Edeltraud Gatterer
(ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Welche Arbeitsschwerpunkte sehen Sie für den eben bestellten Erweiterungsbeauftragten der Bundesregierung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Der Erweiterungsbeauftragte Dr. Erhard Busek wird zum einen sehr viel in den Beitrittsländern sein und mit den Beitrittsländern gerade die schwierigen Fragen hinsichtlich des Beitritts ansprechen. Er wird aber auch mit den entsprechenden Interessenvertretern, wie zum Beispiel mit der Wirtschaft, den verschiedenen kulturellen Vereinigungen, aber selbstverständlich auch mit der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft, sprechen und mich dann bei den Beitrittsverhandlungen beraten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Bundesministerin! Wenngleich Sie gerade gesagt haben, dass die Bundesregierung hinter der FPÖ-ÖVP-Regierungserklärung steht, in der steht, dass die Erweiterung der EU ein zentrales Anliegen ist, so ist es dennoch so, dass Infrastrukturminister Dipl.-Ing. Schmid auf Grund seiner bisher getätigten Äußerungen nicht dahinter steht. Teilen Sie diese Meinung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Ich kann nur noch einmal sagen: Ich bin hier die kompetente Ministerin, und ich werde die Beitrittsverhandlungen positiv führen. (Ruf bei der SPÖ: Die zuständige, nicht die kompetente! – Abg. Schwarzenberger: Auch kompetent!)  – Ich glaube, kompetent und zuständig! (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es sind alle Fragen zum Aufruf gelangt. Ich schließe daher die Fragestunde.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 273/AB bis 277/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 117/A der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird;

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 119/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend: Verfahren der EU bei Verletzung von EU-Grundwerten;


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Budgetausschuss:

Budgetbegleitgesetz 2000 (61 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (57 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz), das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Finanzstrafgesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (58 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (59 der Beilagen);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 120/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Einrichtung eines Begleitausschusses zum Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-34 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten, Grüne 92 Minuten. Darüber hat das Plenum zu befinden.

Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diese Vereinbarung? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Daher ist das einhellig so beschlossen.

1. Punkt

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (60 und Zu 60 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum einzigen Punkt der Tagesordnung der heutigen Sitzung und gehen sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten, maximale Redezeit: 20 Minuten. – Bitte.

9.58

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu Beginn der Budgetdebatte kommt man natürlich


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nicht umhin, auf die Fragestellung einzugehen, die auch in der heutigen Fragestunde ganz offensichtlich im Vordergrund gestanden ist und die im Zentrum der öffentlichen Debatte steht, nämlich wer die österreichischen Interessen vertritt – und in welchem Ausmaß – und wer nicht.

Der Herr Bundespräsident hat gestern eine Initiative gesetzt und einen Brief an den portugiesischen Premierminister António Guterres geschrieben (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das die Budgetdebatte?), einen Brief, der zum Ziel hat, die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher zu vertreten, Entspannung in die internationale Situation zu bringen und schrittweise einen Ausweg aus der außenpolitischen Isolation zu finden. Ich sage ganz offen: Ich erachte das als eine ausgezeichnete Initiative unseres Bundespräsidenten! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb bin ich selbstverständlich zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden, zu dem der Herr Bundespräsident die im Parlament vertretenen Parteien über sein Vorhaben informieren und dazu einen Gedankenaustausch durchführen wollte, weil es meiner Auffassung nach wichtig ist, dass in einer Situation, in der die österreichische Bundesregierung nach außen nicht handlungsfähig ist, die im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam mit dem Bundespräsidenten die Lage besprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Den einen geht es um eine Reinwaschung der Bundesregierung, den anderen geht es um Österreich. Wir stehen im Lager Österreichs und seiner Interessen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Was ist mit Moskau?)

Ich betrachte es als eine gefährliche Verrohung der Sitten, wenn in der politischen Debatte einzelne Akteure zu Begriffen wie "Landesverrat" greifen, denn sie betreiben damit eine Eskalation der politischen Auseinandersetzung, die weder angebracht noch für das Land nützlich ist. Nehmen Sie sich in Ihrer Wortwahl zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Legen Sie vielmehr Wert darauf, dass die in der Präambel der Bundesregierung festgelegten Grundsätze und sowohl demokratie- als auch europapolitischen Zielsetzungen nicht nur von der Frau Außenministerin vertreten werden, sondern von allen Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung und von all jenen, die diese Präambel unterzeichnet haben. Das würde Österreich bedeutend mehr helfen als starke Sprüche. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat gestern seine Budgetrede gehalten. In der ersten Lesung des Budgets muss ich feststellen: Ich weiß nicht, über welches Budget er gesprochen hat, denn das, was im Budget steht, hat absolut nichts mit dem zu tun, was er uns hier im Hohen Haus gestern erzählt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Finanzminister hat von der Möglichkeit für mehr soziale Gerechtigkeit als einer der wesentlichen Zielsetzungen der neuen Bundesregierung gesprochen. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr richtig!) Wenn wir das Budget nach der Kategorie der sozialen Gerechtigkeit "abklopfen", stellen wir Folgendes fest: Es wurde eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, die zur Folge haben werden, dass in erheblichem Ausmaß in die Taschen der Österreicherinnen und Österreicher gegriffen wird.

Wenn man nur die publizierten Zahlen, die heute auch schon in den Medien kursieren, zur Hand nimmt, dann kann man feststellen, dass die Autofahrer ganz kräftig zur Kasse gebeten werden, dass die privaten Haushalte über eine Erhöhung der Strompreise ganz kräftig zur Kasse gebeten werden, dass alle Österreicherinnen und Österreicher, die irgendwelche gebührenpflichtigen Ausweise von der Republik erhalten wollen, ganz kräftig zur Kasse gebeten werden und dass letztendlich auch all jene Menschen, die vorhaben, sich ein Eigenheim oder ein Haus anzuschaffen, sehr kräftig zur Kasse gebeten werden. Das ist Ihr Verständnis von sozialer Gerechtigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben sich für ein einseitiges Abkassieren statt für ein Reformieren entschieden – das wird heute auch von allen Kommentatoren bestätigt. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber nicht wahr, das stimmt überhaupt nicht! Haben Sie nicht die Zeitungen gelesen? Ich zitiere sie dann!)


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Wenn Sie des Lesens mächtig sind, dann können Sie feststellen, dass hier steht: Abschöpfen und Ausräumen hatten Vorrang. Die "Salzburger Nachrichten" schreiben: "Ein Notbudget, das Strukturmaßnahmen vermissen lässt". – Alle erkennen es glasklar (Abg. Mag. Kukacka: Lesen Sie die "Oberösterreichischen Nachrichten"!): Dieses Budget hat nicht den Mut zur Reform, sondern hat nur den Mut zum Griff ins Geldbörsel der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Aber die Schulden waren von euch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat davon gesprochen, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher von einer Reihe von Annehmlichkeiten verabschieden sollen. Herr Finanzminister, betrachten Sie die Notwendigkeit von Pendlern, mit dem Auto zu fahren, als Annehmlichkeit? Betrachten Sie die Notwendigkeit, private Haushalte zu heizen und mit Energie zu versorgen, als Annehmlichkeit? – In meinen Augen sind das Lebensnotwendigkeiten. In Ihren Augen sind das ganz offensichtlich Annehmlichkeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen aber gerne, was ich unter "Annehmlichkeiten" verstehe. Sie sagen: Wir sparen in erster Linie bei uns selbst! – Davon habe ich aber in den letzten Wochen außerordentlich wenig gehört. Von Ihnen, Herr Finanzminister, habe ich wochenlang in erster Linie gehört, dass das Gehalt, das Ihnen als dem Finanzminister die FPÖ zugestehen wollte, zu gering sei und dass Sie mehr als 60 000 S netto verdienen wollen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel verdienen denn Sie? Wie viel kriegen Sie als Parteivorsitzender? Wie viel verdienen Sie, Herr Kollege Gusenbauer?)

Von einem Kollegen, der inzwischen aus der Regierung ausgeschieden ist, habe ich gehört, dass er mit einem BMW nicht auskommt und einen Jaguar haben möchte. Das ist die Art von Annehmlichkeiten, die wir von Ihnen gehört haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie uns, was Sie verdienen!) – So viel wie Sie! (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel kriegen Sie als Parteivorsitzender? Über 100 000?) – Nichts! (Abg. Ing. Westenthaler: Nichts?!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt auch in einer Reihe von anderen Punkten überhaupt keine Ansätze für Strukturreformen, sondern außerordentlich einseitige Belastungen. Mit aller Trockenheit erhöhen Sie, obwohl es nach wie vor die Regelung zur LKW-Maut nicht gibt, die Mautgebühren für PKW – eine klare, einseitige Belastung der privaten Haushalte. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler fährt heute nach Lissabon, wo über die Zukunft der Wissensgesellschaft gesprochen wird und wo ... (Bundesminister Mag. Grasser steht bei den Bankreihen der Freiheitlichen und spricht mit Abg. Ing. Westenthaler. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Den Finanzminister hat sein eigenes Budget nicht interessiert, das stellt man fest, wenn man seine gestrige Rede gehört hat; wieso sollten ihn die Antworten darauf interessieren? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler fährt nach Lissabon, wo über die Zukunft der Wissensgesellschaft und darüber gesprochen wird, dass Europa eine konkurrenzfähige Wirtschaft gerade im Bereich des Internets und der neuen Technologien haben soll. Was ist der österreichische Beitrag dazu? – Die versprochene IT-Milliarde, durch welche die österreichischen Schulen mit der notwendigen Technologie ausgestattet werden sollen, gibt es nicht. Im Forschungs- und Entwicklungsbereich werden Kürzungen in der Höhe von bis zu 600 Millionen Schilling durchgeführt. Sie reden von Zukunft, und Ihr Budget in diesem Bereich ist pure Vergangenheit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Seit Monaten gibt es in Österreich eine Diskussion, in deren Rahmen gesagt wird: Es gibt im Bereich von E-Commerce und Internet zwischen 15 000 und 50 000 zusätzliche Jobmöglichkeiten, es gibt aber nicht entsprechend qualifizierte Menschen dafür. Welche Idee ist in Ihrem Budgetprogramm enthalten, damit es möglichst rasch qualifizierte Menschen gibt, die diese Arbeitsplätze ausfüllen können? – Kein einziger Punkt, keine einzige Maßnahme findet sich für diese Zukunftsinvestition auf unserem Arbeitsmarkt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hinsichtlich des Arbeitsmarktes sind Sie überhaupt besonders phantasielos. Sie verlassen sich offensichtlich darauf, dass eine gute internationale Konjunktur dazu führt, dass die Beschäftigung zunimmt. Aber Sie vernachlässigen völlig die Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt – die älteren Beschäftigten, nämlich jene über 50 Jahre –, obwohl es dringend geboten wäre, zusätzliche Maßnahmen zu setzen, damit die Beschäftigungsmöglichkeiten der über 50-Jährigen zunehmen. Was machen Sie? – Sie kürzen gerade die Mittel der Arbeitsmarktverwaltung für Langzeitarbeitslose. Das ist Ihr "soziales" Antlitz! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Budget ist aber erst der erste Schritt, der erste Schritt einer gewaltigen Belastungswelle, wobei das dicke Ende wahrscheinlich erst im Herbst mit dem Budget 2001 kommen wird. Aber die Richtung, in die Ihre Intentionen gehen und die im Regierungsprogramm klargelegt ist, schlägt sich bereits in diesem Budget nieder: keine Strukturreformen, keine Ideen, den Staat zu reformieren, aber abkassieren – vor allem bei den kleinen Leuten. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Sie haben jede Glaubwürdigkeit verloren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ, die angetreten ist, die Interessen der "kleinen" Leute zu vertreten, und die vollmundige Wahlversprechen abgegeben hat (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr )  – von Steuersenkungen, sozialer Gerechtigkeit und so weiter –, legt jetzt ein Budget vor, das eindeutig gegen die kleinen Leute in diesem Land gerichtet ist, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Sag, wer die Schulden gemacht hat!) Viele, die Sie am 3. Oktober gewählt haben, merken heute, dass der 1. Juni der Zahltag ist, weil Sie alle Wahlversprechen gebrochen haben! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auch interessant, dass der Herr Finanzminister gestern von weniger Staat und mehr Privat gesprochen hat. Man hätte vermutet, es gebe jetzt mutige Vorschläge zur Bürokratiereform, mutige Vorschläge zur Verwaltungsreform. Der einzige Vorschlag, den ich im Regierungsprogramm gefunden habe, ist, dass es zusätzlich zum Verwaltungsgerichtshof noch neun Landesverwaltungsgerichtshöfe geben soll. Mehr Ämter werden nicht weniger Bürokratie bedeuten! Sie blähen die Verwaltung weiter auf. Das ist kein Schritt nach vorne! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn Sie sich dazu entschlossen haben, eine umfassende Sprachverschleierung durchzuführen und Steuererhöhungen bei Ihnen jetzt "Anpassungen" heißen – so wie einzelne zynische Unternehmer, wenn sie jemanden entlassen, von "Freisetzung" sprechen –, so ändert das an der Substanz überhaupt nichts.

Diesem Budget liegt nicht das Schöpferische, sondern das Schröpferische zu Grunde! Das ist die Marke für Ihren Kurs! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Was sagen Sie zum "Konsum"?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Sie versuchen, ist, die positiven sozialen Verteilungseffekte, die von der Steuerreform der vorherigen Regierung ausgegangen sind, wieder völlig wegzubekommen, noch dazu in einer sozial ungerechten Art und Weise. Diese Regierung ist eine Regierung der sozialen Ungerechtigkeit! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Westenthaler. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.14

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Minister! Es freut mich, Ihnen die neueste Meldung der Austria Presse Agentur mitteilen zu können: In Kärnten haben sich die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei Österreichs auf eine neue Form von zusätzlichem Kindergeld geeinigt, wodurch das nächste Wahlversprechen eingehalten wird und die Familien in Kärnten noch mehr


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Geld bekommen, so wie wir es vor der Wahl versprochen haben. Das ist ein großer Erfolg für diese beiden Parteien in Kärnten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch ich möchte einleitend kurz etwas zur Sache mit dem Schulterschluss und der Einigung bezüglich der angedrohten und auch durchgeführten Konsequenzen der EU-14 sagen. Herr Kollege Gusenbauer, das, was Sie diesbezüglich in den letzten Tagen hingelegt haben, ist ein Zickzackkurs sondergleichen. Ich sage Ihnen: Ein Weltcupslalom ist eine gerade Linie gegen das, was Sie in den letzten Tagen in dieser Frage aufgeführt haben, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Grabner: Er ist aber heruntergekommen, und ihr kommt nicht herunter!)

Sie setzen sich zum großen "Österreich-Gespräch" im ORF und verkünden dort salbungsvoll, dass sich Österreich einig zeigen soll, dass Sie der Regierung eine Chance geben wollen. Sie sind dort eine neue Linie gegangen, wurden aber kurze Zeit später von Ihrer eigenen Partei hörbar zurückgepfiffen und haben dann die Initiative der österreichischen Bundesregierung – Bundeskanzler und Vizekanzlerin haben eingeladen, gemeinsam einen Schulterschluss gegen die Sanktionen der EU-14 zu bilden – medienwirksam scheitern lassen. Das ist nicht das, was wir wollen! Sie stellen Parteipolitik vor Staatspolitik, und das lehnen wir entschieden ab, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer. )

Für uns steht Rot-weiß-rot im Vordergrund, und daher arbeiten wir auch daran, dass wir den EU-14 konsequent entgegentreten und die Minister in den europäischen Gremien ihre Arbeit leisten und nicht hier im Land parteipolitisch agieren. (Abg. Dr. Gusenbauer: Schwarz-blau ist nicht Rot-weiß-rot! Das ist ein Irrtum, Herr Westenthaler!)

Sie haben heute einiges gesagt, auf Grund dessen man sich wirklich fragen muss, ob Sie die Entwicklung der letzten Jahre mitverfolgt haben. Sie haben in den letzten Jahren die Verantwortung dafür getragen, dass wir nun ein Defizit von 109 Milliarden Schilling übernehmen mussten, und heute treten Sie als der große Sanierer auf und geben auch noch Ratschläge. Das ist der Punkt! Sie tragen die Verantwortung für dieses Defizit! Sie tragen die Verantwortung – und wir sanieren es gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie sprechen von Belastungen für die Autofahrer – aber Sie hatten genau dieselben Maßnahmen in Ihrem Programm, nämlich die Erhöhung der Kfz-Steuer und des Preises der Vignette. (Abg. Edlinger: Das ist falsch!) Das stand auch in dem Regierungsübereinkommen, das Sie abschließen wollten. Sie sind sogar einen Schritt weiter gegangen: Sie wollten auch die Mineralölsteuer erhöhen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das wäre die entscheidende Belastung für alle Pendler gewesen – wir haben sie gemeinsam mit der ÖVP gestrichen. Es gibt keine Erhöhung der Mineralölsteuer; eine Entlastung für die Autofahrer und vor allem für die Pendler. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Strompreisen: Sie stellen sich hier an das Rednerpult und sagen, dass es Belastungen im Bereich des Strompreises gibt. In Wirklichkeit haben wir die Änderung des Elektrizitätsgesetzes vorgezogen, und es wird ab 2001 eine Ent lastung der Haushalte geben, weil die Strompreise durch die Marktliberalisierung fallen werden. Wir haben den privaten Haushalten damit einen Vorteil verschafft, den Sie ihnen erst ab dem Jahr 2003 gönnen wollten. Es wird in Österreich zu einer Strompreissenkung für private Haushalte und für die gewerbliche Wirtschaft kommen. Das ist der große Vorteil! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich weiß: Es ist schwierig, dieses Budget zu kritisieren, wenn man vor der eigenen Türe nicht kehrt und selbst im eigenen Haus nicht Ordnung schafft. Sie wollen hier großartig das Budget kritisieren und erklären, wie es besser zu machen wäre, und haben in der eigenen Partei einen kolportierten Schuldenberg, ein Nettodefizit von 500 Millionen Schilling. Allein das sagt genug aus über Ihre Glaubwürdigkeit bezüglich kaufmännischen Wirtschaftens, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer:


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Wann haben Sie das letzte Mal den Rosenstingl gesehen? Er kann Ihnen ein paar Geschichten erzählen!)

Sie stellen sich hier an das Rednerpult und üben Kritik auf Teufel komm raus, Kritik nur um des Kritisierens willen, nur negative Kritik. Ein Proponent Ihrer Partei hat einmal das Wort "Mieselsucht" erfunden. Es ist wirklich Mieselsucht, wenn man alles nur negativ sieht.

Ich sage Ihnen Folgendes, um einen Vergleich anzubringen: Wenn das rote Team Ferrari dauernd genauso negativ denken würde und sich vor der Zukunft verschließen würde wie das rote Team des SPÖ-Parlamentsklubs, dann würde Ferrari heute in der Gokart-Klasse fahren und nicht in der Formel 1. Das sage ich Ihnen auch ganz offen bezüglich Ihrer Zukunftsaussichten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Gusenbauer! Sie tun sich schwer mit der Kritik, weil Sie genau wissen, dass in Ihren Reihen mit Herrn Abgeordnetem Edlinger jener Ex-Finanzminister sitzt, der das Budgetloch von 109 Milliarden Schilling verursacht hat. Sie sprechen vom Belastungspaket – das verstehe ich. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Ich verstehe, dass dieses gute Budget die SPÖ belastet. Es ist das wirklich ein Belastungspaket für die SPÖ (Abg. Dr. Gusenbauer: Es belastet die Bevölkerung! Sie müssen zuhören!), weil es sich um eine neue Politik handelt, eine neue Budgetpolitik des neuen Finanzministers und der neuen Regierung. Es ist das ein Belastungspaket für Sie (Abg. Dr. Gusenbauer: Es ist ein Belastungspaket für die Bevölkerung!), weil Ehrlichkeit statt Tricks herrscht, Kostenwahrheit statt Ausgabenexplosion, Transparenz statt Verschleierung, Entlastungs- statt sozialistischer Belastungspolitik. Ich verstehe, dass Sie dieses gute Budget belastet. Es soll Sie das auch belasten, denn das ist der beste Weg zur Einsicht, Kollege Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sagen Sie, glauben Sie selbst, was Sie sagen?)

Keine der bisherigen Regierungen hat schneller ein solch kompetentes Budget vorgelegt als Finanzminister Grasser und diese neue Regierung – innerhalb von vier Wochen!

Da Sie, Kollege Gusenbauer, vorhin Kommentare zitiert haben, zitiere ich auch Kommentare, weil Sie in Ihrem Überschwang gemeint haben, alle Kommentatoren hätten das Budget kritisiert. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie führen jetzt den Beweis, dass Sie auch lesen können?!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Leitartikel in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse" von Michael Prüller. Ich zitiere wörtlich: Es "ist jedenfalls ungewohnt rasch zustandegekommen, was nach der Papierform der Neulinge auf der Ministerbank und der von der scheidenden Führungsmannschaft des Finanzministeriums betriebenen Politik der verbrannten Erde ... umso beachtlicher ist." – So lobt er die Geschwindigkeit.

Er sagt weiter: "Daß das so schnell gelungen ist, spricht der Handlungsfähigkeit dieser Koalition ein gutes Zeugnis aus und hebt sich wohltuend von den immer quälenderen Verkrampfungen ab, mit denen die alte Koalition ihre Budgets hervorgewürgt hat." – Das ist eine gute Analyse, das ist ein gutes Zeugnis für diese Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein paar Zeilen weiter schreibt er – ich sage das, weil Sie immer von Belastungen sprechen –: "Auf den durchschnittlichen Österreicher kommen aber nur Mehrbelastungen von rund 150 Schilling pro Monat – und das vor dem Hintergrund einer eben umgesetzten Steuerreform mit jährlichen Entlastungen zwischen 4 000 und 7 000 Schilling." (Abg. Edler: Westenthaler hat die Steuerreform gemacht!)

"Das Problem des Budgets" – schreibt Prüller in der "Presse"; bitte hören Sie zu! – "liegt also nicht an der Belastungswelle. Denn die ist nicht zu sehen." – Keine Belastungswelle, merken Sie sich das! Das hat auch Herr Prüller in der "Presse" festgestellt.

Oder: In den "Oberösterreichischen Nachrichten" schreibt Gerald Mandlbauer im Leitartikel – ich zitiere wortwörtlich –:


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"Wer vorrechnet, dass jeder Haushalt dadurch mit 3 000 S jährlich belastet wird, vergisst darob, dass Steuerreform und Familienpaket auch eine Entlastung darstellen."

Und ganz zum Schluss sagt er: "Die Ursachen" – und jetzt hören Sie gut zu! – "für diese Misere liegen eindeutig in der Vergangenheit. Zu lange wurde auf Pump gelebt. Diese Methode, es sich auf Kosten künftiger Jahre gut gehen zu lassen, muss ein Ende haben. Sie fortzusetzen, das wäre wirklich unsozial."

Das ist das Zeugnis für Herrn Edlinger, ein sehr schlechtes Zeugnis von den "Oberösterreichischen Nachrichten". (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edler: Herr Westenthaler! Was ist ein Verkehrsrowdy?)

Noch ein letztes Zitat, ein Zitat, das wirklich sehr wichtig ist für dieses Budget und auch für die Weiterentwicklung dieser Bundesregierung. Ich zitiere jemanden, dessen Aussagen Sie in den letzten Jahren sehr oft, immer wieder zitiert haben, nämlich den Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes Professor Kramer.

In der "Zeit im Bild 1" vom 20. März um 19.30 Uhr wird berichtet, dass er der Kritik, dass dieses Budget vor allem die kleinen Leute treffe, Folgendes entgegensetzt – Kramer, Österreichs oberster Wirtschaftsforscher –: Der durchschnittliche Österreicher ist sehr begünstigt durch Steuersenkungen und Verbesserungen der Familienleistungen, und dann kommen gewisse restriktive Effekte, die notwendig sind.

Er sagte weiters im "Mittagsjournal" von gestern, 21. März 2000: Die Einkommensteuersenkung – vor allem die Lohnsteuersenkung –, die Familienmaßnahmen bringen auf der anderen Seite den Österreichern heuer 28 Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft, sodass ich doch sagen würde – hören Sie gut zu! –, per Saldo ist dieses Budget nicht wirklich ein Belastungsbudget. Aber man muss das Ganze sehen: Insgesamt tritt eine Entlastung ein, und zwar relativ mehr im Bereich der unteren Einkommen durch die Lohnsteuersenkung und durch das Familienpaket. – Das sagte Kramer. – Danke, Herr Kramer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist die Bestätigung dafür, dass wir für die kleinen Leute in diesem Land sehr viel machen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie haben gegen die Steuerreform gestimmt, können Sie sich erinnern?)

Herr Kollege Gusenbauer! Nun ist Schluss mit der Budgetpolitik des Tarnens und Täuschens. Ich verstehe, dass es fürchterlich weh tut, dass wir ein Budget vorgelegt haben, das Ihnen nicht gefällt, weil es eben gerade die "kleinen" Leute begünstigt – und das trotz des schwierigen Erbes, das wir übernommen haben.

Ich bleibe dabei: Edlinger hat uns ein schwieriges Erbe hinterlassen, ein Erbe von 109 Milliarden Schilling Defizit – bis vor kurzem hat er immer nur von 20 Milliarden Schilling gesprochen –, er hat getarnt und getäuscht. (Ruf bei der SPÖ: Täuschen tun Sie!)

Es ist ein Erfolg des Finanzministers, dass er in dieser kurzen Zeit das administrative Defizit auf 54,6 Milliarden Schilling senken konnte und das Budget voll auf Maastricht-Kurs liegt. Gratulation, Herr Finanzminister! Gratulation der neuen Bundesregierung! Wir liegen völlig richtig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie stellen sich hier an das Rednerpult – das ist ja auch interessant – und sprechen auch von Belastungen, kritisieren, dass im Zusammenhang mit dem 109-Milliarden-Schilling-Loch, das es zu sanieren gilt, 7 Milliarden Schilling auf der Einnahmenseite hereinkommen. Sie kritisieren 7 Milliarden Schilling, haben aber selbst in den Jahren 1996 und 1997 Belastungspakete geschnürt, die das Vielfache davon ausgemacht haben. Allein 1996 gab es Steuererhöhungen im Ausmaß von 27 Milliarden Schilling. 1997: Steuererhöhungen im Ausmaß von 46 Milliarden Schilling. Das waren Ihre Belastungspakte, und daher haben Sie keine Legitimität und kein Recht, heute 7 Milliarden Schilling auf der Einnahmenseite zu kritisieren, die wirklich eine Kleinigkeit im Vergleich zu Ihren Belastungspaketen sind! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Wir haben ja das Beispiel mit der Familie durchgerechnet. Ich weiß, auch das tut Ihnen weh. (Der Redner zeigt eine Schautafel.) Ziehen wir als Beispiel eine Familie mit 30 000 S Haushaltseinkommen im Monat heran. (Abg. Edler: Die Politik von Edlinger verkaufen Sie!) Wissen Sie, wie hoch Ihre Belastungen waren? – 5 248 S durch Sparpakete sozialistischer Finanzminister. Und wie viel bekommt diese Familie heuer unter dem Strich heraus? – 16 940 S mehr für eine Familie mit einem Einkommen in der Höhe von 30 000 S und zwei Kindern! (Abg. Dietachmayr: Da haben Sie überhaupt nichts dazu getan!) Das ist wirklich gute Budgetpolitik für die kleinen Leute und für die Familien in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Ich stelle die Tafel hier auf das Rednerpult, damit Sie das nicht vergessen und während der Budgetdebatte immer sehen.

Wir haben in diesem Land das niedrigste Nettodefizit seit 1982, also seit 18 Jahren! Trotzdem halten wir in Österreich die Arbeitsmarktpolitik auf hohem Niveau (Abg. Grabner: Da können Sie nichts dafür!), setzen uns für Familien ein, auch für die Arbeitnehmer, die durch die Lohnsteuersenkung in der Höhe von 9 Milliarden Schilling enorm profitieren (Abg. Grabner: Wo Sie dagegen waren!), was sich auch beim Haushaltseinkommen auswirkt. (Abg. Parnigoni: Sie haben gegen die Steuerreform gestimmt!)

Oder, weil Sie auch gesagt haben, dass Arbeitnehmer benachteiligt werden: Wir haben etwas zustande gebracht, was Sie jahrelang mit Ihrer eigenen Gewerkschaft nicht zustande gebracht haben, nämlich die Umsetzung der Forderungen der "Aktion Fairness", die Angleichung der Arbeitnehmer- an die Angestelltenrechte.

In Zukunft wird es 100 Prozent Lohnfortzahlung im Krankenstand geben, künftig sind es sechs Wochen statt vier Wochen für jeden Arbeitnehmer. Es wird in Zukunft weitere vier Wochen 75 Prozent statt wie bisher 60 Prozent Krankengeld geben, und zwar auch weiterhin ein bis eineinhalb Jahre. (Abg. Edler: Was nehmen Sie weg?) Es wird auch bei der Besserstellung bei Arbeitsunfällen und allem, was danach kommt, bei den Arbeitnehmern bleiben. Das ist die Ansage für den österreichischen Arbeitnehmer, die wir sehr ernst nehmen und entsprechend berücksichtigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Privatisierung: Sie kritisieren hier im Lande die Privatisierung. Sie lassen die Gewerkschaft aufmarschieren, drohen mit Streiks und mit Behinderungen. Ist all das im Sinne der Arbeitnehmer? Wie kommt es, dass etwa in anderen sozialistischen Ländern wie zum Beispiel in Frankreich Premier Jospin interessanterweise bereits wesentlich mehr privatisiert hat als die vorangegangene konservative Regierung? Wie kommt es, dass Tony Blair in Großbritannien in allen möglichen Bereichen privatisiert, was das Zeug hält – er möchte sogar schon die U-Bahn privatisieren –, aber hier in Österreich nicht privatisiert werden soll? Hier haben wir eine Diskussion über die Privatisierung, die mit Angstparolen seitens der Sozialisten geführt wird, mit Endzeitszenarien und mit Argumenten, die letztlich wirklich nicht vertretbar sind.

Sie wissen gar nicht, was Sie mit diesen Drohungen, Streikdrohungen, Endzeitszenarien und Blockaden anrichten. Sie tragen nämlich die Verantwortung dafür – und das müssen Sie immer wissen –, dass durch den Machtanspruch, den Sie nach wie vor in diesen halbstaatlichen und staatlichen Unternehmen erheben, möglicherweise der Wert dieser Unternehmen für eine künftige Privatisierung gesenkt wird, und das fällt den Arbeitnehmern voll auf den Kopf. Dafür tragen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, voll die Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben es einfach immer noch nicht verstanden, Sie wollen noch immer im alten Schachteldenken, im alten Konfliktdenken zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern verharren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. ) Sie haben es noch nicht verstanden, dass sich die Welt weiterdreht, dass wir überall partnerschaftliche Modelle haben, Beteiligungsmodelle von Arbeitnehmern an ihren Unternehmungen. Sie reden weiterhin dem Klassenkampf das Wort, während in Zukunft "Partnerschaft" das Motto ist; Partnerschaft für den betrieblichen Erfolg in den Unternehmungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Die Privatisierung sichert Arbeitsplätze, wie in der Vergangenheit auch gezeigt wurde, auch hier in Österreich. Auch in diesem Budget sind Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes enthalten, bis hin zur Lohnnebenkostensenkung, die nicht ein Geschenk für Unternehmer und Wirtschaftstreibende ist, wie Sie immer behaupten, sondern die sich auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Eine Lohnnebenkostensenkung bedeutet letztlich Arbeitsplatzsicherung. Das sollten Sie endlich verstehen und auch berücksichtigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben ein Budget ohne Tricks und ohne Verschleierungen vorgelegt. Es ist dies das Ende der unehrlichen Budgetpolitik der Marke SPÖ. Wir haben ein Budgetcontrolling eingeführt. Und es wurden innerhalb dieser kurzen Zeit auch bereits Vorbereitungen im Finanzministerium für das Budget 2001 getroffen.

Man hat vor dem Zustandekommen des gesetzlichen Budgetprovisoriums gesagt: Der Finanzminister wird das nicht zustande bringen! Man hat dann, als das Budgetprovisorium stand, gesagt: Der Finanzminister wird das Budget 2000 nicht zustande bringen! Und jetzt lautet das Motto: Aber spätestens am Budget für das Jahr 2001 wird er scheitern! – Ich sage Ihnen: Dieser Finanzminister wird nicht scheitern! Wir werden für das Jahr 2001 genauso ein sozial gerechtes, ausgewogenes Budget vorlegen wie für das Jahr 2000 – im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden Stück für Stück in unserer Sanierungspartnerschaft aus Volkspartei und Freiheitlichen Ihren Schuldenberg abbauen – sozial gerecht, ehrlich und vor allem transparent.

Unterm Strich ist es völlig klar: SPÖ-Bilanz: 109 Milliarden Schilling Defizit, zwei Belastungspakete, eine Million Menschen an der Armutsgrenze; Regierung neu: 54,6 Milliarden Schilling administratives Defizit, nur 7 Milliarden Schilling einnahmenseitig gespart, dafür Strompreissenkung, Mietensenkung, "Aktion Fairness", 28 Milliarden Schilling für die Familien.

Die wichtigste Botschaft für unsere Mitbürger ist in Wirklichkeit jene, dass die Realeinkommen in Zukunft weiter steigen werden, die Österreicher also in Zukunft mehr Geld in der Tasche haben werden als in all den Jahren sozialistischer Finanzpolitik bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler lässt die von ihm verwendete Schautafel auf dem Rednerpult stehen.)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Er hat das Wort. (Rufe bei der SPÖ: Einheitstaferl! Einheitstaferl!)

10.31

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Taferl stimmt, nur der Balken müsste schwarz sein. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Beifall bei der ÖVP.) Denn es war vor allem die Volkspartei, die in der vergangenen Legislaturperiode auf der Steuerreform bestanden hat und gegen einen widerwilligen Finanzminister, der sie verschieben wollte, durchgezogen hat, damit die Familien mehr Geld bekommen. Und wir sind stolz darauf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute doch irgendwie einen historischen Tag. Es ist das erste Budget, das eine Regierung mit einem christdemokratischen Bundeskanzler vorlegt, in der ein Freiheitlicher die Verantwortung für die Finanzen trägt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir leiten damit die Wende zur dauerhaften Sanierung der Staatsfinanzen ein – nach 30 Jahren sozialistischer Finanzpolitik, die Österreich auf einem gigantischen Schuldenberg sitzen lässt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Der größte Sozialabbau!)

Das ist der Unterschied zwischen unserer Finanzpolitik und der Finanzpolitik der Sozialdemokraten. Stellen Sie sich den Staatshaushalt wie ein großes Fass voll Wasser vor! Das Wasser ist das Geld, das für die Bürger vorhanden ist, das Budget. Und dieses Fass hat jetzt Löcher. Was machen die Sozialdemokraten? Sie lassen die Löcher offen und schütten oben immer mehr Wasser hinein, Sie sind für immer mehr Steuern, immer mehr Abgaben. Wir dichten die


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Löcher ab und ersparen dem Steuerzahler zusätzliche Belastungen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben das Bundesbahn-Defizit verringert. Wir haben durch Privatisierungen das ständige Loch im Fass Staatshaushalt, nämlich die verstaatlichte Industrie, geschlossen. Wir haben die Finanzierung der Pensionen immer wieder sichern müssen, wir haben den Bereich Krankenkassen immer wieder sichern müssen. Wir werden das weiterhin tun, ohne den Steuerzahler beziehungsweise den Abgabenpflichtigen zu belasten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Budget 2000 ist ein schwieriges Budget. Herr Edlinger, "punktgenau" haben Sie zuerst davon gesprochen, dass es kein Budgetloch gebe, dann haben Sie "punktgenau" davon gesprochen, dass es einen Abdeckungsbedarf in der Höhe von 20 Milliarden Schilling gebe – schon ein Trick –, und dann haben Sie "punktgenau" davon gesprochen, dass es 40 Milliarden Schilling seien. – Nein, das rote Budgetloch beträgt 109 Milliarden Schilling – punktgenau, Herr Edlinger! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das hat der Kassasturz ergeben, und diesen Kassasturz mussten wir machen. Ich bin froh darüber, dass wir mit einem Dringlichen Antrag erreichen konnten, dass jetzt ein Budget-Controlling und eine Kontroll-Apparatur eingerichtet wird, damit uns das nie wieder passieren kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Edlinger! Sie sprechen immer von Ihren punktgenauen Budgets. Der Rechnungsabschluss 1999 wird wieder einmal zeigen, dass von punktgenau überhaupt keine Rede sein kann: 23 Milliarden Schilling mehr Ausgaben. Sie haben eben Glück gehabt, wir haben auch 23 Milliarden Schilling mehr Einnahmen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist die Punktgenauigkeit!

Herr Kostelka! Aber Sie freuen sich noch darüber! Genau diese Freude hat Sie in die Opposition gebracht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Und Sie auf den dritten Platz!)

109 Milliarden Schilling Defizit hat uns Herr Edlinger in den Rucksack gepackt. Wir werden 15 Milliarden Schilling davon durch eisernes Sparen hereinbringen – ein Sparen, das wehtun wird, und das tut mir auch Leid. Das ist das Sparen beim Staate selbst, bei den Subventionen, bei den Investitionen. Aber es geht nicht anders, denn es ist unsozial, Schulden zu machen und sie die nachkommende Generation, die jungen Leute, die da oben auf der Galerie sitzen, bezahlen zu lassen und es so weit kommen zu lassen, dass sie Angst um ihre Pensionen haben müssen. Das werden wir nicht machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15 Milliarden Schilling werden also durch eisernes Sparen hereingebracht, 20 Milliarden Schilling durch Verkäufe, 13 Milliarden Schilling dadurch, dass wir die Überschüsse der Fonds – Familienlastenausgleichsfonds, Wasserwirtschaftsfonds, Insolvenzentgeltsicherungsfonds et cetera – ins Buffet, pardon: ins Budget überführen. (Heiterkeit.) Und 7 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren, entfallen auf Steuern und Abgaben. Das ist punktgenau, Herr Edlinger, der gleiche Betrag, mit dem Sie die Bürger durch Steuer- und Abgabenerhöhungen belastet hätten. Sie hätten mit der Mineralölsteuererhöhung den Benzinpreis um einen Schilling pro Liter erhöht, und das belastet die Pendler, die kleinen Leute mehr als die Erhöhung der Tabaksteuer und der Versicherungssteuer und als die zehn Groschen pro Kilowattstunde mehr, die die Stromgesellschaften bezahlen müssen. Der Strompreis wird trotzdem sinken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Edlinger! Ihre Punktgenauigkeit möchte ich weiter hinterfragen. Sie haben immer gesagt, es wäre laut Maastricht-Kriterien ein Abdeckungsbedarf in der Höhe von 62 Milliarden Schilling zulässig. Punktgenau falsch, Herr Edlinger! Nur 54 Milliarden Schilling sind zulässig, 8 Milliarden Schilling mehr müssen wir aufbringen, weil Sie punktgenau wieder einmal danebengetappt haben.

Meine Damen und Herren! Das Budget 2000 ist schwierig. Es musste schnell erstellt werden, und es beinhaltet viele Einmaleffekte. Ich stimme mit allen überein, die gesagt haben: Das war


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das Gesellenstück des Finanzministers. Das Meisterstück steht noch bevor, das ist das Budget 2001, denn mit diesem müssen wir die Strukturmaßnahmen treffen, müssen wir die undichten Stellen dichten, müssen wir die Löcher stopfen, die uns der Herr Edlinger hinterlassen hat. (Abg. Edler: Die Frau Gehrer, weil sie überzogen hat!)

Wir müssen die Pensionen auf Dauer sichern, wir müssen die kranken Kassen gesunden, wir müssen eine leistungsbereite und leistungsfähige Beamtenschaft sicherstellen, und wir müssen endlich das Arbeitsmarktservice von einer Arbeitslosigkeitsverwaltungsstelle zu einer arbeitsplatzschaffenden Stelle machen. All das sind Strukturreformen, die wir machen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir werden die Gesetze bis zum 1. Oktober brauchen.

Meine Damen und Herren! Nur ein ganz kleiner Blick zurück in die Geschichte: 1970 – nach 25 Jahren ÖVP-Finanzministern – hat Stephan Koren das Finanzministerium an Hannes Androsch übergeben. Und er hat es wirklich übergeben! Er hat sich nicht durch die Hintertüre davongeschlichen und die Computer gelöscht, die es damals noch nicht gegeben hat. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Er hat nicht die Akten mitgenommen, er hat nicht die Telefonleitungen behindert, er hat sich nicht mit seinem Defizit davongestohlen, sondern er hat sein Amt übergeben mit einem Budgetdefizit von 16 Milliarden Schilling im Jahr und mit Gesamtschulden der Republik Österreich in der Höhe von 70 Milliarden Schilling. (Abg. Schwemlein: Verstehst du wirklich so wenig von Wirtschaft?)

Aber als Herr Edlinger gegangen ist, hat allein das Defizit 109 Milliarden Schilling betragen. Allein die Zinsen, die wir jedes Jahr zu bezahlen haben, machen 95 Milliarden Schilling aus. Mit den Zinszahlungen eines Jahres von heute hätten wir im Jahr 1970 die Schulden und das Defizit bezahlen können. Wir haben heute Schulden in der Höhe von 1 700 Milliarden Schilling. Das ist unsozial! Und das ist die Belastung für den kleinen Mann! Und das zerstört die Zukunftschancen unserer Jugend! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Finanzminister Grasser hat gestern eine bemerkenswerte Rede gehalten, weil er über viele Finanzfragen hinaus das Budget wirklich zu einem geschriebenen Regierungsprogramm gemacht hat. Er hat sich bemerkenswert deutlich und initiativ für die EU-Erweiterung ausgesprochen. Ich hoffe, dass Sie von der SPÖ das gelesen haben. Sie haben heute alle Anfragen an die Außenministerin gestellt. Hätten Sie bei der Budgetrede gestern zugehört, dann hätten Sie verstanden, dass die Regierung voll für die EU-Erweiterung ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Er hat sich voll für die Weiterführung unserer Asylpolitik und Fremdenpolitik ausgesprochen. Er hat sich zur Sozialpartnerschaft bekannt, und er hat initiativ die Globalisierung als eine Chance gesehen und nicht als einen Popanz, vor dem man sich fürchtet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber auch die Außenpolitik kam zu ihrem Recht. Er hat mit Recht die Sanktionen – die ungerechten und ungerechtfertigten Sanktionen – der 14 EU-Länder abgelehnt und gesagt: Das ist nicht gut für unser Land, das ist ungerecht, und wir sollten uns alle dagegen stellen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

An dieser Stelle möchte ich jetzt ohne Dramatisierung feststellen: Herr Ing., Herr Dr. Gusenbauer, wir nehmen zur Kenntnis: Für Sie sind die Sanktionen der EU-14 ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Für Sie "Dr. Gusenbauer"! – Rufe bei der ÖVP: Hat er eh gesagt!)  – "Dr. Gusenbauer" habe ich gesagt, ja! Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie auch schlecht hören. Ich habe immer gemeint, Sie verstehen schlecht, aber dass Sie auch schlecht hören, ist interessant. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben gesagt, die Sanktionen der EU-14 seien verständlich, sie seien politisch gerechtfertigt und sollen andauern. – Ich nehme das zur Kenntnis. (Abg. Edlinger: Das hat er gar nicht gesagt!)

Der "Patriot" Van der Bellen geht auch davon aus, dass die Sanktionen gerecht sind und dass sie andauern sollen. – Ich würde aber herzlich bitten: Könnten Sie beide nicht die Interessen


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17. Sitzung / Seite 37

Ihrer politischen Partei endlich einmal hinter das Schicksal dieses Landes stellen und Österreich vorantragen, rot-weiß-rot?! (Lebhafter Beifall und Bravo!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das tun wir ja!)

Ja glauben Sie denn wirklich, Herr Van der Bellen – ich schätze Sie –, dass man die Boykott-Maßnahmen, die die Österreicherinnen und Österreicher treffen, der Regierung anlasten (Ruf bei der SPÖ: Wem denn?) und von den Sanktionen, die die 14 EU-Staaten ungerechtfertigterweise und vertragswidrig über uns verhängt haben, trennen kann? Glauben Sie wirklich, dass Sie Ursache und Wirkung trennen können? (Abg. Dr. Niederwieser: Wieso habt ihr denn Haider entsorgt?) Sie kommen mir vor wie jemand, der zusieht oder es sogar begrüßt, dass ein Glas auf den Boden geschmissen wird, und sich dann darüber beklagt, dass jemand auf die Scherben tritt und blutet.

Das ist Ursache und Wirkung! Wenn jemand ein Feuer macht, darf er sich nicht darüber wundern, dass jemand Brandblasen bekommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Wer hat es denn angezündet?)

Sie können den Boykott und das, was gegen die österreichische Bevölkerung unternommen wird, nicht von den Ursachen trennen, nämlich von den Sanktionen der 14 EU-Länder. (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Ursache sind Sie! Die Ursache sitzt dort oben!)

Wenn Oppositionspolitiker sagen – im Ausland! –, man müsse Österreich noch eine Zeit lang in Quarantäne halten (Abg. Mag. Trattner: Van der Bellen im Ausland! – Abg. Ing. Westenthaler: Quarantäne!), und wenn ein anderer Politiker von der Opposition im Ausland sagt, man solle die Sanktionen ja nicht aufheben, und vor einer Normalisierungsfalle warnt (Abg. Großruck: Ein Skandal!) und wenn Sanktionen ausdrücklich gutgeheißen werden, dann muss ich sagen: Wer die Sanktionen der EU-14 nicht als ungerecht und rechtswidrig zurückweist, ist kein Patriot! (Beifall und Bravo!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eines möchte ich hier von diesem Pult aus sehr ruhig sagen: Wer diese Sanktionen der EU-14 rechtfertigt, gerät in den Verdacht, sie erbeten zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Gerät in den Verdacht, sie erbeten zu haben!

Der ehemalige Parteivorsitzende Klima ist mir immer noch die Antwort schuldig, die ich hier jetzt das vierte Mal einmahne, die Antwort auf die Frage: Was hat er am Abend des 26. Jänner in Stockholm beim "Holocaust-Abend", bei dem 14 Regierungschefs der Sozialistischen Internationale zusammengetreten sind, getan? (Rufe bei der SPÖ: Untersuchungsausschuss! Untersuchungsausschuss! – Abg. Dr. Puttinger: Da werdet ihr nervös!) Hat er, als es um die österreichische Regierungsbildung ging, Sanktionen abgelehnt? – Das hoffe ich! – Hat er ihnen nicht widersprochen? – Das hoffe ich nicht. – Aber: Hat er sie erbeten? – Ich weiß es nicht. (Abg. Grabner: Ihr könnt ruhig einem Untersuchungsausschuss zustimmen!)

Daher erfüllt es mich mit Sorge, wenn ich höre, dass der designierte Parteivorsitzende Gusenbauer zu einer Konferenz der Sozialistischen Internationale fährt. Ich möchte Sie gerne fragen: Was werden Sie dort sagen, Herr Gusenbauer? (Abg. Ing. Westenthaler: Quarantäne wird er vorschlagen!) Werden Sie dort den 14 anderen EU-Ländern sagen: Danke für die Sanktionen!? – Ich weiß es nicht. – Oder werden Sie die Sanktionen dort bekämpfen? – Ich hoffe es. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich werde das Gleiche sagen wie der Herr Bundespräsident!) Ich kann nur eines sagen, Herr Gusenbauer: Handeln Sie wie ein Patriot, und stellen Sie Österreich vor die Machtinteressen Ihrer Partei! (Bravo!-Rufe und anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das denn jetzt mit der Quarantäne?)

10.47

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren hier im Plenum! Ich habe gedacht,


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wir führen hier eine Budgetdebatte, aber wenn es denn sein muss, Herr Kollege Khol. (Abg. Dr. Martin Graf: Gusenbauer hat damit begonnen!) Ihre Masche ist ja ganz einfach. (Abg. Dr. Khol: Ich habe keine Masche, ich habe eine Krawatte!) Sie haben eine Krawatte, aber Ihre Masche ist trotzdem einfach. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das mit der Quarantäne?)  – Kaiser Wilhelm II hat 1914 erklärt, sofern ich mich recht erinnere (allgemeine Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP – Abg. Schwarzenberger: So alt sind Sie schon? – Abg. Ing. Westenthaler: Sie waren ja überall dabei!): Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! – Das war damals schon falsch, und das versuchen Sie jetzt wieder. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Auer: So alt sind Ihre Argumente?)

Sie versuchen zu argumentieren: Wer nicht für die Regierung ist – nämlich für diese spezielle Bundesregierung, gebildet aus ÖVP und FPÖ –, der ist gegen Österreich. – Das ist ein Schwachsinn, Herr Kollege Khol! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was Patriotismus ist, das lasse ich mir von Ihnen noch lange nicht vorschreiben! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie wollen die Quarantäne!)

Sie wissen ganz genau, dass wir eine diplomatische Offensive gemacht haben, die ja nicht ganz freiwillig war. Das haben wir ja gemacht, weil Österreich außenpolitisch isoliert ist, und das versuchen wir aufzubrechen. Genau im Kampf gegen diese Reaktionen, die ja unbestreitbar überschießend, ungerecht sind und die Falschen treffen, die Schüler, Intellektuellen, Wissenschaftler und so weiter ... (Abg. Dr. Khol: Sie wollen ja die Quarantäne für Österreich!)

Ach, woher haben Sie denn den Blödsinn? Ich verstehe das gar nicht. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Nein, das habe ich in London nicht gesagt. (Abg. Dr. Khol: Das wird in London überall erzählt! – Abg. Ing. Westenthaler: Ganz London spricht von der Quarantäne!) Tut mir Leid, was Ihre Freunde erzählen. (Abg. Dr. Khol: Sie waren doch in London?) Ja, ich war in London, das ist eine Tatsache. Das mit der Quarantäne ist ein Unsinn! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das steht aber überall!)

Der ganze Sinn unserer Reise ist gewesen, zu sagen: Bitte, Leute, denkt daran, es ist ein Unterschied zwischen den drei oder vier Maßnahmen, die die EU-14 gegenüber Österreich beziehungsweise der Bundesregierung erklärt haben, und den anderen Geschichten! (Abg. Dr. Khol: Meine Kinder in London haben gesagt, Sie haben "Quarantäne" gesagt! – Abg. Ing. Westenthaler: Aber Sie können sich ja jetzt davon distanzieren! Dann ist alles erledigt!)  – Ich gehe jetzt zum Budget über.

Herr Westenthaler! Ich konnte mir unmöglich merken, was Sie in der Geschwindigkeit alles zum Budget gesagt haben (Abg. Dr. Khol: Was hat denn die Frau Petrovic in Berlin gesagt?), aber eine Sache habe ich mir aufgeschrieben – das war wirklich bemerkenswert –: 7 Milliarden Schilling wurden einnahmenseitig gespart. – Super! 7 Milliarden wurden einnahmenseitig gespart: Das ist die neue Sprache dafür, dass 7 Milliarden Steuererhöhungen und Gebührenerhöhungen ins Haus stehen. Das ist wirklich bemerkenswert, das finde ich köstlich, Herr Westenthaler! Das werde ich mir merken. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Beim Kollegen Khol hatte ich stellenweise den Eindruck, dass jetzt überhaupt keine Schulden mehr eingegangen werden. Er hat in einer Verve ... (Abg. Dr. Khol: Das Defizit wird halbiert!) Das Defizit wird halbiert, und 56 Milliarden Schilling zusätzliche Schulden kommen dazu – laut Daten des Finanzministeriums. (Abg. Dr. Khol: Richtig, ja, aber 93 Milliarden zahlen wir Zinsen! Kennen Sie den Unterschied zwischen Netto- und Bruttodefizit?)  – Das ist mir nicht unbekannt. Ich werde auf den Zinsaufwand noch zurückkommen. (Abg. Dr. Khol: Aber Sie haben einmal Netto- und Bruttodefizit verwechselt, Herr Professor der Nationalökonomie!)

Herr Finanzminister Grasser hat in seiner Rede unter anderem gesagt, es handle sich um ein "realistisches Budget ohne Tricks". – Das ist schwer zu sagen. Ich bin durchaus bereit, ihm meinen guten Willen vorläufig einmal als Vertrauensvorschuss zu geben – aber woher sollen wir wissen, ob das stimmt? (Abg. Dr. Martin Graf: Ihren Schmäh wird die Bevölkerung auch noch durchschauen!) Wir haben keinen Arbeitsbehelf beziehungsweise Amtsbehelf, der wesentliche Informationen enthält. Wir haben keine Teilhefte zum Bundesvoranschlag, in denen alle Details


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stehen. Man kann also nicht überprüfen, ob die Sachen, die der Finanzminister beziehungsweise die Vertreter der Regierungsparteien hier behaupten, im Einzelnen stimmen.

Die Daten im Tabellenband beziehen sich, was die Vergleichbarkeit betrifft, auf den vorläufigen Gebarungserfolg 1999. Das finde ich gut. Die Daten im Bundesfinanzgesetz, dem Konvolut, das wir vorläufig noch ohne Teilhefte haben, beziehen sich auf den Bundesvoranschlag 1999. Also womit soll man jetzt vergleichen? Das ist wirklich schwierig.

Auf diese Mängel an Information, Mängel an Transparenz, die derzeit vorliegen, werde ich immer wieder zurückkommen müssen. Wir können derzeit im Einzelnen oft nicht sagen, was Lippenbekenntnis der Bundesregierung ist und was nachprüfbare, nachvollziehbare Zahlen sind.

Ich möchte auch nicht verschweigen, dass mir die Budgetrede in einzelnen Punkten gar nicht so übel gefallen hat, als zum Beispiel der Finanzminister davon ... (Rufe bei der ÖVP: Aber! Aber!)  – Na was tun Sie denn so? Ich habe mich immer noch bemüht, irgendetwas Positives zu entdecken. (Abg. Dr. Stummvoll: Das anerkennen wir! – Abg. Dr. Khol: Aber nicht im Ausland!) Warum soll ich das nicht auch beim Herrn Grasser tun? Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Khol, der Patriotismus im Eigenbau ständig neu definiert. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Positiv habe ich gefunden, dass der Finanzminister dort, wo nichts zu verschleiern ist, das auch nicht tut: Struktureffekte gibt es keine, Einmalmaßnahmen überwiegen. Ja, das kann man wirklich nicht verstecken, und das sagt er auch eindeutig auf Seite 4, dass erst im Laufe dieser Legislaturperiode die Einmalmaßnahmen durch strukturelle Maßnahmen ersetzt werden können.

Auch die neue Möglichkeit im Artikel V Bundesfinanzgesetz, die wesentliche Erweiterung der Revirementmöglichkeiten beziehungsweise der Umschichtungsermächtigungen, das ist eine interessante Geschichte. Ich bin im Prinzip dafür, auch wenn natürlich die Durchsichtigkeit des Budgets darunter noch einmal leiden könnte. Aber das werden wir uns anschauen.

Auf der anderen Seite, Herr Finanzminister, gibt es merkwürdige Redaktionsfehler, finden Sie nicht? Ich nehme an, so eine Rede wird von jemandem geschrieben, dann wird sie gegengelesen, und der Finanzminister liest sie nicht erst im Plenum vom Blatt ab. Das vermute ich einmal. Auf Seite 8 beziehungsweise Seite 9 steht: "Versicherte mit einer Beitragsdauer von 45 Jahren sollen weiterhin mit 55 beziehungsweise 60 Jahren in Pension gehen können." (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Das heißt also, Frauen, die weiterhin vorzeitig mit 55 Jahren in Pension gehen können, müssen 45 Beitragsjahre vorweisen. 55 minus 45 ist 10. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Also im Alter von 10 Jahren eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, das wäre zumindest bewilligungspflichtig. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Also dass das von allen Gegenlesern übersehen wurde, ist schon irgendwie eigenartig. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser. )

Herr Bundesminister! Da gibt es eine ökonomisch so unsinnige Formulierung, dass ich sie erwähnen muss. Sie haben wörtlich gesagt: "Wir sparen nicht beim Bürger, sondern bei uns selbst!" – Aber Sie wissen ganz genau, das ist doch ökonomischer Unsinn! Was heißt das: hier der Staat – da "uns selbst"? (Abg. Dr. Khol: Das betrachten Sie als Unsinn?) Bitte, Herr Kollege Khol, ich bin gerne bereit, es Ihnen auch länger zu erläutern.

Die Einkommenseffekte von Steuern und Staatsausgaben sind für die Betroffenen haargenau dieselben. Ob Sie eine bestimmte Steuer erhöhen – keiner zahlt sie gerne – und dadurch das Nettoeinkommen sinkt (Abg. Dr. Khol: Repräsentation beispielsweise!) oder ob Sie beispielsweise eine bestimmte Sozialausgabe senken und dadurch das Nettoeinkommen sinkt, das ist für die Betroffenen dasselbe. Da wird nicht "bei uns gespart", gespart wird immer beim Bürger. Selbst bei ineffizienten Staatsausgaben ist das so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. )


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Ich möchte im Wesentlichen auf vier Punkte eingehen.

Erstens: Zukunft, Bildung, Forschung, Wissenschaft. In jeder Budgetrede hören wir: Das müsste Priorität haben! Hat es jetzt Priorität? – Ich glaube, nein. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, Herr Kollege Khol. (Abg. Dr. Khol: Hatte das in der Vergangenheit Priorität?)

Zweitens: Die Auswirkungen auf die Einkommensverteilung sind eindeutig negativ. – Sorry, so ist es. Das ist meine Meinung.

Drittens: Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt können nach den Zahlen, die bis jetzt bekannt sind, nur negativ sein. (Abg. Dr. Khol: Geh, bitte! Nein!)

Viertens: Das Defizit ist nicht unter Kontrolle – aber das wissen Sie selbst. Ich habe aber auch meine Zweifel, wie das im Jahre 2000 sein wird.

Zu Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung: Immer wird beschworen: Das ist die Zukunft, da müssen wir etwas tun, da wird die Basis für die zukünftigen höheren Einkommen gelegt! – Stimmt, ja.

In einer Zeitung habe ich gelesen, es werde im Budget für das Jahr 2000 mehr für die Forschung getan. In der Übersicht 20 ist ein Minus von 1,2 Milliarden bei Forschung und Wissenschaft ausgewiesen. Das ist ein Minus, kein Plus. Die dort ausgewiesenen Teilbeträge steigen zum Teil deutlich an. Ich weiß nicht, wo die Rückgänge sind. Das ist aus dem Zahlenmaterial nicht ersichtlich.

In der Budgetrede heißt es, der Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft werde mit insgesamt 680 Millionen Schilling aus dem "ordentlichen Budget" dotiert, wie hier in der Unterlage steht. (Abg. Dr. Martin Graf: Voriges Jahr: Null!) Irgendjemand hat es wieder überlesen. Es gibt im Bundeshaushaltsrecht nicht die Unterscheidung zwischen ordentlichen, unordentlichen, außerordentlichen oder sonstigen Budgets. Das muss jemand geschrieben haben, der aus dem Kommunalbereich kommt. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Abgesehen davon findet man im Tabellenband, in der Übersicht 25, 530 Millionen Schilling, aber nicht 680 Millionen Schilling. Wo sind die zusätzlichen 150 Millionen Schilling?

Das sind die Kleinigkeiten, die einen sehr irritieren, weil man nicht weiß, was jetzt stimmt: die Tabelle oder das, was der Minister sagt?

Der FWF, Forschungsförderungsfonds für die wissenschaftliche Forschung, war seit dem Jahr 1995 mit 600 Millionen bis 700 Millionen Schilling jährlich budgetiert. Jetzt steht drinnen: 406 Millionen Schilling. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Irgendwo werden wohl die restlichen 200 Millionen Schilling – hoffe ich! – stehen. Wenn nicht, kürzen Sie die Fondsmittel für die wissenschaftliche Forschung um ein Drittel. Das wird ja wohl nicht der Schwerpunkt der Forschung sein, den Sie anstreben. (Abg. Dr. Martin Graf: Voriges Jahr ist null dort gestanden!)

Ich komme zum Bildungsbereich und damit zu einem Detail der Budgetierung, das einen zweifeln lässt, ob das Budget 2000 wirklich zum "Derheben" ist. Ich erwähne nur das Beispiel Landeslehrer – aus verschiedenen Gründen ein ewiger Dauerbrenner der Auseinandersetzung. Die Länder stellen die Lehrer ein, der Bund bezahlt sie. Dazu gibt es eine schöne Tabelle in der Unterlage zur Budgetrede: Der Personalstand für die Jahre 1999 und 2000 ist identisch – und der Personalaufwand steigt um 200 Millionen Schilling.

Herr Trattner, das glauben Sie aber selbst nicht – bei identischem Personalstand?! Sie wissen ganz genau, dass es bei den Personalausgaben durch die Vorrückungen einen Struktureffekt gibt, bescheiden gerechnet 1 Prozent, dass es Gehaltserhöhungen gegeben hat. Also wenn man nur mit 2,5 Prozent plus rechnet, ist man schon bei plus 900 Millionen Schilling und nicht bei 200. Wo sind die anderen 700 Millionen Schilling? Jetzt reden wir nur vom Personalaufwand. Und solche Beispiele lassen sich einige finden. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)


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Zweiter Punkt: Einkommensverteilung. Ganz grob geschnitzt ist es doch so, meine Damen und Herren, dass Sie von SPÖ und ÖVP letztes Jahr eine Steuerreform und ein Familienpaket beschlossen haben, das im Prinzip allen zugute kommt, auch den Höherverdienenden und Bestverdienenden. Doch die Rechnung dafür zahlt jetzt Schritt für Schritt der so genannte kleine Mann beziehungsweise die kleine Frau. Die Maßnahmen, die Sie jetzt im steuerlichen Bereich und im Gebührenbereich vorsehen, sind nämlich im Jargon eindeutig regressiv, das heißt, sie belasten die Gruppen mit niedrigem Einkommen relativ stärker als jene mit hohem Einkommen. Das reicht von der Kfz-Steuer bis zur Verdoppelung der Gebühren beim Reisepass.

Auch sonst kann ich keinerlei auch nur symbolische Rücksichtnahme auf die so genannten kleinen Leute in diesem Budgetentwurf erkennen.

In diesem Zusammenhang noch etwas: Verteilungseffekte brauchen sich nicht nur auf Individuen zu beziehen, sondern es kann auch andere Verteilungseffekte geben, die zum Beispiel innerhalb einer Branche sehr differenziert wirken. Ich weiß nicht, ob den Zeitungen schon aufgefallen ist, dass in den Artikeln 30, 31 des Budgetbegleitgesetzes die Bundessubventionen für den Zeitungsversand über die Post gestrichen werden, und zwar ersatzlos. Das sind heuer 650 Millionen Schilling, und nächstes Jahr werden es 1,3 Milliarden Schilling sein. Das wird einige Bundesländer-Zeitungen und in Wien, nehme ich an, den "Standard" und "Die Presse" im Vergleich zu anderen Zeitungen empfindlich treffen.

Ich habe gesagt, dass die Arbeitsmarkteffekte nur negativ sein können. Ganz kurz sei dargelegt, warum ich zu dieser Ansicht gekommen bin: 2 000 Planstellen sollen gestrichen oder nicht besetzt werden. Es gibt eine Kürzung der Ermessensausgaben, die insbesondere die Vereine im Non-Profitbereich treffen wird. Welche das sein werden, wissen wir nicht genau. Grasser hat in seiner Budgetrede gesagt, die Frauenprojekte und die Sozialprojekte sollen nicht gekürzt werden. Dann frage ich mich: Welche Projekte werden dann gekürzt? Sie sagen immer nur, was nicht gekürzt wird. Aber wo wird dann bei den 10 Milliarden Schilling Ermessensausgaben gekürzt? (Abg. Dr. Martin Graf: Bei den parteinahen!)

Zum "Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung" gibt es ein Lippenbekenntnis in der Budgetrede – finanzielle Mittel dafür finde ich keine!

Für ältere Arbeitnehmer und Frauen sollen zusätzliche Maßnahmen vorgesehen sein, haben Sie gesagt, Herr Bundesminister. Aber wo sind die Mittel dafür? Wo sind die Maßnahmen im Budgetbegleitgesetz? Ich habe sie jedenfalls bezüglich der Frauen und der älteren Arbeitnehmer nicht gefunden.

Es fehlt auch eine Verlängerung des Jugendausbildungsgesetzes. Im Herbst werden wieder einige tausend junge Leute sozusagen auf der Straße stehen – bildlich gesprochen – beziehungsweise werden keine Lehrstelle finden. Dafür hat es bis jetzt finanzielle Mittel gegeben. Wo gibt es jetzt solche? Gibt es ein Auffangnetz für junge Leute ohne Lehrstelle, oder gibt es das nicht?

Es gibt noch einige weitere Details dazu, doch diese erspare ich Ihnen jetzt, und zwar auch aus Zeitgründen. Jedenfalls kann gesagt werden: Die Arbeitsmarkteffekte sind wahrscheinlich nicht wahnsinnig gravierend, aber unter dem Strich sind sie negativ.

Jetzt zu Ihrer Behauptung, Sie hätten das Defizit für 2000 unter Kontrolle. Für die Folgejahre hat das ja noch keiner, nicht einmal Herr Westenthaler, behauptet. (Abg. Dr. Khol: Aber wir haben es geplant! Natürlich!) Geplant haben Sie gar nichts! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Verhandlungen für das Budget 2001, Herr Kollege Khol, ... (Abg. Dr. Khol: Die Ziele stehen im Regierungsübereinkommen!)

Sie werden doch nicht im Ernst behaupten, Sie hätten das geplant! (Abg. Dr. Khol: Sie kennen die Budgetplanung nicht, Herr Professor!) Ein Regierungsabkommen ist für Sie schon eine Budgetplanung? Im Ernst? Sie haben jetzt in vier Wochen ein Budget erstellt. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Das in vier Wochen zu machen, ist ein Kunststück, das sage ich ganz leidenschaftslos, aber Sie werden mir nicht im Ernst jetzt noch sagen wollen, dass Sie in diesen vier Wochen


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auch schon das Budget für 2001 geplant haben. (Abg. Dr. Khol: Schon vorher!) Vorher?! Wann denn? – Im November, im Oktober, nach den Wahlen gleich? Geh! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Zeitschiene!)

Ein haariger Punkt im Rahmen dieses Defizitziels für das Jahr 2000 sind natürlich die 1,7 Prozent Defizit des Sozialprodukts, die Sie anstrebten – aber für alle Haushalte zusammengenommen, wie wir wissen –, und zwar das Maastricht-Defizit. Der Bund allein sagt: Für mich reichen 2,2 Prozent, die Länder und Gemeinden sollen ein halbes Prozent Überschuss beisteuern, so wie in den vergangenen Jahren. Aber die Lohn- und Einkommensteuerreform hat die Länder und Gemeinden genauso betroffen, das wissen Sie ganz genau, vom Ausfall der Getränkesteuer jetzt ganz zu schweigen. Einzelne Vertreter der Länder und insbesondere der Gemeinden haben schon angekündigt, dass sie dieses Überschussziel nicht einhalten können. (Abg. Dr. Khol begibt sich zum Rednerpult und übergibt dem Redner eine schriftliche Unterlage mit der Bemerkung: Das ist die Planung! Regierungszukunftsprogramm!) Darf ich es gleich zu meinen Akten nehmen? (Abg. Dr. Khol: Bitte lesen!) Lesen?! – Danke.

Warum ich im Detail schon zweifle, dass Sie das durchhalten, Herr Kollege Trattner, sind zum Beispiel folgende Dinge: Nehmen wir einmal den Zinsaufwand her! Herr Kollege Khol hat mit Recht darauf verwiesen, dass fast 100 Milliarden Schilling Zinsaufwand eine extrem hohe Bürde sind. – Gar keine Frage! Selbstverständlich! Das ist ja eines der Hauptargumente für eine Budgetkonsolidierung.

In der der Budgetrede beiliegenden Tabelle wird der Zinsaufwand für das Jahr 2000 mit minus 300 Millionen Schilling angesetzt, und zwar verglichen mit jenem aus 1999. Das erklären Sie mir einmal: minus 300 Millionen, obwohl die Finanzschulden um 56 Milliarden Schilling ansteigen! Es wird offensichtlich mit einem durchschnittlich stark fallenden Zinssatz gerechnet. Das können Sie aber bei Tilgungen, die mit sage und schreibe 165 Milliarden Schilling angegeben werden, nicht lukrieren, das sind nicht einmal 10 Prozent des Finanzschuldenstandes. (Abg. Dr. Khol: Kennen Sie den Durchschnittszinssatz, den wir zahlen?) Da erwarte ich mir, dass der Finanzminister dazu Stellung nimmt, wie es dazu kommt.

Nebenbei gesagt, weil ich schon dabei bin – das hat mit dem Budget 2000 vorläufig nicht viel zu tun, das könnte aber der Fall sein –: Wieso, Herr Finanzminister, betrug das administrative Defizit 1999 68 Milliarden Schilling, der Anstieg der Finanzschulden 1999 aber 88 Milliarden Schilling? Das ist eine Frage, die Sie völlig unbefangen beantworten können, weil es nicht Sie betrifft, sondern den ehemaligen Finanzminister. Es ist zu vermuten, dass hier Buchverluste – vor allem in Yen – von mindestens 20 Milliarden Schilling vorliegen. (Abg. Dr. Khol: Nehme ich an! Glaube ich auch! Wir zahlen durchschnittlich 5,6 Prozent!) Es würde mich interessieren, wie Sie damit umzugehen gedenken.

Zur Körperschaftsteuer: Herr Kollege Stummvoll, Sie haben das Aufkommen an Körperschaftsteuer sehr optimistisch mit plus dreieinhalb Milliarden Schilling angesetzt. Selbst wenn das eintreten sollte, darf ich Sie daran erinnern, dass das Körperschaftsteueraufkommen in Österreich trotzdem immer noch, so wie all die Jahre vorher, Schlusslicht innerhalb der OECD und innerhalb der EU sein wird.

Unter dem Strich, abgesehen von merkwürdig niedrigen Zahlungen an die BIG, die Bundesimmobiliengesellschaft: Vielleicht haben Sie ja Glück! Es kann ja sein! Edlinger hat letztes Jahr auch 20 Milliarden Schilling, sofern ich nicht irre, überschritten, aber er hat das durch 20 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen kompensiert. So etwas kann man nie ausschließen. Das wünsche ich in gewisser Weise auch Ihnen.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Es ist ... (Abg. Dr. Khol: Alle Jahre wieder kommt das Christuskind!) Alle Jahre wieder, hoffe ich, nicht, Herr Khol. Längstens bis


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zum Ablauf dieser Legislaturperiode. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist schon was! – Beifall bei den Grünen.)

11.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte.

11.08

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir diskutieren heute das Budget 2000, und sofern die Interpretation stimmt, ist ein Budget, ein Bundesvoranschlag, der Ausdruck des in Zahlen gegossenen Willens der Bundesregierung. Versucht man dies danach zu beurteilen, dann macht man eine Reihe von wirklich überraschenden Feststellungen.

Erstens: Ich stelle fest, dass das Budget 2000, so wie es vorliegt – mit all den Einschränkungen der Überprüfungen, die auch Herr Professor Van der Bellen gemacht hat, aber unter Einbeziehung des Umstands, dass ich eine Reihe der Eckdaten, die dem Budget 2000 zugrunde liegen, kenne –, und die politischen Absichten nicht deckungsgleich sind. Am interessantesten – das wurde auch in der Öffentlichkeit geäußert – fand ich eine nach dem Ministerrat abgegebene Erklärung, eine Interpretation des Herrn Bundeskanzlers, der das Budget 2000 in drei Punkten resümiert. Er meinte erstens, es sei gelungen, den Schuldenberg abzubauen. – Wahr ist vielmehr, dass knapp 60 Milliarden Schilling an Schulden hinzukommen.

Zweitens sagte der Herr Bundeskanzler: Dieses Budget ist der erste Grundstock für eine nachhaltige Budgetsanierung. – Das ist für mich nicht ganz logisch nachzuvollziehen, denn dieses Budget entspricht – und darüber bin ich sehr glücklich – dem von der Bundesregierung vor zwei Jahren beschlossenen Stabilitätspakt und peilt das Ziel, das Maastricht-Defizit mit 1,7 Prozent national unter bestimmten Aspekten zu erreichen – ich komme darauf noch einmal zurück –, an. Allerdings sind viele Maßnahmen im Bereich der Pensionen und der Verwaltung offen geblieben.

Die dritte Feststellung des Herrn Bundeskanzlers – und das ist die interessanteste – lautet, dass durch dieses Budget die Sozialleistungen zu einer höheren Treffsicherheit gelangen würden. – Dies kann ich beim besten Willen nicht erkennen, und dies würde auch eine unglaubliche Umkehr der politischen Positionen der Volkspartei bedeuten. Ich kenne die Meinung des Herrn Finanzministers, die Sozialleistungen wären zu staffeln. Ich habe ihm im Budgetausschuss dazu auch gratuliert und gesagt, dass dies eine Position wäre, bei welcher die Sozialdemokratische Partei als Partner zur Verfügung stünde, nämlich dann, wenn es darum ginge, Steuermitteln gerecht zu verteilen und nicht nach der Gießkanne, wie das die Volkspartei tut. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich nehme aber die Aussagen des Herrn Bundeskanzlers nicht besonders tragisch. Es wäre ja eigentlich auch etwas Neues, dass er sich plötzlich beim Budget 2000 an das erinnern kann, was er beschlossen hat. Er hat zwar 13 Jahre der vorangegangenen Bundesregierung angehört, kann sich aber an überhaupt nichts mehr erinnern, was die vorangegangene Bundesregierung getan hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Herr Klubobmann Khol hat gemeint: "Wir tragen faktisch die Verantwortung!" Dies sei neu: ein christdemokratischer Kanzler und ein Freiheitlicher, der die Verantwortung für die Finanzen hat. Dazu muss ich sagen: Ich warne Sie, das ist eine sehr gefährliche Drohung, und diese liegt darin, dass Sie an allem schuld sein werden, was diese Regierung künftig den Österreichern verordnen wird.

Ein Christdemokrat tut sich da leicht, der geht beichten, und es ist alles erledigt. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Letztklassig! – Abg. Schwarzenberger: Verspotten Sie bitte die Religion nicht!)

Nach dieser Rede, sehr geehrter Herr Dr. Khol, wird Ihr nächster Beichtgang ein langer sein, falls Sie dem Priester alles erzählen, was Sie vor einem Jahr gesagt haben und was Sie heute hier sagen. Das garantiere ich Ihnen!


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Manches Lob von Ihnen anlässlich des Budgets 1999 und der Steuerreform war mir fast peinlich, weil es mir bei meinen Freunden fast geschadet hat. Aber so ist das eben. Daher: Nehmen Sie das Lob nicht ernst, das da kommt, Herr Grasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: das Budget 2000 des Bundes und das gesamtstaatliche Konsolidierungsziel. – In Ihrer Rede von gestern, sehr geehrter Herr Mag. Grasser, haben Sie gesagt, Länder und Gemeinden würden 0,5 positiv bringen. Ich hoffe sehr, dass Sie Recht haben. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass bislang die notwendige Korrektur der Getränkesteuer, die die Gemeinden mit 5 Milliarden Schilling betrifft, fehlt. Jede weitere Woche keine Lösung macht 100 Millionen Schilling aus. (Abg. Haigermoser: Das hätte ich an Ihrer Stelle nicht angesprochen!) Das bedeutet, dass Ihnen 0,2 Prozent beim Maastricht-Ziel abgehen werden, wenn Sie nicht korrigieren. Mit der Volkspartei ist das schwierig, weil sie den Spagat zwischen Wirtschaftskammer und den Gemeinden Österreichs nicht schafft. Sie wissen, wo man dann landet, wenn der Spagat zu breit ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Bei euch ist es noch schwerer!)

Das Budget 2000 und die Regierungserklärung ist der dritte Punkt, den man in die Diskussion mit einbeziehen muss, denn das Budget 2000 ist zu knapp. Sie sagen ganz richtig in Ihrer Erklärung, dass mit diesem Budget die Umsetzung der gemeinsamen Regierungserklärung vom Februar beginnt. Da in diesem Budget – durchaus auch in Ermangelung der dafür notwendigen Zeit – Strukturreformen fehlen, werden diese im Jahr 2001 umso drastischer kommen. Ich verstehe daher, dass Sie schon in diesem Budget eigentlich überproportionale Steuererhöhungen vorsehen.

Herr Westenthaler, nehmen Sie zur Kenntnis, dass in den ursprünglichen Überlegungen der früheren Regierung eine Erhöhung der Versicherungssteuern nicht ins Auge gefasst wurde. Wenn Sie so von Ihrem jetzigen Koalitionspartner informiert worden sind, so muss ich Ihnen sagen: Das ist falsch! (Abg. Ing. Westenthaler: Aber die MÖSt!) Was wir vorgesehen haben, war die MÖSt, und zwar als Einstieg in die Ökologisierung des Systems und nicht als Bestrafung des Besitzes, sondern faktisch letztendlich als eine dem Verbrauch entsprechende ökologische Überlegung in diesem Bereich. (Abg. Dr. Khol: 1 S mehr für den Liter Benzin!) Auch nicht, wie Sie selbst und Ihr Parteiobmann das mehrmals gesagt haben, in der Höhe von 3 S pro Liter, sondern von 1 S pro Liter. (Abg. Dr. Khol: 1 S pro 1 Liter, habe ich gesagt!) Es wäre ungefähr die Hälfte von dem gewesen, was Sie jetzt vorhaben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: 1 S pro Liter für den Pendler!)

Aber am reizvollsten wäre der vierte Vergleich, nämlich dieses Budget und die Rede mit den Wahlversprechen zu vergleichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, dass ich bedauere, dass die Österreichische Volkspartei die 14 Jahre Regierungsbeteiligung offensichtlich so empfindet, dass sie keine Verantwortung dafür getragen hat. Denn: Vor allem in den letzten vier Jahren gelang eine Budgetpolitik, die den Konsolidierungskurs massiv verfolgt hat. Natürlich wurde dieser durch viele Störungen unterbrochen, die nicht zuletzt – und ich erinnere an die Diskussion des vergangenen Jahres – dadurch entstanden sind, dass Form, Art und Qualität der Geschenkverteilung, die Sie wollten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, und zwar im Bereich Ihrer Klientel, ungeheuer groß waren. Es war ein Kraftakt, auf diese 30 Milliarden Schilling zu kommen.

Nun noch eine letzte Bemerkung. Es ist an sich ganz interessant, dass heute versucht wird, die blau-schwarzen Misslichkeiten, die der österreichischen Bevölkerung bevorstehen, durch die Steuerreform abgemildert darzustellen – jene Steuerreform und Familienpolitik, die ein Teil der heutigen Regierung massiv abgelehnt hat, nämlich die Freiheitliche Partei (Abg. Ing. Westenthaler: Wir finanzieren sie!), und die die Österreichische Volkspartei anders strukturieren wollte. Sie müssen ja froh sein, Herr Dr. Khol, dass wir uns durchgesetzt haben (Abg. Dr. Khol: Hahaha! Bei was denn?), dass im Wesentlichen 4 000 und 7 000 S bezahlt worden sind, denn das, was Sie wollten, hätte zur Folge gehabt, dass der kleine Verdiener, der Amtsgehilfe, der Hilfsarbeiter null Schilling bekommen hätte und Ihre Klientel, der Direktor, 20 000 S.


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(Abg. Dr. Stummvoll schüttelt verneinend den Kopf.) Sie kennen jene Tabelle, die Sie im Fernsehen zeigten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich mit aller Deutlichkeit in Erinnerung rufen: dass das Erreichen der sozialen Ausgewogenheit dieser Steuerreform, nämlich dass die Kleinen mehr als die Großen bekommen, erst durch harte Überzeugungsarbeit möglich war. Wir mussten sie fast bis zum Koalitionskrach hochstilisieren, damit Sie endlich zugestimmt und das Geld nicht den Besitzenden zugeschoben haben. Das war der Punkt! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber heute rühmen Sie sich dieser Verteilung. So ist es, Herr Khol! 900 S im Jahr der Kleine, 21 000 S der Große: Das war das Konzept der Österreichischen Volkspartei, das Gott sei Dank nicht realisiert worden ist. (Abg. Dr. Khol  – den Kopf verneinend schüttelnd –: Das ist genauso exakt wie Ihre Budgetpolitik! Punktgenau! Schon wieder einmal! Punktgenau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden im Rahmen der Budgetdebatte eine Reihe von inhaltlichen Diskussionen zu führen haben. Wir werden den Finger dort hinlegen, wo wir glauben, dass es richtig ist – im Interesse der Arbeiter und Angestellten dieses Landes.

Wenn Sie sich rühmen, dass Sie die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten erreicht haben (Abg. Dr. Stummvoll: Wer sonst?), dann muss ich Ihnen sagen: So wäre es auch vorher kein Problem gewesen! Aber nun bezahlen die Arbeiter und Angestellten mehr als 2 Milliarden Schilling für die Unternehmer. Diese Lösung auf Kosten der Kleinen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht etwas, worauf Sie sich etwas einbilden können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Punktgenau! Das stimmt genauso wie die Budgetzahlen bei Ihnen!)

Ich hoffe sehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Diskussionen zu diesem Budget in den nächsten zwei Monaten in der Öffentlichkeit klarlegen werden, wer die Interessenvertreter der Arbeiter und der Angestellten und wer die Interessenvertreter jener sind, die Sie auch durch Ihre Persönlichkeiten repräsentieren. (Abg. Dr. Khol: Das ist bei uns gut aufgehoben!)

Das wird in dieser Diskussion zum Ausdruck kommen. Es ist dafür nicht Zeit und Ort heute, aber ich glaube, dass diese Diskussionen dazu beitragen werden, dass immer mehr Menschen in diesem Lande (Abg. Dr. Khol: Die froh sind, dass Sie nicht mehr Finanzminister sind!) zur Kenntnis nehmen werden, dass die Farben Österreichs – das gilt auch international – Rot-Weiß-Rot und nicht Schwarz-Blau sind. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

11.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gelangt der Herr Bundeskanzler. – Bitte.

11.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Der letzte Satz der Rede von Rudolf Edlinger ist der einzige, dem ich vollinhaltlich zustimmen kann. Die Farben unseres Landes sind Rot-Weiß-Rot, dazu stehe ich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und weil ich das so sehe – ich möchte da schon auch auf die Reden der Abgeordneten Gusenbauer und Van der Bellen eingehen –, trifft es und schmerzt es auch. (Abg. Dr. Khol: Der Gusenbauer ist schon weg!)

So hat zum Beispiel ein namhafter Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei öffentlich erklärt: Das Schlimmste, was diesem Land geschehen kann, ist die Normalisierung. Wir dürfen nicht in die Normalisierungsfalle tappen. (Abg. Ing. Westenthaler: Unglaublich! – Abg. Dr. Khol: Hannes Swoboda! – Abg. Mag. Trattner – in Richtung SPÖ –: Gehört er nicht mehr zu euch, gehört er zu Brüssel? – Abg. Dr. Khol: Der Mann von Gitti Ederer!)

Meine Damen und Herren! Das ist genau das, was wirklich ... (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Swoboda!) Sie wissen schon, wer es gesagt hat. Und das schmerzt und trifft, aber auch Worte wie "die Quarantäne, in der diese Regierung gehalten werden muss" oder der


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Auftritt einer Abgeordneten in Berlin, die sagte, die dunklen Wolken am Horizont würden schon irgendwann einmal vergehen und die Demokratie komme nach Österreich zurück. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich!)

Freunde! Wenn wir der Meinung sind, dass dieses Land wichtiger ist als wir, als die Partei, dann müssen wir eine andere Sensibilität im Umgang mit der Sprache entwickeln. Das erscheint mir wesentlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das gilt doch für alle!)

Natürlich gilt das für alle, Herr Abgeordneter Edlinger, überhaupt keine Frage. (Abg. Edlinger: Vielleicht werden Sie manches kommentieren können!) In diesem Sinne ist natürlich auch die Initiative des Bundespräsidenten absolut in Ordnung und hilfreich. Ich hoffe, dass sie auch die entsprechende Wirkung bei den 14 anderen EU-Mitgliedstaaten entfalten wird. Es geht darum, dass wir vor dem EU-Gipfel in Lissabon klar und eindeutig sagen: Diese Maßnahmen der EU-14, die man von den Folgemaßnahmen nicht trennen kann, die andere Veranstalter, Einlader oder wer immer gesetzt haben, sind unberechtigt, schaden der europäischen Sache, schaden nicht nur uns Österreichern, sondern auch der europäischen Idee. Je klarer das gesagt wird, umso besser – für uns und für die europäische Idee! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun, meine Damen und Herren, zum Budget. Ich möchte vermeiden, in die Falle zu tappen, dass ich jetzt da stehe und sage: Alles ist wunderbar, rosig und großartig, früher war es jedoch entsetzlich und abzulehnen und, und, und. – So ist es ja nicht!

Wenn man die Dinge realistisch sieht, dann kann man sagen: Wir haben jetzt in sechs Wochen Arbeit – und glauben Sie, es war härteste Arbeit – etwas zustande gebracht, was ja nicht so selbstverständlich ist. Wir haben in zwei Wochen Verhandlungen – Finanzminister, Staatssekretäre und alle Ressortminister – ein Budgetprovisorium sichergestellt, das uns Handlungsspielraum gibt, und ein Budget für das Jahr 2000 vorgelegt, das den früher eingegangenen Verpflichtungen Österreichs vollinhaltlich entspricht.

Jetzt kann man sagen: Das ist hinreißend!, aber ich sage: Das war eigentlich der erste und wichtigste Schritt vorwärts, damit wir in Österreich zu einer Normalisierung kommen, damit wir den Wirtschaftstreibenden Sicherheit geben, damit wir den Menschen in Österreich Sicherheit geben, dass wir die Rahmenbedingungen, die in Österreich exzellent sind, auch wirklich nützen können.

Deswegen möchte ich als Regierungschef – und nicht deshalb, weil jetzt Lob von meiner Seite da falsch wäre – hier ausdrücklich und namentlich Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seinem Staatssekretär Alfred Finz sehr herzlich danken, aber auch dem ganzen Ressort, allen Beamten, die da über das menschliche Maß hinaus gearbeitet und Ihnen einen erstklassigen Budgetentwurf vorgelegt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Natürlich ist dieses Budget, das wir Ihnen vorlegen, ein Zwischenschritt. Das ist noch nicht die endgültige Sanierung. Und es wäre auch völlig falsch, würde irgendjemand von uns diesen Eindruck erwecken. Zuallerletzt wollte der Finanzminister das sagen.

Seien Sie fair, meine Damen und Herren von der Opposition, eine schmerzlose Budgetsanierung gibt es nicht. Und Sie werden sich auch entscheiden müssen, von welcher Seite Sie uns eigentlich kritisieren wollen. Sagen Sie, die Sanierungsziele seien zu wenig ambitioniert? – Okay! Dann dürfen Sie aber nicht bei jedem einzelnen Budgetposten furchtbares Tamtam machen, weil da gespart werden muss beziehungsweise die Ausgaben gekürzt wurden. Die schmerzlose Budgetsanierung, bei welcher einnahmenseitig gar nichts geschieht und auf der Ausgabenseite alles so bleibt, wie es war, gibt es nicht. Das wäre der ganz sichere Untergang, das wäre die direkte Straße in den wirtschaftlichen Absturz.

Also entscheiden Sie sich genau, wie wir es ja auch tun mussten, für einen politischen Mix von Maßnahmen primär auf der Ausgabenseite und einigen Maßnahmen, die auch auf der Einnahmenseite – Steuern, Abgaben, Gebühren – notwendig sind. Wir haben aber die Akzente


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sehr behutsam gesetzt. Wir wollten die "kleinen" Leute eben nicht belasten. Wir wollen Maßnahmen setzen, die eigentlich die Strukturen verändern und die Spielräume schaffen, die für Österreich wichtig sind.

Herr Abgeordneter Van der Bellen, der Sie ja an der Universität arbeiten! Selbst in diesem Bereich gibt es ja nicht nur Ausgaben, die ausschließlich und direkt der Forschung und der Entwicklung zugute kommen, auch in diesem Bereich gibt es Bürokratie, gibt es Dinge, die man wegrationalisieren kann, ohne dass in irgendeiner Weise die Leistung und die Qualität darunter leiden.

Wir haben sehr sorgfältig darauf geachtet – ich kann das etwa für meinen Bereich sagen –, dass wir im Bereich der Kultur das Budget fast auf die Million genau so beibehalten haben, wie das im Budgetvoranschlag für 1999 der Fall war. Wir haben die Volksgruppenförderung nicht gekürzt. Wir haben in vielen Bereichen die Akzente so gesetzt, dass wir wirklich mit Fug und Recht sagen können: Wir haben gesteuert, um die Qualität der öffentlichen Leistungen auch wirklich erhalten zu können. – Das ist die Kunst dieses Budgetvoranschlags! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich sage auch dazu: Die Ausgangslage war etwas schwieriger, als sie vielleicht heute sichtbar wird. Natürlich ist es wahr, dass die Ausgangslage, als wir das Finanzministerium und all die Budgetzahlen übernommen haben, schwierig war: Wir waren bitte nicht auf jenem Sanierungskurs, wie ihn der Stabilitätspakt vorsieht, sondern wir waren doppelt so weit abgewichen. Wir haben ein Budgetdefizit von 109 Milliarden Schilling übernommen und müssen es praktisch halbieren.

Wenn Sie die Entwicklung des Primärüberschusses hernehmen, also wenn Sie wirklich die nackten Einnahmen und Ausgaben ohne Hinzurechnung der Zinsen hernehmen, dann können Sie sehen: Wir haben im Jahr 1998 27 Milliarden Schilling Überschuss erwirtschaftet, im vorigen Jahr waren es 32 Milliarden Schilling, und heuer werden es 37 Milliarden Schilling sein. Also so wenig ist das nicht! Das ist eigentlich ein ganz schönes Stück vorwärts auf dem Weg zu einer dauerhaften Budgetsanierung. Und diese ist wichtig, damit wir gerade für die Jungen dieses Landes, für die Zukunftsaufgaben dieses Landes Munition haben, damit wir nicht nur für die Altschulden aufkommen müssen oder einfach das weiter fortschreiben, was wir letztlich schon haben.

Natürlich haben wir in den letzten sechs Wochen nicht alles lösen können. Natürlich haben wir noch nicht die Maßnahmen zur Strukturreform bei den Pensionen – vorsichtige Anhebung des Pensionsantrittsalters – fertig. Ende März wird die Expertengruppe ihre Arbeit abgeschlossen haben, und wir werden dann sehr bald dem Hohen Haus entsprechende Reformvorhaben zuleiten.

Aber auch da gilt – und Sie werden sich entscheiden müssen –: Was wollen Sie? Wollen Sie mit uns einen Weg gehen, mit dem so wie in vielen anderen europäischen Ländern den Jungen Perspektiven angeboten werden, oder wollen wir weiter den Kopf in den Sand stecken und dieses Problem einfach nicht zur Kenntnis nehmen? – Wir haben uns für die Ehrlichkeit entschieden, für den Mut, dieses Problem anzugehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie werden sich auch entscheiden müssen, ob Sie dann einen völligen Bruch mit Ihrer Vergangenheit machen, denn Sie haben in etwa ziemlich das gleiche, mit gewissen ... (Abg. Edlinger: Wir haben noch nie einen Bruch mit unserer Vergangenheit gemacht! Das kann man von euch nicht sagen!)  – Okay, wir werden es ja sehen! Gut, wir werden es bei der Abstimmung über dieses heikle Thema sehen.

Dann werden wir sehen, wie etwa Ihre Vorschläge zur Gesundung der Krankenkassen aussehen. Wegbeten oder durch höhere Einnahmen die Probleme lösen, das werden wir nicht tun. Denn es wäre nicht klug, gerade nicht für den Standort Österreich, für die Arbeitsplätze und die Belastungen, die letztlich an jedem einzelnen Arbeitsplatz dranhängen.


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Das sind die Kernfragen, die wir Ihnen in den nächsten Wochen und Monaten vorlegen wollen. Und Sie werden sich entscheiden, ob Sie mit uns den Weg gehen, Österreich neu zu regieren, Österreich mit einer ehrlichen Reformpolitik zu gestalten, oder ob Sie prinzipiell das Defizit kritisieren und jeden einzelnen Reformansatz in Grund und Boden verdammen wollen. Das wird nur nicht gehen, meine Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erlauben Sie mir aber doch auch ein paar Worte zu den Gesamtumständen der wirtschaftlichen Situation, in der wir stehen, zu sagen, denn so schlecht ist ja die Ausgangslage, die wir haben, bei Gott nicht. Tun Sie daher nicht so, als ob jetzt praktisch alle Arbeitsplätze in Gefahr kämen, als ob wir sinkende Beschäftigtenzahlen hätten oder als ob die Wirtschaft, die Industrie, die Klein- und Mittelbetriebe riesige Probleme hätten!

Gott sei Dank stufen wir auf einem ganz beachtlichen Stock von erstklassigen Unternehmungen. Wir haben eine sehr gute Wettbewerbssituation aufgebaut. Helmut Kramer, ein unverdächtiger Zeuge, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes, hat vor zwei Tagen bei einer Pressekonferenz gesagt, die Wachstumsprognosen werden nach oben revidiert, wahrscheinlich in die Gegend von 3 Prozent. Das ist ja auch die Annahme: bis 2003 real pro Jahr um 3 Prozent zu wachsen.

Wir haben jetzt etwa 30 000 Arbeitsplätze mehr. Wir werden das Ziel, das wir uns selbst gesetzt haben, nämlich bis Mitte 2002 100 000 zusätzliche Jobs im Rahmen der nationalen Beschäftigungspläne zu schaffen, schon Mitte dieses Jahres erreichen. Natürlich ist das jetzt nicht das Verdienst einer Regierung, die seit sechs Wochen im Amt ist. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber es ist doch gut, zu wissen, dass wir auf etwas Positivem aufbauen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und wir werden uns als nächstes Ziel setzen, dass wir bis etwa 2003 noch einmal 100 000 Arbeitsplätze mit Hilfe einer starken mittelständischen und industriellen Wirtschaft schaffen, um den kleinen Leuten in Österreich erstklassige Einkommens- und Arbeitsbedingungen zu bieten. – Das ist Österreich neu regieren und nicht krank jammern, meine Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kramer wurde auch zu dem Lieblingsthema befragt, das die Opposition jetzt immer wieder aufwirft, nämlich zur Frage: Ist das jetzt eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen? – Er hat gesagt – und dem kann ich nur vollinhaltlich zustimmen –: Nicht eine einzige Zahl, nicht ein einziger Hinweis auf eine solche Umverteilung ist diesem Budget zu entnehmen!

Wir wollen das auch nicht. Wir wollen breiten Wohlstand in Österreich. Wir wollen die Lohnnebenkosten für die Wirtschaft senken, aber nicht damit die Unternehmer etwas davon haben, sondern damit die Arbeitsplätze in Österreich sicherer sind und damit nicht bei jedem einzelnen erzeugten Produkt ein Rattenschwanz von Kosten mitschwingt, der dieses Produkt letztlich im internationalen Wettbewerb zu teuer macht. Das ist unsere Absicht, und sie ist, wie ich meine, absolut im Interesse der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist richtig, wir werden 10 Groschen auf die durchgeleitete Kilowattstunde legen. Aber glauben Sie mir: Das wird die Wirtschaft, das werden die Stromproduzenten durchaus verkraften können, denn durch die von uns jetzt geplante, vorgezogene Liberalisierung werden die Preissenkungseffekte höher sein als diese 10 Groschen Stromleitungsabgabe. Daher wird das der Bürger, der Konsument nicht spüren.

Schauen Sie in die einzelnen Bundesländer! Es sinkt der Strompreis für die Klein- und Mittelbetriebe, es sinken die Haushaltstarife. Das ist etwas, was wir ganz bewusst anstreben und was wir auch als Hausaufgabe den betroffenen Produzenten mit auf den Weg geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Noch einige Hinweise im Zusammenhang damit, dass immer wieder gesagt wird, im Augenblick sei der Wirtschaftsstandort Österreich wegen der politischen Situation in Gefahr. – Das Gegenteil ist natürlich der Fall! Die meisten Investoren schauen sich an und prüfen: Wie ist die Qualität


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der Arbeit hier? Wie schaut die Kostensituation aus? Wie ist die geographische Situation? – Und da ist zum Beispiel die EU-Osterweiterung ein ganz wichtiges Thema, weil wir halt das Herz Europas sein wollen und nicht nur auf der Landkarte dort zu finden sein wollen.

Ich möchte Ihnen einige kleine Beispiele nennen, die schon interessant sind und den Menschen in Österreich auch das Vertrauen darauf geben sollen, dass wir in eine Zukunft hineingehen, die wir durchaus beherrschen und die positive wirtschaftliche Effekte bringt.

Es sind im Augenblick über die ABA, über die Austrian Business Agency, 470 Ansiedlungsprojekte, neue Betriebsansiedlungsprojekte für Österreich in Bearbeitung. Eine so hohe Zahl an Interessenten hat es noch nie gegeben! Nützen wir daher die Chance mit erstklassigen Angeboten an diese Investoren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und vergraulen wir nicht ausländische Interessenten, indem wir ihnen etwa im Zuge der Privatisierungsdebatte in Österreich zu verstehen geben, eigentlich wollen wir euch nicht, wir wollen lieber alles bei uns behalten.

Das ist ja eigentlich grotesk! Auf der einen Seite werben wir dafür, dass ausländische Investoren in unsere Heimat kommen, hier Steuern zahlen, Arbeitsplätze schaffen, und auf der anderen Seite sagen wir ihnen: Aber eigentlich wollen wir euch nicht! Bleibt lieber draußen!

Also ich sage ganz offen ein Ja zu einer offenen Wirtschaft, zu einer offenen österreichischen Wirtschaft, die so wettbewerbsfähig ist, dass sie nicht nur ausländische Investoren hereinholt, sondern dass auch österreichische Firmen in Mittel- und Osteuropa mehr denn je aktiv sind und dort eine kleine multinationale Player-Funktion wahrnehmen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vor einigen Tagen hat die Weltfirma Coca Cola Wien zum drittgrößten Headquarter ausgesucht. Clyde Tuggle, den ich sehr gut kenne, weil ich mit ihm einige Verhandlungen zu diesem Thema geführt habe, hat gesagt: Wien wird das Hauptquartier für über 30 Länder. – Das ist nicht schlecht, würde ich einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Automobilproduzent Ford hat vor wenigen Wochen Wien zum Hauptquartier für 24 Länder in Mittel- und Osteuropa erklärt. – Großartig! Ich bedanke mich an dieser Stelle bei der Firma Ford. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

MCI Worldcom, ein Gigant im Telekombereich, ein amerikanischer Riese, wird von hier aus das gesamte Geschäft, die Expansion nach Mittel- und Osteuropa durchführen. Es gibt eine ganze Reihe von Investoren, die übrigens in den Gesprächen durchaus auch große Solidarität mit dieser österreichischen Regierung bekundet haben.

Daimler-Chrysler hat mir in Person des stellvertretenden Vorsitzenden erklärt, sie werden in den nächsten zehn Jahren 50 Milliarden Schilling in Österreich investieren. – Ich möchte mich an dieser Stelle sehr bedanken, denn damit sind die Standorte und die Produktionen in Graz über viele Jahre hinweg gesichert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Generaldirektor von Siemens International hat mir beim Opernball erstmals gesagt, sie werden im Jahr 2000 die Investitionen auf 4,2 Milliarden Schilling steigern. – Danke Siemens, und ihr wisst, welche Qualität hier produziert wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Magna wird im heurigen Jahr 2,5 Milliarden Schilling investieren. VW steigert seine Investitionen im heurigen Jahr auf 1 Milliarde D-Mark. Die Firma MAN verlagert die gesamte Leicht-LKW-Produktion vom deutschen Werk Salzgitter nach Steyr. Bombardier Rodax investiert 1,5 Milliarden Schilling. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

BMW baut um 1 Milliarde Schilling das Werk in Steyr aus. Opel Austria investiert eine Dreiviertelmilliarde. Philips investiert eine Dreiviertelmilliarde ins Bildröhrenwerk in Lebring, und der niederländische Chemiekonzern DSM wird heuer und nächstes Jahr 1,3 Milliarden in eine neue Produktionsanlage in Oberösterreich und in die Feinchemikalien investieren.


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Das sind keine schlechten Nachrichten. Wichtig ist, dass wir diese Chancen nützen. Und der heute vorgelegte Budgetentwurf für 2000 und alle Strukturmaßnahmen der nächsten Zeit werden nichts anderes tun, als den Menschen hier in Österreich mehr Arbeit und mehr Einkommen zu geben; auch soziale Leistungen, aber mit der entsprechenden sozialen Treffsicherheit. Dazu bekenne ich mich jederzeit. Das war übrigens auch schon in der früheren Regierung und in jenem Arbeitsübereinkommen, das Sie leider nicht unterschrieben haben, außer Streit. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Huber. )

Das Budget 2000 ist ein erster Schritt vorwärts, ein kleiner Schritt, aber der wichtigste am Beginn dieser Regierung. – Ich hoffe, Sie stimmen zu. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

11.40

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Das täte Ihnen so passen. – Herr Präsident! Ich berichtige den Vorredner Edlinger, der gesagt hat, die Volkspartei hätte bei der Steuerreform das Ziel verfolgt, die kleinen Einkommen nicht zu entlasten, sondern nur die großen. (Abg. Eder: So ist es!)

Ich berichtige tatsächlich und zitiere hier aus dem Vorstandsbeschluss der Bundespartei der Österreichischen Volkspartei, aus dem klar hervorgeht: "... die kleinen Einkommen von bis 100 000 um 18,7 Prozent zu entlasten", die kleinen Einkommen also mit dem höchsten Prozentsatz. (Der Redner zeigt eine Graphik.) Dann steigt das an bis 11 Prozent, und die großen Einkommen werden dann nur mehr bis 4,4 Prozent entlastet. – Das ist der richtige Sachverhalt (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist die Wahrheit!)

11.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. (Abg. Mag. Kukacka: Sie will sich für Berlin entschuldigen! – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt die Entschuldigung für Berlin! – Abg. Schwarzenberger: Österreich ist kein demokratisches Land, hat sie zum Ausdruck gebracht! – Rufe: Die Wolke!)

11.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, ich hätte in Berlin gesagt, die Demokratie kommt nach Österreich zurück. (Abg. Dr. Leiner: Er hat keinen Namen genannt! – Abg. Dr. Stummvoll: Sie fühlen sich betroffen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)  – Zuerst wollen Sie, dass ich etwas sage, und jetzt schreien Sie heftig. Es war völlig eindeutig, wer gemeint war.

Das ist unrichtig. Ich zitiere wortwörtlich (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen die Berlin-Entschuldigung hören!)  – was Sie hören werden, ist das, was ich sage, Herr Westenthaler – aus der medialen Zusammenfassung meines Auftrittes: Petrovic rief den Demoteilnehmern in Anspielung auf den NDP-Aufmarsch, der zu diesem Zeitpunkt auf der anderen Seite des Brandenburger Tores stattfand, zu:

"Die demokratischen Kräfte sind stärker als die rechtsextremen! Die demokratischen Kräfte werden siegen!" – Zitatende. (Lebhafter Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Dr. Leiner: Das ist über das Fernsehen gekommen! – Abg. Dr. Puttinger: Das war im Fernsehen! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben Österreich schlecht gemacht!)

Der Kontext dieses meines Ausrufes ergibt sich aus einer einstimmigen Entschließung des Abgeordnetenhauses von Berlin, das zum Widerstand gegen den Aufmarsch rechtsextremer, rechtsradikaler Gruppen unter Berufung auf die Regierungsbildung in Österreich aufgerufen hat. (Abg. Haigermoser: Das ist keine Berichtigung!) Und der Aufruf mündet in der Berliner Initiative


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"Europa ohne Rassismus, für Demokratie, Menschenwürde und Toleranz", unter anderem unterzeichnet von Landowsky und allen Mitgliedern der CDU.

Ich bedauere, dass der Herr Bundeskanzler einerseits meine Ausführungen falsch dargestellt hat (Neuerliche Rufe: Das war im Fernsehen! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben Österreich schlecht gemacht!) und dass er sich zweitens offenbar diesem Aufruf auch der Berliner CDU nicht anschließen kann! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben Österreich schlecht gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer persönlichen Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Khol: Er muss persönlich einbezogen sein! Ich habe ihn nicht persönlich einbezogen! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Unruhe im Saal.)

11.44

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Abgeordneter Dr. Khol! Sie haben gesagt, ich hätte behauptet, dass Sie eine andere Struktur der Steuerreform niemals vertreten hätten. (Abg. Dr. Khol: Ich habe Sie nicht persönlich angesprochen! – Abg. Auer: Das ist keine persönliche Erwiderung! – Abg. Kiss: Geschäftsordnung!)

Dazu möchte ich Ihnen sagen, dass Sie die Unterlagen vom 25. Jänner 1999 bei der APA anfordern können. Die ÖVP wollte ursprünglich 2 Prozent Steuersenkung. Das bedeutet oben viel, unten nichts. Wir haben die 4 000 S bis maximal 7 000 S immer vertreten und haben uns durchgesetzt. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie einen anderen Vorschlag gemacht haben, auch öffentlich. Sie haben darauf vergessen. Herr Khol, ich verzeihe Ihnen das. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Heute ist nicht der Tag des Edlinger!)

11.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.45

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich bin schon etwas überrascht. Ich glaube, wir alle sind uns darüber einig, dass die Budgetdebatte eine der wichtigsten Debatten ist, die wir hier im Hohen Haus durchführen. Aber die sozialdemokratische Fraktion, die höhere Klubführung, sprich Klubobmann Gusenbauer und geschäftsführender Klubobmann Kostelka, findet es überhaupt nicht notwendig, hier anwesend zu sein (Abg. Ing. Westenthaler: Unerhört!), obwohl der Herr Klubobmann Gusenbauer der Erstredner in der Debatte war. Das kommt mir so vor wie diese berühmte Kohl-Methode: hinfahren, abladen und wieder wegfahren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Edlinger! Wenn Sie die Hoffnung haben – und aus Ihrer Rede war diesbezüglich einiges herauszuhören –, Sie könnten einen Keil in diese Regierung hineintreiben, indem Sie den einen ständig kritisieren und den anderen vielleicht noch ein bisschen loben, dann kann ich Ihnen nur das Eine sagen: Diese Bundesregierung ist eine Partnerschaft eingegangen, um das Budget zu sanieren und Österreich zu modernisieren, und das werden Sie sicherlich nicht verhindern können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn wir davon ausgehen, dass darüber Einigkeit herrscht, dass es ja gar nicht möglich ist, innerhalb von vier bis fünf Wochen Strukturmaßnahmen umzusetzen und in ein Budget zu verpacken, dann müssen wir natürlich auch die Ausgangssituation berücksichtigen, nämlich den Umstand, dass wir von einer Defizitquote von 109 Milliarden Schilling ausgegangen sind.

Ich betone: 109 Milliarden Schilling, und nicht Ihre 20 Milliarden. Bei Ihrer Argumentation mit jenen 20 bis 40 Milliarden haben Sie nämlich 62 Milliarden Schilling Defizit immer so außer Acht gelassen, als wäre das ein ausgeglichenes Budget gewesen. Das war natürlich die Unwahrheit,


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die Sie der österreichischen Bevölkerung weismachen wollten, aber sie ist freilich nicht "hineingegangen". (Ruf bei der SPÖ: Danke für die "Wahrheit"!)

Die Österreichische Volkspartei hat natürlich in den Verhandlungen mit Ihnen ganz klar artikuliert, falls es noch zu einer Vereinbarung mit der SPÖ kommen könnte, dann nur ohne diesen Finanzminister. Denn eine Bundesregierung kann es nicht verantworten, einen Finanzminister in der Regierung zu haben, der den Regierungspartner nicht entsprechend informiert, sodass dieser immer wieder mit neuen Horrorzahlen konfrontiert wird. So kann es kein gemeinsames vernünftiges Arbeiten geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Finanzminister! Es ist Ihnen – und auch insgesamt allen Mitgliedern der Bundesregierung – zu gratulieren, dass Sie sehr viel Einsicht bewiesen haben. Denn dieses Budgetdefizit – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! – ist das niedrigste seit 1982! Es ist mit einem administrativen Budgetdefizit von 54,6 Milliarden Schilling das geringste Budgetdefizit seit 1982. Diesen Betrag von 54,6 Milliarden hat man dadurch erreicht, dass man erstens einmal Ausgaben eingespart hat, und zwar in der Größenordnung von 14,5 Milliarden Schilling.

Selbstverständlich tut eine Ausgabeneinsparung da und dort weh, sie trifft jeden. Aber die Regierungsmitglieder sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben in erster Linie bei sich selbst zu sparen angefangen, und das ist ein sehr begrüßenswerter Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die erwähnten Einmalmaßnahmen sind eben notwendig geworden. An die Fondsabschöpfungen in der Größenordnung von 12,9 Milliarden Schilling ist die Bundesregierung auch nicht ideenlos herangegangen. Sie hat nicht gesagt, wir schöpfen die Fonds ab und geben sie ins allgemeine Budget hinein, sondern die Bundesregierung hat etwas getan, was sehr vernünftig und sehr klug ist. Jedenfalls hat man den Großteil der Fondsabschöpfung als Mittel für Kindererziehungsersatzzeiten verwendet, was den Pensionen der Frauen zugute kommt.


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(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das war ja mein Vorschlag! – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des Abg. Edlinger –: Ja, gut! Dann können Sie ja zustimmen!)

Damit hat die Bundesregierung etwas sehr Kluges gemacht. Wenn es auch Ihr Vorschlag war, Herr Abgeordneter Edlinger, dann ist es gut, dann können Sie ja diesem Vorschlag auch zustimmen. Jedenfalls haben wir das für die Frauen gemacht. Sie haben nur darüber gesprochen. Die Regierung hat gehandelt und hat es umgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In weiterer Folge wollen wir, und zwar aus den Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds, das so genannte Kinderbetreuungsgeld in der Größenordnung von 6 250 S für die ersten zwei Jahre für die Frau und für das dritte Jahr für den Ehepartner einführen. Es sind auch die Länder im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen eingeladen, dabei mitzutun, nach dem Modell Kärnten mitzuarbeiten, damit auch für Frauen ein drittes Jahr Kinderbetreuungsgeld finanziert werden kann. Die Länder sind dazu herzlich eingeladen, natürlich auch das Land Wien! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Abgabenerhöhungen in der Größenordnung von 7 Milliarden Schilling. Natürlich sind wir in den Budgetverhandlungen beziehungsweise in den gemeinsamen Regierungsverhandlungen mit der ÖVP von der Prämisse ausgegangen, wir wollen ohne Steuererhöhungen durchkommen. Das ist nicht gelungen, und wir stehen auch dazu.

Dieses Budgetdefizit in der Größenordnung von 109 Milliarden Schilling war ohne Steuererhöhungen nicht zu sanieren! Aber wir haben die so genannten giftigen Zähne entfernt, die Sie etwa mit der Erhöhung der Mineralölsteuer drinnen haben wollten. Und heute wollen Sie uns vorgaukeln, dass Sie die Erhöhung der Mineralölsteuer für eine Ökologisierung des Steuersystems verwenden wollten, obwohl Sie in der Vergangenheit deutlich bewiesen haben, dass Sie niemals diese Absicht hatten, sondern Steuererhöhungen immer nur für die Sanierung des Budgets verwendet haben!

Die Erhöhung der Mineralölsteuer haben wir Gott sei Dank abdrehen können, denn das hätte eine Benzinpreiserhöhung im heurigen Jahr von 1 S und im nächsten Jahr von 1,50 S gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das ist falsch! Glaubt denen doch nichts!)  – Das hätte die Pendler getroffen, Herr Ex-Finanzminister.

Es ist die Politik der Freiheitlichen Partei, dass wir uns für die Realisierung der Versprechen, die wir vor der Wahl gemacht haben, einsetzen, diese also, nachdem wir gewählt wurden, auch umsetzen. Das haben Sie am besten an den Beispielen Mietensenkung, Strompreissenkung beziehungsweise bei der Entlastung für die Familien gesehen. Wir waren auch diejenigen, die mit dieser Budgetpolitik erst die Möglichkeit dafür geschaffen haben, dass die Steuerreform auch finanzierbar und umsetzbar ist.

Da Sie immer wieder von der Belastungswelle sprechen, darf ich Sie nur darauf aufmerksam machen, dass mit dem Belastungspaket, das Sie in Gang gesetzt haben, die Bevölkerung damals in der Größenordnung von 8 041 S belastet worden ist.

Jetzt hingegen, bei der von Ihnen behaupteten Belastungswelle, die ja minimal ist – es gibt eine minimale Steuererhöhung –, und durch die Finanzierungsmöglichkeit, die wir für die Steuerreform geschaffen haben, gibt es für die Familien, zum Beispiel für eine Familie mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 420 000 S, um 16 800 S mehr. (Zwischenrufe der Abg. Dietachmayr und Edlinger. ) Das ist doch ein großer Erfolg dieser Budgetpolitik! Es rechtfertigt keinesfalls dieses griesgrämige Getue, das Sie immer an den Tag legen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Wo ist die Flat-Tax? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Herr Ex-Finanzminister! Sie waren ja derjenige, der immer wieder Folgendes gesagt hat, wenn wir Sie kritisiert haben – ich zitiere eine Meldung vom 8. Juli 1998: Finanzminister Rudolf Edlinger versicherte Mittwoch Nachmittag im Nationalrat, dass die für das Jahr 2000 geplante Steuerreform ohne Sparpaket erfolgen werde. In der APA vom 12. Jänner 1999 heißt es: Ein weiteres Sparpaket zur Erreichung des niedrigsten Budgetdefizits schloss Edlinger aus. – Zitatende. (Abg. Edlinger: Ja, eh! Stimmt auch! Ich täte es ja anders machen!)

Sie waren ja nicht einmal in der Lage, ein Budget zu erstellen! Sie waren ja nicht einmal in der Lage, ein Budget zu erstellen, das Maastricht-konform ist! Sie haben ein Budgetdefizit in der Größenordnung von 109 Milliarden Schilling hinterlassen! Und wie Sie mit dem "kleinen" Mann umgegangen sind, hat man ja ganz klar daran gesehen, welch kalte soziale Schulter Sie zum Beispiel den Genossenschaftseigentümern des "Konsum" gezeigt haben. Die Genossenschaftseigentümer des "Konsum", Ihre roten Genossen, Ihre Freunde, für die Sie immer da waren, haben pro Kopf und Nase 2 000 S verloren! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Wo ist die Flat-Tax? – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: "20 Milliarden" Defizit! 109 Milliarden!) Wo waren Sie denn da? Wo waren Sie denn da mit Ihrer so genannten Wirtschaftskompetenz?

Wo sind Sie denn mit Ihrer Wirtschaftskompetenz bei Ihrem eigenen Haushalt in der Bundespartei? 350 Millionen Schilling an Schulden, obwohl Sie bereits über 100 Millionen Schilling durch Verkauf Ihres OeNB-Anteils lukriert haben! Das ist die Finanzpolitik beziehungsweise Wirtschaftspolitik der SPÖ! Und dem hat das Volk eine Absage erteilt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edler: Was ist mit der Sanierung der FPÖ Niederösterreich? – Abg. Eder: Wo wohnt denn der Rosenstingl?)

Nachdem Sie bewiesen haben, dass Sie nicht wirtschaften können, nachdem Sie bewiesen haben, dass Sie dazu gar nicht in der Lage sind – das hat ja auch das Debakel bei der verstaatlichten Industrie gezeigt: 100 Milliarden Schilling Steuergelder sind da hineingegangen, 40 000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen! –, haben wir gesagt, der Staat muss sich aus den Unternehmen verabschieden. Und es ist uns gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei auch gelungen, ein Privatisierungskonzept in Gang zu setzen, mithilfe dessen der Staat aus den Unternehmen heraus soll und privatwirtschaftliches Gedankengut einziehen soll. Das ist einfach notwendig und gut.

Das ist insofern notwendig, als es in diesem Bereich 80 Milliarden Schilling an Altschulden gibt: bei der ÖIAG über 50 Milliarden und 30 Milliarden bei der Postbeteiligungsgesellschaft. Wir


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wollen diese Privatisierungserlöse in Höhe von 80 Milliarden Schilling auf alle Fälle in dieser Legislaturperiode erzielen, damit keine Altschulden für die künftige Generation mehr zum Tragen kommen. (Abg. Edlinger: Und was macht ihr nachher?)

Dazu stehen wir, gemeinsam mit unserem Partner, der Österreichischen Volkspartei. Das wird gelingen. Und Sie wissen auch ganz genau, dass der Wert dieser Unternehmen schon deshalb um einiges steigen wird, weil sich der Staat endlich aus diesen Unternehmen zurückzieht. Das ist die Prämisse, mit der wir es in diesem Fall angehen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Summa summarum muss eines festgestellt werden: Sie müssen einfach einmal akzeptieren, dass diese Regierung beziehungsweise der Finanzminister erstmalig ein Budget präsentiert hat, das offen und ehrlich ist, das keine versteckten Tricks inkludiert, und vor allen Dingen, dass es unter diesem Finanzminister, unter dieser Bundesregierung, erstmalig seit dem Jahre 1994 gelungen ist, dass das Lohnsteueraufkommen effektiv sinkt. Im Jahre 1999 hat das Lohnsteueraufkommen 203 Milliarden Schilling betragen. Im Jahr 2000 wird es nur mehr 194 Milliarden Schilling ausmachen.

Durch unsere vernünftige Budgetpolitik (Abg. Edlinger: Durch die Steuerreform!) wurde die Möglichkeit geschaffen, diese Steuerreform zu finanzieren und eine Entlastung der österreichischen Bevölkerung in der Größenordnung von zirka 16 000 bis 17 000 S pro Haushalt herbeizuführen und ihr zugute kommen zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.56

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass Frau Abgeordnete Dr. Petrovic und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss wegen Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung einzusetzen.

Es liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Dr. Kostelka: Oje!)

11.57

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die gestrige Budgetrede des Finanzministers und auch die heutige erste Lesung dieses Budgets finden in einem wirtschaftlichen Umfeld statt, das entgegen aller Schwarzmalerei der Opposition, entgegen allen Unkenrufen der Opposition von Zukunftsoptimismus gekennzeichnet ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.  – Abg. Edlinger: Nicht einmal diese Regierung kann es erreichen, dass die Wirtschaft zugrunde geht! – Zwischenruf der Abg. Hostasch. )

Frau Kollegin! Es herrscht Zukunftsoptimismus bei den Wirtschaftsforschern, Zukunftsoptimismus bei den Unternehmern und Zukunftsoptimismus bei den Finanz- und Arbeitsmarktexperten. Der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen: Das Wifo, das Institut für Wirtschaftsforschung, wird in den nächsten Tagen die Wachstumsprognose von 2,8 auf 3 Prozent reales Wirtschaftswachstum hinaufsetzen und sagt für diese Legislaturperiode, bis zum Jahre 2003, ein konstantes Wirtschaftswachstum von real 3 Prozent pro Jahr voraus! – Das ist Zukunftsoptimismus! Das ist Vertrauen in die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren!


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(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Und wer hat die Voraussetzungen dafür geschaffen?!)

Zu den Unternehmen: Der Bundeskanzler hat eine lange Liste international renommierter Unternehmen vorgelesen, die Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich haben, die Vertrauen in die Politik dieser Bundesregierung haben und die deshalb in Arbeitsplätze in Österreich investieren.

Sie beleidigen die ausländischen Investoren! Sie sagen, wenn wir privatisieren: Um Himmels willen, da kommen dann Ausländer und die transportieren Arbeitsplätze ins Ausland! – Eine schizophrene Argumentation, meine Damen und Herren! Wir werben doch darum, dass auch ausländische Investoren in Österreich Arbeitsplätze schaffen. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur Kenntnis, dass Sie hier schizophren argumentieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es herrscht auch Zukunftsoptimismus bei den Finanzexperten. Der neue Chef der Wiener Börse, Dr. Zapotocky, er kommt von der Bank Austria, hat vorausgesagt, er erwartet für das zweite Halbjahr – wörtlich – einen "Steigflug" der Wiener Börse. Die Hauptimpulse, so hat er gesagt, kommen von der Privatisierungsoffensive dieser Bundesregierung. – Meine Damen und Herren von der Opposition! Nehmen Sie das zur Kenntnis! Hören Sie auf mit dem Schwarzmalen und Ihren ewigen Kassandrarufen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was sagen die Arbeitsmarktexperten? – Frau frühere Sozialministerin, Sie wissen es! Nicht nur – das ist noch kein Verdienst dieser Bundesregierung –, dass im letzten Monat die Zahl der Arbeitslosen um 32 000 niedriger war als zur gleichen Zeit des Vorjahres – also kein saisonaler Rückgang (Abg. Öllinger: Da können Sie aber noch nichts dafür!)  –, sondern es wird im Jahresdurchschnitt 2000 laut Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung die Arbeitslosenrate von heuer 4,4 Prozent auf 4,1 Prozent zurückgehen. – Das ist Vertrauen in die Bundesregierung, und das ist Zukunftsoptimismus – trotz Ihrer Schwarzmalerei, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Volkspartei – ich glaube, das muss man auch einmal festhalten – hat sich immer dazu bekannt, dass ein ausgeglichener Staatshaushalt das Fundament für wirtschaftliche Stabilität ist. Wir haben hier immer Staatsinteressen vor Parteiinteressen gestellt. Ich erinnere an das Jahr 1995, als wir nach einem Jahr Regierungstätigkeit die Koalition mit der SPÖ beenden mussten, weil wir feststellen mussten, dass man mit dieser Partei auf Grund ihres damaligen Verhaltens die Euro-Kriterien nicht schaffen kann. Es war die lockere Hand beim Geldausgeben, das wir kritisierten. Der Wähler hat das damals zum Teil gar nicht verstanden, aber wir haben – und das ist das Verdienst der Volkspartei – damit sichergestellt, durch einen Sparkurs, durch einen Konsolidierungskurs die Euro-Kriterien zu schaffen. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Heute sind wir Mitglied der Euro-Zone, heute haben wir einen stabilen Schilling und werden auch einen stabilen Euro haben, Herr früherer Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann ging unsere Zusammenarbeit zwei, drei Jahre lang gut, und wir haben den Konsolidierungskurs auch mit der SPÖ fortgesetzt. Das sei anerkannt. (Abg. Edlinger: Und dann habt ihr nicht mehr wollen!) Aber dann hat es schon wieder begonnen. Dann hat dieser Herr Edlinger, der glaubt, mit lauten Zwischenrufen wieder gutmachen zu können, was er falsch gemacht hat, dann hat dieser Minister Edlinger die Zügel schleifen lassen. (Abg. Edler: Angezogen hat er sie!) Beim Budgetvollzug 1999 war es ein Glücksfall, dass auch die Einnahmen dann um 20 Milliarden Schilling gestiegen sind, sonst wäre durch die Ausgabenentwicklung das Defizit schon 1999 um 20 Milliarden angewachsen. (Abg. Edlinger: Nein! Nein!) Herr Ex-Minister, Sie wissen das genau! (Abg. Dr. Khol: Punktgenau!)

Sie wissen auch, dass es der jetzige Finanzminister deshalb sehr schwer hat, weil Sie vor zweieinhalb Jahren unsere dringliche Aufforderung, eine Ausgabeneinsparungs-Kommission einzusetzen, hochmütig abgelehnt haben. Sie haben damals erklärt: Wo man sparen kann, wissen wir ohnehin!


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Heute muss dieser Finanzminister das nachholen, was Sie in zweieinhalb Jahren verabsäumt haben, Herr Edlinger! Dieser Finanzminister wird es schaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bin fest davon überzeugt: Im Gegensatz zu Ihnen wird er es schaffen.

Und da Sie heute die Getränkesteuer angesprochen haben, fordere ich Sie auf, meine Damen und Herren: Bleiben wir bei der Wahrheit! Welcher Finanzminister war es denn, der den Gemeinden schriftlich bestätigt hat, seine Gespräche mit der EU hätten ergeben, die Getränkesteuer sei EU-konform? (Abg. Dr. Khol: Lacina! – Abg. Ing. Westenthaler: Lacina! Lacina!) Es war ein sozialistischer Finanzminister! (Abg. Dr. Khol: Punktgenau!) Lacina war es, der den Gemeinden bestätigt hat, diese Steuer sei EU-konform. Das ist das Verhalten sozialistischer Finanzminister: Die Dinge verschleiern, die Dinge herunterspielen, die halbe Wahrheit sagen und Ähnliches.

Wir sind froh darüber, dass wir jetzt durch das Budget dieses Finanzministers ein Budget der Wahrheit und ein Budget der Ehrlichkeit haben. Man muss in der Budgetpolitik auch den Mut zur Wahrheit haben. Dieser Finanzminister war gestern ehrlich genug, auch zu sagen – ich übersetze jetzt ein bisschen frei –, dass es eigentlich gar kein Budget gibt, sondern nur den Steuerzahler. Alles, was ich ausgebe, muss ich vorher jemandem wegnehmen! Und wir sind der Anwalt des Steuerzahlers. Wir sind für mehr Leistung und weniger Umverteilung. Wir sind für mehr Eigenverantwortung und weniger Bevormundung, für mehr Privat und weniger Staat. Das ist die Zukunftsalternative, meine Damen und Herren. Mit diesem Partner werden wir diese Reformen auch tatsächlich umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Budget ist zweifellos nur ein Übergangsbudget. Der Finanzminister war auch so ehrlich, zu sagen, dass in diesem Budget noch nicht die großen strukturellen Reformen enthalten sein konnten. Es wäre ja auch utopisch, zu glauben, man könne in vier, fünf Wochen strukturelle Reformen so konzipieren, dass sie zu Milliardeneinsparungen im Budget führen! Aber dieses Budget 2000 ist ein Budget des wirtschaftlichen Aufschwungs und ein Budget der sozialen Gerechtigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Kollege Trattner hat es bereits erwähnt: Im Budget 2000 – ich nenne nur zwei Zahlen – ist vorgesehen, dass die Lohnsteuereinnahmen bei den Arbeitnehmern um 9 Milliarden sinken (Abg. Edler: Das hat der Edlinger schon vorgesehen!)  – im Budget 2000 –, das heißt, die Arbeitnehmer zahlen um 9 Milliarden weniger Lohnsteuer und gleichzeitig werden die Eingänge der Körperschaftsteuer der großen Kapitalgesellschaften um 3,5 Milliarden steigen. Das freut mich als Vertreter der Wirtschaft gar nicht so sehr, aber es ist ein Faktum, und das heißt soziale Gerechtigkeit, und das heißt wirtschaftlicher Aufschwung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt nur ein betrübliches Ereignis in diesem durchaus optimistischen Zukunftsbild – und ich bin auch der Letzte, der sagen würde, alles sei ideal; ich kenne die vielen Schwierigkeiten, die Probleme der Betriebe, glauben Sie mir das; viele Betriebe kämpfen jeden Tag darum, dass sie Arbeitsplätze erhalten können, aber generell herrscht wieder Zukunftsoptimismus in diesem Land –, es gibt nur ein großes Negativum, und ich muss das zum Abschluss auch noch sagen: Es ist wirklich traurig, und ich bedauere das zutiefst, dass es nicht gelingt, dieses wirtschaftlich optimistische Zukunftsbild politisch abzusichern, indem wir dieses Land gemeinsam nach außen verteidigen, meine Damen und Herren! Sie haben noch mit keinem Wort erwähnt, dass Sie diese überzogenen, unfairen, ungerechten Sanktionen der Vierzehn gegen uns ablehnen. Machen Sie endlich davon Gebrauch, dass Sie hier für Österreich etwas tun können! Stellen Sie Parteiinteressen zurück! Nehmen Sie Stellung für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Van der Bellen ist leider nicht mehr im Saal. – Wenn angesehene Parlamentarier im Ausland sagen – wie dies Van der Bellen im deutschen Fernsehen getan hat; ich habe davon eine Tonbandabschrift –: In Österreich sitzen die Schurken in der Regierung! (Abg. Dr. Khol: Das ist ja unerhört!), wenn Voggenhuber in einem Pressegespräch sagt: In Österreich sind Faschisten in der Regierung! (Abg. Ing. Westenthaler: Österreich-Vernaderer!), dann ist das


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nicht die Art, unser Land zu verteidigen, die wir uns vorstellen, meine Damen und Herren! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie wären gut beraten, zumindest einmal Parteiinteressen zu Gunsten der Interessen unseres Landes zurückzustellen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

12.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn schon noch – auch wenn er nicht mehr anwesend ist – eine kleine Anmerkung zu den Ausführungen unseres Herrn Bundeskanzlers machen.

Er stellte sich vor das Mikrophon und sagte, er habe mit Clyde Tuggle von Coca Cola gesprochen, es sei alles paletti mit Österreich. Super! Da werden Arbeitsplätze geschaffen bei Coca Cola. (Abg. Ing. Westenthaler: Drink Coke!) Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler liest vielleicht nicht die Zeitungen von heute, aber es wäre ratsam auch für den Bundeskanzler, sie zu lesen. Darin ist nämlich zu lesen, dass es einen Job-Abbau bei Coca Cola in Österreich geben soll, und zwar in der Höhe von 20 bis 30 Prozent.

Wenn das das Resultat des Gespräches des Bundeskanzlers mit Clyde Tuggle ist, dann bedanke ich mich nicht beim Herrn Bundeskanzler. Ich würde mir schon wünschen, Herr Bundeskanzler – ich hoffe, dass seine Fraktionskollegen ihm das übermitteln –, dass Sie auf die eine Gesprächsrunde mit Clyde Tuggle, bezüglich der Sie offensichtlich missverstanden worden sind oder sich selbst missverständlich ausgedrückt haben, noch einmal zu sprechen kommen und dann mit einem Resultat zurückkommen, das nicht nur irgendwelche nebulosen Versprechen von wegen Coca Cola – Standort für 30 Länder – beinhaltet, sondern mit dem auch die Fakten auf den Tisch gelegt werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Und Faktum bei Coca Cola  Kollege Puttinger, das wissen Sie ganz genau! – ist schon seit einigen Jahren der Abbau von Hunderten Arbeitsplätzen in Österreich.

Meine Damen und Herren! Es gibt noch einen Kollegen von der ÖVP, den ich zu Beginn meiner Ausführungen ansprechen möchte (Abg. Dr. Khol: Mich!), nämlich Herrn Klubobmann Khol. (Abg. Dr. Khol: Ich hab’s erraten!) Er hat in den vergangenen Jahren gerne einen "Verfassungsbogen" konstruiert, bei dem nach Gelegenheit die einen hineingenommen und die anderen hinausgeworfen worden sind. Das Spiel ist sich aber nicht ausgegangen in Bezug auf die Freiheitlichen, sonst würden sie jetzt nicht mit Ihnen innerhalb eines sehr kleinen Bogens, im Patriotismusbogen, sitzen.

Herr Kollege Khol! Ich möchte Ihnen eine Antwort geben auf das Bild, das Sie gebracht haben, denn das hat mich bestürzt. Sie haben davon gesprochen, die Opposition – also auch die Grünen – kommt Ihnen vor wie jemand, der ein Glas auf den Boden wirft und sich wundert, dass sich dann jemand beim Drübergehen blutige Füße holt. (Abg. Dr. Khol: Nein, habe ich nicht gesagt!) Ich darf Ihnen antworten, Herr Kollege Khol: Der Einzige, der Gläser oder Porzellan auf den Boden wirft und in den letzten Wochen wie ein Elefant quer durch die europäische Landschaft getrampelt ist, war ihr Koalitionspartner-Chef Haider. Das war der Herr Haider! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das war der Voggenhuber!)

Zweitens, Herr Abgeordneter Khol, muss man dazu leider auch sagen – weil Sie das Bild von den blutigen Füßen benutzt haben; ich glaube, Sie wissen, worauf ich jetzt anspielen will –: Der Einzige, der in den letzten Wochen davon gesprochen hat, dass sich der Bundespräsident schon eine blutige Nase geholt hat und aufpassen muss, dass er sich nicht auch noch einen blutigen Kopf holt, war der Zweite Nationalratspräsident, Herr Prinzhorn.

Wenn man solche Bilder in den Mund nimmt und sie noch dazu benutzen will, die Opposition für diese Zustände verantwortlich zu machen, Herr Abgeordneter Khol, dann müssen Sie diese Bilder wieder etwas gerade hängen, denn das Bild liegt ganz schön schief, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Ich möchte aber meine Redezeit nicht nur dazu verwenden, auf Äußerungen hier zu replizieren – auch wenn dies sicher notwendig ist –, sondern mich auch mit dem Budget beschäftigen. In den letzten Tagen wurde bereits immer wieder angekündigt, dass die Opposition ja ohnehin immer nur gegen das Budget losziehe. Kollege Stummvoll hat das gestern in der "ZiB 3" gesagt. 20 Jahre, hat er gemeint, ist er schon in diesem Parlament, und noch nie hat eine Opposition in irgendeiner Form das Budget gelobt. – Traurig, traurig, Herr Kollege Stummvoll! (Abg. Dr. Stummvoll: So ist es ja!)

Da diese Vorgabe von Ihnen gekommen ist, habe ich mir gedacht, ich werde mich zwar nicht besonders anstrengen, um in diesem Budget ein paar Punkte zu finden, die ich Ihnen lobend präsentieren kann, aber ich mache einen Versuch. Herr Bundesminister Grasser und ich sind sicher grundsätzlich unterschiedlicher Ansicht über dieses Budget 2000, aber ich mache den Versuch, das Budget sozusagen "herunterzubrechen" auf eine sehr persönliche Ebene, denn es war ja eine Vorgabe des Herrn Finanzministers, der gesagt hat, in besonderer Weise wolle sich diese Bundesregierung und er für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Ich mache also den Versuch, meine Damen und Herren, das Bundesbudget 2000 am Beispiel von drei Personen – und dem Rest der Bevölkerung, könnte man dann auch noch sagen – darzustellen. Ich nenne die Herren Stronach, Prinzhorn und Grasser (Abg. Aumayr: Tüchtige Leute!) und frage auch Sie, Herr Bundesminister, was diese drei Personen (Abg. Fischl: Alle drei erfolgreich!)  – da gehören Sie auch dazu, und ich bitte Sie, zumindest die Frage ernst zu nehmen – durch das Bundesbudget 2000 für Verluste erleiden. Nennen Sie mir drei Punkte dafür, dass Grasser, Prinzhorn und Stronach durch dieses Bundesbudget in irgendeiner substantiellen Frage betroffen sind, in irgendeiner Frage, so substantiell, dass man es vergleichen könnte mit dem Verlust oder mit den Einschränkungen, die etwa eine Person hinnehmen muss, die sich einen Pass holen will und ein geringes Einkommen hat! Nennen Sie mir drei Bereiche, in denen diese drei Personen – ich gebe zu, das ist eine Zuspitzung auf drei Personen, und das ist nicht immer fair; aber ich denke, es ist legitim, das auch auf diese persönliche Ebene herunterzubrechen – durch das Budget betroffen sind! (Abg. Dr. Martin Graf: Alle anderen haben auch keine Nachteile!)

Ich versuche, Ihnen das Gegenbeispiel darzustellen. Weder Herr Stronach, mit dem Sie ja in besonderer Weise verbunden sind, auch durch das Koalitionsübereinkommen, Herr Finanzminister – Sie wissen ja, das war Gegenstand unserer Debatte oder Auseinandersetzung noch vor ein paar Wochen, denn es ist Ihnen gelungen, die Absichten des Herrn Stronach auch im Koalitionsabkommen festzuschreiben –, weder Herr Stronach noch Herr Prinzhorn noch Sie sind davon betroffen, wenn der Topf des Insolvenz-Entgeltfonds ausgeräumt wird und wenn in den nächsten Jahren – was Sie ja schon angekündigt haben – dort die Beiträge gesenkt werden. Aber die von einer Insolvenz betroffenen Beschäftigten trifft das, wenn in zwei Jahren dieser Insolvenz-Entgeltfonds 2 Milliarden Defizit aufzuweisen haben wird, denn dann werden dort Leistungen gekürzt. – Aber das betrifft nicht Herrn Stronach, das betrifft nicht Sie und das betrifft nicht Herrn Prinzhorn.

Das zweite Beispiel: Unfallversicherung. Im Bereich der Unfallversicherung gibt es ebenfalls eine Entnahme von über 1 Milliarde Schilling und in Zukunft, ab nächstem Jahr, durch die Beitragssenkung für die Unfallversicherung weniger Mittel für die Prävention. Und das kann bedeuten, und bedeutet es auch mit Sicherheit: erhöhtes Unfallrisiko! Auf Grund geringerer Mittel für Prävention kann nicht genügend Vorsorge in diesem Bereich getroffen werden; das wissen wir aus Erfahrungen. – Aber das betrifft nicht Herrn Prinzhorn, das betrifft nicht Sie und das betrifft auch nicht Herrn Stronach.

Beitragssenkungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung beziehungsweise Entnahmen im heurigen Jahr. – Das betrifft die Vereine, die sozialpolitischen Projekte, die sozialökonomischen Betriebe, die Frauenberatungsstellen, das betrifft die Qualifikationsprojekte, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden und die überhaupt nicht weiter aufrechterhalten werden können, wenn diese Mittel auch nur gekürzt werden. Die müssen zusperren! Diese Qualifikation, die in diesen Betrieben und Projekten verankert ist, lässt sich aber nicht kurzfristig wieder


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aufbauen! – Das betrifft nicht Sie, das betrifft nicht Herrn Stronach und das betrifft nicht Herrn Prinzhorn.

Für die linearen Kürzungen bei den Vereinen im entwicklungspolitischen Bereich gilt das ebenso.

Erhöhung – und jetzt komme ich zum Einnahmenbereich – der Kfz-Steuer. – Herr Finanzminister! Es macht sicherlich einen Unterschied, ob ich mir einen Gebrauchtwagen um 20 000, 50 000, 60 000 S kaufen muss, sodass auch die Erhöhung der Kfz-Steuer eine entsprechende Belastung bedeutet, oder ob ich es mir leisten kann, einen Jaguar zu kaufen, denn dann stellt auch die Erhöhung der Kfz-Steuer, würde ich meinen, ein geringeres Problem dar. Und wenn man, so wie Herr Stronach, sehr viel mit dem eigenen Privat-Jet reist, dann trifft einen – ihn im Besonderen – das gar nicht.

"Schluss mit lustig" hat Herr Prinzhorn anlässlich der Debatte über die Privatisierungen hier im Hohen Hause verkündet, meine Damen und Herren. Schluss mit lustig! Er hat damit das Privatisierungskonzept der Bundesregierung gemeint. Ich nehme mir dieses Motto zu Herzen für einen anderen Bereich des Privaten, der Privatstiftungen nämlich. Ich hätte gerne gehört – von Ihnen, Herr Finanzminister, auch von Herrn Prinzhorn, der seine Gelder, so weit ich weiß, auch in einer Privatstiftung geparkt hat –, dass das ein Thema wird in Österreich, dass 300 bis 500 Milliarden Schilling in Privatstiftungen angelegt wurden, und zwar mit steuerschonendsten Sätzen, wie es sie selten in einem anderen Land gibt und vor allem nicht in der Dimension, wie es in Österreich üblich ist. Wobei diese Stiftungen keine gemeinnützigen, keine sozialen, keine kulturellen Interessen haben und betreuen müssen, sondern da geht es wirklich nur um die eigene Gewinnmehrung. Diesbezüglich hätte ich mir von einem Finanzminister oder von einem Nationalratspräsidenten, der ja auch immer für die "kleinen" Leute da ist, gewünscht, dass sie im Sinne der sozialen Gerechtigkeit in besonderer Weise dagegen auftreten. (Beifall bei den Grünen.) Wäre das nicht eine Möglichkeit gewesen, auch einen Beitrag zu leisten?

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle könnte man noch die Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögensteuern anführen, die man auch anfassen könnte, wenn es schon darum geht, einen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen auch einnahmenseitig zu leisten.

Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister! Ich habe Ihnen die Frage gestellt und ich ersuche Sie, sie wirklich zu beantworten: Gibt es drei Bereiche, die Sie mir nennen können, die Sie – meinetwegen auch mich –, die Herrn Prinzhorn und Herrn Stronach betreffen?

Ich erinnere daran, Herr Bundesminister, auch deshalb, weil Sie Ihre Ministertätigkeit mit einer Debatte über das Einkommen eines Bundesministers begonnen haben. Ich muss Ihnen sagen, ich bin nicht der Ansicht Ihrer Parteifreunde, dass 60 000 S der höchste Level für eine qualifizierte Person als Bundesminister oder auch in der Privatwirtschaft sein sollen, aber diese Debatte über die höchsten Einkommen generell – ob das in der Politik ist oder in der Privatwirtschaft – hätten wir zu führen! Diese Debatte hätten auch Sie als Bundesminister zu führen, denn ich sehe nicht ein, dass uns von den Freiheitlichen hier eine Debatte über 50 000 oder 60 000 S Einkommen für einen Politiker als maximaler Level aufgedrängt und aufgezwängt wird, während offensichtlich niemand außer den Grünen in diesem Land bereit ist, darüber zu diskutieren, dass in der Privatwirtschaft 300 000, 400 000, 500 000 S im Monat verdient werden können und dass das auch noch immer als leistungsgerechtes Einkommen gilt. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, diese Debatte haben wir sauber zu führen. Wenn Ihre Arbeit als Finanzminister etwas wert ist, dann sicher auch die eines privaten Managers, aber dann diskutieren wir darüber, was angemessene und leistungsbezogene Einkommen sind. Aber was mir auffällt bei der Debatte der Freiheitlichen anlässlich Ihres Einkommens als Finanzminister und anlässlich der Regelung, die beschlossen wurde, ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Freiheitlichen der Meinung waren, dass das Gehalt freiheitlicher Minister um 10 Prozent erhöht werden darf. Von 60 000 auf 66 000 S! Ich erspare es mir, aufzuzeigen, was in dieser Regelung sozusagen verborgen bleibt, zum Beispiel der 13. und 14. Bezug, ich erspare es mir, aufzuzeigen, dass das dann eigentlich ohnehin schon 100 000 S sind.


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Ich spare mir das, aber wissen Sie eigentlich, was das für ein Signal ist, Herr Minister? – 10 Prozent Einkommenserhöhung halten Sie von den Freiheitlichen für gerechtfertigt! Ich bin bereit, über Ihre 10 Prozent zu diskutieren, aber dann diskutieren wir auch über eine 10-prozentige Lohn- und Gehaltserhöhung im Bereich unselbständig Beschäftigter, bei niedrigen Einkommen, bei den Arbeitslosen; dann diskutieren wir über 10 Prozent Gehaltserhöhung für alle Gruppen bis hin zu den Pensionisten! Da wird dann der Herr Finanzminister sicher sehr bald sagen: Das können wir uns nicht leisten! – Aber Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, leisten es sich, zu sagen: 60 000 S haben wir vor zwei Jahren beschlossen, daher sind jetzt 66 000 S legitim. – 10 Prozent Gehaltserhöhung ohne Problem!

Meine Damen und Herren! Es ist in dieser Debatte schon darauf eingegangen worden, dass dieses Budget über ganz wesentliche Bereiche, die Beschäftigung betreffend, keine Aussagen trifft. Beispiel Jugendbeschäftigung. – Sie gehen offensichtlich von der Annahme aus, dass sich dieses Kapitel von selbst erledigen wird. Ich sage Ihnen, das wird sich nicht erledigen, auch wenn die Zahl der jetzt auf den Arbeitsmarkt drängenden Schulabgänger auf Grund der geburtenschwachen Jahrgänge sinkt. Das Thema wird sich nicht erledigen, denn im heurigen Herbst werden auch die Jugendlichen aus den Stiftungen, aus den Ausbildungslehrgängen auf den Arbeitsmarkt drängen, und das zusätzlich zu jenen Personen, die neu auf den Arbeitsmarkt kommen.

Ich würde mir von dieser Bundesregierung schon wünschen, dass, abgesehen von nebulosen Erklärungen, die Perspektiven für die Jugendlichen in diesem Land etwas konkreter in klare Worte gefasst werden, dass erkennbare Konzepte geliefert werden, wie Jugendliche eine Ausbildung erhalten können, und zwar nicht nur so, wie es in den vergangenen Jahren durchaus bisweilen üblich war, dass man sagt: Sei froh, wenn du irgendeine Ausbildung machen kannst! Auch die Jugendlichen in diesem Land haben das Recht, eine Ausbildung ihrer Wahl zu erhalten (Abg. Gaugg: Die wäre für dich auch gut gewesen!) und ihre Entscheidung zu treffen und sich diese nicht vom Arbeitsmarkt allein diktieren zu lassen in dem Sinn, dass man ihnen sagt: Sei froh, dass du überhaupt noch eine Stelle bekommst! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaugg! Ich verstehe nicht, warum Sie sich so angesprochen fühlen. Es ist nicht die Vergangenheit, wofür Sie Verantwortung übernehmen müssen, außer vielleicht die fernere Vergangenheit.

Ich denke, meine Damen und Herren, es gibt über dieses Budget 2000 noch immer viel zu wenig genaue Fakten und Daten, die es uns ermöglichen würden, es zu beurteilen. Aber eines ist sicher, und darauf wurde schon deutlich hingewiesen: Es gibt relativ hohe Summen, die durch Einmalerlöse aufgebracht werden. Klar ist daher auch: Im nächsten Jahr gibt es einen Konsolidierungsbedarf von 60 Milliarden Schilling. Da helfen Ihnen dann keine Einmalerlöse mehr. Und da gibt es noch dazu ein sehr großzügiges, ideologisch besetztes Ausgabenpaket im Bereich der Familien mit dem Kinderbetreuungsgeld. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben wird also noch größer sein. Das heißt, im Herbst – und darauf hat Kollege Khol schon hingewiesen –, wenn das Budget 2001 feststeht, werden wir auch wissen, dass wir es nicht mit einer Regierung zu tun haben, die in besonderer Weise für soziale Gerechtigkeit sorgt, sondern die vermutlich mit einem besonderen Paket von Grausamkeiten die nächsten Jahre gestalten wird. (Abg. Gaugg: Hätte die SPÖ nicht alles verlottert, bräuchten wir das nicht zu machen!)

Einiges davon, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, haben Sie uns im Koalitionsabkommen schon angekündigt. Und das wird auch die Stunde sein (Abg. Dr. Khol: Die Stunde der Wahrheit! – Abg. Ing. Westenthaler: Dann loben Sie uns! Dann werden Sie uns einmal loben!), Herr Abgeordneter Westenthaler, in der die Freiheitlichen Farbe bekennen müssen (Abg. Ing. Westenthaler: Blau!), in der die Freiheitlichen Farbe bekennen müssen, wie sie es mit ihren in den letzten Jahren abgegebenen Versprechen an die "kleinen" Leute auch weiterhin halten werden; mit dem Pensionsversprechen, mit dem Versprechen an die Jugendlichen. Herr Abgeordneter Westenthaler! Das Jugendausbildungsprogramm der Freiheitlichen – wo ist es denn? Wir schauen es uns gern an. Spätestens im Herbst, wenn wir auch schon etwas


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mehr wissen, ob und wie dieser Budgetvollzug gelingt – er kann nicht gelingen, meiner Ansicht nach –, führen wir diese Debatte weiter, und dann wird es sehr konkret werden.

Herr Bundesminister! Seien Sie mir nicht böse, aber die Frage, die ich Ihnen gestellt habe: Wo werden Personen wie Prinzhorn, Grasser und Stronach durch dieses Budget überhaupt tangiert?, bitte ich Sie, noch zu beantworten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet.

Bevor ich ihm das Wort erteile, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass seine Klubkollegin, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, bei ihrer tatsächlichen Berichtigung nicht, wie es das Geschäftsordnungsgesetz vorsieht, die zu berichtigende Behauptung richtig wiedergegeben hat beziehungsweise sich auf eine Gegenüberstellung des ihrer Meinung nach richtigen Sachverhalts beschränkt hat. Ich möchte Ihnen daher noch einmal die diesbezügliche Bestimmung des Geschäftsordnungsgesetzes zur Kenntnis bringen.

§ 58 Abs. 2 besagt: "Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen."

Bitte, Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

12.27

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Abgeordneter Stummvoll hat, wenn ich meinen Ohren trauen durfte, gesagt, behauptet, dass ich gesagt hätte, es säßen Schurken in der österreichischen Bundesregierung oder so ähnlich.

Ich berichtige tatsächlich: Das ist nicht mein Stil, ich habe das nicht gesagt. Herr Kollege Khol hat mir gerade eine Mitschrift gezeigt. – Jeder, der nicht bösen Willens ist, kann erkennen, dass das Wort "Schurke" unter Anführungszeichen geschrieben ist, sich nicht auf Personen bezogen hat, sarkastisch gemeint ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glauben Sie ja selbst nicht! Schämen Sie sich für diese Aussage!)

Dass gerade Kollege Stummvoll es notwendig hat, sich auf dieses Niveau zu begeben, bedauere ich zutiefst. (Beifall bei den Grünen.) Dieses Niveau ist genau das, das ich von Herrn Westenthaler erwarten würde, aber nicht von Herrn Stummvoll erwartet hätte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie gehen mit Benzinkanistern durch Europa! Das ist die Wahrheit!)

12.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer Erwiderung auf die tatsächliche Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.29

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Van der Bellen hat mich persönlich angesprochen. Ich möchte daher eine Tonbandabschrift einer "3-sat"-Fernsehdiskussion hier zitieren, an der Klaus Hänsch, Michel Friedmann, Maria Rauch-Kallat und Alexander Van der Bellen teilgenommen haben. Ich hätte es nicht zitiert, wenn nicht vorher Kollege Van der Bellen die Quarantäne in London geleugnet hätte. (Abg. Schieder: Das ist doch keine persönliche Erwiderung!)

Die Erwiderung lautet – ich habe nicht die Unwahrheit gesagt, ich zitiere hier, was Herr Kollege Van der Bellen gesagt hat –: Der Schurke ist nicht der Österreicher, sondern die Regierung Haider/Schüssel. Er hat weiters gesagt: Die österreichische Affäre erzwingt Handlungsbedarf auf europäischer Ebene. (Abg. Schieder: Das ist keine Erwiderung! Er muss persönlich ange


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griffen sein! Das ist unzulässig!) Herr Kollege! Das ist Schmutzmachen im Ausland. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsordnung: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

12.30

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sie haben vorhin die Bestimmungen über die tatsächliche Berichtigung zur Verlesung gebracht. Ich ersuche Sie, im Sinne einer gleichmäßigen und allen Fraktionen gegenüber gleichen Handhabung der Gesetzgebung die Bestimmungen über die persönliche Erwiderung ebenfalls zur Verlesung zu bringen, denn dies war nach der Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses eindeutig keine tatsächliche Erwiderung (Ruf: Persönliche Erwiderung!), keine persönliche Erwiderung. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Ihnen unangenehm!) Im Übrigen habe ich den Sachverhalt, den ich berichtigt habe, eigenhändig mitgeschrieben.

Wenn Sie Kritik an der Praxis der tatsächlichen Berichtigungen üben, dann ersuche ich, dass wir bitte alle tatsächlichen Berichtigungen, etwa auch die des Klubobmannes Khol, mit demselben Maßstab messen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Ihnen unangenehm! Weil es die Wahrheit ist! Deshalb!)

12.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich möchte gerne auf die Definition des Geschäftsordnungsgesetzes eingehen, das besagt:

"Eine Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung ist nur durch einen Abgeordneten möglich, der in die Darlegung des berichtigten Sachverhaltes gemäß Abs. 2 persönlich einbezogen wurde; er hat sich bei seiner Wortmeldung auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken." (Abg. Dr. Petrovic: Was bei ihm nicht der Fall war!)

Ich habe, was die persönliche Erwiderung des Abgeordneten Stummvoll betrifft, den gleichen Maßstab angelegt (Abg. Schieder: Nein! Nein, eben nicht!), wie ich ihn vor zirka einer halben Stunde – jedenfalls während der Zeit meiner Vorsitzführung – bei Herrn Abgeordneten Edlinger angelegt habe (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!), und ich werde das selbstverständlich auch bei allen anderen so handhaben.

Ich möchte allerdings schon darauf aufmerksam machen, dass es mir geboten erscheint, darauf hinzuweisen, dass gerade zu jener Zeit, zu der es vielleicht besonders attraktiv ist, durch zusätzliche Wortmeldungen die Übertragungszeit im Fernsehen auszunutzen, auch das Instrument der tatsächlichen Berichtigung nicht über Gebühr strapaziert werden sollte, sonst würde ich mich veranlasst sehen, tatsächliche Berichtigungen an das Ende des Tagesordnungspunktes zu setzen und in der normalen Reihenfolge der Wortmeldungen vorzugehen. Ich bitte, das zur Kenntnis zur nehmen.

Ich erteile als nächstem Redner Herrn Abgeordneten Nürnberger das Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der, der nicht unterschrieben hat, glaube ich!)

12.33

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Khol hat dem Hohen Haus mitgeteilt, dass Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu einer Sitzung der Sozialistischen Internationale fährt. Herr Abgeordneter Khol, das ist richtig. Abgeordneter Gusenbauer wird in wenigen Minuten den Plenarsaal verlassen.

Es gibt nur einen gravierenden Unterschied zwischen Ihrem Parteivorsitzenden Dr. Schüssel und meinem Parteivorsitzenden Dr. Gusenbauer: Nach unseren Informationen ist die Sitzung der EVP, der Europäischen Volkspartei, abgesagt worden, weil die Teilnehmer nicht mit Herrn Dr. Schüssel sprechen wollen. (Oje!-Rufe bei der SPÖ.) Bei der Sozialistischen Internationalen


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ist es so, dass bei Staatschefs wie zum Beispiel Tony Blair, Gerhard Schröder, Jospin Dr. Gusenbauer ein gern gesehener Gast und Gesprächspartner ist. (Beifall bei der SPÖ.) Ich darf dir, lieber Dr. Gusenbauer, zu deinen Gesprächen mit diesen Regierungschefs aus Europa im Interesse unseres Landes Österreich viel Erfolg wünschen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Grollitsch: Haben Sie zum Budget auch etwas zu sagen?)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt noch einen Unterschied: Wie ich den Zeitungen entnehmen musste, wie wir alle den Zeitungen entnehmen mussten, haben die Diplomaten sehr große Ängste, dass es beim Zusammentreffen des französischen Staatspräsidenten Chirac mit Dr. Schüssel zu einem Eklat kommen könnte. Das sind die Unterschiede in der Politik, im Stellenwert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Grollitsch: Was sollen diese Ausführungen? Was hat das mit dem Budget zu tun? Das sind Privatgespräche!)

Wenn Herr Dr. Schüssel hier von der Regierungsbank aus dem Hohen Haus berichtet hat, was für eine gute wirtschaftliche Lage, welch gute Situation es gibt, welche internationalen Konzerne in Österreich investieren, dann ist das richtig, und ich bin sehr froh darüber. Wenn ich allerdings die Rede des Herrn Khol – ich habe sehr aufmerksam zugehört – Revue passieren lasse, dann habe ich den Eindruck, dass er die letzten 13 Jahre nicht in der Regierung gewesen ist. Daher kann das alles, daher können die guten Voraussetzungen nur das Ergebnis der sozialdemokratischen Politik sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler war bei den Ausführungen des Herrn Öllinger nicht im Saale und konnte daher nicht hören, was dieser zu Coca Cola gesagt hat. Ich darf es daher wiederholen, Herr Bundeskanzler, und ich gebe Ihnen dann gerne auch die APA-Aussendung von gestern. Wahr ist bezüglich Coca Cola, dass im Jänner berichtet wurde, dass weltweit 6 000 ihrer 29 000 Mitarbeiter abgebaut werden. Abgebaut werden sie deswegen, weil der Jahresgewinn auf 34 Milliarden Schilling zurückgegangen ist. Da muss man Gewinnmaximierung betreiben, damit es halt wieder 40 oder 45 Milliarden Schilling werden. (Abg. Gaugg: Immer noch gescheiter als ein "Konsum"!)

Seit Freitag sind Tausende Beschäftigte bei Coca Cola im Warnstreik in Deutschland, in Westfalen, und wenn Sie glauben, Herr Bundeskanzler, dass diese Auswirkungen spurlos an Österreich vorübergehen, dann darf ich Ihnen die APA-Presseaussendung von gestern geben, worin den Gewerkschaften und Betriebsräten mitgeteilt worden ist, dass es zu – jetzt ist man auch da zu einer neuen Umschreibung gekommen, man sagt jetzt nicht mehr "Kündigungen" – Dienstverhältnisbeendigungen von 20 bis 30 Prozent der Beschäftigten in Österreich kommen wird.

Herr Bundeskanzler, ich darf Ihnen die APA-Presseaussendung zur Verfügung stellen (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie die "Konsum"-Aussendung auch?), und vielleicht können Sie wieder ein Gespräch mit Ihrem Freund von Coca Cola führen – ich habe leider seinen Namen vergessen –, und vielleicht können Sie diese Kündigungen verhindern. Dann hätten Sie einen Beitrag zur Sicherung der Beschäftigten geleistet. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Budget kommen. In der Budgetrede haben wir von sozialer Gerechtigkeit, sozialer Sicherheit, Reformen für die Arbeitnehmer gehört. Ich darf in Erinnerung rufen, dass ich in einer der letzten Sitzungen dem neuen Standortminister Dr. Bartenstein drei Fragen gestellt und ihm vorgeworfen beziehungsweise aufgezeigt habe, wo er sehr rasch einen Interessenkonflikt haben wird, wenn es darum geht, Belange der Arbeit, der Wirtschaft und gleichzeitig Belange der Arbeitnehmer zu vertreten, und ich habe ihn gefragt, auf welcher Seite er stehen wird.

Und wenn Herr Abgeordneter Khol heute von einem historischen Tag gesprochen hat, dann muss ich das unterstreichen, lieber Herr Klubobmann. Das ist wirklich ein historischer Tag, aber ein historischer Tag in dem Sinn, dass es eine Wende von einer sozialen Politik zu einer konservativen Politik gibt, die zu Lasten der Arbeiter, Angestellten, Beamten und Pensionisten in diesem Lande geht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme für mich in Anspruch (Abg. Kiss: Das sind Phrasen!)  – warte, was jetzt kommt –, und das bestätigen mir auch sehr prominente Arbeitgebervertreter in diesem Land: Klassenkämpferische Methoden habe ich mein ganzes Berufsleben und Funktionärsleben lang nie angewendet. (Abg. Kiss: Das sind Phrasen! Du bist ein Phrasendrescher!) Ich nehme für mich in Anspruch, ich war immer ein realpolitischer (Abg. Dr. Khol nickt)  – danke, du bestätigst es mir, Herr Klubobmann –, ich war immer ein realpolitischer Interessenvertreter. (Abg. Dr. Khol: Ja, das bestätige ich!)

Aber nun gehen wir einmal ins Detail! Ich berichte und zitiere aus einer Pressekonferenz des von mir angesprochenen Standortministers, Wirtschaftsministers, Sozialministers Bartenstein.

Erster Schritt – nur angekündigt –: Vorteile für die Unternehmen, für die Arbeitgeber. Urlaubsaliquotierung: 2,3 Milliarden, Entfall des Postensuchtages bei Selbstkündigung: 300 Millionen, Senkung des IESG-Beitrages: 3,2 Milliarden Schilling, Senkung des Unfallversicherungsbeitrages 1,7 Milliarden Schilling – wir werden kein Geld mehr haben für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit –, Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages: 1,2 Milliarden Schilling. Diese Beiträge werden uns fehlen.

Bei dieser Pressekonferenz ist also das Füllhorn über die Arbeitgeber auf Kosten der Arbeitnehmer ausgeschüttet worden.

Einige Worte auch zu der Argumentation: Wir schaffen Gerechtigkeit in der Arbeitswelt, wir verwirklichen jetzt, was zehn, fünfzehn Jahre nicht geschehen ist, die Aktion Fairness. (Abg. Ing. Westenthaler: Das machen wir jetzt! Warum haben Sie es nicht gemacht?)  – Also diese Art der Aktion Fairness hätten wir längst schon haben können, nur haben wir sie bewusst verhindert, Herr Abgeordneter Westenthaler. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum sind Sie gegen die Arbeitnehmer?) Und ich werde Ihnen auch sagen, warum wir sie verhindert haben: Beim Hauptproblem, bei den Kündigungsfristen, machen Sie ohnehin nichts; das haben Sie ausgeklammert. Bei der Angleichung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle hat es geheißen, sie müsse aufkommensneutral sein.

Damit hätte ich mich ja noch anfreunden können. (Abg. Ing. Westenthaler: 15 Jahre haben Sie es nicht gemacht!) Nun bringt aber die Urlaubsaliquotierung den Arbeitgebern 4,3 Milliarden Schilling (Abg. Ing. Westenthaler: Und was ist mit dem Krankenstand?), die Angleichung kostet 2 Milliarden Schilling, unterm Strich bleibt ein Körberlgeld aus den Taschen der Arbeitnehmer für die Arbeitgeber von 2,3 Milliarden Schilling übrig. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit dem Krankenstand?) Aus diesen Gründen haben wir es bisher verhindert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit dem Krankenstand? Wir haben einen besseren Krankenstand durchgesetzt!)

Der nächste große Trick kommt bei der Abfertigung. Auch das wird als riesengroße Reform und als ein Segen für die Arbeitnehmer in unserem Lande darzustellen versucht. Man sagt, es bekommen in Zukunft auch Arbeitnehmer eine Abfertigung, die bisher keine bekommen haben. Das ist richtig. Da es nach einem Jahr Betriebszugehörigkeit eine geben wird, ist das richtig. Aber – und jetzt kommt es! –: Für insgesamt 700 000 Beschäftigte in Saisonbetrieben, im Tourismusbereich, in der Fremdenverkehrswirtschaft, in der Bauwirtschaft, wo man dieses eine Jahr nicht erreicht, wird keine Regelung kommen. Also 700 000 fallen auch da in Zukunft durch den Rost. Wir hätten eine Regelung gewollt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist doch lächerlich, was Sie da sagen! – Abg. Gaugg: Außer für den Herrn Klima haben Sie für niemanden eine Abfertigung zusammengebracht!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute sagen: Abfertigung auch bei Selbstkündigung!, dann frage ich mich: Wer wird stärker sein – Minister Bartenstein oder der neue Wirtschaftskammerpräsident Dr. Leitl, der nämlich den Arbeitgebern im Wahlkampf verspricht: Keine Abfertigung bei Selbstkündigung!?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn sich die Wirtschaft in Zukunft 4 bis 5 Milliarden Schilling bei der Abfertigung erspart, dann muss mir jemand erklären, wie das zustande kommen kann. Man braucht nur Leitls Programm nachzulesen. (Der Redner hält ein Schriftstück


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in die Höhe.) Erstens einmal soll man das Kleingedruckte lesen, das heißt, man wird den Gesetzestext genau anschauen müssen. Maximal 25 Jahre Laufzeit einbezahlen, und mit 45 Lebensjahren ist es vorbei. Es wird in Zukunft jemand, der studiert, nie auf seine volle Abfertigung von 12 Monaten kommen. (Abg. Gaugg: Was hat die Gewerkschaft bis jetzt gemacht?) Das ist genau derselbe Trick, den Herr Abgeordneter Van der Bellen aufgezeigt hat, dass eine Frau mit 55 Jahren auf 45 Versicherungsjahre kommen kann. Das ist ein Taschenspielertrick. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber weil ich schon bei diesem Flugblatt des Herrn Leitl bin (der Redner hält neuerlich ein Schriftstück in die Höhe), darf ich Ihnen noch ein paar Schmankerl vorlesen. Damit sehen Sie, dass es zu einer gesellschaftspolitischen Verschiebung von Arbeitnehmern zu Arbeitgebern kommt. Was verspricht Herr Leitl? Strompreis: minus 40 Prozent für unsere Betriebe. Na, wer wird den Ausgleich zahlen? – Die privaten Haushalte werden mehr zahlen müssen. Weiters: Abschaffung der Arbeitsinspektorate, leichtere Auflösbarkeit von Lehrverträgen, Selbstveranlagung für Arbeitnehmer.

Und nun folgt ein ganz großes Schmankerl. Bitte wirklich aufpassen, was jetzt kommt! Jeder weiß, dass die Mindestpension, der Ausgleichszulagenrichtsatz in unserem Land 8 230 S beträgt. Da oben (der Redner blickt Richtung Galerie) sitzen viele Pensionisten, die ihre Pension kennen, die Durchschnittspensionen von 12 000, 13 000, 14 000 S haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und dann verlangt Herr Leitl eine Mindestpension für Unternehmer in Österreich von 20 000 S. Bei der Situation in der Pensionsversicherung, da wir doch wissen, dass die Selbständigen den höchsten Bundesanteil brauchen. Wer wird denn die 20 000 S für die Unternehmer-Mindestpension finanzieren? (Abg. Dr. Puttinger: Aber fordern darf er es schon!)

Jetzt unterstelle ich Herrn Leitl nicht, dass er das wegen der Bundeswirtschaftskammerwahl sagt. Er wird ja nicht auf Stimmenfang gehen, damit er die Wahlen gewinnt. (Abg. Dr. Puttinger: Aber fordern darf er es!) Er schreibt auch nicht, wir wollen das erreichen, sondern wir werden es erreichen, weil er sich sicher ist, dass diese Regierung und dieser Standortminister das durchsetzen werden. 20 000 S Mindestpension für die Arbeitgeber, und die ASVG-Pensionisten haben eine Ausgleichszulage von 8 230 S. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wollen Sie mir da jetzt noch sagen, dass ich Klassenkampf betreibe, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Zum Schluss noch ein Satz (Abg. Dr. Grollitsch: Ah, ist es schon aus?), weil das auch so schön in der Presseaussendung des Herrn Bartenstein steht. "Neben den Rahmenbedingungen ist das ‚An einem Strang ziehen‘ von Arbeitgebern und Arbeitnehmern" wichtig. (Abg. Dr. Grollitsch: Herr Präsident, was ist mit der Redezeit?) Herr Generalsekretär Stummvoll – unter Leitl wird er eh nicht mehr Generalsekretär sein – sagt auch immer wieder: Die Wirtschaft sind wir alle, wir sitzen alle in einem Boot. (Abg. Dr. Martin Graf: Redezeit!)

Dazu wiederhole ich das, was ich immer wieder gesagt habe und wozu ich mich bekenne. Ich bekenne mich dazu, ich bekenne mich wahrlich dazu – das habe ich auch x-mal bewiesen in meiner Tätigkeit als Gewerkschafter –: Wir sitzen sehr wohl alle in einem Boot. Ich sage auch immer wieder klar und deutlich: Der soziale Friede in unserem Land ist ein Standortvorteil, den wir uns nicht kaputtmachen sollen. Aber ich habe auch immer klar und deutlich gesagt – du nickst mit dem Kopf, lieber Andreas Khol (Abg. Dr. Khol: Ich bin auch Gewerkschafter! Ich bin Christgewerkschafter!)  –, eines wird es nicht geben: Das werden sich die Arbeitnehmer nicht gefallen lassen, dass, wenn wir gemeinsam in einem Boot sitzen, die einen rudern, die anderen auf dem Sonnendeck sitzen. Aber so, wie es jetzt ausschaut, rudern nur die Arbeitnehmer, und die Arbeitgeber sind auf dem Sonnendeck. Das werden sich die Arbeitnehmer dieses Landes nicht gefallen lassen! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

12.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer. – Bitte.

12.46

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Das ist eine ganz bemerkenswerte Art der Kindesweglegung, die von Seiten der SPÖ-Vertreter heute in ihren De


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battenbeiträgen zutage getreten ist. (Abg. Grabner: Da hinschauen! Zum Fernsehen schauen!) Wenn ich den Ausführungen des Kollegen Nürnberger oder vor allem jenen des Kollegen Edlinger folge, könnte man glauben, da sei plötzlich am 4. Februar aus dem Nichts ein riesiges schwarzes Budgetloch entstanden, das vorher nicht da gewesen ist. (Abg. Edlinger: Ein blaues!)

Sozialistische Finanzminister hat es 30 Jahre lang Ihrer Definition zufolge nie gegeben – und ich wünschte, dem wäre so gewesen. Tatsache ist jedoch: Die Bilanz von 30 Jahren sozialistischer Finanzminister ist, dass wir heute einen Rekordschuldenstand in unserem Lande haben. Sie wissen, Herr ehemaliger Finanzminister, dass sich die Staatsschulden allein in den letzten zehn Jahren von 800 auf 1 700 Milliarden Schilling erhöht haben. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Ihre Politik!) Wenn das der Konsolidierungskurs ist, auf den Sie so stolz sind, dann weiß ich nicht. Dieser "Konsolidierungskurs" – unter Anführungszeichen –, den Sie gegangen sind in den letzten Jahren, hat dazu geführt, dass jeder österreichische Bürger mit 220 000 S Schulden belastet ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Jessas na!) Pro Bürger in diesem Land! (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. ) Damit man auch einmal die Dimension versteht. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

Sie stellen sich heute hierher und sagen, es gehe Ihnen um die soziale Gerechtigkeit, um den sozialen Ausgleich, um die "kleinen" Leute. – Es wäre schön, wenn dem so wäre, Herr Kollege, nur: Das, was Sie in den letzten Jahren getan haben, war genau das Gegenteil. Wo haben Sie denn belastet? Wen haben Sie denn belastet? – Die Familien haben Sie belastet (Abg. Gradwohl: Tatsächlich?), die Pflegebedürftigen haben Sie belastet (Abg. Gradwohl: Tatsächlich?), die ASVG-Pensionisten haben Sie belastet. (Abg. Gradwohl: Tatsächlich?) Das waren die Belastungspakete der sozialistischen Finanzpolitik der letzten Jahre. (Abg. Gradwohl: Wer hat Ihnen denn diese Rede aufgeschrieben?) Milliarden!

Ich kann es Ihnen auch gerne vorrechnen, wenn Sie das hören möchten: 90 Milliarden Schilling zusätzliche Belastungen durch Ihre drei Belastungspakete, plus den Kürzungen im Sozialbereich, Herr Kollege. Das ist es, was Sie zu verantworten haben, und das sollten Sie auch einmal ehrlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist ein Erbe, das Sie nicht nur dieser Bundesregierung hinterlassen haben, sondern ein Erbe, das Sie von der SPÖ den Österreicherinnen und Österreichern hinterlassen haben und für das Sie die Verantwortung zu tragen haben. Deshalb wäre von Ihrer Seite her ein bisschen weniger Hochmut angebracht und ein bisschen mehr Selbstkritik und Bescheidenheit, wenn es um die Beurteilung ihrer Leistungen in der Vergangenheit geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Finanzminister Grasser hat in Rekordzeit ein Budget verhandelt, das das niedrigste Nettodefizit seit 1982 gebracht hat. Das niedrigste Nettodefizit seit 1982! Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. (Abg. Gaugg: Was sagt ihr dazu? Eure größte Sorge ist, dass ihr nichts bekommt!) Das ist ein Budget, das in erster Linie ausgabenseitig saniert, auch wenn Sie hundertmal das Gegenteil behaupten. Die Argumentation, die von Ihrer Seite verfolgt wird, ist ja wirklich sehr kurios, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Da hat man so irgendwie den Eindruck von einer kollektiven Amnesie, die Sie befallen hat, von einem gemeinschaftlichen Gedächtnisschwund, der da eingetreten ist. (Abg. Schieder: Herr Präsident! Das ist unerhört! Das ist ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Und alles, was in der Vergangenheit von Ihrer Seite getan und gesagt wurde, gilt plötzlich nicht mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Aufregung verstehe ich schon. Das ist das schlechte Gewissen, das hätte ich an Ihrer Stelle auch. Aber wir können das ja ganz klar an Fakten festmachen. Wir brauchen nur zu vergleichen, was passiert wäre, wenn der Finanzminister heute nicht Karl-Heinz Grasser, sondern Rudolf Edlinger hieße. Wie würden wir denn dastehen, worüber würden wir diskutieren? Da brauchen wir auch gar nicht unsere Phantasie anzustrengen, sondern das ist alles schwarz auf weiß nachzulesen in dem von Ihnen ausverhandelten Regierungsprogramm, das Sie dann letztendlich


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nicht umgesetzt haben. Da steht das ja alles schwarz auf weiß drinnen, da kann man auch sehen, was geplant war. (Abg. Edlinger: Weniger Steuererhöhungen! Steuererhöhungen würde es nicht geben!)

Edlinger-Plan Nummer 1 war die Anhebung des Pensionsalters um zwei Jahre für alle, unterschiedslos für jeden Pensionisten. (Abg. Edlinger: Falsch!) Kein Wort von Garantie für die bestehenden Pensionen. (Abg. Edlinger: Falsch!) Das ist eben der Unterschied zu dieser Bundesregierung. Diese Bundesregierung garantiert, dass es keine Eingriffe in bestehende Pensionen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Wir hätten eine zehnjährige Übergangsfrist vorgesehen!)

Diese Bundesregierung garantiert, dass jene, die lange gearbeitet haben, die 45 Beitragsjahre haben, ohne Abschläge auch weiterhin vorzeitig in Pension gehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Da müssten Zehnjährige schon arbeiten!) Sie sagen das, Herr Kollege Edlinger, weil Sie sich entweder weigern, dieses Regierungsprogramm zu lesen, oder weil Sie wider besseres Wissen etwas Falsches behaupten. (Abg. Dietachmayr: Mit zehn Jahren! Kinderarbeit ist das! Können Sie nicht rechnen?) Wenn Sie unser Regierungsprogramm gelesen hätten, wüssten Sie, dass wir darin festgelegt haben, dass für Frauen die Kindererziehungszeiten als pensionsbegründend anzurechnen sind. Das ist daher selbstverständlich eine sehr frauenfreundliche Lösung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist nämlich soziale Gerechtigkeit – zum Unterschied von dem, was Sie vorgehabt haben.

Edlinger-Plan Nummer 2 war, die Kürzung der Karenzzeit beizubehalten. Diese Regierung macht etwas anderes: Wir haben das Kinderbetreuungsgeld, das Karenzgeld für Frauen auf zwei Jahre erhöht (Abg. Edlinger: Wann?) und für einen Partner auf ein weiteres Jahr. (Abg. Edlinger: Wann?) Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Edlinger-Plan Nummer 3 war die Erhöhung der Mineralölsteuer mit einer riesigen Belastung für sämtliche Autofahrer und speziell für die Pendler. (Abg. Edler: Und was ist jetzt?) Was ist jetzt? – Das kann ich Ihnen sagen: Die Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer, Herr Kollege, ist nur ein winziger Bruchteil von dem, was Herr Edlinger ursprünglich vorgehabt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edler: Eine Verdoppelung!)

Diese Liste der edlingerischen Belastungspläne ließe sich ja noch endlos fortsetzen. Und daran ändern alle Ihre krampfhaften Versuche, das jetzt zu verleugnen, nichts, denn das ist ja alles nachzulesen.

Die Bundesregierung hat, Herr Kollege Nürnberger – er ist jetzt schon gegangen (Abg. Ing. Westenthaler: Geflüchtet!), weil er sich ja gar nicht auseinander setzen will mit dem, was er selber gesagt hat –, die Aktion Fairness durchgesetzt, die Sie 30 Jahre lang diskutiert und nicht gemacht haben. 30 Jahre reden Sie darüber, Arbeiter und Angestellte bei der Entgeltfortzahlung zum Beispiel im Krankheitsfall gleichzustellen, aber Sie haben es nicht getan.

Da muss man schon einmal die Frage stellen: Warum haben Sie es nicht getan? Ist vielleicht das Motiv des Herrn Nürnberger, der jetzt sicherheitshalber den Saal verlassen hat, dass es da ja auch um Posten geht? Zum Beispiel für Herrn Sallmutter als Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten? Warum ist denn das nicht gelungen? Warum hat denn die Gewerkschaft in diesen Bereichen nicht gehandelt und das durchgesetzt, was wir jetzt getan haben?

Wo war denn, Herr Kollege Edlinger, Ihre Initiative zur Strompreissenkung? Wo wäre denn die gewesen? (Abg. Edlinger: Sie haben erhöht!) Wenn wir Ihren Plänen gefolgt wären, hätten alle klein- und mittelständischen Unternehmen und alle privaten Haushalte in diesem Land bis zum Jahre 2003 die volle Belastung bei den Strompreisen gehabt. (Abg. Edlinger: Sie haben die Strompreise erhöht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal das wissen Sie! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.) Diese Regierung hat die Liberalisierung auf dem Strommarkt vorgezogen, was dazu führt, dass private Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen niedrigere, und zwar deutlich niedrigere Strompreise zahlen müssen als bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Meine Damen und Herren! Ich bitte, von Dauerzwischenrufen abzusehen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Das ist ein starkes Stück!)

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer (fortsetzend): Wie das geht, meine Damen und Herren, haben wir Ihnen ja auch in Kärnten vorgezeigt, wo es jetzt in einem Jahr unter Landeshauptmann Jörg Haider schon die zweite Strompreissenkung um 40 Groschen gibt. Das ist eine Entlastung für die Betriebe, für die kleinen Unternehmen von 21 000 S im Jahr. Das können Sie alles nachprüfen.

Wo wäre denn Ihre Initiative gewesen, Herr Kollege Edlinger und Genossen, zur Mietensenkung? Wo hätten Sie denn zur Mietensenkung eine Initiative gesetzt? Diese Bundesregierung hat durchgesetzt, dass es bei befristeten Mietverträgen eine Mietensenkung geben wird. (Abg. Edlinger: Sie machen keine! Sie brechen die Verträge! – Weitere Zwischenrufe.) Herr Präsident! – Ich meine, ich weiß schon, dass Sie das nicht gerne hören, aber Sie werden es sich trotzdem nicht ersparen können, sich das anzuhören, weil es einfach Fakten sind. (Abg. Edlinger: Falsche Fakten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler  in Richtung SPÖ –: Ihr seid da nicht auf dem Fußballplatz, sondern im Parlament!)

Diese Bundesregierung hat durchgesetzt, dass es bei befristeten Mietverträgen eine Mietensenkung um 25 Prozent gibt, dass es zu einer deutlichen Entlastung der Betriebskosten für alle Mieter kommt, indem zum Beispiel keine fiktiven Hausbesorgerkosten mehr verrechnet werden können. Wo war denn Ihr Aufschrei dagegen, dass fiktive, gar nicht existierende Hausbesorgerwohnungen in Mietkosten hineingerechnet werden können? Wo war denn da die SPÖ, um dafür zu sorgen, dass diese Belastungen der kleinen Leute zurückgenommen werden? – Nichts haben Sie getan in diesem Bereich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Egal, wie nachhaltig und laut Sie da jetzt Zwischenrufe machen, es ändert nichts daran, dass Ihre Behauptungen unwahr sind. Es ist auch unwahr, wenn Sie behaupten, wie das jetzt auf Flugblättern der Fraktion sozialistischer Gewerkschafter passiert, diese Bundesregierung würde das 13. und 14. Monatsgehalt antasten. – Überhaupt keine Rede davon! Das ist eine reine Erfindung, eine Falschbehauptung, die nur dazu dienen soll, die Bevölkerung zu verunsichern. Sie machen das wider besseres Wissen und mit Absicht. Das muss man hier einmal klarstellen, dass das einfach falsch ist, dass das unrichtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat in sechs Wochen mehr weitergebracht als Sie in Jahren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist etwas, das nicht ich sage, das können Sie nachlesen. Herr Kollege Gusenbauer zitiert Medien und hat darauf hingewiesen, man soll das genau lesen. Dann lesen Sie zum Beispiel auch das "WirtschaftsBlatt" genau, das gestern geschrieben hat:

"Die wichtigste Nachricht lautet: Österreichs Regierung arbeitet. Es gibt ein Budget; einschneidende Sparmaßnahmen ... sind so gestaltet, dass ein weiterer Wirtschaftsaufschwung als allerwichtigster Garant künftiger Wohlfahrt gefördert und nicht behindert wird." (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das "WirtschaftsBlatt" richtet im selben Artikel aber auch einen Appell an die Oppositionsparteien, den ich hier auch nicht ungesagt lassen möchte, nämlich dass es beunruhigend lange dauert, bis sich die Oppositionsparteien darauf besinnen, dass es einen Mindeststandard österreichischer Selbstachtung gibt, auch was die ungerechtfertigten, überzogenen und dem EU-Vertrag widersprechenden EU-Maßnahmen betrifft.

Beunruhigend lang brauchen Sie wirklich, um zwischen Parteiinteressen und Landesinteressen zu unterscheiden, beunruhigend lange, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und die Schalmeientöne Ihres designierten Vorsitzenden Gusenbauer beim Herrn Bundespräsidenten sind unglaubwürdig, solange zwischen den Worten und Taten nicht nur Gräben, sondern Schluchten klaffen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kräuter: Und was ist mit den Worten von Haider?)


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Man muss sich vor Augen halten, dass es erst wenige Tage her ist, dass die Mitglieder der SPÖ-Delegation zum Europäischen Parlament einer Resolution zugestimmt haben, die die EU-Sanktionen gegen Österreich begrüßt, und dass der Delegationsleiter Swoboda dann noch einen Brief an alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments geschrieben hat, in dem er sich für die Unterstützung gegen Österreich bedankt. (Abg. Ing. Westenthaler: Stellen Sie sich das vor! Das ist ungeheuerlich! Das ist unglaublich! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Dazu muss ich Ihnen sagen, dass das eine ungeheuerliche Vorgangsweise ist.

Herr Swoboda hat es ja gestern wiederholt. Er hat gesagt, eine Normalisierung wäre das Schlimmste für das Land. Was ist denn dann die Alternative, Herr Kollege Schieder? Ein Ausnahmezustand in diesem Land (Abg. Schieder: Das hat er nicht getan! Das ist nicht richtig!), solange die SPÖ nicht in der Regierung ist? Wollen Sie das, Herr Kollege Schieder? (Abg. Schieder: Das stimmt nicht, was Sie da sagen!) Wenn nicht, dann sagen Sie das einmal klar, dann brauchen wir klare Worte – nicht nur von Ihnen, sondern auch von Herrn Kollegen Gusenbauer –, ob Sie die Auffassung des Kollegen Swoboda teilen, dass Sie diese Sanktionen begrüßen und dass eine Normalisierung für dieses Land schlecht wäre. (Abg. Mag. Trattner: Was ist jetzt? Jetzt genieren Sie sich dafür, Herr Schieder!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass meiner Meinung nach jeder Redner ein Recht darauf hat, gehört zu werden!

Ich glaube weiters, dass gerade eine Budgetdebatte ein Anlass ist, der die Möglichkeit bietet, besondere Sachlichkeit in den Ausführungen walten zu lassen. (Abg. Schwemlein: Aber keine Polemik von der Regierungsbank!) Das gilt für die Regierungsbank selbstverständlich genauso wie für alle Abgeordneten.

Ich bitte Sie, das im Fortgang dieser Diskussion zu berücksichtigen. Ich glaube, dass es kein gutes Bild dieses Hauses abgibt, wenn eine Rede ständig durch Zwischenrufe unterbrochen wird. (Abg. Schwemlein: Dann sorgen Sie dafür! Aber nicht nur einseitig!)

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer (fortsetzend): Mein Appell an Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, lautet: Betreiben Sie hier kein doppeltes Spiel! (Abg. Dr. Petrovic: Das geben wir Ihnen gerne zurück!) Betreiben Sie hier kein doppeltes Spiel, denn die Sanktionen gegen Österreich sind Sanktionen gegen dieses Land und seine Menschen! Sie können in dem Fall nicht zwischen der Bundesregierung und Österreich unterscheiden. Auffallend ist eben auch, dass es einen sehr engen zeitlichen Zusammenhang von Auslandsreisen von gewissen Oppositionsvertretern und entsprechenden Stellungnahmen, die dann aus dem Ausland über Österreich erfolgen, gibt.

Sie haben gesagt, meine Damen und Herren von der SPÖ (Zwischenruf des Abg. Schwemlein ), und auch Herr Kollege Van der Bellen hat gesagt, Sie wollen keine Anti-Österreich-Parteien sein. – Wenn Sie das nicht wollen (Zwischenruf des Abg. Edler ), dann müssen Sie klar für dieses Land auch im Ausland Position beziehen und Stellung nehmen. (Abg. Edler: Wir haben dieses Land verteidigt! Lernen Sie Geschichte!) Zu diesem Umdenken fordere ich Sie auf, denn solange Sie das nicht tun, können wir Ihnen diesen Vorwurf nicht ersparen. (Lang anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.01

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist bezeichnend, dass sich diese Regierung – oder zumindest ein Teil dieser Regierung – nicht mit den eigenen Maßnahmen beschäftigt, sondern sich in billiger, in sehr billiger Polemik ergeht. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist das für ein Geschäftsordnungsbeitrag? Zur Geschäftsord


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nung!) Bei dieser billigen Polemik werden Beleidigungen, werden auch ordnungsrufwürdige Formulierungen verwendet.

Die Frau Vizekanzlerin hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich an uns gerichtet den Begriff "kollektive Amnesie" verwendet.

Herr Präsident! Sie wissen, dass von Herrn Präsidenten Prinzhorn für diesen Ausdruck in einer der letzten Sitzungen ein Ordnungsruf erteilt wurde. Ich verlange daher in aller Form zumindest für diese Äußerung der Frau Vizekanzlerin einen Ordnungsruf. Darüber hinaus muss ich ganz offen sagen: Gegen Lügen von der Regierungsbank ist die Opposition machtlos. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Jetzt ist er fällig!)

13.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es liegen weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung vor.

Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

13.02

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich glaube, dass es bisher nicht üblich war, in einer Art Geschäftsordnungsdebatte Anregungen zu Ordnungsrufen zu machen. Es wurde kein Antrag zur Geschäftsbehandlung gestellt, und das war auch keine Frage der Geschäftsbehandlung, sondern es war die Anregung, einen Ordnungsruf zu erteilen. Das ist in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Entscheidung darüber liegt bei Ihnen, Herr Präsident. Wir haben volles Vertrauen in Sie, Herr Präsident! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, das glaube ich! Parteilichkeit der ...! – Ruf bei den Freiheitlichen: Warum so rabiat?)

13.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung zur Geschäftsordnung: Herr Klubobmann Westenthaler.

13.03

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich sehe es auch so, dass hier immer wieder versucht wird, zur Geschäftsordnung mit Zwischenrufen per Mikrophon aus dem Saal die Diskussion entsprechend zu manipulieren.

Wenn sich hier jetzt jemand selbst einen Ordnungsruf auferlegt hat, dann war es Herr Klubobmann Kostelka, der laut – das wurde von allen gehört – von "Lügen von der Regierungsbank" gesprochen hat. Ich verlange daher einen Ordnungsruf für Klubobmann Kostelka. Das wäre geschäftsordnungskonform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

13.03

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche um eine Gesamtanalyse der Vorsitzführung der heutigen Sitzung in der nächsten Präsidiale, und zwar insbesondere dahin gehend, bei welchen Redebeiträgen der Präsident darauf geachtet hat, dass der Geräuschpegel im Saal nicht allzu hoch ist, und bei welchen er dies nicht getan hat.

Ich verwahre mich dagegen, dass zwar die Mitglieder der Bundesregierung sowie Rednerinnen und Redner von den Regierungsfraktionen in dieser Art und Weise geschützt werden, die anderen aber nicht. (Beifall bei den Grünen.)

13.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Erstens gehen wir jetzt, so glaube ich, zu einer friedlicheren Phase der Diskussion über, weil anscheinend die Direktübertragung im


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Fernsehen nicht ganz ohne Wirkung auf die Befindlichkeit von uns allen ist – um es neutral zu formulieren.

Zweitens wissen Sie, dass ich eben erst vor zwei Minuten den Vorsitz von Herrn Präsidenten Dr. Fasslabend übernommen habe. (Abg. Ing. Westenthaler: "Lüge" war hörbar!) Ich habe die vorangegangenen zwei Stunden der Debatte nicht mit jener Genauigkeit beobachtet, weil ich eine Delegation in meinem Büro empfangen habe, sodass ich jetzt ad hoc keine Entscheidungen treffen möchte.

Mehrmals ist heute schon darum gebeten worden, bestimmte Angelegenheiten gemeinsam in der Präsidiale zu diskutieren. Dort haben wir immer ein ordentliches Arbeitsklima, und dort werden wir auch die genannten Dinge diskutieren.

Ich würde bitten, dass wir jetzt mit der Debatte fortfahren. (Abg. Ing. Westenthaler: "Lüge" haben Sie nicht gehört?) Ich werde mir das alles durch den Kopf gehen lassen. Herr Präsident Dr. Fasslabend wird das Gleiche tun.

Es sind zwei Verlangen auf Ordnungsrufe gestellt worden. Ich bin diesbezüglich gegen irgendwelche – unter Anführungszeichen – "Proporzlösungen" zur allgemeinen Befriedigung, einmal auf der einen, einmal auf der anderen Seite. Ich möchte mir das überlegen.

Ich frage Herrn Kollegen Dr. Fasslabend: Haben Sie eine Entscheidung getroffen, dass tatsächliche Berichtigungen später erfolgen? (Abg. Dr. Fasslabend: Nein!) – Nein.

Dann erhält Herr Abgeordneter Eder das Wort für eine tatsächliche Berichtigung.  – Ich bitte Sie, sehr exakt zu sein. (Abg. Dr. Martin Graf: Herr Präsident! Angekündigt ist es!)

13.06

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Vizekanzler Riess-Passer hat in ihrem Redebeitrag behauptet, dass die Regierung eine Mietensenkung in der Höhe von 25 Prozent plant. – Wenn ich das Pressepapier "Schüssel/Riess-Passer" zur Hand nehme, dann ist zu erkennen (Abg. Mag. Haupt: Das ist aber keine Berichtigung!), dass das falsch ist. Das ist falsch.

Richtig ist vielmehr, dass in diesem Pressepapier steht: Einheitlich 25 Prozent weniger Miete für befristete Mietverträge und nicht für alle Mietverträge. (Abg. Aumayr: Das hat sie nicht gesagt!)  – Sie haben nur "Mietverträge" gesagt. (Abg. Ing. Westenthaler: Er berichtigt etwas, was die Regierung plant!)

Zum Zweiten ist es falsch, wenn man diesbezüglich von einer Verbilligung spricht, denn es ist bereits bestehendes Recht, dass bei befristeten Mietverträgen 30 Prozent abgeschlagen werden müssen, und ich glaube, das ist höher als 25 Prozent. Daher handelt es sich nicht um eine Verbilligung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat jetzt das Wort für 10 Minuten. (Abg. Ing. Westenthaler: Da flüchtet die SPÖ, wenn der Gaugg spricht! Das ist klar!)

13.07

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Der Redebeitrag des geschäftsführenden Klubobmannes Kostelka war geradezu abenteuerlich. Er fordert zu konstruktiver Arbeit auf. – Dazu muss ich sagen: Die SPÖ-Fraktion sollte endlich einmal ihre parteipolitische Trauerarbeit beenden und konstruktive Beiträge leisten, um in dieser Republik dazu überzugehen, Verantwortung mitzutragen, und zwar im Interesse der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Gusenbauer, Edlinger und andere ständig die Sorgen des so genannten kleinen Mannes mit sich herumtragen, dann muss ich Sie einmal fragen, welchen "kleinen Mann" Sie eigentlich


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meinen. (Abg. Mag. Wurm: "Kleine" Frauen gibt es auch!) Meinen Sie jenen kleinen Mann, den Sie seit Jahren im Regen stehen lassen? Ist es jener kleine Mann, für den Sie Kollektivvertragsbedingungen vereinbaren, die menschenunwürdig sind? Meinen Sie jenen kleinen Mann und jene kleine Frau, deren Gleichbehandlung in den letzten Jahren keinen Millimeter weitergekommen ist? Meinen Sie den kleinen Mann als Mindestrentner, der erst durch Ausgleichszulagen überhaupt ein Einkommen bezieht und Ähnliches mehr? Meinen Sie mit "kleiner Mann" jene 100 000 kollektivvertragslosen Arbeitnehmer in Österreich?

Was meinen Sie mit "kleiner Mann"? (Abg. Jäger: Frau!) Oder meinen Sie mit "kleiner Mann" den Landesschulrats-Vizepräsidenten Würschl in Kärnten, der zur Unterstützung des Alt- und Neu-Obmannes Ambrozy jetzt in das Landesparteisekretariat gewechselt hat? Und die SPÖ hat nichts anderes zu tun, als diesen unnötigen Posten des Landesschulrats-Vizepräsidenten in Kärnten wieder durch heftigste parteipolitische Machtspiele nachzubesetzen.

Sie sehen es als Ihre Aufgabe an, Funktionärsparadiese zu schaffen, aber den von Ihnen in den Mund genommenen "kleinen Mann" haben Sie schon vor Jahren vergessen – und er Sie auch bei den Wahlen (Beifall bei den Freiheitlichen), sonst müssten Sie nicht bei jeder Wahl Verluste hinnehmen.

Der Mittelpunkt Ihres politischen Handelns war und ist Freunderlwirtschaft, Proporz und Parteipolitik, denn nicht anders ist es zu erklären, dass es zu einer Resolution wie jener der Bundesarbeitskammer kommt: Arbeit schaffen statt Arbeitnehmer belasten. – Großartig! Eine weitere perfekte Selbstanklage! Da steht zu lesen: Trotz der guten Wirtschaftslage leben Hunderttausende Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze.

Gratuliere! 30 Jahre Sozialpolitik sozialdemokratischer Parteien! Ich kann Ihnen dazu wirklich nur gratulieren. Und das geht so weiter. Haben Sie denn kein schlechtes Gewissen gegenüber jenen Menschen, die Sie vorgeben zu vertreten? (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Gehen Sie in sich und denken Sie einmal daran, was Sie für Textil verarbeitende Mitarbeiter, für Leder verarbeitende Mitarbeiter in den Betrieben, für Bewachungspersonal mit 64 S Lohn pro Stunde tun!

Oder wenn es heißt: Der Arbeitsmarkt für Ältere muss aufgebaut werden. – Da frage ich mich: Wo war denn die Sozialdemokratie in den letzten Jahren? Wo war der Herr Edlinger mit seinem Budget, der immer behauptet hat, das sei alles so punktgenau und hervorragend? – Obwohl die OECD schon vor eineinhalb Jahren vor dem Budgetdesaster gewarnt hat, hat er das immer abgetan, als ob es nicht stattgefunden hätte und Ähnliches mehr.

Bemerkenswert ist auch die Plakatwut, die sich derzeit im Zuge der Arbeiterkammerwahlen in Österreich abspielt. In Wien finden die Wahlen erst im Mai statt. Da werden die Plakate quasi wieder blühen, 16-Bogen-Plakate alle 300 Meter, so als ob sich Fürsten vorstellen würden, die neu in das Land einziehen. Weil sie nämlich sonst kein Mensch kennt, müssen Sie zur Waffe des Plakates greifen. Damit werden Beiträge der Arbeitnehmer in dieser Republik für eine Plakatserie vergeudet, die jedem schon zuwider ist, die den Menschen beim Hals heraushängt, weil Sie nämlich nicht für die Interessen Ihrer Mitglieder werben, sondern ausschließlich auf die Machterhaltung Ihres Apparates und Ihrer Positionen bedacht sind.

Sie wissen, dass das auch in vielen anderen Bereichen so stattfindet, denn der Machtverlust, den Sie in den letzten Wochen erlitten haben, scheint Sie wirklich derart zu schmerzen, dass Sie sich permanent auf dem Kriegspfad befinden.

Wir sind es, die jetzt Vergangenheitsbewältigung bezüglich des Budgets betreiben müssen. Wir sind es, die sanieren müssen. Wir sind es, die Ihre Frühpensionistenwelle, die Sie akzeptiert und teilweise unterstützt haben, wieder sanieren müssen. Ich sage nur: OMV, Bundesforste und andere Betriebe. Sie wissen das ganz genau. Dort wurden die älteren Mitarbeiter reihenweise in Pension geschickt, in den so genannten – vornehm ausgedrückt – Vorruhestand.

Und weil diesbezüglich auch immer betont wurde, man werde zu einer neuen Regelung kommen: Was sagen Sie dazu? Nicht derjenige, der 45 Jahre lang auf einer Baustelle gear


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beitet hat, ist das Problem der Pensionsversicherungen, sondern jene gut verdienenden Mitarbeiter der OMV, der Post und anderer Bereiche, die durch Ihr System in die Frühpension getrieben werden. Sie haben nämlich auch die Unternehmen sich nicht so entwickeln lassen, wie es notwendig gewesen wäre.

Nur ein Beispiel betreffend Ihre Schalmeienklänge, was die Telekom anlangt. Wäre die Telekom schon vor Jahren aus Ihren Klauen entlassen worden, läge dieses Unternehmen im Firmenwert drei- bis viermal höher. Das wollen Sie aber nicht zur Kenntnis nehmen, weil Ihre Gewerkschaftsfunktionäre dort eben weniger Einfluss genießen. Diesbezüglich gab es von Nürnberger nur eine kurze Wortspende, dann ging er wieder aus dem Saal. Verzetnitsch war gestern nicht da, ist heute nicht da. Ihn kümmert der österreichische Arbeitnehmer ja überhaupt nicht. Ihn kümmert ausschließlich seine eigene Funktion und die Machterhaltung. Auch wenn man im 1. Bezirk in einem Penthouse der BAWAG wohnt, ist es offensichtlich schwierig, die Funktion eines Abgeordneten wahrzunehmen, daneben Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes mit einer satten Gage zu sein, von der viele Arbeitnehmer nur träumen können, und außerdem noch Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes zu sein und Ähnliches mehr.

Schluss damit! Schluss mit lustig! Die SPÖ soll zur Kenntnis nehmen, dass sie mit ihrer Form der Sozialpolitik gescheitert ist. Das war auch der Grund für die Absage der Wähler an Sie. Sie glauben, dass Sie mit "Moskau-Rot" in Ihren neuen Plakaten wieder dafür werben können, dass man endlich zu den Wurzeln zurückkehren soll, so wie der designierte Parteivorsitzende. Stichwort: Moskauer Heimaterde, Schatten der Moskauer Heimaterde oder so ähnlich. Die Idee dahinter war vielleicht, dass Moskau nach Brüssel verlagert wird. Da wurde Ihnen jetzt ein Strich durch die Rechnung gemacht, weil auch andere Mehrheiten in einer Demokratie möglich sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Darf ich nur für das Protokoll anmerken: Es sind acht SPÖ-Abgeordnete da!)  – 8 SPÖ-Abgeordnete.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaugg! Wenn wir schon bei Protokollanmerkungen sind, würde ich bitten, nicht "aus Ihren Klauen" in Richtung einer Partei oder bezogen auf Abgeordnete dieses Hauses zu sagen. – Nur damit alles im Protokoll steht.

Jetzt setzen Sie bitte fort!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Der ÖGB ... (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Völliges Desinteresse!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaugg ist jetzt am Wort!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Der ÖGB versucht nunmehr, mit klassenkämpferischen Ideen zu punkten. Aber das ist leicht durchschaubar. Wenn in einem Papier, das der ÖGB herausbringt, steht: Wir fordern jetzt die Eintreibung der Steuerrückstände von Unternehmen in Höhe von 34 Milliarden Schilling!, kann ich nur sagen: Großartig! Jetzt frage ich Sie: Wer war denn bis 4. Februar 2000 Finanzminister? – Lauter Sozialisten, lauter SPÖler. Wie konnten diese es zulassen, dass sich ein Steuerrückstand von 34 Milliarden Schilling auf Kosten der heimischen Steuerzahler, auf Kosten der heimischen Arbeitnehmer anhäuft? Wie kann es passieren, dass man im Jahre 2000 noch immer von einer Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten reden muss? – Sie haben versagt! Sie hatten jahrelang dafür Zeit. Sie hätten das alles schon vollziehen können. Sie hätten das Grundgerüst einer ordentlichen Beschäftigung längst erstellen können.

Sie aber haben bei Betriebsversammlungen, in deren Rahmen die Unternehmen an den Rand des Ruins getrieben wurden, immer nur eine zum Teil fürchterliche Politik betrieben. Sie wollten nur Einfluss in den Unternehmen haben. Das hat man bei der Verstaatlichten gesehen. Der Arbeitnehmer war Ihnen völlig egal. Sie haben darauf vergessen, dass wir im Jahre 2000 leben, in die Zukunft schauen sollen und dass wir es sind, die zum ersten Mal die Abfertigung für alle Arbeitnehmer einführen, und zwar auch bei Selbstkündigung. Das haben Sie über Jahre hinweg versäumt, und jetzt tut es Ihnen weh, dass es eine andere Partei ist, die das einführt.


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Wir haben die Harmonisierung in der Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten erreicht. Wo waren Sie denn? – Nicht einen Millimeter sind Sie weitergekommen, nicht einen einzigen Millimeter!

Wir sind es, die die Ruhensbestimmungen aufheben, sodass es auch für ältere Menschen die Möglichkeit gibt, weiter beschäftigt zu bleiben.

Ihre Politik in den letzten Jahren in dieser Republik war es, Armut trotz Arbeit herbeizuführen. Damit ist jetzt Schluss! Wir sorgen dafür, dass die Menschen sichere Arbeitsplätze, sichere und gute Einkommen haben – ohne parteipolitischen ÖGB-Einfluss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

13.17

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Nürnberger hat angekündigt, dass der designierte Parteivorsitzende Gusenbauer zur Sozialistischen Internationale fährt. Somit ist Sorge angebracht, denn es besteht der Verdacht, dass er, so wie Swoboda, sozusagen die europäischen sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien in ihrem Widerstand gegen Österreich noch bestärken wird. Deshalb wäre es besser gewesen, er wäre hier bei der Budgetdebatte geblieben. Damit wäre Österreich wahrscheinlich ein besserer Dienst erwiesen worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben in Österreich relativ gute Wirtschaftsdaten. (Abg. Schwemlein: Ja warum?) Wir liegen hinsichtlich der Arbeitslosenrate im unteren Viertel der europäischen Länder. Wir sind auch bei der Inflationsrate im unteren Viertel der 15 EU-Länder zu finden. (Abg. Schwemlein: Das wissen wir!) Wir haben ein gutes Wirtschaftswachstum in Österreich, mit dem wir über dem Durchschnitt der europäischen Länder liegen, aber wir haben ein Budgetproblem. In diesem Punkt sind wir auf die letzte Stelle aller 15 EU-Staaten abgesunken. Und aus diesem Grund ist es das vorrangige Ziel, das Budget wieder in Ordnung zu bringen.

Der ehemalige Minister Edlinger hat immer von seiner Punktgenauigkeit gesprochen. Diesbezüglich muss man jetzt sagen, das punktgenaue Edlinger-Budget hätte ein Budgetdefizit in der Höhe von 109 Milliarden Schilling verursacht – doppelt so viel, als es der Stabilitätspakt der 15 EU-Länder erlaubt. (Abg. Dr. Petrovic: "Wie"! Nicht "als"!)

Das heißt, es sind in erster Linie Einsparungsmaßnahmen zu treffen. Da mit dem Budget 2000 aber auch die beschlossene Steuerreform umgesetzt werden muss, heißt das aber auch, dass wir in diesem Budget 30 Milliarden Schilling an zusätzlichen Familienleistungen beziehungsweise weniger Lohnsteuer vom österreichischen Steuerzahler verpackt haben. Deshalb ist das auch – das ist schon erwähnt worden – ein Budget mit sozialer Gerechtigkeit.

Die Lohnsteuereinnahmen sind – das ist aus der Beilage zur gestrigen Budgetrede ersichtlich – von 204 Milliarden auf 193 Milliarden Schilling gesunken. Gleichzeitig sind allerdings die Körperschaftsteuer von 44,6 auf 48 Milliarden Schilling und die Einkommensteuer von 39,8 auf 41 Milliarden Schilling gestiegen. Das heißt, Betriebe und Selbständige bezahlen mehr Steuern, aber die Arbeitnehmer werden steuerlich entlastet, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.  – Abg. Leikam: So kann nur ein Bauer reden!) Deshalb ist das ein Budget der sozialen Gerechtigkeit und ein Budget der Besserstellung für Familien. (Abg. Schwemlein: Er versteht nichts davon!)

Meine sehr geschätzten Herren Abgeordneten! Es gab im Jahre 1992 insgesamt noch 1 850 000 Kinder, für die Familienbeihilfe bezahlt wurde. Sieben Jahre später, im Jahre 1999, waren es nur noch 1 700 000 Kinder. Das heißt, dass hier ein Spielraum entsteht und dass diesbezüglich auch Handlungsbedarf besteht, zumindest die materiellen Voraussetzungen für Familien zu verbessern. (Abg. Schwemlein: Mit der Rede kannst du nicht angeben!) Wenn es inner


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halb von sieben Jahren um 150 000 Kinder weniger gibt, bedeutet das, dass es innerhalb von 30 Jahren vielleicht 500 000 sein werden, die dann dem aktiven Erwerbsleben nicht zur Verfügung stehen. Und die Zahl der Pensionisten wird steigen, weil – Gott sei Dank! – die Österreicher immer älter werden. Das heißt, auch hinsichtlich dieser Bevölkerungsentwicklung haben wir Maßnahmen zu setzen. (Abg. Schwemlein: Mit der Rede kannst du keine Presseaussendung machen!)

Herr Abgeordneter Schwemlein! Wenn eine Familie mit drei Kindern im Jahre 2000 um 22 800 S mehr an Familienbeihilfe und Absetzbeträgen ausbezahlt bekommt als im Jahre 1998 (Abg. Schwemlein: Das ist für Frauen interessant ...! – Zwischenruf der Abg. Silhavy ), so ist damit ein wesentlicher Schritt gesetzt worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Man muss schon auch in der Steuergesetzgebung daran denken, dass es in Österreich auch Familien mit drei und mehr Kindern und nicht nur Singles und kinderlose Familien gibt. (Abg. Schwemlein: Die Entscheidung trifft die Frau!) Unser Pensionsvertrag ist ein Generationenvertrag, und eine Familie mit drei oder vier Kindern leistet für diesen Generationenvertrag mehr als ein Single, der zwar vielleicht 40 Jahre lang Pensionsbeiträge eingezahlt hat, aber dann, wenn er in Pension geht, quasi keine Nachfolger hat, die für ihn die Beiträge leisten.

Meine sehr geschätzten Damen! Ein Wort noch zur Landwirtschaft. Die österreichische Landwirtschaft wird in den nächsten Jahren mit einem noch besseren Umweltprogramm die Ökologisierung weiter vorantreiben. Wir werden auch (Abg. Schwemlein: Mit Förderungen!)  – darauf komme ich noch zu sprechen – zur Unterstützung der kleinbäuerlichen Betriebe – immerhin haben 50 Prozent aller österreichischen Betriebe weniger als zehn Hektar zu bewirtschaften – einen Sockelbetrag in der Ausgleichszulage bei der Bergbauernförderung einführen.

Die österreichische Landwirtschaft erhält aber auch aus dem Sparbudget des Jahres 2000 all jene Budgetmittel, die notwendig sind, um alle EU-Mittel lukrieren zu können. Das war beim EU-Beitritt Österreichs ein Versprechen an die Bauern, da die Bauern bereits im ersten Jahr 25 bis zu 40 Prozent bei den Preisen für ihre Produkte verloren haben. Daher sind ihnen Ausgleichszahlungen versprochen worden. Diese Versprechen werden auch von der neuen Regierung eingehalten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zur Budgetentwicklung. Herr Abgeordneter Schwemlein! Sie haben gesagt: Reden wir auch von den Unterstützungen! – Es waren im Jahre 1995 – das ist nachzulesen im Tabellenteil der Budgetrede des Finanzministers – 33,1 Milliarden Schilling für die Landwirtschaft vorgesehen. Im Jahre 1996 waren es 29,1 Milliarden, im Jahre 1997 26,6 Milliarden, im Jahre 1998 25,1 Milliarden, im Jahre 1999 24 Milliarden und im Jahre 2000 sind es 23,5 Milliarden Schilling. (Abg. Schwemlein: Alles geht zu den Großbauern!)

Wo sind da die Geschenke, die Milliardengeschenke an die Bauern? – Ich gebe zu, wir hatten 1995 7,2 Milliarden Schilling an degressiven Zahlungen (Abg. Schwemlein: Alles nach Ostösterreich!), die innerhalb von vier Jahren – das war bereits zu Beginn geplant – abgebaut wurden. Aber man rechnete damit, dass innerhalb dieser vier Jahre auch die Betriebsmittelpreise auf europäisches Niveau sinken würden – nicht nur die Agrarpreise. Aus diesen Gründen sind auch da Maßnahmen zu setzen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn die soziale Gleichstellung der bäuerlichen Bevölkerung, wenn jene Bauernpensionisten angesprochen werden, die derzeit 5 500 S an Pension inklusive Ausgleichszulage erhalten (Abg. Schwemlein: Was haben die davon?), wenn das fiktive Ausgedinge schrittweise abgebaut wird – derzeit erhalten die Bauern um 30 Prozent weniger, weil 30 Prozent als fiktives Ausgedinge angerechnet werden –, und wenn all das vom Gewerkschaftsbund als "soziale Schieflage" dargestellt wird, dann begeht der Gewerkschaftsbund wirklich kapitale soziale Fehler.

Oder: Karenzgeld für alle. Das ist eine wichtige Leistung. Warum soll eine Studentin, die bereit ist, einem Kind das Leben zu schenken und es aufzuziehen, kein Karenzgeld bekommen? (Abg. Schwemlein: Kennst du das Versicherungsprinzip?) Warum soll eine Hausfrau mit zwei kleinen Kindern, die nach der Geburt des zweiten Kindes nicht mehr arbeiten gehen kann, kein


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Karenzgeld bekommen, um zwischenzeitlich wieder Arbeitslosenversicherungszeiten zu erreichen? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Den Familien bleiben im Jahre 2000 auf Grund der Steuerreform, auf Grund der Familiensteuerreform jährlich um rund 17 000 S mehr. Das Budget 2000 ist daher ein Budget der Schuldenkonsolidierung, ein Budget der sozialen Gerechtigkeit, ein Budget der Zukunftssicherung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Gut!)

13.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.27

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Abgeordnete! Liebe Kollegen von der FPÖ! Gestern haben Sie dem Herrn Bundesfinanzminister Standing Ovations gespendet, und Sie haben ihm einem Blumenstrauß für die Vorlage dieses Budgets überreicht. Ich finde es ja wirklich bemerkenswert und erstaunlich, dass Sie angesichts all der technischen Mängel, angesichts dieses eher nicht zu erkennenden Reformansatzes doch sichtlich in solche Euphorie verfallen sind. (Abg. Böhacker: Er hat aber den Blumenstrauß gleich weitergereicht! – Abg. Haigermoser: Der war von einer Steuerzahlerin! Ich kann den Namen nennen!) Ihre Latte ist ein bisschen niedriger als jene Latte, die ich bei einem nachhaltigen, in die Zukunft weisenden und auf Innovation gerichteten Budget lege.

Diese fünf primären Bereiche, die jetzt vorliegen, nämlich die Kürzung der Ermessensausgaben, die Einsparung von Beamten, die Plünderung von Fonds, Einmalverkäufe und die Erhöhung von Steuern und Gebühren, sind nicht wirklich das, was Standing ovations und Blumen wirklich verdienen würde. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Eine Steuerzahlerin war das!)  – Die Steuerzahlerin weiß, glaube ich, etwas anderes.

Es sind auch heute Worte gefallen wie: "Ehrlichkeit statt Tricks" oder "Reformfreude statt Mieselsucht". Betreffend Tricks und Ehrlichkeit: Es gibt in diesem Budget immer noch genug Tricks, die sogar auf den ersten Blick ersichtlich sind.

Nur ein Beispiel, das ich durch Zufall mitbekommen habe: Allein der Verkauf von Immobilien des Bundes an die Bundesimmobiliengesellschaft, die auch dem Bund gehört und ebenfalls verschuldet ist, aber sozusagen höher verschuldet ist und mehr für diese Verschuldung bezahlen muss – wenn das kein Trick ist, dann weiß ich nicht.

Zweiter Punkt: Das Umweltministerium hat eine sehr, sehr mühsame Strukturreform hinter sich. Es hat es in der Vergangenheit als eines der wenigen Ministerien – oder als erstes Ministerium – geschafft, Strukturen zu bereinigen und einzusparen. Das ist jetzt durch die Eingliederung in das Landwirtschaftsministerium leider Gottes alles wieder weggefallen, da sind all die früheren Ebenen wieder eingezogen worden. Also so etwas wie Intelligenz oder Innovation und Reformfreude kann ich da beim besten Willen nicht erkennen.

Dritter Punkt: Ist es wirklich sozial, Massensteuern zu erhöhen? Ist es wirklich ökologisch, Energiepreise zu erhöhen? – An "Stehzeugen" und nicht an Fahrzeugen anzuknüpfen, ist weder sozial noch ökologisch. Das finde ich, ehrlich gesagt, unintelligent. (Beifall bei den Grünen.) Man muss dazusagen, dass diese Energiesteuererhöhung auf der anderen Seite, nämlich bei Papierindustriellen, keine Auswirkungen hat, weil nämlich die Plafondierung bestehen bleibt. Das ist weder ökologisch noch sozial. Das ist unintelligent.

Vierter Punkt: Herr Klubobmann Khol spricht ja gerne von der Bürgergesellschaft und von den NGOs, die in diesem Bereich hervorragende Arbeit leisten. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Diese NGOs sind doppelt negativ betroffen. Massiv! (Abg. Dr. Khol: Nicht alle!) Ich würde sogar sagen, das ist ein Angriff auf die NGOs, der einen Kahlschlag in diesem Bereich bedeutet, denn


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es ist ein Angriff von zwei Seiten: auf die unabhängigen Organisationen und auf diejenigen, die von Subventionen abhängig sind. Wenn Sie infolge der Kürzung der Ermessensausgaben die kleinen Vereine, die auf das Geld angewiesen sind, wegsparen, so ist das eine Sache, aber wenn Sie auch noch diejenigen, die über den Zeitungsversand unabhängige Mailing-Systeme aufgebaut haben – das fängt bei SOS-Kinderdorf an und hört bei amnesty international auf –, angreifen, dann ist das eine Attacke auf das Vereinswesen in Österreich, die sich wirklich gewaschen hat! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Bereich der sozialen Dienste, Gesundheit, Umweltschutz, aber auch Bildung und Forschung sind das Dutzende von Einrichtungen, die darauf angewiesen sind, dass sie nicht gleich behandelt werden wie Coca Cola oder Siemens. Solche gemeinnützigen Organisationen – auf diese Feststellung lege ich Wert – brauchen Rahmenbedingungen, die ihrem Gemeinnutz entsprechen. Sie alle gleich beziehungsweise wie kommerzielle Unternehmen zu behandeln, spricht nicht für eine Bürgergesellschaft, sondern für die völlige Kommerzialisierung und das Auslöschen von Vereinen mit gemeinnützigen Aktivitäten, die eigentlich in vielen Bereichen Staatsaufgaben übernommen haben und ohne die viele Funktionen überhaupt nicht mehr erfüllt werden könnten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

"Ehrlichkeit statt Tricks" und "Reformfreude statt Mieselsucht" – aber all das ist weder sozial noch ökologisch verträglich! Ich wünsche mir für die Zukunft, dass es solche wirklich überzogenen euphorischen Äußerungen nur mehr auf dem Boden der Realität gibt. Ich glaube, es hat keinen Sinn, sich hierherzustellen und so etwas zu sagen! Natürlich ist es ein Spiel – die Regierung lobt das Budget, die Opposition kritisiert es –, aber gewisse wichtige Punkte muss man außer Streit stellen.

Die soziale Verteilungswirkung, die absolute ökologische Verfehltheit der Maßnahmen, die jetzt vorgelegt wurden, der Kahlschlag im Bereich der gemeinnützigen Vereine ist offenkundig, und ich wünsche mir für die nächsten drei Wochen noch eine Korrektur in diesem Bereich. Diese muss es einfach geben! Es wird jedenfalls aus diesem Bereich einen sehr massiven Proteststurm geben. Ich bin überzeugt davon, dass sich all die Institutionen von SOS-Kinderdorf über amnesty und Greenpeace bis hin zu "Volkshilfe" und "Bewährungshilfe" nicht damit einverstanden erklären können. Und das ist auch eine Budgetfrage. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen. Die wirklich großen, nachhaltigen Maßnahmen, die man in Angriff nehmen könnte, sind nicht einmal in Ansätzen vorgelegt worden, etwa was den großen Bereich der Vermögensbesteuerung betrifft. Wenn man den Meldungen der Experten Glauben schenken darf, dass über 400 Milliarden Schilling in Stiftungen vor sich hin Mehrwert akkumulieren, ohne in irgendeiner Weise besteuert zu werden (Abg. Schwemlein: Keine Umverteilung!), dann finde ich es skandalös, dass man die Kleinen belastet, indem man auf die Elektrizitätsabgabe zurückgreift und auf irgendwelche Verbrauchs- und Gebührenerhöhungen, auf Passgebühren zurückgreift, also auf Dinge, die jeder in Österreich braucht. Da finde ich es wirklich skandalös, dass es in keiner Weise auch nur Ansätze zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Budgetsanierung gibt, indem man einmal dort hinschaut, wo das Geld wirklich ist – und nicht dorthin, wo Sie immer vorgeben zu sein, nämlich bei den "kleinen" Leuten, bei der "kleinen" Frau und beim "kleinen" Mann.

Ein letzter Punkt zum Schluss, es geht dabei um eine eher persönliche Sache. Es werden immer wieder Vergleiche angestellt wie: Jede Hausfrau wäre fähig, 3 Prozent ihres Budgets einzusparen. – Ich bitte Sie: Können Sie solche Vergleiche nicht irgendwann einmal sein lassen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dies aus zwei Gründen: Erstens: Vielleicht verstehen Sie nicht, wie diffamierend das ist, aber das klingt so, als würden das sogar Hausfrauen schaffen. Und das ist eine absolute Diffamierung! Zweitens – und das ist ein ökonomisches Argument – besteht ein grundlegender Unterschied zwischen einem Familienhaushalt und dem Staatshaushalt (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), und dass Ausgaben des Staates Investitionen sind, muss doch in irgendeiner Weise einleuchtend sein!


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17. Sitzung / Seite 78

In diesem Zusammenhang noch etwas: Sätze wie "Man muss nur die Braut schön herrichten, dann wird sie schon genommen!" in Verbindung mit Parteipolitik, mit Budgetfragen bitte ich Sie, in das letzte Jahrhundert zu verbannen. Das hat mit Budget und Staatsfragen überhaupt nichts zu tun! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Bures zu Wort. – Bitte.

13.35

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Regierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass im Laufe dieser Diskussion klar geworden ist, was dieses Budget wirklich bedeutet. Dieser Bundesvoranschlag erbringt den schmerzhaften Beweis, dass unter der schwarz-blauen Regierung jene die Zeche zu bezahlen haben, die in sozialen Einrichtungen tätig sind, die sich für soziale Anliegen engagieren, und dass dies grundsätzlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Landes, vor allem aber die sozial Schwächeren tun müssen. Denn es ist klar geworden, dass dieses Budget keine Sparziele kennt, sondern ausschließlich Belastungsziele.

Ich schließe mich damit jenen an, die gesagt haben: Es ist in diesem Budget nichts Schöpferisches, sondern ausschließlich Schröpferisches, das im Mittelpunkt steht. Der Bevölkerung wird mit diesem Budget tief in die Tasche gegriffen, sie wird es in ihren Geldbörsen spüren, sie wird es auf ihrem Kontostand sehen. Es ist eine teure Wende, die hier eingeleitet wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Es zahlen diese Zeche nämlich die Mieter. Diese Regierung plant, dass – und das betrifft 200 000 Mieter – es im Zuge einer Wohnungsübernahme durch die Kinder zu einer Verdoppelung der Miete kommt. Es wird also für niemanden die Wohnung dadurch billiger, das führt nur zu einer Steigerung der Gewinne der Hauseigentümer.

Diese Regierung plant, unbefristete, sichere Mietverträge abzuschaffen und durch befristete, mit Ablaufdatum versehene Verträge zu ersetzen – und sie werden um keinen Schilling billiger. Derzeit gibt es bei ungünstigen, befristeten Mietverträgen Abschläge bis zu 30 Prozent. Die Regierung ändert das nun auf 25 Prozent – es wird also teurer!

Es zahlen die Autofahrer nun eine höhere Kfz-Steuer, die heuer rund 3,8 Milliarden Schilling zusätzlich einbringen soll. Wir wissen, dass das für einen Mittelklassewagen immerhin eine Mehrbelastung von durchschnittlich 1 300 S im Jahr bedeutet. Die Vignette wird um 450 S erhöht, auch das stellt fast eine Verdoppelung dar. (Bundesministerin Dr. Sickl spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Dipl.-Ing. Hofmann. – Abg. Dr. Keppelmüller: Frau Sickl, zuhören! – Rufe bei der SPÖ: Unerhört!)

Sie haben sich drastische Gebührenerhöhungen einfallen lassen, noch dazu gerade bei den gängigsten Dokumenten, wodurch Mehrkinderfamilien besonders betroffen sind. Der Reisepass kostet in Zukunft fast das Doppelte, die Gebühr wird von 490 S auf 950 S angehoben. Beim Personalausweis werden die Kosten wirklich verdoppelt. Und diese Liste ließe sich fortsetzen.

Noch einmal zum Bereich der angeblichen Kostensenkung beim Wohnen. Es ist unerhört, dass man bei einem Bausparkassen-Darlehen in Zukunft – bisher musste man dafür nichts bezahlen – bei einer Höhe von 1 Million Schilling bei der Eintragung ins Grundbuch 12 000 S zu bezahlen hat. Das sind Gebührenerhöhungen, die alle zu tragen haben werden, und Sie wissen genau, dass das vor allem jene mit geringerem Einkommen, also die Schwächeren, am meisten trifft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Gerade den "kleinen" Häuslbauer!)

Das waren nur einige Beispiele, die zeigen, dass es bei dieser Budgeterstellung nicht darum ging, zu sparen, sondern einfach darum, abzukassieren.

Der Herr Finanzminister und auch Kollege Westenthaler haben gemeint, sie seien riesig stolz darauf, in welch kurzer Zeit dieser Voranschlag erstellt wurde. Ich sehe nur, in welch rasantem


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Tempo die Belastungen erhöht wurden. Sie haben natürlich nicht sehr lange dafür gebraucht, sich mit dem Koalitionspartner darauf zu einigen, dass die österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen die Rechnung zu bezahlen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Man braucht nicht viel Zeit dazu, die Steuerschraube, vor allem für Klein- und Mittelverdiener, anzuziehen und gleichzeitig auf soziale Gerechtigkeit völlig zu vergessen. Sie brauchen auf dieses Belastungspaket meiner Ansicht nach nicht stolz zu sein. Sie sollten sich dafür schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen, dass das dicke Ende erst kommt. Schaut man sich das Regierungsprogramm näher an, so erkennt man: Tiefe Einschnitte werden erst im Herbst, spätestens im nächsten Jahr auf die ÖsterreicherInnen zukommen. Und bei einer rechtspopulistischen, konservativen Regierung trifft das natürlich in ganz besonderem Ausmaß – wie immer! – die Frauen.

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Lauter Sprechblasen!) Es werden uns bald die ersten Pensionskürzungen ins Haus stehen. Aber es ist ungerecht, wenn eine Arbeiterin, die nach 40 Jahren schwerster Arbeit derzeit mit einer – eh schon bescheidenen! – Pension von durchschnittlich 10 000 S in den Ruhestand gehen kann, nun durch Ihr Pensionskürzungsprogramm in Zukunft auf einen Schlag um 675 S im Monat weniger bekommt – und das für den Rest ihres Lebens. Das ist eine Ungerechtigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Budget ist in Wirklichkeit nur ein erster Vorgeschmack auf die Jahre der Belastungen, die auf uns zukommen werden. Es wird, ich habe es schon gesagt, der Geist des Abkassierens vorherrschen. Denn Sie reden von Reformen und meinen damit vor allem Kürzungen bei den Schwachen, Sie reden von Anpassungen und meinen damit Steuererhöhungen – besonders für die "kleinen" Leute –, und Sie reden von Sanierungsbedarf – zum Beispiel im Gesundheitswesen – und meinen Strafabgaben für kranke Menschen. (Abg. Mag. Hartinger: Das stimmt doch nicht!)

Bezüglich des Gesundheitswesens kommen jeden Tag neue Vorschläge, es werden Arbeitskreise eingesetzt und permanent wird ein neuer Vorschlag auf den Tisch gelegt. All diese neuen Vorschläge haben jedoch, so unterschiedlich sie sind, eines gemeinsam: Sie stellen Belastungen für schwerstkranke und chronisch leidende Menschen dar. (Bundesministerin Dr. Sickl: Geh, das ist doch nicht wahr!) Man muss deutlich sagen, wen Sie mit Ihren Budgetvorschlägen zur Kasse bitten wollen: Es sind die Schwächeren, es sind die Kleinen, es sind die Kranken, es sind die Mieter, die von Ihnen zur Kasse gebeten werden. (Bundesministerin Dr. Sickl: Unglaublich!)

Diese blau-schwarze Regierung wirft Österreich zurück in eine Zeit der sozialen Kälte, aber wir werden dies zu verhindern wissen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch der Mär entgegentreten, es gebe einen Sanierungsbedarf, und darum seien diese Maßnahmen erforderlich. Ich sage Ihnen, wofür, denn diese Frage muss man sich stellen: Wofür brauchen Sie diese Einnahmen und damit diese hohe Belastung breiter Bevölkerungsgruppen? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Damit wir die Schulden der SPÖ zurückzahlen können!)  – Sie brauchen sie für großzügige Geschenke! Sie brauchen es für großzügige Geschenke, die Sie an einige wenige zahlen wollen. Das ist etwa das 4-Milliarden-Schilling-Geschenk an die Großbauern, es ist das 6-Milliarden-Schilling-Geschenk an das Bundesheer (Bundesminister Scheibner  – auf die Abgeordneten der SPÖ zeigend –: Da haben die aber gestern noch etwas anderes gesagt!), 1,5 Milliarden Schilling für die Besitzer von Zinshäusern – das ist Ihre Klientel – und 5 Milliarden Schilling für Großunternehmen. – So ungerecht verteilt diese Regierung – ausschließlich von unten nach oben! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Scheibner: Die habe ich noch nicht gefunden, diese 6 Milliarden Schilling!)

Ich stelle fest: Es wird mit diesem Budget kein Schuldenberg abgebaut – schwindeln Sie das den Leuten nicht vor! –, sondern es wird ausschließlich ein Berg an Ungerechtigkeiten aufgebaut. Die Gewinner sind die Großunternehmer, die Besitzenden in diesem Land – auf deren Seite steht diese Regierung –, die Verlierer sind die Arbeitnehmer, die sozial Schwächeren. Ich kann Ihnen versichern: Auf deren Seite steht die Sozialdemokratie! (Beifall bei der SPÖ.)


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Lassen Sie mich, Herr Bundesminister Grasser, abschließend noch einen Punkt erwähnen, der mich sehr interessiert. Sie sagen immer, die Regierung möge an ihren Taten gemessen werden. Ich halte das zwar in manchen Bereichen für eine gefährliche Drohung, will das aber heute kurz tun und Sie an einer Ihrer ersten Amtshandlungen, die Sie als Finanzminister getätigt haben, messen.

Betrachten wir die Suche nach den neuen Aufsichtsräten für die ÖIAG einmal näher. Sie, Herr Finanzminister, erklärten in der Öffentlichkeit, Sie wollten eine objektive Vergabe dieser Posten. – Gut so! Sie schalten dazu eine Headhunter-Firma ein. – Auch gut, aber diese kostet natürlich etwas! Diese Einschaltung einer Firma kostet immerhin die bemerkenswerte Summe von 2 Millionen Schilling.

Wie wurde dann weiter vorgegangen? – Sie haben die Vergabe dieses Auftrages über eben rund 2 Millionen Schilling ausgeschrieben – das ist selbstverständlich. Was schon ein bisschen seltsam anmutet, ist, dass Sie für diesen Auftrag keine offene Ausschreibung, sondern nur eine beschränkte Ausschreibung veranlasst haben, das heißt also, dass nicht alle Firmen, die diese Leistung erbringen könnten, eingeladen wurden, ein Anbot für diesen Auftrag zu legen. Sie haben fünf Firmen ausgewählt, die die entsprechenden Möglichkeiten haben und um deren Ruf und Kompetenz Sie, nehme ich einmal an, wissen. Diese wurden eingeladen. (Abg. Schwemlein: Also eingeschränkte Objektivierung!)

Üblich und selbstverständlich ist es dann natürlich, dass der Bestbieter genommen wird. Seltsam ist aber, dass die Frist in dieser beschränkten Ausschreibung von Ihnen verkürzt wurde, und zwar von den vorgesehenen drei Wochen auf nur eine Woche. – Sie haben also den Kreis der Anbieter und die Fristen persönlich stark eingeschränkt. (Abg. Schwemlein: Nicht sehr objektiv!)

Und wissen Sie, was ich noch seltsamer finde? – Von diesen fünf Firmen ist nicht der Bestbieter und auch nicht die zweitbeste Firma zum Zug gekommen, sondern die drittgereihte Firma bekam den Zuschlag, für Sie tätig zu werden. (Abg. Schwemlein: Warum?) Es wird jene Firma genommen, die um 34 Prozent teurer ist als der Bestbieter. (Rufe bei der SPÖ: Hei! Das ist typisch!)  – Das ist doch seltsam, Herr Bundesminister! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser. ) Aber es geht noch weiter.

Schauen wir uns einmal an, wer nun den Zuschlag bekommen hat, wer diese drittgereihte Firma ist. Dem Firmenbuch konnte ich entnehmen, die Firma heißt Egon Zehnder International. (Abg. Dr. Zernatto: Hervorragende Firma!) Geschäftsführer dieser Firma ist Dr. Joachim Kappel. (Abg. Schwemlein: Der hat sicher ein Naheverhältnis zu den Freiheitlichen!) Herr Kappel ist verheiratet – das ist an sich nicht unüblich, das sind die meisten Herren –, und zwar mit Frau Barbara Kappel! Und diese Frau Barbara Kappel müsste Ihnen meiner Ansicht nach doch bekannt sein. Denn Frau Barbara Kappel war nicht nur langjährige Assistentin und Pressesprecherin des freiheitlichen Spitzenkandidaten Thomas Prinzhorn (Ah-Rufe bei der SPÖ – Abg. Schwemlein: Wie "objektiv"! Wie "transparent"!) , sondern, wie ich einer APA-Aussendung entnehmen konnte, auch Pressesprecherin von Ihnen, Herr Finanzminister. (Oje-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Sehr "transparent"!)  – Prinzhorn ist im Übrigen auch Trauzeuge von Barbara und Joachim Kappel. (Ruf bei der SPÖ: Nepotismus!)

Ich denke, man kann aus all diesen Fakten ein Gesamtbild erkennen, wonach sich durchaus ein persönliches Naheverhältnis zwischen Ihnen und dieser Firma vermuten lässt.

Wie also, Herr Bundesminister, erklären Sie sich diese außerordentlich seltsame Vorgangsweise bei einer Auftragsvergabe, bei der es um einen Betrag von immerhin über 2 Millionen Schilling geht, den die österreichischen Steuerzahler zu bezahlen haben?

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie hiermit auf, uns zu erklären, wie Sie zu dieser Freunderlwirtschaft im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe in Ihrem Ministerium auf Kosten der österreichischen Steuerzahler stehen. – Danke. (Beifall und Bravo!-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Das fängt ja gut an!)

13.47


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17. Sitzung / Seite 81

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte. (Abg. Dr. Cap  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Böhacker –: Was sagen Sie zu der Freunderlwirtschaft? Sagen Sie etwas dazu, oder sagt er etwas dazu? – Bundesminister Mag. Grasser: Ich sage etwas!)

13.47

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Herren Bundesminister! Es gehört schon eine große Portion Kühnheit dazu, wenn Ex-Finanzminister Edlinger von diesem Rednerpult aus moniert, dass der zu erwartende Ausfall der Getränkesteuer in diesem Budget noch nicht berücksichtigt ist. Seit Anfang der neunziger Jahre wird darüber diskutiert, und spätestens im Jahr 1999, als der Generalanwalt den Schlussantrag beim EuGH eingebracht hat, war es klar, dass diese Getränkesteuer nicht halten wird. Wo war da der dafür zuständige Herr Finanzminister, Herr Edlinger? Was hat er denn gemacht? – Nichts! Er hat die Sache verschlafen.

Zweitens: Herr Exminister Edlinger hat aus meiner Sicht ein sehr, sehr selektives Erinnerungsvermögen. (Abg. Oberhaidinger: So wie ihr!) Er meint, es sei besser, die Mineralölsteuer zu erhöhen als die motorbezogene Versicherungssteuer, weil bei Ersterem eine ökologische Komponente dabei sei. – Ich erinnere mich noch genau daran, dass, als die Umstellung der KFZ-Steuer von der Hubraumbesteuerung zur motorbezogenen Versicherungssteuer – und damit natürlich auch eine entsprechende Erhöhung – erfolgte, gerade jener Finanzminister Edlinger, der hier die ökologische Komponente in den Vordergrund gestellt hat, vor allem die soziale Ausgewogenheit gelobt hat, weil kleinere PKW geringer besteuert werden würden als größere schwere Luxuslimousinen. – Was Herr Edlinger heute gemacht hat, ist daher Kindesweglegung!

Meine Damen und Herren! Es ist zwar durchaus legitim – ich möchte fast sagen, es ist sogar die Pflicht der Opposition –, die Vorhaben der Bundesregierung kritisch zu durchleuchten, zu hinterfragen und dort, wo es einem geboten erscheint, Kritik anzubringen. Völlig richtig! Auch wir haben es in der Vergangenheit als Oppositionspartei so gemacht, dass wir konstruktive Kritik angebracht haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber was heute hier passiert ist, war keine konstruktive Kritik, das war eine Verbreitung von Halb- und Unwahrheiten (Abg. Grabner: ... was ihr gesagt habt!) und dient in keiner Art und Weise, Kollege Grabner, einer Lösungsfindung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und gerade in Richtung SPÖ sei gesagt: Was Sie in den letzten Wochen machen, ist, Angst zu erzeugen, ist eine massive Verunsicherung der Bevölkerung. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Und Sie betreiben das mit einer unglaublichen Verantwortungslosigkeit. Eine solche Vorgangsweise ist mit aller Entschiedenheit abzulehnen!

Nur ein paar Stichworte zur Erinnerung: Die SPÖ-Gewerkschafter gehen durch die Lande und erklären, diese Regierung wolle das 13. und 14. Gehalt abschaffen. – Falsch! Sie gehen durch die Lande und sagen, bestehende Pensionen würden gekürzt. – Falsch! Sie gehen durch die Lande und sagen, es käme zu einer ersatzlosen Abschaffung der Abfertigung. – Falsch, meine Damen und Herren von der SPÖ! Das sind alles Unwahrheiten. Und Sie denken nicht im Mindesten daran, welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen damit einhergehen. Sie wollen nur vor der Arbeiterkammer-Wahl politisches Kleingeld schlagen, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wäre daher sicherlich angebracht gewesen, wenn Herr Exfinanzminister Edlinger in seinen Äußerungen ein bisschen mehr vornehme Zurückhaltung und mehr Bescheidenheit an den Tag gelegt hätte. Denn – und das müssen Sie sich gefallen lassen – was immer Sie heute hier kritisiert haben und kritisieren, hat seine Wurzeln in der verfehlten Budgetpolitik von 30 Jahren sozialistischer Finanzminister seit Bruno Kreisky. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Die Bürger haben längst erkannt, dass diese neue Reformregierung nicht in der Lage sein kann, innerhalb von sechs Wochen diese Verschwendungspolitik der Sozialisten zu sanieren. Daher sei an die SPÖ, insbesondere an den Exfinanzminister gerichtet gesagt: Wer im budgetpolitischen Glashaus sitzt, soll nicht mit Pflastersteinen werfen –


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17. Sitzung / Seite 82

und schon gar nicht gegen eine Reformregierung, die in mühsamer Arbeit den Scherbenhaufen wieder wegräumen muss.

Meine Damen und Herren! Die Fakten, die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Übergabebilanz, mit der Herr Edlinger die Firma Österreich an den neuen Finanzminister Karl-Heinz Grasser übergeben hat – besser gesagt nicht übergeben hat, er hat sie hinterlassen –, ist eine dramatische, eine grausliche und eine Schwindel erregende. Und davon können Sie sich nicht wegstehlen!

Die Fakten, die Zahlen liegen auf dem Tisch: 1 700 Milliarden Schilling Staatsverschuldung, 300 Milliarden Schilling außerbudgetäre Verschuldung. Allein 100 Milliarden Schilling müssen – das wurde heute schon mehrmals gesagt – jährlich an Zinsen vom österreichischen Steuerzahler bezahlt werden, weil Sie nicht in der Lage waren, in den letzten 30 Jahren eine geordnete Budgetpolitik zu betreiben. Dazu kommt noch eine Steuer- und Abgabenquote, die jeden erwerbstätigen Österreicher dazu zwingt, nahezu ein halbes Jahr lang nur für den Staat zu arbeiten. Erst im zweiten Halbjahr arbeitet er dann für sich selbst, weil der Rest für Steuern und soziale Abgaben draufgeht.

Das ist das wirklich dramatische Erbe von 30 Jahren Sozialismus in Österreich. Und dafür wurden Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, in der Vergangenheit – und werden das auch in Zukunft – vom Wähler bestraft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Das "werden" wirst du noch sehen! Nächste Woche!)

Sie haben in Ihren Redebeiträgen immer von sozialer Schieflage, von sozialer Ungerechtigkeit, von der Verteilungsungerechtigkeit der Maßnahmen gesprochen. Sie sollten sich an den Umverteilungsbericht des Wirtschaftsforschungsinstitutes erinnern, in dem festgestellt wurde, dass es in den letzten Jahrzehnten zu einer massiven Umverteilung von unten nach oben gekommen ist. Dafür tragen aber nicht wir die Verantwortung, sondern die sozialistische Politik.

Es war eine Umverteilung von unten nach oben mit dem fatalen Ergebnis, dass in Österreich die Reichen immer reicher wurden und die Armen immer ärmer. Es ist eine Schande für Österreich, es ist wirklich eine Schande für das drittreichste Land Europas, dass bei uns mehr als eine Million Menschen an oder unter der Armutsgrenze leben. Es wird diese Regierung sein, diese Regierungsparteien, die zum Wohle der österreichischen Bürger eine Trendumkehr einleiten werden (Beifall bei den Freiheitlichen), damit wieder mehr soziale Gerechtigkeit in dieses Land einzieht und es weniger soziale Kälte gibt (Abg. Dr. Glawischnig: Das glauben Sie doch selber nicht!), wie sie seinerzeit unter der sozialistischen Regierung eingeführt wurde.

Herr Klubobmann Gusenbauer hat heute aus Zeitungen zitiert und gemeint, dass die Kommentatoren diesen Budgetentwurf negativ darstellen. – Das stimmt nicht! Nahezu alle Kommentatoren in den heutigen Zeitungen haben klar erkannt und dafür auch Verständnis gezeigt, dass die Erreichung der Maastricht-Kriterien bei diesem Budget dank des schlechten Erbes nicht allein im Wege der Ausgabeneinsparung möglich war, sondern dass dazu – und das müssen wir offen einbekennen und wir tun das auch – auch einnahmenseitige Maßnahmen in der Höhe von rund 7 Milliarden Schilling – Sie können es Steuererhöhungen nennen, kein Problem – notwendig waren.

Aber die Fundamental-Opposition SPÖ sollte diesbezüglich die Kirche im Dorf lassen. Denn die Fakten und die nackten Zahlen sprechen klar für diese neue Bundesregierung, sprechen klar für Finanzminister Grasser. 7 Milliarden Schilling Mehreinnahmen in diesem Budget – vergleichen wir das doch einmal mit den Einnahmensteigerungen infolge der Belastungspakete, die Sie zu verantworten haben. (Abg. Ing. Gartlehner: Unsere Steuerreform, unsere Familienreform!) 47 Milliarden, 23 Milliarden, insgesamt an die 150 Milliarden Schilling haben Sie den österreichischen Bürgern aus der Tasche gezogen – und trotzdem haben Sie diesen Schuldenberg hinterlassen. Das ist Ihre Verantwortung, die Sie tragen müssen, da können Sie sich nicht davonstehlen.

Dass, wie heute schon gesagt wurde, das Lohnsteueraufkommen um 9 Milliarden Schilling zurückgehen wird, ist ein Zeichen dafür, dass es zu einer Entlastung im Bereich der Arbeitneh


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mer kommt. Die Körperschaftsteuer wird um 4 Milliarden Schilling, die veranlagte Einkommensteuer um 2 Milliarden Schilling ansteigen. Wer weiß, dass die Rückzahlung aus den Arbeitnehmerveranlagungen, also der Lohnsteuerpflicht, auch das Einkommensteueraufkommen belastet, weiß auch, dass die Entlastung bei der Lohnsteuer noch viel größer ist.

Wenn man die Lohnsteuer prozentuell zu den Masseneinkommen berechnet, so ist diesbezüglich eine Senkung von 12,2 Prozent auf 11,3 Prozent zu verzeichnen – die niedrigste Lohnsteuerquote seit dem Jahre 1996! Das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung und vor allem ein Erfolg von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

Abschließend möchte ich den Kreis schließen, indem ich wiederhole: Kritik der Opposition ist gut, ist notwendig, ist erforderlich und angebracht. Aber ich bin zutiefst darüber enttäuscht, dass es keinen einzigen Vorschlag, weder in den Redebeiträgen der Grünen noch in jenen der SPÖ, gegeben hat, wie Sie es anders, wie Sie es vielleicht besser gemacht hätten. (Abg. Dr. Glawischnig: Das stimmt nicht!) Und das, meine Damen und Herren von der Opposition, ist zu wenig.

Frau Kollegin Glawischnig! Sie haben die Stiftungen zur Sprache gebracht. Das ist schon klar. Man kann darüber reden, ob das der Steuergerechtigkeit dient. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist viel Geld!) Jawohl, alles klar! Bevor Sie aber überhaupt anfangen, darüber zu diskutieren, sind all jene Stiftungsgelder, die es in Österreich derzeit gibt, längst im Ausland. Und Sie werden gar nichts erreichen, überhaupt nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen und des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Edlinger: Das ist ein Blödsinn! Zuerst kassiert der Finanzminister einmal, dann können sie es auflösen!)

13.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. – Bitte.

13.58

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Unser Finanzminister weiß, dass ein Budget aufzustellen heißt, dem Geld den Weg vorzugeben, und nicht, wie es bei unserem Ex-Finanzminister Edlinger gewesen ist, sich darüber zu wundern, wohin es geflogen ist.

Mit dem vorliegenden Budget 2000 wurde ein Geschwindigkeitsrekord und ein Qualitätsrekord aufgestellt. Geschwindigkeitsrekord: 41 Tage nach der Regierungserklärung, im Jahre 1990 waren es 71, im Jahre 1994 waren es 90 Tage. Ein Budget, das sich sehen lassen kann! Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, brachte kein sozialistischer Minister zusammen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieses Budget brachte aber nicht nur einen Geschwindigkeitsrekord, sondern auch einen Qualitätsrekord. Denn dieses Budget – das wird eindeutig bewiesen – setzt genau das um, was wir von ÖVP und FPÖ im Regierungsprogramm festgeschrieben haben. (Zwischenruf des Abg. Ing. Gartlehner. ) Wir setzen um, was wir versprechen! Wir sparen echt, gezwungen durch das rote Schuldenloch, das Sie uns hinterlassen haben und das wir jetzt stopfen müssen. (Abg. Edlinger: Wo waren Sie eigentlich in der Regierung? Nicht da?) Ich komme noch auf Sie zurück (Ruf des Abg. Reheis: ... 1,8 Milliarden ...!), ich komme noch zurück auf Ihren lockeren Umgang mit Zahlen, Herr Abgeordneter Edlinger.

Im Jahre 1970 übernahmen die sozialistischen Minister – das wurde heute schon gesagt – ein Defizit von 70 Milliarden Schilling, wir haben nun 1 700 Milliarden Schilling zu übernehmen gehabt; das ist ungefähr das 25fache von dem, was Sie übernommen haben, als Sie diese Verantwortung übernommen haben. (Abg. Hagenhofer: Sagen Sie einmal, was mit dem Geld gemacht wurde!)

Wir von den Regierungsparteien beweisen Ihnen damit, dass wir mit dem vorliegenden Budget all das, was im Regierungsprogramm steht, letztendlich auch umsetzen werden. Und da es hat mich schon besonders gefreut, Herr Abgeordneter Edlinger, dass Sie gestern in der Aktuellen


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17. Sitzung / Seite 84

Stunde, als über die Themen Familie und Frauen gesprochen wurde, ständig gesagt haben: "unglaublich". – Sie haben bis heute nicht begriffen, was wir von den Koalitionsparteien alles für die Frauen und die Familien tun! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben sämtliche Vorgaben, die die EU – nachzulesen im Amtsblatt vom 12. Juli 1999 – gegeben hat, erfüllt, so auch, wenn es darin heißt, dass das angestrebte Defizitziel für den Gesamtstaat bei 2 Prozent des BIP einzuhalten ist. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch das geschieht mit diesem Budget!

Weiters empfiehlt die EU, die im Stabilitätsprogramm festgesetzten Haushaltsziele sicherzustellen. – Wir haben das erfüllt! Ebenso werden erhebliche Einsparungen auf der Ausgabenseite verlangt. – Auch das haben wir verwirklicht.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in einigen Punkten darstellen, weshalb das Budget 2000 ein Qualitätsbudget ist, mit dem Weichen in die Zukunft, Weichen in das 21. Jahrhundert gestellt werden. Wir privatisieren Staatsbetriebe, wir privatisieren staatsnahe Betriebe. – Versprochen, gehalten! Wir senken die Lohnnebenkosten um 15 Milliarden Schilling. – Versprochen, gehalten! Wir senken Strom- und Gaskosten; Sie wissen das ganz genau. – Versprochen, gehalten! Wir verwirklichen die "Aktion Fairness" (Zwischenruf der Abg. Huber ) und haben heute einen diesbezüglichen Initiativantrag eingebracht, Frau Kollegin. Das, von dem Sie heute selbst gesagt haben, dass Sie es gar nicht machen wollten, nämlich wirkliche Fairness für Arbeitnehmer, ist unsere Zielsetzung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir fördern die Ausbildung der Jugend und stocken die Mittel für Forschung und Entwicklung auf. – Versprochen, gehalten! Und diese Aufzählung könnte ich noch lange fortsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Art und Weise, wie vom früheren Finanzminister Edlinger mit Zahlen umgegangen wird, möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Welches Verhältnis der frühere Finanzminister Edlinger zu Zahlen hat, sah man ja auch gestern wieder, als er in einer Presseunterlage für eine Pressekonferenz schrieb – uns aber bitte im gleichen Atemzug vorwarf, dass eine große Belastungswelle kommen werde –, dass er, Edlinger, einen Aufschlag von 10,60 S pro Kilowattstunde einführen würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich bei jeder Budgetpost fast um das Hundertfache irrt, kann ich mir natürlich schon vorstellen, dass ein solches Budget herauskommt, wie Sie es produziert haben beziehungsweise auch weiterhin produziert hätten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

10,60 S pro Kilowattstunde hätten Sie aufschlagen wollen! Und es tut mir geradezu Leid, dass Sie das auch noch verteidigen. Das ist doch unglaublich! Diesen Ihren lockeren Umgang mit Zahlen und Ihre angebliche Punktgenauigkeit kann man Ihnen nicht oft genug vorwerfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einer Rede über das Budget kann man natürlich nicht an der politischen Lage, in der sich Österreich derzeit befindet, vorbeigehen. Zunächst möchte ich grundsätzlich darauf hinweisen, dass 66 Prozent der Österreicher für einen Beitritt Österreichs zur EU votiert haben, und ich meine, das bedeutet für die österreichische Bundesregierung auch weiterhin die Legitimierung, für Österreich einzutreten und auch selbstbewusst in der EU aufzutreten. Und weiters meine ich, dass wir uns diese ungerechtfertigten Sanktionen einfach nicht bieten lassen dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder Österreicher, jeder demokratische Österreicher wird diese Sanktionen verurteilen. Und wer diese Sanktionen nicht verurteilt und nicht zurückweist, ist kein Patriot! Das sage ich jetzt ganz bewusst. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Wir treten für das österreichische Volk, aber nicht für diese Bundesregierung ein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ungerechtfertigten Angriffen auf Österreich aus dem Ausland wäre natürlich wesentlich leichter entgegenzutreten, wenn auch die Damen und Herren von den Oppositionsparteien bereit wären, für Österreich und für das österreichische Volk einzutreten. (Abg. Brix: Das tun wir sehr wohl! –


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Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da wird aber lieber gezündelt – und ein nationaler Schulterschluss wird von Ihnen abgelehnt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen einige Beispiele hiefür bringen, und ich will da gar nicht mehr über die Grünen reden, die ja schon mehrmals von den "Schurken in dieser Regierung" gesprochen haben, von einer "Quarantäne", unter die Österreich zu stellen wäre, vom "Sieg der Demokratie in Österreich" nach dem Abzug der "schwarzen Gewitterwolken". Darüber wurde ja heute schon diskutiert.

Gerne komme ich aber auf Sie von der Sozialdemokratischen Partei zurück, und ich bringe jetzt ein Beispiel, von dem Sie heute eher nur allgemein gehört haben. Ich zitiere hier einen Sozialisten im EU-Parlament, nämlich Herrn Abgeordneten Hannes Swoboda, der wortwörtlich meinte ... (Abg. Brix: Wir wollen keine Regierung, die die Leute schröpft!)  – Herr Kollege, auch wenn Sie es nicht hören und akzeptieren wollen, zitiere ich jetzt Ihren EU-Abgeordneten Swoboda, der wortwörtlich sagte: "Das Schlimmste wäre eine Normalisierung, wie sie diese Regierung will. In diese Falle dürfen wir nicht treten." (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was das für Österreich bedeutet?! Wissen Sie, was das für einen "normalen" österreichischen patriotischen Mitbürger bedeutet, auf derartige Weise beschimpft, ja demoralisiert zu werden?! Also ich kann Sie da wirklich nicht verstehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Ich habe hier ja noch etwas viel "Netteres" mit. Am 25. Februar ist Ihr Klubobmann Kostelka in die Schweiz gefahren und hatte dort ein vermutlich schönes Abendessen mit Franco Cavalli. Am nächsten Tag, also am 26. Februar, schlägt Franco Cavalli – Sie kennen ihn ja – in der Schweizerischen SP-Fraktion des Parlaments vor, dass die Beziehungen seines Landes mit dem Nachbarstaat Österreich geprüft werden sollen und fordert dazu auf, einen Empfang des österreichischen Bundeskanzlers abzulehnen beziehungsweise sollte auf eine Einladung anderer österreichischer Regierungsmitglieder verzichtet werden.

Wenn das kein "Zufall" ist, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, dann weiß ich nicht mehr, was ein Zufall ist. (Abg. Böhacker: Ja, ja, so ein "Zufall"!)

Ein weiteres Beispiel, das Ihnen von der SPÖ sicherlich helfen wird, ein besseres Verständnis hiefür zu bekommen. Am 15. März fuhr Ihr Klubobmann Kostelka nach Berlin, wo er mit Vertretern der SPD zusammentraf. Am 16. März, also einen Tag später, verlangen die gleichen Leute, die in Berlin mit Kostelka zusammentrafen, dass die Reise einer deutsch-österreichischen Freundschaftsgruppe nach Wien abgesagt werden möge. – Lauter "Zufälligkeiten"! Das alles hat ja miteinander überhaupt nichts zu tun! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Nicht in jedem Falle – das möchte ich Ihnen hiemit sagen – helfen lange Reisen gegen einen gewissen engen Horizont. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Abschließend: Meine lieben Freunde von der Opposition, geben Sie doch zu, dass Sie sich in Ihrer Haltung geirrt haben! Geben Sie doch zu, dass Sie den Österreicherinnen und Österreichern schaden! Geben Sie doch zu, dass Sie mit Ihrem Verhalten auch dem österreichischen Staate Schaden zufügen! Sie wissen ja: Eine falsche Ansicht zu widerrufen, erfordert mehr Charakter, als diese falsche Ansicht weiter zu verteidigen. Zeigen Sie also Charakter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wirklich abschließend: Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie Ihr Herz auf der linken Seite haben (Ruf bei der SPÖ: Sie hoffentlich auch!), aber wenn Sie so weitermachen, dann haben Sie es


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sicherlich nicht am rechten Fleck. – In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir gemeinsam in die Zukunft gehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

14.09

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! In der Schule braucht es Mut und Klugheit nicht, wenn man sitzen bleibt. – Gestern nach der Budgetrede habe ich einige gesehen, die sitzen geblieben und nicht aufgestanden sind, auch in den Reihen einer der beiden Regierungsparteien. (Abg. Haigermoser: Na so was! Ja dürfen s’ denn das?!)

Sitzen gelassen und im Stich gelassen wurden viele Österreicher. Und da mein Vorredner hier die Meteorologie bemüht hat, darf ich Ihnen einiges zur Großwetterlage sagen. (Abg. Haigermoser: Hoffentlich ist das Ihr einziges Problem!) Was mir auffällt, Herr Klubobmann Khol und meine Damen und Herren von den Freiheitlichen: Sie fordern immer wieder, dass die Opposition sozusagen ihr Hirn abschaltet und ihre Gedanken mit dieser Regierung synchronisiert. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Das ist meiner Überzeugung nach aber – und ich meine das ganz ernst – eher ein Appell, der vielleicht auf einem Exerzierplatz fällt, hier im Hohen Hause jedoch nichts verloren hat. (Beifall bei den Grünen.)

Sie glauben, dass die Opposition einfach Weltanschauung, Herz und Hirn in irgendeine "Kühltruhe" schnoddrigen Verlangens von Ihnen und einer Monopolstellung Ihres Patriotismus legen soll. – Ich muss Ihnen sagen: In diese "Kühltruhe" werden Sie uns nicht kriegen! (Abg. Böhacker: Was heißt das bitte auf Deutsch?) Österreich braucht auch Patrioten, die nicht "tiefgefroren" sind. Wir werden uns daher auch keine "Uniform" überstülpen lassen. Und gestatten Sie uns, nur dann zu applaudieren, wenn uns danach zumute ist.

Lächeln auf der Regierungsbank sehe ich immer, und ich frage mich: Wie kann man bei dieser Lage, bei dieser politischen Großwetterlage immer nur lächeln? Das ist eine Operette – und kein Parlament. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Ich habe nicht das Parlament als Operette bezeichnet, auch wenn Sie (in Richtung Freiheitliche) jetzt noch so sehr den Kopf schütteln.

Ihre Schulterschluss-Appelle erinnern mich an Folgendes: Wir haben da jetzt, so scheint es, siamesische Zwillinge vor uns. Wenn Sie nun glauben, dass sich die Opposition dazu hergibt, siamesische Vierlinge zu produzieren, so halte ich das für ein noch größeres Problem, als wir es jetzt ohnehin schon haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Sprechen Sie für die Grünen – oder für die SPÖ auch?)  – Ich spreche jetzt für die ganze Opposition; dieses Recht nehme ich mir heraus. Wenn jemand nicht einverstanden ist, dann braucht er ja nicht zu klatschen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Ihr seid in einer Applaus-Koalition!)

Sie haben es geschafft, ganz Österreich zu einem großen Sparverein zu machen und befürworten hier offensichtlich eine Zwangsmitgliedschaft, was ich mit Interesse verfolge. Das Faszinierende für mich ist: Sie sparen 50 Milliarden Schilling ein – nächstes Jahr noch mehr –, und dann muss das berühmte Taferl her. Was ich nicht verstehe – Sie können mir aber ruhig sagen, dass ich dumm bin ... (Abg. Dr. Khol: Nein, das sage ich nicht, denn da würde ich vom Präsidenten Fischer einen Ordnungsruf bekommen!)

Trotz dieses Sparens von 50 Milliarden Schilling bekommt die durchschnittliche österreichische Familie – man höre und staune! – angeblich 16 000 S mehr. Und weiters verkünden Sie: Universitäten und Forschung werden besser, der Fortschritt in der Medizin steht allen offen; Bildung und Wissenschaft setzt zu neuen Höhenflügen an. – Ja wie soll denn das gehen? (Abg. Dr. Khol: In einer guten Regierung geht alles!)

Der Herr Finanzminister bekam hier einen Blumenstrauß überreicht. Ich finde, schenken sollte man ihm eher einen Zylinder, Tauben, Kaninchen und einen Zauberstab. Wenn das alles


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gelingen soll, müsste er nämlich ein Zauberer sein, aber vielleicht liegen weiße Tauben und Kaninchen auch im Rahmen der Ermessensausgaben und er konnte diese gestern nur nicht schenken. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich frage: Wie "punktgenau" kann ein Budget sein, mit dem es ganz Österreich besser geht – und Sie gleichzeitig 50 Milliarden Schilling einsparen? – "Punktgenau", vermute ich, ist ein Vokabel, das Sie sich aus den Artillerieschulen geholt haben. (Abg. Dr. Khol: Nein, das stammt vom Edlinger! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dieser Begriff ist älter als Edlinger – und Artillerieschulen gibt es auch schon länger. (Beifall bei den Grünen.)

Ich vermute auch, dass Reisepässe in Zukunft bald 1 000 S kosten könnten. Ich möchte die Frage beantworten, was da dahintersteckt. – Vielleicht will man Ausfälle in der Tourismusbranche durch solche Kosten für Reisepässe sozusagen egalisieren. Und dann heißt es wirklich für viele Familien: Macht Urlaub in Österreich, die Reisepässe sind uns zu teuer! Könnte ja sein, oder? (Ruf bei der ÖVP: Das ist billige Polemik! – Abg. Böhacker: In der EU braucht man keinen Pass! – Abg. Haigermoser: Jetzt wird das Ganze kurios! Sie reden sich in einen Wirbel hinein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Aber diese Bundesregierung hat auch etwas Gutes: Nicht nur die Österreicher sollen sparen, nein, weit gefehlt: In ungeahnter "Selbstlosigkeit" wird die Regierung bei sich zu sparen anfangen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wollen Sie eigentlich witzig sein oder ...?)

Die Regierung – was mich verblüfft – nannte sich gestern bereits "der Staat": Wir, "der Staat", fangen bei uns zu sparen an! – Erklären Sie mir bitte, wie das geht, wenn Sie schon glauben, "der Staat" zu sein! Sie sparen ein Ministerium ein, machen dafür aber das, was Sie eingespart haben, an Staatssekretariaten wett. Ist das Sparen? Das Wort "Ministerium" kommt – ich sage es jetzt nicht zu kompliziert, damit mich auch jeder versteht – von "dienen". Und Sie sparen am Dienen, am Bürger und an der Bürgerin, denn wenn man ein Ministerium einspart, so heißt das: ein Service weniger, oder? (Abg. Haigermoser: Machen Sie uns einen Vorschlag! Wir sind da ganz Ohr ...!)

Wer ist denn für Sie der Staat? Ich meine: Wir sind der Staat, jene, die auf der Galerie sitzen, sind der Staat! Und an denen will man sparen? Oder bin ich vielleicht deswegen, weil ich das sage, ein "Sozialschmarotzer" oder "schlechter Patriot"? (Abg. Haigermoser: Warum bezichtigen Sie sich selbst? Ich habe überhaupt nichts gesagt!)  – Ich habe eine Frage gestellt. Sie sollten Fragen und Selbstbezichtigungen auseinander halten können. Das ist im Allgemeinen nicht sehr schwierig; selbst in der Vorschule werden solche Sachen gelehrt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wenn wir noch einige Male zwischenrufen, wird Ihre Rede vielleicht sogar gut!)

Kommen wir zum Thema Gesundheit. Selbstbehalte stehen im Regierungsprogramm. Sie wollen uns weismachen, Selbstbehalte seien nur für junge Spitzensportler, für eingeschriebene Mitglieder in Aerobic-Clubs – allen anderen aber werde ohnehin nichts passieren. – Abgesehen davon: Mit einem Selbstbehalt kann man das Gesundheitssystem nicht sanieren; dieser macht geradezu lächerliche Summen aus im Vergleich zu dem, was fehlt. Im Übrigen sind Selbstbehalte eine Weltanschauung – und sie sind nicht sozial. Selbstbehalte zahlen nämlich nicht alle Bürger und die große Gruppe der Österreicherinnen und Österreicher, sondern Selbstbehalte zahlen die Kranken. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas – das ist wissenschaftlich erwiesen –: Die Bezieher geringer Einkommen, dieses untere Einkommensdrittel, werden nicht nur früher, sondern auch häufiger krank – und leben auch kürzer, meine Damen und Herren! Sollen bitte jene, die früher, die häufiger krank werden und kürzer leben, etwas zahlen, was andere, Reichere, nicht selbst zahlen wollen? – Ich finde: nein! (Abg. Mag. Schweitzer: Und wie ist das dann bei den BVA-Versicherten? Warum haben die denn das?) Ich finde, das ist ein Unsinn! Und: Auch die Vergangenheit macht die Gegenwart nicht gerechter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Teilzeitkrankenstände sind auch ein Unsinn. Früher, so sagte ein Wirtschaftsökonom, war ja alles leicht: Nach zwei Wochen war der Patient entweder gesund – oder tot. Aufgrund des Fortschritts in der Medizin ist das anders. So gesehen ist es unheimlich schwierig geworden, denn da sind die Leute nach zwei Wochen – man höre und staune! – weder gesund noch tot. Sind das die "Teilkrankenstände", sind das die "Defektheilungen", von denen Sie sprechen? Den Schwarzen Peter den Krankenkassen zuzuschieben ... (Abg. Mag. Schweitzer: Und wie lautet da der Vorschlag der Grünen? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, der Vorschlag der Grünen ist etwas diffiziler als Ihre Vorschläge. Aber da hier beim Rednerpult das Lämpchen schon leuchtet, kann ich jetzt nicht darauf eingehen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Die rote Lampe verhindert den grünen Vorschlag!)

Wenn Sie von den Freiheitlichen sich einmal Zeit nehmen und für vernünftige Gedanken mehr als zehn Minuten übrig haben, dann erkläre ich Ihnen das, aber auch in 20 Minuten, die mir hier einmal zur Verfügung standen, habe ich es nicht geschafft, Ihnen etwas zu erklären, was mit normaler Vernunft leicht zu begreifen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

14.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

14.17


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17. Sitzung / Seite 89

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner
(SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es ist ein bisschen Nervosität in den Reihen der neuen Koalitionsregierung eingekehrt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und das ist auch nicht verwunderlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ihr seid ja wirklich in einer schwierigen, ja fast peinlichen Situation. Ihr habt in den letzten Jahren immer Großartiges angekündigt – ich denke da beispielsweise nur an die Steuersenkungsprogramme, Flat-Tax, Reduzieren der Steuer auf 20 Prozent – und jetzt macht ihr Steuererhöhungen! (Abg. Mag. Schweitzer: Kurt, bleib sachlich! Du warst früher immer sachlich!)

Ich bin immer sachlich, da hast du, Kollege Schweitzer, vollkommen Recht. Ich bin natürlich auch jetzt sachlich, und es ist wirklich nicht schwer, sachlich zu bleiben, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, Tatsache ist, dass heute schon der Herr Bundeskanzler aus der Vergangenheit sozusagen seine Reputation für diese Regierung rekrutieren musste, im Wesentlichen die Standortansiedlungspolitik in Österreich der letzten Jahre hier als neue Meldung zu verkaufen versucht hat – und dabei nicht einmal wusste, dass die Damen und Herren von Coca Cola zwar den Standort Österreich aufwerten, aber gleichzeitig Hunderte Arbeitsplätze abbauen werden. (Zwischenruf des Abg. Murauer. )

Ebenso geht es der Freiheitlichen Partei, die im Vorjahr gegen die Lohnsteuersenkung und gegen die Familienreform gestimmt hat – sich heute aber damit brüstet, dass die Lohnsteuerquote in Österreich heuer um 9 Milliarden Schilling sinken wird. – Natürlich ist das ein Ergebnis der Lohnsteuerreform der vorherigen Bundesregierung.

Ich denke jetzt etwa nur an dieses Taferl im Zusammenhang mit der Lohnsteuer- und Familienreform (der Redner weist eine Graphik vor), das hier blau ... (Abg. Murauer: Schwarz sollte das sein, nicht rot! – Zwischenrufe des Abg. Böhacker. )  – Sie haben gegen diese 16 000 S gestimmt, lieber Kollege Böhacker. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ändert jetzt überhaupt nichts: Sie argumentieren mit der Steuerreform der ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! Der nächste Redner ist ein Freiheitlicher – und jetzt darf dieser Redner sprechen! Zwischenrufe sind erlaubt, aber wenn mehrere Kollegen ununterbrochen dreinreden, dann ist das keine Debatte. Ich werde dafür sorgen, dass Frau Kollegin Partik-Pablé ihre Rede auch ungestört halten kann – und ebenso Herr Kollege Gartlehner bitte! – Beim Vorredner hätte ich schon früher eingreifen sollen, damit die Debatte geordnet abläuft.

Bitte fortzusetzen, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Dies bestätigt nur die große Nervosität, insbesondere in der Freiheitlichen Partei.

Das setzt sich fort mit der Frau Vizekanzler Riess-Passer, die sich hier herstellt und im Rahmen dieser Budgetdebatte über Familienreform spricht und davon, dass das Karenzgeld in Zukunft wesentlich höher sein wird. Es ist aber in diesem Budget davon überhaupt nichts zu sehen! (Abg. Mag. Schweitzer  – eine Tafel in die Höhe haltend –: Schau das an!) Genau das ist der Punkt. Sie reden über Dinge, die Sie angekündigt haben, die Sie aber überhaupt nicht realisieren. Genau das Gegenteil ist der Fall: Sie räumen den Familienlastenausgleichsfonds aus und wollen gleichzeitig die Familienbeihilfen erhöhen. Das geht so weiter. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer ist auf diese Idee gekommen?)

Lieber Herr Kollege! Ich bin immer dafür eingetreten – die ÖVP hat mich deswegen sogar in einem Wahlprospekt der letzten Wahlkampfbewegung als negatives Beispiel zitiert –, dass die Überschüsse in diesem Fonds nicht durch weitere Steigerungen der Familienausgaben kompensiert werden, sondern dass man sie wirklich für familienpolitische Maßnahmen verwendet, die allen zugute kommen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Im Jahr 1983 haben Sie die 3 Milliarden für die ÖBB-Sanierung verwendet!) Frau Kollegin Partik-Pablé, Sie können dann nach mir reden!

Meine Damen und Herren! Wo hat die Bundesregierung in den letzten Jahren große Ausgaben getätigt und, wie Sie sagen, das Geld verludert? – Ich erinnere mich an eine große Ausgabe, das war das Pflegegeld. Die Einführung des Pflegegeldes hat im Jahre 1994 rund 30 Milliarden Schilling gekostet. Ich erinnere mich an eine zweite Maßnahme, die in einer ähnlichen Größenordnung an Ausgaben wirksam wurde, das war die Lohnsteuerreform im letzten Jahr, gegen die Sie gestimmt haben, wie ich schon gesagt habe, und die Familiensteuerreform, die Erhöhung der Familienbeiträge. Das waren im Wesentlichen die zwei großen Brocken, die in den normalen Budgets sozusagen strukturverändernd gewirkt haben und die eigentlich, hätten wir sie nicht realisiert, dazu geführt hätten, dass wir heute überhaupt keine Neuverschuldung hätten. Ich sage nur eines: Es ist trotzdem sinnvoll und gut, dass es dieses Pflegegeld gibt. Es war richtig und gut, dass wir diese Lohnsteuerreform gemacht und die Familienbeihilfen erhöht haben, weil wir dadurch 100 000 Menschen von der Armutsgrenze weggebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Böhacker hat die Getränkesteuer-Problematik angesprochen. Wir wollten voriges Jahr diesbezüglich eine Reparatur, nachdem vom Generalanwalt in Strassburg bekannt geworden war, welche Argumente gegen die bestehende Getränkesteuerregelung sprechen. Die ÖVP hat es abgelehnt, eine Reparatur durchzuführen, die Freiheitlichen sowieso. In einigen Bundesländern – außer in Kärnten – wurden die Regelungen, wie wir sie vorgeschlagen hätten, auf Landesebene dann sukzessive realisiert und die entsprechenden Maßnahmen ergriffen, um die Gemeinden vor den ungerechtfertigten Forderungen der Wirte zu schützen. Es ist ja bezeichnend, dass das gerade in Kärnten als einzigem Bundesland nicht gemacht wurde, weil Herr Haider der Meinung ist, es stehe das Geld, das den Konsumenten abgeknöpft wurde, den Wirten zu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Summe haben Sie immer davon gesprochen, Sie wollen Steuern senken und Gebühren überhaupt abschaffen. – Genau das Gegenteil machen Sie jetzt! Sie machen es unsensibel und greifen in die Taschen jener, die sehr wenig Geld haben. Ihre Konsolidierungspolitik wird in erster Linie von den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen bestritten. Das ist eine große Problematik.

Die Autofahrer, die Masse der Autofahrer wird durch Ihre Maßnahmen ganz besonders getroffen. Gerade gestern hat der Vertreter des ÖAMTC in der "ZiB 2" ... (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das wollten Sie ja überhaupt nicht!)  – Lieber Herr Kollege, wir hätten es sozial verteilt und ökologisch vernünftig gemacht. Das hätte die Menschen in Summe weniger getroffen. (Abg. Murauer: Benzinpreiserhöhung hätte weniger getroffen?!) Ich kann Ihnen eines sagen: Dieser Beginn der Umverteilung von unten nach oben erfolgt überraschend radikal. Dieser Prozess ist natürlich in seiner ganzen dramatischen Entwicklung erst am Anfang, und man muss sich wirklich fürchten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Mein Vorredner hat gesagt, die ÖVP habe eine Reparatur der Getränkesteuer abgelehnt.

Dem stelle ich den richtigen Sachverhalt gegenüber: Die damals vorgeschlagenen Maßnahmen hätten im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die herrschende Regelung nicht repariert, und daher kam sie nicht zustande. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

14.25

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In seiner letzten Budgetrede hat der ehemalige Finanzminister Edlinger gesagt, Österreich sei eines der wohlhabendsten Länder geworden. – Wenn man allerdings die Basis dieser Wohlhabenheit hinterfragt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann sieht man, wie löchrig, wie unzuverlässig diese Wohlhabenheit ist, denn sie ist auf einem riesigen Schuldenberg aufgebaut. Dieser Schuldenberg ist so riesig, dass man sogar annimmt, dass die Bevölkerung gar nicht abschätzen kann, wie hoch diese Schulden eigentlich sind. Deshalb hat Finanzminister Grasser einen Vergleich gebracht. Er hat gesagt: Mit dem Geldwert der Schulden, die Österreich jetzt hat, könnte man halb Wien wieder aufbauen. Die sozialistische Regierung hat 1,6 Billionen Schilling an Schulden hinterlassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kein Jahr in den letzten 30 Jahren, in denen ein Sozialist beziehungsweise Sozialdemokrat Finanzminister war, vergangen, in dem das Budgetdefizit nicht enorm überschritten worden ist. Ich möchte Ihnen das veranschaulichen. Sie haben im Jahre 1970 ein Defizit von 2,2 Milliarden Schilling produziert bei einer Staatsschuld von 49 Milliarden Schilling. Jetzt beträgt die Staatsschuld 1,6 Billionen Schilling! Da müssen Sie sich schon einmal vorhalten lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei: Wo war da Ihre Verantwortlichkeit für Österreich, als Sie jedes Jahr das Defizit erhöht haben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Kollege Gartlehner! Sie haben gerade vorher angeführt, ein großer Brocken war das Pflegegeld mit 30 Milliarden Schilling. Erstens einmal stimmt das überhaupt nicht, das Pflegegeld macht nicht 30 Milliarden Schilling, sondern 20 Milliarden Schilling aus. Davon waren 8 Milliarden Schilling immer schon die Sozialhilfe, und nur ein Teil davon ist die Pflegevorsorge. Aber ich frage Sie: Was ist mit den 120 Milliarden Schilling geschehen, die die sozialistische Regierung in die verstaatlichte Industrie, in den Sand gesetzt hat? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wo sind die 500 Millionen Schilling, die der ehemalige Bundeskanzler und Finanzminister Vranitzky bei der DDSG verputzt hat? Meine sehr geehrten Damen und Herren! 5 Milliarden Schilling für den "Konsum"! Ich finde, es ist schändlich, dass Sie hier als Grund für das Defizit das Pflegegeld anführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wissen Sie, unter diesen Voraussetzungen, angesichts dieser großen Finanzschuld, die Sie zu verantworten haben, mutet es wirklich seltsam und fast gewissenlos an, dass der österreichischen Bevölkerung noch im Jahre 1998 vom ehemaligen Finanzminister eindringlich versichert wurde: Die österreichische Bundesregierung wird mit ihrer Budgetpolitik und Wirtschaftspolitik jedenfalls in einem größtmöglichen Maß zur Stabilität und Sicherheit, zu einer gesunden, kräftigen Aufwärtsentwicklung unseres Landes beitragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Stabilität ist bei einem so großen Budgetdefizit, bei einer so großen Staatsschuld nicht gewährleistet. Das müsste der ehemalige Finanzminister gewusst haben, das müssten Sie wissen und alle, die hier in diesem Hohen Haus sitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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17. Sitzung / Seite 91

Zum Trost haben Sie hier immer bei jeder Budgetrede gesagt: In den anderen Ländern Europas ist die Staatsschuld noch viel, viel höher. Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, mittlerweile sind wir das Schlusslicht in Europa, mittlerweile sind wir diejenigen, die die größte Staatsschuld in Europa angehäuft haben. Das müssen Sie sich wirklich einmal sagen lassen. Sie müssen endlich einmal einsehen, was Sie alles versäumt haben, als Sie in der Bundesregierung waren und die Möglichkeit gehabt hätten, den Staat und das Budget tatsächlich zu sanieren. Aber Sie haben sich immer auf andere Länder berufen und so lange zugeschaut, bis wir in Österreich wirklich die Allerletzten geworden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist Feuer auf dem Dach! Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Wir machen Ihnen den Vorwurf, dass Sie das Budget immer nur bejubelt haben. Ich kann mich erinnern, Herr Abgeordneter Nowotny, der Wirtschaftsprofessor, ist jedes Mal aufgestanden und hat erklärt, welche Erfolge Österreich mit dieser Budgetpolitik vorweisen kann. Offensichtlich ist Herr Professor Nowotny jetzt mit dem Posten des Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank belohnt worden. Allerdings: Hier im Hohen Haus kann er seine Qualitäten mit dieser falschen Beurteilung der österreichischen Budgetpolitik wirklich nicht unter Beweis gestellt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wissen Sie, so wie Sie jetzt keine Kritik zulassen, so haben Sie auch früher nie Kritik zugelassen. Sie hätten damals unsere warnenden Worte hören sollen. Aber das haben Sie nicht getan. Sie haben alle Signale übersehen und überhört. Sie haben das Signal der tickenden Zeitbombe der Pensionsproblematik überhört, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das Gesetz – so hat es geheißen – werde über die Jahrtausendwende hinweg halten. – Gehalten hat es ganze drei Jahre, dann ist das nächste Gesetz gekommen, und wieder sind Beiträge erhöht worden. Und jetzt stehen wir wieder vor einer fast unlösbaren Pensionsproblematik. (Abg. Dr. Petrovic: Und die ÖVP hat die ganze Zeit davon überhaupt nichts gewusst!)

Frau Petrovic, Sie lachen dazu. Ihnen sind vielleicht die Pensionisten kein Anliegen. Uns sind die Pensionisten und die Sicherung der Pensionen ein wesentliches Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Und die ÖVP hat immer dazu geschwiegen!)  – Bitte? (Abg. Dr. Petrovic: Ich lache über die angebliche Unwissenheit der ÖVP von all diesen Vorgängen!)

Na ja, aber die Sozialdemokraten – da sind wir uns ja einig – haben den Finanzminister gestellt, und sie haben daher auch die Informationspflicht gehabt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie haben zum Beispiel auch zugeschaut, wie Österreich bei der Forschung ins Hintertreffen geraten ist. Wir haben ja in Wirklichkeit viel zu wenig ausgegeben, um unsere Forschung auf einen entsprechenden Standard zu heben, um der Wirtschaft wichtige Impulse zu geben. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Sie haben auch niemals die überbordende Bürokratie, die wahnsinnig viel Geld kostet, überdacht. Sie haben sich ein Versäumnis nach dem anderen zuschulden kommen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und jetzt, da diese Bundesregierung die Reißleine ziehen muss – ich glaube, so heißt das – oder auf die Bremse steigen muss, jetzt kommen Sie und verunsichern mit falschen Darstellungen. Da hört man etwas von Selbstbehalten bei Operationen, man hört alle möglichen schlechten Dinge. (Abg. Huber: Die stehen im Regierungsübereinkommen! Können Sie nicht lesen?) Die werden plakatiert, das haben wir alles schon gehört. Sie versuchen nämlich, durch Unsachlichkeit das Programm der Regierung zu desavouieren, diese Staatsfinanzen wirklich zu sanieren oder dieses Vorhaben zumindest in Angriff zu nehmen. Das, finde ich, ist wirklich nicht sehr verantwortungsbewusst, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir kommt das vor, als ob Sie mit diesen Anwürfen, mit diesen falschen Vorverurteilungen versuchen würden, die Schuld quasi von sich weg zu waschen. Die Leute sollen nicht mehr darüber nachdenken, wer eigentlich für dieses Desaster, das wir jetzt haben, verantwortlich ist. Sie wollen, dass die Leute auf diese Bundesregierung zeigen, die Sparmaßnahmen setzen muss, damit man einigermaßen über die Runden kommt.


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17. Sitzung / Seite 92

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben einen enormen Schuldenberg hinterlassen. Und immer wieder haben wir von Ihnen gehört, dass die Bundesregierung falsche Ansätze bietet, um dieses Budget zu sanieren. Ich würde Ihnen raten, dass Sie alles tun, um diese Bundesregierung zu unterstützen. Denn diese Bundesregierung hat es verdient, dass sie unterstützt wird, weil nämlich Sie die Hauptlast des Desasters verantworten. Anerkennen Sie doch die Bemühungen dieser Regierung!

Darüber ist heute schon geredet worden. Frau Kollegin Bures hat gemeint, soziale Kälte spräche aus dem Programm der Bundesregierung. (Abg. Dr. Cap: Das stimmt auch!)  – Aber das stimmt überhaupt nicht, Herr Cap! Die Bundesregierung, die Sie noch verteidigt haben, in der Herr Edlinger Finanzminister war, hat es verabsäumt, zum Beispiel das Pflegegeld zu valorisieren. Die heutige Bundesregierung hat trotz der knappen Finanzmittel Hunderte Millionen Schilling für die Behinderten vorgesehen. Diese FPÖ/ÖVP-Bundesregierung hat die ÖNORM 2050 zur verpflichtenden Norm erklärt, damit es eine Besserstellung der Behinderten gibt. Ich glaube, das muss man endlich auch einmal anerkennen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Bundesregierung entlastet die Familien mit 28 Milliarden Schilling. Ich würde Ihnen raten, schließen Sie sich jetzt einmal diesen positiven Kräften an, die die Bundesregierung unterstützen. Es geht jetzt nicht um die Befindlichkeit der Sozialistischen oder Sozialdemokratischen Partei, die beleidigt ist, weil sie nicht mehr in der Regierung sitzt, sondern es geht um die Zukunft Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Tancsits. Danach kommt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. – Bitte.

14.35

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Das vorliegende Budget ist Fundament und starker Rahmen nicht nur für die Eigentätigkeit des Bundes, sondern auch für den Standort für Arbeit und Wirtschaft in Österreich. Das vorliegende Budget ist deshalb begrüßenswert und bedeutet eine arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Wende, weil es erstens ein Sanierungswerk ist und zweitens wieder ein starker Rahmen für die soziale Marktwirtschaft in diesem Land, ein Sanierungswerk, das alte finanzpolitische Sünden in den Griff bekommt. Ich nenne nur zwei Daten dazu: Auf der einen Seite ist ein Primärüberschuss von 44 Milliarden Schilling – mit dem Sparen wird also Ernst gemacht. Auf der anderen Seite ist ein Zinsendienst von fast 100 Milliarden Schilling, der sich ja nicht erst seit dem 4. Februar dieses Jahres ergeben haben kann, sondern auf die früheren Finanzminister und deren Wirken zurückzuführen ist.

Das Budget ist aber auch deshalb Rahmen für soziale Marktwirtschaft, weil Gewinne erwirtschaftet werden können und sollen, Investitionen getätigt werden sollen und dadurch Arbeit und Lohnzuwächse entstehen und nur dadurch Geld für Transferleistungen, für das soziale Netz und für sozialpolitisch gewünschte Transferleistungen wie beispielsweise eine starke Unterstützung für die Familien vorhanden ist.

Für Gewinn- und Nettolohnzuwachs steht die Lohn- und Einkommensteuerreform, die unsere Handschrift trägt, die die Abgabenquote senkt und die Unterstützung der Familien verstärkt. Sie ist eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Beispiel: Ein Angestellter mit einem Durchschnittsgehalt und zwei Kindern im schulpflichtigen Alter wird um bis zu 19 000 S pro Jahr entlastet. Dem gegenüber steht – und das werfe ich Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, vor – die kleinliche Aufrechnung von Sanierungseinnahmen, die notwendig sind. Hier bis zu 19 000 S Entlastung und dort eine Anhebung der Kfz-Steuer um vielleicht 1 200 S, des Vignettenpreises um 450 S und der Gebühr für die Ausstellung eines Reisepasses um 46 S. Das sind die Fakten. (Abg. Huber: 460 S, nicht 46 S!)


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Aber dieses Budget und diese Wende in der Finanzpolitik sind nicht nur vom Status quo her zu betrachten, sondern bilden auch den Hintergrund für weitere Entlastungen, insbesondere der kleineren und mittleren Einkommen. Es wurde schon erwähnt: in der Wohnpolitik Abschläge, Weitergabe von Skonti und Zinsenvorteilen, transparente Abrechnung, Abschaffung der Weitergabe von so genannten fiktiven Kosten an den kleinen Mieter, an der gerade der größte Hausherr dieses Landes, die Gemeinde Wien, ja auch nicht schlecht verdient hat.

Senkung der Energiekosten, Senkung der Lohnnebenkosten, die, auch wenn Sie es abstreiten, natürlich auch dem Arbeitnehmer über indirekte Nettolohnzuwächse zugute kommt und direkt, etwa bei der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

Was Ihnen von der SPÖ aber noch mehr wehtut, ist eine verstärkte Vermögens- und Eigentumsbildung: die Mitarbeiterbeteiligung bei der Privatisierung der verstaatlichten Industrie, die Möglichkeit, Wohnungseigentum zu begründen und zu schaffen, und letzten Endes auch das heute schon erwähnte Abfertigungssystem vom Zufallsprinzip, vom geschickten Taktieren des Abzufertigenden zu befreien und in einen echten Anspruch auch auf eine gescheite Verrentung überzuführen.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass sparsamer Umgang mit öffentlichen Mitteln und Förderungen nicht heißt, dass jemandem etwas weggenommen wird! Aber genau diesen Eindruck erwecken Sie mit Ihrer Propaganda, meine Damen und Herren vom Linksblock, wenn es etwa heißt, dass ein gesunkener Unfallversicherungsbeitrag weniger Unfallschutz bedeutet. Was heißt denn das auf Deutsch? Werden jetzt die Sicherheitsgitter entfernt? Werden die Unfallopfer nur halb eingegipst?

Oder es heißt auch, die Arbeiter müssten die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall selbst bezahlen. – Ich weiß schon, was Sie wollen, nämlich dass sich die Leute bis zur Arbeiterkammerwahl fürchten und glauben, dass dann, wenn sie das Entgelt weiter bezahlt bekommen, irgendwann der Erlagschein kommt. Und wenn sich herausstellt, dass er nicht kommt, weil sie es nicht selbst bezahlen müssen, dann haben Sie sich schon über diese Runde gerettet. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Wissen Sie – und das richtet sich gerade an Sie, Kollege Edler –, was die Arbeitnehmer wirklich selbst bezahlen müssen? – Diese Propaganda, die die Arbeiterkammer Wien in den letzten Tagen verschickt hat! (Der Redner hält mehrere Faltprospekte in die Höhe. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Da wird reine sozialistische Gräuelpropaganda verteilt, und das um die Gelder der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Abg. Edler: Das sind reine Informationen!) Darin heißt es: " Arbeitsentgeltfortzahlung selbst bezahlen", "Pensionen gekürzt" und so weiter und so fort.

Meine Damen und Herren! An 600 000 Wiener Haushalte wurde das verschickt. Der Versand allein kostet 2,28 Millionen Schilling. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich hätte für den Druck an die 1,3 Millionen Schilling bezahlen müssen. Wie ich Ihren "punktgenauen" Umgang mit fremdem Geld kenne, haben Sie mindestens das Doppelte dafür bezahlt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Machen Sie es dieser Bundesregierung nach, und geben Sie Entlastungen an die Arbeitnehmer in diesem Land weiter! Ich erwarte von Ihnen, von der "Fraktion selbstherrlicher Genossen", kurz FSG genannt, dass Sie auf Heller und Pfennig die Kosten an die Arbeiterkammer rückerstatten und dieses Geld auch an die Arbeitnehmer weitergeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Ich bitte um korrekte Durchführung.

14.43

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, durch die Arbeiterkammer Wien wäre "sozialistische Gräuelpropaganda" verschickt worden.


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Ich berichtige: Es handelt sich dabei um Informationsmaterialien der Arbeiterkammer Wien und damit um eine Notwendigkeit, die sich aus dem Arbeiterkammergesetz ergibt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

14.44

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister Grasser hat gesagt, er werde mit seinem Sparpaket, mit dem Sparpaket der Regierung die so genannten kleinen Leute nicht treffen. Da frage ich mich, woraus er das denn schließt.

Denken Sie nur daran, meine Damen und Herren, es war Ende letzter Woche, da hat sich die FPÖ freiwillig und großzügig 6 000 S als so genannte Gehaltsvalorisierung für zwei Jahre zugesprochen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie bitte? Ich glaube, das ist ein Irrtum!) Demgegenüber, meine Damen und Herren, darf man aber nicht vergessen, dass Sie die Belastungen, die zweifelsohne schon von der SPÖ-ÖVP-Regierung für pflegebedürftige Menschen eingeführt wurden, jetzt mit Ihrer neuen Regierung auf Kosten von behinderten Menschen selbstverständlich aufrecht erhalten.

Wenn Sie sagen: "6 000 S," die Sie jetzt im Monat zusätzlich lukrieren, "was ist denn das schon?", dann frage ich Sie: Was wäre es denn gewesen, wenn Sie das Taschengeld für PflegeheimbewohnerInnen um 56,20 S – das sind nämlich auch 10 Prozent – erhöht hätten? Diese 56,20 S pro Monat haben Sie keinem Pflegebedürftigen in Österreich, der in stationären Einrichtungen lebt, gegönnt. Das müssen Sie einsparen, damit Sie, wie Sie immer sagen, Ihre Treffsicherheit auch wirklich dort anbringen, wo sie hingehört. Wenn Sie diesen bedauernswerten Menschen diese 56,20 S streitig machen, weil Sie glauben, Sie würden sonst die Treffsicherheit verfehlen und die Leute in unerhörten Wohlstand versetzen, dann ist mir klar, dass Sie überhaupt keine Ahnung haben, was wirklich mit dem einzelnen Bürger, der einzelnen Bürgerin in unserer Gesellschaft passiert. (Beifall bei den Grünen.)

Minister Grasser sagt: Im Budget gibt es keine Tricks. – Nein, es gibt keine Tricks, es gibt offene Sabotagen! Die sind klar erkennbar. Denn schauen Sie sich an, was Sie vorhaben! Sie sparen bei den Ermessensausgaben 15 Prozent ein, quer durch alle Bereiche. Was heißt denn das beispielsweise für gemeinnützige Vereine, die wichtige und wesentliche Arbeit leisten, die der Staat um dieses Geld gar nicht bewerkstelligen könnte? Ich denke hier nur an die ambulante Alten- und Behindertenbetreuung. Wie wird es in Zukunft ausschauen, wenn Sie die Ermessensausgaben um 15 Prozent kürzen? – Das bedeutet, dass in diesem Ausmaß weniger Personal in diesem Bereich tätig sein kann.

Der freiheitliche Landesrat Schimanek sagt, dass auch die Hilfsorganisationen, die Betreuungsorganisationen sparen müssen, weil sie angeblich einen aufgeblähten Verwaltungsapparat haben, und dass man sich diesen in Zukunft nicht mehr leisten wird können und leisten wird dürfen. Da frage ich Sie, meine Damen und Herren speziell jetzt von der ÖVP, die Sie ja mit der "Volkshilfe" in engem Kontakt stehen – Minister Strasser bekennt sich ja dazu –, wie es denn da möglich ist, dass Sie es als einzige Organisation finanziell schaffen, Tag für Tag sehr lange Fernsehspots zu bringen. (Abg. Dr. Leiner: Nein! Nein! Bitte Korrektur! – Abg. Dr. Khol: Sie meinen wohl das "Hilfswerk"! Sie haben "Volkshilfe" gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Das Niederösterreichische Hilfswerk – Entschuldigung, ich meine das Niederösterreichische Hilfswerk – lässt Tag für Tag minutenlange Spots über den Bildschirm laufen. Haben Sie sich schon einmal überlegt, was das kostet? Und haben Sie sich schon einmal überlegt, wie viele pflegebedürftige Menschen Sie mit diesem Geld hätten betreuen können? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber da hat Sparen offenbar überhaupt keinen Stellenwert. Es geht ja um eine parteiorientierte beziehungsweise um eine parteiliche Organisation. Das muss drinnen sein. Private Organisationen wollen Sie zu Tode sparen. Und was wird die Folge sein? – Sie werden diese Menschen,


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die dann nicht mehr betreut werden können, in Pflegeheimen zu betreuen haben, mit einem viel, viel höheren Aufwand als in ambulanter Betreuung.

Sie, Herr Stummvoll, haben gesagt, mit diesem Budget werde es einen wirtschaftlichen Aufschwung geben. Ob es diesen wirtschaftlichen Aufschwung geben wird, werden wir erst sehen. Aber eines ist sicher: Es gibt einen krassen sozialen Ab stieg für jene Menschen, die in unserer Gesellschaft eigentlich am meisten soziale Unterstützung bräuchten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie Stiftungen schon für so wichtig halten, weil sie nicht nur steuerschonend sind, sondern vielleicht auch eine gewisse Ideologie von Ihnen vertreten, dann frage ich Sie: Warum lassen Sie Stiftungen nicht ausschließlich im Sozialbereich zu? – Dort wäre es sicher sinnvoll, Stiftungen zu haben. Aber in der Privatwirtschaft steuerschonende Stiftungen zu errichten, halte ich ganz einfach für eine miese Art, Steuern zu hinterziehen, die noch dazu mit Ihrer Politik legitimiert ist!

Nun zur motorbezogenen Versicherungssteuer, die Sie jetzt anheben und bezüglich der Herr Tancsits gesagt hat: Was soll das denn? Diese paar tausend Schilling im Jahr, die können doch niemanden treffen! – Selbstverständlich trifft das sehr viele Menschen, nämlich die, die sich ganz genau einteilen müssen, wie viel sie wirklich fahren, und die schon zahlen müssen, nur weil sie ein Auto besitzen, ohne dass sie einen einzigen Kilometer gefahren sind und ohne dass sie überhaupt die Umwelt belastet haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Fink: Euer Benzinpreis ...!)

Wenn die Frau Vizekanzlerin hier von ihrem Platz aus sagen darf, dass die Opposition an "kollektivem Gedächtnisschwund" leidet, dann gebe ich das zurück: Diese Regierung hat einen kollektiven Gedächtnisschwund! Denn unabhängig davon, dass Sie vergessen haben, wie stark Sie die Einkommensschwachen in den letzten Jahren belastet haben, führen Sie das in Ihrem kollektiven Gedächtnisschwund eins zu eins weiter und steigen auf all jene, die ohnedies schon am Boden liegen, noch einmal gewaltig drauf! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Eine etwas mildere Sprache wäre schon gut! Wir steigen auf niemanden "drauf"! – Ruf bei den Freiheitlichen: 26 S der Liter Benzin!)

14.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Sie fordern von uns Sachlichkeit: Ich bemühe mich diesbezüglich, wie ich es eigentlich immer tue. Es fällt mir auch nicht schwer, sachlich zu sein – noch dazu bei jenen Aussagen, die hier gemacht wurden.

Sie werden sich allerdings ein bisschen schwer tun! Denn ich muss ehrlich sagen, wenn man den Aussagen, die in den letzten Wochen seit dem Regierungsantritt und in den letzten Tagen, speziell heute wieder, zu vernehmen waren (Abg. Steibl: Wir sind eben schon müde! Wir sind so froh, wenn wir endlich einmal aufhören können!), so zugehört hat, dann muss man bei den einen – wobei mich am meisten verwundert, dass es auch aus der ÖVP solche Wortmeldungen gibt – ja den Eindruck gewinnen, dass wir nahe dem Scherbenhaufen sind. Als ich Herrn Kollegen Puttinger zugehört habe, da habe ich geglaubt, es fällt schon alles zusammen.

Was, bitte sehr, meine Damen und Herren, sagen Sie dann zu dieser Aussage – mit der ich völlig übereinstimme und die ich schon zum zweiten und dritten Mal gelesen habe –:

"Es gab noch nie so gute Voraussetzungen für unser Land. Wir sind wirtschaftlich stark und wohlhabend. (...) Die Republik Österreich ist von sehr schwierigen Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem wirtschaftlichen Musterland aufgestiegen. (...) Die Wirtschaft nützt heute ihre Chancen in Europa. (...) Noch nie waren in Österreich so viele Menschen erwerbstätig wie


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heute. (...) Das ist unsere ökonomische Erfolgsbilanz." – So Dr. Schüssel in seiner Regierungserklärung.

Ich stimme da vollkommen mit ihm überein. Ich muss allerdings dazusagen, was er nicht gesagt hat – das ist keine Kritik, ich verstehe das –: Er hat nicht dazugesagt, dass eine solche ökonomische Erfolgsbilanz ja nur gemeinsam erreicht werden konnte, dass das aber unter einer 30 Jahre hindurch bestehenden sozialdemokratischen Führung geschah, wobei wir zwischendurch einmal mit einer kleinen Partei und 13 Jahre hindurch mit einer großen Oppositionspartei eine Koalition hatten. Es war also ein gemeinsames Werk! Dass da jetzt einzelne immer wieder kommen und das in Frage stellen, das verstehe ich nicht. Uns aber wirft man vor, wir würden Verunsicherung betreiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie mir oder uns nicht glauben, meine Damen und Herren, zitiere ich einen uns nicht nahe stehenden Wissenschafter, Professor Tichy, der erst vor einigen Tagen wörtlich erklärte: Die österreichische Wirtschaftslage ist außerordentlich gut. Wir wachsen rascher als die übrigen EU-Staaten, wir haben die niedrigste Inflationsrate. Unsere Arbeitslosenquote wird bloß von den Niederlanden unterboten. Sie entspricht der amerikanischen, wo von Vollbeschäftigung gesprochen wird. Keineswegs steht die neue Regierung vor einem Scherbenhaufen, sie übernimmt ein durchaus gutes Erbe! – Jawohl, das ist auch unsere Meinung, meine Damen und Herren!

Das gute Erbe kommt eben aus einer von Ihnen immer wieder heftig kritisierten 30-jährigen sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung. Was hat sie gebracht, meine Damen und Herren? – Ein Triple-A durch Jahrzehnte, niedrige Zinsen, niedrigste Inflationsraten, Vollbeschäftigung, keine Jugendarbeitslosigkeit – eine Erfolgsbilanz sondergleichen! Zu der stehen wir gerne! Kritisieren Sie das nur weiter! Machen Sie weiter das Land schlecht, aber machen Sie uns nicht verantwortlich dafür, wenn dann ein schlechtes Image entsteht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Aber wir sind Schlusslicht bei den Maastricht-Kriterien!)

30 Jahre Sozialdemokratie haben nämlich bewirkt, dass wir in Österreich im weltweiten Vergleich heute auf dem zehnten Platz rangieren – eine beispiellose Erfolgsbilanz, meine Damen und Herren! (Abg. Aumayr: Brüssel sieht das anders, Herr Kollege!) Nur wenige Länder in der Welt – da stimme ich mit Bundeskanzler Schüssel völlig überein, wenn er das hervorhebt – bieten ihren Bürgerinnen und Bürgern eine derart hohe soziale Sicherheit! Gesundheitssystem, Pensionsvorsorge, Pflegevorsorge, funktionierende Kommunen – all das, bitte sehr, ist das Ergebnis dieser Politik! Diese soziale Sicherheit kostet natürlich Geld, und dazu stehen wir auch. Ich bin davon überzeugt, dass auch die überwältigende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung dazu steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe bei der Budgetrede des neuen Finanzministers aufmerksam zugehört, und ich habe sie auch durchgelesen. Wenn es darin heißt: "Die österreichische Wirtschaft hat" – hören Sie gut zu! – "in den letzten 25 Jahren infolge des zunehmenden Konkurrenzdrucks, verursacht auch durch die Integration Österreichs in die Europäische Union und die Ostöffnung, einen weltweit bewunderten Aufholprozess mit deutlich über der Europäischen Union liegenden Wachstumsraten erreicht", bedingt auch durch hervorragendende Rahmenbedingungen, dann kann ich nur sagen: Jawohl, Herr Bundesminister für Finanzen, ich stimme vollkommen mit Ihnen überein! Das ist eine Basis, auf der man diskutieren kann.

Wenn er weiters sagt, dass eine der Voraussetzungen für diese gute Wettbewerbssituation, von der auch Bundeskanzler Schüssel heute wiederum gesprochen hat, die Verbesserung der Lohnstückkosten ist – das sind ja die hauptsächlichen, die ausschlaggebenden Kriterien in der Wettbewerbssituation, die bei diesen Rahmenbedingungen erreicht werden konnten –, dann, bitte sehr, sagt das genügend aus.

Was mich wundert – ich habe es zuvor schon gesagt –, ist nur eines, nämlich das, was Kollege Khol und Kollege Stummvoll heute gesagt haben. Zum Budgetentwurf 1999, den Sie angeblich nicht genau kennen – ich frage mich nur, warum Sie dann zugestimmt haben –, hat Kollege Khol gesagt – ich zitiere –:


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"Die Regierungsparteien können ein Budget vorlegen, das den eingeschlagenen Konsolidierungskurs zu einem Höhe- und Endpunkt führt."

Abgeordneter Stummvoll zur Steuerreform: "Wir können stolz darauf sein, dass die OECD die Steuer- und Wirtschaftspolitik unseres Landes im Vergleich zu Gesamteuropa derart hervorhebt. (...) Die Steuerreform ist das größte Steuersenkungsprogramm der Geschichte der Zweiten Republik, ein Programm, das wichtige Weichen ins nächste Jahrtausend stellt."

Zur Budgetpolitik des immer wieder kritisierten Finanzministers Edlinger sagte Abgeordneter Stummvoll noch heuer am 26. Jänner 2000: Finanzminister Edlinger ist bei seinen Budgets "mehrmals eine Punktlandung" gelungen. – Jawohl, Herr Kollege Edlinger! Ich gratuliere! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Damit mir die Zeit nicht davonläuft, nur noch zwei Bemerkungen. Der Bundesminister für Finanzen ist nicht anwesend, aber ich erwarte mir von ihm eine Aussage, und zwar deswegen, weil ich vom Grundsatz her mit vielen seiner Äußerungen zwar nicht zur Gänze, aber zum Teil – sei es nun, was die Globalisierungsfrage und Ähnliches oder auch was die Exportpolitik betrifft; hiezu hat er nur viel zu wenig gesagt – übereinstimme, aber eines verstehe ich nicht:

Kollegin Bures hat bereits auf die etwas eigenartige Bestellung der Personalberaterfirma Zehnder hingewiesen. Mir kam gestern zu Ohren, meine Damen und Herren, dass – in aller Kürze, in aller Raschheit – eine neuerliche Ausschreibung für die Suche der Vorstandsdirektoren der Telekom Austria gemacht wurde. Man höre und staune – ich staune nicht mehr –: Wer hat den Zuschlag erhalten? – Wiederum die Firma Zehnder!

Herr Bundesminister für Finanzen! Ich frage mich: Was steht hinter dem? Ist das die neue Politik, die die österreichische Bundesregierung jetzt verkündet hat? Ist das das "Neue", so wie man auch das ÖIAG-Gesetz husch-pfusch ohne Begutachtung hereingebracht hat?

Ich erwarte vom Bundesminister für Finanzen in diesen Fragen eine Antwort! Das sind sehr konkrete Fragen mit kritischer Untermalung. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Khol! Zwei Sätze noch – das betrifft auch die Kolleginnen und Kollegen – zur Getränkesteuer: Wie war es wirklich? – Lassen wir jetzt all das, was vorher war, weg – ich habe die Zeit nicht mehr. Wir haben uns voriges Jahr um eine Regelung bemüht, weil das gedroht hat, was jetzt eingetreten ist.

Hier vermisse ich eigentlich vom Finanzminister, dass er Vorsorge trifft. Sie haben eine Resolution eingebracht, die ÖVP hat einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem es heißt: "Wird der Ertrag einer Abgabe gemäß § 14 und § 15 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vermindert" – also die angesprochene Getränkesteuer aufgehoben –, "so hat der Bund die betroffenen Gebietskörperschaften schadlos zu halten." – Das war Ihr Vorschlag! Sie haben gesagt, der Bund soll zahlen.

Lieber Helmut Haigermoser! Ich habe mir auch den Entschließungsantrag der FPÖ ausheben lassen, weil ich auf Korrektheit der Zitierung Wert lege: Darin heißt es: "Der Nationalrat wolle beschließen: ‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Gemeinden den durch den Wegfall der Getränkesteuer entstehenden Einnahmenausfall zur Gänze zu ersetzen.‘" (Abg. Haigermoser: Aber die Präambel musst du auch lesen!) – Die ganze Präambel kann ich jetzt nicht vorlesen, aber ihr kennt sie ja ohnedies. – Das war also der Antrag.

Meine Damen und Herren! Daher glaube ich – und ich stimme da mit Herrn Kollegen Van der Bellen völlig überein –, dass wir es hier nicht mit einem realistischen Budgetentwurf zu tun haben, sondern mit einem Budgetentwurf der Hoffnung. Ich hoffe im Interesse des Landes, dass das Erhoffte eintreten möge. Im Augenblick sieht es nicht danach aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


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17. Sitzung / Seite 98

Präsident Dr. Werner Fasslabend
(den Vorsitz übernehmend): Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Ich möchte mich ja mit Kurt Heindl nicht anlegen; ich hoffe, dass dir das nicht schadet. Die Wertschätzung dir gegenüber ist eine durchaus ungebrochene!

Meine Damen und Herren! Die Leistungen der österreichischen Wirtschaftstreibenden und ihrer Mitarbeiter, was die letzten Jahrzehnte anbelangt, hat ja niemand in Frage gestellt. Das ist eine großartige Leistung, und trotz der alten Koalition ist dieser Fortschritt in der Wirtschaft gelungen, meine Damen und Herren!

Faktum ist, Kollege Heindl – das ist in mehreren Zwischenrufen angemerkt worden –, dass wir ob der Budgetpolitik des gerade den Saal verlassenden Ex-Finanzministers (Abg. Aumayr: Flüchtet er schon?) in Bezug auf die Maastricht-Kriterien auf den letzten Platz hinter Griechenland zurückgefallen sind. Das ist Faktum!

Trotz der großartigen Leistungen, trotz zweier Belastungspakete haben Sie es geschafft, den Österreichern einen gigantischen Schuldenberg in den Rucksack zu füllen! Das ist die Frage, über die wir heute zu diskutieren haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daher möchte ich es nicht verschweigen: Ich hatte heute "nächtlings" einen Alptraum. Jawohl! Ich hatte den Alptraum, Rudi Edlinger sei noch immer Finanzminister, meine Damen und Herren – ein Edlinger, welcher im Finanzministerium die Computerprogramme heruntergefahren hat, ein Edlinger, welcher den Österreichern, wie gesagt, ein gigantisches Schuldenpaket ins Haus geliefert hat, ein Rudolf Edlinger, welcher Belastungspakete gebar, ein Edlinger, welcher trotz gesetzlicher Verpflichtungen kein Budget vorgelegt hat, ein Rudolf Edlinger (Abg. Dr. Khol: Der einen Hund hat, der die Wurst frisst!) – richtig, aber mit seinen Speisegewohnheiten möchte ich mich jetzt nicht befassen, denn ich habe nicht so viel Zeit –, der geplant hatte, mittelfristig die Benzinsteuer um 3 S bis 4 S pro Liter zu erhöhen, um der Forderung der Grünen nach einem Preis von 30 S für einen Liter Benzin möglichst nahe zu kommen, ein Rudi Edlinger, welcher in alter sozialistischer Manier versuchte oder angedacht hat, die Erbschaftssteuer anzuheben, unter dem altmarxistischen Übertitel: "Eigentum ist Diebstahl"!

Meine Damen und Herren! Es war ein Alptraum! Ich bin schweißgebadet aufgewacht (Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP), Gott sei Dank wurde es hell und licht, und mir fiel wieder ein: Es ist nicht Edlinger Finanzminister, sondern Grasser! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das hat mich diesen Tag wieder positiv beginnen lassen.

Nun, mit dem Klassenkampf, meine Damen und Herren, werden Sie das rettende Ufer nicht erreichen! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Sie werden es deshalb nicht erreichen, weil Sie mit Kernschichtenbetreuung allein nie und nimmer in der Lage sein werden, den breiten Mittelstand in diesem Lande für sich zu gewinnen, denn dieser Mittelstand will keine Benzinpreise von 30 S, wie es die Grünen verlangt und dann abgestritten haben, und der will auch keine stille Enteignung über eine gigantische Erbschaftssteuer. Daher werden Sie so das rettende Ufer mit Gusenbauer nicht erreichen. Das soll nicht unsere Sorge sein, aber ich sage es Ihnen nur, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit der Politik der fünfziger Jahre werden Sie nicht punkten. Aus diesem Grund ist es gut, dass wir diese Koalition haben – gut für das Land, gut für die Wirtschaft und gut für die Mitarbeiter, meine Damen und Herren! Es ist nahezu grotesk, wenn jetzt immer wieder gesagt wird: Die haben bei der Getränkesteuer nichts gemacht! Ja wo sind Sie denn? Ja wieso bringen Sie denn das nicht in Ordnung? – Seit fünf Jahren nahezu gibt es diese Diskussion! Sie haben gewusst, dass der EuGH so entscheiden wird. Sie haben gewusst, dass man entsprechend Vorsorge treffen muss, aber Sie haben den Bremsschuh hineingehaut.


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17. Sitzung / Seite 99

Meine Damen und Herren! All das, was Sie den Österreichern hier vorexerzieren, ist ein Alptraum!

Herr Edlinger, Sie haben vieles von der Regierung verlangt, und Sie bejammern insbesondere die Entlastung für die Wirtschaft – 15 Milliarden Schilling an Entlastung – und spielen hier Klassenkampf. Herr Kollege Kiermaier, der Vizepräsident der Niederösterreichischen Wirtschaftskammer, hat heute offensichtlich Redeverbot. Es wäre interessant zu hören, ob er das auch so sieht, dass diese Entlastungen ein Geschenk für die Unternehmer sind. Kollege Kiermaier, nennen Sie Ross und Reiter! Wie halten Sie es denn mit den Entlastungen? Oder sind Sie für die Be lastungen des Mittelstandes, der Wirte, der kleinen Gewerbetreibenden?

Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, dass entlastet wird, dass wir Arbeitsplätze schaffen können und keine marxistisch verhindert werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das wäre interessant. Ich hätte Kollegen Kiermaier heute gerne gehört – sonst nicht so gern, aber heute wäre es vielleicht ganz interessant gewesen.

Noch eine Kurzanmerkung: Herr Kollege Kostelka! Es pfeifen nicht nur die österreichischen Spatzen von den Dächern, sondern auch in Finnland und in anderen Staaten der Europäischen Union ist es soweit: Sie waren am Werk, als Österreich via die Sozialistische Internationale schlecht gemacht wurde! Und jetzt wird von Ihnen gegen die Behauptung, dass Sie am Werk waren und quasi die Aufforderung geliefert haben, dieses Land schlecht zu machen, das Argument vorgebracht, dass doch Herr Gusenbauer diese Pilgerreise angetreten hat, die ihn zunächst zu Herrn Prodi führte. Der hat doch gar nichts gemacht, der hat das Ganze ohnedies abgeschwächt! Er hätte zu Herrn Guterres fahren müssen! Das tut er jetzt verspätet, weil ihn sein eigenes schlechtes Gewissen eingeholt hat. Das aber weiß die österreichische Bevölkerung in der Zwischenzeit besser, als Ihnen lieb ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

15.07

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte mich an und für sich nur mit der Zukunft beschäftigen, aber es hat mich vor kurzem tatsächlich geärgert, als Herr Bundesminister a.D. Edlinger meinte, er würde lieber seinen Hund als Aufpasser für eine Wurst einsetzen, als den Österreichern zuzumuten, dass die ÖVP auf das Budget aufpasst.

Nun ja, Herr Bundesminister außer Dienst! Wenn man nicht einmal in der Lage ist, einen Hund so abzurichten, dass er eine Wurst nicht frisst, dann könnte man auch in Bezug auf das Budget oder die punktgenaue Budgetwahrheit sagen: "Wie der Herr, so ’s Gscher."

Ich möchte diese Generaldebatte am heutigen Tag dazu benützen, Sie zu einer Diskussion über die Chancengleichheit zwischen Stadt und Land einzuladen, über die faire Finanzpartnerschaft zwischen den Gebietskörperschaften, also über den Finanzausgleich.

Eigentlich, meine Damen und Herren, müsste dieses Thema jeden interessieren, denn jeder von uns wohnt in einer Gemeinde. Es müsste die Wirtschaft, den Arbeitnehmer, die Landwirtschaft interessieren, weil es wichtig ist, eine gesicherte Finanzkraft in allen Gemeinden unseres Landes zu haben. Fehlende Finanzkraft auf dem Lande gefährdet auch dort Arbeitsplätze. Fehlende Arbeitsplätze im ländlichen Raum verstärken Pendlerprobleme, weil die Bewohner dann auspendeln müssen, um zu den Arbeitsstätten zu kommen – mit den Nachteilen des täglichen Staus, des vorprogrammierten Verkehrsinfarktes, sodass man dann in der Stadt wiederum die Umfahrung der Umfahrung bauen muss!

Ob das sinnvoll ist? Besser wäre es aus meiner Sicht wohl eindeutig, eine gerechte Aufteilung der Finanzkraft sicherzustellen, also auch für eine Stärkung des ländlichen Raumes zu sorgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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17. Sitzung / Seite 100

Meine Damen und Herren! Wir brauchen in diesem Gebiet keine Bevorzugung – absolut
nicht! –, aber wir meinen, dass es die Gerechtigkeit gebietet, dass jeder Bürger gleich viel wert ist und dass die Bundesertragsanteile tatsächlich nach dem Pro-Kopf-Aufkommen aufgeteilt werden.

Meine Damen und Herren! Es wird trotzdem eine unterschiedliche Finanzkraft geben, denn es ist eben ein Unterschied, ob es sich um eine flächengroße, einwohnerschwache Gemeinde oder um eine pulsierende Tourismusgemeinde handelt, ob es sich um eine Gemeinde handelt, die überörtliche Lasten wie Wasserschutz- und Schongebiete, großzügig ausgelegt, zu tragen hat, damit in verdichteten Gebieten – und ich bekenne mich dazu – die Trinkwasserversorgung sichergestellt werden kann, eine Gemeinde, in der Naturschutzgebiete, Naturparks ausgewiesen werden, oder auch "Natura 2000"-Gebiete, die, um den Anforderungen der EU gerecht zu werden, über Regionen darübergelegt werden – mit all den Schwierigkeiten –, oder ob es eine Gemeinde ist, in der es Naherholungsgebiete gibt.

Da meint man gerade in Richtung dieser Gemeinden immer, Sparen sei bei den Gemeinden angesagt!

Wenn ich nun lese, dass der Brau Union-Chef, Herr Markus Liebl, meinte, auch die Gemeinden hätten sparsam zu wirtschaften, so kann ich dem nur entgegnen: Das braucht man den kleineren Gemeinden nicht zu lehren, denn die haben das täglich zu praktizieren! Da reden offensichtlich die Blinden von der Farbe, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich zeige Ihnen das jetzt anhand zweier Beispiele auf, an der Stadtgemeinde Freistadt und der Stadtgemeinde Grieskirchen – beides Bezirksstädte. Freistadt hat 7 800 Einwohner, Grieskirchen 5 400 Einwohner.

Nun wird oft die Meinung vertreten, die Getränkesteuer würde nur drei Prozent des Gesamtbudgets ausmachen und daher wäre dieser Betrag einzusparen, zu vernachlässigen oder zu kompensieren: Meine Damen und Herren! Die Stadtgemeinde Freistadt hatte in den letzten Jahren im Durchschnitt zwischen 13 und 15 Millionen Schilling pro Jahr frei verfügbar für Investitionen, also für den außerordentlichen Haushalt. Wenn die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke tatsächlich nicht kompensiert würde, würden 50 Prozent des Investitionsbudgets wegfallen – 50 Prozent! –, weil dieser Getränkesteuer-Betrag in der Stadtgemeinde Freistadt 7 Millionen Schilling ausmacht!

In Grieskirchen würde der Wegfall dieser Getränkesteuer rund 30 Prozent Verlust bedeuten, und bei vielen kleinen Gemeinden wären dies 100 Prozent des frei verfügbaren Budgets, des Investitionsbudgets.

Hinzu käme noch eine Verschärfung: Auch bei noch so guter Landes- und Bundesförderung verschiedenster Projekte ist nämlich jede Gemeinde verpflichtet, einen bestimmten Eigenanteil aufzubringen. Wenn sie nichts an Investitionsbudgets verfügbar hat, dann kann sie auch den Eigenanteil nicht aufbringen. Daher ist eine Kompensation notwendig, und ich bin froh darüber, dass hier sorgsam und vernünftig verhandelt wird und kein Schnellschuss passiert. Wichtig ist, dass eine gerechte und gesicherte Lösung kommt, meine Damen und Herren!

Der zweite Punkt ist der abgestufte Bevölkerungsschlüssel: Heuer läuft der Finanzausgleich aus. Da wird immer zu Gunsten der größeren Städte argumentiert, weil da angeblich die Infrastrukturkosten höher seien. Tatsache ist, dass im ländlichen Raum die Infrastrukturkosten ungleich höher sind und dass im Straßenbau zirka das Dreifache, bei der Wasserversorgung etwa das Vierfache und bei der Abwasserbeseitigung im Schnitt das Dreifache – aber teilweise bis zum Zehnfachen! – an Kosten aufzuwenden ist! – Nachzulesen in der ÖROK-Unterlage.

Ich fordere den Gemeindebund auf, als gleichberechtigter Partner sicherzustellen, dass in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen endlich der abgestufte Bevölkerungsschlüssel gerechter aufgeteilt wird – eine Forderung, die wir schon lange vorbringen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Eines sei festgehalten: Ein konsolidiertes Budget des Bundes muss auch in diesem Bereich die Grundlage für die Zukunft sein. Diesem Budget geben wir von der Österreichischen Volkspartei sehr gerne die Zustimmung. Wir werden in den kommenden Verhandlungen nachweisen, dass es tatsächlich ein Budget für die Zukunft und nicht wie jenes von Edlinger eines für die Vergangenheit ist! (Beifall bei der ÖVP.)

15.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.15

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Haigermoser! Sie haben hier behauptet, die Grünen würden einen Benzinpreis von 30 S (Abg. Dr. Leiner: 36!) – 36, ich korrigiere mich – fordern. – Das ist falsch! Das war 1990 schon falsch, und es ist im Jahr 2000 immer noch falsch.

Wahr ist vielmehr: Wir haben ein ökosoziales Steuerreform-Modell vorgelegt, in dem keine Benzinpreiserhöhung enthalten ist (Abg. Dr. Khol: Ihr seid mir schöne Grüne!), sondern eine fahrleistungsabhängige Kilometerabgabe. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

15.16

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Ich war relativ gespannt auf diese ersten Budgetdaten, nachdem die Frau Bundesministerin im Rechnungshofausschuss über die Gebarung des Unterrichtsministeriums gesagt hat – sie kann mich korrigieren, wenn es nicht so war, aber ich glaube, ich habe ganz gut aufgepasst –, dass es im Unterrichtsbereich bedingt durch das Steigen in den Gehaltsstufen ein strukturelles Anwachsen im Personalbereich von in etwa 3 Prozent geben wird, sodass, wenn man berücksichtigt, was durch die Gehaltserhöhung noch dazukommen wird, beim Personalaufwand in Summe zusätzliche Kosten in einer Größenordnung von in etwa 5 Prozent anfallen werden.

Ich habe mir gedacht, das wird interessant! Das ist ein relativ großer Budgetposten. Sehen wir uns einmal an, ob diese 5 Prozent in den Budgetdaten wirklich enthalten sind!

Zunächst ist auf den ersten Blick zu lesen: 1999: 75,1 Milliarden Schilling, 2000: 76,1 Milliarden Schilling. Das bezieht sich auf den gesamten Bereich Erziehung und Unterricht, das ist nicht alles für das Personal, aber dennoch: Eine Erhöhung von einer Milliarde Schilling spiegelt bei weitem nicht diese Kostenanpassung wider.

Ich habe mir dann allerdings das Budget im Detail angesehen und bin draufgekommen, dass im Budgetvoranschlag sehr wohl die Erhöhungen budgetiert sind. Ich erwähne hier nur ein Beispiel: Allein bei den Pflichtschullehrern war eine Kostensteigerung von 2 Milliarden Schilling, im AHS-Bereich von 650 Millionen Schilling berücksichtigt. Ich habe mir gedacht: Komisch! Wie funktioniert das? Da nur 1 Milliarde Schilling, und bei diesen zwei Bereichen allein schon fast 3 Milliarden Schilling? Dann bin ich draufgekommen, dass unter der Zahl "99" in dieser Tabelle offenbar der Gebarungserfolg wiedergegeben ist, und 2000 steht dann der Budgetvoranschlag drinnen!

Insofern stimmen die Zahlen bis zu einem gewissen Grad wieder, was aber bedeutet, dass offenbar im Unterrichtsministerium Jahr für Jahr die Budgetansätze nicht eingehalten werden, dass sie Jahr für Jahr überschritten werden und dass Jahr für Jahr trotzdem wieder die bestehenden unrichtigen Ansätze als Vergleichsbasis herangezogen werden. Das hat wohl mit "Österreich neu regieren" relativ wenig zu tun!

Der Vorwurf geht natürlich auch zurück, es war also offenbar auch in der Vergangenheit so, es wird aber fortgeschrieben. Das heißt, man vergleicht hier Zahlen miteinander, die einfach nicht


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zu vergleichen sind, und nennt die Dinge nicht beim Namen. Die Erhöhung von 5,5 Prozent würde nämlich heißen, dass ein zusätzlicher Bedarf von etwa 3 Milliarden Schilling allein im Unterrichtsbudget berücksichtigt sein müsste, der aber nicht aufscheint.

Wenn Sie also von Konsolidierungsbedarf reden und davon, welche Budgetmittel erforderlich sind, dann sollten Sie zumindest einmal die Zahlen nennen, um die es de facto geht, und nicht Budgetkosmetik betreiben! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Hier vorne steht (der Redner hält ein Exemplar der gedruckten Budgetrede in die Höhe): "Es gilt das gesprochene Wort!" – Ich habe mir schon gedacht: Vielleicht steht das bewusst drinnen, denn Sie haben nur jene Seiten gelesen, auf denen der Text abgedruckt ist; die Tabellen wurden ja nicht vorgelesen. Ob diese Tabellen dann auch gelten, das ist ein anderes Kapitel. Offenbar gelten sie nicht.

Noch etwas ist mir aufgefallen, und das ist auch ein sehr spannender Punkt: Da es gestern auch relativ scharf gegen die Kollegen von der SPÖ gegangen ist, muss ich anmerken, dass in diesem gescheiterten Koalitionsübereinkommen von SPÖ und ÖVP ein Punkt enthalten war, den wir auch schon lange gefordert haben und in dem es darum ging, dass eine Abflachung der Einkommenskurve bei den Lehrern angestrebt werden soll.

Viele Bereiche dieses gescheiterten Koalitionsübereinkommens sind – wir wissen es – übernommen worden. Genau in diesem Bereich ist jedoch ein Teil der Forderung nicht übernommen worden, und das war genau jener, bei dem es um die Abflachung der Einkommenskurve geht. Der ist explizit herausgefallen.

Das ist, so meine ich, eine sehr kurzsichtige Politik. Es ist ja relativ einfach nachzuvollziehen, dass es, wenn man bei den Aktivbezügen eine Abflachung vornimmt, zumindest bei den Pensionszahlungen Auswirkungen und Einsparungseffekte hat – kurzfristig jedoch kostet es etwas. Aber offensichtlich bedeutet "Österreich neu regieren" nicht, dass man zugunsten langfristiger Einsparungen kurzfristig wirksame, bereits paktierte – mit der SPÖ paktierte – Regelungen einführen will. Ich denke, da hätte es durchaus die Möglichkeit gegeben, eine sinnvolle und auf Dauer für das Budget absolut notwendige Regelung durchzusetzen. Sie haben das aber nicht gemacht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hostasch. – Bitte.

15.21

Abgeordnete Eleonora Hostasch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister Grasser hat sich in seiner gestrigen Rede mit sozialer Gerechtigkeit auseinander gesetzt und wörtlich gesagt: "Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn wir heute das Budget sanieren, damit wir morgen wichtige Aufgaben erfüllen können."

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, Sie werden mir Recht geben: Es kommt darauf an, zu wessen Lasten ein Sparkurs, eine Budgetkonsolidierung erfolgt, wenn sie sozial gerecht sein soll. Ihr Sparkurs, der Sparkurs dieser Bundesregierung, ist sozial unverträglich, er geht zu Lasten der kleinen Leute, der Bezieher von geringen und mittleren Einkommen, der Arbeiter und Angestellten und ist daher in dieser Form aus unserer Sicht sicher nicht akzeptabel. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Grasser hat weiters gesagt: "Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn sich heute die jungen Menschen darauf verlassen können, dass sie im Alter noch eine Pension bekommen." – Glauben Sie wirklich, dass Reduzierungen bei den Investitionen, unprofessionelle Privatisierungen, die kurzfristige Anhebung des Pensionsalters und ein Malus-Pensionsreduzierungs-Konzept dies tatsächlich bewirken und Vertrauen der Jugend in die zukünftige Pension mit sich bringen? – Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die geeigneten Schritte sind. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister Grasser hat weiters auch gesagt: "Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn jene Hilfe erhalten, die sie wirklich brauchen, und nicht alle, die diese Hilfe in Anspruch nehmen wollen." (Abg. Dolinschek: So ist es!)  – Ist Ihr Versprechen – gemäß dem Regierungsprogramm – eines Kinderbetreuungsgeldes für alle – nach dem Gießkannenprinzip, undifferenziert – tatsächlich die richtige Antwort auf soziale Gerechtigkeit, auf eine sozial gerechte Lösung, wie sie hier vom Finanzminister angesprochen wurde? – Ich erwarte auch darauf eine Antwort.

Herr Bundesminister Grasser hat auch gesagt: "Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn Leistungen ihren Stellenwert haben, aber gleichzeitig die Armut in Österreich ganz konsequent bekämpft wird." – Ich nehme nur zwei Punkte aus dem Regierungsprogramm heraus: Ihre Vorstellungen hinsichtlich des Bürgergeldes und das Streichen des Berufsschutzes. Ist das eine Politik für jene, die auf der schwächeren Seite der Gesellschaft stehen? – Aus meiner Sicht nicht, und ich hoffe, dass sich eine Mehrheit in diesem Hause finden wird, die das genauso sieht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Sie werden mir hoffentlich nicht gram sein, wenn ich Sie in einem Punkt nicht ernst nehme: nämlich wenn Sie meinen, Versicherte mit einer Beitragsdauer von 45 Jahren sollen weiterhin mit 55 beziehungsweise 60 Jahren in Pension gehen können. Ich traue dieser Bundesregierung sehr viel zu, aber dass sie die Kinderarbeit wieder einführt, traue ich ihr eigentlich nicht zu. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf jetzt Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ansprechen und Ihnen mitteilen, dass ich mit 31. März dieses Jahres aus dem Hohen Hause ausscheiden werde. Ich konnte in fast zehn Jahren, mit einer kurzen Unterbrechung, im Hohen Haus vieles gemeinsam mit anderen erledigen – für unser Volk, für unser Land! Es gab Höhepunkte wie die Pensionsreform in der letzten Legislaturperiode, den Beschluss des Pflegegeldes, eines Gleichbehandlungsgesetzes mit allen Novellen, viele Änderungen im Kleinen, die für die Menschen in unserem Land vieles zum Positiven bewirken konnten. Besonders stolz bin ich darauf, dass ich dem Hohen Haus als Ministerin auch über den "Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung" berichten konnte und Erfolge – gemeinsame – in der Beschäftigungspolitik erzielen konnte.

Ich konnte die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Hohen Hauses kennen lernen als Abgeordnete, als Ausschussvorsitzende, aber auch als Ministerin und schätzte die Zusammenarbeit mit vielen, die hier in diesem Hause ihre Aufgabe wahrgenommen haben.

Ich möchte mich daher bei all jenen ganz, ganz herzlich bedanken – insbesondere bei meinen Freunden und Freundinnen der eigenen Fraktion, aber auch bei anderen –, die mit mir gemeinsam versucht haben, gute Gesetze in diesem Hause zu beschließen und damit erfolgreich für unser Land zu wirken.

Ich möchte mit einer Bitte schließen, mit der Bitte an Sie, vor der Sozialpolitik Respekt zu haben. Sozialpolitik ist jenes Politikfeld, das die Menschen am meisten, am unmittelbarsten und am tiefsten berührt. Seien Sie sich bitte dessen bewusst, dass die Schwächeren in der Gesellschaft – und wir haben immer noch viele – besonders Ihrer Aufmerksamkeit und Ihrer Zuwendung bedürfen. – Ich wünsche Ihnen alles Gute! (Die Abgeordneten der SPÖ erheben sich von ihren Sitzen und spenden stehend lang anhaltenden Applaus. – Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.)

15.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Erlauben Sie mir, auch einige persönliche Worte zu sagen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Liebe Kollegin Eleonora Hostasch! Du hast – ich gebrauche das informelle Du – Jahrzehnte hindurch diesem Hause gedient: als Abgeordnete, auf der Ministerbank und auch indirekt durch Begutachtungen im Rahmen des ÖGB und der Arbeiterkammer. Und du hast mit deinem Wirken zweifellos das soziale System in Österreich wesentlich mitgestaltet.


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Du hast darüber hinaus durch dein persönliches Wirken, durch dein Engagement, durch deine Kompetenz, aber insbesondere durch deine persönliche Art der Kollegialität und der persönlichen, menschlichen Wärme eine Note in dieses Haus und darüber hinaus auch in das politische Leben Österreichs gebracht, die nicht unerwähnt bleiben soll. Du hast letztendlich durch die Tatsache, dass du die erste Arbeiterkammerpräsidentin Österreichs warst, auch persönlich Geschichte gemacht.

Wir danken dir für deine Leistungen und wünschen dir mit größtem Respekt alles Gute! (Die Abgeordneten aller Fraktionen erheben sich von ihren Sitzen und spenden stehend lang anhaltenden Beifall.)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser. Ich erteile es ihm.

15.29

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist heute mehrfach die Ausgangssituation, mit der wir konfrontiert waren, als es darum ging, den Bundesvoranschlag 2000 zustande zu bringen, angesprochen worden. Ich möchte sie nur noch stichwortartig beleuchten.

Meine Damen und Herren! Wir haben nach 30 Jahren Amtszeit sozialdemokratischer Finanzminister, die die Verantwortung für die Finanzgebarung der Republik Österreich trugen, mehr als 1 600 Milliarden Schilling an Schulden sowie knapp 300 Milliarden Schilling an Schulden im außerbudgetären Bereich übernommen. Weiters haben wir ein drohendes Defizit in der Größenordnung von 109 Milliarden Schilling übernommen sowie eine Steuerreform und ein Familienpaket, die durchaus sinnvolle Maßnahmen beinhalten – ich stehe nicht an, das hier zu sagen –, aber bei welchem man bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst hat, wie man diese Maßnahmen finanzieren soll.

Es wurde heute in manchen Debattenbeiträgen Kritik dahin gehend geübt, dass man mit der Erstellung des Bundesvoranschlags 2000 zu schnell gewesen sei. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist eine sehr angenehme Kritik, die ich sehr gerne zur Kenntnis nehme. Es könnte Schlimmeres kommen, als dafür kritisiert zu werden, dass man in Rekordzeit in der Geschichte der Zweiten Republik gemeinsam mit dem Staatssekretär und den hoch qualifizierten Beamten des Finanzministeriums ein Budget zustande gebracht hat. Ich glaube, dass das etwas ist, worüber man sich wirklich freuen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben nicht nur dieses Budget in Rekordzeit zustande gebracht, sondern wir haben bereits am dritten Tag unserer Amtszeit, wie Sie wissen, einen Antrag betreffend ein gesetzliches Budgetprovisorium eingebracht, damit es nicht so weit kommt, dass die Republik mit April teilweise illiquid wird. Ich denke, dass man schon allein an diesen beiden grundsätzlichen Maßnahmen erkennen kann, dass es uns ein sehr, sehr großes Anliegen ist, der Bevölkerung zu zeigen: Es geht uns um eine stabile Finanzpolitik, es geht uns um eine solide Finanzpolitik, es geht uns um eine sparsame Gebarung mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher!

Meine Damen und Herren! Dass es gelungen ist, das administrative Defizit auf 54,6 Milliarden Schilling zu drücken – auf 54,6 Milliarden im Administrativen! – und damit auf 62 Milliarden Schilling im Maastricht-Haushalt, sodass wir damit auch die Verpflichtungen im Sinne des österreichischen Stabilitätsprogramms erreichen können, ist eine große Leistung, weil wir damit von der Größenordnung des Defizits her erstmals wieder bei jener des Budgets des Jahres 1982 anschließen können. Das heißt, wir erreichen beim Defizit Dimensionen, die man lange Zeit nicht mehr gesehen hat. Dies ist möglich, weil es von allen Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank große Bereitschaft gegeben hat einzusparen, vor allem ausgabenseitig einzusparen. Wir haben gesagt: Wir wollen die Bevölkerung nicht belasten, sondern auf der Ausgabenseite zurücknehmen und einen effizienten Staat zustande bringen! – Dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Beispielsweise Professor Dr. Van der Bellen, der leider nicht mehr hier im Saale ist, aber auch einige andere haben gesagt, dass wir mit den Reduktionen auf der Ausgabenseite, die von uns in der Höhe von 14,5 Milliarden Schilling vorgesehen sind, die Bevölkerung auf alle Fälle auch treffen. Er hat gesagt, wenn wir die Einnahmen erhöhen, sprich Steuern und Abgaben erhöhen – Dr. Grünewald hat ähnlich argumentiert –, dann treffen wir die Bevölkerung mit erhöhten Steuern, mit mehr Belastungen, und wenn wir die Ausgaben reduzieren, dann treffen wir die Bevölkerung gleichermaßen. – Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann dieser Argumentation nicht folgen, nicht deshalb, weil ich nicht möchte, sondern weil sie für mich nicht konsistent ist. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie sagen, Sie würden keine Reformmöglichkeiten in Österreich sehen, Sie würden nicht sehen, dass wir den Staat effizienter organisieren könnten.

Mir fällt dazu sehr viel ein, und das sind die Strukturreformen, die wir angesprochen haben und angehen wollen. Ich war in meiner Zeit in der Kärntner Landesregierung zum Beispiel Hochbaureferent, Straßenbaureferent. Ich habe als Hochbaureferent eine Landes-Hochbauabteilung gehabt und getrennt davon auch eine Bundes-Hochbauabteilung. Auf Bundesebene gibt es im Wirtschaftsministerium ebenso eine Hochbauabteilung. Weiters gibt es eine Bundesgebäudeverwaltung für den militärischen Bereich. Ähnliche Parallelorganisationen wie im Hochbaubereich bestehen auch im Straßenbaubereich und in vielen anderen Bereichen dieser Republik. Daher sage ich: Kein Schilling wird der Bevölkerung abhanden kommen, aber mehr Effizienz im Staat wird dazu führen, dass wir mehr Geld dorthin verteilen können, wo es wirklich gebraucht wird. Das ist der Weg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist, so glaube ich, die Sicht, die man haben muss. Aber Ihre Argumentation geht eher in die Richtung: Man könnte auch mit 100 Prozent besteuern, man könnte der Bevölkerung alles wegnehmen und dann alles umverteilen, und die Bevölkerung hätte dann genauso viel, wie wenn es eine Abgabenquote in der Größenordnung von nur 40, 45 Prozent gäbe. Ich meine, dass es nicht egal ist, wie hoch eine Abgabenquote ist. Ganz im Gegenteil: Ich denke, dass die österreichische Bevölkerung genauso wie die Wirtschaft relativ hohe Belastungen zu tragen hat und dass es die Intention dieses Hohen Hauses und der österreichischen Bundesregierung sein muss, daran zu arbeiten, wie man eine Entlastung herbeiführen kann, wie man wieder Spielräume schaffen kann.

Ich bin der Auffassung, dass unsere Ansichten, was grundsätzliche Fragen der Wirtschaftspolitik betrifft, etwas unterschiedlich sein dürften, denn ich bin schon der Meinung, dass der Staat sehr, sehr wesentliche Funktionen in wichtigen Bereichen wie der Landesverteidigung und der inneren Sicherheit, aber durchaus auch im sozialstaatlichen Bereich wahrzunehmen hat. Es muss den Versuch geben, dort, wo es notwendig ist, zu korrigieren, damit wir jenen helfen, die als sozial Schwache Probleme haben, ihre Existenz zu finanzieren. Das ist überhaupt keine Frage. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es sollte jedoch das Grundprinzip gelten: So viel Staat wie notwendig, aber nicht mehr! Denn wir sind der Bevölkerung verpflichtet, und die Bevölkerung hat ein Recht darauf, dass es das Parlament, dass es die Bundesregierung versteht, einen effizienten Staat zu organisieren, möglichst wenig Verwaltung, möglichst wenig Bürokratie in Österreich zuzulassen und damit eine effiziente Verwendung des Steuergeldes zustande zu bringen. Wir haben in diesem Bereich enorme Möglichkeiten, wir haben enorme Einsparungspotentiale, mit deren Nützung wir der Bevölkerung einen Dienst erweisen können. Der Nutzen für die Bevölkerung muss das Interesse dieser Bundesregierung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin beispielsweise mit Abgeordnetem Stummvoll einer Meinung, wenn er sagt, wir sollten Anwalt der Steuerzahler sein. Das muss die Intention sein, meine Damen und Herren! Steuergeld kommt von der Bevölkerung und soll von uns möglichst effizient eingesetzt werden.

Ich bin grundsätzlich der Überzeugung, dass mehr Privat in diesem Land erforderlich ist, dass mehr Unternehmertum für dieses Land Sinn macht, weil es in Österreich einfach die Klein- und


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Mittelbetriebe sind, die einen Großteil der Arbeitsplätze sicherstellen, weil Menschen bereit sind, Risiko in Kauf zu nehmen, bereit sind, sich selbst dem Wettbewerb zu stellen, und alles versuchen, um erfolgreich zu sein, und damit auch Arbeitsplätze schaffen.

Ich glaube, man verrät im Jahre 2000 kein Geheimnis, wenn man sagt: Der Wettbewerb, das Bestehen in einer globalisierten Wirtschaft stellt eine Herausforderung für Österreich, für alle Österreicherinnen und Österreicher, auch für unsere Jugend, dar, meine Damen und Herren. Wir können nicht – ich erinnere an die Privatisierungsdebatte, die wir schon einmal geführt haben – Mauern um unser Land bauen. Es ist falsch, zu meinen – in den sechziger Jahren konnte man noch dieser Meinung sein –, wir könnten Wettbewerb staatlich steuern und vielleicht ausschalten. Das ist nicht mehr möglich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Moderne Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, ist eine Frage moderner und attraktiver Rahmenbedingungen. Dem fühlen wir uns verpflichtet: schnelle Unternehmensgründung, hervorragend international ausgebildete Jugend, die weiß, dass ihr die Welt offen steht, und die auch bereit ist, diese Herausforderung anzunehmen. Es gibt sehr viele Österreicherinnen und Österreicher, die auch im Ausland erfolgreich sind, die hier gelernt haben, wie man im Wettbewerb bestehen kann, und jetzt international erfolgreich sind.

Ich glaube, wir sollten mit Zuversicht, mit Optimismus an die Dinge herangehen und sagen: Wir wollen das noch verstärken, wir wollen der Jugend einiges mit auf den Weg geben und nicht Mauern um Österreich bauen. Wir wollen so gemeinsam daran arbeiten, dass wir wirtschaftspolitischen Erfolg, den wir in der Vergangenheit Gott sei Dank hatten, auch in Zukunft erreichen können.

Wir werden daher auch dort, wo wir Probleme des Marktversagens haben, dort, wo es Probleme mit zu starkem Wettbewerb gibt, etwas machen müssen. Aktive Arbeitsmarktpolitik ist angesprochen worden. Manche der Damen und Herren Abgeordneten haben gesagt, dass es in diesem Bereich Kürzungen gibt, dass wir die aktive Arbeitsmarktpolitik einschränken. Meine Damen und Herren, das ist nicht der Fall! Diese Regierung wird zeigen – wie es Gott sei Dank auch schon seit Anfang dieses Jahres der Fall ist –, dass es Rekordbeschäftigungswerte in Österreich im Jahre 2000 geben wird, weil man eine kluge und umsichtige Wirtschaftspolitik macht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Budgetdaten angeschaut haben, dann wissen Sie: Für die aktive Arbeitsmarktpolitik sind jetzt bereits 8,8 Milliarden Schilling vorgesehen. Außerdem gibt es hier auch noch Rücklagen in der Größenordnung von 300 Millionen Schilling, sodass wir den Ansatz des letzten Jahres – Sie wissen, dass im Jahre 1998 7,3 Milliarden Schilling eingesetzt wurden –, die Rekordwerte des letzten Jahres in diesem Bereich, obwohl es ein Sparhaushalt ist, werden erreichen können, sodass die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik gesichert sind.

Meine Damen und Herren! Es gibt einen zweiten Zukunftsbereich, der angesprochen wurde. Mancher von Ihnen hat gesagt, Forschung und Entwicklung werde von dieser Regierung nicht so ernst genommen, wie behauptet wurde.

Werte Abgeordnete! Ich darf Sie daran erinnern: Es hat in Österreich eine Technologiemilliarde gegeben – beschränkt auf den Zeitraum 1997, 1998 und 1999 –, aus Privatisierungserlösen. Diese Technologiemilliarde ist ausgelaufen – das war ein Thema, dem wir uns stellen mussten.

Im letzten Jahr war im ordentlichen Budget, im Bundesvoranschlag 1999, der Forschungsförderungsfonds überhaupt nicht dotiert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Es hat keine Mittel dafür im Voranschlag gegeben.

Das waren die Rahmenbedingungen, denen wir uns stellen mussten: Die Technologiemilliarde läuft aus, der Forschungsförderungsfonds war nicht dotiert. Und wir haben es trotzdem geschafft, für den Bereich der forschungswirksamen Ausgaben in unserem Land die Größenordnung von 16,5 Milliarden Schilling zu budgetieren. Wir haben auch hier etwa eine Milliarde Schilling als Rücklage. Daran können Sie sehen, dass es uns trotz des Sparbudgets gelungen


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ist, die Ansätze des Vorjahres zu erreichen und teilweise sogar deutlich zu überbieten. Wir haben den Forschungsförderungsfonds dotiert, wir haben hier einen wesentlichen Schwerpunkt setzen können.

Wenn Sie einen internationalen Vergleich anstellen, dann wissen Sie, dass es dieser Bundesregierung gelungen ist – trotz Sparzeiten, trotz des Sparens auf der Ausgabenseite –, hier auch Schwerpunkte anzugehen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass bei seriöser Betrachtung dieses Budgets auch gesagt werden muss: In sechs Wochen kann man nicht das umdrehen, was 30 Jahre lang als Politik aufgebaut wurde. Wir haben in sechs Wochen das gemacht, was möglich war. (Zwischenruf der Abg. Bures. ) Ich denke nicht, dass man in einem solch kurzen Zeitraum wesentlich mehr an Reformen, die seriös sein sollen, die wirken sollen, umsetzen und einbauen kann.

Ich möchte auch Frau Kollegin Hostasch ansprechen und sage hier ganz offen, dass es mich sehr freut, dass es möglich ist, hier in diesem Hohen Hause, das ja nicht sehr konfliktscheu ist – wenn ich das als relativ junges Regierungsmitglied so sagen darf –, einer Angehörigen des Hohen Hauses über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam Respekt und Anerkennung für ihren langjährigen Einsatz in der Sozialpolitik und für ihr Engagement in der Sozialpolitik in unserem Land auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und der SPÖ.)

Ich glaube, dass es gerade mit diesem Respekt und dieser Anerkennung, die Ihnen, Frau Kollegin Hostasch, das Hohe Haus und der Präsident heute zu Recht ausgesprochen haben, möglich sein muss, der neuen Bundesregierung nicht vorweg gleich zu sagen: Ihr werdet das alles nicht schaffen, ihr werdet alles schlechter machen, soziale Gerechtigkeit wird in dieser Bundesregierung nicht in ausreichendem Maße vertreten und ist nicht die Priorität dieser Bundesregierung.

Ich sage Ihnen: Es ist mir ein zutiefst persönliches Anliegen, soziale Gerechtigkeit nicht nur in dieses Haus zu tragen – ich glaube, sie ist hier schon vorhanden –, sondern auch zu versuchen, sie hinaus in die Bevölkerung zu tragen. Wir wissen, es gibt in Österreich eine Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben, und wir sind der Meinung, dass das zu viel ist. Ich bin sicher, dass Sie alles getan haben und versucht haben, um da Abhilfe zu leisten.

Aber man muss bilanzieren: Es gibt in Österreich eine Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben. Laut OECD-Berichten schaut die Situation in Österreich folgendermaßen aus – wir wissen das aus vielen Berichten, die auch Ihnen vorgelegen sind –: Wir verteilen in Österreich 34 Prozent der Sozialleistungen an die untersten 20 Prozent der Einkommenspyramide – an die untersten 20 Prozent werden 34 Prozent der Sozialleistungen verteilt! Andere Staaten der Europäischen Union verteilen 57 Prozent der Sozialleistungen an die untersten 20 Prozent der Einkommenspyramide. Ich hoffe und ersuche, dass uns dieser Vertrauensvorschuss mitgegeben wird, dass Sie sagen, Sie anerkennen, dass sich diese Bundesregierung bemüht, diese Relationen umzudrehen, nämlich Geld dorthin zu leiten, wo es wirklich gebraucht wird, um so wirkungsvoll die Armut in Österreich aktiv zu bekämpfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dietachmayr: Lassen Sie die Einkommensgrenze beim Mehrkinderzuschlag bestehen, wie sie ist!)

Herr Kollege! Das ist mit ein Punkt, warum ich mich gestern bemüht habe, ein bisschen darzustellen, was sich wirklich in diesem Jahr für die Bevölkerung ändern wird. Man kann Kritik üben und das alte, traditionelle Schema des Hohen Hauses und der Politik: Die Regierung und die Regierungsparteien loben die Regierungsarbeit, und die Opposition kritisiert die Regierungsarbeit! anwenden, aber ich glaube, dass man auch in der Lage sein sollte, ganz offen zu sagen, wie es für die Bevölkerung aussieht, denn es nützt niemandem von uns, wenn man Unsicherheit in der Bevölkerung schafft, wenn man sagt, was bei den Pensionen gekürzt werden wird und beim 13. und 14. Monatsgehalt gemacht werden wird, obwohl man genau weiß, dass es da keine Vorhaben dieser Bundesregierung gibt.

Da man getrommelt hat, dass es Belastungspakete für die österreichische Bevölkerung im Jahre 2000 gebe, war es mir ein Anliegen darzustellen, was sich wirklich für die Bevölkerung


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17. Sitzung / Seite 108

ändert, was die Bevölkerung im Jahre 2000 tatsächlich zu erwarten hat. Sie wissen daher, dass es im Jahre 2000 durch das Familienpaket 12 Milliarden Schilling mehr für die Familien in Österreich gibt. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Sie wissen daher, dass es im Jahre 2000 durch die Steuerreform 16 Milliarden Schilling mehr gibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich verstehe Ihre Erregung nicht ganz. (Ruf bei der SPÖ: Edlinger!) Ich bringe jetzt einen einfachen Vergleich – ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel –: Wir alle schmeißen, wenn es möglich ist, ganz gerne eine Lokalrunde. Das ist gerade in der Politik sehr angenehm und sorgt für viel Sympathie. (Abg. Bures: Das ist Bierzelt-Politik!) Und wir haben dieses Lokal zu einer Zeit betreten, meine Damen und Herren, als die Runde bereits ausgesprochen, aber noch nicht bezahlt war! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das heißt, wir mussten an die Budgeterstellung mit einem Fehlbetrag von 28 Milliarden Schilling herangehen – 28 Milliarden, zu denen wir stehen, weil wir wissen, dass sie für sinnvolle Maßnahmen gerade für die einkommensschwächere Bevölkerung und für die Familien in Österreich ausgegeben werden. Unsere Budgetpolitik hat es ermöglicht, dass es diese Steuerreform und dieses Familienpaket in Österreich im Jahre 2000 tatsächlich gibt.

Gestern wurde ein Beispiel erwähnt, aber ich bringe ein anderes, weil mir auch das ein großes Anliegen ist: Denken wir an die vielen Alleinerzieherinnen in Österreich, an die vielen Mütter, die ihre Kinder alleine großzuziehen haben und die Alleinverdienerinnen sind. Es ist für sie ein großes Problem, ihre Existenz abzusichern. (Zwischenruf der Abg. Bures. )

Ein realistisches Beispiel: Bei einem Monatseinkommen von brutto 20 000 S und einem Kind – wir haben nicht versucht, uns drum herumzuschwindeln, und haben daher auch den Besitz eines Autos und all diese Dinge berücksichtigt, auch die Belastungen, die Sie angesprochen haben und zu denen es in diesem Jahr kommen wird, vom Stromverbrauch über die Autobahnvignette – kommen wir auf 10 179 S netto mehr in der Brieftasche im Jahr 2000. (Abg. Bures: Ihr Belastungspaket!) Netto 10 179 S mehr bleiben in der Brieftasche für eine allein erziehende Mutter in Österreich. Das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deswegen meine ich, dass eine Verunsicherung der Bevölkerung nicht angebracht ist, auch wenn Sie vielleicht zu Recht sagen können, Sie hätten das ohne die 7 Milliarden Schilling an Belastungen geschafft. (Zwischenruf der Abg. Bures. ) Ich weiß nicht, wie das ginge. Auch Kollege Edlinger hat gesagt, er hätte die Mineralölsteuer in einer Größenordnung von 6 Milliarden bis 7 Milliarden Schilling erhöht. Das heißt, auch meinem Vorgänger im Amte des Finanzministers ist nichts eingefallen, wie man es ohne Belastungen geschafft hätte, diesen Haushalt zustande zu bringen.

Deswegen sollte man fair bleiben und sagen: In Summe hat die Bevölkerung in Österreich einen riesigen Vorteil in diesem Jahr quasi netto in der Brieftasche zu verzeichnen. – Das ist die Sicherheit und das ist die gute Botschaft, die wir den Österreicherinnen und Österreichern geben wollen und können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass es auch soziale Gerechtigkeit ist, das Kinderbetreuungsgeld zu erhöhen. Meine Damen und Herren! Es ist doch ein positives Signal, wenn wir das Kinderbetreuungsgeld auf 6 200 S anheben können, wenn damit der Stellenwert der Familie in Österreich auch von dieser Bundesregierung und vom Hohen Haus unterstrichen wird, wenn man sagt: Die Familien, die Kinder in diesem Land sind uns wichtig, wir setzen hier einen weiteren Schwerpunkt! Dieser Schwerpunkt wird gesetzt werden, weil es uns ein Anliegen ist zu zeigen, dass das Priorität zu haben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures. )

Sie wissen, dass die Kindererziehungszeiten sogar pensionsbegründend sind, auch für Frauen. Insofern ist es ein weiterer Fortschritt, den wir hier erreichen können.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch auf einige Fragen eingehen, die angesprochen wurden. Es wurde von Herrn Professor Van der Bellen darauf hingewiesen, dass der


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Abgang im letzten Jahr mit 68 Milliarden Schilling ausgewiesen wurde, dass aber die Finanzschuld um 88 Milliarden Schilling angestiegen ist. Wir haben tatsächlich diese Situation, und zwar durch Währungsverluste und Buchverluste im Bereich der Währungen.

Sie haben den Yen angesprochen, aber es ist nicht nur der Yen. Es sind diese 20 Milliarden Schilling teilweise auf den Yen zurückzuführen, in Wirklichkeit wäre der Yen-Verlust aber noch höher. Es gibt bestimmte gegensteuernde Maßnahmen, sodass wir hier – allerdings zu Recht – eine Erhöhung der Finanzschuld haben, wie Sie es argumentiert haben. Wir haben uns das sofort nach Amtsantritt angesehen, weil es uns wichtig war zu sehen, wie die Finanzschuld in Österreich finanziert ist, was Inlandswährungs-, was Fremdwährungskredite sind.

Die Bilanz besagt, dass uns seit dem Jahre 1975 die Finanzierung eines Teils der österreichischen Staatsschuld in Yen einerseits beziehungsweise Schweizer Franken andererseits Vorteile in der Größenordnung von 40 Milliarden Schilling mit Stichtag 31. Dezember 1999 gebracht, wobei auch diese Yen-Verluste mit eingerechnet sind. Ich denke, dass die Bundesfinanzierungsagentur hier tatsächlich eine sehr, sehr gute Arbeit leistet und dass man, auch wenn es in dem einen oder anderen Jahr Verluste gibt, weil die Währungen durchaus kurzfristig Auf- und Abwertungen ausgesetzt sind, eine positive Bilanz ziehen und sagen kann, wir haben ein gutes Schuldenmanagement betrieben und in Summe im langfristigen Vergleich seit 1975 eigentlich sehr deutlich davon profitieren können.

Meine Damen und Herren! Dieses Budget schafft es tatsächlich, auf der einen Seite zu sparen, es ist auf der Ausgabenseite gelungen, maßgebend herunterzustreichen. Dass das wirklich nicht sehr leicht war, kann ich Ihnen versichern. Wir haben sehr harte Gespräche geführt, und Sie wissen alle, dass jeder gute Ideen hat, wenn es darum geht, was man mit zusätzlichen Mitteln anfangen könnte. Auf der anderen Seite sind wir zur soliden Gebarung verpflichtet, das sind wir der Bevölkerung schuldig. Insofern war es uns wichtig, einerseits einen Beschäftigungsschwerpunkt setzen zu können, andererseits auch zu zeigen, es gibt einen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt. Und Sie haben auch das Bekenntnis dieser Bundesregierung zur sozialen Treffsicherheit. Ich meine, wir haben damit in diesen letzten sieben Wochen sehr, sehr viel erreicht, sodass wir zu Recht zufrieden Bilanz ziehen können, und ich hoffe, dass das auch Ihre Unterstützung finden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

15.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Bundesministerin außer Dienst Hostasch, Sie haben gesagt, Armut ist zu bekämpfen. – Das ist richtig. Die Zahl jener, die an der Armutsgrenze oder darunter zu finden sind, ist erschreckend hoch und ist in den letzten Jahren auch angestiegen. Es ist natürlich festzuhalten, dass es der Sozialdemokratie nicht gelungen ist, diesen Trend zu stoppen, aber sicherlich diese Regierung alles daransetzen wird, diese Situation zu verbessern und diese Zahl zu reduzieren.

Sie, Frau Kollegin Hostasch, haben davon gesprochen, dass keine Umverteilung durch dieses Budget, durch diese Regierung von unten nach oben erfolgen soll und haben gleichsam damit ausgedrückt, dass es eine Verschiebung von Arm zu Reich geben wird. Da muss ich Ihnen sagen, es ist nicht nur jetzt eben wieder vom Herrn Bundesfinanzminister, sondern auch bereits in den frühen Morgenstunden exemplarisch angeführt worden, dass auf Grund des Budgets und der damit verbundenen Maßnahmen gerade die Bezieher niedriger Einkommen, Familien mit einem relativ niedrigen Einkommen bevorzugt werden und mehr Geld in der Tasche haben werden.

Sie haben, Frau Bundesministerin außer Dienst, Respekt vor der Sozialpolitik eingemahnt. Ich kann Ihnen unter Bezugnahme auf die gebrachten Beispiele nur sagen, dass es diesen Respekt sehr wohl in unseren Reihen gibt und dass ich mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass dieser Respekt auch in der Bundesregierung gegeben ist.


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Aber, Frau Bundesministerin außer Dienst, ich darf Ihnen auch eines zusichern, da Sie planen, einen neuen Lebensabschnitt zu beschreiten, dass in Ihre Pension wie auch in alle anderen bestehenden Pensionen nicht eingegriffen wird. Das war nie die Absicht dieser Bundesregierung und wird es wohl auch nicht sein.

Ich darf Ihnen, gnädige Frau, trotz aller politischen Gegensätzlichkeiten, die natürlich auch spürbar waren – aber das Persönliche ist, wie ich meine, trotzdem nie zu kurz gekommen –, meine persönliche Wertschätzung ausdrücken und Ihnen im Namen meines Klubs alles Gute für diesen bevorstehenden neuen Lebensabschnitt wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP und SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Parteivorsitzender in spe Gusenbauer ist jetzt als Sanierer unterwegs, als Sanierer für, wie ich meine, 30 Jahre verfehlte Budget- und Finanzpolitik, indem er Vorschläge unterbreitet, wie er es heute Früh getan hat. Er übt – und das ist das Erstaunliche für mich – Kritik an Maßnahmen dieser Bundesregierung, die von dieser gesetzt werden, an Maßnahmen, die auch im nicht zustande gekommenen Koalitionsabkommen mit den Sozialdemokraten zu finden waren. Für mich ist nicht abschätzbar, wie das zu werten ist.

Sie tun jedenfalls heute so, als hätte der neue Bundesfinanzminister eine völlig geordnete Basis, auf die aufbauend er sein Budget präsentieren kann. Es ist kein finanzpolitischer Neustart; Sie wissen selbst, wie die Situation ist, es scheint nur die Vergesslichkeit sehr groß zu sein. Man kann letztlich auf einen finanzpolitischen Scherbenhaufen nicht aufbauen – ein Versuch, den die Sozialdemokratie 30 Jahre lang immer wieder gestartet hat. Geblieben davon ist die Tatsache, dass Sie es in diesen 30 Jahren geschafft haben, ausgehend von einem nahezu schuldenfreien Staat eine Staatsverschuldung von etwas mehr als 1 700 Milliarden Schilling herbeizuführen. Das ist sicherlich keine gute Voraussetzung, und diese verlangt natürlich der Bundesregierung und speziell dem Bundesfinanzminister ein gerüttelt Maß an zusätzlicher Arbeit und an zusätzlichem Ideenreichtum ab.

Mein Dank gilt dieser Bundesregierung, den Ministerien, den Ministern, die bei diesen Einsparungsmaßnahmen, die zwingend erforderlich sind, entsprechend mitgewirkt haben, sodass es dem Finanzminister möglich war, dieses Budget in der Rekordzeit von vier Wochen zu erstellen. Ich darf, Herr Bundesfinanzminister, dazu sehr herzlich gratulieren.

Ich glaube, dass es ein verantwortungsbewusstes Budget ist und Minister Grasser ein erfolgreicher Finanzminister dieser Republik sein wird, was natürlich angesichts seiner Vorgänger auch etwas leichter fällt, letztlich als erfolgreichster zu gelten.

Ich freue mich darüber, dass es künftig Offenheit geben wird, dass ein Controlling stattfinden wird, sodass die Bürger dieser Republik diese "punktgenauen Landungen", die sich dann als Bauchfleck Edlinger’scher Prägung herausstellten, künftig nicht mehr erleben müssen.

Die Prognosen sind gut, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einer guten Zukunft entgegenzusehen haben, einer Zukunft, die sehr wichtig und wesentlich für unsere Jugend ist. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. – Bitte.

15.59

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ehe ich meine Ausführungen zum Thema beginne, möchte ich anschließend an die persönlichen Worte unseres Präsidenten die Gelegenheit wahrnehmen, dir, liebe Lore Hostasch, im Namen aller Kolleginnen und Kollegen unserer Fraktion und auch im Namen der Sozialpartner unserer Fraktion, unserer Experten und Funktionäre herzlich zu danken für deine Tätigkeit in der österreichischen Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)


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Die Sozialpolitik in Österreich wurde durch dich nicht nur mitgestaltet, sondern auch mitgeprägt, und ich darf hier sagen, da ich sehr viel mit dir in angenehmer Weise zusammenarbeiten durfte, dass du immer bestrebt warst, Lösungen zu finden, die von beiden Seiten mitgetragen werden konnten, und dass du dich auch sehr oft persönlich um einen Konsens bemüht hast, wenn die Lage nicht mehr ganz so einfach war. Das zeichnet dich wirklich aus. Du hast deine Tätigkeit mit großer Verantwortung und mit großem Einsatz ausgeübt, und das hat man auch immer gespürt. Dafür herzlichen Dank, und ich wünsche dir auch im Namen meiner Fraktion alles, alles Gute für die Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Zuruf des Herrn Kollegen Brix sagen. Er hat, als Kollege Puttinger gesprochen hat, gerufen: "Schämen Sie sich!" – Da darf ich eine Korrektur anbringen, meine Damen und Herren: Schämen müssen sich nur jene, die unser Land im Ausland schlecht machen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) oder nicht dafür eintreten, dieses Land gegen ungerechtfertigte Angriffe zu verteidigen. Das gehört auch dazu! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen, mit allen Handelsräten der EU-Länder Gespräche zu führen, und zwar bilaterale Gespräche und Einzelgespräche, und ich darf Ihnen sagen, dass übereinstimmend die Meinung vertreten wurde, dass man an der Störung der Wirtschaftsbeziehungen zu Österreich nicht interessiert ist.

Dafür gibt es zwei Gründe: Der erste Grund ist, dass Österreich mehr Waren aus der EU bezieht, als nach Österreich geliefert werden. Man ist also sehr daran interessiert, Österreich als guten Handelspartner zu erhalten. Der zweite Grund wurde in den Aussagen meines letzten Gesprächspartners, nämlich des französischen Handelsrates, geäußert. Dieser hat gesagt, sie seien deswegen auch daran interessiert, dass keine Störung der Wirtschaftsbeziehungen erfolgt, weil Frankreich in den letzten Jahren – und das können Sie nachprüfen – sehr viel in Österreich investiert hat und damit auch ihre eigenen Beteiligungen und Interessen sehr massiv gestört würden. Er war selbst bei allen französischen Betriebsführern und -managern und hat mit diesen Gespräche geführt. Dies ist eine klare Stellungnahme gewesen, und diese Ansicht wurde auch von unseren Handelsdelegierten, die in den EU-Staaten tätig sind, geteilt. Deren Meinung habe ich nämlich auch eingeholt.

Ich möchte noch etwas hinzufügen. Es wurde von einigen auch gesagt – und das hat mir ein bisschen zu denken gegeben und wehgetan –: Was soll das Ausland machen, wenn aus dem Inland solche Töne kommen? – Verstehen Sie, das ist das Problem dabei: Wenn wir unser Land schlecht machen, dann können die Menschen im Ausland natürlich auch nicht anders reden. Das ist ja klar, denn die kennen unser Land nicht so genau, wie wir es kennen müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Nürnberger hat gesagt, die Österreicherinnen und Österreicher werden es sich nicht gefallen lassen, dass man ihnen in die Tasche greift. – Das gebe ich gerne zu, aber ich möchte hier einmal ganz emotionslos sagen: Die Unternehmerinnen und Unternehmer, und zwar die "kleinen" – und die sind die Mehrzahl in Österreich –, lassen es sich auch nicht auf Dauer gefallen, dass sie jede Woche 70 Stunden arbeiten müssen, fast immer auf den Urlaub verzichten müssen oder nur wenig Urlaub nehmen können und, wenn sie eine Kur machen, ihren Urlaub dafür verwenden müssen – und dafür sind sie noch immer die Melkkuh der Nation! Das geht also auch nicht, das muss man einmal deutlich aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe die berechtigten Sorgen der Gemeinden natürlich, wenn sie sagen: Was tun wir, wenn wir einen Einnahmenausfall in der Höhe von durchschnittlich 3 Prozent haben? Ja, aber was glauben Sie, wer sich um Unternehmen kümmert, die 3, 4 oder 5 Prozent im Jahr Minderertrag haben oder einsparen müssen? Da sagt man, die werden das schon machen beziehungsweise die sollen es halt tun. So einfach geht man darüber hinweg. Daher bitte ich auch hier ein bisschen mehr um Verständnis für die verschiedenen Positionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Ich werde mich, da ich einige Zeit für die Einleitung gebraucht habe, nun möglichst kurz halten. (Abg. Dr. Khol: Zwei Minuten dazu!) Ich bekomme noch zwei Minuten dazu, danke!

Besonders positiv stimmt mich bei der Vorlage dieses Budgetentwurfes, dass – neben anderen natürlich – zwei wesentliche Dinge angesprochen werden. Und das ist zum einen die tatsächliche Vorgabe einer Lohnnebenkostensenkung. – Meine Damen und Herren! Das ist ganz wichtig, und ich sage das seit vielen Jahren, weil durch die Senkung der Lohnnebenkosten unter Umständen die Nettoeinkommen steigen können und auch die Stückkosten korrigiert beziehungsweise noch mehr verringert werden können.

Wir haben mit unseren Produkten im Ausland einen guten Ruf, aufgrund hervorragender Qualität und bester Leistungen vieler "meisterlicher" Mitarbeiter, die wirklich ihr Fach verstehen, was im Ausland immer wieder gelobt wird. Und das wird uns auch in Zukunft helfen.

Der zweite Punkt, der mich besonders freut und positiv stimmt, ist, dass darin der Export klar und deutlich angesprochen wird, dass wir in diesem Bereich noch etwas tun müssen. Wir sind gut, meine Damen und Herren, wir haben die Exportquote vom Jahre 1995 auf 1999 von 24,5 Prozent auf 30,6 Prozent gesteigert. Das ist eine ganz erfreuliche Entwicklung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das war auch das Ziel, das wir uns vorgenommen haben, nämlich dass die Exportquote bis zum Jahre 2000 bei über 30 Prozent liegt. Aber, meine Damen und Herren, das genügt noch nicht. Wenn wir weiter die Einkommenssituation verbessern wollen, wenn wir weiter die soziale Sicherheit steigern wollen – und daran sind wir interessiert –, dann muss hier noch einiges geschehen. Ich darf dir, liebe Lore, sagen, es ist auch uns ein Anliegen, dass die Sozialpolitik in diesem Land stimmt, denn ohne gute Sozialpolitik gibt es auch keine gute wirtschaftliche Entwicklung. Das wissen wir alle miteinander. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wogegen ich aber etwas habe – und das habe ich immer wieder gesagt –, ist, wenn sozialer Missbrauch einreißt. Darüber haben wir schon lange geredet. Ich habe das im Jahre 1992 angesprochen und wurde deswegen sehr angefeindet, aber im Laufe der Zeit hat sich diese Ansicht auch durchgesetzt.

Oder wenn wir vielleicht ein bisschen zu viel des Guten tun, dann ist das auch schlecht. Und es gibt einige Bereiche, in welchen man ein bisschen korrigieren muss, ohne dass dabei die Welt zugrunde geht, ohne dass die Leute verzweifeln müssen. Aber wenn wir nichts tun, dann kommt es vielleicht so weit, dass wir uns vieles nicht mehr leisten können. Denn ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Als der Herr Ex-Finanzminister hier von der Regierungsbank aus gesagt hat, wir hätten jetzt 107 Milliarden Schilling an Zinsen zu bezahlen, und im Jahr 2003 würden es etwa 120 Milliarden Schilling sein, ist mir schon ein bisschen die Angst gekommen, muss ich sagen. Das sind derzeit 9 Milliarden Schilling im Monat, und das wären dann (Abg. Kiss: 10 Milliarden!) 10 Milliarden Schilling. Und das sind derzeit bereits am Tag etwa 300 Millionen Schilling.

Ich erinnere mich noch zurück: Als wir eine halbe Nacht darüber gestritten haben, wie wir die ausbildenden Betriebe von den Kosten, die ihnen durch den Schulbesuch ihrer Lehrlinge entstehen, entlasten können, da ja jeder Schulbesuch in Österreich bezahlt wird, haben wir keine Lösung gefunden, obwohl das für das ganze Jahr 850 Millionen Schilling ausgemacht hätte. Und auf der anderen Seite bezahlen wir jeden Tag 300 Millionen Schilling an Zinsen. Dafür fehlt mir manchmal das Verständnis. Das war es eigentlich und ist auch das Problem, warum wir überhaupt nicht zusammengekommen sind. Denn sobald es ein bisschen um echte Veränderungen gegangen ist, haben Sie nein gesagt. Und das geht nicht!

Daher bitte ich Sie wirklich alle, an dieser Neugestaltung, an den notwendigen Veränderungen mitzuarbeiten – im Interesse aller! Wir werden uns auch bemühen, die Maßnahmen dergestalt zu treffen, dass sie für alle tragbar sind, aber es muss einige Veränderungen geben angesichts dessen, dass der österreichische Staat nur an Zinsen jeden Tag 300 Millionen Schilling bezahlt. Das muss einem zu denken geben.


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Auch im Interesse einer weiteren Verbesserung des Exports brauchen wir die Senkung der Lohnnebenkosten, denn dann werden wir noch wettbewerbsfähiger. Dann habe ich gar keine Sorge um die Zukunft unseres Landes, weil wir tüchtige Leute haben, weil wir risikobereite Unternehmer und Unternehmerinnen haben – und weil wir eine gute Grundvoraussetzung haben. Die haben wir uns auch gemeinsam erarbeitet, das darf ich auch sagen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

16.09

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Maderthaner, ich möchte auf einige Ihrer Vorwürfe, die heute schon des Öfteren hier im Hause gekommen sind, zunächst einmal eingehen.

Sie haben – wie schon einige vor Ihnen – gesagt, dass es die Opposition sei, die das Land im Ausland schlecht mache. (Ruf bei der ÖVP: Jawohl! – Abg. Ing. Maderthaner: Das Wort "Opposition" habe ich gar nicht in den Mund genommen!) Ich möchte hier ein für alle Mal und auf das Schärfste klarstellen, dass wir nicht das Land schlecht machen, auch nicht Österreich schlecht machen, sondern dass wir klarstellen, dass die Ursache für die Situation, in der sich Österreich international befindet, in der Regierungsbildung Ihrer Partei mit der FPÖ liegt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie immer haben Sie nicht zugehört! – Abg. Dr. Puttinger: Das ist euer Problem! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Nichts anderes tun wir: Klarzustellen, hier geht es um eine Regierungsbildung, durch die ein europäisches Tabu gebrochen wurde, und hier geht es nicht darum, dieses Land und die Menschen in diesem Land schlecht zu machen. Das hat Ihre Regierungsbildung zu verantworten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Voggenhuber! – Abg. Dr. Puttinger: Das ist Ihr Problem!)

Nun möchte ich aber auf das Budget eingehen, das heute das eigentliche Thema ist. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Finanzminister – er ist jetzt leider nicht mehr anwesend –, Sie haben in Ihrer Budgetrede gestern gesagt, dass das Budget 2000 einen "gelungenen Mix aus Einsparungen und maßvollen einnahmenseitigen Maßnahmen" darstellt. Wie schon des Öfteren ist es, glaube ich, auch hier notwendig, genau auf die Sprache zu achten: Sie haben hier eine Sprache verwendet, die an Werbung und Marketingstrategien erinnert. In diesem Bereich gebraucht man "einen gelungenen Mix" eventuell für Lebensmittel oder Ähnliches.

Ich denke, Sie werden diese Sprache wahrscheinlich auch brauchen, um die Belastungen, die Ihre Budgetmaßnahmen vorsehen, vor allem für die kleinen Leute in diesem Land, zumindest gut zu verkaufen. Schmecken werden sie der Bevölkerung nicht, vielleicht denen, die davon profitieren, die gibt es nämlich schon auch, aber vielen, vor allem den Ärmeren, vor allem den Frauen, werden sie nicht schmecken. Dieser "gelungene Mix" wird nicht wie ein Fruchtjoghurt schmecken und wird auch nicht so zu verkaufen sein, sondern der wird sehr bitter schmecken, und die Menschen werden das merken. (Abg. Kiss: Kein einziges sachliches Argument haben Sie! Reine Parolen! Nachplappern tun Sie, gebetsmühlenartig! Nie ein Argument!)

Viele Beispiele dafür, dass dieser Mix schlecht schmeckt, wurden heute schon genannt. Auf einen Punkt möchte auch ich noch eingehen: Sie haben zwar in Ihrer Budgetrede gesagt, Sie werden die Maßnahmen des "Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung" fortsetzen, und es sollen darin auch zusätzliche Maßnahmen für Arbeitnehmer und für Frauen vorgesehen sein. Das Problem sowohl mit der Regierungserklärung als auch mit der Budgetrede als auch mit sonstigen Stellungnahmen, die wir in den letzten Wochen gehört haben, ist, dass Sie zwar sehr viel sagen, was Sie alles zu tun vorhaben, aber im Konkreten es schuldig bleiben. Wir haben schon etliches an Anfragen und Fragen gestellt – wir haben sie von Ihnen nicht beantwortet bekommen.


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Zum Beispiel – und das ist heute auch schon einmal genannt worden –: Wie sieht es denn aus im Bereich der Förderung von Lehrlingen, von jungen Frauen, die beispielsweise nicht traditionelle Berufe ergreifen wollen? Wie sieht es denn aus im Bereich der Arbeitsmarktförderung, wo genau solche Projekte von Einsparungen betroffen sind? Sowohl Frau Sozialministerin Sickl hat gestern gesagt, da werde nicht gekürzt werden, als auch Minister Grasser hat heute gesagt, die aktive Arbeitsmarktpolitik werde nicht eingeschränkt werden. Aber wo wird denn dann gekürzt, wenn bei all den so wichtigen Dingen, von denen auch Sie sagen, sie seien so wichtig, nicht gekürzt wird? Wo sind dann die Kürzungen bei den Ermessensausgaben?

Den genauen Mix haben Sie anscheinend noch nicht vorbereitet, dieser wird erst jetzt im Detail ausverhandelt werden.

Für einen Bereich, nämlich der Entwicklungszusammenarbeit, wissen wir schon, dass es Kürzungen gibt. Heuer werden diese Organisationen das wahrscheinlich noch irgendwie überstehen, nächstes Jahr aber dann nicht mehr.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: die Außen- und Sicherheitspolitik. Da fällt mir auch ein eigenartiger Mix auf, wenn ich die in Ihrer Budgetrede gemachten Äußerungen zur Landesverteidigung und zur Außenpolitik vergleiche. Unter "Landesverteidigung" steht in der schriftlichen Unterlage zur Budgetrede:

"In Zukunft werden ... immer stärker internationale Solidaritätsleistungen ... im Vordergrund stehen."– Das ist ja löblich. Und unter "Außenpolitik" steht dann: "Österreich steht auch in Zeiten budgetärer Zwänge zu seinen Verpflichtungen gegenüber den internationalen Organisationen, insbesondere den Vereinten Nationen. Die Bundesregierung wird sich deshalb bemühen, ihre Beiträge zu internationalen friedenserhaltenden Operationen fortzuführen" und auch weiterhin nach Kräften die UNO-Weltorganisation zu unterstützen.

Auch da ist es wohl notwendig, auf die Sprache zu achten, denn auch in diesem Fall ist sie verräterisch. Bei der Landesverteidigung werden die internationalen Solidaritätsleistungen im Vordergrund stehen, bei der Außenpolitik wird man sich "bemühen" und "nach Kräften" etwas tun. Das sind Willenserklärungen. Wir haben aber in der Diskussion der letzten Wochen auch gehört, dass Verteidigungsminister Scheibner, der leider jetzt auch nicht mehr anwesend ist, gesagt hat, die internationalen UNO-Einsätze, die Blauhelm-Einsätze könnten wir schon streichen, wenn wir dafür die Hubschrauber in Österreich und eine schnelle Eingreiftruppe bekommen. Das hat er so zwar nicht gesagt, aber er wurde gestern in der "Presse" zitiert, wonach der Außen- und Verteidigungsministerrat vorgestern in Brüssel eine schnelle Eingreiftruppe beschlossen habe. Die Teilnahme Österreichs an dieser wäre noch dazu neutralitätswidrig, aber davon reden wir heute nicht, heute geht es um das Budget.

Wenn er das zitiert und sagt, das sei wichtig, erscheint natürlich das Einsparen bei den Blauhelm-Einsätzen in einem ganz anderen Licht. Auch Außenministerin Ferrero-Waldner hat heute in der Früh auf meine diesbezügliche Frage gesagt: Für heuer haben wir die Einsätze gesichert, aber wie es im nächsten Jahr ausschaut, müssen Sie den Verteidigungsminister fragen. Ich würde ihn jetzt gerne fragen, aber er ist leider nicht hier. Vielleicht wird er mir das ein anderes Mal beantworten können. (Abg. Mag. Firlinger: Ich bin mir sicher, dass Sie diese Frage noch einmal stellen werden!)

Die Situation sieht also folgendermaßen aus: Für heuer bleiben die Einsätze der UNO-Blauhelme gleich, für heuer werden sie noch bezahlt. Wie es nächstes Jahr aussieht, wissen wir nicht, aber dafür soll es die schnelle internationale Eingreiftruppe geben.

Das ist ein sehr unklarer Mix. Sie werden uns wohl noch erklären müssen, warum Sie bei den UNO-Einsätzen, den Blauhelmen, einsparen wollen, bei denen es eindeutig um friedenspolitisch sinnvolle Maßnahmen geht, die noch dazu im Rahmen der Neutralität stattfinden und – wenn es hier schon um das Budget geht – um vieles billiger sind als das teure Eurokorps, nämlich bisher nur etwa ungefähr 500 Millionen Schilling im Jahr gekostet haben, warum Sie diese internationalen Blauhelm-Einsätze austauschen wollen – diese Vermutung liegt nahe – gegen


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die Beteiligung an einem militärischen Verband – denn als solcher ist das Eurokorps angelegt –, für den es noch dazu bisher keine Rechtsgrundlage innerhalb der EU gibt.

Außerdem würde eine Beteiligung Österreichs einen Bruch der Neutralität bedeuten. Und, um wieder auf das Budget zu sprechen zu kommen, alleine die Erstausstattung dieses Eurokorps würde 2 bis 2,5 Milliarden Schilling kosten, vier- bis fünfmal mehr, als die Blauhelme jetzt kosten. Die laufenden Kosten sind noch nicht einmal abzuschätzen.

Herr Minister Grasser hat vorhin gesagt, das Geld soll dorthin gegeben werden, wo es wirklich gebraucht wird. In diesem Sinne ist Ihr Budget, Herr Finanzminister, kein gelungener Mix, und die Vorsätze für die nächsten Jahre sind es auch nicht, sondern stellen einen bitteren Mix für die Friedenspolitik, für die Neutralitätspolitik, aber auch für die soziale Gerechtigkeit in diesem Land dar. Ich befürchte, dass dieser Mix zwar einigen Leuten in diesem Land sehr gut schmecken wird, sich aber bei vielen Frauen und Männern auf den Magen schlagen wird, und das ist schade. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

16.18

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und mein Herr auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Mit Lore Hostasch verabschiedet sich eine sehr erfolgreiche, eine sozial gesinnte und sehr menschliche Politikerin vom Hohen Haus. Sie ist ein Vorbild innerhalb der Sozialdemokratie und weit über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir danken ihr und wünschen ihr alles Gute auf ihrem weiteren Weg.

Wenn ich an die außerordentliche Kompetenz der ehemaligen Sozialministerin Lore Hostasch denke – und sie wird ihr Wissen und Können weiterhin den Arbeitnehmern in Österreich zur Verfügung stellen –, dann fällt mir schon ein sehr dramatischer Qualitätssturz in dieser Bundesregierung auf, wenn ich zum Beispiel an die Frau Staatssekretärin Rossmann denke, die die Sanktionen gegen Österreich mit einer gewissen Euphorie registriert und gemeint hat, jetzt werde man Austria nicht mehr mit Australia verwechseln. Eine Salzburger Zeitung hat das ja einschlägig kommentiert, aber meine Kinderstube verbietet mir, dass ich das noch einmal wiederhole.

Es gibt aber nicht nur einen Qualitätsabsturz in dieser Bundesregierung, sondern auch einen Sozialabsturz. Arbeitsminister Bartenstein (Abg. Auer: Exzellent! – Abg. Dr. Trinkl: Guter Minister!)  – er kokettiert ja selbst ganz gerne mit der Bezeichnung Arbeitsminister – fordert trotz eines Privatvermögens – und das, meine Damen und Herren auf der Galerie, müssen Sie sich jetzt anhören (Abg. Dr. Trinkl: Bitte keinen Klassenkampf! Jetzt kommt der Klassenkämpfer Kräuter!)  – von Hunderten Millionen Schilling Karenzgeld für seine Gattin ein. (Abg. Schwarzenberger: Das war aber jetzt keine gute Kinderstube! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Herr Finanzminister hat vorhin von einer Million Österreicher im Armutsbereich gesprochen – na, das wäre doch eine erste Gelegenheit, Herrn Minister Bartenstein umzustimmen, denn sonst läuft nämlich der Herr Finanzminister Gefahr, dass seine sozialpolitischen Theorien Lippenbekenntnisse bleiben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Der Marx hat seine Freude! – Anhaltende heftige Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Zum Vergleich des Herrn Finanzministers mit dem "Runde schmeißen": Er hat gesagt, die Runde sei bestellt, aber noch nicht bezahlt. – Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Herr Finanzminister ist dabei, den Menschen im Gasthaus das halb volle Glas wegzuziehen. Er soll das einmal in der Praxis probieren, und er wird sehen, dass sich die Menschen das nicht gefallen lassen werden. Und nebenan sitzt die geschlossene Gesellschaft, da klirren die Sektgläser und knallen die Sektkorken. Das ist die Sozialpolitik dieser Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)


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Es handelt sich um eine Umverteilung von unten nach oben, Geldgeschenke für Millionäre auf der einen Seite (Zwischenrufe bei der ÖVP) – es ist gut, dass Sie sich darüber aufregen – und Berufspendler auf der anderen Seite, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind. (Abg. Großruck: Er weiß gar nicht, was ein Berufspendler ist!) Letzteren greifen Sie in die Tasche und verdoppeln die Steuern!

Aber nicht genug damit, meine Damen und Herren, es findet nicht nur diese Umverteilung von unten nach oben statt, sondern auch mittel- und langfristige Weichenstellungen werden einen schweren Schaden für Österreich mit sich bringen, und es wird massive Verluste von Arbeitsplätzen geben – ich denke da etwa an die Infrastruktur und spreche den Bau des Semmering-Basistunnels an.

Vor ungefähr zwei Wochen (Zwischenruf des Abg. Jung ) ist ja diese Lebensader der Zukunft der Steiermark, Herr Kollege, begraben worden. In Zusammenhang damit hat ein Begräbnis in Kärnten stattgefunden. (Abg. Jung: Sie reden nur!) Es hat wenig Sinn, die Details der Verhinderungsstrategie, des Blockierungsverfahrens des Landes Niederösterreich anzuführen. Aber immerhin sagt der Verfassungsexperte Heinz Mayer, der ja nicht irgendjemand ist – ich zitiere –:

Landeshauptmann Pröll hat jahrelang die Rechtsordnung gebeugt, und der Landtag in Niederösterreich hat sich als Erfüllungsgehilfe einspannen lassen. – Zitatende.

Aber darüber will ich gar nicht weiter reden. Es geht um den Charakter der einzelnen Akteure in diesem Trauerspiel, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Trinkl: Sie sollten nicht den Charakter ansprechen! Sich zum Moralisten aufzuspielen, das ist ungeheuerlich!)

Bleiben wir bei Landeshauptmann Pröll. Ein einziges Beispiel, das illustriert, mit wem man es da zu tun hat: Nach jenem schrecklichen Straßenunfall im Tauern Tunnel im letzten Sommer – wir alle können uns noch daran erinnern – war es Herrn Landeshauptmann Pröll nicht zu tief, diesen Straßenunfall für seine Agitation gegen den Semmering-Basistunnel zu missbrauchen. Er reagierte folgendermaßen – ich zitiere –:

"Erwin Pröll sieht sich angesichts der Brandkatastrophe im Tauern Tunnel in seiner strikt ablehnenden Haltung zum Bau des Semmering-Bahn tunnels bestärkt." – Zitatende.

Meine Damen und Herren, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber von Pröll zu Klasnic, von Niederösterreich in die Steiermark: Im Sommer 1999 hat Frau Klasnic noch plakatiert: "Semmering-Basistunnel durchgesetzt." – Na ja, vor ungefähr ... (Abg. Steibl: Und was hat der Schachner-Blazizek gesagt? Der Schachner-Blazizek hat inseriert, der Tunnel wird gebaut!)

Aber was ist denn der entscheidende Punkt, Frau Kollegin? – Sie vergessen da etwas: Die SPÖ distanziert sich ja nicht vom Semmering-Basistunnel oder von diesbezüglichen Inseraten, aber Ihre Frau Landeshauptfrau hat sich davon distanziert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Die Frau Landeshauptfrau weiß, wo es langgeht! Von euch kann man das nicht sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich komme gleich dazu, einen Augenblick noch! – Vor zwei Wochen, und zwar beim so genannten Verkehrsgipfel in Kärnten – es ist ja so, dass steirische Politiker hin und wieder nach Kärnten fahren, um dort bei Herrn Dr. Haider zu apportieren –, hat Frau Klasnic gesagt, mit der Feststellung "Semmering-Basistunnel durchgesetzt" meine sie eigentlich, er werde umgesetzt, und es würden nur mehr rechtliche Schritte fehlen.

Jetzt kommt die Pointe, Frau Kollegin Steibl: Am Montag dieser Woche, meine Damen und Herren, hat Frau Klasnic vor Medienvertretern festgestellt, mit den "Durchgesetzt"-Plakaten habe sie nicht den Semmering-Basistunnel, sondern die zweite Plabutsch-Tunnelröhre im Straßenbereich gemeint. (Abg. Steibl: Genau! Und diese wird gebaut! Wo hat der Ressel was getan?)


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17. Sitzung / Seite 117

Meine Damen und Herren! Das hat Frau Klasnic so lange behauptet, bis die Journalisten das da hergezeigt haben. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Was steht denn da drauf? – "Durchgesetzt! Grünes Licht für den Tunnel! Landeshauptmann Waltraud Klasnic hat den Semmering-Basistunnel durchgesetzt."

Meine Damen und Herren! Es ist ein beispielloser Skandal (ironische Heiterkeit bei der ÖVP – Beifall bei der SPÖ), dass die höchste Amtsträgerin der Steiermark bewusst die Öffentlichkeit hinters Licht führt, die Öffentlichkeit für dumm verkauft und die glatte Unwahrheit behauptet. (Abg. Steibl: Das ist die Unwahrheit!)

Ich zitiere noch die "Kronen Zeitung", Ausgabe Steiermark: "Jeder" – ich wiederhole: jeder! – "hatte im Juni gewusst, was gemeint war, nur Klasnic wollte sich nach dem vermutlichen Exitus des Semmering-Tunnels von letzter Woche in Richtung des Plabutsch-Tunnels davonstehlen." – Davonstehlen, meine Damen und Herren!

Ein Wort auch zu Minister Schmid. Er hat immer gemeint, der Semmering-Basistunnel müsse gebaut werden. Er hat das vor kurzem auch noch in "NEWS" gesagt – ich zitiere –: "Wie schon als steirischer Landesrat spreche ich mich auch jetzt ganz klar für den Bau des Tunnels durch den Semmering aus." – Zitatende.

Mit Pomp und Trara wird dann ein Verkehrsgipfel veranstaltet, und was macht Herr Minister Schmid dann? – Er legt ein Handbuch vor, wie Niederösterreich optimal lange den Tunnel blockieren könne – eine Lizenz zum Verhindern für den Herrn Pröll!

Entweder, meine Damen und Herren, ist Minister Schmid so naiv und so unfähig oder – und da glaube ich eher an eine Schmierenkomödie – er bekommt Befehle von Dr. Haider, die ja bekanntlich täglich wechseln, und versucht, politische Bocksprünge nachzuhüpfen. – Einfach lächerlich!

Das Resümee: Der Bundeskanzler tut so, als würde ihn das alles nichts angehen. (Ruf bei der ÖVP: Was ist mir eurem Volksbegehren geworden?) Sein Parteifreund, Landeshauptmann Pröll, übt tiefe Polemik, seine Parteifreundin, Landeshauptfrau Klasnic, gibt Unwahrheiten von sich auf erschütterndem Niveau, Ministerkollege Schmid, hüpft Haiders Bocksprünge nach – kein Kommentar, keine Entscheidungen, keine Zurechtweisungen, kein Machtwort? – Der Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren, versagt kläglich! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Was ist mit eurem Volksbegehren geworden? Die Antwort darauf bleiben Sie schuldig!)

16.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

16.26

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Bildungsbereich ist ein ganz wichtiger Bereich. In der Europäischen Union wird während der portugiesischen Ratspräsidentschaft die Bildung als der Mittelpunkt aller Bemühungen apostrophiert – die Bildung, die Wissenschaft und die Forschung, die sowohl die Wirtschaft zu Weiterentwicklungen bringen, als auch den Menschen die Chance geben, die Herausforderungen anzunehmen.

Auch in der österreichischen Regierungserklärung und in der Diskussion um die Budgeterstellung hat die Bildung einen sehr großen Stellenwert und einen breiten Raum eingenommen.

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass unser Herr Bundeskanzler die Regierung nicht diktatorisch führt, nicht zurechtweist, sondern dass wir gemeinsam die besten Lösungen suchen. Ich glaube, dass das der richtige Stil ist, wie eine Regierung geführt werden soll. (Beifall bei der ÖVP.)


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17. Sitzung / Seite 118

Es ist mir immerhin in den Verhandlungen gelungen, zu erreichen, dass der gesamte Personalaufwand für die Lehrer und Lehrerinnen sowie für die Universitätsprofessoren und -professorinnen, für das ganze Personal an den Universitäten im Budget abgedeckt ist.

Vorhin hat Kollege Brosz Äußerungen dahin gehend gemacht, es könne nicht stimmen, was da berechnet worden ist, und ich würde mein Budget ständig überziehen. Ich darf ihm daher die Fakten erklären: Das Budget des Ministeriums resultiert aus der Zahl der Dienstposten. Die Zahl der Dienstposten entsteht aus Schülerzahl mal zu haltenden Unterrichtsstunden dividiert durch die Lehrverpflichtung. Und diese Stunden sind zu halten, daher sind diese Dienstposten zu budgetieren.

Im Bundesschulbereich haben wir das genau berechnet, genau budgetiert, und im Bundesschulbereich habe ich das Budget jedes Jahr eingehalten. Im Landeslehrerbereich läuft es anders, da wird in den Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen dem Finanzminister und den einzelnen Bundesländern festgelegt, nach welchen Modalitäten bezahlt wird. Diese Modalitäten gelten dann fünf Jahre, die Länder rufen dieses Geld ab. Dabei ist es nicht möglich, innerhalb eines laufenden Budgetjahres diese Anforderungen zu kontrollieren. Es kann zwar der Rechnungshof zwei, drei Jahre später die Gebarung des Landes kontrollieren, noch einmal drei, vier Jahre später könnte dann der Bund, wenn etwas nicht gestimmt hat, etwas zurückverlangen, nur ist das ein dermaßen mühsames Verfahren, sodass es nicht zu einem aktuellen Budgetcontrolling führen kann.

Ich habe das jedes Jahr dem Herrn Finanzminister, schriftlich nachweisbar, mitgeteilt. Es hat sich aber nichts daran geändert. Ich habe auch jedes Jahr mitgeteilt, dass die Budgetierung bei den Landeslehrern nicht stimmt.

Ich habe bei den diesjährigen Budgetverhandlungen dasselbe angeführt, und deswegen haben wir seit dem Budgetentwurf bis zum Budgetbeschluss auch eine Erhöhung von 600 Millionen Schilling im Bereich der Personalkosten der Landeslehrer vorgenommen.

Es muss nun bei den kommenden Verhandlungen zum Finanzausgleich sichergestellt werden, dass es ein laufendes Controlling gibt, eine laufende Kontrolle der Dienstposten im Vergleich mit den bewilligten Dienstposten und der Anforderungen im Vergleich mit den bewilligten Dienstposten. Diesbezüglich muss einiges geändert werden, was leider in der vergangenen Legislaturperiode nicht geändert worden ist. Es stimmt also nicht, dass dieses Budget ständig überzogen wurde, sondern es stimmt, dass es nicht richtig budgetiert war, worauf ich jedoch immer hingewiesen habe.

Meine Damen und Herren! Bildung, Wissenschaft und Forschung wurden auch bei der Budgeterstellung in Österreich als so wichtig erkannt, dass gesagt wurde: Innerhalb der Lehre, des Unterrichts, bei den Personalkosten müssen wir das Budget voll abdecken. Wir müssen auch den Betriebsaufwand voll abdecken. Die Schulen erhalten dieselben Beträge, dasselbe autonome Budget wie im vergangenen Jahr. Die Universitäten haben voriges Jahr eine 5-prozentige Kürzung gehabt, heuer werden wir bei den Betriebskosten noch um 3 Prozent kürzen.

Wir haben Schwerpunkte gesetzt. Wenn man fragt: Wie kann man das machen, dass man mit einem etwas gekürzten Budget auskommt?, dann muss ich darauf sagen: Man muss eben Schwerpunkte setzen. Denn in der kurzen Zeit, in der dieses Budget erstellt wurde, ist es nicht möglich, Strukturmaßnahmen zu setzen, ist es nicht möglich, zu überlegen, wo es vernünftige Synergieeffekte gibt, wo ein Kolleg, ein Aufbaulehrgang gemeinsam geführt werden kann. All diese Überlegungen waren vorerst nicht möglich.

Im gesamten Schulbereich können Überlegungen, die wir jetzt anstellen, erst ab dem Herbst 2001 wirksam werden, denn jetzt wird das Schuljahr 2000/2001 geplant. Alle Maßnahmen, die man sich überlegt, um Synergieeffekte zu erzielen, müssen langfristig angelegt werden. Deswegen konnten im Budget 2000 keine Strukturmaßnahmen greifen, deswegen musste die Kürzung der Ermessensausgaben vorgenommen werden.


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Bei den Ermessensausgaben müssen Einsparungen stattfinden, und zwar in der Höhe von 15 Prozent sowohl was den Unterrichtsbereich als auch was den Wissenschaftsbereich betrifft. Es stimmt nicht, dass die Ausgaben für den Wissenschaftsbereich um 1 Milliarde Schilling gekürzt wurden und jene für den Unterrichtsbereich nicht. Es wurden überall Einsparungen getätigt – in einem Bereich 1,3 Milliarden Schilling, im anderen Bereich 1,4 Milliarden Schilling, sodass unser Anteil an den Einsparungen der Ermessensausgaben etwa 3 Milliarden Schilling beträgt.

Die Frage ist jetzt natürlich, wie man eine derartige Ermessensausgabenkürzung verkraften kann, zumal, wie man weiß, enorm viel an den Ermessensausgaben Pflichtausgaben sind. Wenn man die Vienna International School zu finanzieren hat, dann ist das eine vertragliche Verpflichtung. Genauso gibt es im Universitätsbereich enorm viele vertragliche Verpflichtungen. Daher muss man sich dazu durchringen, Schwerpunkte zu setzen, zu sagen: Einige Investitionen in Anlagen, vielleicht auch in Gebäude, müssen wir verschieben, bis das Budget durch Strukturmaßnahmen saniert ist, bis wir wieder die Beweglichkeit haben, mehr in den Investitionsbereich hineingeben zu können!

In diesem Zusammenhang stelle ich ganz klar und deutlich fest – meine Damen und Herren, ich bitte Sie, das weiterzusagen –: Es gibt keinen Investitionsstopp, sondern es gibt den Auftrag zu einer vernünftigen Schwerpunktsetzung. Jene Schulgebäude, die in Bau sind, werden selbstverständlich weitergebaut, denn dies wird von der BIG gemacht, einer Firma, die ausgelagert worden ist, die privatisiert worden ist, und diese arbeitet selbstverständlich weiter.

Bereits begonnene Planungen werden weitergeführt, aber jede gute und schöne Verbesserung wird man sich heuer nicht leisten können. Das heißt: Wo an einer Schule ein Chemiesaal mit lauter Einzelarbeitsplätzen hätte ausgestattet werden sollen, an denen jeder Schüler alle Anschlüsse hätte – was echt super wäre –, dort wird man sich halt überlegen müssen, ob man das eine Zeit lang zurückstellen kann.

Wer den Ausstattungsgrad an unseren Schulen, auch an vielen Hochschulen und an vielen Universitäten kennt, der weiß, dass wir uns nicht verstecken müssen – weder beim Schulbau noch beim Ausstattungsgrad – und dass wir es verkraften werden, jetzt einmal auf ein halbes Jahr gewisse Investitionen zurückzustellen. Auf Grund der Maßnahmen, die bereits durch das Budgetprovisorium eingeleitet wurden, hat jeder schon gewusst, dass etwas zurückgestellt werden muss, und sind Bestellungen erst gar nicht vorgenommen worden.

Ich meine also: Es muss ein Weg gegangen werden von einer Forderungskultur hin zu einer Verantwortungskultur – auch im Bildungsbereich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist ein Leichtes, alles und jedes zu fordern. Ich gehe zu sehr vielen Veranstaltungen – mit Schülerinnen und Schülern, mit Lehrerinnen und Lehrern – in den verschiedensten Bereichen, und überall erhalte ich zweiseitige, dreiseitige Forderungslisten mit 30 bis 40 Forderungen.

Meine Damen und Herren! Es ist ein Leichtes, alles zu fordern, es ist aber wichtig, dass wir zu einer neuen Verantwortungskultur kommen, dass wir uns fragen: Was kann ich selbst erledigen? Wo kann ich mir selbst helfen? Was kann ich zurückstellen? Was ist unbedingt notwendig?

Diese Verantwortungskultur fordere ich im Schulbereich ein, fordere ich im Universitätsbereich ein, und ich meine, dass wir damit auch ein Zeichen setzen – ein Zeichen für eine mündige Gesellschaft.

Ich stelle abschließend fest: Wir haben im Bildungsbereich das Wichtige und Notwendige finanziert. Es gibt keinen Investitionsstopp, es gibt keinen Mangel im Unterrichtsbereich und im Lehrbereich an den Universitäten. Das Personal ist finanziert. Die Betriebskosten sind gesichert. Einige Investitionen können getätigt werden, einige müssen zurückgestellt werden. Die internationalen Bereiche sind abgesichert. Die Fachhochschulen sind abgesichert. Die Projekte betreffend die Zusammenarbeit im Forschungsbereich sind abgesichert.


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Ich bedanke mich beim Finanzminister für die guten Verhandlungen. Ich bedanke mich auch bei der gesamten Regierung für das Verständnis dafür, dass Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung wichtig für unsere Zukunft sind, und ich bitte Sie, mich in diesem Bereich weiterhin zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich wollte eigentlich nur auf spezifische Problemstellungen im Bereich der Zukunftsplanung Österreichs eingehen, die unmittelbar mit dem Budget zusammenhängen, aber einige der vor mir gehaltenen Reden haben mich herausgefordert, und daher gestatten Sie mir, kurz darauf einzugehen.

Zunächst einmal an die Adresse des Kollege Kräuter. – Wo ist er? Ich glaube, er ist geflüchtet. Er weiß, warum. (Abg. Schwemlein: Das sicher nicht!) – Dem Kollegen Kräuter, der sich hier durch Polemik ausgezeichnet hat – er ist jetzt hinausgegangen – möchte ich schon sagen: Bevor er irgendjemand anderen wegen einer Kampagne verdammt, sollte er sich daran erinnern, was sein Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner-Blazizek in der Steiermark aufgeführt hat. Der hat nämlich eine Kampagne mit dem Motto "abgehakt" gestattet – abgehakt mit einem Hakerl darunter und mit einem Konterfei über dem Hakerl.

Da ging es darum, ein Forschungszentrum mit 500 Beschäftigten in den Raum Obersteiermark zu bringen – schade, dass Herr Kollege Kräuter nicht anwesend ist –, das Projekt heißt Eurocryst. Abgehakt hat er es. Nichts ist abgehakt. Schall und Rauch ist es. Herr Schachner-Blazizek hat sich jämmerlich blamiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Herr Landeshauptmann-Stellvertreter führte in der Kampagne "abgehakt" das Thema obersteirischer Verkehrsknotenpunkt an. Wissen Sie, was da passiert ist? – Da hat man den Galgenbergtunnel zur Hälfte gebaut, zur Hälfte fertig gestellt, aber jenen Tunnel, den man gebraucht hätte, um dem Ganzen einen Sinn zu geben, nämlich den Treidersbergtunnel, hat man nicht gebaut, weil Herr Bundesminister außer Dienst Einem gesagt hat: Das machen wir nicht! Aber Herr Schachner-Blazizek hat sein Konterfei und darunter "abgehakt" plakatieren lassen. – Meine Damen und Herren, nur so viel zur Seriosität des Kollegen Kräuter.

Zweiter Punkt, der mir wesentlich erscheint – es ist leider nur ein Vertreter der Grünen, nämlich der Herr Klubobmann, anwesend, aber ich glaube, es passt! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber  – mit der Hand winkend –: Hier!) Es ist noch jemand da. Entschuldigung! – Es genügt nicht, hier herauszugehen und zu sagen: Einen Benzinpreis von 30 S, 35 S haben wir nicht gefordert, wir haben etwas anderes gefordert! (Abg. Dr. Van der Bellen: Nein!) Doch, Sie haben das gefordert, Herr Kollege Van der Bellen, und wir werden das den Leuten draußen auch sagen. Sie haben diese Kampagne geführt. Sie waren zusammen mit Herrn Joschka Fischer – damals war er noch Oppositionspolitiker –, und da haben Sie die Köpfe zusammengesteckt und über einen Benzinpreis in der Größenordnung von 5 Mark laut nachgedacht. Nur: Als dann Herr Joschka Fischer – einer der Hauptagitatoren, einer der Hauptbetreiber der Anti-Österreich-Kampagne, gemeinsam mit Genossen und Obergenossen im gesamteuropäischen Raum – in die Regierung gekommen ist, war es doch nicht mehr so kommod, das weiterhin zu fordern, daher haben sich dann diese Herrschaften langsam von dieser Forderung verabschiedet. Aber sie steckt noch – meine Damen und Herren, immer noch! – ganz massiv in den Gehirnen dieser Leute drinnen. Und das muss man auch einmal sagen. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Ich habe nicht so viel Zeit, Kollege! Lassen Sie mich noch eingehen auf die Ausführungen der Kollegin Bures und auf jene des Kollegen Kurt Eder.

Kollege Eder hat gemeint, wir würden mit unserem Mietensenkungsprogramm schon die neue Belastungswelle für die Österreicher auf dem Präsentierteller haben. – Nein, Herr Kollege, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir eine Mietensenkung mit einem einheitlich befristeten Ab


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schlag von 25 Prozent machen. Wir werden die Betriebskostensenkung durch standardisierte Abrechnung herbeiführen. Wir werden eine umfassende Deregulierung sowohl im Bereich der freien Vermietung als auch im Bereich der WGG-Bauträger herbeiführen. Wir werden dafür sorgen, dass die Hausbesorgerkosten herabgesetzt werden. Wir werden Eigentum ermöglichen. Und wir werden eine Friedenszinsreform, aber ohne Eingriff in bestehende Rechte, durchführen.

Ich frage mich also, meine Damen und Herren: Wo ist da das Belastungspaket? – Das ist lächerlich, Herr Kollege! Schminken Sie sich das bitte ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Dieses Budget ist gekennzeichnet durch Entlastungen im Bereich der öffentlichen Haushalte und im Bereich der privaten Haushalte. Es heißt Schulden abbauen, sparen, Haushalt konsolidieren. Und das ist gut so, denn die 13 Jahre Schuldenberg-Politik unter einem sozialistischen Finanzminister können einfach nicht mehr fortgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

16.42

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Zunächst ein Wort zu Herrn Kollegen Kräuter, der noch immer nicht da ist, und zu seinen unqualifizierten Aussagen. (Abg. Gradwohl: Na, na, na!) Was Kollege Kräuter zu den Vermögensverhältnissen des Herrn Bundesminister Bartenstein gesagt hat, meine Damen und Herren, ist eine ziemlich schäbige Argumentation (Abg. Murauer: Kinderstube!), die auf Vorurteile, Ressentiments und Neidkomplexe abzielt – also genau auf das, was Sie den anderen immer zum Vorwurf machen. Das wird von Ihnen in der politischen Argumentation genau dann verwendet, wenn Sie glauben, dass es Ihnen politisch nützt. Das halten wir – und das sagen wir auch ausdrücklich – für schäbig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ein Wort nun zum Semmering-Basistunnel, den Abgeordneter Kräuter ja auch angesprochen hat. Der rechtliche Zustand, der diesbezüglich eingetreten ist, ist unbefriedigend. Das sagen auch wir. Aber das ist einzig und allein auf das Versagen der sozialdemokratischen Verkehrsminister zurückzuführen, die nicht in der Lage waren, dieses Projekt gesetzmäßig und den verfahrensrechtlichen Vorschriften entsprechend durchzuziehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Semmering-Basistunnel ist ein Symbol für die gescheiterte Verkehrspolitik der Sozialisten, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: ... Pröll! – Abg. Dietachmayr: Rede einmal mit Pröll!)

Meine Damen und Herren! Ein Wort auch zu einem Thema, das in den letzten zwei Wochen oft diskutiert wurde und das mich als oberösterreichischen Abgeordneten sehr bewegt, nämlich zur Privatisierung. Der österreichische Steuerzahler muss über die Jahrtausendwende hinaus für die völlig fehlgeschlagene Verstaatlichtenpolitik in den siebziger und achtziger Jahren der sozialistischen Finanz- und Verstaatlichtenminister – von Androsch über Lacina und Klima bis hin zu Edlinger – bezahlen.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Politiker sollten zu ihrer Verantwortung stehen, und zwar zu ihren positiven Ergebnissen, aber auch zu ihren Fehlschlägen, und für diese gescheiterte Verstaatlichtenpolitik müssen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, ganz alleine die Verantwortung übernehmen, denn ausschließlich Sie – das wissen Sie so gut wie ich – haben dort das erste und letzte Wort gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was davon übrig geblieben ist, sind 110 Milliarden Schilling Staatsschulden und der Verlust von 50 000 Arbeitsplätzen.


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17. Sitzung / Seite 122

Meine Damen und Herren! Sie sind auch hauptverantwortlich für die derzeit bestehenden Schulden der ÖIAG und der Post- und Telekom Beteiligungsgesellschaft in der Höhe von 80 Milliarden Schilling, die nun durch Erlöse aus der Privatisierung getilgt werden sollen, damit endlich der Steuerzahler aus seiner Haftung für diese Schulden entlassen werden kann.

Wir werden aber auch dafür sorgen – auch das möchte ich in diesem Zusammenhang sagen –, dass dabei die österreichischen Interessen gewahrt bleiben, dass die Headquarter dieser Unternehmen auch in Zukunft in Österreich bleiben. Deshalb appelliere ich auch an Sie, Herr Kollege: Stellen Sie Ihre unehrliche Vernaderungs- und Verunsicherungskampagne in diesem Zusammenhang ein und hören Sie auf, zu sagen, dass diese Regierung die Verstaatlichte verschleudern und ohne Rücksicht auf österreichische Arbeitsplätze und Industrieinteressen billig verscherbeln will!

Meine Damen und Herren! Sie wissen so gut wie ich, dass diese Propaganda unwahr ist und nur dazu dient, jetzt vor der Arbeiterkammerwahl den Arbeitnehmern Angst einzuflößen. Das ist der Sinn dieser Ihrer Kampagne! Sie wissen so gut wie ich, dass das, was jetzt in diesem Bereich geschieht, im Wesentlichen in den Koalitionsvereinbarungen mit Ihnen schon längst vereinbart war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass Sie und Ihre politischen Funktionäre die Verstaatlichte nicht führen konnten und können, das haben wir ja alle miterlebt – ich als oberösterreichischer Mandatar besonders hautnah in der VOEST, aber auch in der AMAG.

Als die AMAG Anfang der neunziger Jahre vor der Pleite stand, wurden ihr vom Steuerzahler 11,2 Milliarden Schilling zugeschossen. 11,2 Milliarden Schilling! Aber das hat nichts genützt, meine Damen und Herren! Nach drei Jahren war man dann trotzdem der Meinung, der Staat könne sie nicht führen, sie müsse verkauft werden. In der Zwischenzeit waren dort wieder Tausend Arbeitsplätze verloren gegangen.

Meine Damen und Herren! Wie schaut es heute bei dieser AMAG aus, nachdem sie um einen Schilling an einen privaten Unternehmer beziehungsweise an eine private Unternehmensgruppe verscherbelt, das heißt, in Wahrheit verschenkt wurde und nachdem dann noch 1,2 Milliarden Schilling quasi dazugelegt wurden, damit sie überhaupt fortgeführt werden konnte? Wie schaut es dort heute aus?

Voriges Jahr hat die AMAG einen Cash Flow in der Höhe von rund 780 Millionen Schilling erwirtschaftet, und der Gesamtkonzern ist heute wieder rund 5 Milliarden Schilling wert. Und die Mitarbeiteranteile – es hat dort auch eine Mitarbeiterbeteiligungsaktion gegeben, rund 20 Prozent der Anteile gehören über eine Stiftung den Arbeitnehmern – sind heute rund 1 Milliarde Schilling wert. Das heißt, dass dort auf jeden Arbeitnehmer rund eine Million Schilling entfällt.

Meine Damen und Herren! Wenn, wie das derzeit in Ranshofen diskutiert wird, die AMAG verkauft würde, könnten die Mitarbeiter diesen Preis auch erlösen. Aber selbst dann, wenn der Erlös pro Mann in der Stiftung, die diese Mitarbeiterbeteiligung hält, verbliebe und gut veranlagt würde, würden die Mitarbeiter mehr erhalten als bisher, und zwar deshalb, weil die Veranlagungsgewinne bei 1 Million Schilling deutlich mehr ergeben als die jährliche Gewinnbeteiligung. Das wollte ich Ihnen nur sagen, weil Sie immer versuchen, Mitarbeiterbeteiligung und Privatisierungen schlecht zu machen.

Die AMAG beweist, dass es auch eine Erfolgsgeschichte von Privatisierungen gibt. Das sollten Sie unter den Arbeitnehmern verbreiten, meine Damen und Herren von der SPÖ! Das sollten Sie den Arbeitnehmern im Zuge der Arbeiterkammerwahlen mitteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber diese Beispiele fürchten Sie ja wie der Teufel das Weihwasser, denn dann würde ja Ihr ideologisches Weltbild wie ein Kartenhaus zusammenfallen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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17. Sitzung / Seite 123

Privatisierung von Staatsbeteiligungen machen auch Sinn im Zusammenhang mit der Budgetverwendung von Privatisierungserlösen, denn fließen Privatisierungserlöse ins Budget, so verringern sie auch die Staatsschuld. Das bedeutet weniger Zinsenbelastung für die öffentlichen Haushalte, und das ist dringend notwendig, denn schließlich wird unser Haushalt mit einem Zinsaufwand von rund 107 Milliarden Schilling jährlich belastet.

Wie sehr diese Privatisierungspolitik verschleppt wurde, zeigt auch die Tatsache, dass in den Jahren 1990 bis 1999 die Differenz zwischen geplanter und realisierter Privatisierung mehr als 17 Milliarden Schilling betragen hat, meine Damen und Herren. Das zeigt auch, wie groß die Versäumnisse der sozialistischen Finanzminister in diesem Zusammenhang waren. Und damit bin ich beim früheren Finanzminister Edlinger und seinem ebenso legendären wie unqualifizierten Ausspruch vom Hund und seinem Wurstvorrat im Zusammenhang mit der Österreichischen Volkspartei.

Dieses Zitat stammt nämlich vom großen österreichischen Nationalökonom Joseph Schumpeter und heißt in Bezug auf die Budgetpolitik sozialistischer Finanzminister richtig: "Eher sammelt ein Dackel einen Wurstvorrat an, als der Staat Überschüsse." – Zitatende.

Genauso haben Edlinger und seine Vorgänger im Finanzministerium gehandelt, und genau darunter leidet Österreich! Und genau deshalb muss diese Bundesregierung auch die notwendigen Sanierungen einleiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

16.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! – Herr Abgeordneter Kukacka! Eine ganz kurze Frage: Was haben Sie in den letzten zehn oder dreizehn Jahren eigentlich gemacht? Hatten Sie Verantwortung? – Sie sprachen von Verantwortung. (Abg. Mag. Kukacka: Detailverantwortung!)  – Ich nehme doch an, dass Sie in einer Regierung waren und dort auch Ihre Verantwortung wahrgenommen haben.

Aber kommen wir zu unserem konkreten Verhandlungsgegenstand, kommen wir wieder zum vorliegenden Budgetvorschlag. Meine Damen und Herren! Wir erleben hier eine Ankündigungspolitik höchsten Ausmaßes. Hier werden uns Dinge verkauft, die bei genauem Hinsehen erstens noch nicht klar nachvollziehbar sind und die bei weiteren genaueren Analysen zeigen werden, dass jene Effekte, die von diesem Budget ausgehen werden, keine ökologischen und keine sozialen Ziele und Aspekte beinhalten, die aber sehr dringend für die österreichische Gesellschaft notwendig wären.

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Sie sagten in Ihrer Rede ernsthaft, Betriebe und Unternehmer würden mehr Steuern zahlen. Habe ich mich verhört? Ich glaube nicht. (Abg. Schwarzenberger: Das ist aus den Tabellen ersichtlich! Einkommensteuer und Umsatzsteuer!) Meinen Sie damit die Tabaksteuer? Meinen Sie die motorbezogene Versicherungssteuer? Ich glaube, ich höre nicht recht! Wenn Sie Behauptungen aufstellen, dann lernen Sie einmal, den Begriff "Steuern" klar im Budget nachzuvollziehen. (Abg. Schwarzenberger: Sie müssen Tabellen lesen lernen! Von einem Akademiker muss man erwarten können, dass er auch Tabellen lesen kann!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Was sollen eigentlich Ihre Feststellungen zum Rückgang der Kinderzahlen in Österreich? Sie sagen doch ernsthaft, dass das Ihrer Meinung nach ein Thema in der Hinsicht wäre, dass jene, die mehr Kinder produzieren, offensichtlich Ihrer Ansicht nach mehr wert sind, denn, so habe ich Ihrer Rede entnommen, damit wachsen ja letztlich auch mehr Pensionskassenzahler heran.

Das ist doch zynisch, Herr Abgeordneter! Was sagen da unsere ärmeren Familien? (Abg. Schwarzenberger: Das ist nicht zynisch, wenn man Mehrkinderfamilien mehr unterstützen


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17. Sitzung / Seite 124

möchte!) Was sagen unsere allein erziehenden Mütter in Österreich? Die wollen Kinderbetreuungseinrichtungen, die wollen Kindergärten und keine zynische Bevölkerungspolitik in Ihrem Sinne! (Beifall bei den Grünen. – Abg.
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17. Sitzung / Seite 125

Schwarzenberger:
Herr Pirklhuber! Wissen Sie, dass in Niederösterreich mehr Landwirte in der Bezirksbauernkammer vertreten sind, als die Grünen Stimmen haben?)

Übrigens, Herr Abgeordneter Schwarzenberger: Den Sockelbetrag, den Sie als soziale Errungenschaft in der Bergbauernförderung verkaufen, diesen Sockelbetrag hatten wir über 15 Jahre lang. Er ist nur auf Grund des EU-Beitritts gefallen. Sie haben ein schlechtes Erinnerungsvermögen! Das ist nichts anderes als der Stand von vor fünf, sechs Jahren, den wir mit dem Sockelbetrag bei der Bergbauernförderung wieder erreichen. – So viel zu Ihrer sozialen Ausgewogenheit.

Dort, wo es wirklich darum ginge, soziale Ausgewogenheit zu signalisieren, zum Beispiel im Bereich der Modulation – wir haben hier in diesem Haus schon davon gesprochen –, im Bereich der Möglichkeiten, Förderobergrenzen einzuführen, etwa für Betriebe, die 1 000 Hektar oder Hunderte von Hektar haben und zig Millionen an Förderungen kassieren – diese Betriebe sollten auch klare soziale Verantwortung tragen –, dort, vor dieser Türe sollten Sie einmal kehren, wenn Sie soziale Ausgewogenheit anstreben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zur ökologischen Zielgenauigkeit: Abgeordneter Firlinger hat heute wieder gemeint, er müsse mit dem "30 S-Benzinpreis" hausieren gehen. Darauf werde ich hier nicht antworten, das ist wirklich schon des Langen und Breiten von unseren Abgeordneten heute geklärt worden.

Zu einer anderen ganz zentralen Frage: Sie wollen in dieser Legislaturperiode, in den nächsten Monaten und Jahren, die Mehrwertsteuersätze für Düngemittel und Pflanzenschutzmittel reduzieren. – Meine Damen und Herren, das ist ein Rückschritt, ein Weg mit großen Schritten in die falsche Richtung.

Sie verbilligen Diesel-Treibstoff auf der einen Seite, und auf der anderen Seite wollen Sie nachwachsende Rohstoffe fördern. – Meine Damen und Herren, das ist eine Augenauswischerei! Sie müssen mir erst einmal klar machen, wie das zusammenpasst.

Dieselben Abgeordneten, die vor einigen Jahren die Düngemittelabgabe beschlossen haben – eine Abgabe auf Düngemittel, die die Betriebsmittel in Österreich verteuerte, weil man damit ökologische Effekte erzielen wollte –, stellen sich heute hierher und meinen, sie können den Bauern Preisreduktionen bei Betriebsmitteln als positive ökologische Signale verkaufen. – Das ist doch Mumpitz! Da ist doch keine Zielgenauigkeit! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie den Fünften Umweltkontrollbericht von 1998 nachlesen würden, dann könnten Sie daraus entnehmen, dass die weitere Reduktion der Anwendung der Pflanzenschutzmittel, des Einsatzes dieser Mittel in der österreichischen Landwirtschaft, nach wie vor ein dringendes Gebot der Stunde ist. Hier eine Preisnachlass-Politik zu entwickeln, halte ich für ökologisch höchst bedenklich, abgesehen davon, dass es auch steuerpolitisch ein Wahnsinn ist!

Herr Abgeordneter Schwarzböck! Auch Sie haben damals diese Düngemittelabgabe mitgetragen. Sie erinnern sich. Darauf möchte ich einmal eine Antwort von Ihnen haben: Warum das damals gut war, und warum heute die Preise in den Keller gehen müssen (Abg. Schwarzböck: In 15 Minuten können Sie sie haben!)  – für Mittel, die eindeutig für Überschüsse sorgen und auch die Nitratproblematik in Österreich weiter verschärfen werden.

Abschließend, meine Damen und Herren: Auch im Forschungs- und Entwicklungsbereich können wir nachvollziehen, dass das, was Minister Grasser hier großartig verkündet hat, nicht stimmt. In der Forschung und Entwicklung – schauen Sie hinein in den Voranschlag! – gibt es 10 Prozent Kürzungen auch im Agrarressort.

Daher meine Damen und Herren! Dieser Budgetvoranschlag ist weder sozial noch ökologisch zielorientiert und daher keine Zukunftsvision für Österreich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie müssen Tabellen lesen lernen! Weil Sie so jung sind, verzeihe ich Ihnen das, aber als Akademiker müssen Sie Tabellen lesen können!)

16.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

16.58

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Finanzminister Grasser ist leider nicht mehr anwesend. Das tut mir sehr leid, denn er hat vor zwei Stunden hier eine eindrucksvolle Vorstellung gegeben. (Abg. Aumayr: Der Herr Staatssekretär ist da! – Abg. Steibl: Ein schöner Mann! – Abg. Dr. Khol: Er ist zum ECOFIN nach Portugal gefahren!)  – Soll er. (Abg. Dr. Khol: Er muss! )

Es hat mir trotzdem sehr gefallen, was er hier gesagt hat. Es war wunderbar. Mein rotes Herz ist richtig warm geworden dabei (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ), denn es war meiner Ansicht nach ein Bekenntnis für die sozial Schwachen. Es war eine ganz wunderbare Vorstellung!

Mittlerweile haben wir uns aber all das durchgelesen und auch seine Budgetrede gehört. Ich glaube, er hat gestern sehr gut zugehört bei all den Rednerinnen und Rednern, die schon dran waren, denn ich habe festgestellt, er hat zum Beispiel in der Zwischenzeit sogar die Alleinverdienerinnen und die Alleinerzieherinnen entdeckt. (Abg. Fischl: Eh gut!)

Ich finde, es gilt, hier ganz genau aufzupassen, zuzuhören und nachzulesen, was in diesem Budget denn tatsächlich für die Schwachen in unserer Gesellschaft festgeschrieben ist. Denn wir befassen uns heute mit dem von Kollegen Khol so genannten Gesellenstück des FPÖ-Finanzministers Grasser. Sie, Herr Kollege Khol, haben es Gesellenstück bezeichnet, und Finanzminister Grasser hat betont, gemeinsam mit dem Konzern, aus dem er kommt, beschlossen zu haben, jetzt gestaltend in dieser Regierung mitwirken zu wollen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es stellt sich für mich die Frage nach der Lehrzeit des Gesellen – aber wes Geistes Kind unser Finanzminister ist, wer sein Lehrmeister war und noch immer ist, muss uns allen schon klar sein: Er sitzt in Kärnten. (Abg. Dr. Khol: Stronach sitzt nicht in Kärnten, der sitzt in Niederösterreich!)

Es ist allerdings für uns Österreicher und Österreicherinnen von existentieller Bedeutung und kommt einer Drohung gleich, auf das Meisterstück von Grasser warten zu dürfen. Die Steuer- und Gebührenerhöhungen, die in diesem Gesellenstück des Finanzministers zu finden sind, treffen vor allem die BezieherInnen kleiner Einkommen, und wir müssen uns schon sorgenvoll fragen, welche Anschläge auf die Brieftaschen in Zukunft noch auf uns warten.

Ich möchte die Auswirkungen der Budgetmaßnahmen an einem Beispiel klar machen: Es sei eine Frau aus meiner Heimatgemeinde als Beispiel genannt – eine Frau, die mit 13 000 S netto im Monat auskommen muss und die diese Auswirkungen auch in ihrem alltäglichen Leben ganz sicherlich spüren wird. Ich weiß, Minister Grasser kann es sich vielleicht persönlich nicht vorstellen, wie es ist, mit 13 000 S auskommen zu müssen. Er hat ja selbst gegen die Gehaltsbeschränkung auf 60 000 S Einspruch erhoben. Wie aber will er die jetzigen Budgetmaßnahmen dieser Frau aus meiner Heimatgemeinde erklären?

Sie ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 4 und 8 Jahren, arbeitet in Wien als Handelsangestellte und verdient eben monatlich nur 13 000 S. Die angekündigten Budgetmaßnahmen treffen sie in voller Härte – nicht nur, dass ihr täglicher Weg zur Arbeit mit dem PKW durch die Erhöhung des Preises für die Autobahn-Vignette und der motorbezogenen Versicherungssteuer und die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel in Wien in Zukunft noch teurer werden, trifft sie auch in ihrer gesamten Lebensplanung (Gespräche zwischen Abgeordneten aller Fraktionen – Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) die volle Härte des Budgets dieser blau-schwarzen Regierung.


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Die Gebührenerhöhung für Reisepässe, die sie für sich und ihre Kinder beantragt, werden ein Loch ins Urlaubsbudget reißen. Dazu hat diese Frau in Zukunft auch noch höhere Stromkosten zu bezahlen. Weiters zahlt sie schon seit längerer Zeit – (anhaltende Gespräche in den Bankreihen) hören Sie mir vielleicht zu! – in einen Bausparvertrag ein, mit dem Ziel, einmal ein Eigenheim zu finanzieren. Wenn man allerdings bedenkt, dass in Zukunft für ein Bauspardarlehen in der Höhe von 1 Million Schilling 12 000 S jährlich mehr an Gebühren anfallen, dann sieht man, dass sowohl die kurzfristige als auch die langfristige Planung dieser Frau ganz schön durcheinander gebeutelt werden. All diese Maßnahmen treffen sie in voller Härte.

Das kleine Laster, das sich diese Frau auch noch gönnt, nämlich zu rauchen, wird ebenfalls teurer. Sie muss damit rechnen, schon bald für eine Zigarettenpackung 3 S mehr bezahlen zu müssen. – Das, was für diese Familie in Zukunft übrig bleibt, wird eben gerade noch zum Überleben reichen.

Finanzminister Grasser betont zwar immer, er strebe soziale Ausgewogenheit an, dies kommt aber in keinster Weise in diesem von ihm vorgelegten Budget zum Ausdruck. Natürlich treffen all diese Maßnahmen vor allem einkommensschwache Familien, Frauen und Männer. Die soziale Umverteilung von unten nach oben wird damit erst wirklich festgeschrieben.

Um noch einmal darauf zurückzukommen: Wer der geistige Lehrmeister dieses Finanzministers ist und noch immer als Drahtzieher aus dem Hintergrund agiert, möchte ich anhand eines aktuellen Beispiels vom heutigen Tag belegen. Kollege Westenthaler hat es ja angesprochen: Man rühmt sich jetzt, den Kinderbetreuungsscheck in Kärnten einzuführen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist doch was Schönes! Wahlversprechen eingehalten!)

Es ist bemerkenswert, Herr Kollege, dass gerade heute in der "Presse" – ich habe sie Ihnen mitgebracht – zu lesen ist, dass Finanzminister Grasser auf die Frage nach dem Kinderscheck Folgendes gesagt hat – das fällt für ihn "eindeutig" aus –: "Sowohl die Rückflüsse aus den Krediten, als auch die Zinsen aus der Veranlagung von Wohnbauförderungsmitteln sind ,nach der derzeit geltenden Rechtslage wieder dem zweckgebundenen Vermögen des Landes zuzuführen‘." – Zitatende.

Das würde ja wohl heißen, dass man aus den Mitteln der Wohnbauförderung diesen Kinderscheck nicht finanzieren kann! – Und jetzt kommt das Interessante, jetzt kommt nämlich der Schwenk: Plötzlich erklärt – in einer Presseaussendung von 10.54 Uhr, die ich der APA entnommen habe – der Landeshauptmann heute öffentlich, Finanzminister Grasser habe ihm zugesichert, dass die derzeitige gesetzliche Zweckbindung im Zuge der Verhandlungen über den Finanzausgleich fallen werde.

Das heißt, es ist ganz eindeutig festzustellen – dies schließe ich daraus –, dass Finanzminister Grasser sehr wohl seinem geistigen Lehrmeister treu bleibt und das umsetzt und vollzieht, was von diesem gewünscht wird. Und das ist eine sehr, sehr bedenkliche, eine ganz bedenkliche Richtung, in die sich diese Regierung bewegt! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gehört auf jeden Fall angemerkt, dass es, so oft dieser geistige Lehrmeister auch noch versuchen wird, sich zurückzuziehen, für uns ganz eindeutig ist – ich habe gerade Beispiele dafür angeführt –, dass er aus dem Hintergrund weiter agieren wird.

Ich sage das vor allem in Richtung der vielen Schüler, die hier oben auf der Galerie noch zuhören und die ganz sicherlich – wie ich und viele andere hier auch – unter anderem auch Literaturkenntnisse haben. Ich möchte nämlich mit einem Hinweis auf den "Zauberlehrling" schließen, denn in dieser Ballade geht es auch um einen Lehrling und einen Meister. Darin heißt es: "Ach ..., Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los."

Wir aber müssen die Ungeister, die hier eingekehrt sind, los werden. Und mit unserer Kraft werden wir es auch schaffen, die soziale Gerechtigkeit in diesem Haus und im Land Österreich wieder herzustellen und diese Ungeister nicht weiter ihren Unfug treiben zu lassen! – Danke


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schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie hätten auf die Geisterstunde warten sollen!)

17.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Aumayr zu Wort. – Bitte.

17.07

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Hohes Haus! Ich spreche jetzt zum Budget aus der Sicht der Frauen, und zwar ganz speziell aus der Sicht der Bäuerinnen, der Gewerbetreibenden, und ich spreche – Frau Kollegin Schasching, jetzt passen Sie einmal auf! – über die soziale Gerechtigkeit, die bisher bei der Regierung von SPÖ und ÖVP geherrscht hat.

Für die Berufsgruppe der Bäuerinnen und der Bauern endet nämlich jetzt, mit dieser neuen Koalitionsregierung der Freiheitlichen und der ÖVP, eine Zeit unglaublicher Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Über die Krokodilstränen der Frau Ex-Ministerin Prammer können die Bäuerinnen und die Gewerbetreibenden ja nur lachen! Denn im Kopf und im Herz der Frauenministerin hat einzig und allein die Ideologie Regie geführt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )  – Das ist keine Unterstellung, sondern ich kann den Beweis dafür führen.

Frau Ex-Ministerin! Lange Zeit mussten die Bäuerinnen warten, bis Sie endlich etwas Ähnliches wie ein Karenzgeld bekommen haben. Das war aber bedeutend niedriger als das Karenzgeld für die unselbständigen Frauen und wurde auch zehn Jahre lang nicht erhöht, nicht einmal angepasst! Und dabei handelt es sich bei den Bäuerinnen ... (Abg. Wurm: Nein, Sie haben nicht zugehört! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )  – Sie haben jeden Antrag abgelehnt!

Dabei handelt es sich bei der Berufsgruppe der Bäuerinnen um Frauen, die in der Regel, Frau Kollegin Wurm – das werden Sie sich wahrscheinlich nicht vorstellen können –, eine Arbeitswoche von sieben Tagen haben, das sind Frauen, die einen 12- bis 14-Stunden-Tag haben, Frauen, die zu 95 Prozent ihre Eltern oder Schwiegereltern zu Hause am Hof pflegen! (Abg. Wurm: Und ihre Männer!) Und die Bäuerinnen haben – auch das ist eine große sozialpolitische Leistung, Frau Kollegin! – heute noch im Durchschnitt drei Kinder, während die Geburtenrate der österreichischen Durchschnittsfrau bei 1,2 Kindern liegt.

Wie wertvoll die Leistungen der Bäuerinnen für den ländlichen Raum sind, muss auch einmal gesagt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie alle, wir alle konsumieren diese Leistungen ganz einfach! Oder können Sie sich, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, vorstellen, wie es in den Dörfern ohne Bauernhöfe, ohne blumengeschmückte Fenster, ohne gepflegte Bauerngärten, ohne gepflegte Wiesen und Felder ausschauen würde? – Und trotz dieser enormen Leistungen dieser vielen tausend Bäuerinnen hat eine SPÖ-Frauenministerin nicht einmal ein Wort für diese Frauen übrig gehabt, geschweige denn eine politische Entscheidung in ihrem Sinn getroffen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Frau Kollegin Prammer, ganz im Gegenteil: Der Klassenkampf war immer zu Gast in Ihrem Ressort! Ich bin froh, dass diese Bundesregierung uns von dieser Ideologieministerin endlich befreit hat und mit diesen zahlreichen Ungerechtigkeiten Schluss gemacht hat! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun gibt es Gerechtigkeit beim Karenzgeld. Dadurch wird endlich ein Teil dieser Familienleistungen abgegolten.

Endlich kommt auch der Berufsschutz für Bäuerinnen. Jede Studie zeigt, dass der Gesundheitszustand der Bäuerinnen der schlechteste aller Berufsgruppen in unserem Lande ist. Und trotzdem war es bisher so, dass sie, wenn sie krank geworden sind, ihre Arbeit oder ihren Beruf als Bäuerin nicht mehr ausüben konnten und noch nicht 55 Jahre alt gewesen sind, nicht in die Frühpension gehen konnten, sondern sich außer Haus eine so genannte leichtere Arbeit suchen


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mussten. Aber für die Beamtinnen oder die Angestellten galt natürlich der Berufsschutz. – Ich freue mich wirklich sehr darüber, dass wir in diesem Regierungsübereinkommen auch den Berufsschutz für die Bäuerinnen endlich festschreiben konnten.

Jetzt komme ich kurz auf die Gewerbetreibenden zu sprechen, und zwar auf die weiblichen Gewerbetreibenden. Auch für diese Frauen freue ich mich über das "Karenzgeld für alle". Sobald eine Frau ein Friseurgeschäft, einen Kosmetiksalon oder ein Lokal eröffnet hat, hat bisher im Falle der Geburt eines Kindes dank der SPÖ-Frauenministerin die Diskriminierung eingesetzt. – Es ist schön, dass in diesem Regierungsübereinkommen nun auch für diese Frauen für Gerechtigkeit gesorgt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.12

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich neu zu regieren hat mit einer Großaufgabe für die neue Bundesregierung zu beginnen, nämlich damit, das Budget zu stabilisieren. Darüber dürfte es keine differierenden Meinungen geben, weil auch die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP das zum Ziel gehabt haben, und wir ja wohl übereinstimmend hier die Meinung vertreten, dass wir, gemessen am Budgetdefizit, von den letzten Plätzen im EU-Ranking wegkommen sollten.

Dieses schwierige Vorhaben ist im politischen Klima eines Regierungswechsels noch schwieriger, als es insgesamt von der Sache her schon ist. Es hat sich in der Diskussion aber auch eindeutig herausgestellt, dass die Wende, die politische Wende notwendig war, um dieses Vorhaben ehrgeizig angehen zu können. Denn aus vielen Redebeiträgen von Abgeordneten der SPÖ ist eindeutig hervorgegangen – und wir bekommen auch jeden Tag neue Informationen dazu –, dass Sie von der SPÖ dieses einschneidende Reformprogramm, das von der Sache her notwendig ist, nach 30 Jahren Regierungstätigkeit einfach nicht mehr mitverantworten wollten.

Das ist nicht generell zu sehen, denn es gab auf Seiten der SPÖ auch Verhandler, bei denen man wirklich ein ehrliches Bemühen zur Fortsetzung der großen Koalition feststellen konnte. Aber es war nicht möglich, in den entscheidenden SPÖ-Gremien eine Mehrheit für diesen Verhandlungsstand zu bekommen. Und man hört bei den Reden vieler SPÖ-Abgeordneter – vor allem bei jenen Anhängern der früheren Koalition, die für die Verlängerung dieser eingetreten sind – direkt heraus, dass sie viel von dem Frust, den sie auch in den eigenen Reihen gespürt haben, jetzt der neuen Regierung anlasten. Deshalb sollten wir gemeinsam daran arbeiten, dass wir möglichst rasch zu einem natürlichen Verhältnis zwischen Opposition und Regierung kommen, denn es ist vielfach nicht erklärbar, dass für Sachpolitik bekannte Politiker in diesem Haus derzeit sehr weit weg von jener Ebene diskutieren, die wir von ihnen gewohnt sind.

Ich möchte das an zwei, drei Beispielen aufzeigen. Kollege Präsident Nürnberger hat auf die Aufzählung des Bundeskanzlers, welche multinationalen Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten Entscheidungen getroffen haben, in Österreich zu investieren, und auf die Mitteilung, dass Coca Cola die Zentrale für 30 Länder in Mittel- und Osteuropa in Wien ansiedelt und ausbaut, repliziert und gemeint, dass sei kein gutes Beispiel, denn Coca Cola plane, 6 000 Arbeitsplätze in Europa abzubauen.

Sehen Sie da irgendwo einen Zusammenhang mit der Entscheidung für die Europazentrale? – Ich sehe keinen. Diese Maßnahme wäre wahrscheinlich von Coca Cola auch getroffen worden, wenn die Europazentrale in Bern oder in Budapest oder in München oder in Mailand platziert worden wäre. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler. )

Meine Damen und Herren! Es tut direkt weh, wenn man sieht, dass man anscheinend Phasen durchmachen muss, in denen es offenbar gar nicht anders geht, als dass man aneinander vorbeiredet. Frau Kollegin Schasching hat soeben das Beispiel einer allein erziehenden Mutter aus ihrer Heimatgemeinde, einer Pendlerin, gebracht und nimmt gar nicht wahr, dass der Verhand


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lungsstand zwischen ÖVP und SPÖ, speziell die Forderung der SPÖ, die Mineralölsteuer kräftig zu erhöhen, diese Pendlerin wesentlich mehr getroffen hätte als jene Maßnahmen, die jetzt von ÖVP und FPÖ zur gemeinsamen Budgetsanierung geplant sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Sowohl Herr Ex-Minister Edlinger als auch Kollege Nürnberger haben mehrfach auf die so genannte Schieflage hingewiesen und betont, dass die Arbeitnehmer die Leidtragenden dieser Budgetsanierung wären, während die Bauern und die Hausbesitzer – früher hat man gesagt, die "Kapitalisten" – die Gewinner seien.

Ich kann aus dieser Unsachlichkeit im Grunde genommen keinen ernsthaften Diskussionsstil herauslesen, denn – Kollege Eder, Sie werden mir Recht geben – heute generell zu sagen, dass die Selbständigen die besonders Begünstigten des Globalisierungsdruckes, des Wettbewerbsdruckes in der EU oder der politischen Entwicklung in Österreich gewesen wären oder in Hinkunft sind, könnte höchstens dazu führen, dass wir endlich jene Selbständigenquote bekommen, die es in der EU und in vergleichbaren westlichen Industriegesellschaften gibt und die weit über jener Österreichs liegt.

Ich mache Ihnen ein Angebot. Fragen Sie doch junge, gute Facharbeiter, die nach Abschluss der Berufsausbildung und einigen Jahren Erfahrung alles Erforderliche mitgebracht hätten, um den Weg in die Selbständigkeit zu wagen! Sie werden auch jetzt, nach diesen Reformmaßnahmen, manchmal noch ausgelacht, wenn sie sich selbständig machen, weil noch immer das Wagnis, sich selbständig zu machen, in Österreich ein beachtliches Risiko darstellt und weil da sicherlich nach wie vor eine Schieflage besteht.

Daher bemühen wir uns umfassend, etwa mit der Stärkung des Wirtschaftsstandortes, mit der Veränderung des Wirtschaftsklimas, in diesem Bereich – hoffentlich gemeinsam – neue Strukturen zu schaffen und eine Veränderung herbeizuführen. Ich verstehe daher nicht, dass hier – ich möchte es nicht benoten, sagen wir so – ganz einfach, egal, was gesagt wird, unbeirrt immer wieder der gleiche Standpunkt vertreten wird.

Frau Kollegin Hostasch ist jetzt nicht anwesend. Ich möchte ihr nach einer langjährigen und sehr erfreulichen persönlichen Zusammenarbeit – ich habe ihr das schon persönlich gesagt – ein Dankeschön sagen. Ich habe persönlich ein Ziel, und ich sage das auch hier ganz offen. Ich weiß nicht, wann es bei mir so weit sein wird – in der Politik kann das schnell gehen, auch wenn man es selbst nicht plant –, aber wenn ich einmal ausscheiden sollte aus diesem Haus oder überhaupt aus der Politik, dann hätte ich folgendes Ziel: Kollegin Hostasch hat Jahrzehnte hindurch mit starker Persönlichkeit, sozialer Ausgewogenheit und großer Sympathie ihre Arbeit getan – und mir ist niemand bekannt, der ihr wegen irgendetwas gram ist und der sie nicht schätzen würde. Das ist ein persönliches Ziel, das wir uns gemeinsam vornehmen sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu Ihnen, Herr Kollege Pirklhuber. Ich verstehe nicht, wie Sie kritisieren können, dass wir mit dem Sockelbetrag für Bergbauern klare Signale für die soziale Ausrichtung setzen wollen. Selbstverständlich ist Österreich diesbezüglich wesentlich besser profiliert als die EU. Sie sagen, wir reparieren nur etwas, was die EU zunichte gemacht hat – aber dann würden wir jetzt nicht eine Milliarde Schilling mehr brauchen! Wir haben jahrelang permanent die Bergbauernbudgetierung aufgestockt. Wo sind die Gelder hingekommen, die Sie durch den EU-Beitritt vermissen?

Wir ergänzen die EU-Politik in einer sehr starken sozialen Ausprägung, wie wir auch die Möglichkeiten der Ökologisierung nutzen. Ihre Modelle, die Ökologisierung mit zusätzlicher Bürokratie herbeizuführen, sind ausgereizt. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Jene Tiroler Bauern, die jetzt aus dem Bio-Vertrag aussteigen, steigen nicht wegen mangelnder Förderung aus. Diesbezüglich sind wir in Europa Spitze und haben sogar europäische Schwellenwerte, oberste Grenzwerte erreicht. Sie steigen aus, weil wir auf den Märkten nicht so schnell Fuß fassen können, wie wir es brauchen würden. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Weil wir zu wenig tun!)


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Sind nicht auch die Biobauern daran interessiert, mit einer Anpassung der Betriebsmittelkosten auch in ihrer Bioproduktion international wettbewerbsfähiger zu werden, um auf nationalen und internationalen Märkten bessere Positionen erreichen zu können? (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Warum sind Sie dann für die Düngemittelabgabe?) Jedenfalls werden wir uns nicht beirren lassen, Kollege Pirklhuber. Wir werden uns nicht beirren lassen, sondern diesen Weg des konsequenten, aber verkraftbaren Reformierens weiterführen.

Und denken Sie nach, ob Sie nicht Ihre Politik ändern müssen. Es ist aus dem Ergebnis der Landwirtschaftskammerwahl in Niederösterreich vom vergangenen Sonntag nachzurechnen – in einer gewagten Rechnung, das gebe ich zu, aber sie stimmt mathematisch –, dass Sie im Bereich der Biobauern empirisch nicht einmal die Mindesthürde des Einzugs in die Vollversammlung geschafft haben.

Nicht einmal von Ihrem Zielpublikum werden Sie akzeptiert! Das muss an Ihrer Politik liegen. In der Demokratie sollte man sich zusammenreden und versuchen, stärker zu werden. Sollte Ihre künftige Politik den Bauern besser dienen als bisher, soll es auch uns recht sein. Das wäre ein sinnvoller Fortschritt im gemeinsamen Reformieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Ich erteile ihm das Wort.

17.21

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrte Dame und sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister Grasser hat in seinen heutigen Ausführungen meines Erachtens eine sehr wesentliche und wichtige Aussage getroffen. Er hat gemeint, durch Einsparungen auf der Ausgabenseite von rund 14,5 Milliarden Schilling – das hat er wörtlich so gesagt – treffen wir die gesamte Bevölkerung in gleichem Maße. Damit hat er etwas sehr Richtiges gesagt, was auch alle Sozialforscher bestätigen, nämlich: dass, da die Bevölkerung in gleichem Ausmaß von diesen Einsparungen betroffen ist, vor allem die sozial Schwächeren in Relation natürlich wesentlich stärker davon betroffen sind. Und das ist genau das Thema, worüber wir seit heute Früh diskutieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau darum geht es.

Der Finanzminister ist in seiner Budgetrede, die eine sehr schöngeistige, sehr liberal gehaltene Rede gewesen ist, mit sehr schönen Formulierungen auch oft abgewichen von dem, was sich in den Zahlen tatsächlich wieder findet. Er hat viele Anmerkungen gemacht, die man eigentlich nicht mit der Realität der Zahlen in Verbindung bringen kann. Er hat es scheinbar bewusst vermieden, die wahren und wirklichen Hintergründe des Budgets zu referieren, und das hat er auch in seinem Statement heute wieder getan.

Er hat zum Beispiel dem Kapitel "Wirtschaft und Arbeit", und das ist doch etwas sehr Wesentliches in unserem Land, nur drei kurze Absätze in seiner gesamten Rede gewidmet. Für Wirtschaftsparteien, für die sich die ÖVP und die Freiheitliche Partei ja ausgeben, ist das relativ wenig gewesen. Er hat zum Beispiel mit keinem Wort die Tourismuswirtschaft angesprochen. Die Frau Staatssekretärin sitzt auf der Regierungsbank, und ich nehme an, sie hat vorhin mitgeschrieben, sie wird noch einige Worte zu diesem Thema sagen.

Meine Damen und Herren – und jetzt möchte ich schon die Frau Staatssekretär ansprechen –! Der Kongress-Tourismus zeigt nach wie vor Probleme auf. Wir sollten wirklich gemeinsam versuchen, diese Kongress-Tourismus-Fragen einer positiven Lösung zuzuführen, damit nicht, so wie heute wieder in einer Zeitung zu lesen ist, zum Beispiel 2 600 Teilnehmer dem Wiener Kongresszentrum fernbleiben. Wir wissen ganz genau, dass der Kongress-Tourismus, und das sagen die Experten, die "Königsklasse" des Tourismus ist, denn es werden pro Tag zirka 5 000 S pro Kongress-Teilnehmer ausgegeben. Und das ist dann doch ein beachtlicher wirtschaftlicher Schaden, der durch eine Stornierung entsteht.

Es ist in der Budgetrede des Herrn Finanzministers kein Wort über Infrastrukturmaßnahmen gefallen. Es ist bekannt, dass im Bereich der Bauwirtschaft, nämlich beim Bundesstraßenbau


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3 Milliarden, so sagt es zumindest Herr Bundesminister Schmid, und im Bereich der Schieneninfrastruktur 4 Milliarden eingespart werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sagt man so leicht, aber was hat das zur Folge? Das zieht doch wirtschaftspolitisch entscheidende Konsequenzen nach sich. Da stellt sich für 250 000 Beschäftigte in der Baubranche doch die Frage, wie weit die Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft weiter gesichert sind.

Was bedeutet das für die Infrastruktur – etwas Wichtiges für die Zukunft unseres Landes? (Zwischenruf des Abg. Kopf. ) Die Infrastruktur ist doch, was du, Kollege Kopf, auch immer wieder betonst und sagst, ganz wichtig für unser Land. Wie wird denn das, wenn jetzt diese Ermessensausgaben-Kürzungen in der vorgesehenen Form erfolgen, weitergehen, zum Beispiel mit der Nord-Ost-Umfahrung in Wien oder mit der Süd-Ost-Umfahrung in Wien oder mit der Entlastung der Südost-Tangente? Das sind alles ernste Fragen, und diese Fragen wären auch zu lösen. Die Finanzierung dieser Projekte fehlt nur deshalb, weil zwar die PKW weiter belastet werden, aber Road-Pricing für LKW überhaupt kein Thema mehr ist. Das ist ganz einfach weg vom Tisch. Ich habe in der gesamten Budgetrede des Herrn Finanzministers von Road-Pricing für LKW nichts gehört. Da wären Finanzierungsmöglichkeiten gegeben. Aber Sie von der Österreichischen Volkspartei sind zu feig, den Frächtern nachzugeben. Auch ökologisch gesehen wäre das sinnvoll. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Bundeshochbau, meine Damen und Herren! Wann haben wir zum Thema Bundeshochbau vom Herrn Finanzminister etwas gehört? Oder: Bundesimmobiliengesellschaft. Wir haben gemeint, dass dort die großen Verkäufe von Bundesvermögen erfolgen sollten. Jetzt lese ich im Bundesministeriengesetz, dass Grundstücke, die den militärischen Bereichen zugehören, an das Verteidigungsministerium übertragen werden sollen, und nicht an die BIG. Gleichzeitig haben Sie aber in Ihrem Regierungsprogramm stehen, dass eine forcierte Privatisierung aller für die Hoheitsverwaltung nicht benötigter Liegenschaften im Wege der BIG erfolgen solle. Der Vorteil im Wege der Bundesimmobiliengesellschaft wäre natürlich auch, dass nicht nur verkauft, sondern auch bewirtschaftet werden könnte.

Oder – Herr Kollege Firlinger hat es eilig gehabt, hilfreich herbeizueilen und einige Anmerkungen zu machen –: Wohnpolitik. Meine Damen und Herren! Alles, was bisher von Vertretern der Regierung, vom Herrn Bundeskanzler Schüssel und seiner Vizekanzlerin Riess-Passer, zum Thema "Wohnen" verkündet wurde, bedeutet: Belastungen für die Wohnungssuchenden, Belastungen für die Häuselbauer, wenn ich an die Bausparkassenkredite denke, Belastungen für die Mieter, für die Wohnungseigentümer, Belastungen für alle, die etwas mit Wohnen zu tun haben! (Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Herr Kollege! Wenn Sie dazu schon einen Zwischenruf machen, möchte ich Ihnen ein Beispiel nennen. Wenn heute jemand, sobald Ihr Gesetz dann beschlossen worden ist, 1 Million Schilling Bausparkredit aufnimmt, muss er 12 000 S zahlen. Das sind schon drei Rückzahlungsraten, die Sie von einem Häuselbauer, vom "kleinen", anständigen, braven Österreicher, der spart, in Zukunft verlangen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die Realität, so stellt sich die Situation in Zukunft dar.

Oder: 25 Prozent Abschlag bei befristeten Mietverträgen. Ja, bitte, es gibt auch schon derzeit 30 Prozent Abschlag. Der Abschlag und der Prozentsatz beim Abschlag sind auch nicht das Problem. Das Problem ist die Basis, von dem abgeschlagen wird. Da wird zunächst einmal eine Basis vom Richtwert mit abenteuerlichen Zuschlägen errechnet, und davon wird dann ein Prozentsatz abgeschlagen. Wir wollen nicht befristete Mietverträge, sondern ganz normale Mietverträge und Wohnsicherheit in diesem Bereich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Eintrittsrechte, die Sie in Ihrem Wohnprogramm verkündet haben, nämlich dass bei Altwohnungen eintrittsberechtigte erwachsene Kinder eintreten dürfen, bedeuten im Klartext: Für Tausende Wiener Wohnungen werden die Kinder der Mieter, die jetzt 35 S pro Nutzwert bezahlen, wenn sie in die Wohnung, wo die Eltern investiert haben, eintreten, 70, 80 und 100 S pro Nutzwert bezahlen. Das ist Ihre Mietensenkung! Mit dieser


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Mietensenkung können Sie wirklich nicht reüssieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Alles nicht wahr!)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. Ich erteile ihm das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Leider ist der ehemalige Finanzminister nicht mehr im Saal, aber ich möchte trotzdem kurz auf seinen Redebeitrag eingehen. (Rufe bei der SPÖ: Der Derzeitige ist auch nicht hier!)

Er hat festgehalten, dass in der jetzigen Bundesregierung eine interessante Konstellation festzustellen ist, und zwar: ein christdemokratischer Kanzler und ein freiheitlicher Finanzminister. Der christdemokratische Kanzler kann beichten gehen, wenn ihm danach ist, dem freiheitlichen Finanzminister spricht er dieses Recht ab. Glauben Sie, dass er konfessionslos ist? Ich möchte daher Folgendes festhalten: Ich bin nicht nur stolz darauf, freiheitlicher Abgeordneter zu sein, sondern ich bin auch stolz darauf, mich als praktizierenden Katholiken bezeichnen zu dürfen, und von diesen gibt es mehr in unseren Reihen, als Sie vielleicht glauben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Interesse der kommenden Generationen muss nun die neue Bundesregierung die Budgetkonsolidierung weiter vorantreiben und das Defizit gemäß den Verpflichtungen aus dem österreichischen Stabilitätsprogramm weiter reduzieren. Dies ist erforderlich, da in den letzten 30 Jahren mehr ausgegeben als eingenommen wurde. Auch unser Notenbankgouverneur Dr. Liebscher, in der Zeitung nachzulesen, betonte die Notwendigkeit einer primären ausgabenseitigen Budgetkonsolidierung.

Die Budgetkonsolidierung wird auch um ein umfangreiches Privatisierungsprogramm nicht herumkommen. Schon in jenem Regierungsprogramm, welches im Jänner zwischen SPÖ und ÖVP ausgehandelt wurde, kann man über die Neuorganisation der ÖIAG Folgendes lesen – ich zitiere –:

Die bestehenden Verbindlichkeiten der ÖIAG sind durch Privatisierungserlöse zu tilgen. Damit soll die Haftung der Steuerzahler für die Altschulden endgültig und dauerhaft entfallen. Das heißt, dass diese Erlöse für die Schuldentilgung herangezogen werden müssen und nicht, wie in den vergangenen Jahren praktiziert wurde, für den Zinsendienst. Sollte sich die Platzierung dieser Anteile aber so gut entwickeln, dass mehr hereinkommt, als angenommen, so könnten diese Mehreinnahmen einer Forschungs- und Entwicklungskonzeption zufließen. Für folgende Unternehmen sind vom ÖIAG-Management Privatisierungskonzepte zu entwickeln, um die Bundesanteile bestmöglichst, bis zu 100 Prozent, neuen Eigentümern zuzuführen: Staatsdruckerei, Dorotheum, Printmedia AG, Flughafen Wien, Telekom, Austria Tabak und P.S.K. – Zitatende.

Als Bankensprecher der Freiheitlichen Partei möchte ich kurz auf die Problematik der P.S.K.-Privatisierung eingehen. Was die P.S.K. betrifft, wurde bereits im September 1997 hier im Plenum eine Kurzdebatte über den gesonderten Verkauf der P.S.K.-Anteile geführt. Dabei wurde von unserem Abgeordneten Mag. Trattner auf die fehlenden Gutachten bezüglich der Bewertung dieser Anteile hingewiesen. Auch Ihr Abgeordneter von der SPÖ, Dr. Nowotny, stellte damals fest, dass dies eine sachliche Frage sei, die man aber in Ruhe klären soll.

Nun sind bereits zweieinhalb Jahre ins Land gezogen, und in dieser Angelegenheit hat sich lediglich die Ruhe breit gemacht. Der damalige Finanzminister Edlinger stellte fest, dass derzeit das internationale Investhaus Warburg beauftragt wurde, eine strategische Option für die P.S.K. zu prüfen. Weiters wird eine Neubewertung der P.S.K.-AG und des Anteiles der P.S.K. an der Österreichischen Lotterien GesmbH vorgenommen.

Ich erlaube mir nun, die Fragen zu stellen: Gibt es diese strategische Option des Investhauses Warburg? Gibt es bereits eine Neubewertung der P.S.K.-AG? Gibt es auch eine Bewertung der


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Anteile an der Lotto-Toto-Gesellschaft? Der Wert der P.S.K. wird derzeit auf rund 10 bis 12 Milliarden Schilling geschätzt. Es wäre sinnvoll, dass der 30-prozentige Anteil der P.S.K. an der Lotto-Toto-Gesellschaft gesondert verkauft würde, denn der Wert dieses Anteiles würde sich auf rund 4 bis 5 Milliarden Schilling belaufen.

Alle Fachleute sind sich einig, dass es beim P.S.K.-Verkauf zu einer internationalen Ausschreibung kommen müsse. Alles andere wäre nicht EU-konform. Die P.S.K. hat zwar derzeit mit Ertragsproblemen zu kämpfen, ihre starke Stellung im Zahlungsverkehr und die 2 300 Postämter, die als Quasi-Filialen fungieren, dürften aber doch für einiges Interesse sorgen.

Auf Grund der finanziellen Lage des Staates erlaube ich mir aber, festzuhalten, dass beim Verkauf der P.S.K. wie folgt vorgegangen werden sollte. Wird das Aktienpaket an eine andere Bank verkauft, so hat der Bestbieter den Vorrang, wobei eine österreichische Lösung natürlich anzustreben wäre. Ich bin überzeugt davon, dass sowohl die BAWAG und Raiffeisen als auch die Bank Austria als Fixstarter gelten, wobei Letztere momentan Probleme hat. Der heutigen Ausgabe des "Kurier" ist zu entnehmen, dass sie in Amerika einen Verlust von 40 Millionen Dollar aufzuarbeiten hat. Aber hinter all diesen Gruppen stehen namhafte Versicherungsgesellschaften.

Es ist weiters anzustreben, dass das Humankapital dieser P.S.K. keinen negativen Strukturbereinigungsbeschlüssen unterworfen wird. Ein Generaldirektor einer großen Bank erklärte in der "Presse", dass er kein Interesse daran hätte, die P.S.K.-Mitarbeiter auf die Straße zu setzen, sollte sein Sektor den Zuschlag bekommen. (Abg. Schwemlein: Wie schafft es ein Christ, von Humankapital ...?)  – Eben deshalb, Herr Kollege.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch das Privatisierungskonzept der neuen Bundesregierung in den nächsten Jahren rund 80 Milliarden Schilling an Einnahmen zu verzeichnen sein werden. Diese werden ausschließlich für Schuldentilgungen herangezogen. Ich bin davon überzeugt, dass mit diesem Privatisierungskonzept der neuen Bundesregierung die bestehenden Arbeitsplätze erhalten und viele neue geschaffen werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

17.36

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir befassen uns jetzt schon seit vielen Stunden mit dem Budget, und es gibt wirklich die verschiedensten Ansätze. Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, der vorliegende Budgetentwurf sei der erste Schritt der neuen Bundesregierung in das neue Jahrtausend. So sehe ich diese Budgetvorlage auch.

Ich möchte aber trotzdem die zwei Ziele der Budgetvorlage noch einmal unterstreichen. Das erste Ziel ist es eben, dieses riesige Budgetloch, das uns hinterlassen wurde, etwas abzubauen, und trotzdem – das ist das zweite Ziel – größere Belastungen für die Bevölkerung zu vermeiden. Ich glaube, dieses Budget ist der erste Schritt zur Verwirklichung dieser zwei Ziele. Die weiteren Ziele, die wir im Regierungsübereinkommen festgeschrieben haben, werden wir in den nächsten Budgetvorlagen erfüllen.

Ich möchte mich daher auf zwei Themen beschränken, und zwar zunächst auf das Frauenthema, weil heute viele Frauen auf der Galerie sitzen, junge Mädchen; ich habe gehört, auch 25 Frauen aus Purbach sind anwesend, herzlich willkommen hier im Hause! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben dieses Thema schon gestern eingehend diskutiert, aber ich möchte auch heute noch einmal festhalten, dass von unserer Bundesregierung zugesichert ist, dass es eine Schmälerung weder der Frauenprojekte noch der Frauenförderungsprogramme noch der Fraueninitiativen geben wird. Das möchte ich hier heute noch einmal herausstreichen.


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Die Regierung hat sich viele Ziele für Frauen gesetzt. An dieser Stelle möchte ich doch auch Frau Ex-Sozialministerin Hostasch herzlich danken. Ich habe Sie immer sehr gern getroffen, denn Sie sind eine Frau, bei der einem das Herz aufgeht, wenn man Sie trifft, und Sie waren immer darum bemüht, eine gemeinsame Lösung, einen Konsens zu finden. Deshalb bedauere ich Ihren Abschied besonders, denn ich habe das Gefühl, dass viele aus Ihrer Fraktion dieses erste Ziel aus den Augen verlieren. Ich wünsche mir, dass Sie einigen das noch als Zukunftswunsch mitgeben können. Ich bedanke mich für die gemeinsame Arbeit und für die gemeinsam erreichten Ziele. (Allgemeiner Beifall.)

Im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit für Frauen möchte ich – meine Kollegin Ridi Steibl wird noch einmal auf dieses Thema eingehen – ganz kurz darauf zu sprechen kommen, dass in Zukunft alle Frauen Karenzgeld bekommen werden, dass Väter verstärkt in die Familienbetreuungspflichten einbezogen werden – etwas, was die SPÖ auch immer wieder auf ihren Fahnen vor sich hergetragen hat –, dass es das Berufsverbot in der Karenzzeit nicht mehr geben wird und dass eben diese Beitragszeiten angerechnet werden für die Pension, und zwar als Beitragszeit für die Kindererziehung.

Soziale Gerechtigkeit heißt in erster Linie auch den Spagat zu schaffen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Und diesbezüglich hat sich die Regierung viele Ziele gesetzt. Es geht darum, bessere und vor allem modernere Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Wir müssen einfach das Ziel erreichen, dass weder Kinder die Karriere ausschließen, noch Karriere Kinder ausschließt. Ich glaube, da gibt es sehr viel zu tun, und ich bin sehr froh darüber, dass die Sozialministerin gestern gesagt hat, dass 133 Millionen Schilling für neue Kinderbetreuungsprojekte zur Verfügung stehen.

Soziale Gerechtigkeit heißt aber auch, dass es zum Beispiel für Frauen mehr Gerechtigkeit geben wird durch die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Ich glaube, dass Frauen davon sehr profitieren werden. Ich glaube auch, dass gerade jene Frauen, die oft wenig Versicherungszeiten haben, die oft aus familiären Gründen nicht so lange in einem Betrieb bleiben können, die Gewinnerinnen der "Abfertigung neu" sein werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gleichwertiger Lohn für gleichwertige Arbeit ist auch gestern von SPÖ-Seite nicht gefordert worden. Ich glaube, Sie haben das in letzter Zeit etwas aus den Augen verloren. Man munkelt auch, dass sogar die beiden neuen Bundesgeschäftsführerinnen nicht gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit für sich in Anspruch nehmen können. Deshalb bin ich nicht erstaunt darüber, dass Sie dieses traditionell älteste Anliegen der Frauenorganisationen gestern hier nicht angeführt haben. Ich verstehe das allerdings, seit ich weiß, warum das so war.

Ich glaube, starke Frauen an der Spitze sind gelebte Frauenpolitik. Es konnte zum Beispiel auch Frau Kollegin Trunk in Kärnten für ihre Kandidatur – sie wäre die erste Frau im Parteivorsitz gewesen – nicht wirklich mit der Unterstützung Ihrer Fraktion rechnen. Mir persönlich tut das sehr leid.

Positiv ist herauszustreichen, dass es 14 Prozent weniger Frauenarbeitslosigkeit in Österreich gibt, dass das Qualifikationsprogramm für Frauen und für ältere Arbeitnehmer auch weiterhin gesichert ist und dass es auch ein verbessertes Programm für Wiedereinsteigerinnen geben wird. Man muss diese Regierung an ihren Taten messen, und ich glaube, es ist zu wenig, immer nur Bekenntnisse abzulegen.

Ich möchte nur ganz kurz anmerken – Frau Kollegin Haidlmayr ist jetzt nicht im Saal –: Es ist so, dass sich die Regierung in der Behindertenpolitik sehr viele Ziele gesetzt hat, von der Arbeitsassistenz bis hin zur behindertengerechten Adaptierung von Arbeitsplätzen und der Änderung der ÖNORM.

Ich glaube, wir haben sehr viel Arbeit vor uns. Das ist ein erster Schritt.

Ich möchte aber als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates auch noch zur generellen Lage nicht der Nation, aber doch einer Partei etwas sagen. Ich erinnere mich


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sehr gut daran, dass vor der EU-Wahl, also der Wahl zum Europäischen Parlament, von Ihrer Fraktion ein Plakat affichiert war, das Blair, Klima und Schröder zeigte, die sagten: "Gemeinsam für ein neues Europa!" Einer von diesem Bild ist jetzt nicht mehr dabei. Damit ist scheinbar gleich die ganze Partei aus dem Rahmen gefallen und hat für sich den Slogan geändert: "Gemeinsam gegen Österreich!"

Das widerspricht meiner Ansicht nach dem europäischen Gedanken, der europäischen Idee, und ich bin dafür, dass Sie selber wieder zu diesem europäischen Gedanken zurückfinden und zu Ihrem eigenen Slogan stehen, nämlich: "Gemeinsam für Österreich und für ein neues Europa!" (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

17.43

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr und Frau Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Finanzminister hat heute zugegeben, dass ausgabenseitig maßgeblich "heruntergeschnitten" worden ist. Das waren die Worte des Herrn Finanzministers. Wen aber trifft dieses "Herunterschneiden"? Für wen gibt der Staat etwas aus?

Der, für den der Staat nichts ausgibt, muss natürlich auch jetzt beim "Herunterschneiden" nichts beitragen. Umso größer sind aber dann die Belastungen für die Übrigen, ob das jetzt Bauarbeiter, ob das Beamte oder ob das Pensionisten sind. Die Abendausgabe des heutigen "Kurier" zeigt ein typisches Beispiel dafür auf, wen es jetzt unter anderem treffen wird. Da steht: "Telefongebühr – Kein Geld für Befreiung!" Meine Damen und Herren! Wer ist denn befreit von Telefongebühren? – Die Schwachen und Schwächsten, und die zahlen somit kräftig mit, wenn wir jetzt schon kein Geld mehr für die Befreiung haben.

Bundeskanzler Schüssel hat heute Vormittag auch gemeint, dass wir uns eine sehr gute Wettbewerbsposition aufgebaut haben. – Das stimmt, das ist richtig! Aber man muss auch dazu sagen – so fair muss man schon sein, und das will ich jetzt einbringen –: Dafür, dass wir diese gute Wettbewerbsposition haben, hat die österreichische Regierung gesorgt, die SPÖ und auch die ÖVP. Wir haben gesorgt für gute Wirtschaftsförderung, für gute Landwirtschaftsförderung, für gute Betriebsansiedelungspolitik, wir haben gesorgt für herzeigbare Familienförderung, für ein herzeigbares Sozialsystem, wir haben gesorgt für ein funktionierendes Kommunalsystem.

Wenn Sie von der ÖVP jetzt hergehen, aber auch die FPÖ hat das ständig getan, und die Staatsschulden an den Pranger stellen, dann möchte ich sagen: Dieses Geld, das Sie heute immer als Staatsschulden, verursacht von der SPÖ allein, bezeichnen, ist auch für diese Dinge, die ich jetzt gerade aufgezählt habe, aufgewendet worden. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie geben es zu! Das war ja jetzt ein Geständnis!) – So viel dazu, nur dass wir ein bisschen bei der Wahrheit bleiben.

Zur Arbeitsmarktpolitik. – Der Herr Finanzminister hat gesagt, die Arbeitsmarktpolitik und das Arbeitsmarktservice wurden im Budget heuer nicht mit Kürzungen bedacht. Das ist richtig, das stimmt so. Aber die alte Regierung hat im Zusammenhang mit dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz dafür Vorsorge getroffen, dass jene Jugendlichen, die in der Privatwirtschaft keinen Lehrplatz finden konnten – und auf das duale Ausbildungssystem sind wir ja sehr stolz, ich nehme an, auch Sie von der ÖVP nach wie vor noch –, in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte sozusagen ihre duale Ausbildung bekommen konnten. Heuer im Herbst werden schätzungsweise drei- bis fünftausend Jugendliche auf den Arbeitsmarkt kommen, für die es wahrscheinlich keinen Lehrplatz gibt. Das Budget trifft für eine Weiterführung dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes keine Vorsorge. Ich habe zumindest nichts dergleichen gesehen. Der Wert, den diese neue Regierung der Jugendausbildung angeblich beimisst, lässt sich am Budget also nicht sehr gut ablesen.

Die gute Arbeitsmarktpolitik der alten Regierung – da war die SPÖ dabei, da war auch die ÖVP dabei – hat die Arbeitslosenzahlen absenken können. Eine gute Arbeitsmarktpolitik für ältere Arbeitnehmer lese ich aus dem jetzigen Budget nicht heraus. Ältere Arbeitnehmer werden näm


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lich weiterhin und laufend aus dem Arbeitsprozess hinausgedrängt. – Im Budget keine einzige Antwort darauf. Was sind Ihnen von der Regierung die älteren Arbeitskräfte wert? (Ruf bei der ÖVP: Nur so weiter!)  – Ja, ja, nur so weiter, das stimmt schon so, Herr Steindl. Das sind Tatsachen, die können Sie mir nicht widerlegen! (Abg. Mag. Steindl: Ich habe jetzt gar nichts gesagt!)  – Entschuldigung.

Wenn ich so weiter studiere und mir die Zahlen der Arbeitslosenstatistik ansehe und die älteren Arbeitnehmer, wie ich gerade gesagt habe, weiterhin aus dem Arbeitsprozess hinausgedrängt werden, und wenn ich mir das Bürgergeld vor Augen führe, das eingeführt werden soll, dann muss ich sagen: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und auch von der FPÖ! Ich appelliere an Sie! Das, was Sie da mitmachen, ist schlimm! Das ist mehr als schlimm! (Abg. Ing. Westenthaler: Na geh!)

Herr Kollege Westenthaler! Sie wird das nicht betreffen, aber stellen Sie sich vor, wenn ein 56-jähriger Schlosser oder ein 56-jähriger Tischler länger als ein Jahr arbeitslos ist – aber nicht, weil er es verschuldet, sondern weil er von der Wirtschaft nicht mehr gebraucht wird und nicht mehr genommen wird – und dann wieder um das Arbeitslosengeld plus 2 000 S Bürgergeld, so wie es diskutiert wird, als Arbeitskraft vermittelt wird, welche Folgen das hat. Welche Firma wird denn dann noch einen Elektriker oder einen Tischler nach dem Kollektivlohn einstellen, wenn sie auch einen Elektriker oder Tischler nach dem Bürgergeld haben kann?

Meine Damen und Herren! Das ist Lohndumping erster Klasse! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis und seien Sie froh, dass Sie nicht in diese Lage kommen! Das ist mehr als schlimm. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn der Herr Kollege ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. ) Es wird auch, und das steht auch im Budget. Es werden 3 100 Millionen Schilling aus dem Arbeitsmarktbudget abgeschöpft bitte. Wie soll, wenn das Arbeitsmarktservice ausgegliedert werden soll, wenn es in eine GesmbH umgewandelt werden soll, dann eine Positivgebarung durch dieses AMS stattfinden können?

Ein Letztes, das ich Herrn Klubobmann Khol im Zusammenhang mit dem AMS sagen möchte: Er hat heute gemeint, das AMS werden wir sozusagen noch als Arbeitsplatz schaffende Institution herrichten. Herr Klubobmann Khol – Sie werden mich vielleicht hören (Abg. Schieder: Er ist ohnehin da!)  –, das Arbeitsmarktservice kann keine Arbeitsplätze schaffen, es kann Arbeitsplätze vermitteln. Dass wir keine Arbeitsplätze schaffen können, dafür sorgt der Finanzminister. Der streicht nämlich 9 000 Posten bei den Beamten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Ich erteile ihm das Wort.

17.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Hagenhofer! Ich bin jetzt selbst neuneinhalb Jahre in der Opposition gesessen und habe neun Budgets hier mitgemacht. Wir haben uns immer Sachen herausgepickt und aufgezeigt, was uns nicht gepasst hat. Deswegen habe ich auch volles Verständnis für eine gewisse Kritik, wenn Sie jetzt in der Opposition sind. Aber wenn Sie gewisse Sachen einfach nicht verstehen wollen, wenn Sie das einfach schlecht reden und Dinge herauspicken, die nicht auf demselben Weg liegen, den Sie vorhaben, wenn Sie Äpfel mit Birnen vermischen, wie Sie das jetzt mit dem Bürgergeld und so weiter getan haben, so ist das schon an den Haaren herbeigezogen.

Wenn Sie jetzt beklagen, dass die älteren Arbeitnehmer so schlecht gestellt sind, aus den Betrieben gedrängt werden und so weiter, wer hat Sie denn daran gehindert, etwas dagegen zu tun? Sie haben doch die Möglichkeit gehabt – Sie waren jetzt 30 Jahre in der Regierung –, das zu ändern. (Abg. Mag. Schweitzer: Nein, sie nicht!) Nein, sie nicht, aber ihre Kollegen und die Partei, der sie angehört, Kollege Schweitzer, das ist schon richtig.


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Das, was Sie nach 30 Jahren sozialistischer Regierungsdominanz, nach 30 Jahren sozialistischer Finanzpolitik geschafft haben, das ist ein Schuldenberg von 109 Milliarden Schilling, der jetzt hier steht. (Abg. Reheis: Den Wohlstand haben wir geschaffen!) Diesen Schuldenberg muss jetzt die neue Regierung abbauen, und die Hauptschuld an dieser Budgetmisere hat Herr Alt-Finanzminister Edlinger. Der neue Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat ein schweres Erbe aus dieser Ära übernommen und hat binnen kürzester Zeit bravourös sein erstes Budget gemeistert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Alt-Finanzminister Edlinger arbeitete hier mit einer Taktik der Verwirrung. (Abg. Schwemlein: Das ist klar, dass Sie verwirrt sind!) Zuerst hat er von einem Budgetdefizit von 25 Milliarden Schilling gesprochen, dann von 40 Milliarden, dann waren es irgendwann einmal 46 Milliarden Schilling. Niemand hat sich mehr ausgekannt, wie viel das Budgetdefizit wirklich betragen hat. (Abg. Schwemlein: Sie haben sich nicht ausgekannt!) Jetzt haben wir ein Budgetdefizit von 109 Milliarden Schilling. Das steht einmal im Raum, und wir werden versuchen, es abzubauen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Binnen kürzester Zeit ist das durchgezogen worden.

Herr Alt-Finanzminister Edlinger hat Parteipolitik gemacht – und keine Staatspolitik für die Österreicher. Für uns kommt Österreich zuerst (Beifall bei den Freiheitlichen), und nach diesem Motto werden wir auch agieren – egal, ob es hier im Parlament ist oder in der Regierung. Wir werden das angeschlagene Schiff Österreich wieder flott bekommen, wir werden Österreich entschulden, das Budgetdefizit herunterdrücken auf 54,6 Milliarden Schilling.

Allein bei der Lohnsteuer gibt es eine Steuersenkung von 9 Milliarden Schilling für die österreichischen Bürger, und Familienleistungen für Leute mit geringerem Einkommen – das ist heute schon ein paar Mal angeklungen – werden durchgesetzt. Das wird die Kaufkraft in Österreich und auch die Wirtschaft stärken. Eine Strompreissenkung für die privaten Haushalte steht ins Haus, mehr Geld für Familien ist da, und zu einer Mietensenkung wird es ebenfalls kommen. Das Karenzgeld oder Kindererziehungsgeld wird eingeführt.

Das sind jene Dinge, die wir vorsehen. Ich gebe zu, es gibt verschiedene Wege, aber oft dasselbe Ziel, und das wird verfolgt. Eine verantwortungsvolle Finanzpolitik bedeutet, dafür zu sorgen, heute das Budget zu sanieren, damit wir morgen wichtige Aufgaben für die Bürger unseres Staates erfüllen können. Eine verantwortungsvolle Finanzpolitik bedeutet, der Jugend Chancen zu bewahren beziehungsweise zu verbessern und gleichzeitig die Sicherheit der älteren Generation zu gewährleisten.

Eine verantwortungsvolle Sozialpolitik – das hat schon Frau Kollegin Hostasch heute erwähnt; im selben Atemzug war es auch der Herr Finanzminister, der das gesagt hat – bedeutet, dafür zu sorgen, dass jene Hilfe erhalten, die sie auch wirklich brauchen, und nicht unbedingt all jene, die sie wollen. Das sollten wir auch bedenken!

Verantwortungsvolle Sozialpolitik bedeutet aber auch, dass Leistung ihren Stellenwert hat, aber gleichzeitig die Armut in Österreich konsequent bekämpft wird.

Die Rahmenbedingungen sind ebenfalls ein Thema. Dazu gehört auch verantwortungsvolle Bildungspolitik. Dafür sind Rahmenbedingungen dahin gehend zu schaffen, dass sie eine entsprechende Ausbildung für unsere Jugend gewährleisten und sicherstellen, weil das in einer globalisierten Wissens- und Informationsgesellschaft für den beruflichen Erfolg maßgeblich ist, um dort bestehen zu können.

Die Aktion Fairness ist eingeleitet worden, der erste Antrag steht. Bisher hat man immer nur darüber diskutiert, die Rechte der Arbeiter an jene der Angestellten anzugleichen. Wir haben das jetzt verwirklicht. Die ersten Schritte sind gesetzt, die weiteren werden folgen. (Abg. Edler: Beim Urlaub!) Ja, beim Urlaub. Es gibt halt gewisse Dinge. (Abg. Edler: Arbeitervertreter!) Lieber Kollege, ich kämpfe seit dem ersten Tag in diesem Haus für eine Abfertigung bei Selbstkündigung. Für die kämpfe ich seit dem ersten Tag, und jetzt wird sie endlich Schritt für Schritt verwirklicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber nicht diese Dinge, die heute ... (Abg. Edler: Arbeitervertreter!) Ich bin ÖGB-Mitglied, lieber Kollege, aber ich bin sehr enttäuscht über diese Broschüren, die jetzt in den einzelnen Betrieben kursieren (Abg. Edler: Weil sie die Wahrheit sagen!), in denen im Prinzip die Unwahrheit gesagt wird bezüglich der Abschaffung des 13. und 14. Monatsgehalts. Dazu muss ich Ihnen sagen: Die Einzigen, die das gefordert haben, waren der seinerzeitige Finanzminister Lacina und sein Nachfolger Staribacher, der nie ein Budget zusammengebracht hat. Die haben dafür plädiert, das 13. und 14. Monatsgehalt mit seiner geringen Besteuerung abzuschaffen. (Abg. Edler: Arbeitervertreter!) Vielleicht war auch Wirtschaftsbundobmann Leitl einmal dafür, aber alle anderen nicht – weder die ÖVP in diesem Haus noch wir. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir haben uns immer für die Beibehaltung eingesetzt.

Es wird auch der 20-prozentige Selbstbehalt bei den Krankenkassen kolportiert. Bauen wir doch einmal die Bürokratie dort ab! (Abg. Dietachmayr: 3,6 Prozent Verwaltungskosten bei der Selbstverwaltung!) Bauen wir die Bürokratie ab, sparen wir ein bei den Medikamenten – die Medikamentenkosten in Österreich gehören zu den höchsten in Europa –, dann brauchen wir auch keinen Selbstbehalt! Ich bin ebenfalls gegen eine Selbstbehaltlösung und für Einsparungen in diesem Bereich.

Die SPÖ wollte die Mineralölsteuer erhöhen, was für die Pendler wesentlich schlechter gewesen wäre als die Anhebung der Kfz-Versicherungssteuer. Mir passt sie auch nicht, aber mir ist sie und die Vignettenerhöhung noch zehnmal lieber als eine Erhöhung der Mineralölsteuer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe schon gesagt, es gibt verschiedene Wege, aber ein gemeinsames Ziel. Wichtig ist für mich, dass dabei Folgendes herauskommt: Dass eine Alleinerzieherin mit einem Kind mit 20 000 S brutto, sich eben im Jahr 10 000 S erspart, das ist für mich Faktum. Oder ein Familienvater, Alleinverdiener mit zwei Kindern, 30 000 S brutto, 16 000 S Ersparnis im Jahr. Das ist für mich Fakt, und das zählt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend möchte ich Ihnen, Frau Kollegin Hostasch, noch etwas mit auf den Weg geben: Ich habe Sie in all der Zeit, in der ich hier im Hohen Haus bin – es sind jetzt immerhin neuneinhalb Jahre – immer geschätzt. Wir waren zusammen im Sozialausschuss. Sie waren dort Vorsitzende, und ich habe Ihre Kompetenz immer geschätzt. Wir waren oft unterschiedlicher Auffassung über gewisse Dinge, aber wir haben uns gegenseitig respektiert. Ich habe Sie, wie ich schon gesagt habe, sehr geschätzt. Auch bei verschiedenen Wegen hat man oft dasselbe Ziel gehabt, und im Prinzip schlägt Ihr Herz genauso wie meines für die Sozialpolitik, für die Arbeitnehmer, und das soll auch in Zukunft so sein.

Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, und Ihnen wünsche ich auf allen Ihren Wegen – ich weiß nicht, was Sie jetzt vorhaben oder was Sie tun werden – alles, alles Gute, viel Glück und Zufriedenheit, aber vor allem Gesundheit! (Bravo!-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Frieser. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, ich durfte zwischenzeitlich 15 Budgetreden hier in diesem Hause erleben, und die letzte Budgetrede hat mich – um es schlicht zu sagen – besonders begeistert. Es war zwar nur eine sehr kurze Passage in der Rede des neuen Finanzministers Grasser, aber diese Passage hat mein Herz wirklich höher schlagen lassen: Er hat von der Vision vom schlanken Staat gesprochen, er hat davon gesprochen, dass den Bürgern in Hinkunft weniger Ge- und Verbote auferlegt werden sollen.

Was heißt das? – Schlanker Staat; das ist die Vision vom New Public Management. Aber was heißt Vision? Das wird in anderen Staaten schon längst umgesetzt, aber bei uns ist das nur ein Schlagwort. Aber diese Regierung wird einen kräftigen Schritt vorwärts machen und, wie gesagt, das New Public Management in Österreich einführen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler. )


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17. Sitzung / Seite 139

Der erste Schritt wird getan, indem man von der Kameralistik weg hin zum Globalbudget tendiert. Ein Globalbudget, nämlich ein ressortverantwortliches Globalbudget, gibt mehr Transparenz. In diversen Studien wird auch nachgewiesen, dass dieser Übergang von der Kameralistik zum Globalbudget etwa Einsparungen von 10 bis 20 Prozent bringen soll.

Ein weiteres Vorhaben dieser Regierung ist eine Durchforstung der Staatsaufgaben. Meine Damen und Herren, insbesondere von der Opposition, ich gehe davon aus, dass Sie das Regierungsübereinkommen gelesen haben, also wissen Sie auch, dass wir vorhaben, die Staatsaufgaben auf die Kernaufgaben des Staates zu reduzieren. Wir werden technische Betriebe, Wirtschaftsbetriebe, Kontrollinstitutionen oder auch Beratungsinstitutionen bestmöglich bei gleichzeitiger Evaluierung privatisieren.

Der Herr Finanzminister und diese Regierung haben auch vor, in Hinkunft eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung einzuführen, und man wird hier zu mehr Kostenwahrheit kommen.

All das sind Voraussetzungen, um zirka 2 Prozent an Dienstposteneinsparungen durchführen zu können.

Wenn der Herr Finanzminister von weniger Ge- und Verboten gesprochen hat, so interpretiere ich, dass er die Gesetzesflut eindämmen wird, und Sie können sich vorstellen, dass das mein Herz hat höher schlagen lassen, wo ich doch seit geraumer Zeit – ich glaube, seit zehn Jahren – dafür plädiere.

Und es ist wiederum im Regierungsübereinkommen nachzulesen, dass wir – auch eine lang gehegte, alte Forderung der Österreichischen Volkspartei – die Folgekostenberechnung einführen werden. Wir werden die Rechtsbereinigung weiter fortführen, und wir werden auch längst fällige Neukodifizierungen vornehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden in Hinkunft bei jedem Gesetz die Frage stellen: Brauchen wir dieses Gesetz auch wirklich? Und wir werden den Ministerialbeamten legistisch versierte Fachleute beistellen, um die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Gesetze zu fördern.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, auch noch kurz auf das Kunst- und Kulturbudget eingehen. In der Budgetrede wurde bereits erwähnt, dass das Kunstbudget mit 3 Milliarden Schilling gegenüber den Vorjahren gleich geblieben ist. Davon erhalten die Bundestheater einen Betrag von etwa 1,9 Milliarden Schilling, die anderen Förderungsmittel bleiben gegenüber den Vorjahren unverändert. Aber wir werden in dieser Legislaturperiode längst gehegte Wünsche der Österreichischen Volkspartei verwirklichen.

Ich kann mich erinnern, als ich vor 15 Jahren hier in das Haus gekommen bin, war eines meiner großen Anliegen die steuerliche Absetzbarkeit der Leistungen privater Sponsoren. Nach 15 Jahren wird es endlich so weit sein, dass wir auch das umsetzen werden können! (Beifall bei der ÖVP.)

Das waren nur einige Streif- und Schlaglichter zur Kunst und Kultur.

Und zum Schluss: Ich bedauere es, dass Herr Kollege Kräuter jetzt nicht mehr hier ist, aber ich möchte festhalten, dass seine inkompetenten und sachlich in keiner Weise berechtigten Anwürfe, die er hier gegenüber der Steiermärkischen Landesregierung, insbesondere gegenüber der Frau Landeshauptmann, von sich gegeben hat, ein Verhalten waren, das weder dem Land Steiermark noch insgesamt dieser Republik nützt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. Ich erteile es ihm.

18.05

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Politik ist die Kunst des Möglichen. Mit der Vorlage dieses Budgets


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17. Sitzung / Seite 140

haben wir etwas fast Unmögliches gelöst. Wir waren mit sehr, sehr harten Vorgaben nicht nur im Hinblick auf die Höhe des vorliegenden Defizits, das heute schon in genügendem Ausmaß erläutert wurde, sondern auch von den arbeitsmäßigen Vorbereitungen her konfrontiert. Die Bundesverfassung – ich habe es hier schon mehrmals gesagt – hätte nämlich vorgesehen, dass bereits ein Budget 2000 vorliegt, wenn man am 1. Jänner 2000 den Dienst antritt. Wir haben keines vorgefunden, und es waren auf Beamtenebene noch keine Vorbereitungen getroffen.

Wir haben das alles in einem Zeitraum von vier bis fünf Wochen gelöst, und wir haben mit diesem Budget einen Weg aufgezeigt, wie wir realistisch die Maastricht-Vorgaben mit 62 Milliarden Schilling erlaubtem Defizit erreichen werden.

Wir haben diesen Weg bekanntermaßen zunächst einmal mit Einsparungen gelöst, und zwar mit einem sehr großen Brocken, wobei man dazusagen muss: Es sind die Zahlen des Jahres 1999, von denen wir kürzen. Ganze 15 Milliarden Schilling werden bei der öffentlichen Verwaltung von den Zahlen des Jahres 1999 gekürzt. Also hier findet keine Inflationsabgeltung statt, hier findet es keinen Niederschlag, dass gewisse Ausgaben auch bei den Ermessenskrediten nicht gleich geblieben sind, sondern sich auch erhöht haben, zum Beispiel Mieten, Pachten und dergleichen.

Wir haben uns bekanntermaßen durch Einmalmaßnahmen einen Beitrag in der Höhe von rund 20 Milliarden Schilling geholt, wir haben uns durch gewisse Umschichtungen einen weiteren Beitrag von 13 Milliarden Schilling geholt und darüber hinaus einnahmenseitige Maßnahmen getroffen. Es ist dies ein relativ kleiner Anteil, denn man muss bedenken, dass wir 50 Milliarden Schilling zu konsolidieren hatten. Da ist ein Betrag von 6 bis 7 Milliarden Schilling ein relativ bescheidener Anteil. Das Sparpaket 1997/98 sah einen Einnahmenanteil von insgesamt 100 Milliarden Schilling vor. So gesehen sind 7 Milliarden Schilling sehr, sehr bescheiden.

Sie haben heute einerseits die Ausgabenreduzierungen kritisiert, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben die Mehreinnahmen kritisiert, was ich aber die ganze Zeit nicht gehört habe, ist irgendein Konzept, wie Sie die Maastricht-Kriterien erreicht hätten. Das würde mich sehr interessieren.

Die Verpflichtung wäre vorhanden gewesen, ein solches Budget vorzulegen, aus dem wir ersehen könnten, wie Sie die Maastricht-Kriterien erreicht hätten. Als einziger konkreter Vorschlag ist die Mineralölsteuererhöhung genannt worden. Und das soll nicht die sozial Schwachen treffen? Das soll nicht die Pendlerin treffen, die heute erwähnt wurde? Das hätte sie mehr getroffen als alle anderen Maßnahmen, die wir heute genannt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: So ist es! – Abg. Grabner: Dann hätten Sie Ihren Unternehmern nicht so viel schenken dürfen, dann hätten Sie das Geld! – Abg. Kiss: Wieder eine lichtvolle Äußerung des Kollegen Grabner!)

Ich weiß nicht, welche Geschenke Sie meinen, denn die Senkung der Lohnnebenkosten zahlt sich die Wirtschaft selbst. Da kommt vor dem Jahre 2003 kein einziger Schilling aus dem Budget. Das möchte ich hier auch erwähnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Seit dem 4. Februar, 12 Uhr, haben wir viele jahrelang schwelende Probleme angegangen. Ich erinnere nur an die Sparbuchanonymität, für die schon ein konkreter Vorschlag vorliegt, der bald zu einem Gesetzentwurf führen und hier vorgelegt werden wird.

Wir sind dabei, das Budget neu zu gestalten. Vom schlanken Staat haben wir schon gehört. Wir wollen mehr Flexibilität in das Budget bringen. Wir haben bereits Ansätze in diesem Budget, werden aber im nächsten Budget zu einem Globalbudget übergehen. Jeder Ressortminister bekommt einen Kapitelbetrag für sein gesamtes Ressort, und dieser Betrag wird dann durch ein neu gestaltetes Controlling-System überwacht.

Wir haben auch – es ist schon lange bekannt, dass das ein problematischer Punkt ist – die Getränkesteuerproblematik geerbt, und ich kann Ihnen versichern: Wir werden auch in dieser Frage sehr rasch – so wie wir das beim Budget gemacht haben – einen konkreten Vorschlag vorlegen, wie wir dieses Problem lösen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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17. Sitzung / Seite 141

Wir werden ja heute noch über das Budget 2000 weiterreden, und ich bin sehr gerne bereit, auf jeden konstruktiven Vorschlag, wie die Lücke zum Maastricht-Defizit von 62 Milliarden Schilling geschlossen werden kann, einzugehen; auch auf die Vor- und Nachteile eines jeden Vorschlages. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wurm. – Bitte.

18.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Die Budgetrede des Finanzministers kann mit folgenden Schlagworten charakterisiert werden: oft widersprüchlich, teilweise arge Realitätsverweigerung, des Öfteren schmückt sich der Herr Finanzminister mit fremden Federn.

Zum Stichwort "widersprüchlich": Es ist ein Widerspruch, wenn der Finanzminister von sozialer Gerechtigkeit spricht, davon, dass die Lebensqualität der sozial Schwächsten angehoben werden muss, in Wirklichkeit aber lauter Budgeteinsparungen vorstellt, die vor allem die sozial Schwächeren zur Kasse bitten. (Abg. Böhacker: Machen Sie einen anderen Vorschlag!)

Wenn nämlich auf Grund von Konsolidierungsmaßnahmen gespart werden muss, dann können die sozial Schwächsten nur dann besser bedient werden, wenn es eine Umverteilung gibt, und zwar eine Umverteilung von oben nach unten. Aber in diesem Budget wird eine Umverteilung von unten nach oben vorgeschlagen. (Abg. Schwarzenberger: Nennen Sie ein Beispiel! Nennen Sie ein Beispiel für die Umverteilung!)

Jetzt möchte ich noch auf das Thema Frauenpolitik, auf das Stichwort "Frauenpolitik" eingehen. Und da komme ich jetzt gerne zu einem Beispiel. (Abg. Schwarzenberger: Das ist eine Worthülse ohne Inhalt!)

Frauenpolitik kommt in dieser Rede so gut wie gar nicht vor. Frauenpolitik, so sagen Sie, so sagt die neue Frauenministerin, die sich ja nicht eigens als Frauenministerin bezeichnet, ist eine Querschnittsmaterie, ist eine Materie, die alle möglichen Ministerien betrifft. Soll so sein. Nur, wenn sich das dann so auswirkt, dass Frauen nicht einmal mehr erwähnt werden, dass es das Thema nicht einmal mehr gibt, dann ist das etwas, was uns, was mir nicht nur nicht gefällt, sondern was bedenklich ist, wirklich bedenklich. (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Aber bis zum 1. April ist ja noch der Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel der Frauenbeauftragte dieser Regierung. (Abg. Kiss: Zum Glück!) Zum Glück, sagen Sie. Es ist ja in der ÖVP, Herr Abgeordneter Kiss, offensichtlich Tradition, dass besonders gern Herren die Frauenagenden übernehmen. In Tirol haben wir einen Referenten gehabt, der die Frauenagenden übernommen hatte. Der Herr Klubobmann Khol kennt ihn. Er hat teilweise gute Frauenpolitik gemacht. Das war der jetzige Präsident Mader. (Abg. Kiss: Gisela, nimm dich ein bisschen zurück, sonst zerplatzt du noch vor mir!) Dann gibt es im Innsbrucker Gemeinderat einen Frauenreferenten. Das ist der Herr Gemeinderat Schober, der Ihnen auch bekannt sein wird.

Und Sie selbst, Herr Klubobmann, machen ja immer wieder Vorschläge zum Thema Frauenpolitik. Sie haben ja immer wieder "gute Ideen" – unter Anführungszeichen. (Abg. Kiss: In der SPÖ im Burgenland hat die Frau Prets ihren Platz räumen müssen für den Herrn Rezar!) Sie sprechen von "Orchideen-Themen", wenn es um wirkliche Anliegen geht, etwa um das Frauenrecht, um das Namensrecht der Frauen. Da sagen Sie, das sei ein "Orchideen-Thema". (Abg. Kiss: Was ist ein "Orchideen-Thema"? – Abg. Dr. Khol: Ein Beispiel! – Abg. Kiss: Ein Beispiel für ein "Orchideen-Thema"!)

Wenn Sie über Singles reden, Herr Abgeordneter Klubobmann Khol, dann fällt Ihnen ein, dass man in der Einsamkeit landet, dass man früher stirbt. Wenn Sie über die Kinderbetreuung reden, dann sagen Sie, die Omas sollen das regeln. Natürlich ist es günstiger, wenn das nicht mehr die öffentliche Hand macht. Nur: Sehr viele dieser jungen, rüstigen Omas stehen noch im Berufsleben oder wollen sich ihr Leben selbst gestalten. (Abg. Kiss: Na und? Warum dürfen sie das nicht?)


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Und jetzt komme ich auf einen wesentlichen Punkt zu sprechen, auf einen sehr wesentlichen Punkt, die so genannte Kindergartenmilliarde. Frau Ministerin Sickl hat ja gesagt, es stehen noch 133 Millionen Schilling zur Verfügung. Das stimmt schon, aber so viel zum Thema "mit fremden Federn schmücken". Diese 133 Milliarden Schilling (Abg. Kiss: Milliarden?), diese 133 Millionen Schilling (Abg. Kiss: So passen wir auf!) müssten meines Erachtens noch die letzte Tranche der zweiten Kindergartenmilliarde sein. Genau mit dieser Maßnahme, für die die Vorarbeit schon von Johanna Dohnal und von Helga Konrad geleistet wurde, unter Ministerin Barbara Prammer ist es gelungen, diese Aufgabe, die eigentlich Länderkompetenz wäre (Abg. Kiss: Warum agitierst du uns an?)  – und die Länder haben da zu wenig gemacht, das wissen Sie –, zu erfüllen, indem die Bundesregierung hier hilft, mithilft, dass flächendeckend Kinderbetreuungseinrichtungen entstehen.

Und das ist wichtig. Das ist für all jene Frauen wichtig, die Beruf und Familie vereinbaren wollen. Und das sollen sie auch können, das sagen ja auch Sie immer wieder. (Abg. Kiss: Wer hat etwas dagegen?) Damit ich Beruf und Familie vereinbaren kann, brauche ich Kinderbetreuungseinrichtungen in ausreichender Zahl, brauche ich entsprechende Öffnungszeiten, auf das Jahr bezogen auch Öffnungszeiten, die nicht vorsehen, dass im Juli und im August geschlossen ist. Das bringt nämlich sehr viele Eltern von Kleinkindern in Kalamitäten, weil nicht einmal der Urlaub gemeinsam konsumiert werden kann, denn einmal muss der eine Partner fünf Wochen Urlaub nehmen, einmal der andere, weil die Sommerferien zwölf Wochen dauern. Und das ist oft das Problem von öffentlichen Kindergärten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: An welche Seite, an welche Partei geht dieser Vorwurf?)

Herr Klubobmann Westenthaler – nicht erschrecken! –, Sie haben heute mit stolz geschwellter Brust die Erfolgsmeldung bekannt gegeben: In Kärnten ist das Kindergeld jetzt eingeführt. (Abg. Ing. Westenthaler: 6 000 S! Über 6 000 S!) Wie lange? (Abg. Ing. Westenthaler: Bis zum dritten Lebensjahr!) Drei Lebensjahre bekommt jetzt jede Frau 6 200 S. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe: Super! Super!) Gratuliere! Nur: Darf ich Sie auf etwas hinweisen? – Haben Sie nicht plakatiert – oder täusche ich mich? –, bis zum sechsten Lebensjahr? (Abg. Ing. Westenthaler: Kommt schon noch!) Haben Sie das plakatiert oder nicht? (Abg. Ing. Westenthaler: Kommt schon noch! Nicht alles auf einmal!) Oder kann ich es ablegen unter: Wie versprochen, so gebrochen!? (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie dagegen?)

Ich frage Sie: Was machen Sie für die Wiedereinsteigerinnen? Sie wissen ganz genau, dass dann, wenn jemand sechs Jahre aus dem Berufsleben ausgeschieden ist (Abg. Böhacker: Sie muss ja nicht aussteigen!), die Schwierigkeit vorhanden ist, wieder in den Beruf zurückzukehren, wieder integriert zu werden. Da bedarf es dann begleitender Maßnahmen, sonst werden wir nie und nimmer diese Einkommensschere verkleinern. (Abg. Ing. Westenthaler: Es leuchtet das Licht!)

Ich glaube schon, dass Sie nervös werden, denn: Wie versprochen, so gebrochen! (Abg. Ing. Westenthaler: Es leuchtet schon!) Mir tut es Leid, dass es schon leuchtet, denn ich hätte noch vieles zum Thema Frauenpolitik zu sagen gehabt, denn da schweigen Sie sich aus. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Sie hat das Wort.

18.18

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf meine Vorrednerin und auf den Unfug, den sie hier erzählt hat, gar nicht eingehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Auf das Sammelsurium von aneinander gereihten Phrasen!) Ich möchte auch nicht eingehen auf die schlimmen Ahnungen, die gestern die frühere Frauenministerin Prammer hier verzapft – möchte ich bald sagen – hat, ich möchte mich wieder mit Fakten beschäftigen.

Faktum Nummer eins ist Folgendes: In der "Tiroler Tageszeitung" von heute schreibt auf Seite 2 Stefan Kappacher, wahrlich kein Freund der Freiheitlichen, vielmehr ein arger Kritiker der Freiheitlichen: "Der Kurs stimmt. Finanzminister Grasser hat in seiner ersten Budgetrede vor dem


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Nationalrat den Punkt getroffen." Er spricht von einem "Notbudget", das Grasser nicht anders gestalten konnte. Es musste quer durch alle Ressorts gekürzt werden, auch der Steuer- und Gebührenzahler zur Kassa gebeten werden, aber die Regierung ist finanzpolitisch auf dem richtigen Kurs. – Und da wird schon etwas Wahres dran sein, wenn das ein Kritiker sagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Faktum Nummer zwei: Es muss von einem Budgetdefizit von 109 Milliarden Schilling ausgegangen werden. Das, glaube ich, ist jetzt unbestritten.

Faktum Nummer drei: Die Schuldenentwicklung in den letzten 30 Jahren ist ausschlaggebend für die Situation, in der wir uns heute befinden. Wenn man mit dem Jahr 1969 beginnt – und ich habe ein paar schöne Tafeln mitgebracht (die Rednerin hält ein Blatt mit einer Grafik in die Höhe)  – und die Verschuldung dieses Jahres mit 100 Prozent annimmt, so liegt sie heute bei 3 600 Prozent, und das ist schon gewaltig. Im Vergleich dazu sind die Einnahmen weitaus schwächer gestiegen.

Faktum Nummer vier: Es gibt im OECD-Bereich Länder, die Budgetüberschüsse erzielen, zum Beispiel – und allen voran – Finnland mit 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. (Die Rednerin erläutert ihre Ausführungen anhand einer Tabelle.) Das nimmt dann ab. Die Niederlande liegen bei plus/minus Null, Schlusslicht ist Österreich mit einem Defizit von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Schuldenentwicklung pro Kopf – und das ist etwas, was die österreichischen Bürgerinnen und Bürger besonders interessieren wird – ist in den letzten zehn Jahren von 125 000 S auf 220 000 S angestiegen. Sie hat sich fast verdoppelt.

Für diese Fakten und für diesen Status quo ist die SPÖ mit ihren Finanzministern verantwortlich. Ich sage Ihnen Folgendes: Wenn ein privater Kaufmann, wie zum Beispiel mein Mann einer ist, so wirtschaften würde, dann wäre er schon lange wegen fahrlässiger Krida angeklagt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn von SPÖ-Seite die neue Regierung und das neue Budget als "schröpferisch", als "sozial ungerecht" bezeichnet werden, gesagt wird, dass nur die "kleinen" Leute zur Kasse gebeten werden, dann ist das einfach unwahr. Es ist unwahr und nichts anderes! Bei der Bevölkerung selber wird von den budgetwirksamen Maßnahmen her nur ein Siebtel eingespart. Wahr ist vielmehr, dass die Realeinkommen der Bevölkerung bereits im nächsten Jahr steigen werden.

Ich habe noch ein paar Tafeln mitgebracht, und zwar Darstellungen der Sparpakete 1995/1997 gegenüber den neuen geplanten Maßnahmen. Finanzminister Grasser hat bereits ein Beispiel dazu angeführt, aber ich habe noch einige.

Beispiel 1: Single-Haushalt: monatlich 20 000 S brutto, kein Kind. Verfügbares Einkommen 1995/1997: minus 2 000 S, andere steuerliche Maßnahmen damals: 1 185 S, Gesamtauswirkung: minus 3 185 S. Auswirkungen der neuen Maßnahmen: verfügbares Einkommen: 4 060 S plus, minus steuerlicher Maßnahmen – zugegebenermaßen – bleiben plus 2 433 S.

Beispiel 2: Alleinverdienerin: monatlich 30 000 S, zwei Kinder. Einkommen 1995/1997: minus 6 421 S, andere steuerliche Maßnahmen: 1 620 S, Gesamtauswirkung: minus 8 041 S. Neue Maßnahmen: verfügbares Einkommen: plus 18 500 S, minus steuerlicher Maßnahmen: zusätzlich 16 840 S verfügbares Einkommen.

Was sagen Sie dazu? Warum reden Sie denn immer von den Benachteiligungen der Bezieher kleiner Einkommen und der Alleinverdienerinnen?

Nächstes Beispiel: ein Haushalt mit einem monatlichen Einkommen von 30 000 S, Aufteilung: zwei Drittel, ein Drittel, zwei Kinder. Gesamtauswirkung 1995/1997: minus 5 248 S, Gesamtauswirkung neu: 15 450 S plus. – Und so geht es weiter.

Ich sage Ihnen eines: Die Österreicherinnen und Österreicher werden diese positiven Auswirkungen in ihrem Geldbörsel spüren. Wenn es wahr ist – und man sagt das doch immer so –, dass das Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, dann kann ich nur feststellen: Ich bin guten


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Mutes. Ich kann aufrechten Hauptes sagen, dass der Kurs stimmt, so wie es bereits in der heutigen Ausgabe der "Tiroler Tageszeitung" behauptet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter hat gemeint, dass wir dabei seien, der Bevölkerung ein halb leeres Glas wegzunehmen. Dazu kann ich in seine Richtung nur sagen: Sie waren und sind noch immer Zechpreller! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das war sehr unangebracht!)

18.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ridi Steibl. – Bitte.

18.25

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst zur von der SPÖ forcierten Frauenpolitik. Ich glaube, sie entspricht nicht dem wirklichen Leben und auch nicht den Bedürfnissen der selbständigen, aktiven und sehr selbstbewussten Frauen. Das müsste jeder wissen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, zuerst auf den Bereich Bildung. Die SPÖ schämt sich nicht zu behaupten, das Bildungssystem werde schlechter. Wahr ist, die ÖVP-Regierung hat in Zusammenarbeit mit der FPÖ die Durchlässigkeit des Bildungssystems erhöht, neue Lehrberufe und Anreize zur Ausbildung junger Menschen durch den Lehrlingsfreibetrag schon vorher geschaffen. Die SPÖ hat sich währenddessen lediglich damit beschäftigt, wie man mit einem Nicht genügend in die nächste Klasse aufsteigen kann.

Wir wollen eine Sicherung der Vielfalt des Bildungsangebotes, die Stärkung des lebensbegleitenden Lernens, die Forcierung von Forschung und Lehre, und wir wollen weiter ohne Einschränkung an internationalen Bildungsaustauschprogrammen teilnehmen. Versuche, uns auszuladen oder uns an Aktivitäten zu hindern, weisen wir zurück! Und jeder, der die Sanktionen der 14 gerechtfertigt findet – auch in diesem Zusammenhang –, kommt in den Verdacht, diese selber zu wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zur Familienpolitik. Zu den großen Gewinnern des neuen Regierungsprogramms zählen die Familien. Die erste große Entlastung der Familien gab es ja schon im Jahre 1999 im Rahmen der Steuerreform, deren zweiter Teil nun Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist und den Familien für jedes Kind mindestens ... (Abg. Huber: Also doch Anfang dieses Jahres!)  – Entschuldigung! Liebe Frau Kollegin Huber! Manchmal denke ich mir, meine Steirer wissen auch nicht, wo es langgeht, wenn ich zum Beispiel Herrn Kräuter hernehme oder Sie. Sie wissen ja, was sich entwickelt hat und was jetzt mit Beginn dieses Jahres zustande gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) 6 000 S mehr in der Brieftasche für Familien ist, so glaube ich, nicht ohne. Oder: noch zusätzlich 500 S durch die Steuerreform. Und durch die Einführung einer sozialen Staffelung gibt es für Familien mit geringen Einkommen – und das betonen Sie ja immer – noch zusätzlich 400 S pro Monat.

Hohes Haus! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Das Kinderbetreuungsgeld für alle Mütter und Väter wurde heute – ich sage: Gott sei Dank! – schon sehr oft positiv erwähnt. Aber ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie – egal, ob Rot oder Grün – von Gießkannensystem, sozial ungerecht et cetera sprechen. Erstaunlich ist nämlich in diesem Zusammenhang, dass ausgerechnet rein frauenpolitisch motivierte Kritiker und Kritikerinnen die Ausweitung des Bezieherkreises von Karenzgeld hartnäckig als Berufsausstiegsprämie abqualifizieren. Gleichzeitig fordern Sie einerseits, die derzeitige Karenzgeldregelung, etwa für Alleinerzieher, zu verlängern – wie passt das zusammen? –, und andererseits, bereits erwerbstätigen Frauen ein einkommensbezogenes, also nach oben umverteiltes Karenzgeld zu bezahlen.

Das passt alles nicht zusammen, denn hier geht es ja auch um Verlängerung, während die nicht berufstätigen und damit etwa auch Arbeit suchenden – von denen wird nicht gesprochen –, allein erziehenden Frauen oder nur unregelmäßig Beschäftigten leer ausgehen sollen. So sieht meiner Meinung nach, unserer Meinung nach sozialistische beziehungsweise von den Grünen gestaltete Familienpolitik aus.


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Ach ja! Ich weiß, das Wort "Familienpolitik" nehmen Sie ja nicht in den Mund, denn es gibt für Sie nur Frauenpolitik. Ich bin Frauen- und Familienreferentin des Landes Steiermark, und ich weiß, dass Frauenpolitik nicht immer Familienpolitik ist. Aber wir wissen alle, dass wir aus einer Familie kommen und manchmal auch sehr gerne in einer Familie leben. Und dazu gehört einiges andere auch. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist nach unserer Meinung nicht soziale Gerechtigkeit, und das wissen Sie sehr wohl! Aber Sie müssen ja noch gewisse Machtverhältnisse verteidigen. Wir wollen die Zukunft sichern mit einer neuen Form von Politik, die Verantwortung für Väter, für Mütter und für unsere Kinder übernimmt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

18.30

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Kollegin Steibl, natürlich tut es weh, wenn jemand den Finger auf solch eine blutende Wunde legt, wie Kollege Kräuter es getan hat. Aber gleich so giftig zu werden, das habe ich eigentlich nicht richtig gefunden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Zu den Ausführungen der Frau Kollegin Haller, die wieder auf die Fakten zurückgekommen ist, kann ich nur sagen: Fakt ist, jetzt gibt es kein Frauenministerium mehr. (Abg. Dr. Martin Graf: Dafür gibt es viele Frauen in den Ministerien! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat heute hier im Rahmen der Budgetdebatte behauptet, dass es mit diesem Budget mehr Gerechtigkeit geben werde. Ich würde diese Aussage zumindest einmal als kühn bezeichnen. Ich weiß nicht, ob es in Österreich erstens jemals – zumindest nicht seit 1990, seit ich diesem Hohen Haus angehöre – eine Budgetrede mit so wenig Inhalt und so vielen schönen Worthülsen gegeben hat und ob es zweitens jemals ein Budget gegeben hat, das mit seinen Zahlen so stark im Gegensatz zu den Worten gestanden ist.

Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen zu schröpfen und das Geld dann an Vermögende, an Unternehmer und an Bauern weiterzugeben – an die großen natürlich, denn die kleinen werden von diesem "warmen Regen" natürlich auch nichts bekommen –, halte ich wirklich für außerordentlich ungerecht. Das ist schon in vielen Redebeiträgen angeklungen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Auer und Kiss. )

Der Herr Finanzminister sagte mit dem Brustton der Überzeugung: Der Staat wird bei sich selber sparen. – Er will damit wohl suggerieren, dass er persönlich, die Regierung, einzelne Minister oder wer auch immer sparen werden.

Wenn die Regierung spart – aber Sie haben es offensichtlich noch immer nicht verstanden –, bei ihren Ausgaben spart, dann trifft das die Bürger. Selbstverständlich auch wenn Einnahmen erhöht werden, trifft es die Bürger. Und für die Betroffenen bleibt es sich im Brieftascherl gleich. Die Frage ist aber: Wer ist Betroffener, und wie stark ist jemand betroffen? – Ausgabenseitiges Sparen trifft jene ungleich stärker, die weniger haben. Besonders betroffen sind selbstverständlich jene, die auf die Leistungen des Staates angewiesen sind.

Ich habe dem Herrn Finanzminister sehr genau zugehört, als er von den Aufgaben des Staates gesprochen hat. Er hat gesagt, sie liegen in der Landesverteidigung, im inneren Bereich und "durchaus auch" im sozialen Bereich. Ich glaube, das spricht für sich. Deshalb denke ich, diese schönen Worte, die heute gesprochen wurden, haben mir eigentlich ganz gut gefallen, nur: Die Zahlen dieses Budgets und das Regierungsprogramm besagen genau das Gegenteil.

Es ist richtig, es gibt einen Bereich, von dem kleinere und mittlere Einkommensbezieher stärker betroffen sind und von dem sie mehr profitieren: Das ist die Einkommensteuerreform 2000. Ich frage mich nur: Verwechsle ich da etwas? Der Gesetzentwurf zur Steuerreform 2000 ist am 17. Juni 1999 von Herrn Finanzminister Edlinger eingebracht und in diesem Hohen Haus auch


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beschlossen worden. Ich weiß nicht, von wie vielen Rednern – ich habe nicht mitgezählt – ich jetzt gehört habe, welche Vorteile es nun für die kleinen Einkommensbezieher gebe. Und was ist erklärt worden, welche Vorteile sind hier aufgezählt worden? – Die Vorteile der Steuerreform 2000!

Ich frage mich hinsichtlich der freiheitlichen Kollegen schon auch, ob ich da etwas falsch im Gedächtnis gehabt habe. Ich habe natürlich nachgeschaut. Diese Steuerreform, die Sie jetzt mit stolz geschwellter Brust für sich reklamieren und strapazieren, um damit all die massiven Umverteilungen von den Kleinen zu den Großen sozusagen wegzureden, haben Sie von den Freiheitlichen im vorigen Jahr vehement bekämpft und selbstverständlich ganz entschlossen abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dietachmayr: So ist es!)

Der Finanzminister sagte in seiner Budgetrede auch: Die Kaufkraft der Bevölkerung ist zu stärken. – Das sind ebenfalls sehr schöne Worte. In welchem Zusammenhang werden sie aber genannt? In der Budgetrede ist Folgendes nachzulesen:

"Wir werden uns daher bemühen, zumindest mit einem Teil der Privatisierung durch eine breite Streuung der Aktien zur Eigentumsbildung in den Händen der Arbeitnehmer beizutragen. Damit wollen wir die Kaufkraft der Bevölkerung erhöhen ..." – So der Finanzminister.

Dass der Kauf von Aktien für die Beschäftigten mehr Kaufkraft, also mehr Geld zum Ausgeben bedeutet, ist mir wirklich neu. Und solche ungereimten Aussagen wie diese – ich denke mir, sie kann an sich nur ein Irrtum sein – gibt es sehr viele in dieser Budgetrede.

Ich hätte nicht geglaubt, dass die beiden Regierungsparteien ihrer Ideologie so bedingungslos folgen. Es heißt ganz einfach: mehr Privat, weniger Staat. Durchgehend! Darum wollen Sie die ÖIAG-Anteile offensichtlich um jeden Preis, so schnell wie möglich und auf jeden Fall verscherbeln.

Die Sozialdemokratie ist nicht gegen Beteiligungen von Investoren an österreichischen Betrieben – ganz im Gegenteil! –, aber die bestens florierenden Betriebe wie die Telekom und Austria Tabak, die Industriebetriebe, die Kernbereiche der österreichischen Industrie, zu 100 Prozent auf so unprofessionelle Weise zu verschleudern, dagegen treten wir auf. Dieser Ausverkauf, ohne dass im Kernbereich wenigstens die Sperrminorität der Aktien erhalten bleibt, bringt die massive Gefahr mit sich, dass diese stolzen Betriebe zu verlängerten Werkbänken von ausländischen Großkonzernen werden. Und damit sind Tausende Arbeitsplätze in Gefahr. Das wissen Sie genau! Es gibt 120 000 betroffene Mitarbeiter; "Humankapital" heißt das jetzt angeblich in der christlichen Soziallehre, hat uns der freiheitliche Bankensprecher erklärt.

Lasst die Bundesregierung arbeiten!, wird bei jeder Gelegenheit beschworen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das sagt der Gusenbauer auch!) Wenn ich mir aber die ersten Aktionen dieser Regierung ansehe, nämlich das Verschleudern der Post und Telekom, der Austria Tabak, das Begräbnis – man muss leider sagen: letzter Klasse – des Semmering-Basistunnels, bin ich besorgt. Das ist ein solch wichtiges Infrastruktur-Projekt für den gesamten Süden Österreichs und für die Obersteiermark. Der Konsumentenschutz wird zerstückelt, weil er offensichtlich auch keinen Wert hat und lästig ist. Es gibt Budgetbelastungen für die Kleineren, nämlich für Arbeiter, Angestellte, Pensionisten und Autofahrer, und Geschenke für die Großen.

Lasst die Regierung arbeiten! – Angesichts dieser Schieflage, angesichts dieser wirtschaftspolitischen Fehler und der gesellschaftspolitischen Fehlentwicklung ist das meiner Meinung nach eine gefährliche Drohung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Er hat das Wort.

18.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kollegin Huber, Sie haben gerade die Privatisierung


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sehr gegeißelt. Wenn Sie etwas machen, heißt es "privatisieren", wenn wir etwas machen, wird uns vorgeworfen, wir "verschleudern". In Wirklichkeit werden wir den Weg gehen, die österreichische Wirtschaft zu sanieren, die österreichischen Staatsbetriebe konsequent und erfolgreich zu privatisieren – und das zum Wohl der Arbeitsplätze und zur Sicherung der Arbeitsplätze. Verschleudert wird gar nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Reheis. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte auch gehofft, dass meine steirischen Abgeordneten-Kollegen einmal sagen, dass es wichtig ist, dass wir mit unserem Infrastrukturminister einen Mann haben, der gewährleisten wird, dass die Steiermark, die Jahrzehnte lang, was Strukturinvestitionen betrifft, ausgehungert wurde, endlich wieder auf die Überholspur kommt. Das wird der Steiermark wirtschaftlich gut tun, das wird der Steiermark strukturell gut tun, und das wird den Arbeitsplätzen in der Steiermark gut tun. (Abg. Leikam: Semmering-Tunnel!)  – Der ist auch sehr wichtig, und dieses Projekt wird sicher auch irgendwann umgesetzt werden. Ich bin dafür.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist aber auch unbestritten, dass Forschung und Entwicklung wichtig sind, vielleicht die wichtigsten Voraussetzungen für die gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Innovation eines Landes sind. Die Zukunft eines Landes, meine sehr verehrten Damen und Herren, hängt davon ab, inwieweit dafür Sorge getragen wird, dass für die Jugend eine erstklassige Ausbildung bereitgestellt wird, damit später Spitzenkräfte für Wirtschaft und Wissenschaft zur Verfügung stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Genauso wichtig ist es aber, dass sich Forschung und Entwicklung frei entfalten können und geeignete Ressourcen vorfinden, um mit der Weltspitze mithalten zu können. Der Staat hat die entsprechenden Ressourcen bereitzustellen und ein möglichst breites Angebot zu schaffen. Dieses Angebot soll durch privatwirtschaftlich geführte Institutionen ergänzt und abgerundet werden. Das sind die privat geführten Fachhochschulen, und das werden auch die privaten Universitäten sein.

Genau nach diesen Anforderungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, handelt diese Bundesregierung, und genau diese Anforderungen spiegelt auch das vorliegende Budget wider.

Als Forschungssprecher freue ich mich darüber, dass diese Bundesregierung die Bedeutung von Forschung, Entwicklung und Innovation klar erkannt hat und nach den Versäumnissen der Vergangenheit wichtige, Erfolg versprechende Maßnahmen setzt. In diesem Zusammenhang sind erstens die strukturellen Maßnahmen zu erwähnen. Es ist gelungen, den schon lang gehegten Wunsch der Praktiker zu verwirklichen und die Kompetenzen für die angewandte Forschung in einem Ministerium zu konzentrieren. Ich persönlich hätte mir noch eine weiter gehende Konzentration vorgestellt, aber schließlich wird es auch darum gehen, wie der politische Wille auf Beamtenebene umgesetzt wird – und da gibt es sicherlich einen gewissen Spielraum.

Hohes Haus! Forschung und Entwicklung kosten sehr viel Geld, das wissen wir. Und wir wissen auch, dass der Bedarf immer größer sein wird als die Möglichkeiten der öffentlichen Hand. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, den Anteil der Wirtschaft an den Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu steigern. Dennoch spiegelt dieses Budget den Willen dieser Bundesregierung wider, gerade den Bereich Wissenschaft, Forschung und Innovation zu fördern und weiterzuentwickeln. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der einzig richtige Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Über die einzelnen Budgetpositionen wird noch im Detail zu diskutieren sein. Ich darf aber feststellen, dass im universitären Bereich nahezu unverändert 20,3 Milliarden Schilling zur Verfügung stehen werden, dass insgesamt 29,6 Milliarden für den Bereich Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen werden – im Vergleich dazu: im Haushalt 1998 waren es 27,8 Milliarden Schilling – und dass jetzt alle Fonds, in einer Hand konzentriert, im ordentlichen Haushalt dotiert sind; der FFF mit 531 Millionen Schilling, der FWF, der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, mit über 400 Millionen Schilling und der ITF ebenfalls mit 400 Millionen Schilling. Das ist ein positives Signal für Forschung und Entwicklung.


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17. Sitzung / Seite 148

Es gibt keine Tricks, keinen doppelten Boden bei der Forschungs- und Wissenschaftspolitik. Darüber freue ich mich, und diese Politik ist gut für Österreich. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

18.43

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als John F. Kennedy sagte: Frag nicht nur, welche Leistung der Staat dir gibt, sondern denke auch daran, welche Pflicht du dem Staat gegenüber hast!, haben wir Europäer noch kaum angenommen, dass das früher oder später auch auf uns zutreffen würde. Der Herr Finanzminister hat in seiner gestrigen Budgetrede den sehr eindrucksvollen Satz gesagt: Der Staat kann nichts geben, was er vorher nicht genommen hat. – In diesem Sinne wird die Finanzierung der öffentlichen Ausgaben einer genauen Prüfung unterzogen. Somit ist diese Budgetrede eine wohltuende Ergänzung zum Regierungsprogramm, zur Regierungserklärung unseres Herrn Bundeskanzlers, und ich glaube, dass das gestern für uns ein Signal für die Zukunft unseres Landes war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass nichts schwieriger ist, als eingefahrene Wege zu verlassen, und ich weiß auch, dass Kurskorrekturen immer schwierig waren. Hätten wir aber nicht im Jahre 1995 eine solche gemacht, dann hätten wir das Budgetdefizit – Sie können das dieser Graphik entnehmen (der Redner hält eine Tabellengraphik aus dem Bundesvoranschlag 2000 in die Höhe)  – nicht zurückbilden können, dann würden wir vielleicht nicht am Euro teilnehmen, dann hätten wir eine Situation der Staatsfinanzen, die noch prekärer wäre als jene, die heute vorzufinden ist. (Abg. Leikam: Verkehrt halten! Es war verkehrt!)

Ein Konfliktthema dieser heutigen Diskussion war nicht zuletzt die Sozialpolitik. Hier gab es verschiedene Betrachtungen. Ich kann das verstehen, denn jeder hat einen unterschiedlichen Zugang dazu – ganz klar! –, und jeder hat auch andere Vorschläge. Es ist nur die Frage, wie die Umverteilung läuft. Wir sollten nicht übersehen, dass die Steuerreform, die sehr deutlich die Handschrift der ÖVP trägt, sehr wesentlich dazu beiträgt, dass wir bereits eine Vorarbeit in Richtung vernünftige Umverteilung geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe heute von Ihnen mehrmals gehört, dass Sie nun der Anwalt der "kleinen" Leute werden wollen. (Abg. Leikam: Das stimmt! Sind wir!) Da muss ich sagen: Sie tauschen bloß die Rolle mit unserem heutigen Koalitionspartner (der Redner wendet sich in Richtung der Freiheitlichen); das waren bis heute die Anwälte der "kleinen" Leute. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen: Hier sitzt die starke Mitte, die Österreichische Volkspartei! Wir vertreten gerade diese Leute sehr engagiert und sehr nachhaltig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sozialpolitik ist ein besonders sensibles Thema. Es geht um Menschen! Dabei ist maßvolle Politik angesagt. Heute hat uns Frau Abgeordnete Hostasch, die Frau Bundesminister außer Dienst, Folgendes gesagt: Bewahren Sie sich den Respekt vor den Menschen bei der Gestaltung der Sozialpolitik! – Frau Bundesminister! Ich darf Ihnen sagen: Auch wir haben Respekt vor Ihrer Arbeit und vor Ihrem Wirken. Sie haben Fachkompetenz gezeigt, Sie haben sich als Mensch, als Frau mit besonders viel Einfühlungsvermögen eingebracht. Wir haben nicht alles erreicht, wir haben aber ungemein viel bewegt. Herzlichen Dank! Wir wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles erdenklich Gute und hoffen, dass Sie sich gerne an diese gemeinsame Zeit zurückerinnern, wobei wir natürlich noch einiges nachzuarbeiten haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unsere Ziele sind klar erkennbar: Wir wollen für die Wirtschaft, für Arbeit eintreten, sodass wir die Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land erhalten, denn nur dann können wir die Sozialpolitik auch finanzieren.


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Es ist keine Frage – das darf ausgesprochen werden –, dass es bei den Krankenkassen einen dramatischen Abgang gibt, dass hier strukturelle Probleme bestehen. Diese müssen bedeckt werden! Wir können da nicht phantasielos weiterarbeiten und sagen: Irgendjemand wird das bedecken.

Wir müssen sehr klar sehen, dass das Pensionssystem sehr oft als strukturpolitische Maßnahme eingesetzt wurde, dass wir diesbezüglich den Entwicklungen Rechnung tragende Veränderungen brauchen. Wenn Sie sich die Regierungserklärung anschauen (Abg. Schwemlein schlägt die Hände zusammen)  – ja, Herr Kollege Schwemlein, es ist so! –, dann sehen Sie, es ist das alles auch darin beinhaltet. Das Parteienübereinkommen mit Ihnen beinhaltete ja (Abg. Gradwohl: Mit mir nicht!)  – nein, nicht mit Ihnen, aber mit den Herren hier vorne – wesentliche Elemente von dem, was in der Zukunft von uns umgesetzt werden soll. Sie haben vielem, was Sie heute hier öffentlich kritisieren, zugestimmt. Das werden wir Ihnen nicht abnehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eines ist klar: Soziale Verträglichkeit ist nur dann gegeben, wenn die jungen Generationen darauf bauen können. Und eines darf ich Ihnen sagen: Die Methode, auf Kosten künftiger Generationen zu leben, werden wir nicht fortsetzen, denn diese Methode ist nicht nur verwerflich, sie ist untragbar, sie ist untauglich, und sie ist auch gegenüber unseren nachkommenden Generationen in keiner Weise zu rechtfertigen. Deshalb haben wir uns zu einer neuen Politik in diesem Land entschlossen, und diese werden wir auch konsequent durchsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

18.49

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte mich zu Beginn meiner Ausführungen mit einigen Vorrednern und mit ein wenig Lokalkolorit beschäftigen.

Leider ist Kollege Kukacka im Moment nicht im Saal, aber ich hoffe, er hört mich vielleicht in seinem Arbeitszimmer über die Lautsprecheranlage. Er hat die Behauptung aufgestellt, dass alle Staatsbetriebe in Österreich defizitär wären, Verluste bauen und eigentlich kaum einen Wert darstellen würden. Damit hat er, wie heute mehrmals ... (Abg. Dr. Martin Graf: Das hat er nicht behauptet! Das ist unrichtig! Nicht richtig! Hat er nicht gesagt!)  – Herr Kollege Graf! Wir können gemeinsam das Stenographische Protokoll lesen. Ich habe das, hier im Saal anwesend, gehört und nehme jetzt dazu Stellung. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben eine selektive Wahrnehmung!) Und dieses Recht, Herr Kollege Graf, nehme ich mir heraus, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren, unter Beweis gestellt, dass es mit der Wahrheit nicht immer so genau genommen wird. Ich kann nur Folgendes dazu sagen: Ich komme aus der Steiermark, aus der Obersteiermark, und wir haben in dieser Region die VA Stahl in Form der Schiene und der Langprodukt-Gruppe.

Seit Jahren – das ist nachzulesen und nachweisbar – haben die dort tätigen Vorstände, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Verluste produziert, sondern das Gegenteil ist der Fall: Es wurden Gewinne eingefahren! Heuer im Mai wird dort das modernste Stahlwerk eröffnet werden, das es auf der ganzen Welt gibt. Und in der Zwischenzeit ist das von Ihnen immer wieder krankgejammerte und von Herrn Dr. Haider bereits vor Jahren geschlossene Werk ein High-Tech-Unternehmen, auf das die Welt schaut und auf das wir stolz sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir scheint, ich habe es heute mit Herrn Kollegen Kukacka, dieser hat nämlich in seinen weiteren Ausführungen dem Kollegen Kräuter vorgeworfen, an tiefe Instinkte zu appellieren und in die tiefste Schublade zu greifen. – Das ist auch unrichtig!


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Kollege Kräuter hat im Hinblick auf das Karenzgeld nichts anderes gemacht, als einen Artikel aus dem "Standard" zu zitieren. In diesem Artikel war zu lesen – ich zitiere ihn nochmals, vielleicht etwas ausführlicher als Kollege Kräuter –: "Von dem SPÖ-Vorschlag einer sozialen Staffelung des Karenzgeldes hält er", nämlich Bartenstein, "wenig." Und dann weiter: "Der Minister, Vater von fünf Kindern, nennt sich selbst als Beispiel:" – es folgt das wörtliche Zitat – "Wie kommt meine Frau dazu, dass sie wegen meines Einkommens kein Karenzgeld mehr bekommen würde?" – Zitatende.

Wenn sie einbezahlt hat, hat sie auch bisher Karenzgeld bekommen. Aber ein Geschenk des Staates, wie es jetzt geplant ist, nämlich für alle, auch für diejenigen, die sehr viel haben, ist die typische Verteilung von unten nach oben, und dafür sind wir nicht zu haben. Das ist die Denkweise von sozial und gerecht dieser neuen Regierung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Das ist es, genau! Bravo!)

Auch in einem weiteren Punkt irrt Kollege Kukacka. Er hat gesagt, die Verhinderung des Semmering-Basistunnels wäre bisher in sozialdemokratischer Hand, nämlich bei den Verkehrsministern, gelegen. (Abg. Schwemlein: Er weiß es nicht besser!)  – Er irrt!

Ich möchte ihm auf die Sprünge helfen. Derjenige, der das bisher verhindert hat, ist weder sozial noch demokratisch. Er war auch nie Verkehrsminister und wird es hoffentlich nie werden, er heißt nämlich Pröll und ist Landeshauptmann von Niederösterreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Martin Graf: Pröll ist nicht demokratisch? – Bundesminister Mag. Molterer: ... schon demokratisch!) Das ist nicht sozialdemokratisch. (Bundesminister Mag. Molterer: Du hast gesagt, weder sozial noch demokratisch! – Abg. Dr. Martin Graf: Das nehmen Sie aber jetzt zurück!)  – Gut, okay! (Abg. Leikam: In dieser Sache nicht, laut rechtswissenschaftlichem Gutachten!)

Ich darf noch einen Punkt in den Ausführungen eines Vorredners richtigstellen. (Abg. Leikam: Recht gebeugt! – Abg. Dr. Martin Graf: Das sagen Sie über einen Landeshauptmann? Das ist doch das Allerletzte, was Sie da jetzt gesagt haben! – Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das hat er nicht gesagt! Das ist eine Unterstellung, das hat er nicht gesagt!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gradwohl ist jetzt am Wort!

Abgeordneter Heinz Gradwohl (fortsetzend): ... so nehme ich das zur Kenntnis.

Geschätzte Damen und Herren! Zum Thema Getränkesteuer hat Herr Klubobmann Khol hier gesagt, jene Lösung, die vergangenes Jahr, im Sommer des Jahres 1999, vorbereitet wurde, wäre deswegen nicht zustande gekommen, weil sie nach Meinung der ÖVP vor dem Europäischen Gerichtshof nicht gehalten hätte.

Herr Kollege Khol! Auch diesbezüglich scheinen Sie zu irren, denn mit einem Erkenntnis der 5. Kammer des Europäischen Gerichtshofes vom 24. Februar dieses Jahres wird beispielsweise den Franzosen eine Bindung der Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke zugestanden und als zu Recht erkannt. Das heißt, auch unsere Regelung, die wir vergangenes Jahr zu Gunsten der Gemeinden angestrebt haben, hätte vor dem Europäischen Gerichtshof gehalten. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja Wunschdenken!)

Nun noch zwei Sätze zum Kapitel Land- und Forstwirtschaft. In der Budgetrede des Herrn Finanzministers war einleitend sehr oft von "sozial" und "gerecht" die Rede. "Soziale Gerechtigkeit ist ...", und dann führte er einige Punkte an. In der heutigen Debatte wurde von einigen meiner Vorredner gesagt, die Bergbauernförderung werde verbessert – auch der Herr Finanzminister hat das gesagt –, es wird laut Kollegen Schwarzenberger ein Sockelbetrag eingeführt. Die EU-Kofinanzierung wird zur Verfügung gestellt, damit wir alle Gelder abholen können. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Wie geht das bei einem Einsparungsbedarf von 15 Prozent der Ermessensausgaben? Für das Land- und Forstwirtschaftsministerium würde das 1,5 Milliarden Schilling weniger bedeuten, in den Verhandlungen konnte das jedoch auf 600 Millionen Schilling reduziert werden. All diese


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Mehr ausgaben können aber trotzdem finanziert werden. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das grenzt ein wenig an Zauberei. Und ganz nehme ich diese Zauberei der neuen Bundesregierung nicht ab.

Wenn schon von "sozial" und "Gerechtigkeit" die Rede ist, so sollte auch die Agrarförderung sozial und gerecht verteilt werden. Wir werden unsere Forderung aufrechterhalten, und wir werden Ihnen von der Freiheitlichen Partei beweisen, dass auch Sie das bis vor wenigen Wochen oder Monaten noch wollten. Wir stehen daher weiterhin für eine gerechte Verteilung der Agrarförderung – nach dem Arbeitseinsatz, nach der Arbeitskraft, nach ökologischen Kriterien und nach der Erschwernis.

Abschließend ersuche ich den Herrn Finanzminister, eine Antwort auf die Frage der Kollegin Bures, wie denn das mit den Vergaben abgelaufen ist, zu geben. Denn wer keine Antwort gibt, hat etwas zu verbergen. Was könnte das denn sein? Womöglich Parteienfinanzierung? – Wer weiß es, wenn er nicht antwortet? (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.56

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich berichtige meinen Vorredner. Er hat festgehalten: Der EU-Gerichtshof habe eine französische Steuer für EU-konform erklärt, die eine Zweckbindung vorsah, und daher wäre auch unser Vorschlag EU-konform gewesen.

Ich berichtige den Sachverhalt: Die 5. Kammer hat zwei Voraussetzungen für die EU-Konformität vorgesehen: erstens die Zweckbindung, und zweitens müsse die Abgabe strukturell einer Verbrauchsabgabe entsprechen.

Da dies bei uns nicht der Fall war, wäre der Vorschlag gefallen. Ich irre nicht, Herr Gradwohl! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

18.57

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, betraut mit der vorläufigen Leitung des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie, Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte aus meiner Sicht zum Kapitel Landwirtschaft und Umwelt in diesem Budget kurz Stellung nehmen und eingangs festhalten, dass die Rahmenbedingungen für die Budgetierung – also Sparsamkeit und Effizienz – selbstverständlich auch für die Kapitel Land- und Forstwirtschaft gelten.

Herr Abgeordneter Gradwohl! Es ist nicht so, dass da Zauberei am Werk ist, sondern es gibt einfach die Notwendigkeit, dass sowohl im Bereich des Kapitels Landwirtschaft als auch im Bereich des Kapitels Umwelt jene Prioritäten gesetzt werden, die diese Bundesregierung sich vorgenommen hat. Das ist die politische Aufgabe, die wir umzusetzen haben, nämlich die zentralen Zielsetzungen für die Land- und Forstwirtschaft und für die Umwelt zu erfüllen.

Ich möchte festhalten, dass aus meiner Sicht den Bauern das zukommt, was den Bauern zugesagt wurde. Den Bauern wurde im Rahmen der Verhandlungen zur Agenda 2000 zugesagt, dass Österreich sich dafür einsetzen wird, dass alle Möglichkeiten der Agenda 2000 auch bei uns zur Anwendung kommen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger ist mit diesem Budget für die österreichischen Bauern gesichert, meine Damen und Herren! Ich spreche daher nicht von einer "Schieflage", sondern ich spreche davon, dass den Bauern letztendlich das zukommt, was den Bauern versprochen wurde. Das gesprochene Wort gilt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Ich möchte auch darum ersuchen, in dieser zugegeben verständlichen politischen Debatte über das Budget nicht den Eindruck zu erwecken, der derzeit da und dort erweckt wird, nämlich dass die Bauern diesen Budgetanteil, der ihnen zusteht, zu Lasten anderer Bevölkerungsgruppen erhalten haben. – Nein! Wir haben uns vielmehr als politische Schwerpunktsetzung dieser Bundesregierung das vorgenommen, was notwendig ist, weil ich es den Bauern nicht zumute – und ich nehme an, niemand in diesem Haus, ich hoffe es zumindest –, dass sie zweimal zur Kasse gebeten werden, nämlich einerseits die Einschränkungen aus der Agenda 2000 akzeptieren zu müssen und den notwendigen Ausgleich aus österreichischen Mitteln nicht zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Es ist daher die klare Prioritätensetzung dieser Bundesregierung, nicht nur die Marktordnungsausgaben, die den Bauern aus EU-Mitteln ohnehin zustehen, zu sichern, sondern in der Umweltförderung jenen Schwerpunkt zu setzen, der mit dem ÖPUL 2000 möglich ist, in der Bergbauernförderung jenen Schwerpunkt zu setzen, den wir uns vorgenommen haben, das Programm für die ländliche Entwicklung in einer Art und Weise anzuwenden, dass auch die neuen Programm-Aspekte, etwa die Forstwirtschaft, genutzt und, soweit es der Spielraum derzeit zulässt, auch nationale Mittel eingesetzt werden können.

Ein besonderer Schwerpunkt ist im Bereich des Landwirtschaftskapitels selbstverständlich der vorbeugende Katastrophenschutz, nämlich Wildbach- und Lawinenverbauung. Und ich bin froh darüber, Ihnen mitteilen zu können, dass die notwendigen Mittel aus dem Katastrophenfonds für diese wichtige Maßnahme insbesondere in den Gebirgsregionen sichergestellt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung setzt sich zum Ziel, auf Basis der Bund-Länder-Vereinbarungen, die für die gesamte Legislaturperiode verlängert werden sollen, den Bauern jene Perspektiven zu geben, die sie letztendlich brauchen, um positiv in die Zukunft blicken zu können.

Dazu ist notwendig, dass wir den österreichischen Bauern auch im Bereich der Betriebsmittel stufenweise jene Gerechtigkeit, jene Wettbewerbsfairness verschaffen, die ihnen zusteht. Daher ist auch für das kommende Jahr vorgesehen, dass wir im Bereich der Mineralölsteuer eine Anpassung vornehmen, damit die österreichischen Bauern letztendlich zu gleichen Bedingungen wie ihre Mitbewerber produzieren können.

Meine Damen und Herren! Im Umweltbereich können wir mit dieser Budgetpolitik die Schwerpunkte so setzen, wie sie aus meiner Sicht prioritär notwendig sind. Das sind Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und der dafür notwendigen betrieblichen Umweltförderung, das sind die Notwendigkeiten der Altlastensanierung, das sind die Notwendigkeiten der Siedlungswasserwirtschaft – Stichwort Abwasserentsorgung –, das sind die Notwendigkeiten etwa des Strahlenschutzes oder der Nationalparks, bezüglich derer Gott sei Dank in Österreich eine sehr positive Entwicklung im Gange ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Klar ist aber auch, dass diese Budgetpolitik nur dann langfristig – und das ist unser Ziel – zum Erfolg führen wird, wenn wir die notwendigen Strukturänderungen in der Verwaltung umsetzen. Ich kündige Ihnen daher heute schon an, dass wir insbesondere in dem Verantwortungsbereich Landwirtschaft die Frage der Strukturreformen in den nachgeordneten Dienststellen umsetzen müssen, weil Sparsamkeit im Budget letztendlich auch diese notwendige Verwaltungsreform erfordert, und zwar deshalb, um die Zielsetzung der Bundesregierung, nämlich für die Landwirtschaft und für die Umwelt positive Perspektiven zu bieten, auch mit knappen Budgetmitteln erfolgreich umsetzen zu können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pistotnig. – Bitte.

19.03

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Kaufmann und Wirtschaftler


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kommt mir diese Debatte heute so vor, als würde ich meinen eigenen Betrieb konkursreif wirtschaften und dann den Masseverwalter irrsinnig beschimpfen, weil er bereit ist, die Notbremse zu ziehen, um dieses Schiff, diese Firma wieder flott zu bekommen. (Abg. Parnigoni: Haben Sie das der Frau Riess-Passer auch schon einmal erzählt?)

Denn wie sonst ist es möglich, dass ein Finanzminister bei einem drohenden Budgetdefizit von 109 Milliarden Schilling dann 54,6 Milliarden Nettodefizit zusammenbringt (Abg. Parnigoni: Kehren Sie vor der eigenen Tür!), und das noch dazu lediglich mit einer Belastung von 7 Milliarden Schilling für den Bürger. Im Jahre 1996 lag diese Belastung bei 26 Milliarden Schilling, im Jahre 1997, unter dem damaligen Finanzminister Edlinger, sogar bei 47 Milliarden Schilling.

Ich habe gestern beobachtet, dass selbst hart gesottenen Abgeordneten wie dem Herrn Ex-Finanzminister Edlinger im wahrsten Sinne des Wortes der Mund offen geblieben ist, als ihm sein junger Nachfolger, der Praktiker Grasser, vorgezeigt hat, wie es auch möglich ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Dobnigg: Weil er es nicht glauben konnte!), wie es auch gehen kann (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP)  – trotz "Aktion Fairness", trotz Mietensenkungspaket, trotz Stromsenkungspaket!

Ihre Weisheit erschöpfte sich in der Vergangenheit darin, auf der Einnahmenseite drastische Erhöhungen vorzunehmen, auf Pump zu leben und die Bevölkerung zu belasten. Wie sonst wäre es möglich gewesen, innerhalb von 30 Jahren das Budgetdefizit von 16 Milliarden Schilling auf 109 Milliarden Schilling zu erhöhen und die Schulden dieses Landes von 70 Milliarden Schilling auf 1 700 Milliarden Schilling zu steigern, sodass pro Jahr 95 Milliarden Schilling an Zinsendienst geleistet werden müssen?!

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! Zuerst haben Sie Österreich ins finanzielle Desaster geführt, und jetzt lassen Sie das Land auch noch vor den EU-14 im Stich. Ist das der Schulterschluss, von dem Sie reden?

Toni Leikam hat gestern gesagt, die Regierung schütze er nicht, aber die Österreicher will er vor den 14 EU-Ländern schützen. Wo war denn Ihr Schutz für die Bürger, für die kleinen Leute in den letzten 30 Jahren? Es gab keinen Schutz vor sozialer Überbelastung, keinen Schutz vor Verschuldung, keinen Schutz für den kleinen Bürger – eine Million Bürger lebt an der Armutsgrenze –, keinen Schutz vor Proporz, keinen Schutz vor Privilegien. (Abg. Leikam: Dir ist es irrsinnig schlecht gegangen in diesen 30 Jahren!) Herr Edlinger will sich jetzt auf einmal vor die kleinen Bürger stellen. – Warum denn erst jetzt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, Herr und Frau Österreicher haben sich am 3. Oktober bereits selbst geschützt, nämlich vor einer roten Regierung (Beifall bei den Freiheitlichen), die in den letzten 30 Jahren gezeigt hat, dass sie den Erwartungen dieser Bürger nicht entsprochen hat. Daher wurden Sie abgelehnt, meine Damen und Herren, und daher haben Sie seit dem Jahre 1973 zirka 20 Prozent Ihres Wähleranteiles verloren. (Abg. Mag. Prammer: 1970!) Nicht diese Regierung ist schuld an Ihrem Debakel, sondern Sie selbst. Erkennen Sie das gefälligst einmal! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dieses Budget ist ein ehrliches und ein gutes Budget. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Wenn Sie, Herr Edlinger, meinen, dass eine Erhöhung der Kfz-Steuer für den Bürger eine Besteuerung seines Vermögens ist und es für den Pendler besser ist, zwei bis drei Schilling pro Liter Treibstoff mehr bezahlen zu müssen, dann wahrscheinlich nur deshalb, weil Ihnen, da Sie in der Vergangenheit immer mit dem Dienstwagen unterwegs waren, jede Erhöhung der Kfz-Steuer und der Treibstoffpreise ziemlich egal gewesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir müssen jenes Geld verdienen, das Sie ausgegeben haben, ohne es davor erwirtschaftet zu haben. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Nur gesunde Betriebe werden auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze schaffen. Daher ist es an der Zeit, dass auch für den kleinen und mittleren Betrieb etwas getan wird. (Abg. Parnigoni: So wie der Betrieb vom Herrn Passer!)


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Meine Damen und Herren! Sie haben Recht, Herr Edlinger hat Recht, als er sagte, dass die österreichischen Farben nach wie vor rot-weiß-rot sind und nicht schwarz-blau. Wir wissen das!

Aber lassen Sie sich noch Folgendes sagen: Sie sind rot-weiß-rot und daher auch nicht rot-grün! Wir alle sind Europa, wir alle sollten Österreich sein. Helfen Sie uns, gutzumachen, wofür Sie in den letzten 30 Jahren verantwortlich gezeichnet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

19.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Sie lobt die Regierung! – Abg. Mag. Pecher  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, vielleicht! – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Ihre Wunschregierung!)

19.08

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich nehme an, dass Sie alle den Spruch kennen: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der großen Oppositionspartei! Das Gespenst, das Sie von der Privatisierung an die Wand malen (Abg. Parnigoni: Frau Pecher, warum legen Sie Ihr Mandat nicht zurück?), ist vielleicht dazu geeignet, sich zu Tode zu fürchten, aber sicher nicht geeignet, die Lage Österreichs zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wovor sich der Österreicher, der österreichische Steuerzahler höchstens wirklich fürchten müsste, ist jener riesige Schuldenberg, der in den nun zu privatisierenden Unternehmen angefallen ist, nämlich 81 Milliarden Schilling – 52 Milliarden Schilling von der ÖIAG und 29 Milliarden Schilling von der PTBG. Für diese insgesamt 81 Milliarden Schilling Schulden hat nämlich der Bund und damit indirekt jeder einzelne Steuerzahler eine Haftung übernommen. (Abg. Parnigoni: Legen Sie doch Ihr Mandat zurück! Das haben Sie doch versprochen!)

Der Österreicher ist aber nicht so ängstlich, wie Sie ihn glauben machen wollen. Ich möchte dazu eine hier im Hause wenig zitierte Tageszeitung, nämlich das "WirtschaftsBlatt", zeigen (die Rednerin hält eine Zeitungsseite in die Höhe), in der eine Gallup-Studie angeführt wird, derzufolge eine klare Mehrheit der Österreicher – ich zeige es auch Ihnen gerne (die Rednerin hält die Zeitungsseite in Richtung der Abgeordneten der SPÖ)  –, nämlich 80 Prozent, für die Privatisierungspläne der österreichischen Bundesregierung ist. Nur mehr 15 Prozent der Österreicher glauben noch, dass der Staat überhaupt ein brauchbarer Unternehmer ist.

In der selben Ausgabe der Zeitung wird ein Interview von ÖGB-Chef Verzetnitsch gebracht, in dem er auf die Frage, wie er denn den Schuldenberg, der auf 81 Milliarden Schilling angewachsen sei, abbauen würde, sagt: Er würde die gut gehenden Unternehmen nicht verkaufen, und er findet, dass der Bund bereit sein muss, Mittel zuzuschießen. – Also so stelle ich mir eine Privatisierung wirklich nicht vor! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Schlecht gehende Unternehmen wird man, wie wir alle wissen, wohl kaum verkaufen können. Und dass der Bund keine Mittel zuschießen kann, ergibt sich, glaube ich, aus der Tatsache, dass wir von Ihnen ein Budgetdefizit plus Überschreitung in der Höhe von 109 Milliarden Schilling geerbt haben. (Ruf bei der SPÖ: ... von der ÖVP nie wer dabei war!)

Es wird also eine Privatisierung geben. Und es wird einen neuen Aufsichtsrat geben, der, mit qualifizierten Wirtschaftsfachleuten besetzt, diese Privatisierung organisieren und planen wird – Schritt für Schritt! Es wir eine Privatisierung geben, bei der der Staat, wenn der staatliche Anteil unter 25 Prozent plus eine Aktie fallen wird, von den Übernehmern Garantien für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich verlangen wird.

Ich bin zuversichtlich, dass es diesem Aufsichtsrat gelingen wird, die Privatisierung der ÖIAG so abzuwickeln, dass sowohl für den österreichischen Steuerzahler als auch für die Mitarbeiter in


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diesen Betrieben das Optimum herauskommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Staatssekretär, ich hätte gerne auf zwei Fragen, die vom Herrn Bundesminister nicht beantwortet worden sind, eine Antwort bekommen. Die erste Frage betrifft das, was Herr Abgeordneter Dr. Heindl gemeint hat, nämlich die merkwürdige Vergabepraxis des Herrn Bundesministers Grasser bezüglich der Auswahl einer Personalberatungsfirma, die die neuen Aufsichtsräte der ÖIAG finden soll – die Kosten sollen um 30 Prozent höher sein laut Pressebericht vom 10. März 2000.

Die zweite Frage lautet: Soll es vielleicht so sein, dass die Mädchen in Österreich in Zukunft mit 10 Jahren zu arbeiten beginnen sollen, damit Frauen nach 45 Jahren Beruf mit 55 Jahren in Pension gehen können? (Abg. Großruck: Das glaubst du ja selbst nicht, was du da sagst!)

Herr Klubobmann Dr. Khol! Sie haben heute gemeint: Wenn ein Feuer angezündet wird, brennt es! – Ja, man muss nur dazusagen: Wer ist der Brandstifter? (Abg. Dr. Stummvoll: Eine gute Frage!)  – Herr Dr. Stummvoll, hören Sie einmal zu! Sie haben diesbezüglich eine Frage an den ehemaligen Bundeskanzler Klima gestellt. Sie brauchen nur Ihre Zustimmung zur Einsetzung eines diesbezüglichen Untersuchungsausschusses zu geben, dann bekommen Sie diese Fragen beantwortet, aber es wird auch etliche Fragen dabei geben, die für Sie nicht sehr angenehm sein werden.

Nächster Punkt: Sie waren 13 Jahre lang in der Regierung, jetzt wissen Sie nichts mehr davon. Sie beschweren sich darüber, dass der ehemalige Bundesminister Edlinger den Computer gelöscht hat. (Abg. Mag. Steindl: Grabner, "Computer" hat er nicht gelöscht!) Ich glaube, für diese 13 Jahre haben Sie Ihre Festplatte zerhackt, weil Sie nichts mehr von dem wissen, was in diesen 13 Jahren geschehen ist. (Abg. Mag. Steindl: Grabner, einen Computer kannst du nicht löschen!)  – Kommt schon noch, wart ein bisserl!

Zunächst einige Aussagen, wie sie immer wieder nur den Sozialdemokraten vorgeworfen werden. Man vergisst so etwas, aber ich bringe nun ein paar Zitate.

Haider über Schüssel: Schüssel belügt das Parlament! – 32. Sitzung des Nationalrats in der XIX. Gesetzgebungsperiode. – Das vergisst man! (Abg. Fischl: Er liest ja nur vor!)

Haider über Schüssel: Schüssel trägt seine Masche nicht um den Hals, sondern vor den Hirn! – 1. Oktober 1999. (Abg. Mag. Schweitzer: Mit Fallfehler brauchst du es nicht vorzulesen!)  – Du kommst auch gleich dran!

Westenthaler über Schüssel: Panik – Schüssel wirft die Nerven weg! (Ruf bei der ÖVP: Tat er nicht!)  – Aussendung der FPÖ vom 21. September 1999.

Westenthaler über Schüssel: Schüssel wird Kopiermaschine freiheitlicher Wahlkampfslogans. – Ich könnte diese Aufzählung noch viel länger fortführen; auch du, lieber Freund Schweitzer, hast einige Ausdrücke getätigt, die man jetzt vergessen hat.

Oder Herr Prinzhorn zu Schüssel: Kein Kanzler Schüssel – FPÖ nicht Steigbügelhalter! – Aussendung der Freiheitlichen vom 7. Oktober 1999.

Westenthaler zur ÖVP: Die Partei mit Mundgeruch! – 14. Jänner 1997. Meine Damen und Herren, all das vergisst man! Es sind alles Zitate, nicht von mir, sondern aus Zeitungen und Presseaussendungen, die Sie von der FPÖ gemacht haben.

Oder – gerade zu diesem Budget heute – Scheibner über Fasslabend: Unter Fasslabend wurde das Heer ausgehungert! – Meine Damen und Herren, für die Landesverteidigung gibt es neuer


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17. Sitzung / Seite 156

lich um 500 Millionen Schilling weniger. Ich bin neugierig, wie der arme Herr Bundesminister das, was er vorgehabt hat, machen wird, weil er genau das auf alle Fälle nicht machen kann. (Abg. Fischl: Wir müssen sparen wegen euch!)

Oder – lieber Freund Fischl! – die Frau Staatssekretärin für Tourismus, die – sie ist leider nicht mehr anwesend – meint, es gebe keine Schwierigkeiten in Österreich. – Vor wenigen Tagen war ein Besitzer von vier Hotels bei mir im Parlament. Auch ein Abgeordneter der ÖVP war bei diesem Gespräch dabei, er hat es gehört. Dieser Mann besitzt, wie gesagt, vier Hotels, zwei in Wien, eines in Salzburg, eines in Innsbruck. In Wien hat er nun in einem Monat um 150 000 S weniger Umsatz. Er hat gesagt, er wollte 3 Millionen Schilling investieren, das schiebt er aber jetzt auf. Er hat 120 Beschäftigte, zehn davon muss er kündigen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Meine Damen und Herren! Für den Sport möchte ich ein Dankeschön an Herrn Abgeordneten Kopf und dem ehemaligen Bundesminister Löschnak sagen, denn es ist uns gelungen, 500 Millionen Schilling für die nächsten zwei Jahre dafür zu sichern. Sonst würden wir es ohnehin nicht mehr kriegen. Ich hoffe nur, dass es keinen Sportkanal nur für Magna geben wird, denn da könnte es zu Schwierigkeiten kommen. (Abg. Fischl: Sagt das der Rudas?)

Ich könnte noch sehr viel dazu sagen, leider läuft meine Redezeit ab. Auch meinem Freund Ofner ein Dankeschön – ich habe hier das Protokoll der Parlamentssitzung – dafür, dass er das gesagt hast. Herr Abgeordneter Haupt hat ebenfalls einiges ... (Abg. Dr. Ofner: Geh bitte, lies vor!)  – Bitte? (Abg. Dr. Ofner: Lies, was ich gesagt habe!) Ja, ich gebe es dir nachher, denn ich habe nicht mehr so viel Zeit!

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass für die Arbeitsmarktverwaltung auch in Zukunft Förderungsmittel zur Verfügung gestellt werden. (Abg. Dr. Ofner: Lesen ist ja leichter als reden! Lies vor!) In Wiener Neustadt veranstaltet das AMS gemeinsam mit der "Volkshilfe" Kurse, durch die Frauen der Wiedereinstieg in das Berufsleben ermöglicht werden soll. Die Erfolgsquote liegt bei 63 Prozent!

Damit das auch in Zukunft so bleibt, darf ich Ihnen, Herr Staatssekretär, den "Lerni" überreichen. Ich hoffe, dass dieser "Lerni" auch in Zukunft aktiv sein wird – im Interesse jener Frauen, die jetzt noch keinen Beruf haben. (Der Redner überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Dr. Finz ein herzförmiges rotes Stofftier. – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Was sagen Sie zum Frauenministerium?)

19.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Egghart. – Bitte. (Abg. Fischl: Warum kriegen wir so etwas nicht? – Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung des Abg. Grabner –: Was war das jetzt? – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Grabner und Mag. Schweitzer. )

19.18

Abgeordneter Robert Egghart (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Ich werde versuchen, das Niveau der Würde des Hauses entsprechend wieder etwas anzuheben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ökonomen wie zum Beispiel der Nobelpreisträger Gary Baker schätzen heute das gesamte vorhandene Humankapital weltweit auf 75 Prozent aller vorhandenen Wirtschaftsressourcen, während die Rohstoffressourcen der ganzen Welt auf 5 Prozent geschätzt werden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Eine schrecklich dumme Aussage!) Man sieht daher, wie wichtig eine auf den leistungswilligen Menschen ausgerichtete Budgetpolitik ist, da nur diese der Gesellschaft hohe Sozialstandards gewährleistet. Gerade diese Bundesregierung ist mit ihrem Budget bestrebt, unter schwierigsten Bedingungen ihre international eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf die Maastricht-Kriterien zu erfüllen.


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17. Sitzung / Seite 157

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Liberalisierung des Welthandels, die Internationalisierung der Finanzmärkte sowie der Fortschritt in den Kommunikations- und Informationstechnologien haben eine globale wirtschaftliche Verflechtung und damit eine Wettbewerbssituation geschaffen, welche die europäischen Staaten unter Druck setzt – und nicht nur diese!

Wirtschaftsunternehmen sind angesichts der wachsenden Zahl geeigneter Standorte mobiler geworden und agieren in immer kürzeren Zyklen. Aus dieser Sicht ist es daher besonders notwendig, im Anschluss an eine Budgetkonsolidierung für die Senkung der im internationalen Vergleich hohen Steuerquote von mehr als 45 Prozent zu sorgen. Nur durch solche Maßnahmen werden Unternehmen und Arbeitsplätze gesichert. Der schlanke und somit billige Staat, zu dem sich diese Bundesregierung bekennt, kann nur die Rahmenbedingungen schaffen. Arbeitsplätze schaffen immer noch die Unternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade auf dem Weg ins dritte Jahrtausend ist im Bereich der Wirtschaft Gemeinsamkeit statt Klassenkampf angesagt. Wir bekennen uns zur Solidargemeinschaft. Ob faire oder ökosoziale Marktwirtschaft, diese Regierung bekennt sich zu einem Miteinander auch auf allen Betriebsebenen. Glauben Sie mir: Ohne die Menschen oder an den Menschen vorbei wird es nicht gehen. Da wird es begleitender Maßnahmen bedürfen. Zu einem bloßen Justamentstandpunkt zum Schaden der Republik seitens einer kleinen Funktionärskaste darf es nicht kommen. Wir stehen für die Objektivierung der Postenvergabe im Gegensatz zur Vergangenheit. (Abg. Dr. Cap: Ist das Ihr Text?) Das will ich meinen! Das können Sie Ihre Kollegen im Wiener Landtag fragen. (Abg. Dr. Cap: Ich meine wegen des Niveaus!)

Gerade in den letzten Jahren hat sich durch den Niedergang der verstaatlichten Industrie gezeigt, dass klein- und mittelständische Unternehmen die treibende Kraft bei der Schaffung von Arbeitsplätzen sind. Diese oft bis an die Grenze belasteten Unternehmen haben sich trotz aller bürokratischer Hürden, trotz sich gewaltig ändernder Rahmenbedingungen immer wieder als soziale und verlässliche Partner erwiesen. Ihnen, den Kleinen und Fleißigen, den Kreativen, wurden die Steuern zur Sanierung bis heute nicht sanierter Staatsbetriebe unter sozialistischer Führung herausgepresst.

Von SPÖ-Seite gab es zum Beispiel ein Mobbing im Fleischhandel. Ich denke an den Schaden von mehr als 100 Millionen Schilling, den die ehemalige Bundesministerin Prammer verursacht hat. (Abg. Dr. Cap: Das war jetzt aber die falsche Seite!)

Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden. Die Europäische Kommission vertritt die Auffassung, dass ein integriertes transeuropäisches Verkehrsnetz dazu beitragen wird, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sowie die Lebensqualität der Bürger zu erhöhen. (Abg. Dr. Cap: Das Lichtlein brennt!)

Im Konzept der transeuropäischen Netze wird die Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklungen im Verkehrsbereich besonders hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass neue Verkehrs- und Informationstechnologien zu einer besseren Ausgewogenheit von Schiene und Straße beitragen werden. All diese Entwicklungen im EU-Raum dürften am im Dornröschenschlaf liegenden Verkehrs- und Wirtschaftsminister vorbeigegangen sein. Gerade durch eine akkordierte Kombination verschiedener Transportsysteme wird sich das Verkehrsaufkommen verringern. (Abg. Dr. Cap: Wer hat das wirklich geschrieben?) Die Reibungsverluste der Wirtschaft werden deutlich zurückgehen, und die Umwelt wird dadurch geschont werden. (Abg. Dr. Cap: Nicht so schnell – das ist zu schnell!) Vor allem die am Rande der Europäischen Union liegenden unterentwickelten Regionen werden an eine prosperierende Wirtschaftsentwicklung herangeführt. Dadurch wird die These, dass Digitalisierung und Datenkompensation Arbeitsplätze zerstören könnten, ad absurdum geführt. Auf alle Fälle müsste auf die doppelte Diskriminierung durch eine zweifache Umfahrung Österreichs hingewiesen werden.


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Ein besonderes Manko für die Stärke der Betriebe liegt im nicht vorhandenen Risikokapital. Es wäre ein entscheidender Hebel, um einen Wachstums- und Beschäftigungsschub auszulösen. Dagegen wird durch parteipolitische Appelle die Neidgenossenschaft genährt.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit beziehungsweise auch die gesamte Redezeit der Fraktion ist zu Ende. Ich bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Robert Egghart (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Kapitalismus machen manche für Geld alles. Im Sozialismus machen manche auch für Geld nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

19.24

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Werte Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Über lange Strecken dieses Tages konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es manche in der Sozialistischen Partei mit dieser Bundesregierung schwer haben. No na, werden Sie sagen. Wahr ist, dass manche von Ihnen einen verbalen Amoklauf sondergleichen vom Stapel gelassen haben. Es waren aber auch besonnene Stimmen unter Ihnen, besonnene Stimmen, die ich besonders hervorheben will – abgesehen von einigen kabarettistischen Einsprengseln, wie sie Kollege Grabner zum Beispiel am Schluss geboten hat.

Kollegin Hostasch hat in einer Art und Weise, die mir persönlich Respekt abnötigt, ihre Rede gehalten. Es ist aber auch nicht uninteressant, dass jene, die im Innenausschuss gleichsam das Zepter schwingen – Kollege Leikam, Kollege Schlögl –, heute bis dato nicht geredet haben, in jenem Innenausschuss, in dem das Verhältnis zueinander, die Atmosphäre, die Stimmung am letzten Mittwoch durchaus angenehm und positiv gewesen ist. Da sind offensichtlich die Pragmatiker in der SPÖ heute nicht zum Zug gekommen. Die Scharfmacher dürften offensichtlich von Gusenbauer und Kostelka an der kurzen Leine gehalten worden sein.

Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! In den wenigen Minuten, die mir zur Verfügung stehen, kurz zum Kapitel Sicherheit. Die innere und die äußere Sicherheit ist dieser Bundesregierung ein großes, ein persönliches Anliegen. (Abg. Dr. Cap: Mir ist es ja Wurscht – aber Ihr Minister hört Ihnen nicht zu!) Wir alle miteinander wissen, dass gespart werden muss – 400 Millionen Schilling beispielsweise im Bereich der inneren Sicherheit –, aber gespart unter anderem in Bereichen, von denen wir sagen, dass dort der Hebel anzusetzen ist, nämlich dort, wo es in die Strukturen hineingeht, wo es bei der Verwaltung, bei der Organisation auch wirklich anzusetzen gilt. Tiefe Schnitte ins Fleisch, das ist es! Gespart wird nicht dort, wo beispielsweise Vorgänger durch die Schließung von Gendarmerieposten gespart haben – die werden nicht mehr zugesperrt –, und auch nicht dort, wo der Exekutivbeamte auf der Straße präsent ist und von der Bevölkerung wahrgenommen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt mehr Geld – und dies sei vor allem den Kolleginnen und Kollegen der Opposition gesagt – für vier Bereiche, die Sie vielleicht so nicht wahrhaben wollen. Werte Kolleginnen und Kollegen! Denken Sie daran: Es gibt etwa 225 Millionen Schilling mehr für Opferschutzmaßnahmen. Es gibt mehr für Integration. Es gibt mehr für das Bundesasylamt. Es gibt mehr für die KZ-Gedenkstätte in Mauthausen – Maßnahmen, von denen diese Bundesregierung überzeugt ist, Maßnahmen, die zeigen, dass Toleranz und Menschlichkeit in der guten österreichischen Tradition von dieser Bundesregierung fortgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da ist auch das Kapitel Landesverteidigung, zu dem wir sagen: Für uns ist das österreichische Bundesheer unverzichtbar. Es sichert Frieden, Ordnung und Sicherheit, auch in diesem unserem Land, und wir stehen auch zu den Aspekten der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in Europa, jenem Europa der Vierzehn, das uns in diesen Tagen und Wochen wehtut. Es handelt sich um Sanktionen, die uns wehtun, die auch gegen die Bürger diese Landes gerichtet sind! Es tut vor allem weh, wenn Oppositionspolitiker beispielsweise sagen, wie es Kollege


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Van der Bellen getan hat: In dieser Bundesregierung sitzen Menschen, die man als Faschisten bezeichnen kann, oder da sitzen jene, die all das an Problemen verursacht haben, was dieses Land Österreich heute zu tragen hat! – Das weisen wir mit Entschiedenheit zurück, werte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist ein Swoboda gewesen, der gesagt hat: Keine Normalität für dieses Österreich! Und es ist ein Gusenbauer gewesen, der seine Heimat nicht in Österreich sieht, sondern in Moskau, wie wir seit dem großen Bruderkuss wissen. (Abg. Dietachmayr: Schämen Sie sich!) Nein!

Ich schließe mit einem Zitat eines Sozialdemokraten, eines großen Sozialdemokraten. Ist es Ihnen erinnerlich? Ferdinand Lassalle ist es gewesen, der Sozialdemokraten gefragt hat, ob sie nicht wüssten, dass es gerade Sozialisten und Sozialdemokraten seien, die gemeint hätten, sie seien als vaterlandslose Gesellen zu bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

19.29

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viel ist heute schon gesagt worden. Die Zeit ist bereits sehr weit vorgeschritten. Es war nicht immer nur Wichtiges dabei, wie ich gerade von meinem Vorredner gehört habe. Aber trotzdem bin ich der Ansicht, einige Dinge gehören einfach wiederholt, weil sie für uns so wichtig sind.

Oberstes Prinzip dieser Regierung sei es, in besonderer Weise soziale Gerechtigkeit zu ermöglichen, hat gestern der Herr Finanzminister gesagt. (Abg. Schwarzenberger: Ja genau!) Mir drängt sich auf, statt "in besonderer Weise" "in sonderbarer Weise" zu sagen, denn ist es nicht wirklich blanker Zynismus, in Anbetracht der Steuererhöhungen und der Gebührenerhöhungen noch von sozialer Gerechtigkeit zu reden? Denn dass diese Steuer- und Gebührenerhöhungen bewusst so gewählt wurden, dass sie ausschließlich untere und mittlere Einkommensgruppen belasten, das ist so klar wie Glas. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich beim blau-schwarzen Misserfolgsstück, das da heißt "Es gilt das gebrochene Wort", auf wenige Zitate beschränken. (Rufe bei der ÖVP: Oh nein! – Abg. Rosemarie Bauer: Ein Niveau!) Fast beliebig kann man die FPÖ-Widersprüchlichkeiten aneinander reihen, und ich erhebe überhaupt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

Striktes Nein der FPÖ zur Erhöhung der Zulassungssteuer! Für Belastungspakete wird es seitens der Freiheitlichen mit Sicherheit keine Unterstützung geben, versprach FP-Verkehrssprecher Firlinger noch am 30. November. Tatsache ist, dass unter der neuen Regierungspartei FPÖ eine durchschnittliche Mehrbelastungslawine von 2 000 S pro Jahr über den Autofahrer hereinbricht – abgesehen von der Verdoppelung der Vignettenpreise, während andererseits das Road-Pricing noch immer verschleppt wird.

Es muss einmal ein Ende haben, dass die Autofahrer immer als Melkkühe der Nation für das Stopfen von Budgetlöchern herangezogen werden, meinte Abgeordneter Böhacker im Jänner 1999. – Herr Abgeordneter, es wird ein Ende haben, aber erst dann, wenn Sie nicht mehr in der Regierung sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss ein letztes launiges Zitat des neuen FPÖ-Klubobmanns vom November 1998: Die FPÖ organisiert den Widerstand der Autofahrer. Die FPÖ ist die einzige Schutzmacht der Autofahrer, verkündet er großspurig. – Wie sich die Zeiten ändern! Wo ist die Schutzmacht, die den Autofahrer vor solch einer Schutzmacht schützt, meine Damen und Herren?! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Hat die eine eigene Meinung auch, weil sie nur zitiert?)

Aber nicht nur dass beim Individualverkehr die Steuerschraube angezogen wird, nein, natürlich drohen den Bürgerinnen und Bürgern auch beim öffentlichen Verkehr massive Verschlechte


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rungen: Die Ausgaben der Verkehrsverbünde werden reduziert, die Aufwendungen für die Schieneninfrastruktur ebenso. Damit wird der dringliche Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel wieder auf das Abstellgleis geschoben. Gerade das Wiener Umland, in dem ich lebe, treffen die Kürzungen in diesem Bereich besonders hart, denn täglich 160 000 Autos auf der A 2 sind ja nicht wenig.

Ich wechsle jetzt das Thema – die Zeit ist vorgeschritten –, ich komme zu Ihrer Jugendpolitik. Die Jugendpolitik wurde in der Budgetrede nämlich überhaupt nicht mehr angesprochen. Im Budget 2000 werden die Mittel für die Jugendförderung um 15 Prozent reduziert. Die Jugend ist der blau-schwarzen Regierung nichts mehr wert (Beifall bei der SPÖ)  – das, obwohl es in der vergangenen Legislaturperiode beim dritten Bericht zur Lage der Jugend zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP und SPÖ gekommen ist, um Forderungen aufzustellen und Fragen der Jugendpolitik zu diskutieren.

Viele der bildungspolitischen Maßnahmen in Ihrem Koalitionsabkommen sind von der Tendenz geprägt, dass zentrale Aufgaben des Staates abgegeben werden. Damit wird die Einlösung des Rechts auf Bildung für alle Jugendlichen nicht mehr gewährleistet. Warum betone ich "alle" so sehr? Was ist denn mit den Jugendlichen, die besondere Betreuung brauchen? Was ist mit den Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen?

Ich arbeite in einer Schule für schwerhörige und gehörlose Kinder. Meine Schüler beenden heuer die Schulpflicht. Stehen sie im Herbst auf der Straße? Gibt es vielleicht noch das Auffangnetz für diese besonderen Jugendlichen, oder gibt es das nicht mehr?

Das lebensbegleitende Lernen wird sehr großgeschrieben, aber dafür wird in der Erwachsenenbildung gekürzt. All die Bereiche, meine Damen und Herren, wie etwa Pakt für ältere Arbeitnehmer, Auffangnetz für Lehrlinge, Lehrlingsoffensive, können wahrscheinlich nicht mehr finanziert werden, und sie werden – was ich für noch schlimmer halte – von Ihnen als nicht mehr wichtig angesehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

19.34

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Österreich ist ein sicheres Land. Ob das so bleibt, das hängt sicherlich auch davon ab, wie viel uns die Sicherheitspolitik in Zukunft wert sein wird. Bisher war es jedenfalls so, dass, wie in den Sicherheitsberichten nachlesbar ist, der österreichischen Exekutive durchaus ein gutes Zeugnis ausgestellt werden konnte, denn die Zahl der gerichtlich strafbaren Handlungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Daher ist die gute Arbeit unserer Exekutivbeamten, welche noch in die Ära von Mag. Schlögl fällt, zu loben, und es ist ihnen für diese ihre Arbeit auch zu danken.

Meine Damen und Herren! Die großen Problemgebiete der Zukunft sehe ich im Bereich der organisierten Kriminalität, im Schlepperunwesen und in der Suchtgiftkriminalität. Insbesondere die guten Organisationsstrukturen der organisierten Kriminalität, die Ausnützung der modernsten Technologien machen eine andauernde Schulung und immer bessere Ausbildung der Polizei und Gendarmerie notwendig. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf das Budget. In diesem Punkt hege ich schon meine ersten Zweifel, wenn ich lese, dass für den Sicherheitsbereich weniger Mittel zur Verfügung stehen. Anscheinend hat sich der neue Innenminister Strasser bei den Verhandlungen nicht durchgesetzt und sich über den Tisch ziehen lassen, denn sonst könnte man im heutigen "Kurier" nicht lesen, dass für das Sicherheitsbudget 400 Millionen Schilling weniger zur Verfügung stehen und angeblich auch über 400 Planstellen zurückgenommen werden sollen! (Abg. Gaugg: Ein SPÖler zitiert den "Kurier"! Irgendetwas ist daneben gegangen!) Das ist sicherlich nicht die Sicherheitspolitik, die wir Sozialdemokraten meinen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Angesichts der Horrormeldungen in den Medien über den weiteren Anstieg der Zahl der Toten und Verletzten im Straßenverkehr, die sicherlich auch Sie verfolgt haben, muss es unsere Pflicht sein, gemeinsam zu überlegen, welche Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Menschenopfer getroffen werden können. Wie bekannt, gab es im Jahr 1999 1 079 Verkehrstote. Das sind um 116 mehr als im Jahr 1998. Das heißt, dass täglich drei Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen sind. Das bedeutet natürlich auch, dass ein Schulterschluss aller Parteien notwendig ist, um die Arbeit der Sicherheitsbehörden weiter zu verbessern, um Jahr für Jahr bessere Daten auf allen Gebieten, insbesondere im Straßenverkehrsbereich, zu erreichen. Auf dem Altar der Asphaltstraße ist schon viel zu viel Blut geflossen, daher darf gerade in diesem Bereich nicht gespart werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Anhebung der motorbezogenen Versicherungssteuer, die Sie planen, und die Erhöhung der Autobahnvignettengebühr sind sicher kein Beitrag zur Verbesserung der Unfallbilanz, sondern bloß eine Schröpfung der Autobesitzer. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Klubobmann der Freiheitlichen zitieren. Westenthaler hat laut Austria Presse Agentur vom 3. September 1996 gesagt: Das Auto darf kein Luxusartikel werden. (Abg. Haigermoser: Wir haben sie vor 30 S Benzinpreis bewahrt!) Die SPÖ betreibe eine mobilitätsfeindliche Politik, indem sie die Autofahrer zur Melkkuh der Nation mache.

Oder: Die FPÖ sei die einzige Schutzmacht für Österreichs Autofahrer, betonte Westenthaler am 27. November 1998. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Klares FPÖ-Nein zur Erhöhung der Vignette! – Freiheitlicher Pressedienst vom 7. Juli 1999. (Abg. Gaugg: Da haben wir nicht gewusst, dass ihr so viel Schulden habt! – Abg. Mag. Kukacka: Da haben wir das rote Budgetloch noch nicht gekannt!)

Aber auch der Verkehrssprecher der ÖVP, Herr Kukacka, stellte für seine Fraktion fest, dass eine Erhöhung der Vignettenpreise nicht in Frage komme. – So am 7. Juli des vergangenen Jahres laut Austria Presse Agentur. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese "Steueranpassungen" – wie sie jetzt genannt werden – verleiten nicht zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, denn diese Steuer ist zu bezahlen, unabhängig davon, ob man mit dem Auto fährt oder nicht. Außerdem wird auch kein Anreiz zum Umstieg auf treibstoffsparende Fahrzeuge geboten.

Meine Damen und Herren! Entsprechende Maßnahmen fehlen hier in diesem Regierungsprogramm und in diesem Budget. Daher sind Einsparungen im Sicherheitsbereich garantiert der falsche Weg zur Verringerung der Zahl der Verkehrsopfer. Die Schließung von Gendarmerieposten, eine Reduzierung des Personalstandes und Sparmaßnahmen bei der Ausbildung und Ausrüstung der Exekutive sind jene Maßnahmen, die die Kriminalität fördern und die Zahl der Opfer erhöhen. Sparen bei der Sicherheit ist garantiert der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

19.39

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich erlebe heute hier eine verkehrte Welt (Abg. Dr. Fekter: Nein, Maier, nein! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): Die Freiheitliche Partei, die im letzten Jahr gegen die Steuerreform argumentiert hat, und zwar mit allen Mitteln, die ihr parlamentarisch zugestanden sind, verteidigt heute die Steuerreform und rechtfertigt damit das Raubritterpaket, das wir gestern serviert bekommen haben. (Abg. Ing. Maderthaner: Und die SPÖ verurteilt sie heute!) Die Österreichische Volkspartei kann sich an nichts mehr erinnern. (Abg. Mag. Trattner: Wir haben das Ganze finanzierbar gemacht!) Klubobmann Khol – er telefoniert momentan – erinnert sich nicht mehr an das, was er letztes Jahr gesagt hat. Unser ehemaliger Bundesminister Edlinger hat bereits darauf hingewiesen.

Es wäre sehr leicht, würde die Möglichkeit bestehen, sich von jeder Schuld freizusprechen. Für einen bekennenden Katholiken gibt es die Möglichkeit, in den Beichtstuhl zu gehen und sich das "ego te absolvo" zu holen. (Abg. Dr. Fekter: Da muss man aber zuvor bereuen! – Abg. Auer:


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Das ist eben der Unterschied! Wir bereuen manches! Ihr bereut ja nicht einmal!) Das werden Sie, Herr Klubobmann, meiner Ansicht nach nicht bekommen. Heute haben wir auf politischer Ebene etwas anderes erlebt, nämlich "ego me absolvo": Sie haben sich freigesprochen und hier eine Position vertreten, die gegen die österreichische Bevölkerung gerichtet ist. Lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Herr Kollege! Das ist die moderne Befreiungstheologie!)

Ich möchte noch auf Ausführungen meiner Vorredner eingehen, etwa auf jene des Kollegen Puttinger, den ich persönlich sehr schätze, der heute in seiner Rede von den Patrioten und Nichtpatrioten gesprochen hat. Dies erinnert mich an jene Diskussion, in der wir Sozialdemokraten mehr oder weniger als vaterlandslose Gesellen bezeichnet worden sind. (Abg. Gaugg: Ihr habt ja eine Heimat! – Die ist Moskau!) Aber wo sind die Nichtpatrioten? Unser Parteivorsitzender Alfred Gusenbauer (Abg. Gaugg: Küsst die Heimaterde in Moskau!) befindet sich bereits bei der Sozialistischen Internationale, um dort für Österreich Vorteile zu erzielen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber wie sieht es in Ihrer Partei aus? Da gibt es den künftigen Nachfolger des Kollegen Puttinger. Er heißt Buemberger, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich zitiere aus den "Salzburger Nachrichten" den Spruch des Wirtschaftsbund-Spitzenkandidaten in Salzburg, der meint: Die europäischen Staaten mögen sich um ihren eigenen Kram kümmern. Viele hätten ja selber Dreck am Stecken. Wer nicht nach Österreich kommen wolle, solle daheim bleiben. Und dann hat er noch gesagt: Jetzt erst recht!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da gibt es nicht nur den Jörg Haider, da gibt es in Ihrer Partei jemanden, der genauso herumtrampelt und dafür verantwortlich ist, dass Österreich out ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Maier, niedersetzen!)

Das Interessante an dieser Geschichte ist ja noch Folgendes: Er hat ein Hotel "Zum Roten Ochsen". Ich würde ihm empfehlen, es umzutaufen, nämlich Hotel "Zum Schwarzen Ochsen". Ich glaube, dieser Name würde richtig auf ihn passen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Budgetbegleitgesetz ist ein Beutezug der Bundesregierung. Die Bundesregierung entdeckt das Raubrittertum. Ich sage Ihnen ein Beispiel: Eine Familie mit drei Kindern, einer volljährigen Tochter, zwei unmündigen Kindern, lässt ihre Pässe verlängern oder neu ausstellen. Bisher hat das 1 690 S gekostet. Nun kostet es 3 400 S. (Abg. Gaugg: Wenn die Arbeiterkammer auf ihre Zwangsbeiträge verzichten würde, wäre das Geld leicht herinnen!)  – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein Beutezug gegenüber den österreichischen Familien! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel: billiger Wohnen. – Ich lache nur mehr. Die Pressekonferenz Ihres Parteiobmannes! Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen wir uns die Artikel 32, 33 und 34 im Budgetbegleitgesetz an! Dazu darf ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben eines übersehen, Herr Klubobmann Khol: Die Bund-Länder-Vereinbarung aus dem Jahr 1988 lässt keine Differenzierung zwischen 130 und 150 Quadratmetern zu.

Herr Staatssekretär, zum Schluss noch eines: Auf unsere Fragen zur Auswahl einer Personalberatungsfirma, nämlich Egon Zehnder International, ist nie eine Antwort gegeben worden. Und ich sage: Ceterum censeo – so wie es Cato der Ältere gesagt hat – quaestori multo explicandum esse. (Abg. Gaugg: Oho! – Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, bravo!) Oder auf Deutsch ausgedrückt: Sie haben einen Erklärungsbedarf – heraus mit der Sprache! Wir wollen wissen, was hier passiert ist und ob es eine Parteienfinanzierung gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)

19.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Sie haben in Ihren Ausführungen nicht nur auf das Hotel Bezug genommen, sondern – sofern ich richtig gehört habe – von dieser Stelle aus gesagt, Sie würden die Bezeichnung "Schwarzer Ochse" vorschlagen und diese Bezeichnung würde sehr gut auf ihn passen, was bedeuten würde, dass es nicht auf das Hotel, sondern auf die Person gemünzt ist. Ich glaube, dass das nicht die Art und Weise ist, wie wir in


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diesem Haus miteinander umgehen sollten, und ich erteile Ihnen dafür eine Rüge. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

19.45

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Mit dem uns vorliegenden Budget bricht die Regierung all ihre Wahlversprechen. Die Wähler erinnern sich noch, wie Sie vor den Wahlen von Steuersenkung gesprochen haben beziehungsweise die ÖVP gesagt hat: Keine Steuererhöhung mit uns! – Die Wirklichkeit sieht heute ganz anders aus.

Immer dann, wenn Sozialdemokraten von der Unterstützung der Schwachen, der Arbeiter reden, ertönt von Regierungsseite das Wort Klassenkampf. Aber was ist das, meine Damen und Herren, diese Umverteilung, die Sie jetzt betreiben? – Ist das nicht Klassenkampf pur? (Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt hast du den ganzen Tag zugehört, dass es anders ist, und hast es noch immer nicht verstanden!) Sie machen Menschen Sorge, die Menschen haben Angst. Es ist kein Wunder, Herr Schweitzer, wenn die Menschen so darauf reagieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Den ganzen Tag umsonst herinnen gesessen!)

Es ist unseriös, wenn den Arbeitern und Pensionisten 40 Milliarden Schilling weggenommen werden, wenn den Unternehmern, den Großbauern 20 Milliarden Schilling geschenkt werden (Beifall bei der SPÖ) und Sie gleichzeitig nichts dazu erklären, wie Sie Steuerrückstände einbringen wollen, wie Sie Steuerhinterziehung unterbinden wollen, wie Sie in der Frage der Konzernbesteuerung etwas weiterbringen wollen oder wie Sie unterbinden wollen, dass über Stiftungen das Geld um den Finanzminister herum geführt wird. Mit Ihrem Programm, meine Damen und Herren, spalten Sie die Gesellschaft.

Da es in die allgemeine Entwicklung passt, möchte ich auch ganz kurz auf die aktuelle Entwicklung rund um die Superintendentin Knoll im Burgenland eingehen. Sie können ja heute im aktuellen "NEWS" die Drohbriefe nachlesen. Wenn Sie wollen, können Sie auch die Gesamtfassungen hier einsehen. Ich verzichte darauf, daraus zu zitieren, weil keine Schärfe fehlt, auch die sexistische Schärfe in vollem Maße enthalten ist. Es ist penetrant, auf welche Art und Weise versucht wird, Frau Superintendentin Knoll in eine politische Ecke zu drängen. Wer denn sonst, meine Damen und Herren, soll sich um Toleranz kümmern, wer soll für die Schwachen eintreten, wer soll für Menschenrechte eintreten, wenn nicht die Kirche? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es wird für Sie nicht so leicht sein, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, zu sagen: Wir haben damit nichts zu tun! – Sie sind nicht glaubwürdig, wenn gleichzeitig Ihr Kollege Schöggl als Kontaktadresse der "Plattform Evangelischer Christen" auftritt mit der Anschrift Klub der Freiheitlichen im Parlament hier in Wien. Sie sind nicht glaubwürdig, wenn zugleich der freiheitliche Abgeordnete Nicka aus dem Burgenland gegen die Superintendentin Stellung bezieht. Sie sind nicht glaubwürdig, wenn die freiheitlichen Gemeinderäte von Haus zu Haus gehen und Unterschriften sammeln. Sie sind nicht glaubwürdig, wenn in der "Plattform Evangelischer Christen des Burgenlandes" Freiheitliche sitzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Schweitzer! Sie kennen ganz bestimmt Ihren Freund Klaus Fischl. Glauben Sie, dass der eine Glaubensmotivation hat, sich so einzusetzen? (Abg. Dr. Martin Graf: Selbstverständlich! – Abg. Haigermoser: Jawohl, das glauben wir!) Also wenn man den Aussagen seines Pfarrers Glauben schenken kann, wonach dieser Herr Fischl nicht zur Angelobung als Kirchengemeindevertreter gekommen ist, nicht bei der Konstituierung anwesend war und nicht zur Jahresabschlusssitzung gekommen ist, und wenn der Herr Pfarrer auch nicht weiß, wann der Herr Fischl zum letzten Mal in der Kirche gewesen ist, dann muss ich sagen: Da kann es mit der Glaubensmotivation nicht weit her sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ist das jetzt die Budgetdebatte? – Abg. Gaugg: Habt ihr einen Spitzeldienst rund um die Uhr?)

Kennen Sie den Herrn Radl? Auch im Telefonverzeichnis des Herrn Radl findet sich dieser Name wie auch ein zweiter Name Fischl. Werden Sie nervös? (Abg. Haigermoser: Nervös


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nicht – erbost bin ich! Sie sollten sich schämen! – Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass auch der Herr Bundeskanzler dazu seine Stimme erhebt.

Abschließend noch ein anderes Thema: Sie werden nicht müde, immer wieder der Opposition Schuld daran zu geben, dass wir im Ausland isoliert sind. – Ich darf Ihnen dazu ein Gegenbeispiel aus der Schweizer "Weltwoche" zitieren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Haigermoser. )

Südtirol ist der Platz der Handlung, und zwar am Andreas Hofer-Gedenksonntag am 20. Februar in Natz-Schabs. Es war auch ein prominenter österreichischer Abgeordneter dabei, nämlich Herr Klubobmann Khol, und ich lese Ihnen jetzt vor, wie sich Herr Abgeordneter Khol bei dieser Veranstaltung verhalten hat und was er als Gastredner von sich gegeben hat. – Da heißt es:

"Khol ... verbindet den Freiheitskampf Hofers unverhohlen mit der Isolation der blau-schwarzen Regierung in Wien." Wörtliches Zitat: "Tirol hat damals Napoleon überdauert, und Österreich wird mit seiner frei gewählten Regierung auch die ungerechtfertigten Angriffe von anderen Franzosen überdauern, die nicht die Größe Napoleons haben." (Lebhafter Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Khol! Sie versuchen, so lange wie möglich auf der Mitleidswelle zu schwimmen! Herr Khol! Sie entblößen sich selbst! (Beifall bei der SPÖ.)

19.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Als Schlussredner!)

19.51

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Khol, mit dem letzten Zitat sind Sie sehr nahe an den Äußerungen des Landeshauptmannes von Kärnten im Zusammenhang mit seiner Qualifizierung von Präsident Chirac! Ich "gratuliere" Ihnen zu dieser Gesellschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

Heute geht ein Tag der offenen Fragen zu Ende. In der Fragestunde hat es Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner für notwendig befunden, konsequent Fragen dieses Hauses nicht zu beantworten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Signifikant dabei ist, meine Damen und Herren, welche Fragen sie vor allem nicht beantwortet hat, nämlich Fragen, die nach der Präambel und der Einhaltung der Präambel gestellt worden sind. – Wir werden Ihnen nicht ersparen, diese Antwort zu geben! (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. ) Wir werden diese Fragen immer und immer wieder und auch schriftlich stellen! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Sie werden sich zu dieser Präambel zu bekennen haben, ob Sie wollen oder nicht! Sie müssen im Interesse Österreichs Handlungen setzen! Wir werden Sie zwingen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Früher haben Sie immer als Erster gesprochen!)

Meine Damen und Herren! Ihre Vergesslichkeit ist sehr groß. Wir alle haben noch sehr gut in Erinnerung, als von der Unüberwindbarkeit des Schüssel-Ditz-Kurses gesprochen wurde. Wir haben in Erinnerung, dass Sie im Wahlkampf und vor dem Wahlkampf erklärt haben, dass Sie der Motor der Bundesregierung der letzten 13 Jahre waren. Ich kann mich erinnern, wie Herr Kollege Khol an diesem Pult hier frohlockt hat: Wir haben die Sanierung geschafft! – Haben Sie – im Vergleich dazu – Ihre eigenen Worte von heute in Erinnerung, meine Damen und Herren? Ihre Vergesslichkeit ist sehr, sehr groß! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Unwissenheit nehmen Ihnen nicht einmal Ihre eigenen Mitglieder ab! Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel hat in mehreren Fällen, etwa in Zeitungsinterviews, ausdrücklich erklärt, dass er sehr wohl über den Zustand dieses Budgets und dieses Staates Bescheid wusste, meine Damen und Herren! Jetzt gibt er sich als der Unwissende! Ich frage Sie: Ist Unwissenheit eine Qualifikation zum Bundeskanzler? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Herr Kollege Khol! Wir haben Ihnen die Hand gereicht – jetzt und im Juni des vorigen Jahres – und haben erklärt, dass wir zur Sanierung der Getränkesteuer bereit sind. Sie haben wohl angenommen, dass wir das Erkenntnis aus Luxemburg nicht gelesen haben. Wissen Sie, was die Wahrheit und die volle Wahrheit ist? – Dass die Zweckbindung ein entscheidender Punkt ist und dass zweitens in den Ziffern 36 und 37 darauf hingewiesen wird, dass die österreichische Bundesregierung damit argumentiere, dass diese Getränkesteuer den Genuss von alkoholischen Getränken einschränken soll, und dass diese Steuer deswegen nicht EU-konform sei, weil das nicht bezweckt und erzielt wird. Der Beweis wurde erbracht im Zusammenhang mit dem Direktverkauf und dem niedrigen Steuersatz auf Wein. Meine Damen und Herren! Sie argumentieren so, wie Sie es brauchen, aber an der Realität orientieren Sie sich nie! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie den Brief von Herrn Abgeordnetem Swoboda wirklich korrekt zitiert hätten, dann hätten Sie den Schlüsselsatz darin gefunden. Der Schlüsselsatz lautet nämlich: Das ist keine Zeit, meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen 14 EU-Staaten, den Kontakt mit Österreich einzuschränken oder den Kontakt überhaupt abzubrechen. Das, was jetzt vielmehr entschieden notwendig ist, ist, ihn aufzunehmen. – Das ist sozialdemokratische Gesinnung! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben Fragen nicht beantwortet. Ich will hingegen die Frage von Herrn Kollegen Puttinger beantworten. Ich war am 25. Februar in der Schweiz. (Abg. Dr. Puttinger: Zum Abendessen!) Am Tag danach ist eine Resolution der sozialdemokratischen Fraktion im Schweizer Parlament kundgemacht worden. Ich habe allerdings, meine Damen und Herren, erstens in Gesprächen mit meinen Schweizer Freunden dieser Resolution die wesentlichsten zwei Giftzähne genommen (Abg. Dr. Khol: Was Sie nicht sagen! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und ich habe zweitens dafür gesorgt, dass Ruth Dreyfuss, Mitglied der Schweizer Regierung, in der Schweizer Regierung nicht dafür stimmt, dass Herr Bundeskanzler Schüssel ausgeladen oder nicht empfangen wird! Ganz im Gegenteil: Auf Grund der Haltung der Sozialdemokraten in der Schweizer Regierung wird der Herr Bundeskanzler am 31. März in der Schweiz sein, und das ist die erste und einzige Einladung, die er in einen europäischen Staat hat! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit und auch die Ihrer Fraktion ist zu Ende. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Der Schlusssatz ist: Meine Damen und Herren! Genau dasselbe trifft auf meine Reise nach Berlin zu: Ich war am 15. März 2000 in Berlin, und ich bin um 18.25 Uhr gelandet. Die Sitzung, auf die Sie sich beziehen, fand zwischen 13 und 14 Uhr statt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt nicht!)

19.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Madeleine Petrovic. (Abg. Mag. Kukacka: Entschuldigen Sie sich jetzt für Berlin?)

19.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist nicht leicht, in einem Parlament Debatten zu führen, in welchem der eine Teil Dinge, die hier sehr klar vorgetragen werden, nicht hört beziehungsweise nicht hören will. So ist man etwa heute auch gegenüber Kollegen Van der Bellen wirklich schon in – na ja, ich will das jetzt nicht qualifizieren, um dem Präsidenten das Leben nicht schwer zu machen –, zu unglaublichen Anwürfen übergegangen. (Abg. Dr. Khol: Was wollten Sie sagen?) Sie wissen genau: Sie haben eine beckmesserische Genauigkeit, die dann aber einfach falsch wird. Wenn Sie Dinge, die sarkastisch gesagt werden, umdrehen und darauf herumreiten, wird das dadurch nicht richtiger! (Abg. Ing. Westenthaler: Er hat die Regierung als "Schurken" bezeichnet!) Und letztlich blamieren Sie sich dadurch selbst, denn ich weiß nicht, was davon zu halten ist, wenn eine Partei noch vor kurzem in Ihre Richtung als von der "Partei mit Mundgeruch" gesprochen hat! Sie können sich an all das ja offenbar erinnern. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das mit dem Schurken?)


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Herr Abgeordneter Westenthaler! Der Begriff "Schurke" scheint Sie sehr zu beschäftigen! Ich frage mich manchmal, warum! Meine Damen und Herren! Das scheint Sie offenbar sehr zu beschäftigen, und darüber mache ich mir halt so meine Gedanken.

Aber zuletzt ... (Abg. Mag. Trattner: Das ist untragbar! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend (das Glockenzeichen gebend): Bitte geben Sie der Rednerin eine Chance, gehört zu werden!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ein wenig zum Budget. Nämlich auch dort ... (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt können Sie wieder ein bisschen Schmutz abladen und Dreck werfen!) Ihre ... (Abg. Dr. Fischer: Ich hoffe, der Ausdruck "Dreck werfen" steht im Protokoll! – Abg. Ing. Westenthaler: Ich hoffe das auch!) Manches steht schon in diesem Protokoll. Protokolle sind geduldig, so geduldig wie Menschen in diesem Hause. Es ist schade, dass eigentlich nur so wenige auf der Galerie ein reales Bild von diesen Regierungsparteien bekommen, denn dann würden sie auch sehen, wie die Situation, in der sich heute Österreich befindet, zustande gekommen ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun wenige Worte zum Budget, denn dabei verhält es sich genauso. – Wir haben sehr viel über die Rahmenumstände der Budgeterstellung gehört; ansonsten haben wir viel gehört, was einfach nicht richtig ist. Wenn von einem "Höhepunkt" und einem "Schwerpunkt" der Forschung und Entwicklung geredet wird, wenn etwa der FWF um ein Viertel gekürzt wird, dann denke ich mir, dass wir keine gemeinsame Gesprächsbasis haben. Das ist schwierig. Oder wenn zum Beispiel darüber geredet wird, was alles für die sozial Schwachen getan wird und dass andererseits keine Unternehmens-Geldgeschenke an die Wirtschaft verteilt würden oder werden, dann kann das, was in diesem Heft steht, das Sie uns überreicht haben, nicht stimmen. Denn hier ist sehr klar zu lesen, dass etwa im Bereich von bestimmten Zuschüssen, Beihilfen, Darlehen, wie sie an Wirtschaftsunternehmen gezahlt werden, ein Zuwachs zu verzeichnen ist; in anderen Bereichen hingegen, in welchen tatsächlich Armut zu bekämpfen wäre, kann ich keine Steigerungen orten. (Abg. Schwarzenberger: Welche Bereiche meinen Sie?)

Insofern wundert es mich nicht, dass Frau Abgeordnete Hostasch wahrscheinlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge ihre Abschiedsrede gehalten hat. Auch wir von den Grünen haben bekanntlich manch kritische Debatte mit Frau Hostasch geführt. Aber ich denke, so kurz vor dem Tag, an dem ihr Ressort zerschlagen wird – denn nichts anderes ist es –, hat sie diese Rede wahrscheinlich in einer besonderen Stimmung gehalten. Ich muss sagen: Mir tut es auch weh, weil ich glaube, dass die Arbeitsmarktpolitik wahrscheinlich in Zukunft das Herzstück einer nicht defensiven und passiven, sondern einer aktiven Sozialpolitik sein muss, nach dem Motto: Arbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen lassen, sondern eingreifen, bevor soziales Leid geschieht!

Das wird ab dem 1. April anders sein. Wir werden sehen, mit welchen Begleitumständen diese Entwicklung einhergeht. Auch ich habe oftmals kritische Debatten mit Frau Hostasch geführt; sie weiß es. Jetzt denke ich ein bisschen zurück, weil man immer glaubt, es kann nicht schlimmer kommen. Manchmal wird man dann aber eines Besseren belehrt.

Ich möchte jetzt hier am Rednerpult noch etwas erwähnen, was ich Lore Hostasch sehr hoch angerechnet habe: Sie hat den Jahrestag, an dem Alfred Dallinger gestorben ist, im Sozialministerium gebührend begangen, indem sie eine Gedenkfeier anberaumt hat. – Ich glaube, dass mehr als zehn Jahre nach dem Tod von Alfred Dallinger die Debatte leider nicht mehr geführt wird, die damals in Österreich noch geführt wurde, nämlich: Sozialpolitik wohin? Was müssen wir tun, um angesichts einer relativ kleiner werdenden Zahl an jungen Menschen und einer größeren Zahl an älteren Menschen und auch angesichts immer stärker werdender Unregelmäßigkeiten in den Beschäftigungsverläufen die soziale Sicherheit auf Dauer zu erhalten?

Ich denke, die Debatte darüber, von den Hauptsteuern, die ja die Arbeit der unselbständig Beschäftigten belasten, nach und nach und behutsam wegzugehen und andere Besteuerungs


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systeme zu finden, sei es eine Wertschöpfungsabgabe, sei es eine stärkere Ökologisierung, und zwar im Abtausch gegen Arbeitssteuern, wäre erst zu führen.

Herr Staatssekretär! Sie haben gefragt: Wo sind die Alternativen? – Darauf kann ich antworten: Es sind viele Vorschläge, gerade auch von den Grünen, vorgelegt worden! Nichts davon ist jedoch aufgegriffen worden!

Dann ist die Sozialpolitik in die Defensive gekommen. Aber ich halte Ihnen, Frau Hostasch, zugute, dass Sie sich redlich bemüht haben, das Schlimmere und das Schlimmste zu verhindern! Mir war das oft zu wenig und rückblickend wahrscheinlich Ihnen und vielen auch.

Heute befinden wir uns in einer ganz anderen Situation: Ich fürchte, dass es in vielen Bereichen überhaupt nur Scherben gibt, und ich weiß nicht, wann es wieder möglich sein wird, diese zu kitten.

Nichtsdestotrotz, obwohl ich sicher bin, dass Sie dieses weinende Auge haben, was das Sozialressort betrifft, wünsche ich Ihnen alles Gute! Dass ich, so gut ich kann, auf Dauer auch der Sozialpolitik verpflichtet bin, und zwar in dem Geist, den ich eben angesprochen habe, das wissen Sie. Ich wünsche Ihnen auch persönlich alles, alles Gute! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Gut gemacht, Frau Petrovic!)

20.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 60 und Zu 60 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

Damit wäre die Tagesordnung erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung.

Dieser Antrag ist in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG betreffend Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes beim Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung – Verdacht der Verletzung von Antragspflichten nach den Bestimmungen des § 5 (2) Kriegsmaterialgesetz.

2. Verdacht auf illegale Ausfuhr von Kriegsmaterial gemäß § 3 (1) in ein Gebiet, wo ein bewaffneter Konflikt gedroht hat und auch tatsächlich ausgebrochen ist und wo vor allem schwere und wiederholte Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben, die diese Kriegsgefahr unter


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strichen haben. Insofern gilt es zu untersuchen, ob durch die fortgesetzten Gebrauchtwaffenexporte des Heeres nicht auch wissentlich die Neutralität gefährdet wurde."

Zusammensetzung: SPÖ 5, ÖVP 4, FPÖ 4, Grüne 1.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Damit können wir in die Debatte eingehen.

Im Sinne § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Zweimal Petrovic hintereinander ist zu viel!)

20.08

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "FORMAT" heißt es:

"Die Liste wird geheim gehalten wie einst die Verteidigungspläne der Alpenrepublik gegen den Aufmarsch der Roten Armee. Seit Monaten lagert in den Tresoren des Bundesheeres ein Papier, das noch in der Ära von ÖVP-Verteidigungsminister Werner Fasslabend von einem westlichen Geheimdienst an die Wiener Kollegen weitergeleitet wurde."

Es gab also eine geheime Liste, und mittlerweile hat sich sogar noch mehr ereignet: Wir wissen, dass in der Schweiz im Zusammenhang mit dem Deal mit österreichischen Waffen, die in Krisen- und Kriegsgebiete gegangen sind, fünf Personen inhaftiert worden sind.

Ich glaube, es wäre ein wichtiger Schritt, wenn Österreich von sich aus aktiv wird und wenn alles getan wird, um offen zu legen, was mit diesen 40 000 Stück gebrauchten Sturmgewehren geschehen ist. Weiters wäre zu klären: Was ist mit den anderen Waffen passiert, die vom österreichischen Bundesheer verkauft worden sind und ins Ausland gegangen sind?

Die Grünen, insbesondere mein Kollege Andreas Wabl, haben oftmals – und das waren heftige Debatten hier in diesem Haus! – Anschuldigungen erhoben, wonach österreichische Gebrauchtwaffen über Zwischenhändler in Kriegsgebiete und Krisengebiete gegangen sein könnten. Das wurde von der ÖVP heftig und mit scharfen Worten zurückgewiesen und als "Märchen" bezeichnet.

Damals hat auch die freiheitliche Fraktion – die eine Haltung vertritt, welche sich insgesamt sehr von jener der Grünen unterscheidet, was Aufrüstung und Armeen betrifft –, und in diesem Punkt hat auch der damalige Klubobmann Scheibner oft zugegeben, dass es hier aufklärungsbedürftige Umstände gebe.

Nun sind die Vermutungen von uns Grünen anhand von Beweisen belegbar: Es sind österreichische Gebrauchtwaffen im Kosovo aufgetaucht. Es gibt eine Liste mit den genauen Nummern und Bezeichnungen, und es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass diese im Kosovo aufgetauchten Gewehre aus österreichischen Armeebeständen stammen.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich frage Sie jetzt: Was haben Sie damals alles gerufen und dazwischen gerufen, als mein Kollege Wabl das vor Jahren hier in diesem Haus aufgedeckt hat? Im April 1999 gab es dann eine Reaktion des Verteidigungsministers, da hat es geheißen: Das Heer stellt den Abverkauf von Altwaffen ein.

Nun erfahren wir, dass der Handel schwunghaft weitergeht: Das neutrale Österreich exportiert weiterhin beziehungsweise erteilt weiterhin Exportgenehmigungen für gebrauchte Schusswaffen. Meine Damen und Herren! Sie dürfen raten, in welche Gebiete dieser Erde solche


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Waffen vorzugsweise geliefert werden. – Nicht in die allerfriedlichsten Gegenden dieses Planeten!

Wir haben damals schon aufgezeigt, dass unserer Meinung nach das Kriegsmaterialgesetz gebrochen wurde. Es wäre ganz klar § 5 anzuwenden gewesen, das heißt, es hätte eine Beschlussfassung in der Regierung geben müssen, denn diese Waffen sind ins Nicht-EU-Ausland gegangen, und der Verkauf an einen Zwischenhändler kann wohl nicht den Staat beziehungsweise den Verteidigungsminister als Repräsentanten des Staates von seiner Verpflichtung, die Neutralitätsbestimmungen einzuhalten, entbinden.

Die Rechtslage ist ganz klar so. Dennoch hat man die so genannte kleine Genehmigung nach § 3 eingeholt, das heißt, es war ausschließlich das Innenministerium eingebunden. Und im Bescheid des Innenministeriums war zumindest eindeutig klargestellt, dass die Sturmgewehre beim Verkauf an einen Händler zu demilitarisieren, das heißt auf Dauer und für immer für die militärische Verwendung unbrauchbar zu machen sind.

Das freilich ist nicht passiert! Denn sogar im Zuschlag des Verteidigungsministeriums selbst an die jetzt in Verdacht geratene Firma Brügger + Thomet in der Schweiz heißt es ausdrücklich, dass eine Demilitarisierung durch das österreichische Bundesheer nicht vorgesehen ist. – Das heißt, man hat schussfähige Waffen verkauft und hat auch gleich die Ersatzteile und die Magazine dazu verkauft.

Was dann geschehen ist, das wissen wir jetzt im Nachhinein: Die Waffen sind teilweise in Botswana gelandet, dessen Konflikte mit Namibia bekannt sind. Ferner sind sie bei einer rumänischen Firma gelandet, wobei sich unserer Kenntnis entzieht, wohin sie von dort aus weitergegangen sind. Außerdem sind sie an einen italoamerikanischen Händler gegangen. Hiebei ging es auch um den Verkauf von Naziwaffen, und es ist klar, was das für Österreich bedeuten kann: Ich würde meinen, der Erlös von 7,5 Millionen Schilling, den man dabei lukriert hat, verblasst neben dem Image-Schaden, den ein solcher Verkauf tatsächlich in Sekunden nach sich zieht! Ich weiß nicht, wer solche Geschäfte verantworten kann! (Beifall bei den Grünen.)

Schließlich sind Waffen – wie erwähnt – an die Firma Brügger + Thomet gegangen. Und dann sind die Bilder durch die Medien gegangen: Untergrundkämpfer im Kosovo, ausgestattet mit österreichischen Waffen. – Es ist vollkommen klar, dass das ein Bruch der Neutralität ist! Erstens einmal hätte auf jeden Fall die Bundesregierung befasst werden müssen. Und wenn man schon diesen Rechtsbruch begangen hat, dann hätte man zumindest die Vorgabe des Innenministeriums: endgültige Demilitarisierung der Waffen! einhalten müssen, das heißt, dann wären die Waffen allenfalls als Sammelobjekte oder als Altmetall verkäuflich gewesen. Beides ist nicht passiert. All diese Waffen sind schussfähig verkauft worden, und sie sind über Zwischenhändler in Kriegsgebiete gegangen. (Abg. Zweytick: Aber nicht von Österreich!)

Sie sagen: Sie sind nicht direkt von Österreich in diese Gebiete gelangt. – Trotzdem ist die Verpflichtung nach dem Gesetz vollkommen klar! Herr Abgeordneter! Was geschieht Ihrer Meinung nach wohl, wenn man 40 000 Waffen an einen Händler in der Schweiz verkauft? Glauben Sie, dass der Händler 40 000 österreichische Sturmgewehre an Sammler in der Schweiz, die sich diese über Schweizer Kamine hängen, verkaufen wird? Glauben Sie das wirklich? Wenn ein österreichischer Verteidigungsminister das annimmt, dann würde ich an seiner Befähigung für ein derart verantwortungsvolles Amt zweifeln!

Und noch etwas: Hätte er wirklich die Vermutung gehabt, dass nur Schweizer Sammler damit ihren Kamin verzieren wollen, dann hätte er doch von der Firma Brügger + Thomet ein Enduser Certificate verlangen können und eben nur für demilitarisierte Waffen die entsprechende Genehmigung geben sollen. Dann hätte nichts passieren können! Dann hätten sich die Schweizer die Gewehre über den Kamin hängen können. Wenn man aber schussfähige Waffen in dieser Zahl in die Schweiz an einen ziemlich berüchtigten Händler liefert – Sie können einmal nachlesen, wie der Herr sich gerne kleidet und wie er auftritt! –, dann nimmt man in Kauf, was damit passiert. Und der Verteidigungsminister hat damit in Kauf genommen, dass unserem Staat schwerer Schaden zugefügt wurde!


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Wie gesagt: Fünf Personen sitzen in der Schweiz in Haft. Informieren Sie sich! Ich möchte nicht, dass Sie dann wieder kommen und sagen: Wir haben von nichts gewusst, wir haben nichts gehört, und es wird halt wieder irgendjemand diesem Land Schaden zugefügt haben. Handeln Sie! Handeln Sie jetzt, und handeln Sie rasch! (Beifall bei den Grünen.)

20.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundesminister für Landesverteidigung. – Bitte.

20.17

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage des Verkaufes von Gebrauchtwaffen, von 40 000 Sturmgewehren Modell 58, an die besagte Schweizer Firma begleitet uns jetzt schon seit vielen Monaten beziehungsweise fast Jahren hier im Parlament. Es gab einige Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, es gab auch schriftliche Anfragen und Anfragebesprechungen. Auf der anderen Seite gab es auch klare Stellungnahmen, nicht nur des jetzigen Dritten Präsidenten und damaligen Verteidigungsministers Fasslabend, sondern auch des jetzigen Abgeordneten und damaligen Staatssekretärs Wittmann und verschiedener Abgeordneter dieses Hauses, die diese Causa klarzulegen und aufzuklären versucht haben.

Frau Kollegin Petrovic! Meine Fraktion hat aus gutem Grund all diesen Anträgen auch in der Vergangenheit nicht zugestimmt, weil wir gesagt haben – und da haben Sie Recht –: Der Export von Waffen und Kriegsmaterialien, wobei völlig sekundär ist, ob diese neu oder gebraucht sind, ist ein sensibler Bereich, in dem man genau aufpassen muss, dass die Gesetze auf Punkt und Beistrich eingehalten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man aber dermaßen schwer wiegende Vorwürfe in diesem Bereich macht – das haben Sie jetzt gemacht, und das hat Ihr Kollege Wabl mit durchaus noch härteren Ausdrücken und Worten von diesem Rednerpult aus getan –, dann sollte man auch sehr exakt in der Darstellung des Sachverhaltes und der inkriminierenden Tatbestände sein und dann sollte man vor allem auch wirklich Beweise auf den Tisch legen. Beweise sind aber nicht Zeitungsartikel über angebliche Geheimlisten, die in angeblichen Tresoren liegen! – Ich habe mich erkundigt: Diese Listen sind jedenfalls so geheim, dass die Beamten, die ich befragt habe, nichts von diesen Geheimlisten wissen.

Vielmehr, Frau Kollegin Petrovic, muss man klare Beweise auf den Tisch legen, dass es zu einem Rechtsbruch gekommen ist. Und diese Beweise sind Sie bis dato schuldig geblieben!

Wie gesagt: Ich möchte – das ist schon einige Male auch von dieser Stelle aus geschehen – noch einmal klarlegen, wie sich die Situation nach Auskunft der Verantwortlichen in meinem Ressort darstellt.

Es ist richtig, dass im August 1996 40 000 Sturmgewehre des Modells 58 verkauft worden sind. Der Verkaufserlös von 7,5 Millionen Schilling ist dem Bundesministerium für Finanzen, Frau Kollegin Petrovic, zugute gekommen und dem Gesamtbudget zugeflossen.

Warum werden diese Dinge verkauft? – Hier muss man sich die einschlägigen Bestimmungen im Bundeshaushaltsgesetz und auch in der daraus ergangenen Richtlinie für die Verwertung von nicht mehr verwendeten Sachgütern des Bundesheeres ansehen. Darin gibt es eine Verpflichtung, Frau Kollegin Petrovic, dass jene Sachgüter – und damit auch Waffen –, die das Bundesheer nicht mehr benötigt, zu verwerten sind.

Es gibt auch eine Rangordnung, wie diese Verwertung stattzufinden hat – denn auch ich habe mir die Frage gestellt: Warum ist man, bei dem ganzen Wirbel, den etwa dieser Verkauf erzeugt hat, nicht den einfacheren Weg gegangen und hat gesagt: Verschrotten wir diese Sachgüter!? Die 7,5 Millionen Schilling sind zwar ein ansehnlicher Betrag, aber das wird der Finanzminister verschmerzen können. – Nur, Frau Kollegin Petrovic: Hier gibt es ganz klare Richtlinien, die besagen, dass erst dann zu dieser letzten Möglichkeit – nämlich zur Vernichtung dieser Sachgüter – gegriffen werden kann, wenn verschiedene – und zwar fünf – Punkte vorher nicht zu


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erzielen, nicht möglich gewesen sind, und dazu zählt der Verkauf. – Wenn diese Richtlinien geändert werden, wenn auch das Bundeshaushaltsgesetz in eine entsprechende Richtung geändert wird, dann ist das eine andere Rechtslage.

Nur, Frau Kollegin Petrovic, möchte ich auch darauf hinweisen, dass es in diesem Bereich um einen relativ geringen Betrag geht. Sie haben auch den Verkauf von Kampfpanzern angesprochen. Es gibt derzeit keinen Verkauf von Kampfpanzern, aber es gibt eine ganze Reihe von Kampfpanzern, die auf Halde liegen – nämlich vom Typ M60A3. Wenn nun der Auftrag käme, diese zu verschrotten und nicht zu versuchen, sie gemäß den Gesetzen zu verkaufen, dann, sage ich Ihnen, geht es nicht um 7,5 Millionen Schilling, sondern dann geht es um einen Betrag von 300 bis 400 Millionen Schilling. Wie Sie das dann letztlich auch der Bevölkerung erklären wollen, dass man aus ideologischen Gründen darauf verzichtet, solches Gerät, wo immer das möglich ist, zu verwerten und das Geld wieder dem Steuerzahler zukommen zu lassen, das überlasse ich Ihrer Beurteilung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jedenfalls hat das Bundesministerium für Landesverteidigung den Verkauf dieser 40 000 Sturmgewehre ausgeschrieben, und zwar im Inland ausgeschrieben, Frau Kollegin Petrovic. Es wurden zwei Kriterien erstellt: dass für einen inländischen Erwerber eine entsprechende Konzession vorhanden sein musste und für einen ausländischen Erwerber, der beabsichtigt, dieses Gerät auch in das Ausland zu überführen, neben der Konzession auch eine Ausfuhrbewilligung durch das Bundesministerium für Inneres vorhanden sein müsste.

Aus dieser Ausschreibung ist die Firma Brügger + Thomet als Bestbieter hervorgegangen und hat deshalb auch den Zuschlag bekommen. Ich möchte darauf hinweisen, Frau Kollegin Petrovic: Das war ein Geschäft im Inland! – Das österreichische Bundesheer hat der Firma Brügger + Thomet (Abg. Dr. Petrovic: Es gilt § 5! Es gilt eindeutig § 5!), die eine Schweizer Firma ist, diese Waren, diese Sturmgewehre im Inland verkauft, und die Firma Brügger + Thomet hat dann mit der Bewilligung des Innenministeriums diese Waffen in die Schweiz ausgeführt.

Sie haben gesagt, das war eine Umgehung des Ministerrates, weil gemäß § 5 Abs. 2 Kriegsmaterialgesetz in diesem Fall die Einholung der Genehmigung des Ministerrates notwendig gewesen wäre. Wenn Sie aber diesen § 5 Abs. 2 richtig lesen, dann heißt es hier: Die Ausfuhr – die Ausfuhr! – von Kriegsmaterial – und ich ergänze jetzt: durch das Bundesministerium für Landesverteidigung – benötigt eine derartige Genehmigung durch den Ministerrat. – Wenn wir also heute zum Beispiel – was oft vorkommt – ein Gerät etwa zur Reparatur zu einer ausländischen Firma entsenden, dann brauchen wir die Genehmigung des Ministerrates.

Ich glaube aber, Frau Kollegin Petrovic, ich habe klar dargelegt, dass nicht das Bundesministerium für Landesverteidigung diese Geräte ausgeführt hat, sondern dass das Bundesministerium für Landesverteidigung diese Geräte im Inland an eine ausländische Firma verkauft hat. Diese ausländische Firma hat im Wege des Genehmigungsverfahrens nach § 3 des Kriegsmaterialgesetzes – das ist eine private Firma, deshalb ist hier § 3 anzuwenden – um Ausfuhrgenehmigung angesucht, das Innenministerium hat sie erteilt, und deshalb ist diese Ausfuhr auch rechtmäßig erfolgt.

Ich bitte hier wirklich zu unterscheiden: Wenn eine österreichische Institution mit einem Ausländer in Österreich ein Geschäft tätigt, dann ist diese Frage zu trennen von der Frage, ob und unter welchen Bedingungen dieser ausländische Erwerber dieses erworbene Gut auch ins Ausland verbringen kann.

Deshalb ist für mich eindeutig erwiesen, dass für dieses Geschäft nicht § 5 Abs. 2 anzuwenden ist, sondern selbstverständlich die Bedingungen des § 3 Kriegsmaterialgesetz gelten.

Sie haben behauptet, Frau Kollegin – und auch aus den Materialien geht das hervor –, dass es einen Widerspruch gäbe, weil es hier eine EWG-Durchführungsverordnung zu zollrechtlichen Bestimmungen gibt und auf einem zollrechtlichen Papier – ich habe das selbst nicht einsehen können, aber es wurde mir bestätigt – in einer Spalte "Exporteur" das Bundesministerium für Landesverteidigung angeführt ist. – Nur, Frau Kollegin Petrovic: Hier geht es eindeutig um


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zollrechtliche Bestimmungen, wonach in dem Fall, dass auf dem Gebiet der Europäischen Union ein Nicht-EU-Mitgliedsland ein Geschäft tätigt und diese Waren exportieren möchte, hier subsidiär der Verkäufer, wenn dieser Angehöriger eines EU-Mitgliedslandes ist, anzuführen ist. Der Normzweck dieser Regelung hat aber überhaupt nichts mit dem Normzweck des Kriegsmaterialgesetzes zu tun.

Sie haben dann noch den Bescheid des Innenministeriums angesprochen, Frau Kollegin Petrovic, dass diese Waffen zu demilitarisieren gewesen wären. – Nur, Frau Kollegin Petrovic, um auch hier Klarheit zu schaffen: Dieser Bescheid geht an den Erwerber, an die private Firma Brügger + Thomet, und nicht an das Bundesministerium für Landesverteidigung, denn es gibt keine Verpflichtung, diese Waffen bei einem Verkauf im Inland zu demilitarisieren. "Demilitarisieren", Frau Kollegin Petrovic, heißt aber auch nicht, die Waffen unbrauchbar zu machen, sondern sie nur für den militärischen Gebrauch unbrauchbar zu machen, also die Dauerschussmöglichkeit zu verhindern. Es ist selbstverständlich auch weiterhin eine funktionsfähige Waffe wie jede andere Sportwaffe oder zivile Waffe auch. – Auch hier waren also ein paar Unschärfen in Ihrer Argumentation.

In diesem Ansuchen der Firma Brügger + Thomet an das Bundesministerium für Inneres wurde auch angeführt, in welche Staaten sie beabsichtigt, diese Waffen auszuführen. Hier sind Staaten angeführt – und ausschließlich solche! –, bei denen es keine Verdachtsmomente gibt, dass die Waffen dort missbräuchlich verwendet werden könnten, nämlich die USA, Japan, Kanada, Frankreich, Großbritannien und Belgien.

Frau Kollegin Petrovic, es ist natürlich bedauerlich, wenn der Fall eintreten sollte – wir haben ja keine wirklichen Beweise dafür –, dass derartiges Gerät in Gebiete verbracht wird, in denen es Kriegshandlungen gibt und wo eine entsprechende Verwendung von uns selbstverständlich nicht gebilligt wird. Nur, Frau Kollegin Petrovic: Wir können nur von unseren Gesetzen, von unseren Richtlinien ausgehen, und die sind in diesem Fall eingehalten worden. Was eine Firma, die diese Waffen kauft, dann unter Bruch dieser Bestimmungen, unter Falschangaben mit diesen Waffen unternimmt, das entzieht sich selbstverständlich unserer Einflussnahme. Aber wie Sie angesprochen haben, ist ja anscheinend in der Schweiz ein Verfahren anhängig, weil auch Schweizer Recht, das hier ja auch in Beziehung gebracht ist, gebrochen worden ist.

Nach den mir vorliegenden Unterlagen – und ich hoffe, dass ich das jetzt sehr deutlich und ausführlich dargelegt habe – ergibt sich jedenfalls eindeutig, dass österreichische Stellen nicht nur kein Recht gebrochen haben, sondern sich sehr klar und deutlich an die entsprechenden Bestimmungen gehalten haben.

Ich möchte auch noch auf eines hinweisen, Frau Kollegin Petrovic: Man kann grundsätzlich dagegen sein, dass Waffen produziert und exportiert werden. Das gilt aber dann für gebrauchte Waffen genauso wie für neue Waffen, denn eine gebrauchte Waffe ist genauso böse oder gut wie eine neue Waffe. Konsequent durchgedacht würde das aber auch bedeuten, dass die Industrie, die – in kleinem Umfang, aber doch – hier in Österreich in diesem Bereich arbeitet, jede Existenzgrundlage verlieren würde. Ich glaube, auch das sollte man, wenn man verantwortungsbewusst agiert, nicht zur Forderung erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Redezeit der nun zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

20.30

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Am 17. Juni des Vorjahres gab es hier im Plenum erstmals eine Debatte über einen von den Grünen eingebrachten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegen den damaligen Verteidigungsminister. Für die sozialdemokratische Parlamentsfraktion


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hat damals Abgeordneter Gaál begründet, warum die sozialdemokratische Fraktion dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen wird.

Ich kann es mir heute ersparen, ausführlicher auf die Begründung einzugehen, weil der Herr Bundesminister soeben, glaube ich, sehr ausführlich die Rechtslage für dieses Waffengeschäft dargelegt hat. Es war so. Die Rechtslage hat sich so dargestellt. Es gab keinen Grund, weder für das Landesverteidigungsministerium noch für das Innenministerium, dieses Waffengeschäft zu verhindern.

Ich bin auch der Auffassung, dass besonders Waffengeschäfte sehr sensibel zu handhaben sind. Eben deshalb, weil damals dieses Geschäft stattgefunden hat, hat im April des vergangenen Jahres diese Thematik auch den Ministerrat passiert. Im Ministerrat ist man damals zur Auffassung gelangt, dass künftighin bei Gebrauchtwaffenverkäufen noch sensibler vorzugehen ist, als man es bis dato getan hat. Man hat damals vereinbart, dass bei künftigen Waffenverkäufen zu beachten ist, dass erstens keine privaten Waffenhändler mehr Gebrauchtwaffen vom österreichischen Bundesheer kaufen können und dass zweitens, wenn schon Waffen verkauft werden, diese nur an Staaten verkauft werden können, die nicht in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt sind. Das war damals die eindeutige Willenskundgebung, die auch im Ministerrat stattgefunden hat.

Es gibt daher für unsere Fraktion auch heute keinen ersichtlichen Grund dafür, diesem Antrag der Grünen die Zustimmung zu erteilen.

Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass diese ganze Materie in einer sehr umfangreichen Anfrage der Grünen an den damaligen Justizminister gegangen ist, dass es eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien gegeben hat. Ich bin durchaus nicht der Verteidiger des Verteidigungsministers – das ist sicherlich nicht angebracht –, aber es ist Faktum, dass die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft von der Staatsanwaltschaft zurückgenommen wurde, und es ist Faktum, dass auch der damalige Justizminister sehr ausführlich auf diese Anfrage eingegangen ist und begründet hat, warum auch das Justizministerium keinen Grund sieht, hier in irgendeiner Form Rechtsverletzungen festzustellen.

Daher wird auch heute unsere Fraktion diesem Antrag der Grünen keine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Brav!)

20.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

20.34

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Untersuchungsausschüsse und der missbräuchliche Umgang damit, das ist ein langes Thema. Wir haben vorhin einen sichtlich nervösen Klubobmann oder Ex-Klubobmann Kostelka erlebt, der sich offenbar gedrängt gefühlt hat, seine seltsamen Auslandsreisen zu rechtfertigen. (Abg. Edlinger: Das ist nicht notwendig! Vor Ihnen schon gar nicht!) Das ist aus psychologischer Sicht ein interessantes Thema.

Vor ihm war Abgeordneter Maier da, der die rhetorische Frage gestellt hat: Wo ist unser Vorsitzender Gusenbauer? – Wenn man in die morgigen Zeitungen schaut, dann kann man lesen, dass er vielleicht schon auf dem Weg nach Lissabon ist, wo er mit dem über Wochen hinweg untergetauchten ehemaligen Kanzler Klima wieder auftaucht (Abg. Dr. Wittmann: Wir reden über den Untersuchungsausschuss!) – ich komme schon noch zum Untersuchungsausschuss! –, wo er interessanterweise bei einer Tagung der Sozialistischen Internationale wieder auftritt. Das erinnert sehr an Stockholm, und das lässt für Österreich Schlimmstes befürchten! (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Vielleicht wäre in diesem Zusammenhang ein Untersuchungsausschuss angebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Edler und Dr. Jarolim. )

Jetzt lese ich Ihnen zum gegenständlichen Thema etwas vor: Ich darf einleitend festhalten, dass die bisherige Praxis des Bundesministers für Landesverteidigung nach den uns vorliegenden


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Informationen rechtlich und formal in Ordnung ist. Ausgemustertes Kriegsmaterial des Bundesheeres, das noch einen Marktwert besitzt, wird an den Bestbieter – in diesem Fall eine private Firma – im Inland verkauft. Wenn die privaten Käufer solches Material exportieren wollen, haben sie einen Antrag auf Ausfuhr von Kriegsmaterial zu stellen.

Diese Kriterien entsprechen im Übrigen dem Standard der EU-Verhaltenskodexe für Waffenausfuhren. Diese Vorgangsweise entspricht den Rechtsvorschriften, und das angesprochene rechtliche Problem besteht nach den uns vorliegenden Informationen daher nicht.

Es ist dies einer der seltenen Fälle, in denen ich mit Staatssekretär Wittmann, der in dieser Frage den Herrn Bundeskanzler vertreten hat, einer Meinung bin. Es gibt zu diesem gegenständlichen Fall eigentlich wirklich nichts mehr zu sagen. Ich kann eines sagen: Wäre damals etwas vorgelegen, dann hätten wir als Opposition das mit großer Begeisterung aufgegriffen.

Sie versuchen immer nur, alte Kamellen, wie es so schön heißt, aufzuwärmen, um sich hier in den Mittelpunkt zu stellen. Es ist Ihnen wieder einmal nicht gelungen, meine Damen und Herren von den Grünen! Es ist Ihnen auch das nicht gelungen, was Sie vielleicht im Hinterkopf gehabt haben, nämlich einen Keil in die Koalition zu treiben. Wenn Sie das tun wollen, so ist das vergebliche Liebesmüh! Mit solchen Anträgen werden Sie es sicherlich nicht schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist nichts Neues: Immer wenn es um unser Bundesheer geht, um Ausrüstung, um Ankäufe oder Verkäufe oder was auch immer im Interesse der Sicherheit nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland, dann setzt der kollektive Widerstand der Grünen ein. Es fällt auf: Es wird hier ständig der Versuch unternommen, alles Militärische an den Pranger zu stellen, zu diffamieren und sogar zu kriminalisieren.

Im Kroatien-Krieg zum Beispiel haben dann aber auf einmal auch Sie, Frau Abgeordnete Petrovic, den plötzlichen und schnellen Einsatz unseres Bundesheeres gefordert. (Abg. Dr. Petrovic: Niemals! Niemals!) Erst jetzt, in wenigen Tagen, kommen die Soldaten des ersten KFOR-Einsatzes nach sechs Monaten Friedenseinsatz vom Kosovo zurück. Wir sind stolz auf diese Leistungen von Österreichern zur Friedenserhaltung und zum Schutz anderer Menschen in diesem Europa. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das hat ja mit dem Untersuchungsausschuss nichts mehr zu tun!)

Für uns sind Waffen nicht dazu da, dass wir sie in den Krieg schicken, sondern für uns sind sie dazu da, Menschen davor zu bewahren, dass sie von Aggressoren getötet oder vertrieben werden.

Österreich hat – und damit komme ich zum Untersuchungsausschuss – ein strenges Kriegsmaterialgesetz, das in vollem Einklang mit dem Verhaltenskodex der Europäischen Union vom 8. Juli 1998 steht. Es gab daher auch keinen Verstoß, wie dies ja auch die Staatsanwaltschaft feststellen konnte. Ihre Verdächtigungen schaden unserem Bundesheer, unserem Land umso mehr, als gerade in diesen Zeiten Solidarität mit Österreich von innen heraus Priorität haben sollte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion, die Österreichische Volkspartei, wird diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Bundesheer-Experte! – Abg. Mag. Kukacka  – in Richtung


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des sich ohne Sakko zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Kannst du dir vielleicht das Hemd auch noch ausziehen? – Abg. Mag. Schweitzer: Herr Präsident! In Hemdsärmeln!)

20.38

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo waren Sie denn? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Beruhigen Sie sich dort auf den billigen Regierungsplätzen, bitte!

Eines scheint zum ersten Mal gelungen zu sein: Der nationale Schulterschluss ist ganz nahe! (Weitere Zwischenrufe.) Wenn Sie mich mit Ihrem Zwischengekreische jetzt auch noch überzeugen und unsere Fraktion gegen den Antrag stimmt, dann ist es das erste Mal gelungen, dank des Verhaltens der SPÖ in dieser Frage!

Sie tun so, als ob es da nichts Neues gäbe. – Na, selbstverständlich! (Abg. Haigermoser: Wo haben Sie denn Ihre billigen Klamotten gekauft?) – Das ist der einzige Zwischenruf, den ich Ihnen zugestehe: zum Gewand. Sie sind ja ein Gewandhändler. – (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Wo haben Sie Ihre billigen Klamotten gekauft? – Abg. Ing. Westenthaler: Wo haben Sie Ihre Klamotten gekauft? Wo lassen Sie schneidern?) Das ist nämlich der erste gelungene Versuch des nationalen Schulterschlusses, wenn Sie mich noch überzeugen können.

Ganz so einfach wird das aber nicht sein, weil nämlich sehr wohl neue Fakten auf dem Tisch liegen. So ist es nicht, Herr Minister! Nach Ihrer Darstellung müsste es ja so sein, dass, wenn schon Waffen verkauft worden sind, solche nie in irgendeiner Weise gesetzeskonform den Besitzer gewechselt hätten, dass nie Waffen an Schweizer Waffenhändler oder an eine Waffenhändlerin gegangen wären, dass diese Waffen nie über irgendeine Stiftung in den Kosovo gelangt wären, sondern dass sie bloß – für wohltätige Zwecke bestimmt – in irgendwelchen Decken verhüllt aufgetaucht sind, um im Kosovo das Elend zu lindern. (Abg. Zweytick: Bring Beweise!)  – So klingt das hier. So ist es aber natürlich nicht! (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Die Beweise, die Sie oder auch der Herr Minister hier fordern, liegen vielleicht in der Form, wie man das bei einem Gerichtsverfahren, um das bis zum Schluss lückenlos durchzuziehen, voraussetzen würde, nicht auf dem Tisch – meinetwegen. Aber das ist ja kein Argument, um Untersuchungsausschüsse abzulehnen! Dabei geht es doch um etwas ganz anderes! Wenn das nämlich so wäre, dann bräuchten wir überhaupt keine Untersuchungsausschüsse, denn dann wäre ohnedies schon immer alles klar. Was nicht vorher auf einwandfreiem Weg – gerichtlich oder sonst wie – geklärt ist, das "ist eben einfach nicht", genauso wie für Sie dieses Vergehen offensichtlich nicht stattgefunden hat. So kann es ja nicht sein! (Beifall bei den Grünen.) Dann schaffen wir doch die Untersuchungsausschüsse ab! – Ich höre ja, dass anderes geplant ist. Wir werden sehen.

Nochmals kurz zu den Fakten: Wenn wir ein Ministerium haben, das einerseits verkauft und andererseits – und jetzt kommt es ja erst – die Waffen auch weiter lagert, bis dieser Zwischenhändler, sozusagen ein Broker, der in der Schweiz sitzt, aus den Lagerbeständen abfasst und das Zeug weiterverscherbelt – das ist ein und dieselbe Institution! –, und, nicht genug damit, es nach unseren Recherchen sogar ein und derselbe Beamte ist, der einerseits für den Verkauf zuständig war und andererseits – und damit komme ich zum Nächsten – seitens des Verteidigungsministeriums für das nach diesem §-3-Verfahren dem Innenministerium vorzulegende Gutachten zuständig ist, dann, muss ich sagen, ist das eine Fülle von Unvereinbarkeiten beim ersten Hinsehen (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ), dann scheint mir wohl klar, dass sich da der Verdacht in die Richtung, wie sie Frau Dr. Petrovic angesprochen hat, erhärtet und verdichtet. Da kann man nicht so tun, als sei nach drei Jahren ohnehin schon alles klar, denn Wabl hätte sich ja auch schon damit befasst. Es liegen neue Fakten vor! Spätestens jetzt, wo diese Waffen nachweislich im Kosovo aufgetaucht sind, sollten auch Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, Ihre Haltung überdenken! – Genug zu diesem Thema.

Gestern mussten wir uns schon damit befassen: Die FPÖ kann ihren Stimmenzuwachs in den letzten 15 Jahren in erster Linie damit begründen – und das ist, meinetwegen, in der Demokratie


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auch gut so –, dass sie sehr stark auf Kontrolle, auf Opposition gesetzt hat. Daneben haben wir eine Regierungspartei, nämlich die ÖVP, die ja eigentlich in Opposition ist, weil sie drittstärkste Partei ist – abhaken!

Aber noch einmal zur FPÖ: Dass Sie (Abg. Ing. Westenthaler: Sie wollen ...!)  – ja, Herr Kollege Westenthaler, genau, da haben wir ihn ja! – mit Ihrem ehemaligen Anspruch gestern hergegangen sind und Kabinettchefs des nunmehrigen Bundeskanzlers aus jener Zeit, als er Wirtschaftsminister war, decken, die nachweislich ordinäre Abkassierer sind (Abg. Ing. Westenthaler: Was waren die?), wobei ganz klar ist, dass (Abg. Haigermoser: Wer? Wer war ein ordinärer Abkassierer?)  – das haben wir gestern ausreichend erörtert, aber es hat ja für Sie wieder nicht gereicht, Herr Haigermoser! – die besagte Unternehmung Dico-Soft (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer ) in einem Naheverhältnis zur CDU steht, das zeigt, dass Ihnen das alles Wurscht ist! – Untersuchungsausschuss ablehnen (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt erst recht!): Einfach ehrlich! Einfach FPÖ! Einfach Kontrolle!

Heute haben wir den Tatbestand der Neutralitätsgefährdung vorliegen, denn das tangiert auch das Neutralitätsgesetz (Abg. Haigermoser: Das ist Ihnen so Wurscht wie das Fahrrad, das im Klee liegt, wenn es umfällt!), weil der seinerzeitige Verteidigungsminister wissentlich von diesen Dingen nicht Abstand genommen hat und immer wieder positive Stellungnahmen des Landesverteidigungsministeriums an das Innenministerium ergangen sind, obwohl diese Informationen schon im April des Vorjahres (Abg. Mag. Schweitzer: Redezeit! – Weitere Rufe bei den Freiheitlichen: Redezeit!) bekannt waren! (Beifall bei den Grünen.)

20.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich bitte Sie daher, zum Schlusssatz zu kommen! (Der Redner kehrt auf seinen Platz zurück. – Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 121/A bis 131/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 549/J bis 571/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für heute, 20.46 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung –, ein.

Diese Sitzung ist damit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.45 Uhr