Stenographisches Protokoll

24. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 12. Mai 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

24. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Freitag, 12. Mai 2000

Dauer der Sitzung

Freitag, 12. Mai 2000: 9.01 – 20.10 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen

Beratungsgruppe VI: Bildung und Kultur; Wissenschaft

Beratungsgruppe XIII: Öffentliche Leistung und Sport

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 7

Ordnungsrufe 39, 119

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 378/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 9

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 124

Redner:

Mag. Johann Maier 124

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 126

Mag. Andrea Kuntzl 128

Werner Amon 130

Dr. Helene Partik-Pablé 131

Theresia Haidlmayr 132

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 9

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler betreffend die Praxis bei der Erteilung von Ordnungsrufen 42


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24. Sitzung / Seite 2

Ersuchen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidiale einzuberufen 107

Verlangen des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler auf Erteilung eines Ordnungsrufes 107

Ersuchen des Abgeordneten Dr. Josef Cap auf Einberufung einer Präsidiale 108

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer im Zusammenhang mit den vorangegangenen Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung 108

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 7

Ausschüsse

Zuweisungen 7

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überwachungsstaat (767/J) 92

Begründung: MMag. Dr. Madeleine Petrovic 94

Bundesminister Herbert Scheibner 97

Debatte:

Dr. Peter Pilz 103

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 106

Bundesminister Herbert Scheibner 106, 122

Anton Gaál 108

Günther Platter 110

Dr. Harald Ofner 112

Karl Öllinger 115

Dr. Johannes Jarolim 117

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 119

Inge Jäger 120

Dr. Martin Graf 121

Dr. Alexander Van der Bellen 123

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (80 und Zu 80 d. B.) 9

Beratungsgruppe VI: Kapitel 12: Bildung und Kultur (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag), Kapitel 14: Wissenschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag) 9

Redner:

Dr. Dieter Antoni 9, 65

Dr. Gertrude Brinek 13

Dieter Brosz 16

Mag. Karl Schweitzer 20

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 23, 50, 57, 80


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24. Sitzung / Seite 3

DDr. Erwin Niederwieser 25, 60

Werner Amon 28

Dr. Kurt Grünewald 30

Dr. Martin Graf 32

Beate Schasching 34

Dr. Andrea Wolfmayr 36

Karl Öllinger 38

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 42

Theresia Zierler 43

Mag. Christine Muttonen 44

Dr. Günther Leiner 46

Franz Riepl 47

Dr. Brigitte Povysil 49

Christian Faul 53

Mag. Johanna Mikl-Leitner 54

Mag. Kurt Gaßner 56

Dr. Sylvia Papházy MBA 58

Wolfgang Großruck 63

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 66

Mag. Gisela Wurm 68

Mag. Dr. Udo Grollitsch 69

Mag. Walter Posch 71

Dr. Robert Rada 72

Dr. Josef Cap 74

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 75

Dr. Peter Wittmann 77

Dr. Gabriela Moser 78

Dr. Peter Pilz 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen – Ablehnung 12, 82

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an Schulen – Ablehnung 27, 82

Annahme der Beratungsgruppe VI 80

Beratungsgruppe XIII: Kapitel 70: Öffentliche Leistung und Sport 82

Redner:

Dr. Ilse Mertel 82

Karlheinz Kopf 84

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 86

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 88, 133, 159

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigungen) 135, 136

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) 136

Dr. Gerhard Kurzmann 136

Arnold Grabner 138

Werner Miedl 140

Dieter Brosz 142, 163

Patrick Ortlieb 146

Anton Leikam (tatsächliche Berichtigung) 147

Dr. Peter Wittmann 148

Dr. Erwin Rasinger 149

Beate Schasching 151

Harald Fischl 152

Katharina Pfeffer 155

Mag. Johanna Mikl-Leitner 157


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24. Sitzung / Seite 4

Mag. Johann Maier 157

Hermann Böhacker (tatsächliche Berichtigung) 158

Mag. Dr. Udo Grollitsch 160

Christian Faul 161

Johannes Zweytick 162

Hermann Reindl 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderplans – Ablehnung 152, 165

Annahme der Beratungsgruppe XIII 164

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 7

63: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang

64: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen

65: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit

74: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit

75: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang

83: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird

Anträge der Abgeordneten

Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz geändert wird (158/A)

Dr. Alois Pumberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten (159/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überwachungsstaat (767/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend späte Auszahlung von Nebengebühren für die Beamten der Gendarmerie (768/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend geplante Absystemisierung von Planstellen bei der Bundesgendarmerie in Oberösterreich (769/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Datenerhebungen bei Demonstrationen gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung (770/J)


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24. Sitzung / Seite 5

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die erforderliche Ökopunktereduktion (771/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Pläne zur Nutzung des freiwerdenden Areals der aufgelassenen Kaserne in Imst (772/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbaupläne für die Verkehrsinfrastruktur Tschechiens (773/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Altersfeststellung bei Fremden (774/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Altersfeststellung bei Fremden (775/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend späte Auszahlung von Nebengebühren für die Beamten der Gendarmerie (776/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Tod eines nigerianischen Häftlings (777/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tod eines nigerianischen Häftlings (778/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (779/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (780/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (781/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (782/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (783/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (784/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend massive Verschlechterungen für kranke


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24. Sitzung / Seite 6

Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (785/J)

Franz Riepl und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Maßnahmen gegen organisierte illegale Beschäftigung (Schwarzunternehmer) (786/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsaufkommen, Treibstoffverbrauch (787/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend einheitliche österreichische Bauordnung (788/J)

Anfragebeantwortungen

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (472/AB zu 519/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (473/AB zu 547/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schieder und Genossen (474/AB zu 460/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (475/AB zu 484/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (476/AB zu 516/J)


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24. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen, bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 24. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 22. Sitzung vom 10. Mai ist vorschriftsmäßig aufgelegen, ohne Einspruch geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind Herr Abgeordneter Ing. Gerhard Bauer und Herr Abgeordneter Verzetnitsch.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat Mitteilung über eine Entschließung des Bundespräsidenten gemacht, und zwar betreffend die Vertretung von Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner durch Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich auf die nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilte schriftliche Mitteilung hinweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 472/AB bis 476/AB.

2. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (83 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit (65 der Beilagen),

Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (74 der Beilagen),

Antrag 154/A (E) der Abgeordneten Rudolf Nürnberger und Genossen betreffend ein Programm aktiver Arbeitsmarktpolitik zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt für 13 000 Langzeitarbeitslose,


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24. Sitzung / Seite 8

Antrag 155/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen betreffend ein Programm aktiver Arbeitsmarktpolitik zur Wiedereingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt;

Außenpolitischer Ausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang (63 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang (75 der Beilagen);

Justizausschuss:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen (64 der Beilagen),

Antrag 153/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für leistbares und kostengünstigeres Wohnen;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 151/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird,

Antrag 152/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird;

Verfassungsausschuss:

Antrag 157/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Ausdehnung der Sendezeit in Rundfunk und Fernsehen für Volksgruppen und MigrantInnen;

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz – PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (97 der Beilagen),

Antrag 156/A der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der grüne Klub hat nach § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 767/J der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überwachungsstaat dringlich zu behandeln.

Im Sinne der Bestimmungen, die Sie alle kennen, wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.


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24. Sitzung / Seite 9

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 378/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass ein auf § 92 der Geschäftsordnung gestütztes Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte zur Anfragebeantwortung 378/AB betreffend Auslandszivildiener durchzuführen. Die Anfragebeantwortung stammt vom Herrn Innenminister, das Verlangen vom Herrn Abgeordneten Leikam.

Da für die heutige Sitzung soeben die Verhandlung einer Dringlichen Anfrage bekannt gegeben wurde, die um 15 Uhr zum Aufruf gelangen wird, findet die Kurzdebatte nach Schluss der Debatte zur Dringlichen Anfrage statt.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (80 und Zu 80 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde diese Debatte vorberaten, und es wurde Konsens darüber erzielt, dass wir für die heutige Sitzung eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" festlegen mögen. Aus dieser Tagesblockzeit ergibt sich eine Redezeit von 156 Minuten für die SPÖ, von je 116 Minuten für ÖVP und Freiheitliche sowie von 92 Minuten für die Grünen.

Was die Redezeiten der Regierungsmitglieder betrifft, wird die gleiche Regelung vorgeschlagen, wie sie gestern und vorgestern zur Anwendung gelangt ist, nämlich: Redezeiten eines Ministers, die 20 Minuten, beziehungsweise eines Staatssekretärs, die 10 Minuten überschreiten, werden der jeweiligen Regierungsfraktion angerechnet.

Über diese Vorschläge hat das Hohe Haus zu befinden.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Beratungsgruppe VI

Kapitel 12: Bildung und Kultur (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Kapitel 14: Wissenschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VI.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Die maximale Redezeit für jeden Redner beträgt 20 Minuten. – Bitte.

9.05

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Schönen guten Morgen am dritten Tag der Budgetdebatte! Ich nehme an, sie wird ähnlich wie in den vergangenen Tagen weitergehen, das vor allem deshalb, weil auch zum Kapitel Bildung der Budgetvoranschlag für das Jahr 2000 für uns Sozialdemokraten enttäuschend und besorgniserregend ist. Enttäuschend deshalb, weil er keinerlei innovative Ansätze enthält, um unser Bildungssystem flexibler und durchlässiger zu gestalten.


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24. Sitzung / Seite 10

Es fehlen notwendige Maßnahmen zur Internationalisierung, um die Herausforderungen der neuen Arbeitsmärkte im wirtschaftlichen Bereich bewältigen zu können und damit unserer Jugend Zukunftschancen zu erhalten.

Es fehlen in diesem Budget aber auch die notwendigen Prinzipien des berufs- und lebensbegleitenden Lernens und der Erwachsenenbildung. Auch dieser Herausforderung wird nicht Rechnung getragen.

Das vorliegende Budget leistet darüber hinaus keinerlei Beiträge zur dringend notwendigen Weiterentwicklung und zum dringend notwendigen Ausbau unseres berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesens. – Wir alle wissen, wir brauchen Tausende Arbeitsplätze, Tausende Fachkräfte im Informations- und Technologiebereich, ich kann auch diesbezüglich kaum Ansätze finden.

Schließlich vermisse ich eine weitere Schwerpunktsetzung in dem Bemühen, vorhandene Bildungsbarrieren abzubauen, um Chancengleichheit für alle jungen Menschen in unserem Staat zu sichern. Wir fürchten, dass einige auf der Strecke bleiben werden.

Besorgniserregend ist dieser Budgetvoranschlag für uns auch deshalb, weil – so schätzen wir es ein – bestehende Strukturen in unserem Bildungswesen einmal mehr nicht angetastet werden, sie werden vielmehr einzementiert. Ich meine daher, dass sich in diesem Budget weiterhin Strukturkonservatismus und eine ganz bestimmte Ideologie widerspiegeln. Kinder und Jugendliche von einkommensschwachen Familien sind Verlierer dieser Politik! (Ruf bei der ÖVP: Geh, hören S’ auf damit!)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! In nahezu jedem Ihrer Redebeiträge der letzten Tage war, wenn die Arbeit der letzten Legislaturperioden diskutiert wurde, zu hören: Die SPÖ ist die Verhinderer-Partei! Die SPÖ ist nicht bereit, Strukturen zu verändern! Die SPÖ ist nicht mutig genug, neue Herausforderungen anzunehmen! Sie ist die Blockierer-Partei! – Meine Damen und Herren! Ich werde Ihnen jetzt einige nachvollziehbare Beispiele aus dem Bildungsbereich nennen, die nachweisen, dass es eher umgekehrt war. Ich gebe zu: Wir haben eine Reihe wichtiger bildungspolitischer Weichenstellungen vorgenommen, aber trotzdem gab es – und das möchte ich jetzt auch belegen – immer wieder Schwierigkeiten, wenn man wirklich weiterkommen wollte.

Ich nehme die flexible Schuleingangsphase her: Fremdsprache ab der ersten Schulstufe, flexible Schuleingangsmöglichkeiten, und damit ist unseres Erachtens die notwendige Maßnahme verbunden, eine alternative und leistungsmotivierende Leistungsbeurteilung einzuführen. – Dies war leider nicht möglich.

Ich nehme die Berufsreifeprüfung her: ein sehr, sehr wichtiger Schritt, der in der letzten Gesetzgebungsperiode gesetzt wurde. Die Umsetzung unseres Vorhabens, diese Prüfungen entsprechend dem lebensbegleitenden und qualitätserhöhenden Lernen kostenfrei zu stellen, war leider nicht möglich. – Ich bin neugierig, ob Sie dem Antrag, den wir einmal mehr einbringen werden, diesmal zustimmen werden.

Ich nenne die Schulbuch-Aktion: Seit Jahren diskutieren wir darüber und schlagen wir Sozialdemokraten vor, diese Schulbuch-Aktion zur Multimedia-Aktion weiterzuentwickeln, weil das, und das wissen wir alle, die Herausforderung der Zukunft ist. – War bisher leider nicht möglich.

Ich erinnere weiters an den von uns eingebrachten Vorschlag betreffend eine Hochschule für pädagogische Berufe. Ein weitreichendes Konzept, das zur Diskussion angeboten wurde, wurde beiseite geschoben. In mühsamer Diskussion war es möglich, einige Ansätze in das Akademie-Studiengesetz einzuarbeiten und zumindest den Zug auf die Schiene zu bringen, sodass die Ausbildung für Pflichtschullehrer in Österreich allmählich eine akademische wird.

Zuletzt möchte ich noch den Lehrplan 1999 ansprechen. Aus dem Lehrplan 1999, der in sich abgerundet und ausdiskutiert war, wurden – aus uns nicht nachvollziehbaren Gründen – die Ansätze Schulprogramm, schulinterne und -externe Evaluation und Teamarbeit herausgenommen.


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24. Sitzung / Seite 11

Ich wunderte mich darüber, freue mich aber natürlich auch, dass das jetzt im neuen Regierungsübereinkommen als mögliches Vorhaben enthalten ist.

Daher, meine Damen und Herren: Uns ständig vorzuwerfen, die SPÖ sei eine "Blockierer-Partei" gewesen (Abg. Dr. Leiner: Nicht nur gewesen, immer noch!), ist die eine Sache, aber: Auch in diesen Bereichen können Sie keinerlei Beweise dafür erbringen.

Lassen Sie mich nun zu einigen Punkten Stellung nehmen. Für Ihre groß angekündigte und von uns auch begrüßte Technologiemilliarde für die Schulen ist in diesem Budget nichts vorgesehen. Ich fürchte, das wird nicht nur in das nächste Budget, sondern viel weiter hinausgeschoben werden. Das steht in krassem Gegensatz zu Ihrem Regierungsübereinkommen, das steht aber auch in krassem Gegensatz zu den Maßnahmen, die im EU-Rat beschlossen wurden, dass nämlich Ende 2001 und Ende 2002 sehr wichtige Daten hinsichtlich Internet-Zugang für alle Schulen und Ausbildung für Lehrer in Bezug auf diese neuen Herausforderungen sind. – Ich frage Sie, Frau Bundesminister: Wann und wie stellen Sie sich vor, dass diese Aufgabe erfüllt werden wird?

Ich habe kritisiert, dass es wenige Ansätze für die Weiterentwicklung des berufsbildenden Schulwesens gibt. Ich meine, dass heute insbesondere im berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesen, was die Klassenschülerzahlen anlangt, wirklich unzumutbare Zustände herrschen. Bis zu 40 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse – das ist pädagogisch nicht mehr zu verantworten! (Abg. Mag. Schweitzer: Beispiel!) Und das ist eine der wesentlichen Ursachen der hohen Drop-Out- und Repetenten-Quoten, die es in diesem Schulbereich gibt.

Sitzenbleiben kostet den Staat, wie wir wissen, rund 4 Milliarden Schilling jährlich, und Sitzenbleiben kostet die Familien rund 8 Milliarden Schilling jährlich.

Was haben Sie, geschätzte Frau Bundesminister, in diesem Bereich vor? Welche baulichen, welche personellen Maßnahmen planen Sie, damit das, was Sie angekündigt haben, auch tatsächlich durchgeführt wird? Die Weiterentwicklung des berufsbildenden Schulwesens ist ein ganz wesentlicher Bestandteil. Wie soll das alles tatsächlich gemacht werden?

Der expandierende Bereich des berufsbildenden Schulwesens ist nicht aufzuhalten – soll auch gar nicht aufgehalten werden, aber die Rahmenbedingungen dafür müssen sichergestellt sein.

Eine weitere Konsequenz aus dieser Situation ist ja, dass letztlich die Eltern zur Kasse gebeten werden. Sie alle wissen: Bereits mehr als 1,6 Milliarden Schilling werden jährlich für Nachhilfeunterricht aufgewendet. Wo sind diesbezüglich Ihre Vorstellungen, Ihre kreativen Ansätze, damit Förderung jenen, die sie brauchen, auch tatsächlich angeboten wird? (Beifall bei der SPÖ.)

In den letzten Tagen ist bereits oft gesagt worden, dass diese Regierung mit Benachteiligten, mit ärmeren Menschen nicht viel am Hut hat. Und diese Tendenz setzt sich im Bildungsbereich fort. Die Budgetmittel für Schüler- und Heimbeihilfen wurden im Jahr 2000 eingefroren. Frau Bundesminister! Wir haben Sie bereits vor einem Jahr ersucht – ich erinnere Sie jetzt wieder daran –, eine Studie über die soziale Lage der Schülerinnen und Schüler vorzulegen, um, wie wir auch gemeinsam vereinbart haben, vorhandene Mittel sozial treffsicherer und verantwortungsbewusster einzusetzen. – Bisher haben wir keinerlei Informationen von Ihnen diesbezüglich erhalten. Einer Chancengerechtigkeit wird dadurch jedenfalls nicht entsprochen.

Lebensbegleitendes Lernen wird ein zentraler Schwerpunkt Ihrer Bildungspolitik sein, so heißt es im Regierungsübereinkommen. – Tatsache ist, dass die ohnehin bereits geringen Mittel für die Erwachsenenbildung erheblich gekürzt wurden, nämlich um rund 13 Prozent, und dies, obwohl Mittel für Erwachsenenbildung sowohl seitens des Rechnungshofes als auch seitens der EU als etwas ganz Wichtiges angesehen werden und von beiden Institutionen gefordert wird, die finanziellen Mittel hiefür erheblich zu erhöhen.

Auch der Ansatz für das Nachholen von Bildungsabschlüssen – ein sehr wichtiger Bestandteil des lebensbegleitenden Lernens – wurde von rund 10 Millionen Schilling auf 5,5 Millionen Schilling, also um fast die Hälfte, gekürzt.


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24. Sitzung / Seite 12

Was sind die Konsequenzen dieser Politik? – Ich darf dazu schon sagen, Kolleginnen und Kollegen von der Österreichischen Volkspartei: Sie tragen seit dem Jahre 1995 die Hauptverantwortung im Bildungsressort.

Vor etwa drei Wochen hat das Institut für Höhere Studien in Österreich der Öffentlichkeit eine Untersuchung vorgestellt und in diesem Zusammenhang festgehalten, dass derzeit mehr als 8 Prozent eines Altersjahrganges, also über 7 000 Jugendliche, nach ihrer Schulpflicht keinen weiteren Bildungsgang mehr wählen. – Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Ich sage Ihnen, dass zu Zeiten von SPÖ-Bildungsministern und insbesondere in den Jahren 1991/1992 und 1992/1993 dieser Anteil noch bei 1 Prozent lag; er hat sich mittlerweile verachtfacht!

Darüber hinaus stelle ich fest, dass 5 Prozent eines Altersjahrganges nicht einmal über einen positiven Hauptschulabschluss verfügen. Hinzu kommt – ich habe bereits darauf hingewiesen –, dass sich durch einen Abbruch bei der Berufsausbildung noch vor einem positiven Abschluss an dieser Schule der Anteil bei den 20- bis 24-Jährigen, die über keinen Bildungsabschluss verfügen, sogar auf 15 Prozent erhöht hat.

Frau Bundesminister, Sie kennen diese Zahlen. Ich frage Sie daher: Wo ist die Gegenstrategie, wo sind die Maßnahmen, die dringendst notwendig wären, um dieser Entwicklung gegenzusteuern? Wir alle wissen, dass schlecht ausgebildete junge Leute, dass Leute, die keinen Bildungsabschluss haben, auf dem Arbeitsmarkt nahezu nicht vermittelbar sind. Und wir wissen auch, dass es Ziel jeder Bundesregierung sein muss – im Einvernehmen mit der Europäischen Union – sicherzustellen, dass annähernd der gesamte Altersjahrgang eine abgeschlossene Berufsausbildung erhalten soll.

Wir müssen helfen, wir müssen unterstützen, und wir müssen auch jenen, die sich das selbst nicht leisten können, Bildungsabschlüsse ermöglichen.

Abschließend bringe ich daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni, Beate Schasching, Franz Riepl, Dr. Robert Rada, Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen zu bildungspolitischen Maßnahmen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung eingeführte Auffangnetz fortzuführen und auszubauen. Alle Jugendlichen, die sich bilden wollen, sollen auch die Möglichkeit dazu erhalten. Insbesondere sind die gebührenfreien Angebote für das Nachholen von Schulabschlüssen (zum Beispiel Hauptschulabschluss) weiterzuführen und auszubauen. Die Maßnahmen zur Berufs- und Bildungswegorientierung müssen verstärkt angeboten werden. Die Ressourcen für das berufsbildende Schulwesen sind ausreichend zur Verfügung zu stellen.

*****

Ich lade Sie ein, Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie im Sinne und im Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft unserer Jugend diesem unserem Antrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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24. Sitzung / Seite 13

9.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni, Beate Schasching, Franz Riepl und weiterer Abgeordneter ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte.

9.19

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nachdem Kollege Antoni über das Schulbudget gesprochen hat, möchte ich den Blick auf die so genannten Hohen Schulen lenken und auch um Sympathie und Unterstützung werben, was für diesen Bildungstyp nicht immer selbstverständlich ist.

Ich möchte ein wenig auf die Entwicklung der Hohen Schulen eingehen und in diesem Zusammenhang zu Aristoteles führen, der in seiner Metaphysik von zweierlei Künsten gesprochen hat, nämlich solchen, die zur angenehmen Lebensführung beitragen, und solchen, die zur Deckung der notwendigen Bedürfnisse beitragen. Des Weiteren sagt er:

"Als daher schon alles Derartige geordnet war, da wurden die Wissenschaften gefunden, die sich weder auf die notwendigen Bedürfnisse noch auf das Angenehme des Lebens beziehen, sondern auf die Bereiche, wo man Muße hatte."

Meine Damen und Herren! Wenn sich in der Antike die Priester in der wissenschaftlichen Muße übten, so sind es heute nicht mehr nur die Priester oder vielleicht gar nicht mehr die Priester, sondern Dramatiker, Biologen, Physiker, Soziologen und so weiter, die sich mit Lehre und Forschung als "Wissenschafttreiben" beschäftigen.

Natürlich sieht auch Wissenschaft anders aus als zu Zeiten der altägyptischen Mathematiker. Die Wissenschaft ist, könnte man sagen, profan geworden, und damit zum öffentlichen Anliegen eines modernen Staates. Damit bin ich schon im jetzigen Jahrhundert angelangt.

Die Reformen der letzten Jahrzehnte, im Speziellen der siebziger Jahre, haben die Stätten der Wissenschaft stark verändert. Sie haben Universitäten zu offenen leistungsfähigen und modernen Betrieben gemacht. Dass an diesen Reformprodukten nicht auch etwas zu ändern wäre, ist damit natürlich nicht gesagt.

Im Gegensatz zu meinem Vorredner kann ich in Bezug auf die Entwicklung der Universitäten und deren Stand von heute eine positive Bilanz ziehen: In Österreich besuchen etwa 220 000 Studierende Hochschulen und Universitäten, etwa jeder zweite Schüler eines Altersjahrgangs macht Matura, und ein gutes Drittel davon besucht im Anschluss daran eine weiterführende Akademie, eine Hochschule oder eine Universität.

Das Studium ist, wie vielfach zitiert, nicht kostenlos, sondern möglich, weil es eine große Gruppe der Bevölkerung gibt, die es durch Steuerleistungen möglich macht, dass Tausende Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen bezahlt werden, Labors ausgestattet und betreut werden, strapaziöse Versuche gemacht, Mieten beglichen werden und somit hochkarätige Lehre erteilt werden kann.

Eine moderne Gesellschaft – eine Gesellschaft, die sich in einem globalen Wirtschaftsgefüge befindet – leistet sich Wissenschaftsbetriebe – das sage ich mit aller positiven Affirmation – als Zukunftssicherungseinrichtungen. Es gibt keinen Fortschritt – und darüber herrscht, Gott sei Dank, so gut wie kein Zweifel –, sowohl im Bereich der Technik und Produktion als auch im Bereich des Human- und Sozialwesens, der ohne jene durch Wissenschaft und Forschung gesicherte Kenntnisse auskommen kann: ohne Wissenschaft keine Innovation, ohne Innovation keine Arbeitsplätze, ohne Arbeitsplätze kein Wohlstand. Diese Schlüsse sind Ihnen sicher bekannt. – Ich glaube daher, dass ein moderner Staat die ökonomische und geistige Autonomie seiner Bürger jedenfalls auch politisch motiviert anstrebt und wertschöpfungsorientierte Erwerbstätigkeit unterstützt – damit ein hochpolitisches, das heißt ein bildungspolitisches, erwerbspolitisches Motiv.

Meine Damen und Herren! Universitäten und Forschungsstätten werden immer rascher mit neuen Aufgaben konfrontiert. Diesen neuen Aufgaben werden sich sowohl die Universitäten und Forschungsstätten als auch die Bundesregierung, an der Spitze unsere Frau Bildungsministerin, stellen.


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Worum geht es dabei? – Zum einen um die Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wie heißt es so schön?: Die Fackeln des Geistes müssen weitergetragen werden! Die Politik muss wissen, dass für die Sicherung der geistigen Eliten auch etwas geschaffen werden muss. Dafür muss es Ressourcen geben.

Zur Sicherung der Entwicklung geistiger Eliten kommen neue Aufgaben hinzu, die eine wissensbasierte Gesellschaft formuliert: Kompetenzen im Bereich wissenschaftlicher Grundlagen, Wissen und Kenntnisse, die ein Fach, ein Problemfeld charakterisieren, Antwortfähigkeit, wenn es um interdisziplinäre und komplexe Aufgaben geht; alles in allem das, was die Universitäten im neuen Sinn verfolgen, nämlich wissenschaftliche Berufsvorbereitung und -vorbildung, niemals gänzlich -ausbildung.

Der Student oder die Studentin von heute praktiziert sein/ihr Studium auf andere Weise, als es früher der Fall war: Studieren und Arbeiten werden kombiniert, und Erfahrungen im Ausland werden verstärkt gesammelt. Die untypische Studentin beziehungsweise der untypische Student ist damit die/der typische geworden. – Wenn Sie es nachlesen wollen, im Bericht zur sozialen Lage der Studierenden ist das ausgeführt.

Dem entspricht auch ein neues Verständnis von Wissenschafterleben. Dieses sah vor 30 oder 40 Jahren anders aus als heute. Untypische Wissenschafter werden mehr und mehr die typischen. Ständige Wissensaktualisierung und ein flexibler Wechsel in verschiedene Tätigkeits- und Wissenschaftsfelder dürfen nicht einem starren Dienstrecht geopfert werden. Auslandsorientierung, andere Team- und Arbeitsformen sind dazu notwendig.

Jetzt kommen wir zu einer konkreten Diskussion, die sich mit dieser Veränderung beschäftigt, nämlich jener um eine neue Rechtsform, die wir entwickeln sollten, damit diese neuen Aufgaben erfüllt werden können.

In welche Rechtsformen nun die selbständigen neuen Universitäten transferiert werden, bleibt so lange offen, bis nicht drei Punkte erfüllt sind. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Erstens: genaue Formulierung der Aufgaben und Ziele. Zweitens: als nächsten Schritt präzisieren, unter welchen organisatorischen Bedingungen diese Ziele erreicht werden können. Drittens: daraus folgernd schließlich die rechtlichen Konsequenzen ziehen.

Meine Damen und Herren! Nach gültigen Einschätzungen kann das mittels privatrechtlicher Setzungen – nicht automatisch mit privatwirtschaftlicher; das ist etwas anderes – genauso geschehen wie mittels öffentlich-rechtlicher. Es können sowohl Sicherheiten als auch Spielräume, Leistungselemente als auch invariable Faktoren formuliert und Beschäftigungskombinationen entworfen werden, die mit der universitären Praxis von heute mehr zu tun haben als die alte Rechtsform.

Das Nebentätigkeitenproblem ließe sich schneller und sauberer lösen, weil mit Nebentätigkeit immer die Frage der Präsenz und Nichtpräsenz, die Betreuungskapazität, der Universitätslehrer verbunden, das heißt der Dienstleistungsfaktor ein Fokus ist.

Sabbatical-Modelle – im Wesentlichen aufkommensneutral – sollten auch für den Mittelbau entwickelt werden. Diesem sollten auch in- und ausländische Erfahrungen in aller Qualität, so wie sie den Professorinnen und Professoren zur Verfügung stehen, zugängig sein.

Die Universitäten sind eingeladen, diesen Prozess aktiv mitzugestalten. Dabei soll der Einbezug ausländischer Erfahrungen erlaubt oder, dynamischer formuliert, angestrebt sein, bloßes Kopieren aber ist sicher nicht der richtige Weg.

Einige Vertreter des akademischen Mittelbaus, dem ich selbst angehöre, sehen diesen Veränderungen, vor allem schon der Diskussion darüber, mit großer Angst entgegen. Aber wir wissen ja: Angst ist ein schlechter Ratgeber! Die Österreichische Volkspartei wird weder einen unüberlegten Reformweg wählen noch sich für eine ignorante Alles-muss-bleiben-wie-es-ist-Politik entscheiden. Wir werden nach dem nicht gerade mit Erfolg gekrönten ersten Vollrechtsfähigkeitsentwurf die Ergebnisse der Rektorenkonferenz abwarten – im Plenum wird es am 19. und


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20. Mai eine Schlussberatung dazu geben –, und wir werden dann anschließend mit allen Beteiligten in einen Dialog eintreten. Und ich bin jenen Organisationen, die diesen Dialog jetzt schon konstruktiv führen, dankbar.

In einer neuen Freiheit lehren und forschen, in nachvollziehbaren Verwaltungsstrukturen Verantwortung übernehmen, Studienschwerpunkte setzen können: Das ist das Reformpaket, das ist das Reformziel der Österreichischen Volkspartei! Dazu gehören auch die Autonomie der Forschungsfonds sowie eine sensible, aber effizienzorientierte Forschungsschwerpunktberatung, die im Wesentlichen dem künftigen Rat für Forschung und Technologieentwicklung obliegt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diese gesetzlichen Maßnahmen noch in den nächsten Wochen treffen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In Ihrem Applaus sehe ich Unterstützung. Ich hoffe, dass diese Unterstützung auch von den anderen Fraktionen kommen wird.

Hohe Schulen und Forschungseinrichtungen sind heuer für die Erfüllung dieser Aufgaben, für die Durchführung dieses Programms ganz gut mit finanziellen Mitteln ausgestattet. Ganz gut heißt natürlich nicht sehr gut, aber wir knüpfen an die Bedingungen an, unter denen wir vor Jahren gestartet sind.

Der bisher höchste je erreichte Anteil am Budget wurde für das Wissenschaftsbudget erreicht. Das darf doch einmal gesagt werden: der bisher höchste Anteil! Es gibt eine Erhöhung um insgesamt 4,64 Prozent, beim Personal sogar um 11,14 Prozent. Der kleine Wermutstropfen, bei den Sachausgaben mit einer Verringerung von 0,61 Prozent leben zu müssen, zwingt natürlich zur Schwerpunktsetzung. Ich denke aber, dass die Universitäten, bei denen es in diesem Bereich in den letzten Jahren große Investitionen gegeben hat, über diese erste Durststrecke mit Schwerpunktsetzungen kommen werden.

Meine Damen und Herren! Schließlich möchte ich sieben kleine Punkte nennen, die ich zur Weiterentwicklung der Universität unter den gegenwärtigen Bedingungen für wichtig halte.

Erstens: Internationale Mobilität und Kooperation mit ausländischen Wissenschaftern sind gefordert, das Rad soll gemeinsam erfunden werden, damit Ressourcen gespart und Kontakte geknüpft werden können.

Zweitens: Ausbau der Beratung der Studierenden. – Wir wissen, dass gut beratenen Studierenden eine geringe Drop-out-Rate entspricht und die Zahl der unüberlegt gewählten Studien geringer ist. Die Trefferquote ist bei guter Beratung am höchsten, und so wird mit der Lebenszeit junger Menschen gut umgegangen.

Drittens: Erschließung neuer Arbeitsfelder. – Es wird im Hochschulbericht darauf hingewiesen, dass die wesentlichen Arbeitsfelder gegenwärtig in engen Bereichen des Dienstleistungssektors liegen. Das kann nicht das Berufsziel von Universitätsabgängern sein.

Viertens: Die Motivation, sich technisch-naturwissenschaftlichen und technologischen Studien zu widmen, muss verstärkt werden. – Da sehe ich eine Motivationsaufgabe, die wir insbesondere Mädchen gegenüber zu leisten haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Fünftens: Die "Selbstzerfleischungsmittel" absolut offen gelegter Evaluation sind zu unterlassen. – Die SPÖ fordert absolut und unter jeder Bedingung offenzulegende Evaluationsergebnisse. Das ist nicht zu befürworten. Der bessere Weg sind Coaching, Mitarbeitergespräche, Karriereentwicklungsmethoden und natürlich auch Evaluation, die aber zuerst im Inner Circle der Scientific Community beraten werden soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sechstens: keine Angst vor einer Ausdifferenzierung des Studienangebotes. Pluralität darf nicht Angst machen. Konkurrenz ist ein wesentliches Motivationsmittel.


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Siebentens: Effiziente Selbstverwaltung und neue Budgetautonomie; Schluss mit dem kameralistischen System; wir brauchen ein modernes Dienstrecht und die Flexibilisierung des Sozial- und Pensionssystems.

Meine Damen und Herren! Abschließend sei gesagt: An der Universität dachte man immer international, wahrscheinlich gemäß dem Grillparzer-Wort, dass der Weg von der Humanität über die Nationalität zur Bestialität nicht weit ist. Ich wünsche mir, dass die Universitäten auch künftig diesen Beitrag leisten und das internationale beziehungsweise das übernationale Gespräch weiterhin suchen und pflegen und damit dem europäischen Auftrag gerecht werden.

Ich wünsche mir, dass wir auch in der Selbstreflexion zu einer positiven Wende kommen. Mit Selbstreflexion meine ich auch Publikationen über sich selbst. Ich wünsche mir, dass wir von der Auffassung Peter Glotz’ "Universität – im Kern verrottet" oder Reinhold Knolls "Uni im Out" zu einer N.N.-Publikation "Universität auf der Siegerstraße – Beifall für Kompetenzzentrum" kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Er hat das Wort.

9.33

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich darf mich mit dem Bildungsbudget beschäftigen, und da möchte ich mit einer relativ trivialen Feststellung beginnen, und diese lautet, dass dieses Budget genauso wie die Budgets der letzten Jahre im Bereich Bildung nicht halten wird. In den letzten Jahren sind die Überschreitungen gestiegen. Es gab im Jahre 1999 eine Überschreitung von 1,7 Milliarden Schilling, und wenn ich zu einem Wettbüro gehen müsste, dann würde ich auf eine Überschreitung in der Höhe von 2 Milliarden Schilling im Jahre 2000 setzen.

Ich möchte das aber ohne Bewertung sagen, weil das sonst gleich als Kritikpunkt ankommen kann. Bezüglich der Budgetpolitik ist es eine Kritik, natürlich, denn Budgets sollten so gestaltet werden, dass sie letztlich auch halten. Das ist aber keine Kritik dahin gehend, dass wir meinen, es werde im Bereich der Bildung zu viel ausgegeben. Das möchte ich einmal festgehalten haben.

Ich habe Sie, Frau Bundesministerin, schon im Budgetausschuss gefragt, mit welcher Überschreitung Sie rechnen. Diese Frage konnten Sie natürlich so nicht beantworten. Aber interessant erscheint mir doch die Antwort, dass bei den Personalkosten weiterhin Berechnungsunterschiede zwischen dem Finanzminister und Ihnen bestehen. Jetzt haben wir die Situation, dass seit Jahren ein Budget nach dem anderen nicht hält, und da meine ich: Irgendwann sollten diese Berechnungen auf einen Nenner gebracht werden können und sollte ein Budget erstellt werden, welches letztlich auch hält.

Ich sage Ihnen auch, wo aus meiner Sicht das Problem liegt: Ich kenne die Diskussion, die stattfindet, wenn der Rechnungsabschluss vorliegt. Es ist immer die gleiche Diskussion, und diese lautet: Die Lehrer sind zu teuer, wir können uns das Bildungssystem so nicht leisten, wir müssen sparen, weil Überschreitungen da sind.

Ich glaube, dass diese Form der Argumentation einfach nicht seriös ist, denn wenn die Budgetierung schon nicht seriös war oder nicht ausreichend erfolgte, dann geht es nicht darum, dass die Lehrer, dass die Schulen oder dass der Unterricht zu viel gekostet haben, sondern darum, dass man endlich ein Budget erstellen sollte, das dazu angetan ist, aus dieser Diskussion endlich herauszukommen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe mir die Mühe gemacht, dieses Budget, obwohl es nicht einfach ist, auch in seinen Unterpunkten genauer anzuschauen, und bin draufgekommen, dass die Personalkosten in einer Größenordnung von in etwa 3,5 Milliarden Schilling erhöht worden sind. Das ist eine Größenordnung, die ungefähr den tatsächlichen Erhöhungen entspricht, geht man vom letzten Budgetansatz aus. Das Problem ist nur, dass der letzte Budgetansatz überschritten wurde, und deshalb kann angenommen werden, dass es auch jetzt nicht anders sein wird.


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Worüber wir uns alle oder zumindest die meisten einig sind, ist der Umstand, dass bei den Personalkosten relativ wenige Einsparungsmöglichkeiten vorhanden sind. Die Bindung im Bildungsbudget wird bei den Personalkosten prozentuell immer höher. Soweit meine Zahlen stimmen, dürfte das mittlerweile etwa 94 Prozent ausmachen. Da gibt es einfach Vereinbarungen, Verträge, Ansprüche der Lehrer, aber es gibt – und das sage ich auch dazu – zumindest relativ wenige Vorschläge, wie man mittelfristig und auch langfristig damit anders umgehen könnte.

Sie haben zwar gesagt, den Forderungen werde weithin entsprochen. Ich halte dem entgegen: Im gescheiterten SPÖ/ÖVP-Pakt waren eine Abflachung der Einkommenskurve und eine Änderung beim Lebenseinkommen festgeschrieben. Jetzt ist das nicht mehr vorgesehen. Ich glaube, dass es strukturell – und zwar nicht nur im Bereich der Schule, sondern auch generell – ein ganz wesentlicher Schritt wäre, wenn wir endlich dazu kämen, dass junge Menschen mehr verdienen und die Steigerung im Alter entsprechend geringer wird. Gerade bei den Lehrern würde das zumindest auch bei den Pensionen bedeuten, dass es da doch zu Einsparungen kommen wird.

Dieser Punkt ist herausgefallen. Ich glaube, dass das perspektivisch gesehen durchaus einige Einsparungsaspekte mit sich bringen würde.

Aber gekürzt wurden die Ermessensausgaben, und das finde ich doch relativ interessant. Wir reden von Ermessensausgaben im Schulbereich, und wenn man sich dann anschaut, was das ist, dann kommt man drauf, dass das eigentlich die Sachkosten sind. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern es wirklich im Ermessen der Schule liegt, zu heizen, Mieten zu bezahlen oder Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen. Aber genau in diesem Bereich kommt man zu Kürzungen von in etwa 15 Prozent; teilweise ist es mehr, teilweise weniger, das variiert. Das ist der erste Bereich, in welchem Kürzungen erfolgen. Auch wenn Sie gesagt haben, die Schule sei flexibel und müsse dann eben jeweils selbst schauen, wo sie Einsparungen vornehmen könne, ist es doch so, dass wir auf einem Level angelangt sind, wo Einsparungen in der Form einfach nicht mehr möglich sein werden.

Wenn ich hier im Parlament mit Schulklassen unterwegs bin und an die Schüler die Frage stelle, was sie sich für die Schule wünschten, wenn es mehr Geld gäbe, dann kommt weniger die Antwort, dass sie Schikurse haben wollen. Ich habe erst diese Woche eine Schulklasse hier gehabt, und diese Schüler haben gesagt, sie hätten gerne neue Fenster.

Ich meine, dass das doch ein Beispiel ist, das die jetzige Situation charakterisiert. Ich glaube, dass es eine kurzsichtige Sache ist, denn wenn man ein bisschen auch mit Wohnen, Mieten und Bauen zu tun gehabt hat, dann weiß man, dass Investitionskosten, die man nicht gleich tätigt, in einigen Jahren wesentlich mehr Kosten verursachen. Es geht nicht darum, dass man diese Kosten wirklich einspart, sondern es geht darum, die Kosten aufzuschieben, doch ich glaube, dass das eine Einsparung ist, die auf Dauer gesehen eher zu weiteren Kosten führen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Dann gibt es Einsparungen, die ich mir nicht erklären kann, und auch Ihre Erklärung im Ausschuss hat mich nicht wirklich auf einen Stand gebracht, damit ich das nachvollziehen kann. Zu den Schulraumbeschaffungskosten sage ich: Okay, da betragen die Einsparungen 10 Prozent. Das ist das, was jetzt zwar eine Folge haben wird, was aber durchaus möglich sein wird. Aber wenn man bei den Mieten der Schulen um 565 Millionen Schilling kürzt – um 565 Millionen Schilling! –, dann frage ich mich schon, wie das geschehen soll. Das auf die neue Mietenpolitik der Bundesregierung zurückzuführen, scheint mir doch etwas merkwürdig zu sein, denn wenn dann die Bundesimmobiliengesellschaft weniger Mieteinnahmen hat, wird das dem Staatshaushalt wahrscheinlich nicht nachhaltig helfen.

Diese Einsparungen wurden übrigens auch von Experten, mit denen ich gesprochen habe, als unrealistisch eingeschätzt. Das kann in dieser Form wahrscheinlich nicht stattfinden.

Der dritte Bereich, in welchem Kürzungen vorgenommen werden können, ist jener der Alternativschulen, wo dies aber sehr schmerzlich ist. Ich möchte dazu später einen Abänderungsantrag einbringen. Es geht in diesem Bereich nicht um Privatschulen an sich, sondern um jenen Be


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reich der Schulen, wo es mit sehr viel Engagement der Schüler, aber vor allem auch der Eltern überhaupt ermöglicht wird, eine neue Form von Schule zu bilden. Ich meine damit zum Beispiel auch die Waldorfschulen. In diesem Bereich gibt es Einsparungen von bis zu 45 Prozent. Das muss man sich einmal vorstellen.

Natürlich war es auch bislang so, dass der Kostenbeitrag des Staates für diese Schulen ein sehr geringer war und im Wesentlichen die Eltern für das Zustandekommen dieser Schulen bezahlt haben. Nur: Noch einmal in diesem Bereich nachzulegen, wo Schülerinnen und Schüler schon jetzt den Staat wesentlich weniger gekostet haben als Schülerinnen und Schüler in den Regelschulen, halten wir für nicht angemessen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde betreffend das Bildungsbudget

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im Bundesvoranschlag für das Jahr 2000, Kapitel 12 Bildung und Kultur wird der VA-Ansatz 1/12256 um 9.630.000 ATS auf 93.983.000 ATS erhöht.

*****

Diese Erhöhung würde bedeuten, dass die Waldorfschulen und die Alternativschulen im gleichen Ausmaß budgetiert werden, wie das im Jahre 1999 der Fall war.

Ich würde Sie ersuchen, da es sich hiebei um eine im Vergleich zum Gesamtbudget äußerst geringe Erhöhung handelt, noch einmal zu überlegen, ob es nicht auch seitens der Regierungsfraktionen eine Möglichkeit gibt, diesem Antrag zuzustimmen.

Ich komme jetzt zu einem Punkt, der von der Bundesregierung bislang immer als Musterbeispiel im Bildungsbereich dargestellt wurde: zur Technologiemilliarde. Es gibt von uns keine Kritik daran, wenn beabsichtigt ist, Technologien in den Schulen auszubauen. Das ist überhaupt keine Frage! In den letzten Jahren standen die Schulen allerdings vor der Situation – und das sollte man auch einmal berücksichtigen –, dass sie im Wesentlichen ihre Computer, ihre Technologien aus den Ministerien bekommen haben, wo sie ausgeschieden wurden.

Ich nenne nur ein Beispiel: Eine HTL in Graz, die doch einen relativ hohen technischen Anspruch hat, ist nach wie vor mit 486er-Computern ausgestattet, sodass ein entsprechender Unterricht auf dem neuesten Stand der Technik nicht möglich ist.

Wir stehen auch vor der Situation, dass es im EDV-Bereich kaum eine Lehrerausbildung gibt, und auch, dass die Aufrechterhaltung dieser Infrastruktur in den Schulen nur dem Engagement von Lehrern zu verdanken ist. Da gibt es Lehrer, die sich mit Computern auseinander setzen, es gibt Lehrer, die dafür sorgen, dass die "Werkeln" weiter laufen, auch wenn sie schon ziemlich alt sind. Es gibt aber de facto keine Budgetierung dafür. Wenn man immer von den Ansprüchen der Lehrer spricht, dann sollte man auch berücksichtigen, dass sehr viel an Eigenengagement eingebracht wird, damit der Betrieb überhaupt aufrechterhalten werden kann. (Ruf: Das ist richtig!)

Ich sage Ihnen, dass im Verhältnis zu den Kürzungen der Ermessensausgaben, die Sie mit jährlich 1,3 Milliarden Schilling in den nächsten paar Jahren beziffert haben – hochgerechnet sind das etwa 5 Milliarden Schilling –, Investitionen in der Höhe von 1 Milliarde Schilling nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Das sind Realeinsparungen von 4 Milliarden Schilling. Wenn Sie nun eine Politik machen, wo das so hervorgestellt wird, sind Ihre Motive zwar für mich nachvollziehbar, aber in der Realität wird es anders ausschauen.


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Wir sind für eine ausreichende Budgetierung in diesem Bereich, wir halten die neuen Technologien für ganz wesentlich – auch in der Schule, auch in der Lehrerausbildung –, und wir sind dafür, dass entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Wenn 1 Milliarde investiert wird, aber 5 Milliarden eingespart werden, dann, muss ich sagen, ist das nicht die Politik, die wir uns vorstellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der budgetär ins Gewicht fällt, ist die Integration in der Schule. Ich habe auch dazu schon in der letzten Fragestunde eine Anfrage an Sie gestellt, und Sie haben gesagt: Das findet sowieso statt, und es fand auch bislang statt. – Das mag sein. Wir werden schauen, wie sich das entwickelt.

Ich möchte jetzt einen sehr positiven Punkt aus dem gescheiterten Koalitionsabkommen zwischen SPÖ und ÖVP hervorheben und daraus einen Absatz zitieren, der doch sehr fortschrittlich war. Es ist nämlich so, dass der Bereich muttersprachlicher Unterricht in dem neuen, nun gültigen Koalitionsabkommen nicht mehr enthalten ist. Ich möchte den ersten Absatz zitieren:

"Ziel des muttersprachlichen Unterrichts ist die bessere kindliche Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsbildung bei zweisprachigen Kindern und die Sprachförderung. Grundthese dabei ist, dass sich Kinder in der Sprache der neuen Heimat umso besser entwickeln, je besser sie in beiden Sprachen vorankommen. Mit eigens ausgebildeten SprachlehrerInnen werden in Kleingruppen die jeweiligen Muttersprachen gefestigt."

Das haben Sie in Beantwortung der an Sie in der Fragestunde gestellten Anfrage auch so dargestellt, dass Sie dem zustimmen. Ich bin mir jetzt nicht sicher – vielleicht können Sie das nachher beantworten. Im neuen Regierungsübereinkommen heißt es unter Punkt 3.4.:

"Bei der schulischen Integration soll diese Aufgabenstellung (z. B. Erhöhung des Stundenausmaßes in Deutsch) Priorität bei der Ressourcenverteilung der zur Verfügung stehenden ca. 2 000 Planstellen besitzen."

Diese 2 000 Planstellen sind genau jene Planstellen und jene Mittel, woraus bislang auch die muttersprachlichen Lehrer finanziert worden sind. Und wenn Sie die Priorität jetzt auf den Deutschunterricht setzen, dann muss das, wenn ich das richtig verstehe, zwangsläufig zu einer Einschränkung des muttersprachlichen Unterrichts führen. Genau das habe ich in der Fragestunde gemeint, und genau das halten wir auch auf Grund von Studien für einen falschen Ansatz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum letzten Punkt, zur Frage Demokratie in der Schule, Mitbestimmung und: Welche Rolle sollen SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern in den Schulen haben? Ich möchte auch auf einen Punkt zu sprechen kommen, der schon in der Fragestunde behandelt wurde. Ich habe Ihnen die Frage gestellt, ob Sie der Meinung sind, dass der Schulgemeinschaftsausschuss auch das Recht übertragen bekommen sollte, die Entscheidung über die Verwendung von Schulsponsoring-Geldern zu treffen. Sie haben – zumindest vom Inhalt her – geantwortet, dass Sie es nicht für sinnvoll halten, wenn Gremien Entscheidungen treffen – sie sollen zwar eingebunden werden, aber Gremien sollen keine Entscheidungen treffen –, die letztlich dann nicht dafür verantwortlich sind. Verantwortlich ist der Schulleiter; das war der Punkt.

Kollegin Schasching hat auch bei einem Punkt nachgefragt, nämlich der Einbindung der Schulpartner beim Schulversuch Mittelschule, und Ihre Antwort – ich habe mir das heute in der Früh noch einmal angehört – war, dass die Eltern schon eingebunden und befragt werden sollten. Mir ist allerdings das Wort "Schüler" abgegangen. Wir meinen aber doch, dass die Schüler bei den Schulpartnern ein ganz wesentliches Element sind.

Worauf ich dabei hinaus will, ist, dass es offenbar ein unterschiedliches Bild von Schule gibt – eines, das Sie haben, und eines, das wir haben. Ich würde meinen, dass Ihr Bild von Schule in gewisser Form ein nach wie vor hierarchisches Schulsystem mit klarer Aufgabenverteilung ist: der Direktor, die Direktorin, die Lehrerinnen, die Lehrer. Wir haben ein anderes Bild von Schule: Wir sprechen von einem partizipatorischen Modell, bei dem es eine entsprechende Schulform


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geben soll, wo Lehrer, Lehrerinnen, Schüler, Schülerinnen und die Eltern gemeinschaftlich darüber entscheiden sollen, wie Schule abläuft.

Wir glauben, dass es in einer Zeit, in der die Halbwertszeit des Wissens zunehmend geringer wird, in der eine langjährig planbare Berufslaufbahn für die meisten gar nicht mehr möglich ist, um andere Dinge geht als um simple Wissensanhäufung in den Schulen. Es geht um soziales Lernen, es geht vor allem um die Befähigung, Weiterbildung nach der Schule zu ermöglichen, darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, sich in der heutigen Welt wirklich orientieren zu können.

Hierarchisches Denken wird diesen Herausforderungen nicht gerecht werden, und wir werden bei jeder Gelegenheit unser partizipatorisches Modell Ihrem entgegenstellen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag des Abgeordneten Brosz zum Voranschlags-Ansatz 1/12256 ist ordnungsgemäß eingebracht und unterfertigt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

9.48

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verfolge die Debatte der letzten Tage sehr aufmerksam, vor allem die Ausführungen der Redner der Oppositionsparteien: der Sozialdemokraten und der Grünen. Die Inhalte sind fast durchgehend dieselben. Es wird von beiden immer wieder beklagt, dass es zu wenig Geld gibt, und zwar für alle Bereiche, ob das der Bildungsbereich, der soziale Bereich oder andere Bereiche sind. Es ist zu wenig Geld da, diese Regierung stellt einfach zu wenig Geld zur Verfügung.

Gleichzeitig war die Kritik am Finanzminister die, dass er die Budgetkonsolidierung nicht ambitioniert genug angegangen ist, obwohl er ja nicht wirklich die Verantwortung für das trägt, was wir jetzt an Problemen haben. Er hat sich die Ohrfeigen in Brüssel geholt, die eigentlich Kollegen Edlinger zugestanden wären. Er hat dieses schwierige sozialistische Erbe angetreten, weil er in schwierigen Zeiten Verantwortung für dieses Land übernimmt, Herr Kollege Edlinger, in Zeiten, in denen wir mehr als 1 700 Milliarden Schilling an Staatsverschuldung angehäuft haben. (Abg. Schwemlein: Zu welchem Tagesordnungspunkt?)  – Zum Budget, Herr Kollege! – 1 700 Milliarden Schilling, für die wir im Monat 9 Milliarden Schilling Zinsen zu bezahlen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist unglaublich!)

Herr Kollege Edlinger! 9 Milliarden Schilling Zinsen: das Ergebnis Ihrer Finanzminister-Tätigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das sind 300 Millionen Schilling Zinsen pro Tag! Meine Damen und Herren! Um diesen Betrag könnte man pro Tag 100 ganz nette Einfamilienhäuser bauen, hat mir Präsident Maderthaner mitgeteilt.

Wenn man sich das vorstellt: 100 nette Einfamilienhäuser könnten wir pro Tag um jenen Betrag bauen, der den Zinsen entspricht, für die Sie die Verantwortung tragen! Und da kommen Sie her und jammern, dass es kein Geld gibt? Wer wird die Schulden zahlen müssen, die Sie gemacht haben? – Diese Bundesregierung. (Abg. Edlinger: Mein Gott!) Und trotzdem wird dieser Staat weiter einer der führenden in der Europäischen Union sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Edlinger, das nur zu Ihrer Finanzpolitik, zum sozialistischen Erbe. Das müssen die Menschen wissen, bei denen heute die Fenster nicht ganz in Ordnung sind. (Abg. Edlinger: Ja, ja!) Wir können deshalb die Fenster in den Schulen nicht richten, weil Sie solch einen Mist gebaut haben, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Trotz dieser budgetären Probleme und des strikten Sparkurses ist es uns gelungen, dem Bildungsministerium eine einigermaßen gute finanzielle Ausstattung zu geben, weil auch diese


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Bundesregierung die Ansicht vertritt, dass die Zukunft noch größere Herausforderungen an das Bildungssystem stellen wird. (Zwischenruf des Abg. Edler. )  – Lokführer, bitte, misch dich ein, wo du dich auskennst, dann, wenn es um die Dampflok geht, aber nicht, wenn es um Bildung geht!

Sich rasch ändernde Bedingungen am Arbeitsplatz, neue Berufe, Herr Kollege Edler, von denen du nicht mehr viel mitbekommst, und rasche Weiterentwicklung in der Informationstechnologie sind Herausforderungen, denen sich die Verantwortlichen, die ... (Abg. Edler: Wie war das mit dem Sozialfonds?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Edler! Die Frage ist gestellt. Bitte, jetzt ist wieder der Redner an der Reihe.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): ... jetzt in der Bundesregierung sind, stellen müssen.

Aber jetzt, Herr Kollege Edler – ich habe gestern mit dem Kollegen Antoni gesprochen –, ist auch die Opposition eingeladen, sich konstruktiv einzubringen im Sinne von neu regieren. Herr Kollege Antoni, wir werden die Opposition nicht so, wie es bisher der Fall war, einfach nicht mitreden lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der neue Stil!) Ich habe dich gestern bereits eingeladen, einen ganz spezifischen Antrag mit uns gemeinsam zu verhandeln, ihn gemeinsam einzubringen und gemeinsam zu beschließen. Ich erneuere diese Einladung heute noch einmal öffentlich und recht höflich.

Wir alle wissen, Bildungspolitik ist keine tagespolitische Geschichte. Dabei geht es um das Setzen von Maßnahmen, um langfristige Entwicklungen einzuleiten. Noch einmal: Ich lade die Bildungspolitiker von den Sozialdemokraten und auch von den Grünen höflich ein, sich an der gemeinsamen Gestaltung der Bildungspolitik zu beteiligen.

Es ist auch ganz einfach, Kollege Antoni. Wenn ich mir das Regierungsprogramm anschaue, das du heute massiv kritisiert hast, muss ich sagen, es ist doch sehr ambitioniert. Es sind viele Vorhaben enthalten, die auch von euch in euer Übereinkommen, das schlussendlich nicht zustande gekommen ist, hineingenommen wurden. Es ist fast alles von dem enthalten, was in diesem Übereinkommen zwischen Sozialdemokraten und ÖVP ausverhandelt war. Es ist nur noch einiges dazugekommen, vor allem im Bereich Schulautonomie, Schulmanagement, Lehreraus- und -weiterbildung, worauf ich noch eingehen werde. Aber machen wir es doch gemeinsam! Das Angebot steht, es liegt an euch, ob ihr in Hinkunft nur kritisieren wollt oder ob ihr eure Vorstellungen einbringt, wir gemeinsam darüber reden und sie dann, wenn es passt, auch gemeinsam umsetzen. Die Zeit wird zeigen, ob ihr konstruktiv sein wollt oder ob ihr wirklich, wie manche behaupten, nur Fundamental-Opposition betreiben wollt. Schauen wir einmal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die "Schule neu", wie das "Regieren neu", soll grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln. Darin sind wir uns einig. Die Schlüsselqualifikationen sind unbestritten: Lernen lehren, motivieren zum Lernen, aber auch Kreativität und Zusammenarbeit sollen gefördert werden, das wird besonders wichtig sein. Das Vermitteln von Technologieverständnis ist uns allen ein Anliegen, das Vermitteln von Fähigkeiten, vor allem die neuen Technologien in den Unterricht so einzubinden, dass sie auch angewendet werden und es nicht nur beim isolierten Vermitteln bleibt. (Abg. Schwemlein: Warum tun wir es nicht?) Das wollen wir alle, also werden wir es miteinander machen.

Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, wird es in den nächsten Jahren mit Sicherheit diese Technologiemilliarde geben. (Abg. Schwemlein: Es fehlen die Ausbildungsplätze!) Die Frau Ministerin hat ja auch ein ambitioniertes Programm vorgestellt, in dem sie sagt: Alle Schulen ans Netz, jedem Schüler seinen Laptop. – Das muss man ihr lassen, sie hat ein sehr ambitioniertes Programm vor. Wir werden es hoffentlich gemeinsamen umsetzen, Kollege Schwemlein. (Abg. Schwemlein: Tu ich doch!) Ich hoffe, auch du wirst dich an der besseren Gestaltung der Zukunft unserer jungen Leute konstruktiv beteiligen. Du bist auch eingeladen, nicht nur Kollege Antoni. Schauen wir einmal, was du einbringen kannst! Was würdest du gerne einbringen? Was denn? (Abg. Schwemlein: Es fehlen Klassen in Elektrotechnik! Das ist "Politik neu"!


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Das kann es nicht sein! Wir brauchen Zehntausende Elektrotechniker!)  – Gut, in Ordnung. Keine Rede, ein Zwischenruf hätte genügt. Wir werden auch dafür Sorge tragen, dass dies unter Umständen zum Besseren entwickelt wird. Okay? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt noch viele weitere wichtige Vorhaben – nicht nur dieses –, bei deren Umsetzung ich euch um Unterstützung ersuche. Kollege Antoni, da sind wir natürlich ein bisschen unterschiedlicher Auffassung. Wir sagen, die Hauptschule muss bleiben. Wir werden sie aber aufwerten. Wir werden sie massiv aufwerten durch Einführung von Leistungsstandards, durch neue autonome Schwerpunktbildung, insbesondere in den Bereichen der Technik, in der Infotechnologie. Besonders wichtig wird auch die Weiterentwicklung der Polytechnischen Schule sein, mit dem Ziel, daraus ein Berufsfindungsjahr zu entwickeln, mit einem eigenen Zeugnis, was ich für sehr, sehr wichtig halte, damit es mehr Motivation gibt, diesen Schulzweig zu besuchen, mit einem Zeugnis, das unter Umständen auch Vorteile bringt, wenn man damit eine Lehre beginnt.

Ich könnte mir sogar vorstellen, dass dieses Zeugnis das erste theoretische Berufsschuljahr ersetzt und damit ein weiterer Anreiz für die Wirtschaft geschaffen wird, mehr Lehrlinge einzustellen. Damit hätten wir auch einen Ansatz für die Lösung der Lehrlingsproblematik, deren Lösung Ihnen ja nicht gelungen ist; das muss man schon sagen. Das ist ein innovativer Ansatz. Spielt mit! Vielleicht können wir da für die Lehrlinge etwas tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir hätten wahrscheinlich damit auch weniger Probleme in den ersten Klassen der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Du weißt genau, dass da die Schülerströme ziemlich falsch laufen und zur Belastung für jene werden, die diese Schule nicht nur ein Jahr besuchen, sondern auch abschließen wollen. Das wäre ein guter Beitrag zur Lösung auch dieses Problems.

Dritter Schwerpunkt der neuen Bildungspolitik, an der ihr euch beteiligen solltet: modernes Schulmanagement mit dem Ziel, die Autonomie rasch weiterzuentwickeln. Die Schule soll zum Bildungsunternehmen werden, mit dem schulischen Umfeld viel mehr kommunizieren, als es bisher der Fall ist, Aufträge auch für Wirtschaftsbetriebe übernehmen. Die Schulen der Zukunft müssen meines Erachtens, Frau Bundesminister, irgendwann die Vollrechtsfähigkeit bekommen, damit sie sich selbst Ziele setzen können und für die Erreichung dieser Ziele auch verantwortlich sind. (Abg. Dr. Kostelka: Jede Klasse sollte die Vollrechtsfähigkeit bekommen!) Es soll Schulmanager geben, Herr Kollege. Sie haben von dem, was Management ist, natürlich wenig Ahnung. Das sieht man daran, wie Sie Ihren Klub führen. Aber wir werden dafür sorgen, dass es Schulmanager geben wird. Diese sollen sich ihre Lehrer aussuchen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind freiheitliche Vorstellungen vom Bildungsunternehmen Schule (Abg. Schwemlein: So lange warst du auch nicht Bundesparteigeschäftsführer!), die wir hoffentlich gemeinsam mit der ÖVP umsetzen können. Für die Erreichung dieser Ziele brauchen wir engagierte und motivierte Lehrer, Herr Kollege Antoni. Deshalb werden wir auch die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass es in den Bereichen Lehreraus- und -fortbildung zu Neuerungen kommt. Es wird vor allem die Fortbildung von Privaten übernommen werden müssen. Schlussendlich – daran arbeiten das Ministerium und die Frau Bundesminister auch – werden wir Anreizsysteme im Besoldungssystem schaffen müssen, dass Leistung belohnt wird, dass nicht alle, egal, wie viel und was sie tun, gleich bezahlt werden. Leistung muss sich auch in der Schule lohnen, dann ist mir um die Bildungspolitik in diesem Lande nicht bang. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend, Herr Kollege Antoni, noch einmal die Einladung: Arbeitet konstruktiv mit! Bringt euch ein! Wir werden uns über jeden konstruktiven Beitrag freuen, diesen gerne aufnehmen und umsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

9.59

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Bildung als ganz wesentliche Zukunftsherausforderung hat im Budget 2000 einen besonders hohen Anteil. Es ist der höchste Anteil, den ein Bildungsbudget am Gesamtbudget jemals hatte, nämlich 9,7 Prozent. Natürlich ist es so, dass der Personalaufwand ein ganz wichtiger Teil des Bildungsbudgets ist. Und da möchte ich auf einige Bemerkungen von Vorrednern eingehen.

Herr Kollege Brosz! Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, dass immer wieder erwähnt werde, die Lehrer seien zu teuer. – Ich habe überhaupt noch nie gesagt, die Lehrer sind zu teuer, sondern vielmehr und sehr oft betont, dass Lehrerinnen und Lehrer die wichtigsten Bestandteile der Schule sind. Ich meine, dass Lehrerinnen und Lehrer das Schulleben ausmachen. Deshalb sind sie unverzichtbar – und deswegen sind die Kosten für Lehrerinnen und Lehrer von einem Bildungsbudget zu tragen. Das war immer und ist mein Standpunkt dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass diese Personalkosten von der Altersstruktur abhängig sind, haben wir auch sehr oft erwähnt. Und die Altersstruktur ist eben so, dass sich sehr viele Lehrerinnen und Lehrer in höheren Gehaltsstufen bewegen; deswegen steigen die Personalkosten auch in besonderem Maße. Das ist jedoch ein Faktum, wofür man den Lehrerinnen und Lehrern keinen Vorwurf machen kann. Wir brauchen diese ganz, ganz wichtigen Mitarbeiter, und ich bin froh darüber, dass wir so viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Natürlich ist es uns ein Anliegen – wie von Vorrednern auch gesagt wurde –, das Lehrer-Dienstrecht neu zu gestalten. Wir sind dabei: Von einer Arbeitsgruppe wird ein Entwurf erarbeitet; es gibt eine Neuverteilung des Lebensgehaltes, damit die jungen Kolleginnen und Kollegen ein höheres Einstiegsgehalt bekommen, die Gehaltskurve dann aber abflacht.

All diese Maßnahmen befinden sich, wie gesagt, in Ausarbeitung – und wir werden das mit der Gewerkschaft sehr verantwortungsbewußt diskutieren und auch durchführen.

Herr Kollege Brosz! Ich möchte jetzt auch noch etwas zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen bezüglich des muttersprachlichen Unterrichts sagen. Ich habe schon mehrfach klar und deutlich festgestellt, dass all diese Fragen gesetzlich geregelt sind. Es ist daher auch nicht notwendig, das in ein Regierungsprogramm hineinzuschreiben. Gesetzlich geregelt ist etwa, wie groß die Gruppen sind, wer den muttersprachlichen Unterricht erhält, und es ist auch gesetzlich geregelt, wer einen Zusatzunterricht in Deutsch erhält.

Ganz klar haben wir auch festgehalten, dass es für die Integration notwendig ist, dass die Kinder sowohl in der deutschen Sprache als auch in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, denn das ist wichtig für deren Identität. Und dafür stehen in Österreich 2 000 Dienstposten zur Verfügung. Ich meine jedenfalls, damit haben wir gute Chancen, diese gesetzlich festgelegten Maßnahmen zu erfüllen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun zu einigen ganz wichtigen Schwerpunkten im Bildungsbereich. Ein wichtiger Schwerpunkt für die Zukunft sind alle Herausforderungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien,  also alles,  was mit einem "I" beginnt: e-Learning, Internet, e-Commerce (Ruf bei der SPÖ: Sie meinen wohl, Frau Minister: alles, was mit "i" und "e" beginnt!), e-Government, also alles Zukunftsbereiche. Wir haben hiefür ein eigenes Projekt gemacht: e-Austrian in e-Europe, in dem ganz klar aufgelistet wurde, was die Herausforderungen der Europäischen Union sind.

Wer Interesse hat und wer sich mit den neuen Technologien bereits beschäftigen kann, wer also schon ein e-Mail abrufen, wer schon auf der Homepage des Ministeriums nachschauen kann, der kann sich aus dem Internet das gesamte Programm der Regierung herausholen.

Ich halte fest, dass im Schulbereich, dass im Bildungsbereich mit der EU folgende Ziele vereinbart wurden: bis zum Jahre 2001 Zugang aller Schulen zum Netz, bis zum Jahre 2002 alle erforderlichen Lehrer im Umgang mit Internet und neuen Medien schulen – ich halte fest: "alle


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erforderlichen" Lehrer ist die Diktion –, Schulen zu lokalen Mehrzwecklernzentren weiterentwickeln und ein europaweites Diplom für Ideenfertigkeiten umsetzen.

Bereits jetzt ist die Situation so, dass alle Bundesschulen einen Zugang zum Internet haben; bei den Pflichtschulen sind es 45 Prozent, bei den Berufsschulen 63 Prozent. Dort fällt das in die Kompetenz der Schulerhalter, also der Länder und Gemeinden. Ich bedanke mich jedenfalls von dieser Stelle aus bei allen, die da kräftig investieren.

Es wurden in den letzten Jahren 800 Millionen Schilling in die Technologie-Offensive investiert. Es ist jetzt im Ministerium eine Steuerungsgruppe im Entstehen, welche uns sagen soll, an welchen Rädern sozusagen gedreht werden muss, um diese Computer-Milliarde, die ab Herbst 2001 zur Verfügung stehen wird, sinnvoll einzusetzen. Ich sage jetzt gleich und ganz klar: Es ist nicht sinnvoll – und das ist von mir auch nie gesagt worden –, dass jeder Volksschüler einen über das Ministerium finanzierten Laptop erhält. Sinnvoll ist es jedoch, Systeme zu finden, damit es etwa durch Leasing, durch Zusammenarbeit mit Wirtschaftsbetrieben Schülerinnen und Schülern ermöglicht wird, einen Laptop zu haben, den sie dann auch daheim verwenden können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist auch nicht sinnvoll, alle Zugänge zu den Schulen selbst zu bezahlen. Sinnvoller ist es vielmehr, auf zukunftsweisende Technologien zu setzen. Wer in letzter Zeit Nachrichtensendungen aufmerksam verfolgt hat, wird sicherlich auch gehört haben, dass die Niederösterreichische Energieverwertungsagentur ein Modellprojekt vorgestellt hat, das es möglich macht, Daten via Stromleitung und mittels Modem zu empfangen. Das sind moderne Entwicklungen, und damit werden wir die Chance haben, mit vernünftigen Investitionen die Zugänge zu den Schulen zu erweitern und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, mit modernsten Geräten zu arbeiten.

Da hier auch gesagt wurde: mehr Schulen mit Elektrotechnik-Schwerpunkt. – Meine Antwort darauf: Schulen müssen alte Schwerpunkte, die nicht mehr gefragt sind, auflassen und neue Schwerpunkte setzen. Die Zahl der Schüler wird nämlich nicht so wesentlich steigen.

Wir müssen uns aber auch zum Beispiel fragen: Brauchen wir die Klassen für Mode- und Bekleidungstechnik noch? Finden diese jungen Absolventen eigentlich überhaupt einen Arbeitsplatz – oder wäre es nicht vernünftiger, wir verwenden diese Ressourcen für eine technologische Ausbildung?

Man muss also davon ausgehen, dass neue Schwerpunktsetzungen getroffen und alte Schwerpunktsetzungen aufgelassen werden. Es geht nicht: immer mehr dazu und noch dazu, denn wir werden in Zukunft gar nicht diese Zahl an Schülern haben, um stets etwas dazugeben zu können. Diese neue Schwerpunktsetzung stellt also eine große Herausforderung dar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Als Schwerpunktsetzungen erwähne ich beispielsweise die Fremdsprachen-Offensive: Das Jahr 2001 ist "Jahr des Fremdsprachen-Lernens", wobei es mir ein besonderes Anliegen ist, auch unsere Nachbarländer in Mitteleuropa in diese Fremdsprachen-Offensive miteinzubeziehen. Weiters erwähne ich in diesem Zusammenhang die Qualitäts-Offensive, auch das Schulentwicklungsprogramm, das an den Schulen umgesetzt wird.

Auf einige unterschiedliche Zielsetzungen möchte ich hier allerdings auch hinweisen. Es wird ja immer wieder behauptet, es gäbe ideologisch unterschiedliche Zielsetzungen. – Ich sage Ihnen, es gibt unterschiedliche Zielsetzungen, wie wir Jugendlichen die bestmögliche Ausbildung angedeihen lassen können. Ich glaube nicht, dass es die bestmögliche Ausbildung ist, wenn ein junger Mensch sozusagen in der falschen Schule sitzt.

Deshalb müssen wir ernsthaft überprüfen, ob junge Menschen, die zum Beispiel vier, fünf oder mehr "Fünfer" in einer berufsbildenden höheren Schule haben, in der richtigen Schule sitzen.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode die Maßnahme, dass Jugendliche, die mehr als drei "Fünfer" haben, nicht mehr wiederholen können, sistiert, und zwar auf Wunsch der SPÖ. (De


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monstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Wir haben dazu eine Studie erstellen lassen, und diese zeigt klar auf, dass diese jungen Menschen auch dann, wenn sie repetieren, keine Chance haben, diese Schule fertig zu machen.

Wir müssen uns also fragen – auch zum Wohle der jungen Menschen –: Was ist das bestmögliche Bildungsangebot?

Es wird dauernd gefordert, alles unentgeltlich zu machen. Es wird ja auch zum Beispiel immer wieder die Forderung gestellt, die Berufsreifeprüfung müsse kostenfrei sein. – Meine Damen und Herren! Ich verstehe eigentlich die Einstellung nicht, dass Bildung etwas ist, was man jedem sozusagen nachschmeißen müsse, und zwar unentgeltlich und kostenfrei. Bildung ist offensichtlich für Sie kein Gut, das auch etwas kosten darf. Für mich ist Bildung ein Gut  – und ich meine, das sollten wir schon bedenken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei der Berufsreifeprüfung wird derzeit ein kleines Entgelt verlangt – und es wird bezahlt. Über 4 000 junge Menschen bereiten sich auf die Berufsreifeprüfung vor. Warum sollte man das also ändern?!

Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie reden immer davon, was sozial gerecht ist. – Ich sage Ihnen: Sozial gerecht ist es nur, wenn wir das differenzierte, flexible und durchlässige österreichische Schulsystem weiterentwickeln und verbessern, sodass wir mit der Lebens- und Ausbildungszeit junger Menschen sorgsam umgehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und sozial gerecht ist es auch nur, wenn das Budget heute so gestaltet wird, dass die notwendigen Weiterentwicklungen im Bildungsbereich auch morgen bezahlt werden können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Die Uhr ist auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

10.10

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst auf ein paar Aussagen eingehen, die Frau Bundesministerin Gehrer hier gemacht hat.

Es freut mich, dass Sie dieses Zweisprachige auch bereits ins Parlament hereinbringen. Als Sie ausführten, alles, was mit "i" beginne, sei wichtig, haben Sie – nehme ich an – alles, was mit "i" oder "e" beginnt, in einem Ausdruck zusammengefasst, also beispielsweise Informationstechnologien und e-Commerce. Das ist sicherlich richtig, da kann ich Ihnen zustimmen.

Wir können Ihnen aber nicht zustimmen, wenn Sie die Frage aufwerfen, warum im Bildungsbereich alles kostenlos sein müsse. Es hat ja niemand von uns behauptet, dass alles kostenlos sein muss, und das ist es auch nicht. Aber wir müssen die Belastungen gerecht verteilen. Und es ist nicht gerecht, Frau Bundesministerin, dass jemand die Möglichkeit hat, etwas zwei-, dreimal zu wiederholen, und andere, die etwa eine Berufsreifeprüfung machen wollen und sich darauf vorbereiten, 40 000, 50 000 S dafür zahlen, nur weil sie zunächst den Weg der Lehre gewählt haben. Es bestehen also große Unterschiede, und wir meinen, es muss Gerechtigkeit geben, vor allem auch in der Bildungspolitik! Das ist unser Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens fällt auf, dass es in Ihrer Politik offensichtlich zwei Schubladen gibt. Die eine ist die obere Schublade, die die Frau Bundesministerin jetzt aufgemacht hat – und Frau Kollegin Brinek. Da wird mit uns, mit der Opposition freundlich umgegangen. Und in die etwas tiefere Schublade hat Herr Kollege Schweitzer am Anfang hineingeschaut und uns gesagt, was wir alles falsch gemacht hätten.

Da Sie immer wieder betonen, welch schwierige Situation Sie übernommen haben, ja beinahe übernehmen haben müssen – wir haben Sie ja bekanntlich "gezwungen", in dieser extrem


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schwierigen Situation zu regieren –: Lassen Sie mich zu diesem negativen Bild von Österreich, das Sie dauernd zeichnen ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht von Österreich, sondern von der Politik der Sozialisten!) Sie schildern hier, von diesem Rednerpult aus, eine ausgesprochen negative Situation, in der Sie die Regierungsverantwortung übernommen haben.

Lassen Sie mich jetzt den Herrn Bundeskanzler zitieren, das, was der am Tag der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch diese Koalition über Österreich gesagt hat, und zwar auch darüber, wie wir dieses Land hinterlassen haben (Abg. Gaugg: Das wissen wir! Sie sind nicht der Vorleser der Nation! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Einen Sauhaufen!): Mit dem Jahre 2000, so Bundeskanzler Schüssel, hat eine neue Epoche begonnen, und die Österreicherinnen und Österreicher können am Beginn des 21. Jahrhunderts stolz sein. Es gab noch nie so gute Voraussetzungen für unser Land. – Zitatende.

Das war unsere Bilanz! Wir wären froh, wenn Sie das auch sagen könnten, wenn Sie einmal nicht mehr in der Regierung sein werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fischl: Darauf werdet ihr lang warten müssen!)

Zu den Schalmeientönen, die wir zu hören bekommen: Arbeiten wir doch zusammen, tun wir doch gemeinsam etwas! – Sehr gerne, wirklich sehr gerne im Interesse der Bildungspolitik, im Interesse der Schulen, der Universitäten, der Forschung.

Wenn Kollege Schweitzer so im Hinüberrufen Kollegen Schwemlein fragt: Was möchtest du denn gerne haben, welchen Wunsch sollen wir dir denn erfüllen?, dann kommt mir das so vor, Frau Ministerin, als ob er geistig schon hier sitzen würde (der Redner weist auf die Regierungsbank), weil er dann – gewissermaßen als Minister – sagen kann: Ja, diese HTL kriegst du, lieber Emmerich Schwemlein – oder so ähnlich. Aber bitte, so kann man ja nicht Politik machen.

Wir bieten Ihnen die Zusammenarbeit an. (Der Redner zeigt die Broschüre: "Bildung = Zukunft" – das bildungspolitische Programm der SPÖ.) Wir haben das einzige umfangreiche bildungspolitische Programm aller Parteien Österreichs. Es gibt zwar mehr oder weniger umfangreiche Papiere, aber was hier drinnen steht, ist ein vom Beginn bis zur Erwachsenenbildung durchgängiges und schlüssiges Programm. Sie werden nicht mit allem einverstanden sein, das ist uns bewusst. Aber es wird vieles geben, was heute auch angesprochen wurde, wo Sie mitgehen können. Lesen Sie es durch, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, und sagen Sie uns, was Sie gemeinsam mit uns verwirklichen wollen. Das wird die Basis für die Zusammenarbeit sein – und nicht Zurufe! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Letztes zu den Vorrednern, zu den Schalmeientönen, Kollege Schweitzer, die da in unsere Richtung erklungen sind. In diesem Zusammenhang muss man natürlich auch eines wissen – das ist Ihnen ja bekannt, aber das weiß in Österreich sicherlich nicht jedermann –: Schulgesetze sind eine Zweidrittel-Mehrheit-Materie. Inzwischen scheint ja auch diese Bundesregierung verstanden zu haben, dass sie uns im schulgesetzlichen Bereich nicht bloß Angebote machen kann. (Abg. Mag. Schweitzer: Du, Erwin, wenn du jetzt so redest, dann wird es auch schwer!) Sie brauchen uns, Kollege Schweitzer, Sie brauchen uns, und das wissen Sie! Wir sind auch froh darüber, dass es einen Bereich gibt, in dem diese Zusammenarbeit stattfinden muss, denn auf freiwilliger Basis haben wir an Zusammenarbeits-Angeboten bisher noch nichts erlebt, und zwar rein gar nichts!

Seitens der Regierung wurde beispielsweise angekündigt, uns jetzt das Material zu diesem "Rat für Technologie" zu schicken – niemand hat vorher mit uns darüber gesprochen. Da braucht ihr uns nämlich nicht, das könnt ihr mit einfacher Mehrheit beschließen. Dort aber, wo ihr uns braucht, redet ihr vorher mit uns! – Das ist eine Tatsache, und das muss man auch wissen, um beurteilen zu können, wie "ernst" eure Zusammenarbeitsangebote gemeint sind, nämlich überhaupt nicht ernsthaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Das stimmt so nicht!) Kollege Amon, ich habe jetzt absichtlich nicht zu Ihnen, sondern hauptsächlich in Richtung Freiheitliche geschaut. Ich weiß schon, dass es da Unterschiede gibt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in der noch verbleibenden kurzen Zeit auf zwei weitere Themen eingehen, und zwar auf die Erwachsenenbildung und die Informationstechnologie.


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Präsident Fiedler hat am Dienstag hier im Hohen Hause gesagt, der Rechnungshof habe etwas über 300 Millionen Schilling zur Verfügung. Das sind 0,2 Promille des Budgets, und das ist sehr wenig. – Die Erwachsenenbildung, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Zukunftssektor der Bildung schlechthin, hatte aber nicht einmal diese 300 Millionen, sondern lediglich rund 160 Millionen Schilling zur Verfügung – und in diesem Budget ist das noch auf 111 Millionen Schilling gekürzt worden! Das sind weniger als 0,1 Promille des Budgets für die Erwachsenenbildung, für den Zukunftssektor der Bildung schlechthin. Das ist ein schweres Versäumnis dieser Bundesregierung bei der Erstellung dieses Budgets. Und wenn es nur das wäre, wäre das bereits ausreichend, um diesem Budget nicht die Zustimmung zu erteilen.

Sowohl die Industriellenvereinigung als auch der ÖGB-Vorsitzende Fritz Verzetnitsch haben eine Weiterbildungs-Milliarde gefordert. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wo ist denn dieses gemeinsame Anliegen in diesem Budget verwirklicht? Selbst der Rechnungshof hat gemeint – und der ist bestimmt nicht fürs Geldverschwenden bekannt –, wir müssten in die Erwachsenenbildung mehr investieren. – Tatsache ist jedoch, diese wird von 160 auf rund 111 Millionen Schilling gekürzt, obwohl es Konzepte für diesen Bereich gäbe, auch aus dem Ministerium, die ich für sehr gut halte.

Ein Ministerium, liebe Kolleginnen und Kollegen, das einer der Säulen des Bildungssystems einen derart beschämenden Platz zuweist, verdient eigentlich gar nicht, Bildungs ministerium genannt zu werden. – Ich weiß, das ist eine harte Aussage, aber dieser geringe Stellenwert für die Erwachsenenbildung ist eines Bildungsministeriums nicht würdig. (Beifall bei der SPÖ.)

Zuletzt zur Informationsgesellschaft: Laptop ja, Laptop nein?, das ist die Frage. Wir haben uns daher gedacht, wir bringen einen Entschließungsantrag ein, damit geklärt ist, dass mehr Mittel für diese Informationstechnologien zur Verfügung gestellt werden müssen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni, Christian Faul, Mag. Kurt Gaßner, Mag. Christine Muttonen, DDr. Erwin Niederwieser betreffend Bericht des Budgetausschusses (80 und Zu 80 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 sowie Anlagen (60 und Zu 60 der Beilagen) zu Informationstechnologie – Offensive an Schulen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert im Sinne des Beschlusses des Europäischen Rates und den Empfehlungen des Rechnungshofes die Ausstattung aller Schulen mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien rasch zu forcieren und Maßnahmen zu setzen, damit alle SchülerInnen und Erwachsenen jederzeit die Möglichkeit haben, diese zu nutzen.

Weiters muss die Lehreraus- und Fortbildung im IT-Bereich konsequent ausgeweitet, die Schulen als moderne Lernzentren zugänglich gemacht und die Möglichkeit zur Aus- und Fortbildung allen Bevölkerungsgruppen eröffnet werden.

*****

Das sollte etwas sein, worüber wir uns einig sind. Ich würde Sie bitten – es ist das "nur" ein Entschließungsantrag –: Geben Sie dem Ihre Zustimmung!

Lassen Sie mich mit einem Zitat aus dem Buch "Zukunft gewinnen, Bildung erneuern" schließen. Es wird darin Aris de Geus, langjähriger Personalvorstand von Shell und zurzeit Direktor der London Business School, mit dem Satz zitiert:


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24. Sitzung / Seite 28

"Im Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft behält die Nase vorn, wer das explosionsartig anwachsende weltweite Wissen am besten für die Entwicklung neuer Produkte und kostensparender Produktionsmethoden nutzt. Die Fähigkeit, schneller und besser zu lernen als die anderen, ist der einzig wirklich dauerhafte Wettbewerbsvorteil."

Eine Einladung an die Nachrednerinnen und -redner der Regierungsfraktionen (der Redner hält eine Ausgabe des Bundesvoranschlages 2000 in die Höhe): Zeigen Sie uns eine Zeile aus diesem umfangreichen Budget, in der dieser Forderung Rechnung getragen wird! Eine Zeile! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Das ganze Buch!)

10.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser verlesen hat, ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. Darüber wird am Ende der Beratungen abgestimmt werden. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Dr. Niederwieser –: 300 Millionen Schilling an Zinsen pro Tag!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Dr. Niederwieser –: Erwin! Stell dir vor, wir könnten die 300 Millionen in die Bildung stecken, täglich, die wir für die Zinsen brauchen wegen eurer Budgetpolitik!)

10.20

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich zunächst auf ein paar Anmerkungen eingehe, die von Vorrednern getätigt worden sind.

Am Beginn des heutigen Tages hat Herr Abgeordneter Antoni gesprochen und uns vorgeworfen, wir wären sozusagen die Strukturkonservativen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich möchte das so nicht stehen lassen, denn der Vorwurf ist natürlich schnell erhoben. Ich glaube, wir sollten hier wirklich versuchen – das ist es ja auch, was Kollege Niederwieser jetzt hier anzubringen versucht hat –, gerade aus dem Bildungsbereich parteipolitisches Gezänk und Kleinkariertheit herauszuhalten. Wir alle ringen hoffentlich gerade in diesem Bereich nach den besten Lösungen, und da sollte man wirklich gemeinsam versuchen, diese zu finden, aber nicht in erster Linie die Ideologie in den Vordergrund rücken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Ich möchte meinen Kollegen Schweitzer insofern in Schutz nehmen – nicht seine Rede, das ist nicht meine Aufgabe –, als ich ausdrücklich sage, dass ich gestern dir, Kollege Niederwieser, angeboten habe, dass wir uns bezüglich eures Antrags, der auf der Tagesordnung des Unterrichtsausschusses steht, ausdrücklich bemühen – was auch in Absprache mit Kollegen Schweitzer geschieht – und versuchen, eine gemeinsame Vorgangsweise zu finden. Du hast dich prinzipiell positiv dazu geäußert; bitte nimm dieses Angebot auch an! Nehmen Sie von den Sozialdemokraten dieses Angebot einer echten, konstruktiven Zusammenarbeit im Sinne einer guten österreichischen Bildungspolitik an! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schweitzer. )

Es wurde die mangelnde soziale Treffsicherheit des österreichischen Bildungssystems, insbesondere des Schulbereichs, kritisiert. Dem möchte ich entschieden entgegentreten. Wir haben in Österreich Gott sei Dank ein Schulsystem, das denjenigen, die die Schule besuchen, und deren Eltern weitestgehend kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Das ist eine große Errungenschaft, und dazu bekennen wir uns. Aber ich stelle mir hier die Frage, wo Sie mangelnde soziale Treffsicherheit ausmachen können, wenn ein Bildungssystem den Betroffenen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Da muss ja die soziale Treffsicherheit jedenfalls gewährleistet sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Brosz! Sie haben das Budget kritisiert. Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass Bildungspolitik nicht einzig und allein mit Budgetzahlen zu machen ist. Nur weil es im Budget das eine oder andere Prozent mehr für Bildungspolitik gibt, heißt das noch lange nicht, dass damit automatisch auch die Qualität einer guten Ausbildung sichergestellt werden kann, sondern es geht vielmehr um die Frage der Inhalte. Es geht um die Frage der Lehrer: Wie gut


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ausgebildet sind die Lehrer? – Die österreichischen Lehrer – das drücken auch alle internationalen Studien aus – leisten hervorragende Arbeit in unseren Schulen, ebenso die Professoren an den Universitäten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Es ist mir auch zu einfach, so zu kritisieren, wie Sie es getan haben, dass 94 Prozent des gesamten Bildungsbudgets für Personalkosten ausgegeben werden. Es sind im Übrigen nicht ganz 94 Prozent, sondern etwas mehr als 90 Prozent. Aber unabhängig davon muss man sich dazu bekennen, dass es das Wichtigste im Schulsystem ist, dass wir gute Lehrer haben.

Ich denke, wir sollten versuchen, die Idee, die wir seit langem diskutieren, nämlich die Frage der Umverteilung der Lebenseinkommenskurve zu Gunsten des Beginns des beruflichen Prozesses – das gilt im Übrigen nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern sollte verbreitet auch in der Privatwirtschaft Einzug halten; dort sind vor allem die Sozialpartner im Wege ihrer Kollektivvertrags- und Lohnverhandlungen gefordert –, zu forcieren. Das macht Sinn, aber das wird am Ende – und da soll man sich bitte keiner Illusion hingeben! – nicht billiger sein. Es wird auch nicht teurer sein, sondern es findet eben eine Umverteilung in Richtung Beginn statt. Das macht Sinn, weil man dadurch insbesondere jungen Leuten, wenn sie am Beginn ihrer Berufslaufbahn stehen, bei der Familiengründung, bei der Eigenheimschaffung und ähnlichem behilflich sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nennen wir die Budgetzahlen konkret, damit wir sehen, dass Ihnen, Frau Bundesministerin, im Rahmen der Budgetverhandlungen auch einiges gelungen ist. Ich meine, wir sollten uns – da sind insbesondere die Sozialdemokraten angesprochen – nicht herstellen und so tun, als gäbe es kein Budgetproblem. Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Ihnen und unserer Fraktion ist es ja evident geworden, auch wenn Sie heute sagen, es gilt das alles nicht, was in diesem Vertrag gestanden ist – auch wenn er von unserem Parteivorstand verabschiedet worden ist und von Ihrem letztlich nicht. Sie sagen heute, das alles gilt nicht. Das ist schon recht und schön – aber eines ist damit bewiesen: dass ein Budgetproblem vorhanden ist! Auch Sie können sich vor dieser Verantwortung nicht drücken.

Wenn Sie das Bildungsbudget und dort das Kapitel 12 betrachten, dann werden Sie feststellen, dass wir mit 76 Milliarden Schilling im Voranschlag eine Steigerung des Budgets um 4,5 Prozent erreicht haben, eine Steigerung um 4,5 Prozent gegenüber dem Voranschlag des Jahres 1999 und selbst gegenüber dem Erfolg des Jahres 1999, also den realen Budgetzahlen – weil Abgeordneter Brosz kritisiert hat, dass der Voranschlag nicht erreicht worden ist. Selbst gegenüber dem Erfolg des Jahres 1999 gibt es eine Budgetsteigerung um 2,1 Prozent. Frau Bundesministerin, da ist Ihnen wirklich etwas gelungen! Wir sind froh, dass wir das System in dieser bewährten Qualität aufrechterhalten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich einiges Grundsätzliche darüber sagen, wie wir uns die Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode vorstellen. Heute ist ja nicht der Tag der Abrechnung darüber, wie sich das Bildungssystem in dieser Legislaturperiode entwickelt hat, sondern wir stehen am Beginn dieser Legislaturperiode. Bitte beurteilen Sie uns am Ende der Legislaturperiode; die Wählerinnen und Wähler werden das zweifelsohne auch in positiver Weise tun!

Uns geht es im Bildungssystem um ein wenig mehr an Eigenverantwortung, sowohl was das Individuum als auch was die Bildungseinrichtungen anlangt. Wir wollen ein Mehr an Autonomie, ein Mehr an Selbständigkeit für die Bildungsinstitutionen, weil wir glauben, dass kleinere Einheiten flexibler sind und rascher auf die sich immer schneller verändernde Umwelt reagieren können. Wir wollen ermöglichen, dass es verstärkt auch private Einrichtungen gibt, nicht nur im Universitätsbereich und bei den Fachhochschulen, sondern auch im Schulbereich. Wir wollen eine erhöhte Flexibilität erreichen, insbesondere was die Anrechnung gleichwertiger Ausbildung anlangt.

Die Frau Bundesministerin hat darauf hingewiesen, dass es darum geht, jungen Menschen Lebenszeit zu ersparen und mit ihrer Lebenszeit sorgsam umzugehen, also nicht unnötige Zeit in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist es mir dann zu einfach, zu sagen: Wie gehen wir mit


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denjenigen um, die eine Schulstufe nicht schaffen? Kann es da eine Automatik geben? Kann es so sein, dass ganz selbstverständlich, unabhängig davon, wie die Leistung aussieht, ein Aufstieg in die nächsthöhere Schulstufe ermöglicht wird?

Ich denke, dass wir den jungen Leuten damit keinen guten Dienst erweisen, und zwar deshalb nicht, weil diejenigen, die wir heute in unterschiedlichen Stiftungen und Weiterbildungsmaßnahmen haben, oftmals Probleme haben, die ihre Ursache in ganz anderen Schulstufen haben, etwa in der Volksschule, weil dort zum Teil nicht sichergestellt worden ist, dass die Kulturtechniken entsprechend vermittelt werden. Ich denke, dass die Fehler, die dort gemacht werden, früher erkannt werden müssen. Wir brauchen ein umfassendes Frühwarnsystem. Damit können wir meiner Ansicht nach sicherstellen, dass junge Leute auch im Berufsleben oder im Studium erfolgreich sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, dass die Frau Bundesministerin mit ihrer Offensive im Bereich der neuen Informationstechnologien einen Schwerpunkt gesetzt hat, der wirklich notwendig ist. Hier geht es auch darum, dass wir rasch handeln, rasch agieren; ich denke, dass das Bildungssystem in diesem Bereich reagieren muss. Ich halte das für falsch, was uns die rot-grüne Koalition in Deutschland vorzeigt: mit einem Green-Card-Modell einfach die für diesen Bereich notwendigen Arbeitskräfte ins Land holen. Wir würden damit nämlich den Druck aus dem Bildungssystem herausnehmen, der notwendig ist, um diese – ich möchte es fast so nennen – zusätzliche Kulturtechnik zu erlernen. Der Umgang mit den modernen Techniken, mit dem Internet, mit den Laptops – wenn Sie so wollen –, mit den Computern, ist heute quasi eine Kulturtechnik. Ich bin dafür, dass wir das unseren österreichischen Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben und hiefür nicht Know-how zukaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich noch einmal ausdrücklich ein Angebot für eine konstruktive Zusammenarbeit im Unterrichtsausschuss machen. Ich hoffe, dass wir unser gutes System in der Form aufrechterhalten können, dass wir es weiterentwickeln, dass wir es an die modernen Anforderungen heranbringen und dass wir auf diese Weise zusammen mit unserer Frau Bildungsministerin am Ende dieser Legislaturperiode ein erfolgreiches Ergebnis vorlegen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.32

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Man kann natürlich alles dreimal sagen – an den Tatsachen ändert sich relativ wenig. Sie wissen, dass die versprochenen Investitionen in die Forschungen und in die Universitäten nicht im zugesagten Ausmaß erfolgt sind. Neue Reformkonzepte werden den Universitäten über den Kopf gestülpt, bevor oder knapp nachdem die Letzte in das neue Universitätsrecht gefallen ist.

Diskutiert wird nun die Vollrechtsfähigkeit. Da möchte ich Sie fragen: Was wird im Rahmen der Vollrechtsfähigkeit gefördert werden? Wo werden Schwerpunkte gesetzt werden? Wofür gibt es neues Geld von der Industrie? – Sie wissen, dass Weltanschauungen, die für Zielbestimmungen nicht unnotwendig sind, und Courage im Prinzip nicht das sind, was den Leuten einiges an Geld wert sein wird. Das heißt: Woher werden die Universitäten in Zukunft Geld für ihre Forschungen nehmen?

Ich glaube, dass Universitätsreform mehr als die bloße Einführung betriebswirtschaftlicher Kriterien ist, und werde Ihnen jetzt ein Szenario entwerfen, sodass Sie an einem Beispiel erkennen können, was geschehen wird – oder vielleicht besser: was nicht geschehen sollte.

Ich wende mich der Frage zu – vielleicht interessiert es auch Klubobmann Khol –, wie in Zukunft die so wichtige Frage des Patriotismus erforscht werden wird. Wer wird dafür zahlen? Wie wird man an Universitäten lernen, zwischen renitentem Verrat und berechtigtem Widerstand zu unterscheiden? Wo beginnt die Neurose, wo beginnt der Wahn der Verfolgung? Wer wird sich


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mit der ganz einfachen Frage beschäftigen: Worüber reden wir überhaupt an den Universitäten? (Beifall bei den Grünen.)

Ist Patriotismus ein genetisches Produkt, oder ist er Produkt einer Erziehung? Liegt er im Großhirn, in behaarten Männerbrüsten, oder lokalisiert er sich ausschließlich im rechten Vorhof des Herzens? Ist er ein Produkt der Biologie? Ein Phänomen des Geistes oder eines der Textilindustrie, die sich der Khol’schen Krawatte – allerdings nicht heute – bemächtigt hat? (Beifall bei den Grünen.)

All das wird die Forschungsförderung beflügeln. So richtig spannend wird die Zukunft der Universitäten, wenn ich mir unseren Wissenschaftsausschuss und dessen Vorsitzenden anschaue.

Ich habe mir erlaubt, eine Mappe mit Inhalten in den Farben Rot-Weiß-Rot, die Sie lieben – und ich auch –, zu konstruieren. (Der Redner hält eine entsprechende Mappe in die Höhe.) In dieser Mappe sind andere Farben verborgen – Herr Klubobmann Khol, Sie kennen sie –, das sind nicht jene des österreichischen Patriotismus. Ich werde einen wichtigen Proponenten dieser Farben aus einem "Spiegel"-Artikel, 24/1997, zitieren. Das ist nach Königgrätz – gestern haben wir gehört, es ist alles so weit zurück, man soll da aufpassen; aber für 1997 gilt das nicht.

"Martin Graf, 37, ein Parteigenosse Haiders und Mitglied im österreichischen Parlament, formuliert es konkreter: ‚Die heutigen Staatsgrenzen wurden willkürlich gezogen; das deutsche‘" Volk ",muß sich frei in Europa entfalten können.‘" – Okay, wunderbar – für den österreichischen Wissenschaftsausschuss im Parlament halte ich den Begriff "wunderbar" für ungeeignet.

In diesem schwarz-rot-goldenen oder -gelben Büchlein wird über fünf Seiten gegen das Verbotsgesetz gewettert. Und zwar: "Olympia" wider Gesinnungsjustiz. – Einer der harmlosen Sätze darin lautet: Weil das politische Establishment eine bestimmte, sich auf historische Ereignisse beziehende Überzeugung nicht duldet, wird jeder, der diese Überzeugung äußert, mit Freiheitsstrafen bedroht und zu unverhältnismäßig hohen Strafen verurteilt.

Ich glaube schon, dass das so etwas wie eine Strategiedebatte sein kann, eine Debatte über die Budgetierung dessen, was in Österreich an Gesinnung, an Zeitgeschichte und anderen Dingen erforscht werden soll. Aber man ist ja nicht kleinlich. Man ist großzügig, man ist europäisch und beschränkt sich jetzt nicht auf politologische Statements, sondern es werden alle Wissenschaftsdisziplinen en passant abgehandelt.

Fangen wir einmal mit dem Kapitel "Kunst – Volksbrauchtum" an – ich habe es herauskopiert, weil es so leichter zu lesen ist –: Was wünschen wir an unseren Einstandsabenden? "Musikberieselung ohne den geringsten Anspruch auf Botschaft und Kunst". – Kunst, wunderbar! – "Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen". – Volkstum, Brauchtum, auch ein Kapitel, das an Universitäten vertreten wird! – "Entspannend oberflächliche Unterhaltung, unreflektierter Vorurteile voll; Selbstlob, Schulterklopfen, Lebensfreude". – Kein Problem.

"Kein Mitgefühl" – passen Sie auf! – "mit Würmern". – Auch die Zoologie wird bemüht. Fazit: Wir sind für die "Förderung der psycho-sozialen Gesundheit". – Na, Mahlzeit, Gesundheitspolitik! – "Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurenlos vorbeigezogen". – Na, Bedauern; aber lustig ist es auch nicht!

Dann kommen noch ganz tolle Sachen: "Bist Du häßlich, fett, krank oder fremd im Lande, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst Du alternative Schicki-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst Du" – jetzt kommen wir ins Studienrecht – "Publizistik, Politologie oder Theologie oder gar nicht, hast Du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin, die weder schön noch still ist, kurz: bist Du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause, Du würdest sowieso nicht eingelassen werden."


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Na gut, das ist Soziologie. Aber die Theologie wird auch nicht ausgelassen. Das finde ich schon hervorragend, weil hier sozusagen versucht wird, zwischen Ontologie und Häresie eine sehr schmale Gratwanderung zu gehen. Diese Burschenschaft "Olympia", immerhin ein Absolventenverein, der im Vollrecht zu neuer Blüte und zur Förderung der Universitäten immer wieder zitiert wird, vergleicht sich mit dem Benediktiner-Orden; das finde ich überhaupt ganz toll: Der Fuchs ist der Novize, und der Fuchsmajor der Novizenmeister. Die Fuchsenzeit entspricht dem Noviziat, und der Burscheneid – man höre! – ist die feierliche Profess.

Wenn Universitäten solchen Professen – oder ich sage es jetzt vielleicht vorsichtiger –, solchen Professionen unterzogen werden, halte ich das für nicht ungefährlich. Ich denke, und da wiederhole ich mich: Es ist an Universitäten notwendig, auch Gesinnung – keine einseitige, keine fundamentalistische und, wenn Sie so wollen, auch keine einfärbig grüne – zu vertreten und Buntheit zuzulassen, eine Toleranz, um sich Überblick über die Welt und ihre Probleme zu verschaffen.

Persönlich bin ich ihm nicht gram, und in einigen Dingen kann ich mich mit ihm auch partiell verstehen. Wenn so ein Mann einem Wissenschaftsausschuss vorsitzt, würden andere vom Köpferollen sprechen. Dieser Profession gehöre ich nicht an. Aber auch, wenn man sich diesem Köpferollen verweigert – und das tue ich! –, wird die Frage erlaubt sein: Ist so ein Mann dort am richtigen Platz, und ist das ein Signal, das österreichische Universitäten sich verdient haben, das Parlament sich verdient hat und das Österreich sich verdient hat, das andere Farben trägt als diese hier? (Der Redner hält eine Broschüre mit schwarz-rot-goldenem Einband in die Höhe.)  – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben es nicht rübergebracht!)

Ich habe noch eine Minute Zeit. Wenn ich das nicht rübergebracht habe (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist nicht gelungen, das ist danebengegangen!), frage ich mich: Wo stehe ich, und wo sitzen Sie? (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann der Pilz besser!) Er macht es anders. Wie Sie wissen, sind die Grünen gegen Klonierungsexperimente, Sie können sich keinen zweiten Pilz hier erwarten. Ich bin mit mir durchaus zufrieden, wenn Sie es nicht sind, würde es mich freuen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

10.42

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ehrt mich, dass gerade Kollege Grünewald seine kostbare Redezeit – nahezu 10 Minuten! – ausschließlich darauf verwendet hat, sich im Rahmen einer Budgetdebatte mit meiner Person zu beschäftigen. (Abg. Dr. Khol: Und mit meiner Krawatte!) Das zeigt doch, dass ich bei Ihnen einen hohen Stellenwert habe, was ja grundsätzlich nichts Schlechtes bedeuten muss. Es dürfte Ihnen meine Person offensichtlich wichtiger sein (Abg. Öllinger: Die Gesinnung! Die Gesinnung!) als die Universitäten, die Forschung oder andere Dinge.

Ich halte es mit Kollegen Niederwieser, der in seinem Redebeitrag vorhin gesagt hat (Zwischenruf bei den Freiheitlichen – Abg. Öllinger  – in Richtung Freiheitliche –: Rassistisch!), in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik geht es um mehr: Es geht um mehr Gerechtigkeit!

Wenn wir nun von Gerechtigkeit sprechen, dann impliziert das, dass es bis dato vielleicht zu wenig Gerechtigkeit gegeben hat – das lese zumindest ich heraus, so interpretiere ich das. Daher fordere ich auch Sie einmal dazu auf, mehr Gerechtigkeit zu üben und bei Zitaten dazuzusagen, dass etwa diejenigen, die Sie heute gebracht haben, in der Regel nicht von mir stammen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wäre nämlich doch auch vielleicht im Sinne der Gerechtigkeit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Anständig wäre es!) Nicht jeder hier im Saal weiß – auch die Zuhörer wissen es ja nicht –, wie Sie es anlegen und meinen.


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Das, was Sie soeben gemacht haben, ist der Versuch – und ich bin sehr enttäuscht darüber, dass das gerade von Ihnen, einem Mediziner und Humanisten kommt –, Köpferollen zu betreiben. (Abg. Öllinger: Das mit den Staatsgrenzen? Das ist falsch zitiert? Das steht aber so im "Spiegel" drinnen!) Ich halte das in dieser Situation für eine menschenverachtende Jagd (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen – Beifall bei den Freiheitlichen), bei der Sie, mit keinem Beispiel unterlegt, versuchen, einen anderen Abgeordneten, der von diesem Volk in Österreich frei gewählt ist, von seinen Pflichten und Rechten abzuhalten. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Ich teile Ihnen mit: Sie haben richtig zitiert! – Ich bin anlässlich einer deutschen Wiedervereinigungsfeier befragt worden, wie es um die Grenzen in Europa nach 1945 steht, und ich habe einen Sachverhalt wiedergegeben. Freiheit der Kunst und auch der Forschung ist es, dass man einen Sachverhalt auch in Zukunft immer richtig wiedergeben darf.

Es ist nun einmal so, dass nach dem Jahre 1945 die Grenzen in Europa willkürlich gezogen wurden. Das ist ein Sachverhalt, ein Tatbestand gegenüber dem Jahre 1938. An dieser Aussage kann ich nichts Bösartiges finden. Oder haben Sie vergessen, dass es eine DDR und eine Bundesrepublik Deutschland gegeben hat? (Abg. Öllinger: Bis wohin geht das deutsche Volkstum?) Ist das keine willkürliche Aktion nach 1945 gewesen? Würden Sie es anders interpretieren? Hätten Sie es lieber, wenn diese Grenzen nicht gezogen worden wären? Hätten Sie das lieber gehabt? (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll. ) Und wenn ich mich zu einer Volkstumsfrage artikuliere (Abg. Öllinger: Von der Maas bis an die Memel!), indem ich sage, das deutsche Volkstum muss sich in Europa frei entfalten dürfen – Argumentum weiter – genauso wie jede andere Nationalität, so entspricht das nur meinem Grundverständnis von Gleichheit, Solidarität, Gerechtigkeit in ganz Europa! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie es anders verstehen wollen, wenn Sie das deutsche Volk sich nicht frei in Europa entfalten lassen wollen (Abg. Öllinger: Wer gehört denn dazu?), dann ist das für mich eine Form des Rassismus – das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Bruckmann. )

Es gibt in Europa keine Diskriminierung von Völkern, also auch nicht des deutschen Volkes. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren! Das ist mein Verständnis, Sie haben ein anderes Weltbild. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind ein junger Parlamentarier (Abg. Dr. Grünewald: Bitte?) und haben noch nicht so viel gelernt. In ein paar Jahren werden Sie es vielleicht besser rüberbringen können. Heute war es ein Rohrkrepierer, das sage ich Ihnen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Grünewald: Manches, was Sie meinen, möchte ich nicht lernen!)

Immerhin behandeln wir heute die Wissenschaftspolitik, und diese möchte ich auch im entsprechenden Budgetkapitel etwas näher beleuchten. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Dr. Grünewald –: Ziemlich schief gegangen, die Geschichte!) Wenn Sie schon zwischenrufen und immer wieder auf meine Korporation verweisen (Abg. Öllinger: Die war verboten!), dann sage ich Ihnen klar und deutlich – und ich habe es hier schon öfter gesagt –: Ich stehe als Burschenschafter in der guten Tradition eines Theodor Herzl, Victor Adler, Pernerstorfer oder auch eines Lassalle und eines Wilhelm Exner, der ein Vertreter meiner Burschenschaft ist und nach dem heute noch die Universität benannt ist. Das möchte ich Ihnen nur ins Stammbuch schreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nach wem von Ihren Gesinnungsfreunden ist eine Universität benannt? Ein Gesinnungsfreund von Ihnen ist Herr Schily, Innenminister Deutschlands, auch Burschenschafter, aber in dessen Tradition befinde ich mich nicht mehr, das sage ich Ihnen auch mit aller Deutlichkeit! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Der ist Ihr Gesinnungsfreund! (Abg. Öllinger: War die "Olympia" nicht verboten nach dem NS-Verbotsgesetz? – Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung Grüne –: Befassen Sie sich doch mit dem Sachverhalt!)


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Im Wesentlichen behandeln wir heute Wissenschaftspolitik. Ich habe nur mehr ganz wenig Zeit, darauf einzugehen. Es ist wirklich schade, dass die Wissenschaftspolitik in der Vergangenheit immer wieder in eine so genannte Pragmatisierungsdebatte beziehungsweise Pragmatisierungspolitik abgeglitten ist. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.) Immer wieder ist zu hören, dass die Forschung, die freie Wissenschaft, die Entfaltung der Wissenschaft gefährdet sind, wenn es nicht bei der Pragmatisierung des wissenschaftlichen Mittelbaus, aber auch der Professoren bleibt.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle, wir müssen eine profunde, weite Debatte darüber führen. Allein die Arbeitsplatzsicherheit, die man in der Pragmatisierung zu sehen glaubt, kann es nicht sein. Würde nämlich nur dann effizient geforscht werden können, wenn man pragmatisiert ist, müssten, da wir in Österreich den höchsten Pragmatisierungsgrad innerhalb Europas haben, die letzten Nobelpreisträger an sich alle aus Österreich kommen. – Dem ist aber nicht so!

Bei einem weiten und breiten Arbeitsfeld ist meiner Ansicht nach eine effiziente Forschung an der Universität möglich, auch dann, wenn wir in Zukunft da und dort neuere Beschäftigungsverhältnisse eingehen. Eine Debatte darüber ist notwendig und noch in dieser Legislaturperiode zu führen. Wir, die Vertreter der Regierungsparteien, werden diese Debatte auch führen, weil wir meinen, dass eine entsprechende Aufklärung erfolgen muss.

Leider Gottes hat mich der Einwurf des Kollegen Grünewald nahezu meine ganze Redezeit gekostet, aber ich glaube, es war notwendig, Ihnen das einmal zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben schon genug diskutiert, aber noch nicht alles. Sie haben selbst nach meiner letzten Wissenschaftsausschusssitzung gesagt, Sie bedanken sich bei dem Vorsitzenden Martin Graf für die effiziente, objektive und korrekte Vorsitzführung. (Abg. Dr. Grünewald: Ich differenziere eben!) Halten wir es auch in Zukunft so (Beifall bei den Freiheitlichen), und Sie werden merken, Sie sind eingebunden in die Wissenschaftspolitik in diesem Hohen Haus. Das ist die neue Form des Regierens, und wir laden Sie dazu weiterhin ein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

10.50

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch kurz auf die vorhergehende Debatte beziehen und Herrn Kollegen Dr. Grünewald für einiges an Aufklärung danken. (Abg. Mag. Schweitzer: Was hat er aufgeklärt?) Auch mir ist es sehr wichtig, immer wieder festzustellen, welcher Geist hinter so manchen Ideen und hinter manchen Einwürfen steckt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ein Wahnsinn! ... unhistorisch! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie erklären uns jetzt, wie das war!)

Es ist durchaus bedeutsam – und angesichts der vielen jungen Leute, die auf der Galerie sitzen, umso bedeutsamer –, sich das immer wieder klarzumachen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was denn klarzumachen?) und sich auch die selbstentlarvenden Antworten anzuhören, um festzustellen, wes Geistes Kind manche Ihrer ideologischen und politischen Zielsetzungen sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist "wes Geistes Kind"?) Das werden wir jetzt nicht ausdiskutieren, denn ich möchte Sie nicht wieder einmal darauf hinweisen müssen, was Sie über Schwarzafrikaner denken – das heute nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten bei der Wahrheit bleiben! Ich habe über Drogendealer geredet!)

Aber ich möchte nun zurück zur Budgetdebatte, zum Thema "Unterricht" kommen, denn darum geht es an und für sich in meinem heutigen Redebeitrag. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist auch besser so!) Ich bedanke mich sehr bei Ihnen, Frau Bundesministerin, für Ihre lobenden Worte für die engagierten Lehrer. Ich bedanke mich sehr dafür, dass Sie gesagt haben, sie seien einer


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der wichtigsten Bestandteile der Schule und unverzichtbar, daher stünden Sie auch zu den Personalkosten.

Es ist für mich auch insofern wichtig, das festzuhalten, weil gerade an meiner Schule sehr vieles an Innovation, sehr vieles an Versuchen, sehr vieles an zukunftsorientierten Lernformen, an neuen Lernformen gemacht wird. Ich möchte das heute bei Ihnen für die zukünftige Arbeit in der Schule und auch für das Budget und die Weiterentwicklung im Bereich der Schulversuche einfordern.

Weiters ist es mir wichtig, festzustellen, dass ich heute die Möglichkeit habe, eine Materie zu betrachten, die sich von den vorangegangenen insofern unterscheidet, als die ÖVP bei allen vorherigen Punkten immer gemeint hat, sie wäre nicht dabei gewesen. Sie von der ÖVP haben nie Vergangenheitsbewältigung betrieben, sondern immer nur gesagt: Ja das hat Herr Finanzminister Edlinger so gemacht, und das hat Frau Ministerin Prammer so gemacht! Das wäre alles falsch gewesen, und Sie hätten von nichts gewusst.

In diesem Falle war es aber Frau Bundesministerin Gehrer, und in diesem Falle kann man auch darauf hinweisen, dass der Rechnungshof, den wir vor zwei Tagen in Gestalt des Herrn Präsidenten Fiedler hier gehört haben, sogar festgestellt hat, dass da einiges in der Vergangenheit im Argen lag und die ÖVP-Ministerin Gehrer dafür verantwortlich gewesen ist. (Abg. Dr. Mertel: Nein? Die ÖVP? Die war doch nicht in der Regierung! Nie dabei!)  – Genau darum möchte ich das heute erwähnen, denn da war Sie mit uns in der Regierung! (Abg. Auer: Wir sind noch in der Regierung!)

Wenn Herr Fiedler gesagt hat, solche Systemfehler wie in diesem Ministerium habe es in keinem anderen gegeben, es seien viele Konsolidierungsziele nicht erreicht worden, und wenn er auch auf die eklatanten Budgetüberschreitungen hingewiesen hat, dann muss man das hier auch noch einmal deutlich machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso wie einer meiner Vorredner, Kollege Brosz, möchte auch ich mich dagegen verwahren, im Umkehrschluss zu folgern, man müsse da jetzt besonders sparen. Ganz im Gegenteil! Man muss in diesem Bereich die richtigen Zielsetzungen für die Bildung, für die Ausbildung der jungen Menschen setzen und ganz vehement einfordern, in welche Richtung es weitergehen soll, kann und muss.

Wir haben unsere Bildungsziele definiert, wir waren in der Vergangenheit immer der Motor im Bereich Bildung, und wir wollen das auch in Zukunft sein. Daher fordere ich Sie auf: Lesen Sie bitte unser Bildungsprogramm, wir sind auch in dieser Hinsicht zur Zusammenarbeit bereit. Zur oftmaligen Aufforderung des Kollegen Schweitzer, wir sollten konstruktiv mit ihm arbeiten, möchte ich nur festhalten: Konstruktiv arbeiten wollen wir schon, aber wenn er sich vorstellt, konstruktiv arbeiten bedeutet, das zu tun, was er möchte, dann hat er sich geirrt! Eine derartige Konstruktivität wird es von uns nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz möchte ich noch darauf eingehen, dass Sie als Antwort auf eine meiner Anfragen in Bezug auf die Materie der Schulversuche einmal darauf hingewiesen haben, dass diese, speziell im Bereich der Mittelschule, in zwei Jahren auslaufen, und man müsse noch evaluieren und Studien anfordern oder nachlesen.

Zu diesem Thema sei hier kurz bemerkt: Die Mittelschule ist schon zweimal evaluiert worden. Es gibt auch eine dritte Untersuchung über diesen Bereich. Es gibt eine von Ihnen immer zitierte Israiloff-Studie, in der jedoch, wie Sie, Frau Bundesministerin, auch ganz genau wissen, etwa anhand einer einzigen Schülerarbeit zu beweisen versucht wird, dass ein Schüler des Polytechnischen Lehrganges in diesem System schlechter wegkommt. Eine einzige Schülerarbeit wird darin zum Beweis genommen! Ich ersuche Sie, nicht immer diese Israiloff-Studie zu zitieren, denn sie ist nicht wirklich repräsentativ!

Es gibt aber, und auch das wissen Sie genau, eine Studie von Olechowski. Diese hat allerdings 500 Seiten! Man muss sich also schon einmal Zeit nehmen und sich die Mühe machen, diese auch zu lesen. (Abg. Dr. Brinek: Ja, ich kenne sie!)  – Frau Brinek, diesbezüglich hätte ich gerne


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auch in Ihre Richtung noch etwas angefügt, nur leider geht es jetzt nicht mehr. Vielleicht können wir später einmal darüber diskutieren.

Versuchen Sie es jedenfalls, nehmen Sie diese Olechowski-Studie einmal als Grundlage der Forschung, dann werden Sie zu ganz anderen Ergebnissen kommen, denn diese Arbeit ist wesentlich fundierter.

Zum Bereich der Mittelstufe möchte ich nur noch Folgendes anmerken: Wir wissen genau, dass es in Ballungszentren, speziell eben in Wien, eine wunderbare Zusammenarbeit in diesem Bereich gibt und erstklassige Schulversuche laufen. Der Wiener Bildungsbeirat hat, das sei auch dazugesagt, mit Zustimmung aller Parteien beschlossen, diese Schulversuche durchzuführen und auch weiterzuentwickeln. Es waren wirklich alle Parteien mit dabei!

Gerade im Ballungsraum werden damit Initiativen gesetzt und für die Schüler Ziele postuliert, die wir für unsere Zukunft und für die Lebenstüchtigkeit in der Wirtschaft brauchen. Wenn heute die Wirtschaft von uns verlangt, dass wir junge Menschen zur Teamfähigkeit ausbilden sollen, dass sie auch lebensbegleitendes Lernen von uns vermittelt bekommen sollen, dann brauche ich das offene Lernen, dann brauche ich den Projektunterricht, dann brauche ich Lernwerkstatt-Arbeit, forschendes und entdeckendes Lernen. Es verlangt auch eine neue Form der Leistungsbeurteilung, man muss weg von den Ziffern und hin zu lernzielorientierter Beurteilung, zur kommentierten Leistungsvorlage.

All das gibt es bereits! Das ist in vielen Beispielen hervorragend angeführt, das ist auch evaluiert – das wissen Sie! –, und das sollte nicht in zwei Jahren als Schulversuch auslaufen, sondern in Zukunft auch ins Regelschulwesen einfließen – im Sinne der Lebenstüchtigkeit unserer Schülerinnen und Schüler, im Sinne der Chancengleichheit für unsere Jugendlichen, für unser Land und für eine bessere Bildung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

11.00

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die vorangegangene ideologische Grundsatzdebatte war sicher sehr wichtig und aufschlussreich. Ich möchte aber dennoch wieder zum Thema zurückkommen, zum Budget, und das Augenmerk dorthin lenken, wo die Frau Bundesministerin anfangs auch gewesen ist, zum Thema mit den vielen "e" und "i".

Ich finde es schade, Herr Kollege Niederwieser, dass Sie es für notwendig gefunden haben, diesbezüglich einen eigenen Initiativantrag einzubringen, anstatt sich dem anzuschließen, was an und für sich schon alles in unserem Arbeitsprogramm steht. Ich habe da keinen Widerspruch gefunden und kann daher Ihren Antrag nicht für so nötig finden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

E-Learning, e-Commerce, Internet, e-Austria, e-Europe, das sind die Begriffe, denen wir – worauf die Frau Ministerin schon hingewiesen hat – momentan überall begegnen. Der Arbeit am Computer als vierter neuer Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen kommt nämlich täglich wachsende Bedeutung zu, und die neuen Technologien sind – das wissen wir alle – für die Sicherung der Arbeitsplätze und für die Weiterentwicklung der Wirtschaft unentbehrlich und aus dem Kultur- und Kunstleben nicht mehr wegzudenken, und zwar weder aus dem Primär- noch aus dem Sekundärbereich.

Das heißt für mich: Einerseits arbeiten die Künstler damit, und neue Kunstformen entwickeln sich durch die Arbeit am und mit dem Computer, andererseits bilden sich durch die neuen Möglichkeiten für Kommunikation ebenfalls neue Möglichkeiten für Politik und Zivilgesellschaft heraus. Die Kulturverwaltung wird leichter, umfassender und schneller vermittelbar. Die Erfassung von Kunstwerken durch die Digitalisierung und der diesbezügliche Informationsaustausch werden normal.


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Aber noch sind wir erst auf dem Weg dorthin, und Lehrende haben erst einmal zu lernen und viel nachzuholen, um das Wissen über Informationstechnologien weiterzugeben. Fundierte Kenntnisse im Bereich der neuen Medien, Spezialausbildungen und qualifizierte Fachkräfte sind nötig. Wir werden Nachschub auch aus dem Ausland und Förderungen brauchen, bis wir uns wirklich als vernetzte Wissensgesellschaft verstehen können, in der jedem Mann und jeder Frau der Umgang mit Internet und den neuen Informationstechnologien selbstverständlich ist.

Lernen wird jedenfalls in Zukunft zum lebenslangen Prozess, lustvoll und medial. Ich verweise diesbezüglich auf einen Artikel im aktuellen "profil" und zitiere kurz: "‚Formalisiertes Wissen wird im Informationszeitalter nicht mehr benötigt. Wichtig ist die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung und -bewertung. Das Auswendiglernen von Stoff, der ständig veraltet ist, ist eine Tugend von gestern‘, meint Wiens Stadtschulratspräsident Kurt Scholz."

Von der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie aber nun ein Sprung zur ganz konkreten, zur nichtvirtuellen und realen Kultur, zu Kunst und zu den Orten, an denen sie gesammelt, bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Das ist mir ein persönliches Anliegen. Ich habe immer schon gerne Museen und Galerien besucht, und gleichzeitig habe ich sehr viele Kontakte zu zeitgenössischen Künstlern der verschiedensten Richtungen und Stile. Die Liebe zur Kunst, zur alten wie zur neuen, ist mir, wie vielen Menschen, viel wert. Ich möchte niemals das eine gegen das andere ausgespielt wissen. Leider wissen viele bei uns noch nicht, was ein Museum im besten Sinn sein kann, weil sie nie vorbildliche Museen zum Beispiel in Holland oder Deutschland, in Frankreich oder den USA erlebt haben, Museen, deren hohen Standard, was interessante und spannende Präsentation ebenso wie Qualität der Exponate und begleitende kulinarische Maßnahmen betrifft, wir langsam, aber unerbittlich und sicher erreichen – nicht zuletzt, denke ich, dank der Unerbittlichkeit und Zielstrebigkeit unserer Frau Ministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf das Kunsthistorische Museum möchte ich jetzt besonders hinweisen, weil es ein Musterbeispiel für innovative Museumskultur in zweierlei Hinsicht ist, und damit möchte ich mich nun beschäftigen. Es ist das erste Museum in Österreich, das den Übergang in die neue Rechtsform einer wissenschaftlichen Anstalt öffentlichen Rechts gewagt hat. Zugleich ist die digitale Erfassung seiner Bestände weit gediehen und in großen Teilen bereits der Öffentlichkeit zugänglich. Ich bin online gegangen: www.khm.at. Das möchte ich Ihnen ebenfalls sehr empfehlen, denn ich war wirklich überrascht und begeistert, sowohl vom modernen Logo als auch von der Art und Aufbereitung, denn sie bietet alles an Information, was man nur braucht: Ansichten der verschiedenen Museumskomplexe, Plan, die einzelnen Abteilungen, die ständigen Sammlungen, die aktuellen Ausstellungen, aber auch die aus den vergangenen Jahren, Kunstwerke im Einzelnen, in Foto und Beschreibung, Künstlerbiographien, aber auch Organisation, Eintrittspreise, Ermäßigungen, Behindertengerechtigkeit bis hin zum Museums-Shop und seinen Angeboten.

Betonen möchte ich, dass neben den konventionellen Ausstellungen, die aber eben auch ihr Publikum haben, im Kunsthistorischen Museum mit verschiedenen angeschlossenen Örtlichkeiten, zum Beispiel dem Palais Harrach, selbstverständlich auch ein Podium für moderne, zeitgenössische Kunst vorhanden ist.

Durch die neue Organisationsform der Vollrechtsfähigkeit bleiben der Leitung jedenfalls große Handlungsspielräume. Geschäfts- und Museumsordnung, Aufbau, Personalplanung und Konzeption werden unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen wie Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit eigenverantwortlich gestaltet. Ich habe mir im persönlichen Gespräch Vor- und Nachteile erklären lassen, und mir wurde gesagt, dass die Vorteile mit Leichtigkeit überwiegen.

Erstens wurde durch die Vollrechtsfähigkeit Autonomie erst möglich, und dadurch gibt es größere Flexibilität in Organisationsfragen, zweitens hat Geld kein Mascherl mehr, man ist jetzt frei in der Einteilung der Gelder, und drittens gibt es keinen Stellenplan mehr. Frei nach Bedarf kann die Museumsleitung jetzt disponieren.


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Selbstverständlich gibt es aber auch Schattenseiten und Risken, die ich Ihnen nicht verschweigen möchte. Die Geschäftsführung ist voll haftbar, eine Staatshaftung gibt es nicht mehr. Oder: Kunstwerke müssen versichert werden. Das bringt Kosten und so manche technische Schwierigkeiten mit sich. Es sind auf Grund von Überlassungsverträgen Zahlungen zu leisten, einmal für Immobilien oder für Miete. Ein Problem ist auch die Basisfinanzierung, die in diesem Fall mit 920 Millionen Schilling im Gesetz festgeschrieben und somit eingefroren ist. Basta! Mehr gibt es nicht.

Schwierig und nicht unumstritten im öffentlichen Diskurs sind auch moderne und kundenorientierte Serviceeinrichtungen, die helfen sollen, die finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern. Einerseits haben wir hier den so genannten Non-profit-Bereich, also den eigentlichen Museumsbereich, der der Forschung, der Dokumentation, dem Ausbau und der Präsentation der Sammlungsgegenstände dient, und andererseits – und das wird den Museen eben sehr oft angekreidet – den Profit-Bereich, der zum Beispiel den Museums-Shop oder Sonderveranstaltungen einschließt, aber auch die Vermietung von Räumlichkeiten, Repro und Sponsoring.

Der Profit-Bereich soll der Unterstützung und Lukrierung zusätzlicher Mittel zur Subventionierung des Non-profit-Bereichs dienen, ein Problem für den Budgetposten, der allein 46 Prozent der Gesamtkosten ausmacht, wobei die Finanzierung aus dem Bund nur die laufenden Kosten abdecken kann. Das stellt jedenfalls eine enorme Herausforderung für die Museen dar.

Dennoch: Die Vollrechtsfähigkeit scheint sich zu bewähren, und die Digitalisierung von Kunstwerken ist im Anlaufen. Die Anfragen über das Internet nehmen kontinuierlich zu. Man will nicht mehr Reproduktionen, sondern elektronisch aufbereitetes Bildmaterial zur weiteren Nutzung. Der Internet-Auftritt wurde vom Kunsthistorischen Museum seit nunmehr eineinhalb Jahren vorbereitet und wird bald zur Gänze fertig gestellt sein. Bis jetzt sind ein paar hundert Objekte aufgenommen, aber die Registrierung wird laufend fortgesetzt. Angedacht ist auch – was ich interessant finde; das nur so als kleine Bemerkung nebenbei – die Aufnahme der Skulpturen und Objekte nicht nur als Foto, sondern auch in dreidimensionaler Form. Die Möglichkeiten, die Internet diesbezüglich bietet, sind gewaltig. Digitalkameras ermöglichen solche interessanten dreidimensionalen Aufnahmen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass sich aus allen Erkundigungen und mir zugänglichen Informationen folgendes Bild ergeben hat: Die Vollrechtsfähigkeit bewährt sich, und mit der fortschreitenden Digitalisierung sind wir auf dem besten Weg, ein modernes, international standhaltendes, künstlerisches, ästhetisches und technisches Niveau auf geregelter finanzieller Basis mit klarer Struktur unter der so ersehnten schlanken Verwaltung zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

11.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nicht zu diesem Kapitel reden, aber natürlich war es die Rede des Abgeordneten Graf, die mich dazu veranlasst hat (Abg. Dr. Martin Graf: Ich?), hier noch einmal in einem Debattenbeitrag eine leider sehr unerfreuliche Thematik zu behandeln und auch einen Brückenschlag von Wissenschaft und Bildung zu versuchen. Ich werde nicht nur zum Kollegen Graf sprechen, aber, Herr Kollege Graf, das, was Sie gesagt haben, das ist leider nur ein ganz kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit, und ich werde versuchen, jetzt darzustellen, worum es sich dreht. (Abg. Dr. Martin Graf: Aus Ihrer Sicht!)

1961 wurde die Burschenschaft "Olympia", der Herr Graf angehört, mit Erlass des Innenministeriums wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und wegen der Teilnahme an terroristischen Aktivitäten behördlich verboten. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir diskutieren das Unterrichtsbudget 2000, Herr Kollege! – Abg. Steibl: Zur Sache! – Abg. Dr. Stummvoll: Zur Sache!) Ich spreche über den Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses, und das ist zur Sache.


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1961 wurde diese Burschenschaft verboten, und – laut Auskunft des Innenministeriums – sie ist seither nicht wieder neu gegründet worden (Abg. Haigermoser: Herr Meister Öllinger, es geht ums Budget!), sie ist aufrecht im Verbot. (Abg. Haigermoser: Haben Sie zum Budget etwas zu sagen?) Ich muss leider hier festhalten: Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, der Abgeordnete Graf, ist Angehöriger einer wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbotenen Vereinigung. Stellen Sie sich das einmal vor, meine Damen und Herren!

Herr Abgeordneter Stummvoll! Da können Sie den Kopf schütteln, es entspricht den Tatsachen. (Abg. Haigermoser: Es geht um das Budget, Herr Meister! – Abg. Steibl: Was entspricht den Tatsachen?) Der Wiedergründungsversuch der "Olympia" ist sozusagen auf Umwegen erfolgt, indem sie sich "Akademische Tafelrunde Olympia" genannt hat. Jetzt heißt aber die Burschenschaft, der Herr Abgeordneter Graf angehört, im öffentlichen Auftreten natürlich wieder "Olympia".

Und wenn ein Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses beziehungsweise seine Burschenschaft sich öffentlich berühmt mit rassistischen Witzen ... (Abg. Steibl: Er fängt schon wieder an!) Ich fange an? "Rassistische Witze", das ist ein Zitat aus der Schrift von "Olympia". (Abg. Mag. Schender: Reden Sie doch endlich über das Budget!) Und wenn ich für das Verlesen dessen, was die Burschenschaft "Olympia" sich rühmt, Ihrer Meinung nach einen Ordnungsruf erhalten sollte, dann hört sich der Spaß ohnehin schon auf. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Rassistische und/oder wenigstens unappetitliche Männerwitze – das ist das Programm der Burschenschaft "Olympia". (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Aber es kommt noch schlimmer. Im Jahre 1991 – das ist auch eine Zeit, in der Herr Graf bei der Burschenschaft "Olympia" tätig war – hat die "Olympia" beim Burschentag der Deutschen Burschenschaft – und da geht es nicht um die deutsche Volksgruppe im Besonderen, sondern da geht es um mehr – einen Antrag eingebracht (Abg. Dr. Trinkl: Von Wissenschaft wissen Sie nichts!), in dem es unter anderem heißt: "die Unterwanderung des deutschen Volkes durch Angehörige von fremden Völkern", "bedrohte biologische und kulturelle Substanz des deutschen Volkes", "das deutsche Volk ist vor der Unterwanderung seines Volkskörpers durch Ausländer wirksam zu schützen".

Herr Abgeordneter Graf! Stehen Sie hinter diesem Antrag? Stehen Sie hinter diesen Feststellungen, die da gemacht werden? Sie sind ein Vertreter, und Sie haben lange Zeit die Burschenschaft "Olympia" auch nach außen repräsentiert. Das ist keine Kleinigkeit! Und auch der Satz aus dem Jahre 1997, der im "Spiegel" zitiert ist – das war schon etliche Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, Herr Abgeordneter Graf –, hat es ja in sich, wenn man ihn in diesem Kontext liest. Der hat es in sich! Da geht es nicht darum, dass die Grenzen der Bundesrepublik durch die Wiedervereinigung hergestellt wurden – das wissen Sie ja ganz genau –, sondern die Burschenschaft "Olympia" hat ja mit den Grenzen, die sie meint, einen etwas größeren deutschen Volksraum vor sich, meine Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Was erzählen Sie da für eine Raubersg’schicht?) Da geht es ja tatsächlich darum, dass das deutsche Volk in seinen Ausbreitungen bis weit hin über die ehemaligen DDR-Grenzen (Abg. Dr. Puttinger: Kein Wort zum Budget!), bis nach Polen hinein, wieder hergestellt werden soll. (Abg. Haigermoser: Wie halten Sie es denn mit den Mauerschützen der DDR?) Herr Abgeordneter Haigermoser! Das ist einer der dümmsten Zwischenrufe, aber ich kann leider von Ihnen nichts anderes erwarten. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich will mich auch nicht ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Für den Ausspruch "Das ist einer der dümmsten Zwischenrufe!" erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Herr Präsident! Ich erwarte aber auch von Ihnen, dass Sie für die Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Haigermoser, die Sie vielleicht nicht gehört haben: "Wie halten Sie es denn mit den Mauerschützen der DDR?", einen Ordnungsruf erteilen. Das erwarte ich mir von Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich bin nicht bereit, mir als Redner jede dumme Polemik, die über einen Zwischenruf vorgetragen wird, gefallen zu lassen. (Abg. Jung: Sie wollen sich die "dumme Polemik" nicht anhören – und wir nicht die dumme Rede! – Abg. Dr. Stummvoll: Zur Sache!)

Was ich versucht habe in meinem Debattenbeitrag – und darüber können wir gerne sprechen –, das ist, ausschließlich zur Sache der Person des Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses beziehungsweise zu Inhalten zu sprechen.

Jetzt, meine Damen und Herren, komme ich, weil Sie sagen "Zur Sache!", tatsächlich zur Sache. Es hat sich nämlich am Klima im Land etwas geändert. (Abg. Jung: Ja, durch Ihr Verhalten! Vorgestern zum Beispiel durch den Kollegen Pilz!) Es hat sich etwas geändert, meine Damen und Herren, und ich möchte in diesem Zusammenhang (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen), auch weil ich weiß, dass die Frau Bundesministerin, zumindest soweit ich sie kenne, in diesen Angelegenheiten bisher sehr sensibel reagiert hat, zwei Themen noch einmal ansprechen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie freuen sich ja über das geänderte Klima! – Abg. Jung: Es fragt sich, was Kollege Pilz bei den Brigaden in Kuba gemacht hat!)

Das eine ist die "Initiative Wehrbereitschaft", mit der Rechtsextreme über eine Abteilung Ihres Ministeriums an Schulen geschickt werden sollten, was Sie dann sofort unterbunden haben – hoffe ich, eine Anfragebeantwortung steht ja noch aus –, die für mich aber symptomatisch ist, meine Damen und Herren. Vielleicht ist das Ihnen hier im Hohen Haus nicht bekannt. Darum einige Anmerkungen dazu. Da wird über eine Abteilung für geistige Landesverteidigung Ihres Ministeriums, Frau Bundesministerin, eine "Initiative Wehrbereitschaft" beworben, und zwar auch für den Einsatz an Schulen beworben, offensichtlich als Gegenprogramm zu der sehr erfolgreichen Aktion "Zeitzeugen an Schulen", in der Widerstandskämpfer, Widerstandskämpferinnen, Verfolgte, Juden, Jüdinnen an die Schulen geschickt wurden und dort über die Zeit ihrer Verfolgung beziehungsweise des Widerstandes berichtet haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

"Altkommunisten" fällt Ihnen dazu ein. Fällt Ihnen das wirklich dazu ein? (Abg. Dr. Fekter: Ja, ja! – Weitere Ja-Rufe bei der ÖVP.) Sehr interessant! Dann diskutieren wir doch! (Abg. Mag. Schweitzer: Ebergassing fällt uns dazu ein! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wollen Sie, dass diese Menschen an den Schulen über die Zeit ihrer Verfolgung – egal, aus welcher Gesinnung sie kommen, aber sie wurden in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt – berichten können oder nicht? Stört es Sie, dass darunter auch Kommunisten waren? Stört es Sie, dass darunter Altkommunisten waren? (Abg. Mag. Schweitzer: Auch der Purtscheller war darunter!) Stört es Sie, dass darunter auch Menschen sind mit katholischer oder sonstiger Vergangenheit? (Abg. Mag. Schweitzer: Mich stört, dass der Purtscheller darunter war! Dein Freund Purtscheller war darunter! Der war ein Zeitzeuge! Das regt mich auf! – Abg. Kiss: Es gibt unter Altkommunisten auch Linksextremisten! Das ist ein Faktum!)

Meine Damen und Herren! Ich spreche über die "Initiative Wehrbereitschaft". Was mich dabei stört, ist, dass im Rahmen der "Initiative Wehrbereitschaft" versucht wurde, unter einem neutralen Mantel bekannte Rechtsextremisten an die Schulen zu schicken, um dort über ihre Zeit in der Wehrmacht zu berichten. Man muss sich den Text in einer offiziellen Publikation des Unterrichtsministeriums, mit dem diese "Initiative Wehrbereitschaft" beworben wurde, schon sehr genau durchlesen. Auch ich musste mir das sehr genau durchlesen, um auf die Tücke, die in diesem Text steckt, draufzukommen. (Abg. Jung: Sie haben es geschafft?) Und das ist es, Frau Bundesministerin, was mich so irritiert hat an dieser Angelegenheit.

Da heißt es nämlich: "Andererseits wird in Medien häufig über die Wehrmacht berichtet, wobei die Wahrheit manchmal zu kurz kommt." (Abg. Jung: Das stimmt auch! – Abg. Dr. Martin Graf: Richtig!) Ja, das habe ich mir von Ihrer Seite nicht anders erwartet. Das habe ich mir wirklich nicht anders erwartet. (Abg. Jung: Weil Sie der große Chef sind, der beurteilt, was wahr ist oder nicht!) Damit wird einem wesentlichen Argument der Proponenten dieser "Initiative Wehrbereitschaft", die ja davon sprechen, dass in den österreichischen Schulen, in der österreichischen Öffentlichkeit seit 1945 systematische Umerziehung stattgefunden hat, Rechnung getragen. Und


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Sie verteidigen das auch noch! Halten wir das fest für die Diskussion, die sich vielleicht daraus ergeben wird. (Abg. Mag. Schender: Das ist ja unglaublich! Diese Unterstellung!) Halten wir das fest: Von den Proponenten dieser "Initiative Wehrbereitschaft" wird gesagt, das österreichische Volk wird systematisch umerzogen. (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und da wird in diesem Text dazu geschrieben: In den Medien kommt die Wahrheit über die Wehrmacht manchmal zu kurz. (Abg. Dr. Ofner: Halten wir das fest für den KGB! – Abg. Jung: Sie sind ein verbaler Umweltverschmutzer!) Stellen Sie sich das vor! Das ist verbale Umweltverschmutzung! (Abg. Jung: Sie sind ein verbaler Umweltverschmutzer! Sie wollen das Klima in diesem Land aufheizen! Sie wollen hetzen!)

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, dass im Rahmen dieser "Initiative Wehrbereitschaft" (Abg. Jung: Ihr Ziel werden Sie nicht erreichen!) bekannte Holocaust-Leugner (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen)  – bekannte Holocaust-Leugner! – eingesetzt wurden, Personen wie beispielsweise der Herr Marinovic, der von Organisationen als Referent eingeladen wird, die so deutlich wie sonst keine anderen Organisationen dem neonazistischen Lager angehören. Beispielsweise ist Herr Marinovic bei der Hilfsorganisation für nationale Gefangene in Deutschland, der HNG – Herr Abgeordneter Graf wird diese vielleicht kennen –, als Referent tätig gewesen. Oder Herr Kosmath, der ebenfalls als Sprecher dieser Initiative aufgetreten ist, schreibt in der "Aula" – diese kennt Herr Graf –: Die Behauptung deutscher Medien, dass die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg verbrecherisch vorgegangen sei, verwundert angesichts der Hunderten Aussagen seitens der Siegermächte, welche der Wehrmacht und der Waffen-SS anständiges und diszipliniertes Verhalten bescheinigen. – Solche Menschen, meine Damen und Herren, sollen – sollten – völlig unpolitisch an den Schulen berichten?!

Ich bin froh darüber, Frau Bundesministerin, dass Sie das im Ansatz unterbunden haben, andererseits irritiert mich, dass es in Ihrem Haus eine Abteilung für geistige Landesverteidigung gibt, die die Propagierung von derartigen Initiativen offensichtlich als Beitrag zur geistigen Landesverteidigung sehen will. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Purtschellers nicht!) Ich bin gespannt auf die Anfragebeantwortung und auch auf Ihre Stellungnahme hier in diesem Haus, welche Schritte Sie diesbezüglich unternommen haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Sie haben sich von den Mauerschüssen noch immer nicht distanziert!)

Frau Bundesministerin! Ich möchte aber die Gelegenheit noch nutzen, um auf etwas anderes aufmerksam zu machen, nämlich auf eine Anfrage, die Herr Abgeordneter Brosz an Sie gestellt hat, deren Beantwortung in den nächsten Wochen fällig wird. Dabei geht es um das Schulbuch "Meilensteine der Geschichte", in dem unter anderem die einschlägigen Formulierungen vom Diktatfrieden in Versailles, von der Reichskristallnacht benutzt werden. (Abg. Jung: Wollen Sie sagen, dass Versailles ...!) Zudem werden unkommentiert Sätze wie jener von Winifred Wagner abgedruckt, in dem es heißt: Und da war es doch selbstverständlich, dass sich die, sagen wir einmal, deutsch empfindenden Menschen versuchten zusammenzuschließen (Abg. Jung: Lesen Sie einmal die Protokolle in diesem Haus über Versailles nach!) und auch irgendwo nach einer Führung – auch irgendwo nach einer Führung! – verlangten.

Herr Abgeordneter Jung! Ich weiß nicht, warum Sie sich dabei aufregen, wenn ich das zitiere. Die Aufregung liegt auf meiner Seite, und ich sage Ihnen, sie ist begründet. (Abg. Jung: Es war ein Zwangsfriede! Sie wollen das jetzt umdrehen!) Wenn derartige Formulierungen in Schulbüchern verwendet werden, wenn versucht wird, derartige Referenten wie jene von der "Initiative Wehrbereitschaft" an Schulen zu schicken, wenn sich der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Herr Abgeordneter Graf, nicht distanziert, nicht bereit ist, sich von diesen Formulierungen, die ich vorgetragen habe und die von seiner Burschenschaft "Olympia" stammen, zu distanzieren (Abg. Dr. Ofner: Das halten wir alles fest für den KGB! – Abg. Neudeck: Distanzieren Sie sich von den Mauerschüssen!), dann, meine Damen und Herren, ist Ihr Gerede von Patriotismus in den letzten Wochen mehr als entlarvt.

Herr Abgeordneter Khol! Auch von Ihnen, von Ihrer Fraktion als Koalitionspartner erwarte ich mir dazu eine Stellungnahme, denn im Interesse Ihrer Vaterlandsliebe wäre diese wohl mehr als angebracht. Zwischen deutschtümelndem Patriotismus, deutschnationalem Patriotismus und


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einem österreichischen Patriotismus liegt wohl ein haushoher Unterschied, der in der Geschichte durchaus begründet und begründbar ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und diesen Unterschied möchte ich wissen, weil er für die politische Hygiene in diesem Land unerlässlich ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

11.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Graf zu Wort gemeldet. – Bitte halten Sie sich an die Bestimmungen des § 58 GOG und beginnen Sie mit dem zu berichtigenden Wortlaut.

11.25

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Abgeordneter Öllinger hat mir vorgeworfen, dass ich Angehöriger einer 1961 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung aufgelösten, verbotenen Burschenschaft bin.

Ich möchte richtig stellen, dass dieser Vorwurf diffamierend und unrichtig ist: Ich bin am 11. Mai 1960 geboren und sohin gestern 40 Jahre alt geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Gratuliere!)

Sie unterstellen mir, Mitglied einer Burschenschaft zu sein, die 1961 verboten wurde. Zu diesem Zeitpunkt war ich offensichtlich 12 Monate alt, und heute werfen Sie mir diese Gesinnung, die ich damals hatte, vor. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Ich ergänze als Zweites: Zum Beweis dafür, dass ich entgegen Ihrer Anschauung keine schlechte Gesinnung habe, führe ich den ehemaligen Innenminister Schlögl an, der mir voriges Jahr – wie jedes Jahr, wenn ich eine Anfrage gemacht habe wie alle Mitglieder des Stapo-Ausschusses – bestätigt hat, dass es keine staatspolizeilichen Aufzeichnungen wider meine Person gibt.

Ich möchte darüber hinaus auch noch ergänzen – das interessiert Sie vielleicht –, dass ich bis dato (Abg. Mag. Posch: Berichtigung!) nicht im "Handbuch des Rechtsextremismus", herausgegeben vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, erwähnt bin. (Abg. Grabner: Tatsächliche Berichtigung!)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Beenden Sie die tatsächliche Berichtigung bitte!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Ich gehe davon aus, dass ich nicht darin erwähnt bin.

Eines möchte ich noch feststellen: Ich bin ein Patriot, und es lebe die freie Republik Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.27

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Geschätzter Herr Präsident! Vor zwei Tagen habe ich Ihnen durchaus zugestanden, dass Sie in der Sache Haidlmayr eine sehr umsichtige Vorgangsweise gewählt haben, aber ich muss jetzt einfach für das Protokoll und für den weiteren Debattenverlauf in der Präsidiale festhalten, dass die Praxis der Erteilung von Ordnungsrufen von Teilen des Präsidiums dieses Hauses einfach unausgewogen ist.

Ich begründe das damit, dass die vorsätzlichen Zwischenrufe des Herrn Haigermoser, um die Rednerinnen und Redner hier ständig zu verunsichern, in ihrem Gehalt oft genug infam sind, von der Methode her infantil sind, und ich würde mir erwarten, dass man auch einmal auf diese Seite des Hauses die Blicke richtet und nicht immer die sozialdemokratische Fraktion und die


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Grünen für Wertungen, die in diesem Hause möglich sein müssen, zur Ordnung ruft. (Beifall bei den Grünen.)

11.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie haben den Zwischenruf gemeint: "Wie halten Sie es mit den Mauerschüssen der DDR?" und meinen, dass dies einen Ordnungsruf verdient hat. – Ich bin nicht dieser Meinung.

Hingegen bin ich der Meinung, dass die Aussage "Das ist einer der dümmsten Zwischenrufe!" sehr wohl ordnungsruffähig ist. (Abg. Haigermoser: Fragen wird man doch wohl dürfen!)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Zierler zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.29

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn ich jetzt die letzten Minuten rekapituliere, dann kommt ein Ergebnis dabei heraus: billige Polemik, Überheblichkeit, Realitätsverlust und außerordentlich große Peinlichkeit, Herr Kollege Öllinger! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber wir sollten hier eigentlich heute und jetzt über die Bereiche Kunst und Kultur sprechen – Bereiche, die für diese unsere Regierung eine immense Bedeutung haben. Kunstverständnis haben nicht nur linksorientierte Gruppen für sich gepachtet. Wir sehen unseren Auftrag auch nicht darin, ausschließlich einen kleinen Elitekreis zu fördern, einen kleinen Elitekreis zu unterstützen, so wie dies in den letzten Jahren in Österreich gemacht wurde.

Es gibt zwei Gruppen: Es gibt, wenn wir das einmal gegenüber stellen, einerseits die publizierte Meinung. Die publizierte Meinung ist die: Wo Freiheitliche regieren, werden Künstler in Heerscharen das Land verlassen! – Tatsache ist: In Kärnten hat wegen Jörg Haider kein Künstler das Land verlassen, im Gegenteil, es besteht eine äußerst konstruktive Zusammenarbeit – auch wenn erst heute wieder ein Pamphlet der Hetze von Ihrer Bundesrätin Trunk erschienen ist.

Die publizierte Meinung ist: Mit der FPÖ in der Bundesregierung müssen und werden namhafte Künstler auswandern. Tatsache ist: Nach medial gut verkauften Ankündigungen folgten keine Taten – und ich betone, ich finde das auch sehr gut so. Es beweist allerdings auch die Unrichtigkeit der Anschuldigungen und legt meiner Meinung nach den Verdacht sehr nahe, dass es hier nur eine Motivation gab, und zwar die Motivation der Schlagzeilen.

Österreich ist und bleibt ein Kunst- und Kulturland, und alle Künstler sind willkommen. Die Politik der Freiheitlichen ist nämlich keine Politik der Ausgrenzung. Meine Damen und Herren! Ich lade Sie ein, nehmen Sie sich ein Beispiel daran! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte es aber an dieser Stelle auch nicht verabsäumen, all jene, die unsere Regierung diffamiert haben, auch an ihre Verantwortung zu erinnern, an ihre Verantwortung für Österreich und damit auch für die Menschen, die in Österreich leben. Das heißt auch Verantwortung für 1,2 Millionen Menschen, die die FPÖ gewählt haben und weder rechtsextrem noch nationalsozialistisch oder faschistisch sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir fördern nicht nur, wie Sie uns ständig unterstellen, angenehme Beweihräucherungskultur. Konfliktkultur gehört zur Kultur unseres Landes. So beehrten beispielsweise erst kürzlich prominente Kritiker der Regierung wie Grissemann und Stermann Berlin, und das übrigens mit freundlicher und auch finanzieller Unterstützung des offiziellen Österreich. Sollten Sie nicht mehr wissen, wer Grissemann und Stermann sind, dann darf ich vielleicht einige Zitate in Erinnerung rufen. Das waren jene beiden Herren, die gesagt haben, man müsste Haider erschießen, irgendjemand, der nur noch zwei Monate zu leben hat. Oder: Der einzige Tisch, an dem man sich mit Haider sehen lassen kann, ist der Obduktionstisch, auf dem er liegt. Oder: Der österreichische Wähler ist ein Vollidiot. – Das waren die Aussagen dieser beiden Künstler, die sich vom offiziellen Österreich sehr wohl unterstützen ließen. Behaupten Sie also nicht, dass wir


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politische Kultur betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ungeheuerlich!)

Ich lade Sie auch ein, Ihre Kampagne der Lügen, Diffamierungen und Unterstellungen endlich zu beenden, denn Tatsache ist, dass Sie mit dieser Kampagne, mit Ihren Aussagen nicht nur allen Menschen in Österreich schaden, sondern ganz im Speziellen auch den Künstlern. Dafür gibt es unzählige Beispiele, wobei ich jetzt nur eines vorlesen möchte: Spanische Sanktionen gegen Musiker. Die Sanktionen der EU-Mitgliedsländer gegenüber Österreich erstrecken sich immer häufiger auf den Kulturbereich und nehmen bisweilen groteske Formen an. So ist von den Maßnahmen Spaniens ein sechsköpfiges Ensemble, nämlich eine Spanierin, ein Italiener, ein Deutscher und drei Österreicher, betroffen, das im Herbst eine Tournee durch Marokko geplant hatte. Die Konzerte mussten abgesagt werden. Die Begründung dafür lautete: Eine kulturelle Zusammenarbeit mit Österreich ist nicht erwünscht. – Ich gratuliere Ihnen zu diesem Erfolg. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Das ist eine müde Angelegenheit! Sie waren noch nie besser!)

Tatsache ist, dass Sie Österreich, den österreichischen Künstlern schaden. Sprechen wir vielleicht auch einmal über das Projekt des Linzer Musiktheaters. Sprechen wir über die Volksbefragung. Hier geht es nicht um eine Verhinderungspolitik, sondern hier geht es um eine verantwortungsvolle Politik. Es gibt beispielsweise die Schätzung, dass dieses Projekt 1,6 Milliarden Schilling kosten soll. Darin sind aber die Baukosten der geplanten Parkgarage noch nicht enthalten. Rechnet man diese mit ein, so betragen die Baukosten in etwa 2 Milliarden Schilling.

Das errechnete Defizit pro Tag beträgt 700 000 S. Es gibt dazu auch eine Schätzung, und danach würden nur etwa 5 Prozent aller Oberösterreicher regelmäßig eine Opernaufführung besuchen. Es gibt Für und Wider für dieses Linzer Musiktheater, für die Linzer Oper, aber es gibt auch zahlreiche Kritiken. Ich glaube, es liegt jetzt wirklich in der Entscheidung der Menschen, die davon betroffen sind, und daher gibt es auch eine Volksbefragung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass sich 87 Prozent der Bevölkerung in Oberösterreich für eine Volksbefragung aussprechen. Was meiner Meinung nach das Entscheidende ist, ist, dass 56 Prozent der Musiktheaterbefürworter für eine Entscheidung durch den Bürger sind. Und dem Bürger fühlen wir uns verpflichtet.

Demokratie heißt eine Herrschaft des Volkes, egal, ob es sich um eine Volksbefragung zum Projekt der Linzer Oper handelt oder ob es sich um eine Volksbefragung zu den EU-Sanktionen handelt. Für die SPÖ und für die Grünen hat offensichtlich der Ruf nach einer Volksbefragung den Beigeschmack einer Drohung. Sie wollen nämlich das Volk umerziehen – wir hingegen geben den Menschen in Österreich das ureigentliche Recht, das ihnen im Sinne der Demokratie zusteht, nämlich das Recht auf Mitbestimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Haben Sie jetzt von "Umerziehung" gesprochen?)

11.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.36

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich bin erschüttert über den nicht vorhandenen europäischen Geist auf der rechten Seite im Parlament. Dieser hat es hier sehr schwer, Fuß zu fassen. Zu dieser Auffassung kommt man, wenn man Ihren Meinungen zuhört. – Das ist das eine. (Abg. Neudeck: Woraus leiten Sie das ab?)

Das Zweite ist: Frau Zierler! Sie kennen sich wahrscheinlich in der Kärntner Kunstszene nicht aus. Es gibt sehr wohl viele Kärntner Künstler, die aus bekannten Gründen in Kärnten nicht mehr ausstellen wollen. (Abg. Neudeck: Wo sind die?)


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Ich möchte heute zur Bildungspolitik Stellung nehmen. Wenn man zuerst die Aussagen von FPÖ und ÖVP gehört hat, dann glaubt man, dass im Bildungsbereich in Österreich alles in Ordnung sei, dass es sich tatsächlich um ein Bildungsparadies handeln würde. Es ist de facto so, dass die Lehrerinnen und Lehrer gute Arbeit leisten, aber sie müssen auch mehr Unterstützung bekommen.

Auch wenn es heißt, dass es genug Möglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler gibt, den Beruf zu finden, den sie sich auch tatsächlich ausgesucht haben – die Realität ist anders. Die Statistiken beweisen etwas anderes. Zum Beispiel ist in jeder fünften berufsbildenden höheren Schule die Klassenzahl überzogen, in den AHS ist das in jeder zehnten Klasse der Fall. Das ist der Stand von Herbst 1999. Das gilt besonders für die technischen Schulen, das gilt besonders für die Ausbildungen für EDV, für Elektronik und auch für Nischen wie höhere technische Lehranstalt für Möbel und Innenausbau.

Der Trend zu den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen ist allerdings nichts Neues, den gibt es schon sehr lange, und sehr viele geeignete Schülerinnen und Schüler müssen jedes Jahr abgewiesen werden. Dass diese Jugendlichen dann nicht in Statistiken aufscheinen, liegt darin, dass sie in ihrer Verzweiflung irgendeine andere Richtung suchen, die sie sich gar nicht wirklich gewünscht haben. Es scheint mir paradox zu sein, wenn in den Unterstufen Berufsorientierung angeboten wird und die Schülerinnen und Schüler dann ganz einfach im Regen stehen gelassen werden.

Problematisch ist diese Situation auch im Hinblick auf die Drop-out-Raten – das zeigt sich als Folge daraus – in den ersten Klassen dieser berufsbildenden höheren und mittleren Schulen. Man muss sich einmal vorstellen: Nach der ersten Klasse verlässt ein Viertel der Schülerinnen und Schüler wieder die Schule, weil sie einen falschen Zweig gewählt haben, weil sie einen falschen Zweig wählen mussten, da nicht genügend Platz für sie vorhanden war.

Damit die Jugendlichen nicht ganz im Regen stehen bleiben und nicht ins Nichts gestoßen werden, wurde Gott sei Dank jener unselige Paragraph, der den Schülerinnen und Schülern verwehrt, die erste Klasse bei mehreren Nicht genügend zu wiederholen, für einige Jahre aufgeschoben. Meine Damen und Herren! Das ist zu wenig. Dieser Paragraph gehört aufgehoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Paragraph wendet sich gegen eine Altersgruppe, nämlich die 14- bis 16-Jährigen, die – wie Sie sich vielleicht auch noch erinnern können – in diesem Alter auch andere Interessen haben und sozusagen ihre Fühler ausstrecken, um die Welt zu erkunden. Schlimm wäre es, wenn die Jugendlichen das nicht tun würden!

Hinzu kommt dann auch noch die Schnittstellen-Problematik. Es gibt unterschiedliche Anforderungen von den Schulen her. Die Schüler und Schülerinnen kommen in zu große Klassen, sie haben schlechte Noten, sind frustriert und verlassen diese Schule, in die sie gegangen sind, häufig wieder. Von einer modernen Pädagogik, meine Damen und Herren, erwartet man aber, dass sie unterstützend ist, dass sie nicht bestrafend und schon gar nicht ausgrenzend ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt aber nicht, dass die SPÖ gegen Leistung ist. Leistung ist etwas ganz Wichtiges. Aber – und das ist der große Unterschied – wir gestehen den Jugendlichen zu, dass sie die Möglichkeit einer Entwicklung haben. Entwicklung ist also das Schlagwort – aber nicht von heute auf morgen, nicht so, dass alle gleich gedrillt werden und nur dieselbe Entwicklungsmöglichkeit haben, sondern sie sollen sich gemäß ihrer eigenen Geschwindigkeit entwickeln können. Die Jugendlichen sind in ihrer Buntheit und in ihrer Unterschiedlichkeit ein wichtiger Impuls für unsere Gesellschaft.

Das alles müsste umgesetzt werden. Es müsste eine neue Dynamik in das Schulwesen kommen, es müssten Förderkurse angeboten werden, nicht nur im fachlichen Bereich, sondern auch in den so genannten Schlüssel-Qualifikationen, in den sozialen Kompetenzen, Konfliktlösungsstrategien, Kommunikationstechniken und dergleichen. Dazu brauchen wir aber Werteinheiten,


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dazu brauchen wir mehr Unterstützung für Lehrer und Lehrerinnen und auch entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten.

Wenn es dann heißt: Autonomie, jede Schule kann das machen!, dann denke ich, das ist unfair. Man muss da sehr aufpassen, denn Autonomie ist nicht gleich Mangelverwaltung.

Frau Ministerin! Sie als Unterrichtsministerin müssen eine moderne Pädagogik möglich machen. Sie sind dafür verantwortlich, und ich denke, das Recht auf entsprechende Ausbildung für jeden und jede muss der zentrale Punkt in unserer Gesellschaft bleiben. Dafür trete ich ein, und dafür tritt die SPÖ ein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.43

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich im Rahmen dieser Debatte einige kritische Gedanken über unsere medizinischen Fakultäten zum Ausdruck bringen.

Die Qualität der Lehre in der Medizin wird von den meisten Lehrern heute noch als außer Diskussion stehend betrachtet, von den Studenten als inexistent oder zumindest deutlich verbesserungswürdig und von der Öffentlichkeit, wenn überhaupt, nur anhand der ärztlichen Erfolge oder Misserfolge beurteilt.

Dies gilt nicht nur in Österreich, aber Konsequenzen wurden bisher eigentlich nur im Ausland gezogen, nicht in Österreich. Thure von Uexküll hat auf dem Symposion "Qualität der Lehre in der Medizin" auf den Paradigmenwechsel im Medizinstudium hingewiesen, als das Philosophikum abgeschafft und das Physikum eingeführt wurde.

Heute stehen wir wieder an einem Wendepunkt, an dem wir erkennen müssen, dass dies ein Fehler war und dass wir von der rein naturwissenschaftlich orientierten Ausbildung mit der Anhäufung von Einzel- und Faktenwissen wieder hin zu einer am Menschen und an seiner Umwelt, seinem sozialen Umfeld und seiner Psyche orientierten und zu einer ganzheitsmedizinischen Betrachtung und Verknüpfung in der lehrenden Ausbildung kommen müssen. Das bedeutet aber, dass wir das Philosophikum und eine Pflegewissenschaft mit einbauen müssen.

Qualitätsmanagement in der Lehre beginnt beim Kopf. Als sicher nicht repräsentativ, aber abschreckend ehrlich sei hier ein Ausspruch eines Wissenschaftlers und hoch angesehenen Hochschullehrers der Innsbrucker Fakultät angeführt, der auf dem Weg zur Vorlesung sagte, er gehe in den Saal der toten Augen. (Abg. Dr. Khol: Das könnte auch manchmal auf das Parlament zutreffen!)  – Wenn man so in den Saal hineinschaut, ja. (Abg. Kiss: Der Saal der müden Augen!)

Qualitätsmanagement ist ein dynamischer Prozess, der auf verschiedenen Ebenen abläuft. Und es ist enorm wichtig, dass die Studenten gleichwertig mit den Professoren und Dozenten in diesen Prozess mit eingebaut werden! In Österreich ist dieser Prozess angelaufen, und ich hoffe, dass er die richtige Richtung einschlägt.

Ich möchte kurz einige massive Mängel in der medizinischen Ausbildung an unserer Universität zusammenfassen.

Erstens: Es bestehen heute noch Strukturen einer Elite-Universität der Jahrhundertwende, die für die derzeit bestehende Massenuniversität keineswegs mehr geeignet sind.

Zweitens: Das Studium ist gekennzeichnet von einer unerhörten Detailüberfrachtung – bei fehlendem Koordinations- und Überblickswissen und fehlender Hinführung zu selbständiger Arbeit und selbständigem Denken.


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Drittens: Einige wichtige Fächer werden gar nicht, zögernd oder ungenügend unterrichtet, etwa psychotherapeutisches Denken und Handeln, Kommunikationstraining und Gesprächsführung, Hinführung zu einer eigenen Entscheidungsfindung und Meinungsbildung, Altersmedizin, Rehabilitationsmedizin, Ethik, Rechtskunde in Bezug auf humanitäre Inhalte.

Einige aktuelle Fragen, die heute immer wieder diskutiert werden, sollten auch hier einfließen, zum Beispiel die Zulassungsbeschränkung, der Numerus clausus. Ich bin der Meinung, dass es nicht nur eine rationelle Intelligenz gibt, sondern eben auch die emotionale, die soziale Intelligenz, die für einen Arzt wesentlich wichtiger ist als die rationelle Intelligenz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Fischl: Bravo!)

Aber wie ist das messbar? – Sehr schwer, daher kann man auch da keine entsprechende Beschränkung zulassen.

Zu den Studiengebühren. Ich verstehe nicht, warum ich für meinen Sohn nicht Studiengebühren zahlen sollte. (Abg. Riepl: Sie haben es ja leicht!)  – Ja, das wäre leicht! (Abg. Riepl: Sie haben es leicht, habe ich gesagt!)  – Als ich studiert habe, da war es anders. Ich habe mir das Studium selbst verdienen müssen. Damals habe ich aber nichts bekommen. Ich würde gerne Studiengebühren zahlen, sozial gestaffelt. Jenen, die es nicht zahlen können, sollte man aber das Studium auf jeden Fall ermöglichen.

Einige Worte zur Berufung von Vorständen. Herr Professor Grünewald, ich glaube, wir wissen, wovon wir reden. Dreifache oder mehrfache Aufgaben kommen auf den Vorstand einer Medizinischen Fakultät zu: die Lehre, die Forschung und die Leitung einer medizinischen Abteilung. Das verlangt eine viel größere Kompetenz, als nur der Impact-Faktor hergibt. Ich halte davon nicht allzu viel. Wir brauchen vielmehr vor allem Organisationstalent, Kommunikationsfähigkeit, Gesprächsführungsfähigkeit, emotionale und soziale Intelligenz und Einfühlungsvermögen.

Ich möchte mit sehr kritischen Worten noch auf etwas anderes hinweisen. In der akademischen Laufbahn gibt es bekanntlich den Titel des Universitätsdozenten, das heißt auf Deutsch "Lehrer". Es gibt auf der Wiener Medizinischen Fakultät zirka 500 Dozenten und Professoren, die ihre Vorlesungen nicht abhalten. Sie kündigen die Vorlesung, um den Titel behalten zu dürfen, pflichtgemäß an, sie entfällt dann jedoch wegen Hörermangels.

Wohlgemerkt: Das sind qualifizierte akademische Lehrer! Sie sind laut Gesetz verpflichtet, ihre Lehrqualität für die Universität einzusetzen. Aber diese Verpflichtung wird bei uns rein pro forma mit der Ankündigung der Vorlesung erfüllt. Würden diese Dozenten und Professoren kleine Gruppen als Tutoren führen und diese Gruppen systematisch unterrichten, dann hätten unsere medizinischen Fakultäten Weltruf! Dann wären unsere Universitäten die besten, und wir bräuchten nicht zusätzlich noch besonders viel Personal und auch nicht besonders viel Geld. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Povysil .)

Hinsichtlich des zahnärztlichen Studiums möchte ich noch darauf hinweisen, dass durch das in Vorbereitung stehende neue Ärztezeitgesetz entsprechendes Personal einfließen wird und damit sehr viele Probleme beseitigt werden.

Wir haben auch hinsichtlich des Wissenschaftsbudgets ein sozialistisches Erbe mit übernehmen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.50

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zwei, drei Bemerkungen zu Ausführungen von Vorrednern machen. Zuerst zum Herrn Abgeordneten Leiner. Er hat gesagt, er würde gerne Studiengebühren für seinen Sohn zahlen. – Herr Abgeordneter! Tun Sie es doch! (Abg. Dr. Leiner: Darf ich ja nicht!)  – Aber natürlich! Sprechen Sie mit der Frau Bundesministerin, sie kommt ohnehin von der gleichen Fraktion. Irgend


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ein Bildungskonto wird es schon geben. Zahlen Sie freiwillig ein! Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Wenn Sie zu viel Geld haben, dann zahlen Sie es ein! Die ganze Republik wird es Ihnen danken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Leiner: Ich täte es gerne! Vielleicht als Spende für die SPÖ, in Ihre Parteikassa! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Frau Bundesminister hat in ihrem Redebeitrag einen, wie ich meine, wichtigen Satz gesagt, den ich ein bisschen korrigieren möchte, und ich bitte Sie, mir deswegen nicht böse zu sein, Frau Bundesministerin.

Sie haben gesagt, in Ihren Augen seien die Lehrer der wichtigste Bestandteil der Schule. – Ich würde sagen, sie sind ein wichtiger Bestandteil, für mich am wichtigsten sind aber eindeutig die Schüler, also jene Menschen, die zur Schule gehen, für die wir als Politiker da sein müssen in Bezug auf die Gestaltung der gesetzlichen Grundlagen. (Abg. Rosemarie Bauer: Wo ist da der riesige Unterschied?) Vielleicht können wir uns darauf einigen, Lehrer und Schüler sind gleich wichtig, dann bin ich bei Ihnen. Jedenfalls sollten wir bei einer Diskussion, bei der es um die Schule, um die Bildung geht, die Schüler nicht vergessen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die Chancen der Beschäftigung hängen eng mit der Ausbildung zusammen. Ende April gab es in unserem Land 194 000 Arbeitslose, das sind um 16 Prozent weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, also eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. Aber 88 000 von diesen 194 000 Arbeitslosen – das sind fast die Hälfte der Arbeitslosen – haben als höchste abgeschlossene Bildung nur die Pflichtschule. Deshalb meine ich, dass Bildung, Ausbildung und vor allem auch die Lehre, die Lehrlingsausbildung, wichtig in unserem System sind.

In den letzten Jahren wurde die Lehrlingsausbildung für die Betriebe durch viele Maßnahmen, die von der Wirtschaft gefordert wurden, verbilligt. Wir haben die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt und teilweise gestrichen. Steuerfreibeträge wurden für die Wirtschaft eingeführt, aber das führte nur zu Mindereinnahmen in den Budgets und nicht zu dem, was wir gehofft hatten, nämlich zu mehr Lehrstellen.

Es gab keine Steigerung der Zahl der Lehrstellen, sondern im Gegenteil, die Gewerbliche Wirtschaft ist ihrer Verpflichtung, Lehrlinge einzustellen, immer weniger nachgekommen. Beispielsweise gab es im Jahre 1997 in der Gewerblichen Wirtschaft 38 000 Lehrlinge im ersten Lehrjahr, und zwei Jahre später, 1999, nachdem wir fördernde Maßnahmen und Verbilligungen durchgeführt haben, waren es nur mehr 35 674.

Also je mehr man nachgegeben hat, je mehr Anreize man geschaffen hat, umso weniger Lehrlinge hat die Gewerbliche Wirtschaft beschäftigt, umso weniger Lehrstellen haben die Mitgliedsbetriebe der Wirtschaftskammer angeboten.

Diese Maßnahmen haben also nichts gebracht, außer Geschenke für die Ausbildungsbetriebe, die aber ohnehin Lehrlinge ausbilden. Gleichzeitig wird schon über Fachkräftemangel geklagt. Einer Presseaussendung des österreichischen Instituts für Gewerbe und Handwerksforschung vom 11. Mai entnehme ich: "Gewerbe klagt über akuten Fachkräftemangel. Derzeit fehlen bereits 30 000 zusätzliche Mitarbeiter." – Grund genug, sich über die Ausbildung unseres beruflichen Nachwuchses Gedanken zu machen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Was wir brauchen, ist eine neue Form der Finanzierung der Lehrlingsausbildung. Ein Vorschlag von uns Sozialdemokraten wäre, Überschüsse aus dem Insolvenzfonds (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Mitterlehner ) nicht zur Gänze dem Budget zuzuführen, sondern einen Teil der von der Wirtschaft aufgebrachten Beiträge in der Wirtschaft zu belassen und damit einen Berufsbildungsfonds zu finanzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! So könnte man Ausbildungsbetriebe wirkungsvoll unterstützen und damit echte Anreize zur Hebung der Ausbildungsbereitschaft bieten.


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Herr Maderthaner ist jetzt leider nicht mehr hier, aber ich sage das an alle Vertreter der Wirtschaft: Sie haben die Chance, Geld der Wirtschaft für die Wirtschaft zu retten! Nützen Sie diese Chance! Wir unterstützen Sie dabei sicherlich.

Sehr verehrte Damen und Herren! Bis es so weit ist, wollen wir mit unserem Initiativantrag, der dem Sozialausschuss zugewiesen wurde, die weitere, dringend notwendige Finanzierung des Auffangnetzes für Jugendliche gewährleisten. Übrigens wäre es notwendig, die Verlängerung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes rasch zu beschließen, damit auch die Berufsschulen die notwendige Planung für den Herbst dieses Jahres vornehmen können.

Ich kenne Ihre diesbezügliche Position, sehr verehrte Frau Bundesminister. Sie sind nicht dagegen, wenn Bedarf besteht. Es gibt schon Bundesländer, die Ihnen ihren Bedarf mitgeteilt haben. Daher erwarte ich von Ihnen, dass Sie im Rahmen der Bundesregierung alles tun werden, um zu einer Verlängerung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes zu kommen.

Aber auch in der Bildung – und damit komme ich schon zum Schluss – geht es um Gerechtigkeit. Es gibt Berufsschüler, sehr verehrte Damen und Herren und sehr verehrte Frau Bundesministerin, die keinen Berufsschulabschluss schaffen. Sie bleiben einmal sitzen und schaffen daher den Abschluss nicht.

Es fehlt in unserem derzeitigen System in solchen Fällen leider das Recht, die Berufsschule weiter zu besuchen, um einen Abschluss zu erreichen. Dies ist so, weil der Berufsschulbesuch, wie wir alle wissen, an die Lehrzeit gebunden ist. Aber es wäre für jene, die den Berufsschulabschluss nicht schaffen, deren Lehrzeit aber bereits beendet ist, gerecht, eine Möglichkeit zu finden, damit sie diesen Abschluss nachholen können. Das sollten wir ihnen ermöglichen.

Ich möchte dieses Thema heute deshalb andiskutieren, weil es vielleicht im Ausschuss Gelegenheit gibt, einmal konkret darüber nachzudenken, ob es Möglichkeiten dafür gibt.

Im Übrigen glaube ich, dass viele Maßnahmen der Bundesregierung, viele Maßnahmen des Budgets, den Protest einer steigenden Zahl von Menschen in unserem Land hervorrufen. Bei diesem Protest werden die Sozialdemokraten ganz sicher auf der Seite der Protestierenden sein. Ich denke, ich kann das auch versprechen: Wir werden auf Seiten der Kleinen sein, wenn es darum geht, Kleine zu be lasten und Große zu ent lasten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Povysil zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.58

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Man muss das Leben verändern, hat Rimbaud gesagt. Man muss die Welt verändern, hat Marx gesagt. – Beide irrten. Man muss das Leben vielgestaltiger machen und die Welt vervielfältigen – das ist Kultur. Das ist Kultur, und nicht totalitäres Denken!

Lernen Sie, meine Damen und Herren – insbesondere von den Grünen, aber auch von den Sozialdemokraten –, lernen Sie Demokratie! Lernen Sie! Das ist ein Satz, den Ihr ehemaliger Parteivorsitzender einmal gesagt hat: Lernen Sie Geschichte! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Bevor Sie in derart degoutanter Weise über einen unserer Abgeordneten herziehen! (Abg. Dr. Grünewald  – ein Buch mit schwarz-rot-goldenem Umschlag in die Höhe haltend –: Das ist totalitär! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Fangen Sie beim Haider an!)

Einen Einblick in kulturelle Vielfalt und in die Möglichkeiten nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart und Zukunft bieten unsere Museen und unsere geschützten Denkmäler. Wissen Sie eigentlich, wie viele Museen es in Wien gibt? – 150! Das sind genau so viele wie die Wiener Theater und die Wiener Kinos zusammengenommen. Museen sind heute aber auch


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bedeutende Stätten der außeruniversitären Forschung und der Begegnung mit dem Schul- und Bildungsbereich. Sie zu führen, sie zu erhalten bedarf neuer Wege.

Ein Schritt dazu war bereits eine teilweise Entlassung in die Vollrechtsfähigkeit. Ein zweiter Schritt ist die Frage der Finanzierung, die wiederum neben der öffentlichen Hand auch die private Initiative mit einschließen muss. Oscar Wilde sagt: "When bankers get together, they talk about art. When artists get together, they talk about money."

Kultur kann durchaus teilweise selbsttragend sein, aber nur dann, wenn ein richtiges Management vorhanden ist, und die öffentliche Kulturförderung kann durchaus Katalysator sein für ein privates Fund-Raising. Organisationen im Kunst- und im Kulturbereich werden motiviert, Geld zu sammeln, denn der öffentliche Betrag wird nur dann ausbezahlt, wenn vorerst über privates Sponsoring ein Mehrfaches dieser Summe aufgebracht wird. Wichtigste Voraussetzung dazu ist, wie schon des Öfteren argumentiert, eine neue und eine innovative steuerliche Gesetzgebung.

Aber auch der Begriff Merchandising ist ein Weg, um innerhalb der Museen mit der Vermarktung des eigenen Logos beziehungsweise mit der Vermarktung museumsbezogener Produkte selbst Geld zu lukrieren.

Ob man nun die Monumentenwacht in den Niederlanden oder den National Trust in Großbritannien nimmt, die meisten Länder haben bereits ihre Privatinitiativen und freiwillige Helfer einschließlich der Denkmalpflegemodelle im Denkmalschutz. Die Einnahmen der deutschen Stiftung für Denkmalpflege kommen etwa zu 61 Prozent – woher glauben Sie? – aus der Lotterie und zu 28 Prozent aus Spenden. Im Jahre 1985 wurde diese Stiftung von 23 Unternehmen gegründet. Heute wird sie von 80 000 Förderern unterstützt.

Wo hatte dieser Gedanke seinen Ursprung? – Manche Landherren konnten sich den Erhalt ihrer Sitze auf Grund von Steuern und auf Grund der großen Flächen nicht mehr leisten. Es wurde daher der Besitz an die Stiftung übertragen, das Wohnrecht konnte behalten werden. Danach wurde saniert und mittels Stiftungsmittel der Erhalt dieser Güter garantiert.

Ähnliches könnte natürlich auch in Österreich angewandt werden. Ein vergleichbares Konzept existiert in Österreich in Bezug auf moderne Kunst, nämlich das Konzept "Rent a painting". Mehrere zahlen in einen Fonds ein und erhalten Anteile. Für diese Anteile erhalten Sie das Bild einige Monate zur Nutzung, dann wandert es wieder zum Nächsten. Letztendlich kann man das Bild natürlich auch kaufen und mit Auflagen für Ausstellungen zur Verfügung stellen. Dies könnte man zum Beispiel in ähnlicher Form auch mit dem "Pelzchen" von Rubens aus dem Kunsthistorischen Museum machen. Sponsoren unterstützen zum Beispiel den Erhalt des Bildes und werden somit Aktionäre des Bildes mit den entsprechenden Auflagen des Kunsthistorischen Museums und des Bundes, nach dem Motto: Mir gehört ein Stück vom "Pelzchen".

Ein derartiges Modell gibt es in der Nationalbibliothek bereits bei der Buchpatenschaft. Kultur ist international, und so muss sie auch betrachtet, und so muss sie auch gehandhabt werden, denn nur derjenige, der vom tatsächlichen Wert der Kunst überzeugt ist, wird sie auch propagieren und wird Neues finden, weil eben – und das werden Sie mir wohl alle zugeben – ein grandioses Lust- und Erfahrungspotential in der Kultur steckt.

Dies ist ein Teil der freiheitlichen Grundgedanken: Mitbestimmung des Bürgers in allen politischen und kulturellen Fragen, unser Zeichen der gelebten Demokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Minister Gehrer. – Bitte.

12.04

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte doch etwas richtig stellen, was mir ein ganz persönliches und beson


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ders großes Anliegen ist. Es ist hier – Herr Kollege Öllinger ist jetzt nicht im Saal – von der "Initiative Wehrbereitschaft" gesprochen worden. Ich möchte schon sagen: Wir haben diese Initiative nicht beworben, und wir haben bereits vor längerer Zeit einen Erlass an die Schulen geschickt, dass die Vertreter dieser Initiative nicht einzuladen sind. Ich möchte das eindeutig klarstellen in diesem Haus, das ist mir ein Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch zur Frage der Lehrlinge etwas sagen. Es ist uns gelungen, die Lehrlingszahlen in den letzten Jahren stabil zu halten. Es war immer meine Zielsetzung, etwa 40 Prozent eines Altersjahrganges die Lehrausbildung zukommen zu lassen. Ich möchte in diesem Bereich wirklich ganz ernsthaft sagen, wir sollten dieses Ausbildungsmodell – auch nicht in Gedanken! – nicht durch etwas anderes ersetzen, etwa durch eine Berufsfachschule oder was immer das auch sein mag, denn dieses Ausbildungsmodell ist ein Erfolgsmodell! Dadurch haben viele Jugendliche in Österreich eine sehr gute Ausbildung, und wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union. Ich würde mir wünschen, dass die Vorlehre, die Anlehre jetzt endlich einmal umgesetzt würde, denn das ist die Chance, dass junge Menschen, die vielleicht keine Lehre machen können, doch noch zu einem qualifizierten Abschluss kommen. Darum sollten wir uns gemeinsam bemühen.

Meine Damen und Herren! Eine kurze Betrachtung des Budgets der Universitäten, der Fachhochschulen und der Forschung. – Es ist schön, dass nun Universitäten, Fachhochschulen, Forschung in einem großen Bildungsbudget zusammen mit der Schule vereint sind. Es ist, glaube ich, sehr wichtig, dass wir die Schnittstellen, die Nahtstellen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen noch besser berücksichtigen.

Das Budget für die Universitäten beträgt 29 Milliarden Schilling, 14 Milliarden fürs Personal und 15 Milliarden für die Sachausgaben, und ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, es ist genauso wie im Schulbereich: Der Betrieb der Schulen, der Betrieb der Universitäten ist gesichert. Wir haben im Personalbereich der Universitäten – das war ja immer ein sehr großer Wunsch, dass endlich einmal alles Personal im Budget abgedeckt sein möge – zusätzlich 1,4 Milliarden. Natürlich müssen wir uns fragen: Wo können wir die notwendigen Einsparungen bei den Ermessensausgaben hereinbringen? Verehrte Kollegen und Kolleginnen – auch der Oppositionsfraktionen! Wenn Sie sich heute in einem Rückblick die Programme der ehemaligen Koalition und der jetzigen Koalition anschauen, werden Sie sehen, es sind die Einsparungsnotwendigkeiten in beiden Programmen dieselben, denn das Budgetloch ist bei beiden Programmen dasselbe! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind also vor der Notwendigkeit gestanden, 1,3 Milliarden Schilling in diesem Bereich einzusparen. Das Personal ist finanziert, es hat die Forschung einen ganz bedeutenden Schwerpunkt. Wir haben bei den Forschungsinvestitionen aus meinem Budget nichts zurückgenommen. Wir wissen, wie wichtig es ist, dass wir uns in neuen Forschungsschwerpunkten in Österreich, in Mitteleuropa, in Europa positionieren!

Wir haben bei den internationalen Beziehungen, bei allen internationalen Programmen nichts zurückgenommen im Budget. Wir haben aber gesagt, bei den Investitionen, das heißt bei Einrichtungen, bei Wünschen nach neuen Einrichtungen, müssen wir heuer einige Dinge zurückstellen. Das Gesamtbudget für die Einrichtungen beträgt jedoch immerhin noch über 500 Millionen Schilling, für diese Investitionen haben die Universitäten ein Gesamtbudget von genau 561 804 000 S für das jetzt noch vor uns liegende halbe Jahr bis zur nächsten Budgeterstellung. Ich bitte also um Verständnis, dass man da eben einige Schwerpunkte setzen muss.

Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder gesagt, die Entwicklung geht zu schnell. Wir haben gerade das UOG 1993, die letzten Universitäten sind gerade "gekippt" – wie es im Fachjargon heißt. Wir können uns jedoch meiner Ansicht nach der Geschwindigkeit nicht entziehen, neue Entwicklungen, neue Herausforderungen zu sehen.

So gibt es die neue Herausforderung einer erweiterten Autonomie. Und ich sage ganz klar und deutlich, eine derartige erweiterte Autonomie muss von vielen Randbedingungen, von vielen Bedingungen begleitet werden. Da gibt es die Notwendigkeit der Schwerpunktsetzung, die Not


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wendigkeit der Verantwortlichkeit, die Notwendigkeit eines neuen Dienstrechtes, die Notwendigkeit einer Evaluierung, die auch Konsequenzen hat, und es gibt die Notwendigkeit des Wettbewerbs der Universitäten untereinander.

Im Fachhochschulbereich ist die Entwicklung dergestalt, dass der Fachhochschulplan, der von der letzten Regierung beschlossen wurde, von uns erfüllt wird. Es sind im letzten Fachhochschulrat sechs neue Fachhochschulstudiengänge empfohlen worden. Es werden weitere Fachhochschul-Studiengänge vom Fachhochschulrat geprüft, und es ist notwendig, dass wir in diesem Bereich auch einen besonderen Schwerpunkt setzen.

Es wird demnächst ein Initiativantrag auf die Einsetzung eines Rates für Forschung und Technologieentwicklung im Parlament zur Beschlussfassung vorliegen. Ich halte es für ganz notwendig, dass wir unsere Positionierung im Bereich der Forschung zusammen mit Experten festlegen. Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten von der Atomenergie verabschiedet, und das ist gut so, das war richtig so. Das war eine Entscheidung, die wir zusammen mit dem Volk gefällt haben. Wir haben uns in weiten Kreisen auch von der Gentechnologie verabschiedet, weil viele Menschen vor dieser Forschungstätigkeit Angst haben. Wir dürfen es aber nicht verabsäumen, uns im ganzen Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in die Forschung wieder einzuklinken und dort Schwerpunkte zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun noch zu einem Thema, das immer zu heißen Kontroversen führt: die Frage der Bildungsfinanzierung. Ich möchte gerade in diesem Bereich eine offene Diskussion führen, eine Diskussion ohne Scheuklappen. Dazu sage ich aber ganz klar, es ist nicht mein Anliegen, als Erstes Studiengebühren einzuführen. Ich meine, der Staat ist dafür verantwortlich, der Steuerzahler ist dafür verantwortlich, dass der junge Mensch eine gute Ausbildung erhält, dass der junge Mensch eine gute Erstausbildung erhält, dass der junge Mensch auch auf einer Universität studieren kann.

Wir müssen uns aber wirklich überlegen: Was kostet uns ein Student an einer Universität? Das darf man doch einmal fragen! Wir haben in den Schulbereichen diese Vergleichszahlen erarbeitet, und ich halte es auch für notwendig, zu fragen: Was kostet ein Student an diesem Institut, und was kostet er am gleichen Institut einer anderen Universität? Ich glaube, diese Vergleiche müssen endlich einmal angestellt werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sollten diese Diskussion zur Bildungsfinanzierung meiner Meinung nach unter dem Gesichtspunkt führen, den jungen Menschen die bestmögliche Ausbildung zu geben, ohne dass durch finanzielle Gebühren Hindernisse entstehen, aber auch mit Kostenwahrheit und mit Kostentransparenz.

Das, meine ich, ist auch im Bereich der Erwachsenenbildung sehr notwendig. Es wird immer wieder der Grad der Erwachsenenbildung in diesem Land davon abhängig gemacht, wie viel im Budget des Bundes steht. Meine Damen und Herren! Sie wissen doch, dass gerade Erwachsenenbildung, lebensbegleitendes Lernen in vielen Bereichen, in den Ländern, in den verschiedenen Volkshochschulen, im Wifi, in verschiedenen anderen Institutionen, stattfindet. Deshalb ist es mir auch ein Anliegen, im Rahmen der Diskussion um die Bildungsfinanzierung aufzuzeigen, was für Erwachsenenbildung, für lebensbegleitendes Lernen in Österreich insgesamt ausgegeben wird.

Meine Damen und Herren! Ich meine, Universitäten, Fachhochschulen, Forschung sind das Aushängeschild für den Bildungsbereich eines Landes. Wir haben heuer im Budget sicher gewisse Schwierigkeiten zu überwinden, aber ich bin davon überzeugt, dass dieses Hohe Haus bemüht sein wird, im nächsten Budget wieder die notwendigen Akzente für die notwendigen Weiterentwicklungen zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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12.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Faul zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.13

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Großen Respekt für Ihre Persönlichkeit, Frau Minister, aber trotzdem muss es der Opposition vorbehalten bleiben, auch andere Modelle andenken zu dürfen als jene, die Sie andenken. Das möchte ich nur an den Anfang meiner Überlegungen stellen.

Und einen Satz nur zu Ihnen, Frau Povysil, zu Ihrer Ouvertüre: Ich bin froh, nicht von Ihnen Geschichte lernen zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Amon! – Er ist leider nicht im Saal. Wir haben ihm sehr herzlich akklamiert zu seiner Rede, in der er angekündigt hat, parteipolitische Einflüsse in Zukunft aus der Bildungspolitik heraushalten zu wollen. Wir werden sehr genau beobachten, liebe Freunde von der ÖVP, ob es Ihnen gelingt, sich aus dem Konservativismus Ihrer Partei zu befreien, oder ob Sie ihn auch dort einzementieren werden.

Und zum Kollegen Schweitzer nur eine scherzhafte Bemerkung. Wenn ich daran denke, in welch jovialer Art Kollege Schweitzer hier Maßnahmen umgesetzt hat, muss ich sagen: Kollege Schweitzer dürfte damit die erste Karl-Schweitzer-Privatschule in Oberwart gemeint haben, die er aber erst wird gründen müssen – oder Sie haben ihn für andere Funktionen vorgesehen, Frau Minister. (Abg. Dr. Martin Graf: Albert-Schweitzer-Schule!) Karl -Schweitzer-Schule. Ich kenne den Unterschied zwischen dem Karl und dem Albert!

Zum Ernst der Situation, Frau Minister. – Ich möchte wiederholen, was unser Bildungssprecher eingangs gesagt hat, um es zu festigen. Der von Ihnen, von der blau-schwarzen Regierung, vorgelegte Budgetvoranschlag 2000 enthält keinerlei innovative Ansätze, um unser Bildungssystem durchlässig zu machen. Es fehlen auch die notwendigen Maßnahmen, die der internationale Markt von uns gefordert hat, die neuen Herausforderungen auf den Arbeitsmärkten, um damit den Menschen in Österreich die Chancen für die Zukunft zu sichern.

Die im Regierungsübereinkommen angekündigten Technologiemilliarden – es ist heute bereits darüber gesprochen worden – sind nicht dotiert, und das steht im krassen Gegensatz zum Beschluss des EU-Rates, demzufolge bis Ende 2001 alle Schulen einen Zugang zum Internet haben sollten, und dass letztlich, und das ist das Wesentliche, die Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit dem Internet zu schulen sind, um den Schülerinnen und Schülern einen sinnvollen und auf Bildungserwerb ausgerichteten Umgang mit den neuen Medien zu sichern.

Wie ernst Sie es wirklich meinen, habe ich gestern in der "Wiener Zeitung" gelesen. Da hat Ihre Generalsekretärin, Maria Rauch-Kallat, gemeint: Die Technologiemilliarde ist ein schönes Schlagwort. Und enttäuscht bin ich auch vom Kollegen Van der Bellen, der gesagt hat, es hat früher kein Geld dafür gegeben, wird es halt jetzt auch keines geben.

Frau Minister! Sie haben heute so viele I-Begriffe verwendet, dazu fällt mir ein, Sie sagen dazu vielleicht: I net! – und das ist mir zu wenig! (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso wenig trägt das Bildungsbudget 2000 – und das ist der wichtigste Punkt – dem Prinzip des lebenslangen berufs- und lebensbegleitenden Lernens Rechnung. Im Rechnungshof war das lebenslange Lernen und die Erwachsenenbildung Gegenstand einer Überprüfung im Jahr 1999, und letztlich sind auch die Überlegungen der letzten fünf Jahre darin eingeflossen. Insgesamt zeigt sich ein deprimierendes Bild!

Die Ausgaben für die Erwachsenenbildung betragen nur 0,33 Prozent jener für die Erstausbildung an den Schulen, und die von der Europäischen Kommission formulierten Ziele stimmen überhaupt nicht mit den österreichischen Zielen überein. Wen wundert es da noch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, besonders aber in der Bewältigung der neuen Technologien so nachhinken, zumal wir sie nicht einmal zeitgemäß unterrichten und im Wege des berufsbegleitenden Wissenserwerbes nur zu einem so geringen Prozentsatz weiter anbieten?


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Volkswirtschaftlich wird berufliche Bildung als Instrument der Arbeitsmarktpolitik betrachtet. Eine höhere berufliche Qualifikation der Erwerbstätigen wird auch eine größere Wettbewerbskraft von Unternehmen bewirken und somit wesentlich mehr Arbeitsplätze schaffen.

Symptomatisch für Ihr Ministerium, Frau Minister, ist die Anmerkung des Rechnungshofes zu den Vergaberichtlinien der Förderungsmittel, wo ausgeführt wird, und das kann man sich auf der Zunge zergehen lassen, dass mangels Offenkundigkeit der Vergabekriterien "die Vergabe der Förderungsmittel für Außenstehende nicht nachzuvollziehen war". – Mehr, glaube ich, kann man dazu nicht sagen.

Hier beginnt der Bogen der Ungereimtheiten, und der zieht sich weiter in den Bereich der Landeslehrer, wo der Bund den Ländern die Personalkosten ersetzt, aber bis heute nicht weiß, wie vielen Lehrern er ein Salär zukommen lässt – und dies, obwohl wir uns in den Schulleitungen mit minutiösen Statistiken abmühen.

Das Unterrichtsministerium hat in den letzten Jahren wegen permanenter Falschbudgetierung sein Budget jeweils um Milliarden überzogen und reagiert auf die Vorschläge des Rechnungshofes nach detaillierter Planung und einer genauen Führung, nach Statistik und Controlling nur mit Ignoranz. (Abg. Mag. Schweitzer: Vom Scholten bis zum Sinowatz, was du da kritisierst!)

Ihr Ministerium, Frau Bundesminister, ignoriert einfach internationale Tendenzen und Empfehlungen und – damit komme ich auf den Kern meiner Ausführungen zurück – kürzt die Erwachsenenbildung noch einmal – wir haben es heute gehört – um rund 13 Prozent. Diese Kürzung widerspricht dem von Ihrer Bundesregierung selbst formulierten Ziel des Regierungsübereinkommens, dass lebensbegleitendes Lernen ein zentraler Schwerpunkt der Bildungspolitik sein soll und das eine umfassende Regierungsoffensive zur Koordination des gesamten Erwachsenen- und Weiterbildungsbereiches fordert.

Dies ist ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Menschen in unserem Lande, die im Wege der Weiterbildung oder im Wege des zweiten Bildungsweges zu einer höheren Qualifikation gelangen wollen, um in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt in Österreich bestehen zu können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das war das Stenographische Protokoll meiner Rede aus dem Jahre 1997, das du da verlesen hast!)

12.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.20

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Es ist ja in den letzten zwei Tagen schon vieles zu den notwendigen Sparmaßnahmen gesagt worden. Es ist heute schon viel zum Thema Bildung, zum Thema Wissenschaft gesagt worden. Mag auch sein, dass der eine oder andere die Notwendigkeit der Sparmaßnahmen nicht ganz verstanden hat. Aber ich möchte das jetzt nicht wiederholen, sondern etwas besonders hervorheben, nämlich dass vor allem der Bereich der Bildung und der universitären Forschung für uns in Österreich, für unseren Wirtschaftsstandort Österreich, insbesondere für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs sehr, sehr wichtig ist.

Sicher ist: Es bedarf immer eines Kraftaktes, vor allem in Zeiten budgetärer Engpässe, einen Mittelweg zu finden zwischen Investition und Sparen. Und das ist vor allem ein sehr heikles Unterfangen im wissenschaftlichen Bereich, im Bildungsbereich. Aber ich darf unserer Frau Minister zu diesem gelungenen Kraftakt gratulieren. Es ist alles perfekt geregelt, und ich muss sagen, wir haben auch nichts anderes erwartet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf mich auf einige Bereiche konzentrieren, die mir sehr wichtig zu sein scheinen. Ein wichtiges Thema, von der Frau Ministerin vorhin angesprochen: das Thema der Fachhochschulen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade die Einführung der Fachhochschulen war ein entscheidender Schritt in der tertiären Bildungslandschaft Österreichs. Es war ein entscheidender Schritt, weil dadurch eine Regionalisierung im tertiären Bildungsbereich möglich


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24. Sitzung / Seite 55

war. Diese Regionalisierung ist auch äußerst positiv zu sehen, weil dadurch die Studenten die Möglichkeit haben, ihre Praxis in ihren Regionen, in den regionalen Betrieben, in den lokalen Betrieben zu absolvieren. Man darf auch nicht vergessen, dass vor allem gut etablierte Fachhochschullehrgänge immer mehr Unternehmungen, Firmen dazu anregen, sich dort anzusiedeln, wo eben qualifizierte Kräfte zu finden sind. Und dadurch gelingt es uns auch, qualifizierte junge Menschen in den Regionen zu halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher ist es auch so wichtig, dass die Bundesregierung zum Ausbau der Fachhochschulen steht. Die Frau Minister hat dies ja heute nochmals dokumentiert. Von den 753 Millionen Schilling des Voranschlages 1999 steigt der Sachaufwand bei den Fachhochschulen auf 855 Millionen Schilling im Jahre 2000. Und allen Unkenrufen zum Trotz – die Frau Minister hat das des Öfteren schon bestätigt – ist die Finanzierung aller bereits bewilligter neuer Fachhochschullehrgänge gesichert.

Wo liegen nun die großen Chancen der Fachhochschulen? – Diese Chancen liegen auf alle Fälle im Bereich der Telekommunikation, im Bereich der modernen Technologie. Wir haben heute bereits sehr viel darüber gehört. Gerade im Bereich der Technologie, gerade im Bereich der Telekommunikation liegen die Chancen für zukunftsorientierte Jobs. Gerade auf diesem Gebiet haben wir in Österreich einen Mangel an qualifizierten innovativen Kräften, die im Bereich der modernen Medien, im Bereich der Telekommunikation kompetent sind, zu vermerken.

Als Frau ist es mir auch wichtig zu betonen, dass gerade in diesen Bereichen sehr, sehr große Chancen liegen für junge Frauen und Mädchen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und zwar deshalb, weil sie dort einerseits sicheren und zukunftsorientierten Jobs entgegensehen und andererseits gerade bei diesen Tätigkeiten Familie und Beruf leichter zu vereinbaren sind. Deshalb hat die Bundesregierung sich auch zum Ziel gesetzt, den Bereich der Telekommunikation, der neuen Medien zu forcieren.

Eine Frage in Bezug auf die Fachhochschulen, die sicherlich noch offen ist, die aber bald gelöst werden wird, ist die gesetzliche Verankerung einer Studentenvertretung. Wie Sie aber wissen, ist dies, nämlich die Gesetzesnovelle zum ÖH-Gesetz, bereits in Begutachtung.

Als Niederösterreicherin, sehr geehrte Damen und Herren, ist es mir selbstverständlich sehr, sehr wichtig, auch auf das Thema Donau-Universität einzugehen. Es freut mich, dass sich die Bundesregierung, allen voran unsere Frau Minister, zur Donau-Universität bekennt. Die Ministerin hat ja dieses Bekenntnis zur Donau-Universität erst vor einigen Tagen erneuert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist wichtig, in den postgradualen Bereich zu investieren! Daher ist es auch sinnvoll und zukunftsorientiert und auch Ziel des Landes Niederösterreich, in den nächsten Jahren in die Donau-Universität 400 bis 450 Millionen Schilling zu investieren – eine gute Grundlage für das künftige Lehr- und Studienangebot! Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die Bundesregierung bei einer etwaigen Ausweitung des Studien- und Lehrangebotes sicherlich gesprächsbereit ist.

Mit der Donau-Universität ist es uns gelungen, die Idee einer privatwirtschaftlich geführten Universität umzusetzen, denn immerhin werden 50 Prozent der Mittel durch Eigenmittel aufgebracht. Auch die Idee des neuen Präsidenten, Professor Fröhlich, scheint sehr interessant zu sein, nämlich die Idee der dynamischen Finanzierung. Das heißt, je erfolgreicher die Donau-Universität wirtschaftet, umso mehr investiert auch die öffentliche Hand.

Selbstverständlich ist das Modell der Donau-Universität nicht eins zu eins auf die ordentlichen Universitäten umzulegen, aber ich glaube, den einen oder anderen Ansatz kann man auf alle Fälle übernehmen.

Die Frau Minister hat es angesprochen: Wir müssen uns auch im wissenschaftlichen Bereich nach der Decke strecken! Aber unser Programm dokumentiert, dass wir zu den Unis stehen, dass wir sowohl zur Forschung auf den Unis als auch zu Forschungsstätten außerhalb der Unis,


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also zu modernen neuen Ausbildungsstätten stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.28

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sie haben vorhin in Ihren Ausführungen gesagt, das Personal sei finanziert. Wenn das die Aussage zum Bildungsbudget ist, dann darf ich die Behauptung aufstellen: Das Bildungsbudget 2000 garantiert leider den bildungspolitischen Stillstand in Österreich.

Ist das Personal wirklich finanziert? Kollege Amon hat Ihnen schon dazu gratuliert, dass Sie im heurigen Budget um 2,1 Prozent mehr lukrieren konnten. Wenn ich davon ausgehe, dass 2 Prozent allein für den Struktureffekt, also Biennalsprünge und Vorrückungen, aufgehen, und wenn ich weiter davon ausgehe, dass es eine Gehaltserhöhung um 1,5 Prozent geben wird, so frage ich Sie, Frau Minister: Ist dieses Personalbudget wirklich finanziert?

In diesem Zusammenhang drängt sich mir noch eine Frage auf: Im Regierungsübereinkommen heißt es, dass Sie bis zum Jahre 2004 9 000 Bundesbedienstete einsparen werden, und zwar – das steht klar drin – nicht im Bildungsbereich. Aber für den Bereich Bildung heißt es dann darin, es werden alternative Maßnahmen zur Verwirklichung gelangen, die ebenfalls zu einer nachhaltigen Senkung des Personalaufwandes führen. Heißt das, sehr geehrte Frau Bundesministerin, dass die Lehrer in Zukunft weniger verdienen? Oder findet hier das Schweizer Prämiensystem Anwendung: Werden dann Minusprämien für die Lehrer eingeführt? Ich kann mir das nicht vorstellen.

Was mich hier wirklich frappiert, ist die Tatsache, dass man bei dieser Budgetierung doch von fixen Zahlen ausgehen kann – man kennt die Zahl der beschäftigten Lehrer, man kennt die Schülerzahlen, man weiß die Ergebnisse der Gehaltsverhandlungen –, und trotzdem wird es mit Sicherheit, wie schon gehabt, wieder zu Budgetüberschreitungen kommen.

Aber ich möchte mich darüber jetzt nicht mehr länger auslassen, das war bereits Thema im Rechnungshofausschuss. Nur: Eine Bemerkung von Ihnen, sehr geehrte Frau Bundesministerin, hat mich stutzig gemacht. Sie haben nämlich damals so hinten dran bemerkt: Na ja, in ein paar Jahren wird dieses Problem ja nicht mehr so krass sein, denn dann sinken die Schülerzahlen dermaßen, dass wir die kleinen ländlichen Schulen sowieso zusperren müssen. – Wenn das Realität wird, sehr geehrte Frau Ministerin, dann muss ich mich heute schon entschieden dagegen verwahren, denn das ist wieder ein Anschlag auf die schwachen ländlichen Regionen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Die innovativen Ansätze in diesem Budget wurden ja schon einige Male kritisiert. Die so genannte Technologiemilliarde für die Schulen ist für nächstes Jahr vorgesehen. Ich denke, sie wäre heuer schon zu spät. denn dabei geht es ganz wesentlich um die Chancen für unsere jungen Leute. Ich bin gespannt, wie sich die Damen und Herren der Koalitionsparteien bei der Abstimmung des Entschließungsantrages Niederwieser verhalten werden, jenes Antrages, der beinhaltet, dass wir diesbezüglich Maßnahmen setzen sollen. Ich fürchte, ich höre wieder: mit Mehrheit abgelehnt oder – um mit der Trompete von Jericho, dem Abgeordneten Großruck, zu sprechen, er hat es ja heute Vormittag schon gesagt –: "Hört doch endlich einmal auf mit dem Schmäh!" Ich finde nicht, dass es sich hierbei um Schmäh handelt, lieber Kollege.

Ein Ausweg, der immer wieder angeboten wird und den es auch gibt, ist das so genannte Schulsponsoring. Das klingt zwar gut, meine Damen und Herren, aber ich behaupte, wenn das so, wie es bisher gemacht wurde, weitergeführt wird, dann wird genau dieses Schulsponsoring zu einer Zwei-Klassen-Schulgesellschaft führen. In wirtschaftlich starken Regionen werden gute Mittel lukriert werden können, in wirtschaftlich schwachen Regionen hingegen wird es weniger geben, da wird es so sein wie in den USA: "Sage mir, wo du geboren bist, und ich sage dir, was du wirst." – Wollen wir das? Ist das unser Ziel?


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Ein zweites Bedenken meinerseits: Es gibt auch unter den Schulen noch sehr wesentliche Unterschiede. Eine im Auftrag des Bundesministeriums durchgeführte Untersuchung, in der "Presse" veröffentlicht, zeigt das auch sehr deutlich. (Abg. Dobnigg  – darauf hinweisend, dass Bundesministerin Gehrer mit Abg. Dr. Zernatto spricht –: Warum interessiert das die Frau Minister nicht, was du sagst?) – Das ist nicht so wichtig.

93 Prozent der Befragten sagten den technischen höheren Schulen Sponsoring zu, 69 Prozent sagten den AHS zu, aber nur ein Drittel ist interessiert am Sponsoring für die gewöhnlichen Hauptschulen. Das, meine Damen und Herren, kann nicht das Ziel von Sponsoring sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr viel leichter haben es in diesem Zusammenhang schon die katholischen Privatgymnasien, Stichwort, sehr geehrte Frau Minister: das Europagymnasium zum Guten Hirten; Sie kennen es sehr genau. – Wohlgemerkt, die katholischen Privatgymnasien, nicht die nichtkonfessionellen Privatschulen, dort wird das Budget gekürzt. Erfahren die "guten" Privatgymnasien dieselbe Kürzung? – Ich weiß nichts davon. In dem von mir angesprochenen Gymnasium gibt es bereits seit 1997 die heute schon so oft erwähnten Laptops für die Schüler. Ich habe damals an Sie, sehr geehrte Frau Minister, eine Anfrage betreffend die Finanzierung dieser Laptops gerichtet, und Sie haben mir wortwörtlich geantwortet.

"Seitens meines Ressorts gibt es keine derartige Aktion der ,begünstigten Sachmittelausstattung‘. Es werden weder Privatschulen noch öffentliche Schulen für die Anschaffung von Laptops für Schüler mit Budgetmitteln aus meinem Ressort ausgestattet."

Ich habe mich damals als Neuling im Internet ein bisschen umgesehen und fand dann eine Homepage einer renommierten Computerfirma, und dort wurde dieses Projekt "Baumgartenberg" sehr ausführlich vorgestellt. Da konnte ich lesen: "Das Projekt wird von der EU gefördert und vom BMUK wissenschaftlich begleitet." – Wenn es von der EU gefördert wird, so müssen meines Wissensstandes auch nationale Kofinanzierungsmittel mit im Spiel sein. Wer war das?

Zur Finanzierung heißt es dann weiter auf dieser Homepage: "Finanzierung – Unterstützung durch die öffentliche Hand." Ich überlasse es Ihnen, meine Damen und Herren, zu beurteilen, was diese Antwort bedeutet. Es zeigt aber sehr deutlich, wie groß die Bereitschaft, die von Ihnen heute schon so oft zitierte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit uns allen ist. Und vor allem zeigt mir dieses Beispiel sehr deutlich, wie es um die häufig zitierte soziale Ausgewogenheit und Chancengleichheit steht.

Abschließend, sehr geehrte Frau Ministerin, darf ich Ihnen eine Einladung übermitteln. Sie waren vor nicht allzu langer Zeit in diesem von mir genannten Privatgymnasium, nicht zum ersten Mal, das hat auch große Lettern in der Regionalpresse verursacht; es ist auch gut, wenn die Ministerin in die Schulen geht. Ich darf Ihnen also eine Einladung übermitteln, eine Einladung der Volks- und Hauptschulen und der öffentlichen höheren Schulen unseres Bezirkes: Besuchen Sie auch diese einmal, denn die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler dieser "gewöhnlichen" öffentlichen Schulen würden gerne mit Ihnen die Probleme diskutieren, die sie haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesminister. – Bitte.

12.36

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt mir daran, eine Richtigstellung vorzunehmen. Ich habe immer klar erklärt, dass ich mich für den Erhalt der Schulen im ländlichen Raum in besonderem Maße einsetze. Es ist notwendig, die Volksschule im Dorf zu haben. Das bedeutet Leben im Dorf, das bedeutet soziale Beziehungen im Dorf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe auch immer klar erklärt, das sich bei den Personalkosten auf längere Sicht ein Rückgang ergeben wird, weil erstens die Lehrer und Lehrerinnen in einer gewissen Altersgruppe, wie


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sie jetzt sind, in Pension gehen und jüngere LehrerInnen und KollegInnen nachfolgen werden und weil zweitens die Schülerzahlen bis zum Jahr 2030 ganz maßgeblich zurückgehen werden. Der Erhalt der Volksschulen, der Erhalt der standortnahen Schule ist aber für mich ein ganz wichtiges Ziel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Papházy begibt sich zuerst zur Regierungsbank und reicht Bundesministerin Gehrer die Hand. – Abg. Schwemlein: Wollen Sie jetzt mit uns reden? – Rufe bei den Freiheitlichen: Na, na! – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung SPÖ –: Ein Primitivling bis dorthinaus!)

12.37

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg – vielleicht möchten Sie sich auch der Reihe der Gratulanten anschließen –: Die Frau Bundesminister hat gestern Geburtstag gehabt. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Schwemlein –: Jetzt schaust alt aus!)

Eine weitere Bemerkung vorweg zu Herrn Kollegen Pilz, der sich derzeit für, wie es scheint, längere Zeit nicht im Plenum aufhält. So wird es auch am kommenden Mittwoch, den 17. Mai, sein. Da haben wir ja auch Plenum, und da wird Herr Kollege Pilz auch nicht da sein, da wird er nämlich in Graz an einer Podiumsdiskussion teilnehmen, und zwar zum Thema "Professionsnormen für Politiker". Dazu, würde ich meinen, gehört auch die Anwesenheit im Plenum. Zwei Stunden Fahrt nach Graz, zwei Stunden retour, zwei Stunden Podiumsdiskussion – sehr viel Zeit, Herr Kollege Pilz, wird also nicht übrig bleiben für diesen Plenartag. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie das in Ihrem Klub noch diskutieren; die Frau Kollegin Glawischnig wird sicherlich ihre Erklärungen dafür haben, so wie sie auch zu sonstigen Absenzen ihre Anmerkungen macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zurück zur Budgetdebatte, zurück zu Bildung, Wissenschaft und Kultur. Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt ein Grundrecht auf Bildung. Der Staat hat seinen Bildungsauftrag zu erfüllen. Maßnahmen, über die ich heute spreche, finden unterschiedlichen budgetären Niederschlag.

Unsere Fraktion hat sich generell dem Schutz der Schwachen verschrieben, und schwach sind auch diejenigen, Lehrer und Schüler, die von Gewalt in der Schule betroffen sind. In Österreich ist jeder dritte Straftäter unter 21 Jahren. In Deutschland können per Urteil gewalttätige Jugendliche, die wiederholt Lehrer und Schüler attackieren, aus den Schulen bereits ausgeschlossen werden, in Österreich ist es ähnlich. Da gibt es auch die Möglichkeit, dass diese Schüler in besonderen Klassen sozusagen "zusammengefangen" werden. Dort sind dann zwei Lehrer in einer Klasse, einer für die gewalttätigen Schüler, also einer, der diese Schüler observiert, und einer, der unterrichtet. Ich halte es für ganz besonders wichtig, auch wenn ich an das Unglück in Littleton denke, das genau vor einem Jahr passierte – ein Schulmassaker, dem 15 Personen zum Opfer gefallen sind –, dass wir überfraktionell eine Arbeitsgruppe installieren und Maßnahmen gegen Gewalt in der Schule überlegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang bin ich überhaupt überzeugt davon, dass attraktive schulische Angebote auch vom Hang zu Gewalttätigkeiten ein bisschen ablenken. Und mir fällt da ein Projekt besonders ins Auge, "Young Enterprise Switzerland" heißt dieses, und ich befürworte eine ähnliche Initiative nach diesem Vorbild für die AHS-Oberstufe in Österreich. Gemäß dieser Initiative führen Jugendliche reale Mini-Unternehmen ein Schuljahr hindurch. Dadurch sollen die Jugendlichen Einblick in wirtschaftliche Abläufe und auch in ihre Fähigkeiten erhalten. Durch dieses Learning by doing wissen Schüler dann auch in der Frage der Berufswahl vielfach besser Bescheid, wo die eigenen Fähigkeiten, die eigenen Neigungen liegen.

Daneben werden auch soziale Kompetenz, Teamfähigkeit und auch der Mut zur Selbständigkeit gefördert. Es spricht für sich, dass zirka 20 Prozent der Projekte dieser Mini-Unternehmen nach dem Schuljahr weiter betrieben werden.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben es bereits von dieser Stelle aus gehört. Was den Bildungsbereich anbelangt, ist mir das Nebeneinander von staatlichen und privaten Bildungseinrichtungen ein Anliegen und ganz besonders das Nebeneinander von staatlichen und privaten Universitäten. In diesem Zusammenhang gibt es bereits einen Akkreditierungsrat, der vorhatte, die ersten Privatuniversitäten noch vor dem Sommer zu akkreditieren. Ich halte das für eine gute Idee und bin dafür, dass das noch vor dem Sommer geschieht. Auch würde dann der Weg an die Börse für die ersten Privatuniversitäten geebnet sein.

Bleiben wir bei den Universitäten. Konkrete Sparmöglichkeiten sehe ich ganz besonders bei der Donau-Universität Krems. Die Donau-Universität gleicht für mich einem Fass ohne Boden. Da gibt es Studiengebühren, die von den Studierenden bezahlt werden. Da gibt es Sponsoren-Gelder seitens privater und auch staatsnaher Institutionen: Stichwort OMV, Stichwort Österreichische Lotteriegesellschaft. Da bezahlt das Land Niederösterreich einen erheblichen Betrag und es bezahlt der Bund jedes Jahr 52 Millionen Schilling.

Vor genau zwei Jahren haben der damalige Wissenschaftsminister Einem und Landeshauptmann Pröll einen Aufbauplan für insgesamt drei Jahre entwickelt, das heißt, dieser Plan endet mit dem Jahre 2001. Und im Hinblick auf den – soweit ich beurteilen kann – mageren wissenschaftlichen Output der knapp 40 wissenschaftlichen Mitarbeiter halte ich ein Überdenken der weiteren Zuschüsse aus Steuermitteln für die Donau-Universität für angebracht. Es kommt auf jeden Schilling an, Frau Bundesminister, und ich befürworte, dass wir gutem Geld nicht weiteres nachwerfen, bevor eine Evaluierung des bescheidenen wissenschaftlichen Outputs erfolgt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ergänzend zum staatlichen Bildungsauftrag ist es unter budgetären Gesichtspunkten wichtig, steuerliche Anreize zu schaffen, damit sich Bildungseinrichtungen ihre Zukunft in Kooperation mit der Wirtschaft optimal organisieren können. Wir haben davon heute schon gehört. In den Bereichen Bildung, Universität, Kunst und Kultur sowie insbesondere auch im Denkmalschutz ist mir die durchgängige Absetzbarkeit von Sponsorleistungen ein Anliegen.

Der Staat hat die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu schaffen. Meine Zukunftsvision für diesen Bereich ist es, dass sich der Kunst- und Kulturbereich in der Marktwirtschaft – ebenso wie andere Wirtschaftszweige – überwiegend selbst organisiert. Das bedeutet für mich eine weitgehende Abschaffung staatlicher Subventionen im Kunst- und Kulturbereich und das eigenverantwortliche Organisieren von Sponsoren sowie, wie gesagt, größtmögliche steuerliche Erleichterungen.

Ich halte es in diesem Zusammenhang für wichtig, dass wir alle staatlichen Subventionsleistungen in diesem Bereich, inklusive gesetzlicher Verpflichtungen – und ich denke da als Pars pro toto zum Beispiel an die Salzburger Festspiele und an ähnliche so genannte "heilige Kühe" –, noch einmal überdenken. Ich bin mir über die Bedeutung, die beispielsweise die Salzburger Festspiele für den Tourismus haben, natürlich im Klaren, aber ich bin der Überzeugung, dass auch bei den Salzburger Festspielen wirtschaftliche Überlegungen zu greifen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist für mich nicht einzusehen, warum der "kleine" Steuerzahler, der sich sein Leben lang keine Karte für die Salzburger Festspiele leisten wird, Jahr für Jahr mit seinem Steuergeld dazu seinen Beitrag leisten muss.

Zusammenfassend: Wie unser Finanzminister Grasser klargestellt hat, auch Schule, auch Universität, auch Kultur müssen ihren Beitrag zum Sparziel leisten, und ich bin überzeugt, dass obige Ansätze dabei eine wesentliche Rolle spielen werden. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Welche Rolle habt ihr gespielt bei der Vertragsverlängerung von Rabl-Stadler? Da hätte man einsparen können!)


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12.46

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich weiß schon, dass wir immer noch mit euch ein bisschen im Clinch liegen, wer hier die Opposition sein sollte. Aber irgendwann werdet ihr merken, dass die Rolle der Regierung eine andere ist, und wir werden auch immer besser werden in der Rolle der Opposition. Das war jetzt teilweise eine Oppositionsrede, denn die Schwierigkeiten, Frau Papházy, die Sie hier angesprochen haben, werden Sie mit Herrn Pröll und anderen haben, nicht so sehr mit uns.

Frau Bundesministerin! Ich muss mit einer ernsthaften Frage an Sie beginnen. Sie haben erwähnt, dass die Erwachsenenbildung nicht nur aus den Mitteln des Unterrichtsministeriums finanziert wird. Das ist natürlich völlig richtig, das wäre auch viel zu wenig, da gibt es andere Ressorts und dergleichen mehr. Sie haben aber, Frau Bundesministerin, bei dieser Aufzählung der Erwachsenenbildungseinrichtungen zufällig oder nicht zufällig – und das wäre wichtig zu wissen – die Volkshochschulen und auch die Wifis erwähnt, Sie haben aber bei der Aufzählung der Hauptfinanciers der Erwachsenenbildung eine große Bildungseinrichtung nicht erwähnt, nämlich die Berufsförderungsinstitute.

Da fällt auf, dass das vielleicht im Zusammenhang stehen kann mit einer Anfrage, die ich an Sie im Budgetausschuss gerichtet habe, und mit dem Druck Ihres Oppositionspartners, die Arbeiterkammerumlage von 0,5 auf 0,3 Prozent herabzusetzen. Wenn das passiert, wenn Sie in diesem Punkt Ihrem Koalitionspartner nachgeben, dann werden Sie die Berufsförderungsinstitute tatsächlich nicht mehr nennen müssen, denn dann wird es diese Finanzierungsquelle der Arbeitnehmer für die berufliche Erwachsenenbildung nicht mehr geben. 700 Millionen Schilling im Jahr, Kollege Schöggl, sind das ungefähr, die direkt in die Weiterbildung der Arbeitnehmer zurückfließen. Das wird es dann nicht mehr geben. Es wäre also interessant, das zu wissen.

Es ist nicht so, dass diese Frage der Arbeiterkammerumlage nicht auch Ihre Angelegenheit ist, wie Sie mir im Budgetausschuss geantwortet haben, denn da geht es um Mittel für die Erwachsenenbildung. Und das, glaube ich, ist auch eine Frage, die die Bildungsministerin mit zu entscheiden haben wird.

Lassen Sie mich einen Abänderungsantrag Niederwieser, Einem zum Wissenschaftsbudget einbringen. Er ist verteilt, Sie haben ihn gelesen, ich darf Ihnen den Antrag in seinen wesentlichen Zügen vorstellen. Er zielt ab auf die Heranführung des Budgets auf die Ansätze des Jahres 1999 in wichtigen Forschungs- und Wissenschaftsbereichen. Es geht um die Fachhochschulen, die jenes Geld im Budget zur Verfügung gestellt bekommen sollten, das sie brauchen, um diesen Ausbauplan verwirklichen zu können. Es geht um die Anlagen und Aufwendungen an den Universitäten der Künste, an den allgemeinen Universitäten, es geht um BIG-Zahlungen, es geht um Informationstechnologien. Wir wollen nichts anderes als rund 1,5 Milliarden Schilling, die im Jahre 1999 für die Universitäten und für die Forschung vorhanden waren, aber in diesem Budget nicht mehr vorgesehen sind.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Mikl-Leitner hat vorhin gesagt, wenn nicht mehr Geld da ist, dann müssen wir eben zufrieden sein mit dem, was hier vorgesehen ist. Da hätte sie schon Recht, aber die Frage ist: Wie kommt denn dann Verkehrsminister Schmid dazu, während wir hier über das Budget diskutieren, in einer Pressekonferenz bereits freihändig zusätzliche 10 Milliarden Schilling zu verteilen, von denen wir behaupten, dass sie hereinkommen werden. Wir sind der Ansicht, dass dieses Budget in einem ganz entscheidenden Punkt der Einnahmen, nämlich beim Verkauf der vierten Handy-Lizenz, ein falsches Bild darstellt, dass hier bei den Einnahmen mit falschen Karten gespielt wird. 4 Milliarden Schilling sind veranschlagt, der Verkehrsminister selbst erwartet zwischen 10 und 20 Milliarden Schilling.

Wir bitten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, geben Sie doch den Fachhochschulen, geben Sie doch den Universitäten jene Sicherheit, die sie brauchen, damit sie budgetieren können, wenn sogar schon Ihr eigener Minister sagt: Ich werde das Geld haben, ich werde es jetzt verplanen, ich werde es in die Westbahn stecken! Das ist eine politische Entscheidung, wo dieses Geld hinkommen wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grollitsch. )


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Herr Kollege Grollitsch! Das ist eine politische Entscheidung! Sie wissen, wo das Geld herkommt, und Sie wissen, dass es jedenfalls mehr als diese 4 Milliarden Schilling sein werden. 1,5 Milliarden Schilling direkt und in Form eines wahrheitsgemäßen Budgets für die Fachhochschulen, für die Forschung, für die Investitionen an den Universitäten aufzuwenden, schlägt unser Antrag vor. (Abg. Dr. Grollitsch: Und wer soll es zahlen?) Und wenn Sie den Universitäten die Sicherheit geben wollen, zu wissen, über welches Budget sie heuer verfügen können, zu wissen, ob sie im Dezember das Geld für die Heizung haben werden, dann stimmen Sie diesem Antrag zu. (Abg. Dr. Grollitsch: Machen Sie einmal einen Bedeckungsvorschlag!)

Kollege Schöggl! Sie haben im Budgetausschuss gesagt, die Mehreinnahmen werden kommen. Dann setzen Sie hier die 10 Milliarden Schilling ein, die an Mehreinnahmen entstehen werden, und sagen Sie nicht als Wissenschaftspolitiker: Es ist eben nicht mehr Geld da. Was sollen wir denn machen?! – Zumal am Vortag der Verkehrsminister in einer Pressekonferenz gesagt hat: Natürlich werde ich mehr Geld haben, und natürlich werde ich das ausgeben. Ich werde es aber nicht für die Forschung ausgeben, und ich werde es nicht für die Wissenschaft ausgeben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wir werden es für die Budgetsanierung ausgeben müssen!)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns nicht gefallen lassen. Da könnten wir zeigen, dass es uns ein gemeinsames Anliegen ist, für die Forschung, für die Wissenschaft, für die Entwicklung dieses Landes und für die Jugend dieses Landes etwas zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Einem und GenossInnen betreffend das Wissenschaftsbudget zum Bericht des Budgetausschusses (80 und zu 80 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (60 und zu 60 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im Bundesvoranschlag für das Jahr 2000 "Innenverwaltung, Kapitel 14 Wissenschaft" wird im VA-Ansatz 1/14606 "Fachhochschulen" die Post 14606 von 846,106.000 ATS auf 934,000.000 ATS erhöht.

2. Im VA-Ansatz 1/14203 "Anlagen – Universitäten" ist der im Bundesvoranschlag vorgesehene Betrag von 453,400.000 ATS auf den im Jahr 1999 veranschlagten Betrag von 1.334,856.000 ATS zu erhöhen.

Im VA-Ansatz 1/14303 "Anlagen – Universitäten der Künste" ist der im Bundesvoranschlag vorgesehene Betrag von 42,000.000 ATS auf den im Jahr 1999 veranschlagten Betrag von 70,000.000 ATS zu erhöhen.

3. Der VA-Ansatz 1/14208 "Aufwendungen – Universitäten" ist um die VA-Post "Neue Medien in der Lehre" mit einem Betrag von 40,000.000 ATS zu ergänzen.

Der VA-Ansatz 1/14308 "Aufwendungen – Universitäten der Künste" ist um die VA-Post "Neue Medien in der Lehre" mit einem Betrag von 10,000.000 ATS zu ergänzen.


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24. Sitzung / Seite 62

Im VA-Ansatz 1/14606 "Fachhochschulen" ist um die VA-Post "Neue Medien in der Lehre" mit einem Betrag von 20,000.000 ATS zu ergänzen.

4. Der VA-Ansatz 1/14208 "Aufwendungen – Universitäten" ist um eine Budgetpost "wissenschaftlicher Nachwuchs" mit einem Betrag von 50,000.000 ATS zu ergänzen.

Der VA-Ansatz 1/14308 "Aufwendungen – Universitäten der Künste" ist um eine Budgetpost "wissenschaftlicher Nachwuchs" mit einem Betrag von 10,000.000 ATS zu ergänzen.

5. Der VA-Ansatz 1/14018 "Zahlungen an die BIG" wird von 1.494,436.000 ATS auf 1.893,806.000 ATS erhöht.

6. Der VA-Ansatz 1/14106 "Förderung" wird von 281,000.000 ATS auf 330,000.000 ATS erhöht.

Begründung

Zu 1.) Der in der Regierungsvorlage genannte Betrag bedeutet zwar gegenüber dem Jahr 1999 eine Erhöhung, die die Finanzierung der abgeschlossenen Förderungsverträge für Fachhochschul-Studiengänge sichert, erlaubt aber nicht die Förderung von zusätzlichen, bereits in Behandlung im Fachhochschulrat befindlichen Anträgen auf Fachhochschul-Studiengänge, die im Herbst 2000 angeboten werden können.

Zu 2.) Die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Kürzung würde eine wesentliche Beeinträchtigung des Forschungsbetriebes bedeuten, weil neue Forschungsgeräte und Computer nicht im erforderlichen Umfang nachgeschafft werden können. Im Hinblick auf die Beschlüsse des Europäischen Ministerrates in Lissabon würde eine so radikale Kürzung der Investitionsmittel eine Abkopplung von der europäischen Entwicklung bedeuten.

Zu 3.) Die Implementierung der einschlägigen Beschlüsse des Europäischen Ministerrates in Lissabon bedeuten, dass sich die Universitäten und Fachhochschulen verstärkt gegenüber den bisherigen Aktivitäten um die Entwicklung des Einsatzes der neuen Medien in der Lehre bemühen müssen, wofür zusätzliche Mittel erforderlich sind.

Zu 4.) Nicht wenige Wissenschaftsbereiche haben derzeit keine oder in absehbarer Zeit zu besetzende Planstellen für den akademischen Mittelbau. Für die Übergangszeit, bis die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zur Schaffung neuer Laufbahnmodelle entsprechende Wirkung zeigen werden, werden Möglichkeiten für Angestellenverhältnisse für Nachwuchsforscher geschaffen.

Zu 5.) Mit den Zahlungen an die BIG-Bundesimmobiliengesellschaft werden auch Mieten für neue Universitätsbauvorhaben geleistet. Ein Budgetvolumen für Zahlungen an die BIG wie im BVA 1999 würde es ermöglichen einige kleinere aber sehr dringende Neubauvorhaben, wie zB den Tiefspeicher für die Universitätsbibliothek Wien oder den zweiten Bauabschnitt für die Renovierung der Kunst-Universität für Musik und darstellende Kunst bei der BIG noch in diesem Jahre in Auftrag zu geben. Andernfalls würden bei Aufrechterhaltung der Kürzungen der Zahlungen an die BIG gegenüber BVA 1999 von fast 400 Mio ATS notwendige Mietkosten nicht mehr bedeckt werden und auch keine Neubauvorhaben im Wege der BIG geleistet werden können.

Zu 6.) Das Studentenheim-Investitionsförderungsprogramm sollte ungekürzt fortgeführt werden können, da sowohl der Neubau von Studentenheimplätzen als auch in vielen Heimen dringend notwendige Sanierungs- und Generalrenovierungsmaßnahmen erforderlich sind.

Bedeckung: Die Bedeckung der Mehrausgaben von insgesamt 1.575,720.000 ATS soll aus den zu erwartenden Mehreinnahmen aus dem Verkauf der vierten Handy-Lizenz gegenüber dem im Ansatz 2/65024 AB 43 Nr. 8297 "Konzessionsentgelt gemäß § 20a Abs. 4 Fernmeldegesetz 1993" enthaltenen Betrag von 4.126,000.000 ATS erfolgen, da dieser Betrag mit Sicherheit zu niedrig angesetzt ist. Vergleichbare internationale Lizenzverkäufe erbrachten Einnahmen in der Höhe von 8 bis 10 Mia ATS.

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24. Sitzung / Seite 63

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.52

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man sich das Regierungsprogramm anschaut – und ich empfehle das mehreren zu tun –, dann kann man herauslesen, welche bildungspolitischen, sportpolitischen, wissenschaftspolitischen und forschungspolitischen Initiativen die Bundesregierung entwickeln möchte.

In der Präambel steht: "Ein hochwertiges und vielfältiges Bildungsangebot, die Stärkung des lebensbegleitenden Lernens sowie Innovationen bei Forschung und Entwicklung schaffen bessere Lebens- und Arbeitschancen für jeden und stärken den Wirtschaftsstandort Österreich.

Besonders wichtig sind dabei die Sicherung der Qualität und der finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Weiterentwicklung der Bildungsangebote mit zukunftweisenden Inhalten.

Die Internationalisierung und Forcierung von Forschung und Lehre sind zentrale Anliegen, eine Technologieoffensive ist notwendig."

Wenn wir also das Bildungsbudget diskutieren, dann sollten wir es unter diesem Aspekt machen. Wir wissen alle, dass wir Budgetprobleme haben. Wir wissen alle, dass wir die Budgetprobleme nicht lösen können, indem wir mehr Schulden aufnehmen, indem wir mehr ausgeben, sondern dass wir zuerst als Hausaufgabe eine Lösung dieser Probleme finden müssen, um dann Geld für neue Herausforderungen zu haben.

Ich bin überzeugt davon, dass unsere Frau Bundesministerin die Prioritäten auch angesichts der angespannten budgetären Lage entsprechend setzen wird und dass weder die Bildung noch die Forschung, noch die Erziehung, noch andere Bereiche in ihrem Ressort zu kurz kommen werden, denn sie hat auch in der Vergangenheit mit knappen Mitteln für Qualität im Bildungssystem gesorgt, und ich bin überzeugt, sie wird es auch in Zukunft in einer hervorragenden Qualität schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte einige Punkte aus diesem Regierungsprogramm herausgreifen, in dem steht:

"Technologiemilliarde für eine Technologieoffensive an den Schulen. Für eine neue Schulkultur sind moderne Erziehungsvereinbarungen notwendig – Erarbeitung und Erprobung unter Einbeziehung aller Schulpartner (Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern). Förderung von Spitzenleistungen und besonderen Begabungen durch Lehrerbildung, Lernkultur und Kooperation mit tertiären Bildungseinrichtungen."

Es gibt da noch eine Fülle von Punkten, die nachzulesen sind; ich möchte auf die drei genannten Punkte eingehen.

"Für eine neue Schulkultur sind moderne Erziehungsvereinbarungen notwendig." – Ich gebe Ihnen Recht, Frau Minister, ich unterstreiche das, was im Regierungsprogramm steht. Der Christliche Lehrerverein von Oberösterreich hat am Dienstag dieser Woche seine Generalversammlung abgehalten und ist auch genau auf dieses Thema schwerpunktmäßig eingegangen. Da ist natürlich schon betont worden, dass es auch Verantwortlichkeiten im Schulbereich gibt, dass es vorbei ist mit der antiautoritären Erziehung oder dem vielleicht vielpropagierten Laisser-faire-Stil, dass vielmehr eine Erziehung zur Partnerschaftlichkeit, zur Verantwortung, zur Eigenverantwortung notwendig ist, nicht die Einstellung, wie sie vielleicht alte Bildungs- und Erziehungsinhalte vertreten: Wir lassen, wir lassen, wir lassen, Geduld, wir lassen machen, und wir greifen nicht ein!

Es ist notwendig, gerade bei unseren jüngeren Kindern und Schülern erziehungsmäßig einzugreifen. Für den Christlichen Lehrerverein steht an erster Stelle die Prävention, und er schlägt vor: Stärken der Schüler erkennen und nutzen, Herausforderungen anbieten und verantwortlich


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umsetzen, vorausschauende Interventionen, erlebnispädagogische Ansätze, Bildung kleiner Gruppen ermöglichen, Einsetzen von zusätzlichen Werteinheiten für erziehliche Förderungen und so weiter.

Und wenn all das nichts nützt, dann ist er für Erziehungsverträge, für den präventiven Ausschluss bei Schulveranstaltungen und so weiter. Auch das muss möglich sein und muss diskutiert werden, meine Damen und Herren.

Wir haben nichts davon, wenn wir heute unseren Schülern zumuten, sie sollen machen, was sie wollen. Sie werden dann im Leben auch nicht mitkommen. Wir stehen dafür, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen auch in der Schule – und Schule kann nie die Erziehungsarbeit der Eltern ersetzen, sondern immer nur ergänzen – zu partnerschaftlichen, eigenverantwortlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft erziehen.

Das Zweite ist die Förderung von Spitzenleistungen. Auch dazu bekennen wir uns. Wir halten nichts von einem bildungspolitischen Bürstenhaarschnitt, einer Einheitsschule oder von einem Golfrasen, der hier pädagogisch angeboten werden soll. Wir wollen die Blumenwiese in der Pädagogik, wo sich Talente entfalten können, wo Begabungen gefördert werden und wo den Schwachen geholfen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaßner hat vorhin von den "Posaunen von Jericho" gesprochen. Ich habe heute in der Früh zwischengerufen: "Hört auf mit den Schmähs!", denn jedes Mal, wenn ein sozialistischer Redner als Erstredner herauskommt, bedauert und moniert er, dass gerade die sozial Bedürftigen und die Einkommensschwachen bei dieser Regierung durch den Rost fallen werden. – Genau das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren: Wenn wir nicht bereit sind, das Budget zu sanieren, entsprechende Zahlen auf den Tisch zu bringen, und zwar schwarze Zahlen, dann werden wir uns die roten Zahlen der Vergangenheit nicht mehr leisten können, und dann fallen vor allem jene Menschen durch den Rost, die Sie jetzt so bejammern, nämlich die sozial Schwachen. Gerade weil es notwendig ist, für die sozial Schwachen etwas zu tun, müssen wir das Budget sanieren.

Sie sagen, die sozial Schwachen und Bedürftigen sind unsere Mitglieder, für die setzen wir uns ein. Na dann frage ich mich, wie das zusammenpasst, wenn Sie die roten "Bettelmönche" mit der Kasse gerade zu den sozial Schwachen, die Sie vertreten, hinschicken, um Parteispenden zu erbitten. Das kann doch nicht wahr sein!

Meine Damen und Herren! Ich komme zum letzten Punkt, weil das Licht schon blinkt, nämlich zu den Erziehungsinhalten. Die Schule ist kein Experimentierfeld, wie es das vielleicht einmal war. Ich erinnere an die Mengenlehre, die gelehrt worden ist, mit der die Schüler malträtiert worden sind: Du musst das lernen und jenes lernen! Auch die Lehrer haben das lernen müssen. Und jetzt hat sich halt herausgestellt, dass die Mengenlehre nicht unbedingt das war, was in den siebziger Jahren als die hohe Schule der neuen Mathematik herausgekommen ist.

Aber ich glaube, einige Kassiere der SPÖ-Bundespartei haben Mengenlehre gelernt. Das Finanzdebakel in der Kassa kann nur darauf zurückzuführen sein, dass vielleicht in der Schule nicht normale Algebra und Mathematik gelehrt worden sind, sondern Mengenlehre, nach dem Motto: Wenn in der Parteikassa ein Minusguthaben von 200 Millionen Schilling ist und ich eine Teilmenge von 200 für den Wahlkampf herausnehme, dann muss ich wieder eine Schnittmenge von 400 Millionen hineingeben, damit nichts drinnen ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist die Mengenlehre sozialistischer Prägung. Damit wollen wir nichts anfangen, meine Damen und Herren. Wir wollen unseren Schülern eine gediegene Ausbildung zukommen lassen!

Diese Ausbildung ist bei unserer Bundesministerin Elisabeth Gehrer in besten Händen. Frau Bundesministerin! Sie haben dabei unsere Unterstützung. Wir, die Koalition, werden daran arbeiten, die Ziele, die im Regierungsprogramm festgeschrieben sind, zu realisieren. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)


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Lassen Sie mich abschließend noch eine freudige Mitteilung machen, Frau Bundesministerin. Sie haben heute Geburtstag, wenn ich richtig informiert bin. Unsere Bereichssprecher, Werner Amon, Gertrude Brinek und Andrea Wolfmayr wollen Ihnen eine kleine Aufmerksamkeit herausbringen. Wo sind sie denn mit dem Blumenstrauß? – Da sind sie schon! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Die Abgeordneten Amon, Dr. Brinek und Dr. Wolfmayr überreichen der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer einen Blumenstrauß.)

Wir gratulieren Ihnen sehr herzlich, Frau Bundesministerin! Das ist wahrer Einsatz für Österreich, sogar am Geburtstag hier im Parlament zu sein! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich schließe mich den besten Wünschen an und fordere gleichzeitig den nächsten Redner, Herrn Abgeordneten Dr. Antoni, auf, mit seiner Rede zu beginnen. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Antoni –: Dieter, wart ein bisschen! Die müssen sich auf den Qualitätsunterschied erst einstellen!)

13.02

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich kann auf die Rede des Kollegen Großruck leider nicht eingehen – das würde meine Redezeit zu sehr einengen –, außer auf den letzten Satz: Frau Bundesministerin! Ich darf Ihnen auch unsererseits herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Für eine immer größer werdende Zahl von Studierenden stellt das Studium nicht nur einen Lebensbereich dar, sondern sie sind dazu gezwungen, ihr Studium in einem breiteren Spektrum anzulegen, weil sie nebenbei berufstätig sein müssen. Das heißt, sie müssen das Spannungsfeld von Beruf und Studium ausloten. Vor diesem, ich würde meinen, eher erfreulichen Hintergrund einer Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte hat sich ein sehr komplexes Geflecht von sozialen Umständen, von Lebensplanungen und von unterschiedlichen beruflichen Zielstellungen bei den Studierenden entwickelt.

Diese Komplexität kann meines Erachtens mit einem einheitlichen Studienkonzept nicht mehr in Einklang gebracht werden, denn zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Veränderungen am Arbeitsmarkt, die immer stärkere Praxiserfahrung erfordern und so auch das Studierverhalten von zahlreichen jungen und natürlich auch älteren an den Universitäten studierenden Kolleginnen und Kollegen beeinflussen.

Auf diese Entwicklung muss sich auch die Hochschulpolitik etwas mehr einstellen. Leider finde ich im Regierungsprogramm dazu kaum Ansätze.

In der Sozialerhebung 1998 wurde festgestellt, dass es 60 Prozent erwerbstätige Studierende gibt, also fast zwei Drittel der an den Universitäten Studierenden haben im Wintersemester 1997/98 neben dem Studium gearbeitet. Aus diesen Zahlen ist erkennbar, dass ein radikaler Wandel bei den Studenten im Gange ist, und dieser Wandel wird sich auch gesellschaftspolitisch – das heißt, in anderen Lebensbereichen wie Arbeit, Freizeit, Wohnen und Kultur – niederschlagen. Dieser Wandel ist aber auch Ausdruck dessen, dass eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern in Österreich das Konzept des lebenslangen und qualifikationserweiternden Lernens durchaus annehmen.

Die Auswirkungen, die wir zu akzeptieren haben, sind neben einer Verlängerung der Studiendauer auch die immer größer werdende Bedeutung von Teilzeitstudien als Alternative. Die Ursachen und Gründe, die zu einem Teilzeitstudium führen, sind so gewichtig, dass man sie nicht mit dem Hinweis auf die Norm übergehen kann oder gar als individuelles Fehlverhalten sehen darf. Man muss die Notwendigkeit der Berufstätigkeit akzeptieren und die erforderlichen Rahmenbedingungen verändern. Es soll möglich sein, ein Vollzeitstudium zu absolvieren, aber für jene, die wegen beruflicher Praxis am Arbeitsplatz – weil sie das nicht missen wollen und können – oder wegen Betreuungspflichten für Kinder, ältere Menschen oder gar Behinderte oder


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aus sonstigen Gründen in ihrer Zeit eingeschränkt sind, die Möglichkeit anbieten, ein Teilzeitstudium zu absolvieren.

Grundsätzlich meine ich daher, dass die Studienform so flexibel, so durchlässig zu gestalten ist, dass sowohl der eine Teil als auch der andere Teil akzeptiert wird, dass aber auch ein Wechsel zwischen Vollzeit- und Teilzeitstudium möglich wird.

Ich bin daher der Ansicht, dass es erforderlich ist, Frau Bundesministerin, dass in Ihrem Haus weiter an diesem Konzept gearbeitet wird – eine Arbeitsgruppe betreffend Teilzeitstudium gibt es ja bereits – und dass es letztlich ein österreichweites hochschulpolitisches Konzept für beide Ansprüche – Teilzeitstudium und Vollzeitstudium – geben wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

13.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte meine Rede damit beginnen, dass ich von dieser Stelle aus dem Kollegen Graf meine persönliche Hochachtung dafür aussprechen möchte, dass er trotz der persönlich diffamierenden und verhetzenden Anschüttungen durch die Grünen letztlich am Schluss seiner Rede die Hand ausgestreckt und zur Zusammenarbeit eingeladen hat. Das ist eine demokratische Grundhaltung, und das freut mich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da wir in dieser Debatte auch über Kultur reden, möchte ich von einem Erlebnis erzählen, das mich gestern Abend sehr betroffen gemacht hat. Es war ein lauer Abend am Rathausplatz, die Fünfte Symphonie von Mahler unter der Leitung von Zubin Mehta wurde gespielt – ein erhebendes Ereignis, bis die Berufsdemonstrierer aufgetreten sind und diesen Kulturgenuss mit ihrem Demonstrationslärm, mit ihren "Widerstand"-Rufen, mit der lauten Aufforderung, die Regierung aus dem Amt zu jagen, gestört haben. Ausländische Gäste haben sich sehr brüskiert gezeigt, und auch der Dirigent war ausgesprochen echauffiert.

Ich ersuche hier von dieser Stelle aus die linke Reichshälfte, jenes Lager, das diese Kräfte auf die Straße gerufen hat, auch in Kulturangelegenheiten zu schulen, damit sich derartige Vorkommnisse nicht wiederholen – im Sinne der Kultur, als Botschafter der Versöhnung und des Friedens und nicht der Brüskierung von kulturellen Veranstaltungen. Letztlich fallen diese Aktivitäten auf Sie zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zum Thema Unterricht und Wissenschaft. Was ist das Ziel der Wissenschafts- und Unterrichtspolitik? – Das Ziel muss sein, selbstbewusste und von ideologischen Scheuklappen freie, verantwortungsbewusste junge Menschen heranzubilden. Diese jungen Menschen müssen mit dem notwendigen Rüstzeug ausgestattet sein, um sich den Anforderungen von Gesellschaft und Wirtschaft erfolgreich zu stellen und zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beizutragen.

Dazu, geschätzte Frau Minister, gehört es auch, den Bedarf zu erkennen und nicht quasi am Bedarf vorbei zu produzieren: Aufklärung und Vorbereitung auf die künftigen Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft tun Not.

Ich darf aus dem Schwerpunktbericht 1999 betreffend Österreichische Forschungsstrategie, Phase 1, zitieren. Darin wird folgende Klage erhoben:

Große Teile der Jugend verlassen aber das Schulsystem, ohne jegliche grundlegende Wissenschafts- und Technologiekultur erworben zu haben, welche sie für ihre Studienwahl und ihr künftiges Berufsleben in der Wissensgesellschaft benötigen werden. – Siehe auch Verknüpfung der Politikbereiche.


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Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Worin liegt denn die Ursache dieser Klage? – Die Ursache dafür ist die seinerzeitige zeitgeistbedingte, einer technologie- und industriefeindlichen Ideologie verhaftete Situation weitester Lehrerkreise. Frau Minister! Sie werden Handlungsbedarf haben, eine technologiefreundliche Haltung in der Lehrerschaft herbeizuführen, um dieser Klage entgegentreten zu können und ein entsprechendes technologiefreundliches Klima an unseren Schulen zu erzeugen. Nur dann werden die modernen Maßnahmen für eine Informationspolitik, für die Einsetzung der Telekommunikation in weitesten Kreisen und für eine technologieorientierte Zukunft Österreichs wirklich greifen und umgesetzt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist aber auch Sparen angesagt, und dazu gibt es sicherlich entsprechende Möglichkeiten. Ich habe von dieser Stelle aus schon mehrfach das Beispiel gebracht, dass Schulen durchaus zusammengelegt werden könnten. In meinem Heimatort gibt es nach wie vor zwei Hauptschulen und zwei Volksschulen, untergebracht im selben Haus, mit zwei Direktoren, mit zwei Verwaltungen. Ich denke, dass in der Administration, in der Schulverwaltung ein entsprechendes Einsparungspotential vorhanden wäre.

Es wäre auch wichtig, die im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit erworbenen Mittel und deren Verwendung entsprechend zu kontrollieren und die Kosten, die für die Benützung der Infrastruktur aufgewendet werden müssen, wieder den Schulen zuzuführen. Wichtig wäre weiters auch die Erarbeitung eines Betriebskosten-Einsparungskonzeptes durch Facility-Management, das heißt durch einen optimalen Betrieb der von der Schule benützten Objekte, Gebäude et cetera.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wichtig für uns Freiheitliche ist aber die konsequente Entpolitisierung der Schulleiterbesetzungen, denn da kann nur gelten, dass die am besten geeignete Person auf die entsprechende Position kommen kann – zum Wohle unserer Schüler und zum Wohle unserer Jugend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Einige Worte zum Bereich Wissenschaft: Trotz Sparens, Frau Minister, ist es gelungen, das Wissenschaftsbudget nahezu konstant zu halten. Das ist eine Leistung für die Wissenschaft, für die Universitäten, für die studierende Jugend und damit für ganz Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Trotz aller Sparmaßnahmen muss aber gewährleistet werden, dass generelle punktuelle Reparaturen durchgeführt werden können. Es ist unerträglich, dass zum Beispiel in Gebäuden der WU Wassereinbrüche auftreten und dass Computer abgedeckt werden müssen, um sie vor Wasserschäden zu bewahren. Oder noch ein Beispiel: Die Teilnahme an den EU-Projekten muss gesichert sein. Diese erscheint jedoch teilweise punktuell gefährdet. Das muss man auch sagen.

Sehr geehrte Frau Minister! Es ist sehr wichtig, dass die Studenten die Möglichkeiten und die Voraussetzungen dafür vorfinden, ihr Studium in der Regelzeit abzuschließen. Solange es Probleme mit Terminen und mit der Ausstattung von Hör- und Übungssälen gibt, so lange kann für uns die Einführung von Studiengebühren kein Thema sein. Universitäten sollen und müssen lebendige Zentren für Wissenschaft und Forschung, aber auch gleichberechtigte Zentren der Lehre und als solche Dienstleistungszentren für die Studenten und für die bildungswillige Jugend sein.

Abschließend noch ein Wort zum Großforschungsprojekt AUSTRON. Frau Minister! Wir Freiheitlichen bekennen uns zur Errichtung einer Großforschungseinrichtung von europäischer Bedeutung in Österreich. Das wäre gut für das Ansehen unseres Landes, das wäre gut für die Weiterentwicklung der Wissenschaft, und das wäre gut für den Wissenschafts-, den Wirtschafts- und den Forschungsstandort Österreich. Ich hoffe, dass die Finanzierung gesichert werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Frau Minister! Die Neuordnung der Ministerien im Bundesministeriengesetz war und ist ein zukunftweisender Schritt, und zwar durch die Einführung dieses Bildungsministeriums. Es wird an uns, an der Regierung und an der Koalition liegen, diese Möglichkeiten zu


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nützen – zum Wohle der Republik Österreich, zum Wohle der Studierenden und zum Wohle unseres Wirtschaftsstandortes.

Abschließend entbiete auch ich meine persönlichen Glückwünsche zum Geburtstag. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

13.14

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Verunsicherung, Verunsicherung, Verunsicherung! Das ist es, was einem entgegenschallt, wenn man mit Universitätsbediensteten, mit Professoren, mit Dozenten und mit Assistenten an den Universitäten in den letzten Monaten gesprochen hat. Man hat Angst, man weiß nicht genau, wie es bei den Universitäten, bei der Forschung und bei der Lehre in Zukunft weitergeht. Wenn die Labors nicht mehr erneuert werden können und sie dem Verfall preisgegeben werden müssen, wo soll dann die bestausgebildete junge Generation, die die Wirtschaft so dringend braucht, herkommen? – Das ist es, was sich auch viele Universitätsprofessoren fragen.

Ich zitiere hier mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, Herrn Universitätsprofessor Dr. Leopold März, Rektor der Universität Wien für Bodenkultur. Er stellt sich die Frage, ob die Unis totgespart werden, und schreibt:

Die Kürzungen des heurigen Budgetjahres für die österreichischen Universitäten beschneiden die Investitionsmittel um zwei Drittel, das heißt, um eine Milliarde Schilling. Prinzipiell wird damit der ständige budgetäre und politische Vorrang für Bildung und Wissenschaft nicht eingehalten. Konkret bedeutet das, dass die Universitäten heuer nicht in der Lage sein werden, ihre Geräteausstattung auf dem derzeitigen Stand zu halten. – So weit Rektor Universitätsprofessor Dr. März.

Wenn die Klagen des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung über die Kürzung der Forschungsgelder laut werden und unüberhörbar sind, dann ist das äußerst gravierend. Wenn weiters in Innsbruck alle Institute um 20 Prozent weniger Geld für Bücher und für Zeitschriften zur Verfügung haben, dann ist das ebenfalls gravierend, denn ohne Buch gibt es weniger Forschung und ohne Zeitschrift auch weniger Wissen.

Frau Ministerin! Der ehemalige Wissenschaftsminister Caspar Einem hat ein Weißbuch in Auftrag gegeben, demzufolge vor allen Dingen die Frauen in der Forschung gefördert werden sollen. Ich hoffe, dass Sie mit diesem Projekt weitermachen, dass Sie weiterhin die Frauen fördern, die Frauenforschung fördern und die Frauen an den Universitäten fördern, damit das, was an den Universitäten schon wirklich vorbildhaft ist, weiterbesteht, nämlich dass rund die Hälfte der Studierenden weiblich ist. Das soll sich künftig auch bei den Professoren und Professorinnen, bei den Dozenten und Dozentinnen niederschlagen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich hoffe weiters, dass die Maßnahmen, die bisher schon gesetzt wurden, weitergeführt werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Firnberg-Stipendien.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn gespart werden muss, dann wird gerne die Lehre gegen die Forschung ausgespielt. Bei diesem Budget ist allerdings eindeutig: Da wird bei der Forschung gespart. Zeitversetzt wirkt sich das auch auf die Lehre aus. Die Forschung hat auf die Lehre einen Einfluss, aber die Lehre im System der Massenuniversität nicht einen so großen auf die Forschung.

Wenn zum Beispiel in Innsbruck für 1 400 PsychologiestudentInnen, wovon über 1 000 auch wirklich Prüfungen ablegen, nur zehn Universitätslehrer – Lehrbeauftragte gehören auch noch dazu – zur Verfügung stehen, dann ist diese Höchstzahl an Studenten, die auf einen Professor fällt, einfach zu hoch. Das braucht man sich nur auszurechnen. Da, so glaube ich, ist es nicht mehr möglich, eine entsprechende Lehre – und schon gar keine Forschung – zu betreiben.


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Was mir gestern in die Hände gefallen ist, war eine Presseaussendung des Österreichischen Gewerbevereins. Darin wurde wieder der Ruf nach Studiengebühren laut. Alle Jahre wieder taucht diese Meldung auf, so wie das Ungeheuer von Loch Ness. Ich bin froh darüber, dass Sie sich heute – so habe ich Sie jedenfalls verstanden – dazu bekannt haben, dass Bildung – auch die höchste Bildung – weiter frei sein wird, weiterhin gratis konsumiert werden kann. Das ist gut für Österreich, das ist gut für unsere Jugend, das ist gut für unsere Wirtschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

In unserem Land kann man den Universitäten prinzipiell ein großes Kompliment aussprechen, weil sie die rasanten Umwälzungen und Veränderungen ausgezeichnet bewältigt haben. Vor 30 Jahren war ja nur ein Viertel der Studierenden an den Universitäten zu verzeichnen, jetzt sind es vier Mal soviel. Dass das so gut bewältigt wurde, dass wirklich ausgezeichnet ausgebildete Leute, Studenten, Akademiker und Akademikerinnen die Universitäten verlassen, auch ins Ausland gehen und sehr geschätzte Arbeitskräfte sind, ist eine wichtige und notwendige Entwicklung. Diese Akademiker beziehungsweise ehemaligen Studenten sind gewissermaßen Botschafter und Botschafterinnen unseres Landes.

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Es hat mich sehr gefreut – und ich bin stolz auf den Rektor der Universität Innsbruck, Professor Hans Moser –, dass Professor Moser untersagt hat, dass der Festkommers, dass die so genannte Festakademie Europa auf universitärem Boden veranstaltet wird, weil er Angst um den Ruf, um das Ansehen der Universität hat. Das war ein mutiger Schritt. Ich möchte Herrn Professor Moser auch von dieser Stelle aus für diesen Schritt danken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Angst vor den Gegendemonstranten!)

Herr Wissenschaftssprecher Dr. Graf! Wenn dieser Festkommers jetzt im Kongresshaus in Innsbruck stattfindet (Abg. Dr. Martin Graf: Wir leben in einer Demokratie!) und der neu gewählte Bürgermeister Herwig van Staa seine Teilnahme an einer Diskussionsrunde zugesagt hat (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen) – neben Herrn Dr. Otto Scrinzi, der ebenfalls am Podium sein wird (Abg. Dr. Martin Graf: Ein Abgeordneter außer Dienst! Und sein Schwiegersohn ist der Voggenhuber!) – , dann finde ich als Innsbruckerin das problematisch und bedenklich. Ich würde mir wünschen, dass der Bürgermeister von Innsbruck, der Europa-Politiker von Innsbruck, diese Zusage zurücknimmt und an dieser Veranstaltung nicht teilnimmt! (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

13.22

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An die letzten Ausführungen anschließend ein trauriges Zitat:

"Die Universität Wien versteht die Sorge der internationalen Öffentlichkeit über die Regierungsbeteiligung einer Partei, deren Vertreterinnen und Vertreter sich in der Vergangenheit nicht klar von der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus distanziert haben." – Zitatende.

Diese Erklärung gab die Universität Wien am 9. März ab und hängte eine Begründung an, die ich mir und Ihnen erspare.

Frau Bundesminister! Ich frage Sie vorweg: Haben Sie auf dieses "Plädoyer für Vertrauen", wie sich das nennt, reagiert? Wenn ja, wie? – Ich würde Sie sehr bitten, sich von dieser Unterstellung gemeinsam mit uns, mit der gesamten Bundesregierung zu distanzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt aber auch bessere Beispiele, meine sehr verehrten Damen und Herren. Mir liegt der Brief eines österreichischen Wissenschafters vor, der sich auf eine Einladung zu einem inter


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nationalen Urologen-Kongress hin in einem Brief an alle 1 500 Eingeladenen geäußert hat, der seinesgleichen sucht.

Dieser Wissenschafter, der weit weg von einer Nähe zu einer politischen Partei ist – auch weit weg von unserer Partei – und einer der wenigen von Rang und Namen in der österreichischen medizinischen Wissenschaft, schreibt in diesem Brief, den ich Ihnen auszugsweise zur Kenntnis bringe, Folgendes – ich zitiere –:

Liebe Kollegen! Sie haben vom politischen Wechsel in Österreich im Fernsehen gesehen oder in den Zeitungen gelesen. Dieses Land wurde wegen seiner neuen Regierung, die aus einer Koalition zwischen den Konservativen und den Freiheitlichen unter Jörg Haider besteht, streng kritisiert. Seit wir das Gefühl haben, dass in Ihrem Land die Fakten sehr stark voreingenommen wiedergegeben werden, ist es uns ein Anliegen, über die Situation zu berichten und dabei objektiv zu bleiben.

Nun auszugsweise: Jörg Haider betrieb eine gute Oppositionspolitik. Die Aussagen, die Sie von ihm gehört haben, sind aus dem Zusammenhang gerissen. Obwohl er dem rechten Flügel zugehört und wie auch andere Politiker Populist ist, ist er weder Nazi noch Faschist, weder Antisemit noch Rassist. Wie auch immer, die FPÖ übt als demokratische Partei in vielen Städten und Ländern Regierungsbeteiligung aus und ist in unserer Verwaltung vertreten.

Die SPÖ war 30 Jahre an der Macht. Sie wurde korrupt und war in viele Skandale verwickelt, die aufgedeckt und veröffentlicht wurden.

Im Großen und Ganzen wurde die FPÖ also nicht gewählt, weil die Österreicher Faschisten sind, sondern weil ein politischer Wechsel gewollt wurde. – Und so weiter, und so weiter. Ende des Zitates. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Brief an 1 500 Wissenschafter im medizinischen Bereich, der zumindest ein Ansatz dafür ist, wie Österreicher, die ein objektives Bild behalten haben, auf die Sanktionen reagieren.

Frau Bundesminister! Unter "Schaden für Wissenschaft" wird in der heutigen "Presse" berichtet, dass Sie folgende Sanktionen im wissenschaftlichen Bereich genannt haben: "Absagen innerhalb von Projekten, Probleme bei Veranstaltungen und Besuchen, Behinderung von Kooperationen und Studierenden, Absagen von Ehrungen sowie Resolutionen".

Frau Bundesminister! Ich ersuche Sie, so vorbildhaft wie Ihr Kollege in der Regierung, Staatssekretär Franz Morak, zu reagieren. Er hat gestern in einem Brief an die französische Kulturministerin offiziellen Protest dagegen erhoben, dass das österreichische Archäologische Institut von einem Kongress in Frankreich ausgeladen wurde. Er begründet das sehr eindrucksvoll.

Ich bitte Sie, Frau Bundesminister, diesbezüglich im Bereich der Wissenschaft tätig zu werden. Es kann nicht sein, dass gerade die Wissenschaft unreflektiert Meldungen übernimmt, ohne sie ihrerseits zu hinterfragen. Es ist doch Aufgabe der Wissenschaft, die Wahrheit zu suchen und nicht vordergründige Meldungen, deren politische Begründung offenkundig und leicht nachvollziehbar ist, wiederzugeben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kurz zum Thema Unterrichtspolitik. Kollege Riepl hat gesagt: Im Zentrum der Schulen stehen die Schüler. Abgesehen von seinen anderen Aussagen unterstützen wir gerade diese Aussage. Dass Lehrer dafür erforderlich sind und dass sie in einer Partnerschaft mit den Eltern und Schülern in der Schule sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber wir sollten die Schüler als das Zentrum unserer Bemühungen in der Unterrichtspolitik nicht aus den Augen verlieren.

Frau Bundesminister! Im Zusammenhang mit den Budgetverhandlungen wurde, wie Sie wissen, vom Finanzminister auch die Variante erörtert, ob man es den Lehrern zumuten könnte, als Solidaritätsbeitrag eine einzige Stunde mehr an Lehrverpflichtung zu übernehmen – nur eine Stunde mehr an Lehrverpflichtung!


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24. Sitzung / Seite 71

Meine Damen und Herren! Das würde eine Budgeteinsparung von etwa 2,2 Milliarden Schilling bedeuten. Dieser Solidaritätsbeitrag ist einzufordern. Wir sind überzeugt davon, dass wir dafür bei den Lehrern Verständnis finden, wenn wir ihnen die Dramatik der Situation ausreichend vor Augen führen.

In den Anträgen des Herrn Niederwieser – bezeichnenderweise unterschreibt Herr Ex-Minister Einem nur mit und vertritt den Antrag nicht selbst – werden im Bereich der Erwachsenenbildung, Universitäten für Künste et cetera durchaus Zahlen genannt, die Sie, Frau Bundesminister, aber auch der Finanzminister vermutlich liebend gerne erfüllen würden. Aber seien wir doch ehrlich: Die Einnahmen unserer Kinder werden nicht ausreichen, um die Belastung auf Grund unserer Staatsschulden auszugleichen. Wollen Sie in den Geldtaschen Ihrer, meiner, unserer Enkerln tatsächlich weiter herumrühren?

Wir bitten Sie, realistisch zu bleiben! Und wenn Sie solche Forderungen stellen, dann versuchen Sie doch auch, die zweite Seite, die Bedeckung, zu erörtern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Frau Bundesminister! Im Namen meiner Fraktion noch einmal alles Gute zum Geburtstag! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

13.30

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte mich, nachdem schon sehr viel zu den Universitäten und den Wissenschaften gesagt wurde, nur mit ein paar Dingen beschäftigen.

Signifikant sind, das wurde ja schon gesagt, die Kürzungen im Anlagenbereich: im Titel 1/14203, Anlagen im Universitätsbereich, eine Kürzung von 1,335 Milliarden auf 450 Millionen Schilling; im Ansatz 1/14303, bei den Universitäten der Künste, eine Kürzung von 70 Millionen auf 42 Millionen Schilling. Sie haben für diese Kürzungen einhellige Skepsis geerntet. Der Beschluss der Rektorenkonferenz war einstimmig. Die Rektoren haben gesagt: Wir haben große Sorge, ob der Lehrbetrieb im kommenden Wintersemester aufrechterhalten werden kann.

Der Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, hat gesagt, dass er den Eindruck hat, dass man sich in Österreich zu wenig mit Bildung und Wissenschaft beschäftigt.

Der Rektor der Technischen Universität Wien, Peter Skalicky, hat gesagt: Kürzungen sind keine Uni-Politik, das bringt der letzte Buchhalter zusammen.

Nun könnte man sagen, das seien irgendwelche Lobbyisten, aber "irgendjemand" sind die genannten Herren ja doch nicht!

Oder: Der Vorsitzende der Fraktion Christlicher Gewerkschafter und ÖGB-Vizepräsident Fritz Neugebauer sagt:

Der Budgetentwurf gleicht einer lustlos geschriebenen Hausübung, ohne Engagement und ohne Akzente. Der Handlungsfaden heißt Sparen, das Ergebnis heißt Kürzen. Aufgelockert durch die Absicht, das Familiensilber verkaufen zu wollen, stehen die Arbeitnehmer vor dem Schluss, zur x-ten Budgetsanierung durch einseitige Belastungen beitragen zu müssen.

Weiters sagt Neugebauer: Es ist geradezu ein Skandal, Milliarden von Steuerschulden liegen zu lassen und gleichzeitig den Arbeitnehmern eine Politik des Gürtel-enger-Schnallens zu diktieren. – Zitatende.

Herr Neugebauer weiß, wie ich meine, schon, wovon er spricht, und ganz wirklichkeitsfremd ist er auch nicht! Der sozialdemokratischen Fraktion steht er auch nicht nahe. Man könnte das also schon ein bisschen kritisch kommentieren.


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Besonders stark ist auch der Bereich Forschung betroffen. Die Halbierung der Investitionsmittel um mehr als 600 Millionen Schilling, wovon die Hälfte forschungsrelevant ist, trifft ganz gewaltig.

Sie haben gesagt, Sie wollen bis zum Jahre 2005 die Anhebung der Forschungsquote auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen. Die EU-Kommission sagt jetzt, die Forschung in Europa sei in einer alarmierenden Situation. Die Japaner etwa geben 2,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung aus, die USA 2,7 Prozent – die EU im Durchschnitt nur 1,9 Prozent, und Österreich sogar nur 1,6 Prozent! – Ich frage Sie daher, wie Sie bei diesen Kürzungen die bis zum Jahre 2005 angepeilten 2,5 Prozent erreichen wollen.

Besonders drastisch trifft es den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, dessen Präsident Arnold Schmidt gesagt hat: Das ist absolut desaströs! Die Mittel für den FWF, die 610 Millionen Schilling betrugen, werden um 220 Millionen Schilling gekürzt. Dem steht bezeichnenderweise eine Erhöhung der Mittel für den Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft gegenüber, die im vorigen Jahr 632 Millionen Schilling betragen haben und heuer 500 Millionen Schilling ausmachen, zu denen noch 150 Millionen Schilling aus den Ermessensausgaben des Infrastrukturministeriums kommen, also insgesamt eine Steigerung. – Das ist ungerecht, das ist ungleichgewichtig, das ist klassische Klientelpolitik! Das ist eine Benachteiligung des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.

Eine Bemerkung zu den Fachhochschulen. Wir haben bei den Fachhochschulen einen Boom an Anträgen. Zusätzlich zu den rund 15 Anträgen, die mit Studienbeginn im Herbst dieses Jahres beginnen wollen, liegen rund 40 Anträge vor. Von diesen 15 Anträgen sind in Wahrheit zehn genehmigungsreif und auch genehmigungspflichtig. Sie haben in der vergangenen Regierung dem alten Fachhochschul-Entwicklungsplan zugestimmt, jetzt fehlt aber für diese zwölf Studiengänge die finanzielle Bedeckung. Bitte erklären Sie daher, wie es mit den Fachhochschulen weitergehen soll.

Eine weitere Bitte hätte ich in diesem Zusammenhang noch: In der Geschäftsstelle des Fachhochschulrates gibt es einen gewissen Herrn Kurt Sohm – ich kenne diesen Herrn nicht, ich weiß auch nicht, wohin er politisch gehört. Mir ist nur eine Äußerung von ihm aufgefallen. Er hat gesagt, ab dem Jahr 2001 werde es auch Fachhochschul-Studiengänge für soziale Berufe geben. Damit sollen auch verstärkt Frauen für diese Ausbildungsform interessiert werden, so Sohm.

Da ich davon ausgehe, dass Sie diesbezüglich ein relativ klares Bewusstsein haben, und ich auch nie etwas anderes von Ihnen gehört habe, frage ich mich: Welch frauenfeindlicher Geist herrscht und weht da im Fachhochschulrat?

Zum Schluss möchte ich Ihnen, Frau Bundesminister, noch danken für Ihre klaren Aussagen, die Sie in einem Zeitungsinterview – ich glaube, es war im "profil" oder in der "Presse", ich weiß es nicht genau – gemacht haben, nämlich: Ich wende mich hier gegen vordergründiges Nützlichkeitsdenken. Ich hielte es für falsch, jedes Wissen auf eine unmittelbare Umsetzbarkeit im Wirtschaftsleben hin zu bewerten. Es muss auch möglich sein, kleinere Fakultäten mit besonderen Angeboten zu haben.

Weiters haben Sie sich auch in einer klaren Art und Weise gegen Studiengebühren ausgesprochen, und dem möchte ich Respekt und Anerkennung zollen.

Ich hoffe, dass Ihnen diese kleine Respektbezeugung in dieser Regierungskoalition nicht schadet. Ich weiß, wie schwer Sie es als Rationalistin, die Sie sind – Sie waren auch immer eine, das möchte ich auch sagen –, in dieser manchmal "dumpfen" Koalition haben. Gehen Sie den Weg weiter, den Sie bisher gegangen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! Selbst wenn mir später die Redezeit fehlen


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wird, komme ich als Lehrer und Schulaufsichtsbeamter nicht umhin, die pädagogischen Ergüsse des Abgeordneten Großruck zurückzuweisen. Ich bin froh darüber, dass er nicht unserem Berufsstand angehört, habe aber trotzdem dahin gehend Sorge, dass er vielleicht einmal, sollte sich in unserem Schulsystem sehr viel ändern, als Bürgermeister und Schulerhalter über die Schulen wachen könnte. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Frau Bundesminister ihren Schulaufsichtsbeamten den Mut zubilligt, dies zu verhindern.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich habe in der Debatte mit Begeisterung zwei konträre Aussagen zur Donau-Universität verfolgt, nämlich einerseits das Lob der Abgeordneten Mikl-Leitner für die doch aus einem Stiefkinddasein emanzipierte Universität in Krems, andererseits die Skepsis, die Frau Abgeordnete Papházy im Zusammenhang mit dieser Universität geäußert hat. Es wird Ihre Aufgabe sein, Frau Bundesminister, in dieser Ihrer Regierungskoalition einmal darzustellen, welchen Stellenwert die Donau-Universität hat.

Ich habe mit Begeisterung in den Medien und in einer APA-Aussendung gelesen, dass die Donau-Universität bereits die Spitze der Bildungspyramide im Land sei. Wenn dem so ist, dann müsste mittlerweile die Donau-Universität auch eine Volluniversität sein. (Abg. Dr. Brinek: Nein, muss nicht! Das muss überhaupt nicht sein!) Nach meinem Wissensstand ist sie jedoch noch immer eine postgraduale Einrichtung.

Frau Bundesministerin! Sie haben aber auch – das würde mich interessieren – dem Herrn Landeshauptmann weitere Unterstützungsmillionen zugesagt. 52 Millionen Schilling kommen bereits vom Bund, und Sie werden zu den Landesförderungen noch etwas dazugeben. Als Niederösterreicher freut mich diese Ihre Aussage, weil ich genau weiß, welchen Stellenwert diese Forschungsstätte gerade für die Wirtschaft in unserem Raum hat.

Es gibt auch einen Brief von Ihnen, sehr geschätzte Frau Ministerin, an die Maturantinnen und Maturanten, in dem Sie darlegen, welche Studien eigentlich nicht gewählt werden sollten. Sie schreiben aber auch, dass gerade im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie sehr große Chancen gegeben sind.

Ich unterstreiche diese Ihre Aussagen und möchte Sie gleichzeitig darauf hinweisen, dass diese Donau-Universität enorme Ressourcen hat. Diese Sparte könnte sie übernehmen und könnte damit nicht nur für junge Menschen Arbeitsplätze schaffen, sondern – was noch viel wesentlicher ist – auch unsere Wirtschaft wieder ankurbeln. Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Wir von der Oppositionspartei werden sicherlich genau beobachten, wie weit diese Ihre Zugeständnisse eingehalten werden.

Ein Letztes: Es wurde von der Abgeordneten Wurm die Aussage des Rektors der Universität für Bodenkultur bereits zitiert. Ich kann mich seiner Meinung nur anschließen, und zwar auch deswegen, weil der Rektor der Universität für Bodenkultur diese beängstigenden Aussagen unter anderem deswegen gemacht hat, weil er den Zustand seiner Versuchsanstalt in der Außenstelle Großenzersdorf kennt. Ich kenne diese Außenstelle auch sehr gut. Ich habe im Zuge der Ausschussdebatte diesbezüglich eine kurze Anfrage in schriftlicher Form eingebracht, aber die Situation wird in der Antwort sehr einfach dargestellt: Es wird nur bemerkt, dass der Betrieb gesichert sei und dass die Investitionen zurückgestellt werden.

Aber wenn man etwas genauer hinter diese Mauern schaut und mit den Bediensteten dort spricht, so erfährt man von diesen, dass der Studienbetrieb bereits gefährdet ist. Es besteht bereits ein Engpass bei den primitivsten Anschaffungen. Es mangelt zum Beispiel bei der Düngemittelbeschaffung, und es gibt Probleme bei der Beschaffung von Spritzmitteln. Und das ist doch wirklich die Hauptvoraussetzung in einer Versuchsanstalt, dass man dort die jungen Menschen auch weiterhin in der neuesten Technologie ausbilden kann. Es gibt auch bereits Einsparungen im Bereich von Exkursionen und Einsparungen beim Sach- und Verbrauchsaufwand. Und die bereits längst notwendige Erneuerung der überalterten Laboreinrichtungen kann nicht erfolgen, weil die Investitionen zurückgestellt werden.


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Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Ich glaube, dort ist auch im Interesse aller Studenten rasches Handeln angesagt, sonst könnte es passieren, dass diese Studenten ohne ihr eigenes Zutun Studienzeiten verlieren und dadurch letztendlich enormen finanziellen Schaden erleiden.

Ich möchte zum Schluss ebenfalls Herrn Professor Leopold März zitieren, der Folgendes sagt:

"Wir müssen heuer qualitative und quantitative Rückschritte in Kauf nehmen, und das, obwohl Österreich ohnehin bereits die niedrigste Akademikerquote aller Industriestaaten aufweist. Die Versäumnisse von heute werden jahrelange Folgen haben."

Ich hoffe, Frau Ministerin, dass Sie dies nicht zulassen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

13.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

13.43

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin Gehrer, ich stehe natürlich nicht an, Ihnen ebenfalls alles Gute zum Geburtstag zu wünschen! Vielleicht geschieht das sogar noch mit einem Schuss mehr an Herzensbeteiligung, weil es von einer anderen Fraktion kommt. Man muss immer vorsichtig sein, wenn einem von den eigenen Freunden zu intensiv zum Geburtstag gratuliert wird, denn da kann es natürlich – Sie wissen das – auch den einen oder anderen Hintergedanken geben. (Abg. Dr. Khol: Wir sind keine Sozialdemokraten!) Aber ich will da kein Misstrauen säen, wahrscheinlich ist ohnehin alles okay – quer durch die Fraktionen. (Abg. Dr. Khol: Wir sind keine Sozialdemokraten!)

Nun zu den Ausführungen betreffend die "Salzburger Festspiele". Es wurde hier an dieser Stelle schon über den "alten Kulturdampfer" gesprochen, das Bild, das Herr Staatssekretär Morak ins Spiel gebracht hat, als er gemeint hat, wir fördern primär die "alten Kulturdampfer". – Und dann wurden die "Salzburger Festspiele" als jene Einrichtung zitiert, die letztlich am wenigsten Kürzungen zu verzeichnen hatte.

Wir kennen natürlich die Schwierigkeiten der "Salzburger Festspiele", zugleich sage ich Ihnen aber Folgendes: Natürlich ist etwas Wahres daran, dass gerade bei dieser Einrichtung von Ihnen – Morak hat zwar die Koordinierungskompetenz, aber Sie sind da ja auch in einem gewissen Sinne als Kulturpolitikerin gefordert – besonders behutsam und zurückhaltend vorgegangen wurde.

Was die Probleme betrifft, die es beim MAK-Budget gibt, würde ich Sie ersuchen, dass Sie dazu auch hier im Hohen Haus Stellung nehmen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Expositur "Geymüller-Schlössel", das einzige öffentlich zugängige Sommergebäude mit originalgetreuer Biedermeier- und Empireeinrichtung, bis auf weiteres schließen muss beziehungsweise die Ausstellungen dort abgesagt werden müssen und es Probleme bei Ankäufen im Bereich der Gegenwartskunst gibt, weil Sie einfach budgetäre Probleme haben.

Das gibt mir schon zu denken: auf der einen Seite die "Salzburger Festspiele", die auch Probleme haben, aber die doch sehr behutsam behandelt werden, und auf der anderen Seite beispielsweise das MAK.

Letzter Punkt: Thema "Museumsquartier". – Immer wieder hören wir aus dem Bereich "Museumsquartier", dass es da Probleme gibt, etwa eine Explosion der Betriebskosten. Es ist eben die Frage, wie man mit "Public-Netbase" und allen anderen sehr zukunftsorientierten Kultur- und Kunstgruppen umgeht. Es gibt jetzt Auseinandersetzungen um die hohen Betriebskosten, wozu es unterschiedliche Aussagen, Papiere gegeben hat, die auch in einem Magazin veröffentlicht wurden. Ich darf Sie ersuchen, uns nun darüber im Rahmen dieser Debatte aufzuklären.

Vielleicht könnten wir auch die Überlegung anstellen – aber dieses Ersuchen müsste man an die Kulturausschussvorsitzende richten –, diese Gruppen einmal in den Kulturausschuss einzuladen, vielleicht auch Herrn Waldner, und dort einmal ein kleines Hearing über die Situation im "Museumsquartier" durchzuführen, damit wir uns besser orientieren können. Es reicht nämlich


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langsam, dass man immer nur Papiere und Magazinberichte und diese Meinung und jene Gegenmeinung und Auseinandersetzungen darüber hört. Ich glaube nämlich, dass das "Museumsquartier" eine wichtige exemplarische Einrichtung ist und dass man sich darum wirklich kümmern müsste. Daher möchte ich Sie ersuchen, auch hier dazu Stellung zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

13.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kurze Bemerkung vorweg zu den Einwürfen von Herrn Rada bezüglich der Versuchsstelle Großenzersdorf der Universität für Bodenkultur: Herr Kollege! Sie sagen, dass dort der Betrieb gefährdet wäre. Ich denke, es gäbe viel entscheidendere Grundfragen, gerade was Großenzersdorf betrifft, und da kann man auch sehen, was forschungspolitische Schwerpunktsetzung ist.

Seit Jahren wird dort der Versuch unternommen, eine Forschungsstelle für biologische Landwirtschaft, vor allem den Bereich Tierhaltung betreffend, zu etablieren. Dieser Versuch, für den Bio-Landbau gezielt Forschung zu betreiben, wird mittels budgetärer Nichtdotierung torpediert. Das halte ich für ein gravierendes Problem. Das Problem besteht nicht darin, keine Düngemittel und Spritzmittel für das Versuchsgut kaufen zu können.

Sie sehen an dieser Frage auch, was bildungspolitisch und forschungspolitisch das Problem ist. Die Frage ist die: Welche Ziele verfolgt die Forschung in Österreich? Frau Bundesministerin! Es macht eben einen wesentlichen Unterschied, ob wir einige Millionen für gentechnische Risikoforschung ausgeben oder für Zukunftsinnovationen wie Forschung im biologischen Landbau. Das ist, glaube ich, ein wesentlicher Punkt.

Ich möchte nun etwas allgemeiner auf die Frage des Leitbildes der österreichischen Bildungs- und Wissenschaftspolitik eingehen. Frau Bundesministerin! Welches ist letztlich dieses Leitbild? Ich habe mich bemüht, aus Ihren Ausführungen, aus Ihren bisherigen Reden und aus der Regierungserklärung herauszufiltern, was im Bildungsbereich eigentlich das Leitbild ist, wohin es da gehen soll. Ich habe auch aufmerksam verfolgt, was hier die diversen Redner der Koalitionsparteien von sich gegeben haben.

Meine Damen und Herren! Ist dieses neue Modell oder dieses Reformmodell ein egalitäres oder ein elitäres? Das ist eine Grundfrage, denn das ist eine gesellschaftspolitische Weichenstellung, und da, meine Damen und Herren, muss ich sagen: Es ist klar, was Ihr Konzept ist.

Sie sprechen davon, dass ein neuer Weg, ein Weg von der Forderungskultur zu einer Verantwortungskultur gegangen werden muss, und Sie präzisieren das mit zwei lapidaren Bemerkungen, die folgendermaßen lauten: Was kann ich selber erledigen, und wo kann ich mir selbst helfen?

Genau das ist eine Verkürzung der gesellschaftlichen Verantwortung der Bildungspolitik. Es geht eben nicht darum, zu fragen: Was kann ich selbst erledigen, was kann ich selbst tun? – das ist notwendig und wird nie in Frage gestellt –, sondern es geht um die Frage, die sich bildungspolitisch stellt: Wie können wir Solidarität, wie können wir gemeinschaftliches Handeln, gemeinsame Zielsetzungen im Bereich Bildung und Forschung in Österreich weiterbringen, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen.)

Dazu gibt es von Ihnen keine klare Aussage. Es gibt keine wesentliche Aussage von Ihnen zu Strukturreformen, die diesem Leitbild einer höheren Solidarität in der Gesellschaft entsprechen. Vor allem im Bereich des Ausbildungswesens sollte es eine gemeinsame Schulbildung für die Jugendlichen, eine individuellere und auch gemeinschaftlich orientierte Grundausbildung geben.


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Letztlich ist die Grundfrage ja auch die, wie weit Demokratisierung ein Thema in Ihrer Bildungs- und Forschungspolitik ist, denn letztlich sollen ja die Ergebnisse der Bildungspolitik und Forschungspolitik allen zugute kommen. Wenn wir Kulturpolitik betreiben, kann das doch nur bedeuten, zu versuchen, das gesellschaftliche Niveau, auch das Diskussionsniveau und das Demokratieniveau in diesem Lande zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Die Kollegen von der Freiheitlichen Partei haben da ganz klare Konzepte: Privatuniversitäten – keine Frage, und der Weg an die Börse. – Das ist ein Weg, meine Damen und Herren, der von der Grundbasis einer breiten österreichischen Bildungs- und Forschungspolitik wegführt. Das wird zu elitären Formen führen, zu einer Vereinseitigung von ganzheitlichen Ansätzen. Und es wundert mich auch sehr, dass Sie wirklich glauben, dass das ein neuer Ansatz ist. Und die Argumente von Herrn Schweitzer sind überhaupt kurios, wenn er sagt, schon die Schulen sollen Auftragsarbeit für die Wirtschaft betreiben. Das halte ich für höchst bedenklich, Herr Abgeordneter Schweitzer.

Ihr Modell von Schule und Schulgestaltung, Frau Bundesminister – und damit komme ich auf eine Bemerkung, die Sie hier heute gemacht haben, zu sprechen –, ist für mich durchaus in Frage zu stellen. Sie machten nämlich hier die Feststellung, dass die Lehrer der wichtigste Bestandteil des Bildungssystems sind. Dazu darf ich Ihnen sagen: Sie sind der zentrale Bereich, keine Frage, aber dass sie der wichtigste sind, das würde ich in Frage stellen. Ich meine, dass es da um eine Bildungsgemeinschaft geht, bei der die Betroffenen, nämlich die Schüler, die Lehrer, die Studenten und auch die Eltern gemeinsam zu sehen sind. Es geht hier um eine Bildungsgemeinschaft, es geht darum, eine solidarische Entwicklung in dieser Gesellschaft zu fördern und weiter voranzutreiben.

Es ist klar – und da stimme ich Ihnen völlig zu –, dass Bildung ein Gut ist, das auch etwas kosten darf. Keine Frage! Die Frage ist nur, wen es etwas kosten darf und wen es etwas kosten soll. Und dazu haben Sie keine Aussage gemacht, keine klare und präzise Aussage.

Letztlich ist es eine Kulturfrage und eine politische und gesellschaftliche Frage, in welche Richtung sich die Bildungslandschaft in Österreich entwickelt, und dazu haben Sie in Ihren heutigen Stellungnahmen außer dem Terminus "Schwerpunktsetzung: Technologiemilliarde" nichts Wesentliches gesagt. (Beifall bei den Grünen.)

Auch zu Ihren kulturpolitischen Akzentuierungen möchte ich einiges sagen. – In Ihrem Vorschlag sind Beispiele enthalten, die zeigen, wohin der Weg gehen soll. So ist, wie ich meine, die Reduktion der allgemeinen Kulturförderung von 36 Millionen Schilling auf 29 Millionen Schilling ein klarer Ausdruck Ihrer Kulturpolitik. Aber auch die Reduktion der Förderung von Minderheiten sowie die Kürzung des Österreichischen Kulturservice zeigen, wohin Ihr Weg führt. Gerade das Beispiel "Österreichisches Kulturservice" zeigt, dass es Ihnen nicht darum geht, neue integrative Modelle von Technologiekultur und Demokratievermittlung in der Schule stärker voranzutreiben.

Ein konkretes Beispiel will ich Ihnen auch nicht vorenthalten: Ohne im Konkreten auf die Arbeit dieser Organisationen einzugehen, möchte ich sagen: Ihre Entscheidung, die Mittel für das "Österreichische Volksliedwerk" um 25 Prozent anzuheben, höher zu dotieren, aber umgekehrt beim Museum "Arbeitswelt in Steyr" die Mittel um mehr als 25 Prozent zu kürzen, zeigt auch klar, wohin Ihr bildungspolitischer und kulturpolitischer Weg gehen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich Sie, anknüpfend an unseren Antrag, den Herr Abgeordneter Brosz eingebracht hat, ersuchen, einen kleinen Bildungssektor, der eigentlich auch Ihren Intentionen entsprechen müsste, Frau Bundesminister, nämlich die Waldorfschulen, ein typisches Beispiel für eine hausgemachte Reformpädagogik, zu unterstützen. Rudolf Steiner, der Begründer dieser Reformpädagogik, war ja ein Österreicher. In diesem kleinen Bildungssegment kürzen Sie die Mittel – das hat mein Kollege Brosz schon angesprochen – um mehr als 45 Prozent! Ich bitte Sie, diesen kleinen Bereich der Alternativschulen, der Reformschulen zu unterstützen und damit zumindest in einem Teilbereich zu zeigen, dass Sie mehr als Lippenbekenntnisse von sich geben! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.55


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24. Sitzung / Seite 77

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

13.55

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zur Kulturpolitik im Bereich der Bundesministerin Gehrer möchte ich einige kurze Beispiele zitieren, an denen man sieht, dass dieser Bereich in diesem Bildungsministerium nicht so ernst genommen wird, wie er genommen werden sollte. Die Museumspolitik der letzten Jahre zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Schließzeiten der Museen ausgeweitet geworden sind, ja sogar besonders lange Schließzeiten in Kraft getreten sind. (Abg. Schwarzenberger: Sie sind die größte Schwachstelle in der alten Regierung gewesen!) Das trifft für das Technische Museum genauso zu wie für die Albertina. Aber ich glaube, man hätte bei etwas mehr Engagement diese Schließzeiten schon bei weitem verkürzen können.

Aber jetzt zu den Damen und Herren von der ÖVP, die immer wieder behaupten, dass die Sozialdemokraten allein an den Budgets der Vorjahre schuld wären. Wir stehen zu den Budgets, die wir gemacht haben! Es wäre auch gut, wenn Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, dazu stehen würden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen: Das Technische Museum war von Mitte 1992 bis Juni 1999 geschlossen, und im Zeitraum von 1995 bis 1996 haben sich die Personalkosten von 31 641 Millionen Schilling auf 32 906 Millionen Schilling erhöht. Das heißt: Obwohl das Museum geschlossen war und niemand hineingehen konnte, hat man Personal aufgenommen. Das erfolgte in Ihrem Bereich, Frau Bundesminister! Also sehr sorgfältig wurde dort mit dem Geld nicht umgegangen, das möchte ich einmal dezidiert sagen. Und dafür war ein ÖVP-Ministerium zuständig. Ich möchte das einmal festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich will damit nur klarmachen, was da passiert ist. Das versteht niemand, denn bei einem geschlossenen Museum wird es kaum notwendig sein, die Personalkosten zu erhöhen. Das möchte ich hier von dieser Stelle aus gesagt haben.

Ein weiteres Beispiel: Man geht lapidar darüber hinweg, dass 300 Blätter aus der Sammlung der Österreichischen Galerie fehlen. Diese 300 Blätter sind wahrscheinlich mehr wert als das Gesamtbudget für die Museen in einem Jahr. Aber ich vermisse jede Konsequenz und jede Auseinandersetzung mit der Führung dieses Museums! Es ist doch abenteuerlich, wenn 14 Schiele-Bilder, 14 Schiele-Blätter verschwinden, und man sagt: Ja, da kann man nichts machen, aber es ist so ohnehin viel besser, denn der Rechnungshof hat ja festgestellt, dass es 3 200 Blätter sind, jetzt fehlen ja ohnehin nur mehr 300 Blätter!, und man lässt den Verantwortlichen ungeschoren. Das sollte einmal in der Privatwirtschaft passieren: dass man 300 der wertvollsten, unersetzlichen Kunstschätze dieses Landes verschlampt, um es harmlos auszudrücken! (Beifall bei der SPÖ.)

Es fehlt jede Konsequenz aus diesen Missständen! Es fehlt diesbezüglich jede koordinierte Vorgangsweise!

Aber jetzt komme ich zum Thema "Museumsquartier". – Sie haben schon aus dem Regierungsübereinkommen die zeitgenössische Kunst und Kultur herausgestrichen. Und Sie streichen jetzt beim "Museumsquartier" praktisch alles, was zeitgenössisch ist. Sie wollen alles draußen haben, was unliebsam ist. Es ist alles, was zur Behübschung und zur Schmückung dient, in Ordnung, das Etablierte ist in Ordnung, aber wehe, es gibt etwas anderes, Trendiges, Neues! Das muss aus dem Quartier hinaus, das bekommt die Kündigung. Es wurden alle zeitgenössischen Bereiche aus dem "Museumsquartier" hinausgeschmissen. Es gibt kein Konzept, das vorsieht, was alles hineinkommen soll, sondern es gibt lediglich den Auftrag, dass ein Konzept erstellt werden soll.

Ich glaube, jetzt wäre es schön langsam an der Zeit, zu wissen, was in dieses "Museumsquartier" hineinkommt. Ich bitte Sie: Lassen Sie die zeitgenössische Kunst nicht durch den Rost


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fallen! Sie ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und deutet uns den Weg in die Zukunft. Ich hoffe nicht, dass Sie Ihre Politik nach dem Zitat von Karl Farkas ausrichten: Wir Österreicher blicken hoffnungsvoll in die Vergangenheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Wittmann ist besser als der Kostelka! – Abg. Schwarzenberger: Das ist ein Märchen!)

14.00

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bitte nicht zuletzt weil Sie heute Geburtstag haben – Frau Ministerin, auch mein Glückwunsch! –, meine Bitte, sich daran zu erinnern, was eigentlich in Ihrer Kindheit, in Ihrer Schulzeit, in Ihrer Zeit der Ausbildung für Sie wichtig war. Ich glaube, da war etwas sehr wichtig für Sie, was heute in dieser Diskussion, in dieser Auseinandersetzung sehr zu kurz kam. Ich glaube, da war etwas wichtig, was da heißt Persönlichkeitsbildung, was da heißt Zeit zur Entwicklung persönlicher Fähigkeiten, was da heißt auch Muße. Da zitiere ich ein Wort von Kollegin Brinek, die das in die Diskussion eingebracht hat. Da war sicherlich auch etwas wichtig, was ungefähr mit dem Begriff Zuwendung, Zeit haben für Jugendliche, für Kinder umschrieben werden könnte. Ich glaube, das waren auch für Sie zentrale Begriffe.

Diese Begriffe haben mir gefehlt in dieser Auseinandersetzung, wo es vorrangig ging um Schule neu, um Schule als Betrieb, als Unternehmen, um Universität als Kompetenzzentrum. Ich sehe die Zielorientierung der bildungspolitischen Diskussion insgesamt als nur relativ vage und nicht geklärt. Ich möchte deshalb von grüner Seite sehr deutlich in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stellen, dass unser Ziel die allseits entwickelte Persönlichkeit ist. Uns geht es darum, dass wir in Österreich in Zukunft gesellschaftlich, solidarisch eingestellte Menschen haben, die sich engagieren, die sich in der Wirtschaft engagieren, die sich in der Gesellschaft engagieren, die auch privat ein erfülltes Leben führen können. Da wehren wir uns gegen die reduktionistische Herangehensweise, die sozusagen hinter Worten wie Laptop zu stehen scheint. Bitte ich möchte die Schule nicht reduziert haben auf den Zugang zu den so genannten I- und E-Medien. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Khol! Ihnen dürfte das als sehr konservativ erscheinen, aber gerade diese Haltung vermisse ich in letzter Zeit auch bei der Volkspartei. Es geht um Werte, und es geht um Werte der Persönlichkeit, es geht um zutiefst humanistische und um humane Werte. Diese scheinen mir in diesem Getriebe, wo es sich nur mehr um Kosten und Gebühren dreht, sehr stark an den Rand, wenn nicht überhaupt ins Abseits gedrängt zu sein.

Deshalb mein Plädoyer: Stellen Sie nicht nur Überlegungen in Richtung Bildung als Gebührensystem, Bildung als Kostenfaktor, Bildung als Element irgendwelcher Zukunftstechnologien in Österreich an, sondern reden Sie in erster Linie über Bildung als Chance für alle ÖsterreicherInnen – ich unterstreiche: alle Österreicherinnen und Österreicher –, damit sie ein möglichst erfülltes Leben führen können, denn dann sind sie zufrieden sowohl am Arbeitsplatz als auch dann insgesamt im gesellschaftlichen Diskurs! Das ist für mich die Voraussetzung dafür, dass diese Gesellschaft nicht gespalten wird.

Noch ein Wort an Sie persönlich, Frau Bundesministerin: Vielleicht war es Ihnen auch als Lehrerin oder als Lehrkraft, je nachdem wie man es titulieren will, wichtig, dass Sie wirklich Schülerinnen und Schüler erziehen, die einfach den aufrechten Gang lernen. Das Bekenntnis zum aufrechten Gang, das Bekenntnis zur Zivilcourage ist für mich persönlich etwas sehr Wesentliches, was die Schule vermitteln soll – jenseits von EDV-Kenntnissen, jenseits von Fachwissen und jenseits von kommerziell verwertbaren Dingen.

Sie, Frau Kollegin Fekter, schätzen sicherlich auch in Ihrem Unternehmen Persönlichkeiten, die zu ihrer Meinung stehen, die ihre Meinung argumentieren und dann fähig sind, gewisse Projekte in Teamarbeit, in solidarischer Kooperation durchzuführen. Dafür muss auch die Schule, muss


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auch die Universität die Voraussetzungen schaffen. Das als Abschluss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

14.04

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sammler wie Herr Leopold gemeinsam mit Netzexperten wie Konrad Becker auf die Straße gehen, dann ist das ein guter Hinweis darauf, dass es sich um alles andere als eine alltägliche Situation handelt. Natürlich geht es um das "Museumsquartier".

Ginge es nur um verschiedene Orientierungen der Kulturpolitik, dann könnte man das in aller Ruhe besprechen. Bei den engagierten Initiativen, egal, ob das jetzt Sammler von Weltruf oder Begründer neuer Kulturnetzinitiativen sind, hat sich in den letzten Wochen und Monaten ein völlig anderer Eindruck breit gemacht, nämlich der Eindruck einer politischen Revancheaktion von Seiten der Spitze des Unterrichtsministeriums und von Seiten der Bundesregierung. Glatte politische Revanche ohne jede kulturpolitische Rücksichtnahme. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaugg: Wäre eine Revanche nötig?)

Jetzt zu den Fakten. Es gibt die so genannten Prekarien, Bittleihverträge. Das ist ja die neue Kulturpolitik, dass man einigen der spannendsten Initiativen nicht nur dieser Stadt, sondern dieser Republik sagt: Stellt euch um Bittleihe an. Wir geben euch bestenfalls Prekarien, weil wir eure Zukunft so unsicher wie möglich halten wollen. Auf Rückfrage beim derzeitigen Leiter des "Museumsquartier", der Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsgesellschaft, Herrn Waldner, hört man immer wieder die Beteuerung, dass den Initiativen ohnehin nichts passiere.

Dann stelle ich einige kleine Fragen:

Erstens: Warum gibt man den Initiativen keine Garantie, dass nach Beendigung der Umbauten ordentliche unbefristete Mietverträge angeboten werden?

Zweitens: Warum überfällt man die Initiativen mit einer sprunghaften Verteuerung, wie es im letzten "NEWS" detailliert dokumentiert worden ist?

Drittens: Warum reichen nebulose Vorstellungen eines Quartier 21, warum reicht der bloße Titel aus, dass Initiativen, die sich bereits bewährt haben und die um vieles konkreter und zukunftsträchtiger sind als der Titel eines Quartier 21, dass einige der wichtigsten Exponenten der modernen und der experimentellen Kultur aus dem Zentrum der Stadt Wien vertrieben werden?

Jetzt komme ich zum Punkt politische Motive. Es können keine kunst- und kulturpolitischen Motive sein, denn die einzigen ernst zu nehmenden kunst- und kulturpolitischen Motive würde ich darin sehen, diesen Initiativen Sicherheit und Zukunft zu bieten. Das Einzige, was man noch verstehen, erahnen kann, ist, dass es sich zum Teil um Initiativen handelt, die offen die Bundesregierung kritisiert haben, und genau das ist seit Bildung dieser Regierung in Österreich nicht mehr gestattet. Alle Bereiche der Zivilgesellschaft, alle Bereiche aus Kunst und Kultur, die von öffentlichen Geldern abhängig sind, bekommen seit Monaten deutlich ein Signal: Beißt nicht die Hand, die euch füttert! Kuschen und kassieren! – Das ist die neue Botschaft der Regierungskulturpolitik. Wer den Mund hält, darf seine Kontonummer angeben. Wer den Mund aufmacht, der kann gehen und schauen, wie er oder sie überlebt. Das ist die neue Kulturpolitik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass Sie, Frau Bundesminister Gehrer, die Sie meiner Meinung nach persönlich immer noch für eine andere Kultur stehen und nicht für diesen Beginn einer freiheitlichen Wende jetzt auch in der Kultur- und Kunstpolitik, sich dafür hergeben, ist eine der wenigen persönlichen Überraschungen im Laufe der jüngeren Entwicklung dieser Bundesregierung. Eine der wenigen persönlichen Überraschungen! (Ruf bei der ÖVP: Heute bist du aber schwach!) Sie sollten sich aber auch darüber im Klaren sein, dass die Kündigung von Prekarien, von Bittleihen nicht automatisch dazu führt, dass die moderne Kunst ihre Koffer packt und einem blau-schwarzen


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24. Sitzung / Seite 80

Quartier 21 das Zentrum der Stadt überlässt. Was Sie hier provozieren, Frau Bundesministerin, ist eine Auseinandersetzung mit denjenigen, die sich für Kunst und Kultur mit allen Konsequenzen in dieser Stadt engagieren. (Abg. Prinz: Das glaubst du ja selber nicht!)

Wenn Sie diese Auseinandersetzung wollen, dann wird es diese Auseinandersetzung auch geben. Wenn Sie den Kulturkampf beginnen, dann wird es Menschen geben, die sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren werden.

Es ist nur schade, dass Sie sich (in Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer) als ehemalige Bundesministerin einer anderen Koalition für diese Art von Kulturkampf hergeben. Ich bedauere das auch persönlich. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.10

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Es gibt einiges klarzustellen. So ist beispielsweise von einem Redner behauptet worden, dass derjenige, der sich gegen eine Vorgangsweise der Bundesregierung äußert, von der Bundesregierung kein Geld mehr erhalten würde. – Ihrer Aussage zufolge müsste dann also Herr Professor Leopold kein Geld mehr erhalten, denn Ihrer Aussage zufolge hat er sich an irgendwelchen Protesten beteiligt. – Ich stelle hiemit klar, dass es mit allen, die im Museumsquartier tätig sind, eine sehr zielorientierte Diskussion gibt.

Weiters: Ein Prekarium hat es seinem Wesen nach in sich, dass es eben auf bestimmte Zeit abgeschlossen wird. Es war von vornherein klar: Wenn der Fischer-von-Erlach-Trakt renoviert wird, dann müssen sich die kleinen Kulturinitiativen andere Räume suchen, denn es kann ein Gebäude ja nur dann renoviert werden, wenn es leer ist.

Es gibt einen gemeinsamen Ministerratsbeschluss aus dem Jahre 1998, in dem festgehalten wurde, dass diese Räumlichkeiten, die 5 Prozent des gesamten Museumsquartiers ausmachen, nutzerneutral renoviert werden sollen – nutzerneutral! –, mit allen notwendigen Anschlüssen, aber nicht auf eine einzelne Organisation abgestimmt. Es war von vornherein klar, dass im Frühjahr 2001, wenn die Renovierung beginnen wird, das "Museumsquartier" und dessen Räumlichkeiten den Kulturinitiativen nicht mehr zur Verfügung stehen werden.

Meine Damen und Herren! Die Konzeption des "Museumsquartier" sieht vor, dass 95 Prozent fest zugeordnet sind und 5 Prozent für lebendige, zukunftsorientierte Initiativen zur Verfügung stehen. Und da ist es bitte nicht angebracht, Mietverträge ad infinitum zu machen, sozusagen alles für immer und ewig zu besetzen. Es wird eine Konzeption erstellt, wie die Vorgangsweise ausschauen soll. Jede Kulturinitiative kann dann Verhandlungen darüber führen. Wir werden mit internationalen Fachexperten entscheiden, welche Vorgangsweise gewählt werden soll, damit eine lebendige, zukunftsorientierte und moderne Kulturinitiative dort entstehen kann, wo sich Initiativen, die größer werden und mehr Platz brauchen, andere Räumlichkeiten suchen – und so wiederum neue, zukunftsorientierte Initiativen entstehen können.

Das ist die Konzeption, die wir gemeinsam in der Koalition beschlossen haben, und diese Konzeption werde ich auch verfolgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Spezialberichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VI des Bundesvoranschlages für das Jahr 2000.


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24. Sitzung / Seite 81

Diese umfasst die Kapitel 12 und 14 des Bundesvoranschlages samt den dazugehörenden Teilen des Konjunkturausgleich-Voranschlages in 60 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 80 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen einen Zusatzantrag sowie einen Abänderungsantrag betreffend das Kapitel 14 eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Brosz und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend das Kapitel 12 eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der in der Beratungsgruppe VI zusammengefassten Voranschlagsansätze samt den dazu gehörenden Teilen des Konjunkturausgleich-Voranschlages abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Brosz und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Voranschlagsansatz 1/12256 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Kapitels 12 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um eine Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung mehrerer Voranschlagsansätze im Kapitel 14 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um eine Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Niederwieser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Voranschlagsansätze 1/14606, 1/14203, 1/14303, 1/14018 und 1/14106 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Kapitels 14 des Bundesvoranschlages in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Beratungsgruppe VI.

Diese umfasst die Kapitel 12 und 14 samt den dazu gehörenden Teilen des Konjunkturausgleich-Voranschlages des Bundesvoranschlages in 60 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 80 der Beilagen.

Jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die bei der Verhandlung der Beratungsgruppe VI des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.


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Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an den Schulen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Beratungsgruppe XIII

Kapitel 70: Öffentliche Leistung und Sport

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe XIII: öffentliche Leistung und Sport.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde seitens des Herrn Spezialberichterstatters verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Ich erteile es ihr. (Abg. Fischl: Mertel statt Grabner!)

14.17

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Bereits anlässlich der Debatte über das Bundesministeriengesetz habe ich festgestellt, dass der neuen Regierung ein "Kunststück" gelungen ist, nämlich das Kunststück zwei: eigenständige Ministerien abzuschaffen, ohne gleichzeitig die Regierungsmannschaft zu verkleinern.

Das besondere "Kunststück" ist aber die Schaffung des Ministeriums für öffentliche Leistung und Sport. Die Budgetansätze dieses Ministeriums liegen heute zur Beschlussfassung vor. Ich möchte anmerken, dass auch für diesen Bereich, für den öffentlichen Bereich, das Gleiche gilt – und wie ein blau-schwarzer Faden zieht sich das durch das gesamte Budget –: Es ist ein Belastungsprogramm.

Dieses Ministerium, Frau Vizekanzlerin, musste kreiert werden, um dem blau-schwarzen Proporz Genüge zu tun. Und diese Proporz-Rochade kostet eine ganze Menge; wir haben das ja auch schon in einer Anfrage an Sie zum Ausdruck gebracht. Dieses Ministerium ist sehr personalintensiv. Der Spargedanke hat bei der Ausstattung Ihres Büros keine Rolle gespielt! Es wird dort ein enormer Personalaufwand betrieben, so nach dem Motto: Dieses Ministerium, das in Wirklichkeit aus einer früheren Sektion und einer Gruppe besteht, ist unverhältnismäßig hoch mit Personal ausgestattet.

Da drängen sich natürlich einige Fragen geradezu auf: Wie hoch ist der Personalaufwand Ihres Büros? Welche Art von Verträgen haben Sie mit Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geschlossen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Haben Sie Sonderverträge, Arbeitsleihverträge? Wie schauen Überstundenregelungen, Abfertigungs- und Pensionsregelungen aus? Und welche Aufgabenbereiche wurden zugeteilt?

Demgegenüber steht aber die Tatsache, dass 3 500 Planstellen noch im heurigen Jahr abgeschafft werden sollen – und da geht es um die kleineren Funktionen; diese werden wegrationalisiert.

Gleichzeitig schafft die Bundesregierung zahlreiche höhere Funktionen, verstärkt Ihre Stabsstellen und gewährt kostenintensive Sonderverträge. (Abg. Kiss: Das glauben Sie nur! – Abg. Ing. Westenthaler: Woher haben Sie das?) Ja, ich glaube daran! Ebenso wie auch Sie, wenn


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Sie hier herunten reden. Dann sind Sie nachgerade durchdrungen von Ihrem Sendungsbewusstsein. (Abg. Kiss: Da kann ich mir nur an den Kopf greifen!)

Bei den Budgetansätzen der öffentlichen Leistung fällt vor allem eines auf: Anscheinend sind Sie heilfroh, dass man in der so oft geschmähten und diffamierten Budgetpolitik von Bundesminister Edlinger und seinem Beamtenstaatssekretär Ruttenstorfer ein Richtmaß hat, ohne dass man völlig orientierungslos wäre. (Abg. Fischl: Edlinger als Sportsprecher! – Abg. Edlinger: Zuhören! Sie könnten was lernen!) Es ist bemerkenswert, dass die derzeitige Regierung im Budgetbericht 1999 gerade die in den letzten Jahren erfolgten sinnvollen Einsparungen und personalpolitischen Maßnahmen im öffentlichen Dienst ausgesprochen positiv bewertet. (Abg. Mag. Schweitzer: 300 Millionen Schilling Zinsen pro Tag!)

Ihre blau-schwarzen Ankündigungen für den öffentlichen Bereich, für den öffentlichen Dienst, im Wahlkampf, im Regierungsprogramm bedeuten massive Eingriffe im öffentlichen Dienst, verbunden damit Belastungspakete für die öffentlich Bediensteten: Abbau von 9 000 Planstellen im öffentlichen Dienst bis zum Jahr 2004 ohne Aufgabenreduzierung, Abbau von Planstellen ohne Aufgabenreduzierung! (Abg. Ing. Westenthaler: Ein paar Kniebeugen wären jetzt gescheiter! – Abg. Dr. Petrovic: Sie hören überhaupt nicht zu! – Abg. Dietachmayr: Bisserl beherrschen! – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Dies schafft nicht nur unzumutbare Arbeitsverhältnisse, sondern auch Nachteile für die Bürger und Bürgerinnen. Sie vernichten damit auch Berufschancen für Jugendliche. (Beifall bei der SPÖ.)

9,4 Milliarden Schilling Einsparungen durch die so genannte Pensionsreform, die eigentlich eine Geldbeschaffungsaktion, ausgetragen auf dem Rücken der Pensionisten, ist. Wenn Sie behaupten, Sie griffen in bestehende Pensionen nicht ein, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht wahr! Es gibt einen Eingriff in bestehende Pensionen allein schon durch die Erhöhung des Pensionsbeitrages der Pensionisten und eine Verschärfung der Ungleichbehandlung von Frauen durch Abschläge bei Pensionierungen vor dem 61,5. Lebensjahr. (Abg. Grabner betritt den Sitzungssaal und wird von Abgeordneten der Freiheitlichen mit großem "Hallo!" begrüßt.)

Ein weiterer Punkt: die nachhaltige Einsparung von jährlich 10 Milliarden Schilling beim Aktivitätsaufwand des Bundes. (Abg. Gaugg: Warum ist der Grabner abgewählt worden als Sportsprecher?)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bitte, ich freue mich sehr über lebhafte Debatten insbesondere am frühen Nachmittag, weil damit auch alle Anflüge von Müdigkeit automatisch verschwinden. Allerdings wenn es so weit geht, dass man die Rednerin nicht mehr versteht, dann ist das Maß etwas überzogen. Ich bitte daher um etwas Aufmerksamkeit, um der Rednerin eine faire Chance zu geben, gehört zu werden.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Nachhaltige Einsparungen von jährlich 10 Milliarden Schilling beim Aktivitätsaufwand des Bundes. Dazu im Widerspruch: Aus der Übersicht 28, aus den Übersichten und Graphiken zur Budgetrede geht hervor, dass Sie in diesem Jahr – wie bereits gesagt – 3 500 Planstellen streichen wollen. Zugleich belegt aber die Übersicht 29, dass der Aktivitätsaufwand steigen wird, nämlich von 108 Milliarden auf 110,7 Milliarden Schilling. (Zwischenruf des Abg. Kiss.  – Abg. Edlinger: Danke, dass Sie meine Bedeutung so sehr betonen!)

Es gibt das Vorhaben der linearen Streichung von 3 500 Planstellen allein in diesem Jahr, die überwiegend kleine Bedienstete treffen wird, und das ohne die geringste Andeutung eines Konzepts der Neuverteilung von Aufgaben. Das heißt also: Reduzierung bei den Bediensteten, aber nicht bei den Aufgaben, ohne die geringste Differenzierung in Bereiche, in denen sinnvollerweise eingespart werden könnte, und solche, in denen weitere Einsparungen Schaden anrichten. Das kann eigentlich nur zweierlei bedeuten: Entweder es fehlt an Kompetenz und an Know-how, oder es fehlt der politische Takt, der Wille, sich mit den Vorstellungen Andersdenkender, mit den Bedürfnissen der Betroffenen auseinander zu setzen. Dann hätte sich allerdings die Regierung in 100 Tagen zu Recht den Vorwurf einer rücksichtslosen, autoritären Vorgangs


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weise eingehandelt, denn sie handelt nach dem Motto: "Abkassieren, kürzen, drüberfahren." (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Warum? Wie kommen Sie darauf?)

Im Kapitel "Leistungsfähiger Staat" – das können Sie nachlesen, es ist Ihr Regierungsprogramm – steht ausdrücklich: Bei allen Reformen ist die Einbindung der betroffenen Mitarbeiter, der Personalvertretung, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst unerlässlich. Sie sagen immer: Messen Sie uns an unseren Worten und unseren Taten! – Gut, ich messe Sie anhand dieser Aussagen Ihres Regierungsprogramms, um zu beurteilen, wie ernst Ihre Worte zu nehmen sind und wieweit Ihre Taten ihnen entsprechen. (Abg. Kiss: Das ist eins zu eins übernommen! – Abg. Edlinger: Wirklich nicht!)

Dass an diesem Ruf des "Drüberfahrens" etwas dran ist, zeigt Ihr Vorgehen bei den ersten die Beamten betreffenden Gesetzesmaterien. Der Gesetzentwurf "Pensionskassenregelung für Beamte" wurde ohne Einladung der GÖD zur Begutachtung ausgesandt. Der Objektivierungsgesetzentwurf ist ebenfalls ohne vorherige Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst konzipiert worden. Der Pensionsreformentwurf wurde während der Verhandlungen in die Begutachtung gegeben. Man muss also annehmen, dass Sie entweder nicht wissen, wie Verhandlungen geführt werden, wie man die Verhandlungspartner einbezieht, wie man eine gemeinsame Lösung erarbeitet, oder Sie wollen – und das glaube ich eher – schlicht und einfach gar keine Kooperation und wollen die Gewerkschaften absichtlich brüskieren. Das lässt für die Zukunft nichts Gutes hoffen!

Andererseits darf man die Hoffnung ja nie aufgeben. Der Bundeskanzler schließt in einer Aussendung vom 8. Mai 2000 Sonderopfer für den öffentlichen Dienst aus, und räumt der Verhandlung zur Pensionsreform mehr Zeit ein. Das lässt hoffen, dass Sie allmählich begreifen, wie Lösungen zu erzielen sind.

Meine Damen und Herren! Herr Gaugg hat mit seiner bekannten Sensibilität und seinem unnachahmlichen Takt in einer Aussendung den Beamten Realitätsverlust vorgeworfen, und zwar jenen, die bereits im Jahre 1997 tief greifende und langfristige Eingriffe, "Reformen" genannt, erfahren mussten. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, dazu: Nicht die Beamten, nicht die öffentlich Bediensteten, nicht die Beamten-Gewerkschaft müsste zur Realitätwahrnehmung erwachen, sondern die Verantwortlichen im neu erfundenen Ministerium für öffentliche Leistung.

Meine Damen und Herren! Sie sollten erwachen und die politische Realität erkennen, dann würden Sie feststellen, dass Sie nämlich keine Sparziele haben, sondern Belastungsziele, und dass Sie dann, wenn Sie von sozialer Treffsicherheit reden, nur daran denken, wie Sie sozial Schwächere treffen können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

14.27

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Damen und Herren! Mein Thema wäre zwar der Sport, aber ich stelle es noch etwas zurück, Frau Kollegin, und gehe doch ganz kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin ein; nur drei Punkte, ganz kurz.

Die Sparmaßnahmen, die sich jetzt in unserem Programm finden, finden sich mit wenigen Ausnahmen fast alle auch in jenem Koalitionsübereinkommen, das dann nicht unterschrieben wurde, und sie sind zum größten Teil von Herrn Edlinger vorgeschlagen worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Das Abkommen gibt es demnach also nicht!)

Zweiter Punkt: Personaleinsparungen. (Abg. Dr. Mertel: 9 000, 3 500 pro Jahr!) Wenn unser Land, das zu jenen gehört, das mit die höchste Zahl an öffentlich Bediensteten beschäftigt, dann muss es legitim sein, dass man sich die Frage stellt, ob wir uns all das noch leisten können in Zeiten, in denen wir derartige Budgetprobleme zu lösen haben. Jede Geschäftsführung eines Unternehmens und damit auch eine Regierung hat sich die Frage zu stellen: Sind Rationalisierungen möglich? Und sie sind möglich.


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Sie sollten auch einmal fragen, vielleicht Ihren ehemaligen Finanzminister Edlinger: Wer hat denn in der letzten Legislaturperiode verhindert, dass man eine Aufgabenreform-Kommission einsetzt? Wir haben immer gesagt: Selbstverständlich muss man, wenn man Personal einsparen will, auch die Aufgaben hinterfragen! – Selbstverständlich wird diese Bundesregierung das begleitend zu dem, was jetzt im Budget an Reduktion steht, tun. Selbstverständlich wird diese Bundesregierung auch diese Aufgaben hinterfragen. Da können Sie sicher sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittens: zur Vorgangsweise. – Ich erwarte mir von einer Geschäftsführung, das heißt Bundesregierung, selbstverständlich auch, dass sie klare Vorstellungen darüber entwickelt, wie in allen Teilbereichen das Unternehmen Staat zu führen ist. Wenn es zum Bereich Beamtenpensionen oder zu den anderen Pensionsbereichen Vorstellungen gibt, dann ist es doch nur legitim – Sie haben vorhin das Begutachtungsverfahren angesprochen, das ist ja ein Beteiligungs verfahren aller Betroffenen –, dass die Regierung einen Vorschlag entwickelt, den zur Begutachtung ausschickt und in der Zeit auch zu Gesprächen einlädt. Bekanntlich führt das Ganze erst dann zu einem Beschluss in der Regierung, und danach kommt noch die parlamentarische Behandlung des Ganzen. Für die Gewerkschaften, für alle, die ein Interesse an Beteiligung haben, gibt es da Zeit und Gelegenheit en masse, sich einzubringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Dann kennen Sie die gesetzlichen Vorschriften nicht!)

Aber nun doch zu meinem eigentlichen Thema, zum Sport. Frau Sportministerin! (Demonstrativer Beifall des Abg. Fischl. ) Zunächst meinen herzlichen Glückwunsch, dass es Ihnen in einer prekären Budgetsituation in schwierigen Budgetverhandlungen gelungen ist, das Budget für den Sport weitestgehend – mit wirklich ganz wenigen Ausnahmen – hinüberzuretten. (Abg. Grabner: Das haben wir schon vorher für zwei Jahre beschlossen!)

Es ist, wie gesagt, gelungen, die Budgetmittel für einen gesellschaftspolitisch so wichtigen und bedeutsamen Sektor wie den Sport in angemessener Höhe hinüberzuretten. Außerdem ist es – und da wirst du mir Recht geben, Kollege Grabner – auch im Bereich der allgemeinen Sportförderung, die, wie du weißt, in ihrer Höhe gesetzlich nicht festgelegt ist, gelungen, für wichtige Projekte das Budget zu retten. Herzlichen Glückwunsch und herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass wir künftig noch einige Aufgaben zu lösen haben werden. Du hast es schon angesprochen, Arnold Grabner: Wir haben die besondere Sportförderung auch mit den Erhöhungsetappen gesetzlich bis 2002 festgelegt. Wir werden aber sicherstellen müssen – und das ist im Regierungsabkommen auch schon festgelegt, und damit sind wir der Zeit schon einen Schritt voraus –, dass ab dem Jahre 2003 für diese Förderung dieselbe Höhe beibehalten beziehungsweise sie sogar noch erhöht werden soll. Wir werden auch alles daransetzen, dass das gelingt.

In diesem Zusammenhang kann ich vielleicht gleich auch mit einer Mär aufräumen, auch wenn sie bisher noch nicht angesprochen wurde, aber sicherlich wird sie noch angesprochen werden. Es geht um die Tatsache, dass sich im Regierungsübereinkommen zur Finanzierung dieser weiteren Förderungserhöhungen die Idee findet, private Wettbüros mit einer Abgabe zu belasten, um das finanzieren zu können. Auf diese Idee ist nicht Kollege Grasser, Finanzminister Grasser gekommen, und sie hat auch nichts damit zu tun, dass der Herr Stronach damit eine Freude hätte. Die Wettbüros, die eventuell auch vom Herrn Stronach einmal errichtet werden oder sogar ein Wettkanal oder was auch immer, sollen zur Kassa gebeten werden, damit wir die kleinen Verbände im Sport fördern können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Geschäftsführer Grasser!)

Damit kein Missverständnis aufkommt und keine Märchen erzählt werden: Stronach wird davon nicht profitieren, der wird mitzahlen müssen, wenn er in dieses Geschäft einsteigt.

Zweiter Punkt: allgemeine Sportförderung. Das Thema zieht sich nun schon jahrelang durch die Sportdebatten. Ich verlange seit Jahren klare, transparente Richtlinien für einen Fördertopf, der immerhin in etwa 200 Millionen Schilling umfasst. Staatssekretär Wittmann und zuvor Staats


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sekretär Schlögl haben das immer wieder versprochen. Mir ist schon klar, warum sie es nicht wollten. (Abg. Kiss: Um besser herumfuhrwerken zu können!) Es ist natürlich angenehmer, willkürlich 200 Millionen Schilling im Jahr verteilen zu können. Das ist mir schon klar.

Kollege Pilz hat zuvor davon gesprochen, es sei nunmehr Prinzip – was natürlich absurd ist –, dass man kuschen müsse, um kassieren zu können. Das ist absurd! (Abg. Fischl: Richtig so! So war es früher einmal!) Aber wissen Sie, was früher in der Sportförderung geherrscht hat? Man musste sich in den roten Klüngel der Sportverantwortlichen eingliedern, denn sonst hat man nichts gekriegt. Das war früher die Realität! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit bin ich auch schon bei einem wirklich unseligen Kapitel, nämlich bei der Spitzensportförderung angelangt. Sie ist zersplittert, aufgeteilt auf verschiedenste Einrichtungen und Förderungsprogramme. Die Sporthilfe macht was, sie ist unbestritten positiv, eine vernünftige Einrichtung. Es gibt den Spitzensportausschuss, der ein paar Millionen aus dem Bundesbudget verteilt. Es ist schon zu hinterfragen, dass Außenstehende Gelder des Bundes vergeben, natürlich mehr oder weniger mit der Letztverantwortung beim Minister. In der Vergangenheit ist das aber ohne wirkliche Einflussnahme des Staatssekretärs passiert. Und da gibt es viele andere Bereiche mehr.

Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass wir diese ganzen Fördereinrichtungen erstens einmal von der parteipolitischen Einflussnahme, die es ganz klar gegeben hat, und von der ganz klaren Zuordnung zu einer Partei befreien und dass wir diese Mittel in eine – möglichst eine neue, es könnte aber auch die Sporthilfe sein, die man dafür heranzieht – Förderagentur und auch Vermarktungsagentur einbringt, für die die Frau Vizekanzlerin Fachleute und natürlich eine verantwortliche Geschäftsführung nominiert, die diesen Bereich professionell, aber unabhängig und auch parteiunabhängig betreuen. Das könnte zum Beispiel durchaus unter dem Dach des ÖOC geschehen. Wir haben damit eine äußerst kompetente Einrichtung. Es gibt auch eine kompetente Führung dieser Organisation, die auch international höchste Anerkennung genießt. Wir kennen das ja auch in anderen Belangen, wir lagern auch andere Förderungen aus, sei es im Umweltbereich, sei es in anderen Bereichen. Warum also nicht auch in der Sportförderung? Ich glaube, das wäre ein kreativer Ansatz, um Objektivität im Sinne der Sportler, im Sinne der Sportfunktionäre, der Verantwortlichen, all derer, die mit Sport zu tun haben, gewährleisten zu können. Ich glaube, dass auch die Effizienz massiv steigen würde, wenn wir in diese Richtung gehen könnten.

Es gibt im Regierungsübereinkommen noch eine ganze Reihe von Punkten, von Absichtserklärungen, von Vereinbarungen zum Thema Sport. Die Kollegen aus meiner Fraktion, und ich nehme natürlich an, auch jene von unserem Koalitionspartner, werden in der Folge diese Punkte noch genauer darlegen. Ich glaube, es hat noch kaum ein, wenn überhaupt irgendein Regierungsübereinkommen gegeben, das so konkrete Punkte zur Sportförderung und Planungen für den Sportbereich enthalten hat wie eben jetzt das Übereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ. Ich appelliere an Sie, Frau Vizekanzlerin – aber ich weiß, es ist eigentlich gar nicht notwendig, wir haben ja auch bereits mehrere Gespräche darüber geführt. Ich bin mir sehr sicher, dass diese Punkte bis zum Ende der Legislaturperiode und wahrscheinlich schon früher alle ohne Ausnahme umgesetzt sein werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.37

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! 1997 im Rahmen des Sparpaketes wurde vor allem und schwerpunktmäßig beim öffentlichen Dienst angesetzt. Es gab eine doch ziemlich klare Absichtserklärung, dass das der Beitrag des öffentlichen Dienstes bis zu einer weiteren und dann wirklich umfassenden Harmonisierung des Dienstrechtes – Angestellte, ArbeiterInnen, öffentlicher Dienst – sein und bleiben sollte. Ich denke, es gibt schon so etwas wie ein Vertrauensprinzip auch über die Grenze der Bildung einer neuen Regierungskonstellation hinweg.


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Dieses Vertrauensprinzip wurde eindeutig und klar verletzt. Ich denke, Sie brauchen sich über die Reaktion des öffentlichen Dienstes nicht zu wundern. Wenn ein Vertragspartner – und zumindest eine Partei in der Regierung ist ja dieselbe geblieben – das Wort bricht und gegebene Zusagen nicht einhält, dann bekommt er eine Antwort, die nicht eben große Freude zum Ausdruck bringt und die durchaus auch einmal etwas härter ausfallen kann. Wir von den Grünen können das durchaus verstehen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube auch, dass schon von der vorigen Regierung große Fehler gemacht wurden, weil man eine sinnvolle Reformdiskussion, die mit den öffentlich Bediensteten mit absoluter Sicherheit zu führen gewesen wäre, gar nicht wollte. Stattdessen ist vor allem von Seiten des Dienstgebers der öffentliche Dienst eigentlich immer als Moloch, als reiner Kostenfaktor, als etwas, bei dem man gar nicht weiß, warum es so viele öffentlich Bedienstete gibt und wozu die alle da sind und was sie tun, dargestellt worden. Glauben Sie wirklich, dass Sie auf der Gegenseite eine echte Gesprächsbereitschaft finden, wenn Sie von vornherein den anderen eigentlich nur schlecht machen? Das Klima für sinnvolle und produktive Verhandlungen ist schon von vornherein für lange Zeit verdorben worden, und zwar nicht von Seiten der DienstnehmerInnen.

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Kopf hat vorhin gesagt, wir hätten die höchste Zahl an Beschäftigten im öffentlichen Dienst. (Abg. Kopf: Eines der Länder!) Ja, eines der Länder mit der höchsten Zahl. Ich denke aber, man kann absolute Zahlen nicht so ohne weiteres miteinander vergleichen. Es wäre einzubeziehen, wie die Staaten und der öffentliche Dienst und die Leistungen, die die öffentlichen Hände erbringen, organisiert sind.

Es stellt sich auch die Frage: Wie sind Leistungen besser, kostengünstig, serviceorientiert, transparent und kontrollierbar organisiert? – Es sind eben beispielsweise Gebilde wie die Europäische Union, die in der eigenen Verwaltung nur relativ wenige Kompetenzen haben, und wiederum die verschiedenen Nationalstaaten nicht miteinander vergleichbar. Man kann daher gar keine Aussage treffen, ohne dass vorangehend die von Ihnen auch angesprochene Aufgabenreform thematisiert wird.

Ich stelle in aller Form die Frage, wie die Relationen aussehen. Wenn ich zum Beispiel weiß – wir werden sehr bald Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren –, dass im Bereich der Heeresdienste im weitesten Sinn etwa 1 000 öffentlich Bedienstete beschäftigt sind, während die gesamte Arbeitsinspektion zum Schutz aller österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwa 300 Leute beschäftigt, dann liegt tatsächlich irgendetwas schief. Das müssen Sie einmal angehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da gäbe es großen Reformbedarf, und da sollten wir auch darüber reden, wie wichtig Funktionen sind, wie sie sinnvollerweise organisiert werden können und wie viele Menschen dazu erforderlich sind. Wenn Sie nur ein zahlenmäßiges Einsparungsziel vorgeben – 2 000 Dienstposten –, dann führt das dazu, dass etwa Stellen von Pensionsabgängern oder Karenzabgängern nicht nachbesetzt werden. Das führt insbesondere dazu, dass Dienststellen, die schon heute kaum mehr mit ihren Aufgaben zurechtkommen und überlastet sind, natürlich noch mehr in Bedrängnis geraten. Bei einer – Gott sei Dank, sage ich – nicht diskriminierenden Entlohnung im öffentlichen Dienst werden sich viele die Frage stellen, wie es überhaupt möglich ist, in einer Dienststelle Arbeit zu verrichten, wenn es hinten und vorne nicht mehr geht. Das heißt, Sie bringen diese heute schon überlasteten Dienststellen noch mehr in Zugzwang. Das kann sicherlich nicht im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sein, weil das früher oder später zum Zusammenbruch ganzer Einheiten führt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Schlagwort "Aufgabenreform": Die Grünen hätten eine Fülle von Vorschlägen, wie man ohne Verschlechterung der Leistungsqualität und ohne Überforderung der öffentlich Bediensteten tatsächlich sehr viel einsparen könnte. Es gab einen ganz wichtigen Schritt dazu, den etwa Innenminister Strasser angeregt hat: die Harmonisierung von Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht im Bereich der Beschäftigung von AusländerInnen. Das könnte Tausende Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sinnvoller zum Einsatz bringen, das würde wahrscheinlich mindestens drei


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stellige Millionenbeträge, wenn nicht Milliardenbeträge sparen helfen, und es wäre eine Wohltat für die Betroffenen, wenn all diejenigen, die legal über längere Zeit und nicht nur touristisch im Inland sind, auch ihr eigenes Geld verdienen und arbeiten dürfen.

Na, was war da vom Koalitionspartner FPÖ zu hören? – Nein, das kann man sich nicht vorstellen. Dann braucht man aber nicht das Lamento über eine unübersichtliche, teure und ineffiziente Verwaltung zu führen. Da liegt es an der Legistik und nicht an den öffentlich Bediensteten.

Ein zweites Beispiel dafür – auch das ist ein großes Anliegen der Grünen, und hierzu haben wir einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf vorgelegt – ist ein harmonisiertes Umweltanlagenrecht: Sicherheit für die Betriebe, dass sie wissen, welche Aktivitäten sie betreiben können und mit welchen Bewilligungen sie rechnen können, und zwar in kurzen Fristen; Sicherheit aber auch für die Bürgerinnen und Bürger, dass sie Partei sind im Verfahren, dass sie mitreden können und dass man nicht über sie drüberfährt. Das könnte enorm viel einsparen, es würde vor allem das Image des öffentlichen Dienstes heben und sehr schwerfällige, langatmige und intransparente Verfahren beenden. Dieser Entwurf liegt vor; er liegt sogar, glaube ich, jetzt schon in der dritten Legislaturperiode vor. Ich frage Sie: Wo ist da Ihr Reformwillen? – Nur über den öffentlichen Dienst zu jammern und damit die Motivation der öffentlich Bediensteten kaputt zu machen, ohne die Aufgabenreform anzugehen, halte ich für extrem unfair! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Allerletztes – das ist ein Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, und er hat auch mit wirtschaftlicher Vernunft zu tun – sind die gesamten Ausgliederungen. Bis jetzt sind Sie dem Hohen Haus eine Antwort auf die Frage schuldig geblieben, welche Bereiche warum, aus welchen Gründen, ausgegliedert werden und ob das wirklich günstiger ist. Es sind zahlreiche Dienststellen ausgegliedert worden. Im weitesten Sinn kann man sagen: Der Sozialbereich und der Bildungsbereich müssen immer wieder ihre Existenzberechtigung innerhalb des öffentlichen Dienstes rechtfertigen, wohingegen die Staatsfunktionen mit Befehls- und Zwangsgewalt mit Pragmatisierung gesichert sind.

In aller Form frage ich Sie: War es wirklich günstiger, das AMS auszugliedern und jetzt sogar noch in die völlige rechtliche Selbständigkeit zu schicken? – Ich möchte einmal die Zahlen sehen, und ich möchte auch wissen, wie sehr es den Rechtsschutz der Betroffenen verbessert hat. Ich kann keine Verbesserung erkennen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind beim falschen Thema, Frau Kollegin!) Ja, dann legen Sie die Zahlen vor! Es gab Anträge – einen von meinem Kollegen Van der Bellen –; warum lehnen Sie das dauernd ab? Wollen Sie Ihre Augen verschließen, oder geht es um etwas ganz anderes: dass Sie den blau-schwarzen Proporz dort jetzt fernab der Kontrolle des Parlaments einführen wollen?

Das ist der Eindruck, der hier entsteht. Oder beweisen Sie uns das Gegenteil! Aber dann müssen Sie endlich Taten setzen. So geht es sicher nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war leider das falsche Kapitel!)

14.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Es spricht nunmehr Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. – Bitte.

14.46

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich Stellung nehme zu den zwei grundsätzlichen Bereichen, um die es heute geht, einige Fragen beantworten, die im Zuge dieser Debatte gestellt wurden.

Frau Abgeordnete Petrovic! Ihnen muss ich leider sagen, dass die Fragen, die Sie an mich gestellt haben, falsch gestellt sind. Das müssen Sie den Herrn Finanzminister fragen. Die Frage, warum das AMS ausgegliedert wurde und ob das so, wie es erfolgt ist, erfolgreich war, bitte ich an Herrn Ex-Finanzminister Edlinger zu richten. (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist auch da!) Er


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kann Ihnen sicherlich besser erklären, was er sich dabei gedacht hat. Ich weiß auch nicht, was es gebracht hat, wenn ich mir das Ergebnis heute anschaue! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Frau Kollegin Mertel, die einige als Fragen getarnte Verdächtigungen in den Raum gestellt und dann sofort den Saal verlassen hat, ohne eine Antwort abzuwarten! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Stil! – Abg. Edlinger: Das stimmt ja überhaupt nicht! ... eine selektive Wahrnehmung!) Ich bitte ihre Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, ihr Folgendes mitzuteilen: Die Behauptung, das neu gegründete Ministerium für öffentliche Leistung und Sport habe einen enormen Personalaufwand und habe zu einer ungeheuren Aufblähung der Verwaltung geführt, beruht entweder auf einer völligen Fehlinformation oder ist eine absichtliche falsche Unterstellung.

Tatsache ist, dass mein Ministerium genau elf Planstellen hat, die aus anderen Ministerien übernommen wurden – es wurde keine einzige neue Planstelle geschaffen –, und das sind immerhin um vier bis fünf Mitarbeiter weniger, als früher die Kabinette der einzelnen Staatssekretäre der Sozialdemokratie hatten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Vielleicht erkundigen Sie sich einmal bei Ex-Staatssekretär Wittmann und Ex-Ministerin Prammer, wie viele Mitarbeiter sie gehabt haben und was diese vielen Mitarbeiter gemacht haben! Mein Ministerium, das immerhin nicht nur den Bereich öffentliche Verwaltung und Sport, sondern auch die Koordinationsaufgaben der Vizekanzlerin umfasst, kommt mit wesentlich weniger Mitarbeitern aus.

Richten Sie Frau Kollegin Mertel bitte auch aus, dass es in meinem Ministerium keinen einzigen Sondervertrag und drei Arbeitsleihverträge gibt. Damit hat sie ihre Frage beantwortet. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das war ein Rohrkrepierer! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist leider daneben gegangen von Frau Mertel! Deswegen ist sie auch nicht mehr da! Sie schämt sich jetzt in irgendeiner Ecke! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass mir Frau Mertel anempfohlen hat, mir den ehemaligen Finanzminister Edlinger zum Richtmaß für mein Handeln zu nehmen. Bei allem gebotenen Respekt, Herr Edlinger: Seien Sie mir nicht böse, wenn ich sage, dass ich das ganz sicher nicht tun werde (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP), denn würde ich Sie zum Richtmaß der Politik dieser neuen Bundesregierung machen, dann müsste es mein Ziel sein, die höchste Arbeitslosigkeit und die höchste Staatsverschuldung der Zweiten Republik produzieren zu wollen. Das ist es ganz sicher nicht! Aber Sie sind insofern ein Richtmaß, als wir wissen, wie wir es sicher nicht machen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun zum Thema öffentlicher Dienst: Dass wir dieses Ministerium "öffentliche Leistung" genannt haben, hat den speziellen Grund, dass wir damit auch zum Ausdruck bringen wollten, wie wir den Verwaltungsstaat verstehen: eben nicht als statische Verwaltung des Gegebenen, sondern als Entwicklung zum Leistungsstaat, um den Staat als Dienstleister und den Bürger als Kunden, aber nicht als Bittsteller zu sehen.

Die Qualität der öffentlichen Verwaltung hat meines Erachtens – im Gegensatz zu dem, was ich von einigen Vorrednern gehört habe – nicht damit zu tun, wie viele Köpfe in dieser Verwaltung tätig sind – alles, was bisher an Kritik angebracht worden ist, hat sehr viel mit Köpfezählen zu tun gehabt –, sondern sie hängt an der Qualität der Leistung, die erbracht wird, an den Rahmenbedingungen für die Beamten, damit sie diese Leistungen auch erbringen können, und am Dienstleistungs- und Servicecharakter gegenüber dem Bürger. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: ... solche Platitüden reden!)

Tatsache ist, dass die Kosten für die öffentliche Verwaltung in Österreich im internationalen Vergleich hoch sind. Selbstverständlich kann man das vergleichen, Frau Kollegin Petrovic. Selbstverständlich müssen wir uns fragen, warum in Österreich wesentlich mehr für den öffentlichen Dienst aufgewandt wird als zum Beispiel in Deutschland oder in der Schweiz – also in Staaten, die durchaus auch sehr gut funktionierende Verwaltungen haben – und warum zum Beispiel in Deutschland der Aufwand für den öffentlichen Dienst um 2 Prozent des BIP geringer als in


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Österreich ist und der Staat dort auch gut funktioniert. Das ist eine Frage, die wir uns selbstverständlich stellen müssen.

Wir müssen uns auch die Frage stellen, warum der Anteil der öffentlich Bediensteten an der Gesamtbeschäftigungsquote in Österreich 23 Prozent, im internationalen Durchschnitt aber nur 15 Prozent beträgt, denn wir sollten uns auch mit der Frage auseinander setzen, wie wir das finanzieren. Das ist dabei der Kernpunkt.

Wir haben uns drei Paradigmen zur Zielsetzung unserer Verwaltungsreform gemacht. Das bedeutet, den Dienstleistungsstaat für die Konsumenten, den schlanken Staat für die Steuerzahler und den fairen Staat für die Arbeitnehmer sicherzustellen. Wir haben in unserem Regierungsprogramm festgeschrieben, dass alle Ämter und Ressorts Globalbudgets erhalten. Das ist ein sehr wichtiger und wesentlicher Bereich der Verwaltungsinnovation, weil entsprechende Anreize für Innovation auch dadurch gegeben werden, dass ein bestimmter Prozentsatz der erzielten Einsparungen für die eigene Organisation verwendet werden kann beziehungsweise direkt an die Mitarbeiter, die solche innovative Ideen haben, ausbezahlt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aufgabenreform heißt für uns in erster Linie, dass wir einmal eine grundsätzliche Definition dessen machen, was eigentlich wirklich die Kernaufgaben des Staates sind, was der Staat für den Bürger leisten muss und was besser, billiger und effizienter anderswo erledigt werden kann. Kein Bürger in diesem Staat zahlt gerne Steuern, und zwar deswegen nicht, weil das Geld, mit dem er diese Steuern zahlt, hart verdient werden muss. Dafür soll er auch jene Leistung vom Staat bekommen, die er braucht, und zwar rasch und kostengünstig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen zum Zweiten dafür sorgen, dass es für Beamte Arbeitsbedingungen gibt, die es ihnen sicherstellen und ermöglichen, diese Leistungen auch erbringen zu können. Da ist auch die Politik insofern gefragt, als wir nicht dauernd die Verwaltung mit neuen Reglementierungen und Regelungen überfrachten dürfen, die in der Praxis kaum mehr vollziehbar sind und riesige Kosten nicht nur für die öffentliche Hand, sondern vor allem auch für die private Wirtschaft und die privaten Haushalte verursachen. Deswegen ist eine der wesentlichen Zielsetzungen der Verwaltungsreform ein Stopp der Gesetzesflut und die Bürgerverträglichkeitsprüfung von Gesetzen im Sinne der Zweckmäßigkeit und der Kostenberechnung. Am Ende dieser Aufgabenreform sollen zufriedene Bürger und anerkannte Beamte stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe es in den Ausführungen der Frau Kollegin Mertel als sehr bezeichnend gefunden, dass sie die Objektivierung als etwas Negatives und Kritisierenswertes dargestellt hat. Für mich, für unsere Fraktion und für die gesamte Bundesregierung ist das eines der wichtigsten Projekte, die wir überhaupt haben, weil es sicherstellen soll, dass die Stellen- und Postenvergabe im öffentlichen Dienst endlich nur noch und ausschließlich nach den Kriterien der Qualifikation und der Leistung der einzelnen Bewerber erfolgt, aber nicht mehr nach der Parteizugehörigkeit und nach dem Parteibuch. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben sichergestellt, dass es schon in den Ausschreibungen Anforderungsprofile gibt, die von unabhängigen Personalberatungsbüros erarbeitet werden, dass bei der Auswahl der Bewerber und bei den Begutachtungsverfahren externe Berater beigezogen werden und dass es endlich einen Rechtsschutz für übergangene Bewerber insofern gibt, als sie sich an einen Objektivierungssenat wenden können und eine Entscheidung überprüfen lassen können. Das heißt, ich sehe diesen Schritt als eine echte Befreiung für die tüchtigen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen eines, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Ich habe in den ersten drei Monaten meiner Amtszeit die Erfahrung gemacht, dass es eine ganze Reihe von hoch qualifizierten und hervorragenden Mitarbeitern im öffentlichen Dienst in Österreich gibt, die nur deswegen Mitglied einer Partei sein müssen, weil sie sonst keine Karriere machen können. Wir schaffen die Bedingungen dafür, dass das Parteibuch für Karrieren keine Voraussetzung


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mehr ist, sondern dass es auf die Leistung und Qualifikation der Mitarbeiter ankommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr gut! – Zwischenruf des Abg. Grabner. )

Dass Ihnen das nicht gefällt, Herr Kollege, kann ich mir schon vorstellen, weil das all dem widerspricht, was Sie 55 Jahre lang in diesem Land unter Politik verstanden haben. Sie haben geglaubt, Parteibuch und Parteizugehörigkeit zur Voraussetzung machen zu müssen, um sich Leute gefügig zu machen. So sieht das Ergebnis Ihrer Regierungspolitik ja auch aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Grabner und Kopf.  – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Modernisierung der Verwaltung heißt aber auch, vor allem die Möglichkeiten und Chancen der neuen Technologien und Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen. Eines der wichtigsten Zukunftsprojekte Österreichs ist ... (Abg. Riepl: Langsamer reden! Bitte ein bisschen langsamer!) Ich kann es auch gerne mehrmals wiederholen, wenn Sie es gerne hören. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können nicht so schnell folgen? Sie können nur langsam denken, deshalb muss man auch langsam reden? – Weitere Zwischenrufe.) Wenn Sie ein bisschen schneller denken, können Sie auch meinen schnelleren Worten sicher folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Eines der wichtigsten Zukunftsprojekte dieser Bundesregierung ist der Bereich e-Austria, und darin enthalten der Bereich des e-Government, das heißt, die neue Kommunikation, der neue Dialog zwischen dem Bürger und dem Staat. Wir stehen in diesem Bereich vor der wahrscheinlich tiefgreifendsten Veränderung seit der industriellen Revolution, einer Veränderung, die nicht nur für die Wohlstandsentwicklung des Landes insgesamt, sondern auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Demokratisierung von wesentlicher Bedeutung ist. Egal, wo jemand lebt – ob in einem Bergbauerndorf oder in einem urbanen Zentrum neben einer Universität –, der Wissens- und Informationszugang wird in Zukunft für alle gleich sein. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Chancengleichheit in der Gesellschaft. Deshalb ist dieses Projekt eines der vordringlichen Projekte dieser Bundesregierung.

Wir haben beim Programm e-Government einen ersten wesentlichen Schritt durch das Programm "help.gv.at" gesetzt, das sicherstellt, dass jeder Bürger eine Information über die Verwaltungswege in direkter, verständlicher und schneller Form bekommen kann. Aber noch viel wichtiger ist, dass wir es in Zukunft ermöglichen, dass Bürger auch den direkten Zugang zur Verwaltung haben, ohne Behördenwege, ohne Amtszeiten und kostengünstig. Das heißt, dass Behörden-Entscheidungen, -Anträge, -Bescheide und Ähnliches über dieses System abgewickelt werden können. Wir werden damit auch sicherstellen, dass nicht nur die Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung verbessert wird, sondern dass dies auch wesentlich kostengünstiger ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich hinsichtlich des öffentlichen Dienstes abschließend auf den Bereich Pensionsreform eingehen, weil ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Bereich ist und über kaum einen Bereich in den letzten Tagen und Wochen so viele Fehlinformationen produziert worden sind wie über diesen.

Aufgabe des Staates und der Bundesregierung muss es sein, die Pensionen der älteren Generation zu sichern, aber auch die Beitragsleistungen der jüngeren Generation in einem adäquaten Verhältnis zu halten. Das ist auch der Grundsatz für den Bereich des öffentlichen Dienstes. Vieles von dem, was heute hier gesagt worden ist, geht leider Gottes völlig an der Realität vorbei. Die Pensionsreform 1997 als eine grundsätzliche Systemreform hinzustellen, ist schlicht und einfach falsch.

Tatsache ist, dass man sich 1997 um die wesentlichen Probleme herumgedrückt hat, damals auch auf Grund des massiven Widerstandes der Sozialdemokratie. (Abg. Edlinger: Das ist falsch!)

Unser Prinzip, das für den ASVG-Bereich genauso gilt ... (Abg. Gaugg: Sie haben versagt, Herr Minister Edlinger!) Unser Prinzip, das für den ASVG-Bereich genauso wie für den öffentlichen


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Dienst gilt, heißt: kein Eingriff in bestehende Pensionen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es heißt auch: Wertsicherung der Pensionen durch Fixbeträge – was besonders die Bezieher kleiner Pensionen auch im öffentlichen Dienst begünstigt –, und es heißt – das ist für mich ein unverrückbarer Grundsatz, meine sehr geehrten Damen und Herren –: Gleichbehandlung zwischen den ASVG-Versicherten und den Bediensteten im öffentlichen Dienst. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es ist das ein Gebot der Fairness – und damit würde sich auch einmal aufhören, dass wir Menschen, die für den Staat arbeiten, ausspielen gegen Menschen, die in der Privatwirtschaft arbeiten. Es muss der Grundsatz der Fairness und der Gleichbehandlung gelten! Und genau das ist der Grundsatz dieser Pensionsreform! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche nunmehr die Ausführungen der Frau Vizekanzlerin und bitte sie, nach der Debatte über die Dringliche Anfrage fortzusetzen, die wir nun, um 15 Uhr, wie angekündigt in Verhandlung nehmen.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überwachungsstaat (767/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Dringlichen Anfrage 767/J der Abgeordneten Petrovic und Fraktion an den Bundesminister für Landesverteidigung.

Da diese Dringliche Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Mit dem Entwurf zum Militärbefugnisgesetz hat der BM für Landesverteidigung die Absicht, jede Opposition gegen das Militär zu überwachen, untermauert. Gleichzeitig mehren sich Hinweise, dass nicht nur freiheitliches Gedankengut, sondern auch freiheitliche Personalwirtschaft Eingang ins Verteidigungsministerium gefunden hat.

Zwei Gefahren sind von Datenschützern immer beschrieben und von Vertretern der Bundesregierungen immer als "ungerechtfertigt" zurückgewiesen worden. Die Befürchtung, militärische Geheimdienste könnten eine Generalermächtigung zur Überwachung politischer Kritik erhalten, wurde durch die Gefahr, eine Regierung unter Beteiligung der extremen Rechten könnte diese Ermächtigungen missbrauchen, verstärkt. Da beides jetzt gemeinsam eintrifft, richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung folgende

Anfrage:

1. In demokratischen Systemen ist es üblich, dass sich die Regierung mit Kritik öffentlich auseinandersetzt. Warum wollen Sie Kritik an der Landesverteidigung nachrichtendienstlich überwachen lassen?

2. Welche Dienststellen oder Ämter sollen für die Überwachung der Kritiker zuständig sein?

3. Wieviel Personal steht für diese Aufgabe zur Verfügung?

4. In den Erläuterungen zum § 20 MBG wird erklärt, dass "die Auswertung von Zeitschriften, insbesondere das Ermitteln von Autoren, die sich kritisch bzw. teilweise negativ mit dem Bundesheer auseinandersetzen", Aufgabe der "militärischen Abwehr" sei. Warum ist es für die Sicherheit Österreichs notwendig, im Rahmen der militärischen Abwehr Journalisten, die ihren Beruf ernsthaft ausüben (sich "kritisch auseinandersetzen"), zu überwachen?


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5. Über wie viele Autoren und Journalisten gibt es beim Abwehramt (AA) bzw. beim Heersnachrichtenamt (HNaA) Ergebnisse aus "Ermittlungen"?

6. Über wie viele Journalisten wurden von den S2 Ermittlungen angestellt?

7. In den Erläuterungen zum § 20 MBG wird weiter erklärt, dass "die Beobachtung von einzelnen Aktivitäten als auch die Beobachtung von (politischen) Gruppierungen, die sich unter anderem gegen die militärische Landesverteidigung richten bzw. dieser kritisch gegenüberstehen", Aufgabe der "militärischen Abwehr" sei. Warum ist es für die Sicherheit Österreichs notwendig, politische Kritik nachrichtendienstlich überwachen zu lassen?

8. Über wie viele in Österreich ansässige Personen und über wie viele Organisationen gibt es Akte im AA bzw. im HNaA?

9. Die Grünen und ihr Parlamentsklub stehen der militärischen Landesverteidigung kritisch gegenüber. Ist es Aufgabe der militärischen Nachrichtendienste, die Grünen und ihren Parlamentsklub zu "beobachten"?

10. Über wie viele Mitglieder des Nationalrats gibt es Akte im AA bzw. im HNaA?

11. Handys können ohne Wissen von Benutzer und Netzbetreiber mit "IMSI-Catchern" überwacht werden. Über wie viele IMSI-Catcher verfügt das BMLV?

12. Welche Dienststellen betreiben diese Geräte?

13. Hat das HNaA Zugriff auf IMSI-Catcher?

14. Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert die Überwachung von Handys durch das BMLV?

15. § 23 MBG sieht eine "Verlässlichkeitsprüfung" nach dem Vorbild der Sicherheitsüberprüfung des BMI vor. Haben Sie selbst Ihre Mitarbeiter nach den Kriterien absoluter Verlässlichkeit ausgewählt?

16. In den Erläuterungen zum § 23 MBG heißt es: "Als nicht verlässlich soll eine Person jedenfalls dann gelten, wenn sie durch ein inländisches Gericht wegen bestimmter Straftaten mit militärischer Relevanz rechtskräftig verurteilt wurde." Beschäftigen Sie in Ihrem Kabinett Mitarbeiter, die wegen der Verletzung militärisch relevanter Gesetze verurteilt wurden?

17. Wenn ja, wen, in welcher Funktion und wegen welchem Delikt verurteilt?

18. Beschäftigen Sie in Ihrem Kabinett Mitarbeiter mit rechtsextremen Verbindungen?

19. Wenn ja, wen und in welcher Funktion?

20. Das MBG regelt einen der sensibelsten Bereiche der politischen Kultur Österreichs. Es bedarf daher genauer parlamentarischer Beratungen. Derzeit besteht die Gefahr, dass das MBG in einer einzigen Sitzung des LVA "durchgezogen" wird. Unterstützen Sie das Anliegen, das MBG in einem eigenen Unterausschuss des LVA zu behandeln?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Frau Abgeordneter Dr. Petrovic als erster Fragestellerin zur Begründung der Dringlichen Anfrage gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung das Wort erteilen. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.


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15.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode einige Male über die Notwendigkeit, staatliches Handeln in allen Bereichen, also auch im Bereich der geheimen Staatsdienste rechtsstaatlich zu regeln und zu kontrollieren, diskutiert. Im Prinzip sind die Grünen immer dafür eingetreten, dass es keinen Bereich staatlicher Tätigkeit geben kann und darf, der sich rechtsstaatlichen Kontrollmechanismen entzieht.

Jetzt liegt für den Bereich der Befugnisse des Militärs, insbesondere der Heeresdienste, eine Regierungsvorlage vor, die nichts Gutes verheißt, die unserer Überzeugung nach die Grenzen des Rechtsstaates sprengt und eine Attacke auf den Rechtsstaat und die BürgerInnen darstellt. Es wird nach Beantwortung der konkret gestellten Fragen auch abzuhandeln sein, mit welchen Personen und wie heute schon konkret die Wahrnehmung jener Befugnisse aussieht, die mit dieser Regierungsvorlage jetzt schwarz auf weiß geregelt werden sollen.

Es gibt gerade dort, wo es um gefährliches, möglicherweise verbotenes, inkriminiertes Handeln geht, ein zentrales Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, es heißt: Die Normunterworfenen müssen im Vorhinein wissen und erkennen können, was man in diesem Staat nicht tun darf, was daher potentiell Strafe nach sich zieht, was eventuell zu einem staatlichen Unwert-Urteil führen kann.

Das ist das zentrale Prinzip der Rechtsstaatlichkeit! Diejenigen, die sich möglicherweise mit dem Rechtsstaat anlegen, müssen wissen, was verboten ist, und die Allgemeinheit muss Information darüber haben – Generalprävention wird das genannt –, wo die Grenzen der individuellen Freiheit liegen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Dieses Prinzip wird unserer Überzeugung nach mit dieser Vorlage mehrfach durchbrochen, denn was genau verbotene, gefährliche, verwerfliche Handlungen sind, ist darin nicht wirklich zu erkennen, ebenso wenig, wer diejenigen sind, die die Gefährlichkeit einschätzen, nach welchen Prinzipien, Grundlagen, Leitlinien oder auch Ideologien sie die Gefährlichkeit einschätzen, und wer demnach mit Observierung, Bespitzelung und Kontrolle zu rechnen hat.

Bleiben wir einmal bei der ersten Frage: Wer sind jene, die gefährlich sein können, und wie erfahren sie davon – zumindest im Nachhinein –, dass man sie für gefährlich gehalten hat?

Wir wissen nur aus Splittern der Vergangenheit, was die Heeresdienste bisher gemacht haben. Es gibt etwa Akten über "Mütter gegen Atomgefahren". Ich frage Sie in aller Form, Herr Bundesminister: Halten Sie es für eine gefährliche Tätigkeit, wenn Frauen, wenn Mütter versuchen, die Gefahren grenznaher Atomkraftwerke zu bannen, mit Unterschriftenlisten, mit Petitionen versuchen, eine tödliche Gefahr zu bannen, unseren Kindern ein Schicksal wie jenes der Kinder von Tschernobyl zu ersparen? Ist das die Gefährlichkeit? (Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Die Existenz zumindest eines Aktes, nämlich des Aktes über die ehemalige grüne Abgeordnete Frau Mag. Pollet-Kammerlander wurde zugegeben, das ist eingestanden, und von einigen anderen Akten wissen wir. Herr Minister! Sie haben selbst früher als Abgeordneter beklagt, dass es da keine Kontrolle gäbe, dass das nur Alibi-Kontrollen seien. Ich frage Sie nun: Wie halten Sie es jetzt als Minister? Sind die "Mütter gegen Atomgefahren" oder einzelne Abgeordnete dieses Hauses nach wie vor gefährlich?

Und warum gehen Sie mit diesem Entwurf noch weiter, wenn in § 20 des Entwurfes – und zwar zwingend! – festgelegt wird, dass Personen, Zeitschriften, AutorInnen zu überwachen sind, die sich "kritisch beziehungsweise teilweise negativ mit dem Bundesheer auseinandersetzen"? – Kritische Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt ist der Beruf, die Aufgabe von Journalisten und Journalistinnen, und diese müssen dann überwacht werden, weil sie ihren Beruf ausüben? (Beifall bei den Grünen.)

Es steht etwa auch die immerwährende Neutralität Österreichs im Verfassungsrang, und es gab sogar Minister, die sich nicht nur kritisch damit auseinander gesetzt haben, sondern die Grenzen dieses Neutralitätsgesetzes genau genommen überschritten haben, etwa durch Waffenverkäufe. Ich frage: Sind die nicht viel gefährlicher? Was sind denn das für Maßstäbe, sich "kri


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tisch ... mit dem Bundesheer auseinandersetzen", was heißt denn das? Darf man nicht sagen, dass vielleicht die Motivation oder die Ausbildung beim Bundesheer zu verbessern wären? Das ist doch auch eine kritische Bemerkung! Und solch eine Bemerkung führt zur Überwachung?

Wo ist da der Rechtsstaat? Wo ist die Grenze? Gegen wen ist der Einsatz geboten? – Das ist völlig undifferenziert und damit jenseits der Grenzen des Rechtsstaates. (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas sei dazu angemerkt: Wir wissen, dass diese Dienste nicht nur von staatlichen Stellen in Anspruch genommen werden und wurden, sondern auch von Firmen. Und wir wissen auch, dass teilweise große Firmen und Konzerne eigene Sicherheitsleute beauftragen und dass es da einen Datendeal gibt. Es wird natürlich noch interessanter, wenn das Firmen sind, die zwar sehr viel Positives tun, sehr viele Arbeitsplätze sichern, aber zum Beispiel auch ein Standbein im Atombusiness haben, wie etwa die Firma Siemens. Und dass diese so manche Aktivitäten der "Mütter gegen Atomgefahren" vielleicht kritisch beurteilen, kann ich schon nachvollziehen, es stellt sich jedoch die Frage: Wieso steht die Republik Österreich auf der Seite der Firma Siemens und gegen die "Mütter gegen Atomgefahren"? Das kann ich nicht mehr nachvollziehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir wissen, dass etwa Pharmakonzerne – wir kennen sogar konkrete Beispiele wie die Firma Immuno/Baxter –, die CA, Siemens solche Aktivitäten forcieren. Ich frage Sie: Ist es jetzt so, dass man da einen schwunghaften Datendeal betreiben kann und dass es dafür nun auch die entsprechende gesetzliche Grundlage gibt – ja mehr noch, dass sich diese Grundlage auch auf den Handel mit Daten mit dem Ausland bezieht? Mit wem, frage ich, mit wem tauscht man da aus? Wie war denn das etwa in Fällen kriegerischer Auseinandersetzungen und Konflikte? Auf wessen Seite, wo war da die Neutralität? Wo waren die rechtlich geschützten Werte?

Der erste Punkt also: Gegen wen richtet es sich? Wer sind die Verbündeten? Wer sind die potentiell Betroffenen? – Es ist das rechtsstaatlich völlig unklar, nicht präzisiert und damit verfassungswidrig!

Zweiter Punkt: Wann ist denn ein Einsatz geboten? – Auch da ein Vergleich mit dem Strafrecht: Im Strafrecht gibt es eine ganz klare Grenze der Strafbarkeit. Böse denken sollte man vielleicht nicht, betrifft aber noch nicht den Bereich des staatlichen Rechtes. Im staatlichen Recht gibt es eine ganz klare Grenze, sie ist im § 15 des Strafgesetzbuches geregelt und heißt "Versuch". In jenem Moment, in dem eine Täterin, ein Täter dieses Stadium überschreitet, ist – unabhängig von der Ausführung der Tat – Strafbarkeit gegeben, bei manchen, besonders gefährlichen Delikten auch schon früher, nämlich bei Vorbereitungshandlungen. Das ist im Strafgesetzbuch ganz klar und präzise umschrieben. Somit kann ich als Normunterworfene wissen: Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem ich mit Strafe und Verfolgung rechnen muss.

Vergleichen wir das mit Ihrem Entwurf, mit dieser Regierungsvorlage: Nichts davon ist darin enthalten! – Eigentlich können sich demzufolge diese geheimen Dienste selbst überlegen, wann sie sich irgendwo einschalten. Wenn die "Mütter gegen Atomgefahren" ein Flugblatt verbreiten, wenn sie irgendwo stehen und Unterschriften sammeln – ist das gefährlich, ist das verboten? Die Militärdienste können es so behandeln. Sie können einen derartigen Einsatz jederzeit starten, wenn sie die Zeit für gekommen erachten.

Das, was das eigentlich ist, sollte man gerade in einem Staat mit der Geschichte Österreichs auf keinen Fall und um keinen Preis einführen: Es sind nämlich ausnahmegesetzliche Regelungen, ohne dass es die Verhängung des Ausnahmezustandes gibt! Ausnahmegesetzliche Regelungen gibt es in manchen Staaten – und es kann gefährliche Umstände geben, die so gefährlich sind, dass die normalen Spielregeln nicht mehr gelten –, aber dann muss auch jener Punkt definiert sein, an dem man sagt: Hier ist die Grenze erreicht, es gelten andere Spielregeln!

Sie haben mit diesem Entwurf mitten im Frieden, mitten im Rechtsstaat Spielregeln vorgelegt, die diese Grenze verletzen und jenseits des Rechtsstaates stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Die potentiell Betroffenen sind nicht klar, der Zeitpunkt ist nicht klar.

Die dritte Frage lautet: Aus welcher Bestimmung der österreichischen Verfassung – die für uns alle gelten sollte, und auf die wir einen Eid geleistet haben – leiten Sie die besondere Schutzwürdigkeit militärischer Rechtsgüter ab? – Ja, es ist zwar so, dass die umfassende Landesverteidigung in der Verfassung als Schutzgut genannt ist, aber neben anderen! Und ich kann nicht erkennen, wieso dieses eine Rechtsgut ganz exzeptionelle Befugnisse der Militärs, auch der geheimen Dienste, nach sich ziehen soll, der Schutz anderer Rechtsgüter jedoch nicht.

Die "Mütter gegen Atomgefahren" treten für die Gesundheit ihrer Kinder ein, für den Schutz des Lebens – ein eindeutig geschütztes Rechtsgut, ein mehrfach auch international geschütztes Rechtsgut! (Abg. Dr. Ofner: ... Abtreibung!) Wieso sind die militärischen Rechtsgüter in diesem Entwurf übergeordnet? Wieso geht es sogar so weit, dass darin ein ziemlich undifferenzierter Waffengebrauch genehmigt wird?

Wieso gibt es eine Lizenz zum Lügen? – Es ist darin eine Regelung verbrieft, falsche Auskünfte erteilen zu dürfen – ohne Konsequenzen, ohne Amtsmissbrauch oder Ähnliches! Das heißt, ein Verfassungswert, der neben anderen steht, erfährt auf einmal ein ganz anderes Schutzniveau! Das ist eindeutig verfassungswidrig, weil sich diese Höherwertigkeit militärischer Schutzgüter aus keiner einzigen Bestimmung der österreichischen Verfassung ableiten lässt.

Meine Damen und Herren! Es stellt sich insbesondere die Frage: Welche rechtsstaatlichen Grenzen des Einsatzes gibt es? – Ganz offensichtlich sind ja andere Grundrechte keine Grenze mehr. Das Fernmeldegeheimnis ist kein Gegenstand mehr – Handys kann man überwachen, alles kann man überwachen!

Es geht aber sogar noch weiter – und darin, würde ich sagen, ist eine ganz harte und eindeutige Verfassungswidrigkeit enthalten –: Öffentlich Bedienstete können verhalten werden, ein schweres Delikt zu setzen, nämlich Urkundenfälschung! Ich lese Ihnen das vor, denn ich habe den Eindruck, dass etliche Abgeordnete den Entwurf nicht gelesen haben (Abg. Dr. Stummvoll: Erklären Sie uns das!)  – ich zitiere –:

"Soweit Bundesbehörden oder Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung oder Bürgermeister gesetzlich zur Ausstellung von Urkunden berufen sind, haben sie auf Verlangen des Bundesministers für Landesverteidigung zum Zweck verdeckter Ermittlungen" – beispielsweise gegen die "Atom-Mütter" – "nach Abs. 4 Urkunden herzustellen, die über die Identität einer Person täuschen. Diese Urkunden dürfen nur im Rahmen eines Auftrages einer militärischen Dienststelle nach Abs. 1 im Rechtsverkehr verwendet werden." – Zitatende.

Na bravo, kann ich nur sagen! Die Lizenz zum Urkundenfälschen, und zwar nur im Dienste der militärischen Behörden – das ist ungeheuerlich! Das sprengt jeden Rahmen! Vor allem aber gibt es doch noch, so hoffe ich, ein öffentliches Dienstrecht, in dem bisher jedenfalls sehr klar geregelt war, wie weit öffentlich Bedienstete Weisungen zu befolgen haben. Diese Grenze heißt bisher: Strafrechtswidrigkeit. Das bedeutet, dass ein öffentlich Bediensteter oder eine öffentlich Bedienstete dem Vorgesetzten ein Nein sagen muss, wenn dieser mit dem Verlangen an sie oder an ihn herantritt, eine strafrechtswidrige Handlung zu setzen. Die Fälschung von Urkunden ist eindeutig, klipp und klar ein strafrechtswidriger Akt.

Wie können Sie mit einem einfachen Gesetz diametral in andere einfache Gesetze eingreifen? Das ist eine krasse, eine eindeutige und unverhüllte Verfassungswidrigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man muss das wirklich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Sie müssen Urkunden fälschen, um andere zu täuschen, sie setzen also Handlungen, die sonst Verbrecher setzen. – Herr Bundesminister! Das kann wohl nicht im Ernst in einer Regierungsvorlage stehen! Oder wollen Sie wirklich Leute dazu bestimmen, Verbrechen zu begehen, und zwar im Dienste eines Wertes, der nicht über den anderen Werten unserer Rechtsordnung steht? (Zwischenruf.)


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Ich komme zum letzten Punkt, zu den Fragen der Kontrolle. Mein Kollege Peter Pilz wird sich dann konkret mit der Frage befassen: Wer sind diejenigen, die dieses Gesetz vollziehen wollen, und wer sind diejenigen, gegen die es sich richtet? Diesbezüglich werden wir wahrscheinlich schon heute sehr interessante Umstände ans Tageslicht bringen.

Aber nun noch zur Frage: Wer kontrolliert diese Ungeheuerlichkeiten – zumindest im Nachhinein? – Dazu greife ich jetzt nicht einmal auf grüne Thesen zurück, sondern zitiere die Vorsitzende der österreichischen Richtervereinigung, Frau Dr. Helige. Sie spricht im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzbeauftragten von "Feigenblättern", und sie begründet das damit, dass dieser Rechtsschutzbeauftragte vom Minister – das heißt von Ihnen!  bestimmt wird. Als Abgeordneter haben Sie das noch heftig kritisiert!

Frau Dr. Helige sieht auch die "Gefahr massiver Grundrechtseingriffe". Das Allerdreisteste kommt aber noch: Dieser Rechtsschutzbeauftragte hat keine Einsicht in Unterlagen und bekommt kein Auskunftsrecht! Das bedeutet, dass er oder sie nicht einmal feststellen kann, ob rechtswidriges Vorgehen vorliegt.

Das heißt, in dieser Vorlage gibt es ein generelles Misstrauen gegenüber Vereinigungen wie die "Mütter gegen Atomgefahren" und einen schrankenlosen Freibrief für jene, die es vielleicht heute schon mit der Rechtsstaatlichkeit nicht allzu genau nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an Sie – ich hoffe, Sie tun es –: Lesen Sie diesen Entwurf, bevor Sie leichtfertig Ihre Zustimmung geben! Es ist das ein Gesetz, das sich über jede Grenze der Rechtsstaatlichkeit, die es bisher in Österreich gab, hinwegsetzt, das einen Freibrief schafft ohne irgendeine genaue rechtliche Definition für Überwachung, Bespitzelung, Ausspionieren, für neue technische Methoden, die sich gegen jede und jeden von uns, die sich gegen Religionsgemeinschaften, gegen Bürgerinitiativen, gegen Umweltinitiativen richten können.

Dazu, wer jene sind, die dieses Instrument jetzt schon in der Hand haben, haben wir dem Minister einige konkrete Fragen gestellt, und wir sind gespannt auf die Antworten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundesminister zu Wort. Die Ausführungen sollen 20 Minuten nicht überschreiten, können sie aber überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.21

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder auf meine parlamentarische Vergangenheit hier im Hohen Hause verwiesen. Ich bin stolz darauf, fast zehn Jahre lang Angehöriger dieses Hauses, Abgeordneter gewesen zu sein. Deshalb respektiere ich auch das Recht von Abgeordneten, an einen Minister, an ein Ressort Anfragen und selbstverständlich auch Dringliche Anfragen zu stellen. Aber abgesehen davon habe auch ich das Recht, den Hintergrund dieser Anfragen zu beurteilen und auch zu bewerten.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic! Ich achte es, wenn man Informationen einholen möchte, selbstverständlich, ich achte es, wenn man über Gesetzesvorschläge diskutieren möchte, Abänderungen einbringen möchte und auch gegen ein Gesetz stimmen möchte. Selbstverständlich! Die Frage ist nur: Hat man auch alle Möglichkeiten genützt, diese Informationen zu bekommen?

In der letzten Zeit hätte es einige Möglichkeiten gegeben: Wir hatten einen Landesverteidigungsausschuss – es war leider kein Vertreter Ihres Klubs anwesend! (Abg. Ing. Westenthaler: Ach so ist das!) Wir hatten gestern eine Budgetdebatte, eine sehr ausführliche, eine sehr gute und sehr sachliche Debatte. Wir hatten zwei Redner von Ihrem Klub. Abgeordneter Pilz ist kurz vor seinem Debattenbeitrag hereingekommen und kurz nach seiner Rede wieder hinausgegangen.


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Ich habe Kollegen Pilz – er ist ja auch Mitglied des Kontrollausschusses – jede Information angeboten, und selbstverständlich habe ich – auch das wissen Sie, ich bin ja an die Verschwiegenheit in diesem Ausschuss nicht gebunden, deshalb kann ich über Verfahrensfragen sprechen – klar zum Ausdruck gebracht, dass ich die Kontrollmöglichkeit und die Befugnis dieses Ausschusses, dem ich selbst viele Jahre angehört habe, nicht nur respektiere, sondern dieser Informationsbefugnis in größtmöglichem Ausmaß entsprechen werde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deshalb ist es schon etwas befremdlich, wenn man heute hier eine derartige Dringliche Anfrage zu einem Militärbefugnisgesetz einbringt, das noch sehr ausführlich in den Ausschusssitzungen beraten werden wird. Das ist ja eine Ihrer Fragen. Ich kann selbstverständlich nicht beeinflussen, welche parlamentarischen Abläufe Sie für sich selbst beschließen, aber ich habe selbstverständlich meine Bereitschaft erklärt, zu jedem Termin und zu jedem Verfahren meine Zustimmung zu geben. Soweit ich weiß, wird es auch nicht nur einen Termin für dieses Militärbefugnisgesetz geben, sondern zwei Termine. Es wird auch mit Experten zu diskutieren sein. Da haben Sie dann die Möglichkeit, da haben wir dann die Möglichkeit, diese Positionen und Punkte Paragraph für Paragraph durchzusetzen.

Frau Kollegin Petrovic! Es kommt dann halt schon immer der Verdacht auf – Sie entschuldigen, wenn ich das hier sage –, dass es Ihnen nicht in erster Linie um die Rechte der Österreicher geht, dass es Ihnen nicht darum geht, verfassungsmäßige Bestimmungen zu diskutieren, sondern dass es Ihnen wieder einmal darum geht – diesmal über den Weg dieses Militärbefugnisgesetzes –, eine Institution zu kritisieren und auch zu kriminalisieren, denn Sie haben hier einige sehr schwere Vorwürfe gegen das österreichische Bundesheer erhoben, die letztlich durch ihre Leistungen – wir haben das ja gestern, zumindest mit Ausnahme Ihrer Fraktion, außer Streit gestellt – einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheit dieses Landes erbringt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich finde es schade, dass wir zumindest diesen Konsens in diesem Haus und auch in der österreichischen politischen Gesellschaft nicht herstellen können und dass es heute noch möglich ist – das war vor wenigen Wochen –, dass eine Landtagsabgeordnete der Grünen, eine ehemalige Kollegin des Abgeordneten Pilz, das österreichische Bundesheer, die Wehrdiener, Frau Kollegin Petrovic, abqualifiziert!

Ich hatte vor kurzem eine Angelobung vorzunehmen – es waren auch Angehörige dieses Hauses dabei –, bei der 600 Österreicher ihr Gelöbnis geleistet haben, die Republik Österreich und die Bevölkerung mit der Waffe, wenn es sein muss, zu schützen und zu verteidigen und ihre Gesundheit und ihr Leben – auch für Sie, für uns alle – einzusetzen.

Und wie wurden diese Wehrdiener von dieser Abgeordneten bewertet? – Sie hat gesagt: Die Wehrdiener, deren Alltag kennt man: dieses öde Im-Kreis-Laufen, blöde Lieder singen und sich besoffen in der Kantine noch blöder aufzuführen. (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich! Ganz unglaublich!) Die Wehrdiener werden – auch das ist hinlänglich bekannt – zum Saufen eingeladen und verführt. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Was hat das mit dem Geheimdienst zu tun, fragen Sie. – Das hat damit zu tun, dass wir uns dazu verständigen sollten, dass außer Streit stehen sollte, dass solche Abqualifizierungen von Österreichern, die sich in den Dienst des Staates gestellt haben, nicht zulässig sein sollten – weder für Landtagsabgeordnete noch für sonstige öffentliche Mandatare. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Kollegin Petrovic! Ich verwahre mich auch gegen die Unterstellungen, die Sie in Ihrer Präambel getätigt haben: dass jede Opposition gegen das Militär durch mich – Sie haben den Bundesminister für Landesverteidigung angesprochen – überwacht werden soll, dass freiheitliches Gedankengut und auch freiheitliche Personalwirtschaft ins Verteidigungsministerium Eingang gefunden haben.

Frau Kollegin Petrovic! Werte Kollegen von den Grünen! Ich bin nur einem verpflichtet, nämlich dem Auftrag, den das österreichische Volk, aber auch das österreichische Parlament mir als


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Verteidigungsminister gegeben haben: alles dafür zu tun, dass meine Institution dem Auftrag, den ihr die Bundesverfassung gegeben hat, bestmöglich gerecht wird, nämlich die Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes nach innen wie nach außen zu gewährleisten. Das ist mein Auftrag! Dem fühle ich mich verpflichtet! Sie wissen es ganz genau. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Die Sicherheit nach innen, das ist nicht Ihr Auftrag!)

Selbstverständlich ist der sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsatz – da Sie die Verfassung heute zitiert haben – auch eine Frage der Sicherheit nach innen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Dr. Petrovic –: Sie kennt sich überhaupt nichts aus! Eine ahnungslose Frau! Völlig ahnungslos!) Das österreichische Bundesheer hat hier eine ganz wichtige Aufgabe zu erfüllen; Frau Kollegin Petrovic, das wissen Sie ganz genau. In mehreren Hunderttausend Arbeitsstunden haben österreichische Grundwehrdiener, die angeblich nur blöd singen und saufen, im Dienste der inneren Sicherheit, bei Lawinenkatastrophen, bei Hochwasserkatastrophen, für die österreichische Bevölkerung ihren Einsatz geleistet. Das meine ich mit innerer Sicherheit, Frau Kollegin Petrovic! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben kritisiert, dass jetzt ein Militärbefugnisgesetz verabschiedet wird. Frau Kollegin Petrovic! Werte Kollegen von den Grünen! Sie sollten doch eigentlich froh sein darüber, dass jetzt endlich – endlich! – die militärischen Befugnisse auch auf eine gesetzliche Basis gestellt werden. Es war das Bestreben auch früherer Regierungen, diesen Bereich endlich auch gesetzlich zu regeln. Man kann über die einzelnen Bestimmungen diskutieren, einen unterschiedlichen Standpunkt einnehmen – Sie werden in den Ausschüssen ausreichend Gelegenheit haben, das darzulegen –, aber es ist dieser Bereich jetzt eindeutig festgehalten. Nicht nur die militärischen Dienste sind jetzt geregelt, sondern auch etwa die Frage des Waffengebrauchs.

Sie haben gesagt, ein ungeregelter Waffengebrauch finde statt. Ganz im Gegenteil! Jetzt ist der Waffengebrauch von Wachpersonal – von Wachpersonal, Frau Kollegin Petrovic! – von militärischen Liegenschaften geregelt, und zwar analog dem Sicherheitspolizeigesetz geregelt.

Es ist auch ein Leistungsrecht eingeführt, damit auch klar geregelt ist, wie im Einsatzfall – im Einsatzfall, Frau Kollegin Petrovic, nicht bei Übungen, wie das früher einmal der Fall war – ziviles Gerät und zivile Liegenschaften für den militärischen Gebrauch verwendet werden können. Das ist jetzt endlich gesetzlich geregelt.

Ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, dieses Militärbefugnisgesetz im Ministerrat zu beschließen. Jetzt liegt es in Ihren Händen, dieses Gesetz so rasch wie möglich, aber auch sehr intensiv zu diskutieren, und ich hoffe auf eine positive Abstimmung für diese Vorlage.

Hinsichtlich der nachrichtendienstlichen Tätigkeit, Frau Kollegin Petrovic, vergessen Sie auch immer dazuzusagen, dass sich die Kompetenzen des Abwehramtes und des Heeres-Nachrichtenamtes ausschließlich auf den militärischen Bereich, auf die militärische Sicherheit beschränken.

Das Heeres-Nachrichtenamt erbringt ausgezeichnete Leistungen bei der Informationsbeschaffung über das Ausland. Wir sind Gott sei Dank in der Lage, etwa für die Sicherheit unserer Truppen im Kosovo, unserer Soldaten im Kosovo Vorsorge zu betreiben, weil wir ein gutes Lagebild über die Situation in dieser Region haben.

Das Abwehramt ist zuständig für die militärische Sicherheit im Inland, Frau Kollegin Petrovic. Es bestehen also keine Überschneidungen mit der Sicherheitspolizei. (Abg. Dr. Petrovic: Was ist dann mit den "Müttern gegen Atomgefahren"?)

Da es immer so dargestellt wird, als erfolge die Tätigkeit ein bisschen in James-Bond-Manier: Natürlich, ich gebe schon zu, wenn man das Bundesheer in ein negatives Licht stellen möchte, dann eignen sich Nachrichtendienste ganz besonders dafür. Da hat man immer die Spionagefilme im Ohr und im Auge, in denen mit hochtechnisiertem Gerät ohne jede Schranken irgendwelchen bösen Agenten nachgejagt wird. Die Realität ist viel simpler, Frau Kollegin Petrovic. Sie wissen es, und alle, die schon entsprechende Anfragen gestellt und die Antworten meiner Vorgänger registriert haben, wissen es auch.


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Diese Nachrichtenbeschaffung erfolgt auf sehr herkömmliche Art und Weise. Und wenn ich das jetzt einmal nach meinem ersten Eindruck beurteile, so stelle ich fest: Jeder parlamentarische Klub oder auch die Austria Presse Agentur verfügen über ein besser geordnetes Informationssystem, über ein besseres Archiv – vor allem deshalb, weil es vollelektronisch ist –, als wir es derzeit noch im Bereich unserer Dienste zur Verfügung haben.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic, ich komme jetzt zu Ihren Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 3, wie es sich mit der Kritiküberwachung, mit der Überwachung von Kritik und Kritikern verhält:

Zur Frage 1 möchte ich sagen, dass auf der einen Seite Kritik an sich nicht überwachbar ist und dass wir auf der anderen Seite auch nicht vorhaben, Kritiker des österreichischen Bundesheeres zu überwachen, denn die nachrichtendienstliche Tätigkeit, Frau Kollegin Petrovic, bezieht sich ausschließlich auf den Fall, dass anzunehmen ist, dass vorsätzlich strafrechtliche Angriffe gegen Heeresgüter zu erwarten sind. Alles andere wird bei uns ganz normal wie auch in jedem parlamentarischen Klub archiviert. Das heißt, alle heeresrelevanten Artikel werden archiviert, alle heeresrelevanten Aussagen, ob sie jetzt positiv oder negativ sind, werden archiviert, nachrichtendienstliche Tätigkeit aber gibt es nur, wenn eben vorsätzlich strafrechtliche Angriffe auf Heeresgüter drohen.

Sie haben gefragt, wieso solch ein Heeresgut etwas Außergewöhnliches sei. Erstens einmal ist, glaube ich, international außer Streit gestellt, dass eben militärische Einrichtungen einen ganz besonderen Fall darstellen, und zweitens müssen Sie sich, Frau Kollegin Petrovic, schon die Folgen von derartigen Übergriffen vor Augen halten. Sie werden mir doch zustimmen, dass es sinnvoll ist, dass man, wenn etwa bekannt wird, dass irgendeine Gruppe plant, ein Munitionsdepot anzugreifen, zu plündern, dort Sprengstoffanschläge zu machen, rechtzeitig davon weiß und daher diese Heeresgüter absichern und damit vielfach Menschenleben retten kann. Das ist doch eine sinnvolle Tätigkeit, und das hat nichts damit zu tun, Frau Kollegin Petrovic, sich mit irgendwelchen karitativen Organisationen oder positiven Vereinen negativ auseinander zu setzen. (Abg. Dr. Petrovic: Die "Mütter gegen Atomgefahren" hätten auch schreckliche Folgen gehabt?!)

Deshalb erübrigt sich, glaube ich, die Antwort auf die Fragen 2 und 3. Es gibt kein Personal für die Überwachung von Kritikern, Frau Kollegin Petrovic. (Abg. Dr. Petrovic: Wie ist dann der Akt "Mütter gegen Atomgefahren" entstanden?)

Zur Frage 4:

Sie haben darin die Erläuterungen zum § 20 des Militärbefugnisgesetzes eingemahnt und kritisiert. Sie haben aber vergessen dazuzusagen – auch in Ihrer Wortmeldung –: dass bei diesen Formulierungen ein Anführungszeichen gesetzt ist. In die Erläuterungen des Gesetzes ist nämlich wortidentisch die Judikatur der Datenschutzkommission mit eingeflochten, weil wir eben sichergehen wollten, weil wir uns klar stützen wollten auf eine, wie ich glaube, außer Streit stehende Institution, eben die Datenschutzkommission. Und diese hat in Behandlung vergangener Fälle der militärischen Befugnisse wortidentisch diese Möglichkeiten eröffnet.

Aber ich sage es noch einmal – ich habe schon darauf hingewiesen –: Es werden alle militärrelevanten Informationen archiviert. Nachrichtliche Tätigkeiten werden nur bei strafbaren Handlungen aktiviert, jedoch keine Handlungen gesetzt. Auch das sollte man dazusagen. Wenn das österreichische Bundesheer, wenn das Abwehramt Kunde von nachweislich vorsätzlich strafbaren Handlungen bekommt, so werden sofort die Sicherheitsbehörden davon informiert und aufgefordert, entsprechende Handlungen zu setzen.

Zur Frage 5, ob es Ermittlungen gegen Autoren und Journalisten gibt:

Die Tätigkeit – ich brauche nicht noch einmal zu wiederholen, worauf sich die nachrichtendienstliche Tätigkeit bezieht – ist vor allem ereignisbezogen, und deshalb gibt es keine eigene Statistik über Personen und Personengruppen.


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Zur Frage 6:

Die S2-Abteilungen sind die Organe der militärischen Sicherheit auf der Truppenebene. Sie sind vor allem für den Objektschutz und den Personenschutz zuständig, und sie führen über diesen Bereich hinausgehend keine Ermittlungen durch.

Zur Frage 7:

Auch hiezu kann ich Ihnen sagen, dass wortidentisch die Formulierung der Datenschutzkommission umgesetzt worden ist, und ich darf noch einmal wiederholen, dass all diese Maßnahmen einzig und allein dem militärischen Schutz dienen.

Und wenn Sie fragen, wieso "(politische) Gruppierungen" – politisch steht zwischen Klam-
mern –, wieso also grundsätzlich Gruppierungen beobachtet beziehungsweise die Aktivitäten ausgewertet werden, muss ich Ihnen schon sagen: Es gibt in diesem Land einige Institutionen, private Vereine, die Ähnliches machen, die Organisationen, die politische Gruppierungen beobachten, die anscheinend auch Daten über Angehörige von politischen Parteien, von politischen Vereinen speichern und diese Daten und Informationen dann anscheinend dafür verwenden, diese Kandidaten, wenn es etwa um Kandidatenlisten geht, öffentlich mit der angeblichen oder tatsächlichen Vergangenheit oder Mitgliedschaft zu derartigen Vereinen zu konfrontieren. Mir ist keine gesetzliche Bestimmung bekannt, Frau Kollegin Petrovic, die derartige Maßnahmen rechtfertigt.

Sinn dieser Bestimmungen, Sinn dieser Maßnahmen ist ganz einfach, die militärische Sicherheit klarzustellen. Ich bringe Ihnen ein paar Beispiele: Es ist für uns von Belang, halbwegs – man kann es nie ausschließen – sicherzustellen, dass niemand in den Dienst des österreichischen Bundesheeres kommt, ob als Grundwehrdiener oder als Heeresangehöriger, der etwa einer extremistischen Organisation angehört oder angehört hat. Es ist für uns von Bedeutung – wenn ich etwa an den Einsatz des österreichischen Bundesheeres an unserer Grenze zum ehemaligen Jugoslawien erinnere –, zu wissen, ob ein österreichischer Staatsbürger Verwandtschaftsverhältnisse im Krisenraum hat, ob er vielleicht auch hier in Österreich einer Organisation angehört, wo der Verdacht aufkommen könnte, dass der Einsatz dieses Soldaten in diesem Krisenraum gefährlich oder zumindest nicht zielführend ist.

Das sind die Punkte, die hier zu untersuchen sind, Frau Kollegin Petrovic, und ich meine, das ist im Bereich der militärischen Sicherheit nicht nur gerechtfertigt, sondern absolut notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bringe Ihnen auch noch einige Beispiele dafür, worum es geht, wenn etwa Flugzettel oder Handbücher ausgewertet werden. Es gab in der Vergangenheit und gibt leider noch immer Gruppierungen – und dazu brauche ich ja nicht einmal die Erkenntnisse des Abwehramtes oder anderer Dienste oder der Staatspolizei heranzuziehen, das alles ist ja letztlich auch öffentlich geworden –, die nicht nur gewaltfrei gegen das Bundesheer, gegen die militärische Landesverteidigung agierten und agieren. Und wenn es Handbücher gibt, in denen Anleitungen dafür gegeben werden, wie man etwa den Flug von Luftraumüberwachungsflugzeugen – damals der Draken – stören, unterbinden könnte, was letztlich auch, Frau Kollegin Petrovic, zum Absturz dieser Flugzeuge und zum Tod der Piloten führen könnte, dann ist das militärisch relevant. Aber nicht so sehr deswegen, damit man dann gegen die Autoren vorgeht – ich sage es noch einmal: das ist Sache der Sicherheitspolizei –, sondern damit man rechtzeitig Vorsorge trifft, dass eben ein derartiger Unfall nicht passieren kann.

Und wenn es eine Institution, eine Gruppe gibt, die gegen den Assistenzeinsatz an der burgenländischen Grenze entsprechende Handlungen ankündigt und Maßnahmen setzt und wenn dann auch tatsächlich Heereshubschrauber mit Leuchtmunition von angeblich friedlichen Demonstranten beschossen werden, was auch zum Tod der Piloten hätte führen können, dann ist das militärisch relevant und dann ist es notwendig, Vorsorge zu treffen, dann ist es notwendig, auch derartige Informationen im Sinne des Lebens unserer Soldaten, aber auch der Bevölkerung, die in Mitleidenschaft gezogen hätte werden können, zu untersuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Zur Frage 8,
über wie viele in Österreich ansässige Personen es Akte in den Ämtern gibt:

Dazu kann ich Ihnen sagen, dass grundsätzlich jedes Vorhaben – das ist aber in allen öffentlichen Dienststellen so – in einem Akt festgehalten und damit mit einer Aktenplanzahl versehen wird. Das schreibt die Kanzleiordnung vor. Diese Akte sind aber nicht personenbezogen, sondern umfassen beispielsweise, wie schon gesagt, eine Ordensverleihung, dienstrechtliche Angelegenheiten, ob jemand Einsicht in seinen Akt verlangt hat, Tätigkeiten, Veranstaltungen und Informationen etwa über solche Dinge, die ich gerade geschildert habe. Die Gesamtzahl dieser Aktenstücke war in der kurzen Zeit nicht abfragbar, aber es wird in Kürze im Bereich der Landesverteidigung einen Kontrollausschuss geben, in dem wir die entsprechenden Informationen liefern werden.

Sie haben in der Frage 9 gefragt, ob die Grünen und der grüne Parlamentsklub beobachtet werden:

Ich sage noch einmal: Heeresnachrichtendienstliche, abwehramtliche Tätigkeiten, also Handlungen würden nur dann gesetzt werden, wenn Angehörige des grünen Klubs oder der grüne Klub insgesamt vorsätzlich strafbare Handlungen begehen würde. Ich gehe nicht davon aus, dass das derzeit oder in Zukunft der Fall sein wird, deshalb kann ich diese Frage mit Nein beantworten.

In der Frage 10 erkundigen Sie sich danach, über wie viele Mitglieder des Nationalrates es Akten gibt:

Im Heeres-Nachrichtenamt gibt es meiner Information nach einen Akt, weil es ein ehemaliges Mitglied des Heeres-Nachrichtenamtes im Parlament gibt, und im Wege der Sicherheitsüberprüfung wird über derartige Mitarbeiter ein Akt angelegt. Das ist im Bereich des Heeres-Nachrichtenamtes. Im Bereich des Abwehramtes werden keine Untersuchungen über Abgeordnete zum Nationalrat angestellt, Frau Kollegin Petrovic! Es gibt aber zum Beispiel einen Akt über einen Wachtmeister der Miliz Scheibner, weil ich im Zuge meiner Miliztätigkeit auf freiwilliger Basis eine Sicherheitsauskunft gegeben habe, so wie es bei allen Milizsoldaten üblich ist. Ich sage auch noch einmal dazu: zur Sicherheit, der wir alle verpflichtet sein sollten. Damit soll sichergestellt werden, dass keine problematischen Personen in den Dienst der Landesverteidigung gestellt werden.

Innerhalb der kurzen Zeit ist es aber auch nicht möglich gewesen – ich glaube, es ist auch nicht sinnvoll –, zu eruieren, wie viele Milizsoldaten es im Nationalrat gibt. Ich sage es noch einmal: Es gibt keine eigenen Untersuchungen über Abgeordnete zum Nationalrat im Bereich des Abwehramtes.

In Ihren Fragen 11 bis 13 wollen Sie wissen, ob das österreichische Bundesheer über so genannte IMSI-Catcher verfügt:

Es handelt sich dabei um Geräte, die es ermöglichen, nachzuforschen, ob in einem gewissen Raum eine Handyverbindung funktioniert. Ich erinnere daran, dass wir diese Problematik auch in unseren Nachrichten-Kontrollausschüssen gehabt haben, und ich glaube, dass auch dort derartige Geräte zur Verfügung stehen. Diese IMSI-Catcher sind aber von einer besseren technischen Ausreifung, wie ich mir berichten habe lassen, denn nun ist auch die Nummer des in diesem Raum verwendeten Handys abrufbar. Aber derartige IMSI-Catcher befinden sich nicht im Dienste oder im Eigentum oder in der Verwendung des österreichischen Bundesheeres. – Dadurch erübrigen sich die Fragen 12, 13 und 14.

Zur Frage 15, zu den Mitarbeitern des Kabinetts des Bundesministers:

Hiezu kann ich Ihnen die Vorinformation geben, dass das Kabinett des Verteidigungsministers keine politische Institution ist, sondern eine militärische. Ich habe, mit einer Ausnahme, das gesamte Kabinett meines Vorgängers übernommen. Ich habe niemanden nach seiner politischen Gesinnung gefragt. Ich weiß, dass all diese Bediensteten so wie alle Heeresangehörigen auf freiwilliger Basis eine Sicherheitsüberprüfung bestanden haben, und es hat bei keinem dieser


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Mitarbeiter einen Ausschlussgrund gegeben, denn sonst hätte er keine Anstellung beim österreichischen Bundesheer bekommen.

Zur Frage 16: nein.

Deshalb entfällt die Beantwortung der Frage 17.

Zur Frage 18: nein.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es, so glaube ich, unser aller Grundsatz sein sollte, dass jeder frei und unbeeinflusst seiner politischen Gesinnung, so weit sie sich im demokratischen Spektrum bewegt, nachkommen darf, soll und muss. Ich sage es noch einmal: Ich habe, obwohl ich alle Mitarbeiter übernommen habe, niemanden in meinem Kabinett gefragt, welcher politischen Partei er vielleicht angehört, welcher politischen Gesinnung er angehört. Das wäre Gesinnungsterror, und das liegt mir fern. Es wundert mich, dass Sie eine derartige Frage an mich gestellt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deshalb entfällt die Beantwortung der Frage 19.

Zur Frage 20 habe ich schon in meinen allgemeinen Ausführungen Stellung genommen.

Ich sage es noch einmal: Für mich als ehemaligen Parlamentarier, aber auch als Verteidigungsminister ist es wichtig, eine möglichst umfangreiche und intensive Debatte über Gesetzesmaterien zu ermöglichen. Ich bin selbstverständlich gerne bereit, bei all den Terminen, die Sie als Volksvertreter mir vorgeben, dabei zu sein und auch das Militärbefugnisgesetz ganz intensiv und detailliert auch mit Experten zu diskutieren. Ich glaube, das sollte in unser aller Interesse sein, damit es in Zukunft nicht möglich ist, dass man durch einen möglicherweise falschen Informationsstand eine Institution in den Graubereich der Rechtsmaterien stellt, die in Wirklichkeit nur dazu da ist, den Dienst unserer Soldaten so gut wie möglich zu gewährleisten. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung Grüne –: Nicht so viel James Bond schauen! Grüne-Grüne-Sieben!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir ein Rechtsproblem lösen müssen. Frau Abgeordnete Dr. Petrovic wünscht das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung, die aber nur im Laufe einer Debatte möglich ist. Die Ausführungen des Herrn Bundesministers sind aber außerhalb der Debatte. Ich erkläre jetzt nämlich, dass wir nunmehr in die Debatte eingehen, wobei jeder Klub eine Redezeit von 25 Minuten hat und kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf.

Ich bin mir aber nicht sicher, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, ob wir nicht vor Jahren doch eine tatsächliche Berichtigung zu einer Wortmeldung eines Regierungsmitglieds zu einer Dringlichen Anfrage ermöglicht haben. Ich möchte das aber prüfen, bevor ich eine Entscheidung treffe. Ich bitte um Verständnis. (Abg. Dr. Petrovic: Ich habe mich damals gewundert, aber bitte!) Es gibt auch nicht den Anspruch, dass die tatsächliche Berichtigung sofort erfolgen muss. Ich könnte, wenn die Prüfung anders verläuft, etwas später das Wort zur tatsächlichen Berichtigung erteilen.

Wir gehen daher, wie gesagt, in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: "00Pilz"!)

15.49

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schlage vor, gleich in die Praxis der Sicherheitsüberprüfung oder Verlässlichkeitsüberprüfung, wie das in Zukunft vielleicht heißen wird, einzusteigen.


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Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise auf eine der letzten Fragen erklärt: Wir haben eine Sicherheitsüberprüfung auch bei uns im Kabinett durchgeführt, bei der alle durchgekommen sind.

Dazu möchte ich einige zusätzliche Hinweise geben, damit wir uns einmal von der Qualität dieser Sicherheitsüberprüfungen im Kabinett ein Bild machen können. Ich beginne mit der Schilderung des politischen Lebensweges einer Person, deren Dienst nicht im Kabinett des Bundesministers für Landesverteidigung begonnen hat.

Ein gewisser Günther Enzendorfer war Anfang der neunziger Jahre Teil einer Gruppe mit eindeutig rechtsextremen Verbindungen, und zwar dem so genannten Siegfried-Kopf-Komitee. Diesem Siegfried-Kopf-Komitee gehörte auch eine Gruppe anderer Leute an. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Ihr Lebensweg führte sie fast gleichzeitig sowohl zur Freiheitlichen Partei als auch zum Heeres-Nachrichtenamt, und in beiden Bereichen haben sie bemerkenswerte Tätigkeiten entfaltet.

Enzendorfer wurde im freiheitlichen Parlamentsklub Volksgruppenreferent, Referent für Geheimdienstausschüsse und einiges andere mehr. Am 13. März 1992 wurde er an der slowenischen Grenze unter dem Verdacht angehalten, 20 000 Schuss Maschinenpistolenmunition illegal über die Grenze bringen zu wollen. Des Weiteren führte er eine Glock-Pistole mit elf Schuss Munition illegal mit sich. Er wurde von den slowenischen Behörden festgenommen und wollte telefonisch nur mit einer einzigen Person sprechen, nämlich mit einem gewissen Herrn Helmut Stubner, ebenfalls Mitglied des Siegfried-Kopf-Komitees, der im Jahr 1992, wie später bekannt wurde, Agent des Heeres-Nachrichtenamtes mit zwei besonderen Tätigkeitsfeldern war: Südtirol und ehemaliges Jugoslawien, insbesondere Slowenien und Kroatien.

Ein Südtiroler Staatsanwalt stellte kurze Zeit später eine Festplatte sicher, die sich in Stubners Besitz befunden hatte, auf der genaue Pläne über die Bewaffnung so genannter Widerstands- und Befreiungsgruppen in Südtirol, in Slowenien und in Kroatien aufgezeichnet waren. Der Zusammenhang schien auch damals den Sicherheitsbehörden klar zu sein. Die 20 000 Schuss Maschinenpistolenmunition passen sehr gut zu den Plänen von Enzendorfers Partner im Siegfried-Kopf-Komitee. (Bundesminister Scheibner: Haben Sie Frau Stoisits gefragt?) Die Organisation, die für diese Aktion gegründet wurde, hieß Österreichisch-Slowenische Gesellschaft, und einige andere polizeibekannte Rechtsextremisten waren Mitglieder. Es gelang unter Vorspielung großer österreichisch-slowenischer Freundschaft sogar für eine kurze Zeit, durchaus respektable Personen des öffentlichen Lebens als Mitglieder zu gewinnen, die, nachdem die Aktivitäten dieser Gruppe bekannt wurden, diesen Verein wieder verlassen haben.

Am 25. August 1994 wurde Enzendorfer nach dem Kriegsmaterialgesetz rechtskräftig verurteilt. Er nahm das Urteil an. Es besteht ein eindeutiges und rechtskräftiges Urteil eines österreichischen Gerichtes in Bezug auf ein Gesetz, das durchaus für das Bundesheer, das Militär und für die Verteidigung relevant ist.

Meine Damen und Herren! Die Spur einer Person mit dem Namen Enzendorfer verliert sich gegen Ende des letzten Jahres. An ihrer Stelle tritt ein Günther Barnet auf. Günther Enzendorfer hat geheiratet und einen anderen Namen angenommen. (Bundesminister Scheibner: Das ist hoffentlich kein Verbrechen!) Unter diesem Namen ist er heute persönlicher Pressereferent des Verteidigungsministers. Es ist ein weiter Weg vom Komitee Siegfried-Kopf unter einem neuen Namen im Kabinett des Verteidigungsministers. (Bundesminister Scheibner: Menschenjagd ist das!)

Günther Enzendorfer ist nicht irgendjemand. Als die österreichische Polizei in der Causa Briefbomben ermittelte, stellte sie bei einer Hausdurchsuchung eine lange Adressenliste österreichischer und internationaler Rechtsextremisten und Neonazis sicher. Diese Liste umfasst den Kopf der deutschen Neonazis Ewald Althans, den Friedhofschänder Anderle, die Rechtsextremisten Drechsler und Dürr. Auf Seite 3 befindet sich bereits Günther Enzendorfer (Bundesminister Scheibner: Letztklassig!), aber auch Abgeordneter zum Nationalrat Harald Fischl. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Eine Seite weiter liest man die Namen des unga


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rischen Neonaziführers Istvan Györkos, Gerd Honsik, Gottfried Küssel, Hans Georg Ley und vieler anderer. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind wirklich witzig! Ich habe mir gedacht, Sie haben keinen Schmäh mehr, dabei haben Sie doch einen!) Auch Tobias Portschy, Günther Reinthaler und Franz Radl, der inzwischen wegen Wiederbetätigung verurteilt worden ist, sind erwähnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Bist du narrisch, da bleibt mir die Spucke weg!) Auch Helmut Stubner findet sich in dieser von der Polizei sichergestellten und von der Staatspolizei untersuchten und für authentisch befundenen Liste.

Jetzt hat der Bundesminister für Landesverteidigung eine Sicherheitsüberprüfung im Ressort durchgeführt. (Bundesminister Scheibner: Das habe ich nicht gesagt!) Dürfen wir uns jetzt erwarten, dass Sicherheitsüberprüfungen so ausschauen, dass es künftig für Leute mit einer Vorstrafe (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt müssen wir mit Fischl reden!) auf Grund des Kriegsmaterialgesetzes, mit engen Beziehungen zu Rechtsextremisten, einschlägigen Tätigkeiten und dazu passenden Verbindungen in den Bereich der militärischen Nachrichtendienste – trotz Sicherheitsüberprüfung – einen Platz an der Spitzte des Ressorts gibt? (Abg. Mag. Trattner: Was sich der GAK erlaubt, Fischl als Präsident zu nehmen! – Abg. Ing. Westenthaler: Ist der ganze GAK rechtsextremistisch?)

Jetzt lese ich in den Erläuterungen zum Militärbefugnisgesetz, was der Minister eigentlich will. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Darin steht: Als nicht verlässlich soll eine Person jedenfalls dann gelten, wenn sie durch ein inländisches Gericht wegen bestimmter Straftaten mit militärischer Relevanz rechtskräftig verurteilt wurde. – Das Kriegsmaterialgesetz ist eindeutig ein Gesetz mit militärischer Relevanz, und es liegt eine rechtskräftige Verurteilung vor. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Scheibner. ) Nur die Änderung des Namens kann doch nicht das Problem sein.

Der Herr Bundesminister könnte sagen: Ich wusste nicht, dass Herr Barnet der ehemalige Herr Enzendorfer ist. Warum hat dann aber heute am frühen Nachmittag im Bundesministerium für Landesverteidigung eine Sitzung gemeinsam mit Herrn Barnet alias Enzendorfer zur Vorbereitung dieser Anfragebeantwortung stattgefunden? (Abg. Ing. Westenthaler: Beim GAK!) Warum ist Herr Barnet nach der Besprechung dieser Causa hier ins Haus zitiert worden? (Abg. Mag. Trattner: Wegen Fischl!) Was ist denn am Nachmittag im Bundesministerium für Landesverteidigung und im Kabinett vorbesprochen worden? – Unsicherheit über Unsicherheit! (Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin dafür, dass Fischl wieder GAK-Präsident wird!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns hier zusätzliche Sicherheit schaffen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin dafür, dass Fischl wieder GAK-Präsident wird!) Ich komme zum Schluss: Ich habe die große Befürchtung, dass die Überwachung auf Grund der neuen Nachrichtendienstgesetze dieser Republik einem klaren politischen Ziel dienen (Abg. Ing. Westenthaler: Wie Fischl GAK-Präsident war, wären sie fast Meister geworden!): Kritiker der militärischen Landesverteidigung, kritische Journalistinnen und Journalisten, Menschen, die nicht so denken wie die jetzige Spitze des Bundesministeriums für Landesverteidigung, sollen jetzt auch – mit gesetzlicher Grundlage – ins Fadenkreuz der militärischen Ermittler geraten. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind schuld, dass der GAK nicht mehr gewinnt!)

Meine Damen und Herren! Dabei gibt es ein sehr großes Problem. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind schuld, dass der GAK nicht mehr gewinnt!) Im Gegensatz zum Bundesministerium für Inneres, für dessen Staatspolizei auch die Strafprozessordnung und die Ordnung der österreichischen Gerichte gilt, handelt es sich bei den militärischen Nachrichtendiensten um Organisationen, die völlig anderen Gesetzen gehorchen. Beim ersten Entwurf zum Militärbefugnisgesetz, der leider auch eine, wenn auch mit schlechtem Gewissen getragene, sozialdemokratische Handschrift enthielt, wurde uns noch gesagt: Der Ernstfall wird nicht eintreten, dass jene, vor denen wir diese Republik zu Recht politisch schützen sollen, die Spitze des Landesverteidigungsressorts und damit auch die Macht über die militärischen Geheimdienste übernehmen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Genau das, meine Damen und Herren, ist aber passiert. Dieser Ernstfall ist eingetreten. Wir werden noch oft Gelegenheit haben, uns damit auseinander zu setzen.


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24. Sitzung / Seite 106

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlusssatz! (Abg. Ing. Westenthaler: Ihre Zeit ist um, Herr Pilz!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Aber ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren (Bundesminister Scheibner:  ... Menschenjagd!), in dieser Frage wachsam zu sein und dafür zu sorgen, dass im Kabinett des Bundesministers, auch wenn ein Freiheitlicher an der Spitze des Ressorts steht, weder Personen mit rechtsextremen Verbindungen noch Personen mit einschlägigen Vorstrafen Dienst versehen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Es lebe der GAK!)

15.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde mir berichtet, dass in der Präsidialsitzung vom 9. Mai 1985 festgehalten wurde, dass tatsächliche Berichtigungen auch zur Beantwortung einer Dringlichen Anfrage möglich sind.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, erwähnen Sie zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt und stellen Sie dem dann den tatsächlichen Sachverhalt gegenüber. – Bitte.

16.00

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Hohes Haus! Ich berichtige den Bundesminister in zwei Punkten. Herr Bundesminister Scheibner hat gesagt, es gäbe keine Akten über Angehörige dieses Hauses – mit Ausnahme eines ehemaligen Angehörigen der Dienste und seine eigene Person. (Bundesminister Scheibner: Das stimmt nicht! – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat er nicht gesagt! Das hat er nicht gesagt! Das hat er nicht gesagt!)

Ich berichtige Herrn Bundesminister Scheibner tatsächlich: Ich habe mit eigenen Augen die Kopie des Aktes über Frau Mag. Doris Pollet-Kammerlander gesehen, sodass dieser Akt sehr wohl angelegt worden sein muss. (Abg. Böhacker: Das ist die Unwahrheit, was Sie behaupten!)

Zweiter Punkt: Herr Bundesminister Scheibner hat gesagt, es hätte einen gerechtfertigten Einsatz im Zusammenhang mit einer Kundgebung gegeben, gerichtet gegen den ersten Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der burgenländischen Grenze im Sommer 1990.

Dies war – und das ist rechtskräftig ausjudiziert – nicht gerechtfertigt. Es gab im Zusammenhang mit dieser angemeldeten Kundgebung einen Exekutiveinsatz, der sich unter anderem gegen mich richtete. (Abg. Jung: War dieser Einsatz in Ihrem Bauernhof oder an der Grenze?) Das Verfahren gegen mich – damals war ich nicht immun – ist rechtskräftig eingestellt worden, wo hingegen ich mit meiner Beschwerde gegen die Republik Österreich vollinhaltlich obsiegt habe. Die Republik Österreich musste mir in diesem Zusammenhang meine Prozesskosten ersetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sind sie verurteilt wegen Besitzstörung?)  – So viel zum "Wahrheitsgehalt" der Aussagen des Bundesministers. (Beifall bei den Grünen.)

16.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.02

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Meine Damen und Herren! Ich möchte nur Folgendes – andere Redner meiner Fraktion werden wahrscheinlich noch auf die Debattenbeiträge des Kollegen Pilz eingehen – auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Petrovic replizieren:

Sie, Frau Abgeordnete Petrovic, haben gesagt, ich hätte hier falsch geantwortet, denn Sie wüssten, dass es über Frau Mag. Pollet-Kammerlander einen Akt im Abwehramt gäbe. – Zum einen ist Frau Mag. Pollet-Kammerlander meines Wissens – vielleicht hat sich seit kurzem etwas geändert – kein Mitglied dieses Hauses. Zum Zweiten habe ich gesagt, dass meines Wissens im Heeres-Nachrichtenamt über ein Mitglied dieses Hauses ein Akt existiert, dass ich aber nicht sagen kann, wie sich das im Abwehramt darstellt.


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24. Sitzung / Seite 107

Wenn Sie, Frau Abgeordnete Petrovic, mir zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich Ihnen gesagt habe, dass es keine Untersuchung gegen Abgeordnete zum Nationalrat von Seiten des Abwehramtes gibt, dass ich aber davon ausgehe, dass, so wie ich selbst als Milizsoldat einen Fragebogen betreffend Sicherheitsüberprüfung abgeben musste, das auch alle anderen Milizsoldaten, die diesem Haus angehören, getan haben, und dann wird es auch über diesen Fragebogen einen Akt geben. Ich wäre froh darüber, Frau Kollegin Petrovic, wenn es sehr viele sind, die sich auch als Abgeordnete zum Nationalrat im Dienste der Landesverteidigung entsprechend eingesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Die Frage war nach den Diensten! Die Frage war nach den Diensten! Die Frage 9 war nach den Diensten gerichtet! Dann haben Sie falsch geantwortet!)

Ich habe in Heeres-Nachrichtenamt und Heeres-Abwehramt unterteilt. Es gibt im Heeres-Nachrichtenamt einen Akt; vom Abwehramt kann ich Ihnen die Zahlen nicht nennen. Wenn Sie das nicht verstehen wollen, Frau Abgeordnete Petrovic, so ist das nur ein Indiz dafür, dass Sie letztlich keine sachliche Diskussion wollen – und das bedauere ich. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Pilz! Ich möchte ganz eindeutig gegen Ihre Vorgangsweise Protest erheben. In dieser Dringlichen Anfrage sollte es darum gehen – ich habe auch eingangs gesagt, es ist selbstverständlich ein legitimes Anliegen, darüber zu diskutieren –, wie das Militärbefugnisgesetz, wie die Arbeit unserer Nachrichtendienste geregelt sind; das sei Ihr Anliegen.

Sie haben aber jetzt in Ihrer Rede von mehr als zehn Minuten fast die gesamte Redezeit dazu verwendet, einen meinen Mitarbeiter zu diskreditieren. (Abg. Dr. Jarolim: Entschuldigen Sie bitte ... !) Das, meine Damen und Herren, weise ich auf das Schärfste zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das ist unerhört!)

Wie es sich verhält, meine Damen und Herren, werden Kollegen noch darstellen; ich möchte diese Debatte jetzt nicht verlängern. Sollte noch etwas offen bleiben, Herr Kollege, werde ich mich selbstverständlich noch einmal zu Wort melden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: Ob Sie dem Parlament zu Frage 16 die Wahrheit gesagt haben! – Abg. Edlinger: Entweder hat der Pilz gelogen oder der Scheibner! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Es ist unerhört, dass ein Abgeordneter hinausgeschrien hat, ein Minister hat "gelogen"! So ein Primitivling! So ein primitiver Mensch! Das ist unglaublich! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie Gegenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.05

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Da die Debatte von Seiten des freiheitlichen Klubs im Zusammenhang mit dieser Anfragebeantwortung auf das Niveau von "Primitivling" und anderen Ausdrücken in Zwischenrufen kommt, ersuche ich dringend zur Abkühlung der Gemüter um eine kurze Unterbrechung und darum, eine Präsidiale einzuberufen.

16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ein Diskussionsbeitrag zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Westenthaler. – Bitte.

16.05

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich sehe überhaupt keinen Anlass, die Sitzung zu unterbrechen, weil es diesen eben nicht gibt. Ich verlange für den Zwischenruf des Abgeordneten Edlinger, der dem Minister vorgeworfen hat, "gelogen" zu haben, so, wie es sich in diesem Haus gehört, einen Ordnungsruf. (Beifall


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bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Sie haben die Frage wahrheitswidrig beantwortet! – Abg. Edlinger: Einer muss gelogen haben!)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

16.06

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, dass es auf Grund dieser Entwicklung wirklich notwendig ist, eine kurze Präsidiale abzuhalten, um das zu reflektieren und aufzuarbeiten. Ich würde den Herrn Präsidenten ersuchen, diesem Ersuchen stattzugeben. (Abg. Haigermoser: Benehmt euch ordentlich, dann müssen wir nicht unterbrechen!)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erstens fühle ich mich durchaus in der Lage, diese Sitzung weiterzuführen. Daher werde ich jetzt keine Präsidiale einberufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens habe ich den Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Edlinger so verstanden, dass er gesagt hat, es hat entweder der eine oder der andere gelogen. Im Hinblick darauf, dass wir in der nächsten Präsidialsitzung darüber reden werden, dass hier für Ausdrücke wie "Stalinist" "Linksfaschist" und "Obervernaderer" kein Ordnungsruf erteilt wurde (Abg. Ing. Westenthaler: Wann war das?), werde ich auch diese Frage erst prüfen, bevor ich einen Ordnungsruf erteile.

Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Gaál zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Posch  – in Richtung des Bundesministers Scheibner –: Haben Sie die Frage 16 wahrheitsgemäß beantwortet? Das ist die Frage! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Wenn es noch weitere Kritik an der Vorsitzführung gibt, werde ich das tun, was Kollege Prinzhorn sofort bei Kritik an seiner Vorsitzführung getan hat, nämlich einen Ordnungsruf erteilen.

Kollege Gaál, Sie haben das Wort!

16.07

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Man kann mit den Aussagen des Kollegen Pilz einer Meinung sein oder auch nicht. Wir wissen, dass er sehr spektakulär und öffentlichkeitswirksam auftritt, sich so präsentiert. Man kann über die Form verschiedenster Meinung sein, aber der Inhalt, den er heute dargelegt hat, ist sehr ernst zu nehmen. (Abg. Jung: Weil er stimmt?) – Richtig.

Herr Bundesminister! Ich glaube, dass Ihre Wortmeldung nicht als Klarstellung verstanden werden kann. Ich würde Sie um Folgendes ersuchen – und ich fordere auch in dieser gegenständlichen Frage mehr Aufklärung und Informationen in den nächsten Tagen –: Herr Bundesminister! Wenn ich richtig gehört habe, haben Sie die Frage 16 mit einem Nein beantwortet. Ich ersuche Sie daher, zu klären, ob Sie der Auffassung sind, die Frage wirklich der Wahrheit entsprechend beantwortet zu haben – oder ob ich und meine Kollegen sich verhört haben.

Nun zurück zum Grund dieser Dringlichen Anfrage. Meine Damen und Herren! So sehr wir das Bemühen, nach jahrzehntelangem rechtlosen Zustand der militärischen Dienste nun endlich eine rechtliche Grundlage für das militärische Handeln dieser Dienste zu schaffen, begrüßen, muss doch gesagt werden, Herr Bundesminister, dass die vorliegende Regierungsvorlage dafür keine eindeutige, klare und ausreichende gesetzliche Regelung schafft, denn es werden wesentliche rechtsstaatliche Prinzipien systematisch verletzt.

So zum Beispiel können Journalisten an ihrer Pflicht der Berichterstattung ge- oder behindert werden. Personenkontrollen können durchgeführt werden. Und das stört mich als jemanden, der jahrzehntelang im Sicherheitsbereich tätig war und auch sehr vertrauliche Funktionen innehatte, besonders. Es stört mich, dass man Personen ohne Angabe von Gründen überprüfen kann.

Allein die Annahme, dass von einer Person eine Gefahr für die Erfüllung der Aufgaben und der militärischen Aufgaben, was immer man damit meint, ausgehen würde, reicht schon dafür aus. Es gibt in diesem Gesetzentwurf – wir haben mit dem damaligen Regierungspartner monatelang konstruktiv und sehr engagiert gearbeitet, uns bemüht und uns mit dieser Frage beschäftigt –,


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das müssen wir nunmehr leider feststellen, mehr Befugnisse, mehr Eingriffsrechte, aber keine ausreichende Kontrolle. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns geht es bei unserer langjährigen Forderung vor allem darum, dass die Tätigkeit der militärischen Nachrichtendienste nicht nur auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird, sondern dass vor allem die parlamentarische Kontrolle verstärkt und noch wirkungsvoller gestaltet wird. Aber nichts von dem ist der Fall!

Herr Bundesminister Scheibner, leider haben Sie auch nicht Recht, wenn Sie sagen, es gibt eine klare Trennung zwischen militärischem und nichtmilitärischem Bereich. Daher würde ich meinen, dass auch da Klarheit geschafft werden muss. Ganz klar möchte ich daher festhalten: Es besteht kein Bedarf, und es ist nicht notwendig, dass neben der Staatspolizei noch ein zweiter Geheimdienst vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Vorwürfe laut werden, dass wir dieses Gesetz, das wir immer wieder verlangt haben, prinzipiell ablehnen, so gehen diese Vorwürfe völlig an der Wahrheit vorbei. Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Uns geht es darum, dass die militärischen Nachrichtendienste auf klar beschriebene, auf klar umrissene Aufgabengebiete beschränkt bleiben, das heißt, dass die nachrichtendienstliche Tätigkeit des HNA beispielsweise auf die Beobachtung der Sicherheitslage im Ausland beschränkt bleibt und die Arbeit der militärischen Abwehr ausschließlich innerhalb des österreichischen Bundesheeres stattfinden soll – und mit dem Kasernentor ihr Ende finden muss. Es geht ganz einfach darum, eine Vermengung von militärischen und polizeilichen Aufgaben zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! In Ihrem Entwurf gibt es keine verlässliche Abgrenzung zur Sicherheitspolizei. Wenn aber nicht ausreichend zwischen militärischem und nichtmilitärischem Bereich unterschieden werden kann, können die Heeresdienste nach wie vor gegen jeden Österreicher, gegen jede Österreicherin ermitteln, verdeckt ermitteln (Zwischenruf des Abg. Jung )  – auch mittels des kleinen Lauschangriffes, Kollege Jung! Das müssen Sie auf Grund Ihrer beruflichen Vergangenheit besonders wissen. Darüber können auch Aufzeichnungen geführt werden – und das wollen wir ganz einfach nicht, Herr Kollege Jung! (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Vorschlag war: In Anlehnung an die deutsche Regelung haben wir immer wieder die Auffassung vertreten, dass eine Einschränkung des Personenkreises, gegen den ermittelt werden darf, Platz greifen muss. Im Übrigen haben wir immer wieder auf die Befugnisse der Sicherheitsbehörden hingewiesen, darauf, dass es da, wenn überhaupt notwendig, ein geordnetes und kontrolliertes Nebeneinander geben muss. – Das ist aber auch nicht der Fall.

Wenn man das Gesetz durchliest – ich habe es mir ganz genau angeschaut, weil ich mich seit Monaten mit dieser Materie befasse –, Herr Bundesminister, kann man feststellen, dieses Gesetz trägt sehr deutlich die Handschrift der Österreichischen Volkspartei. Da hat sich der kleine Koalitionspartner vollinhaltlich durchgesetzt. Sie sitzen heute hier als Vollzugsorgan und müssen dieses Gesetz vertreten. Dieses Gesetz wird durch alle Gremien dieses Hauses durchgepeitscht, Herr Bundesminister! Sie werden nie die Chance haben, das mit uns ausführlich zu diskutieren und zu erörtern; da wird nicht einmal ein Beistrich geändert werden. Das wird so durchgesetzt, wie es Herr Khol immer wieder in Gesprächen und Diskussionen verlangt hat. Verschärfungen und Verschlechterungen haben Platz gegriffen. Daher kann ich diesem Gesetz keine wie immer geartete Zuneigung abgewinnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da hier schlagkräftig von der "Lizenz zum Lügen" gesprochen wird, muss ich sagen: Leider wird dem wirklich Rechnung getragen. Es hat schon seinerzeit bei den Gesprächen zwischen SPÖ und ÖVP völligen Dissens gegeben. Die ÖVP war da für keinerlei Einschränkungen zu haben; sie trat für eine umfassende, verdeckte Ermittlung ein, was nunmehr in diesem Entwurf ihren Niederschlag gefunden hat.

Meine Damen und Herren! Für mich ist unverständlich, dass es notwendig ist, dass Behörden Urkunden ausstellen müssen, um über die Identität einer Person zu täuschen. Das ist nicht einmal im Bereich der organisierten Kriminalität notwendig, daher besteht auch da kein Bedarf. (Abg. Jung: Haben Sie noch nie etwas von "verdeckter Ermittlung" gehört?) Sie können wirklich keine sachliche Begründung dafür liefern. Haben Sie schon einmal ein falsches Dokument ge


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braucht? Haben Sie schon einmal in Ihrer Tätigkeit als Nachrichten-Mann als Arzt, als Rechtsanwalt oder als Journalist auftreten müssen? – Das ist in der Republik Österreich nicht notwendig! Wir brauchen diese "Lizenz zum Lügen" nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Ich will nicht unfair sein, aber bei manchen reicht die Urkunde nicht aus, sie müssten auch Schönheitsoperationen über sich ergehen lassen.

Ich würde meinen, meine Damen und Herren, um wieder ernst zu werden: Dazu wird es von uns keine Zustimmung geben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Abgeordneter Gaál! Darf ich Ihnen eine Frage stellen?)

Meine Damen und Herren! Es wird also in Hinkunft keinerlei Einschränkung bei den Sicherheitsüberprüfungen durch die militärischen Geheimdienste geben. Meiner Ansicht nach erfolgt unverständlicherweise auch keine Beschränkung der Sicherheitsüberprüfungen nur auf Heeresangehörige und für militärische Aspekte. Das haben wir immer wieder verlangt. Es gibt auch keinen ausreichenden Datenschutz. (Abg. Jung: Herr Abgeordneter Gaál! Sagen Sie wirklich, dass die österreichische Polizei nicht verschiedene Deckkennzeichen verwendet ...! Das ist auch eine Urkunde zum Beispiel!)

Das ist aber ein gewaltiger Unterschied, lieber Herr Kollege! Da trennen uns Welten. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Deckkennzeichen werden auch heute schon im militärischen Nachrichtendienst eingesetzt; dagegen gibt es von uns keine Einwendungen. Aber diese Legenden, die Sie nun fordern, sind nicht notwendig, da bedarf es keiner falschen Urkunden. Das ist ein gewaltiger Unterschied, und wenn Sie das sagen, erfassen Sie den Tiefgang der polizeilichen Ermittlung nicht.

Meine Damen und Herren! Weiters gibt es auch keinen ausreichenden Datenschutz. Im Gesetz wird das Sammeln von Daten über Personen in uneingeschränktem und unkontrolliertem Maße erlaubt sein. – Eine derart pauschale Ermächtigung, die mit einem solchen Gesetz Platz greift, widerspricht vollinhaltlich dem Datenschutzgesetz. Darüber hinaus können Daten nach Gutdünken ins Ausland weitergegeben werden. Meine Damen und Herren! Es muss leider gesagt werden: Mit diesem Gesetz werden dem Datenmissbrauch Tür und Tor geöffnet, und daher gibt es von uns energischen Widerstand. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es gibt auch keine ausreichende Kontrolle über die Nachrichtendienste, weil der Rechtsschutzbeauftragte sozusagen ein zahnloser Tiger geworden ist. Wir haben in diesem Zusammenhang immer wieder die Einsetzung eine Rechtsschutzkommission mit einem Rechtsschutzbeauftragten hier beim Parlament, und zwar mit einer ausreichenden Zahl von Stellvertretern, angeregt. – Auch das wird es nicht geben. Jetzt wird der Rechtsschutzbeauftragte vom zuständigen Ressortchef ernannt, im Innenbereich vom Innenminister, im Bereich Verteidigung vom Verteidigungsminister. Da bestellt sich also der Kontrollierte den Kontrollor selbst. – Auch das ist eine unverständliche Vorgangsweise, die nicht unsere Zustimmung finden kann.

Meine Damen und Herren! Uns ging und geht es in diesem sehr sensiblen Bereich darum, Rechtsunsicherheit zu beseitigen. – Diese Regierungsvorlage eignet sich jedoch nicht dazu! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Damit wird keine klare und ausreichende gesetzliche Regelung für die Tätigkeit der militärischen Nachrichtendienste geschaffen. Dieser vorliegende Entwurf ist mehr als problematisch; er kann der Bevölkerung Österreichs nicht zugemutet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Anton Gaál (fortsetzend): Der vorliegende Entwurf ist inakzeptabel und findet nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.19

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Inhaltlich möchte ich zum Debattenbeitrag von


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Dr. Pilz nicht Stellung nehmen. (Abg. Edlinger: Das kann ich mir vorstellen!) Komisch ist die Angelegenheit aber schon, nämlich dass man eine Verschwörungstheorie herausarbeitet, wenn Herr Minister Scheibner mit einem Sekretär eine Anfragebeantwortung vorbespricht. (Abg. Öllinger: Mit welchem Sekretär?) Das scheint mir schon etwas komisch zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich nun also mit dem Inhalt dieser Dringlichen Anfrage auseinander setzen, nicht aber mit einem bestimmten Thema, wie das Dr. Pilz gemacht hat. Ich hätte mich auch sehr schwer getäuscht, wenn wir im Rahmen des Militärbefugnisgesetzes nicht mit einer Dringlichen Anfrage der Grünen konfrontiert worden wären. Aber ich nehme zu dieser Dringlichen Anfrage sehr gerne namens der Österreichischen Volkspartei Stellung, weil man dadurch auch die Möglichkeit hat, die Bedeutung und Wichtigkeit des Heeres-Nachrichtenamtes und des Abwehramtes zum Ausdruck zu bringen.

Für Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sind diese Dienste ein oppositionelles, ein rotes Tuch – Dienste, die angeblich furchtbare Arbeit leisten. Für uns von der ÖVP hingegen sind diese Dienste eine äußerst wichtige Einrichtung, die ihre Tätigkeit im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung nach Artikel 9a und 79 des Bundes-Verfassungsgesetzes leistet. Und diese Aufgaben, meine Damen und Herren, werden in hervorragender Art und Weise durchgeführt. Im Rahmen dieser Debatte möchte ich hier auch einmal den Bediensteten des Heeres-Nachrichtenamtes und des Abwehramtes gegenüber meinen Dank zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass diese beiden Dienste hervorragende Arbeit leisten, dass sich etwa das HNA Informationen im Ausland beschafft, damit eine sicherheitspolitische Lagebeurteilung durchgeführt werden kann, damit eine Lagebeurteilung etwa für den Balkan durchgeführt werden kann, damit auch ein präventiver Schutz für unsere österreichischen Truppen im Kosovo gewährleistet ist, denn es gibt zum Beispiel vom Heeres-Nachrichtenamt Unterlagen, in denen die Typen der Minen bekannt gegeben werden. Meine Damen und Herren! Für unsere Soldaten bin ich froh, dass diese Aufgaben vom Heeres-Nachrichtenamt verrichtet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Darüber hinaus ist es auch äußerst wichtig, dass das Abwehramt für den Eigenschutz des Bundesheeres sorgt, dass die militärische Sicherheit in Österreich sichergestellt ist. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren von den Grünen: Sie reden von einem Überwachungsstaat – und ich von äußerst wichtigen Einrichtungen für die Sicherheit unseres Landes, Einrichtungen, die unverzichtbar sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist doch ein legitimes Recht, dass sich diese Dienste kundig machen, dass sich diese Dienste über bestimmte Aktionen gegen die Landesverteidigung interessieren, wie zum Beispiel bei der Draken-Demonstration, bei der es dazu gekommen ist, dass ein Sprengstoffanschlag durchgeführt wurde. Das ist Gott sei Dank glimpflich ausgegangen; eine Kaserneneinzäunung ist aber beschädigt worden.

Übrigens: Wenn ich an diese Draken-Demonstration denke, muss ich sagen, da hat es doch einen Dr. Pilz gegeben, der auch einige Aussagen dazu gemacht hat. Ich glaube, das war am 29. Mai 1988 in der Zeitschrift "Die neue Zeit". Dr. Pilz – hören Sie zu! – sagte damals: Nicht jene, die gewaltfrei gegen die Stationierung der Draken am Thalerhof oder in Zeltweg demonstrieren wollen, seien Terroristen. Die wahren Terroristen sitzen in Wien im Verteidigungsministerium. – So Dr. Pilz damals. Nur damit man sich ein Bild machen kann, wie Herr Dr. Pilz in dieser Angelegenheit denkt. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Faktum ist, dass die beiden Dienste ihre Aufgaben im Rahmen der Bundesverfassung nach Artikel 9a und 79 durchführen und dazu der Minister auch notwendige Verordnungen erlassen hat. Das Militärbefugnisgesetz, das nun zur parlamentarischen Behandlung vorliegt, ist eigentlich der legistische Überbau zu diesen derzeitigen Verordnungen. Es werden die Aufgaben und Befugnisse klar und eindeutig gesetzlich geregelt.


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Meine Damen und Herren von den Grünen! Es werden diesen Diensten durch die beabsichtigte gesetzliche Maßnahme keine zusätzlichen Befugnisse erteilt. Im Gegenteil: Ein Rechtsschutz wird eingerichtet. Wir haben derzeit schon einige Kontrolleinrichtungen, wie zum Beispiel den Ständigen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses. Es gibt auch die Datenschutzkommission, wobei das Heeres-Nachrichtenamt und das Abwehramt im Jahre 1994 von der Datenschutzkommission bekanntlich geprüft und keine Bemängelungen gefunden wurden. Wir haben Kontrolleinrichtungen, wie Bundesheerbeschwerdekommission und Volksanwaltschaft – und jetzt richten wir auch analog zum Sicherheitspolizeigesetz einen Rechtsschutzbeauftragten ein, weil für uns die Kontrollmöglichkeiten des militärischen Nachrichtendienstes eine ganz besondere Rolle spielen. Das ist der Punkt. Das wird jetzt mit dieser gesetzlichen Maßnahme eingeführt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Folgendes möchte ich auch sagen: Es hat in der Vergangenheit nichts zu verbergen gegeben, nicht in der Gegenwart – und in der Zukunft wird es gerade durch diese gesetzliche Maßnahme nicht der Fall sein, dass etwas verborgen wird, außer, meine Damen und Herren, der Quellenschutz. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen: Es ist unbedingt notwendig, dass jene, die Informationen geben, auch einen entsprechenden Schutz haben. Und weiters: Wenn Quellenschutz künftig nicht gegeben wäre, dann würden natürlich dem Heeres-Nachrichtenamt und dem Abwehramt die Informanten abhanden kommen. Daher halte ich das für eine sehr wichtige Angelegenheit.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Ich sage Ihnen, was mich eigentlich wundert: Als ich diese Dringliche Anfrage gelesen habe, stellte ich fest, dass Sie bei allen Ihren Punkten überhaupt nichts zum Thema Rechtsschutzbeauftragter gefragt haben, keine einzige Fragestellung dazu. Entweder haben Sie das nicht durchgelesen, oder Sie haben einen alten Ladenhüter aus der untersten Schublade hervorgezogen.

Zum Thema Rechtsschutzbeauftragter muss man in aller Deutlichkeit sagen, dass dies eine verfassungskonforme Angelegenheit ist: Im Bereich der Weisungsfreiheit, im Bereich des Bestellungsvorgangs, aber auch im Bereich der Amtsverschwiegenheit wurde eindeutig geprüft und festgestellt, dass das verfassungskonform ist.

Zum Schluss kommend, meine Damen und Herren: In einer Demokratie ist die Meinungsfreiheit von enorm wichtiger Bedeutung. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sind der Meinung, dass wir einen Überwachungsstaat haben. Sie sind der Meinung, dass das Bundesheer abgeschafft werden soll. Sie wollen eine "Politik des Ungehorsams" betreiben, wie das Dr. Pilz einmal gesagt hat. Sie rufen zur Befehlsverweigerung auf, wie das Dr. Pilz gemacht hat. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, lehnen jede Art von Recht und Ordnung in unserem Staate ab.

Wir von der ÖVP und diese Koalition hingegen vertreten die Meinung, dass es das höchste Gut ist, dass unsere Bürger und unsere Gäste in Freiheit und Sicherheit in unserem Land leben können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, braucht es Einrichtungen, die dafür Sorge tragen. Das Heeres-Nachrichtenamt und das Abwehramt sind jene Einrichtungen, die ebenfalls dafür Sorge tragen, dass wir in Freiheit, Frieden und Sicherheit leben können. Und dafür möchte ich mich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.28

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Toni Gaál, wenn man dir zuhört, hat man den Eindruck, du glaubst, da wird schon über das Gesetz beraten. – Darum geht es heute nicht. Das ist eine Dringliche Anfrage der zweiten Oppositionsfraktion hier im Hause. Um das Gesetz geht es überhaupt nicht. Ich


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schätze deine Ausführungen sehr. Ich habe sehr aufgepasst, aufmerksam habe ich alles registriert, aber: Du warst am falschen Dampfer. Das ist nicht die Veranstaltung, zu der du eigentlich reden wolltest. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun zu dir, lieber Minister Edlinger. Ich weiß, wir zwei sind in irgendeiner Form miteinander verwandt, ich habe nur noch nicht aufgetrieben, wie, aber wir haben irgendeine gemeinsame Urgroßmutter. Mir fällt nichts weniger ein, als die Vorsitzführung durch den Herrn Präsidenten zu kritisieren. Das darf ich nicht und mache ich natürlich auch nicht. Aber wir zwei sind uns einig, dass du jedenfalls einen Abgeordneten dieses Hauses der Lüge geziehen hast. Welcher das ist, hast du offen gelassen. Du hast gesagt: Einer lügt. Ich bin ja nicht terisch. (Abg. Edlinger: Nein! Ich habe die Frage gestellt! Ich habe die Frage gestellt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Er hat gesagt, entweder lügt Pilz, oder es lügt Scheibner, ein Abgeordneter oder ein Minister. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich kritisiere nicht die Entscheidung des Herrn Vorsitzenden, die viel Respekt verdient. Aber wir zwei wissen, dass du einen von zwei anwesenden Ehrenmännern der Lüge geziehen hast. Dabei wollen wir es einmal bewenden lassen. – Sollte sich irgendjemand an meinen Formulierungen stoßen, sie sind in dieser Milde unbedacht erfolgt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mich wundert in diesem Zusammenhang auch noch, wie sich eine Fraktion, nämlich die Grünen, so panisch vor einer Überwachungseinrichtung fürchten kann. Ich respektiere, was der Toni Gaál für die Sozialdemokraten gesagt hat. Das sind rechtsstaatliche Bedenken, das sind organisatorische, das sind staatliche Bedenken. Aber diese tief sitzende Angst, die ihr davor habt, dass euch irgendjemand vielleicht in die Karten schauen könnte, das ist schon etwas, was mich wirklich bestürzt macht. Wer sich so sehr fürchtet, der muss, so glaube ich, vielleicht etwas zu verbergen haben. Und wenn ich mir die eine oder andere Zeitung anschaue, dann weiß ich, was. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe ja alles umstürzen müssen von meiner konzipierten Rede. Ich habe ja eine sehr konstruktive Rede vorbereitet gehabt. Aber meine Vorredner und -rednerinnen haben mir so viel Gelegenheit gegeben, anderes zu sagen.

Zunächst möchte ich mich ein bissel mit den Dingen befassen, die mir da zugesteckt worden sind in den letzten paar Minuten, etwa der Dienstausweis des Günther Barnet, früher hat er Enzendorfer geheißen, ich war auf seiner Hochzeit. Das war keine geheimdienstliche Veranstaltung, das war eine großartige Hochzeit im Marchfeld.

Dienstausweis Günther Barnet, Vertragsbediensteter – wessen? Des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung? Des Bundesministeriums für Landesverteidigung? – Nein, des Parlaments! Er ist ein Parlamentsbediensteter. Für alle Prüfungen war daher das Parlament zuständig, und es spricht für das Parlament, dass es den Tatsachen entsprechend die Prüfungen zwar vollzogen hat, aber es gehen alle Schüsse nicht nur ins Leere, sondern in euer eigenes Knie, wenn ihr damit dem Scheibner etwas am Zeug flicken wollt. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung Grüne –: Ihr müsst die Dringliche an den Nationalratspräsidenten richten!)

Oder: die Österreichisch-Slowenische Gesellschaft. Ich bin froh, dass ich damals nicht beitreten habe können, wie ich es wollte. Ich habe mich gemeldet bei einer großen Veranstaltung im Oktogon der Creditanstalt. Ich wollte beitreten, habe aber nie eine Bestätigung bekommen. Ich war beleidigt. – Mittlerweile bin ich darüber froh, denn wer weiß, was daraus gemacht worden wäre!

Ich lese jetzt die Liste der Gründungsmitglieder auszugsweise vor. – Offenbar will man das von Ihrer Seite aus so darstellen, als ob da auch eine konspirative Vereinigung am Werk gewesen wäre: Terezija Stoisits, Marijana Grandits, Andreas Wabl, Karel Smolle, Dieter Antoni, Erhard Busek. (Heiterkeit und Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP nach jedem Namen.)  – Mock steht auch da, aber auch ihn halte ich nicht wirklich für einen Terroristen. Das muss man schon dazusagen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei allen Fraktionen.)


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Es hat der Herr Abgeordnete Pilz auch aus dem Entwurf der Regierungsvorlage zitiert, vor allem den § 23. Ich will es Ihnen ersparen, ihn anders vorzulesen, nämlich so, wie er wirklich drinsteht. Auch das ist falsch zitiert worden! Also auch da hat er es dort hingebogen, wo er es gebraucht oder geglaubt hat, brauchen zu können. Aber das war halt so.

Es ist auch – und das passt nicht ganz dazu – auch Günther Barnet, geborener Enzendorfer, nicht wegen ein paar Tausend Schuss Munition verurteilt worden. Es ist aber richtig, dass er zu diesem Thema schon zwei Presseprozesse geführt und gewonnen hat. Das ist zu allem noch ein alter Hut! Aber Sie verlassen sich darauf, dass wir alle ein kurzes Gedächtnis oder wesentlichere Dinge im Kopf haben. Zwei Prozesse sind nach meiner Information gewonnen worden, und zwar einer gegen das "profil". – Ich habe ihn dabei nicht vertreten; das wird ein Berufenerer gewesen sein.

Einer ist gegen das "profil", so höre ich, und einer gegen den "Standard" gewonnen worden. Also nicht einmal etwas Neues haben Sie sich einfallen lassen, das muss ich schon dazu sagen. (Die Abgeordneten Dr. Pilz und Öllinger: Ist er verurteilt worden oder nicht?)

Ich möchte mich noch mit ein paar anderen Aussagen meiner Vorrednerinnen und Vorredner auseinander setzen. Zunächst hat eine der Rednerinnen erklärt, sie verstehe überhaupt nicht, welcher Unterschied darin liege, dass man "Mütter gegen Atomgefahren" auf der einen Seite mit weniger Rechten ausstatte als Dienste des Staates auf der anderen Seite.

Ich verstehe das schon, denn über allem steht schützend der Staat mit seinen Diensten. Man muss daher den Staat und die Dienste, die er betreibt, mit besonderen Rechten ausstatten, um ihm die Möglichkeit zu geben, mit diesen Diensten und über diese Dienste den Schutz für alle anderen, auch für die "Mütter gegen Atomgefahren" als Einzelpersonen und als Gruppe, entsprechend nachhaltig ausüben zu können. Das ist der Unterschied. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich maße mir überhaupt nicht an, auch nur gleich viel Rechte haben zu müssen wie ein Dienst. Ich habe einmal scherzhaft gesagt, mich können sie immer abhören, solange sie nicht alle Ergebnisse meiner Frau verraten. – Mit fortschreitendem Alter ist aber das auch schon uninteressant. Jetzt können sie auch schon alles meiner Frau verraten. (Allgemeine Heiterkeit.) Aber wer wirklich nichts zu verbergen hat, der braucht sich auch auf diesem Sektor nicht zu fürchten.

Irgendwo steht in der Anfrage auch, die Auswertung von Zeitschriften und die Ermittlung von Autoren sei etwas so Fürchterliches. – Also ich gehe schon davon aus, dass es dem präsumtiven Gesetzgeber, der das vielleicht in einiger Zeit dann sein wird, nicht darum geht, die "Wiener Zeitung" zu bespitzeln oder Ähnliches. Aber wenn ich mir Blätter wie das "TATBlatt" vor Augen halte oder "Akim" – das können Sie jederzeit nachlesen –, und wenn mir dann Ebergassing einfällt mit allen Spendern und mit allen Zusammenhängen, die es da gegeben hat, dann kann ich mir vorstellen, was die Autoren dieses Entwurfes gemeint haben: nicht das Kirchenblatt, das Kirchenblatt keiner Konfession, sondern jene Blätter, die in enger Verbindung mit strafbaren Handlungen gestanden und gebracht worden sind. Erinnern Sie sich an Ebergassing! Aber genauso, wie wir die Prozesse vergessen, vergessen Sie vielleicht die Ebergassing-Affäre. – Ich nicht!

Aber das Glück war damals, dass der Herrgott nicht geschlafen hat. Es ist nicht zum Sprengen der Masten gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es ist dazu gekommen, dass die beiden Täter gerichtet worden sind – durch sich selber vor der Tat. – In diesem Zusammenhang sage ich nur eines: "TATBlatt" . Ein anwesender ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Mit wem reden Sie da?!)  – Hören Sie zu, Frau Kollegin! Ich rede laut und deutlich genug. Sie werden es hören, und Sie werden es auch mitbekommen.

Ich habe mir auch etwas sagen lassen. Ich bin sehr auf die Rechte des Parlaments und auf die Rechte der Parlamentarier bedacht, und es hat mich gerissen und ich habe gesagt: Was, das alles soll in einer kurzen Sitzung des Landesverteidigungsausschusses durchgepeitscht werden? Das kann nicht sein! – Ich habe mich beim Herrn Vorsitzenden dieses Ausschusses erkundigt. Es ist auch nicht so.


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Es ist zunächst eine Sitzung von einer Dauer von sechs bis sieben Stunden für eine Generaldebatte vorgesehen, und dann eine weitere Sitzung von ungefähr ebensolcher Dauer für eine Spezialdebatte oder was sich sonst noch ergibt – unter Zuziehung von Experten. Das gibt es nicht überall. – Das wird also keineswegs übers Knie gebrochen; es wird keineswegs drübergefahren.

Wer ein gutes Gewissen hat, braucht sich nicht zu fürchten. Konstruktive Beiträge für eine Arrondierung wird man sicherlich in den Ausschüssen und auch im Plenum noch unterbringen können. – So viel zu diesem Problem. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung der Grünen –: Jetzt seid ihr schon zum zweiten Mal abgestürzt an einem Tag! – Heiterkeit.)

16.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir geht es ja genauso wie dem Abgeordneten Ofner: Auch ich muss mein Redekonzept völlig ändern. Ich hatte nämlich vor, Ihnen jetzt zu Beginn noch etwas mehr zu erzählen von dem, mit dem Kollege Pilz begonnen hat, nämlich von der Tatsache – von der unwiderlegten Tatsache! –, dass Herr Stubner ein Geschäftspartner, ein Freund des Herrn Enzendorfer alias Barnet, dass also Herr Stubner in vielfältiger Weise nicht nur in Kroatien und Slowenien, sondern auch in Südtirol tätig war und dort nach Angaben einer Frau Eva Klotz, die Sie – einige von Ihnen, nehme ich an – auch kennen werden, bei der er vorstellig geworden ist, versucht hat, einen "Sicherheitsapparat", wie er es nannte, für die Südtiroler Befreiungsbewegungen aufzubauen.

Das ist die Tätigkeit des Geschäftspartners und Freundes des Ministersekretärs. Diese Geschäftstätigkeit des Herrn Stubner, die er ja in Kroatien offensichtlich noch gemeinsam mit dem Herrn Enzendorfer betrieben hat, hat dazu geführt, dass in Italien, in Südtirol, Nachrichtenmagazine ausführlich darüber berichtet haben, dass die italienische Justiz gegen Herrn Stubner Ermittlungen eingeleitet hat, denen er sich – so wie in Österreich – offensichtlich durch Untertauchen entzogen hat.

In Österreich hat diese Entwicklung dazu geführt – passen Sie auf, Herr Kollege Fischl! –, dass im Verlauf einer durchaus intensiven Presseberichterstattung herausgekommen ist, dass Herr Stubner im Auftrag oder mit Wissen des Heeres-Nachrichtenamtes diese Tätigkeit in Südtirol durchgeführt hat. Ich betone: in Südtirol! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und es stellte sich heraus, dass, nachdem diese Fakten bekannt geworden sind, die Staatspolizei gegen den Leiter, den Chef des Heeres-Nachrichtenamtes eine Anzeige eingebracht hat. (Abg. Jung: Und was ist daraus geworden?)

Der "Kurier" vom 15. Jänner 1996 hat damals berichtet: "Im Heeres-Nachrichtenamt wird eine unkontrollierbare Agentengruppe vermutet." – Zitatende. Und da muss Kollege Jung dann aufpassen, denn im Zusammenhang mit dieser "unkontrollierbaren Agentengruppe" wird ja auch er genannt.

Aber es steht noch mehr in diesem "Kurier"-Beitrag, Herr Bundesminister. Und da möchte ich doch, obwohl ich dann schon noch auf die Fragen an Sie zurückkommen möchte, daraus zitieren. Da heißt es nämlich im Zusammenhang mit dieser unkontrollierbaren Agentengruppe und der Tätigkeit des HNaA:

"Im Inland beobachtet die Stapo bereits seit Jahren Aktivitäten der Auslandsschnüffler." Klammer auf: Gemeint ist das HNaA. Klammer zu. "So wurde etwa 1990 Lisbeth Aumann, Untersuchungsrichterin in der Causa Örlikon–Lichal, bespitzelt." – Ich betone: eine Richterin wurde vom Heeres-Nachrichtenamt bespitzelt. (Bundesminister Scheibner: Sagt der Bericht!)  – "Weder Stapo noch Abwehramt kommen in Frage. Der Verdacht lastet also auf dem HNaA."


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Und weiters heißt es: "Im Juli 1993 überprüfte die Stapo das Firmengeflecht eines steirischen FPÖ-Abgeordneten" (Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe gewusst, dass es der GAK war! Der GAK war konspirativ unterwegs!), "der auffällige Beziehungen zu Kroatien unterhielt." – Wieder eine Kroatien-Connection! – "Als die Beamten am Magistrat in Fürstenfeld Erkundigungen einholen wollten, stießen sie auf Verwunderung: In dieser Sache seid ihr doch erst da gewesen! –Tatsächlich waren es aber HNaA-Agenten. Sie besitzen Dienstmarken, die jenen der Exekutive täuschend ähnlich sind." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Man könnte noch vieles aus diesen Berichten zitieren. Aber wenden wir uns doch den Fragen zu, die an Sie, Herr Bundesminister, im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage gestellt wurden und die von Ihnen teilweise – ob wissentlich oder unwissentlich, das wage ich nicht zu beurteilen, und deshalb wiederhole ich einige dieser Fragen – nicht oder unrichtig beantwortet worden sind.

Herr Bundesminister! Wie können Sie die Frage 2: Welche Dienststellen oder Ämter sollen für die Überwachung der Kritiker zuständig sein?, damit beantworten, dass es keine Überwachung von Kritikern gibt, wenn bei jeder größeren Demonstration, die nur irgendwie entfernt mit Bundesheer, mit Militär etwas zu tun hat, Filmtrupps, Videotrupps von einem Ihrer Nachrichtendienste unterwegs sind, um die Demonstranten zu filmen? – Das, so denke ich, ist belegbar.

Herr Bundesminister! Wie können Sie die Frage 9 oder die Frage 10 mit einem Nein beantworten und sagen, es gibt keine Untersuchungen, und dann in der Erklärung hinzufügen, bei Frau Doris Pollet-Kammerlander handle es sich ja nicht um eine aktive Nationalratsabgeordnete und deshalb haben Sie sie in diesem Kontext nicht erwähnt, während sich die Frage 9 auf die Grünen und den Parlamentsklub bezieht? Gleichzeitig sagen Sie, im Rahmen eines Informationsblattes wird über jeden, der im Rahmen der Miliz seinen Dienst leistet, ein Akt angefertigt, wohl wissend – das, so denke ich, wissen Sie –, dass die Abgeordnete Doris Pollet-Kammerlander niemals im Milizdienst tätig war!

Herr Bundesminister! Ich komme nun auf meine Person zu sprechen. Ich weiß, dass über mich von Ihren Nachrichtendiensten Akte angelegt sind. Ich bin ein aktiver Abgeordneter und möchte von Ihnen Aufklärung darüber haben, ob über mich Daten von einem Ihrer Nachrichtendienste aus meiner jetzigen oder vorherigen Tätigkeit angelegt worden sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: So wichtig bist du gar nicht!) Und wenn Sie diese Frage nicht so beantworten, wie ich weiß, dass Sie sie beantworten müssen, nämlich mit einem Ja, dann haben Sie hier die Unwahrheit gesagt! (Abg. Mag. Trattner: Hast du ein schlechtes Gewissen? – Abg. Ing. Westenthaler: Was haben Sie denn angestellt?)

Ich komme zu weiteren Fragen, Herr Bundesminister. Auf die Frage 17 antworten Sie, nein, es gibt keine Person, gegen die wegen irgendeines Deliktes eine Verurteilung vorliegt. – Wir wissen es, und da können auch die schönrednerischen Versuche des Abgeordneten Ofner keinen Deut daran ändern! Es gibt gegen den Herrn Barnet alias Enzendorfer eine rechtskräftige Verurteilung nach dem Kriegsmaterialiengesetz. Diese gibt es, und Sie kommen hierher auf diese Regierungsbank, treten hier vor das Parlament und sagen: Ich habe keinen Mitarbeiter, der verurteilt worden ist. – Was stimmt? Ist er Ihr Mitarbeiter, ja oder nein?

Herr Ofner bietet uns eine merkwürdige Erklärung an: Herr Barnet ist ja gar nicht Mitarbeiter des Herrn Ministers, sondern Herr Barnet alias Enzendorfer ist Mitarbeiter des Parlamentsklubs der Freiheitlichen. – Haben Sie da nicht ein Problem? (Abg. Mag. Schweitzer: Kapierst du das nicht? – Abg. Ing. Westenthaler: Der Chef sitzt hinter Ihnen! Der Präsident ist sein Chef!)  – Des Parlaments, noch besser.

Wir haben einen persönlichen Pressesprecher des Herrn Bundesministers. Für wen ist der jetzt tätig? Von wem wird er bezahlt? (Abg. Mag. Schweitzer: Von Herrn Präsident Fischer! Sonst bist du ja nicht so hilflos!) Entzieht er sich deshalb der Kontrolle durch die so aktiven Abwehrdienste? Entzieht er sich deshalb, weil natürlich, wenn er Mitarbeiter wäre, eine Überprüfung ergeben müsste, dass er strafrechtlich verurteilt wurde?


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Herr Minister! Beantworten Sie das doch: Was ist er jetzt? Ist er Ihr Mitarbeiter? Ist er der Mitarbeiter des Herrn Fischer? Ist er der Mitarbeiter des freiheitlichen Klubs? Oder was haben wir da für einen Mitarbeiter? Vor allem erzählen Sie uns: Ist er vorbestraft: ja oder nein? – Und wenn er vorbestraft ist, dann haben Sie die Verpflichtung, dem Parlament zu sagen, dass Sie entweder wissentlich oder unwissentlich die Unwahrheit gesagt haben, dass Sie es nicht gewusst haben. (Beifall bei den Grünen.)

Sie müssen das beantworten. (Bundesminister Scheibner: Er ist nicht vorbestraft!) – Er ist nicht vorbestraft, sagen Sie mir. Aber verurteilt. (Bundesminister Scheibner: Er ist nicht vorbestraft! – Abg. Dr. Martin Graf: In erster Linie ist er ein Mensch! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Ich formuliere die Frage noch einmal, so wie sie hier steht: Ist er verurteilt? – Das war zu beantworten. Gehen wir weg von der Frage, ob er vorbestraft ist. Ist er verurteilt: ja oder nein, Herr Bundesminister? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei den Grünen: Ja!) Auf diesen Kern möchte ich meine Frage zuspitzen, denn wenn Sie hier jetzt eine andere Antwort geben, Herr Bundesminister, dann sind Sie rücktrittsreif. (Beifall bei den Grünen.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.48


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Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe aus den letzten Debattenbeiträgen irgendwie den Eindruck gewonnen – und das ist jetzt als Appell insbesondere an die ÖVP gerichtet –, dass wir uns über die Situation, über das, was wir hier diskutieren und was sich in den letzten Minuten hier ereignet hat, vielleicht nicht ganz im Klaren sind.

Wir haben hier vom Kollegen Pilz eine Darlegung gehört, die etwas mehr als nur eine Behauptung war. Es gibt hier – und das liegt auch dem Protokoll bei – eine Liste, darauf sind Namen angeführt. Diese Liste wurde bei der Untersuchung gegen Radl, gegen Neonazi Radl, sichergestellt, und auf dieser Liste stehen Namen. Ich finde, es kommt hier jetzt so etwas wie eine Bierzelt-Mentalität auf (Abg. Fischl: Bei diesen Beiträgen darf Sie das nicht wundern, Herr Kollege!), und Sie haben sich bei der Rede des Kollegen Ofner – die ich nicht kommentieren möchte, um die Sache nicht aufzuschaukeln – bemüßigt gesehen, auch entsprechend zu reagieren.

Ich sage jetzt gar nicht, dass wir durch diese Art der Reaktion in einer gewissen Verantwortlichkeit den hier anwesenden Personen gegenüber stehen, weil ich glaube, dass das nicht die Art und Weise ist, wie ein Parlament, das intellektuell redlich arbeiten sollte, auf so einen Vorfall reagieren soll.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier eine Liste – und ich darf Sie ersuchen, Herr Minister, ich darf insbesondere auch Sie ersuchen, sich der Ernsthaftigkeit der Situation bewusst zu sein –, in der nichts anderes steht, als dass unter einer Reihe von anderen bekannten, verurteilten Neonazis auch der Herr Enzendorfer ist, der nicht irgendjemand ist, sondern der als der Sekretär des Herrn Bundesministers angeführt ist. – Ich kann nicht beurteilen, ob das stimmt, ob es richtig oder falsch ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Beurteilen können wir’s nicht, aber wir bringen’s halt ein, wir vernadern!)

Herr Kollege Westenthaler, Sie sollten gar nichts sagen. Sie sind derjenige, der mit Emotionen am ärgsten arbeitet, der am wenigsten an einer sachlichen Diskussion interessiert ist und der in Wien einen Wahlkampf geführt hat, der eine Schande ist für dieses Land (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), der einen Wahlkampf geführt hat, der uns jetzt die Probleme in ganz Europa eingebrockt hat! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten ganz ruhig sein, denn Sie sind doch diese Brandstifter ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Jarolim! So geht das nicht!

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Ich nehme das zurück. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Dr. Jarolim, so geht das nicht!

Ich muss jetzt auch Folgendes zur Beruhigung und Aufklärung sagen: Kollege Enzendorfer war, so weit ich das weiß – ich sage das vom Präsidium aus –, ein Mitarbeiter eines Mitgliedes des Präsidiums. Daher gibt es einen Personalakt, und das werde ich mir alles anschauen. Ich nehme aber an, dass die Voraussetzungen dafür, dass er vom Dritten Präsidenten als Mitarbeiter angestellt wurde, gegeben waren, weil das sicher überprüft wurde.

Wenn hier also dauernd die Frage gestellt wird: Wie ist das?, und: Ist er in der Parlamentsdirektion oder sonst wo? – Jawohl, er war ein Mitarbeiter des Dritten Präsidenten. Jeder Präsident sucht sich sein Personal aus, aber dieses Personal wird auch sachgerecht dahin gehend geprüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anstellung vorhanden sind. Bitte lassen Sie mich diese Feststellung einmal treffen.

Im Übrigen, Kollege Dr. Jarolim, gebe ich die von mir soeben beanspruchten 30 Sekunden jetzt dazu, und ich bitte um eine sachliche Fortsetzung der Diskussion.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme das zur Kenntnis.

Meine Kritik hat sich dagegen gerichtet, dass wir hier mit diesem Vorwurf, der auch unterlegt worden ist, nicht so umgehen sollten, wie das der Fall gewesen ist. Ich hätte mir erwartet, dass der Herr Bundesminister dazu Stellung nimmt – diese Möglichkeiten haben Sie noch, und ich glaube, Sie werden sie auch nutzen. Ich bitte Sie jedenfalls um eine Stellungnahme, weil das mehr ist als eine parteipolitische Auseinandersetzung, weil das eines der Themen ist, wo wir uns auch auf der europäischen Bühne zu Recht beurteilen lassen müssen, wie wir mit diesen Sachverhalten umgehen.

Ich glaube, meine Damen und Herren von der FPÖ, es ist auch unwürdig, das jetzt ganz einfach zuzudecken, indem hier zu Erklärungen lauthals Kundgebungen stattfinden – Herr Kollege Ofner, gestatten Sie mir bitte, das zu sagen –, die, so glaube ich, nicht wirklich dem Stellenwert dieser Diskussion entsprechen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Seien wir uns bitte dessen bewusst, dass die Diskussion um dieses Problem, das sich hier stellt, jedenfalls angerissen ist und dass wir das nicht in einem alltäglichen Stil abhandeln sollten.

Ich sage jetzt nur mehr, weil ich angesichts der Umstände rund um diese Thematik nicht mehr allzu viel sagen möchte, einige Sätze zum Militärbefugnisgesetz. Es ist erschreckend, dass das Ganze in einem Gesamtkontext steht, der einen geradezu erschaudern lässt. Sie haben heute hier gesagt, auch der Kollege Platter von der ÖVP, Sie verstehen nicht, warum man in den Debattenbeiträgen zu diesem Gesetz, das meines Erachtens die Rechtsstaatlichkeit weit sprengt, auf vieles nicht eingegangen sei. Ich bin auch daran interessiert, hier sachlich zu diskutieren, und wir nützen auch diese Möglichkeit. Ich hätte mir aber erwartet, dass der Gesetzentwurf, der eingebracht ist, viele der Punkte, die jetzt drinnen stehen, nicht enthält. Sie haben gesagt, es gibt in Bezug auf den Rechtsschutzbeauftragten keinen Debattenbeitrag, und es sei auch eine Regelung gefunden worden, die vollkommen in Ordnung ist.

Ich weise darauf hin, dass der Rechtsschutzbeauftragte in diesem Gesetz eine der zentralen Stellen ist; insofern kann ich Ihnen folgen. Es gibt bezüglich dieses Gesetzes eine Fülle von Vorwürfen dahin gehend, dass hier in einer Art und Weise mit Regelungen umgegangen wird, die jenen, die sie nicht gutwillig anwenden wollen – und das ist etwas, was man mit berücksichtigen soll –, einen Spielraum lässt, der in einem Rechtsstaat nicht möglich sein sollte. Insofern kommt dem Rechtsschutzbeauftragten erhöhte Bedeutung zu.


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Es ist ganz einfach nicht notwendig, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass Sie diesen Rechtsschutzbeauftragten, der jenseits jeglichen Vorwurfs von Parteilichkeit sein soll, gerade von dem Minister, in dessen Ministerium all das angesiedelt ist, bestellen lassen. Was spricht dagegen, dass jemand anderer diesen Rechtsschutzbeauftragten bestellt?

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Fülle von Bestimmungen in diesem Gesetz, die in einer absolut unerträglichen Art und Weise Recherchen, Durchführungen von Recherchen ermöglichen, bei denen die Betroffenen nicht einmal danach etwas davon wissen. Es gibt Bestimmungen, dass Daten, die beigeschafft waren, nicht vernichtet werden sollen. Und wir haben einen Rechtsschutzbeauftragten, der keiner ist.

Ich fordere Sie auf: Zeigen Sie wenigstens in diesem Bereich, dass Sie interessiert sind, dass dieses Militärbefugnisgesetz mehr ist als das, was wir derzeit vermuten, nämlich ein reines Bespitzelungsgesetz!

Ich darf schließen mit dem Hinweis, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass die demokratischen Grundwerte dieses Staates durch die vorhin geführte Diskussion mehr gefährdet erscheinen, als viele von uns das vielleicht glauben. Ich darf Sie ersuchen, sich in diesem Sinne im Rahmen auch des Gesamten, an das Sie immer appellieren, redlich mit dieser Diskussion auseinander zu setzen, Herr Bundesminister. Ich darf Sie ersuchen, ich darf Sie auffordern, damit so umzugehen, dass nicht zwangsläufig weitere Konsequenzen von politischen Parteien ergriffen werden müssen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für das Wort "Brandstifter" erteile ich – wie in einem vergleichbaren Fall – einen Ordnungsruf und bitte um Mäßigung! Ich erteile den Ordnungsruf deshalb, weil ich bei vergleichbaren Fällen Ordnungsrufe erteile – und daran festhalte.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt hat die SPÖ die Führung bei den Ordnungsrufen! Jetzt steht es 9 : 8!)

16.57

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Edlinger sagte, wenn einer die Behauptung A abgibt, der andere non A, dann muss eine von beiden falsch sein. Daher noch einmal in aller Form die Frage – und die Frage war klar, und sie ist eigentlich ohnehin schon beantwortet. Es wurde nicht gefragt nach Vorstrafe, es wurde nach Verurteilung gefragt, wie es auch im § 23 des Entwurfes heißt: Gibt es eine derartige Verurteilung wegen eines militärisch relevanten Gesetzes? Gibt es Verbindungen zu rechtsextremen Gruppierungen? – Es wäre doch interessant, das zu wissen.

Außerdem ist Herr Enzendorfer beziehungsweise Barnet meiner Information nach seit dem 7. Februar zum Dienst zugeteilt, das heißt, hat seine Dienstleistung in Ihrem Ressort zu verrichten. Insofern waren die Ausführungen des Abgeordneten Ofner nicht korrekt und nicht den Tatsachen entsprechend.

Zweitens – Sie sind dem nicht entgegengetreten –: Meine Frage war nach den "Müttern gegen Atomgefahren" beziehungsweise die Bevorzugung von Konzerninteressen, etwa der Atom-Sparte der Firma Siemens. In aller Form: Ist es wirklich so, dass ökologische BürgerInneninitiativen gefährlicher sind als Firmen, die grenznahe AKW aufrüsten? Oder: Was ist von der angeblichen Anti-Atom-Politik der Bundesregierung zu halten, wenn Sie mit diesen Konzernen gegen die BürgerInneninitiativen gemeinsame Sache machen? (Abg. Dr. Pilz: Es ist die Unwahrheit gesagt worden!) Es ist die Unwahrheit gesagt worden; das halte ich auch fest.

Und auch die Frage 10 war klar formuliert. Wir haben nicht nach einem Dienst, dem Heeres-Nachrichtendienst oder Abwehramt, gefragt, sondern wir haben nach beiden gefragt. Und wenn Sie daher nur eine Antwort geben, dann ist die unvollständig und würde etwa vor einem Gericht als falsch eingestuft werden. (Beifall bei den Grünen.)


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Und ein Allerletztes sei diesem Haus in aller Form gesagt: Das Argument, dass jemand, der nichts zu verbergen habe, einen Eingriff in die Grundrechte nicht zu fürchten brauche, ist ungefähr das Schlimmste, was man in einem Rechtsstaat sagen kann, und ich bin wirklich ehrlich schockiert, wenn das ein Jurist sagt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

1862: Gesetz zum Schutz des Hausrechts, Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit: 1867. Dafür sind Menschen gestorben, dafür haben sich Abgeordnete in diesem Hause eingesetzt, dass es Grundrechte gibt und dass es Schranken gibt für die Staatsgewalt.

Wenn Sie das in Frage stellen, dann ist das tatsächlich ein Element eines Staates, der sich nicht mehr Rechtsstaat nennen kann – und das wäre wohl entsetzlich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Ich komme zurück zum vorliegenden Militärbefugnisgesetz. Wenn ich diese Debatte heute hier mitverfolge, wenn ich mitverfolge, wie hier mit ernsthaften Themen umgegangen wird, so ängstigt mich das. Wenn man dieses Militärbefugnisgesetz studiert, hat man einerseits den Eindruck, als wäre Österreich nur von Feindesland umgeben, und andererseits, dass diese ÖVP/FPÖ-Regierung massives Misstrauen gegen die eigene Bevölkerung hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz passt zu einer Regierung, die, seit sie an der Macht ist, das Land nach innen spaltet und nach außen isoliert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Regierung! Ist das das Demokratiepaket, das Sie im Regierungsübereinkommen der österreichischen Bevölkerung versprochen haben, nämlich dass Sie lauschen, horchen, bespitzeln, denunzieren – und das alles ohne die notwendigen rechtsstaatlichen Absicherungen?! Dieses vorliegende Gesetz erinnert an einen Überwachungsstaat, und dagegen wehren wir uns! (Beifall bei der SPÖ.)

Ist das die "Bürgergesellschaft", die sich der Herr Dr. Khol vorstellt, in der Daten über unbescholtene Bürger und Bürgerinnen uneingeschränkt und unkontrolliert gesammelt, gespeichert und weitergegeben werden dürfen, auch ins Ausland, ohne Mitteilungspflicht an die Betroffenen und ohne Auskunftspflicht gegenüber den Betroffenen? Damit sind dem Datenmissbrauch Tür und Tor geöffnet. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Sicherheitsüberprüfungen sind viel zu weit gefasst, Herr Minister, eben nicht beschränkt auf Heeresangehörige und rein militärische Aspekte, sondern auch auf die Zivilbevölkerung. Diese Maßnahmen, die in Zukunft gesetzt werden sollen, sind es, die viele Bürger in unserem Lande ängstigen – und dagegen werden wir uns mit allen demokratischen Mitteln wehren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Heeresnachrichtengesetz gibt eben keine verlässliche Abgrenzung zwischen dem, was die Sicherheitspolizei darf und was der Heeres-Nachrichtendienst tut. Mit diesem Gesetz wird der militärische Geheimdienst zur zweiten Staatspolizei. Ich frage mich, ob wir das im Jahre 2000 in Österreich brauchen, ob wir es in einem hoch entwickelten, demokratischen Land wirklich brauchen, dass unsere Bürger von zwei Nachrichtendiensten überwacht werden dürfen, nämlich von der Sicherheitspolizei sowie auch vom Heeres-Nachrichtendienst.

Es gibt noch zwei Punkte, die sehr bedenklich sind. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es keine wie immer geartete Kontrolle über die Budgets des Nachrichtendienstes. Das Budget des Heeres-Nachrichtendienstes muss nicht ausgewiesen werden. Herr Minister, Sie haben gesagt, dieses Gesetz wird erst diskutiert, wird in den Ausschüssen noch behandelt. Herr Bundesminister! Besonders dieses Budget muss auch einer demokratischen Kontrolle durch das Parlament unterliegen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Und ein zweiter Punkt: Dass der Rechtsschutzbeauftragte von Ministers Gnaden ernannt wird, ist auch ein Paradoxon, denn alle, die von Berufs wegen mit dem Recht zu tun haben, sind von dieser Tätigkeit ausgeschlossen. Wir fordern deshalb eine eigene Rechtsschutzkommission, die auch vom Parlament eingesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Vorlage, so wie wir sie hier vorfinden, stellt eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dar, und ich hoffe, dass noch sehr viel an inhaltlicher Arbeit in den Ausschüssen geleistet wird, damit das Ärgste für diesen Rechtsstaat verhindert wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Jung: Wenn Sie dort sachlich sind, schon!)

17.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.06

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir erleben heute am Ende der ersten Plenarwoche der Budgetverhandlungen eine von den Grünen gestartete Diffamierungskampagne gegen verschiedene Mitglieder dieses Hohen Hauses; so war unter anderem am Vormittag ich an der Reihe – der Anwurf ist letztlich wie eine Seifenblase zerplatzt (Abg. Öllinger: Das ist eine eigenartige "Seifenblase"!)  –, und heute Nachmittag war es der Minister und auch Günther Barnet beziehungsweise vormals Enzendorfer.

Ich möchte, weil ich mir das jetzt genau angesehen und mich auch kundig gemacht habe, zur Frage 16, wobei ja immer noch der Vorwurf der Lüge im Raum steht, der noch nicht zurückgenommen wurde – in keine Richtung! –, eine Richtigstellung probieren. Ich weiß allerdings nicht, ob das überhaupt Sinn macht, denn wir sind es ja gewohnt, dass Vorwürfe, die an sich haltlos sind, immer wieder weitertransportiert werden. Sie glauben offensichtlich schon die eigene Propaganda, und das ist immer gefährlich – lassen Sie sich das von mir sagen –, denn die eigene Propaganda ist oftmals falsch.

Zur Frage, ob Herr Minister Scheibner einen Mitarbeiter im Kabinett beschäftigt, der wegen der Verletzung militärisch relevanter Gesetze verurteilt wurde, möchte ich sagen, dass es weder ein Verfahren gab noch gibt im Sinne des § 23 Militärbefugnisgesetz, das ja noch nicht in Kraft ist, aber Tatbestände aufzählt, und um die geht es ja inhaltlich. (Abg. Öllinger: Dann kann es das ja auch nicht geben!) Aber Sie stellen ja die Frage selbst so; Sie stellen die Frage in diese Richtung. Es gibt kein Verfahren – und es gab kein Verfahren. Das ist Faktum! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweites Faktum ist, dass es vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz auch ein politisch motiviertes Verfahren wegen des Schmuggels von 20 000 Schuss Munition gegeben hat. (Abg. Öllinger: "Politisch motiviert"?) Ich sage Ihnen: Dieses Verfahren endete mit einem rechtskräftig gewordenen Freispruch. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Der Vorwurf des Schmuggels endete mit einem rechtskräftigen Freispruch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, wir sind es unserer Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit schuldig, dass wir rechtskräftige Urteile in diesem Land auch respektieren – auch wenn es Ihnen nicht in den Kram passt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das stimmt auch nicht in diesem Fall!)

Dann habe ich mich persönlich vergewissert und in die Strafkarte des Günter Barnet Einsicht genommen, und ich kann Ihnen hier vom Rednerpult aus sagen, dass diese Strafkarte leer ist oder, wie es der Volksmund sagt, dass er unbescholten ist. Nun bitte ich Sie, auch das endlich zur Kenntnis zu nehmen, mit Diffamierungen aufzuhören und Menschen ihre Arbeit tun zu lassen!


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24. Sitzung / Seite 122

Oder ich frage hier von dieser Stelle: Was ist Ihr politisch motiviertes Ziel, wenn Sie Menschen diffamieren? Wollen Sie diese Menschen aus der Gesellschaft drängen? Darf es für die keinen Platz geben?

Heute Vormittag haben Sie den politischen Versuch begonnen, einen Vater von drei Kindern aus der Öffentlichkeit zu drängen. Das ist Ihnen misslungen. Hören Sie auf mit Menschenjagden! Ich bitte Sie von dieser Stelle aus darum! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte, Herr Bundesminister.

17.10

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich als Minister natürlich den drastischen Worten meines Vorredners nicht anschließen, aber trotzdem bin ich betroffen, wie man mit einem Mitarbeiter, einem Vertragsbediensteten des Bundes umgeht, mit einem Mitarbeiter, der – egal, wie man den Begriff "beschäftigt" definiert – bereits eine Überprüfung als Vertragsbediensteter des Parlaments gehabt hat und der jetzt in meinem Kabinett arbeitet, ob man das jetzt als "beschäftigt" im Sinne des Gesetzes sieht oder nicht. (Abg. Öllinger: Der Ofner versucht das!)

Sie haben ihm, Herr Kollege Pilz, auch die Namensänderung vorgehalten, nämlich, dass er mit dieser Namensänderung etwas vertuschen wollte. – Auch das, glaube ich, entspricht nicht den Gepflogenheiten, die Sie auch in der letzten Zeit immer an den Tag gelegt haben, als es etwa um die Fragen des Namensrechtes ging. Ich halte das wirklich für diskriminierend. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie, Herr Abgeordneter Pilz, haben diesem Mitarbeiter vorgeworfen, er habe einem Aktionskomitee "Siegfriedskopf" angehört, und dieses Aktionskomitee sei "rechtsextrem" gewesen. – Sie wissen, worum es geht. Es geht um den "Siegfriedskopf", der in der Aula der Universität Wien ein Denkmal darstellt, das verschiedene Gruppen zu beseitigen versucht haben. Dieses Denkmal ist nach wie vor an seiner Stelle. – Also ich glaube nicht, dass man da von einer ungerechten Aktivität des Herrn Barnet sprechen kann.

Die slowenische Gesellschaft wurde schon angesprochen. – Was werfen Sie einem Mitarbeiter vor, einem Bediensteten des öffentlichen Dienstes, der nicht die Möglichkeit hat, sich hier vom Rednerpult aus zu wehren? Sie sind immun, er kann nicht einmal strafrechtlich gegen Sie vorgehen, er kann nicht klarstellen, ob er Mitglied einer Gesellschaft ist oder war, ich weiß nicht einmal, ob er jetzt noch Mitglied dieser Gesellschaft ist, der auch Vertreter Ihres Klubs angehören und angehört haben. (Abg. Dr. Pilz: Ist er verurteilt? Ist er rechtskräftig verurteilt?)

Herr Kollege Pilz! Sie werfen ihm dann noch vor, sein Name sei in einer Adressliste, die bei einer Hausdurchsuchung bei irgendwelchen Rechtsextremen gefunden worden ist, aufgeschienen. – Wissen Sie, auf welchen Adresslisten Sie aufscheinen, Herr Kollege Pilz? Es hat in der Vergangenheit auch schon Diskussionen darüber gegeben, ob es Querverbindungen gibt zwischen Ihnen, anderen Angehörigen der Grünen und extremistischen Gruppierungen. Da haben Sie immer wieder gesagt: Wir können ja nicht wissen, wo wir überall aufscheinen, wir können ja nicht in einen Menschen hineinsehen, der diese Handlungen gesetzt hat.

Ich weiß nicht, auf welchen Adresslisten mein Name aufscheint. Möglicherweise auch auf einer Adressliste der KPÖ, weil ich eine Zeit lang die "Volksstimme", als es sie noch gegeben hat, zugesandt bekommen habe – ohne mein Zutun. Das werden Sie mir sicherlich glauben, Herr Kollege Pilz.

Jetzt zur Frage der strafrechtlichen Beurteilung: Auch da, so glaube ich, sollten Sie überlegen, welches Rechtsgut des Menschen betroffen ist. Wenn wir auch darüber reden, dass manche Prinzipien des Rechtsstaates vielleicht bei Politikern nicht so hundertprozentig anzuwenden sind, dass sich, wenn jemand, der in der Öffentlichkeit steht, anderen Kriterien zu unterstellen und anderen Beurteilungen auszusetzen hat, so sollte das doch nicht für Privatpersonen gelten, auch


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wenn sie in einem Naheverhältnis zu einer politischen Partei oder einer öffentlichen Institution stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pilz: Ist er jetzt verurteilt oder nicht?)

Jetzt sage ich Ihnen noch einmal ganz deutlich, Herr Kollege Pilz: Sie haben gefragt, wie auch in Ihrer Anfrage festgehalten, ob es im Sinne des § 23 Militärbefugnisgesetz eine Überprüfung gegeben hat. (Abg. Dr. Pilz: Nein, das war nicht die Frage!)

Ich lese es Ihnen ganz genau vor: "16. In den Erläuterungen zum § 23 Militärbefugnis heißt es:

,Als nicht verlässlich soll eine Person jedenfalls dann gelten, wenn sie durch ein inländisches Gericht wegen bestimmter Straftaten mit militärischer Relevanz rechtskräftig verurteilt wurde.‘ Beschäftigen Sie in Ihrem Kabinett Mitarbeiter, die wegen der Verletzung militärisch relevanter Gesetze verurteilt wurden?"

Sie haben den Vorwurf gemacht, dass Herr Barnet wegen Waffenschmuggels rechtskräftig verurteilt worden sei. (Abg. Dr. Pilz: Nein! Nein! Verletzung des Kriegsmaterialiengesetzes!) – Er ist freigesprochen worden. (Abg. Dr. Pilz: Das ist die Unwahrheit!) Sie haben ihm, Herr Kollege Pilz, unter dem Deckmantel der Immunität eine Straftat vorgeworfen, für die er rechtskräftig freigesprochen wurde; er hat im Zusammenhang mit dem Waffenschmuggel auch zwei Medienprozesse gewonnen, Herr Kollege Pilz. Und wenn Sie sich die Tatbestände ansehen, die im § 23 Militärbefugnisgesetz festgehalten sind, Herr Kollege Pilz ... (Abg. Dr. Pilz: Ist er verurteilt oder nicht?)

Herr Kollege Pilz! Lassen Sie mich auch einmal antworten! Nicht jede Antwort, die Ihnen nicht gefällt, ist keine Antwort oder eine falsche Antwort! Und ich sage Ihnen noch einmal ... (Abg. Dr. Pilz: Ist er verurteilt worden? – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Sitz! Platz!)

Alle Mitarbeiter in meinem Kabinett sind sicherheitsüberprüft worden (Abg. Dr. Pilz: Ist er verurteilt worden?), und es hat keine Einwände gegeben. Und es gibt auch keine Probleme im Hinblick auf die Tatbestände des § 23 Militärbefugnisgesetz. Auch Kollege Barnet ist nicht vorbestraft. (Abg. Dr. Pilz: Diese Antwort hat so kurze Beine! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Sitz!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Für jede andere Antwort, selbst wenn ich Ihren Bezug auf den § 23 außer Acht ließe, würde ich selbst, der ich nicht immun bin, mit dem Strafgesetz in Konflikt kommen. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Pilz: Das sind Sie heute sowieso!)

17.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Martin Graf: Herr Klubobmann! Beenden Sie diese Menschenjagd!)

17.16

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich habe Sie in guter Erinnerung (Abg. Neudeck: Das kann man von Ihnen nicht behaupten!) als Abgeordneten der Freiheitlichen Partei hier in diesen Reihen und als Klubobmann. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Als Minister nach kurzer, dreimonatiger Amtszeit frage ich Sie: Warum tun Sie das? Es wurden klare Fragen gestellt, und Sie beantworten sie entweder gar nicht oder mit Ausflüchten oder mit semantischen Umschreibungen, die einen die längste Zeit in die Irre führen, oder falsch. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lassen Sie sich vom Pilz nicht beeinflussen! – Abg. Fischl: Er hat schon wieder den Benzinkanister in der Hand!)

Die Frage 10 war doch klar: "Über wie viele Mitglieder des Nationalrats gibt es Akte im Abwehramt beziehungsweise im Heeres-Nachrichtenamt?" (Bundesminister Scheibner: Das habe ich auch klar beantwortet!) – Nein, die Akte Doris Pollet-Kammerlander etwa, die ich selbst kenne, kam nicht vor. Selbst, wenn man davon ausgeht, dass Sie nur aktive Mitglieder des National


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rates berücksichtigt haben: Abgeordneter Karl Öllinger ist der Meinung, dass es über ihn einen Akt gibt. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Zeit war zu kurz!) Entweder sind Sie falsch informiert von Ihren Beamten – oder Sie haben uns wissentlich falsch informiert.

Und die Frage 16, Herr Minister, drehen und wenden Sie so lange, bis es Ihnen passt. (Abg. Haigermoser: Und Sie beschuldigen so lange, bis Sie glauben, es ist wahr!) "Beschäftigen Sie in Ihrem Kabinett Mitarbeiter, die wegen der Verletzung militärisch relevanter Gesetze verurteilt wurden?" war die klare und eindeutige Frage. Sie antworten: Nein, es gibt keinen, der vorbestraft ist. (Bundesminister Scheibner: Da habe ich nicht gesagt!) Das war nicht die Frage. Sie haben gesagt, es gibt keinen, der wegen Schmuggels verurteilt worden ist, des Schmuggels dieser 20 000 Schuss Munition oder wie viel das waren. – Das war aber nicht die Frage.

Herr Enzendorfer selbst schreibt in seiner Gegendarstellung im "profil" vom 15. Mai 1995 ganz zum Schluss:

"Tatsächlich wurde Herr Enzendorfer lediglich deshalb zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt," – das sagt er selbst! – "da er im März 1992 entgegen einer Verordnung der Bundesregierung seine zivile Waffe ..."

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft. Bitte den Schlusssatz, Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Das ist der Schlusssatz, Herr Präsident!

"... und zivile Munition, nämlich eine Faustfeuerwaffe mit 11 Schuß Munition, in das Gebiet der ehemaligen SFR-Jugoslawien mitgeführt und dadurch gegen ein aufgrund des Kriegsmaterialiengesetzes erlassenes Verbot zuwider gehandelt hat."

Er sagt ja selber, er ist verurteilt. (Beifall bei den Grünen.)

17.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 378/AB

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 378/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollten nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Mag. Maier als Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.20

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ja schon befürchtet, dass Frau Staatssekretärin Rossmann heute an dieser Debatte teilnehmen wird, nachdem ein freiheitlicher Bundesrat die Zivildiener als "Urlaubszivildiener" bezeichnet hat. Wir sind froh darüber, dass Frau


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Staatssekretärin Rossmann nicht hier ist, weil das ein ernstes Thema ist, mit dem wir uns heute auseinander zu setzen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Anfragebeantwortung, die wir vom Herrn Bundesminister für Inneres bekommen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist rechtlich schlichtweg falsch. Die Auskunft ist verfassungsrechtlich bedenklich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Politik von Blau-Schwarz ansieht – und ich beziehe mich bereits auf das Regierungsprogramm –, dann sieht man, welchen Stellenwert Zivildienst, deren Trägerorganisationen in Ihrer Parteipolitik haben. Im Regierungspakt ist im Kapitel "Bundesheer" unter "Maßnahmen", "Punkt 2", zu lesen:

"Die Entscheidungsgrundlagen für die Umgestaltung des Bundesheeres zu einem Freiwilligenheer mit einer starken Milizkomponente sind vorzubereiten."

Unter anderem wird hier von einer "Evaluierung der Auswirkungen auf den Zivildienst und Arbeitsmarkt" gesprochen. – Sonst, meine sehr verehrten Damen und Herren, findet sich kein Wort darin über den Zivildienst.

Bereits das lässt ein traditionell gestörtes Verhältnis der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei zum Zivildienst, nämlich als Konkurrenz zum Bundesheer, vermuten.

Es gab heute eine Pressekonferenz: "100 Tage Regierung: Bilanz der Regierungsspitze". – Ich habe mir die Zeit genommen und die APA-Meldung dazu durchgelesen, und darin fand ich einen bemerkenswerten Satz, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darin heißt es nämlich:

"Die Regierungsarbeit stellt soziale Gerechtigkeit, Denken in Zusammenhängen und sachorientierte Lösungen im Interesse der gesamten Gesellschaft in den Vordergrund."

Erlauben Sie mir, zu sagen, gemessen an der Zivildienstpolitik sehe ich das anders: Die Regierungsarbeit stellt Ungerechtigkeit, isoliertes Denken, chaotische Lösungen im Interesse der Parteipolitik der blau-schwarzen Einheitspartei in den Vordergrund. – Das ist die Realität, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist nun passiert? – Unter dem Deckmantel der so genannten Budgetkonsolidierung oder – wie es der Herr Bundesminister für Inneres formuliert hat – "um dem Spargedanken der Regierung Rechnung zu tragen", kam es zu dieser skandalösen Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Maßnahmen. Die Anzahl der Zivildienststellen wurde mit Juni dieses Jahres von 1 709 auf 1 124 reduziert, der Verpflegegeldersatz auf 43 S.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei und von der Freiheitlichen Partei! Ich habe mir heute die Speisekarte aus der Cafeteria mitgenommen und habe mich anhand derer gefragt: Was könnte sich ein Zivildiener hier wirklich leisten? – Ein Essen kostet zwischen 58 und 128 S. Das Billigste ist eine ungarische Gulaschsuppe, meine sehr verehrten Damen und Herren, sie kostet 38 S – aber ohne Semmel, mit Semmel würde sie bereits 44 S kosten. Ich sage: Mahlzeit, Herr Klubobmann Khol, Mahlzeit, Herr Klubobmann Westenthaler, Mahlzeit, österreichische Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 100 Tage neu regieren! Und was heißt das für den Zivildienst? – Für den Zivildienst heißt das: weniger Zivildiener in Krankenanstalten, weniger Zivildiener im Rettungswesen, weniger Zivildiener in der Sozial- und Behindertenhilfe, weniger Zivildiener in der Altenbetreuung, weniger Zivildiener in der Krankenbetreuung, weniger Zivildiener in der Gesundheitsvorsorge, weniger Zivildiener in der Betreuung für Drogenabhängige, weniger Zivildiener in der Betreuung von Asylwerbern, weniger Zivildiener in der Betreuung von Flüchtlingen sowie Menschen, die in Schubhaft genommen worden sind, weniger Zivildiener für den Auslandszivildienst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heißt "regieren neu". "Regieren neu" bedeutet schlichtweg einen Richtungswechsel. Man unterscheidet zwischen Trägerorganisationen, die


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man haben möchte, und solchen, die man nicht haben möchte. Herr Klubobmann Khol, damit sind wir wieder bei den "Böcken und den Schafen". (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss sich natürlich auch damit auseinander setzen, wie dieses Innenministerium mit betroffenen Menschen, mit Zivildienern umgeht. Ich habe da ein Schreiben, gerichtet an das Innenministerium, und in diesem Schreiben heißt es:

"Ich bin seit 1993 selbständig und betreibe ein technisches Büro, Spezialbereich High End 3D-CAD Konstruktion in Stockerau. In diesem Betrieb beschäftige ich zurzeit sieben Mitarbeiter Vollzeit. Mit einem Bescheid vom 18. April 2000 vom Innenministerium werde ich nun mit Termin 5. Juni 2000 zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes aufgefordert." – Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Kollege wurde vorher nicht verständigt. Dieser Kollege muss nun seinen Zivildienst ableisten, und damit ist – vielleicht an die Adresse des Herrn Kollegen Stummvoll, da es sich um ein Unternehmen handelt – nun dieser Betrieb wirtschaftlich gefährdet. Ich frage mich, welche Lösungen dieses Ministerium finden wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt auf die Frage der Auslandszivildiener, auf den eigentlichen Gegenstand dieser Anfragebeantwortung, zurückkommen. Aus unserer Sicht ist gerade jetzt die Bedeutung des Dienstes an internationalen Holocaust-Gedenkstätten, aber auch an sozialen Einrichtungen im Ausland wichtiger denn je. Einige Zahlen für Sie: 1999 waren 143 österreichische Zivildienstleistende im Ausland an renommierten Einrichtungen, so zum Beispiel an der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, tätig; seit 1997 insgesamt 271 Auslandszivildiener.

Diese leisten nicht nur ihren Zivildienst, sondern sind vor allem im Interesse der Vergangenheitsbewältigung, der Aufarbeitung des schwärzesten Kapitels Europas im Einsatz. Diese Zivildiener bekommen – diesbezüglich gibt es einen rechtskräftigen Bescheid – keinen Unterhalt und keine Wohnbeihilfe. Der Herr Bundesminister für Inneres teilt mit, dass das Angelegenheit der Trägerorganisationen wäre. Ich frage mich schon, wer für den Unterhalt aufzukommen hat, wenn Inlandszivildiener unterhaltsberechtigt sind und Auslandszivildiener nicht. Ich halte diese Bestimmung im Zivildienstgesetz für verfassungswidrig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ihre Zivildienstpolitik muss von allen Vernünftigen in unserem Lande abgelehnt werden. Diese Politik stellt einen Verrat an der Zivilgesellschaft und auch einen Verrat an der österreichischen Jugend dar. Lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen! Wir werden uns daher nicht bei Philippi wieder sehen, sondern wir sehen uns vor dem Verfassungsgerichtshof! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

17.30

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Tagen wird Bilanz über 100 Tage der neuen Bundesregierung gezogen. Ich darf mich auch aus diesem Anlass sehr darüber freuen und möchte der Kriminalabteilung Niederösterreich herzlich dafür danken, dass sie in solch vorbildlicher Art und Weise, zumindest kriminalistisch, diesen furchtbar tragischen Fall der Vergewaltigung eines fünfjährigen Mädchens in Baden heute abschließen konnte.

Ich möchte mich dafür herzlich bedanken insbesondere bei den Beamten der Stadtpolizei Baden und des Gendarmeriepostens Baden. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet und gezeigt, dass die Sicherheit in unserem Lande, auch wenn solch schreckliche Dinge vorfallen, in besten Händen ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich die Ausführungen meines Vorredners verfolgt. Insbesondere ist festzustellen – und das ist hochinteressant –, dass


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er jener Partei ein gestörtes Verhältnis zum Zivildienst vorwirft, die nach 25 Jahren Zivildienstorganisation als erste Partei einen Zivildiener in die Regierung beruft. Das ist schon etwas seltsam. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit Interesse nehme ich zur Kenntnis, dass mein Vorredner kein Wort davon erwähnt hat, dass, nachdem ich jetzt drei Monate im Amt bin, 17 000 junge Männer jahrelang gewartet haben und noch immer warten müssen und keinen Zivildienstplatz erhalten haben. Das ist mit Interesse zu vermerken. (Abg. Parnigoni: Weil die ÖVP es immer verhindert hat! – Abg. Schwarzenberger: Wer war denn der Innenminister?)

Bei meiner Bestandsaufnahme über die Zivildienstorganisation und über die Art und Weise, wie der Zivildienst in meinem Ministerium bearbeitet wird, musste ich nach 25 Jahren Zivildienst und Zivildienstpolitik durch das federführende Innenministerium, das nur sozialdemokratisch besetzt war, leider feststellen, dass die Zivildienstorganisation organisatorisch völlig unzureichend ist, dass sie finanziell ausgeblutet ist und dass sie von Grund auf an Haupt und Gliedern erneuerungsbedürftig ist. Das ist die Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Ihr habt ja alles ruiniert! Ist ja höchste Zeit, dass ihr in der Opposition seid!)

Mit Interesse habe ich vernommen, dass mein Vorredner einen jungen Mann genannt hat, der 1993 selbständig wurde. Wenn wir einmal annehmen, dass dieser junge Mann 1993 nicht viel jünger als 16 Jahre alt gewesen sein kann, dann wartet er jetzt schon mindestens drei Jahre darauf – und ich würde vermuten, dass er noch wesentlich länger darauf wartet –, endlich zum Zivildienst eingeteilt zu werden. Das, was jahrelang unter einem sozialdemokratischen Innenminister nicht geschehen ist, wird dem jetzigen, sich seit drei Monaten im Amt befindlichen Innenminister vorgeworfen. Das nehme ich mit Interesse zur Kenntnis, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zu Ihrer Information darf ich sehr deutlich sagen: Seit ich Bundesminister bin, wird zum ersten Mal, und zwar bevor ein Bescheid ausgestellt wird, mit den Organisationen grundsätzlich Kontakt aufgenommen. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt ja nicht! – Abg. Dr. Fekter: Also war das vorher nicht so!) Seit ich Bundesminister bin, werden die Zivildiener vorher informiert, und ich werde diese Partnerschaft mit den Zivildiensteinrichtungen im eigenen Interesse, im Interesse der Zivildiener und im Interesse der Zivildienstorganisationen weiter vertiefen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage auch sehr offen und sehr direkt: Jawohl, ich stehe dazu, dass bei den Zuteilungen von Zivildienern Non-profit-Organisationen absolute Priorität haben. Deshalb habe ich auch vorgeschlagen – und ich danke den Abgeordneten, die diesen Vorschlag mit ihrem Antrag unterstützt haben –, dass Non-profit-Organisationen absolute Priorität einzuräumen ist – und nicht die Städte und nicht die Länder und nicht das Bundesministerium Zivildiener als erste zugeordnet bekommen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ja, ich habe in Wien Hunderte Zivildienststellen gekürzt, und ich sage Ihnen auch warum: Weil ich nicht mitverantworten will, dass durch Einsatz von Zivildienern, vor allem in Krankenhäusern der Stadt Wien, Frauenarbeitsplätze gefährdet oder sogar zerstört werden. Das ist der Grund, warum ich Zivildiener dort nicht haben will! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde weiter daran arbeiten, dass solche Dinge, wie sie in der Vergangenheit bei Zivildienst-Zuteilungen passiert sind, dass nämlich bei der Post Zivildiener gearbeitet haben, dass Zivildiener Organisationen zugeteilt worden sind und plötzlich bei Wahlkampfauf- und -abbauten von politischen Parteien wieder gefunden wurden (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), dass also solche Dinge in Zukunft nicht mehr vorkommen. Das ist nicht die Arbeit und nicht die Aufgabe von Zivildienstleistenden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr offen darf ich Ihnen auch sagen: Jawohl, ich werde mich auch als ehemaliger Zivildiener –ich darf Ihnen sagen, ich habe meinen Zivildienst in einer Behinderteneinrichtung absolviert, es war das sehr, sehr wertvoll für meine persönliche Entwicklung, und ich bin sehr dankbar dafür,


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dass ich das machen durfte – dafür stark machen, dass es eine Gleichbehandlung von Zivil- und Präsenzdienern gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist schon mehr als auffällig, dass plötzlich von Teilen dieses Hohen Hauses ein ungeheurer Aufschrei kommt, wenn die Zivildiener, was diese 43 S betrifft, mit den Präsenzdienern gleichgestellt werden. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt ja nicht! – Abg. Edlinger: Das ist ja nicht richtig! Das ist ja absurd!) Ich bin dafür, dass es da eine absolute Gleichstellung gibt, und ich darf gerade jene Abgeordneten, die die Höhe von 43 S – wann immer! – festgelegt haben, daran erinnern, dass es an diesem Haus liegt, die Höhe der 43 S – aber ich würde bitten, für alle gleich – zu behandeln und zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In einem Punkt möchte ich allen kritischen Bemerkungen durchaus ein gewisses Recht geben: Wenn wir nichts getan hätten, dann hätten wir keinen einzigen Zivildiener im Juni und keinen einzigen Zivildiener im Oktober zuteilen dürfen. Ich gebe zu, dass dieses Programm ein absolutes Rettungsprogramm ist, aber mit diesem Rettungsprogramm ist es zumindest gelungen, dass wir knapp 3 000 junge Männer jetzt, im Juni und im Oktober, zuteilen können. Ich glaube, das ist in Anbetracht der kurzen Zeit zumindest einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hohes Haus, das kann nicht genügen, denn so kann es nicht bleiben. Wenn in organisatorischer, wenn in finanzieller Hinsicht, wenn auf Grund all der Ergebnisse von 25 Jahren Zivildienstorganisation eine Reform an Haupt und Gliedern notwendig ist, dann haben wir zu handeln. Ich habe daher eine Arbeitsgruppe eingesetzt, und es ist mir ein großes Anliegen, dass wir möglichst rasch – ich hoffe, vor dem Sommer – erste Vorschläge vorlegen können, die einerseits den Abbau der 17 000 auf der Warteliste als ein Sonderprogramm vorsehen und die andererseits eine Gewähr für jene jungen Männer geben, die aus Gewissensgründen den Wehrdienst nicht ableisten wollen, einen Ersatzdienst angehen zu können.

Ich möchte auch hier vor dem Hohen Hause bekennen – ich habe das mit Interesse in einer der früheren Debatten gehört –: Für mich persönlich – und ich rede jetzt von mir persönlich – war das kein Ersatzdienst, sondern ein Alternativdienst, aber ich halte mich als Bundesminister natürlich ganz genau an jene Wortwahl, die das Gesetz vorgesehen hat, und ich werde dafür sorgen, dass ein Vorschlag auf den Tisch kommt, mit dem diesen jungen Männern, die den Wehrdienst nicht machen wollen, rechtzeitig eine Möglichkeit gegeben wird, diesen auch abzulehnen.

Zum Auslandsdienst darf ich nur einen Satz zu meinem verehrten Vorgänger sagen – ich darf die Zahlen sprechen lassen –: Was die Planungen für den Gedenkdienst betrifft, so darf ich festhalten, dass im Bundesvoranschlag 2000 höhere Mittel eingesetzt sind und auch zur Bewilligung anstehen, als 1999 ausgegeben wurden. – Das sei als einziger Satz zur Klärung und Aufklärung von Nebelschwaden, die hier durch die Gegend geschickt werden, gesagt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte. (Abg. Auer  – in Richtung SPÖ –: Klassisches Eigentor! – Abg. Dr. Fekter: Das kann sie nicht mehr retten! – Abg. Dr. Khol: Da ist einmal nicht der Edlinger schuld, sondern da ist der Schlögl schuld! Und wo ist er? Geflohen! – Abg. Grabner: Dich erwischt’s auch noch einmal, Khol! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Kuntzl! – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.41

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Herr Ex-Zivildiener! Ich finde es besonders bedauerlich, dass ein Minister, der selbst Zivildienst geleistet hat, auf eine derart wichtige, sensible Materie mit einem derartigen Schwall


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an Polemik reagiert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Die Wahrheit verträgt man so schlecht!)

Herr Minister Strasser! Putzen Sie sich bitte nicht an Ihrem Vorgänger ab! Ihr Vorgänger hatte vorgesehen, die Zuweisungen auf 8 000 auszuweiten. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Ohne Geld?! Wo ist er denn? Wir wollen den Schlögl hören!) Sie schrauben zurück. Seien Sie bitte Manns genug, und stehen Sie dazu, und sagen Sie uns die Gründe! Der Zivildienst ist Ihnen kein wirkliches Anliegen. Das ist der Hintergrund. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Wo ist denn der Schlögl?)

Besonders bedauerlich ist, dass wir in der derzeitigen politischen Phase, in der derzeitigen Situation, in der sich Österreich befindet, über den Auslandszivildienst, über den Gedenkdienst diskutieren und uns gegen eine Gefährdung zur Wehr setzen müssen. Ich zitiere jetzt aus einer Stellungnahme des Obmanns des Vereins Gedenkdienst:

Wenn die Regierung nun entscheiden sollte, dass die Leistung eines Gedenkdieners nicht mehr im außenpolitischen Interesse Österreichs sei, wird dies zu massiven negativen internationalen Reaktionen führen. Darüber hinaus würde diese Entscheidung eine eklatante Verletzung der von der Regierung unterzeichneten Präambel darstellen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, seien Sie dann nachher nicht überrascht. Nutzen Sie die Chance, und überlegen Sie sich vorher, was Sie machen! Setzen Sie ein positives Zeichen, das wir in dieser Situation jetzt so dringend brauchen würden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Haben Sie wieder eine Kampagne vor im Ausland? War das der Startschuss für eine Auslandskampagne?)

Das Argument, es gehe hier um Einsparungen, ist vorgeschoben. Das ist nur der Windschatten, in dem Sie diese Maßnahme umsetzen wollen. Es geht hier um 143 Personen, und das ist wohl eine Zahl, die wir uns noch leisten werden können. (Abg. Neudeck: Die SPÖ nicht!) Diese Maßnahme ist nicht durch Sparen motiviert, sondern diese Maßnahme ist ideologisch motiviert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Haben Sie nicht zugehört? 2000 mehr Mittel als 1999!)

Sie schaffen leider Schritt für Schritt den Zivildienst als reale Alternative zum Dienst mit der Waffe ab, Sie schränken ihn jetzt zumindest einmal in einem Mehrschrittverfahren ein, zuerst mit den geringeren Zuweisungen wie schon angesprochen. (Rufe bei der ÖVP: Höheren! Höheren!) Geringeren! (Abg. Schwarzenberger: Haben Sie das Budget nicht gelesen?) Herr Minister! Da finde ich es besonders interessant, dass Sie im Zusammenhang mit den Krankenanstalten davon reden, dass die Zivildiener deshalb in diesem Bereich zurückgenommen werden, um mehr Frauenarbeitsplätze zu schaffen.

Herr Bundesminister! Ich gehe davon aus, dass Sie sich bei Ihren Kollegen dafür einsetzen werden, dass dann im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen den Krankenanstalten auch mehr Geld zugewiesen wird, um diese Frauenarbeitsplätze – die übrigens auch Männerarbeitsplätze sein könnten – tatsächlich abzusichern. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Herabsetzung der Einkünfte, die den Zivildienern zur Verfügung stehen. Stellen Sie sich bitte vor, man kürzt von heute auf morgen Ihr Einkommen auf die Hälfte! Sie würden es vielleicht nicht spüren, aber wissen Sie, was sich die Zivildiener dann noch leisten können? (Beifall bei der SPÖ.) Zum Frühstück eine Semmel mit Nutella und ein Glas Milch, zum Mittagessen zwei Wurstsemmeln, zum Trinken leider nur Wasser und zum Abendessen einen Apfel. – Hervorragend! Sehr "großzügig"! (Abg. Neudeck: Das ist ja die Mayr-Kur!) Das sind Zustände, die Sie sich nicht vorstellen können, angesichts derer sich aber die Zivildiener, wenn sie Zivildienst leisten wollen, künftig überlegen werden müssen, ob sie sich das überhaupt noch leisten können, ob ihre Familie sie in dieser Zeit durchfüttern kann.

Was Sie auf der einen Seite durch die Reduktion der Essenspauschale für Zivildiener einsparen – ungefähr 150 Millionen Schilling –, das schütten Sie auf der anderen Seite wieder locker aus in Form der Streichung der sozialen Staffelung beim Mehrkindzuschlag. Das heißt, was sich


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die Zivildiener vom Mund absparen müssen, lassen Sie jenen zukommen, die diese staatliche Zuwendung wirklich nicht brauchen würden, die ohnehin genug haben. Die Zivildiener müssen sich vom Mund absparen, was Sie den Wohlhabenden zukommen lassen. Das sind keine Sparmaßnahmen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich weiß nicht, wie Sie das alles den jungen Leuten erklären werden, aber das ist Ihre politische Verantwortung! Wir werden jedenfalls nicht tatenlos zusehen, wie Sie die Alternative zum Dienst mit der Waffe Schritt für Schritt aushöhlen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwarzenberger  – in Richtung SPÖ –: Jetzt weiß ich, wieso Rudas so viel mehr verdient hat: Bei Ihnen wird nach Leistung bezahlt!)

17.46

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Kuntzl hat hier davon gesprochen, dass Herr Bundesminister Strasser polemisch geantwortet hätte, ja dass er sich sogar bei den Zivildienern abputzen würde – und das möchte ich auf das Schärfste zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Was ist denn polemischer, als wenn Herr Abgeordneter Maier mit der Speisekarte der Parlamentscafeteria hier zum Rednerpult geht und fragt, was sich denn ein Zivildiener um 43 S in der Parlamentscafeteria kaufen kann?!

Herr Maier! Was Sie vergessen haben, dazuzusagen, ist: Was kann sich denn ein Präsenzdiener um 43 S in der Parlamentscafeteria kaufen? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Als ich gehört habe, dass die SPÖ heute die Besprechung einer Anfragebeantwortung zu diesem Thema abhält, habe ich mir noch gedacht, das ist mutig. Als ich dann aber die Anfrage in Händen gehalten habe, habe ich mir gedacht, das ist eigentlich leichtsinnig. Wenn ich mir Ihre Fragen anschaue, die Sie hier stellen, Herr Abgeordneter Maier, so sehe ich, dass die Frage 1 lautet: "Wie viele Personen waren 1997, 1998 und 1999 von dieser negativen Regelung betroffen?"

Ich frage Sie: Wer war 1997, wer war 1998 und wer war 1999 der verantwortliche Minister? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das weiß ja der Maier nicht!)

Die Frage 2 lautete: "Welche Beträge hätten 1997, 1998 und 1999 bei entsprechender Rechtslage für Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe aufgebracht werden müssen?"

Wer war 1997, 1998 und 1999 der verantwortliche Innenminister, Herr Maier? (Abg. Schwarzenberger: Deshalb hat Schlögl ja in Purkersdorf so viel verloren!)

Ich meine, man muss hier einigermaßen fair bleiben, und ich möchte, nachdem Herr Bundesminister Strasser ja darauf verwiesen hat, dass es im Budgetvoranschlag für das Jahr 2000 nicht weniger, sondern mehr Mittel für diesen Bereich gibt, auch die Zahlen nennen. Im Jahre 1999 wurden für diesen Bereich 12,930 781,90 Millionen Schilling ausgegeben. Im Bundesvoranschlag für das Jahr 2000 sind hiefür 13,5 Millionen Schilling beinhaltet. (Abg. Dr. Fekter: Das ist ja mehr!) Ist das mehr, oder ist das weniger, Herr Maier?

Im Übrigen ist diese Diskussion ja viel grundsätzlicher zu führen. Sie tun ja tatsächlich so, als wäre der Zivildienst ein im Gesetz stehender Alternativdienst zum Präsenzdienst. Das ist nicht der Fall! Wir hätten ja gerne mit Ihnen in der vergangenen Legislaturperiode diese sicherheitspolitische Frage gelöst, das war jedoch nicht möglich.

In Artikel 9a der Bundesverfassung heißt es: "Jeder männliche österreichische Staatsbürger ist wehrpflichtig. Wer aus Gewissensgründen die Erfüllung der Wehrpflicht verweigert und hievon befreit wird, hat einen Ersatzdienst zu leisten. (...)"


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Das heißt, es ist das kein Alternativdienst, sondern es handelt sich hiebei um einen Ersatzdienst. Ich wäre aber gerne bereit dazu, mit Ihnen darüber zu diskutieren, ob wir nicht zu einer Form der Dienstpflicht kommen sollten, die eine Alternative darstellt. (Abg. Edlinger: Sehr imponierend!) Ich wäre gerne bereit dazu, mit Ihnen über eine bessere Professionalisierung des Bundesheeres zu debattieren. Dazu müssen Sie allerdings endlich Ihre ideologische Hürde überwinden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ein sehr anständiger Mensch!)

17.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte. (Abg. Schwarzenberge r – in Richtung SPÖ –: Jetzt weiß ich, warum Schlögl in Purkersdorf so viele Stimmen verloren hat: weil er unehrlich ist!)

17.51

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Maier, die Peinlichkeiten haben Sie eingeholt. Ich kann mir vorstellen, Sie werden nicht so schnell wieder eine Besprechung einer schriftlichen Anfragebeantwortung hier im Nationalrat fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte auf Ihre Aussagen zurückkommen. Sie sind sehr schnell mit großen Anschuldigungen da. Auch Ihre Generalsekretärin, Frau Kuntzl, spricht von Drohungen. Sie haben gesagt, das sei "Verrat" an den Zivildienern, "Verrat" an den jungen Menschen. (Abg. Mag. Maier: So ist es!) Aber Sie haben sich dann sehr schnell vom Innenminister sagen lassen müssen, dass es kein Verrat ist, der hier begangen wird, sondern (Abg. Mag. Maier: Ein Betrug!) es ist das politische Versagen des Vorgängers des jetzigen Innenministers, nämlich des sozialistischen Bundesministers Schlögl, das zu dieser Misere geführt hat. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen!

Ich werde Ihnen noch etwas sagen: Weder ich noch die Freiheitliche Partei haben ein gestörtes Verhältnis zum Zivildienst. Ich möchte auch nicht missverstanden werden, absichtlich missverstanden werden: Ich stehe zu diesem Zivildienst, weil ich weiß, dass die Zivildiener im gesamten sozialen Sektor in Österreich ungeheuer Großes leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Um 43 S!)

Aber auf der anderen Seite muss man doch auch zugeben und sich Gedanken darüber machen, dass es doch nicht sein kann, dass der Wehrersatzdienst, der der Zivildienst noch immer ist, zur Säule unseres Sozialnetzes geworden ist und dass alles zusammenbräche, wenn es zu einer Änderung in diesem Zivildienstgesetz kommt. Ich habe Mitteilungen von Vereinen bekommen, die demonstrieren gehen, die behinderte Menschen auf die Straße schicken wollen, weil es Änderungen im Zivildienstgesetz geben wird. Die Politik der vergangenen Jahre war falsch! Man hat bei den ... (Abg. Schwarzenberger spricht seit einiger Zeit in Richtung SPÖ.)  – Herr Abgeordneter! Ich bin am Wort und ich würde auch Sie bitten, dass Sie mir zuhören. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Man muss wirklich die Politik der vergangenen Jahre rügen, denn man hat niemals klargestellt, dass der Zivildienst nicht die Basis für das soziale Netz in Österreich sein kann. Wenn große Rettungsorganisationen, wenn die Feuerwehr, wenn die Krankenhäuser jetzt behaupten – wie es bei dieser Besprechung im Innenministerium herausgekommen ist –, ihr Betrieb werde zusammenbrechen, wenn Zivildiener nicht mehr in der Form zugeteilt werden, dann passiert das auf Grund einer Fehlentwicklung, die in den vergangenen Jahren vor sich gegangen ist.

Genauso eine Fehlentwicklung ist auch der Auslandseinsatz, der in den vergangenen Jahren eingeführt wurde. Man hat auf der einen Seite den österreichischen Institutionen immer wieder vorgegaukelt, sie könnten noch und noch Zivildiener bekommen, auf der anderen Seite hat man aber das Tor aufgemacht, damit weitere Zivildiener im Ausland für den Gedenkdienst und für den Friedensdienst beschäftigt werden. Man hat jedoch gleichzeitig festgestellt, dass das in Wirklichkeit gar kein Zivildienst ist, der im Ausland geleistet wird, denn Zivildienst kann nur im Inland geleistet werden, da es sich dabei um eine hoheitliche Aufgabe handelt. Es ist also ein Sozialdienst statt des Zivildienstes eingeführt worden.


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Weiters hat man auch überhaupt keine Kontrolle bezüglich des Auslandsdienstes geschaffen. Es ist nämlich den Trägerorganisationen freigestellt worden, Kontakte mit ausländischen Vereinen zu pflegen. Der Zivildiener stand völlig außer Beobachtung des inländischen Bereiches. Die Trägerorganisationen haben bestimmt, wo und wie er eingesetzt wird.

Jetzt möchte ich noch etwas festhalten, weil ich da von manchen immer wieder gerne falsch verstanden werde: Ich bin für den Gedenkdienst, ich bin für den Friedensdienst, aber ich bin nicht der Auffassung, dass wir, solange wir in Österreich die Sozialeinrichtungen kürzen müssen, Zivildiener ins Ausland schicken, damit sie dort Gedenkdienst versehen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich behaupte, dass es immer noch einfacher und schöner ist, Gedenktafeln zu beaufsichtigen und Leute durch ein Holocaust-Museum zu führen, als in Österreich in einem Krankenhaus alten Leuten die Leibschüssel zu leeren, ihnen Strümpfe anzuziehen und so weiter. (Abg. Reheis: Um 43 S pro Tag!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass all die ausländischen Organisationen, die bisher im Ausland durch die Trägerorganisationen Zivildiener zugeteilt erhalten haben – wie zum Beispiel so namhafte Organisationen wie das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles –, genügend freiwillige Personen haben, die den Gedenkdienst und den Friedensdienst ausüben, und nicht unsere Zivildiener brauchen, die wir im Inland so dringend für unsere Organisationen benötigen.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Wenn wir uns hier den Vorwurf gefallen lassen müssen, wir wären durch diese Maßnahmen für die Abschaffung des Zivildienstes, dann möchte ich Ihnen sagen: Das ist nicht der Fall. Aber die Grünen in Deutschland haben jetzt laut darüber nachgedacht, ob es nicht sinnvoller wäre, den Zivildienst überhaupt abzuschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

17.57

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, wenn Sie sich schon solche Sorgen um die Krankenschwestern, um die Arbeitsplätze von Frauen zum Beispiel in Krankenhäusern der Stadt Wien machen, dann möchte ich Sie fragen: Machen Sie sich auch in derselben Intensität dieselben Sorgen um die Mitarbeiterinnen beim Niederösterreichischen Hilfswerk?

Aber ich möchte jetzt zu einem anderen Thema kommen. Herr Minister Strasser, ich glaube Ihnen als Person, dass Sie als ehemaliger Zivildiener wissen, worum es geht. Das Problem, das Sie haben, ist jedoch, dass Sie sich gegen die ÖVP und gegen die FPÖ nicht durchsetzen konnten. Sie konnten sich gegen Herrn Klubobmann Khol, gegen Herrn Westenthaler, gegen Herrn Scheibner nicht durchsetzen und haben sich dann auch noch von Finanzminister Grasser über den Tisch ziehen haben lassen, was das Budget betrifft! Das ist das Problem! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Steibl und Dr. Trinkl. )

Sie, Herr Dr. Strasser, sind der zuständige Minister und deshalb müssen Sie auch in diesem Fall die negativen "Lorbeeren" ernten! Das ist eben so, das gehört ganz einfach zu Ihrem Job.

Dass sich Herr Amon vielleicht zwei Minuten, bevor er hier herausgekommen ist, mit dem Zivildienstgesetz befasst hat, zeigt sich darin, dass er sagte: Auch die Präsenzdiener bekommen nur 43 S pro Tag für das Essen. – Haben Sie denn vergessen, dass die Präsenzdiener verpflichtend in der Kaserne verpflegt werden müssen? Nur wenn sie dort nicht essen wollen, bekommen sie 43 S als Entschädigung ausbezahlt. Wenn sie dort nicht essen können, bekommen sie selbstverständlich auch in Zukunft 155 S an Pauschalvergütung refundiert. Das ist die Ungleichstellung, meine Damen und Herren, die Sie geschaffen haben! Das ist die Ungleich


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stellung, die Sie zu verteidigen versuchen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Beschäftigen Sie sich doch einmal damit und vergleichen Sie den Leistungsanspruch der Zivildiener mit jenem der Präsenzdiener! Dann werden Sie draufkommen: Die Zivildiener müssen in den Einrichtungen nicht mehr versorgt werden. Das haben Sie nämlich mit der Streichung des entsprechenden Paragraphen völlig eliminiert. Die Zivildiener müssen jetzt schauen, dass sie sich am freien Markt um 43 S irgendwie über die Runden bringen, was in der Praxis ja gar nicht möglich ist.

Herr Minister! Dass die Novellierung des Zivildienstgesetzes ein Pfusch ist, haben Sie von den Regierungsparteien sich bereits eingestanden, indem Sie jetzt schon davon reden, dass es im Herbst eine Novellierung der Novellierung geben wird. – Es gibt doch nichts, was offensichtlicher wäre, als dass man eine Novelle, die mit 1. Juni in Kraft tritt, bereits Mitte Mai wieder diskutiert und man sagt, es wird im Herbst wieder eine Novelle geben, die dann mit Jänner nächsten Jahres in Kraft treten wird.

Herr Minister! Bezüglich dieser Novelle wünsche ich mir, dass Sie tatsächlich das tun, was Sie auch versprochen haben, dass man nämlich über die Dinge diskutiert, dass es Einspruchsfristen gibt, dass es Begutachtungsfristen gibt und dass Sie sich mit den Zivildienern und den Einrichtungen ernsthaft und ehrlich auseinander setzen. Das ist ganz einfach nicht passiert! Sie wissen es. So schnell wie diese Zivildienstgesetz-Novelle wurde noch nie eine Novellierung in diesem Hause durchgedrückt. Ich kann und werde es nicht zulassen, dass Sie dieses Spektakel auf Kosten der Zivildiener, auf Kosten der behinderten Menschen noch weiter treiben, nämlich in die Richtung, dass es sich mittelfristig niemand mehr wird leisten können, Zivildienst zu machen, außer wenn die Eltern den jungen Mann erhalten. Das ist das Problem.

Vielleicht haben Sie heute zufällig die Aktion wahrgenommen, die am Graben stattgefunden hat. Dort sind Zivildiener, Vertreter von Behinderteneinrichtungen, betroffene Menschen und behinderte Kinder mit einem Schild um den Hals gesessen und haben gesagt: Für uns wird ein Spaziergang im Sommer nicht mehr möglich sein. Wir haben keine Zivildiener mehr. – Können Sie es wirklich verantworten, Herr Minister, dass behinderten Menschen, dass alten Menschen, dass kranken Menschen auch noch das Stück Lebensqualität genommen wird, nämlich dass sie zumindest vielleicht einmal am Tag für eine Stunde spazieren geführt werden?

Herr Minister! Ich glaube nicht daran, dass Sie diese Brutalität besitzen. Deshalb fordere ich Sie auf: Unterlassen Sie die Novelle zum Zivildienstgesetz, die Sie jetzt beschlossen haben! Erklären Sie sie bitte für obsolet! Nehmen Sie sie zurück! Geben Sie sich und uns die Möglichkeit, dass wir bis Herbst diskutieren und dass wir Probleme, die es gibt ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend):  – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlung über die Beratungsgruppe XIII: Öffentliche Leistung und Sport wieder auf.

Zu Wort gemeldet, in Fortsetzung ihrer Rede, ist Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. – Bitte.

18.03

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich setze nach


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dieser etwas abrupten Unterbrechung mit dem Kapitel "Sport" fort und möchte kurz die Eckdaten nennen. Im Jahre 1999 hat die gesamte Bundessportförderung 648 Millionen Schilling betragen. Das ist derselbe Betrag, der auch im Budget 2000 vorgesehen ist. Diese 648 Millionen Schilling setzen sich aus 460 Millionen Schilling an Toto-Mitteln und 188 Millionen Schilling aus der allgemeinen Sportförderung zusammen.

Das war das Ergebnis von durchaus schwierigen und zähen Verhandlungen mit dem Herrn Finanzminister, und ich möchte – es ist mir besonders wichtig, das darzulegen – darauf hinweisen, dass ich bei der Erstellung des Budgets 2000 die Anweisung gegeben habe, dass bei der Bundessportorganisation, den Verbänden, den Trainermitteln, den Sportkoordinatoren, der Nachwuchs- und Spitzensportförderung sowie beim Behindertensport keine 15-prozentige Kürzung vorgenommen wird, weil es uns wichtig war, auch da eine verlässliche Grundlage für die Arbeit im Jahr 2000 zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte, da Sie alle das Regierungsprogramm kennen, nur in kurzer Form die wichtigsten Anliegen im Bereich der Sportpolitik darlegen, die wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen haben. Das ist zum einen die Entwicklung eines differenzierten sportlichen Angebots in den Kindergärten und in den Schulen, um auch junge Menschen dazu zu motivieren, Sport als sinnvolle Gestaltung für ihr weiteres Leben zu erfahren, das ist zum anderen die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Sportwissenschaft, Medizin, den Vereinen und den Sportlern. Gemeinsame Ziele der öffentlichen Hand und der Sportorganisationen sollen festgelegt werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit im österreichischen Spitzensport zu fördern.

Die Erstellung eines nationalen Sportstätteninfrastrukturplanes in Verbindung mit gemeinsamen sportpolitischen Zielsetzungen ist ebenfalls ganz wichtig, weil ich bei der Ressortübernahme, die ja keine Übergabe des Ressorts war – wir haben uns in die Unterlagen eingearbeitet –, Folgendes festgestellt habe: Im vergangenen Jahr sind im Zuge des Wahlkampfes sowohl der damalige Finanzminister Edlinger als auch der damalige Staatssekretär mit dem Füllhorn durch Österreich gegangen und haben per Handschlag alle 50 Kilometer in diesem Land ein Stadion versprochen und Ähnliches mehr, ohne dass es dafür eine finanzielle Bedeckung gegeben hat. (Abg. Edlinger: Das hat die Regierung beschlossen!)

Ich zeige Ihnen gerne, Herr Kollege Edlinger, die vielen Schreiben von Zusagen, die ich aus ganz Österreich bekommen habe, die Sie und Kollege Wittmann per Handschlag gemacht haben und für die es keine Beschlüsse in der Bundesregierung und auch keine finanzielle Bedeckung gegeben hat. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Ich werde Ihnen das gerne übermitteln, Sie können ja dann Ihre Stellungnahme dazu abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für uns ist es wichtig – das ist wahrscheinlich das wichtigste Ziel, das wir haben –, dass wir nachvollziehbare und transparente Förderungsrichtlinien im gesamten Bereich der Sportförderung einführen, und zwar Richtlinien, die auch eine mehrjährige Budgetplanung ermöglichen, die kalkulierbar und verlässlich auch für die Partner des Bundes in der Sportförderung sind.

Wir unterstützen die Ausbildungsprogramme von Mitarbeitern in den österreichischen Sportorganisationen, und zwar nicht nur im Sinne der Trainerausbildung, sondern – und das ist ein Bereich, der zunehmend wichtiger wird – auch im Bereich der Marketingausbildung, weil wir glauben, dass auch da eine Professionalisierung in den Verbänden dringend vonnöten ist. Alles, was wir von Bundesseite tun können, um das zu unterstützen, werden wir tun.

Ein Schwerpunkt ist die Einführung von wirksamen Maßnahmen gegen Doping im Sport und eine diesbezügliche Aufklärung. Wir haben ein Arzneimittelgesetz, das jetzt in der Fertigstellung ist, das sich genau mit diesem Bereich auseinander setzen und auch für sehr viel strengere Bestimmungen sorgen wird, als es bisher der Fall war.

Wir werden schließlich alles daransetzen, dass es auch neue Finanzierungsmöglichkeiten im Sport in zweifacher Hinsicht gibt: zum einen auf steuerlicher Seite in Form eines Sportsponsorings – das ist eine Aufgabe, die sich die Steuerreformkommission auch zum Ziel setzen wird – und zum anderen durch die Errichtung eines eigenen Sportkanals, weil wir glauben, dass die


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mediale Präsenz, die Fernsehpräsenz auch von jenen Sportarten, die man gemeinhin als Randsportarten bezeichnet – die ich nicht so bezeichnen möchte, sondern das sind wichtige Sportarten, die nur in der jetzigen Situation einfach nicht die entsprechende mediale Plattform haben –, ausgebaut werden soll, damit sie die Möglichkeit haben, über diesen Weg zu zusätzlichen Sponsorengeldern zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist jetzt ein erster, wenn auch kleiner Schritt durch eine zusätzliche Schiene auf TW 1 gesetzt worden, wo es eine stundenweise sportliche Berichterstattung gibt. Das ist aber, wie gesagt, nur ein sehr kleiner, winziger Schritt, wenngleich auch in die richtige Richtung, aber das wird man noch sehr viel weiter durchführen müssen.

Wir sind auch an der Entwicklung eines neuen Berufsbildes im Sportbereich und an der finanziellen Unterstützung aus dem Arbeitsmarktservice für die berufliche Tätigkeit im Sport interessiert.

Ein ganz persönliches Anliegen, das ich habe – das war mir von Anfang an wichtig, deshalb haben wir auch bei der Budgeterstellung 2000 besonders darauf Rücksicht genommen –, ist, dass wir auch die Förderung des Behindertensports endlich auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Das ist etwas, was bisher unverständlicherweise nicht der Fall war. Ich glaube, dass es unzumutbar ist – gerade für die Sportler im Behindertenbereich –, dass sie immer von Jahr zu Jahr auf den Goodwill angewiesen sind. Wir sind dabei, eine gesetzliche Grundlage vorzubereiten und zu schaffen, damit auch da entsprechende Förderungssicherheit gegeben ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, dass jeder, der das Regierungsprogramm kennt, jeder, der die Budgeterstellung und die Zielsetzungen dieser Bundesregierung im Sportbereich kennt, zur Kenntnis nehmen muss, dass wir dem Sport eine ganz wichtige Bedeutung beimessen und dass der Sport einen großen Stellenwert in dieser Regierung hat.

Ich meine, dass der Sport auch etwas ist, bei dem wir gemeinsam demonstrieren sollten – auch über die Parteigrenzen hinweg –, dass es möglich ist, ambitionierte Ziele zu erreichen. Ich lade auch die Opposition sehr herzlich zur Unterstützung ein, weil ich glaube, dass es gerade dieser Bereich ist, in dem es in Zusammenarbeit mit den Bundessportorganisationen, mit den Verbänden, mit dem Österreichischen Olympischen Comité, den 12 000 Sportvereinen und den Hunderttausenden von Sportlern und Funktionären unsere gemeinsame Zielsetzung sein sollte, am Ende dieser Legislaturperiode auf eine gelungene sportpolitische Neuausrichtung in diesem Lande zurückblicken zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, berücksichtigen Sie § 58 der Geschäftsordnung und beginnen Sie! (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Edlinger, was berichtigen Sie jetzt? Das Salzburger Stadion? Das Grazer Stadion? Das Innsbrucker Stadion?)

18.10

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Ich habe drei Dinge zu berichtigen.

Erstens: Die Frau Vizekanzlerin behauptete in ihrer Rede, ich hätte das AMS ausgegliedert. – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass ich das AMS nicht ausgegliedert habe. Dies geschah nämlich bereits 1994 – ich trat der Bundesregierung 1997 bei –, und zwar auf intensiven Wunsch des damals etwas glücklosen Wirtschaftsministers Schüssel. – Da Sie mit diesem Herrn öfters zusammen sind, fragen Sie bitte ihn, was ihn dazu bewogen hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Die Frau Vizekanzlerin behauptete, ich wäre mit dem Füllhorn durch Österreich gegangen und hätte Stadien versprochen. – Das ist falsch!


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Ich bin weder mit dem Füllhorn durch Österreich gegangen, noch habe ich Stadien versprochen. Es existierte lediglich der Beschluss der Bundesregierung, im Falle der Zuerkennung der EM im Jahre 2004 einige Stadien zu adaptieren beziehungsweise neu zu bauen. Falls Sie lokale Politiker anders informieren, dann kann ich Ihnen nur empfehlen, sehr geehrte Frau Vizekanzlerin, sich von diesen lokalen Politikern – bei allem subjektiven Verständnis für ihre Position – nicht austricksen zu lassen.

Die dritte tatsächliche Berichtigung hole ich gleich nach. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber auch etwas Neues! – Das ist etwas Neues: "nachholen"! Ist das in der Geschäftsordnung: "nachholen"?)

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Vizekanzler hat behauptet, dass ich mit dem "Füllhorn" durch Österreich gereist wäre und Stadien versprochen hätte – per Handschlag. – Das ist unrichtig!

Ich bin weder mit dem "Füllhorn" durch Österreich gereist, noch habe ich per Handschlag Stadien versprochen. (Abg. Dr. Khol: Nicht einmal das hat er gemacht! Nicht einmal das! – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Es gibt Zusagen für Subventionen lediglich in schriftlicher Form, und diese Akten wurden Ihnen übergeben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das tut schon weh!)

18.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung, und zwar auf eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Kopf, hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Ich bitte wieder um Berücksichtigung von § 58 der Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.13

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Abgeordneter Kopf behauptete, dass das Pensionskonzept der Bundesregierung, das massive Abschläge bei Inanspruchnahme von Frühpensionen vorsieht, von mir stamme. – Das ist falsch!

Ich hätte Abschlägen, die eine massive Kürzung künftiger Pensionen bedeuten, nie zugestimmt. (Ironische Heiterkeit des Abg. Kampichler. ) Diese Abschläge entsprechen exklusiv der sozialen Dimension dieser Bundesregierung, und sie tragen die Handschrift Khol/Schüssel. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

18.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Frau Vizekanzler! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zeitung "Die Presse" hat schon im Dezember vergangenen Jahres ihre Beilage mit der Schlagzeile aufgemacht: "Verwaltung kostet um 50 Milliarden zu viel." Der Artikel hat sich auf die Kritik des Wifo-Chefs Helmut Kramer bezogen, der in der Verwaltung einen erheblichen Reformbedarf geortet hat. Nach einer OECD-Studie – die Frau Vizekanzlerin hat das bereits erwähnt – kostet die österreichische Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden um ganze zwei Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes mehr als vergleichsweise in der Bundesrepublik Deutschland, und das, obwohl etwa die Verteidigungsausgaben in der Bundesrepublik, wie wir alle wissen, viel höher sind als in Österreich.

Im Regierungsprogramm haben die Koalitionsparteien diesem Umstand Rechnung getragen. Die Zahl der öffentlich Bediensteten muss mittelfristig abgesenkt werden, und diese Einsparun


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gen müssen durch das Nichtnachbesetzen frei werdender Dienstposten in nächster Zeit verwirklicht werden.

Unmittelbar damit verknüpft ist eine Aufgaben- und Ausgabenreform. Das Ziel muss die Konzentration staatlicher Leistungen auf Kernfunktionen und eine Optimierung der Aufgabenverteilung sein. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass es weder zu Einschränkungen bei den Leistungen der Verwaltung für die Bürger noch zu unzumutbaren Überlastungen der Mitarbeiter in der Verwaltung kommt.

Eines der wichtigsten Ziele einer modernen Personalentwicklung – und ich sage mit Absicht nicht "Personalpolitik" – im öffentlichen Dienst ist die so genannte Objektivierung. Unter diesem Schlagwort ist eine wirklich objektive und nachprüfbare Personalauswahl bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst zu verstehen. Bisher dominierte dort die Parteibuchwirtschaft und der politische Proporz.

Das richtige Parteibuch entschied aber nicht nur über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in ein Ministerium, in eine Landesregierung oder in eine Stadtverwaltung; die Parteipolitik spielte auch bei der Karriere der Bediensteten eine oft entscheidende Rolle. Die Überstellung von einer Beamtengruppe in eine andere, außerordentliche Vorrückungen oder auch die Besetzung von Amtsleiterposten und dergleichen mehr waren häufig von ausschließlich politischen Entscheidungen abhängig.

Dass es zu krassen Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen in diesem System kam, weiß jeder, der im öffentlichen Dienst gearbeitet hat oder noch arbeitet.

Einen besonders üblen Fall parteipolitisch motivierter Willkür möchte ich Ihnen heute als negatives Beispiel schildern. Die ganze Angelegenheit lässt sich auch unter den Titel stellen: Schädigung der Republik Österreich durch den früheren Finanzminister Lacina. Ich schicke voraus, dass jeder in diesem Raum Einblick in meine Unterlagen nehmen kann, auch in die oberstgerichtliche Entscheidung, und gegen meine sonstige Gewohnheit in Personalangelegenheiten werde ich auch die Namen nennen.

Im Jahre 1988, also vor zwölf Jahren, war die Stelle des Inspizierenden der Zollämter im Bereich der Finanzlandesdirektion für Salzburg neu zu besetzen. Das sorgfältig vorbereitete Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren hat mit einem eindeutigen und nachvollziehbaren Gutachten der Ausschreibungskommission zu Gunsten des Bewerbers Franz Polster geendet. Der Leiter der damals für dieses Verfahren zuständigen Personalsektion empfahl daraufhin dem Bundesminister für Finanzen, Herrn Dkfm. Lacina, den Bewerber Franz Polster mit der ausgeschriebenen Stelle auch zu betrauen.

Der Bundesminister hat aber dann dem Sektionsleiter die Weisung erteilt, einen laut Gutachten der Kommission minder geeigneten Bewerber mit dieser Funktion zu betrauen. Obwohl der Sektionsleiter seinen Bundesminister darauf hingewiesen hat, dass sein Beharren auf dieser Weisung den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt – ich wiederhole: den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt – erfüllen würde, blieb Bundesminister Lacina bei seiner Weisung, worauf der weniger geeignete Bewerber schließlich tatsächlich zum Inspizierenden der Zollämter bestellt wurde.

Herr Bundesminister Lacina hat seinem Sektionschef dessen Warnungen auch noch übel genommen, denn er hat ihm geraten, frühzeitig in Pension zu gehen.

Der übergangene Beamte, Franz Polster, nahm seine ungerechtfertigte Benachteiligung nicht widerspruchslos hin, sondern machte seinen Schaden im Wege einer Amtshaftungsklage geltend. In mehreren Rechtszügen durch alle Instanzen bis hin zum Obersten Gerichtshof wurde die unkorrekte und illegale Vorgangsweise des ehemaligen Finanzministers immer wieder dargestellt. Der Oberste Gerichtshof hat schließlich den Fall mit einer Entscheidung am 27. August 1999, also nach elf Jahren, endgültig geregelt. Demnach hat der Gerichtshof erkannt, dass Bundesminister Lacina im gegenständlichen Fall seine Befugnisse grob missbraucht hat.


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Also stand – und das ist die Auswirkung dieser Entscheidung – einem Schadenersatz für den geschädigten Beamten prinzipiell nichts mehr im Wege. Nach dem neuen Urteil muss nur noch festgestellt werden, meine Damen und Herren, wie hoch die finanziellen Einbußen des Klägers waren und bis in dessen Pension sein werden. Die Differenz gegenüber der rechtswidrig vorenthaltenen Beförderung steht ihm natürlich zu.

Die Republik Österreich wird daher dem geschädigten Bediensteten Schadenersatz zu leisten haben und darüber hinaus auch die gesamten Kosten des Verfahrens tragen müssen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, ob und wie weit der dafür Verantwortliche, nämlich der frühere Bundesminister Lacina, dafür zur Verantwortung gezogen werden kann.

Meine Damen und Herren! Dieser Fall wirft ein bezeichnendes Licht auf die brutale Parteipolitik bei Beamtenernennungen. Das Urteil des Höchstgerichtes ist zwar, wie ich meine, ein Meilenstein für die Erhaltung unseres Rechtsstaates, aber trotzdem darf nicht vergessen werden, dass dieser Fall ein erschreckender politischer Skandal ist. Natürlich wissen wir alle: Das ist nur ein Aspekt. Es ist die Spitze eines Eisberges, eine Art parteipolitischer Betriebsunfall. Eines ist wohl klar: Hätte der benachteiligte Beamte nicht sein Recht über die Gerichtsinstanzen gesucht, wäre ihm dieses mit Sicherheit verweigert worden.

Es ist aber nicht der Regelfall – und das wissen auch alle, die im öffentlichen Dienst tätig sind –, dass Beamte elf Jahre lang vor Gericht um ihr Recht kämpfen. Die meisten resignieren und geben schon viel früher auf.

Solche Skandale wird es unter der neuen Bundesregierung mit Sicherheit nicht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Objektivität und Objektivierung sind für uns Freiheitliche nämlich keine Schlagworte, keine leeren Worthülsen (Abg. Silhavy: Das sieht man ja beim Justizminister! – Ruf bei den Grünen: Das haben wir gemerkt!), sondern Teil unserer politischen Grundsätze. Sie sind unter anderem auch eine Erklärung dafür, dass wir von einer 5-Prozent-Partei im Jahr 1985 zu der Arbeitnehmerpartei schlechthin bei den letzten Wahlen geworden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen haben nicht vor, am Postenschacher und am Proporz, die wir über viele Jahrzehnte bekämpft haben, teilzunehmen. Wir betrachten den öffentlichen Dienst nicht als Selbstbedienungsladen für eine Partei oder für die politisch Mächtigen. Wir wollen aber für die Leistungswilligen im öffentlichen Dienst bessere Rahmenbedingungen schaffen, damit die Karriere nicht vom Parteibuch, sondern vom persönlichen Können und vom persönlichen Einsatz abhängt. Das neue Objektivierungsgesetz, das die Frau Vizekanzler noch vor dem Sommer vorstellen wird, ist dafür eine ganz wesentliche Voraussetzung.

Mit einer persönlichen Bemerkung möchte ich schließen: Schon als Gemeinderat und als Personalsprecher in Graz habe ich einen jahrelangen Kampf für mehr Objektivität in der Stadtverwaltung geführt. Ich freue mich, dass ich als Sprecher meiner Fraktion für den öffentlichen Dienst nun im Parlament unter Federführung einer freiheitlichen Vizekanzlerin ähnliche Objektivierungsmaßnahmen im Bundesdienst unterstützen kann.

Ich danke Ihnen, Frau Vizekanzler, und Ihren Beamten für Ihre Bemühungen, frischen Wind in eine zum Teil erstarrte Verwaltung zu bringen und für die einzelnen Bediensteten ein Stück mehr Freiheit zu garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Frau Vizekanzler! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So wie es Kollegen Kopf gegangen ist, geht es auch mir. Ich möchte über den Sport reden, muss aber vorher noch einige Anmerkungen machen.


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Was Freund Kopf betrifft, so hat er natürlich einen Staatssekretär vergessen – aber vergesslich kann man hier in dieser Runde ja sein –, nämlich Staatssekretär Schäffer.

Ich widerspreche einer Frau nicht sehr gerne, aber heute muss ich Ihnen, Frau Vizekanzlerin, widersprechen. Sie haben gesagt: keine Belastungen. – Ich zitiere aus einer heutigen Presseaussendung, der folgende Worte des Präsidenten der Arbeiterkammer Tirol – nicht eines Sozialdemokraten – zu entnehmen sind. Er sagt: "Es sei Zeit, ,Vollgas zu geben‘ und sich ,gegen die beabsichtigten Belastungen der Regierung‘ zu wehren." – Das war ein Vertreter der ÖVP!

Sie haben auch gesagt: "Frau Staatssekretärin Prammer". – Sie war nie Staatssekretärin, sie war Ministerin. (Zwischenbemerkung von Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer.  – Abg. Aumayr: ... Minister ohne Ministerium!)

Noch etwas: Sie haben auch unsere Unterstützung, wenn Sie sagen, das Parteibuch bei den Beamten muss weg. Sie brauchen das nur Ihrem Koalitionspartner zu sagen: Bei den Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst hat der ÖAAB 76 Prozent bekommen und – ich getraue es mich gar nicht zu sagen – in Niederösterreich über 95 Prozent! (Abg. Dr. Stummvoll: So schwach seid ihr?)  – Das ist die Personalpolitik des Landeshauptmannes Pröll! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: So schwach seid ihr schon?)

Da erkennst du dich wieder! Du veränderst doch dein Gesicht jede Minute! Gott sei Dank haben sie dich ja bei deinem ehemaligen Dienstgeber schon ein bisschen zur Seite gestellt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube – und da gehe ich mit Ihnen konform –, dass es sehr gut ist, wenn wir dort, wo es um den Sport geht, Gemeinsamkeiten finden können. Aber es gilt auch aufzuzeigen, wo es Probleme gibt. Die im Regierungsübereinkommen von ÖVP und FPÖ stehende Forderung zeigt ganz klar eine drohende Tendenz auf. Der fünfte Absatz des Regierungsprogramms beinhaltet folgende Punkte: Förderung der gemeinnützigen und parteiunabhängigen Vereine und Verbände. – Einige Sätze weiter steht, man müsse Vereine und Verbände vor unnötigen bürokratischen Belastungen bewahren. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist gescheit, sehr gescheit!)

Wenn Sie die Dachverbände meinen, so sage ich: Es sind diese drei Dachverbände in Österreich gut besetzt mit Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin Prokop, mit Freund Löschnak und mit Dr. Wainig. Das ist sehr wichtig, denn immerhin sind in den Dachverbänden 12 200 Sportvereine mit fast 3,5 Millionen Menschen und 200 000 Funktionären vertreten.

Meine Damen und Herren! Ich habe es schon sehr oft gesagt – und da gehen wir auch konform –: Das Gold des Sportes in Österreich (Abg. Mag. Schweitzer: Sind die Funktionäre!) sind die ehrenamtlichen Funktionäre! Wenn man ihre Arbeit, die sie für den Sport kostenlos durchführen, mit nur 100 S bezahlen müsste, wären das weit über 30 Milliarden Schilling.

Der ehemalige Sportminister Fred Sinowatz hat bei einem Gemeindetag in Klagenfurt einmal gesagt: Eine Stadt, eine Gemeinde lebt erst, wenn das Vereinsleben funktioniert. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Bürgergesellschaft!)  – Daher ist es so wichtig, dass wir in den kleinen Gemeinden auch wirklich viele Sportvereine haben, und daher bitte ich Sie hiefür um Ihre Unterstützung. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverständlich ist jede Unterstützung, alles, was wir zusätzlich an Geld bekommen können – Freund Kopf hat das letzte Mal gemeint, 1 Milliarde Schilling; wir waren froh, dass wir 500 Millionen bekommen haben –, sehr, sehr wichtig.

Jede Großveranstaltung im Sportbereich, die es gelingt, nach Österreich zu bekommen, ist sehr wichtig, weil sie für die Gemeinden, für den Tourismus und selbstverständlich für den Sport sehr viel bringt.

Was die Sportwetten betrifft, so ist hier in verschiedenen Kanälen ja schon vorgearbeitet worden. Wir müssen nur, weil das ja Landessache ist, aufpassen, dass es daran nicht scheitert und


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dass wir das Geld dann auch bekommen. Papier ist geduldig, geschrieben wird gleich sehr viel, aber die Länder rühren sich natürlich um ihre Anteile, und daher haben wir dann auch dort viele Probleme.

Das Gleiche gilt im Schulsportbereich. Man muss sich die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, einen eigenen Verband einzurichten; aber wenn, dann gehört das natürlich in das Unterrichtsministerium.

Meine Damen und Herren! Wir sind zu Reformen immer bereit – Dr. Löschnak, der frei gewählte Funktionär der Bundessportorganisation, hat es gesagt –, aber es muss natürlich auch mit den Vertretern des Sports richtig gesprochen werden.

Liebe Freunde aus Kärnten! Ich habe eine aktuelle Umfrage, die in Kärnten über die Dachverbände und die Vereine durchgeführt wurde  – meinem Freund Leikam sei an dieser Stelle der Dank ausgesprochen  (Ruf bei den Freiheitlichen: Leikam?);  ja, er ist ein Funktionär in Kärnten! –: Von 370 Vereinen haben 30 Prozent wiederum ihre Ergebnisse zurückgebracht, und sie sind der Meinung, dass der Bereich des Breiten- und Gesundheitssports auch in Zukunft von den Dachverbänden wahrgenommen werden soll.

Meine Damen und Herren! In wenigen Tagen – nächste Woche – wird es so weit sein, dass wir einen neuen Generalsekretär für die Sporthilfe bekommen. Die Trainerausbildung, die Weiterentwicklung müssen wir immer wieder der heutigen Zeit anpassen, das ist wichtig.

Ich sage es zum Schluss, weil es lauter ehrenamtliche Funktionäre sind – und fast keine Sozialdemokraten, denn da kann ich meinem Freund Kopf auch nicht Recht geben, was die "Umarmung" betrifft, weil wir gar nicht so viele Funktionäre bei den Fachverbänden haben: Hättest du geschwiegen, wärst du ein Weiser, so bist du ein Weißer! (Abg. Neudeck: Das war der Schlusssatz!)

Meine Damen und Herren! Der frei gewählte Sport in Österreich ist mit Löschnak, Pillwein und Zeh, das Olympische Comité mit Wallner und Jungwirth, der Schiverband mit Schröcksnadel und Leistner, der Fußballverband mit Mauhart, Ludwig und Kopf, wenn du willst, sehr, sehr gut besetzt. Auch hier kann man sagen, dass auch die Freiheitlichen gute Sportfunktionäre haben, wenn ich an Kartnig denke – das Gleiche kann ich bei Fischl nicht sagen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. )

Frau Vizekanzlerin! Damit Sie sehen, dass bei einem Dachverband wirklich gute Arbeit geleistet wird – bei den anderen Verbänden ist es genauso –, darf ich Ihnen den Leitfaden der Sportvereine, den "Sportmanager", überreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.32

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem Punkt muss ich Kollegen Grabner jetzt gleich widersprechen: Dass er meinen Freund Hannes Kartnig in die Nähe der Freiheitlichen rückt, mag wahrscheinlich daran liegen, dass er mit allen gut umgehen kann, aber besonders auch mit mir gut umgehen kann.

Meine Damen und Herren! Dass Sturm Graz vorgestern einen gewaltigen Kantersieg – sehr zum Leidwesen meines Klubobmannes – gegen Tirol geliefert hat, mag umso mehr ein Zeichen dafür sein, Kollege Fischl, dass Sturm Graz eben wirklich ein guter Verein unter guter Führung ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Trattner: Aber Meister wird Tirol! – Abg. Ing. Westenthaler: Aber Rapid funktioniert trotzdem nicht!)

Meine Damen und Herren! Der Sport ist in der Gesetzgebung und in der Vollziehung auf Grund des Artikels 15 in Wirklichkeit Landessache. Aber es ist unbestritten – und das hat mein Vor


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redner, Kollege Grabner, erwähnt –, dass der Sport natürlich ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor ist und gewaltige Impulse für den Tourismus zu setzen in der Lage ist und dass er darüber hinaus grandiose und ideale Vorbilder für die Jugend und natürlich auch für die Bevölkerung insgesamt und somit für den Breitensport hervorzubringen vermag. (Beifall bei der ÖVP.)

Mein Kollege Grabner hat erwähnt, dass die verbandliche Arbeit eine wichtige ist. Da pflichte ich Ihnen bei, Herr Kollege. Wenn wir aber an die Jugendarbeit denken und daran, dass Studien belegen und beweisen, dass die Jugend eher die außerverbandliche Sportarbeit bevorzugt, dann glaube ich, dass wir darüber nachdenken sollten, wie wir die verbandliche Arbeit attraktivieren könnten. Das müsste uns ein Anliegen und auch ein Auftrag sein.

Meine Damen und Herren! Der Sport bringt neben dem gewaltigen wirtschaftlichen Faktor, den er darstellt, natürlich auch den Umstand und das Positivum mit sich, dass er auch für die Volksgesundheit Entsprechendes beizutragen vermag. Da habe ich meinen Ohren nicht getraut, als der Ausbildungsoffizier meines Sohnes von der Bundesheerkaserne in Gratkorn vor kurzem unter anderem erwähnt hat, dass die 18- bis 19-jährigen Rekruten und Grundwehrdiener in einem dermaßen schlechten gesundheitlichen Zustand zum Bundesheer kommen, dass man unbedingt etwas tun müsste. Nun betrifft die Sache des Sportes, die in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache wäre, aber letztendlich die Bundesangelegenheiten insofern, als Gesundheitspolitik und Sozialpolitik in Wirklichkeit Bundesangelegenheit ist, und dazu komme ich jetzt.

10,7 Prozent unserer Jungmänner sind untauglich. 21,2 Prozent aller Männer, die sich dieser Prüfungs- und dieser Stellungskommission unterziehen, weisen im Bewegungsapparat, bei den Muskeln und im Bindegewebe enorme Schwächen auf. Dass müsste uns auch zu denken geben. Wenn man diese Analyse hört, dann muss man darüber nachdenken: Was machen wir? – Was tun die Österreicher besonders gerne? – 60 Prozent fahren Rad – das wissen wir aus einer Mikrozensus-Erhebung –, 53 Prozent schwimmen, 41 Prozent gehen wandern. Das wären also Dinge, bei denen wir darüber nachdenken müssten, was der Bund an infrastrukturellen Unterstützungen dazu beitragen kann, damit das Ausüben von Sport leichter möglich wird.

Meine Damen und Herren! Ich habe auch die Sozialpolitik kurz erwähnt. Ein ganz kurzes Beispiel: Im Grazer Stadtpark hatten wir vor vier Jahren den Besorgnis erregenden Umstand, dass dort immer mehr Jugendliche dem Vandalismus nachgingen und dass wir sehr große Probleme mit Alkohol und mit Drogen hatten. Im Gemeinderat hatten wir damals diskutiert, ob man die Polizei verstärkt in den Stadtpark schicken soll, damit man die Jugendlichen dort sozusagen polizeilich überwacht.

Es war damals unsere Idee, die Idee der Grazer Volkspartei, zu sagen: Wir versuchen es mit Sport. Wir bieten Sport im Stadtpark an. Es war dann ich, der versucht hat, ein Konzept mit Trendsportarten im Stadtpark zu entwickeln.

Meine Damen und Herren! Dies geschah mit großem Erfolg! Seit wir regelmäßig jeden Sommer von April bis Ende August diese Sportangebote haben, haben wir nicht nur weniger Vandalismus, sondern auch bedeutend weniger Probleme mit alkoholisierten Jugendlichen und kaum ein Drogenproblem – zumindest im Stadtpark, darüber hinaus natürlich, leider. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Sport ist ein Wirtschaftsfaktor, er ist auch ein Faktor für die Volksgesundheit, und er hat für mich auch eine sehr hohe soziale Komponente. Wenn ich durch die Steiermark fahre und in den letzten Graben der Steiermark komme, sehe ich junge Burschen, Knaben, mit dem Vastic-Leiberl durch die Gegend rennen und begeistert Sport ausüben.

Das kann wahrscheinlich keine Gemeinde, kein Land, kein Bund erreichen, was über den Sport erreichbar ist. Der Spitzensport bringt eine Bewegung in genau diese Szenerie.

Meine Damen und Herren! Es gibt Großereignisse, die aus wirtschaftlichen Gründen unverzichtbar sind, wie zum Beispiel den Formel 1 Grand Prix in Spielberg/Zeltweg. Seit fünf Jahren gibt es dieses Ereignis. 153 000 Zuseher hatten wir im Vorjahr, um 15 000 mehr als 1998. 266 Millionen Schilling haben wir voriges Jahr an Umsatz erzielt, und 121 Millionen betrug die regionale


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Wertschöpfung. Diese Erfolgsbilanz ließe sich fortsetzen. Ich will Sie da nicht langweilen, denn wahrscheinlich kennen Sie diese Tatsachen und Umstände aus den Medien.

Der Grand Prix in der Steiermark ist neben den Salzburger Festspielen und dem Neujahrskonzert das wahrscheinlich größte Medienereignis, das es in Österreich überhaupt gibt.

Meine Damen und Herren! Das wäre insgesamt eine erfreuliche Bilanz und ein erfreulicher Umstand, wäre da nicht etwas, was mich persönlich sehr stört. Heute ist leider Herr Abgeordneter Kräuter den ganzen Tag über nicht da, denn sonst hätte ich es ihm ganz deutlich sagen müssen. (Abg. Dr. Khol: Das ist kein "leider"!) Ich hätte es ihm heute gerne deutlich gesagt, dass am 18. August 1995 und am 6. September 1995 der seinerzeitige Kanzler Vranitzky – schriftlich, meine Damen und Herren – Landesrat Gerhard Hirschmann, aber auch Landesrat Ressel zugesichert hat, 120 Millionen Schilling zum Bau des Österreichrings beizutragen. In der Zwischenzeit ist bereits 1 Milliarde Schilling an Steuern an den Bund zurückgeflossen – 1 Milliarde Schilling! –, aber bis dato ist kein einziger Steuerschilling seitens des Bundes in den Bau des Österreichrings gegangen.

Ich bin Ihnen, Frau Vizekanzlerin, daher sehr dankbar, dass Sie mit Landesrat Gerhard Hirschmann Verhandlungen aufgenommen haben, was die Förderung einer eventuellen Vertragsverlängerung des Formel-1-Ringes anbelangt, und ich bin zuversichtlich, dass mit Ihrer konstruktiven Art und dem gemeinsamen Arbeiten in diese Richtung auch ein sehr positives Ergebnis zustandekommen wird. Danke, Frau Vizekanzlerin! – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einmal zwei Gründe nennen, warum wir diesem Sportbudget beziehungsweise diesem Budgetansatz "Öffentliche Leistung und Sport" nicht zustimmen werden. (Abg. Zweytick: Das geht nicht! Das kannst du nicht machen! – Abg. Mag. Trattner: Jetzt sind alle für den Sport, und ...!)

Der erste Grund liegt darin, dass wir in einer Situation, in der das Frauenministerium und das Umweltministerium abgeschafft wurden, die Schaffung eines Ministeriums in dieser Größenordnung so nicht akzeptieren.

Wir haben das auch bei der Budgetdebatte beziehungsweise bei der Regierungserklärung schon bekannt gegeben. Wir glauben, dass der Kompetenzbereich dieses Ministeriums einfach nicht ausreichend ist, um ein eigenes Ministerium zu begründen. Daraus ergibt sich auch die eindeutige Logik, dem Budget dieses Ministeriums nicht zustimmen zu können. (Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich gar nicht verstanden!)  – Das ist meistens so, Herr Kollege Schweitzer, aber das kann ich nicht ändern. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Der zweite Grund, warum wir dem Budget nicht zustimmen werden – und ich hoffe, dass sich diesbezüglich in Zukunft etwas ändern wird –, ist das Faktum, dass auch in diesem Budget der Posten "Besondere Sportförderung" nicht transparent ist und dass es nach wie vor zwar eine Aufteilung auf die einzelnen Dachverbände gibt, aber nicht nachvollziehbar ist, wer welche Gelder wofür verwendet. Im Sportbericht, den wir demnächst im Ausschuss diskutieren werden, werden in einem unscheinbaren kleinen schönen Kästchen auf Seite 20 400 Millionen Schilling erwähnt, man weiß aber eigentlich nicht, was damit passiert. Davon steht nichts im Sportbericht und auch nicht im Budget.

Ich baue aber darauf – und das betone ich, dazu gibt es ja Aussagen von Ihnen –, dass das in Zukunft anders wird. Wenn es zu einer Regelung kommt, durch die die Transparenz der Sportförderung generell anders wird, dann können wir sicherlich darüber reden, ob wir auch einem Sportbudget zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich möchte aus dem Rechnungshofbericht des Jahres 1994 zitieren. Es war der Letzte, der sich mit der Sportförderung ausführlich beschäftigt hat. Es gab allerdings auch unlängst einen, in dem der Rechnungshof selbst auf diesen Bericht Bezug genommen hat, deswegen gibt es eine gewisse Aktualität. Ich möchte ein paar Punkte daraus zitieren. Ich erspare es mir, selbst die Argumente zu nennen, weil ich sie nicht besser darstellen könnte, als es in diesem Rechnungshofbericht getan wird.

Punkt 1 – zur Kritik der Sportförderung: "In zahlreichen Fällen war nicht nachvollziehbar, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Sportförderungen (wie zum Beispiel die internationale und gesamtösterreichische Bedeutung der Vorhaben und die Notwendigkeit des Einsatzes von Bundesmitteln unter Berücksichtigung der Finanzlage des Förderungswerbers) vorlagen." – Erster Kritikpunkt.

Zweiter Kritikpunkt: "Der Rechnungshof beanstandete die Gewährung von Förderungen auf der Grundlage unzureichender Anträge beziehungsweise" – das ist besonders spannend! – "trotz offenkundigen Nichtvorliegens der Förderungsvoraussetzungen." (Abg. Mag. Schweitzer: Dort sitzt der Wittmann!)

Ich habe vorhin betont, dass ich auch durchaus die Hoffnung habe, dass sich das in der Zukunft ändern wird, aber es sollte vielleicht nochmals erwähnt werden.

Im dritten Kritikpunkt geht es auch um die Dachverbände, um die besondere Sportförderung. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Kollegen Grabner noch einmal kurz zu sprechen kommen, aber ich lese zuerst diesen Kritikpunkt des Rechnungshofes vor: "Die Förderungsempfänger betrachten diese Bundesmittel weiterhin als Mittel des Sports, die von den Dach- und Fachverbänden selbst verwaltet und kontrolliert werden sollten."

Der Rechnungshof hat dann weiter festgestellt: "Der Rechnungshof hielt diese allenfalls historisch erklärbare Betrachtung für nicht haltbar. Seit der Sport-Toto-Reform werden nämlich die früher durch Vorwegverzicht des Bundes auf Teile des Sport-Toto-Reinertrags ermittelten Förderungsbeträge im Rahmen des Bundesbudgets veranschlagt. Es bestand auch uneingeschränkte ministerielle Verantwortung für diesen Förderungszweig. Die gesetzliche Mittelgarantie und Wertsicherung bewirkten jedenfalls eine wesentliche Besserstellung der Sportorganisationen gegenüber Förderungsempfängern in anderen Bereichen."

Jetzt komme ich auf Herrn Kollegen Grabner zu sprechen. Herr Kollege Grabner! Sie stellen das immer so dar, als wäre es ein Widerspruch, zu sagen, dass auf der einen Seite die Arbeit der Sportfunktionäre wesentlich ist, während man auf der anderen Seite Transparenz fordert. Dem ist nicht so. (Abg. Grabner: Das stimmt überhaupt nicht!) Was einfach einmal gesagt werden muss, ist, dass es mit dem Ersatzkaisertum auch auf kommunaler Ebene endlich einmal ein Ende haben sollte. Ich finde es nicht zutreffend und nicht angebracht, dass man – und ich weiß das, ich komme aus einem Verein, der auch dem ASKÖ angehört – keine Ahnung hat, wie diese Mittel verwendet werden. Es liegt dann in der Hand des jeweiligen Bezirkssekretärs, Funktionärs, wie auch immer, ob man auf dem Tennisplatz eine Förderung für eine Platzsanierung bekommt, ob man ... (Abg. Grabner: Nein! Das stimmt überhaupt nicht! Der hat keine Ahnung!) Das stimmt vielleicht bei Ihnen nicht. Ich kann nur sagen, dass es dort, wo ich bin, mit Sicherheit stimmt. (Abg. Grabner: Das stimmt nicht!)

Faktum ist (Zwischenruf des Abg. Fischl ), dass hier einfach überhaupt keine eindeutige ... (Abg. Grabner: Du hast keine Ahnung! – Abg. Öllinger: Das ist ja gerade das Problem, dass er keine Ahnung hat! – Abg. Grabner: Na ja, dann sollte er üben! Üben!)

Herr Kollege Grabner! Wenn Sie mir sagen, dass bei den ASKÖ-Vereinen im Bezirk Baden klar ist, wofür das Geld aller Mitgliedsvereine verwendet wird, dann stimmt offenbar irgendetwas auf Kommunalebene nicht mehr. Da gibt es die Bürgermeister, die dort sitzen und blockieren.

Zu den Vereinen: Ich bin seit mittlerweile sieben, acht Jahren in einem Verein Vorstandsmitglied, und es war bis jetzt immer unmöglich zu eruieren, woher die Mittel kommen. (Abg. Grabner: Das stimmt überhaupt nicht!) – Okay, schauen Sie sich das selbst an und verteidigen Sie nicht


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Dinge, die offenbar – und das ist ja auch der Grund, warum es diese Rechnungshofkritik gegeben hat – seit Jahren präsent waren.

Ich kann Ihnen auch vorlesen, was der Rechnungshof – und wenn Sie mich provozieren, dann kann ich Ihnen ja durchaus auch in dieser Art begegnen – im Jahre 2000 beziehungsweise 1999 festgestellt hat, und das ist nicht besonders angenehm. Da wurde nämlich auf den Bericht des Jahres 1994 Bezug genommen:

"Infolge mehrerer Änderungen ist das Bundes-Sportförderungsgesetz insgesamt unübersichtlich und nur schwer lesbar geworden. Bereits anlässlich einer früheren Gebarungsüberprüfung" – das war jene, aus der ich zitiert habe – "anderer Bereiche der Sportförderung hat der Rechnungshof empfohlen, das System der Sportförderung des Bundes grundlegend zu überdenken und umfassend neuzuordnen."

"Bestrebungen" – und jetzt kommt es! – "des Bundeskanzleramtes in diese Richtung sowie eine fundierte Evaluierung des Sportförderungsbereiches waren anläßlich der nunmehrigen Gebarungsüberprüfung jedoch nur ansatzweise festzustellen." – Von 1994 auf 1999 bis ins Jahr 2000 sind es immerhin fünf Jahre gewesen, während dieser Sie die Möglichkeit gehabt hätten, entscheidende Schritte zu setzen und eine Weiterentwicklung zu ermöglichen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich stelle noch einmal fest: Ich habe in den Ausschussberatungen durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass Sie sowohl den Bereich der allgemeinen Sportförderung, als auch den Bereich der besonderen Sportförderung auf eine neue Basis stellen wollen – auch was die Sportgesetzgebung als solches betrifft – und dass Sie Regelungen schaffen wollen, wodurch es eine größere Transparenz geben wird. (Abg. Fischl: Ein neuer Star auf sportpolitischer Ebene! Der weiß, wovon er spricht!) Schauen Sie sich im Bereich der Sportgesetzgebung als solches, im Amateursport, einmal an, wie die Regelungen sind. Ich kann Ihnen ein Beispiel sagen, ein bisserl habe ich es verfolgt.

Der ASK Kottingbrunn wird Ihnen wahrscheinlich ein Begriff sein, er war ja eine Zeit lang im österreichischen Fußball ein Verein am Sternenhimmel. (Abg. Fischl: Rapid ist ihm auch ein Begriff!) Dieser Verein ist über Jahre hinweg in den niederösterreichischen Ligen aufgestiegen, nie gab es Probleme mit Arbeitsbewilligungen oder mit versicherungsrechtlichen Grundlagen. Das ist im Amateurbereich offensichtlich relativ problemlos gegangen. Der ASK Kottingbrunn ist – das weiß ich jetzt gar nicht genau, 1996 muss das gewesen sein – in die Bundesliga aufgestiegen, und auf einmal gab es einen sich über zwei Monate ziehenden Prozess (Abg. Mag. Schweitzer: 1998!)  – da sind sie wieder abgestiegen, das war das schlechtere Jahr –, und der Verein konnte auf einmal, als die Meisterschaft begonnen hat, seine Spieler nicht einsetzen, weil er keine Bewilligungen gehabt hat – was im Amateurbereich nie ein Problem für ihn war.

Sie können mir doch nicht sagen, dass das normal ist, dass es im Amateurbereich andere Regelungen gibt – die 2. Division war es damals noch – als im Profibereich. Ich frage mich überhaupt, wie ein Profibetrieb mit einem Budget, das in der nunmehr 1. Division, damals 2. Division, offiziell mit drei, vier, fünf Millionen Schilling bekannt gegeben wird – ich weiß nicht, wie viel es war, ich glaube, der ASK Kottingbrunn hat damals 6 Millionen Schilling Jahresbudget angegeben –, arbeiten soll. Wenn man sich dann im Hintergrund umhört, dann kann man sich ausrechnen, dass man auf Grund dessen, was die Spieler dort verdient haben, wahrscheinlich die Spieler einer Handballmannschaft finanzieren könnte, aber sicher keinen Kader des Fußballvereins.

Ich möchte nur feststellen, dass im Bereich des Sports offenbar sehr viel im Graubereich stattfindet. In diesem Bereich wären in der Vergangenheit sicher Schritte notwendig gewesen, die eindeutig nicht gesetzt worden sind. Es geht einfach auch um Folgendes: Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass wir kein Problem haben, wenn auch Legionäre im österreichischen Fußball tätig sind. Der Punkt wird dann etwas brisanter, wenn zum Beispiel in den Amateurligen auf einmal schwere Verletzungen auftreten, die Spieler ins Krankenhaus kommen und dann festgestellt wird, dass es keine Versicherung für diese Sportler gibt. Dann wird es etwas eng.


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Das ist doch ein Punkt, der zu bedenken ist. In diesem Sinn gab es gestern eine Diskussion mit dem Kollegen Fischl, der, glaube ich, durchaus die Position vertritt, dass man da etwas ändern muss. Ich sehe dem durchaus positiv entgegen, dass man im Bereich der Sportgesetzgebung in den nächsten Jahren einiges aufarbeiten muss, das seit längerem ansteht. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Fischl. )

Ich möchte noch auf zwei Grundsätze im Sport zu sprechen kommen, die mir relativ wichtig zu sein scheinen. Der erste ist, dass man vom Sport nicht nur im Sinne des Spitzensports reden sollte, sondern es geht auch massiv um den Breitensport.

Ich sage es wieder aus meiner Erfahrung: Die Probleme, die man nach wie vor hat, auf kommunaler Ebene in öffentliche Sporteinrichtungen überhaupt hineinzukommen, sind ja Legende. Wenn Sie versuchen, privat auf einen Fußballplatz zu kommen, dann wird es ziemliche Strampeleien mit den örtlichen Vereinshäuptlingen geben, um dort überhaupt Zugang zu bekommen.

In letzter Zeit gab es zumindest eine positive Entwicklung bei den Schulen, Schulraumüberlassung ist seit einigen wenigen Jahren möglich geworden, zwar noch sehr eingeschränkt, denn man ist immer noch sehr davon abhängig, wie willig die Schule ist, welche Möglichkeiten es gibt, ob der Schulwart da ist, der aufsperren kann, aber es gab zumindest Ansätze, um eine vorhandene Infrastruktur, die zu nutzen ist, auch zugänglich zu machen. Das ist überhaupt erst seit wenigen Jahren möglich, davor waren die Schulen einfach geschlossen. Es gab keine Möglichkeit, die Einrichtungen der Schulen zu nutzen. Diesbezüglich steht sicher noch einiges an beziehungsweise ist einiges fortzusetzen, was in den letzten Jahren zumindest begonnen wurde.

Öffentliche Plätze in Europa sind meiner Meinung nach immer ein gutes Beispiel, ich habe das gestern bei der Diskussion auch gesagt. Wer in den Niederlanden unterwegs ist, wer in London im Hyde Park unterwegs ist, der wird sicherlich mit Faszination beobachten, was sich dort tut. Im Hyde Park finden an guten Tagen zwischen fünf und zehn Fußballmatches parallel und übersichtlich statt, es wird einfach Sport in öffentlichen Gegenden, auf öffentlichen Arealen betrieben.

Wer in Österreich in einen Park geht, der sieht normalerweise ein Taferl, auf dem steht: Betreten des Rasens verboten. (Abg. Dr. Zernatto: Bei Strafe!) – Bei Strafe verboten!, ja, das kann auch draufstehen! Ich denke, auch da müssten wir in der Sportpolitik veranlassen, einen anderen Umgang zu pflegen. Die öffentlichen Plätze sind für öffentliches Leben da, und das sollte man in vielen Bereichen umzusetzen versuchen. (Beifall bei den Grünen.)

Der letzte Punkt: Sport und Politik. Ich habe immer den Eindruck, dass Sportpolitiker in der Vergangenheit vor allem dort präsent waren, wo es etwas zu "erben" gab. (Abg. Fischl: Zum Essen! Schauen Sie sich den Grabner an!)  – Ich bleibe auf politischer Ebene: zum "Erben" gab. Man hat einfach sehr gerne die Präsenz von Sportprominenz, von Sportlern ausgenutzt, um sich in die Sonne zu stellen und zu partizipieren.

Das Beispiel des "Sports Awards", als Herr Bundeskanzler Klima über Tage und Wochen ununterbrochen in der "Kronen Zeitung" auf der ersten Seite und im Sportteil abgebildet war – einmal mit Muhammad Ali, dann wieder mit irgendjemand anderem –, ist ja Legende und ein Beleg dafür, dass man offensichtlich Sport dazu benützt, um Politik zu repräsentieren. Ich glaube, dass das einfach der falsche Zugang ist.

Sportpolitik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Sport – und ich sage es noch einmal: vor allem Breitensport –, um sportliche Betätigung zu ermöglichen. Auch im Spitzensport wird es notwendig sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, aber es wird einfach darum gehen, die Politik jetzt nicht nur formal davon zu trennen, sondern auch dieses Bild wegzubekommen, dass man möglichst mit jedem Olympiasieger siebzehn Fototermine macht, und dahin zu kommen, dass man Sport des Förderns willen fördert, der Betätigung willen, auch aus gesundheitlichen Gründen, aber sicher nicht, um politisches Kapital daraus zu schlagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Fischl. )

18.53


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24. Sitzung / Seite 146

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ortlieb. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.53

Abgeordneter Patrick Ortlieb (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! (Ruf bei der SPÖ: Frau Vizekanzler!) Frau Vizekanzler! – Danke für die Belehrung.

Wirtschaft, Sportvereine und viele freiwillige Helfer – wie Herr Grabner schon gesagt hat – waren in den vergangenen Jahren eine massive Stütze und das Umfeld, das den Spitzensport geprägt hat. Enorme Sponsorbeträge, unzählige freiwillige Helferstunden und auch eine Riesenportion Idealismus und Begeisterung für den Sport haben diesen massiv gefördert.

Derart großartige Bekenntnisse zum Sport habe ich aber in den letzten Legislaturperioden seitens der Politik leider massiv vermisst. Ich begrüße daher den unermüdlichen Einsatz der neuen Bundesregierung, gerade der Frau Vizekanzler, die besonders auf diesem Gebiet das Stiefkind Sport viel positiver in Erscheinung gebracht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Einige diesbezügliche positive Rückmeldungen von Athleten habe ich selbst schon gehört und sehr viele andere haben es auch schon mitgekriegt.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat Ihnen gestern schon gesagt, dass es darum gehen sollte, parteiübergreifende Behindertenpolitik zu machen. Ich kann nur anregen, dass es im Sport auch so sein sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da muss neben ökonomischen und medizinischen Überlegungen im Allgemeinen auch die Wichtigkeit des Spitzensports in seiner Vorbildwirkung erwähnt werden – ein Vorbild für die Jugend und für den Breitensport, Bereiche, die grundlegend überparteilich massiv gefördert werden müssen. Spitzensport als Vorbild für die Jugend erweist sich auch für den Erwachsenensport als Motor. Es sind die Jugendlichen, die ihre Eltern dazu bewegen, mehr Sport zu betreiben, sich körperlich mehr zu betätigen und vor allem auch gesundheitsbewusster zu leben – Animationen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die sich in einem (Ruf bei den Grünen: Animierdamen!) gesteigerten Fitnessbewusstsein und auch in körperlichem Wohlbefinden äußern.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch auf die oftmals vernachlässigte Bedeutung des Bundesheeres im Zusammenhang mit dem Sport hinweisen. Dank der effizienten Heerespolitik der letzten Jahre war es für Präsenzdiener, die in ihrer Jugend nicht die Möglichkeit hatten, Sport auszuüben, möglich, dies während der Zeit ihres Präsenzdienstes nachzuholen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gerade die Heeressport- und Nahkampfschule, die dem Bundesministerium für Landesverteidigung untersteht, ist einer der wichtigsten Sponsoren des österreichischen Spitzensportes. Junge, engagierte Athleten, die auf dem Weg zur Weltspitze sind, brauchen dieses soziale Auffangnetz – so kann man es bezeichnen –, um sich voll und ganz der sportlichen Entwicklung zu widmen. Gerade jene Sportler, die dieses Netz nicht haben, sind einfach gefährdet, sie können sich nicht entsprechend entwickeln, weil sie keinen Rückhalt haben. Sie müssen auf ihre berufliche Entwicklung verzichten, und daher ist es sehr, sehr wichtig, dass diese Institutionen auch weiterhin massiv unterstützt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte auch auf die Wichtigkeit des Tourismus im Zusammenhang mit dem Sport hinweisen, die auch mein Vorredner schon hervorgehoben hat. Jedem ist klar – wir haben es auch gestern schon gehört –: Die Tourismuswirtschaft lebt sehr vom Sport. Jugendliche, Schüler, die Sport ausüben, animieren ihre Eltern dazu, Sporturlaube zu machen, und das ist sehr, sehr wichtig. Ich glaube, gerade Wellness und Fitness sind jene Bereiche, die die Richtung angeben, wohin sich der Tourismus entwickelt, und der Sport spielt dabei eine große Rolle. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Grabner: Die Weltmeisterschaft in ...!) – St. Anton. (Abg. Grabner: Nein! Bewerbung!)


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24. Sitzung / Seite 147

Ebenso möchte ich in diesem Zusammenhang auf eine weitere finanzielle Einnahmequelle hinweisen, die es dank der Gründung von Sport- und Wettkanalen in den nächsten Jahren geben wird. Vor allem auch, wie wir schon wissen ... (Rufe: Stronach?) – Nicht Stronach, alle! Jeder! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe: Wer alle?)

Eine weitere positive Entwicklung soll auch die Schaffung von Bundessporteinrichtungen, von Sport- und Trainingszentren für Schüler sein. Weg von Beamtenerholungsheimen hin zu Sportwerkstätten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es kann einfach nicht sein, dass große Bundessportzentren blockiert werden, nur weil sehr viele hochrangige Beamte dort Urlaub machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang ein positives Beispiel zu nennen: Es gibt den Olympiastützpunkt Obertauern, der frei finanziert wird, der keine öffentlichen Mittel bekommt, der bestens funktioniert und welcher vor allem jedes Jahr sehr, sehr viele Medaillenanwärter hervorbringt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gerade im Hinblick auf die bevorstehenden sportlichen Großereignisse – die Olympiade in Sydney in diesem Sommer, die Alpine Schi-WM in St. Anton – kann einfach nichts wichtiger sein als eine massive Unterstützung unserer Sportler. Wir wissen, wie wichtig unsere Sportler für das Ansehen Österreichs im Ausland sind. Gerade jetzt, wo überall nur kritisiert wird, kann es nur von Vorteil sein, wenn Österreicher im Ausland auch positiv dargestellt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Schlussendlich möchte ich noch den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Unterricht und dem Bundesministerium für Sport, die sehr wichtig ist, auch massiv stattfindet, eine Zusammenarbeit, die sich konsequent mit dem Problem Doping und Drogenmissbrauch auseinander setzt und dazu konkrete Maßnahmen erarbeitet.

Ich appelliere daher an alle hier anwesenden Damen und Herren, die Arbeit der österreichischen Bundesregierung diesbezüglich nicht zu gefährden oder in Frage zu stellen, sondern vielmehr zu unterstützen – zum Wohle unserer Jugend, zum Wohle unseres Landes. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.00


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24. Sitzung / Seite 148

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leikam zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.00

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Ortlieb, den ich als Sportler natürlich sehr schätze, hat gemeint, dass in der letzten Legislaturperiode der Sport sehr mangelhaft unterstützt worden sei. (Ruf bei den Freiheitlichen: In den letzten, hat er gesagt!)

Ich berichtige tatsächlich: Kollege Ortlieb! Du müsstest es eigentlich besser wissen. Über 1 Milliarde Schilling wurde allein vom Verkehrsministerium in die verkehrsmäßige Infrastrukturverbesserung, in die Verlegung des Bahnhofes für die Alpine Schi-WM am Arlberg investiert. Weit über 100 Millionen Schilling hat das Organisationskomitee Alpine Schi-WM am Arlberg erhalten. (Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Der Sport wurde also von der früheren Bundesregierung wahrlich bestens unterstützt. (Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen: Berichtige! Berichtige!)

Ich möchte einen zitieren, den wir alle gut kennen, nämlich den Präsidenten des Österreichischen Schiverbandes, der immer gemeint hat: Wenn wir für den Sport eine Unterstützung brauchen, dann müssen wir nach Wien zu dem roten Minister fahren, denn dort bekommen wir sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Der Fischer hätte dich abgedreht, das weißt du eh! – Abg. Mag. Trattner: Aber mit Recht!)

19.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

19.02

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Fischl: Bist du jetzt noch Ehrenpräsident in Wiener Neustadt?) – Ich bin es wenigstens noch, aber du bist nichts mehr. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Gleich zu Beginn, weil Kollege Fischl gerade zwischengerufen hat: Er hat einmal etwas Richtiges gesagt, und zwar ungefähr vor einem Jahr. Er hat nämlich gesagt: Die Kopflosigkeit der ÖVP in Fragen eines sinnvollen Sportkonzeptes, welche durch die Weisheiten des Herrn Kollegen Kopf bereichert werden sollten, haben den Gipfel der Planlosigkeit erreicht. – Da kann ich ihm nur Recht geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher bin ich sehr froh und beglückwünsche die Frau Vizekanzler, dass Sie sich eher an unsere Zahlen gehalten hat und praktisch unser Budget weitergeschrieben hat, anstatt sich von der ÖVP in die Planlosigkeit leiten zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie hat somit ein wirkungsvolles Instrumentarium übernommen. Es fehlen nur die Ideen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte schon ganz deutlich darauf hinweisen, dass nichts verändert wurde, was an sich gut ist, weil man erkannt hat, dass das wahrscheinlich das Beste war, das man in diesem doch sehr planlosen Budgetierungschaos, das uns da in den letzten Tagen präsentiert worden ist, zusammengebracht hat.

Ich möchte nur zwei Grauslichkeiten, die von Seiten der Freiheitlichen immer wieder genannt werden, ein bisschen in Frage stellen. Ich hoffe, dass sich die Frau Vizekanzlerin da nicht zu Schnellschüssen hinreißen lässt.

Das eine ist die vollständige Privatisierung der Bundessportheime. Ich glaube nämlich, dass der Eigentümer Staat für eine privatrechtliche Organisationsform durchaus Sinn macht, wenn man die öffentliche Hand als Förderer des Spitzen- und Breitensports auch weiterhin bestätigen will. Dieses privatrechtliche Organisationsvorhaben hat dazu geführt, dass man marktgerechte Preise verlangt, dass man das eben nicht mehr kann, was Herr Kollege Ortlieb angeführt hat, sondern dass jemand, der privat in einem Bundessportheim urlaubt, den vollen Betrag bezahlen muss. Die geförderten Vereine hingegen beziehungsweise die Spitzensportler, die es in Anspruch nehmen, werden direkt durch das Ministerium gefördert.

Frau Bundeskanzler! Ich erinnere daran – ich will das wirklich als Beitrag zur weiteren Diskussion verstanden wissen –, dass 80 Prozent der Auslastung, die bei den Bundessportheimen 70 Prozent beträgt, durch geförderte Vereine und Spitzensportler erfolgt. Wenn Sie das privatisieren, dann machen Sie ein zusätzliches Hotel auf. Sie konkurrenzieren damit den Tourismus, und ich weiß nicht, wie Sie die Förderung der Spitzensportler und Breitensportler bewerkstelligen wollen, weil Sie nicht mehr in der Lage sind, in die privaten Preisbildungen einzugreifen.

Daher würde ich wirklich empfehlen, sich von dieser Art der Privatisierung zu verabschieden und diese Sportheime als gezielte staatliche Sportförderung der Spitzen- und Breitensportvereine beizubehalten. (Beifall bei der SPÖ.Abg. Fischl: Das sollen die Sportverbände, die Dachverbände übernehmen!)

Ich bin also aus den eben genannten Gründen grundsätzlich gegen eine vollständige Privatisierung.

Zu den angesprochenen Problemen mit den Dachverbänden: Das kann man nicht so stehen lassen, denn Sinn und Zweck der Dachverbände und der später darüber geschalteten BSO war, den Sport vom staatlichen Einfluss wegzurücken, zu versuchen, eine Autonomie im Sport zu etablieren, die sich abseits der staatlichen Verwaltung selbst verwaltet. Ich glaube daher, dass


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man mit dem Ruf nach Auflösung, wie er vorhin immer wieder von Seiten der Freiheitlichen gekommen ist, sehr vorsichtig sein sollte, und ich hoffe, dass diese Grauslichkeit jetzt vorbei ist, da man selbst an den Schalthebeln der Macht sitzt. Ich glaube nämlich, dass man diese Verbände sehr schnell zerschlagen würde und kein adäquates System dafür anbieten könnte. (Abg. Fischl: Gestatten Sie mir einen Zwischenruf!)

Ich hoffe daher, dass diese beiden immer wieder von der FPÖ genannten Ziele fallen gelassen werden. Wir führen ja im Bereich des Sports im Wesentlichen keine kontroversielle, sondern eine sehr fruchtbare Diskussion. Das ist einer der wenigen Bereiche, wo das klappt.

Mir geht im Budget ein ganz wesentlicher Punkt ab, obwohl Sie da beweisen könnten, dass die Behindertenförderung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Es gibt keinen Budgetposten für die Förderung des Paraolympischen Komitees, das die Beschickung und Finanzierung der Teilnahme an den Paraolympischen Spielen, die im Anschluss an die Olympischen Spiele stattfinden, festlegt.

Ich ersuche Sie daher in aller Form, diesem Paraolympischen Komitee Geld zukommen zu lassen, damit auch in Sydney, das, was die Anreise und Logistik betrifft, wirklich ein schwerwiegendes Problem darstellt, die Teilnahme tatsächlich gesichert ist. Das sage ich nicht nur in meiner Eigenschaft als Abgeordneter, sondern auch als Präsident dieses Komitees. Ich weiß, dass für diese Leute wirklich existentielle Probleme damit verbunden sind. Es handelt sich meist um junge Leute, die durch soziale Entwicklungen unserer Gesellschaft, nämlich durch Unfälle, durch Krankheit, aus dem Leben gerissen wurden und im Sport wieder eine Erfüllung finden. Ich glaube daher, dass es außer Streit gestellt sein sollte, dass man diesen Leuten die Teilnahme ermöglicht. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne hoffe ich, dass die FPÖ auf ihre angekündigten Grauslichkeiten im Sportbereich verzichtet, dass die ÖVP auf die Planlosigkeit verzichtet und dass wir zu konstruktiven Gesprächen für eine Weiterentwicklung des Sports kommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

19.08

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Die, die mich kennen, werden glauben, ich bin deshalb im Sportausschuss, weil ich im FC-Parlament begeistert Tore schieße. (Beifall bei der ÖVP.)

Das stimmt aber nicht. Es stimmt aber auch nicht, dass sich ein Arzt deshalb für Sportmedizin interessiert, weil er mit dem Koffer auf das Spielfeld läuft, wenn der Masseur schon nicht mehr weiter weiß, um dann dem Sportler auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Es ist nicht so arg, spiel weiter!

Es gibt dazu wirklich mehr zu sagen. Ich versuche, sozusagen im Schnellgalopp ein Einführungsseminar in Sportmedizin zu geben, damit man sieht, wie wichtig das ist, denn es ist mir schon ein Anliegen.

Spitzensportler zum Beispiel haben das sehr wohl erkannt. Hermann Maier trainiert exakt nach modernsten trainingswissenschaftlichen Richtlinien unter Auflagen der Sportmedizin. Das braucht er auch, denn bei derartigen Belastungen kann ein einziger Fehler seine Karriere beenden, kann ein falsches Training ein Jahr verlorener Mühe sein.

Es gibt sehr viele Sportler, die das ganze Jahr über trainieren und nicht besser werden, weil sie einfach nicht richtig beraten sind. Es gibt keinen Bereich, wo derart viel dilettiert wird wie im Sport. Aber darauf will ich jetzt gar nicht zu sprechen kommen, sondern ich will Ihnen erklären, was Sport und Medizin in der Prophylaxe miteinander zu tun haben.


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Und weil ich gerade Herrn Abgeordneten Van der Bellen sehe: Ich erinnere mich immer an seine Rede, in der er gesagt hat, man möge ihn mit dem Tabakgesetz in Ruhe lassen, er möchte am Gipfel eines Berges in Ruhe eine Zigarette rauchen.

Ich würde Ihnen den Rat geben, wenn Sie vom Gipfel wieder hinuntergehen, in der Ebene im Prater zu laufen. Wissen Sie, warum? – Sie sind ja Professor. Eine der berühmtesten Universitäten der Welt – da werden Sie mir zustimmen – ist die Harvard University. Dort wurde an 18 000 Absolventen eine Studie durchgeführt, diese wurden über 13 Jahre lang beobachtet. Von denjenigen, die zwei bis drei Stunden Bewegung – ich sage bewusst nicht Sport, sondern Bewegung – gemacht hatten, und zwar in Form von schnellerem Gehen oder langsamem Joggen, bei dem man noch reden kann, oder nach der berühmten Formel "180 minus Lebensalter" für den Puls – ich bin 48, daher würde ein Puls von 132 reichen –, gab es 63 Prozent weniger Herzinfarkt. Meine Damen und Herren, das schafft kein Medikament der Welt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Stadtrat in Wien hat anlässlich einer Gesundheitsmesse zu mir gesagt (Abg. Neudeck: Aber nicht der Svihalek!): Na, Doktor, du mit deinen Tabletten – das ist alles ein Blödsinn! Ich war beim Internisten, der hat mir gesagt: Nimm etwas für den Blutdruck, nimm etwas für den Zucker, nimm etwas fürs Übergewicht, nimm etwas für den Cholesterinspiegel! Dann bin ich zu meinem Hausarzt gegangen. Der hat gesagt: Nimm ab und beweg dich! Ich habe 20 Kilogramm abgenommen und gehe in schnellerem Tempo wandern. Ich brauche überhaupt kein Medikament!

Dieser Stadtrat hat Recht gehabt. Sie müssen deshalb nicht nach Deutschland zu Joschka Fischer schauen. Ich schaue dort eh nicht hin, weil er mir auf Grund seiner Äußerungen in letzter Zeit nicht so sympathisch ist. Aber das Konzept ist richtig.

Wenn man weiter in die Tiefe geht, werden Sie auf noch etwas draufkommen, was Sie wahrscheinlich nicht wissen: Sie können die Zahl der Depressionen und der Angstattacken um die Hälfte reduzieren – und das ist schon sehr wesentlich –, wenn Sie laufen. Das ist allein durch Laufen oder Joggen möglich. Wir leben doch in einer Welt, in der jeder gesund und schön alt werden will. Und das wäre eigentlich ein Grund, Sport zu betreiben.

Ich möchte Ihnen drei Punkte nennen, warum das auch politisch sehr wichtig ist. Sport statt Drogen! – Ich weiß nicht, wer diesen Begriff geprägt hat, aber es gibt sehr gute amerikanische Untersuchungen, wonach Schulkinder, die Sport betreiben, später nur halb so oft Kontakt mit Rauschgift haben wie diejenigen, die das nicht tun. Ich glaube, das hat etwas zu tun mit einem anderen Selbstbewußtsein, das diese Kinder haben.

Zweiter Punkt: Wir reden immer von den gesunden Jungen, von den Ortliebs und wie sie alle heißen, von den Idolen. Aber Sport wäre besonders wichtig im Alter! Im Alter sterben sehr viele Freunde weg, man hat Beschwerden, es tut einem alles weh. Da wäre Sport als Mittel gegen die Einsamkeit, die ja wirklich eine Plage ist, ganz besonders wichtig dafür, neue Kontakte zu schließen und gleichzeitig das tägliche Leben ohne Pflegebedürftigkeit schaffen zu können. Mit ganz wenig Bewegung könnten Sie, wenn Sie ein bißchen früher damit beginnen, erreichen, dass die Pflegebedürftigkeit gesenkt werden könnte. (Abg. Dietachmayr: Es wäre gesünder, eine Runde ums Parlament zu machen!)

Dritter Punkt: Kinder in Amerika verbringen nach der Schule im Durchschnitt – ich nehme an, die österreichische Zahl ist nicht anders – vier Stunden vor Fernseher, Internet und Videospielen. Würden sie nur eine Stunde für Bewegung verwenden, könnten sie die spätere Rate an Übergewicht um etwa 30 bis 40 Prozent senken. Haben Sie gewusst, dass das starke Übergewicht – nicht ein paar Kilogramm, sondern das starke Übergewicht – gesundheitspolitisch genauso hohe Kosten wie die Krebserkrankungen verursacht?

Haben Sie gewußt – damit spreche ich auch die Gewerkschaften an –, dass, wenn Sie wegen eines Rückenleidens invalidisiert werden, der Schaden eigentlich schon ungefähr 30 Jahre vorher begonnen hat? – 30 Jahre lang wehrt sich der Körper mehr oder weniger, aber irgendwann ist der Ofen aus. Doch wir machen meistens Strategie am Ende, wir schicken den Patienten auf


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Kur, und er sagt: Herr Doktor, mir steht das zu! – Viel sinnvoller wäre es jedoch, wenn man ganz früh, schon im Jugendalter, intervenieren würde.

Wir leben eigentlich in einem Extremismus. Zwei Drittel der Deutschen und Österreicher machen überhaupt keine Bewegung. Sie stehen in der Früh auf, setzen sich ins Auto, sitzen im Büro und dann zu Hause vor dem Fernseher und glauben, es sei Sport, wenn sie bei der Sportschau vor dem Fernseher mit dem Bier irgendwem zuprosten. 5 bis 10 Prozent wiederum betreiben derart viel Sport, dass sie Marathon laufen; wir haben dafür ja Beispiele im Parlament. Das heißt, die Schere geht auseinander: auf der einen Seite Leute, die zu wenig tun, auf der anderen Seite Leute, bei denen ich mich fragen muss, ob das immer so gesund ist.

Zum Schluss kommend. – Erstens: Wir brauchen für den Breitensport Idole und eine solide Vereinsbasis, sonst rührt sich gar nichts. Zweitens: Wir brauchen dazu auch den Faktor Schule in enormem Ausmaß. Drittens: Wir brauchen eine enorm verbesserte sportmedizinische Betreuung, nicht nur für die Top-Athleten, sondern auch eine Stufe darunter. Viertens: Wir sollten uns in der Forschung, in Initiativen, aber auch im Olympischen Comité – es ist eine Schande, dass Österreich kein sportärztliches Komitee im ÖOC hat – engagieren. Kollege Miedl hat ein sehr schönes Beispiel von dem Park in Graz gebracht.

Meine Damen und Herren! Sport ist mehr als nur ein Hobby von ein paar Wahnsinnigen, die mit irgendeinem Ball herumlaufen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir jetzt zum ersten Mal eine durchschlagskräftige Ministerin haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

19.16

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Ich habe heute mit großem Interesse den Ausführungen der Frau Vizekanzlerin gelauscht und mir angehört, was alles sie in Sportfragen in der nächsten Zukunft umzusetzen gedenkt, für welche Bereiche sie sich besonders einsetzen wird – Spitzensportförderung und und und. Wir alle haben es ja gehört.

Frau Vizekanzlerin! Einen Bereich haben Sie überhaupt nicht angesprochen, das waren die Frauen, und zwar die Frauenförderung im Sport. Dafür haben Sie die Mittel dankenswerterweise nicht gekürzt; wir haben das nach einigen heftigen Debatten im Ausschuss festgestellt: Für die Frauenförderung bleiben die Mittel gleich.

Trotz alledem möchte ich Ihnen heute hier einen Vorschlag machen. Leider ist Herr Kollege Schweitzer nicht da, der immer gesagt hat, wir sollen konstruktive Oppositionspolitik machen. Ich biete einen konstruktiven Vorschlag an, und ich möchte Ihnen gerne auch unsere Konzepte vorlegen. Auch wenn Ihnen dieser Bereich nicht einmal einen Satz wert war, so denke ich doch, dass Sie unsere Vorschläge möglicherweise sogar mit Freude aufnehmen und sie dann vielleicht auch umsetzen.

Hinzufügen möchte ich, dass ich heute auch mit den Herren aus den Regierungsparteien Gespräche darüber geführt habe, eine Initiative, einen Entschließungsantrag, den ich heute einbringen möchte, zu unterstützen, der sich auf die Frage der Frauenförderung speziell im Sport bezieht. Ich bedauere es sehr, dass das nicht geht. Und ich bedauere es noch mehr, dass gerade die Damen aus FPÖ und ÖVP nicht da sind. Ich denke, sie sollten mit den Männern in ihren Vereinen in Verbindung treten, um mit ihnen gemeinsam zu besprechen, warum es eigentlich nicht möglich ist, dass wir hier gemeinsam entsprechende Anträge für die Frauen einbringen. (Abg. Haller: Bin ich ein Mann, Frau Kollegin?) Ich bin ja froh, dass eine Dame da ist. Ich weiß, die Zeit ist schon fortgeschritten. (Abg. Haller: Da sieht man nicht mehr so gut!) Das Kapitel ist vielleicht nicht mehr so sehr von Interesse. Aber gerade die Frauenförderung, ein Frauenförderplan im Sport wäre uns allen sehr, sehr wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)


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Zu den konstruktiven Vorschlägen, die ich Ihnen unterbreiten möchte: Es ist die Zeit leider zu knapp, um Ihnen alles vorzutragen, aber ich werde es gerne im nächsten Sportausschuss einbringen. Einige wichtige Punkte das Vereins- und Funktionärswesen betreffend: Frauenreferentinnen in allen Dach und Fachverbänden wären vonnöten; ein Netzwerk für die Frauenanliegen gehört in allen Sportvereinen geschaffen; ein Fördertopf für Mentorinnenprogramme, Frauen, die im Sport in Spitzenfunktionen tätig sind, gehören unbedingt unterstützt, Weiterbildung ist nötig, in Ausbildungsveranstaltungen, gerade im Frauenbereich, gehört investiert und und und.

Es gebe da noch sehr viele Punkte, speziell auch in der Wissenschaft. Die Wissenschaft sollte sich als Zentrum ihrer Arbeiten speziell der Frauenforschung stellen. Diplomarbeiten und Dissertationen zu frauenspezifischen Fragestellungen im Sportbereich sollten gefördert werden, desgleichen alle Analysen, Bewertungen und Darstellungen der Situation von Frauen in den verschiedenen Bereichen des Sports. Denkbar wäre auch die Einrichtung einer Infobörse für frauenspezifische Forschungsergebnisse.

Im Spitzensportbereich wäre es wichtig, Initiativen zu setzen, dass zum Beispiel mehr Frauen als Trainerinnen für Frauen und Mädchen auftreten und dass auch mehr Frauen – so, wie es Kollege Ortlieb angesprochen hat – in die HSNS kommen. Aber es kann nicht sein, dass Frauen im Sportbereich nur dieses eine Angebot erhalten, dass sie zum Bundesheer gehen sollen, damit sie sozial abgesichert sind. Gerade auf dem Weg zum Spitzensportbereich ist es besonders dramatisch, wenn eine Frau keine soziale Absicherung hat. Oftmals ist es notwendig, dass die Familie aushilft, dass die ganze Familie finanzielle Unterstützung gibt. Wenn eine solche Frau mitten in ihrer Lebensplanung auch noch Familienplanung und Spitzensport in Einklang bringen möchte, dann steht sie völlig ohne Hilfe da.

All diese Vorschläge von unserer Seite wären für Sie vielleicht doch von Interesse. Daher bitte ich alle hier Anwesenden, die Initiative zur Einrichtung eines Frauenförderplans im Sport zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Beate Schasching, Grabner, Katharina Pfeffer, Dr. Wittmann, Mag. Maier und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderplans

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum Tagungsbeginn am 18. September 2000 einen Frauenförderplan vorzulegen.

*****

Nur ein Satz, sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! (Ruf bei der ÖVP: Was ist mit den Männern?) Unsere Unterstützung, unsere Ideen für einen Frauenförderplan, die wir schon gesammelt haben, stelle ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung, für die bessere Unterstützung gerade der Frauen im Sport und dafür, dass Sie auf die Frauen in dieser wichtigen Materie nicht vergessen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Kopf: Fünf Jahre SPÖ-Sport-Staatssekretäre!)

19.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fischl. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Schasching, diesen Entschließungsantrag können und wollen


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wir so, wie Sie ihn eingebracht haben, mit Sicherheit nicht unterstützen. Im Unterschied zu Ihnen wollen wir es so haben, dass die Sportförderung – auch die Spitzensportlerförderung – auch künftighin nicht geschlechtsspezifisch festgelegt wird. Das ist auch gar nicht notwendig, denn die Sportförderung als solche – egal, ob im Bund, in den Ländern oder in den Gemeinden – war und wird niemals geschlechtsspezifisch sein. Es sei denn, es bedarf Ausnahmen; diese sind sowieso berücksichtigt.

Ich denke, wenn es darum geht, einen neuen Förderkatalog auszurichten, dann kann man darüber reden, weil es permanent vitale Bedürfnisse von Sportlerinnen und Sportlern gibt. Diesen Bedürfnissen wollen wir mit der Sportförderung gerecht werden, und das werden wir auch tun, Frau Kollegin! (Abg. Schasching: Es ist offensichtlich nicht so schwierig ...!)

Jetzt komme ich ein bisschen auf Kollegen Wittmann zu sprechen. Er hat gemeint, ich hätte etwas über Karlheinz Kopf geschrieben. Es stimmt, ja, ich stehe dazu. (Zwischenruf des Abg. Kopf. ) Aber der tiefere Sinn meiner damaligen Botschaft war, dass dieser Vertreter einer Partei endlich seiner Partei auch mitteilt, dass es Zeit wird, mit den Sozialisten aufzuhören, weil es wesentlich sinnvoller wäre, einmal mit uns Sportpolitik zu machen. (Abg. Grabner  – in Richtung des Abg. Kopf –: Jetzt tut er sich entschuldigen!) Wir glauben, ein bisschen mehr davon zu verstehen, Herr Kollege Grabner! Und so, Herr Kollege Karlheinz Kopf, möchte ich das auch im Nachhinein verstanden wissen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu Kartnig: Herr Kollege Grabner – und das gilt auch für Kollegen Miedl von der ÖVP dort oben –, ich respektiere, anerkenne und freue mich auch für die Leistung von Sturm Graz. Aber dass ich mit Hannes Kartnig nicht unbedingt Mitleid habe, werden Sie verstehen, Herr Kollege Grabner. (Abg. Nürnberger: Ja, weil ihr allweil verliert gegen ihn!)

Was mir überhaupt auffällt – und es ist schön, wenn man das als Vorsitzender eines Ausschusses weiß –, ist, dass die Mitglieder dieses Ausschusses eigentlich sehr human, mit dem nötigen Respekt, sehr sympathisch und freundlich miteinander umgehen. Ich glaube, das sollte hier auch einmal bemerkt werden. Die Diskussionen und die Debattenbeiträge der letzten Tage waren alles andere als sympathisch. Hier zeigt sich wiederum, dass Sport einfach in der Lage ist, mehr zu bewegen als – unter Anführungszeichen – "bloß" die Politik. Wenn ich "bloß" sage, meine ich damit, dass die Sportpolitik eine andere Form der Politik ist, als man sie in der Realpolitik vorfindet. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich könnte zehn Stunden darüber reden, so, wie ich etwa zehn Jahre Funktionär eines großen Vereines war.

Herr Khol, wollen Sie etwas von mir? (Abg. Dr. Khol deutet, zu seinem Platz gehend, auf seine Armbanduhr. – Heiterkeit des Redners.) Sie wollen heimfahren? (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Ich kann Ihnen damit leider nicht dienen. Oder kommen Sie jetzt, weil ich gesagt habe: Kopf ist kopflos? (Abg. Grabner: Jetzt hast ihn erwischt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich ein bisschen ernster werden. Ich möchte ein wenig auf die Geschichte der Sportförderung eingehen, damit ich (Abg. Dr. Khol lässt sich auf seinem Sitz nieder – Heiterkeit bei der SPÖ)  – danke schön, Herr Kollege Khol! – den tieferen Sinn meiner Ausführungen klarmachen kann. Ich nehme vorweg, was der tiefere Sinn ist: Ich möchte mit meinen Ausführungen bewirken, dass man die Schwachstellen, die es im Sport zum Teil auch durch Mitwirken der Sportpolitik gibt und die teilweise bereits artikuliert worden sind – ich denke etwa nur an Kollegen Brosz, der das vortrefflich zum Ausdruck gebracht hat –, ein bisschen deutlicher zu verstehen vermag.

Es ist ungefähr 51 Jahre her, dass sich die weisen Herrschaften hier im Hohen Hause dazu entschlossen haben, die damaligen Toto-Mittel zu verwenden, um ein Bundesbudget einzurichten, das sich mit etwa 19 Prozent der Einnahmen aus den Toto-Mitteln der Sportförderung widmet. Damals – zu einer Zeit, als man mehr oder weniger noch mit dem Fetzenlaberl Fußball spielte und mit Fassdauben Ski fuhr – war der Beschluss über 19 Prozent der Toto-Mittel eine beachtliche, mutige Entscheidung der Politik. Das war ein beachtlicher und mutiger Beweis für den Stellenwert, den der Sport damals schon eingenommen hat.


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Die Motive damals waren außer der Sinnstiftung – das hat gestern ein Professor in dieser Diskussion im Palais Ferstl gesagt; "Sinnstiftung" ist ein schönes Wort für Sport – unter anderem Nationalgefühl, Glücksgefühl, Bewegung und Wettbewerb. Es waren zugegebenermaßen nicht ganz dieselben Motive wie heute, aber diese Motive finden wir auch heute wieder, wenngleich in abgewandelter Form. Damals gab es nicht dieses Auseinanderdriften zwischen Sport und materiellem Interesse, damals gab es nicht den Konflikt Geld – Sport – Wirtschaft, sondern es gab einfach den Sport, es gab den Drang nach Bewegung. Heute ist das alles anders.

Was nicht anders ist, geschätzte Damen und Herren, sind die Strukturen. Im Wesentlichen haben sich die Strukturen, die damals gedanklich und auch real geschaffen wurden, nicht verändert. Man sagte unter den damaligen Grundbedingungen, dass man Geld ausgibt und den Sport fördert. Die Gedankenwelt, mit der man heute vorgeht, ist nicht anders geworden. Sie ist auch während der ungefähr drei Jahrzehnte, in denen die sozialdemokratische Fraktion Sportpolitik gemacht hat, nicht anders geworden – ganz im Gegenteil. Sie ist mit den typischen Prädikaten der sozialdemokratischen Überlegung behaftet worden. Heute stehen wir vor der Tatsache, dass wir ein Strukturproblem haben. Strukturproblem heißt, dass sich die Förder- und Forderpolitik im Sport nicht eignet, um den heutigen Rahmenbedingungen noch gerecht zu werden.

Wir haben ein Vereinsrecht, das zu einer Zeit geschaffen wurde, als man im Wilden Westen mit dem Colt schoss und auf Pferden ritt. Heute reiten sie noch auf Pferden, schießen aber weniger mit dem Colt. Man muss sich das jedoch einmal vorstellen: 150 Jahre ein Vereinsrecht! Dieses Vereinsrecht ist vor etwa 50 Jahren nochmals novelliert oder, besser gesagt, wiederverlautbart worden. Die Strukturen, die man damals hatte, können den heutigen Erfordernissen gar nicht mehr entsprechen, aber wir haben heute noch immer die Strukturen von damals. (Abg. Dr. Mertel: Können wir mit einer Zugabe rechnen?)

Sie können noch mit 34 Minuten rechnen, Frau Kollegin Mertel. Das ist, glaube ich, die Restredezeit, die wir noch hätten. Ich werde aber ein paar Minuten davon meinen Kollegen überlassen. (Abg. Dr. Mertel: Nein, Sie können das ganz allein in Anspruch nehmen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Kollegin Mertel, schauen Sie, ich möchte es Ihnen jetzt sagen, dass es mich betroffen gemacht hat, als Sie von Proporz und Privilegien gesprochen haben. Ich bemühe mich hier, diese Begriffe nicht zu benutzen, weil mir Sport zu wichtig ist. Ich erspare es mir auch, darauf zu antworten, was Sie eingangs Ihres Statements gesagt haben: Ein rot-blauer Faden zieht sich durch die Sport-Proporz-Politik. Ich empfinde das nicht so. (Abg. Dr. Mertel: Sport hat mich nicht berührt!)

Verehrte Frau Mertel! Wir Politiker, die sich zum Sport besonders hingezogen fühlen, wollen und werden alles daransetzen, Privilegien, Proporz und solche Begriffe hier nicht vorkommen zu lassen. Ich glaube, wir sollten – und das wollen wir auch, das kann ich Ihnen sagen – die modernen Mechanismen wirksam werden lassen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir sollten ein modernes Sportrecht haben, das nicht nur regelt, sondern gewissermaßen auch Autonomie vorsieht.

Damit bin ich bei meiner Vorrednerin, die gemeint hat, die Frau Vizekanzler möchte Verbände zerschlagen. – Das stimmt überhaupt nicht! Ein Verband unterliegt nach Artikel 12 des Staatsgrundgesetzes der Vereinsautonomie. Ein Verband ist ein Verein, und der kann nicht mit Willkür des Staates, mit Willkür des Parlaments zerschlagen werden. Das ist ein wichtiges Gut, das wir haben, und wir werden das auch nicht aufweichen. Es hat außerdem niemand behauptet, die Freiheitliche Partei will ...

Herr Kollege Khol, bitte haben Sie Mitleid mit mir! Es ist mir wichtig, was ich sagen möchte. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Schauen Sie nicht so traurig! Ich möchte es ausführen. Ich höre Ihnen das nächste Mal auch zu, ohne irgendwelche Mimiken zu machen. (Abg. Grabner: Er war den Kollegen Trattner holen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich komme zurück auf den Artikel 12 des Staatsgrundgesetzes, der bestätigt und der auch nach ... (Abg. Leikam: Es ist heute keine Vorlesung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Vielleicht können Sie etwas lernen, Herr Kollege, hören Sie zu! Aber Sie kennen sich im Sport nicht aus, Sie haben auch eine tatsächliche Berichtigung gemacht, die keine ist.

Ich komme zurück auf den Artikel 12, denn uns zu unterstellen, wir wollten die wichtigen Instrumentarien des Sports zerschlagen oder ausradieren, ist falsch. Wir wollen diese Instrumentarien modernisieren, anpassen und für die heutige Zeit adaptieren. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. ) Wir wollen, verehrte Damen und Herren, ein Sportgesetz, das nicht nur regelt, sondern auch auf die vitalen Bedürfnisse der Teilnehmenden am Sport Rücksicht nimmt: der Vereine, der Einzelsportler und aller, die ein Interesse daran haben, dass es dem Sport gut geht, nämlich der Funktionäre. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Schau deine Kollegen an, die wollen heimgehen! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Grabner! (Abg. Dr. Wittmann: Deine Regierungskollegen wollen gehen!) Wir wollen zu einer konstruktiven Linie finden. Das wollen wir alle, das wollen auch Sie, das weiß ich. Gerade Sie haben sich über lange Jahre wirklich für den Sport eingesetzt, und das hat man auch zu respektieren. Wir wollen zu einer konstruktiven Linie finden, zu einem großen Dialog, den wir den Sportlerinnen, den Sportlern und den Funktionären schuldig sind. Nichts als das wollen wir, und es wird niemand daran gehindert, Ideen einzubringen und Gedanken beizusteuern, damit wir ein besseres, ein optimales Ergebnis für die Sportlerinnen und Sportler dieses Landes erreichen.

Das Ergebnis, das wir jetzt haben, ist unbefriedigend, das habe ich hier schon seit acht Jahren gesagt. Acht Jahre hat man nicht zugehört oder wollte es nicht hören, weil man acht Jahre in einer anderen Gedankenwelt verhaftet war: mit Geld zu sponsern, nach dem Gießkannenprinzip Geld zu verteilen, den Menschen zu instrumentalisieren und als Bittsteller hinzustellen, damit er willfährig bleibt und damit er brav das macht, was die Politik vorhat. (Abg. Dr. Mertel: Haben Sie sich mit dem Gedankengut durchgesetzt?) Ja, Frau Mertel, das habe ich!

Frau Mertel, Ihr Bruder hat bei uns gespielt, stellen Sie sich das vor! Er hat in diesem Verein Erfolg gehabt, stellen Sie sich das vor! (Abg. Dr. Mertel: Vor Ihrer Zeit!) Auch ich habe in diesem Verein Erfolg gehabt. Also reden Sie nicht dumm herein! (Widerspruch bei der SPÖ.) Wenn sie einen Zwischenruf machen – ich weiß, ich bekomme einen Ordnungsruf, ich nehme ihn auch an, danke schön! –, dann einen konstruktiven, der der Sache dient, Frau Kollegin Mertel! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Steibl.  – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Nein, habe ich nicht! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abschließend ... (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.) Abschließend noch 11 Minuten, denn es geht um den Sport – werden wir ein bisschen ernst! (Abg. Grabner: Das gibt es im Sport nicht! Nach 90 Minuten ist es aus!) Herr Kollege Grabner, wenn Sie möchten, rede ich noch 21. (Abg. Dr. Wittmann: Zweimal 15 Minuten Verlängerung!) Mir ist das einfach wichtig, Ihnen offensichtlich nicht mehr. Seit Sie im Sport nicht mehr anschaffen können, ist es Ihnen nicht mehr wichtig. Mir ist es wichtig, darum möchte ich abschließend einen Appell an Sie richten. (Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Tragen Sie das Wohlwollen und die Bereitschaft unserer Fraktion mit! Tragen Sie das Wohlwollen und die Bereitschaft dieser Regierung mit, konstruktiv einen Dialog über die Parteigrenzen hinweg in Gang zu setzen, damit wir alles dafür tun können, bessere, moderne, attraktive Rahmenbedingungen für den Sport zu schaffen – seien es neue Möglichkeiten, Geldquellen zu erschließen, die Vereine mehr oder weniger noch autonomer gestalten zu lassen und letztlich mehr Bedacht auf den Breitensport und weniger auf den Spitzensport zu nehmen! – Ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

19.34

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin und in dem Fall Sportministerin! Hohes Haus! Erfreulicherweise spielt der Sport in


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Österreich eine wichtige Rolle. Dazu hat die langjährige Regierungsführung der SPÖ wesentlich beigetragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte betonen, dass ich mit Sport nicht nur jenen Sport meine, der von den Medien favorisiert wird, wie zum Beispiel Fußball, Tennis, Autorennen und Skisport. Auch alle anderen Sportarten, die in der Öffentlichkeit oft unbemerkt bleiben, haben für mich den gleichen Stellenwert.

Für uns Sozialdemokraten bedeutet Sport einen wichtigen Teil der Lebensgestaltung. Vor allem war es eine unserer wichtigsten Aufgaben, den Breiten- und Gesundheitssport besonders zu fördern, was uns auch sehr gut gelungen ist. Das auch weiterhin zu betreiben, möchte ich Sie bitten, sehr geehrte Frau Bundesminister!

Aber gleichzeitig ist der Sport Gefahren ausgesetzt, die nicht zu unterschätzen sind, insbesondere dann, wenn Gewaltausübung sowie Doping die Kultur des Sports bedrohen. Daher muss die staatliche Sportpolitik sicherstellen, dass die Sportverbände Regeln zur Verhinderung des Dopings schaffen und auch durchsetzen können.

Angesichts der gesundheitspolitischen und sozialen Bedeutung des Sports ist die Regierung aufgefordert, durch entsprechende Fördermaßnahmen und Rahmenbedingungen den Sport zu schützen, zu fördern und seine Autonomie zu gewährleisten, aber nicht, wie absehbar ist, den Wirtschaftsfaktor des Sportes als Handlungsmaxime zu nehmen. Privatisierungen gehen da in die falsche Richtung. Besonders die angedachte Privatisierung der Bundessporteinrichtungen ist kontraproduktiv. Ich weiß, Frau Minister, Sie haben im Ausschuss versichert, dass eine Privatisierung nicht in Frage kommt. Ich wünsche mir, dass das so bleibt.

Unter der sozialdemokratischen Regierung wurde eine Ausgliederung beschlossen, die sicherstellt, dass die sozialen und sportpolitischen Aspekte bei der Führung der Bundessporteinrichtungen gewährleistet sind und dass diese nicht zu Sporthotels umgewandelt werden.

Als langjährige Sportfunktionärin – ich bin eine der wenigen, und ich glaube, man hat unseren Entschließungsantrag etwas missverstanden – möchte ich sagen, was wir wollen. Die Frauen sind im Vereinsgeschehen unterrepräsentiert, und wir wollen, dass mehr Frauen als Funktionärinnen im sportlichen Bereich mitwirken. (Abg. Fischl: Weil der Grabner nicht mehr zulässt!)

Als langjährige Sportfunktionärin, wenngleich in den Randsportarten Judo und Jiu-Jitsu, sowie als Vorstandsmitglied des Allgemeinen Sportverbandes Burgenland weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig die Bundessporteinrichtungen für unsere Vereine und vor allem für unsere Sportlerinnen und Sportler sind. Der Aufenthalt in diesen Einrichtungen ist eine Sportförderung im besonderen Sinn. Diese Heime sind keine Beamtenheime, das möchte ich hier festgestellt haben!

Meine besondere Beziehung gilt dem Bundessport- und Freizeitzentrum Hintermoos. Diese Bundessporteinrichtung hat lange Zeit ein Mauerblümchendasein geführt, wurde aber in den letzten Jahren saniert und dem heute erforderlichen Standard angepasst. Vor allem die Dreifach-Turnhalle bietet Trainingsmöglichkeiten für viele Sportarten. Die fünf Tennisplätze und die wunderschöne Landschaft des Salzburger Landes werden von den Mitgliedern der Vereine gerne in Anspruch genommen. Die Ausgliederung hat auch bewirkt, dass man sich um den Gast und vor allem um die Auslastung des Hauses bemüht. Das ist, finde ich, sehr positiv. Eine Privatisierung wäre aber sicherlich fehl am Platz. Ich bitte, dies zu bedenken.

Jeder von uns weiß, wie wichtig die finanzielle Unterstützung für unsere Vereine ist. Ich fürchte aber, dass die Schwerpunkte, die hier von der Regierung gesetzt werden, unsere Sportvereine – immerhin sind es 12 000 – um das Überleben zittern lässt. Sport muss man sich weiterhin leisten können, er darf und soll nicht einer Elite vorbehalten werden! (Beifall bei der SPÖ.) Wir sind daher für die Förderung der Vereine des Breitensports, diesem darf nicht das Schicksal des Kahlschlags drohen. Das wollen und das werden wir nicht zulassen, Frau Bundesminister! – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. )

19.38


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24. Sitzung / Seite 157

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten!)

19.38

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon sehr viel zum Thema Sport gehört, und ich möchte auch nichts wiederholen – die Zeit ist relativ fortgeschritten –, sondern nur zusammenfassen: Ich glaube, es besteht nach langer Zeit wieder einmal Einigkeit in diesem Parlament, und zwar darüber, dass der Sport für den Bereich der Wirtschaft wichtig ist, dass der Sport für den österreichischen Tourismus wichtig ist und dass der Sport auch für den Arbeitsmarkt wichtig ist. Das ist wieder einmal sehr erfreulich: Einigkeit in diesem Haus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kurz an Frau Schasching gerichtet – sie ist leider nicht hier. (Abg. Schasching  – von einem anderen Sitz aus mit der Hand winkend –: Ganz nah!) O doch! – Sie können den Frauenförderplan, den Sie angesprochen haben, bereits zur Bilanz der Bundesregierung zählen. Ich darf Sie daran erinnern, dass seit 1996 für die Frauenförderung jährlich 3 Millionen Schilling zur Verfügung stehen, aber seit 1996 kein konkreter Plan vorliegt. Ich glaube, die Frau Vizekanzler braucht von Ihnen keine Anweisungen und keine Fristsetzungen, sie weiß selbst, was sie zu tun hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie den Plan vorlegen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schasching: ... ohne jede Zusammenarbeit!)

Ich möchte an die Ausführungen des Kollegen Kopf anknüpfen, der heute schon darauf hingewiesen hat, dass die Sportförderung in Österreich auf sehr guten Beinen steht. – Das kann ich nur bestätigen, und es freut mich, dass es jährlich bis zum Jahre 2002 zusätzlich 20 Millionen Schilling für die besondere Sportförderung geben wird, und Sie können davon ausgehen, dass wir Wert darauf legen werden, dass diese Förderung von 20 Millionen Schilling jährlich auch nach dem Jahre 2002 fortgesetzt werden wird!

Wichtig ist auch der Sport im Vereinsbereich. Die Frau Vizekanzlerin hat bereits bestätigt, dass es mehr als 12 000 Vereine mit mehr als 2,5 Millionen Mitgliedern in Österreich gibt. Einen Aspekt im Zusammenhang mit den Vereinen möchte ich noch zum Schluss hervorkehren: Gerade in den Sportvereinen wird ganz Großes für den Bereich der Jugendarbeit geleistet, weil letztendlich viele Jugendliche in Sportvereinen ein zweites Zuhause finden und Teamgeist und Verantwortungsfähigkeit lernen. In diesem Sinne arbeiten wir weiter für den Sport hier in Österreich und für unsere Jugend! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

19.41

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Rasinger hat die Frau Vizekanzlerin als "durchschlagskräftig" bezeichnet. (Abg. Dr. Rasinger: Jawohl!) Ich meine, es hat längere Zeit gedauert, bis wir das richtige Budget in Sportangelegenheiten bekommen haben. Ich bedanke mich auf jeden Fall für die richtigen Zahlen, möchte aber festhalten, dass es – wie gesagt – einige Tage gedauert hat, bis die Abgeordneten dieses Hauses die richtigen Zahlen erhalten haben. (Zwischenbemerkung von Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. ) Die Zahlen im Begleitgesetz haben jedenfalls nicht gestimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann zum Sport sehr viel sagen. Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen, dass bereits über vieles gesprochen wurde. Ich meine aber, dass man – Herr Klubobmann Andreas Khol! – noch sehr viel über den Sport erzählen könnte. Kollege Fischl, der Obmann unseres Sportausschusses, hat bereits ganz ausdrücklich darauf hingewiesen. Ich meine, dass man gerade die sportrechtlichen Probleme, weil sie wirtschaftliche und arbeitsrechtliche Themen beinhalten, grundsätzlich diskutieren sollte, und ich freue mich auf die Diskussion im Sportausschuss über genau diese Themen!


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24. Sitzung / Seite 158

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nun doch noch einige Themen konkret ansprechen. Wenn man sich den blau-schwarzen Regierungspakt ansieht, dann findet man darin sehr viele Versprechungen. Allerdings, Frau Vizekanzlerin, hat es – um es mit aller Deutlichkeit zu sagen – Konkretes bis heute noch nicht gegeben! Es gibt noch keine Vorschläge zu einem allgemeinen Sportgesetz, und es gibt auch sonst noch relativ wenig. Ich frage mich, in welche Richtung diese Sportpolitik gehen soll.

Wie Sie wissen, komme ich aus Salzburg, und ich sehe jetzt Kollegen Böhacker, der sich als Fan auch zum zukünftigen Cupsieger des Jahres 2000 Wüstenrot Salzburg bekennt. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Daher möchte ich sagen, dass es mich besonders bedrückt, dass ich heute feststellen musste, dass sich die Freiheitliche Partei im Bundesland Salzburg gegen den Neubau des Stadions ausgesprochen hat. (Abg. Dr. Rasinger: Völlig unnötig!) Ich weiß genau, dass es am 25. das große Gespräch geben wird. Aber ich vermisse eine klare Haltung der Freiheitlichen Partei in meinem Bundesland zu diesem Stadion! Die Freiheitliche Partei hat bislang jeden Standort abgelehnt! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun noch ein paar andere Aspekte zum Bereich des Sports, die ich bereits im Ausschuss angeschnitten habe: Mir geht es um die Landessportgesetze. Mir geht es um die Frage, warum es im Bereich der Ausbildung für Landesschilehrer und Snowboard-Lehrer unterschiedliche Regelungen gibt. Sie erinnern sich gewiss an das Unglück im Mühlbachtal, in Kaprun: Die dortigen Vorfälle waren das Ergebnis einer landesgesetzlichen Regelung, nach welcher freies Fahren im Gelände vorgesehen ist. Das gibt es in Salzburg und in Tirol; in den anderen Bundesländern hingegen nicht. Im Hinblick darauf stelle ich fest, dass wir in diesem Bereich zu einer Vereinheitlichung kommen müssen!

Ein weiterer Bereich, der mich besonders interessiert, ist die Zukunft des Wett- und Glückspielwesens. Wir hören, dass der P.S.K.-Anteil verkauft werden soll, und es geht nun um die grundsätzliche Frage, wie die allgemeine Sportförderung abgesichert werden kann. Wenn man sich die Entwicklung ansieht, dass "Sportwetten" und "Wetten aus anderen Anlässen" über Internet und über Satellit angeboten werden, dann gibt es diesbezüglich absolut Handlungsbedarf, und zwar für die Länder. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Bereich ist derzeit in der Zuständigkeit der Länder, und wenn jemand eine Konzession haben will, dann geht er natürlich dort hin, wo die geringsten Auflagen erteilt werden, beispielsweise im Bundesland Kärnten.

Sie haben in Ihrem Regierungsprogramm angekündigt, dass Sie das regeln werden. Frau Vizekanzlerin! Ich ersuche Sie eindringlichst, dafür zu sorgen, dass es hier zu einer Regelung kommt, und zwar zum Schutz der Personen, die wetten, aber auch zum Schutz der Einrichtungen, die bewettet werden!

Zum Schluss noch eine Feststellung: Die Schaffung eines allgemeinen Sportgesetzes in Österreich wird nur unter Einbeziehung der europarechtlichen Diskussion möglich sein. Hiebei geht es um die Beihilfenproblematik, um Fragen der Zukunft der Nationalmannschaften, um Fragen der Dienstleistungsfreiheit, aber auch um Fragen des Dopings.

Die sozialdemokratische Fraktion wird bei diesen anstehenden Arbeiten, welche die Regierung jetzt zumindest einmal angekündigt hat, sicherlich offensiv mitarbeiten und eigenen Positionen entwickeln. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Böhacker zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.46

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Mag. Johann Maier, oberster Konsumentenschützer in Salzburg, hat hier vor wenigen Minuten erklärt, dass sich die Freiheitlichen im Land und in der Stadt Salzburg gegen die Errichtung eines neuen Fußballstadions in Salzburg aussprechen. (Abg. Parnigoni: Was ja stimmt!)  – Das ist unwahr.


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24. Sitzung / Seite 159

Wahr ist vielmehr, Herr Mag. Johann Maier, dass die Freiheitlichen sich sehr wohl für die Errichtung eines neues Stadiums in Salzburg aussprechen, aber nicht an dem derzeit geplanten Standort vor dem Schloss Kleßheim! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Vizekanzlerin. – Bitte.

19.48

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Maier, ich schließe gleich an Ihre Ausführungen an. Ihre Behauptung, dass von meinem Ressort falsche Budgetzahlen vorgelegt wurden, ist unrichtig.

Ich habe am 1. April die Ressortverantwortung für den Bereich Sport übernommen, und die Zahlen im Budgetkapitel Sport, das in meiner Verantwortung erstellt wurde, waren vollständig richtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie fragen, in welche Richtung der Sport geht, und aufzählen, was alles in den ersten drei Monaten noch nicht erledigt wurde, dann entschuldige ich mich ausdrücklich bei Ihnen, dass wir nicht 100 Prozent des Regierungsprogramms in den ersten drei Monaten umgesetzt haben! Aber wenn Sie mir noch weitere drei Monate Zeit geben, dann kann ich Ihnen das vielleicht zusichern! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage Stadion Salzburg – und ich möchte Sie jetzt sehr herzlich um Ihre Aufmerksamkeit bitten, weil mir das sehr wichtig ist – haben Sie gesagt, dass es darauf ankomme, ob die FPÖ Salzburg beziehungsweise die FPÖ generell dafür oder dagegen sei. Dazu muss ich Ihnen leider sagen: Diesbezüglich sind Sie in einem alten Denken verhaftet. Für mich kommt es nicht darauf an, welche Parteien für oder gegen dieses Stadion sind, sondern für mich kommt es darauf an, ob die Förderungsrichtlinien und Voraussetzungen erfüllt sind, denn ich werde meine Entscheidung allein aufgrund dieser Grundlage treffen.

Zu Kollegen Grabner und zu den Verbänden: Was bei Ihrer Darstellung der Verbandspolitik in Österreich immer ein bisschen vergessen wird, ist, dass es bei den Verbänden nicht nur darum geht, welche hervorragenden Leistungen die vielen ehrenamtlichen Funktionäre erbringen, sondern dass wir eine Verbandsstruktur in Österreich haben, die sehr verpolitisiert und parteipolitisch gewichtet ist.

Ich nenne Ihnen nur ein kleines Beispiel aus meiner persönlichen Erfahrung: Als ich mein Ressort übernommen habe, habe ich einen jungen Mitarbeiter aus dem ASKÖ eingeladen, bei mir im Kabinett mitzuarbeiten, und er hätte das auch sehr gerne gemacht, hat mir aber geantwortet, dass er das nicht tun könne, weil er dann im ASKÖ ein für alle Mal unten durch sei. Und genau das ist das Problem, Herr Kollege Grabner! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. )

Darum geht es mir: Die Parteipolitik muss raus aus den Verbänden und raus aus dem Sport in Österreich! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Die Bestellung des Generalsekretärs der Sporthilfe wird in den nächsten Tagen erfolgen. Wir haben hiefür ein unabhängiges Personalberatungsbüro eingeschaltet, das die Bewerber in einem Hearing getestet hat. Drei davon werden ein weiteres Hearing zu bestehen haben, und von diesen wird der beste Bewerber ausgewählt werden. Auch das ist ein neuer Zugang. Ich hätte es mir natürlich auch sehr einfach machen können, Herr Kollege Grabner, und hätte mir einfach den aussuchen können, der mir am sympathischsten ist. Mir kommt es jedoch darauf an, dass der Beste diese Funktion bekommt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun noch ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Brosz von den Grünen, dem ich eigentlich in fast allem, was er gesagt hat, zustimmen kann: Sie hatten auch mir in fast allem zuge


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stimmt, und deswegen verstehe ich nicht ganz, warum Sie gegen das Budget stimmen! Ich bedauere das, weil wir festgestellt haben, dass wir in der Sache einer Meinung sind! Sie dürfen offensichtlich nicht anders stimmen, was ich bedauere! Trotzdem bedanke ich mich für Ihre ehrlichen Worte! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend zu den Ausführungen des Kollegen Wittmann, der auch die Privatisierung der Bundessportheime angesprochen hat. – Herr Kollege Dr. Wittmann, Sie wissen, dass wir diese Frage schon diskutiert haben. Ich habe Ihnen gesagt, dass es mir darauf ankommt, dass der Förderungszweck voll aufrechterhalten bleibt und dass wir evaluieren, welche Organisationsform die beste ist. Das werden wir tabulos tun, und daher kann es von vornherein kein prinzipielles Ja oder Nein in dieser Frage geben. Sobald aber die Ergebnisse der Studie vorliegen, werde ich Ihnen das mitteilen!

Außerdem wissen Sie sehr genau, dass für die Paraolympischen Spiele selbstverständlich eine Finanzierung im Bereich der allgemeinen Fördermittel gegeben ist, ebenso wie für die Special Olympics. Sie wissen es und müssen es wissen, weil Sie das selbst auch so gehandhabt haben. Ich bitte Sie daher, das entsprechend zu berücksichtigen, wenn ich Ihnen doch gerade sage, dass die Mittel vorhanden sind!

Ein Wort zu Frau Kollegin Schaschnig. (Abg. Schasching: Ich heiße Schasching! ) Entschuldigung! Frau Kollegin Schasching! Ein Wort zur Frauenförderung: Sie wissen sehr wohl, dass wir einen Budgetansatz haben, der sich in diese Richtung bewegt und mit welchem wir genau diese Projekte fördern! Daher empfinde ich eine zusätzliche Aufforderung von Ihnen zwar als Unterstützung, sie ist aber eigentlich nicht notwendig. Und wenn es, wie Ihre Kollegin gesagt hat, um die Förderung der Frauen in den Verbandstrukturen geht, dann müssen Sie zu Herrn Grabner gehen, denn dann bin ich die falsche Ansprechadresse!

Abschließend noch zu Kollegen Wittmann, der von den "Grauslichkeiten" der neuen Bundesregierung im Sportbereich gesprochen hat. – Ich weiß nicht, was grauslich daran sein soll, wenn man mehr Transparenz und Offenheit in die Förderungspolitik und die Sportorganisationen zur Entpolitisierung bringt, den Kampf gegen das Doping intensiviert und ein Sportsponsoring und einen Sportkanal schafft. Ich weiß nicht, was daran grauslich sein soll! Grauslich kommt Ihnen wahrscheinlich vor, Herr Kollege Wittmann, dass Sie selbst nicht mehr in der Regierung sind. Das mögen Sie bedauern, ich bedauere es nicht, und ich glaube, der Sport in Österreich bedauert es auch nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Lebhafte Zwischenrufe. – Abg. Dr. Fischer: Nur so weiter mit dieser Arroganz! Das ist der Anfang vom Ende!)

19.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

19.53

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Diese klaren, aufmunternden Worte der Vizekanzlerin tun einem, der Sportpolitiker, Sportfunktionär und auch ein bissel Sportwissenschafter ist, gut! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Sportministerin! Bleiben Sie auf diesem Weg! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Sie haben in uns die besten Mitstreiter, die Sie sich wünschen können! Es besteht fachliche Kompetenz in unserer Fraktion, aber auch auf Seiten der anderen Fraktionen, auch auf Seiten der Grünen, wie ich heute gehört habe, was mich besonders beeindruckt hat. Gehen Sie den Weg der Entpolitisierung des Sports! Die grausliche Geschichte, die uns Herr Gerhard Kurzmann zu Beginn der Debatte über Löschnaks Intervention in Salzburg erzählt hat, könnte man lückenlos im gesamten österreichischen Sportwesen fortsetzen, denn hier gab es nur ein Ausscheidungskriterium, auch in der Beamtenschaft in Ihrer Umgebung, nämlich: Wenn du die richtige Farbe hast, dann bist du geeignet. Räumen Sie damit auf! Sie haben in uns Mitstreiter! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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24. Sitzung / Seite 161

Frau Vizekanzlerin! Ein abschließendes Wort in Fortsetzung zu Ihren Ausführungen betreffend die Dachverbände: Seit wir hier sind, bemühen wir uns, davon zu überzeugen, dass die Dachverbände in dieser Form eigentlich im Sport ausgedient haben. Wenn Kollege Grabner sagt, es gebe soundso viele Funktionäre, die für die Dachverbände vereinnahmt werden, dann sage ich: Diese Funktionäre arbeiten ja für die Fachverbände. Die politisch organisierten Dachverbände haben lediglich eine Funktion, nämlich unter der Hand freihändig öffentliche Gelder nach einem Schlüssel zu verteilen, der seit 49 Jahren unverändert geblieben ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Grabner! Wenn Sie von Ihren 1,17 Millionen Mitgliedern, die Sie angeblich haben, nur 100 S Jahresgebühr einfordern, dann können Sie 101,7 Millionen Schilling nach Ihrem Gutdünken verteilen. Wenn dieser Verein, der Dachverband, diese Gelder hereingebracht hat, dann soll er diese auch ausgeben, aber er soll die Finger von den öffentlichen Geldern und der Form der Verteilung, wie sie bisher praktiziert wurde, lassen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Das wäre die Zukunft! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

19.56


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24. Sitzung / Seite 162

Abgeordneter Christian Faul
(SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen Freitagsamnestie versprechen, aber da ich nicht so schnell und vor allem nicht so polemisch reden kann, wie Sie, Frau Vizekanzler, muss ich mich auf drei Gedanken beschränken.

Lieber Kollege Kopf! Wenn Sie in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Ihrem Finanzminister Grasser heute Frank Stronach schon mit dem Wettkanal in Verbindung bringen und noch dazu bejammern, wie viel Stronach vielleicht an uns abliefern wird müssen, halten sich meine Tränen in Grenzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Frank Stronach kommt aus meiner Heimatstadt Weiz, und in einer logischen Verfolgung seines beruflichen Aufstieges kann ich mit Sicherheit sagen, dass Frank Stronach nur Dinge macht, mit welchen er auch viel Geld verdient. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Mir kommen die Tränen, wenn ich darüber nachdenke, in welche Kanäle die stillen Provisionen aus den großen Gewinnen fließen. Darüber denke ich nach. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl. ) Es ist so!

Liebe Frau Vizekanzler! Heute ist viel über die Dachverbände geredet worden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Kollege Grollitsch hat gesagt: Auflösen, weg damit! Das ist ein Zeichen für mich, dass sportpolitische und sozialpolitische Einflüsse entfernt und dafür parteipolitische Überlegungen aus der Sicht der Freiheitlichen einfließen sollen. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Wort zu den Förderungsmitteln: Leider haben wir in Österreich sehr wenig Industrie, die den Sport – Kollege Fischl wird es bestätigen können – nachhaltig fördert. Sie zerstören noch die letzte Industrie in Österreich mit Ihrer Politik, und wenn Sie glauben, dass die Ausländer als neue Besitzer der österreichischen Industrie den Sport in Österreich fördern werden, dann täuschen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind ausländerfeindlich! – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.  – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Liebe Frau Vizekanzler! Wenn Sie von Überbürokratisierung hier in diesem Haus reden, dann darf ich Ihnen Folgendes sagen: Alle Zahlen auf einen Punkt gebracht ... (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Redner sollte auch am Schluss noch die Möglichkeit haben, gehört zu werden!

Abgeordneter Christian Faul (fortsetzend): Es gibt 111 hauptamtliche Mitglieder und 200 000 freiwillige, ehrenamtliche Mitglieder! (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Frau Vizekanzler! Diesen Menschen von Überbürokratisierung zu reden und ihnen den Geldhahn zudrehen zu wollen, das ist ein Schlag ins Gesicht unserer verdienten Funktionäre und unserer Sportler! Ich hoffe, dass sie zurückschlagen werden, frühestens bei der nächsten Wahl, liebe Freunde! (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

19.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

19.59

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Man könnte meinen, man befindet sich in einer Boxarena! Aber zugeschlagen wird heute hoffentlich nicht mehr! Kommen wir nun wieder zu den gesünderen Dingen des Lebens, nämlich wirklich zum Sport! (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Lieber Noldi Grabner! Ich bin gleich fertig, ich habe meinen Beitrag wirklich reduziert. Ich zitiere nun:

"Sport hat enorme Bedeutung für die Gesundheitsvorsorge, für die Persönlichkeitsentwicklung, die soziale Integration, die nationale beziehungsweise regionale Identifikation sowie für die Entwicklung der einschlägigen Wirtschaftsbereiche und des Arbeitsmarktes. Die Förderung des Sports ist daher eine gesundheits-, gesellschafts-, wirtschafts- und beschäftigungspolitische Aufgabe."

So steht es im Regierungsprogramm vom Feber 2000, und ich kann Ihnen garantieren, dass dies keine leeren Worte sind, sondern dass dieses Bekenntnis auch umgesetzt wird!

Von meinen Vorrednern von der ÖVP, aber auch von der FPÖ haben Sie dazu schon einige Fakten zu hören bekommen. Ich möchte auf jene Punkte eingehen, gemäß welchen der Sport für die Gesundheitsvorsorge und für die Integration in die Gesellschaft wichtig ist.

Im Gegensatz zur SPÖ, die im Wahlkampf für die AK-Wahlen in der Steiermark mit dem Slogan "Gesundheit für Reiche" wirbt, bin ich für offene und ehrliche Politik, wobei ich mich frage, ob die Abgeordneten von der SPÖ glauben, dass sich die Reichen die Gesundheit kaufen können. (Zwischenruf des Abg. Gaál. ) Nein! Gesundheit kann man nicht kaufen, aber es gibt viele Möglichkeiten, gesünder zu leben, und dazu gehört der Sport an erster Stelle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als Politiker haben wir die Verpflichtung, möglichst gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Im Spitzensport – Sie konnten es den Ausführungen des Kollegen Kopf entnehmen – sind die Bedingungen schon sehr gut. Im Bereich des Breitensports sind die Bedingungen aber noch weniger gut. Es gibt auf diesem Gebiet noch sehr viel zu tun. Allerdings sind die ländlichen Gemeinden dabei stark gehemmt, da die finanziellen Mittel fehlen. Deshalb ist die rasche Aufhebung des verfassungswidrig abgestuften Bevölkerungsschlüssels für den Finanzausgleich unbedingt notwendig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist nötig, auch wenn die Finanzstadträtin der Stadt Wien, Frau Ederer, mit "Krieg" droht, wie aus einem Interview in der letzten Ausgabe des "NEWS" hervorgeht. Mit dieser Aussage beweist die SPÖ absoluten demokratischen Unverstand. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Ist diese Drohung mit einem Krieg zwischen der Stadt Wien und den kleinen Gemeinden etwa der neue Stil? Versucht die SPÖ die Bundesregierung mit der Drohung eines Bürgerkrieges in die Knie zu zwingen? Mit solchen Drohungen lassen wir uns nicht unterkriegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Ein neuer Stern geht auf: Zweytick!)

Der von der ÖVP initiierte Fonds "Gesundes Österreich", der jährlich 100 Millionen Schilling aus der Umsatzsteuer für Zigaretten für Gesundheits-Präventiv-Projekte zur Verfügung stellt, steht natürlich auch dem Sport offen.


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24. Sitzung / Seite 163

Eine Möglichkeit, Sport auszuüben, bieten die unzähligen Vereine. Die gemeinnützigen Vereine sind die wichtigsten Säulen des Sports. In ihrer Gesamtheit sind die Sportvereine die größte ehrenamtlich geführte und tätige Organisation in unserem Land. Die mit dem Ehrenamt verbundene freiwillige gemeinschaftliche Leistung ist ein wesentliches Element der von der ÖVP angestrebten Bürgergesellschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Daher sind wir für das Budget! – Zwischenruf des Abg. Grabner. )

An dieser Stelle danke ich allen ehrenamtlich tätigen Sportfunktionären in ganz Österreich!

Hunderttausende Menschen im Bereich des Dienstleistungsgewerbes, des Tourismus, auf den Straßen bemühen sich seit Wochen und Monaten täglich, das gut zu machen, was Sie seit Monaten versäumen: für Österreich positiv zu werben, die kulturellen Vorzüge dieses Landes und dessen reizvollen, schönen Landschaften anzupreisen. (Abg. Dr. Khol: Hannes! Schau auf die Uhr und hör auf!) Sie versäumen es jedoch, das Ihre dazu beizutragen! (Abg. Grabner: Weiter, Hannes! Weiter, Hannes! – Anfeuernde lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Leute erwarten sich endlich, dass auch Sie von der SPÖ sich gegen diese Sanktionen aussprechen, besonders wenn Sie ins Ausland fahren. Daran sollten Sie sich halten! Tun Sie den Menschen in der Republik Österreich auch einmal einen Gefallen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Es gibt noch ein paar vereinsungebundene Sportarten, die in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben, etwa Rad fahren oder Roller Skating. Diese Sportarten sind wesentliche Faktoren im Fremdenverkehr und stellen zukunftsträchtige Wirtschaftsbereiche dar.

Hohes Haus! Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend – und viel Sport am Wochenende! Unterstützen Sie unseren Sport! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

Ich erlaube mir hinzuzufügen: Der Lärmpegel hier verkürzt die Reden nicht, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und anhaltende Zwischenrufe.)

20.04

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil Sie vorhin gemeint haben, dass ich diesem Budget vermutlich nicht zustimmen dürfe. (Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte nochmals anmerken – und darauf werden wir uns wahrscheinlich auch verständigen –, dass die Ziele, die Sie bis jetzt genannt haben, noch nicht umgesetzt sind und auch noch nicht umgesetzt sein können. Dafür gestehe ich Ihnen die Zeit zu!

Ich kann Ihnen aber anbieten, dass wir unsere Zustimmung für das nächste Sportbudget davon abhängig machen werden, ob diese Ziele, von welchen wir in vielen Bereichen festgestellt haben, dass es gemeinsame Ziele sind, auch umgesetzt werden. Im diesjährigen Budget sehe ich die Möglichkeit noch nicht, aber für die Zukunft kann das anders sein. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)

20.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. – Bitte.

20.05

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde mich als Letztredner betont kurz halten, möchte aber zunächst feststellen: Bei der Budgetdebatte am heutigen und auch an den letzten beiden Tagen wurde von der vereinten linken Opposition in diesem Hohen Haus beinahe alles, was die neue Bundesregierung budgetär geplant hat, als schlecht, Besorgnis erregend, enttäu


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24. Sitzung / Seite 164

schend, schmerzlich und so weiter dargestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Es wurde behauptet, dass es keine innovativen Ansätze gebe und dass sich Verunsicherung in der Bevölkerung breit gemacht habe. (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt ja!) Kinder, Schüler, Jugendliche, Kranke, Pensionisten, Arbeiter, beinahe jede Berufsgruppe und jede Altersschicht – sie alle werden als Verlierer bezeichnet, sie alle werden angeblich zur Kasse gebeten.

Wenn man die Debattenbeiträge mancher SPÖ- und mancher Grün-Abgeordneten ernst nähme, könnte man annehmen, die Republik stehe kurz vor dem Abgrund, und all dies nur deshalb, weil die Sozialdemokraten nicht mehr auf der Regierungsbank sitzen! Meine Damen und Herren! So viel Schwarzmalerei hat nicht einmal auf der berühmten Kuhhaut Platz!

Hohes Haus! Manche rote und grüne Abgeordnete haben diese Budgetdebatte für persönliche An- und Untergriffe auf freiheitliche Abgeordnete sowie zu Diffamierungen derselben missbraucht. Insbesondere wurde unser Kollege Dr. Martin Graf diffamiert. Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Schasching, Öllinger und Mag. Wurm haben gezeigt, dass sie in der Disziplin "Diffamieren" wahre Meister sind. Vielleicht wird das Ihre Sportart! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Landeshauptmann Dr. Jörg Haider hatte Recht, als er am 1. Mai dieses Jahres in Richtung Sozialdemokratie gesagt hat: Macht weg! Geld weg! Geblieben ist der Hass auf die Freiheitlichen! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Dieses Budget 2000 ist unter einem Aspekt zu sehen, nämlich unter dem Aspekt der Sanierung. Diese Sanierung ist notwendig, weil das Haus Österreich große Risse im Budget aufweist, die repariert werden müssen, um dauerhafte Schäden zu vermeiden. (Abg. Dr. Mertel: Nächste Seite!)

Meine Damen und Herren! Als Neo-Abgeordneter in diesem Hause habe ich immer noch Hoffnung, dass die Opposition an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den Regierungsparteien zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Staat interessiert ist. Die Zukunft wird zeigen, ob meine Hoffnung berechtigt war oder nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich habe die Worte nicht genau verstanden, aber wenn es richtig ist, dass Sie einige andere Kollegen als "Meister der Diffamierung" bezeichnet haben, dann ist das ein Verstoß gegen die Regeln des Hauses. In diesem Fall würde ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.

Angesichts der Situation, dass ich das Protokoll jetzt nicht mehr anfordern kann, nehme ich allerdings davon Abstand und möchte Sie auf diese Art und Weise auf diesen Verstoß hinwiesen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.  – Weitere Zwischenrufe.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Spezialberichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beratungsgruppe XIII des Bundesvoranschlags für das Jahr 2000.

Diese umfasst das Kapitel 70 des Bundesvorschlags in 60 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über den bei der Verhandlung der Beratungsgruppe XIII des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsantrag sogleich vorzunehmen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
24. Sitzung / Seite 165

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderplans.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 158/A und 159/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 767/J bis 788/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Dienstag, den 16. Mai 2000, um 9 Uhr mit folgender Tagesordnung ein:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (80 und Zu 80 der Beilagen). Zur Beratung kommen die Beratungsgruppe IX, Verkehr, Innovation und Technologie, und die Beratungsgruppe V, Justiz. 

In dieser Sitzung findet keine Fragestunde statt.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.10 Uhr