Stenographisches Protokoll

26. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 17. Mai 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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26. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 17. Mai 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 17. Mai 2000: 9.01 – 14.02 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 56/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Entschädigung der Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 5, 15

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 102/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer und das NS-Regime verharmlosender Äußerungen von FPÖ-Politikern gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 5. Juni 2000 zu setzen 6

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 6

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 76

Dr. Johannes Jarolim 77

Dr. Gottfried Feurstein 79


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26. Sitzung / Seite 2

Dr. Martin Graf 80

Mag. Ulrike Lunacek 81

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 83

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 7

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 70, 73

Unterbrechungen der Sitzung 71, 73

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 5

Ausschüsse

Zuweisungen 5

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (87 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird (101 d. B.) 7

2. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (102 d. B.) 7

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 56/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Entschädigung der Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer (103 d. B.) 7

Redner:

Dr. Kurt Heindl 7

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 12

Mag. Werner Kogler 15

Hermann Böhacker 18

Rudolf Edlinger 21

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 24

Dr. Evelin Lichtenberger 25

Mag. Gilbert Trattner 27, 43

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 30

Mag. Gilbert Trattner (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 31

Mag. Karl Schlögl 31

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 37, 61

Rudolf Schwarzböck 39

Dr. Gabriela Moser 41

Ing. Erwin Kaipel 47

Jakob Auer 50

Dr. Eva Glawischnig 51


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26. Sitzung / Seite 3

Mag. Reinhard Firlinger 54

Mag. Kurt Gaßner 55

Hans Sevignani 58

Mag. Maria Kubitschek 59

Robert Wenitsch 63

Emmerich Schwemlein 64

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 66

Hermann Böhacker (tatsächliche Berichtigung) 67

Dr. Reinhold Mitterlehner 67

Marianne Hagenhofer 69

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen betreffend Einhaltung des Preisgesetzes – Ablehnung 56, 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen betreffend gleichwertige Regelungen für Kleingastwirte und Beherbergungsbetriebe – Ablehnung 69, 75

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 101 und 102 d. B. (namentliche Abstimmungen) 70

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 103 d. B. 75

Eingebracht wurden

Petition 5

Petition zur Rettung des Schönbrunner Bades (Ordnungsnummer 7) (überreicht vom Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger )

Regierungsvorlagen 5

106: Patentrechts- und Gebührennovelle 2000

110: Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden

Antrag der Abgeordneten

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (165/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Verweigerung von Auskünften nach dem Bezügebegrenzungsgesetz (801/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Joint Aviation Authorities (802/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zivilluftfahrtbeirat (803/J)

Anfragebeantwortungen


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26. Sitzung / Seite 4

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (523/AB zu 482/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (524/AB zu 480/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (525/AB zu 522/J)


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26. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne zur anberaumten Zeit die 26. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Gerhard Bauer, Ortlieb, Verzetnitsch, Schieder und Ing. Maderthaner. (Siehe auch S. 15.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Frau Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch den Herrn Bundesminister Dr. Martin Bartenstein vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 523/AB bis 525/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Patentrechts- und Gebührennovelle 2000 (106 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (110 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 7 zur Rettung des Schönbrunner Bades, überreicht vom Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:


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26. Sitzung / Seite 6

Finanzausschuss:

Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) (104 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC) (105 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (92 der Beilagen),

Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000 (93 der Beilagen),

Zugangskontrollgesetz – ZuKG (99 der Beilagen);

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 163/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Wiederaufbauhilfe in den türkischen Bürgerkriegsgebieten,

Antrag 164/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen,

Antrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an Schulen;

Verfassungsausschuss:

Antrag 162/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird;

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden (66 der Beilagen).

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Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt, dass Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 102/A (E) eine Frist bis zum 5. Juni 2000 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.


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Normalerweise erfolgt an dieser Stelle die Mitteilung, dass diese Kurzdebatte um 15 Uhr stattfinden wird. Da wir aber heute zwei Haussitzungen haben und die erste, in der wir die Getränkesteuerfrage regeln, meiner Erwartung nach etwa vier Stunden dauern wird, würde die Kurzdebatte im Sinne der einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung nach Ende dieser ersten Haussitzung stattfinden. Der 15-Uhr-Termin ist daher in diesem Falle nicht sicher.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die Tagesordnung betrifft, die aus drei Punkten besteht, ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann sind die Punkte 1 bis 3 zusammenzufassen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf in die Tagesordnung eingehen und berichten, dass in der Präsidialsitzung Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt wurde:

Es sind freiwillige Redezeitbegrenzungen vorgeschlagen, und zwar SPÖ 90 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 50 Minuten und Grüne 40 Minuten. Die Gesamtredezeit von Regierungsmitgliedern und Staatssekretären soll 20 Minuten nicht überschreiten. Im Falle einer Überschreitung wird den Oppositionsparteien zusätzliche Redezeit im gleichen Ausmaß eingeräumt.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir auf Grund dieser einhelligen Festlegung so vorgehen.

1. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (87 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird (101 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (102 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 56/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Entschädigung der Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer (103 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1, 2 und 3 der Tagesordnung, die unter einem verhandelt werden.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Damit gehe ich in die Rednerliste ein. Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Die Uhr ist wunschgemäß auf 12 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.06

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vorweg eine Feststellung, weil es immer wieder heißt, wir von der Opposition seien


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nicht kooperationsbereit: Seit Wochen hören wir von Verhandlungen über die Getränkesteuer-Ersatzregelung. Am 4. Mai wurden wir zum ersten Mal vom Präsidenten des Gemeindebundes besucht – ich wurde als Obmann des Finanzausschusses angesprochen. Am 9. Mai fand eine Sitzung des Finanzausschusses statt, und heute ist dieses Thema auf der Tagesordnung. Also von wegen mangelnde Bereitschaft zur Kooperation. (Abg. Kopf: Als Wiener sehr uneigennützig! Mir kommen die Tränen!)

Ich sage das nicht kritisch, ich möchte nur feststellen, dass wir, wenn man rechtzeitig den Weg zu uns sucht, bereit sind, alles zu tun, um auf entsprechende Anliegen von betroffenen Gruppen – und das sind im Wesentlichen Städte und Gemeinden – zu reagieren. Das nur vorweg zum Prozedere. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wie kam es zu dieser Situation? – Durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes wurde die Getränkesteuer in ihrer bislang bestehenden Form aufgehoben. Dadurch ergibt sich eine sehr kritische Situation für die Städte und Gemeinden, die noch dazu durch die Senkung der Werbeabgabe, die ebenfalls einen enormen Einnahmenverlust bedeutet, verschärft wird. Diese neue Situation betrifft nicht nur Städte und Gemeinden, sie betrifft die gesamte Tourismusbranche, egal, ob Wirt oder Hotelier, und sie betrifft letztlich auch die Konsumenten.

Meine Damen und Herren! Ich bin nur neugierig, was Sie bei Ihrer Kreativität bei Wortschöpfungen zu diesen Steuererhöhungen sagen werden, ob das auch wieder nur "Anpassungen" sind. Man muss sich vorstellen: Alkoholsteuer: statt 100 S 138 S pro Liter, Umsatzsteuer für Aufgussgetränke in der Gastronomie: Erhöhung von 10 auf 20 Prozent, Kaffee und Tee im Handel: Erhöhung von 10 auf 20 Prozent, Biersteuer: statt 2,40 S 3,44 S pro Liter, und Ähnliches mehr.

Sie haben uns gestern Abend einen Antrag mit diversen Änderungen übergeben. Und das ist das, was ich nicht verstehe: dass man nämlich nicht bereit ist, eine einigermaßen vernünftige Regelung für die Betroffenen zustande zu bringen, wenn es schon Steuererhöhungen geben muss. Ich zitiere aus der Begründung dieses Antrages:

"Bei Konditoreien oder Bäckereien werden Speisen ohne spezielle Aufbereitung abgegeben ..."

Ich mache es kürzer, damit es die Zuhörer oder jene, die sich nicht damit beschäftigen, verstehen: Wenn Sie sich in der Konditorei "Aida" ein Kipferl in einem Sackerl kaufen, dann zahlen Sie 10 Prozent Mehrwertsteuer. Wenn Sie es im Geschäft konsumieren, dann bezahlen Sie 14 Prozent. Beim Würstelstand bezahlen Sie auf jeden Fall 14 Prozent. – Also wer sich da noch auskennen soll, weiß ich nicht.

Herr Staatssekretär! Ich würde bitten – ich komme bei der Werbeabgabe noch einmal darauf zu sprechen –, dass man mit einem Erlass Klarheit in dieser Frage schafft, denn es geht ja dabei nicht um Riesenbeträge. Es geht darum, Erleichterungen zu schaffen, meine Damen und Herren. Das muss doch in unser aller Interesse sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Böhacker! Wenn es hier darum ginge, dass diese Maßnahmen fiskalisch wirklich etwas bringen, würde ich sagen, okay, wir brauchen Geld, machen Sie das. Aber das sind doch Peanuts, wie man so schön sagt, und man ärgert die Leute damit. Man ärgert sie nicht nur damit, dass man ihnen diese Erhöhungen zumutet, sondern auch mit der Form, wie man diese einhebt.

Meine Damen und Herren! Im Vordergrund steht aber die schwierige Lage der Städte und Gemeinden. Für manche, wie zum Beispiel die Tourismusgemeinde Lech am Arlberg, bedeuten die Einnahmen aus der Getränkesteuer 40 und mehr Prozent ihres Budgets. Das ist natürlich eine sehr dramatische Situation.

Diese Regierung ist mit dem Anspruch angetreten, einen neuen Stil des Regierens zu pflegen. An der Diskussion über die Ersatzregelung der Getränkesteuer wird einmal mehr deutlich, was "neu regieren" heißt: Es gilt nicht das, was geschrieben ist, es gilt nicht das, was ausgesagt wird,


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sondern etwas anderes, und das wird dann getan. Und manche Betroffene – dabei höre ich immer wieder von besonders intensiven Diskussionen mit Betroffenen – werden überhaupt nicht eingebunden, wie zum Beispiel der Städtebund.

Meine Damen und Herren! Der Städtebund war bei manchen Gesprächen, Herr Kollege Böhacker, überhaupt nicht dabei. Ich habe mich selbst erkundigt, weil ich es nicht glauben wollte, weil ich mir gedacht habe, das kann nicht wahr sein, dass manche Gruppen nicht eingebunden werden. Aber leider Gottes ist es wahr.

Wir messen Sie an Ihren Taten, meine Damen und Herren – und nicht an Ihren Aussagen!

Die ÖVP hat sich immer als Bürgermeister-Partei deklariert, zuletzt erst bei den Wahlen in Niederösterreich. Aber wie schaut es wirklich aus? – Noch bis vor einigen Tagen hat der Präsident des Gemeindebundes zur bestehenden Vorlage betreffend den Ersatz der Getränkesteuer gemeint – ich zitiere, ich würde das gar nicht sagen, ich zitiere das, was Präsident Mödlhammer sagt –:

"Alle unsere Vorschläge wurden als unakzeptabel abgelehnt. Die Ersatzlösung ist ein schmerzlicher Kompromiss."

Was verständlich wird, meine Damen und Herren, wenn man weiß, was sie bedeutet: 1,2 Milliarden Schilling weniger Einnahmen für Österreichs Städte und Gemeinden.

Besonders arg wird die Situation aber im laufenden Budgetjahr. Wir wissen, die Regelung für das Jahr 2000 ist nicht so, wie Mödlhammer und die Vertreter des Gemeindebundes geglaubt haben, dass sie vereinbart ist. Die Empörung ist daher verständlich, die Regelung stößt auf großen Widerstand. Der Gemeindebund-Präsident fühlt sich laut eigenen Aussagen schwer getäuscht durch die Vorgangsweise der Regierung. Er meint – wiederum wörtlich –:

"Dies ist für den Österreichischen Gemeindebund gänzlich inakzeptabel. Die Stimmung in den Gemeinden ist jetzt schon sehr gereizt. Sollten der Finanzminister und die Bundesregierung nicht zu ihrem Wort stehen, werden sich die Gemeinden ernsthafte Maßnahmen überlegen, die von Protestaktionen bis zu Investitionsstopps reichen."

Meine Damen und Herren! Neuer Stil des Regierens! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber auch in der Tourismusbranche gärt es. Es gibt Klagen über Wettbewerbsverzerrung. Es gibt bei den Betroffenen schlicht und einfach Unverständnis. Wir verstehen daher wirklich nicht, warum man einen Kompromiss sucht, der in Wirklichkeit keiner ist. Normalerweise sagt man, ein Kompromiss ist dann gut, wenn alle Betroffenen kritisieren. Nur in diesem Fall ist es so: Die Städte und Gemeinden bekommen weniger, die Konsumenten zahlen mehr, und die Tourismusbranche wird belastet. Das ist ein Kompromiss, von dem ich sagen muss, da müssen Sie mir erst einmal zeigen, wie das funktionieren soll. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Das war ein Widerspruch in sich!)

Noch einmal zur Frage des Stils, meine Damen und Herren. Ich habe es nicht glauben wollen, als uns Präsident Mödlhammer bei diesem Gespräch auf die Frage, wie das Ganze eigentlich funktionieren soll, geantwortet hat: Schauen Sie, uns hat man gesagt: Entweder ihr akzeptiert diesen Vorschlag, oder ihr bekommt gar nichts! – Bitte, ist das ein Stil, meine Damen und Herren? Verhandelt man so mit so wichtigen Vertretern? (Abg. Böhacker: Das hat kein Mensch gesagt!) Es waren etliche Leute bei diesem Gespräch dabei, ich war nicht allein, sonst könnten Sie sagen, der Heindl träumt. Es waren etliche dabei, als Mödlhammer uns diesen Satz gesagt hat. Meine Damen und Herren! Das ist kein Stil, wie man mit so wichtigen Institutionen wie Gemeinden und Städten umgeht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten haben immer den Standpunkt vertreten, dass es inakzeptabel ist, Städte und Gemeinden in eine veritable Problemsituation zu bringen, sind doch die Städte und Gemeinden gerade jene Gebietskörperschaften, in denen wir alle, die Bürger, wohnen, leben und ihren Lebensmittelpunkt haben. Und was tun wir? – Wir tun so, als ob das nicht wichtig wäre. Mit


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"wir" meine ich jetzt diejenigen, die dieses Gesetz beschließen werden. Wir von der SPÖ werden es nicht beschließen, meine Damen und Herren.

Bundeskanzler Schüssel hat vorige Woche im Zusammenhang mit der Getränkesteuer einen bemerkenswerten Satz gesagt – ich habe das noch im Ohr –: Alte Steuer – gute Steuer. – Das war die Aussage des Regierungschefs.

Meine Damen und Herren! Im Vorjahr, damit es nicht wieder heißt, der Edlinger ist schuld ... (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist aber schuld! Er hat ja nichts gemacht!)  – Ja, ich weiß, Herr Kollege Westenthaler, es würde mir gleich auffallen, wenn Sie einmal etwas anderes sagen würden. Sie sollten ein bisschen kreativer werden, denn jetzt ist es schon fad. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Wie lange dauert es denn noch, bis ihr euch zu eurer Politik bekennt?)

Meine Damen und Herren! Als im vorigen Jahr offenkundig wurde, dass die Getränkesteuer vor dem Europäischen Gerichtshof nicht halten würde, hat die sozialdemokratische Parlamentsfraktion ähnliche Überlegungen wie der Herr Bundeskanzler angestellt. Wir haben gesagt: Machen wir eine Ersatzlösung, die vor dem Europäischen Gerichtshof hält und mit der sich im Grunde genommen nichts Wesentliches ändert! Natürlich hätten wir eine Verfassungsbestimmung gebraucht. Was hat unser Koalitionspartner gesagt? – Reden wir gar nicht darüber, das ist kein Thema! Mehr noch: Kollege Khol hat in einem Brief an die Gemeindefunktionäre der Österreichischen Volkspartei behauptet, dass unser Vorschlag zur Zweckbindung der Getränkesteuer kontraproduktiv und sinnlos ist. Das stand in Ihrem Brief. Mit dieser Behauptung standen und stehen Sie, Herr Kollege Khol, eklatant im Widerspruch zu allen Experten auf Gemeindeebene, auf Landesebene und auf Bundesebene.

Wir haben auch versucht, hinsichtlich der Rückzahlungsproblematik eine vernünftige Lösung anzubieten. – Nein, nicht machbar, ohne Erfolg.

Was haben die beiden anderen Parteien getan? – Die Freiheitliche Partei, damals in Opposition, hat einen Entschließungsantrag eingebracht – ich erspare mir jetzt all die Einzelheiten, ich nehme an, Sie kennen Ihre Entschließungsanträge; ich zitiere –:

"Der Nationalrat wolle beschließen: ,Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Gemeinden den durch den Wegfall der Getränkesteuer entstehenden Einnahmenausfall zur Gänze zu ersetzen.‘"

Was hat die Österreichische Volkspartei gemacht? – Sie hat ebenfalls einen Antrag eingebracht:

"Wird der Ertrag einer Abgabe gemäß § 14 und § 15 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vermindert, so hat der Bund die betroffenen Gebietskörperschaften schadlos zu halten."

Also in etwa das Gleiche: Die Gemeinden sollen keinen Schaden haben. Das ist durchaus auch unsere Position, aber heuer, da diese Situation eingetreten ist, gilt das alles nicht mehr. Wie hat unser Parteivorsitzender vor kurzem gesagt? Versprochen und gebrochen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns daher überlegt, wie wir in dieser Situation doch eine für alle im Parlament vertretenen Parteien akzeptable Regelung erwirken können. Wir wollten eine Brücke bauen, und ich habe daher im Finanzausschuss mit meinen Freunden überlegt, den Antrag der ÖVP einzubringen. Wir haben wortwörtlich den Antrag Dr. Khol genommen, haben oben nur darauf geschrieben: Dr. Heindl und Genossen, und waren der Auffassung, dass die Österreichische Volkspartei diese Chance nützen und eine Regelung akzeptieren wird, die im vorigen Jahr noch in ihrem Sinne gegolten hat. Heuer gilt sie nicht mehr. Wenn mir das jemand erklären könnte, was sich da vom vorigen Jahr bis heuer geändert hat, wäre ich sehr dankbar, denn ich habe das bis heute nicht verstanden. Das ist Ihre Politik: Voriges Jahr sagen Sie so, heuer machen Sie es so. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Gestatten Sie mir einen Zwischenruf: Das Urteil des Gerichtshofes ist dazwischengekommen!) Herr Kollege Khol, Sie haben heute nochmals eine Chance, denn ich bringe heute nochmals den Abänderungsantrag ein, muss ihn aus geschäftsordnungsmäßigen Gründen aber anders formulieren. Die BAO-Änderung, die Kollege Böhacker im Finanzausschuss als verhandlungswürdig betrachtet hat, kann ich nicht einbringen, das ist nach der Geschäftsordnung nicht möglich. Aber ich wiederhole es: Der erste Teil ist identisch mit dem Antrag, den Klubobmann Khol voriges Jahr gestellt hat.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Heindl, Mag. Gaßner, Pendl, Ing. Kaipel, Dobnigg, Schwemlein und Genossen betreffend den Bericht des Finanzausschusses (101 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (87 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrengesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Im Artikel IX Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 lautet die Z 15:

"1. Nach dem § 22 wird folgender § 22a eingefügt:

,(22a) Wird der Ertrag einer Abgabe gemäß § 14 und § 15 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vermindert, so hat der Bund die betroffenen Gebietskörperschaften schadlos zu halten. Die Zuschüsse des Bundes sind jeweils bis zum 31. März des Folgejahres zu leisten.‘

2. Nach dem § 23 Abs. 3g wird folgender Abs. 3h eingefügt:

,(3h) § 22a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1999 tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft.‘"

Die Z 15 und Z 16 des Ausschussberichtes erhalten die Bezeichnung Z 16 und 17.

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Meine Damen und Herren! Das ist noch einmal unser Angebot: eine Regelung, wie sie sich die Gemeinden erwartet hätten, und sie hätten auch ein Recht darauf, dass es so gemacht wird. Ich bin neugierig, wie Sie reagieren werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie werden mir zubilligen, unsere Kritik ist nicht hart. Sie ist sachlich, aber nicht hart. Dass andere, die betroffen sind, härter argumentieren, darf ich Ihnen anhand einiger Zitate beweisen.

Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes, wirft der Regierung in äußerst scharfer Form Wortbruch vor. Entgegen der ursprünglichen Absicht wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Aufgussgetränke nicht bereits mit 1. Juni, sondern erst mit 1. Jänner 2001 in Kraft treten. Dadurch gebe es neuerlich Mindereinnahmen.

Wir werden auch diesbezüglich einen Antrag einbringen, um auch das zu sanieren, damit die Gemeinden und Städte heuer nicht so viel draufzahlen.

Der Präsident der Wiener Handelskammer meint – wiederum wörtlich, ich zitiere –: "Und so wurde wieder einmal eine Scheinlösung aus dem Hut gezaubert, ohne allerdings jene mit einzubeziehen, die dafür als Versuchskaninchen herhalten sollen, nämlich die Unternehmer in Tourismus und Gastronomie. Die geplante ,Schnitzelsteuer‘" – so Nettig; das ist nicht unsere Wort


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schöpfung – "ist aus meiner Sicht eine Husch-Pfusch-Lösung, die einseitig eine Branche belastet, ohne dass die Konsequenzen daraus vernünftig bedacht worden sind."

Ich könnte Ihnen jetzt noch etliche Zitate in dieser Art bringen. Interessant scheint mir insbesondere eine Aussage zu sein, ebenfalls aus der Ecke der Unternehmen. Da heißt es wörtlich:

Wir wehren uns mit aller Deutlichkeit dagegen, jetzt mit einem volkswirtschaftlich unsinnigen Husch-Pfusch-Belastungspaket für die Versäumnisse aus der Vergangenheit bestraft zu werden. Es ist uns unverständlich, dass von den betroffenen ... (Abg. Böhacker: "Versäumnisse aus der Vergangenheit"!? Wie war das? Da schau her!)  – Ja, weil Sie voriges Jahr da nicht mit uns mitgegangen sind. Wir haben ja darüber gesprochen. Voriges Jahr hätten Sie unsere Lösung mit beschließen können, dann hätten wir das ganze Theater heute nicht. Sie haben das nicht getan, weil Sie es sich einfach machen wollten und auf die Zukunft gehofft haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Kollege Böhacker glaubt, diese Regelung koste die Konsumenten nichts, ein bemerkenswerter Satz – er ist wieder nicht von uns –: Essen und Trinken darf nicht zum Luxus werden! Das sind die Aussagen seitens der Wirtschaftskammervertreter, und ich bin der Auffassung, dass das wirklich so ist.

Meine Damen und Herren! Dass es auch anders geht, wenn man sich sachlich auseinander setzt, hat sich im Zusammenhang mit der Regelung der Werbeabgabe gezeigt. Die Senkung der Werbeabgabe von 10 auf 5 Prozent ist für die Gemeinden sicherlich nicht leicht zu verdauen, es handelt sich immerhin um die Hälfte. Wir haben aber diese Regelung aus der Vergangenheit durch einen gemeinsamen verfassungsgesetzlich abgesicherten Antrag saniert.

In diesem Zusammenhang habe ich eine Bitte, Herr Staatssekretär: Es ist für viele nicht verständlich, dass zum Beispiel Prospekte, die eine Firma austrägt, werbeabgabefrei sind und dieselben Prospekte, wenn sie einer Zeitung beiliegen, werbeabgabepflichtig sind. Wir haben im Ausschuss gehört, dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt. Ich bin der Auffassung, das ist im Interesse der Betroffenen regelbar, und ich möchte an den Minister und an Sie, Herr Staatssekretär, appellieren, durch einen Erlass hier eine Klarstellung vorzunehmen, genauso, wie ich es zuvor gesagt habe, im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen bei Kipferln im Sackerl und Kipferln ohne Sackerl, bei der Konsumation am Würstelstand. Herr Kollege, Sie schütteln den Kopf. (Abg. Böhacker: Das war schon immer so!)  – Nein, das ist leider neu, Sie werden es nicht glauben, aber das ist eine neue Erfindung, aber nicht von uns, sondern bitte jetzt erst von Ihnen praktiziert.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend, darf ich Ihnen eines sagen: Wir haben dort Kooperationsbereitschaft gezeigt, wo wir glauben, mitgehen zu können, nämlich bei der Verfassungsregelung, aber Sie werden verstehen, dass wir bei einem Kompromiss, der – noch einmal – die Gemeinden Geld kostet, der die Konsumenten belastet ... (Abg. Mag. Trattner: Sonst kommt der Häupl!) – Der Häupl, bitte! Mit Häupl habe ich in dieser Frage überhaupt nicht gesprochen. Sie sehen, wir haben eine Kooperation, und wir verstehen uns hier absolut.

Nur noch einmal: Man kann einem Kompromiss nicht zustimmen, der einerseits die Gemeinden und Städte belastet, der die Tourismusbranche belastet und der andererseits die Konsumenten Geld kostet. Daher verstehen Sie, dass wir diese Ihre Maßnahmen als Getränkesteuer-Ersatzlösung ablehnen werden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Heindl soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird mitverhandelt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

9.23

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Heindl hat einen Abänderungsantrag einge


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bracht, der vorsieht, der Bund möge den Gemeinden vollen Ersatz bieten. Meine Damen und Herren, das, was wir heute beschließen, bedeutet, dass die Gemeinden allein beim Ersatz der Getränkebesteuerung ein Einsparungspotential von 1,5 Milliarden Schilling realisieren müssen. Die Forderung, der Bund möge alles ersetzen, wirft für mich die Frage auf: Wer ist der Bund? – Der Bund ist letztlich der Steuerzahler.

Herr Kollege Heindl! Ihr Antrag würde bedeuten, dass der Steuerzahler im Vergleich zu jenem Verhandlungsergebnis, zu jenem Paket, das wir heute beschließen, um 1,5 Milliarden Schilling mehr belastet wird. (Abg. Edlinger: Nein, nein, das ist falsch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Heindl! Wir sind der Anwalt des Steuerzahlers, und wir wollen eine zusätzliche Belastung im Ausmaß von 1,5 Milliarden Schilling nicht akzeptieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt. Herr Kollege Heindl, Sie haben völlig zu Recht auf Versäumnisse der Vergangenheit hingewiesen. Ja, wer hat denn die Versäumnisse ausgelöst? (Abg. Sophie Bauer: 14 Jahre lang waren Sie in der Regierung!) Wer war denn damals Finanzminister, der den Gemeinden schriftlich bestätigt hat, die Getränkesteuer sei EU-konform? Wer war denn das? (Abg. Sophie Bauer: Sie waren 14 Jahre in der Regierung!) War das ein Finanzminister dieser Regierung, oder war das ein sozialistischer Finanzminister, nämlich Ferdinand Lacina? – Dem sind diese Versäumnisse zuzuschreiben. Er hat den Gemeinden etwas bestätigt, was nicht gehalten hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Heindl! Ich wundere mich sehr, dass Sie so oft den Gemeindebund zitiert haben, der als so genannter schwarzer Gemeindebund gilt. Sie haben nie den so genannten roten Städtebund zitiert, der nämlich diesen Kompromiss, der heute zur Abstimmung kommt, schriftlich akzeptiert hat. (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie haben nur die halbe Wahrheit gesagt, Herr Kollege Heindl! Verhandelt wurde mit beiden, mit Gemeindebund und Städtebund, und der Städtebund hat schriftlich erklärt, er werde das Verhandlungsergebnis akzeptieren. Bleiben wir bei der Wahrheit, Herr Kollege Heindl! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das, was wir heute hier als Gesetzespaket beschließen, wurde von der Regierung nicht aus Jux und Tollerei ins Parlament gebracht. Auslöser waren zwei höchstgerichtliche Entscheidungen: zum einen die Entscheidung des EuGH und zum anderen eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Ankündigungsabgabe. Die Freude – das gebe ich gerne zu – der Wirtschaft über die EuGH-Entscheidung, dass eine antiquierte, überholte Steuer, die jahrelang von Teilen der Wirtschaft bekämpft wurde, gefallen ist, war nur eine sehr kurze. Alle, die bei den Verhandlungen dabei waren, mussten in diesen letzten Wochen leidvoll erfahren, dass leider immer noch jener Grundsatz richtig ist, den die Finanzwissenschaft seit 200 Jahren kennt, nämlich der Grundsatz: Alte Steuer – gute Steuer, neue Steuer – schlechte Steuer.

Meine Damen und Herren! Wir haben das leidvoll in den letzten Wochen erfahren, weil seitens der Wirtschaft – das möchte ich auch festhalten – eine Fülle von Abänderungsvorschlägen gekommen ist, eine Fülle von Alternativen aufgezeigt wurde. Gestern noch hat Herr Finanzminister Grasser aus seiner Sicht zu Recht geseufzt, die Wirtschaft bringe immer neue Vorschläge. Er hat das, so glaube ich, eher kritisch gemeint. Ich habe es positiv gesehen. Die Wirtschaft hat sich wirklich bemüht, immer wieder kreativ und flexibel neue Vorschläge zu bringen. Aber ich gebe gerne zu, es waren keine Vorschläge, die die demokratische Mehrheit gefunden hätten.

Meine Damen und Herren! Wenn wir dieses Gesetzespaket heute aus der Gesamtschau heraus beurteilen, so halten wir einmal ganz nüchtern fest, was die Grundelemente dieses Gesetzespaketes sind. Da ist einmal das eine Grundelement, dass eine antiquierte, überholte Steuer, die nach dem EuGH-Spruch für alkoholfreie Getränke weiterbestehen würde, zur Gänze abgeschafft wird. Wenn wir nicht tätig würden, wäre die Konsequenz, dass die Getränkesteuer für Alkoholika abgeschafft ist, aber für alkoholfreie Getränke bestehen bleibt. Das wäre ja absurd. Daher ist die Entscheidung richtig, die Getränkesteuer gänzlich abzuschaffen, auch auf alkoholfreie Getränke. Das ist ein wichtiges Signal für die Jugend sowie auch gesundheitspolitisch ein


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richtiges Signal. Eine richtige Entscheidung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das zweite Element, Getränkesteuer alt plus Anzeigen- und Ankündigungsabgabe, war insgesamt ein Volumen von 7,5 Milliarden Schilling. Das, was wir heute beschließen, hat ein Volumen von 5 Milliarden Schilling. Was heißt das? – Unter dem Strich wird der Steuerzahler um 2,5 Milliarden Schilling weniger belastet. Weniger Belastung des Steuerzahlers – eine richtige Entscheidung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Schwemlein: Die Rechnung ist falsch!) Das sagen vor allem wir, weil wir der Anwalt des Steuerzahlers sind. Wir sind der Anwalt des kleinen Mannes. Er zahlt in Zukunft 2,5 Milliarden Schilling weniger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das dritte Element dieses Paketes ist, dass wir diesen Wildwuchs von Gemeindeabgaben, der Ankündigungs- und Anzeigenabgabe geheißen hat, mit Rechtsunsicherheit, mit Doppelbesteuerung, mit einem unsinnigen Steuerwettbewerb von Gemeinden, in einer einheitlichen Werbeabgabe zusammenfassen und außerdem der Höhe nach halbieren. Der nächste Schritt in der Zukunft wird sicherlich sein müssen, sie gänzlich abzuschaffen, weil die Werbeabgabe eine antiquierte Steuer ist. Aber derzeit schaffen wir zumindest die Halbierung. Was heißt das? Das heißt mehr Rechtssicherheit, das heißt kein unsinniger Steuerwettbewerb der Gemeinden und das heißt Vermeidung von Doppelbesteuerung. (Abg. Haigermoser: Und nicht für Direkt-Mails, wie es die Roten haben wollten!)  – Sehr richtig, Herr Kollege, nicht für Direkt-Mails. Und das heißt keine Ausweitung der Bemessungsgrundlage, was wieder mehr Steuerleistungen bedeutet hätte. Das heißt, meine Damen und Herren, auch das ist im Grunde eine richtige Entscheidung.

Das Paket enthält allerdings auch einen vierten Punkt, und dieser vierte Punkt ist für die Wirtschaft sehr schmerzhaft, gar keine Frage. Dieser vierte Punkt sieht Mehrwertsteuererhöhungen vor, Mehrwertsteuererhöhungen, von denen ich sage: Sie sind zwar im Ansatz richtig, weil es eine Verbrauchssteuer ist – das halte ich für sinnvoller als eine Kostensteuer –, aber ich sage ganz offen, sie sind im Ausmaß überzogen.

Ich halte die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Aufgussgetränke, für Kaffee und dergleichen, sowie die 14 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen für überzogen. Ich verstehe auch, dass einige Vertreter der Wirtschaft heute in größte Gewissenskonflikte kommen werden, ob sie dem zustimmen können oder nicht.

Meine Damen und Herren! Wir sind ja alle gewohnt, auch große Pakete zu beschließen. Ich kann mich ehrlich gestanden an kein großes Paket der Vergangenheit erinnern, bei dem es nicht zu Einzelpunkten überaus heftige Kritik gegeben hätte. Ich bin hier am Rednerpult gestanden, als ich die Steuerreform 2000 verteidigt und begrüßt habe, ich habe aber den Einzelbestandteil Spekulationsertragssteuer sehr kritisiert. In Gesamtpaketen kann man nie nach dem Rosinenprinzip entscheiden. Es wäre natürlich sehr schön, zu sagen, das, was mir gefällt, akzeptiere ich, und das, was mir nicht gefällt, nehme ich heraus.

Wir müssen hier eine Gesamtbeurteilung des Gesamtpaketes treffen, meine Damen und Herren! Und ich sage eines dazu: Bei diesen aufgezeigten vier Elementen fällt eine antiquierte Steuer zur Gänze weg. Das Steuervolumen wird um 2,5 Milliarden Schilling, das heißt, um ein Drittel verringert. Es werden im Bereich der Ankündigungs- und Anzeigenabgabe eine Rechtsunsicherheit beseitigt und die Steuerlast halbiert. Dem steht der schmerzhafte Punkt der Mehrwertsteuererhöhung gegenüber.

Meine Damen und Herren! Aus der Gesamtsicht heraus sage ich – ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht – und wir alle müssen sagen, dass dieses Paket in der Tendenz richtig ist. Dazu kommt noch eines – ich sage das ganz offen –: Wir haben eine neue Bundesregierung, eine neue Bundesregierung, die eine Aufbruchstimmung erzeugt hat, eine Aufbruchstimmung, die wir deutlich in unserem Lande spüren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Man wird immer wieder auf der Straße – gestern passierte es mir wieder – angesprochen, Menschen sagen: Gut macht ihr es, bleibt dabei, bleibt hart! Wir müssen da durch, wir brauchen diese Reformen!

Es wäre absurd, meine Damen und Herren, wenn wir beim Getränkesteuerersatz dieser Regierung nicht das Vertrauen schenken würden. Das wäre auch bei allem Schmerz bezüglich jener Punkte absurd, bei denen ich die Wirte und Cafetiers verstehe, die fragen: Wie könnt ihr so etwas akzeptieren? (Abg. Öllinger: Wollen Sie Ihre eigenen Leute überzeugen?)

Ich sage es noch einmal: Isoliert könnte ich das nie akzeptieren, das wäre nicht akzeptabel. Aber aus der Gesamtverantwortung, für das Land heraus und im Vertrauen auf diese Bundesregierung, meine Damen und Herren, werde ich persönlich und wird meine Fraktion diesem Paket zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.32

Präsident Dr. Heinz Fischer : Ich darf bekannt geben, dass auf Grund einer geplanten Auslandsreise Herr Abgeordneter Verzetnitsch für heute entschuldigt gemeldet war. Da diese Reise nicht zustande gekommen ist, ist er anwesend. Die Meldung als verhindert und entschuldigt ist daher gegenstandslos.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Dafür ist der Maderthaner ins Ausland gefahren!)  – Ich stelle fest, Maderthaner ist statt Verzetnitsch ins Ausland gefahren.

9.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Kollegen Stummvoll zugehört hat, müsste man ja meinen, der Sturz der Regierung anlässlich der Getränkesteuer-Ersatzlösung steht bevor. (Abg. Dr. Stummvoll: Eben nicht!) Sie machen sich schöne Sorgen. Aber vielleicht sind diese Sorgen berechtigt, wenn auch nicht aus diesem Anlass. "Österreich neu regieren", das ist die Parole, mit der Sie angetreten sind. Das stimmt. Aber vor lauter Parolen zur Schulterschließerei, vor lauter Vernaderungsvorwürfen und Verschwörungstheorien Ihrerseits kommt man ja fast nicht dazu – Sie selber auch nicht; heute tun Sie es jedoch –, zu schauen, was die innenpolitische Arbeit dieser Regierung wirklich hergibt.

Was gibt sie tatsächlich her? – Fühlen wir der angeblichen Wirtschaftspartei ÖVP einmal auf den Zahn, was sie in dieser Regierung mit dem neuen Regierungspartner bei dieser Form der Gesetzesänderung für dieses Steuerwesen vorzuweisen hat! Besonders viel bleibt da nicht übrig. Jetzt geben Sie sich als Anwalt des kleinen Mannes und des Steuerzahlers aus, Herr Stummvoll. Das alleine wird es aber nicht sein können. Worauf werden wir bei der Bewertung dieser Regierungsvorlage alles achten müssen? (Abg. Dr. Stummvoll: Sie wollen den Benzinpreis auf 25 S erhöhen! Das ist Ihre Politik!) Wir brauchen die Betrachtung der Situation der Gemeinden, wir brauchen die Betrachtung der Situation der betroffenen Wirtschaftsbetriebe und der Konsumenten.

Sie können nämlich die Menschen nicht in Steuerzahler aufteilen, ihr Konsumentendasein jedoch völlig weglassen. Beides betrifft bekanntlich die Brieftasche. Wenn nun die Gemeinden weniger Geld bekommen als ursprünglich geplant, stellt sich schon die Frage, was Sie zu diesem Meinungsumschwung bewogen hat. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass Herr Klubobmann Khol im Vorjahr einen Antrag eingebracht hat, in dem festgehalten war, dass die Gemeinden für den Fall, dass es zu einer oberstgerichtlichen Entscheidung dieser Art beim EuGH kommt, gänzlich auf Schilling und Euro kompensiert werden. Das war die Intention des Antrages. Ganz klar.

Im Übrigen darf ich an dieser Stelle darauf verweisen, dass Sie, Herr Stummvoll, die ganze Sache trotz Ansage verschlafen haben – wieder einmal! Dass der Europäische Gerichtshof die Getränkesteuerregelung zu Fall bringen würde, ist nämlich wirklich nichts Neues. Diese Sache hätten Sie mit dem alten Regierungspartner genauso verschlafen können. Mag sein, dass Ihnen der neue Partner sonst mehr Vergnügen bereitet (Beifall bei den Grünen), aber diese


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Angelegenheit hätten Sie auch so zustandegebracht. Trotz Ansage verpennt! – Erste Qualifizierung.

Bei dieser Gelegenheit soll darauf verwiesen werden, dass ja noch ein zweiter Tagesordnungspunkt mit in Verhandlung steht. Die Grünen haben noch im vorigen Jahr, um dieses drohende Unheil abzuwenden, den Vorschlag gemacht, dass die Einnahmen aus der Getränkesteuer zweckgebunden werden sollen. Das war der Antrag Dr. Van der Bellen, den Sie in bewährter Manier sozusagen mitverpennt haben. Er steht aber mit in Verhandlung.

Ich komme jetzt zur zweiten Gruppe, den Gemeinden. Die Gemeinden, um es noch einmal festzuhalten, werden ganz offensichtlich schlechter gestellt. Sie, Herr Kollege Stummvoll, haben es in Ihrer Verteidigungsrede verabsäumt, das zu erwähnen. Im Ausschuss haben Sie ja immerhin noch gemeint, der Unterschied von der Situation des Antrages Khol von 1999 zu jetzt sei ja das Edlinger-Budgetloch (Abg. Dr. Stummvoll: Auch! Auch! Ich kann es wiederholen!), die Budgetlüge der SPÖ sei es gewesen. Das haben Sie uns heute ja nicht dargeboten. Das wäre interessanter gewesen. Ich hole es dafür nach, weil mir bei der Gelegenheit daran liegt, noch einmal festzustellen, dass Sie mit dem Schmäh, von den Budgetzahlen nie etwas gewusst zu haben, auch bei der Getränkesteuerneuregelung nicht durchkommen können.

Sie begehen nämlich den ... Wo ist er denn? – Jetzt geht er. (Abg. Dr. Stummvoll verlässt den Sitzungssaal.) Die Wirtschaftspartei ÖVP will die ganze Zeit von der Budgetsituation und vom Budgetloch nichts gewusst haben und bezeichnet das als "Edlinger-Loch" und "Edlinger-Lüge". (Abg. Dr. Khol: Punktgenau! – Abg. Ing. Westenthaler: Punktgenau!) Wissen Sie, was das ist? – Das ist die Lüge auf der Meta-Ebene. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Ordnungsruf!) Sie haben immer Bescheid gewusst. (Beifall bei den Grünen.) Ja natürlich! Die Behauptung, nichts vom Edlinger-Budgetloch gewusst zu haben und ihn der Lüge zu zeihen, ist die Lüge auf Ihrer Seite. (Abg. Edlinger: Ein Armutszeugnis wäre das!) Das ist doch ...

Präsident Dr. Heinz Fischer : Herr Abgeordneter Kogler! Können Sie sich nicht anders artikulieren? Wir wollen uns nicht gegenseitig "Lüge" vorwerfen. Bitte das zu berücksichtigen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Hier wurde aber meines Erachtens teilweise die Unwahrheit gesagt. Wie weit das wissentlich ist oder nicht, obliegt eben der Bewertung anderer. Meinetwegen. Aber ich habe diesen Eindruck tatsächlich.

Ich komme zur nächsten Betrachtung: die Wirtschaftsbetriebe. Es ist Ihnen nicht einmal gelungen – so verstehe ich ja den flehentlichen Appell des Kollegen Stummvoll an die Vertreter der Wirtschaft, da doch irgendwie zustimmen zu wollen –, die eigene Klientel zu befriedigen. In der Tat, diese haben je nach Betroffenheit einen unterschiedlichen Grad, sich aufzuregen. Da Sie nämlich viel zu früh von der Überlegung quasi abgebogen sind, eine mehrwertsteuerähnliche Regelung als Ersatz zu nehmen, entsteht nun die Situation, dass die verschiedensten Branchen in der Gastronomie völlig unterschiedlich betroffen sein werden. Das hätten Sie sich mit einem phantasievolleren Vorschlag ersparen können. Das haben Sie aber nicht zustandegebracht. Selber schuld! Wieder Nicht Genügend!

Zu den Konsumenten. Die Konsumenten werden mit der bestehenden Vorlage durchwegs schlechter gestellt. Warum? – Die Erhöhung in den Bereichen, die jetzt vorgenommen wird, wird eins zu eins auf die Konsumenten weitergewälzt werden. Wie die Erfahrung zeigt, wird der Entfall der Getränkesteuer dort, wo es schon passiert ist, nicht zu einer Preissenkung führen. Die Preise in den Speisekarten in den Gasthäusern geben das ja wieder.

Das heißt drittens, die Konsumenten werden unterm Strich mehr belastet. Und das sind genau dieselben Menschen, die Kollege Stummvoll für sich reklamiert, nur eben als Steuerzahlerwesen. Diese werden unterm Strich auch noch schlechter gestellt, sodass das Resümee, was die Getränkesteuer betrifft, ganz einfach ausfällt: Die Gemeinden bekommen weniger Geld, die Wirtschaftsbetriebe werden zum Teil schlechter gestellt, sind zu Recht aufgebracht, und die Konsumenten müssen mehr zahlen. Gratuliere! Hervorragend! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Es wird Sie also nicht wundern, dass wir diesem Punkt der vorliegenden Regierungsvorlage nicht zustimmen werden. Ich komme noch zu zwei weiteren Bereichen, um das Abstimmungsverhalten der grünen Fraktion zu begründen.

Sie haben ja auf Grund höchstgerichtlicher Entscheidungen auch Änderungen bei der Werbeabgabe vorgenommen. Auch da werden die Gemeinden in Summe schlechter gestellt. Das ist das eine, und das Zweite ist, dass Sie beim Besteuerungsgegenstand völlig eigenartige Differenzierungen vornehmen, die jeder sachlichen Grundlage entbehren. Genau jene Werbeprospekte, die irgendwo und irgendwie durch die Gegend verteilt werden, die man an jeder Haustür in Plastiksackerln findet oder auch an der Windschutzscheibe von Autos, werden steuerfrei gestellt, während der gleiche Prospekt, einer Zeitung beigelegt, besteuert wird. Das müssen Sie mir einmal erklären!

Finanzminister Grasser hat im Ausschuss erklärt, nie sei daran gedacht gewesen, den Besteuerungsgegenstand auf diese von mir angesprochenen Tatbestände zu erweitern. Das ist eigentlich unglaubwürdig. Herr Leitl von der Wirtschaftskammer rühmt sich, diesen Passus herausreklamiert zu haben. Irgendetwas stimmt da nicht. Der Finanzminister ist die Aufklärung im Ausschuss schuldig geblieben. Vielleicht können Sie, Herr Staatssekretär, das jetzt nachholen. Unserer Meinung nach ist das eine völlig ungerechtfertigte Differenzierung. Dieser Passus der Vorlage verdient ebenfalls eine saftige Ablehnung, weil mit dieser Vorgabe so gesteuert wird, dass genau das, was noch zu besteuern am Sinnvollsten wäre, gerade nicht erfasst wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letzter Punkt, auf den ich eingehen möchte: In dieser Vorlage gibt es völlig unbeachtet gebliebene Bestimmungen des Artikel II zum Umsatzsteuergesetz. Dazu ist im Übrigen der Finanzminister im Ausschuss jegliche Erklärung schuldig geblieben. Ich darf in Erinnerung rufen, es handelt sich hiebei um die Bestimmung, dass Lieferungen an NATO-Streitkräfte umsatzsteuerfrei gestellt werden. Da könnte man meinen: Okay, kein Wettbewerbsnachteil für österreichische Unternehmer, wenn andere EU-Staaten das auch entsprechend einer Mehrwertsteuerrichtlinie handlen. Aber damit hört sich der Spaß eigentlich auch schon wieder auf. Erstens muss einmal festgestellt werden, dass die EU der NATO ein enormes Steuerprivileg eingeräumt hat, und zweitens, dass sich der Finanzminister zur Sache nicht äußern konnte, sich bloß in die Verteidigung retten konnte, dass die EU ja schon mehrmals eingemahnt hätte, diese Richtlinie umzusetzen.

Ich sage Ihnen Folgendes: Es ist sehr eigenartig, dass genau in diesem Bereich von der Republik Österreich Gehorsam geübt wird, während andere Steuerrichtlinien der EU bekanntlich ganz anders behandelt werden, und wir schon unmittelbar mit Klagsdrohungen eingedeckt sind, damit überhaupt etwas weitergeht. Ich erinnere nur an die Anonymität bei den Sparbüchern.

Es ist also völlig uneinsichtig, warum da derart differenziert wird, und es ist außerdem uneinsichtig, warum die Republik Österreich diesem Druck nachgeben soll. Ich stelle fest, dass mit dieser Bestimmung erstmals der Begriff "gemeinsame Verteidigungsanstrengung" im Zusammenhang mit der NATO Eingang in ein österreichisches Gesetzeswerk findet, und das sollte man sich schon genau überlegen. Das ist keine Kleinigkeit, wie wir Grüne meinen. Deshalb kommt auch zu diesem Punkt unsere klare Ablehnung.

Bleibt festzuhalten, dass man der Regierungsvorlage in dem Bereich zustimmen kann, der eine Änderung der Einkommensbesteuerung für Künstler vorsieht. Diese "Glättung" über drei Jahre erscheint uns sinnvoll. Das bedarf keines weiteren Kommentars. Das ist völlig klar und richtig.

Am Schluss könnte man resümieren, das, was die Regierung mit dieser Vorlage vorzuweisen hat, ist Folgendes: Zuerst hat man die ganze Sache trotz Ansage verschlafen, dann großspurig angekündigt, hemdsärmelig den Verhandlungssaal betreten, was für eine gerade klare Lösung kommen werde. Ganz geschwind ist man dann abgebogen und hat sich in irgendwelchen hatscherten Kleinigkeiten verheddert. Das erkennt man, wenn man sich diesen Entwurf anschaut. Man hat sich im Detail verheddert, hat am Detail herumgedoktert. Von einem großen Wurf kann keine Rede sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Die Phantasielosigkeit in diesem Entwurf haben Sie sehr wohl zu verantworten. Das lässt für die großen Fragen der Steuergesetzgebung in der Zukunft Schlimmes befürchten.

Ich darf daran erinnern, dass Sie mehrere Möglichkeiten gehabt hätten, dieses Problem anders zu lösen. Die mehrwertsteuerähnliche Regelung hätte weiterverfolgt werden können, sie hätte immerhin den Vorteil gebracht, dass nicht solche Divergenzen bei den Produkten auftauchen. Eine zweite Möglichkeit wäre gewesen, sich endlich eine Änderung bei der Grundbesteuerung anzuschauen. Das wären unmittelbare Einnahmen für die Gemeinden gewesen – erstens. Und zweitens hätte das natürlich einen ganz anderen Verteilungseffekt – das muss man sich auch einmal anzusprechen trauen –, weil nämlich damit Vermögen und Besitz besteuert werden. Das ist etwas ganz anderes, als die Verbrauchssteuern hinaufzusetzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vielleicht gibt es – auch wenn es nun eine neue Regierung gibt – noch den einen oder anderen Minister, der auch vom Farnleitner-Syndrom befallen ist. Dieser ist nämlich der einzige Minister, der sich daran erinnert, was in der alten Regierung passiert ist. Vielleicht gibt es noch solche, die sich daran erinnern, was die Steuerreformkommission im Auftrag der letzten Bundesregierung ausgearbeitet hat. Da wurden klare Vorschläge zur Änderung der Grundbesteuerung gemacht. Ich würde doch ernsthaft anregen, diese Vorschläge weiter zu verfolgen.

Letzter Punkt, Stichwort "Phantasielosigkeit": Irgendwann wird man dieses Steuersystem in die Richtung verändern müssen, dass Umweltzerstörung nicht weiter steuerfrei bleibt und dass man die Dinge, die man akkurat nicht haben will, höher besteuert. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein ganz einfaches Prinzip. Ich darf Ihnen, Herr Staatssekretär, zur Anregung der Phantasie den Vorschlag der Grünen zur ökosozialen Steuerreform überreichen. Ansonsten würde ich meinen, dass das Phantasiedefizit eher beängstigend ist. Vielleicht gibt es noch eine Chance. Bevor ich Ihnen dieses Exemplar gebe, möchte ich noch zur Gesamtbenotung kommen. Sie lautet eben in der Summe: Nicht Genügend! Eigentlich müsste man sagen: Setzen! Nachsitzen! Das wollen wir aber mit hoffentlich bald neuen Mehrheiten in diesem Haus verhindern. Das wäre gut für die Republik. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Dr. Finz ein Exemplar der ökosozialen Steuerreform der Grünen.)

9.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

9.47

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sie sehen mich heute hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge. (Abg. Öllinger: Oh!) Mit einem weinenden Auge deswegen, weil gestern SV Wüstenrot Salzburg gegen den GAK das Cup-Finale verloren hat. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Zweytick und Fink.  – Abg. Schwarzenberger: Nur beim Elfmeterschießen!) Ich gratuliere allen meinen steirischen Freunden zum Sieg des GAK, aber ich möchte eines dazu sagen: Er war außerordentlich glücklich.

Und mit einem lachenden Auge deswegen, weil die scheinbar "never ending story", die Abschaffung der Getränkesteuer, heute mit diesem Paket zu einem guten Ende gebracht wird. Herr Kollege Dr. Heindl! Ihre Zitate wurden sicherlich grundsätzlich alle wahrheitsgemäß vorgetragen. Nur bitte: Sie zitieren eben immer wieder nur die Hälfte. Kollege Stummvoll hat es bereits gesagt: Es liegt eine schriftliche Zustimmung des Städtebundes vor, dass er mit dieser Ersatzlösung einverstanden ist. Auch Präsident Mödlhammer hat gesagt, er stimmt diesem Ersatzpaket zu, wenn auch mit vielen Schmerzen.

Ich darf betreffend das Jahr 2000, bezüglich dessen Präsident Mödlhammer zunächst einmal Bedenken gehabt hat, Folgendes ergänzend sagen: 1,35 Milliarden Schilling bekommen die Gemeinden aus dieser Ersatzlösung. Weiters verbleiben ihnen rund 1,4 Milliarden Schilling aus der Getränkesteuer für nicht alkoholische Getränke. Zusätzlich hat der Finanzminister 350 Millionen Schilling aus dem Siedlungswasserwirtschaftsfonds flüssig gemacht. Darüber hinaus


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erhalten die Gemeinden im Jahr 2000 aus den Ertragsanteilen 1 Milliarde Schilling mehr, sodass insgesamt 4,8 Milliarden Schilling von 5,6 Milliarden Schilling für die Gemeinden zur Verfügung stehen.

Man darf bitte auch eines nicht vergessen ... (Einige Abgeordnete der Freiheitlichen stehen neben den Bankreihen und führen dort Gespräche.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Sekunde! – Ich mache die freiheitlichen Kollegen darauf aufmerksam, dass ein Redner Ihrer Fraktion am Wort ist.

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Ich darf vielleicht noch ergänzen, dass sich die Ertragsanteile der Gemeinden von rund 60,8 Milliarden Schilling im Jahre 1995 auf nahezu 75 Milliarden Schilling im Jahre 1999 erhöht haben. Das sollten auch die Gemeinden zur Kenntnis nehmen. Ich möchte auch gar nicht verhehlen, dass es schlussendlich der Europäische Gerichtshof war, der nach den jahrelangen Versäumnissen der sozialistischen Regierungen das Gesetz des Handelns übernommen hat und diese Lösung der Getränkesteuerproblematik praktisch innerösterreichisch erzwungen hat.

Ich verhehle aber auch gar nicht, dass dieses Ersatzpaket ein Trapezakt ist – im wahrsten Sinne des Wortes –, galt es doch, die unterschiedlichsten Interessen, die unterschiedlichsten Ziele auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, und das in einer Zeit, meine Damen und Herren, in der Budgetkonsolidierung höchste Priorität hatte, in der es galt, das desaströse Budgeterbe der Sozialdemokraten aufzuarbeiten. Ich verweise auf Folgendes: 1,7 Billionen Schilling Staatsverschuldung, 109 Milliarden Schilling Defizit – allein 100 Milliarden Schilling Zinsen! –, 1 Million Österreicherinnen und Österreicher unter beziehungsweise an der Armutsgrenze. Dieses Erbe der Sozialdemokraten hat diese neue Regierung aufzuarbeiten und sie hat gleichzeitig die Getränkesteuerproblematik zu lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es war daher das gemeinsame Ziel dieser neuen Bundesregierung, eine Lösung zu finden, die zumindest fünf wesentliche Kriterien zu erfüllen hatte. Ziel Nummer 1: Es war nachhaltig die sich dynamisch entwickelnde Finanzkraft der Gemeinden zu sichern, aber gleichzeitig auch ein Signal an die Gemeinden zu senden: Sparen, sparen und wieder sparen – und zwar in der Größenordnung von rund 1,2 Milliarden Schilling, aber nicht bei den Investitionen sparen, sondern intelligent durch entsprechenden Bürokratieabbau und durch Abbau von Doppelgleisigkeiten sparen.

Ziel Nummer 2 war, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft durch eine deutliche Entlastung in der Größenordnung von rund 1,4 Milliarden Schilling zu erreichen. Ich weiß, dass es besser für die Wirtschaft gewesen wäre, die gesamten 5,7 Milliarden Schilling ersatzlos zu streichen, aber da gilt auch das Diktat der leeren Kassen.

Ziel Nummer 3 war ein Signal an die Jugend, an die Gesundheit und an die Verkehrssicherheit, durch die freiwillige Abschaffung der Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke ein Zeichen zu setzen.

Ziel Nummer 4 war ein massiver Bürokratieabbau, sowohl in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft, durch die komplette Abschaffung einer Steuer, die vom Grundsatz her sehr, sehr verwaltungskostenintensiv war und jährlich mit rund 1,5 Milliarden Schilling allein an Einhebungs- und Kontrollkosten belastet war.

Und Ziel Nummer 5 war, die Prämissen der Budgetkonsolidierung nicht aus dem Auge zu verlieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Betreffend diese fünf Ziele war es möglich und notwendig, die entsprechenden Verhandlungen zu führen, und es bedurfte wahrlich eines solidarischen Verhaltens und einer hohen Bereitschaft an Sachzwängeakzeptanz durch die Verhandler, dass es diesbezüglich zu einer Lösung gekommen ist. Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen, mich bei allen Betroffenen zu bedanken – egal, ob Gemeindebund, Städtebund oder Wirtschaft –, die ein hohes Maß an sozialer


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Verantwortung gezeigt und in sachlichen, konstruktiven Gesprächen und Verhandlungen diese Lösung erst ermöglicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

Ich stehe auch nicht an, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzministerium meinen Dank auszusprechen. Sie waren praktisch Tag und Nacht – auch an den Wochenenden – dazu bereit, diesbezüglich an der Lösungsfindung mitzuwirken und ihr Fachwissen einzubringen. Es wurden Dutzende Modelle gerechnet, weil immer wieder von der Wirtschaft, vom Gemeindebund, vom Städtebund, von all den Betroffenen neue Varianten eingebracht wurden, die entsprechend zu berechnen waren. Wie schwierig es war und ist, eine faire, zukunftsorientierte Lösung zu finden, zeigt ein kurzer Rückblick auf die Versäumnisse der sozialistischen Regierungen, die von einer Erfolglosigkeit sondergleichen gekennzeichnet sind.

Schon im Jahre 1990 haben wir Freiheitliche den ersten Antrag auf Abschaffung der Getränkesteuer unter gleichzeitigem Ersatz der Kosten für die Gemeinden eingebracht. Noch im Jahre 1994 hat Finanzminister Lacina den Gemeinden erklärt, die Getränkesteuer sei EU-konform. Erst im Jahre 1995 war es dann der damalige sozialistische Finanzminister Dr. Staribacher, der die Problematik erkannt und am 45. Städtetag in Linz gesagt hat: Getränkesteuer – weg damit! Ersatz durch die neu geschaffene Energiesteuer. – Eine hervorragende Lösung, die vom Städtebund und vom Gemeindebund akzeptiert wurde. Abgelehnt! Die Sozialdemokraten haben ihren eigenen Vorschlag nicht umgesetzt. Im Jahre 1996 gab es einen neuerlichen Antrag der Freiheitlichen auf Abschaffung der Getränkesteuer, und, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, spätestens seit der Generalanwalt des EuGH seinen Schlussantrag gestellt hat, hätte allen klar sein müssen, dass diese Getränkesteuer nicht halten wird.

Der Beitrag der Sozialdemokraten zu dieser Lösung war äußerst dürftig bis null. Daher bin ich umso erstaunter, dass Kollege Heindl hier heute einen Antrag auf Abschaffung der Getränkesteuer zur Gänze und Ersatz durch Bundesmittel eingebracht hat. Er bezieht sich dabei auf einen Antrag der ÖVP. Gut. Und Kollege Kaipel setzt noch eins drauf und lässt in einer Presseaussendung vom 16. Mai verlauten:

"Damit die Gemeinden auch in Zukunft ihre Aufgaben optimal erfüllen können, und auch in den finanzschwachen Gemeinden eine zeitgemäße Infrastruktur bereitgestellt werden kann, verlangt die SPÖ im Interesse aller Österreicher und Österreicherinnen den hundertprozentigen Getränkesteuerersatz (...)." – So weit, so gut. Das ist der Vorschlag der SPÖ.

Xxxvergl. Pau

Im Jahre 1999, als die ÖVP ihren Antrag eingebracht hat, hat der damalige Finanzminister natürlich darauf reagiert. Das ist sein gutes Recht, er hat ja die Bundesbudgetmittel zu verwalten. Was hat denn Finanzminister Edlinger zu diesem ÖVP-Antrag, den Dr. Heindl abgeschrieben und heute wieder eingebracht hat, gesagt? (Abg. Ing. Westenthaler : Gut zuhören! Jetzt bin ich gespannt!) Hoch interessant! Edlinger lässt durch sein Sprachrohr Andreas Höferl – "Kurier", Ausgabe 9. Juli 1999 – verlauten:

Von Andreas Höferl, Sprecher von Finanzminister Rudolf Edlinger, kommt dazu ein klares "Unmöglich". (Abg. Ing. Westenthaler: Unmöglich!)  – Unmöglich! Kann so nicht gemacht werden, dieser Antrag. Unmöglich! Das Einspringen des Bundes sei unfinanzierbar – hört, hört! –, Juli 1999. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat das gesagt?)  – Edlinger. (Abg. Ing. Westenthaler: Der spricht aber heute noch!) Das Einspringen des Bundes sei unfinanzierbar und würde das Budgetdefizit um 0,2 Prozentpunkte erhöhen. – Aha! Unmöglich.

Höferl, weiter im Auftrag des Herrn Finanzministers (Abg. Mag. Schweitzer: Kurzzeitgedächtnis!): Der Bund wäre in diesem Fall nicht der Bund, sondern der Steuerzahler, zu dessen Lasten es ginge. – Bravo, Herr Finanzminister! Richtig! (Abg. Ing. Westenthaler: Aha! Bravo!) Mit diesem Antrag wollen Sie dem Steuerzahler 5,7 Milliarden Schilling aus der Tasche nehmen! Das ist Ihre Vorgangsweise, Ihre unsoziale Vorgangsweise gegen die kleinen Leute! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin gespannt darauf, wie der ehemalige Herr Finanzminister den eigenen SPÖ-Antrag heute hier verteidigen wird, obwohl er damals gesagt hat, es ist unmöglich, das zu finanzieren, es trifft nicht den Bund, sondern den Steuerzahler. Herr Ex-Finanzminister! Kommen Sie heraus und


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sagen Sie: Jawohl, ich der Finanzminister ohne Würde, daher auch keine Bürde mehr, will vom Bürger und Steuerzahler 5,7 Milliarden Schilling! Das möchte ich, das ist das Ziel der Sozialdemokratie. – Der Bürger wird Sie bei den nächsten Wahlen mit entsprechender Stimmenminimierung bestrafen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich darf zum Schluss kommend eines sagen: Diese österreichische Bundesregierung geht in diesem Punkt einen neueren, konstruktiveren und zukunftsorientierteren Weg im Sinne der österreichischen Steuerzahler.

Wir sagen ja zur Erhaltung der Finanzkraft der Gemeinden und Städte, wir sagen ja zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine deutliche Entlastung der Wirtschaft, wir sagen ja zu einer Senkung der Preise für die Konsumenten, wir sagen ja zu einem Signal an die Jugend, Gesundheit und Verkehrssicherheit durch Abschaffung der Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke, und wir sagen ja zur Einsparung von Bürokratiekosten durch den kompletten Entfall einer Steuer.

Mit diesem Paket, meine Damen und Herren, zeigt diese Bundesregierung jene Lösungskompetenz, die Sie von der Sozialdemokratie längst verloren haben. – Danke, Herr Finanzminister! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte.

10.00

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst zu dem eine kurze Bemerkung machen, mit dem Herr Böhacker begonnen hat, obwohl ich das gestrige Cup-Finale zwischen Salzburg und dem GAK natürlich neutraler beurteile als er. Aber ich stehe nicht an, dem GAK zu gratulieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Rapid war nicht dabei!) Seit Fischl nicht mehr dort ist, gewinnen sie sogar den Cup. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ein wunderbares Ereignis, und ich gratuliere dem GAK zu diesen beiden Dingen. (Abg. Ing. Westenthaler: Rapid war aber nicht dabei!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zur Vorlage. Ich möchte in aller Kürze zunächst einmal die Gründe zusammenfassen, warum die Sozialdemokratische Partei dieser Getränkesteuer-Ersatzlösung nicht zustimmen wird. Sie ist nämlich in jeder Weise, sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, unbefriedigend!

Erstens: Speisen, Kaffee und Tee werden teurer.

Zweitens: Die Getränke werden nicht billiger. Es ist daher jegliche Argumentation dahin gehend, dass die Senkung der Getränkesteuer dem Konsumenten zugute kommt, falsch. Das wissen Sie. Keiner der Gastronomen wird diese Steuersenkung weitergeben – das war auch im Jahre 1990 so –, und daher ist das auch keine Maßnahme im Interesse der Jugend. (Zwischenruf des Abg. Kiermaier.  – Abg. Ing. Westenthaler: Er schon – Kiermaier! Das schauen wir uns aber an!) Den Jugendlichen ist es, wenn sie für das Getränk 50 S zahlen, ziemlich egal, ob die Spanne des Unternehmers höher ist oder ob 10 Prozent Getränkesteuer draufgeschlagen sind. Es kommt auf das Gleiche heraus.

Also: Speisen, Kaffee und Tee – das ist ganz sicher – werden teurer! Die Getränke werden nicht billiger. (Abg. Dr. Stummvoll: Beim Kiermaier schon! – Abg. Dr. Puttinger: Bei mir auch!)  – Einige wenige weiße Schafe gibt es, die das weitergeben.

Herr Kröll aber – er ist der Interessenvertreter der Gastronomen – hat an jenem Tag, als der Generalanwalt in Brüssel in seiner Stellungnahme sagte, die Getränkesteuer könne möglicherweise vom EuGH zu Fall gebracht werden, gesagt: Aber weitergeben können wir das nicht, denn die Gastronomie braucht das! – Das ist an sich nichts Negatives, aber argumentieren Sie dann nicht anders! Gaukeln Sie doch den Menschen nicht vor, dass die Getränke billiger


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werden – unter Ihrer Regierungstätigkeit wird nämlich in Österreich nichts billiger, auch nicht die Getränke! (Beifall bei der
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SPÖ.)

Es ist von niemandem in Abrede gestellt worden, dass die Gemeinden weniger bekommen. Allerdings macht es sich Herr Dr. Stummvoll schon sehr einfach, indem er sagt: 1,1 Milliarden Schilling werden die Gemeinden doch einsparen können! – Ja, wenn das alles wäre, was von dieser Regierung kommt.

Herr Dr. Stummvoll! Sie mussten hier den Spagat machen zwischen Ihren Wirtschaftsvertretern und den Bürgermeistern. Es wäre ja interessant, was die Bürgermeister der kleinen Gemeinden wirklich denken. Die kleinen Gemeinden sind nämlich von der Getränkesteuer proportional stärker betroffen als die großen. (Abg. Auer: Jawohl! Richtig!) Daher hat sich der Städtebund auch bereit erklärt, das mitzutragen; vielleicht auch in der Hoffnung, dass Sie von der verrückten Idee, die Städte im Finanzausgleich nachhaltig mit fast 6 Milliarden Schilling zu schädigen, wieder abrücken. Das ist ja eine politische Position, die Sie in Ihrem Regierungsprogramm eingenommen haben.

Also: Die Gemeinden bekommen weniger. – Ich habe mit vielen Bürgermeistern von Gemeinden Gespräche geführt, bei denen der Anteil der Getränkesteuer viel höher ist als etwa in Wien. Sie meinen, es werde zu erheblichen Investitionskürzungen und sonstigen Maßnahmen in den Gemeinden kommen (Abg. Auer: So ist es!)  – Herr Bürgermeister, ich danke Ihnen, dass Sie mir darin Recht geben –, weil Sie in dieser Frage am falschen Ort sparen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nächster Punkt: Die Konsumenten zahlen das, das ist ganz klar. Ob man jetzt "Konsument", "Bürger" oder "Steuerzahler" sagt, sehr geehrter Herr Böhacker, ist dem Konsumenten, dem Bürger und dem Steuerzahler wahrscheinlich egal, denn es trifft immer denselben. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Ob der Bürger es im Wirtshaus zahlt oder ob er es faktisch über Steuermittel über den Bundesfinanzausgleich zahlt, wird dem Bürger relativ egal sein.

Es gibt in diesem Zusammenhang nur negative Entwicklungen: weniger Geld für die Gemeinden, die Konsumenten zahlen, die Getränke werden nicht billiger, und die Speisen werden teurer.

Ich möchte folgende Meldung nicht verschweigen – es ist das keine sozialdemokratische Argumentation –: "Im Gasthaus essen darf nicht Luxus werden! Diese Steuer ist ungeheuer!", "Die Gastronomie, Wirtschaftskammer Österreich". – Herr Stummvoll, das muss am Generalsekretär vorbei "gehandled" worden sein. Jedenfalls habe ich dem nichts hinzuzufügen. "Diese Steuer ist ungeheuer!", sie verteuert und bringt die Gemeinden in eine sehr schwierige Situation. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ihr Trapezakt, Herr Dr. Stummvoll, war ja noch einfach: Sie machen halt eine Klausur für die Bürgermeister der kleinen Gemeinden und die mächtigen Wirtschaftskämmerer – dort wird Tacheles geredet, und dann gibt es eben die Zustimmung. Der Trapezakt der FPÖ ist aber noch viel ungeheuerlicher: Die FPÖ verrät eigentlich all ihre Forderungen, Vorstellungen und Konzepte der Vergangenheit! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben kein einziges Versprechen bis jetzt eingehalten!)

Ich muss Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Es gibt die "Fairen Steuern". (Abg. Ing. Westenthaler: Richtig!)  – Wissen Sie, wer das unterschrieben hat? – Herr Böhacker, Herr Trattner und der inzwischen in Ungnade gefallene Herr Schreiner; ich möchte jetzt nicht argumentieren, warum er nicht mehr hier ist. Diese drei Herren haben das jedenfalls unterschrieben.

Und in diesem Konzept wird festgestellt: Von den Verbrauchssteuern sind die Schaumweinsteuer sowie die Getränkesteuer abzuschaffen! – Ohne irgendeinen Ersatz. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.  – Abg. Ing. Westenthaler: Haben wir eingehalten! Wurde abgeschafft!) Erst später haben Sie gesagt: selbstverständlich mit Ersatz.

Man könnte natürlich fragen: Wer ist der Böhacker, wer ist der Trattner? – Schreiner gibt es schon nicht mehr, und vielleicht folgen ihm die beiden nach, das weiß ich ja nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Aber es gibt auch noch etwas anderes, etwas Brandheißes: "Der Haider-Prinzhorn-Plan". Ich nehme an, Sie kennen diese beiden Herren, Herrn Haider und Herrn Prinzhorn. (Abg. Ing. Westenthaler: Dass Sie das alles so genau lesen!) Und diese beiden Herren sagen: Selbstverständlich gehört die Getränkesteuer weg (Abg. Ing. Westenthaler: Sie ist ja weg!), und – jetzt kommt die gemeingefährlichste Drohung, Herr Bürgermeister! – die Kommunalsteuer gehört ersatzlos abgeschafft!

24 Milliarden Schilling plus 6 Milliarden von der Getränkesteuer sind 30 Milliarden, hinsichtlich derer es, wie Sie den Bürgern versprochen haben, zu Steuererleichterungen kommen sollte. Was ist denn eigentlich mir Ihren Konzepten? Was werden Herr Haider und Herr Prinzhorn dazu sagen? – All das, was da noch drinsteht, ist ja Legion; es ist das ja ein Dokument, das durch Sie und Ihre Politik zum Pamphlet degradiert wurde. Aber das ist Ihre Angelegenheit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das Letzte, was ich dazu noch sagen möchte: Diese Bundesregierung geht unglaublich doppelzüngig vor. Der Herr Bundeskanzler lässt sich von Herrn Mödlhammer – das ist der Präsident des Gemeindebundes – feiern, der aber sagt: Das ist ein schmerzlicher Kompromiss! (Abg. Böhacker: Jeder Kompromiss ist schmerzlich, denn sonst gibt es nur Sieger und Verlierer!)

Der Herr Bundeskanzler lässt sich mit dem Daumen in der Höhe – er muss aufpassen, dass er ihn sich nicht einzwickt – in der Zeitung abbilden. Und es heißt: Die Finanzkraft der österreichischen Gemeinden muss unbedingt erhalten bleiben! Dann verhandelt man über einen Kompromiss und schlägt auch eine Lösung für das Jahr 2000 vor. Und plötzlich findet man in einer Regierungsvorlage, dass allein im Jahr 2000 der Steuerausfall bei knapp 4 Milliarden liegen wird, weil Sie Ihr Versprechen gegenüber dem Gemeindebund (Abg. Böhacker: Das ist ja falsch, schlicht und ergreifend falsch, was Sie da sagen!), der Sie hier würdigt – es ist das Ihre Organisation, Herr Bürgermeister –, einfach nicht eingehalten haben. Das ist das, was ich als schändlich bezeichne! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Mödlhammer hat viel deftigere Ausdrücke dafür verwendet und hat das auch in einem Brief an Sie, sehr geehrter Herr Staatssekretär, festgehalten. Herr Mödlhammer hat Herrn Staatssekretär Finz – Herr Mödlhammer hat zum Herrn Finanzminister offensichtlich kein Vertrauen –, praktisch von Kumpel zu Kumpel – innerhalb der Partei kann man leichter miteinander reden –, einen Brief geschrieben. Er spricht ihn auch mit "Lieber Freund!" an (Abg. Dr. Stummvoll: Besser als "Lieber Genosse!"!) und sagt, dass er gegen die Änderung protestiert, die ganz einfach nicht der Vereinbarung entspricht, und meint dann, sie müsse abgeändert werden gemäß der ursprünglichen Zusage.

Er sagt weiters: Diese Änderungen sind deshalb notwendig, da das Finanzministerium entgegen der politischen Vereinbarungen – offenbar mit dem Gemeindebund – für das Jahr 2000 lediglich 1,5 Milliarden Schilling als Ersatz berechnet, sodass hier ein weiterer Steuerausfall eintritt. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Gemeinden bei einer derartigen Regelung im Jahr 2000 noch zusätzlich 1,7 Milliarden verlieren. Eine höhere Summe – nämlich eine höhere als ursprünglich gesagt – könnte von den Gemeinden in keinster Weise akzeptiert werden.

Erst kürzlich wurde in Brüssel – aber wir werden noch Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren – das Stabilitätsprogramm, und zwar nicht das alte, das ein gewisser Herr Edlinger vorgelegt hat, sondern das neue eines gewissen Herrn Grasser, massiv kritisiert. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind kritisiert worden, Herr Kollege!) In diesem Programm gehen Sie davon aus, dass Länder und Gemeinden einen Überschuss-Saldo von 0,5 Prozent bringen. (Abg. Ing. Westenthaler: Da haben Sie eine falsche Information bekommen!) Aber allein diese Maßnahme, die Sie hier setzen, demoliert die Gemeindebudgets in einem Ausmaß von 0,15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Es wird den Gemeinden nicht möglich sein, den Stabilitätspakt einzuhalten! (Abg. Böhacker: Was ist jetzt mit Ihrem Antrag?) Wir haben einen innerösterreichischen Stabilitätspakt, der es den Gemeinden gestattet, die Defizitquoten zu überziehen, wenn ein Höchstgericht Entscheidungen trifft und die Regierung nicht handelt. – Sie handeln nicht!


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Noch eine Bemerkung zu dem Antrag: Dies aus dem FAG zu zahlen, ist die zweitbeste Möglichkeit. Die beste Möglichkeit wäre jene gewesen, der die ÖVP im Juni, weil sie vor ihren Wirtschaftsvertretern kapituliert hat, nicht zugestimmt hat: eine Zweckbindung, die eine reale Chance geboten hätte, die Getränkesteuer für die Gemeinden zu retten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Die hätte ja nie gehalten!)  – Das haben Sie verhindert, und das werden Sie auch den Bürgern in den Gemeinden erklären müssen. (Abg. Böhacker: Das hält nicht!)

Die zweitbeste Möglichkeit wäre, das aus dem FAG zu zahlen. Wir sind an diese Sache völlig blauäugig herangegangen. Wir haben uns gedacht: Die FPÖ hat gesagt: Streichung der Getränkesteuer und Ausgleich aus dem Budget! Herr Khol hat noch im Juni gesagt: aus dem Budget! – Wenn ihr nicht miteinander reden könnt (Abg. Böhacker: Was haben Sie gesagt? – "Unmöglich"!), um euch darauf zu einigen, unterstützen wir die zweitbeste Lösung – ich sage: die zweitbeste Lösung.

Die Sozialdemokraten hätten sich in dieser Frage als Katalysator für die Koalition zur Verfügung gestellt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. Die Uhr ist auf 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung gestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann ist das Edlinger-Loch gekommen! – Abg. Edlinger: Aber da schaut der Khol heraus, wenn du hineinschaust! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

10.13

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Glauben Sie mir: Als Bürgermeister tue ich mir sehr schwer, im Zusammenhang mit der heutigen Regierungsvorlage positiv zu argumentieren. (Abg. Edlinger: Das glaube ich!) Ich sehe die Sache aber doch etwas anders als die meisten meiner Vorredner. (Abg. Edlinger: Das könnte ihm schaden!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass wir uns in dem größeren Wirtschaftsraum EU befinden und dass das Ziel eine Steuerharmonisierung ist. (Zwischenruf des Abg. Leikam.  – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das, was wir heute beschließen und heute festlegen, wird, auch wenn wir es vielleicht nicht wahrhaben wollen, wieder nur für beschränkte Zeit Geltung haben.

Ich glaube, als Bürgermeister auf Folgendes hinweisen zu müssen: Wenn wir "Österreich neu regieren" wollen – und das haben wir uns vorgenommen –, dann haben wir langfristig neue Akzente zu setzen. Und einer dieser Akzente ist, darauf abzustimmen (Abg. Schwemlein: Mit einem Minus zu beginnen!), dass den Gemeinden die Steuerhoheit erhalten bleibt und dass bei vielen Steuern, die wir derzeit verteilen, die Verteilungsgerechtigkeit neu aufgerollt werden muss!

Ich sage Ihnen: Wenn der vorige Finanzminister und ehemalige Finanzchef der Stadt Wien jetzt die kleinen Gemeinden bedauert, dann ist mir das äußerst suspekt. Herr Bundesminister außer Dienst Edlinger! (Abg. Edlinger:  ..., weil die kleinen und die großen Gemeinden keinen Schulterschluss machen!) Da ist eben die Stadt Wien als Spitzenreiter zu nennen – dort fließt überproportional viel Geld hinein. (Abg. Edlinger: Die Bundesländer sitzen wie die Maden im Speck!) Die 5,6 Milliarden Schilling sind eine geradezu lächerliche Summe im Vergleich zu dem, was im Finanzausgleich zugunsten der großen Gemeinden umgeschaufelt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Da werden Sie keinen FAG zusammenbringen mit dieser Philosophie!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gemeinden sind im Großen und Ganzen der schwächste Verhandlungspartner im Reigen. Die Gemeinden haben auch zur Kenntnis zu nehmen, dass sie künftig einen Steuerausfall tatsächlich zu tolerieren haben. Ich bin überzeugt davon, dass die Gemeinden diesen Steuerausfall auch verkraften werden, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass unter allen Gebietskörperschaften in den Gemeinden die größte Effizienz


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der Steuermittelverwendung gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dort ist der Bürger direkt in der Kontrollinstanz. In der Gemeinde hat er noch den Überblick, kann er noch mitbestimmen, kann er noch über die Mittelverwendung reden. Daher glaube ich, dass dort die Effizienz wirklich am höchsten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Argumentation, es handle sich um eine antiquierte Steuer und dergleichen, mag ich nicht viel abgewinnen. Die Getränkesteuer beispielsweise wurde – damit bringe ich einen historischen Rückblick – unter Karl IV. eingeführt. Karl IV. hat vor etwas mehr als 600 Jahren die Getränkesteuer eingeführt, um seinen Regierungssitz Prag zu finanzieren.

Das heißt, diese Steuer hat sich bewährt (Zwischenruf des Abg. Edlinger ), wir haben jedoch zur Kenntnis nehmen müssen, Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger, dass diese Steuer im Hinblick auf die Steuerharmonisierung im europäischen Raum leider nicht mehr Platz hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf eines möchte ich noch einmal ganz deutlich hinweisen: Wenn es bei den künftigen Finanzausgleichsverhandlungen nicht gelingt, den Gemeinden mehr Steuergerechtigkeit zukommen zu lassen, dann hat man, glaube ich, an den Grundfesten unseres öffentlichen Lebens gerüttelt!

Ich verlange daher: Wenn ich das heute mittrage, dann muss sich im Finanzausgleich unbedingt etwas zugunsten der kleineren Gemeinden ereignen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Trattner. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt natürlich zu jeder Zeit eine Argumentation für eine bestimmte Steuersituation. Nur: Jetzt ist die Argumentation für den abgestuften Bevölkerungsschlüssel mehr als fraglich geworden.

Mir als Bürgermeister einer Kleingemeinde ist sehr klar, dass dieser abgestufte Bevölkerungsschlüssel nicht von heute auf morgen zu beseitigen ist, sondern dass wir sehr wohl auch auf die Steuereinnahmen der Größeren zu achten haben. Nicht Radikalisierung wird das Thema sein, sondern ein Horizont für längere Zeit. Das verlange ich, und ich ersuche alle Parteien um Bestärkung in diese Richtung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heute in Frage stehenden 5,6 Milliarden oder 1,4 Milliarden sind nicht das große Problem. Das große Problem wird sein, wie wir künftig die Einnahmen für die Gemeinden so gestalten, dass sie mit diesen Einnahmen auch jene Aufgaben erfüllen können, die der Bund, die Länder, aber auch die Bürger von den Gemeinden einfordern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Derzeit sind die Gemeinden leider Gottes die Schwächsten in diesem Kreis. Ich bitte daher – auch, wenn ich dem heute zustimme –, dies doch sehr ernst zu nehmen und die Gemeinden, vor allem die Kleingemeinden, wie der Herr Finanzminister außer Dienst gesagt hat, künftig zu stärken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

10.22

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne meine Rede mit einem Kaffeetasserl in der Hand (die Rednerin zeigt dieses), in dem nichts mehr ist, das leer ist – genau darauf möchte ich auch noch ein wenig zu sprechen kommen.

Ein sehr, sehr wesentlicher Teil österreichischer Alltagskultur ist das Kaffeehaus. (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Viele Staaten haben versucht, uns das nachzumachen. Viele sagen: Die österreichische Kaffeehauskultur ist etwas ganz Besonderes! Für Touristen, die nach Österreich


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kommen, ist der Kaffeehausbesuch nahezu obligat. (Abg. Großruck: Das sagen Sie dem Herrn Pilz!)

Meine Damen und Herren! Nun gehören aber gerade die Kaffeehäuser, die sehr viele so genannte Aufgussgetränke ausschenken, zu den Hauptbetroffenen und Hauptleidtragenden dieser Änderung der Getränkesteuer. Gerade die Kaffeehäuser haben sich, wie der Name schon sagt, auf eine Produktgruppe spezialisiert, die bei der Änderung der Getränkesteuer, die Sie von den Regierungsparteien durchgesetzt haben, besonders schlecht aussteigt.

Ich komme jetzt aber auch auf die anderen Benachteiligten zu sprechen. (Abg. Böhacker: Rechnen Sie einmal vor, um wie viel der Kaffee teurer wird!) Es ist das ja nicht nur ein Schlag gegen die Kaffeehäuser, gegen die Kaffeehauskultur, sondern besonders betroffen wird auch – das haben Gastronomenverbände und die Hoteliersvereinigung in ihren Briefen, die sie an alle Abgeordneten geschickt haben, auch ganz deutlich in den Mittelpunkt gestellt – die Qualitäts-Gastronomie sein. Die Erhöhung in diesem Bereich kann nämlich schon entscheidende Auswirkungen auf das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten haben. Ob das Muttertags-Essen für eine Familie 1 000 S oder weit über 1 000 S kostet, ist relevant!

Wenn Sie diese Frage wie eine heiße Kartoffel fallen lassen und nicht aufgreifen, heißt das nicht, dass wir uns nicht darum kümmern werden. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, schädigen mit dieser Änderung jene Zweige der Gastronomie und des Tourismus, die meines Erachtens – und mit dieser Meinung stehe ich nicht allein da – am entwicklungsfähigsten wären. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Stummvoll hat vorhin behauptet, die Konsumentinnen und Konsumenten seien die Gewinner dieser Reform. Er kann damit nur ganz bestimmte Gruppen innerhalb der Konsumentinnen und Konsumenten gemeint haben, denn eines ist auch klar – und das ist auch ein wesentlicher Kritikpunkt, den ich hier nennen möchte –: Hochprozentige Billigalkoholika sind im Verhältnis schwächer betroffen als Qualitätsprodukte dieses Sektors. Heißt das jetzt, dass sozusagen Fusel und Dusel statt Gasthauskultur die Perspektive ist, für die Sie sich auch gegen Ihre eigenen Bürgermeister eingesetzt haben?

Wäre es nicht wesentlich klüger gewesen, die Alkoholsteuer in Österreich endlich einmal vernünftig zu strukturieren – das machen uns ja einige Staaten in Europa schon vor –, sodass man nicht Bier und Wein am stärksten trifft, die Schnäpse aber am wenigsten belastet, sondern dass man da eine Abstufung hineinbringt? Das wäre auch aus Gründen der Gesundheitsvorsorge ein recht interessanter Ansatz. Dieser fehlt aber in Ihrem Konzept! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein.  – Abg. Schwemlein: Die müssen ja den Frust überlagern!)

Die österreichischen Hoteliers haben wie viele andere auch diesen Punkt angesprochen.

Herr Bürgermeister Mühlbachler, der vor mir gesprochen hat, hat es heute ja wirklich nicht leicht. All seine Vertreterinnen und Vertreter – hauptsächlich Vertreter, auf diesem Sektor bewegen sich äußerst wenig Frauen – haben öffentlich in allen Zeitungen vehementeste Kritik an dieser Reform der Getränkesteuer geübt. Sie haben damit in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dass Sie sich für die Gemeinden, für die Finanzierung der Gemeinden, für ein vernünftiges System einsetzen. Hier herinnen ist plötzlich alles ganz anders: Hier im Plenum des Nationalrates, wo über diese Veränderung abgestimmt wird, stimmen sie auf einmal sehr brav zu.

Ich schaue mir heute schon an, wer von den Bürgermeistern hier im Hause dieser Regelung zustimmt und ob sich vielleicht der eine oder andere zufällig während der Abstimmung auf die Toilette begeben muss (Abg. Auer: So, wie Sie es machen), um auf diese Art die Verantwortung nicht mittragen zu müssen. Das schaue ich mir ganz genau an. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Liefen hier im Saal nicht so viele Zwischenrufe und Nebengespräche, dann hörte man ja das laute Zähneknirschen der Gemeindevertreter viel deutlicher (Abg. Auer: Von mir können Sie es hören!), das laute Zähneknirschen, das sie befällt, wenn sie – und das zu Recht – an die dramatische Finanzsituation und die generelle Situation ihrer Gemeinde denken.


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Aber eines muss klar sein, meine Damen und Herren: Die Städte und Gemeinden Österreichs sind einer der bedeutendsten Arbeitgeber, sind in vielen Bereichen ein riesiger Wirtschaftsfaktor. Und notwendig gewordene Ausgabenkürzungen in diesem Bereich sind das – und das ist das Argument hinsichtlich der Konsumenten und Bürger –, was die Bürgerin und den Bürger am direktesten und am fühlbarsten trifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das halte ich auch insofern für erwähnenswert, als Sie, meine Herren Bürgermeister, sich mit der Kritik Ihrer Gemeindebürgerinnen und Bürger in diesem Bereich werden auseinander setzen müssen. (Abg. Großruck: Die Gemeindebürger interessiert das nicht! Die Bürgermeister interessiert das! Sie kennen sich nicht aus!) Die Bürgermeister-Partei ÖVP hat ihre Kritiker zurückgepfiffen, und zwar vehement zurückgepfiffen, bevor sie sich artikulieren konnten, bevor sie ihre Änderungswünsche einbringen konnten.

Es ist damit ja auch – und das ist auch eine Auswirkung, die uns hier im Parlament beschäftigen wird – unter Umständen der Beitrag der Gemeinden zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien in Gefahr. Und das sollte Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP und der FPÖ, bewusst sein, wenn Sie an die Mahnungen und Klagen denken, die wir von Seiten der Europäischen Union im Zusammenhang mit dem Budget schon bekommen haben.

Zusammenfassend: Die Geschichte der Getränkesteuer ist lang. Schon im Landtag habe ich mich mit diversen Novellen dazu zu beschäftigen gehabt, mit welchen versucht wurde, in diesem ohnehin schon extrem undurchschaubaren System noch einmal ein Epizykel dazu zu hängen, weil wieder eine Veränderung notwendig geworden ist.

Die Geschichte der Getränkesteuer ist auch geprägt davon, dass in jenem Moment, in welchem jeder schon gewusst hat, dass die Getränkesteuer fallen wird, ÖVP-Vertreter durch die Lande gepilgert sind und Bürgermeistern und BürgerInnen klar gemacht haben, dazu käme es ohnehin nicht, wir würden den EuGH schon noch herumkriegen, das werde schon nicht passieren – bis dann das Urteil auf dem Tisch gelegen ist.

Meine Damen und Herren! Was jetzt herausgekommen ist, ist eine Anfängerbastelei in Sachen Finanzen und ist kein ambitionierter Versuch, Steuerhoheit für Länder und Gemeinden durchzusetzen – das halte ich für einen wichtigen Punkt – und die Steuerrechte neu zu gliedern. Ich halte es für notwendig, über die Änderung der Besteuerungsgrundlagen endlich einmal eine Debatte zu beginnen.

Für mich ist diese Variante der Getränkesteuer, so wie Sie sie heute hier beschließen wollen, maximal eine Übergangslösung. Ihre Bürgermeister haben selbst schon Wünsche an das Budget angekündigt, die Sie gar nicht werden erfüllen können. Die Gastronomie hat gesagt, sie werde jede Lösung, die herauskommt, wieder klagen. Und deswegen mein Ersuchen an die Regierungsparteien: Beginnen wir sofort mit einer ambitionierten Änderung des Steuersystems, die sich nicht in dieser Bastelei erschöpft, die jedem schadet und keinem nützt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner. – Bitte.

10.32

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich hat die FPÖ hier Anträge gestellt, in welchen sie forderte, dass die Getränkesteuer ersatzlos gestrichen wird beziehungsweise dass die Länder einen hundertprozentigen Ausgleich erhalten. (Abg. Mag. Gaßner: Die Gemeinden!) Danke, Herr Kollege! – Ich korrigiere: die Gemeinden!

Selbstverständlich sind auch wir mit dieser Ersatzlösung nicht hundertprozentig einverstanden. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Edlinger, der Sie sich hier als Büttenredner so hervorgetan haben und der Sie immerhin lange Zeit als Finanzminister tätig waren, was haben wir von Ihnen für ein Erbe bekommen? Sie haben gesagt, wir hätten kein Budgetloch, wir hätten kein Krankenkassendefizit, es gäbe kein Problem mit der Getränkesteuer, wir


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würden vorerst einmal warten, bis die EU entscheidet. Betreffend die Anonymität der Sparbücher hat man beim EU-Beitritt auch gesagt, das sei kein Problem, man könne sicher sein, dass die Sparbücher anonym bleiben. Es ist von der SPÖ-Politik alles vor uns hergeschoben und keine Entscheidung getroffen worden. (Abg. Edlinger: Bei der Anonymität der Sparbücher wolltet ihr keine Lösung!)

In dieser Situation, Herr Kollege Edlinger, haben Sie eine Steuerreform durchgezogen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem Sie vom ECOFIN-Rat bereits einen Rüffel bekommen haben, weil Sie damit eine unnötige Budgetbelastung in Gang gesetzt haben, obwohl Sie praktisch den Stabilitäts- und Wachstumspakt überhaupt nicht erfüllt haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir zahlen! – Abg. Edlinger  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Wir zahlen gar nicht! Ihr seid zu arrogant! Die Österreicher zahlen! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Wir sind auch Österreicher!)

Sie sind derjenige, Herr Finanzminister Edlinger, der gegenüber dem ECOFIN-Rat, als Österreich dort den Vorsitz innehatte, zugesagt hat, dass Sie bis zum Jahre 2002 ein ausgeglichenes Budget erreichen wollen. (Abg. Edlinger: Das ist falsch!)

Sie haben das zugesagt. Ich zitiere: Finanzminister Edlinger ist im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes 1997 eine rechtliche Verpflichtung zu einem ausgeglichenen Haushalt eingegangen. Als Präsident des ECOFIN-Rates hat er im Oktober 1998 zugestimmt, dass dieses Ziel im Jahre 2002 erreichbar sei. – Bereits im ersten Stabilitätsprogramm 1998 hat er sich von dieser rechtlichen Verpflichtung verabschiedet!

Was bedeutet das, Herr Finanzminister? (Abg. Edlinger: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch, das ist richtig! Sie können hier herauskommen und das auch tatsächlich berichtigen. (Abg. Edlinger: Das habe ich vorige Woche schon gemacht!) Aber noch einmal: Was bedeutet das, Herr Finanzminister? – Es bedeutet Folgendes: Es besteht nicht jenes Budgetloch, das Sie immer genannt haben – zuerst waren es 20 Milliarden Schilling, dann waren es 40 Milliarden Schilling –, sondern ein weit größeres. Wenn man den Stabilitätspakt erfüllen will (Abg. Edlinger: 1,4 Prozent!), das heißt, bis zum Jahre 2002 ein ausgeglichenes Budget erreichen – das haben Sie ja zugesagt (Abg. Edlinger: Nein!)  –, dann wäre für das Jahr 2000 ein Budgetdefizit in der Größenordnung von 62,3 Milliarden Schilling erlaubt, doch es käme, wenn kein Konsolidierungskurs gefahren würde, tatsächlich ein Budgetdefizit in der Höhe von 108,4 Milliarden Schilling heraus.

Im Jahre 2001 ist ein Defizit von 59 Milliarden Schilling erlaubt, tatsächlich käme ein Defizit von 122,6 Milliarden Schilling heraus. Im Jahre 2002 ist ein Defizit von 58 Milliarden Schilling erlaubt, tatsächlich würde es ein Budgetdefizit von 126 Milliarden Schilling sein. Im Jahre 2003 ist – nach Ihrem Plan – ein Defizit von 56,6 Milliarden Schilling erlaubt, tatsächlich würde es, Herr Kollege Edlinger, 127,8 Milliarden Schilling betragen. Sie haben dieser Bundesregierung ein Paket hinterlassen, das, würden keine Konsolidierungsmaßnahmen ergriffen werden, für den Zeitraum von 2000 bis 2003 ein Budgetdefizit von insgesamt 484,8 Milliarden Schilling zur Folge hätte.

Angesichts dieses Umstands getrauen Sie sich noch zu kritisieren, dass diese Bundesregierung, bestehend aus ÖVP und FPÖ, Konsolidierungsschritte setzt. Sie tut das doch, damit zukünftige Budgetbelastungen von der Bevölkerung abgehalten werden. Aber Sie kommen hier heraus und kritisieren, dass die Gemeinden um 1,3 Milliarden Schilling weniger aus der Ersatzlösung der Getränkesteuer bekommen werden. Da kann ich nur sagen: 1,3 Milliarden Schilling im Vergleich zu 484,8 Milliarden Schilling – Herr Finanzminister, Sie haben sich mit Ihrer Kritik hier wirklich lächerlich gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Herr Ex-Finanzminister! Herr Alt-Finanzminister! Herr Kollege! Sie haben gesagt, immer, wenn die ... (Abg. Edlinger: Sagen Sie nicht "Alt-...", das ist eine Beleidigung! Ich bin so fit!)

Ja, ja! Der Pensionsbezug ist in Ordnung! Pensionsbezug plus Abgeordnetenbezug, dann passt es gut. Dann passt es eh gut! (Abg. Edlinger: Ich bin ehrenamtlich hier!) Sie sind sicherlich der teuerste Abgeordnete hier im Hohen Hause. (Abg. Edlinger: Der billigste!) Was werden Sie


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denn haben? 160 000 bis 180 000 S. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Der billigste bin ich! Der billigste Abgeordnete!)

Aber Ihnen halte ich zugute: Sie arbeiten wenigstens um das Geld, das Sie bekommen. Die Kollegin Lichtenberger hat einen Bezug erhalten, hat dafür aber nichts gearbeitet. Ich wiederhole: Das halte ich Ihnen zugute!

Herr Kollege Edlinger! Sie haben hier auch Folgendes gesagt: Alles, was jetzt von der neuen Regierung gemacht wird, hat zur Folge, dass alles teurer wird. – Dazu darf ich Ihnen sagen: Durch die Freiheitlichen und die Österreichische Volkspartei wurde es möglich gemacht, einen so genannten Schüttelscheck in der Größenordnung von 30 Milliarden Schilling – 12 Milliarden Schilling aus der Familienbesteuerung und 17 Milliarden Schilling aus der Senkung des Einkommensteuer- beziehungsweise des Lohnsteuertarifs –, den Sie im letzten Jahr hier verteilt haben, finanzierbar zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben dafür überhaupt keine Vorkehrungen getroffen. Mit der Finanzierbarkeit dieses Schüttelschecks hat jede österreichische Familie im Jahr durchschnittlich 9 000 S bis 10 000 S mehr im Brieftascherl. Ich frage Sie: Haben wir jetzt den Steuerzahlern Geld weggenommen oder haben wir ihnen Geld gegeben? Ich glaube, umgekehrt ist es der Fall: Wir haben ihnen Geld gegeben!

Schauen wir uns einmal die Steuerstatistik an, Herr Kollege Edlinger! – Die Steuerstatistik schaut folgendermaßen aus: Erstmals seit zehn Jahren ist das Lohnsteueraufkommen absolut gesehen um 9 Milliarden Schilling geringer als im Vorjahr. Und wenn Sie sagen, die Steuerreform sei so unternehmerfreundlich, dann muss ich Ihnen sagen, dass die Körperschaftsteuer gegenüber dem letzten Jahr im Jahre 2000 um 3,6 Milliarden Schilling höher sein wird.

Das ist es, was wir erreicht haben! Wir haben damit eine Umverteilung hin zu den Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen und nicht zu jenen mit hohem Einkommen vorgenommen. Und das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie hier behauptet haben.

Wir haben dafür gesorgt, dass im Jahre 2001 das Kindergeld eingeführt wird, und wir haben dafür gesorgt, dass der Strompreis und die Mieten gesenkt werden.

Sagen Sie hier im Hohen Haus nicht die Unwahrheit! Die Tatsachen schauen ganz anders aus. Diese Regierung ist dazu da, für den kleinen Mann Politik zu machen, dafür zu sorgen, dass die kleinen Leute weniger Steuern zahlen, und nicht dazu, die Vorgangsweise, die Sie in den letzten 30 Jahren praktiziert haben, fortzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Worum geht es denn hier heute? – Sie kamen hier heraus und sagten, alles werde teurer. Wenn ich als Beispiel die Halbe Bier hernehme, ... (Abg. Edlinger: Dafür bin ich nicht verantwortlich! Da bin ich sehr heikel!) Wenn ich als Beispiel die Halbe Bier hernehme und sage, die 10 Prozent Getränkesteuer fallen jetzt weg, Herr Kollege Edlinger, ... (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

10 Prozent Getränkesteuer beim Bier fallen jetzt weg, da sind wir uns doch einig! (Abg. Edlinger: Aber es wird nicht billiger!) 10 Prozent Getränkesteuer werden beim Bier wegfallen, dafür wird die Biersteuer von 2,40 S auf 3,44 S erhöht. Das bedeutet beim Halben Bier, das das Lieblingsgetränk der Österreicher ist, eine Reduktion in der Größenordnung zwischen 2,50 S und 3 S. Das ist doch wirklich ein Erfolg dieser Reform durch die Streichung der Getränkesteuer! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das ist falsch!)

Das unterliegt selbstverständlich der Kalkulation jedes einzelnen Gastwirtes beziehungsweise jedes einzelnen Hoteliers. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Aber es gibt auch jetzt etwa in Wien Unterschiede. Ich zahle in einem Gasthaus für das große Bier 32 S, im anderen Gasthaus zahle ich für das große Bier 38 S bis 40 S. Da wird sich halt der Konsument dann wahrscheinlich dort hinwenden, wo er das Bier am günstigsten kriegt, und dann wird der Unternehmer auch anders kalkulieren und so vorgehen, dass dieser Steuervorteil auf den Abnehmer weitergegeben werden kann.


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Herr Ex-Finanzminister Edlinger! Sie haben uns jedenfalls ein Erbe hinterlassen, mit dem die Bundesregierung, wenn sie die Konsolidierungsziele erreichen will – das wäre ein ausgeglichenes Budget –, in den nächsten Jahren mit einem Betrag in der Größenordnung von 484,8 Milliarden Schilling belastet ist. Wenn wir ein Budget gemäß Maastricht-Ziel erreichen wollen, dann sind es immerhin 248,9 Milliarden Schilling, die diese Bundesregierung hereinbringen muss.

Ich glaube, dass strukturelle Maßnahmen notwendig sein werden, um das bewerkstelligen zu können. Das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in diese Bundesregierung, dass sie diese notwendigen strukturellen Maßnahmen durchziehen wird, ist sehr groß. Das Vertrauen in Sie ist nicht mehr vorhanden gewesen, und deswegen ist es auch gut, dass Sie nicht mehr Finanzminister sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Bitte, die Vorschriften einzuhalten.

Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

10.41

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Trattner hat behauptet, ich hätte mich in Brüssel verpflichtet, bis zum Jahre 2002 ein ausgeglichenes Budget zu gestalten. – Das ist falsch!

Ich belege das mit zwei Dokumenten der Europäischen Union, zunächst einmal mit der Verordnung des Rates 1466/1997, in welcher diese erwähnte Verpflichtung steht. Darin ist unter Punkt 4 zu lesen:

"Indem die Mitgliedstaaten an dem mittelfristigen Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder eines Haushaltsüberschusses festhalten, können sie normale Konjunkturschwankungen bewältigen und zugleich bewirken, dass das Defizit des öffentlichen Haushaltes innerhalb des Referenzwertes von drei Prozent gehalten wird." – Dem habe ich zugestimmt!

Für Österreich bedeutsam ist die Stellungnahme des Rates vom 18. Jänner 1999 – ich habe diese schon vorige Woche in meiner Berichtigung vorgelesen – , in welcher es um das Stabilitätsprogramm der Republik Österreich geht. Darin wird festgestellt, dass der Rat anerkennt, dass der als Ziel in Aussicht genommene mittelfristige Defizitwert von 1,4 Prozent im Jahr 2002 angesichts der geringen Schwankungen des Wirtschaftswachstums in Österreich ausreichen dürfte, dass selbst bei einem Konjukturabschwung die drei Prozent nicht überschritten werden. – Dazu habe ich mich verpflichtet!

Ich habe Ihre Behauptung hiermit richtig gestellt.

Zum Zweiten: Herr Abgeordneter Trattner hat behauptet, ich sei der teuerste Abgeordnete Österreichs. Das ist falsch! Wahr ist vielmehr, dass ich der billigste Abgeordnete Österreichs bin. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber gut!) Ich habe, da ich 60 Jahre alt bin und 46 Beitragsjahre habe, selbstverständlich einen Pensionsanspruch. Ich bin in Pension gegangen (Abg. Ing. Westenthaler: Das kostet ja etwas!), und der Abgeordnetenbezug wird daher auf null gestellt. Wenn ich zu Hause bleibe, verdiene ich dasselbe. Die Republik Österreich erspart sich einen Abgeordnetenbezug durch meine Aktivität hier. Ich bin daher der kostengünstigste Abgeordnete. Sie sind viel, viel teurer und weniger effektiv! (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Haben Sie den Antrag erläutert? (Abg. Mag. Trattner: Nein!) Wird das ein anderer Redner der Freiheitlichen Partei machen? (Abg. Mag. Trattner: Ja!)  – Okay, gut.


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Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trattner wünscht eine persönliche Erwiderung auf die letzten Worte des Abgeordneten Edlinger "Sie sind weniger effektiv". Dies ist geschäftsordnungsmäßig zulässig. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.44

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Kollege Edlinger! Effektiv ist ein Abgeordneter dann, wenn er hier ist für ein Abgeordnetengehalt, das gesetzlich festgesetzt beziehungsweise zugesichert ist – und nicht dann, wenn er einen Doppelbezug hat, wie Sie ihn haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ich habe keinen Doppelbezug! – Abg. Dr. Kostelka: Blanke Unwahrheit! Das wissen Sie noch dazu! Das ist freiheitliche Politik: bewusste Unwahrheit!)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich wieder zu beruhigen! Sie wissen, dass persönliche Erwiderungen nur dann möglich sind, wenn in dem berichtigten Teil der Abgeordnete persönlich einbezogen wurde. Sie waren alle Zeugen, wie sich das abgespielt hat. Das ist also erledigt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schlögl. – Bitte.

10.45

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Vorerst einmal meine ich: Ich kann der Logik des Kollegen Trattner nicht folgen, denn es ist vom Abgeordneten Edlinger sehr klar und eindeutig gesagt worden, dass er nur einen Bezug hat, nämlich den Bezug als Pensionist, als ehemaliger Minister und Stadtrat. (Abg. Neudeck: Wie hoch ist dieser Bezug?) Das ist also nur ein Bezug. Er hat keinen Bezug als Nationalratsabgeordneter. Deshalb ist seine Argumentation eine richtige und Ihre Argumentation, Herr Abgeordneter Trattner, eine falsche. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ist das nur eine Mindestrente, die er bekommt?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass der Stil in diesem Hause so sein sollte, dass man zumindest Tatsachen auch als Tatsachen wertet und nicht absichtlich Unwahrheiten sagt. Ich bitte, diesen Stil auch in Zukunft einzuhalten. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt zum eigentlichen Thema, zur Getränkesteuer. Die Getränkesteuer war für viele Gemeinden in der Vergangenheit ein verlässlicher Grundpfeiler der Gemeindefinanzierung. Immerhin haben die Gemeinden und Städte Österreichs in den letzten Jahren fast 6 Milliarden Schilling an Einnahmen aus der Getränkesteuer gehabt. Damit konnten die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben der Gemeinden von ihnen auch in hervorragender Weise erfüllt werden.

Durch die vorliegende Regelung und durch den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes, der meiner Meinung nach vermeidbar gewesen wäre, ist es gelungen, diesen Grundpfeiler – sehenden Auges – ins Wanken zu bringen. Ich finde das schade, und ich glaube, dass das, was heute hier diskutiert wird und offensichtlich beschlossen werden soll, ein großer Fehler ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte wäre vermeidbar gewesen. Die heutige Debatte ist eine Debatte, die nur deswegen zustande gekommen ist, weil man nicht zeitgerecht Vorsorge getroffen hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer?)

Jeder der hier Anwesenden, egal, von welcher politischen Partei er ist, hat gewusst, dass der Europäische Gerichtshof die Getränkesteuer in der bisherigen Form aufheben wird. (Abg. Mag. Schweitzer: Seit wann?) Ob er sie zur Gänze oder nur zum Teil aufhebt, das war unsicher, aber dass er es tun wird, war jedem von uns in der einen oder anderen Form bewusst (Abg. Mag. Schweitzer: Seit wann schon?), und auch das Risiko war seit einigen Monaten, wenn nicht Jahren bekannt. (Abg. Mag. Schweitzer: Eben! Darum geht es nämlich!) Deswegen hätte man zeitgerecht Vorsorge treffen sollen.


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Es hätte, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine einfache Methode gegeben, um Vorsorge zu treffen, nämlich, indem man einfach eine Zweckbindung für die Getränkesteuer eingeführt und gesagt hätte: Die Einnahmen, die die Gemeinden aus der Getränkesteuer bekommen, binden wir für bestimmte Aufgaben, die die Gemeinden damit erfüllen können.

Es gibt eine Reihe von anderen Abgaben auf Gemeindeebene, die zweckgebunden sind, und das funktioniert sehr gut. Dieser Vorschlag ist von Finanzminister Edlinger im vergangenen Jahr gemacht worden. Dieser Vorschlag ist nicht nur ein Vorschlag von Edlinger und der Sozialdemokratie, sondern auch ein Vorschlag aller österreichischen Gemeinden gewesen. Aber dieser Vorschlag ist achtlos über Bord geworfen worden, es ist ihm nicht zugestimmt worden. Das ist meine Kritik an der Österreichischen Volkspartei: dass sie im vergangenen Jahr diese Zweckbindung nicht gemeinsam mit der Sozialdemokratie umgesetzt hat. (Abg. Böhacker: Der hätte nicht gehalten!)

Die hätte gehalten! Das muss ich hier eindeutig feststellen. Selbst vom Europäischen Gerichtshof sind Signale gekommen, dass die Zweckbindung ein gangbarer Kompromiss und eine gangbare Lösung gewesen wäre. Dass Sie von der ÖVP da nicht mitgegangen sind, werfe ich Ihnen vor, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ihr habt euch ein bisschen wie der Struwwelpeter verhalten, der sich auch immer gegen das Haare-Schneiden gesträubt hat. Ähnlich seid ihr vorgegangen: Ihr habt da die Interessen einer bestimmten Gruppe – einer Klientel der eigenen Partei – vertreten, aber nicht die Gesamtinteressen. Das finde ich schade!

Wir haben deshalb einfach die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes abgewartet. Das Resultat kennen wir alle. Finanzminister Grasser hat dann nichts Besseres vorgeschlagen, als dass die Gemeinden neue Vorschläge bringen sollen. Die Gemeinden haben Vorschläge gebracht, aber die Pläne der Gemeinden wurden vom Finanzminister einfach abgelehnt.

Gut. Das ist zur Kenntnis zu nehmen. Jetzt haben wir eine Ersatzlösung, mit welcher, wie ich behaupte – und Sie können meine Meinung dann widerlegen –, niemand zufrieden beziehungsweise glücklich ist und bei welcher es nur Verlierer gibt. Ob eine Lösung, mit der alle unzufrieden sind, eine vernünftige Lösung ist, stelle ich in Abrede. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Nur Gewinner kann es nicht geben!)

Das ist mir auch bewusst, so gescheit bin ich auch noch, dass ich weiß, dass es nicht immer nur Gewinner geben kann, aber wenn es nur Verlierer gibt, dann muss etwas falsch sein. (Abg. Böhacker: Wo sind denn die 1,4 Milliarden Schilling hingekommen?) Bei dieser Regelung gibt es aber nur Verlierer.

Verlierer sind die Brauereien, die Weinbauern, die Speiseeis-Erzeuger, die Kaffeeröstereien, die Tee-Importeure. Diese Branchen sind die Verlierer. Verlierer sind auch die Gastronomiebetriebe. Sie sind mit dieser Lösung auch nicht glücklich. Jeder Espresso kostet künftig mehr Geld.

Sie brauchen nur die Fachzeitschriften durchzulesen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Wieso nicht? Das ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Österreich. Ich bin sehr froh, dass es die Brauereien gibt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Wir auch!) Sie schaffen Arbeitsplätze und erzeugen gute Produkte. Warum soll man für die Brauereien nicht eintreten? Ich sehe keinen Grund dagegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie brauchen sich nur anzuschauen, was die Fachmagazine schreiben. Ich zitiere: "Kaffeehäuser in Gefahr." "Wer schlürft da am Kaffee?" "Die Steuerpläne von Schüssel und Grasser bringen Cafetiers in Rage." – Das stammt nicht von mir, sondern aus den entsprechenden Fachzeitschriften. (Abg. Böhacker: Au weh!)

Aber auch die Konsumenten sind die Verlierer. Preisnachlässe wird es nicht geben, sondern das Gegenteil wird der Fall sein: Die Preise werden steigen!


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Schlussendlich sind – und das ist klar, meine sehr geehrten Damen und Herren – die Gemeinden die Verlierer dieser Regelung. Sie werden künftig um mindestens ein bis eineinhalb Milliarden Schilling weniger bekommen, und damit ist, so glaube ich, die Grenze überschritten, bis zu der die Gemeinden auch in Zukunft all die Vorgaben des Stabilitätspaktes wirklich erfüllen können. Die Gemeinden werden meiner Meinung nach in Hinkunft zu den Maastricht-Kriterien nicht mehr das beitragen können, was sie bisher beigetragen haben, und das wird der Finanzminister auch zu spüren bekommen und wird wieder dazu beitragen, dass wir innerhalb der Europäischen Union heftig kritisiert werden. (Abg. Böhacker: Unterschätze nicht die Mitarbeiter des Finanzministers!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber hinaus finde ich es unseriös, dass am 4. April 2000 die Bundesregierung – Schüssel, Riess-Passer, Grasser, ohne jetzt Titel zu verwenden – zugesagt hat, dass die Gemeinden im heurigen Jahr zumindest eineinhalb Milliarden Schilling mehr bekommen werden, also so viel, wie sie im nächsten Jahr insgesamt bekommen werden. Diese Zusage ist gebrochen worden, und deshalb bringe ich – gemeinsam mit Freunden aus meiner Fraktion – einen


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Abänderungsantrag ein. Dieser Abänderungsantrag ist bereits in schriftlicher Form verteilt worden, daher erspare ich mir, ihn hier vorzulesen, Herr Präsident.

Dieser Antrag hat zum Ziel, dass die Gemeinden im heurigen Jahr das bekommen, was ihnen am 4. April 2000 von dieser Regierung zugesagt worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Herren Bürgermeister von der ÖVP, Auer, Mühlbachler, Platter, Kurzbauer! Ihr seid alle hervorragende Bürgermeister, ihr habt das notwendige Sachwissen. Ich akzeptiere und kann es auch zum Teil verstehen, dass ihr heute diese Lösung mittragen müsst. Das ist für euch eine schwierige Entscheidung, die ihr da zu treffen hattet. Ich akzeptiere das, aber ich glaube, dass ihr wenigstens den Mut aufbringen solltet, heute diesem Abänderungsantrag der Sozialdemokratie zuzustimmen, denn mit diesem Abänderungsantrag wird garantiert, dass die Gemeinden die versprochenen eineinhalb Milliarden Schilling im heurigen Jahr noch bekommen. (Abg. Zweytick: Woher denn?) Ich glaube, dass das sehr wichtig und notwendig ist, denn das ist eine Zusage, die gegeben worden ist, und Zusagen sollte man, wenn es irgendwie möglich ist, auch halten. (Beifall bei der SPÖ.)

Jeder von uns weiß ja, dass in dieser Republik ohne Investitionen der Gemeinden nichts läuft. Fast zwei Drittel aller Investitionen, die in dieser Republik getätigt werden, werden von den Gemeinden getätigt, und je mehr man die Gemeindefinanzen aushöhlt, desto schwieriger wird es für die Gemeinden, Investitionen zu tätigen. Daher sind diese 1,5 Milliarden Schilling so wichtig, und deshalb richte ich an die Bürgermeister, an die Gemeindemandatare der Österreichischen Volkspartei, aber auch der Freiheitlichen Partei folgenden Appell: Unterstützt diesen Antrag der Sozialdemokratie! Er ist, wie ich glaube, sehr wichtig.

Ich möchte nun mit einem Wort des bereits viel zitierten Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, schließen. Er sagt in einem Zeitungsartikel im "Kommunal" Folgendes: "Das Match ist noch nicht entschieden. Erst nach der Abstimmung im Parlament werden wir wissen, wer auf der Seite der Gemeinden steht."

Ich bitte euch: Steht wenigstens bei diesem Abänderungsantrag auf der Seite der Gemeinden! (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, auf den sich Herr Abgeordneter Mag. Schlögl bezogen und den er inhaltlich kurz erläutert hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden, wird vervielfältigt und steht mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schlögl, Dr. Heindl, Edlinger, Gaßner, Pendl, Kaipel, Reheis, Dobnigg und GenossInnen

betreffend den Bericht des Finanzausschusses (101 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (87 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel IX lautet die Z 1:

"1. In § 4 wird der Ausdruck ,8,3 vH‘ durch den Ausdruck ,8,0 vH‘ ersetzt."

2. In Artikel IX lautet die Z 3:

"3. Im § 8 Abs. 1 werden die Zeilen

,Umsatzsteuer 69,05218,57712,371‘

,Biersteuer 38,601 3,88727,512‘

,Alkoholsteuer 38,60133,88727,512‘

durch die Zeilen

,Umsatzsteuer 67,98818,50113,511‘

,Biersteuer 49,27927,99422,727‘

,Alkoholsteuer 47,37229,04623,582‘

ersetzt."

3. In Artikel IX lautet die Z 4:

"4. Im § 8 Abs. 6 lautet die Z 5:

,5. Bei der Umsatzsteuer auf die Länder

a) zuerst 0,949 vH des Aufkommens an der Umsatzsteuer nach Abzug des in § 7 Abs. 2 Z 2 genannten Betrages in folgendem Verhältnis:

Burgenland 2,572 vH

Kärnten 6,897 vH

Niederösterreich 14,451 vH

Oberösterreich 13,692 vH

Salzburg 6,429 vH

Steiermark 12,884 vH

Tirol 7,982 vH


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Vorarlberg 3,717 vH

Wien 31,376 vH,

b) die verbleibenden Anteile nach der Volkszahl.‘"

4. In Artikel IX lautet die Z 5:

"5. Nach dem § 8 Abs. 6 Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

,5a. bei der Umsatzsteuer auf die Gemeinden

a) 35,694 vH nach der Volkszahl,

b) 45,592 vH nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel,

c) 9,905 vH in folgendem Verhältnis:

Burgenland 1,583 vH

Kärnten 5,247 vH

Niederösterreich 15,004 vH

Oberösterreich 16,318 vH

Salzburg 9,326 vH

Steiermark 9,657 vH

Tirol 9,021 vH

Vorarlberg 6,428 vH

Wien 27,416 vH

d) 8,809 vH als Getränkesteuerausgleich in folgendem Verhältnis:

Burgenland 2,505 vH

Kärnten 8,496 vH

Niederösterreich 15,185 vH

Oberösterreich 14,587 vH

Salzburg 9,426 vH

Steiermark 13,086 vH

Tirol 14,512 vH

Vorarlberg 4,811 vH

Wien 17,392 vH‘"

5. In Artikel IX lautet die Z 7:

"7. In § 10 Abs. 1 zweiter Satz wird der Ausdruck ,13,5 vH‘ durch den Ausdruck ,13,0 vH‘ ersetzt."

6. In Artikel IX lautet die Z 8:


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"8. § 10 Abs. 2 lautet:

,(2) Die restlichen 87,0 vH sind vorerst länderweise nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel insgesamt um einen jährlichen Betrag in Höhe von 102,30 S vervielfacht mit der Volkszahl zu kürzen und länderweise nach dem Verhältnis der Volkszahl insgesamt um diesen Betrag wiederum zu erhöhen. Diese Mittel sind an die Länder zu überweisen und – außer in Wien – von diesen als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben an die einzelnen Gemeinden nach folgendem Schlüssel aufzuteilen:

1. Jene Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreicht hat, erhalten 30 vH des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft.

2. Jede Gemeinde erhält jährlich 102,30 S je Einwohner.

3. Die Anteile aus dem Getränkesteuerausgleich werden im Verhältnis der Erträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 verteilt.

4. Die restlichen Ertragsanteile sind nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§ 8 Abs. 8 dritter und vierter Satz) auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen.‘"

7. In Artikel IX lautet die Z 14:

"14. In § 21 Abs. 1 erster Satz wird der Ausdruck ,1,34 vH‘ durch den Ausdruck ,1,30 vH‘ ersetzt."

8. In Artikel IX lautet die Z 15:

"15. Nach dem § 23 wird folgender § 23a eingefügt:

,§23a. (1) § 4, § 8 Abs. 1 und Abs. 6 Z 5 und 5a, § 10 Abs. 1 und 2 sowie § 21 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten mit 1. Jänner 2000 in Kraft.

(2) § 14 Abs. 1 Z 8 und § 15 Abs. 3 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten mit 9. März 2000 in Kraft.

(3) § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 7a, § 14 Abs. 2 und § 15 Abs. 3 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten mit 1. Juni 2000 in Kraft.

(4) Die Leistung der Vorschüsse auf die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden an der Biersteuer und Alkoholsteuer ist mit September 2000, jene der Vorschüsse auf die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden an der Umsatzsteuer ehestmöglich entsprechend umzustellen.

(5) Bei der Leistung der Vorschüsse auf die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden gemäß § 11 sind die Erträge an der Umsatzsteuer, Biersteuer und Alkoholsteuer in den Monaten Jänner bis August 2000 gemäß den Aufteilungsschlüsseln dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. xxx/2000 zu teilen. Für die Vorschüsse in den Monaten September bis Dezember 2000 gilt Folgendes:

1. Die Hundertsatzverhältnisse für die Verteilung lauten:

Umsatzsteuer 67,42318,34114,236

Biersteuer 58,18723,07718,736

Alkoholsteuer 55,61524,49719,888

2. Die länderweise Verteilung der Anteile der Gemeinden erfolgt bei der Umsatzsteuer zu 33,581 vH nach der Volkszahl, zu 42,893 vH nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel, zu 9,319 vH nach dem in § 8 Abs. 6 Z 5a lit.c genannten Verhältnis und zu 14,207 vH als Getränkesteuerausgleich nach dem in § 8 Abs. 6 Z 5a lit d genannten Verhältnis.


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3. Von den Ertragsanteilen der Gemeinden sind gemäß § 10 Abs. 1 zweiter Satz 12,7 vH auszuscheiden und die restlichen 87,3 vH gemäß § 10 Abs. 2 zu verteilen.‘"

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch Folgendes klarstellen: Es gibt auch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Dr. Stummvoll. Dieser wurde aber noch nicht offiziell eingebracht, obwohl ich ihn auch zur Verteilung freigegeben habe. Abgeordneter Dr. Feurstein hat jetzt noch als zusätzlicher Antragssteller diesen Antrag unterzeichnet. Daher wird er dann, wenn er jetzt offiziell von der Freiheitlichen Partei eingebracht werden wird, ein Antrag Böhacker, Stummvoll, Feurstein sein, auch wenn das Exemplar, das als Arbeitsbehelf zirkulieren wird, den Namen Feurstein nicht enthält. Aber zum Zeitpunkt der offiziellen Einbringung wird Herr Dr. Feurstein schon unterschrieben haben. Das wollte ich Ihnen sagen, nur damit keine Missverständnisse entstehen.

Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Finz. – Bitte.

10.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Heindl hat in seinen Ausführungen dargelegt – und diese seine Aussagen wurden von anderen Abgeordneten wiederholt –, dass die neue Getränkesteuerlösung eine Steuererhöhung bedeutet. – Diese Aussage ist aus der Sicht des Finanzministeriums nicht richtig.

Das Getränkesteueraufkommen betrug bisher 5,6 Milliarden Schilling und wird sich in Hinkunft infolge der kombinierten Lösung auf nur mehr 4,2 Milliarden Schilling belaufen. Das bedeutet eine Verminderung beziehungsweise eine Entlastung um 1,4 Milliarden Schilling. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde richtigerweise gesagt, es komme auf die Entlastung an. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die alte Getränkesteuer zu großen Teilen der Konsument getragen hat, denn sonst wären die Klagen, die immer wieder gelautet haben, dass es überhöhte Preise unter anderem oder hauptsächlich wegen der Getränkesteuer gibt, unverständlich gewesen. Ich stelle also fest: Es muss sie der Konsument getragen haben. (Abg. Edlinger: Das war ja falsch!)

Ich erwarte mir daher aber, dass die nunmehrige Verbilligung von 1,4 Milliarden Schilling auch an den Konsumenten weitergegeben wird. Dafür sind einige eindeutige Beweise schon vorhanden, siehe Handel! Der Handel hat sie weitergegeben. Ich kann Ihnen gerne einen Getränkeführer aus Wien zeigen, aus welchem hervorgeht, dass auch die Wirte die Verbilligung weitergegeben haben. Also so ist es nicht, wie von manchen behauptet wird.

Herr Abgeordneter Heindl hat gesagt, der Städtebund wäre an den Verhandlungen nicht beteiligt gewesen. Ich zitiere einen Vertreter des Städtebundes aus den eigenen Zeitschriften – das EU-Erkenntnis kam am 9. März 2000 –, und darin steht – ich zitiere wörtlich –:

"Es wurde auch umgehend reagiert: Nach einem ersten ,Gipfel‘ im Finanzministerium noch am 9. März" – also noch am selben Tage! – "fanden am 10. März erste Gespräche im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und anschließend im Finanzministerium statt, am 15. März folgte ein erster politischer Schlagabtausch beim Bundesminister für Finanzen, am 28. März ein zweiter, mit intensiven Gesprächen auf Beamtenebene zwischendurch." – Zitatende.

Also woran war der Städtebund nicht beteiligt? Gemeindebund und Städtebund waren von Haus aus in diese Gespräche eingebunden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde gesagt, durch die Neuregelung würden Wettbewerbsverzerrungen eintreten. Das ist richtig! Wir haben es nämlich bewusst so gemacht! Wir wollten ein Signal setzen und haben die nichtalkoholischen Getränke von der neuen Regelung ausgenommen. Es soll nicht mehr den


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Vorwand geben können, dass ein Jugendlicher in der Disco sagt, er müsse zum Bier greifen, weil ihm das Coca Cola zu teuer ist. Dadurch ist es zu Neuregelungen gekommen. (Abg. Mag. Gaßner: Was ist mit Tee und Kaffee?)

Selbstverständlich war die alte Getränkesteuer ein Eckpfeiler in der Finanzierung der Gemeinden, aber das war von Haus aus außer Streit gestellt. Daher haben wir noch am selben Tag, an welchem das EU-Erkenntnis vorlag, mit neuen Verhandlungen begonnen, wobei aber von allen betroffenen Gruppen, auch von jenen aus dem Bereich der Wirtschaft, außer Streit gestellt wurde, dass eine Ersatzlösung kommen muss.

Es wurde ferner die Werbeabgabe kritisiert: dass es unterschiedliche Regelungen und Steuertatbestände gibt, auch etwa im Hinblick darauf, dass Flugblätter verteilt werden. – Es gab von Haus aus die Vorgabe, dass keine Erweiterung des Steuergegenstandes eintreten soll. An diese politische Vorgabe, an diesen Wunsch haben wir uns gehalten. Also ging es nur darum, das bestehende Aufkommen in einer neuen Form zu sichern. Ich denke, in diesem Sinne ist es eine gute Lösung. Außerdem werden wir im Wege von Steuererlässen noch begriffliche Klarstellungen vornehmen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Von Herrn Abgeordnetem Kogler wurden die NATO-Befreiungen kritisiert. – Die NATO-Befreiung ist nur eine Umsetzung von EU-Regelungen. Wir sind also dazu verpflichtet.

Herr Abgeordneter Edlinger hat die Auswirkungen auf die Gemeinden beklagt. – Das ist richtig, es gibt Auswirkungen auf die Gemeinden, und zwar folgende: Es tritt eine Verwaltungsentlastung für die Gemeinden ein, weil jetzt der Bund die Steuereinhebung macht, nicht mehr die Gemeinden. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Es findet eine Entbürokratisierung statt. Der Bund verzichtet bei seinem Aufkommen auf 300 Millionen Schilling, weil er jetzt ein Aufkommen von 4,5 Milliarden Schilling garantiert hat. Bisher war das Aufkommen sinkend. Weil eine EU-Rechtswidrigkeit schon lange befürchtet wurde, gab es sehr viele Einsprüche – bis hin zu Zahlungsverweigerungen. Es war bei der Getränkesteuer eine sinkende Zahlungsmoral festzustellen.

Jetzt gibt es ein gesichertes Aufkommen. Außerdem sind die Gemeinden, so wie alle selbstverständlich, eingeladen, mögliche Einsparungspotentiale zu nützen. Mögliche Einsparungspotentiale gibt es zum Beispiel im gemeinsamen Einkauf oder bei der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktureinrichtungen.

Herr Abgeordneter Edlinger hat beklagt, dass es einen Wortbruch bezüglich des Jahres 2000 gibt und dass da etwas zugesichert worden wäre. – Es wurde keine konkrete Regelung für das Jahr 2000 getroffen, sondern nur das jährliche Steueraufkommen für das Jahr ... (Abg. Edlinger: Selbst Herr Mödlhammer wirft Ihnen das vor!) Ich habe darüber auch mit ihm gesprochen und das klargestellt. Ich stelle es jetzt richtig: Es wurde ein Abkommen über 4,5 Milliarden Schilling für die Gemeinden sichergestellt. (Abg. Edlinger: Sieben Zwölftel!) Die Übergangsregelung wurde überhaupt nicht besprochen, nur wurde danach mit sieben Zwölfteln eine aliquote Abgeltung abgeleitet; beziehungsweise wir haben gesagt: da es eine stufenweise Einführung ist, nach dem tatsächlichen Steueraufkommen, weil die einzelnen Bestimmungen nicht zur gleichen Zeit in Kraft treten.

Herr Abgeordneter Edlinger, Sie haben auch den letzten ECOFIN zitiert. – Beim ECOFIN wurde eindeutig klargestellt, dass die neue Regierung massive Anstrengungen setzt, das Budget zu sanieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Der ECOFIN hat auch klargestellt, dass beim Gesamt-Schuldenaufkommen in Österreich seit 1997 nicht nur keine Verbesserung eingetreten ist – wir sind heute noch immer nicht unter der 60-Prozent-Regel, die für den Euro-Eintritt notwendig war –, sondern sogar eine Verschlechterung vom Jahre 1998 auf 1999 eingetreten ist. (Abg. Dr. Pumberger: Wer war da der Finanzminister?) Das ist das Hauptärgernis in der EU, dass trotz eines massiven Steuerpakets im Jahre 1997 – als praktisch 100 Milliarden Schilling von den Staatsbürgern hereingebracht wurden, hauptsächlich auf der Einnahmenseite –, dass trotz dieser Einkommensverbesserung keine Nachhaltigkeit beim Schuldenabbau entstanden ist. Das ist der Hauptvorwurf, den wir von der EU erhalten.


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Es wurde zitiert, die Gemeinden hätten gemeinsam mit dem Städtebund einen Vorschlag gebracht, wonach eine Zweckbindung vorgesehen war. – Dieser Lösung konnte man aus unserer Sicht deshalb nicht nachkommen, weil sie einen enorm hohen Verfahrensaufwand ausgelöst hätte. Von den 5,6 Milliarden Schilling, die an Steuer hereingebracht worden wären, wäre ein Verwaltungsaufwand in Höhe von 1,2 Milliarden Schilling nötig gewesen. Das ist eine Lösung, die für uns nicht tragbar ist. Die vorgeschlagene, heute zur Diskussion stehende Lösung baut auf bestehenden Einhebungsverfahren auf und ist daher äußerst verwaltungsfreundlich.

Im Übrigen lehnen wir das auch aus budgettechnischen Gründen ab. Auch in der Literatur ist nachzulesen, dass Zweckbindungen nach Möglichkeit völlig abzuschaffen sind.

Ich fasse daher zusammen: Mit der neuen Lösung werden eindeutige Akzente in Richtung einer Verbilligung gesetzt, die dem Konsumenten zugute kommen soll. Damit werden aber auch eindeutige Signale in Richtung Jugend gesetzt, weil nicht-alkoholische Getränke billiger werden. Und man baut letztlich darauf, dass die Gemeinden ein sicheres Steueraufkommen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.05

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Verehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Dr. Finz hat soeben in dankenswerter Sachlichkeit die Entwicklung der politischen Diskussion um die Ersatzlösung der Getränkesteuer dargestellt. Ich darf mich daher um die politischen Momente kümmern.

Darauf eingehend, muss ich – das fällt mir schwer, weil ich an und für sich eine sehr korrekte und angenehme persönliche Zusammenarbeit mit ihnen habe – den Rednern der sozialdemokratischen Fraktion entgegenhalten, dass alle Reden von Kollegen Heindl, von Kollegen Edlinger, von Kollegen Schlögl und – das nehme ich an, wenn er hier so spricht, wie er sich im Ausschuss artikuliert hat – von Kollegen Gaßner eher von Realitätsverweigerung und Ideologieumkehr geprägt sind, obwohl sie Hauptverursacher der Problemstellung dieser alten Getränkesteuerregelung waren. Ich möchte Ihnen das sehr sachlich ... (Abg. Gradwohl: Das schlägt dem Fass den Boden aus!) Kollege, ich möchte Ihnen das sehr sachlich erklären. Sie können ja dann in die Diskussion eintreten.


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(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Getränkesteuer konnte jahrzehntelang aus einem Beharren heraus nicht geändert werden, obwohl sie den Eingangsintentionen überhaupt nicht mehr gerecht wurde. Die großen Profiteure – das heißt, finanzstarke Gemeinden – haben mit allen Mitteln versucht, den Steuerreduktionsprozess zu verhindern, der mit einer gerechten Verteilung des Aufkommens nach den neuen Handels- und Konsumgewohnheiten jahrzehntelang überfällig war. Dazu gehören auch sozialdemokratisch geführte Städte und größere Gemeinden. Das ist ein Faktum.

Es ist offenkundig, dass in den zwei Bereichen, die davon betroffen waren – im Bereich von Getränken, die in der Gastronomie verabreicht werden, und im Bereich des Handels –, völlig unterschiedliche Entwicklungen festzustellen sind. Wir haben in der Gastronomie nicht jene Veränderung von Strukturen, die es im Handel gegeben hat. Diese veränderten Strukturen im Handel, mit Großeinkaufsmärkten in den zentralen Orten, hatten dazu geführt, dass viele finanzschwache Gemeinden aus diesem Bereich der Getränkesteuer überhaupt kein Aufkommen mehr hatten. Hingegen sind zentrale Orte – ich denke da etwa nur an die "Shopping City Süd", Wiener Neudorf, die finanzstärkste Gemeinde überhaupt in Österreich – die Hauptprofiteure eines überregionalen Einkaufs und damit von Konsumsteuern und Verbrauchsabgaben von Bürgern aus den finanzschwächsten Gemeinden.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Was Sie während der gesamten Budgetdebatte hier auszudrücken versuchen – dass die Regierung eine Umverteilung von unten nach oben mache –, das haben Sie jahrzehntelang mit der Getränkesteuer – nicht hinsichtlich des Individuums, aber für die Kommunen, und zwar die reichsten dieses Landes – vollinhaltlich gemacht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist auch Ihr politisches und ideologisches Problem, dass Sie nicht mehr eine Gesinnungs-Sozialpolitik betreiben, sondern eine nach dem Wählerverhalten. Dort, wo Sie sich von der Sozialpolitik Wahlerfolge erwarten, sind Sie sozial – dort aber, wo Ihre Interessen auf dem Spiel stehen, können Sie durchaus auch auf der Seite des Kapitals oder der Reichen stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kollege Gaßner – Sie können es ja hier widerlegen –, Sie haben im Ausschuss gesagt: Sie möchten, dass das bisherige Pro-Kopf-Aufkommen in den neuen Zuteilungen zementiert bleibt. – Ich persönlich spreche mich dafür aus, dass wir in der Getränkesteuer auf Grund der völlig veränderten Einkaufsgewohnheiten, die wir haben, irgendwann einmal – wenn die Übergangszeiten für die Gemeinden, auch für die reichen Gemeinden, verkraftbar sind – zu einer gleichen Kopfquote kommen, zumindest aus den bisherigen Teilen, die aus der handelsbezogenen Getränkesteuer gekommen sind. Sie haben gesagt, Sie möchten das nicht – ja, weil Sie selbstverständlich dort, wo Ihre Interessen liegen, für die höheren Erträge und für die finanzstarken Gemeinden sprechen.

Abschließend möchte ich dazu nur ein Beispiel bringen, das ich in meiner Nachbarschaft erlebe: zwei sozialdemokratisch geführte Gemeinden in der Nachbarschaft, eine davon eine Bezirkstadt mit 10 000 Einwohnern, dorthin fließt die Kaufkraft im Getränkebereich des gesamten politischen Bezirkes; daneben eine sozialdemokratisch geführte Gemeinde mit weniger als 1 000 Einwohnern, in der sich kein einziges Geschäft mehr befindet. Das Ergebnis besteht darin, dass der eine Bürgermeister – beide sind aus der gleichen Fraktion – alle Verbrauchssteuern seiner Gemeindebürger sozusagen zu seinem Nachbarn abliefert, der eine viel höhere Finanzkraft hat und viele andere Möglichkeiten hätte, seine kommunalen Aufgaben zu finanzieren.

Dieser Schritt kann sicherlich nur die Einleitung einer Entwicklung sein, mit der wir im Finanzausgleich nicht nur den abgestuften Bevölkerungsschlüssel in Frage stellen, weil er überhaupt nicht mehr den Nachkriegsbedingungen gerecht wird (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), sondern dazu gehört auch, in Bezug auf das Verbrauchssteuer-Aufkommen eine Politik zu machen, in der einigermaßen gerecht nach den Strukturentwicklungen, die wir in dieser Republik haben, vorgegangen wird.

Sie haben überhaupt noch nicht bewertet, was es im Bereich von Verbrauchssteuern bedeutet, in grenznahen Bereichen des Binnenmarktes wirtschaften zu müssen, wenn dort überhaupt keine Einkaufsmöglichkeit mehr in Österreich besteht, weil es schon einen Kilometer jenseits der nicht mehr existierenden Binnenmarktgrenze möglich ist, um 20, 30 oder 40 Prozent billiger einzukaufen.

Frau Kollegin Lichtenberger von den Grünen ging überhaupt so weit, dass sie Gegenteiliges zur Positiv-Wirkung behauptet hat. Mit der Anhebung der Alkoholsteuer werden nicht die Qualitätsprodukte teurer und der Fusel billiger, sondern gerade umgekehrt. Beim Qualitätsprodukt – bei Obstbränden und in anderen Bereichen – ist heute so viel an Dienstleistung und Handarbeit nötig, dass die Getränkesteuer darauf nicht Rücksicht genommen hat. Mit der Alkoholabgabe, die auf den konzentrierten Anteil von Alkohol abzielt, werden aber Produkte besteuert, die hoch alkoholisch sind – von mir aus von minderer Qualität, aber ich nehme das Wort "Fusel" nicht in den Mund –, und zwar wesentlich höher, als das bei der Getränkesteuer der Fall war.

Kommen wir daher bitte zurück zur Sachlichkeit! Bemühen wir uns auch im Sinne von Steuergerechtigkeit, im Bereich von Verbrauchssteuern die Steuern dort zu belassen, wo die Bürger, die sie bezahlen, tatsächlich etwas davon haben. Die Verbrauchssteuern von Einkäufern aus kleinen Gemeinden in die reichsten Gemeinden zu verlagern, die damit auch viele Luxusausgaben tätigen können, und in Kleingemeinden nicht einmal die Finanzierungsgrundlage für die lebensnotwendige Infrastruktur zu belassen – das ist Ihre Ideologieumkehr und gehört zu dem, was Sie zu den sonstigen Fragen der Regierungsarbeit hier in den letzten Tagen behauptet haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.13


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26. Sitzung / Seite 41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn
: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.13

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Werte Konsumentinnen und Konsumenten auf der Zuschauergalerie! Kein anderes Thema ist so konkret, und kein anderes Thema wirft ein Schlaglicht so prinzipiell auf eine Problematik wie die Getränkesteuer. Konkret geht es um das, was jeder Mensch braucht. Wasser ist glücklicherweise noch nicht besteuert – auch ein Getränk. Im Prinzip geht es um eine Gesamtfinanzierung von verschiedenen Körperschaften, seien es Gemeinden, Länder oder Bund.

Für mich ist die Diskussion über die Getränkesteuer deshalb auch ein Angelpunkt, um die Diskussion über die Finanzverteilung zwischen den Körperschaften einmal kritischer zu hinterfragen. Ich war sehr erstaunt über die Vorfeld-Diskussionen in der so genannten Bürgermeisterpartei, in der so genannten Wirtschaftspartei; ich könnte auch sagen: in der so genannten Landeshauptleutepartei, der ÖVP. Die ÖVP deckt ja zwei Körperschaften – jetzt sind es sogar drei – regierungsmäßig ziemlich mehrheitlich ab: Die ÖVP stellt viele Bürgermeister, die ÖVP stellt viele Landeshauptleute. Die ÖVP stellt jetzt auch den – unter Anführungszeichen – "Juniorpartner", aber den Kanzler in der Bundesregierung.

Jetzt schafft es diese Partei, die in all diesen drei Körperschaften am Zug ist, am Hebel ist, nicht, eine wirklich sinnvolle Gesamtlösung für das Problem der Aufteilung der Finanzspielräume ... (Abg. Auer: Was wäre Ihre sinnvolle Lösung?) Ja, ich habe dann Vorschläge, Herr Bürgermeister Auer, Herr Nationalratsabgeordneter Auer, leider nicht Herr Landeshauptmann Auer! (Abg. Auer: Frau Kollegin, legen Sie diese vor!) Ich komme gleich auf die konkreten Vorschläge zu sprechen. Ich möchte aber zuerst die Problematik aufrollen. (Abg. Auer: Aber konkret!)

Für mich war sehr bezeichnend beziehungsweise erhellend, die Pirouetten zu beobachten, die Herr Kollege Stummvoll gedreht hat, und andererseits die Argumentationsnotstände zu erleben, in denen Herr Bürgermeister Mühlbachler aus Freistadt steht. Aus beiden sprach viel Hängen und Würgen, womit diese Krücke – als mehr kann man das nicht bezeichnen – hier jetzt beschlossen werden soll. (Abg. Dr. Spindelegger: Bei Kompromissen immer so!)

Es war für mich auch sehr bezeichnend, dass ein in der Finanzwelt durchaus mit einem sehr guten Renommee versehener Herr Staatssekretär hier seine punktuellen Signale mit drei Elementen setzt. Ich ergänze das: Sie haben zwei Signale genannt, und ich sage, Sie haben sogar noch ein drittes ausgesandt.

Ihr erstes Signal erfolgte in Richtung Verbilligung, dieses Signal, mit dem Wiener – wie heißt der? – Getränke-, Einkaufs- oder sonstigen Wirteführer in der Hand konsumieren zu gehen. Darauf bin ich neugierig; die Verbilligungssignale sind Sie mir, bitte, noch schuldig! Ich glaube, es ist nicht zumutbar, dass sich die Herrschaften von ÖVP, SPÖ, Grünen und so weiter, auch von der FPÖ, mit einem Wirtshausführer von Wien mühsam das günstigste Lokal aussuchen, in dem sich die Getränkesteuer-Reduktion auf der Speisekarte und beim Zahlen wirklich manifestiert. Was das erste Signal betrifft, bin ich also neugierig, ob es sich einstellen wird.

Das zweite Signal hinsichtlich der Jugend nehme ich Ihnen ab. Keine Frage, alkoholfreie Getränke können jetzt endlich deutlich billiger sein, wenn die Wirte wirklich rigoros ans Werk gehen. Da bin ich neugierig, ob die Wirte so sehr an die Jugend denken und weniger an ihre Einkünfte, oder ob die traditionelle Verhaltensweise – zuerst kommt das eigene Börsel, und dann vielleicht die Jugend – doch wieder durchschlägt. (Beifall bei den Grünen.)

Das dritte Signal, das Sie nicht explizit, aber durch Ihre Darlegungen implizit ausgesandt haben, war das Signal Entbürokratisierung. Wenn gemäß dieser Behelfslösung die Getränkesteuer jetzt vom Bund und nicht von den Gemeinden eingehoben wird, nützt das zwar ein bisschen den Gemeinden, ist aber meiner Ansicht nach noch kein Signal in Richtung Entbürokratisierung.


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Darum nehme ich Ihre drei Signale nicht ganz so ernst. Jenes für die Jugend wird sich vielleicht noch zeigen; die anderen sind für mich nicht so deutlich erkennbar. Darum muss ich behaupten: Auch Sie, Herr Staatssekretär Finz, stehen genauso wie Kollege Stummvoll und Kollege Mühlbachler in Argumentationsnotstand und müssen hier Lücken büßen beziehungsweise ein Flickwerk anstellen und eine Krücke fabrizieren, die Ihnen persönlich wahrscheinlich selbst dreimal den Magen umdreht – egal, ob Sie etwas getrunken haben oder nicht. – Das sei jetzt einmal nur als Vermutung in den Raum gestellt.

Nun zum Bereich Wurzel-Vorschlag – wie anders, da uns ja immer vorgeworfen wird, dass wir kritisieren! Auch Kollege Auer, der jetzt sozusagen in Gesprächen intern beschäftigt ist, wirft einem ja vor, man habe keinen anderen, keinen besseren, keinen alternativen Vorschlag. – Kollege Kogler und ich haben Verschiedenes bereits angesprochen. (Abg. Auer: Welche?) Ich wiederhole: Wesentlich ist meiner Ansicht nach nicht die Getränkesteuer-Neu als Zweckbindung, weil ich zugebe, dass die Zweckbindung immer eine Frage der wenigen Manövrierbarkeit beziehungsweise auch des bürokratischen Elements ist. Ich gebe auch zu, dass sich in einer IFES-Umfrage 82 Prozent der angesprochenen Gemeinden für eine Zweckwidmung ausgesprochen haben.

Die Wurzel des Problems liegt aber im Finanzausgleich. Da ist es unser Vorschlag, dass man endlich den einzelnen kleineren Körperschaften, auch den ländlichen und den städtischen Gemeinden, einen entsprechenden Anteil am Steueraufkommen zukommen lässt. Ich nenne jetzt das Beispiel, die Landesumlage wirklich einmal aufs Intensivste zu hinterfragen. (Abg. Auer: Die hilft wieder den reichen Gemeinden!) Teilweise, etwa in Niederösterreich, gibt es sie nicht mehr; in Oberösterreich beträgt sie 10 Prozent.

Aber trotzdem wissen Sie genau, Herr Kollege Auer: Wenn Sie zu Landeshauptmann Pühringer gehen und ein Anliegen haben, dann können Sie als ÖVP-Bürgermeister hoffentlich darauf vertrauen, dass er seine Schublade öffnet, von diesem Tausender-Packerl ein paar herausnimmt und Ihnen vielleicht mitgibt. (Abg. Auer: So geht’s mir sehr oft! Aber auch beim Hochmair!) Ja, bitte, aber das ist ein System des Feudalismus, und in diesem System des Feudalismus stehen sehr viele kleine Gemeinden!

Herr Staatssekretär! Es ist auch Ihre Aufgabe, im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich dieses feudale Verhältnis zwischen Gemeinden und Ländern zu lösen und den Gemeinden sowie auch den Städten den ihnen zustehenden Beitrag direkt aus der Bundeskasse zuzuweisen. (Beifall bei den Grünen.)

Es muss doch am Beginn des 21. Jahrhunderts mit diesem Wettlauf der Bürgermeister zu den Gemeindereferenten oder zu den Landeshauptleuten endlich Schluss sein! Holen Sie sich den aufrechten Gang, indem Sie sich den aufrechten Anteil an Ihren Bundesertragsanteilen im Zuge des Finanzausgleichs sichern!

Ich bin mir selbstverständlich darüber im Klaren, dass das Problem in der Besetzung des Finanzausgleichs liegt. Dort sitzen neun Landesreferenten, aber nur ein Vertreter des Städtebundes und ein Vertreter des Gemeindebundes. Dieses Ungleichgewicht, schon rein zahlenmäßig, sollte beseitigt werden. Machen Sie klipp und klar eine Geschäftsordnung, ein Statut für die Runde der Finanzausgleichsverhandler! Holen Sie sich von mir aus als Bundessprecher, als Repräsentanten der Bundesfinanzen noch zwei oder drei andere Repräsentanten und Teilnehmer, damit wirklich sozusagen Parität existiert! Wir wollen nicht nur Paritätische Kommissionen im Rahmen der Sozialpartnerschaft, wir wollen endlich auch Parität bei den Finanzverhandlungen.

Es ist doch nicht einzusehen, dass sozusagen die kleineren Bevölkerungselemente wie die Gemeinden oder auch die Länder – die Länder weniger, eher die Gemeinden – immer wieder durch die Finger schauen. Da ist auf jeden Fall Handlungsnotstand gegeben. Sie wissen ja, dass die Finanzausgleichsverhandlungen schon laufen, allerdings jenseits einer Strukturreform. Bitte nehmen Sie gerade die punktuelle Diskussion über die Getränkesteuer zum Anlass, die Strukturreform im Finanzausgleich anzugehen! Dann können Sie manches auf eine neue Ebene heben, und dann ersparen Sie sich diese mickrigen Diskussionen, in denen sich Dis


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kussionsteilnehmer gegen ihre ureigenen Interessen mehr oder weniger das Wort im Mund umdrehen müssen.

Unser Vorschlag heißt prinzipiell: Demokratisierung des Finanzausgleichs. Unser Vorschlag wird auch noch in Richtung Ökologisierung des Finanzausgleichs dargelegt werden. Unser Vorschlag steht für ein modernes, neues, in dem Sinn wirklich EU-konformes Steuersystem, wofür viele und sinnvolle Harmonisierungen notwendig sind. Unsere Vorschläge gehen nicht sozusagen auf Kosten der kleinen KonsumentInnen beziehungsweise der kleinen VerbraucherInnen oder auch der kleinen Gemeinden. Unsere Vorschläge haben insgesamt einen großen Übertitel, und der heißt einfach "ökosoziale Steuerreform". (Beifall bei den Grünen.)

11.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

11.23

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker, Stummvoll ein, und zwar zum Umsatzsteuergesetz.

Die geänderten Formulierungen dienen zunächst einer Klarstellung, und zwar bezüglich Konditoreien und Bäckereien. Die Konditorwaren beziehungsweise Backwaren, die vor Ort verzehrt werden, unterliegen einem Steuersatz von 14 Prozent, die anderen hingegen, die mitgenommen werden, einem Satz von 10 Prozent.

Weiters geht es um eine Bereinigung im Gebührengesetz. Durch diese Änderung im Gebührengesetz sollte wieder der ursprüngliche Zustand vor der Novelle im Zuge der Steuerreform 2000 wiederhergestellt werden: dass wieder Gebührenfreiheit herrscht, wenn einer der Vertragsteilnehmer seinen Sitz im Ausland hat. (Abg. Edlinger: Wär’ klass! Spekulantenfreiheit!) Nein, das hat nichts mit Spekulanten zu tun, sondern sie sind bisher auch ausgewichen – das wissen Sie ganz genau –, mit Treuhandverträgen, mit Rechtsanwälten und dergleichen mehr. Diese haben eine Menge Geld verdient, das Gebührenaufkommen aus diesem Titel war also gering. Sie waren mit dieser Situation selbst konfrontiert, Herr Finanzminister Edlinger.

Etwas noch, Herr Alt-Finanzminister, zur Effizienz: Sie haben einmal einen Privatprozess wegen übler Nachrede geführt, den Sie im Jahre 1994 beim Obersten Gerichtshof verloren haben. Die Kosten dieses Privatprozesses haben nicht Sie bezahlt, Herr Abgeordneter Edlinger, sondern Sie haben sie von der MA 6 überweisen lassen, und zwar lagen sie in der Größenordnung von 256 000 S. (Abg. Ing. Westenthaler: Also doch der Teuerste!) Man stelle sich nur vor, der Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider ließe sich einen Privatprozess vom Land Kärnten bezahlen, was da bei der SPÖ los wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: 256 000 S lassen Sie den Steuerzahler zahlen? – Abg. Dr. Martin Graf: Einer der teuersten Abgeordneten! – Abg. Mag. Kogler: Die steirischen ÖVP-Bürgermeister machen das ...! – Abg. Aumayr: Stimmt das, was Trattner sagt?)

11.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordneten Trattner inhaltlich erläuterte Abänderungsantrag Böhacker, Stummvoll, Feurstein ist bereits verteilt und steht mit in Verhandlung.

Weiters ist der verlesene Antrag Böhacker, Stummvoll genügend unterstützt und steht gleichfalls mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dkfm. Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz


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26. Sitzung / Seite 44

1994, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer und Monopolgesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert werden und eine Werbeabgabe eingeführt wird (87 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (101 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel genannte Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel II lautet die Z 5:

"5. § 10 Abs. 3 lautet:

‚(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 14 Prozent für

1. die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Wein aus frischen Weintrauben aus den Unterpositionen 2204 21 und 2204 29 der Kombinierten Nomenklatur und von anderen gegorenen Getränken aus der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, die innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes im Inland erzeugt wurden, soweit der Erzeuger die Getränke im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes liefert oder für Eigenverbrauchszwecke entnimmt. Dies gilt nicht für die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Getränken, die aus erworbenen Stoffen (zum Beispiel Trauben, Maische, Most, Sturm) erzeugt wurden oder innerhalb der Betriebsräume, einschließlich der Gastgärten, ausgeschenkt werden (Buschenschank). Im Falle der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes im ganzen an den Ehegatten sowie an Abkömmlinge, Stiefkinder, Wahlkinder oder deren Ehegatten oder Abkömmlinge gilt auch der Betriebsübernehmer als Erzeuger der im Rahmen der Betriebsübertragung übernommenen Getränke, soweit die Steuerermäßigung auch auf die Lieferung dieser Getränke durch den Betriebsübergeber anwendbar gewesen wäre;

2. Leistungen, die in der Abgabe von in der Anlage genannten Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle bestehen. Speisen und Getränke werden unter folgenden Umständen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben: Sie sind

a) nach den Umständen ihrer Abgabe und/oder

b) nach ihrer speziellen Aufbereitung

dazu geeignet, an einem mit der Abgabe in räumlichen Zusammenhang stehenden Ort verzehrt zu werden und es werden Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten. Zu den Vorrichtungen zählen auch Tische, Pulte, Ablagebretter und dergleichen ohne Sitzgelegenheiten.

Abweichend davon unterliegen Leistungen, die in der Abgabe von in der Z 30 der Anlage genannten Getränke und von Speiseeis zum Verzehr an Ort und Stelle bestehen, dem Steuersatz von 10 Prozent, wenn diese Umsätze vor dem 1. Jänner 2001 ausgeführt werden;

3. die Verabreichung eines ortsüblichen Frühstücks im Rahmen der Beherbergung (Abs. 2 Z 4 lit. b), wenn der Preis hiefür im Beherbergungsentgelt enthalten ist;

4. den Eigenverbrauch der unter Z 2 und 3 angeführten Leistungen.‘"

2. In Artikel II wird folgende Z 10a eingefügt:

"10a. Z 28 der Anlage lautet:

‚28. Verschiedene Lebensmittelzubereitungen (Unterposition 2101 30 und Positionen 2102 bis 2106 der Kombinierten Nomenklatur).‘"

3. In Artikel II lautet die Z 12:


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"Im § 28 wird als Abs. 18 angefügt:

‚(18) Die Änderungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten in Kraft:

a) Folgende Änderung ist auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem das Gesetz im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden beziehungsweise sich ereignen:

§ 6 Abs. 1 Z 6 lit. c.

b) Folgende Änderungen sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Mai 2000 ausgeführt werden beziehungsweise sich ereignen:

§ 10 Abs. 2 Z 1 lit. a, § 10 Abs. 2 Z 1 lit. d, § 10 Abs. 2 Z 4 lit. b, § 10 Abs. 3, § 13 Abs. 1 letzter Satz, § 22 Abs. 2, § 22 Abs. 8, Z 14 und Z 28 der Anlage.

c) § 12 Abs. 2 Z 4 ist auf Bestandverträge (Leasingverträge) anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2000 abgeschlossen werden.

d) Folgende Änderung ist auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2000 ausgeführt werden beziehungsweise sich ereignen:

Z 30 der Anlage.‘"

4. In Artikel III werden als Z 2a bis 2e eingefügt:

"2a. § 16 Abs. 2 lautet bis zum Beginn der Z 2:

‚(2) Wird über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht die Gebührenschuld,

1. wenn die Parteien des Rechtsgeschäftes im Inland einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben oder eine inländische Betriebsstätte unterhalten und

a) das Rechtsgeschäft eine im Inland befindliche Sache betrifft oder

b) eine Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Rechtsgeschäftes berechtigt oder verpflichtet ist, in dem für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt; wenn jedoch die in lit. a oder lit. b bezeichneten Erfordernisse erst im Zeitpunkt der Errichtung eines Zusatzes oder Nachtrages erfüllt sind, in diesem Zeitpunkt; im übrigen‘

2b. In § 33 Tarifpost 8 wird als Abs. 3a eingefügt:

‚(3a) Wird über einen Darlehensvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht die Gebührenschuld – abweichend von § 16 Abs. 2 Z 1 – in den für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt, wenn mindestens eine Partei des Darlehensvertrages im Inland einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz hat oder eine inländische Betriebsstätte unterhält und eine Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Darlehensvertrages berechtigt oder verpflichtet ist; wenn jedoch dieses Erfordernis erst im Zeitpunkt der Errichtung eines Zusatzes oder Nachtrages erfüllt ist, in diesem Zeitpunkt.‘

2c. In § 33 Tarifpost 19 Abs. 2 entfallen die Worte ‚sowie auf Kreditverträge mit Kreditgebern, die im Inland weder einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt noch ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben,‘

2d. In § 33 Tarifpost 19 wird als Abs. 2a eingefügt:

‚(2a) Wird über einen Kreditvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet, ist § 33 TP 8 Abs. 3a sinngemäß anzuwenden.‘


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26. Sitzung / Seite 46

2e. § 33 Tarifpost 21 Abs. 2 Z 4 lautet:

‚4. Zessionen der Exporteure von Forderungen aus Ausfuhrgeschäften, soweit dafür der Bundesminister für Finanzen namens des Bundes eine Haftung nach dem Ausfuhrförderungsgesetz 1981 übernommen hat;‘"

5. In Artikel X (Werbeabgabegesetz 2000) lautet § 1 Abs.3:

"(3) Nicht als Werbeleistung gelten:

1. Informationen von Körperschaften im Sinne der §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung.

2. Informationen in nicht periodisch erscheinenden Druckwerken, die von Körperschaften im Sinne der §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung oder von Vereinen herausgegeben werden, wie zum Beispiel Festschriften, Maturazeitungen oder Programmhefte.

3. Die mediale Unterstützung gemäß § 17 Abs.7 des Glückspielgesetzes."

Begründungen:

Zu Z 1 (Umsatzsteuergesetz):

Die geänderte Formulierung dient der Klarstellung und führt zu folgenden Ergebnissen:

Bei Konditoreien oder Bäckereien werden Speisen ohne spezielle Aufbereitung abgegeben (Torten, Gebäck werden nicht erwärmt oä aufbereitet). Nur dann, wenn die Umstände der Abgabe der Speisen (Serviceleistung durch Servieren, Beistellen von Tellern und Besteck) einen Verzehr vor Ort annehmen lassen, kommt es zur Anwendung des Steuersatzes von 14 %, andernfalls des Steuersatzes von 10%.

Bei Fast-Food-Gastronomen werden Speisen vielfach ohne Serviceleistungen abgegeben, dafür aber speziell aufbereitet wie zum Beispiel erwärmt . Daher kommt es zur Anwendung des Steuersatzes von 14%, und zwar auch bei jenen Speisenabgaben, die "über die Gasse" erfolgen.

Würstelstände und ähnliche Einrichtungen, die Vorrichtungen jeglicher Art bereithalten, die der Einnahme der Speisen vor Ort dienen, also zum Beispiel auch nur ein Essenspult am Stand), führen zu einem Steuersatz von 14 %.

Zu Z 2 und 3 (Umsatzsteuergesetz):

Es handelt sich um eine systematische Bereinigung. Löskaffee und Teekonzentrate sollen dem gleichen Steuersatz unterliegen wie verarbeiteter Kaffee und Tee.

Zu Z 4 (Gebührengesetz)

Zu 2a (§ 16 Abs. 2)

Durch diese Änderung soll die Gebührenpflicht bei Beurkundung von gebührenpflichtigen Rechtsgeschäften im Ausland und Vorliegen eines sachlichen Inlandsbezuges dieser Rechtsgeschäfte nur dann eintreten, wenn alle Parteien des Rechtsgeschäftes im Inland einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben oder eine inländische Betriebsstätte unterhalten. Damit wird jene Rechtslage wieder hergestellt, die vor der Änderung dieser Bestimmung durch das Steuerreformgesetz 2000 bestanden hat.

Die Novellierung dieser Bestimmung durch das Steuerreformgesetz 2000 hat keine nennenswerten Auswirkungen auf das Gebührenaufkommen gehabt.

Zu Z 2b (§ 33 TP 8 Abs. 3a)


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26. Sitzung / Seite 47

Mit Urteil vom 14. Oktober 1999, C-439/97, hat der EuGH zu dem vom Verwaltungsgerichtshof beantragten Vorabentscheidungsverfahren betreffend § 33 TP 8 Abs. 4 Gebührengesetz 1957 (GebG) – Ersatzbeurkundungstatbestand bei Aufnahme eines Darlehens bei einem ausländischen Darlehensgeber – dahingehend entschieden, dass die Freiheit des Kapitalverkehrs den Bestimmungen des Abs. 4 hinsichtlich der Gebührenausländerdarlehen entgegensteht, weil durch diesen Ersatzbeurkundungstatbestand ein von einem ausländischen Darlehensgeber aufgenommenes Darlehen ohne Errichtung einer Urkunde Gebührenpflicht begründet, wenn dieses Darlehen in die nach Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des inländischen Darlehensschuldners aufgenommen wird, während ein von einem inländischen Darlehensgeber gewährtes Darlehen ohne Beurkundung bloß durch Aufnahme in die Bücher und Aufzeichnungen des inländischen Darlehensschuldners keine Gebührenpflicht auslöst. Im Hinblick darauf sollen nunmehr Darlehensverträge, die mit ausländischen Darlehensgebern abgeschlossen und im Ausland beurkundet werden, den mit inländischen Darlehensgebern abgeschlossenen und im Inland beurkundeten Darlehensverträgen gebührenrechtlich gleichgestellt werden.

Zu Z 2c (§ 33 TP 19 Abs. 2)

Die Änderung des § 33 TP 19 Abs. 2 trägt dem Urteil des EuGH vom 14. Oktober 1999, C-439/97, Rechnung.

Zu Z 2 d (§ 33 TP 19 Abs. 2a)

Für Kreditverträge soll dieselbe Regelung gelten, wie sie im § 33 TB 8 Abs. 3a für Darlehensverträge vorgesehen ist.

Zu Z 2e (§ 33 TP 21 Abs. 2 Z 4)

Im Hinblick auf die Änderung des § 16 Abs. 2 Z 1 ist die Gebührenbefreiung für die Abtretung von Exportforderungen von Exporteuren an Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), noch ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben oder eine inländische Betriebsstätte unterhalten und darüber eine Urkunde im Ausland errichtet wird, nicht mehr erforderlich.

Zu Z 5 (Werbeabgabegesetz)

Mit diesem Antrag wird lediglich eine Ziffer 2 eingefügt. Aufgrund der bestehenden Ziffer 1 werden Informationen von gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Körperschaften bereits von der Werbeabgabe ausgenommen. Durch die neue Ziffer 2 sollen auch Werbeeinschaltungen in einmaligen Publikationen, die von solchen Vereinigungen in Form von Festschriften und Programmheften herausgegeben werden, sowie Maturazeitungen von der Werbeabgabe ausgenommen werden. Die Mindererträge an Werbeabgaben sind durch diese Ergänzung minimal und werden jedenfalls weniger als 1 Million Schilling betragen.

 

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gehört schon einiges dazu, hier herauszugehen und die Meinung zu vertreten, dass der Steuerzahler auf Grund dieser Getränkesteuerregelung ... (Abg. Edlinger: ... ein komischer Gemeinderat! – Abg. Mag. Trattner: Wer hat es denn gezahlt? – Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat es gezahlt? – Abg. Mag. Trattner  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Haben Sie den Prozess verloren oder nicht? Die MA 6 hat gezahlt – das ist aber selbstverständlich! Denn da zahlt sich eine rote Gemeinde einen roten Stadtrat? – Abg. Edlinger: Ich habe nicht


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26. Sitzung / Seite 48

geklagt! – Abg. Mag. Trattner: Wer hat denn die üble Nachrede geleistet? Wer denn? Der Heilige Geist? Gehen Sie hinaus, um es zu berichtigen, Sie effizienter Nationalrat!)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Kaipel ist jetzt am Wort! – Bitte.

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Es ist interessant, wenn Herr Stummvoll hier heraußen erklärt, dass die Steuerzahler auf Grund dieser neuen Regelung des Getränkesteuersatzes weniger zahlen. Auch Herr Staatssekretär Finz vertritt diese Meinung.

Ich glaube, dass die jetzige Regelung, die aufgehoben wurde, zumindest für den Konsumenten noch immer gilt. Diese 10 Prozent werden weiterhin eingehoben. Wir stehen alle mitten im Leben und können Tag für Tag feststellen, dass das in den allermeisten Fällen so ist. Diese 10 Prozent zahlt daher der Konsument.

Den Gemeinden fehlen diese 10 Prozent. Die Gemeinden haben selbstverständlich auch Verantwortung und Verpflichtungen, sie müssen schauen, dass sie zu diesen Geldern kommen. Sie können dies nur über die Gemeindebürger tun. Das heißt, dass damit zum zweiten Mal der Konsument, der Gemeindebürger, zum Zahlen kommt. Ich wette mit Ihnen, dass dies, wenn Sie heute diese neue Regelung beschlossen haben – wenn nicht sofort, dann mit zeitlichem Abstand –, ebenfalls auf die Getränke aufgeschlagen wird. Dann zahlt der Konsument, der Bürger, zum dritten Mal.

Herr Staatssekretär! Ich hoffe, dass, wenn Sie meinen, dass jetzt nicht mehr die Gemeinden den Aufwand der Einhebung zu tragen haben, dies in der Folge nicht bedeuten wird, dass die Gemeinden auf dem Umweg dafür aufzukommen haben.

Aber was heute hier geschieht, zeigt, welcher Geist in dieser Regierung herrscht. Sie setzen den Weg der Umverteilung fort, Sie verteilen 1,5 Milliarden Schilling aus diesem Titel in Richtung Wirtschaft um und nehmen den Gemeinden 1,2 Milliarden Schilling weg. Das bedeutet, dass die Gemeindefinanzierung problematischer wird, und das bedeutet auch, dass viele Arbeitsplätze vernichtet werden.

Aber mit Arbeitern haben Sie nichts am Hut, die waren Ihnen auch in der Vergangenheit Wurst, das haben Sie im Vorjahr in der Frage des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes bewiesen, als wir die Arbeiter am Bau, die Pendler wirklich stark hätten unterstützen können, aber Schwarz und Blau dagegen waren. Warum das so ist, ist leicht zu eruieren: weil diejenigen, die sich mit genau diesem System goldene Nasen verdienen, in Ihren Reihen sitzen.

Herr Präsident Mödlhammer, der heute schon so oft zitiert worden ist, hat Recht, wenn er sagt, dass sich die Gemeinden in einer sehr schwierigen Situation befinden. Die Gemeinden sind in vielerlei Hinsicht belastet. Steuerreform: fast 4 Milliarden, die die Gemeinden zu tragen haben; Getränke-, Werbesteuer: 2,5 Milliarden; zu Maastricht: 6 Milliarden; in Summe: 12 Milliarden Schilling, die die Gemeinden einzubringen haben. Das ist eine beachtliche Größenordnung, wenn dieser Betrag mit den 16 Milliarden Schilling, die den Gemeinden als Ermessensausgaben zur Verfügung stehen, verglichen wird.

Ich meine, Herr Staatssekretär, es ist nicht sinnvoll, sich hier mit den Gemeinden anzulegen. Immerhin sind die Gemeinden Direktbeschäftiger von 100 000 Mitarbeitern. Sie vergeben jährlich Aufträge in der Größenordnung von 60 Milliarden Schilling und sichern damit zumindest 60 000 Arbeitsplätze. Ich hoffe nicht, dass Sie wollen, dass diese Sicherung der Arbeitsplätze in Zukunft nicht mehr gegeben sein soll.

Die Gemeinden werden auch in vielen anderen Bereichen, für andere Behörden und Institutionen, tätig: für die Landesregierungen, Bezirkshauptmannschaften, Krankenkassen, Rundfunkamt, Sozialversicherung, Landwirtschaftskammer, Krankenanstalten, Statistisches Zentralamt und dergleichen mehr. Wollen Sie, dass die Gemeinden diese Unterstützungen einstellen? – Das würde bedeuten, dass halb Österreich lahm liegen würde.


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26. Sitzung / Seite 49

Ich denke, dass die Dimensionen, die daraus entstehen, in der Vorbereitung von Ihnen nicht ausreichend überlegt wurden – und das, obwohl der Herr Bundeskanzler und andere hochrangige Funktionäre von ÖVP und FPÖ im Vorfeld immer wieder behauptet haben, dass für die Gemeinden diese Steuer erhalten bleiben muss, dass diese als gemeindeeigene Abgabe erhalten bleiben muss. Aber Sie haben das vor dem 3. Oktober, vor den Wahlen versprochen.

Heute, nach den Wahlen, wollen Sie nichts mehr davon wissen. Aber wir sind das inzwischen von Ihnen gewohnt, Herr Khol, gerade von Ihnen. Sie haben in der Vergangenheit den österreichischen Bürgern vieles gesagt, was Sie nachher nicht eingehalten haben. Sie wollten nur dann in die Regierung gehen, wenn Sie zumindest Zweiter sind. "Es ist mit den Freiheitlichen kein Staat zu machen", das waren Ihre Worte, Herr Khol. – Heute sind die, mit denen man keinen Staat machen kann, Ihre Partner.

Sie haben den Österreichern vor den Wahlen auch gesagt, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. Was passiert? – 40 Milliarden Schilling nehmen Sie den Schwachen im Staate weg, 20 Milliarden Schilling geben Sie den Reichen. Sie sprechen immer wieder Budgetprobleme an, gleichzeitig gehen Sie wie der Osterhase und das Christkind zusammen und schütten das Füllhorn über Ihre Klientel aus.

Da Sie immer wieder Herrn Finanzminister Edlinger zitieren: Der Unterschied zwischen dem jetzigen und dem früheren Finanzminister ist der, dass der jetzige Finanzminister als Lobbyist für den Herrn Stronach da oben sitzt und Finanzminister Edlinger zweifellos Lobbyist für die Schwachen in unserem Lande war. (Beifall bei der SPÖ.)

"Neu regieren" bedeutet für Sie Klassenkampf in Reinkultur. Es dürften sich heute einige Abgeordnete der ÖVP nicht mehr in unseren Reihen befinden, wenn sie das verwirklicht hätten, was sie vor der Wahl gesagt haben, nämlich dass sie nicht mehr dabei sein wollen, wenn sie mit den Freiheitlichen koalieren müssen: Pecher, Brinek, Gehrer, Morak. – Alle sind sie noch da!

Herr Khol, zwischen Reden und Handeln befinden sich bei Ihnen immer zumindest 180 Grad. Der Heiligenschein, den Sie da vorne immer zur Schau tragen, ist nicht echt.

Ich komme noch einmal auf Herrn Mödlhammer zurück. In einem Gespräch ist gestern noch einmal wörtlich bestätigt worden, dass die Zahlen, die der Herr Finanzminister hier vorlegt, "Milchmädchen- und Kindergartenrechnungen" entstammen – gestern so gesagt –, dass Sie schwer getäuscht wurden durch den Finanzminister, dass der Finanzminister keine Handschlagqualität besitzt und dass der Gemeindebund dieses Paket nicht mittragen wird. – Das sind die aktuellen Aussagen, meine Damen und Herren. Warum? – Weil der Herr Finanzminister einmal mehr vor dem Herrn Leitl in die Knie gehen musste.

Wenn das kommt, meine Damen und Herren, so bedeutet dies eine weitere Belastung für den Bürger, schwächt die Gemeinden, verhindert die Entwicklung der Infrastruktur in den Gemeinden, schwächt auch die Kultur in den Gemeinden, was von ganz wesentlicher Bedeutung für Tourismusgemeinden ist, und schwächt den Wirtschaftsstandort Österreich.

Daher glaube ich, dass die Erhaltung der Gemeinden als leistungsfähige Einheit entscheidend für die Zukunft unserer Demokratie ist. In den Gemeinden erlebt der Bürger die ersten und engsten Beziehungen zur Politik, und dort fällt er auch seine ersten und auch festsitzenden Urteile über demokratische Institutionen. Ich denke, wir sollten diese Entwicklung massivst unterstützen.

Ich darf daher abschließend fordern, dass den Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer jedenfalls hundertprozentiger Ersatz zukommt. Ich fordere auch, dass im kommenden Finanzausgleich die Finanzkraft der Gemeinden zusätzlich gestärkt wird und den Gemeinden auch die Budgethoheit und Finanzsicherheit erhalten bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)


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26. Sitzung / Seite 50

11.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.34

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wäre ich heute den ersten Tag im Parlament (Abg. Schwarzenberger: Wäre!), so würde ich wirklich vollen Herzens meinen: Großartig, welche Kämpfer es auf Seiten der SPÖ für die finanzschwachen Gemeinden gibt, großartig, wie ein ehemaliger Finanzminister, ein ehemaliger Finanzstadtrat auch der Stadt Wien, wie ein wieder zum Bürgermeister der Gemeinde Purkersdorf gewählter Kollege, nämlich Herr Kollege Schlögl, den ich als Bürgermeister durchaus schätze, auch als Innenminister, damit das klargestellt ist, heute entdeckt haben, wie wichtig die Finanzkraft, die Ausstattung der Kommunen mit entsprechenden Finanzmitteln ist! Plötzlich ist es notwendig, einen hundertprozentigen Getränkesteuerersatz zu haben, weil die Budgeterstellung der Kommunen in Gefahr gerät. – Ja, sage ich, richtig!

Meine Damen und Herren! Arbeitsplätze. Die Wirtschaft wird angerufen und gefragt, welche Auswirkungen dieser Ersatz, den wir heute vorlegen, haben könnte oder haben wird.

Ich bin auch ganz begeistert von Kollegin Moser von den Grünen, die meinte, der Schlüssel für die Beseitigung der Ungerechtigkeiten liege im abgestuften Bevölkerungsschlüssel. – Selbstverständlich, meine Damen und Herren!

Nur: Ich bin ein bisschen länger hier im Parlament. Da habe ich zum Beispiel die Kopie eines Briefes des Österreichischen Gemeindebundes an Herrn Finanzminister Lacina, datiert mit 25. Mai 1994, worin der damalige Bundesminister für Finanzen gebeten wird, dringend dem Gemeindebund mitzuteilen, ob im Zuge des EU-Beitrittes – damals stand dieser bevor – an eine Abschaffung der Getränkesteuer, wie einer Presseaussendung des damaligen Finanzministers zu entnehmen war, gedacht sei. Da müsste man doch – ist im Schlusssatz zu lesen – die österreichischen Kommunen vor der Abstimmung über einen EU-Beitritt darüber informieren. – Eine Antwort des geschätzten Finanzministers Lacina wurde bis 3. Juni 1994 erbeten, meine Damen und Herren.

Natürlich hat der damalige Finanzminister Lacina geantwortet, wie es sich gehört, allerdings sehr spät, nämlich am 7. Juli 1994, und nicht, wie ersucht, einen Monat später, sondern mehrere Monate später. Aber großen Trost hat er gespendet, indem er schreibt:.

"Auf Ihr Schreiben vom 25. Mai 1994 betreffend Getränkesteuer teile ich Ihnen folgendes mit:

Die Getränkesteuer bildet eine wesentliche Basis der Gemeindefinanzierung in Österreich. Eine Änderung in diesem Bereich ist nicht beabsichtigt.

Auch der Beitritt zur EU wird keine Anpassungen im Bereich der Getränkesteuer erfordern, da die Getränkesteuer in ihrer jetzigen Form durchaus mit dem europäischen Recht vereinbar ist." (Rufe bei der ÖVP: Ach!) "Diese Auffassung wurde von Fachleuten der Kommission der EU in Brüssel bestätigt.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung" (Abg. Schwemlein: Beschäftigen Sie sich mit der Zukunft, nicht mit der Vergangenheit!)

So, meine Damen und Herren, jetzt stelle ich fest: Auf Grund eines Briefes des Herrn Bundesministers für Finanzen Lacina wird sich der Gemeindebund damals natürlich gesagt haben: Wunderbar, die Sache ist in Ordnung, wir haben keinen Handlungsbedarf, wir brauchen daher nicht vorsorglich Änderungen, Anpassungen oder etwas anderes vorzunehmen, wenn ein Mitglied – und immerhin war Lacina ein führendes Mitglied, das wird doch hoffentlich nicht bestritten werden –, wenn ein führendes Mitglied der Bundesregierung und ein anerkannter Finanzexperte mit Brief und Siegel mitteilt, es sei alles bestens. (Abg. Dr. Pumberger: Man hätte besser auf die Freiheitlichen hören sollen als auf diesen Finanzminister!)

Nun, wie sieht die Wahrheit aus, meine Damen und Herren? – Der EuGH hat diese Getränkesteuer aufgehoben, weil das – und das sagen uns viele, die damals dabei waren – bereits angekündigt war. Meine Frage: Wer hat wen getäuscht? Hat der Herr Bundesminister für Finanzen


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Lacina jemanden getäuscht, oder hat der Gemeindebund jemanden getäuscht? – Auf Grund dieses Briefes glaube ich das allerdings nicht.

Meine Damen und Herren! Ich gebe auch zu, dass die heutige Ersatzlösung nicht der Weisheit letzter Schluss ist und dass sie schmerzt; das sei auch klargestellt. Und mich schmerzt auch die etwas uneinheitliche Vorgangsweise jener Gebietskörperschaften oder jener Leute, die die Städte und Gemeinden vertreten. In der ersten Reaktion erklärt uns der Herr Gemeindebund-Präsident: Ein schmerzlicher Kompromiss, so quasi gerade noch tragbar. Der Städtebund teilt mit, die Lösung wäre unter Umständen akzeptabel. Der Oberösterreichische Gemeindebund protestiert entschieden dagegen. Der Niederösterreichische Gemeindebund schreibt uns, man möge zustimmen.

Meine Damen und Herren! Angesichts einer derart großartigen "Einigkeit" – unter Anführungszeichen – ist natürlich das Verhandeln etwas leichter. Ich würde wirklich bitten, dass man gerade so quasi am Vorabend neuer Finanzausgleichsverhandlungen in Hinkunft hier geschlossener auftritt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lieber Kollege Schlögl! Ich habe, bevor ich diesen Abänderungsantrag der SPÖ gelesen habe, wirklich gemeint, dieser Abänderungsantrag ist in Ordnung. Wenn ich darin allerdings lese "Die länderweise Verteilung der Anteile der Gemeinden erfolgt bei der Umsatzsteuer zu 33,581 v.H. nach der Volkszahl, zu 42,893 v.H." – also zum größten Teil – wiederum "nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel", dann, muss ich sagen, schreiben Sie die Ungerechtigkeiten wieder fort. – Dem erteilen wir eine klare Absage, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Zweytick: Wahnsinn!)

Aber, meine Damen und Herren und Herr Staatssekretär, es gibt noch einen offenen Punkt. Ich erwarte mir mit aller Entschiedenheit die Lösung der Frage allfälliger Rückzahlungsverpflichtungen, wenn die Gemeinden den schmerzlichen – ich betone: den schmerzlichen! – Verlust beinahe eines Viertels des Aufkommens der Getränkesteuer hinnehmen müssen. Aber die Frage der Rückzahlung ist vom Bund zu klären, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Frage der Rückzahlung ist vom Bund zu klären, denn so kann es nicht gehen, dass dann einige Jahre zurück sich die quasi cleveren Unternehmen die Getränkesteuer holen, die Gemeinden aber im Regen stehen gelassen werden. Das wird es nicht spielen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nachdem es heute großartige Kundgebungen von allen Fraktionen zur Finanzkraft, zur Ausstattung, zur Chancengerechtigkeit hier vom Rednerpult aus gegeben hat, möchte ich sagen: Den Wahrheitsbeweis können Sie bei den kommenden Verhandlungen zum Finanzausgleich antreten. Auf diesen Tag und auf Ihren Wahrheitsbeweis werden die kleinen, finanzschwachen Gemeinden warten.

Der heutigen Lösung – das sage ich offen – stimme ich mit Zähneknirschen zu. Es ist keine Ideallösung, aber sie ist zumindest etwas besser als die bisherige Lösung, wo manche Dinge in Frage stehen, und um vieles besser als die Fortschreibung Ihrer Ungerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Grasser, Grasser, gib mir die Millionen wieder!)

11.43

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auf einen Punkt in diesem Steuerpaket eingehen, dem die grüne Fraktion ihre Zustimmung geben wird – daher haben wir auch getrennte Abstimmung beantragt –: Es handelt sich um eine Änderung des Einkommensteuergesetzes, was aus unserer Sicht ein kleiner, aber


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26. Sitzung / Seite 52

sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, nämlich künstlerisches Schaffen in Österreich entsprechenden Rahmenbedingungen zu unterwerfen.

Dass Steuergesetzgebung, dass Sozialgesetzgebung ganz wichtige Rahmenbedingungen für die so genannten creative industries in Österreich sind, ist an und für sich schon seit Jahren bekannt und klar. Man muss aber bemerken, dass gerade während der Zeit der letzten Koalitionsregierung, in den letzten acht bis zehn Jahren diese Chancen nicht genutzt wurden und dass vor allem in der Steuer- und Sozialgesetzgebung einige Verschärfungen eingetreten sind, die die Situation der Künstlerinnen und Künstler in Österreich noch massiv verschlechtert haben.

Ein paar Beispiele: Ich verweise auf die generelle Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung, auf die Ausländersteuer, auf die Kommunalsteuer, auf ganz überholte Abgaben wie die Vergnügungssteuer oder so versteckte Dinge wie die im Sicherheitspolizeigesetz vorgeschriebene und verrechnete Polizeiüberwachung – auf das komme ich noch zurück; das ist nämlich eine besondere Absurdität.

Durch die Änderung in der Sozialgesetzgebung – Stichwort: neue Dienstnehmer, neue Selbständige, dienstnehmerähnliche Werkverträge et cetera – hat sich die Situation noch einmal ganz massiv verschärft. Nach wie vor ist das größte Problem, nämlich die Künstler-Sozialversicherung, ungelöst. Das ist zwar im Regierungsübereinkommen verankert – Herr Klubobmann Khol nickt –, allerdings ist ein entsprechender Antrag der grünen Fraktion im letzten Ausschuss vertagt worden. Ich gehe davon aus, dass es möglichst bald zur Behandlung dieser Frage kommt, da dieses Problem bis Jahresende jedenfalls gelöst sein muss. (Abg. Dr. Khol: Sind uns bewusst!) Wenn Sie sich dessen bewusst sind, freut es mich! Das freut mich. Wir werden Ende des Jahres Bilanz darüber legen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber kurz ein paar Daten zur sozialen und steuerrechtlichen Situation der Künstlerinnen und Künstler in Österreich bringen, um ein bisschen zu beschreiben, in welchem Feld wir uns da bewegen und welche unendlichen Möglichkeiten es da noch gäbe, damit Österreich vielleicht so etwas Ähnliches wie Irland werden könnte. Ich weiß, dass Wien nicht Chicago werden darf, Wien allerlei nicht werden darf, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass Österreich in diesem Bereich ein echter Standort für die so genannten creative industries werden könnte.

Alle Untersuchungen, die es zur sozialen und ökonomischen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich gibt, zeigen eines ganz deutlich: Ihre Lage ist extrem schlecht, ein Großteil von ihnen verdient weniger als 8 000 S im Monat. Vor allem die Situation der Frauen ist besonders bedenklich, ihr Einkommen ist noch geringer. Es ist interessant, dass diese Künstlerinnen und Künstler, obwohl sie ihren Lebensunterhalt aus diesen Einkünften nicht bestreiten können, trotzdem ihrem Beruf weiterhin nachgehen – und das gibt es in keiner anderen Berufssparte.

Besonders dramatisch ist es bei den MusikerInnen – ich komme selbst aus einer MusikerInnen-Familie –: In diesem Bereich gibt es unzählige Zersplitterungen und ganz komplexe Situationen, mit denen sich die Menschen auseinander setzen müssen. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Gerade die freischaffenden MusikerInnen müssen sich selbst versichern, das heißt, sie zahlen im Ernstfall 33 Prozent ihres Einkommens, und wenn sie ein sehr geringes Einkommen haben, ist das ein massives Problem. Ich stelle gerne eine kleine Rechnung an: Bei der Mindestbeitragsgrundlage von 7 400 S zahlt man dann 2 440 S. Angenommen, Sie verdienen als junge Gitarristin in Wien, Herr Kollege, nur 4 000 S im Monat – das kann durchaus einmal passieren –, zahlen Sie die Hälfte Ihres Einkommens für diese Abgaben weg. Das ist unerträglich! (Abg. Kiss: Das glaube ich Ihnen ja! Aber wozu reden Sie denn? – Beifall bei den Grünen.)

Filmschaffende: Mehr als zwei Drittel arbeiten in extrem unsicheren Verhältnissen, haben befristete Verträge, die werkvertragsähnlich sind, obwohl sie weisungsgebunden sind, obwohl sie in großer Abhängigkeit zu den Produzenten stehen. Das ist auch ein Bereich, wo massiver Handlungsbedarf besteht. (Abg. Kiss: Einkommensteuergesetz! Umsatzsteuergesetz!)


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26. Sitzung / Seite 53

Die Verabschiedung eines Künstler-Sozialversicherungsgesetzes ist eines der größten Anliegen in dieser Legislaturperiode, und ich hoffe, dass das bis Ende des Jahres geschafft sein wird. (Abg. Kiss: Herr Präsident! Das ist doch nicht das Thema!)

Weiterer Punkt: Einkommensteuergesetz, die steuerrechtliche Anerkennung von Ausgaben – das ist vielleicht auch eher in Richtung SPÖ zu sagen –: Es gibt eine sehr enge Auslegung von Seiten des Finanzministeriums, dass sogar Lektoren und Schriftsteller nicht einmal Lexika und größere Buchwerke absetzen können. – Also das sind Dinge, die eigentlich nicht notwendig sind. Das müsste man einmal einer großen Revision unterziehen. (Abg. Kiss: Sie redet zu anderen Gesetzen! Sie sind bei der falschen Veranstaltung!)

Ich glaube, Sie wissen nicht, was eine Anpassung von Steuer- und Sozialgesetzen für bestimmte Bereiche bedeuten kann. Wir reden heute hier über eine Änderung des Einkommensteuergesetzes.

Ich möchte auf noch einen Punkt eingehen. (Abg. Mag. Kogler  – in Richtung des Abg. Kiss –: Sie wissen ja nicht einmal, was auf der Tagesordnung ist! Was reden Sie dann dazwischen?) Ich denke, Sie sollten es durchaus einmal würdigen, dass die Grünen einem Vorschlag dieser Regierung zustimmen. Würdigen Sie, dass wir nicht Fundamental-Opposition spielen, sondern dass wir durch ... (Abg. Dr. Pumberger: Das hat mit der Getränkesteuer nichts zu tun!) Die Änderung des Einkommensteuergesetzes steht auch auf der Tagesordnung. (Beifall bei den Grünen.) Künstlerinnen und Künstler sind davon auch betroffen. Ich denke, das ist noch niemandem hier aufgefallen. Es tut mir Leid, dass diese Sparte von Schaffenden in Österreich immer so missachtet wird. Das steht heute auf der Tagesordnung. Es ist nur niemandem von den Regierungsfraktionen aufgefallen, dass das heute zur Abstimmung steht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler  – in Richtung ÖVP –: Sie wissen ja nicht einmal, was sie abstimmen! Aufwachen!) Auf der heutigen Tagesordnung steht: Änderung des Einkommensteuergesetzes.

Ich möchte nur ganz kurz und abschließend auf einen Punkt eingehen, der mir sehr am Herzen liegt, weil es besonders die Jugendkultur-Szene und die jungen Kunstschaffenden betrifft. Das ist ein Vorwurf, den ich noch in Richtung SPÖ formulieren muss, wenn wir schon bei der Frage der Steuer- und Sozialgesetzgebung in den letzten Jahren sind.

Der letzte Innenminister vor Schlögl, nämlich Bundesminister Einem, hat in einem Bereich eine wirklich unglaubliche Erhöhung von vorgeschriebener und verrechneter Polizeiüberwachung durchgeführt, nämlich eine Vervierfachung. Was bedeutet das? – Wenn zum Beispiel Schülergruppen eine Abschlussveranstaltung etwa in einer Garage machen wollen, ist eine Polizeiüberwachung vorgeschrieben, und diese wird auch verrechnet. Das kostet die Kids, die SchülerInnen 400 S die Stunde. Und das ist eine "Anpassung" – unter Anführungszeichen – von steuerlichen Rahmenbedingungen, die solche Veranstaltungen unter Umständen auch killen können.

Also ich wünsche mir für die nächsten Monate – an die Regierungsfraktionen gerichtet – ein echtes Paket, das die steuerlichen, die einkommensteuerlichen, umsatzsteuerlichen und auch sozialgesetzgeberischen Möglichkeiten massiv nützt, um künstlerisches Schaffen in Österreich zu erleichtern, damit Wien vielleicht nicht Chicago oder New York oder was auch immer wird, sondern damit Wien etwas Vergleichbares wird wie Irland – nämlich ein echter Standort für ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete! Ihre Redezeit ist erschöpft. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): ... creative industries in Österreich. Das sind leider Dinge, von denen die Regierungsfraktionen kaum etwas gehört haben, aber ich meine, das ist durchaus diskussionswürdig. Schauen Sie sich das einmal an! Viel Vergnügen! (Beifall bei den Grünen.)


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26. Sitzung / Seite 54

11.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.50

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte noch einen Abänderungsantrag einbringen. Sie wissen, meine Damen und Herren, im Finanzausschuss hat es Rechtsunsicherheit dahin gehend gegeben, ob die nunmehrige Regelung bezüglich Werbeabgabe so weit fundiert ist, dass es nicht zu Doppelbesteuerungen kommt.

Herr Finanzminister Grasser hat im Ausschuss zugesagt, diese Bestimmung, über die wir hier debattieren und die auch zur Abstimmung kommt, noch einmal eingehend prüfen zu lassen. Es wurde fünf Mal geprüft, und wir haben jetzt einen Drei-Parteien-Konsens darüber erzielt.

Ich möchte das kurz erläutern. Sie wissen, dass nach § 15 Finanzausgleichsgesetz 1997 jetzt das Studioprinzip bei der Besteuerung von Ankündigungen durch Rundfunk beziehungsweise das Prinzip der Besteuerung nach dem Erscheinungsort abgesichert ist. Das ist eine Veränderung, die sich in zwei Etappen vollzogen hat. Allerdings wurden dann von einzelnen Gemeinden ab 1. Jänner 1999 neue Abgaben vorgeschrieben, die nach dem alten Prinzip ausgeschrieben waren, und das verursacht natürlich Probleme.

Der Abänderungsantrag, den ich in Kürze einbringen werde, soll sicherstellen, dass es keine Doppelbesteuerungen gibt, und das ist auch verfassungsrechtlich abgesichert. Daher war auch dieser Drei-Parteien-Konsens notwendig. Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dkfm. Dr. Stummvoll, Dr. Heindl und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Böhacker, Dkfm. Dr. Stummvoll, Dr. Heindl und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes (102 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. Der Eingang des Gesetzentwurfes lautet:

"Das Finanzausgleichsgesetz 1997 (FAG 1997), BGBl. Nr. 201/1996, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 746/1996, BGBl. I Nr. 130/1997, BGBl. I Nr. 79/1998, BGBl. I Nr. 32/1999 und BGBl. I Nr. 106/1999 und der Kundmachung BGBl. I Nr. 164/1998 sowie BGBl. I.xxxxx/2000 wird wie folgt geändert:

2 (Verfassungsbestimmung) § 15 Abs. 2 lautet wie folgt:

"(2) Wenn in Verordnungen von Gemeinden gemäß § 7 Abs. 5 F-VG 1948 oder § 8 Abs. 5 F-VG 1948, die nach dem 31. Dezember 1998 in Kraft getreten sind, Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) oder auf Anzeigen für Tatbestände ausgeschrieben wurden, die vor dem 1. Jänner 1999 von dieser Gemeinde nicht oder nicht in diesem Umfang besteuert wurden, dann werden diese Verordnungen hiermit dahin gehend abgeändert, dass in dieser Gemeinde hinsichtlich der Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) und auf Anzeigen auf Verordnungswege weiterhin die Rechtslage gilt, wie sie am 31. Dezember 1998 bestanden hat; eine neuerliche Änderung der Verordnung durch die Gemeinde ist nicht möglich. Die ursprünglichen Verordnungen bilden jedenfalls weiterhin die Rechtsgrundlage für Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) oder auf Anzeigen, insoweit die Abgaben vor dem 18. Mai 2000 tatsächlich entrichtet wurden. Tatsächlich entrichtete Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) oder auf Anzeigen, die von der Gemeinde nach dem 31. Dezember 1998 nach dem mit der Ankündigung oder mit der Anzeige verbundenen Reklamewert


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erhoben wurden, sind auf Abgaben, die unabhängig vom Reklamewert erhoben wurden, anzurechnen."

*****

Meine Damen und Herren! Damit soll sichergestellt werden, dass es zu keinen Rückverrechnungen kommt und dass die Gemeinden mit kalkulierbaren Einnahmen rechnen können.

Uns war das wichtig. Es freut mich – und ich möchte das ausdrücklich betonen –, dass sich auch die sozialdemokratische Fraktion einsichtig erklärt hat, dass diese Änderungsnotwendigkeit besteht. Ich weiß nicht, ob die Grünen dieser Änderung zustimmen werden. Ich lade sie hiemit hochoffiziell ein, dies auch zu tun.

Meine Damen und Herren! Einen Satz gestatten Sie mir noch zum Abänderungsantrag des Kollegen Schlögl, des neuen/alten Bürgermeisters von Purkersdorf. Herr Kollege! Ich hätte durchaus Sympathie für diesen Vorschlag. Man kann schwer etwas dagegen sagen. Aber es scheint mir schon wichtig zu sein, dass ein gravierender Punkt erwähnt wird: Sie haben keinen Bedeckungsvorschlag gemacht, und das ist halt das Problem. (Abg. Mag. Schlögl: Habt ihr früher als Opposition einen Bedeckungsvorschlag gemacht?) So sympathisch der Antrag inhaltlich ist, so problematisch ist seine Umsetzung, denn das Geld fehlt. Und wenn man keinen Bedeckungsvorschlag macht, Herr Kollege, dann kann man dem nicht zustimmen (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP), denn Sie wissen, die Finanzen sind knapp und das Desaster ist groß, das Amtsvorgänger Bundesminister außer Dienst Edlinger hinterlassen hat. Es ist ein Diktat der leeren Kassen. Wir müssen uns daher wirklich nach der Decke strecken.

Wir haben als Oppositionspartei auch nicht immer Bedeckungsvorschläge gemacht, das gebe ich zu. Daher wurden auch diese Anträge abgelehnt. Das ist nun einmal die Rolle der Opposition. Es ist ein anderes Rollenspiel, mit dem müssen Sie sich abfinden. Wir können nur leider diesem meiner Meinung nach guten Vorschlag aus den Gründen, die ich erläutert habe, nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.58

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zehn Monate ist es jetzt rund her, da der Gemeindebund österreichweit in einer generalstabsmäßigen Planung von allen Bürgermeistern eine Unterschrift eingeholt hat für eine Resolution an alle Klubs hier im Hause mit dem wesentlichen Inhalt, gesetzliche Maßnahmen im Bereich der Getränkesteuer zu setzen, um jedwede finanzielle Schädigung der Gemeinden zu verhindern, mit ein paar Punkten noch dazu und zum Abschluss: voller Ersatz, wenn es anders kommt.

Es kam anders. Im Lichte der sich damals nähernden Wirtschaftskammerwahlen brauchte man ja ein Wahlzuckerl für Hotellerie und Gastronomie. Da hat dann die selbsternannte Bürgermeisterpartei ÖVP auf ihre Bürgermeister und vor allem auf ihre Gemeinden vergessen und hat einem Lösungsvorschlag nicht die Zustimmung erteilt.

Die FPÖ hat mit den Gemeinden sowieso nicht allzu viel am Hut. Das sieht man allein daran, dass die Getränkesteuer ersatzlos gestrichen werden muss und dass auch die Kommunalsteuer in Frage gestellt wird beziehungsweise abgeschafft werden muss und mit derartigen Denkansätzen, meine Damen und Herren, schlussendlich auch die Gemeindeautonomie. Die "Wiege der Demokratie", wie es immer wieder so schön heißt, dürfte den Damen und Herren der FPÖ nicht so wichtig sein. Mit purem Populismus hat man in der Gemeindepolitik bisher ja auch nicht


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allzu viel erreicht. In der Gemeinde ist es nämlich schwieriger, nur populistisch zu agieren, dort muss man Farbe bekennen, mit den Leuten die Entscheidungen diskutieren und dazu stehen.

Die selbst ernannte Bürgermeisterpartei ÖVP hat im Juli 1999 eine Lösung für die Gemeinden verhindert. Wenn der Herr Bundeskanzler nunmehr hier behauptet, die alte Steuer wäre eine gute Steuer gewesen, so gebe ich ihm ja noch Recht. Aber wenn er noch hinzufügt, mit dieser Schlawinerlösung wären wir nicht zu Rande gekommen, frage ich: Herr Bundeskanzler, ist es eine Schlawinerlösung, wenn Gemeinden eine Steuer für Gesundheitsausgaben zweckbinden, wenn Gemeinden eine Steuer für die Pflege älterer Mitbürger oder zum Beispiel für den Rettungsdienst zweckbinden, den in Zukunft sicher wieder die Gemeinden finanzieren müssen, weil die Zivildiener dann fehlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Zweckbindung wäre auch heute noch möglich, wie das französische Beispiel in der EU zeigt. Man muss es nur wollen. Und das, Herr Abgeordneter Schwarzböck – ich sehe ihn jetzt nicht –, habe ich im Ausschuss gemeint, als ich gesagt habe, es sollte so bleiben, wie es ist. Laut einer IFES-Umfrage sind interessanterweise auch 76 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher dafür, es so zu belassen. Wenn Sie mit Wirten sprechen, werden Sie feststellen: Es ist eine immer größere Anzahl dafür, es so zu belassen, wie es war – mit einer Zweckbindung. Es kennt sich nämlich sowieso keiner mehr aus. Und von Verwaltungsvereinfachung kann überhaupt nicht die Rede sein, man braucht nur daran zu denken, wann genau welche Steuer anfällt und wann welche Steuer entfällt.

Interessanterweise ist im Gefolge der nunmehrigen Getränkesteuerlösung, die durch den EuGH-Bescheid notwendig wurde, ein Regierungsvorschlag auf dem Tisch, der unter anderem statt der Getränkesteuer eine Speisensteuer neu vorsieht. (Abg. Silhavy: Skandal!) Das ist wirklich interessant, vor allem für jene, die gezwungen sind, ins Wirtshaus essen zu gehen, weil sie auswärts arbeiten, weil sie pendeln müssen. Hat man auch schon überlegt, wie das bei den Speisen sein wird, die von Gasthäusern zum Beispiel für Schulausspeisungen, für die Versorgung durch "Essen auf Rädern" geliefert werden? Oder aber: Wie schaut es mit den Großküchen aus? Da gibt es ja auch eine Serviceleistung. Werden deren Leistungen jetzt auch teurer – und dies nur deswegen, weil wir keine andere Lösung für den Ersatz der Getränkesteuer gefunden haben?

Meine Damen und Herren! Ich behaupte, seit 9. März – seither wird die Getränkesteuer nicht mehr gezahlt – gibt es einen Gewinner: die Gastronomie, die – mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen – diesen Steuerwegfall einfach nicht weitergegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Und es gibt einen Verlierer, nämlich jene, die diese Steuer nach wie vor zahlen: die Konsumentinnen und Konsumenten, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, unsere Bürgerinnen und Bürger; die zahlen diese Steuer.

Ich bringe daher mit meinen Freunden folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gaßner, Pendl, Ing. Kaipel, Dobnigg, Mag. Maier und GenossInnen betreffend Einhaltung des Preisgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, durch laufende Kontrollen sicherzustellen, dass im Zusammenhang mit der Reform der Getränkesteuer der § 7 des Preisgesetzes 1992 strikt eingehalten wird.

*****

§ 7 des Preisgesetzes besagt nämlich, dass, wenn Produkte auf Grund einer Steuersenkung billiger werden, diese Verbilligung auch weitergegeben werden muss. Weil ich allerdings nicht ganz so überzeugt bin davon, dass solche Kontrollen auch etwas nützen, oder genauer eigent


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lich, weil ich überhaupt nicht davon überzeugt bin, meine ich, dass der Konsument ein zweites Mal draufzahlen wird, nämlich dann, wenn die neuen Steuern eingeführt werden, denn dann wird vom derzeitigen Niveau, vom Level der alten Kalkulation ausgegangen, obwohl noch immer die alte Getränkesteuer enthalten ist, und darauf wird dann die neue Steuer aufgeschlagen. Somit werden unsere Bürgerinnen und Bürger ein zweites Mal zur Kassa gebeten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Gemeindefinanzen werden sie dann sicherlich ein drittes Mal zur Kasse gebeten, da den Gemeinden das Geld fehlen wird, das ihnen durch den Entfall der Getränkesteuer und durch die neue Regelung nicht mehr zukommt: eine gute Milliarde Schilling pro Jahr!

Und was ist mit der Rückzahlung? – Ich bin gespannt darauf, ob Herr Bürgermeisterkollege Auer auch noch so laut dagegen schreien wird, wenn hier im Plenum darüber diskutiert werden wird. Ich bin gespannt darauf, ob er diese Worte auch noch weiß, wenn es darum geht, dass rund 20 Milliarden Schilling zurückgezahlt werden müssen. Vor allem bin ich gespannt darauf, wer das bekommen wird. Werden das die Wirte bekommen? Oder werden es diejenigen bekommen, die diese Steuer bezahlt haben, die Konsumentinnen und Konsumenten? Eine ungelöste Frage – von der wird aber heute nicht gesprochen, weil man noch nicht weiß, wie man sich dazu verhalten soll.

Auf Grund dieser Einnahmen-Einbußen wird es in den Gemeinden mit Sicherheit zu einem Investitionsstopp kommen. Wen trifft das? Das trifft die kleinen und mittleren Unternehmungen in unseren Gemeinden, denn die haben bisher als Erste von den Gemeindeaufträgen profitiert. Also wieder ein Anschlag auf die Klein- und Mittelbetriebe und auf die Arbeitsplätze in diesen Klein- und Mittelbetrieben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Großruck: Da bin ich eh bei dir!)

Kollege Großruck hat vorhin hereingerufen, die Bürger interessiere doch die Getränkesteuer überhaupt nicht. – Ich denke schon, Herr Bürgermeister, dass es sehr interessant ist, wenn ich daheim erzählen muss: Der Kanal wird nächstes Jahr nicht gebaut. (Abg. Großruck: Den Bürger interessiert nicht, wo das Geld herkommt!) Dort gibt es nämlich einen Häuselbauer, der auf den Kanal wartet, und einen, der schon lange darauf wartet, dass seine Zufahrt asphaltiert wird. Ich glaube, die Bürger interessiert es sehr wohl, lieber Kollege, wenn sie das nicht bekommen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz zu schweigen davon, dass die Gemeinden, um die Maastricht-Vorgaben erfüllen zu können, darüber nachdenken müssen, wo sie noch irgendwelche Gebühren erhöhen könnten. In diesem Zusammenhang kommt immer wieder der gute Ratschlag: Sparen! Herr Böhacker hat es heute wieder gesagt und einige andere auch. Ich lade Sie alle ein – die Zeit ist zu kurz, um das auszuführen –, wirklich einmal Gemeindebudgets anzuschauen und dann zu sagen, wo denn noch eingespart werden kann.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich im Namen aller Bürgermeister und aller Gemeindevertreter in Österreich gegen eine Äußerung des Tourismussprechers der Freiheitlichen Partei ganz entschieden verwahren. Er hat nämlich in einer Presseaussendung am 26. April behauptet, allein dem Unvermögen der Bürgermeister und der Gemeindevertreter sei es zuzuschreiben, dass sie auf Einsparungen im Ausmaß von zirka 3 Prozent der Gemeindeeinnahmen nicht verzichten können. Ich hoffe, Sie richten es ihm aus: Er kennt sich in den Gemeinden nicht aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem liebe Bürgermeisterkollegen aus der ÖVP, aus der Bürgermeisterpartei! Der Präsident des Gemeindebundes nimmt die Lösung mit Zähneknirschen zur Kenntnis, sagt aber gleichzeitig bei einer Bürgermeisterdemonstration in Gmunden, er sei froh darüber, dass man ihm den Rücken stärke. Wir alle – auch Sie! – haben die Resolutionen der Viertelkonferenzen vom April dieses Jahres vom Oberösterreichischen Gemeindebund bekommen, in denen klar und eindeutig die Forderung steht: keine Beschneidung der Gemeindefinanzen!


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Ich halte auch den einstimmigen Beschluss des Oberösterreichischen Landtages für interessant, der besagt: Die Finanzkraft der einzelnen Gemeinden darf nicht geschwächt werden. Vom Grundsatz des örtlichen Aufkommens darf nicht abgegangen werden. Und – ganz wichtig – die bisherige Abgabeform als Gemeindeabgabe soll erhalten bleiben. – ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne haben dem zugestimmt, ein einstimmiger Beschluss. Solche Signale haben wir aus allen Bundesländern und von vielen, vielen Bürgermeistern bekommen. Ich bin schon gespannt darauf, wie Sie sich bei der Abstimmung über den Antrag des Kollegen Heindl auf vollen Ersatz verhalten werden – Ihr Antrag aus dem Vorjahr.

Ich bin auch schon gespannt darauf, wie Sie sich verhalten werden, wenn es um die Sieben-Zwölftel-Regelung geht. Laut Aussage des Herrn Staatssekretärs hat der Herr Finanzminister noch nichts dazu gesagt. Ich denke, das stimmt nicht ganz, denn er hat sehr wohl gesagt, es werde nichts mehr geben, da die Gemeinden heuer ohnehin mehr Ertragsanteile bekämen und aus dem Siedlungswasserwirtschaftsfonds noch mehr bekämen. Was hat denn das, bitte, mit der Getränkesteuer zu tun? Das ist nur auf Grund der guten konjunkturellen Lage möglich und nicht etwa deswegen, weil die Getränkesteuer verändert wurde, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen allen, die Sie der Ersatzlösung vielleicht mit der Entschuldigung zustimmen, dass die Gemeinden wenigstens ein bisschen etwas bekommen: Sie verraten die Sache der Gemeinden, und Sie fördern die schrittweise Aushöhlung der Gemeindedemokratie! (Beifall bei der SPÖ.)

12.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gaßner und Genossen und Genossinnen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sevignani. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.11

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Ich möchte zunächst dem Erstredner zum Thema Getränkesteuerersatz ein paar Worte erwidern.

Herr Abgeordneter Heindl! War das die rote Philosophie: mehr Belastungen, weniger Einnahmen? – Das müssen Sie mir irgendwann einmal erklären. Dementsprechend schaut nach 30 Jahren SPÖ-Finanzminister der Staatshaushalt aus. Sie haben der neuen Regierung trotz massiver Belastungspakete einen Schuldenberg hinterlassen. Ihre Sorge um die Haushalte der Städte und Gemeinden kommt zu spät. Fünf Jahre hätten Sie Zeit gehabt, die Versäumnisse der roten Finanzminister zu korrigieren.

Nun zum Thema: Ohne Wenn und Aber in die EU – das war die Ansage der SPÖ. Über das Aber wurde heute bereits stundenlang diskutiert. Ich bin davon überzeugt, dass bei den Beitrittsverhandlungen zur EU die Getränkesteuer nicht oder schlecht verhandelt wurde.

Ich beginne mit zwei Feststellungen. Die erste Feststellung: Die SPÖ-Finanzminister haben seit dem EU-Beitritt 1995 gewusst, dass die Getränkesteuer fallen wird. Sie erzeugten durch ihre Untätigkeit eine fünf Jahre andauernde Rechtsunsicherheit.

Die zweite Feststellung: Die Regierung muss wieder ein Problem lösen, das ihr die SPÖ hinterlassen hat. – Meine Damen und Herren! Sie werden sich erinnern: Wir Freiheitlichen haben schon damals einen Ausgleich für die Gemeinden gefordert. In Tourismusgemeinden wird die Infrastruktur aus den Getränkesteuer-Einnahmen finanziert. Das hat Sie, Herr Ex-Finanzminister Edlinger, nicht im Geringsten interessiert. Sie haben den Kopf eingezogen und weitergewurstelt – das war Ihre Politik! Ob die Gemeinden ihren Verpflichtungen nachkommen können oder nicht, war Ihnen gleichgültig. Das muss gesagt werden.


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Unterm Strich kommt bei der Getränkesteuerersatzlösung für den Konsumenten, aber auch für die Gastronomie eine Entlastung heraus. (Abg. Leikam: Interessant!) Ein Angebot an die Jugend: für alkoholfreie Getränke die Getränkesteuer zu streichen und dafür Alkohol etwas zu verteuern. Ich denke, das ist ein Angebot für die Autofahrer, für die Jugend, für die gesamte Gesellschaft, für die Konsumenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie in den anderen Bereichen des Budgets müssen wir auch hier ein Desaster aufräumen. Wir sind dabei, eine SPÖ-Suppe auszulöffeln. (Abg. Schwemlein: Patzen Sie sich nicht an dabei!) Natürlich sind wir Touristiker mit der Ersatzlösung für die Getränkesteuer nicht zu 100 Prozent glücklich. Aber, meine Damen und Herren, es geht hiebei um Verantwortung, und wir stellen uns dieser Verantwortung. Für uns im Tourismus ist die Wettbewerbsfähigkeit wichtig. Wichtig ist aber auch das Wohl unserer Kommunen, unserer Gemeinden. Die Gemeinden schaffen durch Infrastruktur die Voraussetzungen dafür, dass der Tourismus funktioniert. Es geht um den Erhalt der wichtigen Partnerschaft zwischen den Tourismusgemeinden und dem Tourismus. Es geht um einen Tourismus in nachhaltiger Form.

Werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition! Politik hat die Aufgabe, Probleme zu lösen, nicht zu produzieren, wie dies SPÖ-Finanzminister seit 30 Jahren gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich meine, mit der vorliegenden Getränkesteuerersatzlösung werden sowohl die Gemeinden als auch die Konsumenten und die Wirtschaft gut leben können. Ich sage heute nicht "Mahlzeit!", ich sage: Zum Wohl! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Amen!)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.17

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nur ganz kurz und insbesondere auf meinen Vorredner eingehend möchte ich sagen, dass mittlerweile wirklich ganz Österreich weiß, dass es das Lieblingsthema der Regierung ist, Schuldige zu suchen, um von den eigenen Problemen abzulenken. (Beifall bei der SPÖ.) Das gilt für das Budget, das gilt für die EU-Sanktionen und ganz offensichtlich auch für die Getränkesteuer. Meine Damen und Herren! Ich muss sagen: Das ist erstens wehleidig, zweitens unprofessionell, und drittens werden Ihnen bald die Sündenböcke ausgehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das glaube ich nicht, es ist noch genug aufzuarbeiten!)

Zum Thema Getränkesteuer: Meine Damen und Herren! Eine Senkung von indirekten Steuern sollte in aller Regel dazu führen, dass die Konsumenten entlastet werden. Diese Regierung legt ein Getränkesteuerpaket vor, durch das ein Steuerausfall in der Höhe von 1,5 Milliarden Schilling produziert wird und die Konsumenten mit höheren Preisen belastet werden.

Mittlerweile sollten auch alle hier wissen, wie es zu dieser doch einigermaßen paradoxen Situation gekommen ist. Auch wenn der Herr Staatssekretär annimmt beziehungsweise davon ausgeht, dass Preissenkungen weitergegeben werden, so ist es doch schlichtweg so, dass die Gastronomie die Preissenkungen nicht weitergegeben hat. Ich stelle auch gerne eine Erhebung der Arbeiterkammer zur Verfügung, die das belegt. Gleichzeitig wurde übrigens auch festgestellt, dass der Handel die Preissenkungen sehr wohl weitergegeben hat. Nicht weitergegeben werden die Preissenkungen von der Gastronomie. Ich denke, wir alle sind uns darin einig, dass auf der anderen Seite Preiserhöhungen, Steuererhöhungen sehr wohl weitergegeben werden und in die Berechnung der Preise Eingang finden.

Daraus folgt – auch das muss sich wirklich schon herumgesprochen haben –: Im Ergebnis bedeutet die vorliegende Reform:


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Erstens: die Gemeinden müssen einen Steuerausfall in der Höhe von 1,5 Milliarden Schilling hinnehmen, wobei noch nicht einmal klar ist, was mit den 15 Milliarden bis 20 Milliarden Schilling an offenen Rückforderungsansprüchen geschehen wird.

Zweitens: Das Geld, das für dringend notwendige Investitionen der Gemeinden fehlt, wird an die Wirtschaft verteilt. Und das, meine Damen und Herren, ohne dass dadurch ein einziger Arbeitsplatz geschaffen werden wird. Im Gegenteil, durch die Schwächung des Investitionsvolumens der Gemeinden kann es unter Umständen sogar dazu kommen, dass Arbeitsplätze verloren gehen.

Drittens: Die Konsumenten zahlen wie üblich die Rechnung – eine Logik, die sich wie ein schwarz-blauer Faden durch die Regierungsprogrammatik zieht. (Beifall bei der SPÖ.)

Zusätzlich verschärft wird die Problematik für die Gemeinden dadurch, dass ihnen die Regierung auch noch eine Halbierung der Einnahmen aus der Werbeabgabe verordnet, und das, ohne dass es einen sachlichen Zwang dafür gibt. Offenbar geht man nach dem Motto vor: Wenn die Bürgermeister schon beleidigt sind, dann soll es sich wenigstens auszahlen.

Meine Damen und Herren! Das, was ich in diesem Zusammenhang aber wirklich nicht verstehe, ist, dass sich die Regierungsparteien aufspielen, als setzten sie diese Maßnahmen, um das Budget zu sanieren.

Das Budgetziel wird – wenn überhaupt – nur dann erreicht werden können, wenn die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger einen Überschuss von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften. In dieser Situation wird nun aber den Gemeinden ein wesentlicher Teil ihrer finanziellen Basis entzogen, während Mittel im gleichen Ausmaß an die Wirtschaft verteilt werden – und das, obwohl keine wirklich zwingende Notwendigkeit dafür besteht!

Vielleicht ist Herr Minister Grasser der Meinung, dass ein paar Milliarden Schilling ohnehin nur Kleingeld sind. Ich bin der Meinung, dass er, wenn er sein Budget in den Griff bekommen möchte, jede Milliarde brauchen wird, und zwar sowohl jene Milliarden, die den Gemeinden und in der Folge auch dem Budget fehlen werden, als auch jene Milliarden, die durch die Senkung der Lohnnebenkosten und andere Dinge an die Wirtschaft verteilt werden sollen, obwohl es eigentlich gar nichts zu verteilen gibt.

Meine Damen und Herren! Da wir mittlerweile darüber Bescheid wissen, was diese Regierung unter sozialer Treffsicherheit versteht, machen wir uns natürlich Sorgen, dass die so großzügig verteilten Milliarden wieder über die Geldbörsen der "kleinen" Leute hereingebracht werden sollen.

Auch wenn die Getränkesteuer unter Zeitdruck saniert worden ist, wären ein bisschen Phantasie auf der einen Seite und ein bisschen mehr Sinn für Sparsamkeit auf der anderen Seite von uns durchaus positiv anerkannt worden. Gerade in dieser Frage hätte und hat es mehrere Lösungsansätze gegeben. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Der Städtebund, die Gemeinden und eine Reihe anderer Institutionen haben diesbezüglich Vorschläge gemacht – es sind heute schon einige genannt worden –, die EG-rechtlich gehalten, die Konsumenten weniger belastet und einen geringeren Steuerausfall zur Folge gehabt hätten. (Abg. Auer: Welche? Welche?)  – Vielleicht waren Sie gerade nicht anwesend, ich weiß es nicht. (Abg. Auer: Nein, nein, von Ihnen möchte ich sie hören! – Abg. Heinisch-Hosek  – in Richtung des Abg. Auer –: Hätten Sie aufgepasst!)

Bei der vorliegenden Reform hat man offenbar einige Zeit dafür aufgewendet, eine Lösung zu finden, die möglichst alle beteiligten Gruppen verärgert – eine Taktik, die diese Regierung in den ersten 100 Tagen perfektioniert hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Konsumenten sind verärgert, weil sie Preiserhöhungen hinnehmen müssen, ohne von den Steuersenkungen zu profitieren. Die Bürgermeister überlegen Protestaktionen, weil sie sich, wie es der heute schon sehr oft zitierte Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Herr Mödlhammerxxx o.k. , ausdrückt, "von der Vorgangsweise des Finanzministeriums schwer getäuscht


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fühlen"xxx o.k. , weil Herr Minister Grasser und die Regierung "nicht zu ihrem Wort stehen". Auch die Wirtschaft ist ganz offensichtlich alles andere als begeistert, wie wir einem heute auch schon zitierten Inserat der Wirtschaftskammer in der gestrigen Ausgabe des "Standard" entnehmen können.

Meine Damen und Herren! Ich schließe mich der Position der Wirtschaftskammer Österreich an: Wir sind gegen eine Husch-Pfusch-Gemeindefinanzierung, gegen eine Schnitzel- und Kaffeesteuer, die Wirte und Gäste – und ich würde sagen: und Gemeinden – gemeinsam trifft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster ist Herr Staatssekretär Dr. Finz zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl  – in Richtung SPÖ –: Sie haben fünf Jahre am Gegenvorschlag gearbeitet!)

12.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal auf die vorgebrachten Argumente eingehen.

Frau Abgeordnete Moser hat Sorge, dass die Gemeinde- und Städtevertreter in den Finanzausgleichsverhandlungen nicht genügend zu Wort kommen, da sie dort nur jeweils einen Vertreter hätten. – Ich kann Sie beruhigen: Wir haben bisher zwei Verhandlungen gehabt, darin waren Gemeinden und Städte durch jeweils mehrere Personen vertreten, noch dazu durch sehr Wortgewaltige wie etwa den Bürgermeister von Linz und den Bürgermeister von Innsbruck. Und ich kann Ihnen versichern, dass diese sich nicht nur einmal, sondern mehrmals zu Wort gemeldet haben, also öfter, als alle dort Vertretenen zusammen sich zu Wort gemeldet haben. Die Gemeinden und Städte sind also darin sehr, sehr gut vertreten!

Wir streben eine Strukturreform an, weil eine Stabilisierung, eine Konsolidierung des Budgets nur im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich möglich ist. Das ist unser Ziel. Wir wollen keine Verlängerung der bestehenden Regelungen, sondern wir wollen die Lösung aller Probleme angehen. Daher haben wir alle Finanzausgleichsprobleme in 45 Themen aufbereitet, und diese 45 Themen werden wir in zwölf Themenblöcken bis zum Jahresende besprechen.

Es wird insbesondere die Spitalsfinanzierung angegangen werden, es wird der Bevölkerungsschlüssel – dazu gibt es eine Erklärung im Koalitionsabkommen – von Fachleuten genau durchleuchtet werden – wer gewinnt dabei, wer verliert dabei? –, es wird selbstverständlich das Thema Landeslehrer besprochen werden, es wird die Wohnbauförderung besprochen werden, weil da viele Gewohnheiten eingerissen sind, die durchleuchtet und neu untersucht gehören. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn man von Konsolidieren und Sparen spricht, dann sind natürlich alle Gebietskörperschaften angesprochen. Ich habe heute auch das Einsparungspotential in den Kommunen erwähnt, aber darauf ist niemand eingegangen. Es gibt spezielle Fachartikel, die genaue Beträge anführen, die man sich zum Beispiel durch einen gemeinsamen Einkauf erspart. Jeder, der durch die Lande reist, kann sehen, dass parallel Bäder, Freizeithallen gebaut werden, die man bei gemeinsamer Verwendung besser nützen könnte.

Gegenüber der EU treten wir als Gesamtstaat auf. Daher ist die Konsolidierung eine gemeinsame Staatsaufgabe, was auch alle Vertreter in den Finanzausgleichsverhandlungen prinzipiell einmal zugestanden haben.

Es wurde heute auch gefragt, warum keine Ersatzlösung vorbereitet wurde. Dazu Folgendes: Wir haben anlässlich unseres Kassasturzes sofort untersucht, was bezüglich der Getränkesteuer vorbereitet ist. – Es war nichts vorbereitet! Wir haben, wie in vielen Fragen, den aktenmäßigen Stand erhoben: Es war nicht nur das Budget 2000 nicht vorbereitet, es waren keine Erhebungen in den Ressorts eingeleitet, es haben keine Ressortbesprechungen stattgefunden, obwohl wir damals bereits den 4. Februar 2000 hatten und der Vollzug des Budgets 2000 am 1. Jänner dieses Jahres begonnen hatte. (Abg. Auer: Edlinger, stimmt das?)


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Ebenso war für die Getränkesteuer nichts vorbereitet, keine möglichen Ersatzlösungen! (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist die Wahrheit!) Wir haben noch am Tag des Erkenntnisses die Verhandlungen darüber eingeleitet. Das ist unsere Art, Probleme zu lösen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Es sind die Rückzahlungen angesprochen worden. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.) Das ist ein sehr ernstes Problem, selbstverständlich, und wir nehmen es auch ernst! Allerdings handelt es sich um eine Kommunalsteuer, daher sind zunächst einmal – und dazu gibt es auch Vorbereitungen und gesetzliche Regelungen – die Länder gefordert, im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten bei einer Kommunalsteuer dafür zu sorgen, dass – etwa mittels Bereicherungsverboten und dergleichen – die gesetzlichen Möglichkeiten, derartige Rückforderungen zu stellen, eingeschränkt werden. Das ist nicht in erster Linie Aufgabe des Bundes!

Es wurden heute weiters die Künstler angesprochen. Die Künstler-Sozialversicherung ist zwar heute nicht Gegenstand der Debatte – das ist richtigerweise festgestellt worden –, aber wir haben dringende steuerliche Fragen, die sehr lange aufgeschoben wurden, in diesem heute vorliegenden Paket bereits mit gelöst. Also: Wir gehen die Lösung jener Probleme, die schon lange vorhanden sind, zum frühestmöglichen Zeitpunkt an.

Es ist heute noch einmal die Frage der Zweckbindung erwähnt worden und dass daher der Gemeindevorschlag so gut gewesen wäre: Zweckbindungen sind auch eine Erschwernis für die Kommunen, denn man muss bereits im Vorhinein wissen, für welche Zwecke man die Steuer benützen wird, und ist daher total unflexibel, wenn andere Bedürfnisse entstehen. Es ist in der Finanzwissenschaft unbestritten, dass Zweckbindungen abgeschafft gehören. Sie sind keine gute Lösung, weil sie flexible Lösungen, das Eingehen auf neue Tatbestände, das flexible Reagieren erschweren. (Abg. Edlinger: Gilt das auch für den FLAF?)

Es sagt auch jeder Finanzminister, wenn er im Amt ist, dass Zweckbindungen abgeschafft werden sollen. (Abg. Edlinger: Ja!) Natürlich, wenn er nicht mehr im Amt ist, sagt er, Zweckbindungen wären gut. (Abg. Edlinger: Das habe ich nicht!)

Es wurden heute auch die Kalkulationen und der Punkt, dass die Steuererleichterungen nicht weitergegeben werden, angesprochen. Kalkulationen sind eine Sache, aber im Wettbewerb zu bestehen, ist eine andere Sache. Es werden nur jene gastronomischen Betriebe bestehen bleiben, die sich wirklich im Wettbewerb durchsetzen können. Daher bin ich überzeugt davon, dass auch diese Ermäßigungen weitergegeben werden. (Abg. Edler: Herr Staatssekretär, die Chinesen setzen sich durch in Wien!)

Wir haben aber insofern auf die Wettbewerbssituation Bezug genommen, als wir die Nächtigung nicht in die Umsatzsteuererhöhung einbezogen haben, weil da eben ein strenger Wettbewerb herrscht. Zusätzlich werden wir noch eine Verwaltungserleichterung in Form einer Pauschalierung ermöglichen, damit die unterschiedlichen Steuersätze mit einem Steuersatz verwaltungsfreundlich abgehandelt werden können. (Abg. Schwemlein: Aber die All-inclusive-Betriebe sind davon betroffen!)

Es ist heute wiederholt behauptet worden, der Herr Finanzminister habe keine Handschlagqualität. Ich wiederhole es noch einmal: Es gibt und gab keine Vereinbarung für das Jahr 2000. Es gab nur eine grundsätzliche Einigung, bei der auch ich anwesend war, wonach den Gemeinden 4,5 Milliarden Schilling garantiert werden. Allerdings wurde danach eine Aliquotierung gefordert, was aus unserer Sicht nicht richtig ist, weil die einzelnen Steuern sowohl bei der alten Getränkesteuer als auch bei der neu einzuführenden Getränkesteuer gestaffelt sind und man daher auf das tatsächliche Aufkommen Rücksicht nehmen muss. Wir müssen den Haushalt konsolidieren und können nicht einfach im Hinblick auf eine künftige Lösung irgendwelche Pauschalbeträge hergeben.

Frau Abgeordnete Kubitschek hat gesagt, wir würden von Problemen ablenken. – Ganz im Gegenteil, wir nehmen die Probleme an, wir suchen nicht nach den Schuldigen. (Abg. Schwemlein: Sie ziehen die Probleme an!)


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Ich nenne diese Probleme noch einmal: Wir haben das Budget 2000 binnen 14 Tagen gelöst, wir haben die Getränkesteuer sofort, noch an jenem Tag, als das EU-Erkenntnis vorgelegt wurde, in Angriff genommen, und wir haben auch mit der lang aufgeschobenen Sparbuchfrage begonnen! Diesbezüglich gab es schon einen bedingten FATF
xxx o.k. -Beschluss, dass wir aus dieser Gruppe ausgeschlossen werden, falls wir bis Ende Mai 2000 kein Lösungskonzept vorlegen. Am 4. Februar 2000 lag noch kein Konzept vor. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Am liebsten wäre es der Regierung, wenn man ihr alles vorbereitet hätte!)

12.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wenitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.32

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der heutigen Debattenbeiträge der Sozialdemokraten, im Speziellen des Ihren, Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger, könnte man meinen, ein Meteoriteneinschlag oder etwas anderes Unvorhersehbares wäre in Österreich passiert. – Mitnichten, Herr Kollege Edlinger! Seit Jahren ist bekannt, dass die Getränkesteuer in der jetzigen Form fallen wird. Das hat jeder gewusst, nur Sie offensichtlich nicht!

Zweitens ist es Faktum, Herr Finanzminister außer Dienst, dass sowohl Ihre Vorgänger als auch Sie persönlich nichts dazu getan haben, um rechtzeitig für eine Ersatzlösung zu sorgen. Sie haben jahrelang dafür Zeit gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: ... trotzdem nicht richtig!)  – Ihre jetzigen Belehrungen, Herr Finanzminister a. D., sind unangebracht und kommen vor allem zu spät. (Abg. Edlinger: Die Wirte haben meinem Vorschlag nicht zugestimmt!)

Drittens hat es diese neue Bundesregierung mit Herrn Finanzminister Grasser und Herrn Staatssekretär Finz innerhalb weniger Wochen geschafft, eine Ersatzlösung zu finden.

Und viertens muss ich Ihnen sagen, dass weder diese Bundesregierung noch wir Abgeordneten von den Koalitionsparteien daran interessiert sind, eine Ersatzlösung zu finden, die die Wirtschaft belastet, aber es war einfach nicht anders möglich. Ich darf an all diese Zeitungsmeldungen erinnern, in denen der Gemeinde- und der Städtebund dem Herrn Finanzminister bereits gedroht und eine Lösung verlangt haben. Diese Regierung war gefordert, und sie hat es wirklich innerhalb kurzer Zeit geschafft.

Ich sage Ihnen offen und ehrlich, Herr Finanzminister außer Dienst: Mir persönlich wäre es natürlich aus Wettbewerbsgründen für unsere Wirtschaft am liebsten, wir bräuchten überhaupt keine Ersatzlösung zu finden. Das wäre mir am liebsten! (Abg. Oberhaidinger: "Flat-Tax" heißt das Zauberwort!) Wenn die Gemeinden in Zukunft sparsamer und effizienter arbeiten würden, wenn sie bei der Verwaltung einsparen würden, dann wäre allerhand möglich! Dann bräuchten wir jetzt nicht mit Muss irgendeine Ersatzlösung zu suchen.

Ich möchte ein bisschen von meiner eigenen Heimatgemeinde erzählen – ich weiß ja, wie so etwas läuft. Wir waren fünf Jahre lang in einer Koalition mit der Sozialdemokratischen Partei. (Abg. Schwemlein: Die Armen!) Es gab einen sozialdemokratischen Bürgermeister und einen freiheitlichen Vizebürgermeister. Das ist zwei, drei Jahre lang relativ gut gegangen, wir waren uns immer relativ einig. Im vierten Jahr hat der Herr Bürgermeister auf einmal die Idee hervorgezaubert, dass diese Gemeinde mit 1 800 Einwohnern ein nagelneues Gemeindezentrum braucht, ein Gemeindezentrum mit einem Saal für die Senioren, mit einer Ausschank, mit einer Küche, mit einem Veranstaltungssaal für Bälle, einem Sitzungssaal für die Gemeinde. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Und was war mit der freiheitlichen Vizebürgermeisterin?)  – Kollege Kummerer, auf dich komme ich dann gleich zu sprechen.

Was war die Lösung? – Der Herr Bürgermeister hat an den Gemeinderat den Vorschlag herangetragen, einen Leasing-Kredit in der Höhe von 25 Millionen Schilling aufzunehmen – denn das


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ist ja für eine Gemeinde mit 1 800 Einwohnern "nichts" – und alles neu zu bauen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Und was war mit der freiheitlichen Vizebürgermeisterin?)

Darum sage ich klar und deutlich: Die Gemeinden sind in Zukunft aufgefordert, effizienter, sparsamer zu wirtschaften und vor allem in der Verwaltung einzusparen, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird mir persönlich nichts anderes übrig bleiben, als dieser Kompromisslösung zuzustimmen, auch im Hinblick darauf, dass die Wirtschaft doch immerhin um insgesamt 1,5 Milliarden Schilling in Zukunft verschont bleibt und damit wettbewerbsfähiger werden kann. Das allein ist schon ein Aspekt, bei dem ich sage, okay, das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. Zufrieden bin ich, wie gesagt, noch nicht ganz, aber ich werde diesem Kompromiss zustimmen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: ... schwarz-blau bis auf die Gemeindeebene!)

Kollege Kummerer! Ich weiß, du redest jetzt sehr viel dazwischen, ungefähr so, wie Herr Kollege Edlinger das vorher auch gemacht hat. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Was war mit der Frau Vizebürgermeisterin?) Ich vermisse immer noch eine Berichtigung zur Wortmeldung meines Kollegen Trattner, wonach sich Herr Edlinger mehr oder weniger vom Steuerzahler, sprich vom Magistrat Wien, seine privaten Prozesse finanzieren lässt. Darauf möchte ich von euch eine Antwort haben. Das wäre interessant! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum, wie kann so etwas passieren? Jeder "kleine" Steuerzahler, jeder Bürger in Österreich ist für seine Prozesskosten selbst verantwortlich. Aber ein Finanzminister oder ehemaliger Stadtrat kann das machen. (Abg. Edlinger: ... keine Prozesskosten verursacht!) Da ist das kein Problem! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger. )  – Herr Kollege Edlinger! Reden Sie doch nicht so, ich habe Ihre Ausführungen sehr gut verstanden. (Abg. Edlinger: Na also!)

Herr Kollege Edlinger! Sie mögen vielleicht zurzeit der billigste Abgeordnete in diesem Hohen Haus sein, aber eines waren Sie mit Sicherheit: der für die österreichischen Steuerzahler teuerste Finanzminister aller Zeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Wenn er nicht aufpasst, geht Rapid auch noch den Bach hinunter!)

12.37

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Im Zuge dieser Debatte boten uns die Vertreter der Koalitionsparteien ein trauriges Bild. Ich möchte sogar sagen: Die Maske des immer währenden Lächelns ist ab, was zurück bleibt, ist ein versteinertes Gesicht, ein Gesicht, das die österreichischen Bürgerinnen und Bürger, die österreichischen Gemeinden nur erschrecken kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Reden Sie vom Gusenbauer?)

Georg Schwarzenberger, melde dich, wenn du etwas zu sagen hast (Abg. Schwarzenberger: Ja , ich werde mich nachher zu Wort melden!), und ärgere mich nicht, denn sonst fällt mir vor dem Hintergrund dieser mehr als entbehrlichen Hump- und Dump-Debatte ein, dass du ein Land- und Forstwirt bist, und dann käme bei dir der Forest-Gu mp heraus – und das möchte ich unbedingt vermeiden! Horch also, was ich zu sagen habe! (Abg. Schwarzenberger: Solche Sprachstörungen haben wir nicht!)

Meine Damen und Herren! Was die Interessenvertreter dazu gesagt haben, ergab ein höchst trauriges Bild. Erlauben Sie mir ein paar Zitate. Herr Leitl meinte – ich zitiere –:

"Erhöhung der Mehrwertsteuer ,phantasielos‘. So einfach kann es nicht gehen, da regiert Phantasielosigkeit und kein wirtschaftliches Einfühlungsvermögen." – Zitatende. xxx vgl.

Herr Leitl ist der neue Wirtschaftskammer-Boss! Nicht ich sage das, sondern Herr Leitl, der Vertreter der Wirtschaft, hat das gesagt!


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Herr Leitl sagte auch – ich zitiere –: "Na das schaue ich mir an, ob man mit der Wirtschaft, wenn sie vernünftige Vorschläge hat, nicht verhandelt. Das schaue ich mir wirklich an." – Zitatende.
xxx vgl.

Wir haben es uns angeschaut. Nichts wurde verhandelt, nicht einmal geredet wurde mit ihm, drübergefahren wurde! (Abg. Böhacker: Das ist ja unrichtig!) So gehen Sie mit Ihren Vertretern in der Wirtschaftskammer um.

Ich weiß, warum Kollege Stummvoll sich da abwendet. Kollege Stummvoll ist in der Wirtschaftskammer eher am absteigenden Ast, denn die neue starke Kraft ist Herr Leitl. Aber diesen Herrn Leitl scheinen die Koalitionsparteien überhaupt nicht zu lieben. Am Ende meinte er nämlich – ich zitiere –:

"Wenn wir schon ein Folterinstrument auf uns nehmen müssen, dann wollen wir über die Art des Instruments mitbestimmen".xxx vgl.

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen schon sagen: Wenn Sie schon Sadomaso-Gesetze machen, wie es Herr Leitl darstellt, dann sollten Sie ihn zumindest in die Bestimmung der Art Ihrer Instrumente einbinden.

Aber ich möchte mich nicht nur auf die Vertreter der ÖVP konzentrieren – Herrn Mödlhammerxxx o.k. zitiere ich gar nicht mehr, denn dieser hat in der Vergangenheit ein Bild höchst trauriger Natur geboten. Ich sehe ihn heute noch vor mir! Herr Mödlhammer voriges Jahr im SPÖ-Klub – händeringend, mit Tränensäcken –: Liebe Freunde von der Sozialdemokratie, helft uns bitte! – Wir haben gesagt: Wir helfen Ihnen gerne, aber Sie müssen mit Herrn Klubobmann Khol reden. Daraufhin sagte er: Von dem komme ich ja gerade, aber der hat mich so gut wie hinausgeschmissen! (Zwischenrufe.)

Ich frage mich: Was ist das für ein Präsident des Österreichischen Gemeindebundes? – Es ist ein trauriges Bild, das Sie hier liefern, ein höchst trauriges Bild! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol begibt sich in Richtung Präsidium.)  – Herr Kollege Khol, wenn Sie die Absicht haben, eine tatsächliche Berichtigung zu machen, dann muss ich Ihnen sagen, das geht nicht, denn ich habe eine Frage gestellt, und meine Fragen werden Sie wohl nicht tatsächlich berichtigen wollen. Aber vielleicht entspricht das der neuen Geschäftsordnung des Hohen Hauses. (Abg. Schwarzenberger: Das war eine Aussage, keine Frage!)

Mein Damen und Herren, ich wende mich jetzt einer anderen politischen Partei zu, nämlich der Freiheitlichen Partei. (Oje-Rufe bei den Freiheitlichen.) Das ist jene Partei, die eine ganz besondere Harmonie ausstrahlt! Ich zitiere einen sehr wesentlichen und wichtigen Vertreter der Freiheitlichen Partei, den Salzburger Landesparteiobmann, also nicht irgendjemanden, sondern den Landesparteiobmann, den Chef von Böhacker, von Haigermoser und einigen anderen Kollegen (Abg. Böhacker: Ich habe keinen "Chef", ich bin ein frei gewählter Abgeordneter! Du hast einen Chef, den Gusenbauer!)  – nein, wie du in den Nationalrat gekommen bist, wissen wir! –, nämlich Karl Schnell!

Karl Schnell sagt über seinen Finanzminister, dass dieser keine Ahnung von der Gastronomie habe. Ich zitiere:

"Der Vorschlag Grassers, die Mehrwertsteuer auf Speisen ... anzuheben, zeigt, dass der Herr Finanzminister keine Ahnung von der Gastronomie hat."xxx vgl.  – Zitatende.

Es fällt mir schwer, Karl Schnell zu widersprechen. Zwar sagt er vielleicht nicht immer die Wahrheit, aber in diesem Fall wird er wohl Recht gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Schwemlein, warum bist du jetzt so rot?)

Als nächsten wesentlichen Punkt stellt Herr Schnell fest – ich zitiere –:

"Wir alle leben vom Tourismus. Das sollte auch bis zum Herrn Finanzminister durchgedrungen sein. Insgesamt sind die Vorschläge Grassers abzulehnen, ..."


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Alles Weitere zitiere ich gar nicht, denn sonst müsste ich Ihnen noch mehr wehtun.

Meine Damen und Herren! In der heutigen Debatte haben nicht nur Kammervertreter gesprochen, es haben Bürgermeister gesprochen (Abg. Böhacker: Lehrer!), und es haben so genannte Experten gesprochen. Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Es liegt ein Brief des Österreichischen Hotelierverbandes vor. In diesem Brief wird eindringlich gebeten: Bitte, liebe Vertreter der SPÖ, helft uns, helft uns, dass eine derartige Getränkesteuerlösung nicht kommt! Das, was der Herr Staatssekretär gesagt hat, stimmt nicht, und das, was die Vertreter der Regierungsparteien gesagt haben, stimmt auch nicht, nämlich dass diese neue Regelung die Konsumenten und auch die Unternehmen weniger kostet.

Wir haben sogar ein konkretes Beispiel eines Betriebes angeführt bekommen. (Abg. Böhacker: Mag. Helmut Peter!) Allein dieser eine Betrieb hat auf Grund dieser Regelung einen Mehraufwand von über 400 000 S im Jahr! Das heißt, die Unternehmerpartei ÖVP schickt einen der namhaftesten gastronomischen Unternehmer Österreichs (Abg. Böhacker: Mag. Helmut Peter! Sag es doch!) mit einer Getränkesteuerregelung in das nächste Jahr, die ihn 400 000 S kostet! (Abg. Böhacker: Hast du es nachgerechnet?) Das ist eine Schande für eine Wirtschaftspartei – wenn Sie überhaupt noch eine solche sind, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Er plappert das nach, was der Helmut Peter sagt!)

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich bin seit 15 Jahren ... (Abg. Schwarzenberger: Der Schwemlein will den Gemeinden überhaupt nichts zukommen lassen!)  – Lieber Georg Schwarzenberger, du bist ein Vertreter der Großbauern Ostösterreichs, lass dir einmal von einem Finanzreferenten einer kleinen Gemeinde etwas sagen. (Abg. Schwarzenberger: Sie sind dagegen, dass die Wirtschaft den Gemeinden etwas zahlt!)

Dieser Finanzreferent ist einerseits dazu verpflichtet, einen Beitrag zur Einhaltung der Konvergenzkriterien zu leisten, damit wir also Maastricht-konform sind, dieser Finanzreferent wird also sehr wohl dazu angehalten, ein ausgeglichenes Budget vorzulegen, das andererseits aber auch investiv sein soll. – Nur, Tatsache ist, dass die freie Budgetspitze, etwa in meiner Gemeinde, im Wesentlichen von der Getränkesteuer geformt war! Wenn mir nun diese freie Budgetspitze weggenommen wird, hat das zur Folge, dass wir ein Investitionsvolumen von in etwa 100 Millionen Schilling gar nicht mehr bewältigen können! Und wen treffen wir damit? – Die klein- und mittelständisch strukturierte Wirtschaft, jene Wirtschaft, die Sie vorgeben zu vertreten.

Ich sage von dieser Stelle aus mit aller Deutlichkeit: Sie vertreten die klein- und mittelständischen Betriebe nicht! Sie entziehen Ihnen mit Ihrer Politik die Finanzkraft, Sie entziehen Ihnen die Aufträge für die Zukunft! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ich möchte Ihnen abschließend zu dieser leidigen Getränkesteuerdiskussion noch Folgendes sagen: Bekennen Sie, dass es ein massiver Fehler ist, eine derartige Neuregelung zu beschließen, und beklagen Sie nicht gleichzeitig, sehr vieles in Zukunft zu beobachten – wie das auch Kollege Auer gesagt hat. Ich glaube, dass der wesentliche Schritt in der Frage der Getränkesteuer jener ist, dass wir uns offen und mit aller Kraft für die finanzielle Ausstattung der Gemeinden und mit dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger beschäftigen. Das heißt: Lehnen Sie den Vorschlag der Koalitionsparteien ab! (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Dr. Khol zu Wort gemeldet. Dem § 58 der Geschäftsordnung muss ich nichts hinzufügen. (Abg. Dr. Mertel: Frage-Berichtigung!)

12.46

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Hohes Haus! Mein Vorredner hat die Behauptung in den Raum gestellt, ich hätte Herrn Mödlhammer hinausgeschmissen. (Abg. Schwemlein: Ich habe gefragt!)


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Sein hier anwesender Sekretär, Hofrat Dr. Hink
xxx o.k. , wird mir bestätigen: Ich schmeiße niemanden hinaus, auch Sie nicht, Herr ... (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Böhacker zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.47

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mein Salzburger Kollege Schwemlein hat von diesem Pult aus vor wenigen Minuten behauptet, dass die Wirtschaft im Allgemeinen und Präsident Leitl im Besonderen in die Verhandlungen nicht eingebunden gewesen wären. (Abg. Schwemlein: Das hat der Leitl gesagt, nicht ich! Das musst du den Leitl berichtigen!) – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass sowohl die Wirtschaftsvertreter im Allgemeinen als auch Herr Präsident Leitl in mehreren Gipfelgesprächen eingebunden waren. Ich selbst war allein bei vier Gesprächen dabei, bei denen auch Leitl anwesend war.

Ergänzend dazu möchte ich noch festhalten, dass die Wirtschaft ihre Anliegen sehr wohl eingebracht hat und es zu verschiedensten Anpassungen bei der Getränkesteuerreform auf Wunsch der Wirtschaft gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Parnigoni: Das ist super! Die Wirtschaftsbetriebe werden es euch danken!)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.48

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie von jemandem 100 S bekommen und dann aus irgendeinem Grund 80 S zurückgeben müssen, werden Sie die restlichen 20 S weniger hoch bewerten und sich kritisch darüber äußern, dass Sie 80 S zurückgeben haben müssen. Das erklärt einigermaßen die momentane Stimmung im Gastronomiebereich. Ausgehend von der EuGH-Entscheidung, durch welche mit Ausnahme der alkoholfreien Getränke die Steuerbelastung de facto auf null gestellt wurde, ist man nicht besonders begeistert, wenn die Regierung nun die Gesamtbilanz vorstellt, wonach, wenn man Positiva und Negativa summiert, 1,4 Milliarden Schilling übrig bleiben.

Mir ist in der heutigen Diskussion aufgefallen, dass ein bisschen die Stimmung und auch die Einstellung herrschen – nach dem heute mehrmals zitierten Motto: "Alte Steuer, gute Steuer" –, dass man es als fast illegitim ansieht, wenn jemand den EuGH oder ein Gericht beansprucht, um eine entsprechende Feststellung treffen zu lassen.

Daher glaube ich, dass man einige grundsätzliche Überlegungen anstellen muss. Meiner Meinung nach muss es prinzipiell legitim sein und jedem zustehen, eine als ungerecht empfundene Regelung überprüfen zu lassen, umso mehr, als wir jetzt in einer größeren Gemeinschaft einem härteren Wettbewerb ausgesetzt sind.

Zweitens sollte es die ganz normale, politisch logische und zwingende Konsequenz sein, dass eine beispielsweise vom EuGH getroffene Entscheidung nicht nur formal reflektiert oder repariert, sondern auch materiell-rechtlich zur Kenntnis genommen wird.

Meine Damen und Herren! Es ist das eine Frage des Vertrauens in die Rechtssicherheit und in den Rechtsstaat. Der Bürger hat ein Recht, dass Entscheidungen entsprechend berücksichtigt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach müssen diese Grundsätze dann umso intensiver umgesetzt werden, wenn die Beschwerdeführer Jahrzehnte hindurch eine als ungerecht empfundene Belastung reklamieren und immer mit offenem Visier gekämpft haben.


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26. Sitzung / Seite 68

Herr Finanzminister außer Dienst! Sie und Ihr Vorgänger haben schon maßgeblich dazu beigetragen, dass man bis jetzt keine substantiell bessere Lösung gefunden hat, weil Sie sich immer auf den Standpunkt gestellt haben: Es kommt sowieso keine andere Entscheidung, das wird ohnehin bestätigt. – Man muss wissen: Vor Gericht und auf hoher See ist man den Mächten der anderen ausgesetzt!

Zum Zweiten muss ich auch sagen, warum man das gemacht hat. Das hat man nicht deshalb gemacht, weil man nur Willkür oder Formalmängel beim EuGH anfechten wollte, sondern weil die Besteuerung der Gastronomie im internationalen Vergleich sehr hoch ist. Nehmen Sie die Getränkesteuer weg, so bleibt im Vergleich mit anderen Ländern, nämlich Konkurrenzländern wie Italien, Deutschland oder der Schweiz, immer noch, dass wir bei der Biersteuer voranliegen, was bedeutet, dass wir hier Wettbewerbsnachteile haben.

Meine Damen und Herren! Es wäre eine Sache, wenn die Wirtschaft herginge und sich auf den Standpunkt stellte: Wir wollen, dass die Entscheidung respektiert wird! Wir tragen eine neuerliche Belastung nicht mit! – Das hat die Wirtschaft jedoch nicht getan: aus Verantwortung gegenüber dem Ganzen und insbesondere aus Verantwortung gegenüber den Gemeinden. Die Gemeinden sind unser wichtigster Auftraggeber. Es ist uns ein Anliegen, dass das geregelt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir hätten uns allerdings schon andere Anknüpfungspunkte vorstellen können. Die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer wurden hier schon genannt, aber es gibt ja auch Befreiungen auf 20 Jahre, wenn jemand ein Haus baut. Und da sollte man schon die Frage stellen: Wer ist eigentlich derjenige, der die Infrastruktur in der Gemeinde benützt? Warum kann man da nicht entsprechend bessere Regelungen vorantreiben? (Abg. Leikam: Jetzt sollen die Häuselbauer herhalten!)

Das ist jetzt eigentlich vergossene Milch, das hilft uns nicht. Wir haben nunmehr einen Lösungsvorschlag erarbeitet, der heute zur Beschlussfassung steht. Dieser Lösungsvorschlag beinhaltet etwas Positives und einige Wermutstropfen. Das Positive an dem Ganzen ist, dass insgesamt 1,5 Milliarden Schilling wegfallen, das Negative ist die Mehrwertsteuererhöhung für Speisen und Getränke.

Negativ ist das aus mehreren Gründen, die ich schon ansprechen möchte. Ein Grund ist: Es kann eben nicht jeder Gastronom eine Steuererhöhung eins zu eins weitergeben, sonst hätte er nicht schon jetzt Probleme im Wettbewerb gehabt und sonst hätten wir nicht eine derart hohe Zahl an Konkursen.

Ein zweiter Grund in diesem Zusammenhang ist: Die Regelung ist natürlich wettbewerbsverzerrend. Warum? – Weil sie diejenigen belohnt, etwa im Handelsbereich, die Nebenrechte haben und mit 10 Prozent abwickeln, oder diejenigen belohnt, die Urlaub am Bauernhof mit pauschalierter Regelung machen und alles anbieten können. Daher ist das vom Grundsatz her bedenklich.

Ein dritter Grund in diesem Zusammenhang: Die Bürokratie wird nicht unbedingt weniger. Einer, der jetzt Nächtigungen und Gastronomie betreibt, hat eine Nächtigungstaxe abzuwickeln, hat einen Mehrwertsteuersatz von 10 Prozent für die Nächtigung, 14 Prozent für das Frühstück und 20 Prozent, wenn dann jemand noch einen Kaffee trinkt, zu berücksichtigen.

Daher ist aus meiner Sicht ganz klar – das ist jetzt der Wunsch in Richtung Zukunft –: Es muss gelingen, dass auf dem Erlassweg all diese Bürokratie weggebracht wird, sodass zumindest die Abwicklung einigermaßen normal ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch noch Folgendes anmerken: Wir von der Wirtschaft haben alternative Finanzierungsvorschläge eingebracht – Präsident Leitl ist hier mehrmals angesprochen worden –, weil wir die Meinung vertreten haben, dass auf einer breiteren Bemessungsbasis und mit einem solidarischen Akt auf der einen Seite die Bereitschaft sämtlicher Unternehmer, das insgesamt mitzutragen, und auf der anderen Seite die Bereitschaft bei der Gastronomie, das zu akzeptieren, größer gewesen wären.


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Stenographisches Protokoll
26. Sitzung / Seite 69

Es gab die Zeitproblematik, und es waren die Möglichkeiten im Verhandlungsbereich, vor allem im Kompensationsbereich, sehr eingeschränkt, sodass noch keine bessere Lösung zustande gekommen ist.

In logischer Konsequenz müsste man daher eigentlich überlegen, ob die Wirtschaftstreibenden und die Wirtschaftsbundvertreter hier überhaupt zustimmen können. Wir haben uns schweren Herzens und nach langer Diskussion dafür entschieden, dass hier ein Gesamtprojekt auf dem Spiel steht, dass es vermutlich aus präjudiziellen Gründen nicht angeht, das eine oder andere taktisch zu verhindern.

Daher: Mit Zähneknirschen und in dem Wissen, dass es noch einige Möglichkeiten gibt, die Regelung auf dem Erlassweg einigermaßen praktikabel abzuwickeln, stimmen auch wir dieser Entscheidung zu – in Solidarität mit den Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.55


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Stenographisches Protokoll
26. Sitzung / Seite 70

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

12.55

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Mitterlehner, ja, es ist eine Frage des Vertrauens, das die Mitglieder der Wirtschaftskammer in ihre Vertreter hier in diesem Haus setzen. Dem Vernehmen nach – das ist auch in einer Presseaussendung der Staatssekretärin Mares Rossmann zu lesen – soll es nämlich bei der Neuregelung der Getränkesteuer auf dem Erlassweg zu einer unbürokratischen Regelung für die Hotellerie kommen.

Wo, Herr Kollege Mitterlehner, bleiben die kleinen Gasthäuser? Wo sind die kleinen Landgasthäuser bei dieser Pauschalierung vertreten? Noch kann ich in dieser Aussendung nichts lesen, noch höre ich auch von den "kleinen" Wirten, dass sie von dieser Pauschalregelung, die für die Hotellerie kommen soll, nicht betroffen sein werden. Genau diese "kleinen" Wirte brauchen wir in den Landgemeinden, brauchen wir für den sanften Tourismus. Diese Regelung bringt eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber diesen "kleinen" Wirten.

Außerdem haben Sie, Herr Staatssekretär, gesagt, es können nicht einerseits der Haushalt konsolidiert und andererseits irgendwelche Pauschalbeträge hergegeben werden. Wenn ich jetzt lese, dass sich Frau Staatssekretärin Rossmann für die Hotellerie Pauschalbeträge auf dem Erlassweg wünscht, dann, bitte, aber auch Pauschalbeträge für die "kleinen" Wirte. (Abg. Böhacker: Das steht ja in der Ausschussfeststellung drin, Frau Kollegin!)

Ich lade Sie alle ein, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP, aber auch von der FPÖ, stimmen Sie dem Antrag der SPÖ zu, der da lautet:

Entschließungsantrag xxx vergl. Pk

der Abgeordneten Hagenhofer und GenossInnen betreffend gleichwertige Regelungen für Kleingastwirte und Beherbergungsbetriebe

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es im Zusammenhang mit der Ersatzfinanzierung der Getränkesteuer für Gastgewerbebetriebe mit wenigen Fremdenzimmern (bis 10 Betten) zu keiner Mehrbelastung bei der Verrechnung der Steuerbelastung kommt. Der Pauschalierungserlass zur Steuerverrechnung sollte für die Kleingastronomie großzügige Regelungen vorsehen.

*****

Ich lade Sie ein: Stimmen Sie bitte unserem Entschließungsantrag zu! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Mit zehn Betten, das ist ja eine ganz andere Regelung!)

12.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagenhofer, Genossen und Genossinnen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 101 der Beilagen.

Hiezu hat die Abgeordnete Dr. Glawischnig ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich des Artikels I gestellt.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 15 in Artikel IX bezieht. Es ist namentliche Abstimmung über diesen Antrag verlangt worden.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht. Auch dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Schließlich haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung sowie die von den erwähnten Abänderungsanträgen beziehungsweise Zusatzanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 10a in Artikel II sowie neuer Ziffern 2a bis 2e in Artikel III bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Böhacker Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel II Ziffern 5 und 12 sowie Artikel X § 1 Abs. 3 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 15 in Artikel IX bezieht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.


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26. Sitzung / Seite 71

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordnete, die für den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird ihn später ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Schweitzer und Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend (den Vorsitz übernehmend): Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13.08 Uhr unterbrochen und um 13.13 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 177; davon "Ja" -Stimmen: 77 und "Nein" -Stimmen: 100.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen betreffend eine neue Ziffer 15 in Artikel IX ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
26. Sitzung / Seite 72

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl Harald, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer, Loos;

Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen haben einen Abänderungsantrag hinsichtlich mehrerer Ziffern des Artikels IX eingebracht.


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26. Sitzung / Seite 73

Es ist auch da namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung auch durchzuführen, und ich gehe daher so vor, wie wir es gerade bei der ersten Abstimmung durchgeführt haben.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen stimmen, "Ja" - Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird ihn später dabei ablösen.

Bis zu diesem Augenblick freue ich mich noch, dass auch der Österreichische Gemeindebund unter der Führung von Herrn Bürgermeister Kröll heute zu Besuch ist. Ich begrüße ihn auf das Herzlichste hier im Hohen Hause. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Schweitzer und Auer werfen die Abgeordneten ihre Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13.20 Uhr unterbrochen und um 13.25 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 177; davon "Ja" - Stimmen: 77 und "Nein" - Stimmen: 100.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen betreffend Artikel IX ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sopie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;


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26. Sitzung / Seite 74

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Mertel, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer, Loos;

Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.


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26. Sitzung / Seite 75

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gaßner und Genossen betreffend Einhaltung des Preisgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagenhofer und Genossen betreffend gleichwertige Regelungen für Kleingastwirte und Beherbergungsbetriebe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 102 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Dr. Heindl und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Es liegt nur dieser eine Antrag vor. Ich werde daher über den Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten ausdrücklich fest.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 102 der Beilagen in der Fassung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Dr. Heindl und Genossen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit auch angenommen.

Ich stelle damit die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen, und damit wurde auch die verfassungsmäßig gebotene Zweidrittelmehrheit erreicht beziehungsweise überschritten.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 103 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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26. Sitzung / Seite 76

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Durchführung einer kurzen Debatte. Diese betrifft den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 102/A betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer und das NS-Regime verharmlosender Äußerungen von FPÖ-Politikern eine Frist bis 5. Juni 2000 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin. Ich erteile es ihr hiemit.

13.30

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe vor einiger Zeit den Entschließungsantrag 102/A eingebracht. Meine Kollegin und außenpolitische Sprecherin des grünen Klubs, Ulrike Lunacek, hat in einem ähnlichen Antrag noch weiter gehende Aussagen zusammengefasst und Ähnliches beantragt. Ich ersuche alle Mitglieder des Hauses, insbesondere aber die Damen und Herren des ÖVP-Klubs, sich diesen Antrag doch genauer anzusehen, sofern sie es noch nicht getan haben, und einmal ernsthaft zu prüfen, ob nicht die Annahme eines derartigen Antrages der entscheidende Schritt wäre, um Bewegung in die europäische Debatte betreffend das Verhältnis Österreichs zu den anderen 14 EU-Staaten zu bringen.

Es wird seit geraumer Zeit – daran üben die Oppositionsparteien verständlicherweise Kritik – von den Regierungsfraktionen der Eindruck erweckt, dass völlig grundlos, völlig anlasslos ein Aufschrei der Empörung angesichts der Regierungsbildung in Österreich durch Europa gegangen ist. Wir sind der Meinung, man wird aus dieser Debatte, wer die Verantwortung trägt, ob der Anlass dieser so genannten Sanktionen berechtigt ist oder nicht, nur dann herauskommen, wenn es eine ernsthafte Bereitschaft gibt, sich mit Äußerungen, die leider in der Vergangenheit in und außerhalb dieses Hauses gefallen sind, auseinander zu setzen.

Jetzt wissen wir – es waren immer wieder Abgeordnete des Grünen Klubs, die dies aufgezeigt haben –, dass es derartige Äußerungen auch in anderen europäischen Staaten gibt. Diese werden regelmäßig von neofaschistischen, rechtsextremen, rechtspopulistischen Parteien gemacht. Es gibt insbesondere in Wahlzeiten immer wieder auch von anderen Parteien – das gab es auch in Österreich, dass soll überhaupt nicht verschwiegen werden – Äußerungen, die den hier erwähnten, die ich nicht noch einmal zu verlesen brauche, Sie kennen sie leider, durchaus ähnlich sind. Das stimmt!

Nur war es doch in der Vergangenheit immer wieder die Freiheitliche Partei – unserer Einschätzung nach ist das ein wesentliches Motiv auch für die europäische Debatte gewesen –, die in Wahlkämpfen den Bogen eindeutig überspannt hat. Ich erinnere an den Wiener Wahlkampf, ich erinnere an andere Auseinandersetzungen, im Rahmen derer diese Äußerungen bereits derart Methode hatten, dass es offenbar gar nicht mehr auffiel, dass sie zu weit gehen. (Ruf: Arbeiterkammer-Wahlkampf!) – Auch beim Arbeiterkammer-Wahlkampf haben Leute Äußerungen getätigt, die sich gar nicht sonderlich mit der Politik und dem politischen Parteiensystem in


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26. Sitzung / Seite 77

Österreich auseinander setzen. Ich habe das wirklich schon oft auf der Straße gehört und muss sagen, das geht zu weit.

Ich würde Sie wirklich einladen, wenn nicht heute, dann vielleicht infolge einer Debatte im Verfassungsausschuss – das richtet sich auch an die Abgeordneten der freiheitlichen Fraktion –, diese Aussagen noch einmal zu überdenken. Ich glaube, es würde niemandem in diesem Hause ein Stein aus der Krone fallen, wenn man sagt: Das war in der Vergangenheit eine überzogene Wahlkampf-Rhetorik, das war Agitation, und zumindest ab heute soll es anders sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, dass das ganz wichtig wäre, denn das könnte Österreich und österreichischen Politikerinnen und Politikern das Gewicht geben, dass wir auch mit Fug und Recht in anderen europäischen Staaten derartige Äußerungen, die mit den Menschenrechten nicht in Einklang stehen, kritisieren können.

Wer vor der eigenen Türe kehrt, der erwirbt damit auch die Legitimation, aufzuzeigen, wenn es anderswo um die Menschenrechte nicht zum Besten steht. Ohne diese Bereitschaft, diese eigenen Äußerungen kritisch unter die Lupe zu nehmen, kommen wir ewig in die Debatte, dass aufgerechnet wird, dass Sündenböcke gesucht werden, dass Verschwörungstheorien gesponnen werden und Ähnliches. (Abg. Fischl: Beginnen Sie bei sich selbst!)

Sie hätten mit einer ernsthaften Diskussion und der Annahme dieses Antrages die Möglichkeit, aus dieser Sackgasse herauszukommen. (Beifall bei den Grünen.)

Leider hat die Debatte des gestrigen Tages gezeigt, dass offenbar, auch um mediale Aufmerksamkeit zu gewinnen, dieser Vorschlag weiter weggerückt wird und dass stattdessen die alte Agitationswalze wieder läuft. Ich habe schon gemerkt, und es zieht sich auch durch die mediale Debatte, dass nicht wenige Abgeordnete auch im Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei der Meinung waren, es sei die Grenze erreicht.

Mittlerweile sind die 100 Tage vorbei, und mittlerweile sitzen freiheitliche Politikerinnen und Politiker seit mehr als drei Monaten in Regierungsämtern. Es wäre hoch an der Zeit, dass diese andauernden Blamagen durch verbale Ausritte, seien es jetzt Beschimpfungen anderer, irgendwelche herabwürdigenden Spitznamen oder seien es auch wirklich eindeutige Entgleisungen, die Reminiszenzen an die NS-Zeit hochkommen lassen, unterlassen werden.

Wenn das weiterhin gemacht wird, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn sich in Europa kein produktives Diskussionsklima entwickelt, und dann ist es wirklich müßig zu sagen: Wir sind die Armen, die anderen stellen uns an den Pranger!, wenn Sie keine Bereitschaft zeigen, darüber zu reden. Gefallen Ihnen diese Äußerungen? – Mir gefallen sie nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Wie gesagt, ich kann unsererseits eines mit Sicherheit sagen: Sollte es auch bei den freiheitlichen Abgeordneten, von denen zumindest die gestern diskutierten Ausritte nicht kamen – das wollen wir einmal festhalten, dass es kein Parlamentsabgeordneter und keine Abgeordnete war –, diese Bereitschaft geben, darüber ernsthaft zu reden und auch zu einer Beschlussfassung zu kommen, wie es das Europaparlament schon getan hat, dann würde das sicherlich allen Mitgliedern dieses Hauses – ich stehe nicht an zu sagen, auch mir – durchaus Respekt abringen, und niemand würde einer derartigen Vorgangsweise mit Häme oder irgendeiner negativen Gefühlsäußerung begegnen. (Beifall bei den Grünen.)

13.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Tagesordnung war vor Eingang in die Kurzdebatte tatsächlich erschöpft. Nicht erschöpft ist die Rednerliste.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

13.40

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann zunächst darauf verweisen, was wir gestern im Rahmen der Debatte schon umfangreich diskutiert haben, und möchte nicht verhehlen, dass natürlich das Ergebnis der gestrigen


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26. Sitzung / Seite 78

Debatte, die Äußerungen dazu und die Erklärungen insbesondere von Vertretern der FPÖ keine allzu große Zuversicht aufkommen lassen.

Ich glaube, es ist im Sinne des Gesamten, es ist im Sinne der Republik und der österreichischen Staatsbürger, immer wieder Versuche zu unternehmen, um davon wegzukommen. Der Grund dafür liegt in einer einzigen Ursache, die sonnenklar ist. Daher verstehe ich auch nicht, warum Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP – ich appelliere an Sie, denn ich glaube, es gibt tatsächlich Dinge, die mehr oder weniger von der Tagespolitik abgehoben sind und über dem gesamten Staat sozusagen schweben, und das ist einer der Punkte –, sich nicht gemeinsam mit der Opposition – vielleicht machen Sie auch Überzeugungsarbeit bei Ihrem Koalitionspartner – dazu aufraffen, endlich den geeigneten Schritt zu setzen, damit wir in Europa wieder jenen Stellenwert haben, der uns zukommt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen – meine Damen und Herren von der ÖVP, Sie wissen es auch, ich weiß das noch aus unserer gemeinsamen Koalitionszeit –, dass die Erklärungen des ehemaligen Obmanns und derzeit noch massiven Entscheidungsträgers der Freiheitlichen unsäglich sind. Wir haben gestern gesehen, was sich bei der Diskussion abgespielt hat, wie sich plötzlich das Verhalten des Kollegen Westenthaler geändert hat, als Haider dort oben auf der Tribüne gesessen ist. Wir haben erlebt, wie das Verhältnis Haiders zum Rest dieses Klubs tatsächlich ist. Wir alle wissen daher, dass Haider nach wie vor die dominante Person in der FPÖ ist, die Erklärungen abgibt. (Abg. Fischl: So soll es auch bleiben!) Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, nützen wahrscheinlich den Umstand aus, dass die Erklärungen Haiders in der Öffentlichkeit nicht wirklich bekannt sind.

Wenn ich in dem Antrag die Erklärungen lese, beispielsweise die Erklärung, dass SS-Mitglieder Vorbilder für Österreich sein sollen (Abg. Auer: Wie viele waren in der SPÖ?), dann, muss ich sagen, können Sie doch nicht ernsthaft glauben, dass das eine Politik ist, die Verständnis in Europa, die Verständnis in einer entwickelten Welt herbeiführen wird, meine Damen und Herren! Was bedarf es, um Ihnen das zu erklären? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich lese Ihnen nun etwas anderes vor. Haider erklärte 1990: "Geistige Freiheit ist in einer Demokratie etwas Selbstverständliches, aber sie findet dort ihre Grenzen, wo Menschen jene geistige Freiheit in Anspruch nehmen, die sie nie bekommen hätten, hätten nicht andere für sie den Kopf hingehalten."

Wir haben gestern den Vorschlag von Haider gehört, dass wir hier etwas tun sollen, etwas einführen sollen, was nichts anderes bedeutet, als letztlich politisch Andersdenkende vor den Strafrichter zu zitieren. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. ) Sie müssen bei einer sachlichen Diskussion zur Kenntnis nehmen, dass das, was Sie vorgeben, umsetzen zu wollen, auf Grund der Rechtslage bereits vorgesehen ist. Daher ist das intellektuell nicht lauter, meine Damen und Herren von der FPÖ! Sie können sich nicht dauernd auf Ihr Unverständnis der Rechtsmaterie berufen, wiewohl ich schon verstehe (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Kommunistische Dialektik!), dass Sie mit der Unwissenheit kokettieren und uns das permanent vorzeigen. Sie können sich das nicht leisten, wenn es darum geht, einen moralischen Standpunkt – wir befinden uns in keinem moralfreien Raum, das möchte ich bei dieser Gelegenheit auch gesagt haben – zu definieren, der uns eindeutig in einer Wertegemeinschaft zuordenbar macht.

Ich kann Ihnen nur sagen, der Umstand, dass Haider Erklärungen abgegeben hat, von denen Sie sich bis heute nicht distanziert haben, der Umstand, dass gestern eine Diskussion stattgefunden hat, bei der Haider Unsagbares forderte, und der Umstand, dass es der Bundeskanzler nicht der Mühe Wert findet, sich davon zu distanzieren, sondern es lächerlich macht, nicht nur durch Gestik, sondern indem er auch sagt, das sei ein Sommerthema, können nicht dazu führen, dass uns, nämlich dieser Regierung, im Ausland – auch im Inland – jener Respekt gezollt wird, der uns als Österreicher letztlich zusteht und der mit der Position, die wir uns gemeinsam erarbeitet haben, in Einklang zu bringen ist. Sie gefährden nachhaltigst die Reputation dieses Landes. Nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich komme zum Schluss. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist das Beste, was du machen kannst!)  – Herr Westenthaler! Ich glaube, dass Sie sich nicht wirklich – ich weiß zwar nicht aus welchen Gründen – der Lage bewusst sind. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie glauben, immer etwas sagen zu müssen. Ich glaube, manchmal wäre es besser, weniger als viel zu sagen; das betrifft insbesondere Ihre Erläuterungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist Haider geglückt, es ist der FPÖ geglückt, Schüssel in Geiselhaft zu nehmen, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: So viel Unsinn in so kurzer Zeit – absoluter Weltrekord!) Schüssel ist es wiederum mittels einer Kampagne, so würde ich sagen, die ich hier nicht näher qualifizieren möchte, geglückt, alle Österreicherinnen und Österreicher in Geiselhaft zu nehmen. (Abg. Ing. Westenthaler: Unsinnigkeitsweltrekordler!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist zu Ende.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Es ist letztlich herausgekommen, dass Schüssels Problem Haider zu einem Problem für ganz Österreich geworden ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihre Zeit ist abgelaufen!) Das haben wir nicht notwendig, und ich fordere Sie auf, die geeigneten Maßnahmen einzuleiten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. –Bitte.

13.45

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Petrovic möchte, um das noch einmal zu wiederholen, dass der Nationalrat eine Verurteilung eines Einzelnen beziehungsweise mehrerer Mitglieder, ehemaliger Mitglieder dieses Parlaments vornimmt. Ich begrüße es, dass diese Diskussion heute in einem relativ sachlichen Klima stattfinden kann. Lassen Sie mich dazu einige Punkte erläutern:

Ich halte es zunächst für sehr problematisch, wenn man versucht, eine Partei, eine demokratisch legitimierte Partei zu verurteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich verweise Sie auf das Parteiengesetz, in dem mit einer Verfassungsbestimmung ausdrücklich festgestellt ist, dass die Vielfalt politischer Parteien wesentlicher Bestandteil der demokratischen Ordnung der Republik Österreich ist. (Abg. Öllinger: Nicht die Parteien!) – Ich komme gleich zum zweiten Punkt, lassen Sie mich zuerst den ersten Punkt abhandeln!

Die Partei: Es geht zunächst einmal um die Partei. Wenn eine Partei diese demokratische Ordnung stört, verletzt, dann ist diese Partei zu verbieten. Das ist im Jahre 1989 auch geschehen, als eine Partei durch den Verfassungsgerichtshof verboten worden ist. Und anschließend hat dann das Innenministerium auch den Verein, der dieser Partei entsprochen hätte, aufgelöst.

Zweiter Punkt: Sie verlangen jetzt, dass einzelne Politiker verurteilt werden. Auch hier verweise ich auf das Parteiengesetz. Im Parteiengesetz steht in einer Verfassungsbestimmung ganz eindeutig – das bezieht sich nicht nur auf die Mitglieder einer Partei, sondern auch auf die Abgeordneten dieses Hauses –: Ihre Tätigkeit darf keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden. – Das ist das freie Mandat, das auch im Parteiengesetz und natürlich auch sonst in unserer Verfassung verankert ist.

Ich meine, dass es natürlich immer wieder Äußerungen gibt, die verurteilt werden müssten. Sie haben in einem Zwischenruf darauf hingewiesen, dass zum Beispiel im Jahre 1988 auch von einem Mitglied einer anderen Fraktion Äußerungen erfolgt sind, die sicher nicht unserem Empfinden entsprochen haben, die auch verurteilt hätten werden müssen. Niemand hier im Haus hat damals daran gedacht, dass eine Verurteilung durch den Nationalrat zu erfolgen hat. Das ist auch nicht möglich, Frau Abgeordnete! Das ist nicht möglich, denn es gibt eine Instanz, die eine Verurteilung vorzunehmen hat, wenn man Äußerungen macht, die gegen unsere Gesetze verstoßen, und das sind die Gerichte. Die Gerichte nehmen solche Verurteilungen auch von Zeit zu Zeit vor.


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26. Sitzung / Seite 80

Aber ich meine, wir haben – das hat gestern auch Frau Abgeordnete Fekter gesagt – keine Veranlassung, unser Strafgesetzbuch zu verändern, sondern die Tatbestände, die im Strafgesetzbuch verankert sind und zu einer Verurteilung führen können, sind ausreichend.

Ich sage Ihnen noch etwas: Die Äußerungen, die in Ihrem Antrag zitiert sind, beinhalten keine Verdachtsmomente, die zu einer solchen Verurteilung durch Strafgerichte führen könnten, ansonsten – das ist gestern schon gesagt worden – wäre es bereits geschehen, ansonsten hätten unsere Staatsanwälte bereits einschreiten müssen. Es handelt sich also um keine derartigen Äußerungen.

Abschließend: Ich wehre mich dagegen, dass hier eine Verurteilung von Politikern – ganz gleich, von welcher Fraktion sie sind – vorgenommen wird. Und ich bin der Meinung, dass das auch unzulässig ist. Ich habe nicht zu urteilen, ob Ihr Antrag überhaupt zulässig ist. Aber eines stelle ich fest: Es ist aus meiner Sicht unzulässig, so etwas durchzuführen und zu verlangen, und wir werden daher sowohl der Fristsetzung als auch Ihrem Antrag nie die Zustimmung geben können, weil diese Vorgangsweise nicht jener Vorgangsweise adäquat ist, die wir hier im Nationalrat bestimmt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

13.50

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich fühle mich zeitweise in eine noch nicht lange zurückliegende, aber offensichtlich vergessene Zeit zurückversetzt, und zwar in ein Land, wo man mit der täglichen Faschismuskeule versucht hat, seine innere Legitimation zu finden. Die DDR und die SED haben das immer vorzüglich verstanden. Sie haben den antifaschistischen Schutzwall gebraucht, um nicht irgendwelchen demokratischen Einflüssen letztendlich zu unterliegen.

Es war damals auch gang und gäbe, dass alles, was nicht die gleiche Gesinnung hatte, nämlich eine linksextreme Gesinnung, gleichgesetzt wurde mit Rechtsextremismus, mit Rassismus und so weiter. (Abg. Öllinger: Jetzt ist das gesellschaftsfähig!) Und ich sage Ihnen, die DDR hatte ihren antifaschistischen Schutzwall rund um die Staatsgrenzen, aber Sie tragen ihn rund um Ihr Herz – tagtäglich und immer wieder! Das ist eine Tatsache. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man erkennt an Ihrer Handlungsweise, was Ihnen in der Politik wichtig ist. Darin stimmen Sie auch mit vielen Vertretern der Sozialisten überein. Und ich glaube, die Namensänderung der Sozialdemokratischen Partei Österreichs wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ich bin sicher, sie werden bald wieder zur alten Sozialistischen Partei werden. Man wird das ja alles mitverfolgen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Wittmann und Heinzl. )

Aber was ist Ihnen von den Grünen in der Politik wirklich wichtig? Ein Umweltthema? – Davon höre ich nichts! Das tägliche Schwingen der Faschismuskeule, das ist Ihnen wichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und damit verhindern Sie auch, dass Umweltthemen bei der nächsten Tagesordnung vielleicht einmal an prominenterer Stelle debattiert werden könnten. Ich finde, Sie sind keine grüne Partei mehr, und das ist in der Diskussion gut herausgekommen. Sie sind eine rote, eine dunkelrote Fraktion, nichts anderes. Es ist Ihnen alles andere unwichtig geworden. Nur mehr die innere Legitimation im Schwingen der Faschismuskeule ist Ihnen wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie unehrlich Ihr Antrag ist, zeigt, dass Sie ja immer nur versuchen, ein parteipolitisches Spektrum herauszunehmen. Wenn Sie es wirklich objektiv und ehrlich gemeint hätten – und das unterstelle ich Ihnen in dieser Angelegenheit ja überhaupt nicht mehr; wir wissen es ja besser –, dann wäre es doch auch nach Ihrer Diktion richtig, dass man die Äußerung der Frau Mag. Terezija Stoisits, Mitglied dieses Hohen Hauses, getätigt am 6. April 1995, zurücknimmt.

Sie hat damals gesagt: Alle Freiheitlichen und Sympathisanten sollte einmal die volle Härte des Gesetzes treffen, nämlich 20 Jahre hinter Gitter. – Sie wollte uns alle einsperren lassen! Das ist


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Ihre Gesinnung, aber das wird nicht verurteilt. Das ist ganz normal! (Abg. Haigermoser  – in Richtung Grüne –: Das ist Ihre Technik!)

Die tägliche Kriminalisierung der freiheitlichen Wähler und der freiheitlichen Repräsentanten – das ist Ihnen wichtig! Die Kriminalisierung, das In-die-Ecke-Drängen und der tägliche mittelbare und unmittelbare Anwurf, dass wir Wiederbetätiger sind, das ist Ihnen wichtig! Mit dem grauslichsten Regime bringen Sie uns in Verbindung!

Nicht wir bringen und wünschen die NS-Zeit in diese Zeit zurück! Sie bringen sie täglich auf die Tagesordnung der Politik! Sie zitieren aus Gesetzen von damals und sagen, das sei heute wieder gang und gäbe. Sie bringen das immer wieder, nicht wir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Nicht ohne Anlass! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Manchmal könnte man sogar den Verdacht haben, Sie wünschen sich diese Zeit wieder herbei. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ungeheuerlich!) Wir wollen diese Zeit hinter uns lassen! Sie müssen lernen, dass diese Zeit vorbei ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Unehrlich ist auch die Handlungsweise meines Vorredners, des Kollegen Jarolim. Sie vergessen den Kollegen Arbeiter aus Ihren Reihen, und daher sind Sie unehrlich. Was ist mit Ihren braunen Flecken in der Partei? Hat der Kollege Arbeiter sein Mandat noch, ja oder nein? Gehen Sie hier heraus und nehmen Sie dazu Stellung! Kehren Sie vor Ihrer eigenen Türe und versuchen Sie nicht immer, uns anzuschütten! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kehren Sie vor Ihrer eigenen Türe! (Abg. Ing. Westenthaler: Sozialistische Doppelzitierer!)

Bedenklich stimmt mich auch Folgendes, und das ist mir in dieser Diskussion eigentlich viel wichtiger: Wenn die SPÖ-Parlamentsfraktion zu einer Enquete hier im Hohen Haus einlädt – alle Abgeordneten und auch die Bevölkerung –, dann versendet sie das unter dem Titel (der Redner hält ein Schriftstück, auf dem ein rotes SPÖ-Logo zu sehen ist, in die Höhe): "Rassismus und Vergangenheitsbewältigung in Südafrika und Österreich – ein Vergleich?".

Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Genau das ist es, was uns im Ausland schadet! Sie setzen die Republik Südafrika mit Österreich gleich! (Abg. Brix: Haben Sie vergessen, welche Plakate Sie aufgeklebt haben?! Haben Sie Ihre Plakate vergessen?! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Allgemeine Unruhe im Saal.)

Sie setzen das gleich, als ob wir hier Rassismus hätten, täglichen Mord und Totschlag, wie das in Johannesburg und in Südafrika der Fall ist! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Als ob wir hier Massenmorde hätten, Apartheidpolitik und Ähnliches!

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Dieses Bild versuchen Sie im Inland und im Ausland zu erzeugen, damit Sie Ihre Legitimation für die Aufrechterhaltung der verachtenden Sanktionen der EU-14 haben! Das sage ich Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Brix  – in Richtung Freiheitliche –: Haben Sie die Plakate vergessen?! – Weitere lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen.)

13.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Man darf nicht mehr "Linksfaschist" sagen, aber denken darf ich es! Gibt es fürs Denken auch einen Ordnungsruf? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Dr. Jarolim! Was sagen Sie zu Ihrem Kollegen Arbeiter?)

13.57

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Graf, es wird Ihnen nicht gelingen – auch dann nicht, wenn Ihre Kollegin Partik-Pablé weiterhin versucht, hier durch Zwischenrufe irgendetwas in den Raum zu stellen –, es wird


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26. Sitzung / Seite 82

Ihnen, Herr Abgeordneter Graf, nicht gelingen, durch Anwürfe in Richtung Opposition zu leugnen beziehungsweise vergessen zu machen, was Ihre Partei in der Vergangenheit und zum Teil auch in der Gegenwart an Aussagen getätigt hat (Beifall bei den Grünen) und wo Sie selbst stehen, Herr Abgeordneter Graf. (Abg. Fischl: Wer wirft denn an? Sie werfen uns an! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Schaut einmal auf euch! Distanzieren Sie sich von dem, was Stoisits gesagt hat?!)

Im "Falter" von dieser Woche gibt es einen Artikel ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollen auf das eingehen, was Stoisits gesagt hat!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Eine Kurzdebatte bietet jeder Fraktion die Möglichkeit, nur 5 Minuten lang zu sprechen. Ich bitte daher, in diesen 5 Minuten den Rednern auch tatsächlich die Möglichkeit zu geben, gehört zu werden!

Bitte, Frau Abgeordnete, setzen Sie fort!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Frau Partik-Pablé, ich gehe jetzt auf die Ausführungen Ihres Kollegen, des Herrn Martin Graf, ein.

Im "Falter" von dieser Woche wird Ihre freiheitlich-nationale oder national-freiheitliche Verbindung "Olympia" zitiert. Der Rechtsextremismus-Bericht des Innenministeriums über das Jahr 1999 attestiert den österreichischen Studentenverbindungen, die unter dem Dachverband der Deutschen Burschenschaften zusammengefasst sind – dazu gehört auch die Verbindung "Olympia" –, dass sie "unterschwelligen und verklausulierten Rechtsextremismus" betreiben und dass die "Agitation dieser Studentenverbindungen auch den Versuch erkennen lässt, auf Umwegen eine gewisse Akzeptanz für nationalsozialistisches Gedankengut zu schaffen". (Abg. Mag. Trattner: Wer hat denn das gesagt? War das der Neugebauer?)

Herr Abgeordneter Graf (Abg. Dr. Martin Graf ist mit einem Fraktionskollegen in ein Gespräch vertieft.), auch wenn Sie mir jetzt nicht zuhören! Es wird Ihnen nicht gelingen, jetzt so zu tun, als ob Sie mit all dem nichts zu tun hätten, so zu tun, als ob die Maßnahmen der EU-14 mit Aussagen von Politikern und Politikerinnen Ihrer Partei und mit einer gewissen Haltung nichts zu tun hätten!

Nur weil die FPÖ, seit sie in der Regierung ist, im Umweltbereich quasi eine blau-schwarze Regierungsbrille auf hat und deswegen die Umweltanliegen nicht mehr sieht, heißt das noch lange nicht, dass wir die Umweltthemen aufgegeben haben! (Abg. Dr. Martin Graf: Schon lange!)  – Das nur zu Ihrer Sichtweise in der Vergangenheit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wieso sind Sie heute blau-schwarz gekleidet? – Abg. Schwarzenberger: Weil das eine moderne Farbe ist!)

Jetzt ganz kurz zum Kollegen Feurstein. Ich glaube, Herr Kollege Feurstein, Sie haben einfach diesen Antrag von uns nicht ganz genau gelesen. Dies ist nämlich ein Antrag, in dem steht, dass zum Beispiel das Europaparlament einem ebensolchen Antrag zugestimmt hat, sogar die große Mehrheit der konservativen Abgeordneten. Diese Abgeordneten haben nicht gemeint, dass hier Parteien, einzelne Politiker oder Politikerinnen verurteilt werden sollten – noch dazu strafrechtlich! –, sondern sie haben das sehr wohl so verstanden, dass es hier um die politische Verurteilung und um die politische Distanzierung von Aussagen einzelner Menschen, einzelner Politiker geht und nicht um ihre strafrechtliche Verurteilung als Politiker oder als Individuen. Das haben Sie grundsätzlich missverstanden! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben auch nicht verstanden, dass wir keine strafrechtliche Verurteilung wollen. Gestern war Herr Justizminister Böhmdorfer da, der einem solchen Vorschlag des Kärntner Landeshauptmannes sehr wohl etwas abgewinnen kann. Das war Ihr Regierungspartner, das sind nicht wir gewesen.

Ich möchte noch einmal auf die EU-Ebene zurückkommen und auf das, was Sie vielleicht auch als Chance begreifen könnten, endlich aus der Situation, die wir mit der EU haben, heraus


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zukommen. Es ist nämlich nicht nur so, dass die Leute in Brüssel daran schuld sind oder die 14 EU-Mitglieder. Die ÖVP sieht noch immer nicht oder will nicht sehen (Ruf: Aufhören!), dass die Freiheitliche Partei Österreichs etwas tun sollte, was Fini in Italien Mitte der neunziger Jahre herbeigeführt hat. Dort ist es gelungen, mit der faschistischen Tradition zu brechen, und einzelne rechtsextreme, faschistische Parteien haben sich dann abgespalten. Die gehören dort nicht mehr dazu.

So etwas wäre in dieser Situation eine Chance für Österreich, und das wollen wir mit diesem Antrag und der Fristsetzung – damit das endlich im Ausschuss diskutiert werden kann – hier bewirken. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete, bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Noch einmal dezidiert meine Aufforderung an die Kollegen und Kolleginnen der ÖVP mit ihrer christlich-sozialen Haltung: Nehmen Sie es als Chance wahr, diesem Antrag zuzustimmen, endlich klar zu machen, wo Österreich steht, und zu zeigen, dass auch Sie einen Beitrag dazu leisten können und wollen! (Beifall bei den Grünen.)

14.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 102/A betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer und das NS-Regime verharmlosender Äußerungen von FPÖ-Politikern eine Frist bis 5. Juni 2000 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 165/A eingebracht wurde.

Ferner sind die Anfragen 801/J bis 803/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, 14.03 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 14.02 Uhr