Stenographisches Protokoll

29. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 6., und Mittwoch, 7. Juni 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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29. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode/P>

Dienstag, 6., und Mittwoch, 7. Juni 2000

Dauer der Sitzung

Dienstag, 6. Juni 2000: 10.02 – 24.00 Uhr

Mittwoch, 7. Juni 2000: 0.00 – 0.22 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 129/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden und das Hausbesorgergesetz aufgehoben wird (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 65/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 66/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird, und über den Antrag 90/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über die Anträge 70/A und 91/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 9/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Diskriminierung homosexueller Personen und Lebensgemeinschaften beseitigt werden soll

7. Punkt: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge

8. Punkt: Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden


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29. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000

11. Punkt: Zugangskontrollgesetz – ZuKG

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 137/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 136/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 162/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 146/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 126/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern

18. Punkt: Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden

20. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 7/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 75/1997 idF BGBl. I 158/1998

22. Punkt: Bericht über den Antrag 8/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG), BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 41/1999

23. Punkt: Bericht über den Antrag 12/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 97/75, geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 96/A (E) der Abgeordneten Anton Leikam und Genossen betreffend zusätzliche 1 000 Planposten für die Sicherheitsexekutive

25. Punkt: Bericht über den Antrag 152/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird


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29. Sitzung / Seite 3

26. Punkt: Bericht über den Antrag 151/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

27. Punkt: Bericht über den Forschungsbericht 2000 der Bundesregierung

28. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird

29. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000)

30. Punkt: Bericht über den Forschungsbericht 1999 des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr

31. Punkt: Bericht über den Antrag 107/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird

32. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 110/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken

33. Punkt: Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 22

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen betreffend Dringliche Anfrage (867/J):

Dr. Andreas Khol 39

Dr. Peter Kostelka 40

Ing. Peter Westenthaler 40

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 41

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Vorgangsweise bei der Behandlung der Dringlichen Anfrage 94

Wortmeldungen ebenfalls im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage:

Dr. Peter Kostelka 97

Ing. Peter Westenthaler 98

Dr. Andreas Khol 99

Dr. Alexander Van der Bellen 100

Aktuelle Stunde (7.)

Thema: "Ausbau statt Einstellung der Nebenbahnen"

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger 22

Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 24


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29. Sitzung / Seite 4

Josef Edler 26

Mag. Helmut Kukacka 27

Mag. Reinhard Firlinger 28

Dr. Eva Glawischnig 30

Gabriele Heinisch-Hosek 31

Ernst Fink 32

Mag. Herbert Haupt 34

Mag. Werner Kogler 35

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 22

Ausschüsse

Zuweisungen 37

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordneten Ernst Fink und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 37

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend massive Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher ab 1. Juni 2000 und die Ankündigung eines "Belastungsstopps" am 2. Juni 2000 (867/J) 94

Begründung: Dr. Alfred Gusenbauer 102

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 105

Debatte:

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) 110

Dr. Alfred Gusenbauer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung)111

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 111

Mag. Andrea Kuntzl 111

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 113

Mag. Gilbert Trattner 114

Karl Öllinger 117

Mag. Maria Kubitschek 119

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 121

Mag. Herbert Haupt 121

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 123

Nikolaus Prinz 125

Mag. Werner Kogler 126

Heinz Gradwohl 128

Helmut Haigermoser 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen betreffend einen Belastungsstopp für kleinere und mittlere Einkommen – Ablehnung 112, 131

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 129/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden


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29. Sitzung / Seite 5

und das Hausbesorgergesetz aufgehoben wird (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000) (122 d. B.) 41

2. Punkt: Bericht und Antrag des Bautenausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden (123 d. B.) 41

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 65/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (140 d. B.) 42

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 66/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird, und über den Antrag 90/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (141 d. B.) 42

5. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Anträge 70/A und 91/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (124 d. B.) 42

Redner:

Doris Bures 42

Mag. Walter Tancsits 45

Dr. Gabriela Moser 47, 72

Mag. Reinhard Firlinger 50

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 52

Dr. Johannes Jarolim 53

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 55

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 55

Dieter Brosz 56

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 59

Detlev Neudeck 60

Mag. Johann Maier 61

Karl Freund 63

Christian Faul 64

Andreas Sodian 65

Josef Edler 66

Mag. Reinhard Firlinger (tatsächliche Berichtigung) 68

Mag. Walter Tancsits (tatsächliche Berichtigung) 68

Matthias Ellmauer 68

Ing. Erwin Kaipel 69

Mag. Rüdiger Schender 71

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 73

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 122 und 123 d. B. 73

Kenntnisnahme der Ausschussberichte 140, 141 und 124 d. B. 74

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 9/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Diskriminierung homosexueller Personen und Lebensgemeinschaften beseitigt werden soll (142 d. B.) 74

Redner:

Mag. Gisela Wurm 74

Mag. Terezija Stoisits 77

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 142 d. B. 78


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29. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (47 d. B.): Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (138 d. B.) 78

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (51 d. B.): Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung (139 d. B.) 78

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (92 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (146 d. B.) 79

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 79

Dr. Johannes Jarolim 82

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 83

Dr. Harald Ofner 84

Otto Pendl 85

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 87

Werner Miedl 88

Dr. Sylvia Papházy MBA 89

Anton Heinzl 91

Dr. Ilse Mertel 92

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 92

Dr. Peter Pilz 93

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 47 und 51 d. B. 131

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 131

Annahme des Gesetzentwurfes in 146 d. B. 131

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (93 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000) (143 d. B.) 132

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (99 d. B.): Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz – ZuKG) (144 d. B.) 132

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (83 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (145 d. B.) 132

Redner:

Anna Huber 132

Dr. Harald Ofner 133

Dr. Ilse Mertel 134

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 143, 144 und 145 d. B. 135

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 137/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen be


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29. Sitzung / Seite 7

treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden (133 d. B.) 136

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 136/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) (134 d. B.) 136

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 162/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (136 d. B.) 136

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 146/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird (137 d. B.) 136


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29. Sitzung / Seite 8

Redner:

Dr. Josef Cap 137

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 138

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 140

Dr. Michael Krüger 142

Staatssekretär Franz Morak 143

Dr. Günther Kräuter 144

Mag. Cordula Frieser 145

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 133 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Vorlage eines Bundesgesetzes über die Ausübung exklusiver Fernsehübertragungsrechte (E 12) 147

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 133, 134 und 136 d. B. 146

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 137 d. B. 147

17. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 126/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (113 d. B.) 147

Redner:

Dr. Eva Glawischnig 147

Dr. Josef Cap 149

Dr. Andrea Wolfmayr 151

Dr. Brigitte Povysil 152

Staatssekretär Franz Morak 155

Mag. Maria Kubitschek 156

Dr. Gerhard Kurzmann 158

Dr. Peter Wittmann 159

Annahme des Gesetzentwurfes in 113 d. B. 160

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (23 d. B.): Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich (114 d. B.) 160

Redner:

Emmerich Schwemlein 160

Werner Miedl 161

Ernest Windholz 162

Genehmigung des Staatsvertrages in 23 d. B. 163

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 163

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (110 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (116 d. B.) 163

20. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (117 d. B.) 163

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 7/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 75/1997 idF BGBl. I 158/1998 (118 d. B.) 163

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 8/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG), BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 41/1999 (119 d. B.) 163

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 12/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 97/75, geändert wird (120 d. B.) 163

Redner:

Mag. Karl Schlögl 164

Walter Murauer 166

Mag. Terezija Stoisits 167

Dr. Helene Partik-Pablé 169

Helmut Dietachmayr 171

Karl Donabauer 172

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 173, 185

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 178

Mag. Eduard Mainoni 178

Katharina Pfeffer 177

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) 179

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 179

Hermann Reindl 180

Karl Freund 182

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 183

Ilse Burket 183

Anton Leikam (tatsächliche Berichtigung) 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend den tragischen Tod eines Flüchtlingskindes im Burgenland – Ablehnung 178, 187


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29. Sitzung / Seite 9

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 116 und 117 d. B. 186

Kenntnisnahme der Ausschussberichte 118, 119 und 120 d. B. 187

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entschließungsantrag 96/A (E) der Abgeordneten Anton Leikam und Genossen betreffend zusätzliche 1 000 Planposten für die Sicherheitsexekutive (115 d. B.) 187

Redner:

Anton Leikam 187, 201

Günter Kößl 190

Mag. Karl Schlögl (tatsächliche Berichtigungen) 191, 199

Dr. Peter Pilz 19


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29. Sitzung / Seite 10

2

Dr. Helene Partik-Pablé 194

Otto Pendl 195

Hermann Reindl 196

Ludmilla Parfuss 198

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 199

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 115 d. B. 201

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 152/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (160 d. B.) 201

26. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 151/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (161 d. B.) 201

Berichterstatter: Wolfgang Großruck 202

Redner:

Dr. Dieter Antoni 202

Dr. Gertrude Brinek 203

Mag. Karl Schweitzer 204

Dieter Brosz 205

Mag. Christine Muttonen 205

Wolfgang Großruck 206

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 207

DDr. Erwin Niederwieser 208

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 209

Beate Schasching 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung – Ablehnung 203, 211

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 160 und 161 d. B. 211

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht 2000 (III-41 d. B.) der Bundesregierung (162 d. B.) 212

28. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird (163 d. B.) 212

29. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000) (164 d. B.) 212

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht 1999 (III-19 d. B.) des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (165 d. B.) 213

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 107/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird (166 d. B.) 212

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 110/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken (167 d. B.) 213

Redner:

DDr. Erwin Niederwieser 213

Dr. Gertrude Brinek 214

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 216

Dr. Kurt Grünewald 216

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 218

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 220

Ing. Kurt Gartlehner 221

Dr. Andrea Wolfmayr 222

Dr. Robert Rada 222

Dr. Martin Graf 223

Mag. Walter Posch 225

Mag. Karin Hakl 226

Dr. Dieter Antoni 227

Dr. Sylvia Papházy MBA 227

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend Vorrang für Forschung, Technologie und Innovation – Ablehnung 213, 230

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-41 und III-19 d. B. 229

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 163, 164 und 166 d. B. 230

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 167 d. B. 230

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (22 d. B.): Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind (168 d. B.) 231

Redner:

Dr. Elisabeth Pittermann 231

Dr. Günther Leiner 232

Mag. Dr. Udo Grollitsch 232

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 233

Annahme des Gesetzentwurfes in 168 d. B. 234


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29. Sitzung / Seite 11

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 38

Bürgerinitiative betreffend Verbesserung der Diabetiker-Betreuung in Österreich (Ordnungsnummer 4)

Regierungsvorlagen 37

71: Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

82: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit

98: Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird

109: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen

127: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

169: Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

170: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

171: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau

172: Änderung des Artikels 20 Abs. 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995

173: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird

174: Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden

175: Pensionsreformgesetz 2000

178: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien)

181: Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000

182: Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird

183: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird


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29. Sitzung / Seite 12

Berichte 39

III-46: Außenpolitischer Bericht 1999; Bundesregierung

III-47: Österreichischer Familienbericht 1999; Bundesregierung

III-48: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes, 1999, sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-49: Bericht betreffend Evaluierung der Umweltförderung des Bundes für den Zeitraum 1.1.1996 bis 31.12.1998; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend einen österreichischen Klimaschutzmaßnahmenplan zur Erreichung des Kyoto-Ziels (177/A) (E)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen zur Erhaltung der Nebenbahnen (178/A) (E)

Doris Bures und Genossen betreffend eine zeitgemäße Reform des Hausbesorgergesetzes (179/A) (E)

Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz) (180/A)

Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (181/A)

Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (1. Ärztegesetz-Novelle) (182/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Bericht der Bundesregierung über frauendiskriminierende Regelungen in Rahmenverträgen bzw. allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherungswirtschaft (183/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Lebensmittelverzeichnis (184/A) (E)

Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird (185/A)

Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (186/A)

Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (187/A)

Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (188/A)


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29. Sitzung / Seite 13

Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (189/A)

Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (190/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verdacht auf Umgehung des MINROG (848/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Sofia-Connection mit österreichischer Beteiligung (z. B. Firma Augustin, Salzburg, und Firma Walter, Niederösterreich)?" (849/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Sofia-Connection mit österreichischer Beteiligung (z. B. Firma Augustin, Salzburg, und Firma Walter, Niederösterreich)?" (850/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Sofia-Connection mit österreichischer Beteiligung (z. B. Firma Augustin, Salzburg, und Firma Walter, Niederösterreich)?" (851/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Sofia-Connection mit österreichischer Beteiligung (z. B. Firma Augustin, Salzburg, und Firma Walter, Niederösterreich)?" (852/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sicherung des ÖPNV – Weiterbestand der Krimmler Bahn (853/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Auswirkungen der Liberalisierung auf die VerbraucherInnen (854/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auswirkungen der Liberalisierung auf die VerbraucherInnen (855/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (856/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (857/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verbesserung der rechtlichen Stellung der KonsumentInnen (858/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Übertragung der Bundesimmobilien an die BIG (859/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übertragung der Bundesimmobilien an die BIG (860/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Datenschutz (861/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend den geplanten Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes ohne Berücksichtigung geltender Denkmalschutzbestimmungen (862/J)


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29. Sitzung / Seite 14

Peter Schieder und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Lainzer Tunnel" in Wien (863/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung der Vernissage der Bürgerinitiative Traun und des daran anschließenden Fests durch die Staatspolizei am 27. Mai 2000 (864/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend drohenden Personalabbau bei der Post (865/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auslandsdienst der Zivildiener (866/J)

Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend massive Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher ab 1. Juni 2000 und Ankündigung eines "Belastungsstopps" am 2. Juni 2000 (867/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten (868/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sicherheit in österreichischen Bahntunnels (869/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kompetenz für Seilbahnen – Sicherheit (870/J)

Dr. Reinhold Mitterlehner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fremdwährungsschulden in japanischen Yen (871/J)

Johann Kurzbauer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Güterzugumfahrung der Landeshauptstadt St. Pölten (872/J)

Anton Leikam und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die "Abstimmungsspende" für das Bundesland Kärnten (873/J)

Anton Leikam und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Personenschutz für den Kärntner Landeshauptmann (874/J)

Anton Leikam und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Förderungen für das Bundesland Kärnten (875/J)


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29. Sitzung / Seite 15

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Salmonellenpolitik (876/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verhütung von Freizeit- und Haushaltsunfällen (877/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Zinn-Substanz in Windeln (878/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Haftungsrecht (879/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Lebensmittelkennzeichnung (880/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ernährungsbericht und Zusatzpräparate (881/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Reisen (882/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend BVD-Virus (883/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend BVD-Virus (884/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bankwesen (885/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bilateralpark Thayatal/Podyi (886/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Biosafety-Protokoll (887/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kostenentwicklung der Schieneninfrastruktur und Investitionsvorhaben im öffentlichen Verkehr in Oberösterreich (888/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung (889/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Lebensmittelkontrolle (890/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "ewiges Verfahren" zur Beugung des Rechtsstaats (891/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verantwortlichkeit und Verwaltungsstrafen im Lebensmittelbereich (892/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verantwortlichkeit und Verwaltungsstrafen im Lebensmittelbereich (893/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Änderung des Lebensmittelgesetzes (894/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Traunverordnung und wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung (895/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln (896/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Lagertemperatur von Lebensmitteln (897/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend falsche Beschuldigungen und Verhetzung mit Millionenauflage (898/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Tod eines Flüchtlingskindes im "Gelinderen Mittel" (899/J)


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29. Sitzung / Seite 16

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Festakademie und Festkommers in Innsbruck (900/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend unerbittlichen Kampf gegen Postenwirtschaft (901/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die aktuelle und zukünftige Entwicklung des Museumsquartiers (902/J)

Mag. Karl Schlögl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zivildienst – Kostenwahrheit und Zuweisungen (903/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (904/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (905/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (906/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (907/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (908/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (909/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (910/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (911/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (912/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (913/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG (914/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Import und die Kontrolle von kontaminiertem Saatgut (915/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Futtermittel-Kontrollen (916/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend einen nationalen Klimaschutzplan (917/J)


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29. Sitzung / Seite 17

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend tödliche Schussverletzungen (918/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zivildiener (919/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (529/AB zu 521/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (530/AB zu 523/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (531/AB zu 526/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (532/AB zu 527/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (533/AB zu 534/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (534/AB zu 563/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (535/AB zu 571/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (536/AB zu 580/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (537/AB zu 595/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schieder und Genossen (538/AB zu 575/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (539/AB zu 559/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (540/AB zu 539/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (541/AB zu 554/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (542/AB zu 556/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (543/AB zu 524/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (544/AB zu 528/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (545/AB zu 530/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (546/AB zu 533/J)


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29. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer und Genossen (547/AB zu 551/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (548/AB zu 531/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (549/AB zu 535/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (550/AB zu 536/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (551/AB zu 549/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (552/AB zu 550/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (553/AB zu 566/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (554/AB zu 572/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (555/AB zu 569/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (556/AB zu 564/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (557/AB zu 565/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (558/AB zu 553/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (559/AB zu 561/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (560/AB zu 529/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (561/AB zu 532/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (562/AB zu 548/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (563/AB zu 552/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (564/AB zu 557/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (565/AB zu 537/J)


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29. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (566/AB zu 540/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (567/AB zu 541/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (568/AB zu 542/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (569/AB zu 543/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (570/AB zu 545/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (571/AB zu 567/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (572/AB zu 573/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (573/AB zu 574/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (574/AB zu 555/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (575/AB zu 558/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (576/AB zu 560/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (577/AB zu 579/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (578/AB zu 628/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen (579/AB zu 576/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (580/AB zu 598/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (581/AB zu 584/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (582/AB zu 577/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (583/AB zu 578/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (584/AB zu 586/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (585/AB zu 611/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (586/AB zu 627/J)


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29. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (587/AB zu 589/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (588/AB zu 597/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (589/AB zu 588/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (590/AB zu 603/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (591/AB zu 605/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (592/AB zu 617/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (593/AB zu 608/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (594/AB zu 596/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (595/AB zu 612/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (596/AB zu 621/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (597/AB zu 696/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (598/AB zu 697/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (599/AB zu 698/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (600/AB zu 695/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (601/AB zu 585/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (602/AB zu 582/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (603/AB zu 590/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (604/AB zu 592/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (605/AB zu 636/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (606/AB zu 581/J)


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29. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (607/AB zu 594/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (608/AB zu 593/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (609/AB zu 600/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (610/AB zu 591/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (611/AB zu 587/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (6/ABPR zu 6/JPR)


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29. Sitzung / Seite 22

Beginn der Sitzung: 10.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die 29. Sitzung des Nationalrates der XXI. Gesetzgebungsperiode eröffnen und Sie alle herzlich begrüßen.

Ich gebe bekannt, dass die Amtlichen Protokolle der 26. und der 27. Sitzung vom 17. Mai 2000 sowie der 28. Sitzung vom 18. Mai 2000 vorschriftsgemäß aufgelegen, durch 24 Stunden hindurch ohne Einspruch geblieben sind und daher als genehmigt gelten.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind der Dritte Präsident des Nationalrates, Herr Dr. Fasslabend, sowie die Abgeordneten Eder, Nürnberger, Parnigoni, Schieder, Ing. Gerhard Bauer, Jung, Amon, Platter und Mag. Lunacek.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat folgende Mitteilung über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung gemacht:

Frau Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Herrn Bundesminister Mag. Molterer vertreten.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt, um 10.03 Uhr, zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Ausbau statt Einstellung der Nebenbahnen"

Zur Begründung der Aktuellen Stunde zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.04

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema "Nebenbahnen" der heutigen Aktuellen Stunde ist für uns kein Nebenthema, sondern ein ganz zentrales Hauptthema. Seit Jahren werden die Nebenbahnen in Österreich systematisch ausgehungert. Seit Jahren arbeitet die Politik in Österreich gegen die Nebenbahnen: Fahrpläne werden ausgedünnt, neue Wagen werden nicht angeschafft, die Strecke wird nicht modernisiert – und dann, und das ist kein Zufall, heißt es, dass es sich um Geisterzüge handelt, dass Geisterzüge durch die Landschaft fahren und dass man diese Geisterzüge einstellen soll und kann, und zwar schlicht aus finanziellen Gründen.

Dieses Aushungern der Nebenbahnen hat – und das ist für mich eine zentrale Frage – massive Auswirkungen auf die Region und auf die Mobilität in der Region. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo es wichtig ist, zu wissen – und wir stehen jetzt an einem Wendepunkt in dieser Frage –, ob diese Politik auch weiterhin betrieben wird, ob den ausgehungerten Nebenbahnen nun der Todesstoß versetzt wird oder ob es ein zukunftsweisendes Konzept, ein Zukunftskonzept, ein modernes Bahnkonzept für das C-Netz für die Regionen geben wird, was natürlich seine Auswirkungen auf das Gesamtnetz hat.


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Herr Minister, Sie sind dafür nicht verantwortlich! Herr Minister, Sie waren es nicht, der in der Vergangenheit diese Fehler systematisch begangen hat beziehungsweise der zugeschaut hat, als diese Fehler begangen worden sind. Aber Sie, Herr Minister, stehen jetzt vor der Entscheidung, ob Sie nun ein aktiver Verkehrsminister werden wollen, ein Verkehrsminister, der aktiv in die Geschehnisse eingreift, der zeigt, dass er für die Nebenbahnen, für die Regionen etwas übrig hat, oder ein Verkehrsminister, der weiterhin – wie schon Ihre Vorgänger – nach der Pfeife von Draxler tanzt. Oder Sie entscheiden sich dafür, weiterhin Ausdünnungsprogramme vorzunehmen, vielleicht die eine oder andere Bahn doch noch zu erhalten, sie mit Ihrer "Sterbehilfe" noch zu erhalten, ohne jedoch an die Zukunft dieser Bahnen zu glauben.

Ich habe betreffend die Frage Nebenbahnen von Herrn Draxler mittlerweile einen Brief bekommen. In diesem Brief spricht Herr Draxler davon, dass es keinen "Kahlschlag" bei den Nebenbahnen geben würde, sondern – ganz im Gegenteil! – ein "Aufforstungsprojekt" geplant sei. In diesem Zusammenhang kann man nur sagen, dass Herr Draxler von moderner Forstwirtschaft offensichtlich gar nichts versteht. Das wäre nicht so schlimm, das ist nicht sein Thema, aber er versteht offensichtlich noch viel weniger von einer modernen Bahnpolitik, so wie sie zum Beispiel die Schweiz betreibt.

Herr Minister! Mit Herrn Draxler gibt es ein Problem: Sie müssen sich im Klaren darüber sein, Herr Minister, dass Herr Draxler die Politik gegen die Nebenbahnen weiterhin betreiben wird, wenn Sie ihn nicht stoppen, wenn Sie ihn nicht bremsen! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht jetzt darum, die politische Verantwortung wahrzunehmen und klarzulegen, wer anschafft (Abg. Böhacker: Wer zahlt! Nicht, wer anschafft!), wer anschafft in der Verkehrspolitik, wer die Politik für eine Region bestimmt. Ein vernünftiger öffentlicher Nahverkehr mit guten Nebenbahnen könnte das Rückgrat einer guten Regionalpolitik werden.

Herr Minister! Wir haben uns gestern die Mariazeller Bahn als eines von vielen Beispielen angeschaut und konnten anhand dieser die gesamte Geschichte der Nebenbahnen in allen ihren Ausformungen nachvollziehen. In dieser Bahn würden große Chancen für die Zukunft liegen, vor allem auch deswegen, weil alle Gemeinden gemeinsam und aktiv nicht nur an der Erhaltung, sondern auch an der Weiterentwicklung dieser Bahnstrecke arbeiten und arbeiten würden. Die Bürgermeister dieser Region haben eine Resolution formuliert, die wahrscheinlich auch Ihnen zugegangen ist. Sie haben ganz klare Vorstellungen darüber, wie es mit der Mariazeller Bahn weitergehen kann. Sie haben klare Attraktivierungskonzepte entwickelt, die nicht darin bestehen, Sterbehilfe für die Mariazeller Bahn zu fordern, sondern die genaue und klare Vorstellungen darüber enthalten, wie es mit dieser Bahn weitergehen soll: als Tourismusbahn für den Teil Richtung Mariazell und als Pendlerbahn dort, wo die Menschen Richtung St. Pölten einpendeln müssen.

Da gibt es eine aktive Gruppe, die sich darum kümmert, entlang der Bahnlinie die Vermarktung der Orte, der Sehenswürdigkeiten vorzunehmen. Und darin liegt auch die Chance – und das gilt nicht nur für diese, sondern für sehr viele Nebenbahnen –, aktiv zu werden und neue Bereiche zu erschließen, die durchaus auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant werden können. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Deshalb sind Sie gefordert – statt weiterhin halbseidene Kompromisse, wie etwa bei der Ökopunkte-Regelung, einzugehen und zu vollziehen –, eine aktive neue Verkehrspolitik für die Region zu betreiben.

Herr Minister! Sie haben sich in der Budgetdebatte als der große Freund der Bauwirtschaft geoutet. Sie haben festgestellt, Sie seien ein großer Freund der Bauwirtschaft, Sie seien ein großer Freund der Wirtschaft. Outen Sie sich doch auch jetzt als großer Freund der Nebenbahnen und als Betreiber einer aktiven Regionalpolitik! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie ein Freund einer umweltverträglichen, aktiven Mobilität in der Region sind, dann können Sie Herrn Draxlers Äußerungen betreffend weitere Kürzungen, weitere Einstellungsprogramme, weitere Streckenstilllegungen bei den österreichischen Nebenbahnen nicht dulden. Sie treffen damit nämlich Pendler, die täglich in die Arbeit müssen, Sie treffen damit Senioren, die in


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die nächste Stadt, in das nächste Zentrum zum Arzt müssen, und Sie treffen damit Schüler, die keine andere Möglichkeit haben, als öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.

Diese Schüler, diese Senioren, diese Pendler fahren auf den Nebenbahnen in Uraltwaggons – ein Uraltmaterial, das zum Beispiel im Autoverkehr niemals toleriert würde. Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, ein regionaler Busunternehmer würde heute noch mit Bussen aus dem Jahre 1911 fahren. Bei der Bahn wird das toleriert, auf der Straße wäre das ein Ding der Unmöglichkeit!

Wenn die Nebenbahnen zu einem guten Konzept für die gesamte Bundesbahn werden sollen, dann reicht es nicht, sie nur zu erhalten, sondern dann ist es notwendig, gemeinsam mit der regionalen Bevölkerung, auch mit Bürgerbeteiligung, auch mit Befragen der Benützer, etwas Neues zu entwickeln. – Da sind Sie gefordert, Herr Minister! Es gibt wirtschaftliche Chancen bei einem mutigen Investitionsprogramm, bei einem Investitionsprogramm, das bedarfsorientiert und mit den Menschen in der Region entwickelt wird.

Herr Minister! Sie haben die Wahl, entweder als aktiver Verkehrsminister in die Geschichte der ÖBB und auch in die Geschichte der Regionalentwicklung einzugehen oder sich weiterhin als Prellbock des Herrn Draxler missbrauchen zu lassen, der diesem, ohne eigene Ideen zu entwickeln, folgt und wie ein Frühstücksdirektor zuschaut, wie die Region Schritt für Schritt ausgedünnt wird und wie die Mobilitätschancen in der Region Schritt für Schritt verschwinden, sodass für die Menschen keine effiziente Möglichkeit mehr besteht, sich auch ohne Auto fortzubewegen.

Im Sinne einer Schadensminimierung – und das ist mir sehr wichtig – müssten die Position des Herrn Draxler und seine Politik – vor allem seine Politik! – in Frage gestellt werden, und zwar massiv in Frage gestellt werden. Ein neues Programm muss her, es bedarf einer neuen Vorgangsweise im Bereich der Bahnpolitik (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und da ist es notwendig, Herr Minister, dass Sie aus den Fußstapfen Ihrer Vorgänger heraustreten, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): ... ein klares Bekenntnis zu den Nebenbahnen ablegen, das auch ein klares Bekenntnis zur Regionalpolitik und zu einer neuen ÖBB-Führung ist. Spielen Sie nicht länger Herrn Draxlers Prellbock! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde gelangt der Herr Bundesminister zu Wort. Die Redezeit soll ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

10.15

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine werten Damen und Herren! Zunächst ein herzliches Dankeschön für das Thema dieser Aktuellen Stunde. Ich denke nämlich, es muss gesellschaftspolitisch absolut im Mittelpunkt des Interesses stehen, wie wir mit jenen Regionen umgehen, in denen die Infrastruktur nicht in dem Ausmaß vorhanden ist wie im städtischen Bereich. Ich bin – ich sage es noch einmal – ein absoluter Anhänger dieser Thematik.

Gestatten Sie mir, bevor ich auf das eigentliche Thema eingehe, noch Folgendes zu sagen: Die Behauptung, dass es sich bei den Verhandlungen zur Einhaltung des Transitvertrages hinsichtlich Ökopunkte um eine "halbseidene Angelegenheit" handle, weise ich mit größter Entschiedenheit zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin zurzeit dabei, Hunderttausende Fahrten – ich betone: Hunderttausende Fahrten! – weniger durch Tirol zuzulassen, das auszuverhandeln, und das, Frau Doktor, ist keine "halbseidene" Lösung, sondern eine Verbesserung einer vertraglichen Vereinbarung, für die ich nicht verantwortlich zeichne. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! Ich bemühe mich, da zu einem guten


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Kompromiss zu kommen. Frau Kommissarin de Palacio ist unsere Helferin, unsere Unterstützerin, und ich hoffe, dass wir am 26. Juni 2000 zu einem Ergebnis kommen werden.

Sie fordern, sofort Klage einzubringen. Es dauert vier, fünf Jahre, bis die Klage behandelt ist, und in der Zwischenzeit donnern Hunderttausende LKW mehr durch Tirol. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das tun sie ja schon jetzt!) Das kann doch nicht in Ihrem Interesse sein. Seien wir nicht halbseiden, sondern bleiben wir bitte bei der ganzen Wahrheit, und diese ist sehr positiv in unseren Bestrebungen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Thema "Nebenbahnen": Ich wüsste bis dato nicht, wann ich der "Prellbock" des Herrn Generaldirektors Draxler gewesen sein soll. Ich habe mich einmal sehr klar dazu geäußert, und das ist, glaube ich, eine Position, mit der jeder, der mitten im Leben steht, der im wirtschaftlichen Leben steht, der im politischen Leben steht, auch umgehen kann.

Herr Generaldirektor Draxler hat die Verantwortung, die Österreichischen Bundesbahnen wirtschaftlich zu führen. Er versucht, dieser Verantwortung auf seine Art zu entsprechen. Daneben gibt es noch eine andere Verantwortung, nämlich die politische. In Bezug auf die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gibt es eine Aussage von mir aus dem Februar dieses Jahres, soweit ich mich richtig erinnere, in welcher ich Folgendes klargestellt habe: Das eine ist die Meinung des Herrn Draxler, das andere – gerade auch hinsichtlich der Nebenbahnen – ist meine Meinung. Sie ist eine andere, aber der Ober sticht den Unter. Und in diesem Fall ist die Politik der Ober und der Generaldirektor der ÖBB der Unter! – Damit wurde das auch einmal eindeutig geklärt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie können das in den Medien nachlesen. Ich habe diese Äußerung gemacht.

Warum sage ich das? – Weil ich meine, dass diese Positionierung absolut in Ordnung ist und es nicht Sache eines Wirtschaftsdirektors, eines Wirtschaftskapitäns sein kann, zu befinden, wo er in seinem Betrieb aus eigener Tasche – aus der gemeinwirtschaftlichen Tasche, wenn Sie so wollen – etwas zuschießt. Das fällt nicht in seinen Verantwortungsbereich.

Trotz allem – ich komme dann auf die Mariazeller Bahn zu sprechen, die ich schon viel länger kenne als Sie –: Es gibt Bahnen, bei denen wir – man höre! – pro Fahrt und Fahrgast 480 S zuschießen, bei denen wir pro Fahrgast und Jahr 105 000 S zuschießen. Und nur um dieses Thema zu entemotionalisieren: Wenn in diesem Fall ein Generaldirektor nicht die Frage stellt, ob er den Betrieb in dieser Form weiterführen muss oder nicht, dann ist er, glaube ich, auch fehl am Platz! – Das möchte ich zur Klarstellung und zur Positionierung des Generaldirektors sagen.

Jetzt zu meiner Vorgangsweise und zu unserer Politik, die wir in diesem Bereich verfolgen. Es gibt einen klaren Auftrag meinerseits an die Österreichischen Bundesbahnen, keinen Einstellungsantrag im Verkehrsministerium abzugeben, bevor nicht vor Ort jegliche Möglichkeit genutzt, gesucht worden ist, einen weiteren Betrieb der Nebenbahnen sicherzustellen.

Ich habe im Besonderen das Projekt Mariazeller Bahn ausersehen, und zwar aus dem Grund, weil Mariazell, das Mariazeller Land auf Grund der schwierigen topographischen Lage eine besondere Situation darstellt: Auf der einen Seite stellt der Seeberg ein Hindernis dar, zu den Zentren zu gelangen, auf der anderen Seite liegt Niederösterreich, also ein anderes Bundesland. Da besteht also Handlungsbedarf.

Wir haben den Auftrag gegeben, im Rahmen eines Sonderprojektes – dieses soll sich nicht nur mit der Mariazeller Bahn beschäftigen, sondern mit zwei weiteren Projekten – zu erforschen, wie man den Betrieb sicherstellen kann. Wir werden mit Sicherheit auch die finanziellen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, in einem, wirtschaftlich gesehen, nicht vertretbaren Ausmaß einsetzen; damit das auch klar ist. Wir werden dort finanzielle Mittel über die wirtschaftliche Vertretbarkeit hinaus einsetzen, was bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen allemal der Fall ist.

Ich habe in der Diskussion erwähnt, dass es Bahnen gibt, bei denen wir 105 000 S pro Fahrgast und Jahr zuschießen. Dazu kann ich nur sagen: Bei einem Gesamtpaket an Verschuldung beziehungsweise bei gebundenen Kreditmitteln in der Höhe von über 200 Milliarden Schilling bei


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den Österreichischen Bundesbahnen im Bereich der SCHIG hat die Änderung einer Kreditrate in Promillehöhe eine sicherlich wesentlich größere Auswirkung, als hier vernünftige Projekte bei Nebenbahnen zu machen.

Ich sage das nachdrücklich und bewusst, und ich stehe dazu. Ich meine damit auch, dass wir den einen oder anderen Schilling nicht mit der Strenge, Trockenheit und dem Pragmatismus eines Wirtschaftsmanagers oder Wirtschaftskapitäns anzuschauen haben.

Meine erste Stellungnahme dazu lautet also jetzt zusammengefasst: Es wird zu keinem "Kahlschlag" kommen, aber den Begriff "Aufforstung", den Herr Generaldirektor Draxler ebenfalls verwendet, kann ich nicht ganz deuten; dies möchte ich selbst bei ihm hinterfragen. Ich musste so wie Sie leicht schmunzeln, als ich das hörte. Das wird es natürlich nicht sein, aber wir werden für eine Auffrischung dieser Bahnen sorgen. Es ist vor allem auch hundertprozentig gewährleistet, dass bei jeder Bahn der öffentliche Verkehr als Angebot aufrecht bleibt. Diesbezüglich gebe ich mein Wort. Ich hoffe, dass sich das Hohe Haus einstimmig dieser meiner Vorstellung anschließen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Stellungnahme.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten für sämtliche Redner betragen ab jetzt 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

10.23

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch ich danke den Grünen, dass sie heute die Frage der Bahnen, insbesondere jene der Nebenbahnen thematisieren. Ihnen, Herr Bundesminister, danke ich zunächst für die Position, die Sie dazu einnehmen und die für mich als Eisenbahner erfreulich ist. Wir werden Sie aber an Ihren Taten messen; das sage ich gleich zum Einstieg.

Meine Damen und Herren! Uns muss Folgendes bewusst sein: Weniger Bahn und Einstellung von Bahnen bedeuten mehr Umweltbelastung, somit also geringere Lebensqualität. Während wir in Österreich in den letzten 25 Jahren – wir haben das wiederholt hier diskutiert – in den Straßenbereich insgesamt 471 Milliarden Schilling investiert haben, waren es bei der Schiene nur 121 Milliarden Schilling. Die ÖVP – besonders Verkehrssprecher Kukacka – kritisiert immer wieder, dass wir 1999 endlich einmal eine gewisse Parität zwischen Schiene und Straße erreicht haben. Die Bahnen führen nicht nur in Österreich, sondern in Gesamteuropa und auch anderswo einen Überlebenskampf. (Abg. Dr. Lichtenberger: Außer in der Schweiz!) In anderen Bereichen ist man heute allerdings wieder bereit, eingestellte Nebenbahnen mit einem Aufwand von Millionen, ja Milliarden zu reaktivieren. Wir haben in Österreich die Chance, die Bahnen zu modernisieren, anstatt sie einzustellen.

Nun, meine Damen und Herren, zu den vorgesehenen Einstellungen. Herr Bundesminister, Sie haben nach dem ÖBB-Gesetz die Möglichkeit, verkehrspolitische Weisungen zu erteilen. Der Generaldirektor der ÖBB – Sie haben das hier ganz richtig ausgeführt – hat dem Gesetz nach den Betrieb ÖBB kaufmännisch zu führen. Wie wir wissen, ist Herr Draxler nur an Gewinn bringenden Strecken interessiert. Es kann nicht in unserem politischen Interesse sein, uns nur an Gewinn bringenden Strecken zu orientieren, sondern wir haben auch zu beachten – und zwar das, was Sie, Herr Bundesminister, gesagt haben; auch ich möchte das unterstreichen –, dass die Menschen in den Regionen ein Anrecht auf Mobilität und Grundversorgung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin ein Funktionär der Gewerkschaft der Eisenbahner und somit auch einer jener so genannten privilegierten Freigestellten, die auf Staatskosten die Regierung kritisieren, wie es die Frau Vizekanzler am Sonntag in St. Pölten ausgedrückt hat. Herr Präsident Verzetnitsch! Ich weiß, dass unsere Gewerkschaftsfunktionäre von den Gewerkschaften bezahlt werden, dort ein hohes Vertrauen genießen und auch immer wieder gewählt werden. Liebe Damen und Herren!


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Die Eisenbahner haben bei den Arbeiterkammerwahlen bei hoher Wahlbeteiligung bewiesen, zu wem sie stehen: Über 90 Prozent haben die FSG, also die Fraktion der SPÖ, gewählt. Doch das stört Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch für die Grünen ist das jetzt ein Erfolgserlebnis. Ich muss zu ihrer Ehre sagen, dass sich die Grünen immer wieder für die Erhaltung und für den Ausbau der Bahnen eingesetzt haben. Es ist wirklich erfreulich, was in den letzten Jahren auf einigen Strecken geschehen ist. Ich darf in diesem Zusammenhang das Beispiel Weinviertel erwähnen, wo wir gemeinsam mit der dort ansässigen Bevölkerung und mit den dortigen Bürgermeistern – es war egal, welcher politischen Richtung sie angehören – wirklich gute Modelle zustande gebracht haben. Dasselbe geschah auch im Burgenland. Das sollte meiner Meinung nach fortgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Ich darf noch Kollegen Schwemlein erwähnen, der seit Jahrzehnten für die Erhaltung der Pinzgauer Strecke kämpft, ebenso jene Funktionäre aus allen politischen Lagern, die sich für die Erhaltung der Mariazeller Bahn, von Bahnen im Waldviertel, auf der Lunzer Strecke und von Nebenbahnen in anderen Gebieten einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nur um Ihnen die Größenordnung vor Augen zu führen: Wenn wir die Nebenbahnen einstellten, würden rund 100 000 LKW mehr auf der Straße fahren. Die Folgekosten infolge von Unfallkosten würden 1 Milliarde Schilling betragen.

Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren: Die Einstellung von Nebenbahnen bedeutet weniger Lebensqualität, weniger Grundversorgung und geringere Mobilität. Die Einstellung von Nebenbahnen bedeutet aber auch weniger Qualität im Tourismus. Nebenbahnen haben regionale ökologische und volkswirtschaftliche Bedeutung. Das ist für uns, für den Gesetzgeber eine nationale Herausforderung. Die SPÖ kämpft für die größtmögliche Erhaltung der Bahnen und auch für den Ausbau der Nebenbahnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Die Redezeit ist die gleiche. – Bitte.

10.28

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Lichtenberger, diese Bundesregierung wird den Nebenbahnen weder den "Todesstoß" versetzen, noch wird sie sie "aushungern", denn diese Bundesregierung wird auch in diesem Bereich so wie in allen anderen Bereichen die großen notwendigen Reformen durchziehen und durchsetzen im Interesse von guten österreichischen Nebenbahnen und im Interesse von guten und erfolgreichen Österreichischen Bundesbahnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Keine Frage, die Nebenbahnen haben wichtige verkehrspolitische Funktionen, wir bekennen uns dazu, aber ohne das Walten wirtschaftlicher Vernunft können keine Nebenbahnen betrieben werden, meine Damen und Herren!

Frau Kollegin Lichtenberger! Wenn Sie hier die wirtschaftlichen Kennzahlen völlig ausblenden beziehungsweise kein Wort darüber verlieren, dann muss ich Ihnen klipp und klar sagen: So kann verantwortungsvolle Verkehrspolitik nicht gemacht werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun ein Wort an die Adresse des Kollegen Edler: Bei den Sozialdemokraten wird es jetzt modern, permanent Kindesweglegung zu betreiben. Und der arme Herr Generaldirektor Draxler muß sich von Ihnen bei jeder Gelegenheit alles an den Kopf werfen lassen. Er ist doch quasi Ihr "Kind": Herrn Draxler hat doch der Herr Kollege Klima hergeholt, er war doch sein wirtschaftspolitischer "Ziehsohn". Bekennen Sie sich doch zu ihm, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Nun einige Worte auch noch zu den wirtschaftlichen Kennzahlen: 28 Prozent der Gesamtstrecken der Bundesbahnen entfallen auf das C-Strecken-Netz, nämlich die Nebenbahnen, aber nur 1 Prozent der Netto-Tonnen-Kilometer im Güterverkehr und nur 1 Prozent der Kilometer im Personenverkehr werden auf diesen Nebenbahnen geleistet. (Abg. Dr. Lichtenberger: Warum?) Das sind also sehr bescheidene Größen.

Sie müssen natürlich auch sagen, wie die Unterdeckung ausschaut. Die Unterdeckung der Nebenbahnen allein im Infrastrukturbereich beträgt 1,2 Milliarden Schilling im Jahr, und im Personenverkehr werden auf den Nebenbahnen Verluste im Absatzbereich in der Höhe von rund 500 Millionen Schilling gemacht. (Abg. Dr. Lichtenberger: Und die Deckung der Autobahnen?)

Angesichts dieser Zahlen muss man doch auch Verständnis für die Position des Generaldirektors der ÖBB haben. Auf Grund der hohen jährlichen Kostenbelastung durch unrentable Nebenbahnen, die manchmal 10 Prozent und noch weniger Kostendeckung haben, geht es darum, für sein Unternehmen nach Alternativen zu suchen.

Es geht nicht darum, Nebenbahnen abzuschaffen, sondern es geht darum, sinnvolle Alternativen zu entwickeln, und das ist geradezu die Pflicht des Generaldirektors der ÖBB und auch unsere Pflicht als Politiker, wenn wir mit Steuergeldern verantwortlich umgehen wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Sie sollten mit Landeshauptmann Pröll sprechen!)

Man kann es dem Steuerzahler auf Dauer nicht zumuten, dass er den Bundesbahnen massiv Finanzmittel zuschießt, die dazu aufgewendet werden, dass dann oftmals tonnenschwere Geisterzüge durch die Landschaft fahren (Abg. Dr. Lichtenberger: Wenn man sie zuerst aushungert!), und zwar mit hohem Energieaufwand. Deshalb, meine Damen und Herren von den Grünen, verstehe ich Sie überhaupt nicht, denn die ökologische Bilanz dieser Nebenbahnen – dessen können Sie sicher sein! – ist auf Grund des hohen Energieverbrauches und der Umweltkosten, die da entstehen, negativ. Das sollten Sie auch erkennen und in Ihre Rechnung mit einbeziehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Also bevor so manche Nebenbahnen eingestellt werden, müssen einige Punkte geklärt werden. Für uns muss der Kostendeckungsgrad jeder betroffenen Strecke einzeln ausgewiesen werden. Es muss vor einer eventuellen Schließung einer Strecke neben finanzpolitischen auch entsprechende verkehrspolitische Überlegungen geben. Das heißt, man muss die Frage klären: Welche verkehrlichen Leistungen erbringt die jeweilige Nebenbahn, und gibt es vertretbare Alternativen dazu? (Abg. Edler: Sie sollten mit Pröll sprechen!) Vor allem und besonders wichtig ist folgender Punkt – und dazu gibt es jetzt auch die Möglichkeit –: Im Falle einer beabsichtigten Schließung einer Strecke muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen, damit bei Interesse an andere private Betriebsgesellschaften eine Vergabe stattfinden kann, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP) (fortsetzend): ... denn die staatlichen Monopole sind auch auf der Schiene vorbei. Auch in Österreich kann in Zukunft jeder private Betreiber auch auf der Schiene der ÖBB Angebote machen (Abg. Edler: Mit Pröll reden!), und das ist eine neue Chance auch für die österreichischen Nebenbahnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.34

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Natürlich geht es bei dieser Frage ums Geld, und ich kann daher nicht verstehen, Frau Kollegin Lichtenberger, dass Sie sich mit einem Satz so locker über die Frage der Geisterzüge hinwegsetzen. Es gibt sie natürlich. Wenn Sie mit offenen Augen durch den Bahnverkehr gehen, dann können Sie das nicht leugnen. Man darf da eben nicht mit einer


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Rechengröße so einfach operieren, sondern muss sich das Bild bei den Nebenbahnen ganz genau anschauen.

Beim C-Netz – das wurde heute schon angedeutet – gibt es drei verschiedene Kategorien. Erste Kategorie: Da gibt es Bahnen, die eine äußerst spärliche Auslastung, eine sehr geringe Auslastung haben, keinen Güterverkehr oder so gut wie keinen Güterverkehr aufzuweisen haben und keine Morgen- und Abendspitze zu verzeichnen haben. Das sind die ärmsten. Über diesen hängt natürlich immer als erstes das Damokles-Schwert der Betriebsstilllegung, und zwar bei jedem Minister, unabhängig davon, von welcher Fraktionen er kommt, und unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt dieser seine Funktion aufnimmt. Das, was Herr Draxler vor wenigen Wochen über die Medien mitgeteilt hat, ist nicht zum ersten Mal passiert, diese Beispiele hat es schon dreimal gegeben, und zwar bei jedem Ministerwechsel.

Die zweite Kategorie bei den Nebenbahnen sind jene Bahnen, die eine relativ geringe Auslastung beim Güterverkehr haben und die eine Morgen- und eine Abendspitze mit Schülerverkehr und Pendlerverkehr aufweisen. Über diese wird man natürlich diskutieren müssen, denn da besteht ein volkswirtschaftliches, ein gemeinwirtschaftliches Interesse, und daher sollte man schauen, dass das so gut wie möglich aufrechterhalten wird.

Des Weiteren gibt es eine dritte Kategorie bei den Nebenbahnen, und zwar sind das jene Bahnen, die eine relativ gute Auslastung haben, eine Morgen- und eine Abendspitze aufweisen und einen Tourismusverkehr zu verzeichnen haben. Bei dieser Art der Nebenbahnen sollte es, glaube ich, keine Diskussion über deren Stilllegung geben, und soweit ich den Herrn Minister richtig verstanden habe, wird es auch seine Intention sein, das ganze System zu optimieren – aber zu optimieren im Sinne der Österreicher, zu optimieren im Sinne der Pendler und zu optimieren auch im Sinne der Steuerzahler. Das scheint mir wichtig zu sein! Aber 4 Prozent Kostendeckungsgrad, 4 Prozent Fixkostendeckung, wie das bei einzelnen Nebenbahnen der Fall ist, ist natürlich eine Größe, mit der man schwer argumentieren kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bekenne mich dazu: Wir Parlamentarier müssen uns auch langsam angewöhnen, den Rechenstift in die Hand zu nehmen und auch volkswirtschaftliche Rechnungen hier in diesem Hause nachzuvollziehen und nicht zu sagen: Das Geld ist uns Wurscht! (Abg. Edler: Warum nicht bei der Straße?) Diese Dinge darf es nicht mehr geben, das können wir uns nicht leisten. Wir müssen grundsätzlich, Herr Kollege Edler, viele Dinge immer wieder finanziell hinterfragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zu dir, Kollege Edler. Du gehst da als Eisenbahngewerkschafter heraus und sagst, alles müsse möglich sein, der Status quo soll unverändert bleiben. (Abg. Edler: Nein!) Na ja schon. Das kommt bei dir immer wieder durch. (Abg. Edler: Was habe ich gesagt?) Aber das, was bei den Nebenbahnen an Kostenmalaise entstanden ist, ist zum Teil auch auf die unflexible Haltung der ÖBB-Gewerkschafter zurückzuführen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Genau!) Ich möchte nur ein Beispiel nennen, Herr Kollege Edler.

Stichwort: Lokomotive ferngesteuert führen. – Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Wer wehrt sich dagegen seit Jahr und Tag? (Abg. Huber: Die Bevölkerung!)  – Eure SPÖ-Gewerkschaft hat das bisher immer verhindert. Man kann, Frau Kollegin, sehr wohl das Rangieren und das Lokomotive Führen durch eine Person durchführen lassen. Das geht, das ist technisch möglich, dafür gibt es Beweise. Aber bei Ihnen im Unternehmen ist immer noch die Hausherrenmentalität da, wo Sie sagen: Das kommt nicht in Frage, da fährt die Eisenbahn drüber! – im wahrsten Sinne des Wortes.

Das ist Ihre Mentalität, und mit dieser Mentalität, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, werden wir die Nebenbahnen nicht retten können. Da sind konstruktive Kräfte gefragt, die einen sinnvollen gesellschaftspolitischen und wirtschaftspolitischen Kompromiss zustande bringen, und dazu zähle ich den Herrn Bundesminister. Er wird das machen, und Sie werden noch Ihre Wunder erleben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

10.39

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Firlinger hat sich gerade selbst eine sehr bezeichnende Antwort gegeben, indem er gesagt hat: Wir werden die Nebenbahnen nicht retten – sprich: er, sprich: seine Fraktion –, da sind konstruktive Kräfte gefragt! – Jawohl! Das kann ich nur ausdrücklich unterstreichen: Da sind wirklich konstruktive Kräfte gefragt! (Beifall bei den Grünen.)

Angesichts dieser Debatte sehe ich mich leider veranlasst, eine ganz persönliche Bemerkung zu machen. Ich bin die Tochter eines Land- und Gastwirtes. Nehmen wir einmal Folgendes an: Unser Gasthaus geht total schlecht, und jedes Schnitzel ist mit 5 000 S pro Jahr subventioniert. Was mache ich in diesem Fall als verantwortungsbewusste Wirtin? – Ich reduziere die Zeiten, in denen ich anbiete, ich mache das Schnitzel noch schlechter, also all die Dinge, die für einen Schnitzelesser attraktiv sind, mache ich partout nicht, und dann wundere ich mich, dass keine Leute mehr in mein Gasthaus kommen. – Also das ist wirklich das Konzept einer Geisterbahn, und das kann ich wirklich nicht verstehen! Es ist völlig abstrus und hat mit Betriebswirtschaft nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Die Einstellung der Nebenbahnen ist wirklich der Höhepunkt einer "Schnitzelbraterei" – unter Anführungszeichen –, die wirklich ihresgleichen sucht! Fahren Sie einmal mit dem Zug von Wien nach Fürstenfeld! Manchmal habe ich den Eindruck, dass keiner von Ihnen jemals mit der Bahn fährt. Wer von Ihnen fährt wirklich mit der Bahn? – Die Tagesrandverbindungen sind gestrichen worden. Es werden zwar Werbekampagnen gemacht, es findet eine Imagewerbung für die ÖBB statt, aber zum Beispiel ein Handy kann man nicht benützen. Wir haben gehört – es wurde uns erzählt –, dass es zum Beispiel auf der Strecke Wien – Paris für 800 Leute nur ein WC gibt. Weiters sind die "Kilometerbank" und die "grüne Bank" gestrichen worden. Das war für Bahnkundinnen und -kunden wirklich ein Schlag ins Gesicht. Die Einstellung der Nebenbahnen ist jetzt nur noch das Tüpferl auf dem "i", und wir lehnen sie auf das Massivste ab. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann nur sagen: Konzept Geisterbahn. Jedes Mal, wenn Sie von Betriebswirtschaft reden, habe ich große Probleme damit. Allein die Gemeinde Wien schießt eine halbe Milliarde zu den ÖV zu. Warum macht sie das?

Noch eine kurze Rechnung, weil vorhin jemand behauptet hat, die Öko-Bilanz zwischen Straße und Bahn sei irgendwie sehr eindeutig. Herr Kukacka war das, glaube ich. Entschuldigen Sie diese banale Bemerkung, aber ich glaube, dass Sie nicht rechnen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie haben sich nie damit beschäftigt!) Ich nenne Ihnen jetzt ein paar Zahlen: 31 Prozent des Gesamtenergieaufkommens werden in Österreich vom Verkehr verbraucht. 81 Prozent der Energiemenge werden durch den Straßenverkehr verbraucht, und nur 4 Prozent durch den gesamten Schienen-Infrastrukturverkehr. Ich wiederhole: 4 Prozent! Das ist eine sehr eindeutige Rechnung, und ich glaube, daran kann man nicht rütteln.

Herr Bundesminister! Eine Frage an Sie: Haben Sie sich schon jemals den Kopf darüber zerbrochen, was es heißt, in Österreich ein Klimaschutzkonzept zu machen? Haben Sie überlegt, dass das auch heißt, im Verkehrsbereich eine öffentliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, damit man sozusagen nicht irgendwie "das Letzte" ist, wenn man sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Österreich bewegt? – Ich habe den Eindruck, dass auch Sie nie mit der Bahn fahren.

Die CO2-Emissionen in Österreich, die dem Verkehr zugerechnet werden, sind seit dem Jahre 1990 um ein Viertel angestiegen. Ich betone: um ein Viertel! Das ist eine ganz dramatische Entwicklung. Ohne diese Entwicklung im Verkehrsbereich hätten wir unsere Klimaschutzziele in Sichtweite, in einer Entfernung, die wir erreichen könnten. (Abg. Neudeck: Da müssen Sie aber daheim bleiben!) Seit dem Jahre 1998 haben wir in diesem Bereich überhaupt einen Höchststand erreicht, und es gibt keine Trendwende. Vor allem im Verkehrsbereich zeichnet sich keine Trendwende ab. Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister: Haben Sie sich schon überlegt, was Sie in diesem Verkehrsbereich machen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren? – Die


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Nebenbahnen einzustellen ist dezidiert keine geeignete Maßnahme dafür. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Darum stelle ich sie ja nicht ein!)

Sie sagen, Sie stellen sie nicht ein. Sie haben sich auch gestern in der steirischen "Kronen Zeitung" als Retter der Nebenbahnen feiern lassen. Ich frage Sie jetzt: Was werden Sie tun: Werden Sie eine Bestandsgarantie für die Nebenbahnen ausrufen? Werden Sie Attraktivierungsprogramme – Stichwort "Schnitzelkonzept", sage ich jetzt, um es wirklich ganz einfach zu machen – für die Nebenbahnen entwerfen? Werden Sie gemeinsam mit den Gemeinden regionales Wissen nutzen? Die Leute in den Gemeinden wissen wirklich sehr gut Bescheid, wie Sie ihre Bahn attraktiver gestalten können, wie Sie sie in Tourismus-Konzepte einbinden können! – Und werden Sie all den Menschen in Österreich, all den Pendlerinnen und Pendlern, all den jungen Leuten, die keinen Pkw haben, all den alten Leuten, die keinen Pkw haben und keine Angehörigen haben, die sie irgendwo hinbringen können, werden Sie all jenen die Garantie geben, dass sie sich noch irgendwie fortbewegen können? Werden Sie das tun? (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben gesagt, Ober sticht Buben. Das heißt, die Politik übernimmt die Verantwortung für dieses Dilemma, für dieses "Konzept Geisterbahn" und für die Entscheidung, welche der Nebenbahnen in Zukunft attraktiviert weitergeführt werden. Ich erwarte mir von einem halbwegs vernünftigen Bundesminister, dass er erstens sich überlegt, welche Auswirkung seine Politik auf den Umweltschutz, auf Klimaschutzziele und so weiter hat – dies gerade dann, wenn man so viel Handlungsbedarf ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): ... im Energiebereich hat –, und dass er zweitens all den Menschen, die öffentliche Verkehrsmittel brauchen und ein Recht auf Mobilität haben, diese auch zur Verfügung stellt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

10.45

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieser Aktuellen Stunde greife ich zwei Ziele österreichischer Verkehrspolitik heraus: zum einen die Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger und zum anderen die Erschließung von bisher schlecht erreichbaren Regionen. – Leider geht es Ihnen nicht um die Erschließung, sondern um die Schließung, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. Eine effiziente Verkehrspolitik soll den Menschen, den Regionen und der Wirtschaft dienen, zugleich aber die Umwelt schonen und unseren Lebensraum nachhaltig sichern.

Zum Thema "Umwelt schonen": Herr Kollege Kukacka, Sie haben vorhin behauptet, Nebenbahnen wären im Gegensatz zur Straße in Bezug auf den energetischen Einsatz als negativ zu beurteilen. (Abg. Mag. Kukacka: Manche!) Das ist unwichtig, denn beim Gütertransport, Herr Kollege, beträgt das Verhältnis des energetischen Einsatzes und des CO2-Ausstoßes beim Schiff eins, bei der Bahn drei bis vier und bei der Straße zehn Werte. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es werden von Ihnen die Worte "effiziente Verkehrspolitik" gerne im Munde geführt. – Was können wir davon sehen, wenn wir uns die Verkehrspolitik der blau-schwarzen Regierung anschauen?

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie belasten die Autofahrer mit 2 000 S mehr im Jahr, und auch im öffentlichen Verkehr haben die Bürgerinnen und Bürger massive Kürzungen zu gewärtigen. Streichen, Kürzen, Drüberfahren auf der einen Seite, Verschleppen des Road-Pricings auf der anderen Seite: Das ist Ihre Politik! Doch heute geht es in erster Linie um die Nebenbahnen.


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Nun bringe ich ein positives Beispiel aus meinem Wahlkreis, meine Damen und Herren. Die Badner Bahn – Bezirk Mödling; ich wohne im Bezirk Mödling; sie führt von Baden bis Wien-Oper – hätte schon vor ungefähr 20 Jahren eingestellt werden sollen. Die Argumentation lautete damals: nicht rentabel, zu teuer, zu wenig Frequenz et cetera. Doch wie steht es nun damit? – Vor einigen Tagen gab es eine feierliche Eröffnung eines Niederflur-Triebwagens: Siebeneinhalb-Minuten-Takt bis zur Oper und so weiter. Auch diese Aspekte der Bedeutung von Regionalbahnen – diese sind möglich und müssen möglich sein – sollten in diese Diskussion unbedingt einfließen, meine Damen und Herren.

Mit den angedrohten Einstellungen der Nebenbahnen ist natürlich das Ausdünnen des öffentlichen Verkehrs vorprogrammiert. Die Situation der Pendler – dies wurde schon einige Male angesprochen – wird dadurch natürlich dramatisch verschlechtert. Es sollen nun 1 600 Kilometer Nebenbahnstrecke stillgelegt werden. Ich bin sehr gespannt, wie diesbezüglich die Projekte des Herrn Bundesministers Schmid aussehen werden. Allein in Niederösterreich sind 17 Regionalbahnen von der Einstellung bedroht, und dadurch werden die Arbeitsplätze von über 200 Beschäftigten gefährdet. Hoffentlich ist es nicht das "phänomenale" Sozialprogramm Ihrer Partei, das hier zum Tragen kommt, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Zusammenhang zwischen Erreichbarkeit der Regionen, um die es dabei geht, und der Wirtschaftskraft beziehungsweise der Wirtschaftsdynamik dieser Regionen zu sehen, ist genauso wichtig wie die Beachtung der anderen Aspekte, die ich angeführt habe. Die Region des Waldviertels zum Beispiel ist von den Einstellungen der Nebenbahnen massiv bedroht, und alle Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass selektive Projekte des Tourismus und des Gewerbes mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr erreichbar sind, sind nicht in unserem Sinn. (Abg. Neudeck: Hat das nicht der Herr Einem alles gemacht?) Die Mariazeller Bahn und auch die Krimmler Bahn wurden in diesem Zusammenhang schon angesprochen. Wir sind hier jetzt und heute, und daher ist es wichtig, was ich hier jetzt und heute sage. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wir, meine Damen und Herren, wollen keine "Geisterzüge", sondern wir wollen attraktive Bahnen. Man darf nicht vergessen, dass 60 Prozent des Güterverkehrs – nicht nur bei den Regionalbahnen, sondern allgemein gesprochen – von Anschlussbahnen abhängig sind und dass insgesamt 237 000 Netto-Tonnen auf diesen Strecken befördert werden. Bestehende Arbeitsplätze werden nachhaltig gesichert, und zusätzlich entsteht ein Anreiz, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die immer wieder diskutierte Umstellung einiger Nebenbahnen auf Busbetrieb bringt unserer Meinung nach eine Reihe von Nachteilen und viel weniger Vorteile mit sich. Einige seien aufgezählt: längere Fahrzeit, Fahrzeitverlust bei Staus oder anderen ungünstigen Straßenverhältnissen, zwangsweise höhere Fahrpreise, Wegfall von Fahrgästen, die aus touristischen Gründen lieber mit der Bahn als mit dem Bus in diese Regionen fahren. Die Erlöse werden abnehmen, die Leute werden mit dem Auto fahren, und es wird vielleicht nur der Schülerverkehr übrig bleiben. Das kann nicht das Ziel einer ökologisch orientierten Verkehrspolitik sein, meine Damen und Herren!

Wir sozialdemokratischen Abgeordneten werden daher auch heute wieder im Laufe des Tages – angesichts der verkehrspolitischen Bedeutung der Nebenbahnen – einen Entschließungsantrag, den Sie bereits kennen, zu diesem Thema einbringen, der die Forderung zum Inhalt hat, den Bestand der Nebenbahnen auch in Zukunft zu sichern.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie auf: Lenken Sie Ihre Verkehrspolitik in die richtigen Bahnen, und geben Sie den Regionalbahnen eine Chance! (Beifall bei der SPÖ.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. Er hat das Wort.

10.51

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Glawischnig, die Aspangbahn ist keine Nebenbahn. Sie ist eine "normale" Bahn, wenn ich das so bezeichnen darf, aber keine Nebenbahn.


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Herr Kollege Edler, ich messe die Österreichischen Bundesbahnen auch nach ihren Taten, und wenn ich das mache, nämlich die seit dem Jahre 1945 von den ÖBB gesetzten Taten beurteile, dann kann ich Ihnen eigentlich nur eines sagen: dass die ÖBB seit dieser Zeit eine sozialistische Domäne sind und dass die Sozialisten 50 Jahre lang den dafür zuständigen Bundesminister gestellt haben (Zwischenrufe bei der SPÖ)  – ich betone: 50 Jahre lang, mit einer einzigen Ausnahme, sonst hätte ich 55 Jahre gesagt –, mit einer einzigen Ausnahme, und zwar dem Zeitraum von 1966 bis 1970. (Beifall bei der ÖVP.) In dieser Zeit ist es der Bahn am besten gegangen, aber es war leider nur eine kurze Zeit. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Scherzchen!)

Wenn ich Ihnen die Bilanz der Bahn vorhalte, Herr Kollege Edler, dann müssen Sie zugeben, dass das eine sehr negative Bilanz ist. Auch Sie sagen das. Sie haben es auch vor der Arbeiterkammerwahl gesagt. Über 90 Prozent haben die Sozialisten beziehungsweise die FSG gewählt. Sie sagen das auch. Die Eisenbahnsozialisten behaupten natürlich: Na gut, nichts wird jetzt modernisiert, denn über hundert Tage haben wir jetzt eine neue Bundesregierung! – Aber die letzten 50 Jahre vergessen sie dabei. Nichts ist in den vergangenen 50 Jahren in Richtung Modernisierung bei der Bahn getan worden! Die Modernisierung der Bahn ist verhindert worden, und letztlich werden auch die Nebenbahnen dank dieser Ihrer Politik eingestellt.

Sie sagen, das sei so, weil unzählige Milliarden Schilling in das Straßennetz investiert wurden. – Es ist schon richtig, dass dort auch investiert wird, aber dass die Eisenbahn keine finanziellen Mittel bekommen hätte, stimmt nicht!

Seit dem Jahre 1970 hat die Eisenbahn einen Bundeszuschuss im Ausmaß von rund 700 Milliarden Schilling bekommen. Das ist ja fast die Hälfte der Schulden, die Österreich heute hat! Sie wissen das auch ganz genau, und Sie verlieren dadurch an Glaubwürdigkeit und Seriosität, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie verlieren dadurch insbesondere an Glaubwürdigkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Was kostet die Straße?)

Ich sage Ihnen als Regionalpolitiker, ich bin auch für die Nebenbahnen, aber eines muss trotzdem klargestellt werden  –  ich sage das nachdrücklich; es ist heute auch schon gesagt worden –: Geisterzüge können wir wirklich nicht durch die Gegend schicken und immer weitere finanzielle Mittel hineinstopfen. Das wird nicht möglich sein! Die Bahn ist gefordert, die Bahn muss selber etwas machen, um attraktiver zu werden. Das ist das einzig Sinnvolle, was gemacht werden kann und muss!

Ich füge noch etwas hinzu: Ich könnte mir vorstellen, wie man die Nebenbahnen sehr leicht erhalten könnte. (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter, lieber Herr Kollege Grabner, beträgt bei den Eisenbahnern 53 Jahre. Und ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Kein Mensch hat dafür Verständnis! Kein Mensch hat dafür Verständnis, dass der Eisenbahner oder die Eisenbahnerin, die im Büro sitzt, mit 53 Jahren in Pension gehen kann. Aber dann kommt Herr Präsident Verzetnitsch her und sagt: Wir werden die Straße wieder mobilisieren! Wir Eisenbahner gehen auf die Straße! Wir lassen es uns nicht gefallen, dass dieses Pensionsalter um eineinhalb Jahre erhöht wird, nämlich von 53 Jahren auf 54,5 Jahre.

Meine lieben Eisenbahner, sehr geehrter Herr Präsident und ÖBBler! Erhöhen Sie das Pensionsalter der Eisenbahner auf ein Niveau, wie es alle anderen Menschen haben (Beifall bei der ÖVP), meinetwegen so, dass die Eisenbahner dann in Pension gehen müssen, wie die Krankenschwester in Pension gehen muss, nämlich mit 56,5 Jahren, oder wie der Straßenarbeiter in Pension gehen muss oder wie der Schwarzdeckenarbeiter in Pension gehen muss, der die Asphaltdecke in Wien in der Nacht macht, oder wie der Schichtarbeiter in Pension gehen muss oder wie der Gendarmeriebeamte oder der Polizist in Pension gehen muss. (Abg. Edler: Die gehen alle früher!) Wenn das gemacht würde, dann gewännen wir 2 Milliarden Schilling, und damit könnten wir die Nebenbahnen erhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: ÖVP-Vertragsbruch!)


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Macht das! Erhöht das Pensionsantrittsalter bei den Eisenbahnern und mobilisiert nicht die Straße! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Vertragsbruch der ÖVP! – Abg. Schwemlein: Viele Gemeinplätze, aber hoher Unterhaltungswert!)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Er hat das Wort.

10.56

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn man die heutige Debatte verfolgt hat, dann muss man meinem Vorredner, dem Kollegen Fink, durchaus Recht geben. Man könnte ja glauben, dass die Österreichischen Bundesbahnen bei der Personalvertretungswahl oder bei der Arbeiterkammerwahl 90 Prozent sozialdemokratische Stimmen erhalten haben und sich nach 50 Jahren endlich aus dem Griff der Regierungsparteien befreien wollen, um die Bundesbahnen in die lichten Höhen eines Verkehrskonzeptes zu führen, das die Sozialdemokraten seit 50 Jahren für die Österreichischen Bundesbahnen und die Nebenbahnen vertreten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das genaue Gegenteil ist der Fall: Seit 1945 haben die Sozialdemokraten die Bundesbahnen fest im Griff. Herr Kollege Edler, Sie wissen das ganz genau. Ich war immer ein begeisterter Bahnfahrer, und ich habe mich auch immer für die Interessen der Eisenbahner eingesetzt, aber eines, Herr Kollege Edler, sage ich Ihnen auch klipp und klar: Die mangelnde Flexibilität der Personalvertreter innerhalb der Österreichischen Bundesbahnen hat in den letzten 20 Jahren maßgeblich mit dazu beigetragen, dass die Attraktivität der Bahn in entsprechendem Ausmaß geringer geworden ist.

Meine Damen und Herren! Es hat dort, wo Nebenbahnen eingestellt worden sind, kein Bürger mehr der Bahn nachgeweint, weil sie tatsächlich nicht mehr benutzt wurde, der Wirtschaft nicht mehr gedient hat und die Umstände bei den vorhandenen Transportkapazitäten bei deren Nutzung durch die Unternehmen in der heutigen anteilsmäßigen Wirtschaft zu dauernden Pönalezahlungen bei den Konzernen geführt haben. Die Wirtschaft ist daher umgestiegen.

Sie, Herr Kollege Edler, wissen auch ganz genau, dass sich die Bahn im Bereich der Nebenbahnen mit den Busdiensten, mit den Fahrdiensten, mit dem Transport mit Lastwägen und so weiter selbst Konkurrenz gemacht hat – zum Nachteil der Nebenbahnen und nicht zur Stärkung der Infrastruktur der Nebenbahnen.

Herr Kollege! Auch die Mariazeller Bahn ist so ein Beispiel. Vor Jahren wurden alle Bahnhöfe in der erforderlichen Form renoviert, und dann wurden sie zugesperrt. Heute fährt in den Triebwagen nur ein einziger Eisenbahnbediensteter. Es mögen vielleicht sogar 50 Menschen in diesem Triebwagen fahren, aber der Bedienstete ist nicht einmal mehr in der Lage, die Gebühren für den Bahntransport einzukassieren, weil er ja fahren muss und den Fahrplan einhalten soll und daher nicht kassieren kann. Dass dann auch die Statistik anders aussieht, als die tatsächliche Auslastung ist, und dass damit auch volkswirtschaftlich falsche Weichenstellungen mit induziert werden, ist, glaube ich, jedem, der diese Nebenbahn benutzt hat, klar und evident. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass man in all den Jahren, Herr Kollege Edler, aus kurzsichtiger Strategie bei der Arbeitsplatzsicherung nicht bereit war, etwa Bahnübergänge in entsprechender Form neu zu gestalten und die dort eingesetzten Bahnbediensteten rechtzeitig umzuschulen und in anderen Bereichen zu verwenden, ist ein Versäumnis, das die Bahn heute teuer bezahlen muss. (Abg. Edler: 12 000 Eisenbahner weniger!)

Sehr geehrter Herr Kollege Edler! Das nützt Ihnen nichts, denn Sie haben bei der Infrastrukturausgestaltung bei den Bahnen in den letzten 30 Jahren kläglich versagt. Sie haben vor lauter Arbeitskriegführen ganz vergessen, dass die Eisenbahn nicht mehr Selbstzweck für die Eisenbahner ist, sondern zu einem Dienstleistungsunternehmen im Kontext der gesamten Verkehrswirtschaft Europas geworden ist. Dort sind Sie leider auf der Nachrangspur, um nicht zu sagen, am Prellbock des Abstellgleises gelandet. Ich hoffe, sehr geehrter Herr Kollege Edler, dass Sie und die anderen Personalvertreter in Bezug auf den Bereich der Bundesbahnen endlich umzu


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denken anfangen und dass Ihnen klar wird, dass die Bundesbahnen ein Dienstleistungsbereich sind und für die Regionen, für die Wirtschaft und für die Reisenden da sind und nicht umgekehrt, nämlich, dass die Reisenden gnädig sein müssen und die Wirtschaft gnädig sein muss und dass die Bundesbahner nur dann bereit sind, die Bahn abzufertigen, wann sie Lust und Liebe haben und nicht gerade streiken. Die Bundesbahner sollen dann abfertigen und antreten, wenn es die Wirtschaft braucht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und das, Herr Kollege Edler, ist es, was der Österreichischen Bundesbahn und ihren einzelnen Bediensteten leider auf den Kopf fällt.

Wenn ich bedenke, dass heute nicht nur die Nebenbahnen insuffizient ausgelastet sind, sondern durchaus auch Hauptstrecken laufend an Attraktivität verlieren, wie etwa die Tauernstrecke, wie etwa die Südbahn, dann muss ich sagen: Daran ist nicht die jetzige Bundesregierung schuld, sondern die Politik, die Sie seit fünfzig Jahren betrieben haben: kein moderner Fuhrpark, keine entsprechende Flexibilität im Warenverkehr, kein Dienstleistungsbewusstsein.

Herr Kollege Edler! Wenn Sie nicht umdenken, dann werden die Privaten dort, wo die Bahnen ausgeschrieben sind, die Österreichischen Bundesbahnen überholen – und das zu Recht. Ich glaube, dass Sie jetzt gefordert sind, hinsichtlich der Bundesbahnen schleunigst umzudenken und tatsächlich zu einem Dienstleistungsbetrieb im Interesse der Regionen, im Interesse der Wirtschaft und im Interesse der Kunden zu werden und nicht nur eine Bundesbahn im Interesse der Dienstnehmer zu bleiben – und sonst nichts.

Sehr geehrter Herr Kollege Edler! Weil heute hier mehrmals von den armen alten Frauen die Rede war, die den Zug nicht mehr haben werden, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Die können mit Ihren Zügen auf den Nebenbahnen schon lange nicht mehr fahren, weil sie in die Waggons nicht hineinkommen, weil die Abstände bei den Stufen zu hoch sind ... (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Leiner. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): ... weil die Mutter mit dem Kinderwagen dort gar nicht hinaufkommt, und der freundliche Schaffner, der einem früher geholfen hat, ist längst schon vom Herrn Draxler, Ihrem Kind, wegrationalisiert worden.

Denken Sie um, meine Herren, im Rahmen der ÖBB, dann wird es mit den Nebenbahnen wieder aufwärts gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Kollege Haupt spricht mit jugendlichem Feuer!)

11.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Er hat das Wort. (Abg. Edler: 12 000 Eisenbahner weniger! – Abg. Mag. Kukacka: Aber nicht mehr lange!)

11.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schmid, es sollte uns bedenklich stimmen, wenn hier alle einhellig für die Nebenbahnen sind. Mich stimmt das jedenfalls bedenklich, weil in Wirklichkeit keine politische Auseinandersetzung darüber stattfindet, was denn dann in den letzten 20 Jahren passiert ist. Immer dann, wenn, wie es jetzt heißt, Kahlschlag-Konzepte angestanden sind, war es so, dass ohnehin immer alle für die Nebenbahnen waren und trotzdem alles so gekommen ist, wie es gekommen ist, denn diese Ausdünnungsprobleme haben wir schon länger.

Es ist möglicherweise überflüssig, noch einmal darauf einzugehen – weil es manche nie begreifen werden, oder vielleicht ist es gerade deshalb überflüssig –, dass die externen Kosten des Verkehrs selbstverständlich berücksichtigt werden müssen im Zusammenhang mit den Vergleichen, die wir bei Investitionen, bei Kosten und Ähnlichem mehr tätigen müssen. Diese Debatte ist an sich ausgereizt.


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Deshalb möchte ich auf einige Aspekte dessen eingehen, was wir in den letzten Jahren bezüglich der Nebenbahnen erlebt haben, und einige steirische Beispiele bringen, da ich wahrscheinlich zu den wenigen Nebenbahnbenützern unter den Abgeordneten gehöre und ein Benützer jener Aspangbahn bin, die hier erwähnt worden ist und die angeblich nicht einmal eine Nebenbahn ist. Dazu kann ich nur sagen: Wenn das eine Hauptbahn sein soll, dann gute Nacht öffentlicher Verkehr in Österreich! (Beifall bei den Grünen.) Das wäre dann wirklich das Sinnbild dafür, dass wir es nur mehr mit einer Geisterwagen-Politik, mit einer Geisterbahn-Politik zu tun haben.

Das gibt es gar nicht, dass das eine Hauptbahn sein soll, Herr Kollege. Es ist nämlich so, dass man beim Training fürs Joggen möglicherweise in einer speziellen Kurve den Zug auf Grund der Geschwindigkeitsprobleme, die er dort hat, überholen kann. Da sich beispielsweise die ÖBB und die Straßenverwaltung nicht darauf einigen können, dass bestimmte Bahnübergänge mit Signalanlagen versehen werden, darf der Zug dort nur mit 30 Stundenkilometer um die Kurve fahren, weil man sie nicht einsieht. Das ist auf der gesamten Strecke so.

Seit zehn, fünfzehn Jahren gibt es dafür Investitionskonzepte, aber gemacht wird nichts – obwohl dort ein Sicherheitsproblem herrscht. Bürgerinitiativen und Anrainer haben beispielsweise in Söchau immer wieder auf diese Problematik hingewiesen, bis dann tatsächlich – Herr Minister Schmid, Sie werden sich an den tragischen Unfall erinnern – ein Schulbus mit einer Triebwagengarnitur kollidiert ist und mehrere Schülerinnen und Schüler tot waren und einige andere schwer verletzt. Dass dann natürlich wieder alle möglichen Politiker von Landes- und Bundesregierung herbeigesprungen sind und die Hände gefaltet haben, ist damals schon auffällig gewesen – und nicht erst bei Lassing.

Bewusst und bekannt hätte das schon viel früher sein müssen. Und das ist in Wahrheit das Problem, das wir mit den Nebenbahnen haben: dass man sich nicht dazu durchringt, wirklich zu investieren. Dann könnte man nämlich auch die entsprechenden Vergleiche anstellen. Aber Sie verweigern die nötigen Investitionen, und alle fünf Jahre haben wir dann eine Nebenbahn-Debatte, weil, wie Sie richtig sagen, die Generaldirektoren der ÖBB durchaus einmal die Kostenvergleiche der laufenden Kosten anstellen – das ist auch völlig richtig – und feststellen, dass es bei der Benutzerfrequenz tatsächlich nicht gut ausschaut. Die Benutzerfrequenz kann aber nicht gut sein, weil das systematisch und mit Vorsatz, behaupte ich, ruiniert wird. Das ist das Problem bei den Nebenbahnen.

Weil Sie die ÖBB verteidigt haben, möchte ich an dieser Stelle ins Treffen führen, dass es natürlich auch das eine oder andere hausgemachte Problem der Eisenbahnverwaltung gibt. Wir konnten uns gestern davon überzeugen, dass in Mariazell am Endbahnhof der Nebenstrecke im Winter ein Schneeräumproblem besteht, und zwar der Art, dass drei verschiedene Einheiten für das Schneeräumen zuständig sind: jene, die vom Vordach den Schnee herunterkehren müssen, jene, die am Bahnsteig Schnee kehren müssen, und für die Schienen gibt es natürlich auch eine eigene Schneeräumzuständigkeit. Dass das nicht funktionieren kann, wenn vom Vordach auf den Bahnsteig und dann auf die Schienen und retour geschaufelt wird und das noch dazu immer ein anderer tun soll, ist evident.

Kollege Edler! Ich würde also meinen, dass da tatsächlich auch Probleme existieren, aber grundsätzlich geht es um das Investitionsbekenntnis.

Ich bringe ein letztes Beispiel aus der Steiermark: Strecke Spielfeld–Radkersburg. Diesen Streckenabschnitt einzustellen grenzt wirklich an immense Phantasielosigkeit. Wir stehen vor der EU-Erweiterung, jedenfalls Richtung Slowenien; das sollte bekannt sein. Es wird dort in 15 Kilometern Entfernung eine Haupttransversale, nämlich die Verbindung Kiew–Triest, vorbeigeführt werden. Da bräuchte man nur, ohne irgendwelche Brücken zu bauen, einen Netzschluss zu machen, und das ganze Konzept wäre sinnvoller nutzbar.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Mein Schlusssatz ist relativ einfach: Herr Minister, wenn das Ganze Infrastrukturministerium heißt, dann sollte man auch ein bisschen über die Zukunft nachdenken und nicht einfach rasenmäherartig herunterkürzen, wie es in Ihrem


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Budgetvorschlag vorgesehen ist. Wir sollten nachdenken statt Rasen mähen und ausbauen statt einstellen. Die paar steirischen Beispiele, die mir geläufig sind ...

11.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gar so "einfach" ist der Schlusssatz nicht, Herr Abgeordneter.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler. )

Ich erkläre die Aktuelle Stunde zum Thema "Nebenbahnen" für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich auf die im Sitzungssaal nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 848/J bis 866/J.

2. Anfragebeantwortungen: 529/AB bis 611/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 6/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (98 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (127 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (173 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden (174 der Beilagen),

Pensionsreformgesetz 2000 (175 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien) (178 der Beilagen),

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000 (181 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (182 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (183 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (GZ 15.1 – 1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink,


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29. Sitzung / Seite 38

Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 4 betreffend Verbesserung der Diabetiker-Betreuung in Österreich.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit (82 der Beilagen),

Antrag 174/A (E) der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend Arbeitsmarktpolitik für Frauen;

Außenpolitischer Ausschuss:

Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (109 der Beilagen),

Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (169 der Beilagen),

Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (170 der Beilagen),

Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau (171 der Beilagen),

Änderung des Artikels 20 Abs. 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995 (172 der Beilagen);

Familienausschuss:

Antrag 172/A (E) der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend Kinderbetreuung;

Finanzausschuss:

Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (71 der Beilagen),

Antrag 175/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem eine Steueramnestie aus Anlass der Abschaffung der anonymen Sparbücher gewährt wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird;

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 171/A (E) der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend Sicherstellung der Gleichstellung von Männern und Frauen in Österreich;


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29. Sitzung / Seite 39

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 176/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die rechtliche Umsetzung des Memorandums der österreichischen Volksgruppen 1997;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Außenpolitischer Bericht 1999 der Bundesregierung (III-46 der Beilagen);

Familienausschuss:

Österreichischer Familienbericht 1999 der Bundesregierung (III-47 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umweltförderungen des Bundes, 1999 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (III-48 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Evaluierung der Umweltförderung des Bundes für den Zeitraum 1.1.1996 bis 31.12.1998 (III-49 der Beilagen).

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Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten hat nach § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 867/J der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Fraktion an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport, Frau Vizekanzlerin Riess-Passer, betreffend massive Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher ab 1. Juni 2000 unter Ankündigung eines "Belastungsstopps" am 2. Juni 2000 dringlich zu behandeln. (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung soll die Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen werden.

Bitte, Herr Klubobmann Dr. Khol.

11.09

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Gemäß Artikel 52 unserer Bundesverfassung sind der Nationalrat und der Bundesrat befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.

Die Dringliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gusenbauer ist an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport gerichtet, deren Kompetenz in der Vollziehung die öffentliche Leistung und der Sport ist. Die Anfragen, die gestellt wurden, sind aber alle nach dem Stimmverhalten der Frau Bundesministerin im Ministerrat zu Fragen, die nicht ihren Wirkungsbereich betreffen.

Es ist entsprechend unserer Bundesverfassung weder möglich, das Stimmverhalten als Frage der Vollziehung zu qualifizieren, noch kann man eine Ministerin für öffentliche Leistung und Sport nach der Mehrwertsteuer fragen.


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Stenographisches Protokoll
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Herr Präsident! Ich erinnere an Folgendes: Es hat einen dunklen Tag in meiner parlamentarischen Existenz gegeben, das war die Dringliche Anfrage, die mein Klub am 14. Jänner 1997 betreffend die Übernahme der CA-Bundesanteile durch die Bank Austria gestellt hat.

Damals haben Sie persönlich, Herr Präsident, als ich die Anfrage bei Ihnen einbrachte, ungefähr zehn der 14 Anfragen nicht zugelassen, weil sie an Minister Farnleitner gestellt waren und Klubobmann Kostelka darauf hingewiesen hat, dass er nicht der zuständige Bundesminister sei.

Das ist auch im Stenographischen Protokoll des Nationalrates zum Ausdruck gekommen, weil Frau Abgeordnete Petrovic damals zur Geschäftsbehandlung gesagt hat – ich zitiere –:

"Herr Präsident! Es ist hier eine Dringliche Anfrage im Saal verteilt worden, aus der der Verhandlungsgegenstand für uns nicht wirklich genau erkennbar ist. Es sind etliche handschriftliche, teilweise unleserliche Ausbesserungen und Durchstreichungen gemacht ..." 

Das waren genau jene, Herr Präsident, die ich auf Ihren Wunsch hin auf dieser Dringlichen Anfrage anbringen musste, damit sie zugelassen werden konnte.

Ich rege daher an, Herr Präsident, dass wir während der Verhandlung zu den Fragen des Mietrechtes, die jetzt beginnt, eine Präsidialkonferenz unter Ihrem Vorsitz abhalten, in der über diese Frage diskutiert wird, weil das Beispielsfolgerungen hat, wenn man ein Regierungsmitglied nach seinem Stimmverhalten im Ministerrat befragen kann, denn dann ist jeder Minister für jede Frage, der er im Ministerrat je zustimmen könnte, hier anfrage- und beantwortungspflichtig. Es sei denn, Herr Präsident, Sie entscheiden sofort, diese Anfrage nicht zuzulassen. In diesem Fall ist die Präsidiale nicht notwendig. Anderenfalls bitte ich um rechtzeitige Einberufung dieser Präsidiale ohne Unterbrechung der Sitzung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.12

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Präzedenzfall, von dem Herr Abgeordneter Khol in diesem Zusammenhang gesprochen hat, ist vor allem darauf zurückzuführen gewesen, dass in der letzten Sekunde nach der Einbringung dieser Dringlichen Anfrage am Antragstext herumgestrichen wurde und es im Übrigen auch nicht klar war, was der Inhalt dieser Anfrage war.

Darüber hinaus ist es durchaus eine sehr interessante Argumentation, dass das Stimmverhalten von Regierungsmitgliedern in der Regierung nicht zum Aufgabenbereich eines Ministers und Regierungsmitgliedes gehört. Ich finde, das ist eine durchaus nicht nachvollziehbare Argumentation, und ich würde daher vorschlagen, dass wir, wie auch in anderen Fällen, diese Anfrage so behandeln, wie die Geschäftsordnung das vorsieht, und sie um 15 Uhr aufrufen.

11.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Ich werde mir den Sachverhalt ansehen. – Herr Klubobmann Westenthaler, bitte.

11.13

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt uns hier ein wirkliches Musterbeispiel vor, wie man das Instrument der Dringlichen Anfrage ad absurdum führen kann. Sie stellen ja nicht nur die Frage nach dem Stimmverhalten eines nicht zuständigen Ministers, sondern Sie stellen die Frage nach dem Stimmverhalten zu etwas, was nicht stattfindet. (Heiterkeit und Beifall des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Dr. Kostelka: Der "Belastungsstopp" findet nicht statt?)

Sie stellen Fragen zum Stimmverhalten zur Mehrwertsteuer, sollte diese von 10 beziehungsweise 20 Prozent erhöht werden, Fragen zum Stimmverhalten hinsichtlich des 13. und 14. Monatsbezuges, wenn dieser mit mehr als 6 Prozent besteuert werden sollte. Das gibt es nicht!


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Gebührenerhöhung-Veto – das kann es nicht geben, weil es die Gebührenerhöhung nicht gibt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie stellen eine Veto-Frage zur Aussetzung der Steuerreform 2000 und zum Familienpaket. Diese Aussetzung gibt es gar nicht! Sie stellen eine Frage betreffend Kürzungen bei den Pensionen, die es gar nicht gibt.

Sie stellen Fragen zum Stimmverhalten zu Sachverhalten, die überhaupt nicht existieren, die völlig aus der Luft gegriffen sind, die inhaltlich falsch sind und die nur wieder Zeugnis davon geben, dass Sie völlig ahnungslos sind – nicht nur geschäftsordnungsmäßig, sondern auch inhaltlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Also ganz so einfach ist der Sachverhalt nicht, weil wir natürlich schon Dringliche Anfragen auch zu Projekten oder künftigen allfälligen Entscheidungen oder Nichtentscheidungen gehabt haben. Aber ich werde mir den Sachverhalt innerhalb von 30 Minuten überlegen, werde den Text der Anfrage noch einmal studieren und dann entscheiden, ob sie zugelassen wird, ob sie nicht zugelassen wird oder ob wir eine Präsidialsitzung machen.

Ich schlage daher vor, dass wir mit diesem Vorbehalt jetzt mit der Erledigung der Tagesordnung beginnen. – Die Sache ist damit noch nicht entschieden.

Ich gehe in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 10 "Wiener Stunden" vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 195 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 145 Minuten sowie Grüne 115 Minuten.

Darüber hat der Nationalrat zu befinden.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir darüber hinaus der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 bis 5, 7 bis 9, 10 bis 12, 13 bis 16, 19 bis 23, 25 und 26 sowie 27 bis 32 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist auch nicht der Fall. Dann ist auch das so festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 129/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden und das Hausbesorgergesetz aufgehoben wird (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000) (122 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Bautenausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden (123 der Beilagen)


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3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 65/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (140 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 66/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird, und über den Antrag 90/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (141 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Anträge 70/A und 91/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (124 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zu den Punkten 1 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor. Daher gehen wir sogleich in die Beratungen ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.17

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube schon, dass diese Belastungsregierung natürlich auch die Diskussion anlässlich der Dringlichen Anfrage heute vermeiden möchte (Abg. Auer: Ahnungslose Opposition!), weil die Glaubwürdigkeit dieser Regierung, dieser blau-schwarzen Koalition auf dem Spiel steht, wenn eine Vizekanzlerin auf der einen Seite einen "Belastungsstopp" ankündigt, auf der anderen Seite aber gerade heute mit dieser Novelle zum Wohnrecht ein weiteres Belastungspaket präsentiert wird. Diesmal sind in hohem Ausmaß die MieterInnen und die Wohnungssuchenden von Ihren Belastungen betroffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie inserieren zwar, dass Sie Mieten senken werden, Sie plakatieren Ihr Versprechen, dass die Mieten billiger werden, wir wissen jedoch – und die Experten beim öffentlichen Hearing haben das ja auch bestätigt –, dass mit der vorliegenden Novelle genau das Gegenteil vorgesehen ist.

Die erste Belastungswelle für Mieter ist mit 1. Juni in Kraft getreten. Da haben Sie die Erhöhung der Elektrizitätsabgabe beschlossen. Das kostet die Haushalte 3 Milliarden Schilling. Das zahlen die Mieterinnen und Mieter! Da haben Sie beschlossen, dass Genossenschaftsmieter in Zukunft mehr zur Kasse gebeten werden, weil sie jetzt für die Eintragung ins Grundbuch auch bezahlen müssen. Und mit 1. Juni, mit der ersten Belastungswelle, haben Sie auch beschlossen, dass Häuselbauer in Zukunft eine Eintragungsgebühr für ein Bauspardarlehen zu entrichten haben – jene Menschen also, die dafür sorgen, dass Wohnraum geschaffen wird.

Was tun Sie heute? – Heute präsentieren Sie uns die zweite Belastungswelle für Mieterinnen und Mieter, es bringt ausschließlich mieterfeindliche Maßnahmen mit sich. Kein einziger Experte beim Hearing – nicht einmal die Experten der blau-schwarzen Koalition – konnte uns einen Punkt nennen, wodurch Wohnen billiger werden sollte. (Abg. Dr. Fekter: Durch die Abschaffung des Hausbesorgergesetzes!) Das haben Sie versprochen, aber dieses Versprechen brechen Sie.


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Die Vorhaben dieser Regierung sind ausschließlich zum Nachteil der Mieter. All diese Vorhaben werden zu mehr Rechtsunsicherheit für Mieter führen und eine eindeutige Verschlechterung des Mieterschutzes darstellen.

Diese Vorlage reiht sich natürlich nahtlos in die Belastungen ein, die vor allem Schwächere – beim Wohnen sind dies vor allem junge Menschen und junge Familien – betreffen, die Bezieher von niedrigen und mittleren Einkommen massiv betreffen. Menschen mit hohem Einkommen hingegen haben kein Problem, sich auf dem Wohnungsmarkt zu versorgen.

Sie machen das nicht zum Zwecke der Budgetkonsolidierung – wie auch in anderen Bereichen nicht –, sondern Sie machen das im Interesse Ihrer Klientel. Sie bedienen mit dieser Maßnahme die Großunternehmer und die Besitzenden und verteilen somit Geschenke an jene, die es nicht nötig haben, nämlich die Besitzenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Indiz dafür ist folgende Aussage, die ich gerne zitieren möchte: "Die Immobilieninvestoren heißen die neuen Wohnrechtspläne der blau-schwarzen Koalition für gut ..." – Und wissen Sie, warum sie diese Maßnahmen für gut heißen? – Das steht auch hier, nämlich: "... weil die Vermietung und Bewirtschaftung von Zinshäusern in Zukunft lukrativer wird." – Wer wird denn da zur Kassa gebeten, wenn es für die Immobilieninvestoren lukrativer wird? – Und weiters schreiben die Immobilieninvestoren, die sich bedanken, dass Sie diese Klientel auf Kosten der Mieter bedienen, "dass die Vermietung von Zinshäusern und Geschäftslokalen künftig wieder mehr abwerfen wird".

Das ist es, was Sie mit dieser Novelle bezwecken. Und wer hat dafür zu zahlen? – Dafür werden die kleinen Geschäftstreibenden zur Kassa gebeten, und dafür, dass Immobilieninvestoren mehr verdienen, haben die Mieter zu zahlen. Das sind die Maßnahmen, die Sie mit dieser Novelle planen, und ich meine, dass es wichtig ist, aufzuzeigen, dass Sie diese Klientel, nämlich die Hauseigentümer und die Immobilientreuhänder, auf Kosten der Mieter bedienen. Und das ist Geschäftemacherei mit dem Grundrecht auf Wohnen.

Wir Sozialdemokraten sind immer für sicheres und leistbares Wohnen in Österreich eingetreten. Wir haben trotz schwieriger Verhandlungen mit unserem damaligen Koalitionspartner, der ÖVP, doch immer wieder einen sehr hohen Kündigungsschutz und eine sehr hohe Wohnsicherheit umgesetzt. Wir haben immer gesagt – und das nicht so präpotent und überheblich, wie das diese Regierung macht, die meint, dass eine Wohnung mit einer Wurstsemmel, mit Brot oder Milch zu vergleichen ist –, dass eine Wohnung ein Grundbedürfnis ist, dass ein Dach über den Kopf zu haben für Menschen eine existenzielle Notwendigkeit ist und für uns daher nicht mit Geschäftemacherei zu verbinden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, womit Sie sicheres Wohnen in diesem Land in Zukunft ganz konkret abschaffen werden. Sie sorgen mit dieser Regelung der befristeten Mietverträge dafür, dass in Zukunft Wohnungssuchende keinen unbefristeten Mietvertrag mehr bekommen können, also keinen Mietvertrag, bei dem sie selbst entscheiden können, wann sie die Wohnung wechseln wollen, wann sie woanders hinziehen wollen, sondern einen Mietvertrag, der ein Ablaufdatum hat, das der Hauseigentümer festlegt, das der Mieter nicht mitbestimmen kann, der ein Ablaufdatum hat, das dazu führen wird, dass Mieter in Zukunft zum Vermieter werden betteln gehen müssen, dass der Mietvertrag verlängert wird, weil es nicht so einfach ist, sich eine neue Wohnung zu suchen, wenn man nur ein niedriges oder mittleres Einkommen hat. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.  – Abg. Mag. Firlinger: Das ist ja haarsträubend, was Sie da erzählen! – Abg. Großruck: Wie schaut das aus mit den Mietverträgen der Gemeinde Wien?)

Sich eine neue Wohnung zu suchen und zu übersiedeln ist mit hohen Kosten verbunden, zum Beispiel mit extrem hohen Maklerprovisionen. Wir haben in Österreich ja europaweit die höchsten Maklerprovisionen, die Mieter bezahlen müssen, obwohl wir seit Jahren durchzusetzen versuchen, dass die Maklerprovisionen auf europäisches Niveau gesenkt werden. Es ist nicht einzusehen, dass Mieter drei Monatsmieten an Maklerprovision zu bezahlen haben. In ganz Europa ist das um die Hälfte niedriger und liegt noch darunter. Wir haben daher einen Antrag eingebracht, der die Forderung zum Inhalt hat, dass diese Maklerprovisionen auf europäisches


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Niveau gesenkt, das heißt halbiert werden gegenüber den jetzigen Kosten, die auf Wohnungssuchende zukommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind finanzielle Auswirkungen, die befristete Mietverträge mit sich bringen, ganz abgesehen davon, dass man sich immer wieder auf Wohnungssuche begeben muss. Befristete Mietverträge führen aber auch dazu, dass man sein soziales Umfeld neu organisieren muss. Ich habe eine Tochter und weiß, dass es nicht so einfach ist, für ein Kind im Kindergartenalter einen anderen Kindergarten oder eine andere Schule suchen zu müssen. Dies ist aber notwendig, weil man aus der Wohnung gedrängt wird. Diese Novelle wird aber dazu führen, dass es eben nur mehr befristete Mietverträge, nicht mehr jedoch den unbefristeten, für die Mieter sinnvollen Mietvertrag geben wird.

Auch die Rechte, die die Mieter haben, nimmt man, wenn man alle drei Jahre betteln gehen muss, dass der Mietvertrag verlängert wird, viel weniger in Anspruch. Man wird seinen Hauptmietzins nicht überprüfen lassen, man wird seine Betriebskosten nicht überprüfen lassen, wenn man auf das Wohlwollen des Vermieters angewiesen ist. Doch das erreichen Sie mit dieser Novelle. Das ist eine Novelle, die sich gegen die Mieter richtet.

Ein meiner Meinung nach sehr wesentlicher Punkt sind die Zuschläge. Das wird auch immer verschleiert. Es wird immer gesagt, der befristete Mietvertrag habe auch Abschläge. In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen Folgendes sagen: Sie wissen – zumindest jene, die sich mit diesem Mietenthema beschäftigen –, dass es einen Zuschlagsdschungel auf die Mieten gibt, dass zum Richtwert bis zu 100 Prozent Zuschläge kommen. Ich kann Ihnen Beispiele von Hauptmietzinsüberprüfungen nennen. Da gibt es einen Zuschlag für einen Telefonanschluss, einen Zuschlag für einen Waschmaschinenanschluss, einen Zuschlag für die Raumhöhe, einen Zuschlag für ein kleines Haus, einen Zuschlag für einen Keller mit Boden. Das sind die Zuschläge, die verlangt werden, und die Abschläge für befristete Mietverträge werden nicht zum Tragen kommen, weil Sie nicht bereit sind, diesen Zuschlagsdschungel zur Richtwertmiete einzuschränken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten haben das bessere wohnpolitische Konzept. Dieses liegt heute ebenfalls zur Abstimmung vor. Wir fordern eine Reform dieses Zuschlagsdschungels. Wir treten dafür ein, dass es zu der Richtwertmiete, die der Marktpreis für eine Wohnung ist, eine Begrenzung der Zuschläge gibt. Damit können wir im Interesse der Mieter erreichen, dass es durchschaubare und nachvollziehbare Mieten gibt. Dafür treten wir ein! Das ist ein wohnpolitisches Konzept, das im Interesse der Mieter ist.

Ein weiterer Punkt – weil heute auch der Versuch gestartet wurde, Unterschriften von über 60 000 Mietern an Herrn Minister Bartenstein zu übergeben; er hat sie natürlich nicht entgegengenommen – ist das Hausbesorgergesetz. Sie sind nicht bereit, zu reformieren, sondern Sie zerschlagen eine gesamte Berufsgruppe – und das sehr rücksichtslos, wie Sie das in vielen anderen Bereichen auch gemacht haben. Sie haben Hauseigentümern in der Vergangenheit immer ein Körberlgeld dadurch ermöglicht, dass selbst dann, wenn günstigere Reinigungsfirmen tätig waren, die Mieter die Hausbesorgerkosten zu bezahlen hatten.

Was machen Sie jetzt? – Jetzt schaffen Sie eine Berufsgruppe ab, aber für die Mieter wird nichts billiger, und die Hauseigentümer und Hausverwaltungen werden sich durch die Gründung von Subreinigungsfirmen weiterhin ihr Körberlgeld holen. Das sind Ihre Maßnahmen, mit welchen eine Berufsgruppe zerstört wird, mit welchen keine Alternativen geschaffen werden, mit welchen keine positiven Lösungen geschaffen werden, mit welchen weder eine Alternative für die 80 Prozent Frauenarbeitsplätze, die davon betroffen sind, noch eine Alternative für die Mieter geschaffen werden. Völlig planlos handeln Sie weiter nach dem Motto: Zerstören, zerschlagen und drüberfahren!

Statt eine ganze Berufsgruppe zu zerstören, treten wir für eine Novellierung des Hausbesorgergesetzes ein, treten wir für ein zeitgemäßes, modernes Gesetz ein. Dazu haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht.


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Bei der Begutachtung, im Hearing und im Ausschuss hat sich ja auch gezeigt, dass das alles eine Pseudoaktion war. Sie haben das durchgezogen, was Sie durchziehen wollten. Sie haben alle Bedenken, die einhellig von den Experten vorgebracht wurden, schlicht und einfach vom Tisch gewischt, sie waren Ihnen egal.

Nun komme ich zum dritten Belastungsschritt für Mieter. Diesen kündigen Sie permanent an. Sie haben vor, Eingriffe in bestehende, alte Mietverträge vorzunehmen. Sie planen eine Aushöhlung des Kündigungsschutzes durch leichtere Geltendmachung des Eigenbedarfs, und Sie haben vor allem vor, steuerliche Begünstigungen für Hauseigentümer einzuführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Wie schrecklich!) Ja, es ist schrecklich – weil dieser Entwurf unausgegoren ist, weil dieser Entwurf unsozial ist, weil dieser Entwurf nur Verschlechterungen und Verteuerungen mit sich bringt und Sie das Gegenteil davon versprochen haben.

Lassen Sie mich aber, weil es mir wichtig ist, das Gegenmodell noch einmal kurz skizzieren: Ihrem Modell, das ausschließlich im Interesse der Makler und Hausbesitzer ist, stellen wir ein Modell gegenüber, aus dem klar hervorgeht, dass wir auf Seiten der Mieter stehen, dass es uns beim Wohnen um Rechtssicherheit geht, dass es uns beim Wohnen um leistbares Wohnen geht und dass wir die Bedürfnisse und die Interessen der Mieter schützen und weiter wahren werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.30

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Wohnungsmarkt ist ein dynamischer Markt, daher gibt es keine abschließenden, letztgültigen Schritte, sondern immer nur Anpassungen und die Möglichkeiten des Gesetzgebers, möglichst faire Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. )

In diesem Sinne ist dieser Schritt der Regierungsparteien mit der Wohnrechtsnovelle 2000 ein wichtiger Schritt zu Kostendämpfung und Kostensenkung, qualitative Verbesserungen und Eigentumsermöglichung. Ich möchte das im Einzelnen anführen.

Im Bereich des Mietrechtsgesetzes schaffen wir durch die Möglichkeit der durchgehenden Befristung, aber auch des durchgehenden Abschlages von 25 Prozent des Mietpreises marktgerechtes Handeln, nämlich das Einpendeln auf einen Käufer- und Nachfragermarkt der jeweiligen Mieten. Das heißt: weg von den Regulierungen, wie wir sie gerade in den Großstädten erlebt haben und zu denen Sie mit Ihren Richtwert-Oberbegrenzungen wieder hin wollen, wie wir sie erlebt haben – mit Ablösewucher, mit allen planwirtschaftlichen Elementen, mit dem Zuteilen, dem politisch motivierten Zuteilen von kommunalem Wohnraum, wie es in Wien jahrzehntelang üblich war! Diese Zustände schaffen wir ab. Wir senken damit Mieten und geben die Möglichkeit, mehr Wohnraum freizugeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe hier eine Aussendung von Frau Kollegin Bures; sie hat das auch gesagt. Darin widersprechen Sie sich selbst: Mehreinnahmen für die Hauseigentümer, und künftig werde es nur noch befristete Mietverträge mit Ablaufdatum geben. – Meine Damen und Herren! Wenn man 25 Prozent abzieht, dann kann es keine Mehreinnahmen geben. Frau Kollegin Bures, bitte beherzigen Sie das, sonst werden Sie Ihre Parteifinanzen nie in Ordnung bringen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Wie viel habt ihr Schulden? – Gegenruf des Abg. Haigermoser. )

Die Möglichkeit der Öffnung der Befristung für Geschäftsraummieten ist ein notwendiger Schritt. Ich verweise auf die Stellungnahme des Wirtschaftsforschungsinstituts im Begutachtungsverfahren. Aus dieser Maßnahme wird eine Belebung von Geschäftsstraßen in den Stadtkernen erwartet.


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Zweiter Bereich: Hausbesorgergesetz. Meine Damen und Herren! Es gibt 3,2 Millionen Arbeitnehmer in unserem Lande. Fast keine der Berufsgruppen in Österreich – bis auf 40 000 Hausbesorger – stützt sich auf ein altes Sonderarbeitsrecht aus dem Jahr 1922. Wir ermöglichen das Überführen in ein modernes Arbeitsrecht als Arbeiter oder Angestellte, so, wie es auch für alle anderen Berufsgruppen gilt. Es ist völlig unsinnig, den Betroffenen einzureden, ihr Beruf würde damit abgeschafft werden. Sie haben die Möglichkeit – und wir schaffen die Voraussetzung dafür –, innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen als verantwortliche Sozialpartner entsprechende Kollektivverträge abzuschließen. Ich sage Ihnen, dass die zuständige Gewerkschaft endlich zu verhandeln beginnen soll, statt 64 000 Unterschriften zu sammeln und den Leuten einzureden, dass ihr Beruf abgeschafft werde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf, am 2. Juli, nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, einen Blick in Ihre Wohnumgebung zu machen. Sie werden sehen: Ihr Hausbesorger wird noch da sein. Dann werden Sie wissen: Die SPÖ hat wieder einmal gelogen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Reitsamer  – in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Dr. Fischer –: "Gelogen"! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dritter Bereich: Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Wir schaffen die Möglichkeit ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Tancsits! Für den Fall, dass ein Ausdruck gefallen ist, den wir nicht akzeptieren können, werde ich demgemäß vorgehen – ich werde mir das Stenographische Protokoll anschauen und das überprüfen –, außer Sie nehmen diesen Ausdruck jetzt zurück.

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (fortsetzend): Ich nehme diesen Ausdruck mit Bedauern zurück. Ich ersetze ihn auch nicht und überlasse das der Phantasie des Hohen Hauses.

Dritter Bereich: Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Wir schaffen die Möglichkeit, durch Contracting – das heißt durch Finanzierung einer Verbesserungsmaßnahme, durch die Energieeinsparung – qualitative Verbesserungen ohne finanzielle Belastung der Mieter und der Wohnungsgenossenschafter durchzuführen. Das ist moderne Verbesserung, das ist Kostendämpfung, und das ist ökologischer Fortschritt!

Meine Damen und Herren! Unsere gesellschaftspolitische Handschrift – und ich weiß, dass das auf besondere Ablehnung von Seiten der SPÖ stößt – ist im Bereich der Eigentumsoption gegeben. Wer Eigenmittel in einem höheren Ausmaß als 50 Euro pro Quadratmeter bezahlt, wird in Hinkunft die Möglichkeit haben, diese Wohnung nach zehn Jahren zu erwerben. Wer im Altbestand mit einem neuen Vertrag eintritt, wird, so er mehr an Grundkosten zu bezahlen hat, ebenfalls die Möglichkeit haben, Eigentum zu erwerben. Wir kommen damit dem Wunsch vieler genossenschaftlicher Mieter entgegen  –  das hat schon 1993 die kleine Öffnung im WGG gezeigt –, Selbständigkeit und Eigentum zu erwerben, auf der anderen Seite aber auch Klarheit und Transparenz bei den Mieten zu schaffen.

Jetzt ist es in vielen Bereichen so, dass zwar eine scheinbar niedrige Miete kassiert wird, aber gleichzeitig ein hoher Eigenmittelbeitrag aufzubringen ist. Gerade junge Mieter oder junge Familien sind dann gezwungen, für die Aufbringung dieser Eigenmittel – womöglich bei einer mit dem genossenschaftlichen Bauträger verbundenen Bank – einen teuren Kredit aufzunehmen. Diesen Unfug schaffen wir ab. Eine Miete muss klar und transparent als solche erkennbar sein. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Mag. Firlinger und Neudeck. ) Dort, wo Eigenmittel aufzubringen sind, muss ich auch Eigentum erwerben können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Regierungsfraktionen haben mit der Wohnrechtsnovelle 2000 einen wichtigen Schritt im Wohnrecht geschaffen: Kostendämpfung und Kostensenkung bei Mieten, die Möglichkeit zur qualitativen und ökologischen Verbesserung und – last but not least – die Möglichkeit zur verstärkten Eigentumsschaffung. In diesem Sinn bitte ich um


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Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Von der Galerie werden zahlreiche Postkarten auf die Sitze der Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP geworfen.)

11.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir sind in einer Nationalratssitzung und lassen von der Galerie keine Störungen zu! Ich bitte diejenigen, die Galerie zu verlassen, die das heruntergeworfen haben! (Abg. Mag. Kukacka: Mietervereinigung! Na dann wissen wir eh, wo es hingehört!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Bitte auf der Galerie Platz zu nehmen und nicht zu stehen!

11.39

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Minister! Meine Damen und Herren im Plenum und auf der Galerie! Wir sind es leider fast schon gewöhnt, dass diese Bundesregierung das Umverteilen zu ihrem Grundsatzmotto gemacht hat: das Umverteilen von unten nach oben. (Abg. Fischl: Ich denke, Sie haben das Regierungsprogramm gelesen!)

Ja, wir kennen Ihre Schritte bei der Budgetsanierung. Wir kennen heute auch (Abg. Haigermoser legt der Rednerin ein Bündel der von der Galerie heruntergeworfenen Postkarten aufs Pult)  – danke schön! – Ihre so genannten Reformansätze im Wohnrechtsbereich. Dabei haben Sie diese Reformansätze als erste große Maßnahme dieser blau-schwarzen Regierung dargestellt, die jenseits von irgendwelchen Budgetkonsolidierungsmaßnahmen getroffen werden soll. Die Wohnrechtsnovelle 2000 wurde angekündigt als erster Schritt, als erster Teil eines großen Reformpakets zugunsten der ÖsterreicherInnen unter dem Motto "Billiger wohnen".

"Billiger wohnen" stand in der APA-Presseaussendung des Herrn Bundeskanzlers Schüssel und der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer vom 17. März 2000. Was aber stand in den Zeitungen, nachdem der Inhalt dieser Gesetzesnovelle bekannt wurde? (Abg. Neudeck legt der Rednerin ein weiteres Bündel der von der Galerie heruntergeworfenen Postkarten aufs Pult.)  – Ich möchte Ihnen einige dieser Schlagzeilen vor Augen führen, damit nicht mein sicherlich parteipolitischer Gesichtspunkt im Vordergrund steht, sondern damit hier noch einmal sozusagen die öffentliche Meinung artikuliert wird und dadurch Ihr Anspruch, Reformen im Hinblick auf billigeres Wohnen durchzusetzen, deutlich entlarvt und deklassiert wird.

Es steht im "WirtschaftsBlatt", einer Ihnen sicherlich nicht ungewogenen Zeitung, vom 18. März 2000, einem Tag, nachdem das "Billiger wohnen" angekündigt wurde, Folgendes zu lesen: "Immobilienbranche warnt vor höheren Mieten und sinkender Bauleistung", "Reform des Mietrechts unter schwerem Beschuss". – Das kam von Ihrer Seite.

Oder: Es steht in den "Oberösterreichischen Nachrichten": "Wohnrecht ... ‚Wohnen nicht billiger, aber Markt wird eingeschränkt‘". – Bitte, das steht in den Immobiliennachrichten! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Oder: Folgendes können wir lesen in den "Salzburger Nachrichten" vom 3. Mai 2000: "Wohnungen teurer". – Die Bundesinnung der Immobilientreuhänder führt diese Entwicklung auf gewisse Tatsachen zurück, die Ihnen nicht unbekannt sind.

Oder: Die "Presse" schreibt am 13. Mai 2000: "Experten: Neues Wohnrecht wird keine billigeren Mieten bringen". – Damit zerplatzte dieser Schmäh vom billigeren Wohnen bereits in den ersten Wochen wie eine Seifenblase. Was übrig geblieben ist, ist eine massive Verteuerungsaktion, die Sie unter dem Etikett "Dynamischer Markt" den Leuten irgendwie aufdrängen wollen und in die Sie die Leute hineinzwingen! (Beifall bei den Grünen.)

Es wäre schon längst nötig gewesen – schon seit den neunziger Jahren; ich glaube, Herr Präsident Fischer ist dafür ein guter Zeuge –, das Wohnrecht in Österreich einmal generell zu sanie


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ren, es transparenter, lesbarer und übersichtlicher zu gestalten, die Zins- und Mietregulierungen für die Mieterinnen und Mieter überhaupt erklärbar zu gestalten. Wir haben – lesen Sie das in der Fachliteratur nach – einen Dschungel von Zins- und Mietmöglichkeiten, je nach Bundesland und Förderungstyp, mit den Zu- und Abschlägen auch im freien Bereich. Dafür wurden bereits Beispiele genannt.

Statt dass Sie sich daranmachen, diesen Dschungel zu durchforsten, klare Verhältnisse zu schaffen, klare, transparente Regelungen auch in diesem Lebensbereich einzuführen, statt dass Sie den wesentlichen Reformansatz wählen, den Herr Justizminister Michalek bereits im Herbst wieder neu auf die Bühne brachte, gehen Sie den Weg des Flickwerks weiter. Sie praktizieren weiterhin das, was der Wohnrechtsexperte Professor Call sehr treffend mit "Wohnrecht bleibt Fleckerlteppich" bezeichnet hat. Bitte, das ist es, was man Ihnen ins Stammbuch schreiben muss: Mit diesem ersten Reformansatz der neuen Regierung machen Sie das alte Flickwerk nur um ein Stück länger und weiter.

Was wäre notwendig, damit die Umverteilung von unten nach oben nicht auch im Mietrechtsbereich vor sich geht? Was wäre notwendig, dass man andere Wege beschreitet?

Herr Kollege Tancsits! Ich pflichte Ihnen darin bei, dass der Markt durchaus seine Berechtigung hat, nur sind Wohnungen leider keine Wolljacken, keine Textilien, die ich in einem Geschäft in breiter Fülle angeboten bekomme, sondern Wohnungen sind Grund-Infrastruktur, auf die ich zurückgreifen muss, um überhaupt leben zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bei dieser Grund-Infrastruktur haben wir in Österreich noch eine vergleichsweise stabile Situation. Ich sage extra: im Vergleich zu anderen EU-Staaten, nämlich den stark liberalisierten, den in Ihrem Sinne liberalisierten, denen Sie mit Ihrer so genannten dynamischen Marktphilosophie nacheifern wollen. Ihr Experte, den Sie in den Ausschuss entsandten, hat sehr wohl auch darauf hingewiesen, dass die befristeten Mietverträge insgesamt zu einer Verteuerung führten. Bitte, das sagt ein ÖVP-Experte! Ich kann es Ihnen noch einmal wörtlich vorlesen. Er sagte: Die Zunahme von befristeten Mietverträgen führt zu Verteuerungen.

Dazu kommt es deshalb, weil der so genannte Richtwert, von dem Sie Ihre schönen 25 Prozent herunterrechnen wollen, ein Wert ist, den man sich richten kann. Der Richtwert ist eine Schimäre! Lesen Sie auch in der Fachliteratur nach: Es ist totes Recht. Ich zitiere Herrn Dr. Johannes Stabentheiner, seines Zeichens Bediensteter im Justizministerium. Er sagte: Der Richtwert wird nicht praktiziert. (Abg. Dr. Fekter: ... nach Komfort!)

Machen Sie den Praxistest! Rufen Sie beim Haus- und Grundbesitzerverband an, und sagen Sie: Ich möchte eine Wohnung vermieten und möchte wissen, was ich verlangen kann, wie hoch der Richtwert ist und wie die Zu- und Abschläge zu gestalten sind. Wie lautet darauf die Antwort? – Die Antwort lautet: Richtwert, den kennen wir nicht! Ich kann Ihnen sagen, was der Immobilienspiegel für gute, schlechte oder mittlere Lage empfiehlt.

So ist es! Darin spiegelt sich die Wohnrechts- und Mietsituation in Österreich sehr deutlich wider. Der Richtwert ist eine rein legistische Nomenklatur, die in der Praxis nicht geltend wird. Insofern sind auch Ihre 25 Prozent an Abschlägen sozusagen eine Seifenblase und werden nicht wirksam.

Ein Element noch aus dieser Wohnrechtsnovelle sozusagen in Richtung Wirtschaftsfreundlichkeit – weil Sie sich immer auch als die Wirtschaftsparteien darstellen –: Gerade die kleineren Betriebe, die kleineren Geschäftsleute werden unter dieser neuen Wohnrechtsnovelle schlechtere Rahmenbedingungen vorfinden, weil sie stark den Befristungen unterliegen. Sie können Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge zwar abschließen, aber die Weitervermietung, die Weiterführung dieser befristeten Mietverträge wird sich sehr wohl daran orientieren, wie in drei oder vier Jahren sozusagen der Geschäftsstand sein wird und ob man nicht die Schraube ein bisschen höher drehen kann, weil der Umsatz passt. Das wird auch für die Nahversorger und für die kleineren Geschäfte mehr oder weniger zu einer Falle werden, in die sie hineingezwungen wer


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den – und das von einer Partei, die immer wieder sagt, dass sie auch für die kleineren und mittleren Unternehmer da ist!

Ich sage: Sie sind für die Immobilienhändler da, Sie sind teilweise für die Immobilienbesitzer da, und Sie haben sich mit dieser Mietrechtsnovelle sicherlich auch in Richtung derjenigen bewegt, die Millionen auf der hohen Kante oder in Form von Grund und Boden haben, aber nicht in die Richtung derjenigen, die das Geld brauchen und die das Geld wirklich nötig haben. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Wort zum Eigentum, das jetzt leichter zu erwerben ist, weil die Einstiegsbarriere auf diese ominösen 50 Euro pro Quadratmeter gesenkt wird: Diese 50 Euro sind zwar günstig, aber die Kehrseite ist, dass die monatlichen Mieten steigen werden. Wenn nicht mehr hohe Anzahlungen für den Grunderwerb oder den Baukostenbeitrag geleistet werden, dann muss die Genossenschaft ihr Geld notgedrungen aus einer anderen Quelle beziehen. Diese andere Quelle heißt Miete, die Miete wird einfach höher werden!

Man kann das nachrechnen lassen; ich habe mich erkundigt und habe es nachrechnen lassen. Im schlechtesten aller Fälle steigen die Mietkosten um 85 Prozent, weil sich der Betrag, der vorher angezahlt wurde – vielleicht 400 000 oder 500 000 S –, auf die Monatsmiete überträgt. Die grundsätzliche Frage lautet: Will ich monatlich mehr zahlen, oder ist es mir nicht lieber, dass ich einmal einen Beitrag leiste und damit künftig monatlich entlastet bin? – Diesen zweiten Weg will die Mehrheit der Bevölkerung! (Abg. Mag. Firlinger: Die Anzahlung, wo kommt die her? Kommt die von selber?)

Sie schaffen mit diesen Mietkauf-Optionen auch zweierlei Kategorien von Eigentumswohnungserwerb. Auf der normalen Schiene, der Direktanzahlung von Eigentumswohnungen, haben Sie einen Mehrwertsteuersatz von 20 Prozent. Auf der neuen Schiene beziehungsweise im Fall der heruntergelegten Latte auf der neuen Schiene Mietkauf haben Sie eine Mehrwertsteuer von 10 Prozent. Wer wird da künftig noch im regulären Weg auf die Eigentumswohnungen zusteuern? Wer wird dann noch sozusagen die steuerlich höhere Variante wählen? – Die meisten werden die Mietkauf-Variante wählen. Sie fördern wieder mit Steuergeldern, mit Staatsgeldern den Erwerb von Eigentum zu Diskontpreisen. (Abg. Dr. Fekter: Eigentum! Ja, wie "schrecklich"!)

Ich habe ja nichts dagegen, dass Eigentum in dem Sinn in diesem Staat entsteht, aber Eigentum hat seine Kosten. (Abg. Dr. Fekter: Eigentum – etwas ganz "Schreckliches"! Haben wir im Kommunismus schon gelernt: Eigentum ist etwas ganz Schreckliches!) Ich bin auch bereit, für dieses Eigentum etwas auf den Tisch zu legen, aber ich bin nicht bereit, dafür Steuergelder auf den Tisch zu legen. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss noch eine kurze Bemerkung zu den Hausbesorgern, und zwar aus sehr kundigem Mund, nämlich aus dem Mund der Haus- und Grundbesitzer. Auch die Haus- und Grundbesitzervereinigung bedauert in ihrer Stellungnahme zu Ihrem Entwurf massiv, dass Sie dieses Gesetz abschaffen. Ja, es ist eine Tatsache: Auch die Hausbesitzer legen Wert auf Hausbesorger, weil Hausbesorger rund um die Uhr greifbar sind und in vielen Bereichen günstiger als Firmen arbeiten.

Ein banales Beispiel dafür ist das Wechseln einer Glühbirne. Das macht normalerweise der Hausbesorger. Holen Sie sich bitte einen Elektroinstallateur! Sie werden sehen, dass auf Grund Ihrer Maßnahmen die Betriebskosten steigen werden und dass auf Grund Ihrer Maßnahmen die Wohnungskosten insgesamt verteuert werden (Abg. Dr. Fekter: Was ist mit den Hausbesorgerkosten?), weil keine fix umgrenzten Tätigkeitsbereiche, wie sie bis jetzt der Hausbesorger zu erledigen hatte, gesetzlich verankert sind, sondern diese von Ihnen freigegeben werden.

Neu sind auch die fiktiven Betriebskosten, die Sie einführen. Das ist ebenfalls eine Kostensteigerungsrate. Sie können jetzt zusätzliche Betriebskosten einführen, damit Energiesanierungsmaßnahmen getätigt werden. Ich bin sehr wohl aus verschiedensten Gründen dafür. Nur: Wozu sind denn jetzt eigentlich die Verbesserungsbeiträge? Wozu sind jetzt eigentlich die Beiträge, die man für Sanierungsarbeiten leistet? – Diese müssten in erster Linie herangezogen oder, wenn


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sie nicht ausgeschöpft werden, zurückgezahlt werden und nicht neue Formen von Beiträgen für Contracting-Modelle eingefordert werden. Das ist wieder ein Weg, den wir massiv ablehnen.

Zum Schluss noch drei Urteile, die aus sehr bekundetem Munde stammen: Erstens: Die Notariatskammer gibt zu bedenken, dass durch die generelle Einführung dreijähriger Verträge die Vermietung von Eigentumswohnungen oder von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in kurzfristigem Bereich erheblich erschwert wird und dadurch Mietobjekte vom Markt genommen werden. – Das ist Ihre dynamische Marktpolitik! Das meint die Notariatskammer dazu.

Oder: Das Institut für Bürgerliches Recht, Handels- und Wertpapierrecht streicht sehr deutlich heraus, dass der Vorschlag dahin gehend problematisch erscheint, dass ein einheitlicher Abschlag in der Höhe von 25 Prozent eingesetzt wird. Das erhöht die Transaktionskosten. – Das sind auch Experten.

Welche Folgen insgesamt durch diese Kostenerhöhungen jetzt auf die Kommunen und auf die Länder zukommen, umschreibt am besten ein Schreiben des Amtes der Vorarlberger Landesregierung. Dies ist eine sehr sparsame Landesregierung und deshalb für mich eine sehr fundierte Quelle.

Darin wird formuliert: Höhere Mieten – so wie es sich aus diesem Gesetz ableiten lässt – führen auch zu höheren Wohnbeihilfen. Und da beißt sich mehr oder weniger die Katze in den Schwanz: Sie erhöhen die Mieten, und gleichzeitig drängen Sie die Kommunen und die Länder zu einer Erhöhung der Wohnbeihilfen, die dann wieder das Budget, sei es der Länder, sei es der Kommunen, oder das Budget des Bundes – über den Finanzausgleich – belasten.

Das ist der Punkt, weshalb wir diese Wohnrechtsnovelle massiv ablehnen. Für uns ist und bleibt Wohnen ein Grundinfrastrukturrecht. Auch im Hinblick auf günstige Arbeitskräfte hätte ich mir – das muss ich Ihnen sagen, Herr Wirtschaftsminister – eine andere Wohnrechtsnovelle aus Ihrem Haus und mit Ihrer Unterschrift erwartet. In der Zweiten Republik waren immer billige Wohnungskosten die Voraussetzung dafür, dass auch in der Wirtschaft angemessene Löhne bezahlt werden konnten; und das sind kommunizierende Gefäße. Die entstandene Schieflage haben Sie verursacht. (Beifall bei den Grünen.)

11.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bitte ich die vier Klubvorsitzenden um 12.10 Uhr zu einer kurzen Besprechung in den Präsidialsalon, der sich am Ende der Säulenhalle befindet. Kollege Prinzhorn wird den Vorsitz führen; Kollege Fasslabend ist für heute entschuldigt. Die vier Klubvorsitzenden werden für 12.10 Uhr zu einer kurzen Besprechung gebeten. – Danke.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Die Redezeit ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.54

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Das, was wir eingangs von Kollegin Bures und jetzt auch von Kollegin Moser gehört haben, war meines Erachtens sozialistische Altrede Marke sechziger Jahre, so würde ich das einmal umreißen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein bisschen älter!) – Vielleicht noch älter, Kollege Stummvoll, das kann durchaus sein.

Es ist so, dass beim Mietrecht, beim Wohnrecht ganz klar und auch plastisch die ideologischen Grenzen und die ideologischen Unterschiede zu Tage treten. Darum bin ich eigentlich froh, dass diese herausgearbeitet wurden, denn es hat sich manifestiert, was die Sozialdemokraten und die Grünen und was wir, die bürgerlichen Regierungsparteien, wollen.

Ich darf das noch einmal für die Kollegen hier im Hohen Haus zusammenfassen. Die linke Reichshälfte möchte regulieren, möchte Planwirtschaft, möchte einzementieren und Obergrenzen. Wir wollen eine Marktwirtschaft – eine Marktwirtschaft, die sozial abgefedert ist. Das ist ein


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mal eine grundlegende Differenz, und ich lege auch Wert darauf, dass man das herausstreicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Sozialdemokraten und die Grünen wollen ein Körberlgeld, wollen, dass irgendjemand noch etwas auf der Seite hat, dass noch nebenbei gewirtschaftet wird, was voraussetzt, dass es einen gibt, der das Körberlgeld zuteilt. Das ist auch Bestandteil der Planwirtschaft. (Abg. Mag. Kogler: Wer bekommt das Körberlgeld?) Wir wollen klare Verhältnisse und ein klares Gesetz, und wir wollen, dass der Mieter einen gerechten Preis für Miete und für Nebenleistungen bezahlt. Das ist auch ein ganz klarer Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir wollen Eigentumsbildung, die im Gesetz ganz klar umschrieben ist. Wir wollen den leichten Zugang zum Eigentum. Das ist ein allgemeiner volkswirtschaftlicher Wunsch, der von den meisten Leuten in Österreich, nämlich von 80 Prozent der Bevölkerung, empfunden wird und der allseits anerkannt ist.

Sie wollen das Gegenteil, nämlich die Verhinderung von Eigentum, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Reichshälfte! Wissen Sie, was Sie wollen? – Sie wollen die Pflege des Datschatums. (Abg. Dr. Niederwieser: Kollege Firlinger! Hast du schon einmal etwas von der katholischen Soziallehre gehört?) Sie wollen nicht, dass es klare Eigentumsverhältnisse gibt, sondern Sie wollen ein bisschen den Anschein von Eigentum vermitteln so wie in der Sowjetunion die Datscha. Diese wurde jemandem zugewiesen, der durfte darin wohnen, und wann er sich anständig aufgeführt hat, dann durfte er weiterhin darin wohnen (Abg. Dr. Niederwieser: Mit Kommunismus hat das nichts zu tun!) – so nach dem Motto: ein bisschen Eigentum, aber kein wahres Eigentum.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind ganz klare ideologische Auffassungsunterschiede, die auch im jetzigen Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Und darauf bin ich eigentlich stolz, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn dieser Schritt war überfällig. Eine Absage an sozialistische Wohnbaupolitik und an sozialistische Förderpolitik für Günstlinge und für eine Klientel, meine Damen und Herren, war höchst überfällig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie, Frau Kollegin Moser, hier sagen, Sie wollen eigentlich nicht, dass mit öffentlichem Geld Wohnungseigentum erworben wird, dann erteilen Sie eigentlich dem gesamten Förderungswesen eine ganz klare Absage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das, was Sie wollen, ist Kommunismus, Frau Kollegin! Da gibt es nur einen Hauseigentümer, nämlich die Republik Österreich und ein paar Vorfeldorganisationen. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Wir aber wollen das Privateigentum, meine Damen und Herren, und dazu bekenne ich mich, und das ist mir ein hohes und heiliges Gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn heute immer wieder damit argumentiert wird, dass es diesen ominösen Richtwert gibt, dann darf ich Sie fragen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Wer hat denn den Richtwert eingeführt? Wer hat denn das in vergangenen Perioden forciert? (Abg. Mag. Kogler: Niederösterreichische Wohnbaugenossenschaft!) Waren das die Freiheitlichen? – Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben! (Abg. Dr. Petrovic: Modell Rosenstingl!) – Bitte, Frau Kollegin! Ich wusste nicht, dass Sie so tief in die Lade greifen können. Aber gut, bleiben wir bei der Sache.

Meine Damen und Herren von der linken Reichshälfte! Sie haben sich das selbst zuzuschreiben. Sie haben über 30, 35 Jahre hindurch mit sozialistischer Politik das Wohnungsrecht systematisch vermurkst (Abg. Edler: Firlinger hat dreimal die Partei gewechselt!), und wir reparieren das jetzt, meine Damen und Herren. Das ist Tatsache! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit der Wohnrechtsnovelle 2000 wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Ich muss aber dazu sagen: Wir haben jetzt nicht alles machen können, das ist in 100 Tagen Regierungstätigkeit, in 100 Tagen New Government einfach nicht möglich. Aber es wird einen zweiten Schritt geben. (Abg. Mag. Kogler: Hören Sie doch auf damit! Das ist doch unerträglich!) Ich bin froh, dass es diesen zweiten Schritt geben wird, denn in der Zwischenzeit werden Sie von der


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Realität eingeholt werden, meine Damen und Herren! Dann werden Sie sehen, dass sehr wohl der Markt vieles von dem, was Sie heute abgrundtief verteufeln, honoriert. Das werden Sie sehen. (Abg. Edler: Falsche Rede!)

Nun auch ein Wort, meine Damen und Herren, zum Bereich der Hausbesorger. Wissen Sie, was da polemisiert wurde (Abg. Edler: Schafft es ab!), was da an Propaganda, an Angstmacherparolen verbreitet wurde? – Das ist wirklich nicht mehr zu überbieten. Schämen Sie sich! Schämen Sie sich dafür, dass Sie auf dem Rücken der kleinen Leute solche Angstmacherparolen ausgeben. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist haarsträubend, was da alles passiert ist: angefangen vom "Begraben" des Hausbesorgers über die öffentliche Vorführung im Sarg bis hin zur Behauptung, das sei eine Kriegserklärung. Die Wortwahl spricht für sich, und die Aktionen, die Sie gemacht haben, sprechen auch für sich. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich hoffe wirklich, dass Sie bald eines Besseren belehrt werden, und ich bin mir sicher, dass die Kunden, die Bürger, die Wohnungssuchenden, egal, ob sie in Miete stehen oder Eigentum erwerben wollen, sehr bald ganz klare Verhältnisse vorfinden werden. (Abg. Edler: Was ist mit den "kleinen" Leuten?)

Ich bin mir sicher, dass der Markt und die Bevölkerung das honorieren werden, und ich bin mir sicher, dass all Ihre Angstmacherparolen, die Sie hier verbreiten, Lügen gestraft werden und dass die Realität eine andere sein wird. Unterhalten wir uns bitte in einem Jahr darüber! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

12.02

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte hier das Wort ergreifen, um Ihnen zu versichern, dass es tatsächlich das Ziel dieser neuen gesetzlichen Regelung ist, die sehr schwierige und schwer lesbare Situation, die wir im Mietrecht vorfinden, umzugestalten, und zwar im Sinne einer Transparentmachung, im Sinne einer Lesbarmachung dieses Gesetzes und auch in dem Sinne, dass dieses Gesetz, wenn es von Laien gelesen wird, einen selbsterklärenden Charakter bekommt. Dem dient zweifellos der Versuch, diesen Dschungel durch das Befristungsrecht radikal zu vereinfachen, übersichtlich zu machen und zu vereinheitlichen.

Es gibt nunmehr – ich muss Ihnen das als ehemaliger Praktiker sagen – einen Fristvertragstyp, der sich wirklich selbst erklärt, für jedermann verständlich ist und auch rechtspolitisch zu begrüßen ist. Dieser Fristvertragstyp gilt für alle Mietverträge und gilt für alle Mietobjekte in gleicher Weise. Für die Unternehmer gibt es aber eine Sonderregelung, weil es für diese keine zeitliche Untergrenze gibt. Für sie wird es zugegebenermaßen ein bisserl schwieriger, weil sie diese Sonderregelung haben, aber das zieht sich durch die gesamte österreichische Rechtsordnung: dass Unternehmer eben weniger schutzwürdig sind und bei ihren Verhandlungen mehr aufpassen müssen.

Der Befristungsabschlag in der Höhe von 25 Prozent dient ebenfalls diesem Ziel der Transparentmachung, der Vereinheitlichung und der Übersichtlichmachung des Gesetzes. Diese 16. Wohnrechtsnovelle seit 1982 reduziert den Normenbestand – bitte, beachten Sie das – und erfüllt damit eine rechtspolitische Forderung, die immer wieder an das Ressort herangetragen wurde und gerade in einem Bereich verwirklicht wird, der besonders schwierig zu regeln ist, weil er – zugegebenermaßen – besonders unübersichtlich ist.

Der Weg vom Hausbesorger zur Hausbetreuung ist nicht eine Umkehr in irgendeine Richtung oder von einer Richtung, sondern ist eine Ergänzung des bisherigen Systems, weil nunmehr


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Hausverwalter und Hauseigentümer im Interesse der Mieter flexibler sein können. Es ist ja das Ziel der Forderungen und der gesetzlichen Regelung, die Betriebskosten übersichtlich, einfacher überprüfbar und günstiger zu machen. Ich glaube, dass ich der Sorge von Frau Dr. Moser, die insbesondere in diese Richtung geäußert wurde, eigentlich mit dem Hinweis entgegentreten kann, dass genau das, was sie teilweise gesagt hat und was richtig ist, mit dieser gesetzlichen Regelung verfolgt und hoffentlich auch erfüllt wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Firlinger! (Abg. Mag. Firlinger: Ich bin ganz Ohr!) Es drängt sich natürlich auf, dass man auf das, was Sie gesagt haben, eingeht. Aber ich möchte meine Redezeit nicht dazu benützen, denn ich glaube, die Heiterkeit, die Ihre Rede auf der Galerie ausgelöst hat, ist an sich bezeichnend gewesen und bedarf keiner weiteren Stellungnahme. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich glaube, es ist auch die Frage, inwiefern Sie hier glaubwürdig argumentieren, da Sie uns ja einen Modellversuch in Niederösterreich vorgeführt haben. Das ist keine "tiefe Lade", sondern das ist einfach ein Faktum, das sich aufdrängt, wenn Sie hier Glaubwürdigkeit für sich in Anspruch nehmen wollen. Sie haben in Niederösterreich gezeigt, wie "erfolgreich" man unternehmerisch tätig sein kann.

Ich muss auf der anderen Seite sagen, Herr Kollege Firlinger, ich habe von Ihnen auch schon andere Reden mit anderen Inhalten gehört. Ich weiß nicht, ob das damit zusammenhängt, dass Sie die Parteizugehörigkeit das eine oder andere Mal wechseln, aber eine gewisse Kontinuität hätte ich mir schon erwartet, Herr Kollege Firlinger! Das darf ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, dass hier Altreden gepflogen worden sind, dass Altredner, Kommunisten und so weiter gesprochen haben (Abg. Mag. Firlinger: Altrede!), dann darf ich Ihnen vielleicht sagen, dass Sie damit indirekt auch die Professoren Würth, Call, Schauer als Kommunisten bezeichnen und viele Institute angreifen, die im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens eine sehr eindeutige Sprache gegen diese Novelle verwendet haben, mit denen Sie sich eigentlich ernsthaft hätten auseinander setzen sollen (Abg. Mag. Firlinger: Das haben wir, Herr Kollege!), sodass Sie dann auch gesehen hätten, dass vieles von dem, was Sie hier vorgeben, erreichen zu wollen, ganz einfach nicht stimmt. Das, hätte ich mir gedacht, wäre eine Diskussion, die tatsächlich eine Qualitätsverbesserung herbeiführt.

Wenn Sie sagen, all das sind Kommunisten, und das so pauschal abtun, dann ist das Ihr Problem. Ich kann Ihnen in diesem Zusammenhang nur sagen, es gibt schon "Altredner" wie beispielsweise den neuen niederösterreichischen Landesparteiobmann der FPÖ, der gerade in letzter Zeit wieder in den Raum gestellt hat, dass seine Ehre die Treue ist. Wir alle miteinander wissen, dass das Probleme sind, die Österreich doch erheblich belasten! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Ich kann leider Gottes in diesem Zusammenhang den Verdacht nicht zur Seite schieben, dass Sie immer wieder darauf schauen, dass die so genannten Sanktionen weiter existieren, denn immerhin hat es letzte Woche auch der Bundeskanzler wieder verabsäumt, etwas zu tun, dass sie beendet werden. Das ist meines Erachtens ein unglaublicher Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Das Angebot, dass die Sanktionen nach einem kurzfristigen Monitoring storniert, ausgesetzt werden, zurückzuweisen, bedeutet natürlich nichts anderes (Abg. Mag. Firlinger: Was hat das mit dem Mietrecht zu tun?), als ein Interesse daran zu haben, dass hier ein Feindbild aufgebaut wird, meine Damen und Herren (Abg. Fischl: Zur Sache!), damit Sie hier Ihre sozialen Unglaublichkeiten, eine nach der anderen, durchziehen können. Das muss man halt der Bevölkerung einmal sagen, meine Damen und Herren! So ist das zu sehen und nicht anders. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Firlinger: Zur Sache!)


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Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Fachmeinungen, die im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens abgegeben worden sind, eindeutig gezeigt haben, dass diese sehr komplexe Materie des Mietrechtsgesetzes in einer anderen Art und Weise bearbeitet werden sollte, als Sie das gemacht haben! (Abg. Mag. Firlinger: Sie picken sich das heraus, was Sie gerade brauchen, Herr Kollege! Das ist das Problem!)

Hier liegt eine Art Husch-Pfusch-Gesetznovelle vor. Weil diese Materie so komplex ist und weil sie gerade eine der Materien ist, die auch in Juristenkreisen immer wieder als ein Parameter der juristischen Leistungskraft und der Kunst, mit Materien umzugehen, bezeichnet wird, bedarf sie einer besonders sorgsamen und sorgfältigen Bearbeitung.

Sie haben die gesamte Lehre gegen sich und können nicht einfach sagen, das blenden wir aus, das ist ein toller Entwurf. – Das ist übergangen worden. Das haben Sie zu vertreten, und Sie haben zur Kenntnis zu nehmen, dass das Gesetz eindeutig dazu führen wird, dass die Zahl der befristeten Mietverhältnisse steigen wird und dass auch die Erpressbarkeit der einzelnen Mieter größer wird, weil sie einfach zu gewärtigen haben, dass, wenn sie ihre Rechte in Anspruch nehmen, nämlich ihre Rechte auf Überprüfung der Mietzinse, dann einfach die Verlängerung seitens des Vermieters nicht erfolgen wird.

Das ist etwas, was eindeutig eine massive Verschlechterung der Mieterrechte nach sich zieht. Das haben Sie zu vertreten, meine Damen und Herren von der ÖVP, aber auch Sie von der FPÖ, da Sie im Rahmen des Wahlkampfes der Öffentlichkeit immer ganz andere Zielvoraussetzungen dargestellt haben. Da sind Sie komplett umgefallen, das kann ich Ihnen nur sagen.

Bei den Hausbesorgern wird es im Wesentlichen – dazu gibt es auch Studien – zu einer erheblichen Verteuerung der Kosten kommen, weil doch kein Mensch tatsächlich glaubt, dass das dann, wenn man für jede einzelne Tätigkeit statt des Hausbesorgers eine Vielzahl von Handwerkern benötigt, in Summe billiger wird. Wir haben dazu sehr zurückhaltende Berechnungen, die von einer mindestens 23-prozentigen Kostenerhöhung sprechen. Auch Sie kennen diese Berechnungen, weil sie im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens auch vorgelegt worden sind. Sie sind aber nicht darauf eingegangen.

Abgesehen davon glaube ich auch – es gibt dazu auch viele Erkenntnisse im Bereich der Hausbesorgungen –, dass die Abschaffung der Hausbesorger überhaupt keine qualitative Verbesserung für die Mieter herbeiführen wird, sondern genau das Gegenteil bewirken wird.

Sie sollten daher hier nicht so tun, als wäre das ein Fortschritt für die Mieter, und sollten nicht die Hausbesorger gegen die Mieter ausspielen, sondern Sie sollten sagen, wir wollen aus ideologischen Gründen ein Exempel statuieren, und daher müssen die Hausbesorger abgeschafft werden. Und den Mietern spielen wir vor, dass dadurch enorme Vorteile für sie erreicht werden. – Das ist aber nicht der Fall, und das wird auch nicht geschehen.

Nun zur Frage der Eigentumsoption: Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, nur die Eigentumsoption darf nicht, so wie es stattfindet, zulasten jener gehen, die Miete bezahlen. Die Mieter zahlen laut Ihrem Modell die so genannte Eigentumsoption, und das kann es wirklich nicht sein.

Ich komme zum Schluss. Das, was Sie uns hier als Mietengesetznovelle, als Verbesserung verkaufen, ist keinesfalls eine solche. Sie ist inhaltlich unsozial, sie ist inhaltlich nicht ausgegoren, und sie zeigt die Handschrift der ÖVP, die wir in der Koalition der letzten Legislaturperioden im Interesse der Mieter eingeschränkt haben. Die ÖVP hat das also nicht mehr gemacht. Es wird sich bereits im Rahmen der nächsten Monate – Jahre braucht man gar nicht dazu – zeigen, dass hier signifikante Verschlechterungen für die Mieter eingeführt werden. Aber dafür wird Ihnen irgendwann die Rechnung präsentiert werden. Ich wünsche Ihnen dazu alles Gute. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Firlinger: Schauen wir uns das einmal an, Herr Kollege!)


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29. Sitzung / Seite 55

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beachten Sie § 58 der Geschäftsordnung. – Bitte.

12.12

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Der Vorredner hat behauptet, der Herr Bundeskanzler habe ein Angebot zur Beendigung der Sanktionen im Gegengeschäft zu einem Monitoring abgelehnt.

Ich stelle dem den richtigen Sachverhalt gegenüber: Ein solches Angebot hat es nicht gegeben.

Zweitens: Der Herr Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung tun alles, um die ungerechtfertigten EU-vertragswidrigen Sanktionen, die die SPÖ regelmäßig begrüßt, abzuwehren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.12

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Die heutige Debatte ist davon geprägt, dass es einerseits die Regierungsparteien gibt, die modernisieren wollen, und andererseits die Oppositionsparteien, die alles beim Alten belassen und nur nichts ändern wollen. Wir haben diese Novelle auch unter dem Blickwinkel der Erneuerung des Wohnrechts gesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits Ende der achtziger Jahre ist in fast allen europäischen Staaten im Wohnrecht ein Erneuerungsprozess eingeleitet worden. Auch beispielsweise Tony Blair in Großbritannien – das ist mit Sicherheit eher ein den Sozialdemokraten nahe stehender Kollege, das große Vorbild der Sozialdemokratie – setzt auf Eigentum.

Ich habe hier eine APA-Aussendung vom 23. Mai. Darin heißt es: Briten setzen in der Wohnpolitik weiter auf Privatmodell. Fortgesetzt hat Labour beispielsweise das unter Margaret Thatcher eingeführte, populäre – unter Anführungszeichen – "Right to buy", das Recht der Mieter von kommunalen Wohnungen, die Unterkünfte käuflich zu erwerben, zunächst mit enormen Abschlägen auf den Verkehrswert. Labour habe diese Discounts inzwischen freilich reduziert. – Ende des Zitats.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dort wird modernisiert, nur bei uns hat die Sozialdemokratie den Modernisierungszug heillos verpasst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch Kollegin Moser hat die internationalen Bemühungen um Deregulierung massiv angeprangert und die europäischen Modelle eher als ungeeignet dargestellt. Frau Kollegin Moser! Wären wir nur schon so weit wie viele unserer Nachbarstaaten! In diesen Ländern ist nämlich die Erneuerung des Wohnrechts unterschiedlich ausgeprägt vorangetrieben worden. Bei allen Reformbemühungen war jedoch Folgendes beinhaltet: Erstens: weg von der Zwangsbewirtschaftung, zweitens: die Schaffung von ausreichend Wohnraum, drittens: Deregulierung bei den zwingenden Vorschriften, und zwar entweder bei den Preismechanismen oder bei den Kündigungsbestimmungen; aber in vielen Ländern fand die Deregulierung sogar bei beidem statt, also sowohl bei den gesetzlich festgelegten Preisen als auch beim Kündigungsschutz.

Wir in Österreich haben uns diesem Trend nur sehr zögerlich angeschlossen. Im Wohnungseigentumsbereich war es ein bisschen besser. Da haben wir in den neunziger Jahren bereits weitgehend dereguliert, im MRG-Bereich, also jener Domäne, die die Sozialdemokratie so massiv verteidigt, hinken wir aber immer noch nach und leben nach einer Philosophie des vorigen Jahrhunderts. Dies deshalb, weil in den neunziger Jahren die ideologischen Gegensätze zwischen den damaligen Koalitionspartnern so groß waren, dass wir von der ÖVP mit der SPÖ keine Harmonisierung des Wohnrechtes zustande gebracht haben.

Mit der vorliegenden Novelle setzen wir jetzt endlich zeitgemäße Deregulierungsschritte. Der Herr Minister hat es erwähnt: Wir schaffen mehrere Paragraphen einfach ab, wir schaffen ein ganzes, sehr regulatives Gesetz, nämlich das Hausbesorgergesetz, ab.


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Meine Damen und Herren! Wir schaffen aber nicht die Arbeit ab, die dort zu geschehen hat – im Gegenteil: Die Zahl der Arbeitsplätze in diesem Bereich wird zunehmen, es wird eine Fülle von neuen Dienstleistungen im Hausbesorgungsbereich, im Hausbetreuungsbereich geben, aber eben nicht mehr unter einem sehr privilegierten Arbeitsrecht, das nur für die Hausbesorger nach dem Krieg geschaffen wurde. Wir regeln also nicht mehr in einem Paragraphen mit vier Absätzen, wie viele Schlüssel wer, wann, wie zu bekommen hat und wer Anspruch hat oder nicht. Es ist nicht zwingend notwendig, die Schlüsselverteilung für Wohnungen in einem Gesetz zu regeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir glauben ganz einfach, dass es nicht gerechtfertigt ist, dass Hausbesorger ein eigenes Schutzrecht haben, aber Krankenschwestern beispielsweise unter das allgemeine Arbeitsrecht fallen. Wir glauben, dass es sehr wohl gerechtfertigt ist, dass auch die Betreuungsarbeiten, die nach wie vor in den Häusern gemacht werden, unter das allgemeine Arbeitsrecht fallen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch eines zu den Obergrenzen sagen: Es ist im Ausschuss von den Experten klar dargestellt worden und auch bei einer Studie, die die AK in Auftrag gegeben hat, herausgekommen, dass Einkommen und Wohnkosten zusammenhängen und dass die Wohnkosten fast immer in etwa 23 Prozent des Einkommens betragen. Das heißt, Bezieher niedriger Einkommen versorgen sich billig, und Bezieher höherer Einkommen zahlen höhere Wohnkosten in teureren Wohnungen.

Diese Studie kommt auch zu dem überraschenden Ergebnis, dass in beiden Segmenten, sowohl im Altbau als auch im Neubau, weitgehend ausreichende Angebote auch für die unteren Einkommensschichten vorhanden sind. Wenn man jetzt im Gesetz neue Obergrenzen einführen würde, dann würde das automatisch dazu führen, dass diese Obergrenze die generelle gesetzliche Miete wäre. Das würde die niedrigeren Mieten auf diese im Gesetz festgelegte Obergrenze hinauftreiben, und die Reicheren würden dann dämpfend diese Obergrenze in Anspruch nehmen können. Das ist das sozialdemokratische Wohnkonzept.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das ist ein Irrweg. Das ist unsozial, weil es nämlich mit Zwangsbewirtschaftung und mit im Gesetz festgelegten Preisen immer eine Verzerrung des Marktes gibt, was letztlich in das Ergebnis mündet, dass die Schwachen mehr zu zahlen haben und die eher Begüterten durch diese Grenzen im Gesetz profitieren. Daher sind wir gegen diese Zwangswirtschaft, und wir sind gegen diese im Gesetz festgelegten Preise. Wir wollen den Markt wirken lassen, denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Marktpreis dämpfend wirkt.

Auch beim Richtwertsystem hat man uns damals in diesem Hohen Haus mit Befürchtungen, Bedenken und Schwarzmalereien konfrontiert. – Nichts davon ist eingetreten! Das Richtwertsystem bewährt sich hervorragend. Die offenen Zu- und Abschläge erlauben eine individuelle Vertragsgestaltung, und damit kommen wir den Bedürfnissen der Menschen entgegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Brosz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.20

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sprechen heute wieder einmal, wie das in den letzten Jahren so oft der Fall war, über eine Novelle des Mietrechtes. Es gibt wundersamerweise einen einzigen Punkt, bei dem ich Herrn Firlinger, der jetzt nicht da ist, Recht geben kann. Das war der Punkt, als er gesagt hat, dass die SPÖ doch ein gehöriges Maß an Mitverantwortung daran hat, dass diese sehr zu Recht kritisierte mangelnde Transparenz, gerade was die Richtwerte betrifft, ins österreichische Mietrecht Eingang gefunden hat.

Wenn Frau Bures heute auch wieder aus meiner Sicht berechtigterweise einfordert, dass es einen Handlungsbedarf gibt, dass man zurückgehen und klare Richtlinien schaffen sollte, dann muss man doch zumindest bei diesem Punkt erwähnen, dass das eine gemeinsame Politik war, die die SPÖ – sicher in einer starken Drucksituation, die die ÖVP in diesem Bereich immer


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schon ausgeübt hat – durchgeführt hat. (Abg. Dr. Fekter: Nur zur Verbesserung der Mieter!) – Ja, "sehr" zur Verbesserung der Mieterinnen und Mieter, Frau Kollegin Fekter!

Ich habe mir Protokolle von diesbezüglichen Diskussionen in den achtziger und neunziger Jahren angeschaut, und da findet man auch durchaus kritische Stimmen von SPÖ-Abgeordneten, die gemeint haben: Es war halt ein Kompromiss, mehr war nicht drinnen! – Aber nichtsdestotrotz ist hier sehr viel mitgetragen worden, was einfach nicht mitgetragen werden hätte dürfen.

Ich möchte noch auf ein paar Dinge eingehen, die Herr Kollege Firlinger und auch Frau Kollegin Fekter angeschnitten haben. Sie haben hier ein Plädoyer für die Marktwirtschaft gerade im Bereich des Mietrechts gehalten – verknüpft mit anderen Dingen. – Sie machen das laufend, Sie machen das im Bereich der Bildung, und Sie machen das auch im Bereich der Gesundheit.

Vielleicht war es gar nicht so klug, auf das Beispiel Großbritannien zu verweisen. Fragen Sie einmal Ihre Gesundheits-Experten und schauen Sie sich an, wie diese Privatisierungsmaßnahmen im Gesundheitssystem in Ländern wie Großbritannien gewirkt haben! Schauen Sie sich an, wie das Bildungssystem durch diese Privatisierungsmaßnahmen beeinträchtigt wurde! (Abg. Dr. Fekter: Aber wir reden schon von den Mieten, oder? Wir reden schon von den Mieten, oder wovon reden wir?) – Wenn Sie dann sagen, das war zur Hilfe oder zur Förderung derer, die bedürftig sind oder die es brauchen, dann muss ich sagen, ich weiß nicht, wo Sie die Politik beobachten, die Sie hier beschreiben, auf jeden Fall nicht dort, wo sie sich in Wirklichkeit abspielt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß nicht, was Kollege Firlinger mit "Körberlgeld" und "Günstlingen" gemeint hat. Ich habe es so verstanden, dass er eigentlich auf die Hausbesorger abgezielt hat, die aus seiner Sicht offenbar Günstlinge sind und ein Körberlgeld beziehen.

Was ist in den letzten Jahren passiert? – Die Möglichkeit, die Häuser auch über Firmen reinigen zu lassen, gibt es ja schon, in diesem Zusammenhang war es doch nicht notwendig, die gesetzlichen Grundlagen für die Hausbesorger abzuschaffen. Was Sie hier machen, ist die Abschaffung der Obergrenze.

Es gab bisher einen fix festgelegten Betrag, bis zu welcher Grenze Hausbesorgertätigkeiten verrechnet werden durften. Auch wenn sie von Firmen durchgeführt wurden, durfte es nicht mehr ausmachen. Sie haben das gekippt. Das ist nicht mehr im Gesetz enthalten, und das wird heißen, dass jetzt nach Anfall bezahlt wird.

Eines kann ich Ihnen garantieren: Wir werden sehr genau – genauso, wie es die Wohnrechtsplattform gegen die Befristungen Anfang der neunziger Jahre sehr klar und sehr deutlich gesagt hat – beobachten, welche Auswirkungen das haben wird! Es wird drastische Auswirkungen haben. Die Betriebskosten werden mitnichten billiger werden! Sie werden teurer werden, das ist überhaupt keine Frage, weil marktwirtschaftliche Bezahlung natürlich teurer kommt.

Frau Kollegin Moser hat schon angesprochen, was es heißt, wenn jemand fürs Glühbirnenwechseln ins Haus gerufen wird, wenn jemand für Tätigkeiten, die nur fünf Minuten dauern, von einer Firma angefordert wird. – Genau diese Dinge führen Sie ein, und Sie haben die bislang bestehende Begrenzung aufgelöst. Das wird drastische Auswirkungen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Der Punkt der Befristung ist besonders originell, aber er passt wunderbar zur ÖVP. Er passt wunderbar zu einer Partei, die seit Monaten behauptet, von keiner Regierung, die jemals in Österreich vorher an der Macht war, gewusst zu haben, die keine Mitverantwortung trägt, die alles auf die SPÖ abwälzt.

Ihre Berechnung ist auch interessant: Befristung vier Jahre, 30 Prozent Abschlag, lautet die jetzige gesetzliche Regelung. – Ab jetzt sind es nur mehr 25 Prozent Abschlag, das wird also billiger. Das wird offensichtlich viel billiger, denn wenn man 25 Prozent statt 30 Prozent abzieht, dann wird es nach Ihrer Berechnung billiger. – Wenn das die Rechenkünste der Österreichi


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schen Volkspartei mit ihrem nunmehrigen Regierungspartner sind, dann würde ich gerne einmal erklärt haben, wo diese Verbilligung eintritt. (Abg. Neudeck: Wie ist das mit 10 und 15 Prozent?)

Wie ist das mit 10 und 15 Prozent? – Faktum wird sein, dass es logischerweise viele kurzbefristete Mietverträge geben wird. Das werden Sie wohl auch nicht abstreiten. Es besteht überhaupt kein Anreiz mehr, längere Mietverträge einzugehen, wenn der Abschlag bei einem kurzen Mietvertrag genauso hoch ist wie bei einem längeren Mietvertrag. (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Neudeck! Mich wundert es nicht, welche Politik herauskommt, wenn Sie die Mietpolitik und die Wohnpolitik der Freiheitlichen Partei betreiben, da Sie jemand sind, der wohl ziemlich eindeutig nicht die Interessen der Mieter, sondern die der Hausbesitzer vertritt und darin in der ÖVP einen wunderbaren Partner gefunden hat. Angesichts dessen braucht man sich nicht zu wundern, was dabei herauskommt. (Abg. Neudeck: Wir vertreten mehr Mieter als Hauseigentümer!)  – Ja, Ihre Mieter! Ich weiß nicht, wie sich Ihre Mieter von Ihnen vertreten fühlen. (Abg. Neudeck: Sehr gut!)

Faktum ist auf jeden Fall, dass all diese Maßnahmen, die Sie hier setzen werden, zu keiner Verbilligung führen werden, auch nicht bei den Betriebskosten. – Wir werden uns das anschauen, wir werden es sehen. Sie werden ja nicht behaupten wollen, dass die Richtwerte zu einer Verbilligung geführt haben oder dass damit die Transparenz der Mieten in der Vergangenheit erhöht wurde.

Frau Kollegin Fekter sagt, es hat sich wunderbar bewährt. – Ich meine, es gibt noch immer ÖVP-nahe Mieterorganisationen – nicht zu viele, weil die Mieter wissen schon, dass es nicht sehr sinnvoll ist, zu ÖVP-nahen Organisationen zu gehen, wenn man sich in Mietfragen beraten lassen will. Aber gehen Sie einmal zu solchen Organisationen und fragen Sie dort! Es gibt niemanden in der Mieterberatung, der ernsthaft behauptet, dass dieses Richtwertsystem transparent und nachvollziehbar funktioniert. Das gibt es nicht! Ich habe noch niemanden gesehen, der sich in der Mietrechtsberatung auskennt, der gesagt hätte: Das war eine kluge Lösung, da haben wir uns Verfahren erspart, dadurch ist es einfacher geworden. (Abg. Dr. Fekter: Aber preisdämpfend hat es gewirkt im hochpreisigen Segment!)

Im hochpreisigen Segment! Aber das hochpreisige Segment, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, das Sie ansprechen, ist nicht unbedingt der Punkt, um den es geht. Der Punkt ist unter anderem, dass Sie eine Absage an den sozialen Wohnbau tätigen, und zwar in vielen Bereichen. (Abg. Dr. Petrovic: Die Zahl der Obdachlosen wird jeden Tag höher! – Abg. Dr. Fekter: Die Ge-richtsverfahren sind ausgeblieben, die uns prophezeit wurden!) Kollege Firlinger hat selbst von den Bürgerlichen gesprochen, das ist gerade in der Wohnpolitik sehr interessant. Die Wohnpolitik, die die Bürgerlichen betreiben, hat nichts mit sozialem Wohnbau am Hut. Das ist schon klar. Da geht es eben um andere Interessen.

Es geht Ihnen offenbar überhaupt nicht darum, dass Sie auch nur anerkennen, dass es den Bedarf an günstigem Wohnraum gibt. Sie erkennen das auch bei der Wohnbauförderung nicht an. (Abg. Dr. Fekter: Arbeiterkammer-Studie: Sie besagt, dass genügend Wohnraum da ist! Arbeiterkammer-Studie lesen!) Was soll eine Wohnbauförderung, wenn überhaupt nicht darauf Bezug genommen wird, wie viel die Menschen im weiteren Leben verdienen? Das interessiert Sie nicht! Sie machen diese Art der Wohnbauförderung, weil Sie genau wissen, dass Ihre Klientel offenbar in einer Einkommenssituation ist, die das treffen würde.

Wenn man sich die Wohnbauförderung anschaut, dann kann das auch nach sozial gerechten Kriterien erfolgen. Warum wird die Wohnbauförderung nicht so gewährt, dass jemand, der in der Folge mehr verdient, auch mehr Rückzahlungen tätigt? Warum nicht? (Abg. Dr. Fekter: Landessache! Landessache!) – Landessache. Ja, Sie haben ja auch "gar keine" Landeshauptmänner und Landeshauptfrauen – die Bezeichnung gibt es nicht, aber zumindest in der Steiermark gibt es jemanden, den man so bezeichnen könnte –, aber mit denen haben Sie wahrscheinlich genauso wenig zu tun wie mit der vorigen Regierung.

Man könnte noch lange darüber reden. Herr Minister Böhmdorfer! Sie sagen, dass die Befristung einfacher wird. Das stimmt schon, aber bislang war im Gesetz genau geregelt, für wie


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viele Jahre welcher Abschlag gewährt wurde. Das war für viele noch einigermaßen nachvollziehbar. Aber die Richtwerte werden momentan nicht verändert. Es gibt im Mietrechtsgesetz eine ganze Latte von Dingen, die dermaßen schwierig nachzuvollziehen sind, dass die Befristung nur ein Bruchteil ist. Also diesen Bereich, bei dem aus meiner Sicht – das wird man sich anschauen – die Kosten steigen werden, als Vereinfachung darzustellen, ist etwas einfach! (Beifall bei den Grünen.)

Diese Novelle wird die Transparenz nicht fördern, sie wird nichts verbilligen, und ich kann mich durchaus dem Kollegen Firlinger anschließen: Es ist eine zutiefst bürgerliche Wohnpolitik. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

12.29

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Kollege Böhmdorfer! Herr Abgeordneter Brosz, es ist eine bürgerliche Wohn- und Mietenpolitik, die wir gestalten wollen, aber es ist gleichzeitig eine Politik, die wir mit diesem Wohnrechtspaket gestalten wollen, die auf der einen Seite zu günstigeren Mieten und auf der anderen Seite zu mehr Transparenz führen wird, sodass ich Ihnen in diesen beiden letzten Punkten – das wird Sie nicht überraschen – deutlich widersprechen muss.

Lassen Sie mich als Arbeitsminister ganz kurz auf die Thematik des Hausbesorgergesetzes und sein Auslaufen eingehen. Ich bedauere es, dass ich heute Vormittag nicht in meinem Ressort zugegen sein konnte – ich hatte meine Verpflichtungen im Ministerrat zu erfüllen; wir haben hier im Parlament getagt –, um, wie ich höre, 64 000 Unterschriften entgegenzunehmen. Aber ein Teil dieser Unterschriften ist uns auf anderem Wege jetzt hier im Hohen Hause zugekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines stimmt einmal ganz sicherlich nicht – Frau Abgeordnete Fekter hat das mit dem Passus umschrieben, die Arbeit geht uns und auch den Hausbesorgern sicherlich nicht aus! –, nämlich die Vorstellung, ein Haus ohne Hausbesorger sei ein Haus, wo kein Schnee mehr geräumt wird, wo keiner mehr hilft, wo nur mehr das Notwendigste geschieht, wo im Notfall keiner da ist.

All das stimmt ganz sicherlich nicht. Ganz im Gegenteil: Es wird auch in Zukunft Hausbesorger geben, es soll sie geben, es muss sie geben. Aber was es in Zukunft nicht mehr geben wird, weil es das auch nicht geben muss und weil es auch eine Ungerechtigkeit gegenüber vielen anderen, ähnlich wertvollen Berufsgruppen ist, ist ein eigenes Hausbesorgergesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das braucht es in dieser Zeit nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ausschuss waren auch Experten zugegen, und ich möchte Herrn Lugger zitieren, der unwidersprochen natürlich von einer erhöhten Transparenz und von niedrigeren Betriebskosten durch den Entfall und durch das Auslaufen des Hausbesorgergesetzes gesprochen hat, wobei ich auch von hier aus nochmals betonen möchte: Wer heute Hausbesorger ist oder bis zum 1. Juli dieses Jahres Hausbesorger wird, fällt auch weiter unter das Hausbesorgergesetz. Daran ändert sich nichts. Wer diese Tätigkeit erst nach dem 1. Juli dieses Jahres antritt, fällt nicht mehr unter die Bestimmungen dieses Gesetzes, hat aber sämtliche anderen Schutzbestimmungen unseres Arbeitsrechtes selbstverständlich zur Hand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lugger hat uns im Ausschuss erklärt, dass er von derzeit durchschnittlich 5 S Kosten pro Quadratmeter mit einer 20- bis 60-prozentigen Reduktion auf dann nur mehr 2 bis 4 S pro Quadratmeter rechnet. Vielleicht noch wichtiger ist: Er hat ausdrücklich von einer "Jobmaschine" gesprochen, also Arbeitsplätze gehen nicht verloren, sondern Arbeitsplätze werden deswegen geschaffen, weil manches, was sich heute im grauen Bereich abspielt, dann eben legalisiert und in konkrete Anstellungsverhältnisse münden wird. – Soweit der Ausschussexperte Lugger.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es ein Defizit in diesem Bereich gibt – klar, weil das Hausbesorgergesetz manche Notwendigkeit abgedeckt hat –, nämlich Kollektivvertragsabschlüsse, dann sage ich als Arbeitsminister, ich und mein Haus werden jederzeit und mit aller Kraft zur Verfügung stehen, um möglichst rasch Abschlüsse von Kollektivverträgen zu ermöglichen. Ich habe schon im Ausschuss erwähnt, dass der Österreichische Hausbesitzerverband und vor allem die Gebietskörperschaften – denken Sie an die Gemeinde Wien! – heute schon die Kollektivvertragsfähigkeit haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluss und möchte einen weiteren Experten aus dem Ausschuss zitieren, nämlich Herrn Amann. Herr Amann hat davon gesprochen, dass wir mit diesem Gesetz von der Wohnungsbewirtschaftung zum Wohnungsmarkt kommen. – Das halte ich denn doch für eine positive Entwicklung, insbesondere deswegen, weil die Nachfrage nach Wohnungen immer deutlicher zeigt, dass wir es heute erfreulicherweise mit einem Nachfragermarkt zu tun haben und nicht mehr mit einem Anbietermarkt, auf dem die Eigentümer bestimmen, was geschieht, sondern jetzt haben die Wohnungsnachfragenden in immer höherem Maße den Hebel in der Hand, können den Markt letztlich unter Kontrolle bringen und haben damit auch die Nachfragemacht bei sich.

In diesem Umfeld erwarte ich, dass das prinzipielle Ziel, nämlich mehr Transparenz und niedrigere Mieten, durch dieses Wohnrechtspaket sehr deutlich erfüllt werden wird. Sehr geehrter Herr Abgeordneter Jarolim! Ich blicke mit großer Gelassenheit dieser Debatte in zwei oder drei Jahren entgegen, wenn wir dann die Ergebnisse diskutieren, weil ich davon überzeugt bin, dass dieses Wohnrechtspaket dann durch die Erreichung seiner Ziele seine Wichtigkeit und Notwendigkeit unter Beweis gestellt haben wird. – Ich danke für die Erteilung des Wortes, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.34

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollegin Bures hat offensichtlich aufgrund dieses Vorfalles der Zustellung dieser Unterschriften das Haus verlassen. Ich hätte sie gerne gefragt, wie diese Exemplare – die zugestellt wurden, weil sie sowohl Marke als auch Stempel haben; zugestellt wurden sie an die Mietervereinigung, Kennwort "Hausbesorger", Reichsratsstraße 15 – in die Hände derer gekommen sind, die sie hier herunterwerfen.

Zum anderen denke ich, wenn unsere Abgeordneten die Mentalität der Hausbesorgerschützer hätten, dann müssten sie jetzt um eine Gefahrenzulage und um eine Schmutzzulage ansuchen, denn das ist die Politik, die die Gewerkschaft für die Hausbesorger in den letzten Jahren vorbereitet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zum Thema. Die vorliegende Wohnrechtsnovelle ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist aber, wie gesagt, ein erster Schritt, denn Jahrzehnte sozialistischer und sozialdemokratischer Miet- und Wohnrechtspolitik haben, wie schon einmal hier erwähnt, mehr Schaden an den österreichischen Wohnungen angerichtet als zwei Weltkriege. Diese Politik war bisher nicht von den Bedürfnissen der wohnungssuchenden Bevölkerung getragen. Im Vordergrund stand der Schutz der Wohnenden und Privilegierten.

Kollege Jarolim kann mir vielleicht sagen, wieso Abgeordnete von den Sozialdemokraten und von den Grünen nach vielen Jahren Abgeordnetentätigkeit noch immer zu Billigstmieten in Gemeindewohnungen wohnen und so den laut Kollegin Petrovic so zahlreichen Obdachlosen die Wohnungen wegnehmen, denn diese Obdachlosen gibt es nicht aufgrund 100 Tagen schwarz-blauer Regierung, sondern aufgrund der verfehlten Wohnpolitik der letzten Jahrzehnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dem Wunsch der Wohnungssuchenden entsprechend wurden die Befristungsmöglichkeiten ausgeweitet und der Befristungsabschlag zum Leidwesen der Vermieter auf hohem Niveau ver


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einheitlicht. Die Möglichkeit der Befristung auch bei den Geschäftsmieten belebt den Markt, und die Aufhebung des Hausbesorgergesetzes wird eine erhebliche Senkung der Betriebskosten bringen. Wenn jetzt von Seiten der Sozialdemokraten die Privilegien der Hausbesorger weiterhin verteidigt werden, dann muss man den Hintergrund dieser Tatsache ausleuchten.

Den Hausbesorgern ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, ihre Rechte laufend zu erweitern, neue Kosten zu verursachen und die Pflichten immer mehr einzuschränken. Verhandlungen mit den zuständigen Gewerkschaften für ein modernes Hausbesorgerrecht waren weder für die Mieter noch für die Vermieter zielführend. Die Anwesenheitspflicht des Hausbesorgers ist seit langem gefallen, und der glühbirnenwechselnde Hausbesorger ist in den meisten Häusern eine Schimäre und nicht eine Tatsache.

Aufgrund der geringen Entlohnung der Hausbesorger wurde, wie gesagt, die Anwesenheitspflicht abgeschafft. Apropos geringe Entlohnung: Im Jahre 1995 haben Mieterbeschwerden zu Tage gebracht, dass im Schutze der Gemeinde Wien Hausbesorger bis zu 70 000 S verdienen. Am Rennbahnweg putzte ein Hausbesorger mehrere Stiegen mit Hilfe zweier Angestellter, die laut Zeitungsberichten nicht einmal bei der Krankenkasse gemeldet waren. Die Art der Beschäftigung der Mitarbeiter sei korrekt, meinte damals das Rathaus. Es gibt nämlich einen mündlichen Werkvertrag mit diesen Schwarzarbeitern, und die beiden Beschäftigten müssen schon selbst dafür sorgen, dass Finanzamt und Krankenkasse zu ihrem Recht kommen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Dieser Hausbesorger, Dienstgeber zweier Schwarzarbeiter, hatte aber einen weiteren interessanten Nebenjob. Er war Bezirksvorsteher-Stellvertreter der SPÖ Wien-Donaustadt. (Zwischenruf des Abg. Edler. )  – Soweit zur Glaubwürdigkeit der Hausbesorgerschützer auf der linken Seite des Hauses.

Durch die Aufhebung des § 44 Mietrechtsgesetz ist es nunmehr gewährleistet, dass bei lange aufrechten Mietverhältnissen der Mietzins außer Streit gestellt ist. Dieser Schritt führt zu mehr Rechtssicherheit für Vermieter und Mieter, spart langwierige Ahnenforschung bezüglich der Wohnung über mehrere Jahrhunderte und ist somit für Vermieter und Mieter ein Weg zu mehr Rechtssicherheit.

Abschließend ist nochmals festzuhalten: Diese Novelle ist ein erster Schritt. Die Vereinheitlichung des Miet- und Wohnrechtes ist damit nicht abgeschlossen. Ziel soll ein für Vermieter und Mieter verständliches Wohnrecht sein. Die Regierung hat innerhalb kurzer Zeit den ersten Schritt getan. Die Ersparnisse für die Mieter liegen auf der Hand.

Jetzt ist die Sozialdemokratie am Zug. Senken Sie zum Beispiel in Wien die Wasser- und Abwassergebühren, die Bürgermeister Häupl über die Betriebskosten einen jährlichen Gewinn in der Höhe von 800 Millionen Schilling bringen! Wenn Kollegin Bures von um Wohnungen bettelnden Mietern spricht, so ist bei ihr die Praxis der Gemeinde Wien durchgekommen: Dort will man bettelnde Mieter mit dem richtigen Parteibuch beglücken!

Seit einiger Zeit ist der Mietermarkt kein Ver mietermarkt mehr, und durch diese Marktdrehung werden Vermieter froh sein, wenn sie langfristig vermieten können. Diese Gesetzesnovelle bringt mehr Markt zum Wohl der Mieter und weniger Sozialismus zulasten der Privilegierten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat wohl in die unterste Schublade der Märchenkiste gegriffen, und zwar der Klubobmann der ÖVP, der Verfassungsjurist Dr. Andreas Khol. – Ich sehe ihn nicht, offensichtlich sucht er ein weiteres Märchen. (Abg. Dr. Fekter: Er ist in der Präsidiale bei Herrn Präsident Fischer auf Grund eurer schwachen Dringlichen Anfrage!)


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Er hat behauptet, die SPÖ habe die Sanktionen immer wieder begrüßt. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens meiner Fraktion darf ich das mit allem Nachdruck zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Ihr habt es nicht "begrüßt", ihr habt es bestellt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Regierung ist angetreten, das Wohnen zu verbilligen, zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. (Abg. Dr. Fekter: Haben wir gerade! Haben wir gerade!) Wenn man sich diese Regierungsvorlage ansieht, dann muss man diese Thesen tatsächlich auf ihren Echtheits- und Wahrheitsgehalt überprüfen. (Abg. Dr. Fekter: Machen Sie das! Sie werden erfolgreich sein!)

Kollegin Fekter! Diese Reform ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben ist. (Abg. Dr. Fekter: Nein!) Lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit festhalten. Ich werde versuchen, das noch im Detail zu begründen.

Kollegin Fekter! Es ist schon richtig, die Sozialdemokratie ist nicht auf dem Modernisierungszug. (Abg. Dr. Fekter: Da schau, das erkennt man!) Wir sind auf dem Zug des Mieterschutzes, und da geht es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit und sozialer Kosten. Es geht uns genauso um Fragen der Kostensenkung und Kostendämpfung. Aber mit dieser Regierungsvorlage werden Sie das nicht erreichen.

Ich möchte einige Worte zum Kollegen Tancsits sagen. Kollege Tancsits hat gemeint, der Ablösewucher werde aufhören. – Ich möchte nur daran erinnern, dass der Ablösewucher in erster Linie im privaten Bereich passiert, aber der private Bereich wird durch diese Regierungsvorlage nicht angesprochen.

Das Zweite: Ich habe mitgeschrieben, Kollege Tancsits. Es geht um die Frage der Eigentumsoption. Sie haben gemeint, wo Eigenmittel aufzubringen sind, muss Eigentum erworben werden können.

Herr Kollege Tancsits! Ich meine, Sie sind inkompetent. Sie kennen die Wohnbauförderungsgesetze der Länder nicht. Im Bundesland Salzburg werden seit der Verländerung der Wohnbauförderung kein Baukostenzuschuss und kein Eigenmittelerlag mehr verlangt. (Abg. Dr. Fekter: Aber in Wien schon, in Wien schon, und zwar ganz erheblich!) Meine Frage ist: Haben die Mieter in Salzburg jetzt auch das Recht, Eigentum zu erwerben, oder nicht? – Diese Antwort sind Sie uns bis heute schuldig geblieben.

Was mich besonders bedrückt, ist die Tatsache, dass der private Wohnungssektor von der geplanten Änderung überhaupt nicht betroffen ist. Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Salzburg ist das Bundesland mit dem höchsten Anteil an Eigentumswohnungen und vermieteten Eigentumswohnungen. Wir haben die höchsten Wohnkosten in Österreich, und die Mieten steigen nach dem Spiegel der Immobilientreuhänder weiter. Sie sind in etwa um 6,9 Prozent gestiegen.

Ich frage Sie: Wie greifen Sie dort ein? Wie schaffen Sie dort billigere Mieten für die Menschen, die in vermieteten Eigentumswohnungen leben müssen? – Darauf gibt Ihre Regierungsvorlage keine Antwort.

Wenn ich mir heute die jungen Menschen auf der Galerie ansehe, sie alle werden einmal eine Wohnung benötigen. Sie werden Makler in Anspruch nehmen und das Maklerhonorar bezahlen müssen. Das Maklerhonorar ist hoch, Kollege Tancsits! Wenn Sie tatsächlich das Wohnen, die Wohnkosten billiger machen wollen, dann lade ich Sie ein, unserem Antrag zuzustimmen, der zum Ziel hat, dass die Honorare der Immobilienmakler gesenkt werden.

Herr Bundesminister Bartenstein! Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass ich von Ihnen noch die Anfragebeantwortung zum Budgetbegleitgesetz bekommen habe. Sie behaupten, Sie verbilligen, wir sagen, Sie verteuern. Lassen Sie mich einige interessante Zahlen nennen.

Nach dem Budgetbegleitgesetz müssen Eigentums-Wohnungswerber 1 Prozent der Darlehenssumme als Eintragungsgebühr bezahlen. Wir haben in Österreich – die Zahl stammt aus dem Jahr 1997 – 7 292,8 Millionen Schilling an Bausparkassendarlehen. Wissen Sie, was das


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heißt? – Das heißt, da geht es um 800 Millionen Schilling im Jahr, die die zukünftigen Wohnungseigentümer zu bezahlen haben. Herr Bundesminister! In den Erläuternden Bemerkungen sprechen Sie aber nur von 50 bis 100 Millionen Schilling. (Bundesminister Dr. Bartenstein: 1 Prozent von 7 000 Millionen sind 70 Millionen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man Mieten billiger machen will, dann muss man den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes erweitern. Erst dann wird es zu günstigeren Mieten kommen. Diesem Anspruch wird diese Regierungsvorlage allerdings nicht gerecht.

Lassen Sie mich zum Schluss zu den Hausbesorgern kommen. Kollege Tancsits! Ich habe hier einen bemerkenswerten Artikel mit der Überschrift "ÖAAB gegen Hausbesorger", unterschrieben von Gerhard Spörk, ÖAAB, FCG-Kammerrat der Arbeiterkammer Salzburg. Darin heißt es – ich zitiere –:

Viele Hausbesorgerinnen suchen regelmäßig Aushilfen als Krankheits- und Urlaubsvertretung. Dies wäre doch die beste Gelegenheit für die Wiener ÖVP/ÖAAB-Politiker, den relativ umfangreichen Hausbesorger-Job kennen zu lernen. Die Bezahlung ist selbstverständlich nach dem derzeit gültigen Hausbesorgergesetz vorzunehmen, das nicht diese Gehaltshöhen vorgibt, die die Herren Wiener ÖVP/ÖAAB-Politiker gewöhnt sind. – Zitatende.

Kollege Tancsits! Ich darf Ihnen und den Regierungsparteien dieses Angebot weitergeben.

Unsere Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Er ist Ausdruck anlassbezogener und punktueller, unsystematischer Gesetzgebung. Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Wohnrechts ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Daher lehnen wir diesen Gesetzesvorschlag ab. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.47

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Apropos Sanktionen: Herr Kollege Maier, diese Regierung bekämpft mit allen demokratischen Mitteln die Sanktionen der EU-14, aber dort, wo Gusenbauer auftritt, werden Äußerungen gegen Österreich meines Erachtens eher schlechter denn besser. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir alle wissen, wie hemmend sich Bürokratie und übertriebener Hang zur Regulierung auf den Markt auswirken. Die Vereinfachung und Vereinheitlichung im Wohnrecht, wie in der Wohnrechtsnovelle 2000 vorgesehen, ist ein weiterer bedeutender Schritt, um die überschwappende Bürokratie, die noch in die Zeit der Donaumonarchie zurückreicht und von den Sozialdemokraten erfolgreich fortgesetzt wurde, zurückzudrängen. Leistbare und genügend Wohnungen für die Menschen – das war für die ÖVP schon immer das Prinzip ihrer Wohnungspolitik. Der vorliegende Antrag ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Unser Ziel ist mehr Eigentum für die Bürger, wobei die Grünen, vor allem Frau Abgeordnete Moser, im Ausschuss und auch hier wieder erklärt haben, Eigentumsbildung sei nicht erforderlich. Für mich sind diese Gesetzesänderungen ein Fortschritt, wobei man klar sagen muss, dass es auch weiterhin reine Mietwohnungen geben wird.

Ein großer Schritt wird nun getan, um das Wohnen für die Mieter in Österreich billiger zu machen. Der generelle Abschlag in der Höhe von 25 Prozent ist ein klares Signal für den Markt, da bei den bisherigen Befristungsregelungen große Unklarheit herrschte. Ab einer Mindestbefristungsdauer von drei Jahren ist diese nach oben hin völlig offen und kann von den Vertragspartnern frei gewählt werden.


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Diese neue Regelung erhöht durch die freie Vertragsgestaltung für beide Marktpartner die Flexibilität sowie die Mobilität. Dadurch wiederum erhöht sich das Angebot auf dem Wohnungsmarkt, und es entsteht ein Druck auf den Mietpreis. Die logische Konsequenz ist eine Senkung der Mietpreise.

Das geplante Kündigungsrecht des Mieters bei befristeten Verträgen nach einem Jahr muss doch wohl jedem als klarer Vorteil für den Mieter bewusst werden. Aber der generelle Abschlag in der Höhe von 25 Prozent, weniger Bürokratie und das vorzeitige Kündigungsrecht des Mieters sind nicht die einzigen Maßnahmen, die zu einer Reduktion der Mieten führen sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein meiner Überzeugung nach sehr wichtiger Punkt ist die Möglichkeit der Eigentumsbildung im gemeinnützigen Sektor. Dieser hat nicht nur finanzielle, sondern auch soziale Konsequenzen. Man soll doch einer jungen Familie die Möglichkeit geben, unter bestimmten Bedingungen ihre Mietwohnung zu erwerben. Auch das, meine Damen und Herren, gehört zu einer sozialen Gerechtigkeit.

Ein weiterer Punkt ist natürlich die Kostentransparenz. Die immer wieder gestellte Forderung nach Kostentransparenz wird endlich erfüllt, und die Verkürzung des Gesetzestextes wird von vielen Experten als geradezu wohltuend bezeichnet.

Wir fühlen uns verantwortlich für die Menschen in diesem Land, und zwar nicht nur kurzfristig betrachtet, sondern auf lange Sicht gesehen. Deshalb, meine sehr geschätzten Damen und Herren, kann ich Sie nur bitten, dieser Novelle zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.51

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Firlinger, wenn man Ihnen zugehört hat, mit welcher Polemik Sie über die Grundbedürfnisse der Menschen – das Recht auf Wohnen – geredet haben, wie Sie Marktwirtschaft und Planwirtschaft zitiert haben, dann kann ich nur einen Satz dazu sagen: Hinter Ihrer Marktwirtschaft steht der Plan, Ihren Klienten, den Hauseigentümern, zu dienen, und das passt genau in den Gesamtplan der Bundesregierung – den Gesamtplan der Umverteilung von unten nach oben. (Abg. Mag. Firlinger: Frag den Verzetnitsch mit seinem Penthouse!)

Liebe Kollegin Fekter, ich würde Ihnen wünschen, dass Sie einmal als Mindestlohnbezieherin in einer kleinen Wiener Wohnung nur ein Monat lang leben müssen, denn dann würden Sie den von Ihnen verwendeten Begriff "Zwangswirtschaft" sicherlich unter ganz anderen Auspizien sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Doch nun ein paar Überlegungen zu Ihrer geplanten und vermeintlichen Senkung der Mietkosten durch die gesetzlichen Regelungen der Befristung und damit zu den von Ihnen oft zitierten Abschlägen. Wirft man einmal wirklich einen Blick hinter die Kulissen, dann schaut das Ganze völlig anders aus.

Ich zitiere Ihnen einen alten burgenländischen Spruch, den wir in der Steiermark kennen: Zweimal gesiedelt ist einmal abgebrannt. – Geht man von einer Durchschnittsbefristung von zirka fünf Jahren aus und rechnet man die Anschaffungskosten von zirka 250 000 S für eine Familienwohnung auf die zehn Jahre auf, so errechnen sich monatliche Mehrkosten von 2 000 S nur für die Einrichtung – ohne die Verzinsung, aufgerechnet auf die zehn Jahre. Dazu kommen die Kosten für den Makler, Herr Neudeck, und für die Provisionen, an denen Sie ja so krampfhaft festhalten: 25 000 S pro Anlassfall mal drei. Daraus errechnen sich weitere 650 S an monatlichen Kosten. Dazu kommen noch die Kosten der Adaptierung der Wohnungen und letztlich die großen Kosten der Übersiedlung.


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Und jetzt passen Sie auf: Rückgerechnet auf den Quadratmeterpreis einer kleinen Familienwohnung mit einer Größe von zirka 80 m2 ergeben sich allein daraus monatliche Mehrkosten von 35 bis 40 S pro Quadratmeter. – Wo bleibt da Ihre Verbilligung?, frage ich mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Problem des permanenten Siedelns allgemein. Ich traue einer jungen Familie ohne Kinder noch zu, sich dem Druck der drohenden Mietzinserhöhung, die aus dem allfälligen Wunsch nach einer Weiter-Anmietung entsteht, zu entziehen, weil es ihr noch leichter fällt, umzusiedeln, wiewohl sich auch in einer Hausgemeinschaft junger Leute Freundschaften, Bekanntschaften gebildet haben und es nicht unbedingt leicht ist, all das aufzugeben.

Aber wie schaut es aus mit den Familien mit Kindern – Kindern, die eingebunden sind in Kindergärten, die in Schulen ihre Gemeinschaft gebildet haben und die diese Gemeinschaft alle fünf Jahre hinter sich lassen müssen und wie die Nomaden durch die Städte ziehen, ständig auf der Suche nach neuen Strukturen, aus denen sie, kaum eingebettet, wieder heraus müssen?

Und wie steht es letztlich um die alten Menschen in unserer Gesellschaft? Ich zitiere Herrn Kollegen Ofner, der so trefflich die Wohnsituation seines Vaters im Fernsehen geschildert hat. Sollen unsere alten Menschen mit 70, mit 75, mit 80 und mit mehr Jahren gezwungen sein, sich permanent verändern zu müssen, herausgerissen zu werden aus ihrem Umfeld, in dem sie gerne wohnen, die gewohnte ärztliche Betreuung und die Menschen haben, die ihnen soziale Hilfestellung in Nachbarschaftsqualität bieten? – Ich frage Sie: Ist das Ihr Verständnis von Familienpolitik? Ist das Ausdruck Ihres sozialpolitischen Gewissens?

Zu den Hausbesorgern nur ein Satz – es ist ja schon viel darüber gesagt worden –: Ich wohne in einem Haus, das von Hausbesorgern betreut wurde und jetzt von einer Reinigungsfirma betreut wird. Lieber Kollege Neudeck! Jeder Handgriff kostet etwas, und es ist nicht billiger geworden. (Abg. Neudeck: Wer sagt das?) – Ich sage Ihnen das! Ich zeige Ihnen meine Abrechnung.

Und abschließend zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Sie entziehen dem Markt mietzinsgeregelte Wohnungen, die ob ihrer günstigen Miete für die Menschen unterer Einkommensschichten gebaut wurden (Abg. Neudeck: Die entzieht ihr, weil die falschen Leute in den Sozialwohnungen wohnen!), Wohnungen, die sich wenig verdienende Menschen auch leisten können. Sie öffnen die Türen und die Tore für die Spekulanten, die sich über Strohmänner – und das haben wir erlebt – den Zugriff auf diese billigen Wohnungen suchen (Abg. Neudeck: Wie ist das mit den Gemeindewohnungen, wo die Falschen wohnen?), und Sie erwecken in den Menschen die Hoffnung, sich die Wohnung käuflich erwerben zu können. (Abg. Dr. Martin Graf: Die großen Spekulanten in Wien sind alle in eurem Dunstkreis! – Abg. Edler: Aber geh!)

Liebe Damen und Herren der Regierungsparteien! Und letztlich hinterlassen Sie auch Wohnungseigentümer, die sich in der Frage der Finanzierung und in der Frage der monatlichen Kosten hoffnungslos übernommen haben und ihr vermeintliches Eigentum wieder verlieren. Ich verweise, Frau Fekter, auf mein Beispiel aus England, wo man genau durch Ihre Maßnahmen 1 Million Menschen – 1 Million! – auf die Straße gezwungen hat, die dann völlig verarmt ihre Zukunft in Wohncontainern und billigen Wohnwägen suchen mussten. – Ist das Ihre Vision eines liberalen Wohnungsmarktes in Österreich? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Gegen die Spekulanten sind die sozialdemokratischen Gesetze sehr stumpf!)

Die betroffenen Menschen in unserem Land werden Ihnen dafür hoffentlich die Rechnung präsentieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Grabner: Bravo!)

12.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Sodian. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.57

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! "Wohnen wird billiger" ist eines der Ziele dieser Bundesregierung, und mit diesem Gesetz realisieren wir eines der vordringlichsten Anliegen in kürzester Zeit. Dies


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bezieht sich einerseits auf die Neuordnung der zulässigen Befristungen von Mietverträgen, die liberalisiert, vereinheitlicht und vereinfacht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Künftig gibt es nur einen Befristungsabschlag, wodurch sämtliche Mieter in zinsregulierten Objekten bei einem befristeten Mietvertrag in den Genuss dieses Befristungsabschlages kommen werden, das heißt auch jene, für die bis jetzt der angemessene Mietzins gegolten hat.

Weiters fallen auch befristete Geschäftsraummieten unter diesen Abschlag, was ebenfalls neu ist. Und schließlich wird auch das anachronistische Hausbesorgergesetz aufgehoben.

Ich habe ja hier bei meiner letzten Rede anhand eines konkreten Beispiels nachgewiesen, dass die Betriebskosten um bis zu 25 Prozent gesenkt werden können, wenn der Hausbesorger eingespart wird. Dies bestätigen außerdem sowohl Herr Dr. Lugger als auch Herr Dr. Amann, die ebenfalls von 25 Prozent gesprochen haben. Hier also von einer Verteuerung zu sprechen, Herr Kollege, ist wirklich verwegen.

Zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Bures  –  Sie ist, glaube ich, leider nicht im Saale –: Sie sagte, es komme zu keiner Mietensenkung, es würden die Mieten steigen, das Mietrecht sei familienfeindlich, es komme ausschließlich zu einer Schlechterstellung, und die Mieter hätten keine Rechte mehr gegen die Vermieter, wenn sie eine Verlängerung des Mietvertrages wollen. Sie sagte sogar, kein einziger Experte hätte eine Mietensenkung erwartet.

Ich kann das wirklich nur darauf zurückführen, dass nur ihr linkes Ohr willens ist zu hören. Wahr ist nämlich vielmehr, dass der 25-prozentige Abschlag, wie ich schon erwähnt habe, jetzt auch bei angemessenem Mietzins gilt: das ist eine Verbilligung, das kann man nicht leugnen. Weiters kommen jetzt auch Mieter von Geschäftsräumen, die einen befristeten Mietvertrag haben, in den Genuss des 25-prozentigen Abschlages, und der Abschlag wird auch ausgeweitet auf Mietverträge, bei denen bis jetzt nur 10 oder 20 Prozent Abschlag vorgesehen waren. Und bei unbefristeten Untermietverträgen gibt es jetzt ebenfalls einen 25-prozentigen Abschlag.

Durch die Aufhebung des Hausbesorgergesetzes – das habe ich schon erwähnt – kommt es ebenfalls zu Verbilligungen und zu einheitlichen und übersichtlichen Betriebskostenabrechnungen. Weiters haben jetzt auch Mieter, die in Ein- oder Zweifamilienhäusern, in einer Eigentumswohnung wohnen oder Untermieter sind, die Möglichkeit, nach einem Jahr ihren Mietvertrag zu kündigen. Das ist auch neu. Wir ermöglichen die Eigentumsbildung, und wir gestatten keine fiktiven Betriebskosten mehr.

In einem Punkt haben Sie aber Recht: Dadurch, dass wir den so genannten Friedenskronenzins nicht abgeschafft haben, kommt es weiterhin dazu, dass diese Mieter bei der Erhaltung des Mietobjektes auf Kosten der jungen Mieter – und um diese geht es Ihnen ja zum Teil – bevorzugt werden. Die Erhaltung des Hauses erfolgt doch aus den Einnahmen aller Mietzinse.

Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition! Öffnen Sie auch Ihr zweites Ohr, öffnen Sie Ihre Augen, um zu erkennen (Abg. Dr. Mertel: Das rechte! Ihres!)  – auch das rechte, ja –, dass wir hier einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht haben, nämlich in Richtung Senkung der Mieten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner dürfte das Hearing verpasst haben. Ich habe fast überhaupt keine Stellungnahme dazu gehört, woher Sie die Grundlage Ihrer Rede genommen haben.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das ganze Prozedere bei einer so wesentlichen Änderung war ja einmalig. Es gab eine große Show der Ankündigung der Bundesregierung, Kanzler und Vizekanzlerin verkündeten: Wir werden die Mieten senken, es wird eine


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größere Sicherheit in diesem Bereich geben! – Nichts davon ist der Fall, meine Damen und Herren! Es gibt mehr Unsicherheit, und die Mieten werden steigen. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ihre! Ihre!)

Zurückkommend auf das Hearing. Das war ja sehr interessant. Sie haben dann bei den Beratungen im Ausschuss Angst bekommen, weil Kollegin Bures verlangt hat, eine Begutachtung durchzuführen, und dann haben Sie noch die Chance genützt, über den Ausschuss eine Begutachtung durchzuführen. Und das sind die Gutachten von der Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft bis zur Wirtschaft. (Der Redner hält einen dicken Stoß an schriftlichen Unterlagen in die Höhe.)

Sie hören ja nicht einmal mehr auf die Wirtschaft! (Abg. Neudeck: Das Hearing war nachher!) Was hat die Wirtschaft konkret gesagt? – Es wird weiterhin ein Geschäftssterben in den Geschäftsstraßen geben. Wir erleben das leider in Wien in vielen Geschäftsstraßen aufgrund der Ansiedelung von Multikonzernen an der Stadtgrenze. Sie wollen das ja weiter forcieren – der Herr Minister hat dies wieder etwas gelockert –, dass die Geschäftsstraßen auch in Zukunft sozusagen entleert werden, und das ist bedauerlich, meine Damen und Herren.

Ich möchte noch Folgendes ansprechen: Kollege Tancsits als Vorsitzender und ÖAABler weiß ganz genau, dass wir in Österreich in den letzten Jahren und Jahrzehnten erfolgreich waren, indem wir, wenn es um die Interessen einer Berufsgruppe gegangen ist, die Sozialpartner, die Berufsgruppe eingebunden haben. (Abg. Mag. Tancsits hält eine Ausgabe des "profil" in die Höhe.) Sie haben das erstmals nicht gemacht, und ich bedauere dies sehr.

Die Kolleginnen und Kollegen Hausbesorger beziehungsweise die zuständige Gewerkschaftsvertretung waren bereit, über eine Reform des Hausbesorgergesetzes zu verhandeln. (Abg. Mag. Firlinger: Nein, nein, nein!) Sie waren bereit, aber Sie haben mit ihnen überhaupt nicht gesprochen. Das ist die Wahrheit, geschätzte Damen und Herren, und das ist sehr bedauerlich. (Abg. Neudeck: Also schwindeln, ohne rot zu werden, ist etwas ganz Seltenes! Nicht einmal die Nase wird länger, wenn Sie schwindeln!)

Noch dazu gab es dann diese Peinlichkeit kurz vor der Abstimmung. Sie scheuen nicht davor zurück, ohne sozialpartnerschaftliche Verhandlungen, was die Arbeitszeitfragen betrifft, mit einem sehr bedenklichen Antrag, nämlich einem §-27-Antrag, der nach der Geschäftsordnung zwar zulässig ist, tief in die Arbeitszeitregelung die Nachtarbeit für Frauen betreffend einzugreifen. (Abg. Neudeck: Wenn ihr nicht geschlafen hättet, hättet ihr es rechtzeitig gewusst! Ihr habt es nur versäumt!) Das ist kategorisch von unserer Seite abzulehnen, meine Damen und Herren.

Zusammengefasst: Die SPÖ lehnt diese Wohnrechtsnovelle 2000 ab, weil die Mieten nicht gesenkt, sondern erhöht werden, weil mit dieser Novelle mehr Unsicherheit entsteht und Sie über die Hausbesorger einfach drüberfahren.

Besonders an die Adresse der FPÖ sei gerichtet: Wir haben ja einen beginnenden Wiener Wahlkampf, und Sie verlieren ständig mit Ihrem Wiener Obmann, der Schwierigkeiten hat mit Ausdrücken wie "Dump", "Hump" oder "Lump" hat. Aber Sie verlieren besonders beim "kleinen" Mann, bei den "kleinen" Leuten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden den Wienerinnen und Wienern sagen, wie Sie sich als Wiener Abgeordnete besonders dieser Berufsgruppe gegenüber, die einen sehr erschwerten Dienst gehabt hat, verhalten haben, dass eben in der Zukunft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen wird, dass Sie auslagern auf Reinigungsfirmen und dass es bei diesen atypische Arbeitsverhältnisse gibt. (Abg. Neudeck: Weil dort muss man arbeiten! – Abg. Grabner: Du hast eine Ahnung!)

Noch dazu ist überhaupt noch nicht entschieden, wer für die Kollektivvertragsverhandlungen zuständig ist. Das wissen Sie noch gar nicht, Sie haben keinen Partner für die Verhandlungen der Kollektivverträge! (Abg. Neudeck: Weil ihr geschlafen habt!) Wie Sie über diese Berufsgruppe drüberfahren, ist sehr bedauerlich. Wir lehnen das kategorisch ab! (Beifall bei der SPÖ.)

13.06


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn
: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger zu Wort gemeldet. Bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung, Herr Abgeordneter.

13.06

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Edler hat die Behauptung aufgestellt, die Koalitionsparteien hätten nicht mit den Hausbesorgern verhandelt und gesprochen. – Das ist unrichtig! Es hat sehr wohl noch vor dem Ausschuss-Hearing ein Gespräch mit den Hausbesorgern gegeben.

Herr Abgeordneter Edler hat weiters behauptet, es sei in der SPÖ durchaus Bereitschaft vorhanden gewesen, über eine Reform des Hausbesorgergesetzes zu verhandeln. (Abg. Edler: Das ist richtig!)  – Das ist unrichtig!

Es gibt wiederholt Anfragebeantwortungen, zuletzt von Frau Kollegin Hostasch, in denen sie keinen Handlungsbedarf für irgendwelche Änderungen sieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn : Weiters zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Tancsits. – Bitte.

13.07

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Edler hat behauptet, dass keine Verhandlungen der Regierungsparteien mit den Hausbesorgern und der zuständigen Gewerkschaft stattgefunden haben. (Abg. Edler: Das ist richtig!)

Richtig ist, dass eine entsprechende Verhandlungsrunde am 18. Mai um 17 Uhr hier im Besprechungszimmer II mit den Kollegen Kaske, Ehrlich und Roller stattgefunden hat. (Abg. Neudeck: Schau, schau! Haben Sie vergessen, das zu erzählen? – Abg. Edler: Keine offizielle!)

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass Kollektivvertragsverhandlungen nur zwischen den Sozialpartnern stattfinden können. Wir als Vertreter der Regierungsparteien können über diese gesetzlichen Vorhaben nur informieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn : Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.08

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer der Schwerpunkte meiner bisherigen politischen Tätigkeit hat sich mit der Verringerung der bürokratischen Hemmnisse für die Wirtschaft beziehungsweise für unsere Mitbürger befasst. Mein Bestreben wird auch weiterhin sein, nur politische Rahmenbedingungen zu schaffen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen sollen sich die Wirtschaft sowie unsere Bürger frei bewegen und entfalten können und kreativ tätig werden.

Die Aufgabe der Politik, wie ich sie verstehe, ist, diese Möglichkeiten verstärkt durch Deregulierung zu fördern beziehungsweise zu unterstützen. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich über diese Wohnrechtsnovelle 2000 glücklich. Sie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Diese 16. Novelle bedeutet eine Entlastung für die Mieter und bringt Vereinfachung und Klarheit in das Mietrecht.

Leider, meine Damen und Herren, gibt es, wie so oft, einen kleinen Wermutstropfen bei meiner Freude über diese gelungene Novelle: die völlig indiskutable Art und Weise, wie Sie von der Opposition, besonders Sie von den Sozialdemokraten, die Bevölkerung verunsichern. Da hört man etwa von 30 000 Hausbesorgern, die um ihre Arbeitsplätze gebracht werden.– Das ist Gräuelpropaganda der übelsten Sorte. Bitte lassen Sie das! Durch diese Novelle wird kein


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einziger Hausbesorger um seine Existenz gebracht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es geht uns nur darum, das Hausbesorgergesetz durch kollektivvertragliche Regelungen, die einem modernen Arbeitsrecht entsprechen, zu ersetzen. Einen Effekt wird der Ersatz des Hausbesorgergesetzes aber sicherlich haben: Die Betriebskosten werden sinken.

Unser Ziel ist es, das Wohnen billiger zu machen. Bei befristeten Mietverträgen werden jetzt einheitlich 25 Prozent abgeschlagen, und nach oben hin sind der Befristung keine Grenzen gesetzt. Und einer der wohl wichtigsten Punkte: Die meisten unübersichtlichen und undurchschaubaren Sonderregelungen werden obsolet. Der neue Vertragstypus wird in Hinkunft für alle dem Mietrechtsgesetz unterliegenden Verträge gelten.

Das Contracting-Modell wird von den meisten Experten begrüßt, und die schon lange geforderte Transparenz bei den Betriebskosten endlich verwirklicht.

Noch einen Punkt möchte ich hier ansprechen: die Möglichkeit des Mieters, das von ihm gemietete Objekt unter gewissen Bedingungen zu erstehen. Der klar auf der Hand liegende Vorteil ist die aufgerechnete Mietersparnis, die durch einen Kauf entsteht. Natürlich wird kein Mensch gezwungen, seine Wohnung zu kaufen, das überlassen wir ganz dem Einzelnen und seiner Entscheidung.

Spätestens jetzt, meine Damen und Herren von der Opposition, müsste doch klar sein, dass wir nur eines versuchen: die Mieter zu entlasten – durch Deregulierung, durch klare, nicht irreführende Gesetzestexte und durch Strukturreformen! Was wir aber eindeutig nicht beabsichtigen, ist die Verunsicherung der Bevölkerung, wie Sie sie uns vorexerzieren.

Wir geben dem Mieter erstmals die Gelegenheit, bereits nach einjähriger Vertragsdauer unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist einen bestehenden Mietvertrag beenden zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Ich fordere Sie auf, doch endlich einen konstruktiven Beitrag zu leisten, anstatt Angst und Schrecken zu verbreiten. (Abg. Grabner: Das müssen Sie Ihrer Fraktion sagen!) Leider muss ich befürchten, Herr Kollege, dass viele Oppositionsvertreter – hören Sie gut zu! – durch ihre unbändige Reiselust gehemmt werden, sich um die innenpolitischen Belange des Landes und seiner Bürger zu kümmern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Aber auch dies wäre Teil Ihrer Aufgabe!

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf: Helfen Sie mit, unsere Mitbürger bei den Wohnkosten zu entlasten! (Abg. Grabner: Sie können Ihre Fraktion auffordern!)

Meine Fraktion wird dieser Vorlage gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.13

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dieser vorliegenden Novelle waren es die Parteispitzen von ÖVP und FPÖ, die den Menschen glauben machen wollten, dass da irgendetwas billiger werden würde. Beim Expertenhearing hier am 23. Mai 2000 hat sich das Bild aber ganz anders dargestellt. In diesem sind durch die Expertenkritik die Sorge und die Befürchtungen der Sozialdemokraten bestätigt worden, wonach das Wohnen nicht billiger, sondern teurer wird und zudem auch die Rechte der Mieter weiter eingeschränkt werden.

Die Regierung spricht in diesem Zusammenhang von einer Entlastungsaktion, tatsächlich handelt es sich aber um ein zusätzliches Belastungspaket.


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Erst im September 1999 ist die letzte Novelle zum Wohnrecht wirksam geworden. Deren Auswirkungen sind bis heute nicht bekannt, aber schon setzt diese Regierung weitere Schritte. In einer Ho-ruck-Aktion werden neue gravierende Änderungen vorgenommen, ohne dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen ausreichend geprüft werden.

Das Ergebnis dieser Novelle sind mehr befristete Verträge, da jeder Anreiz für eine Unbefristung beseitigt wurde. Der Dschungel der möglichen Zuschläge ist selbst für Experten zunehmend unwegsam. Und der Nachlass bei Befristung wird von nicht nachvollziehbaren Mietzinsberechnungen abgezogen, das heißt 25 Prozent Abzug von irgendetwas muss nicht automatisch bedeuten, dass da irgendetwas billiger wird.

Der Mieterschutz wird de facto beseitigt. Mieter, die eine Verlängerung ihres Mietvertrages wollen, haben keine Möglichkeit, ihre Rechte dem Vermieter gegenüber geltend zu machen. Es wird nur mehr für brave Mieter, die sich nicht widersetzen, die nicht aufmucken, eine Verlängerung geben.

Sie reden von 25 Prozent Abschlag, aber dieser ist doch geringer, als das vorher der Fall war, nämlich 30 Prozent! Also auch aus diesem Titel werden die Mieten teurer. Zudem ist zu befürchten, dass Zuschläge für unbefristete Verträge zur Anwendung kommen werden.

Zu den Hausbesorgern: Sie zerstören ein Berufsbild. Herr Ellmauer, auch wenn jetzt nicht sozusagen vom Start weg 30 000 Arbeitsplätze liquidiert werden, in Gefahr sind sie dennoch. Sie haben das Angebot auch nicht angenommen, über eine Reform dieses Gesetzes zu verhandeln. Es wundert mich nicht die Vorgangsweise der ÖVP, aber die Erklärung der FPÖ ist in diesem Zusammenhang doch interessant, weil sie sich doch immer als Beschützer der kleinen Leute darstellen möchte. (Abg. Mag. Firlinger: Das stimmt nicht, was Sie sagen ...!)

Die Hausbesorger werden künftig durch angemessene Kosten für die Hausbetreuung ersetzt, für die es keine Obergrenzen gibt, und das bedeutet in der Folge teureres Wohnen. Das behauptet nicht nur die so "böse" Opposition, sondern das wird auch von den Experten bestätigt. Gleichzeitig wird es auch keinen Pflichtenkatalog mehr geben, was erwarten lässt, dass auch die Qualität sinken wird. Weniger Qualität für mehr Kosten, meine Damen und Herren – da gibt es keinen Grund, hier mitzustimmen. Ich fordere Sie auf, doch noch einmal darüber nachzudenken, ob es nicht einen Weg geben kann, den Berufsstand der Hausbesorger zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch im Bereich der Genossenschaftswohnungen wird es keine Verbilligung geben, auch dort wird es Verteuerungen geben, allein schon aufgrund der Möglichkeit, höhere Sanierungsbeiträge zu verrechnen.

Damit das Wohnen tatsächlich billiger wird, unterstützen wir Sozialdemokraten die Forderung der Arbeiterkammer nach einer Senkung der Maklergebühren, da wir im europäischen Vergleich bei den Maklergebühren um gut 40 Prozent über dem Durchschnitt liegen. Wir Sozialdemokraten fordern die Senkung der Maklergebühren, weiters klare Mietobergrenzen bei den privaten Mietwohnungen, das Senken der Richtwerte, die Verbesserung des Kündigungsschutzes, die Bereitstellung der Mietzinsreserve zur Gänze für Investitionen, billigere Wohneinstiegskosten für junge Mitbürger, eine Reduktion der Betriebskosten und der Hausverwaltungskosten sowie mehr Mitbestimmung für die Mieter.

Es ist bedauerlich, dass weder die Ergebnisse des Hearings noch die des Begutachtungsverfahrens in das Gesetz eingeflossen sind, obwohl die Mehrheit der Experten der Meinung ist, dass der Entwurf unausgewogen ist, dass noch vieles offen ist und vor allem ein ganzes Berufsbild zerstört wird. Es ist bedenklich, so wesentliche Eingriffe in das Arbeitsrecht zu beschließen, ohne mit den Sozialpartnern darüber zu reden.

Meine Damen und Herren! Mit unseren Stimmen wird dieses Gesetz nicht beschlossen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19


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29. Sitzung / Seite 71

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.19

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es gibt die Einigung der Koalitionspartner, eine umfassende Wohnrechtsnovelle zu schaffen, eine Wohnrechtsnovelle, die das Wohnrecht vereinfacht und liberalisiert, und das ist gut so. Es liegen diesem Haus nunmehr Entwürfe vor, die ein erster Schritt in die richtige Richtung sind, denn der Handlungsbedarf im Wohnrecht ist tatsächlich gegeben.

Es gibt nur wenige Bereiche, die so unübersichtlich und so kompliziert geregelt sind, wie das beim Wohnrecht der Fall ist. Das Wohnrecht ist über viele Gesetze verteilt, die einzelnen Regelungen sind verklausuliert, und vor allem gibt es eine Unmenge von unübersichtlichen Einzelregelungen. Alles in allem – und das ist heute ja schon mehrmals angesprochen worden – handelt es sich um einen Rechtsbereich, in dem sich sogar Juristen schwer tun, sich umfassend zurechtzufinden.

Herr Kollege Jarolim hat heute sinngemäß hier gesagt, dass das Wohnrecht, das Mietrecht irgendwie eine Königsdisziplin sei, wobei man besondere juristische Feinheiten, besondere juristische Finessen brauche, um sich da zurechtzufinden. – Das ist ja genau Ausdruck dessen, dass hier vieles im Argen liegt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist gerade das Mietrecht ein Bereich, der besondere Einfachheit und Verständlichkeit erfordert, denn die Regelungen, über die wir hier sprechen, treffen sehr, sehr viele Menschen. Vor allem das Mietrechtsgesetz bildet für weite Bereiche der Bevölkerung die Grundlage für ihre Wohnverhältnisse. Wie sich die Lage im Moment dartut, ist es so, dass die Bürger sich wirklich nicht auskennen können und selbst in den einfachsten Mietangelegenheiten ohne juristischen Beistand so gut wie keine Chance haben, sich zurechtzufinden.

Daher ist auch in diesem Bereich die SPÖ nicht aus der Ziehung zu lassen. Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, haben dieses System wesentlich mitgeschaffen. Es ist vielleicht auch so, dass Ihre Fraktion möglicherweise gar kein so großes Interesse daran hat, bei dieser Materie wirklich etwas Transparentes und Einfaches zu schaffen, wenn man bedenkt, dass Frau Abgeordnete Bures ja als Vorsitzende der Mietervereinigung ein essentielles Interesse daran hat, dass sich die Kunden, die Mieter nicht auskennen, denn sonst bräuchten die Mieter sie ja nicht. Transparenz und Einfachheit sind aber unser Ziel, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, wird sich diese Regierung auch in diesem Bereich für die Menschen einsetzen und klare und einfache Regelungen schaffen. Es wird bei befristeten Mietverträgen eine einheitliche Senkung um 25 Prozent geben, und zwar bei allen befristeten Mietverträgen. Das Mietrecht wird einfach sein, es wird zu einer Verbilligung führen, und es wird bei befristeten Verträgen ein stark ausgeweitetes Kündigungsrecht – für den Mieter wohlgemerkt! – geben. Auch das war immer wieder ein Punkt der Kritik. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Kollegin Bures! Sie haben heute gesagt, dass man für junge Menschen, die Wohnungen suchen, etwas tun muss. Da haben Sie völlig Recht. Gerade für junge Familien, gerade für junge Menschen wird es durch diese Novelle zu deutlichen Verbesserungen kommen. (Abg. Bures: Alles teurer!) Und das wissen Sie ja in Wahrheit auch!

Vor allem im Bereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes wird es zu einem erleichterten Zugang zur Wohnungseigentumsoption kommen; somit wird die Eigentumsbildung gefördert. Das fördert insbesondere die Eigentumsbildung bei jungen Menschen, die sich einen Wohnraum schaffen möchten, die eine Wohnung für ihre junge Familie kaufen möchten. Dafür steht diese Regierung, und dafür steht diese Novelle.


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Daher ist es unverantwortlich, meine Damen und Herren von der SPÖ, wie Sie auch in diesem Punkt Angst schüren, wie Sie Tausende Menschen vorsätzlich verunsichern. Das ist Ihre Politik! Das ist Ihre Politik (Abg. Silhavy:  ... Ihre Politik!), Frau Kollegin, die Sie jetzt schon seit mehreren Monaten praktizieren, indem Sie keine ordentlichen Lösungsvorschläge bringen, indem Sie alles, was von Regierungsseite kommt, schlecht machen. Sie betreiben alles in allem einfach Fundamentalopposition! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Aber es wird sich im Laufe der Zeit für die Mieter, die Sie jetzt vorsätzlich verunsichern, herausstellen, dass diese neuen Regelungen viele Verbesserungen mit sich bringen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch Folgendes sagen: Die vorliegenden Entwürfe sind selbstverständlich nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte in Richtung Vereinheitlichung und Transparenz im Wohnrecht werden folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ein weiteres Mal hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Das kommunistische Programm kommt jetzt wieder! – Abg. Dr. Khol: Das heißt "Kommunistisches Manifest"!)

13.24

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir haben es gerade gehört: Weitere Schritte werden folgen. – Das war für mich die Motivation, noch einmal einige Dinge richtig zu stellen. Erstens: Dass für junge Menschen – gerade für junge Menschen – durch Ihre Wohnrechtsnovelle Wohnraum billiger wird, glauben Sie sicher selber nicht. Schauen Sie sich an, was Ihre eigenen Experten gesagt haben! (Abg. Haigermoser: Der Herr Magister Schender muss das wissen! Der ist jung! Der weiß das! Der hat sich das genau angeschaut! Als junger Mensch weiß er das!)

Schauen Sie sich die Fachliteratur an und schauen Sie sich vor allem die Anzeigen in den Zeitungen an! Schauen Sie sich an, um welche Mietkosten pro Monat man kleinere Wohnungen für Studenten bekommt oder wie hoch die Mieten auf dem freien Markt für junge Familien sind! Schauen Sie sich auch einmal das Angebot im so genannten geförderten Bereich an! Das ist der Stand der Dinge, und diese Situation wird sich sicherlich nicht durch die Maßnahmen verbessern, die Sie jetzt vorhaben.

Ich möchte aber auch für Frau Kollegin Fekter noch etwas in Erinnerung rufen. Sie haben Beispiele aus Großbritannien zitiert. Wie hat das geheißen? – "Right to buy". – Da müssen Sie korrekt zitieren und auch zugeben, dass in Großbritannien insgesamt 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Wohnungsgeld notwendig sind, damit die Leute es sich leisten können, sich in Eigentumswohnungen einzumieten. Wir in Österreich wenden nur 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Wohnungsgeld auf.

Ich glaube, unsere Daten sprechen für unser System, und die Daten aus Großbritannien sprechen für ein System, für das Sie jetzt mit dieser Wohnrechtsnovelle Tür und Tor öffnen. Ich will nicht haben, dass auf der einen Seite Steuergelder – Steuergelder von Müttern, Steuergelder von Kleinverdienern, Steuergelder auch von vielen reichen Verdienern – in Wohnbeihilfen fließen müssen, weil Sie auf der anderen Seite alles in die Taschen der Immobilienbesitzer schaufeln. (Abg. Dr. Fekter: Sie sind eigentumsfeindlich!) Das will ich nicht; deshalb ein deutlicher Abstand und ein deutliches Nein zum britischen Weg. (Abg. Haigermoser: Sie haben ja auch eine Eigentumswohnung! Wo wohnen Sie denn?)

Die zweite Richtigstellung: Ich habe mich hier gegenüber Herrn Kollegen Firlinger und Herrn Kollegen Freund in keiner Weise eigentumsfeindlich geäußert. Herr Kollege Firlinger! Sie haben uns unterstellt, wir wollen kein Eigentum, wir wollen Kommunismus. – Das stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich habe mich sehr, sehr stark für Eigentum ausgesprochen, aber ich habe gesagt, in einer Zeit, in der wir das Budget sanieren müssen, in der es Löcher zu stopfen gilt, in der Pensionen gekürzt werden, in der vor allem auch alleinverdienende Frauen zur Ader gelassen werden (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Trinkl und Großruck ), kann ich es mir nicht


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vorstellen, dass wir Eigentumsbildung noch zusätzlich mit Steuergeldern fördern. Ja zum Eigentum, aber bitte nicht auf Kosten derer, die die Steuern zahlen – vor allem die Armen und die Bezieher von kleinen Einkommen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Schluss noch ein paar Worte zu dem, was Herr Klubobmann Khol gestern über die APA aussenden ließ. Das Generalmotto lautete: Dies sei die Woche der Ernte im Parlament. – Heute fahren Sie eine Ernte ein, die so heißt: Rosinenernte für die Immobilienbesitzer, Rosinenernte für diejenigen, die es sich leisten können, Rosinenernte für diejenigen, die etwas auf der hohen Kante haben. – Das ist nicht unsere Politik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. Sie kennen den § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung. – Bitte.

13.28

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schender hat in seinem Redebeitrag behauptet, die Österreichische Mietervereinigung hätte Interesse daran, dass die Mietrechtsgesetze kompliziert seien, da ihr ansonsten die Klienten abhanden kämen.

Herr Abgeordneter Schender! Ich schreibe es Ihrer Jugend zu, dass Sie hier Unrichtiges behauptet und blanken Unsinn ausgesprochen haben, denn richtig ist vielmehr (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Abg. Dr. Khol: "Blanken Unsinn" haben Sie gesagt? – Abg. Haigermoser: Was ist "blanker Unsinn"?), Herr Kollege Khol, dass die Mietervereinigung, wie schon in der Vergangenheit, in der Gegenwart und durch Ihre gesetzlichen Beschlüsse noch vermehrt in der Zukunft die Mieterinnen und Mieter in Österreich gegenüber den Eigentümern und dem Mutwillen der Eigentümer schützen muss. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Gemeinde Wien!)

13.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Wohnrechtsnovelle 2000 samt Titel und Eingang in 122 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden, samt Titel und Eingang in 123 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 140 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 141 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 124 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 9/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Diskriminierung homosexueller Personen und Lebensgemeinschaften beseitigt werden soll (142 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 6 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.32

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zitat:

Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf zu verwirklichen suchen. Das gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. Wir wollen prüfen, welche rechtlichen Hindernisse, die dem gemeinsamen Leben und der gemeinsamen Fürsorge im Wege stehen, beseitigt werden können. – Zitatende.

Diese wohlgeformten Sätze, diese inhaltlich wirklich zu unterstützenden Worte kommen nicht, wie man meinen möchte, von den Sozialdemokraten, nicht von den Liberalen, auch nicht von den Grünen, nein, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, sie kommen von Ihrer Schwesterpartei, von der CDU! Diese Formulierungen wurden bei ihrem Leitantrag am Parteitag im letzten Jahr im Dezember gebraucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP! Ich denke, es wird auch jemand aus Ihrer Partei bei der Schwesterpartei delegiert gewesen sein und vielleicht hier in Österreich über diesen neuen Geist der Familienpolitik innerhalb der CDU berichtet haben. Ich glaube schon, dass möglicherweise die eine oder der andere von Ihnen zu der Überzeugung gekommen ist, dass das doch etwas ist, dem man zustimmen kann, das nachahmenswert ist.

Hier und heute, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie die Gelegenheit, dazu Stellung zu beziehen. Der vorliegende Antrag möchte nämlich genau dem Gedankengut der neuen CDU-


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Familienpolitik Folge leisten. Und Sie haben die Möglichkeit, hier in Österreich Diskriminierungen zu beseitigen, und zwar Diskriminierungen, die nur auf Grund der sexuellen Orientierung passieren – und das ist eine Schande! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wende mich vor allen Dingen an Sie, meine Damen und Herren von der Volkspartei. Ich appelliere wirklich an Sie: Überdenken Sie, ob man diese Diskriminierungen nicht abschaffen sollte! Was hindert Sie denn daran, über Nacht klüger zu werden? – So hat es ein großer Christdemokrat einmal gesagt, nämlich Konrad Adenauer.

Grundanliegen dieses Gesetzesänderungsantrages ist nur Folgendes: die Beseitigung einer besonderen Form der Diskriminierung von Menschen, die auf Grund ihrer sexuellen Neigung erfolgt. Wenn es jemandem um die Beseitigung von Diskriminierungen geht, das heißt, im Endeffekt um eine gerechtere, um eine humanere Gesellschaft, um die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention – und diese ist im Geiste dieser Gedanken gefasst worden –, um die Einhaltung des Amsterdamer Vertrages oder auch nur allgemein um eine humanere Gesellschaft, dann darf er sich diesen Anträgen, sehr geehrte Damen und Herren, nicht verschließen; seien es nun jene Anträge, die derzeit in einem eigenen Unterausschuss des Justizausschusses behandelt werden, wobei es darum geht, über den § 209 StGB, der schon längst einer Neuregelung bedarf, zu diskutieren, oder andere.

Ich hoffe wirklich, dass Bewegung in diese Debatte kommt, dass nicht Hunderttausende Menschen in diesem Land diskriminiert werden und ihre Liebe (Abg. Mag. Schweitzer: Das habt ihr verhindert!), Herr Schweitzer, nicht leben können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der vorliegende Antrag soll aber die zivilrechtliche Materie, den zivilrechtlichen Aspekt der Probleme von homosexuellen Menschen regeln. Dabei ist eine längst fällige Änderung der Zivilprozessordnung vorgesehen. Es geht um das Zeugenentschlagungsrecht. Es ist eine wichtige Maßnahme, dass das nachgebessert wird, wie es auch schon in der Strafprozessordnung im Zuge der letzten Gesetzesänderung beschlossen wurde.

Weiters geht es um Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz. Es geht auch um Änderungen im Mietrechtsgesetz sowie um Änderungen bei den Soziaversicherungsgesetzen. Und worum geht es überhaupt allgemein? – Es geht eigentlich um etwas sehr Einfaches: Homosexuelle Lebensgemeinschaften haben derzeit nur einige – unserer Meinung nach noch zu wenige – Rechte.

Es gibt bei heterosexuellen Partnerschaften im Mietrecht das Eintrittsrecht im Todesfall, es gibt im Arbeits- und Sozialrecht gewisse Rechte, wie zum Beispiel die Pflegefreistellung im Krankheitsfall und so weiter. Das Recht auf die gemeinsame Anschaffung einer Eigentumswohnung steht ja leider auch heterosexuellen Paaren noch nicht zu. Aber warum, sehr geehrte Damen und Herren, können wir diese anderen Rechte nicht auch homosexuellen Paaren zugestehen? – Das ist ja überhaupt kein Angriff auf die Ehe. Da will niemand vor den Traualtar. Meine sehr geehrte Damen und Herren! Da wollen Menschen – jawohl Menschen! –, Menschen wie Sie und ich, einfach rechtlich abgesichert werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Frau Fekter! Sie lesen gerade so angestrengt eine Vorlage. Ich weiß schon, Sie argumentieren immer wieder damit, dass Homosexuelle ja Privatverträge abschließen können. Aber das hat zum Beispiel für einen Vermieter oder für einen Arbeitgeber keine bindende Wirkung; das wissen Sie ja auch. Wenn ein homosexuelles Paar einen Privatvertrag abschließt, dann hat das keine bindende Wirkung. Derzeit sieht es so aus, dass im Mietrecht überhaupt nur von "Lebensgemeinschaften" die Rede ist. Erst vor kurzem hat der Oberste Gerichtshof festgestellt, dass damit explizit nur heterosexuelle Lebensgemeinschaften gemeint sind. Darum sollen wir, müssen wir als Gesetzgeber dafür sorgen, dass in dieser Richtung etwas passiert.

Wir von der SPÖ würden hier einen etwas anderen Weg einschlagen als die Grünen. Anstatt zig einzelne Gesetze zu ändern, gäbe es unserer Ansicht nach eine einfachere Lösung, nämlich eine Gleichstellungsbestimmung im ABGB, wonach unter "Lebensgemeinschaften" sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Lebensgemeinschaften verstanden werden.


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Gleichzeitig müsste es aber – und das ist mir ein großes Anliegen – zu einer längst überfälligen Aufwertung von Lebensgemeinschaften im Allgemeinen kommen, sind sie doch heute eine ganz wichtige Form des Zusammenlebens. Verschließen wir uns doch nicht dem Bedürfnis vieler Menschen, die sagen: Wir wollen nicht heiraten, wir wollen keine Ehe führen, wir wollen nur so zusammenleben! Mir fällt da Shakespeare ein: "Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet." (Abg. Schwarzenberger: Das war Schiller und nicht Shakespeare! In "Das Lied von der Glocke" von Schiller!)  – Danke. Aber das ist schön. Verschließen wir uns dem nicht! Lassen wir die jungen Leute das tun, was sie gerne möchten, nämlich eine gewisse Zeit zusammenzuleben und dann zu entscheiden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )  – Na ja, mit Zitaten sollten Sie vorsichtig sein.

Wir sind der Überzeugung ... (Abg. Gaugg: Was ist los? Das ist unglaublich!)  – Herr Abgeordneter Gaugg! Hören Sie einfach zu! Vielleicht kann ich Ihr Herz berühren. Wir sind der Überzeugung, dass wir in Österreich bei der Beseitigung von diskriminierenden Gesetzen – dazu gehört § 209 StGB, da gehören einschlägige Gesetze im Mietrechtsgesetz dazu –, dass wir bei der Beseitigung von Diskriminierungen betreffend Homosexualität säumig sind, wenn man nicht sogar sagen sollte: vertragsbrüchig.

Tatsache ist nämlich: Es gibt fünf Rügen des Europäischen Parlaments bezüglich der noch ausstehenden Abschaffung des § 209 StGB. Es gibt wesentliche Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Abg. Mag. Schweitzer: Darf ich etwas fragen?)  – ja, gleich! – in Fragen der Diskriminierung homosexueller Paare. Dabei geht es vor allen Dingen um den Altersunterschied, denn es besteht eine doppelte Diskriminierung, und zwar besonders für die Mädchen. Dass nämlich die männliche Sexualität eine schützenswertere ist als die der jungen Frauen, ist überhaupt nicht einsichtig! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt laufende Verfahren, von denen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof betroffen ist. Es gibt die Aufforderung des UN-Ausschusses für Menschenrechte, den § 209 Strafgesetzbuch abzuschaffen. Diese gibt es. (Abg. Neudeck: Da ist der Wurm drinnen!) Und es gibt einen Bericht des Europarates – da werden auch Sie gefordert sein, Herr Abgeordneter Schweitzer –, in dem den Mitgliedsländern im Europarat empfohlen wird, sämtliche Diskriminierungen zu beseitigen. So sieht es aus! (Abg. Mag. Schweitzer: Darf ich etwas fragen?) Ich hoffe auf Sie, dass Sie in der Parlamentarischen Versammlung die entsprechenden Gesetze mitbeschließen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie können sich ja dann zu Wort melden. Es wäre wichtig, dass sich jemand von den Regierungsparteien zu Wort meldet, denn es ist schon verwunderlich, dass sich niemand von Ihnen zu Wort meldet. Ich glaube ja nicht, dass Ihnen das Thema nicht wichtig genug ist, sondern ich hoffe, dass Sie sich nach wie vor in einer Nachdenkphase befinden. Das hoffe ich! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.  – Abg. Neudeck: Da ist der Wurm drinnen! – Abg. Mag. Schweitzer: Kann ich jetzt eine Frage stellen?)

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes erwähnen: Es gibt den Vertrag von Amsterdam und diesen hat der damalige Außenminister Schüssel mit dem italienischen Außenminister Lamberto Dini verhandelt. Der damalige Außenminister und jetzige Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hat in diesen Vertrag – so war es zumindest in Zeitungsberichten zu lesen – hineinreklamiert – und das steht explizit im Vertrag von Amsterdam, der seit letztem Jahr in Kraft ist –, dass Diskriminierungen auf Grund des Geschlechtes als bekämpfenswert festgehalten sind. – Das ist lobenswert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Nun erwarte ich mir vom jetzigen Bundeskanzler, dass genau diese Absichtserklärungen hier in Österreich Gesetze werden und dass wir genau das machen, wozu wir als Gesetzgeber aufgefordert sind, nämlich Diskriminierungen von Menschen abzuschaffen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Gradwohl. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Ich möchte noch kurz erwähnen, dass Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer ja auch Mitglied einer Homosexuellen Initiative ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja genau!) Sie ist Kuratoriumsmitglied von LAMBDA. Ich gehe davon


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aus, dass natürlich dann auch von Ihrer Seite, von der Seite der FPÖ, dafür gearbeitet wird, dass Rechte für Homosexuelle in diesem Land eingeführt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber Pflicht muss es nicht sein!)  – Nein, nein, keine Sorge!

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Im Lichte dieser Ausführungen fordere ich Sie auf: Lassen Sie Ihre Parteivorsitzenden nicht im Stich, und vor allen Dingen lassen Sie die homosexuellen Menschen nicht im Stich! Arbeiten Sie mit uns an der Beseitigung dieser Diskriminierungen! Machen wir Österreich auch in diesem Punkte europareif und geben wir den Homosexuellen jene Rechte, die ihnen seit Jahren grundlos vorenthalten werden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Wo sind die SPÖ-Abgeordneten? Das interessiert dort niemanden!)

13.44

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm hat schon in groben Zügen den sehr umfangreichen Initiativantrag, den die Grünen gegen die Diskriminierung homosexueller Personen und Lebensgemeinschaften eingebracht haben, skizziert. Ich möchte deshalb nur noch einige Ergänzungen anbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wichtigste Argument für die endgültige Beseitigung von Gesetzen, die Lebensgemeinschaften diskriminieren – in diesem Fall gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften –, bietet der § 72 Strafgesetzbuch. Jene Damen und Herren, die schon Mitglieder des Nationalrats waren, als wir den § 72 StGB novelliert haben, wissen, worum es geht. Es geht dabei um das Zeugnisentschlagungsrecht, das im strafprozessualen Verfahren ganz wesentlich ist.

Darum ist der erste Punkt, den die Grünen in ihrem mehrere Bereiche des menschlichen Zusammenlebens betreffenden Initiativantrag fordern, diese Bestimmung der StPO, die sämtliche Personen, die in Lebensgemeinschaften leben, gleichbehandelt und ihnen die Möglichkeit des Zeugnisentschlagungsrechtes gibt, analog in der ZPO festzulegen, nämlich das Zeugnisverweigerungsrecht. Dort haben die Lebensgefährten dieses Recht nämlich nicht.

Kolleginnen und Kollegen! Es gibt meiner Ansicht nach keine sachliche Rechtfertigung und kein Argument, mit dem Sie das verweigern könnten. Darum wundert es mich auch nicht, dass Sie von den Regierungsparteien sich nicht zu Wort melden: weil Ihnen in diesen Fällen die Worte fehlen und weil es ja nicht zu argumentieren ist, warum Sie sich diesem Anliegen verschließen. Deshalb schweigen Sie. Das ist eigentlich konsequent und darum ist auch jede Aufforderung, und sei sie noch so wohlwollend von Frau Kollegin Wurm gemeint, völlig sinnlos. Es fehlen Ihnen die Worte, das, was Sie nicht argumentieren können, hier zu versuchen, zu argumentieren.

Meine Damen und Herren! Das ist es, und es passiert eine nachhaltige Verletzung von Menschenrechten in Österreich im Zusammenhang mit der Diskriminierung von homosexuellen Menschen. (Beifall bei den Grünen.) Das ist demzufolge ein Bruch der Präambel, die der Herr Bundespräsident dem Herrn Bundeskanzler Schüssel – damals noch Vizekanzler – und dem damaligen Parteiobmann Haider – jetzt einfaches Parteimitglied – vorgelegt hat. Das Unterschreiben dieser Präambel war sang- und klanglos – aber wirklich sang- und klanglos! –, weil es nämlich bis jetzt keine Wirkungen entfaltet hat. Es besteht eine nachhaltige Verletzung von Menschenrechten in Österreich durch diesen § 209 StGB.

Wenn ich das jetzt weiterspinne, dann könnte ich genauso gut behaupten, dass es auch eine nachhaltige Verletzung von Menschenrechten ist, wenn bewusst und absichtlich diskriminiert wird, wenn durch Bestimmungen, die in der österreichischen Rechtsordnung enthalten sind, Menschen, die eine andere sexuelle Orientierung haben als die Mehrheit in diesem Land, diskriminiert werden. Wir Grüne haben in dem Initiativantrag mehrere Beispiele aus dem Rechts


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leben zusammengefasst, beispielsweise auch aus dem Sozialversicherungsrecht. Diese Materie kam ja in den Justizausschuss und steht heute kurioserweise auf der Tagesordnung, weil diesbezüglich auch eine Änderung des Mietrechts und vor allem eine Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes notwendig wären.

Erzählen Sie das einmal – so wie Sie immer so schön sagen – den Menschen "draußen", wenn Sie gefragt werden! Warum können Menschen, die nicht verheiratet sind, aber jahrelang in so genannten eheähnlichen Lebensgemeinschaften zusammenleben, eigentlich nicht eine gemeinsame Wohnung kaufen?! Warum können nicht eine Großmutter und ihre Enkeltochter, die einen gemeinsamen Haushalt führen, die gemeinsam im Haushalt leben, nicht eine gemeinsame Wohnung erwerben? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Feurstein: Ist möglich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kein Mensch "draußen" – unter Anführungszeichen –hat dafür Verständnis, denn – und die Erklärung ist eine einfache – das ist patriarchalisches, konservatives Bewusstsein, das in Gesetzen festgeschrieben ist, wobei man ein Bild der Gesellschaft aufrechtzuerhalten versucht, das längst nicht mehr besteht. Es gibt das, was Sie glauben, durch Gesetze normieren zu können, in der Realität nicht: die so genannte heile Familie, in der es immer Mama, Papa, Kinder gibt und alle schön verheiratet sind. Das ist nicht mehr die Norm, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur die Gesetze fingieren sie! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist eine traurige Tatsache, dass Ehen geschieden werden, dass Verbindungen auseinander gehen. Aber der ÖVP ist das Wurscht, denn ihr ist ja nur wichtig, dass die alten patriarchalischen Denkmuster weiter verankert werden. Und die Damen der ÖVP, die weiblichen Abgeordneten, schweigen dazu oder rufen dazwischen. Aber Auswirkungen hat das noch keine gehabt. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haben Sie keine Sorge: Wir werden, wenn es darum geht, Diskriminierungen aus unseren Gesetzen zu beseitigen, nicht lockerlassen, und wir werden auch diese Anträge wieder einbringen, um sie auch tatsächlich zu diskutieren und nicht nur zu "behandeln", wie Sie es getan haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 142 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist hiemit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (47 der Beilagen): Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (138 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (51 der Beilagen): Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung (139 der Beilagen)


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9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (92 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (146 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.51

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, ich habe zu Beginn meiner vorherigen Rede vergessen, Sie zu begrüßen, obwohl Sie schon hier waren. Entschuldigung, es war nicht böse gemeint.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich wende mich gleich direkt an Sie. Herr Bundesminister, Sie wissen, dass die Grünen bereits im Ausschuss der Novelle des Strafgesetzbuches ihre Zustimmung gegeben haben, weil jene Maßnahmen, die jetzt unter Ihrer Amtsführung im Justizressort legistisch umgesetzt wurden und im Nationalrat zur Diskussion gekommen sind, nichts Neues sind.

Seit einigen Jahren wird in der Öffentlichkeit über die notwendige Entkriminalisierung, über eine notwendige Änderung des Krida-Strafrechts diskutiert, und die diesbezüglichen Forderungen sind ja mehr als berechtigt. Und jetzt wird ein Teil, wie ich meine – ich sehe das in gewisser Hinsicht nur als einen ersten Schritt –, auch umgesetzt.

Sie haben unsere volle Zustimmung dazu, dass wirtschaftliches Risiko nicht so schnell der Kriminalisierung unterliegen soll, wie dies in der Vergangenheit der Fall war oder bis jetzt der Fall ist. Ich glaube, dass sich das nur positiv auswirken wird. Das betrifft – mehr oder minder ausnahmslos – praktisch alle Bereich des Wirtschaftslebens.

Herr Bundesminister! Ich komme aber nicht umhin, Folgendes zu sagen: Wir diskutieren hier eine Novelle des Strafgesetzbuches – eine Novelle des Strafgesetzbuches gibt es nicht alle Tage, wie wir wissen –, und wir im Justizausschusses sind auch immer sehr darauf bedacht, dieses Instrument nicht inflationär zu benützen. StGB-Novellen sind sozusagen "noch etwas", denn das StGB ist ja nicht irgendein Gesetz, sondern eine der Zentralnormen unserer Rechtsordnung. Daher ist auch eine gewisse Rechtssicherheit in dem Sinn, dass man weiß, was festgeschrieben ist, notwendig. Deshalb sind wir bei StGB-Novellen sehr sorgfältig.

Uns wäre es daher ein intensives Anliegen, Herr Bundesminister – jetzt spreche ich Sie, Herr Bundesminister, direkt und persönlich an –, diese Gelegenheit einer StGB-Novelle dazu zu nützen, bestimmte Fälle dieses Strafgesetzbuches, die uns mehr als diskussionswürdig erscheinen, zu diskutieren und im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Strafgesetzbuch zu eliminieren , weil sie dort – nach unseren Wünschen und nach unserer Überzeugung – im 21. Jahrhundert, in dem wir uns befinden, keinen Platz mehr haben. (Beifall bei den Grünen.)

Einer dieser Paragraphen – ich ziehe ihn jetzt als Beispiel heran; es fielen mir noch zahlreiche andere ein, etwa der § 188 StGB , Blasphemie, mehr als diskussionswürdig, dazu wird es auch Initiativen geben – ist in den letzten Wochen, vor allem auch durch Ihr Zutun, Herr Bundesminister, sehr in Diskussion geraten, und zwar der § 248 StGB, Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole.


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Wahrscheinlich haben sehr viele oder fast alle Leute in Österreich gar nicht gewusst, dass es den § 248 StGB überhaupt gibt. So "bedeutsam" ist er in der Judikatur und, wenn Sie so wollen, im Gesellschaftsleben der letzten Jahrzehnte gewesen – bis ein einfaches Parteimitglied der Freiheitlichen Partei auf die Idee gekommen ist, diesen Paragraphen heranzuziehen, um das hier zu diskutieren.

Herr Bundesminister, wir hatten ja schon mehrfach die Gelegenheit, das hier zu diskutieren, nicht zuletzt im Rahmen des Misstrauensantrages, den die grüne Fraktion gegen Sie gestellt hat im Zusammenhang mit der Idee der Kriminalisierung der Opposition, das heißt der Kritiker der Regierung und der Kritiker von politischen Zusammenhängen in Österreich, der Kritik, die aus Kreisen der Opposition kommt. Da hat man offenbar ins Strafgesetzbuch geschaut und nachgeschaut, wo "Staat" steht, und hat gemeint, da könnte man das anhängen.

Herr Bundesminister! Ich habe schon damals Ihre Argumentation, die Sie zu Ihrer "Verteidigung" – unter Anführungszeichen – im Nationalrat vorgebracht haben, nicht ganz verstanden. Daher wäre es interessant, jetzt eine authentische Interpretation Ihrerseits zum § 248 StGB zu hören; zu hören, wie dieser vom einfachen Parteimitglied und der Vizekanzlerin wiederholt geäußerte – der Herr Bundeskanzler hat sich dazu verschwiegen, er hat sich nie dazu geäußert – Anschlag auf die Demokratie, den Rechtsstaat und die Liberalität in diesem Land zu verstehen ist (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ), um nicht immer nur die politische Opposition anzusprechen.

Meiner persönlichen Ansicht nach – die grüne Fraktion ist einhellig dieser Meinung – hat § 248 StGB heute einfach nichts mehr im Strafgesetzbuch verloren, weil er in Wahrheit in den letzten Jahrzehnten nichts anderes war und ist als der Versuch, künstlerische Freiheit einzuschränken – so wurde er nämlich angewandt – und Künstler zu kriminalisieren. Das ist die eine Ebene, und die andere Ebene ist praktisch – ich sage das jetzt so, obwohl es technisch nicht korrekt ist – totes Recht.

Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag im Zuge der Diskussion um die fahrlässige Krida ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage (92 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (146 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) BGBl. 60/1974 in der Fassung BGBl. I 153/1998 und die Strafprozeßordnung geändert werden, wird wie folgt ergänzt:

Nach Artikel I. 2. wird folgender Punkt 3. eingefügt:

3. § 248 (Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole) entfällt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zu dem, was wir in den letzten Tagen erlebt haben und was wir alles in diesen Kontext stellen können, zur Vorgangsweise einer Regierungspartei – bis vor ein paar Monaten war sie eine Oppositionspartei, aber jetzt ist sie eine in Verantwortung stehende und damit Österreich nach außen repräsentierende Partei –, dazu, wie sie es mit der Gegenwart dieses Landes – siehe Haider und seinen Anschlag auf die Demokratie, auf die freie Meinungsäußerung und auf das freie Mandat im Zusammenhang mit der Kriminalisierung der Opposition – hält. Auf der anderen Seite geht es darum, wie man es mit der Vergangenheit hält – und jetzt mit dem sprachlichen Umgang mit der Vergangenheit.

Es hat – bedauerlicherweise, muss ich sagen; ich schäme mich ja dafür – ein Abgeordneten-Kollege dieses Hauses, nämlich Kollege Windholz, ein geschichtliches Wissen an den Tag ge


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legt, das ja wirklich von einiger "Reife" zeugt. Er hat, weil er ja offensichtlich sprachlich so phantasiereich ist, etwas vor sich hingesagt, wozu er dann, nachdem in der Öffentlichkeit mehr als wirkliche Abscheu über diesen Satz geäußert wurde, gemeint hat: Ach, tut mir Leid, das habe ich als Niederösterreicher mir mit meiner sprachlichen Formulierungskunst selbst überlegt. – "Selbst überlegt", nämlich Termini und Redewendungen aus der nationalsozialistischen Zeit, die damals so etwas waren wie die Verfassung des Geistes, der diese Zeit geprägt hat. – Und er sagt, das habe er sich sprachlich so zusammenformuliert!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Thema ist jetzt nicht die Glaubwürdigkeit der Argumentation des Kollegen Windholz, sondern die Reaktion der einfachen Parteimitglieder der Freiheitlichen Partei. Die einfachen Parteimitglieder der Freiheitlichen Partei sagen zum Zitieren von SS-Sprüchen – jetzt zitiere ich wörtlich –:

Es kann keine schlechte Sache sein, wenn sich jemand zu Anständigkeit, Treue, Ehrlichkeit und Leistungsbewusstsein bekennt. (Abg. Gradwohl: Hört! Hört!)

Kommt es Ihnen nicht irgendwie bekannt vor, dass es keine schlechte Sache sein kann, die Beschäftigungspolitik des nationalsozialistischen Reiches gutzuheißen, dass es keine schlechte Sache sein kann, die Waffen-SS face to face zu belobigen, dass es keine schlechte Sache sein kann, in die Nähe der Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen zu kommen, wie wir das bedauerlicherweise auch von einem ehemaligen Abgeordneten-Kollegen, nämlich Gudenus, damals erlebt haben, der sich jetzt die wahre Geschmacklosigkeit leistet, Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter als Schutzgeld zu bezeichnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist System! Das ist das System, das die Freiheitlichen permanent anwenden, seit ich sie beobachte (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Pittermann ): Man sagt etwas, sagt dann: Entschuldigung, es tut mir Leid, das ist mir gerade so en passant eingefallen!, oder: Tut mir Leid, ich nehme alles zurück!, dann aber wird das, was vorher entschuldigend zurückgenommen wurde, im dritten Satz danach wieder bekräftigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Saat, die gesät wird, geht wohl auf! Die "Kameraden" – unter Anführungszeichen – verstehen Ihre Botschaften, die Sie an sie aussenden, die verstehen sie sehr gut. Das ist es auch, was Sie bezwecken. Sie bezwecken mit diesem sprachlichen Umgang, die Sensibilität, die in diesem Zusammenhang gefragt wäre, ständig zu unterminieren, weil Sie dort Botschaften zu verschicken haben, weil das Ihre Überzeugung ist, weil es noch nie eine wirklich glaubwürdige Distanzierung gegeben hat, weil Ihr Verhältnis zur Vergangenheit Österreichs ein fragwürdiges ist (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch ), weil nämlich eine Partei, deren einfaches Parteimitglied Österreich als Missgeburt bezeichnet (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner ), der erste Fall dafür wäre, den § 248 StGB anzuwenden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! § 248 gehört jedoch abgeschafft, und es gehört geklärt, ob das, was Kollege Windholz – mit welchem Bewusstsein und mit welcher Formulierkunst auch immer ausgestattet – gesagt hat, nicht dem Tatbestand des § 3 g Verbotsgesetz unterliegt. Das ist das, was ich heute erwarte, vor allem von Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer. Sie, Herr Bundesminister, sind oberster Herr der Staatsanwaltschaft, Sie sind dafür verantwortlich, dass diese tätig wird, wenn das in den Zeitungen zu lesen ist. Ich nehme an, dass die Staatsanwälte so wie Sie, Herr Bundesminister, und ich Zeitung lesen. Ich bin ja auch nicht neben Herrn Windholz gestanden, als er das gesagt hat, aber es ist in allen österreichischen Medien transportiert worden. Da brauche ich keine Sachverhaltsdarstellungen, da braucht niemand Briefe an die Staatsanwaltschaft zu richten, da brauche ich keine Anzeigen von den Sicherheitsbehörden in Niederösterreich – da habe ich zu handeln, da habe ich zu klären und da habe ich zu prüfen! Wenn das nicht geschieht, Herr Bundesminister, dann haben Sie anzuordnen, dass es geschieht. Das erwarten wir, Herr Bundesminister, und das möchten wir heute auch hier geklärt haben.

Das wäre ein wirklicher Beitrag, den Sie in Ihrer Verantwortung als Ressortminister, aber auch als Mitglied dieser Bundesregierung im Sinne der schon erwähnten Präambel, die die beiden


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Spitzenrepräsentanten dieser Bundesregierung unterzeichnet haben, im Sinne der Verantwortung für das Bild, das Österreich nach innen und nach außen abgibt, leisten könnten. Da hätten Sie, Herr Bundesminister, jetzt die Möglichkeit eines Aktes der Wiedergutmachung. Ob Sie sie ergreifen, werden wir heute Nachmittag noch sehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt ein Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits zur Regierungsvorlage 92 der Beilagen vor. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

14.04

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute hier eine der wenigen Gesetzesmaterien zu diskutieren, die eigentlich nicht des Schutzes der von ÖVP und FPÖ erzwungenen Aufrechterhaltung der so genannten EU-Sanktionen bedürften, Herr Klubobmann Khol, weil es eines der wenigen Gesetze ist, die sich nicht als Sozialanschlag herausstellen, sondern auf breitem Konsens beruhen.

Nichtsdestoweniger ist das, was Kollegin Stoisits vor mir gesagt hat, natürlich zu berücksichtigen, und ich denke, der Antrag, der bezüglich § 248 StGB eingebracht ist, ist eine Diskussionsgrundlage, mit der wir uns relativ intensiv auseinander setzen müssen, nicht zuletzt deshalb, weil selbst das Justizministerium, namentlich ein Sektionschef, im Zusammenhang mit den Erklärungen des Kärntner Landeshauptmannes den Standpunkt vertreten hat, dass, wenn in letzter Zeit etwas als Verstoß gegen § 248 zu bezeichnen wäre, sodass dieser tatsächlich anzuwenden wäre, dann sei dies die von Landeshauptmann Haider getätigte Erklärung über die Missgeburt, die Österreich als Nation wäre.

Ich glaube, dass es sinnvoll und gut ist, die Bestimmung des § 248 StGB zu diskutieren, meine allerdings, dass es nicht unbedingt notwendig ist, das heute hier abschließend zu behandeln, sondern dass es besser wäre, das in einem weiteren Spektrum anzugehen, um wirklich alle Argumentationen, die dazu in den unterschiedlichsten Richtungen bestehen, auch tatsächlich vorbringen und darauf eingehen zu können.

Zu den Themen selbst werden die weiteren Redner meiner Fraktion Stellung nehmen, ich möchte nur sagen, dass die fahrlässige Krida, der nunmehrige Krida-Tatbestand eine längere Geschichte hat. Im Wesentlichen herrscht Einigkeit darüber, dass dieser Tatbestand, wie er bei Gericht angewendet worden ist, wie er auch in Sachverständigengutachten zum Ausdruck gebracht worden ist, vielfach zu einer massiven Behinderung von Teilen der Wirtschaft geführt hat. Daher ist es gut, dass er aufgehoben wird.

Ich würde mir wünschen, dass man – im Rahmen einer Enquete-Kommission ist ja eine Diskussion über den außergerichtlichen Tatausgleich, die Diversion, geplant – mit der gleichen Großzügigkeit, mit dem gleichen Verständnis und mit der gleichen Menschlichkeit, die diesem Entwurf zugrunde liegt, auch die diversionellen Maßnahmen diskutiert.

Ich muss bei dieser Gelegenheit dem Herrn Bundesminister wieder dafür danken, dass er auf Grund seines sachlichen Zugangs zu diesem Thema das verhindert hat, was Klubobmann Khol eingangs dieser Legislaturperiode gefordert hat, nämlich die Zurückdrängung der Diversion. In diesem Sinne glaube ich, dass wir mit diesen Gesetzesmaterien doch ein Stück weiterkommen. Wir sollten allerdings die Gedanken und die Idee, die dahinter stehen, auch in diese Enquete-Kommission einbringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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14.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Da wird es mir wieder warm ums Herz! – Weitere Zwischenrufe.)

14.08

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen! Wir diskutieren hier einige Tagesordnungspunkte unter einem (Abg. Dr. Jarolim: Auf den Dollfuß habe ich vergessen, vielleicht können Sie etwas dazu sagen!), besonders interessant ist natürlich das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge.

Eigentlich gibt es nur einen Fall, an den ich mich erinnere, und das ist Ebergassing. Kollege Einem ist rechtzeitig in den Saal gekommen. – Ebergassing ist ja nie wirklich geklärt worden. Anfangs – ich erinnere mich noch gut daran – war in der "ZiB 1" noch von einem rechten Terroranschlag die Rede (Abg. Schwemlein: Jetzt fangen Sie auch schon zum Verteidigen an!), man hat dann aber in der "ZiB 2" diese Falschmeldung nicht mehr wiederholt, weil man dann schon gewusst hat, dass die Bombenleger, die ja bei diesem Bombenanschlag bedauerlicherweise zu Tode kamen, aus der linken "TATblatt"-Szene kamen. Einer der Verdächtigen ist ja immer noch auf freiem Fuß. Ich hoffe, dass wir heute vielleicht noch Näheres dazu erfahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich hier aber intensiver mit der Novelle in 146 der Beilagen befassen, nämlich dem Krida-Strafrecht.

Ich habe hier die Insolvenzstatistik des AKV für das erste Quartal 2000. Diese Insolvenzstatistik zeigt einerseits leicht rückläufige Tendenzen im Insolvenzbereich auf, andererseits aber doch ein erschreckendes Bild. Es gab im ersten Quartal, also in den ersten drei Monaten, 27 Ausgleiche, denen 1 338 Konkursverfahren gegenüberstanden, bei denen weniger als die Zwangsausgleichsmasse von 20 Prozent übrig geblieben ist, das heißt 1 338 Konkursverfahren, bei denen fast gar nichts mehr da ist.

Dazu kommen weitere 923 Verfahren, die mangels Masse überhaupt abgewiesen wurden. Das sind also insgesamt 2 288 Insolvenzen.

Überraschend für mich war der hohe Anteil der Privatinsolvenzen laut dieser Statistik, nämlich 836. (Abg. Schwemlein: Was schließen Sie daraus?) Somit ist im Privatbereich ein fast schon genauso hoher Anteil gegeben wie im Unternehmensbereich, und das ist doch sehr erschreckend. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

In der Insolvenzstatistik findet sich auch einen Kommentar, der besagt, dass die geringe Veränderung – natürlich positive Veränderung, denn es gibt gegenüber dem Vorjahreszeitraum weniger Insolvenzen – nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass nur 27 echte Sanierungsfälle aus dem Insolvenzbereich angefallen sind und dass diesem Faktum insgesamt 2 261 Konkursfälle gegenüberstehen.

Es heißt: Die Ursachen liegen eminent in den mangelhaften betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen, verbunden mit zum Teil grob fahrlässigen Krida-Tatbeständen. Das Krebsgeschwür Konkurs kann nicht durch eine Straffreiheit von fahrlässig wirtschaftenden Kridataren therapiert werden, sondern nur durch die Aufrechterhaltung der warnenden Rute im Fenster mit dem grob fahrlässigen Krida-Tatbestand, des einschlägigen Strafrechtes und durch den frühzeitigen Einsatz notwendiger innerbetrieblicher, also betriebswirtschaftlicher Reorganisationsmaßnahmen.

Meine Damen und Herren! Wenn man wohlmeinend ist, kann man sagen, dass das Reorganisationsgesetz dazu führt, dass es eben schon vorher zu Sanierungsmaßnahmen kommt und dass deshalb nur 27 Ausgleiche – das ist in etwa nur 1 Prozent – als Sanierung über den Gerichtsweg offiziell erfolgen.

Das, was mich besonders erschreckt hat, ist der hohe Anteil der Konkurse, die mangels Masse abgewiesen wurden, nämlich 923. Dazu muss man wissen, dass es, wenn mangels Masse abgewiesen wird, auch kein Verfahren gibt. Das heißt: Deckel zu, Akt abgelegt und auch kein Krida-Strafverfahren. Das heißt, diejenigen, die alles beiseite schaffen, kommen irgendwie ungeschoren davon. Aber die, die wirtschaftlichen Misserfolg erleiden, haben unter Umständen ein Krida-Verfahren anhängig. Daher haben wir dieses Gesetz insofern reformiert, als nur mehr der


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Tatbestand grob fahrlässiges gläubigerschädigendes Verhalten, wenn es also wirklich darum geht, dass jemand seine Gläubiger echt missbraucht, strafbar ist. Wirtschaftlicher Misserfolg soll nicht im Knast enden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Fekter, wollten Sie nicht einen Antrag verlesen? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Danke, Herr Präsident, sehr aufmerksam!

Der Herr Präsident hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich einen Abänderungsantrag einzubringen habe, nämlich folgenden Vier-Parteien-Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Fekter, Dr. Ofner, Mag. Stoisits und Kollegen

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (92 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Art. III Abs. 1 lautet:

"(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. August 2000 in Kraft"

*****

Es geht darum, dass die Änderungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung mit 1. August 2000 in Kraft treten sollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.15

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht vor, mich mit den beiden Anträgen mit internationalem Hintergrund zu befassen, sondern lediglich in wenigen Sätzen mit der Neuregelung der Krida-Problematik, dann auch mit meiner Vorrednerin, der Frau Abgeordneten Stoisits, und mit dem, was sie uns heute hier dargetan hat.

Zunächst zur Problematik der Krida: Von diesem Rednerpult aus haben sich etliche, darunter auch ich, viele Jahre hindurch bemüht, zu einer den Anforderungen unserer Zeit entsprechenden Regelung zu gelangen. Erfreulicherweise ist es sehr rasch nach dem Arbeitsbeginn der neuen Bundesregierung dazu gekommen, dass wir von der fahrlässigen Krida, wie sie bisher das Feld beherrscht hat, weggekommen sind.

Tatsächlich ist es so, dass wir in Österreich, wenn ich es richtig mitbekommen habe, im Jahr zirka 15 000 Verfahren nach dem Paragraphen der fahrlässigen Krida gehabt haben. Sehr häufig ist es so gewesen, dass junge, unternehmensbereite Menschen all jenen geglaubt haben, die ihnen eingeredet haben, in Österreich gebe es zu wenige Selbständige, man müsse sich selbständig machen, und wenn einem das Geld dazu fehle, müsse man sich einen Kredit aufnehmen. Und kaum ist das schief gegangen, wie es häufig nicht anders zu erwarten war, haben sich die Betreffenden vor dem Strafrichter wiedergefunden.


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Dort hat ein Ritual stattgefunden – und nicht weniger und nicht mehr –: Die Leute sind je nach Schadenssumme, je nach Gericht und je nach einschreitendem Richter zu drei oder vier Monaten bedingt verurteilt worden. Aber eines war auch immer gleich, nämlich die ungeheuren Kosten, die diese Verfahren verursacht haben, weil immer Sachverständigengutachten eingeholt wurden, und zwar mindestens eines, die Zehntausende bis Hunderttausende Schilling gekostet haben, wobei diese Kosten nie von den verurteilten Beschuldigten bezahlt werden konnten, weil da immer alle Verfahrenskosten uneinbringlich waren. Das heißt, diese von der kriminalpolitischen Seite her völlig nutzlosen Verfahren haben die Republik Österreich viele, viele Millionen gekostet. Es ist wirklich höchst an der Zeit, dass wir mit dieser Fehlvorgangsweise aufräumen. Es ist daher die Novelle wirklich wärmstens zu begrüßen.

Jetzt zur Frau Abgeordneten Stoisits, zunächst zu ihrem Antrag betreffend Streichung des § 248. Wer den § 248 StGB streicht, übersieht völlig, dass es schon Sprüche gibt, die einen dazu bringen, dass man eigentlich aufpassen (Abg. Öllinger: Das ist richtig!) und solche Bestimmungen aufrechterhalten müsste. (Abg. Mag. Stoisits: Die "Missgeburt"!) Zum Beispiel: "Feuer und Flamme für diesen Staat!" – Kommt euch das nicht ein bisschen bekannt vor, meine Damen und Herren?

Weiters: "Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat!" – Alles nicht von den Freiheitlichen erfunden; das kommt aus einer ganz anderen Richtung.

Dann: "Haut die Bullen platt wie Stullen!" – Denken Sie bitte an diese Sachen, wenn Sie verlangen, dass eine Gesetzesbestimmung wie der § 248 StGB, Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole, aufgehoben werden soll!

Aber noch etwas: Frau Abgeordnete Stoisits hat sich mit Äußerungen auseinander gesetzt, die dem Kärntner Landeshauptmann und in zweiter Linie auch dem Justizminister zugeschrieben werden. (Abg. Dr. Mertel: "Zugeschrieben" ist gut!) Die Darstellungen, die Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, gegeben haben, sind falsch. Man muss Ihnen widersprechen, obwohl die meisten mittlerweile ohnehin erkannt haben, dass das nicht richtig ist, sonst verfestigen sich diese frommen Märchen.

Es kann keine Rede davon sein, dass die Kriminalisierung der Opposition verlangt worden wäre. Es kann auch keine Rede davon sein, dass Kritiker an der Regierung hinter Gitter hätten gebracht werden sollen – auch das ist schon behauptet worden. Es konnte sich nicht um einen Anschlag auf die Demokratie, den Rechtsstaat, die Liberalität, die freie Meinungsäußerung und das freie Mandat gehandelt haben, sondern um etwas ganz anderes, nämlich um folgenden Fall – und da frage ich mich, ob nicht der eine oder andere unbefangene Beobachter auf solche Ideen kommen kann, wenn sie auch nicht jeder teilen muss –: dass ein in Österreich gewählter und in Österreich auf die Interessen der Republik vereidigter Abgeordneter ins Ausland marschiert und dort den Repräsentanten anderer Staaten sagt: "Bitte, helft uns gegen unsere eigene Regierung! Sorgt dafür, dass sie gestürzt wird! Sorgt für entsprechende Maßnahmen, die diese Regierung zum Sturze bringen." – Das ist es!

Es ist nicht Kritik an den Kritikern, es ist nicht die Kriminalisierung der Opposition, es ist nicht der Anschlag auf Demokratie, Rechtsstaat, Liberalität, freie Meinungsäußerung, sondern es geht darum, dass man sich den Kopf darüber zerbricht, was wirklich in Männern und Frauen vorgeht, die ins Ausland fahren und dort Stimmung gegen Österreich machen und versuchen, gegen die österreichische Bundesregierung entsprechende Maßnahmen in die Wege zu leiten, die – wörtlich – "bis zu ihrem Sturze" führen. Und wenn es so etwas gibt, dann muss man sich den Kopf darüber zerbrechen, wie man darauf reagiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Otto Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

14.20

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Terrorismus ist leider nach wie vor ein internationales Problem, und dessen


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konsequente Bekämpfung ist nach wie vor ein Gebot unserer Zeit. Dem Terrorismus ist entschieden entgegenzutreten, in welcher Form auch immer er auftritt, und zwar mit allen Mitteln, die im Rechtsstaat zulässig und möglich sind.

Immer wichtiger wird dabei die internationale Zusammenarbeit aller Staaten, denn da Terrorismus ein internationales Phänomen ist, müssen seine Erscheinungsformen auch international koordiniert bekämpft werden.

Das vorliegende Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge dient diesem Ziel. Deshalb halte ich es für richtig und notwendig, dass wir dieses Übereinkommen ratifizieren.

Bereits vor Jahren hat sich die internationale Staatengemeinschaft angesichts einer zunehmenden Anzahl von grauenhaften terroristischen Bombenanschlägen – in den parlamentarischen Materialien wird beispielhaft Lockerbie erwähnt – entschlossen, ein internationales Rechtsinstrument auszuarbeiten, um derart fürchterlichen Anschlägen in Zukunft effektiver entgegenwirken zu können. Dazu hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Arbeitsgruppe eingesetzt, und diese Arbeitsgruppe hat einen Konventionstext ausgearbeitet, welcher am 19. November 1997 von der 6. Kommission der Generalversammlung ohne Abstimmung angenommen worden ist. In der Folge nahm am 15. Dezember 1997 die Generalversammlung den Konventionstext mit der Resolution 52/164 an.

Die vorliegende Konvention bezieht sich auf eine ganz bestimmte Form des Terrorismus. Dazu wird im Artikel 2 ein deliktischer Tatbestand definiert. Demnach begeht nach Absatz 1 eine Straftat im Sinne dieses Übereinkommens, wer widerrechtlich und vorsätzlich einen Sprengsatz oder eine andere tödliche Vorrichtung zu einer der im Absatz 1 definierten Einrichtungen befördert oder gegen eine solche in Anschlag bringt, auslöst oder zur Explosion bringt, sofern der Täter beabsichtigt, dadurch den Tod, schwere Körperverletzung oder eine erhebliche Sachbeschädigung zu verursachen.

Artikel 1 enthält Definitionen zu den Ausdrücken "staatliche oder öffentliche Einrichtung", "Versorgungseinrichtung", "Streitkräfte eines Staates", "öffentliches Verkehrssystem" und so weiter.

Die Vertragsstaaten verpflichten sich, den Tatbestand dieser Konvention, also im Wesentlichen die Vorbereitung und Durchführung von Bombenanschlägen der genannten Art sowie die Beteiligung daran, unter gewissen Voraussetzungen unter Strafe zu stellen und die Jurisdiktion darüber zu begründen.

Weiters enthält der Konventionstext Verpflichtungen zur zwischenstaatlichen Rechtshilfe und Auslieferung.

Im Artikel 19 wird klargestellt, dass das vorliegende Übereinkommen die sich aus dem Völkerrecht ergebenden sonstigen Rechte und Pflichten nicht berührt. Die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts sowie die Tätigkeiten, die Streitkräfte in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, werden aus dem Anwendungsbereich dieses Übereinkommens ausgenommen, soweit diese von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Übereinkommen tritt am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft. Bis jetzt haben laut parlamentarischen Materialien 47 Staaten das Übereinkommen unterzeichnet, davon haben fünf das Übereinkommen ratifiziert.

Es ist zu wünschen, dass dieses Übereinkommen bald in Kraft tritt. Wir leisten heute mit unserer Beschlussfassung unseren Beitrag dazu, einen Beitrag zur noch besseren Bekämpfung des internationalen Terrorismus. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25


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29. Sitzung / Seite 87

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

14.25

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Manches an dem, was von Regierungsseite jetzt in dieser Debatte gesagt wird, verwundert mich doch sehr, insbesondere die Worte des Abgeordneten Ofner, denn ich bin davon ausgegangen, dass Sie die Gesetzessituation in Österreich gut genug kennen, um nicht auch in diesem Bereich in den nebulosen Vorwurf einer politischen Gesinnung im Bereich des Strafrechtes zu verfallen.

Wenn es so ist, dass konkrete Delikte begangen werden oder dass zu strafbaren Handlungen aufgerufen wird, was bei den Äußerungen, die Sie wiedergegeben haben, nicht der Fall ist, aber wenn es so wäre, dass jemand zu strafbaren Handlungen aufruft, dann ist das – und das wissen Sie selbst sehr genau – ein anderer Paragraph als § 248, das ist in Österreich strafbar. Darin, das doppelt zu moppeln, sehe ich keinen Sinn, es sei denn, es geht Ihnen tatsächlich um die Bestrafung von Gesinnung. Und ich fürchte, es geht dieser Bundesregierung genau um das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch an die Adresse der Frau Abgeordneten Fekter, auch in ihrer Funktion als Justizsprecherin: Ich ersuche wirklich dringend darum, gerade im Bereich strafrechtlicher Vorwürfe exakt zu sein und exakt zu bleiben. Wenn Sie von konkreten Straftaten reden, von Personen, die verdächtig sind, von Personen, nach denen vielleicht noch gefahndet wird, dann reden wir über Personen, über Täterinnen, über Täter. Es hat nicht eine Szene ein Delikt begangen oder zu verantworten. Wenn Sie annehmen, dass Personen vielleicht den gleichen ideologischen Hintergrund haben könnten, und daraus einen strafrechtlichen Vorwurf kreieren, dann ist genau das ein Gefahrenmoment für eine unabhängige, eine überparteiliche, eine rechtsstaatliche Justiz. (Abg. Dr. Ofner: Sie haben nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass Sie das empört. (Abg. Dr. Ofner: Das empört uns nicht!) Mich empört es auch, weil vieles in diese Richtung geht, und Sie bemühen sich jeden Tag, in diese Richtung weiterzuarbeiten. Wenn Sie gesagt haben – ich habe mir das notiert –, dass hier irgendjemand durch die Lande reisen würde, um Verbündete für den Sturz der Regierung zu finden, dann frage ich Sie in aller Form: Sie, die beiden Regierungsfraktionen, haben einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses immer wieder abgelehnt. Warum denn? Geht es Ihnen wirklich nur darum, irgendwelche Gerüchte zu verbreiten? (Abg. Dr.  Mertel: Selbstverständlich!) Derartige Dinge sind schwere Vorwürfe. Sie sind jeden Beweis dafür schuldig geblieben und ergehen sich stattdessen in immer neuen Forderungen nach Einführung eines Gesinnungsstrafrechts, oder Sie verdächtigen eine Szene, Delikte begangen zu haben, während in Wahrheit das Gefahrenmoment und der Schaden für die Republik Österreich von ganz woanders ausgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Bisher war § 248 StGB – da hat Abgeordnete Terezija Stoisits völlig Recht – ein Paragraph, mit dem sich vor allem Kabarettisten herumzuschlagen hatten. Es gab derartige Fälle. Ein Fall ist anhängig. Ich finde es traurig und beschämend, wenn jemand etwa einen anderen Text der Bundeshymne vorschlägt, singt und deswegen vor dem Strafrichter stehen muss.

Wenn es so ist, dass durch irgendwelche herabwürdigende Handlungen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gestört werden, dann ist das in Österreich strafbar. Auch da reicht es völlig, wenn im Bereich der Exekutive für die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit Sorge getragen wird. Aber das geht nur und ausschließlich in Richtung eines Gesinnungsstrafrechtes oder eines wirklich lächerlichen Strafrechts für Kabarettisten, das geeignet ist, die Freiheit der Kunst in Österreich einzuschränken, die ohnehin genug gefährdet ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn es tatsächlich um die Schädigung des Rufes der Republik Österreich im Ausland geht, dann meine ich, das ist nicht ein Fall für die Strafgerichte, das ist in meinen Augen ein Fall von


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politischer Verantwortung. Das kann in Extremfällen allenfalls ein Fall für das Verbotsgesetz sein.

Da appelliere ich dringend an das ganze Haus hier und insbesondere an die Regierungsparteien, manche Äußerungen doch Revue passieren zu lassen, etwa die Rede von Dr. Haider vor SS-Veteranen; Terezija Stoisits hat dies bereits angesprochen. Aber es gibt auch rezente Vorfälle, die in dieselbe Richtung gehen, und es gibt Personen, die ganz offen eine derartige Geisteshaltung an den Tag legen. Sie wissen es, und dies bildet auch den Gegenstand von parlamentarischen Anfragen: Flugblätter – und immer wieder kommt es von der FPÖ aus Niederösterreich –: "Die blaue Kerze" oder Leserbriefe, worin die Europäische Union als eine Gemeinschaft der Korruptionisten und Günstlinge bezeichnet wird (Abg. Dr. Ofner: Das wird man wohl noch sagen dürfen! Das wollt ihr verbieten?) und worin auch als eine "Phase der Unfreiheit Österreichs" die Zeit von 1945 bis 1955 bezeichnet wird. (Abg. Dr. Ofner: Unglaublich!) Ich frage Sie wirklich, ob das die unfreieste Zeit in der Geschichte Österreichs war. Nehmen Sie sich da etwas zusammen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Immer wieder passiert es. Es ist für mich kein Zufall, dass es aus der FPÖ-Niederösterreich kommt, dass ein Motto, eine Parole der SS verwendet und dann die ja wirklich entlarvende Entschuldigung vorgebracht wird: Ich habe nicht gewusst, woher das kommt und was das ist. – Ich gehe davon aus, dass in diesem Lande mit dieser Geschichte, mit den Millionen Opfern jemand, der sich um eine Spitzenfunktion in der Politik bewirbt, das zu wissen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Es ist wohl kein Zufall, dass ein Abgeordneter dieses Hauses nicht, vielleicht ohne es zu wissen, worauf er zurückgreift, eine Parole der Friedensbewegung, eine Parole der Umweltbewegung aufgreift, nein!, sondern ein Motto, einen Leitspruch der SS. Ich sage Ihnen daher in aller Form: Nach der Fülle von Beispielen – ich nehme an, es wird noch mehr an den Tag kommen, das in diese Richtung geht –, nach all dem, was hier vor sich geht, ist es wirklich hoch an der Zeit, den Anfängen in dieser Republik zu wehren, sorgfältig umzugehen mit der österreichischen Geschichte und derartige Entschuldigungen nicht mehr gelten zu lassen. (Abg. Mag. Trattner: Sie werden das entscheiden, oder? Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram! Da habt ihr genug zu tun! – Abg. Mag. Schweitzer: Lesen Sie die Debattenbeiträge Ihrer Fraktion vom 8. Feber 1995, Ihren eigenen und den von Frau Kollegin Stoisits!) Ich verlange von Ihnen, dass Sie hier auch personelle Konsequenzen überdenken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

14.33

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter anderem behandeln wir heute das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, also von Attentaten. Lockerbie wurde erwähnt. Am 1. Dezember 1978 starben in Summe 270 Menschen. Jetzt, zwölf Jahre später, wird den vermutlichen Attentätern der Prozess gemacht – zwölf Jahre später!, viel zu spät, vor allem weil man jetzt im Zuge des Prozesses draufzukommen scheint, dass nicht Libyen für diesen Anschlag politisch verantwortlich ist, sondern dass möglicherweise der Iran hinter diesem Anschlag steckt.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic! Mir ist es völlig egal, ob Gewalt von links oder von rechts kommt – Gewalt darf nie politisches Handeln sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Gewalt darf das nie sein!

Meine Damen und Herren! Am 11. April 1995 starben zwei Personen in Ebergassing, als sie im Begriffe waren, einen Strommasten zu sprengen. Zwei Personen sind dabei gestorben. Der Ermittlungsstand im Zuge dieses Attentates ist vom seinerzeitigen Innenminister so rechtzeitig bekannt gegeben und der Öffentlichkeit so rechtzeitig mitgeteilt worden, dass es dem möglichen dritten Täter, dem vermuteten dritten Täter erst überhaupt möglich war zu flüchten. Frau Kollegin Fekter hat erwähnt, dass noch in der "ZiB 1" berichtet wurde, dass die rechte Szene für die


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sen Bombenanschlag verantwortlich sei. In der "ZiB 2" hat man davon dann nichts mehr gehört, und es gab keine Schuldzuweisung mehr.

Dieser vermutete Täter konnte bis heute noch nicht dingfest gemacht werden. Im Zuge der Ausschussverhandlungen habe ich den Justizminister gefragt, wie es denn mit den Ermittlungen stehe, was es jetzt sozusagen mit dem Fortgang dieser Ermittlungen auf sich habe. Da wird mir heute mitgeteilt – heute habe ich das Schreiben bekommen –, dass der Verdacht gegen Bassam Al-Taher nach wie vor aufrecht ist, dass er in Mexiko lebt, dass er allerdings freies Geleit verlangt hat, um nach Österreich zu kommen, und dass er ohne Zubilligung dieses freien Geleites überhaupt nicht daran denkt, nach Österreich zu kommen.

Meine Damen und Herren! Das, was sich der ehemalige Innenminister und jetzige Abgeordnete Einem hier geleistet hat, war in Wirklichkeit kriminalistische Dummheit – kriminalistische Dummheit –, oder es war Absicht – was wiederum sozusagen das Tun in das Strafrecht rückt.

Meine Damen und Herren! Hätte ein Polizeischüler zu dieser Zeit diese Handlung begangen, dann wäre er wahrscheinlich mit Zustimmung jeder Gewerkschaft, jeder Personalvertretung und wahrscheinlich auch mit Zustimmung seiner Eltern bereits am folgenden Tag aus dem Polizeidienst entlassen worden. Der Herr Innenminister kann sich ungestraft – sowohl politisch als auch strafrechtlich ungestraft – so verhalten.

Meine Damen und Herren! Bei einer späteren Hausdurchsuchung, die von der Kriminalabteilung in Niederösterreich angestrebt wurde, äußerten sich dann mutmaßliche sozusagen Angehörige dieser Szene wie folgt – bitte nachzulesen im "profil" –: Na ihr seid’s aber komisch! Ihr haut’s uns, und euer Minister, euer Chef, spendet für uns. – Diese Aussagen muss sich, bitte schön, die intervenierende und amtshandelnde Polizei anhören. Da kann es ja, bitte, nicht mit rechten Dingen zugehen!

Frau Kollegin Petrovic! Noch einmal: Gewalt, egal ob von links oder von rechts, muss als Mittel politischen Handelns abgelehnt werden. (Abg. Dr. Petrovic: Und ist verboten!) Und da darf man nicht auf einem Auge blind sein, sondern da muss man beide Augen weit offen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Österreich ist aus meiner Sicht vorbildlich. Österreich gehört zu den neun von 15 Staaten innerhalb der EU, die unterzeichnet haben. Österreich ist aber der erste Staat – insgesamt der erste Staat, der Angehöriger der EU ist –, der dieses Abkommen ratifizieren wird. Einer meiner Vorredner hat bereits erwähnt, dass dieses Abkommen allerdings erst dann in Kraft tritt, wenn mindestens 22 Länder dieses Abkommen unterzeichnet und ratifiziert haben.

Wir unterzeichnen heute. Trotzdem dürfen wir nicht locker lassen, die internationale Staatengemeinschaft aufzufordern, das Abkommen so rasch wie möglich auch zu ratifizieren und es uns Österreichern gleichzutun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

14.38

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum § 248 StGB, Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole, ist die Diskussion hinlänglich geführt worden. Wir alle – und ich betone: wir alle!, auch die Damen und Herren von der Opposition – sind auf die österreichische Bundesverfassung angelobt, wir alle haben uns gesetzmäßig zu verhalten. Es ist bereits genug dazu gesagt worden. Im Übrigen ist nach 30 Jahren Sozialismus in Österreich genug Sacharbeit zu leisten, und Sie täten gut daran, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, es wie die Regierung zu machen und konstruktiv zu arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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29. Sitzung / Seite 90

Die ersten 100 Tage der neuen Regierung haben es bewiesen: Das Regierungsprogramm ist ein Arbeitspapier, das schnell und effizient umgesetzt wird, und zwar trotz aller Störversuche aus der näheren und ferneren Umgebung.

Gerade im Justizressort haben die ersten 100 Tage Regierungsarbeit die Umsetzung wesentlicher Vorhaben gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich denke zum Beispiel an die Reform der Exekutionsordnung, ich denke an die HGB-Novelle – Stichwort Rechnungslegung –, ich denke an den Fonds für Prozessbegleitung von minderjährigen Opfern von Gewaltdelikten, an Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung und an die Krida-Reform.

Die Rechtsordnung dient der Sicherung und Entfaltung der Freiheit des Einzelnen, was auch die Freiheit, sich aktiv unternehmerisch ins Wirtschaftsleben einzubringen, beinhaltet. Auch unter diesem Aspekt ist die Krida-Reform ein wichtiger Schritt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das rechtspolitische Ziel der Krida-Reform – es wurde schon dargelegt – ist es, jene wirtschaftlich verfehlten Handlungen, die im Wirtschaftsleben auch normalerweise sorgfältig agierenden Unternehmen unterlaufen können, in Zukunft als bloß leicht fahrlässig einzustufen und straffrei zu stellen.

Der Tatbestand der fahrlässigen Krida wird durch die eng gefasste Bestimmung der grob fahrlässigen Krida ersetzt. Das bedeutet, sehr geehrte Damen und Herren, dass das Eingehen von wirtschaftlichem Risiko im unteren Bereich der Strafbarkeit entkriminalisiert wird. Herr Dr. Ofner und Frau Dr. Fekter haben ja auch schon darauf hingewiesen. In der Marktwirtschaft ist die Förderung der Bereitschaft zur Übernahme von wirtschaftlichem Risiko notwendig. Demgegenüber ist echte Misswirtschaft, insbesondere gläubigerschädigendes Verhalten zu pönalisieren.

Wir wissen es natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, die Durchsetzung von Gläubigerinteressen ist jedenfalls auch mit strafrechtlichen Verurteilungen nicht unbedingt möglich, es sei denn unter dem Blickwinkel der Prävention.

§ 159 StGB betrifft Akteure des Wirtschaftslebens, worunter nach meiner Definition auch die so genannten Neuen Selbständigen, die mehr oder weniger freiwillig aus dem Angestelltenverhältnis in die Selbständigkeit gewechselt sind, fallen.

Strafbar wird in Hinkunft nicht jedes Fehlverhalten sein, das zur Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise zur Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen führt, sondern nur grob fahrlässige Verhaltensweisen, die grundsätzlich kridaträchtig sind. Und was kridaträchtig ist, wird im Absatz 5 taxativ aufgezählt.

Selbstverständlich werden die Auswirkungen der neuen Bestimmungen in Richtung Entkriminalisierung der einfachen fahrlässigen Krida genau zu beobachten sein. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Justiz wird in Zukunft genau prüfen müssen, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Die Justiz wird genauso prüfen müssen, ob die Handlungen tatsächlich kridaträchtig sind und ob in der Praxis durch Absatz 5 Ziffern 4 und 5 tatsächlich der Kreis der Akteure eingeschränkt wird. Sachverständigengutachten sollten jedenfalls im Sinne der Kostenökonomie nicht beziehungsweise nicht mehr unbedingt an der Tagesordnung sein.

Die Frage, ob die Zuständigkeit der Bezirksgerichte zu einer Effizienzsteigerung im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung beziehungsweise einer Reduktion von Verfahren und damit von Kosten beitragen kann, wird in der Praxis zu beurteilen sein. Die Bezirksgerichtszuständigkeit alleine bedeutet naturgemäß noch nicht Entkriminalisierung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zusammenfassend: Die Krida-Reform ist ein wichtiger Schritt zugunsten des Wirtschaftsstandortes Österreich. Und ich bitte Sie daher, Ihr Abstimmungsverhalten daran zu orientieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.43


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29. Sitzung / Seite 91

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Er hat das Wort.

14.44

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Im Zusammenhang mit den Ausführungen der Kollegin Stoisits scheint mir die Klärung der Tatsache, dass das Bildnis des Austrofaschisten und Diktators Dollfuß noch immer zur Verherrlichung im ÖVP-Parlamentsklub hängt, dringend notwendig zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde Herrn Klubobmann Khol gerne fragen, ob er den Österreicherinnen und Österreichern erklären kann, was er mit dieser Geste der Verherrlichung des Austrofaschisten und Diktators Dollfuß zum Ausdruck bringen will. (Zwischenrufe des Abg. Fink.  – Abg. Schwarzenberger: So wie Gusenbauer Stalin verherrlicht!) Ich kann mir schon vorstellen, Herr Kollege, dass Ihnen das nicht passt. Ich frage auch Sie: Was haben Sie persönlich mit der Verherrlichung des Austrofaschisten Dollfuß am Hut? (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Hohes Haus! Ich möchte nun einige Worte zum Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung sagen, welcher heute hier zur Beschlussfassung vorliegt. Nach diesem Vertrag verpflichten sich die Vertragsparteien, auf einer neuen Basis einander Personen auszuliefern, deren Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer anderen die Freiheit beschränkenden Maßnahme wegen einer auslieferungsfähigen strafbaren Handlung begehrt wird. I

Im Verhältnis zu Kanada findet der Auslieferungsverkehr derzeit auf der Grundlage des Auslieferungsabkommens aus dem Jahre 1967 statt. Dieses Abkommen entspricht nicht mehr den Erfordernissen eines modernen Auslieferungsverkehrs, die sich im Hinblick auf die Zunahme des internationalen Reiseverkehrs und die damit verbundene Vermehrung der bilateralen Kontakte zwischen Österreich und Kanada auch auf strafrechtlichem Gebiet ergeben haben. Es ist schon deshalb notwendig, den Auslieferungsverkehr zwischen beiden Staaten zu vereinfachen und zu erleichtern.

Die Ausarbeitung dieses Vertrages war eine relativ langwierige Sache. Es hat zwei Verhandlungsrunden im Dezember 1991 in Wien und im September 1992 in Ottawa gegeben. Auf diplomatischem Weg konnte eine Einigung über den Entwurf eines Auslieferungsvertrages erzielt werden. Dessen Unterzeichnung hat sich in der Folge auf Grund der Notwendigkeit der vorherigen Novellierung des kanadischen Auslieferungsgesetzes verzögert. Schließlich wurde aber der Vertrag am 5. Oktober 1998 in Ottawa unterzeichnet.

Dieser Vertrag enthält eine Reihe von Regelungen, die zu einer Vereinfachung des Auslieferungsverkehrs im Verhältnis zwischen beiden Staaten führen werden, zum Beispiel Zulässigkeit des unmittelbaren Behördenverkehrs zwischen den Justizministerien, Auslieferung auch wegen fiskalischer strafbarer Handlungen, Beschränkung des Ablehnungsgrundes der eingetretenen Verjährung auf das Recht des ersuchenden Staates, Zulässigkeit der vereinfachten Auslieferung im Falle der Zustimmung der betroffenen Person sowie Verzicht auf besondere Beglaubigungserfordernisse und anderes mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Vertrag dient der besseren und rascheren Rechtsdurchsetzung, ist aber durchaus auch im Interesse des Auszuliefernden, dessen allfällige Schuld in Österreich in einem fairen Verfahren geprüft wird. Es ist deshalb auch im Interesse des Auszuliefernden, dass es zu einer raschen Abwicklung des Auslieferungsverfahrens kommt, wobei ich die Zulässigkeit der vereinfachten Auslieferung im Falle der Zustimmung der betroffenen Person schon angesprochen habe.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann also im Namen meiner Fraktion die Zustimmung zum vorliegenden Vertrag ankündigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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29. Sitzung / Seite 92

14.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

14.48

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne in Erinnerung bringen, dass die sozialdemokratische Parlamentsfraktion bereits in der vorigen Gesetzgebungsperiode die Abschaffung des Tatbestandes der fahrlässigen Krida in der gegebenen Fassung gefordert hat. Insofern ist die zu beschließende Neufassung des § 159 StGB mit dem Titel "grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen" positiv zu werten und wird daher auch von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion unterstützt.

Wir hören immer wieder, dass es in unserem Wirtschaftssystem einfach so ist, dass das Eingehen von wirtschaftlichen Risken notwendig ist, aber aus unserer Sicht selbstverständlich unter Einhaltung eines gewissen Standards von Verantwortung und Sorgfalt. Deshalb ist es aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt, dass dieses unternehmerische Verhalten weiterhin kriminalisiert bleibt, so wie es bis jetzt war. Die Bereitschaft zu wirtschaftlichem Risiko und Gewinnstreben ist auch aus unserer Sicht ein Bestandteil der Marktwirtschaft, und wir leben nun einmal in einer Marktwirtschaft.

Aber, meine Damen und Herren, wir wollen eine soziale Marktwirtschaft, eine Marktwirtschaft, wo nicht Rücksichtslosigkeit im Vordergrund steht. Deshalb ist es richtig, dass der neue Tatbestand "grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen" weiter sehr wohl pönalisiert wird und schlussendlich in einer taxativen Aufzählung von einschlägigen grob fahrlässigen Verhaltensweisen im Gesetz verankert wird.

Es soll also – wie heute bereits gesagt wurde – nicht jedes Fehlverhalten kriminalisiert werden, das im Nachhinein betrachtet zur Zahlungsunfähigkeit oder zur Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen geführt hat. Kriminalisiert werden sollen nur spezifische Verhaltensweisen, die grundsätzlich kridaträchtig sind.

Ich hoffe, dass es mit dieser Neufassung gelungen ist, einerseits wirklich rücksichtsloses, grob fahrlässiges Verhalten weiterhin unter Strafe zu stellen, aber andererseits innovative Unternehmer, die – sagen wir es salopp – wirklich Pech gehabt haben, vor einer gerichtlichen Strafe zu bewahren. Meine Damen und Herren, die anderen nachteiligen Folgen zivilrechtlicher Art, exekutionsrechtlicher Art bleiben diesen Unternehmen ja ohnehin nicht erspart.

Meine Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung auch bei anderen Themen, die für die breite Masse der Bevölkerung auch wichtig sind, wenn nicht sogar wichtiger sind, auch nur ansatzweise so vorgehen würde wie bei der vorliegenden Novelle. Ich würde mir weiters wünschen, dass auch dort, wo nicht Unternehmer, sondern ArbeitnehmerInnen und die von Ihnen, von der rechten Reichshälfte so oft zitierten kleinen Leute betroffen sind, auch darüber nachgedacht würde, ob nicht Entkriminalisierung von Handlungen mit geringer Schuld möglich wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

14.52

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte zur Krida doch noch einige Worte verlieren, weil es sich um ein Gesetz handelt, das wirtschaftlich sehr bedeutend ist und das auch von der österreichischen Wirtschaft vorausschauend begrüßt wird. Der Tatbestand wurde praktisch – so möchte ich sagen – entrümpelt, er wurde an die modernen Erfordernisse angepasst, und es gibt nicht mehr die Generalklausel in diesem Tatbestand, es gibt nicht mehr die Deliktsvariante der übermäßigen Kreditaufnahme, und es gibt nicht mehr den Begriff der Konkursverschleppung als strafbaren Tatbestand.

Im Zuge der Diskussionen hat man sehr viele Varianten besprochen und sich letztlich auf diese gemeinsame positive Minimalvariante geeinigt. Ich glaube, dass dieses Gesetz seinen Zweck erfüllen wird, dass auch die Gläubigerinteressen gewahrt sind, dass die Gläubiger weiterhin die persönlichen Haftungen, die Durchgriffshaftungen, die die Wirtschaft ja benötigt, wenn persönliches Verschulden vorliegt, wird wahrnehmen können, und ich glaube insgesamt, dass dieses


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29. Sitzung / Seite 93

Gesetz es verdient hätte, die Zustimmung des gesamten Hohen Hauses zu bekommen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Oje! Nein!)

14.54

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worauf bereits das einbegleitende Raunen hingewiesen hat: Die Ehre der freiheitlichen Abgeordneten heißt offensichtlich nicht nur heute Treue. (Abg. Haigermoser: Peter, wir haben nicht geraunt!)

Es ist keine Kleinigkeit, wenn hier Abgeordnete sitzen, deren Ehre Treue heißt, und wenn ein Justizminister offensichtlich bei einschlägigen öffentlichen Äußerungen bei seiner Ehre derart der Treue seiner Partei gegenüber verpflichtet ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, wie ein Rechtsorgan dieses Staates auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit zu handeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Treue und Ehre sind ja nichts Schlechtes!)

Ich erwarte mir an und für sich von Abgeordneten dieses Hauses, dass sie nicht Hitler-Worten auf Runendolchen verpflichtet sind, sondern den Gesetzen dieser Republik, der Demokratie, den Bürgerrechten, den Menschenrechten und den Grundsätzen der Liberalität. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber Sie haben ja eine Entschuldigung, und auch Herr Klubobmann Khol hat eine Entschuldigung: der niederösterreichische freiheitliche Landeschef habe das alles unbewusst geäußert. "Unbewusst" ist die neueste Entschuldigung, wenn schon vom Runendolch weg bei politischen Veranstaltungen zitiert wird. Unbewusst!

Meine Damen und Herren! Das mag vielleicht in der Freiheitlichen Partei unbewusst sein. In der Österreichischen Volkspartei ist damit aber bereits der höchste Zustand der Bewusstlosigkeit erreicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie stellen Sie es sich vor, Herr Dr. Khol, von Brüssel die Aufhebung der Sanktionen zu verlangen (Abg. Dr. Jarolim: Stimmt ja gar nicht, Schüssel hat die Aufhebung der Sanktionen abgelehnt!), wenn Sie wissen, dass Österreich zu Recht beobachtet wird und genau beobachtet wird, und Sie nicht einmal dazu in der Lage sind, zu verhindern, dass Ihr Koalitionspartner Parteitage mit Hitlerzitaten gestaltet: von der ordentlichen Beschäftigungspolitik bis zur Verherrlichung der Waffen-SS. Und dann stehen Sie auf, und sagen, die Europäische Union soll ihre Sanktionen zurückziehen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine derartige Absenz von politischem Realismus. Wie können Sie glauben, dass irgendwer in Brüssel, in Paris, in Lissabon, in London heute sagen kann: Schluss mit den Sanktionen! (Abg. Dr. Fekter: Sie sorgen dafür, dass es nicht dazu kommt!) Diese Regierung hat sich als harmlos und integrierbar erwiesen! Wir können bilaterale Kontakte so wie früher wieder pflegen!

Ein portugiesischer Außenminister, ein belgischer Ministerpräsident weiß ja nicht, was auf ihn als Nächstes zukommt, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, sich von Hitlerzitierern glaubhaft und öffentlich zu distanzieren und auch persönliche Konsequenzen zu verlangen. Wenn Sie einfach nur sagen, das sei nur unbewusst passiert, dann wird die Europäische Union gar keine andere Möglichkeit haben, als auf der Basis der 14 diese Sanktionen, auch wenn wir – einige von uns – gemeinsam einen Ausweg suchen, weiter zu verhängen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben Sie gegen Treue, Herr Pilz?)

Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich habe nichts gegen Treue, aber ich habe alles gegen "Treue zur Waffen-SS", zur "Volksgemeinschaft", zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik", und ich habe alles gegen Distanzlosigkeit gegenüber dem Nationalsozialismus! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war doch keine Rede davon!) Da, Frau Dr. Partik-Pablé,


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29. Sitzung / Seite 94

habe ich für Ihre Treue nicht das geringste Verständnis, und jeder anständige Mensch in Österreich und in der Europäischen Union wird mit mir nicht das geringste Verständnis für Ihre Treue haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war keine Rede vom Nationalsozialismus, davon haben nur Sie gesprochen!)

Wir werden weiter versuchen, einen anständigen österreichischen Ausweg aus der europäischen Isolation zu finden. Wir werden nach wie vor versuchen, den europäischen Dialog weiter zu führen. Wir werden nach wie vor versuchen, die Vernünftigen unter Ihnen davon zu überzeugen, dass man die Türen, die die Europäische Union öffnet, endlich akzeptieren muss und da endlich durchgehen muss. Aber Sie wollen ja die Sanktionen! Sie wollen ja weiter provozieren. Sie nützen jeden Parteitag, um die Stimmung außerhalb Österreichs in der EU anzuheizen. Sie leben ja von den Sanktionen. Sie haben ja außer den Sanktionen politisch nichts zu bieten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jede Provokation von Ihrer Seite ist ein Versuch, die Sanktionen am Leben zu erhalten. Das sind ja nicht Sanktionen der 14, das sind schon längst Sanktionen der 15. Einer bettelt – und 14 verhängen. (Abg. Dr. Fekter: Sie haben Interesse daran, dass sie aufrecht bleiben! Distanzieren Sie sich davon!) Das sind die Sanktionen der Europäischen Union. Hören Sie endlich auf, um Sanktionen zu betteln! Beginnen Sie endlich, innenpolitisch etwas zu leisten, an den Problemen dieser Republik zu arbeiten, und distanzieren Sie sich endlich von Ihren politischen Freundinnen und Freunden, die nichts anderes tun, als den Schaden für diese Republik zu maximieren! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt, damit wir um 15 Uhr mit der Behandlung der Dringlichen Anfrage beginnen können.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend massive Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher ab 1. Juni 2000 und die Ankündigung eines "Belastungsstopps" am 2. Juni 2000 (867/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Behandlung der Dringlichen Anfrage 867/J.

*****

Bevor ich in die Behandlung eingehe, möchte ich folgende Feststellung treffen:

Anlässlich der Bekanntgabe der Dringlichen Anfrage vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung hat es Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung gegeben, die sich mit geschäftsordnungsmäßigen Fragen, insbesondere mit der Zulässigkeit aller oder einzelner Fragen der Dringlichen Anfrage beschäftigt haben. Es ist auch eine kurze Präsidialsitzung zur Beratung dieser Fragen angeregt worden.

Diese Präsidialsitzung hat zu keiner einheitlichen Beurteilung der aufgeworfenen Probleme beziehungsweise aller aufgeworfenen Probleme geführt, sodass ich am Ende der Präsidialkonferenz, dies allerdings mit Zustimmung aller vier Fraktionen, folgende Vorgangsweise vorgeschlagen habe: Ich werde die Frau Vizekanzlerin ersuchen, insbesondere die Fragen 4, 6 und 8 der Dringlichen Anfrage inhaltlich zu beantworten, und es ihr überlassen, ob Sie zu den restlichen Fragen eine Stellungnahme nach § 93 Abs. 4 der Geschäftsordnung abgeben will.

Darüber hinaus wurde vereinbart, dass es im Hinblick auf den grundsätzlichen Charakter der aufgeworfenen Probleme jeder der vier Fraktionen vor der Begründung der Dringlichen Anfrage ermöglicht wird, in einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von 5 Minuten zu den diskutierten Problemen Stellung zu nehmen.


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29. Sitzung / Seite 95

In diesem Sinne werde ich zunächst dem Herrn Klubvorsitzenden Dr. Kostelka, dann dem Herrn Klubobmann Ing. Westenthaler, danach Herrn Klubobmann Dr. Khol und schließlich Herrn Klubobmann Dr. Van der Bellen das Wort erteilen, und dann die Begründung der Dringlichen Anfrage aufrufen.

*****

Da die Dringliche Anfrage allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Am 2. Juni 2000 scheint es einem Teil der Koalition bewusst geworden zu sein, dass die Auswirkungen der schwarzblauen Belastungspakete ab 1. Juni 2000 besonders massiv die BezieherInnen von kleinen und mittleren Einkommen treffen. Dagegen verspricht diese Koalition noch im Laufe dieser Legislaturperiode undifferenziert Geschenke an ihr Klientel.

Charakteristisch für die Politik dieser Koalition ist es, unter dem Vorwand der Budgetkonsolidierung massive Umverteilungspakete zu beschließen, die die kleinen und mittleren Einkommen besonders belasten und die hohen Einkommen entlasten.

Ein Beispiel für solche Umverteilungspakete sind die im Zuge des Budgetbegleitgesetzes beschlossenen Erhöhungen der indirekten Steuern (Stromsteuer, Tabaksteuer, motorbezogene Versicherungssteuer, Umsatzsteuer auf Speisen, Besteuerung des Weinverkaufs durch Weinbauern, Erhöhung der Steuern auf Kaffee und Tee, Erhöhung der Biersteuer, der Alkoholsteuer, der Schaumweinsteuer, Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages) und Gebühren (massive Erhöhungen bei Reisepässen und Führerscheinen, Wegfall der Gerichtsgebührenbefreiung für Bausparkassendarlehen und Eintragungen ins Grundbuch etc.) Damit werden den unteren und mittleren Einkommensgruppen, die von der Steuerreform 2000 besonders profitiert haben, diese Einkommenszuwächse nun gezielt weggenommen.

Ein weiteres massives Umverteilungspaket plant diese Koalition im Bereich der Sozial- und Familienpolitik: Die Ansprüche der PensionistInnen, die in der großen Mehrzahl zu den kleinen EinkommensbezieherInnen zählen, werden massiv beschnitten, dagegen werden zusätzliche Familienleistungen in Milliardenhöhe für Personengruppen, die diese gar nicht benötigen (z.B. durch die Aufhebung der Einkommensobergrenze bei der Mehrkindstaffel), ausgeschüttet. Auch dieser negative Umverteilungskreislauf wird nichts zur Budgetkonsolidierung beitragen.

Eine besondere Zielgruppe dieser Koalition sind die Unternehmer, die ebenfalls mit einem milliardenschweren Umverteilungspaket begünstigt werden sollen. Unter dem Vorwand der Lohnnebenkostensenkung werden die Sozialversicherungsträger und deren Versicherte belastet um die dadurch freiwerdenden Mittel zu Steigerung der Unternehmergewinne einsetzen zu können. Angesichts der günstigen konjunkturellen Situation stellen diese Maßnahmen reine Umverteilungspolitik ohne wirtschaftspolitische Steuerungsfunktionen dar.

Darüber hinaus wurden von der Regierung bereits weitere Gebührenerhöhungen angekündigt, die einen Mehrerlös von 4 Milliarden Schilling ab 2001 bringen sollen. Durch diese Gebührenerhöhungen werden ebenfalls gezielt untere und mittlere Einkommensgruppen belastet.

Die Gewinner und Verlierer dieser Politik der Umverteilungspakete stehen schon nach 100 Tagen eindeutig fest: durch die Umverteilungspakete der Koalition verliert das untere Einkommensdrittel 1,6 Prozent seines Einkommens, das mittlere Einkommensdrittel 1,1 Prozent und das oberste Einkommensdrittel hingegen nur 0,8 Prozent. Das heißt: die unteren Einkommensbezieher werden gezielt doppelt so stark belastet wie die obersten Einkommensbezieher. Anderseits profitiert überwiegend das oberste Einkommensdrittel von den Maßnahmen der Familienpolitik und der Lohnnebenkostensenkung.


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29. Sitzung / Seite 96

Jener Teil der Koalition, der sich als der stärkere Partner in der Koalition sieht, hält angesichts der Auswirkungen dieser Politik, die mit 1. Juni 2000 für die kleinen und mittleren Einkommensbezieher voll spürbar wurde fest, dass: "wir auch bei der Budgetpolitik die Linie vorgeben, und die kann nicht heißen, dass wir weiterhin an den Rädern der steuerlichen Belastung und der Gebührenbelastung drehen." Ferner wird festgestellt: "Es wird die Entschlossenheit dieser Regierungsmitglieder geben, einen Belastungsstopp durchzusetzen, und dafür das System in vielen Bereichen massiv zu verändern."

Aus der Partei der Frau Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport waren in den letzten Wochen vermehrt einander widersprechende Aussagen über den künftigen Kurs zu vernehmen. Nachdem das Budget 2001 die Nagelprobe für große Strukturreformen sein wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport nachfolgende

Anfrage:

1. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass die Mehrwertsteuer von 10 % bzw. 20 % erhöht wird?

2. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass der 13./14. Monatsbezug mit mehr als 6 % besteuert wird?

3. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass weitere Gebührenerhöhungen beschlossen werden?

4. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass die Ermessensausgaben, insbesondere Förderungen für sozial, kulturell, und gesellschaftlich wichtige Tätigkeiten, weiter gekürzt werden?

5. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es zu keinen weiteren Leistungskürzungen und Gebührenerhöhungen im Gesundheitsbereich für kleine und mittlere Einkommensbezieher kommt?

6. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es zu weiteren Kürzungen bei den PensionistInnen kommt?

7. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es durch die Aussetzung der von der SPÖ und ÖVP beschlossen Maßnahmen – Steuerreform 2000 und Familienpaket – nicht zu neuen Belastungen kommt?

8. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es durch die geplante "Vollkostenkalkulation für öffentliche Dienstleistungen" zu neuen Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher kommt?

9. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es durch die Erhöhung von sonstigen Steuern und Abgaben zu neuen Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher kommt?

10. Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass es durch die angekündigte Verschärfung des Budgetkonsolidierungskurses zu neuen Belastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher kommt?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln."

*****


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29. Sitzung / Seite 97

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Im Sinne der einvernehmlich festgelegten Vorgangsweise erteile ich nun dem geschäftsführenden Klubvorsitzenden Dr. Kostelka das Wort zu einer Geschäftsordnungswortmeldung vom Rednerpult mit einer Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Geschäftsordnungsdebatten vor dem Aufruf einer Dringlichen Anfrage sind außerordentlich selten. Und das mit Recht. Und in der Regel haben diese Geschäftsordnungsdebatten auch einen besonderen Grund. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr braucht euch ja auch nicht zu melden!)

Im heutigen Zusammenhang gibt es zwei Erklärungsansätze: die Kontrollfeindlichkeit dieser Regierung und die Unangenehmheit der Fragen, die wir in der Dringlichen Anfrage gestellt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie so lachen, Kollege Khol, Kollege Westenthaler, dann ist klar, dass dieses Lachen mehr als künstlich ist (Abg. Haigermoser: Haha!), denn Sie haben versucht, geschäftsordnungsmäßige Tricks anzuwenden, um auf diese Art und Weise die Anfrage nicht beantworten zu müssen. Ein solches Vorgehen ist ohne Beispiel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Hört doch auf!)

Meine Damen und Herren! Wie kontrollfeindlich Sie sind und wie sehr Sie die Beantwortung dieser Anfrage fürchten, das geht schon aus Ihrer Argumentation hervor. Alle Damen und Herren in diesem Haus haben die Begründung des Kollegen Khol gehört, warum diese Anfrage nicht zulässig sei. Er hat erklärt, es handle sich um Regierungsakte, die nicht der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Nur hat Kollege Khol dabei im politischen Eifer leider übersehen, dass wir im Jahre 1975 die Geschäftsordnung geändert haben. (Abg. Dr. Khol: Na geh!) Im Jahre 1975 wurde der § 90 der Geschäftsordnung ausdrücklich ergänzt durch die Worte: "Diesem Fragerecht" – nämlich dieses Hauses – "unterliegen insbesondere Regierungsakte ..." – So weit zur Kontrollfeindlichkeit dieser Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wer solche Argumente verwendet, der demaskiert sich selbst. Zweitens dürfe nach Künftigem nicht gefragt werden – so die Argumentation der Kollegen Khol und Westenthaler. (Abg. Dr. Jarolim: Westenthaler weiß das nicht!) Ich zitiere Ihnen aus dem § 90 der Geschäftsordnung: "Die Geschäftsführung der Bundesregierung" kann und ist "zu überprüfen" von diesem Hohen Haus. Und "alle Gegenstände der Vollziehung" können Gegenstand der Befragung sein. Und weil das noch nicht ausreicht, haben die Verfassungsväter noch hinzugefügt: "und alle einschlägigen Auskünfte" können verlangt werden. (Abg. Haigermoser: Wohlgemerkt: einschlägig!)

Meine Damen und Herren! Kontrollfeindlichkeit und die Angst vor der Beantwortung dieser Anfragen ist alles, was Ihr Verhalten begründet. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie wollen dieses Haus auf eine Applaus-Oppositionsmaschine reduzieren, und Sie verwechseln den Nationalrat mit dem Rechnungshof, der Organ dieses Hauses ist und nur eine nachprüfende Kontrollfunktion hat. Wir aber sind die Gesetzgeber, und wir haben die Bundesregierung in allen Zusammenhängen zu prüfen und zu kontrollieren, auch in Hinblick auf Künftiges. Da mag Ihre Klage über eine Ausweitung des Kontrollrechtes noch so laut angestimmt werden, in Wirklichkeit wollen Sie überhaupt keine Kontrolle. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine letzte Bemerkung: Kollege Khol hat in diesem Zusammenhang selbst auf eine Anfrage hingewiesen, die ein Präzedenzfall gewesen sei. Meine Damen und Herren! Ich lese Ihnen die Frage 5 jener Anfrage, die Kollege Khol formuliert und begründet hat, vor:

"Welcher gesetzlicher Änderungen und struktureller Maßnahmen bedarf der österreichische Kapitalmarkt, um auf europäisches Niveau zu kommen?" – Das ist im Grunde genommen keine andere Art der Frage, als wir sie gestellt haben: "Wie geht es in diesem Zusammenhang in Zukunft weiter?" (Abg. Großruck: Das war intelligenter formuliert!)


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29. Sitzung / Seite 98

Meine Damen und Herren! Seien Sie sich dessen bewusst: Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern die Frage zu beantworten, ob es einen Belastungsstopp gibt oder nicht. Wenn hier und heute die Antwort nicht erfolgt, ist dieser angekündigte Belastungsstopp nur eines gewesen: ein entsprechend zu klassifizierender PR-, ein Werbegag. Das sind wir von der Bundesregierung gewohnt, und das sind wir insbesondere von der freiheitlichen Fraktion gewohnt. Es gilt, so heißt es, das gebrochene Wort. (Beifall bei der SPÖ.)

15.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Westenthaler. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.07

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Ich habe mir kein Geschäftsordnungsbuch mitgenommen, aus dem ich herauslese (Abg. Dr. Kostelka: Das wäre ja auch schwierig!), denn ich sage Ihnen ganz ehrlich, die Dringliche Anfrage, die Sie heute eingebracht haben, ist wirklich an Absurdität und Unsinnigkeit nicht mehr zu überbieten. Nein, noch mehr: Diese Dringliche Anfrage, die Sie heute eingebracht haben, ist eine Beleidigung für die Geschäftsordnung dieses Hauses. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe mir nach dem letzten Mal, als Sie bei der Dringlichen gescheitert sind, gedacht, es sei kaum mehr eine Steigerung möglich. Ich werde mit dieser heutigen Dringlichen Anfrage eines Besseren belehrt: Es ist eine Steigerung möglich. Sie ist nämlich so einzigartig absurd, dass man das wirklich auf der Zunge zergehen lassen muss. Man stelle sich vor: Die SPÖ stellt ernsthaft eine Dringliche Anfrage zu einem künftigen Abstimmungsverhalten einer Ministerin zu Themen, die es überhaupt nicht gibt (Abg. Dr. Stummvoll  – in Richtung SPÖ –: Die es nicht gibt!) und für die noch dazu die Frau Ministerin auch nicht zuständig ist, aber die es vor allem nicht gibt.

Sie fragen nach einer Mehrwertsteuererhöhung von 10 auf 20 Prozent. Das gibt es nicht! (Abg. Dr. Kostelka: Lesen!) Sie fragen nach dem 13. und 14. Monatsbezug, der jetzt mit 6 Prozent besteuert wird. Sie haben das vor ein paar Jahren gemacht, nicht wir. Das gibt es nicht. Sie fragen zu Gebührenerhöhungen, Sie sprechen von einer Aussetzung der Steuerreform und des Familienpakets, Sie sprechen von Kürzungen bei Pensionisten, die es früher nicht gegeben hat, jetzt nicht gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. Das heißt, Ihre Dringliche Anfrage ist in Wirklichkeit eine Meisterleistung des parlamentarischen Sozialismus. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Nach der Fellner-Dringlichen vom letzten Mal aus dem "NEWS"-Galaxy-Gebäude, der ja immer gerne solchen Unsinn verzapft, kommt jetzt die virtuelle Dringliche, die es überhaupt nicht gibt. Das ist wirklich peinlich, was Sie heute hier geliefert haben und was Sie noch liefern werden. Das gibt es nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird mit dieser Dringlichen Anfrage jedoch auch etwas Interessantes geschaffen, und darum muss man schon auch aufhorchen. Allein, dass Sie so zugelassen worden ist, schafft ein Präjudiz. Ab dem heutigen Tag kann man Anfragen, ob dringlich oder nicht, an jeden Minister, zu jedem Thema, kreuz und quer durch den Gemüsegarten stellen. Zum Beispiel könnte man an irgendeinen Minister, der einem halt gerade einfällt, vielleicht den Sozialminister oder auch jemand anderen, eine Dringliche Anfrage stellen, ob der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Österreichs das Parlament unrichtig und unwahr informiert hat. Man könnte die Dringliche stellen. Der Unterschied zur heutigen Dringlichen ist nur, dass es nicht virtuell wäre, sondern dem eine Wahrheit zugrunde liegt.

Ein Zitat aus der Nationalratssitzung vom 22. März 2000: Zwischenruf "Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel kriegen Sie als Parteivorsitzender? Über 100 000 S?" – Gemeint war das Gehalt. – Antwort Gusenbauer: "Nichts!" "Nichts!" – Also er hat gesagt, er bekommt nichts. In einem Artikel der neuen Ausgabe des "Format" lesen wir: Gusenbauer bekommt zusätzlich zu seinem Abgeordneten-Gehalt von der Sozialistischen Partei Österreichs – bei 350 Millionen Schilling Schul


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den! – noch 70 000 S dazu bezahlt. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sophie Bauer: Da habe ich was anderes gelesen!) 70 000 S dazu bezahlt!

Aber damit ist es noch nicht genug. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Da gibt es nämlich zwei Parteisekretärinnen, Kuntzl und Bures, denen zusätzlich zu ihrer 100 000-S-Gage als Abgeordnete – man höre und staune! – noch je 50 000 S aus der Parteikasse bezahlt werden. Das bedeutet 170 000 S monatlich für die Führungstroika der SPÖ – macht im Jahr über 2 Millionen Schilling. Das ist nicht der Belastungstopp für Ihre Partei und für die kleinen Mitglieder, das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

Sie langen kräftig in die Kassa hinein. Sie sagen dem Parlament die Unwahrheit, Sie informieren es falsch und dann kritisieren Sie Belastungen, die es gar nicht gibt – im Gegensatz zu Ihren Belastungen. Das ist interessant. (Abg. Mag. Muttonen: Geschäftsordnung!)

Ich könnte auch noch weiter gehen und in Zukunft eine Dringliche Anfrage etwa an den Verteidigungsminister stellen mit der Frage: Wie schädlich sind Gusenbauers Reisen ins Ausland eigentlich? Ich könnte das machen! (Abg. Dr. Gusenbauer: Fragen Sie ihn!) Da könnten wir den ganzen Katalog aufzählen. Aber es ist besser, nicht den Verteidigungsminister, sondern Ihren Parteivorsitzenden in der Steiermark, Herrn Schachner-Blazizek, zu fragen, denn der hat Ihnen geraten, zu Hause zu bleiben – und das ist auch das Richtige! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ hat es schwer, ich verstehe das. Nach dem Fiasko in ihren Parteikassen, nach dem personellen Fiasko, nach der fürchterlichen Begegnung am Viktor-Adler-Markt vor gezählten 150 Gewerkschaftsfunktionären und einem erzürnten Volk (Abg. Dr. Gusenbauer: Einem erzürnten Volk?), nach solchen Titelseiten – "Absturz der SPÖ" (der Redner hält eine Ausgabe des "profil" in die Höhe)  – ist es natürlich schwierig, in die Oppositionsrolle hineinzufinden. Aber ich habe noch nie eine Partei erlebt, die aus einer derartigen Defensive nicht mit einer Offensive, sondern wieder mit einer Defensive antwortet, wie Sie dies heute mit dieser Dringlichen Anfrage tun. Sie geben uns nämlich heute die Möglichkeit, zu sagen, was tatsächlich Sache ist, zu sagen, wie wir für die kleinen Leute in Österreich eintreten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Nur eines darf nicht sein: dass Sie Ihr ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Klubobmann!

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): ... parteipolitisches Scharmützel auf Kosten des österreichischen Parlamentarismus austragen. Das lehnen wir ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Klubobmann Dr. Khol. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung SPÖ –: Die Niederlage zeichnet sich schon wieder ab!)

15.12

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Vizekanzler! Herr Bundeskanzler! In einem muss ich dem Herrn geschäftsführenden Klubobmann Kostelka Recht geben – in einem! –: Es ist selten, dass es bei Dringlichen Geschäftsordnungsdebatten gibt, denn, Herr Kostelka, bei so einer Dringlichen kann sogar der dümmste Eskimo am Schlitten nichts falsch machen! So eine Dringliche zu stellen, ist eigentlich watscheneinfach, da kann es doch gar keine Probleme geben! (Abg. Dr. Kostelka: Das ist erstens xenophob und zweitens beleidigend!)

Aber im Lauf der Zeit, muss ich sagen, wird man auch als geschäftsführender Klubobmann bescheiden. Sie sind immerhin mit 30 Prozent Ihrer Fragen durchgekommen. Das entspricht ungefähr jenem Prozentsatz, den ein Ihnen positiv gesinntes Meinungsforschungsinstitut Ihrer Partei noch als Anteil an den österreichischen Wählern gibt – und da können Sie eigentlich zufrieden sein, Herr Kollege Kostelka. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich muss schon sagen: Mit der einstmals schärfsten Waffe der Opposition, der Dringlichen Anfrage – alles zittert, alles kommt, Spannung im Hohen Haus! – kommen heute zehn Fragen auf zweieinhalb Seiten mit der Begründung: Frau Vizekanzler, werden Sie etwas tun, wovon nicht sicher ist, dass es überhaupt getan wird und wofür Sie gar nicht zuständig sind? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Also, Herr Kollege Gusenbauer, ich würde mich schön beim Klubobmann bedanken, mit solchen Fragen ins Rennen geschickt zu werden. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen und gedacht, es muss doch einen geheimen Grund für dieses abgründige Verhalten geben. Es muss irgendetwas Teuflisches dahinter stecken, wenn man an jemanden zehn Fragen stellt, für die dieser gar nicht zuständig ist, die also eigentlich auf der Ebene der Propaganda liegen. Ich habe mir gedacht, dass es da irgendwie etwas geben muss.

Dann aber bin ich draufgekommen! Fortem fortuna adiuvat, Glück hat – auf Dauer – nur der Tüchtige. – Herr Kollege Kostelka, Sie haben kein Glück mit den Dringlichen. Die erste Dringliche, die Sie in dieser Gesetzgebungsperiode gestellt haben, war die Dringliche an Frau Minister Sickl, die die scheidende Ministerin Hostasch vortragen musste. Frau Sickl war gerade drei Tage im Amt, Frau Hostasch viele Jahre lang. Letztere hat von ihrer Nachfolgerin drei Tage, nachdem diese das Amt übernommen hatte, dringlich Antworten auf 64 Fragen gefordert, die zu geben sie selber wahrscheinlich besser in der Lage gewesen wäre und die in keiner Weise dringlich waren.

Schon das war ein wirklicher Niedergang bei den Dringlichen. Aber zu dem, was heute passiert ist, muss ich wirklich sagen ... (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Das ist der Untergang!)  Ich weiß es nicht. Es wäre jedenfalls eine klassische Anfrage an die gesamte Bundesregierung, vertreten durch den Bundeskanzler. Nun verstehe ich schon, Sie wollten einer Konfrontation des Herrn Gusenbauer mit dem Herrn Bundeskanzler ausweichen. Das verstehe ich gut, denn das geht auch immer zu Lasten des Herrn Gusenbauer aus. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Außerdem wäre es nahe liegend gewesen, all diese Steuerfragen Herrn Finanzminister Grasser zu stellen. Das haben Sie ja auch schon probiert, das hält aber Herr Edlinger nicht aus, der dann immer nahe am Herzinfarkt ist. Ich verstehe, dass Sie das nicht wollten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ein besonderes Niveau ist das nicht! Wirklich nicht!)

Herr Kollege Kostelka, ich muss Sie auch noch in einem anderen Punkt enttäuschen: Sie werden es mit der Frau Vizekanzlerin nicht leichter haben. Auch dieses Match wird Herr Gusenbauer nicht gewinnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit wem probieren Sie es denn das nächste Mal? – Ich kann nur sagen, ich schließe mit Faust: "Wer immer redlich sich bemüht, den werden wir erlösen." (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Professor Van der Bellen. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.17

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung!): Meine Damen und Herren! Insbesondere Herr Kollege Khol! Nur zur Einleitung: Diesen Satz mit dem "dümmsten Eskimo" bitte ich Sie noch einmal zu überdenken. Ähnliche Scherze aus der Alltagssprache sind mir von Schwarzafrikanern, Burgenländern oder – aus der Sicht der Schweizer – über die Österreicher bekannt. (Na-geh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das ist eben der Khol!)  – Ich finde das nicht lustig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

In den Stellungnahmen der Herrn Kollegen Westenthaler und Khol ist eigentlich untergegangen, was uns Kollege Khol und im Gefolge – brav wie immer – Kollege Westenthaler heute zugemu


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tet haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, so bin ich!) Herr Kollege Khol hat uns zugemutet, dass der Präsident darüber bestimmt, was zulässig ist und was nicht zulässig ist. (Abg. Dr. Khol: Das tut er ja laufend!)  – Nein, das ist ein Zensurversuch, Herr Kollege Khol, und das sollten Sie nicht wiederholen. Ich bin dankbar, dass es heute diese Präsidiale gegeben hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie zensurieren jetzt! Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass Sie jetzt zensurieren?)

Ich empfehle Ihnen dringend, den Kommentar von Herrn Zögernitz, bekanntlich Klubdirektor der ÖVP, zu § 91 der Geschäftsordnung nachzulesen, in dem eindeutig festgehalten ist, dass es kein Recht des Präsidenten gibt, in irgendeiner Weise Zensur auszuüben und darüber zu entscheiden, was zulässig ist und was nicht zulässig ist. (Abg. Dr. Khol: Erinnern Sie sich an Wabl? "Kriegsminister"! Ist nicht zugelassen worden!)  – Ich erinnere mich an gar nichts, ich halte mich an die Geschäftsordnung. (Abg. Haigermoser: Das kann ich mir vorstellen!)

Eine Dringliche Anfrage ist nichts anderes – Herr Kollege, wenn Sie das vielleicht auch bei Gelegenheit nachlesen; auch ich musste das nachlesen, denn ich weiß das nicht auswendig, das gebe ich gerne zu – als eine schriftliche Anfrage, die außerdem zur Dringlichen erklärt wird. Dafür gelten die Regeln für die schriftliche Anfrage, bei denen der Präsident nicht sagen kann: Das ist ein Blödsinn – das dürft ihr nicht fragen! Das ist gut – das dürft ihr fragen! Das ist besonders spannend – bitte noch einmal fragen! (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Das geht nicht! Aber genau das haben Sie heute versucht. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Ich muss ausdrücklich hinzufügen, dass das nichts mit der Vorsitzführung von Präsident Fischer, dem ich in diesen Angelegenheiten voll vertraue, zu tun hat, sondern das ist eine grundsätzliche Frage und es betrifft jeden Präsidenten, ganz egal, wie er heißt.

Das haben Sie, Herr Dr. Khol, heute versucht. Was mich ein bisschen irritiert und auch interessiert, haben Sie heute nicht erklärt. Wenn die Anfrage nämlich eh, wie Sie behauptet haben, so lächerlich und so unsinnig ist und keinerlei inhaltliche Berechtigung hat (Abg. Ing. Westenthaler: Nehmen Sie das ernst?)  – ich möchte dazu gar nicht Stellung nehmen, Sie haben das behauptet –, erhebt sich die Frage: Warum nehmen Sie das nicht einfach mit Gelassenheit hin und antworten eben in entsprechender Form (Abg. Ing. Westenthaler: Weil man so eine Chance nicht auslassen kann!), anstatt zu versuchen, eine Dringliche Anfrage der Sozialdemokraten im Keim zu ersticken beziehungsweise abzudrehen? Das ist kein guter Parlamentarismus, Herr Kollege Khol! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich wiederhole jetzt nicht im Einzelnen, was die Geschäftsordnung in § 91, § 90 und so weiter dazu besagt. Meines Erachtens sind die allermeisten Fragen eindeutig zulässig. Die Fragen 4, 6 und 8 betreffen den Ressortbereich der Ministerin, das ist in der Präsidiale auch konsensual festgestellt worden. Bei den anderen Fragen kann man darüber streiten, aber wie wir alle wissen, ist die Frau Ministerin für Sport und so weiter gleichzeitig Vizekanzlerin, und als solche hat sie ein ganz anderes Gewicht als jeder andere Minister. (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!) Ähnliche Fragen könnte man an den Bundeskanzler stellen, da hätte keiner von uns gesagt, dass das unzulässig ist – weil nicht sein Ressort betreffend. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Professor! Ab heute darf man alle Fragen stellen!)

Bei der Vizekanzlerin muss das wohl auch zulässig sein, insbesondere deshalb, weil es nicht ganz so ist, wie Herr Westenthaler das behauptet hat, aber das ist eine Frage der inhaltlichen Auseinandersetzung. Sie sagen: Das ist alles ein Blödsinn, kein Mensch denkt daran, alles irreal – "virtuell" haben Sie gesagt – und so weiter. Es gibt aber genügend Zeitungsberichte darüber, was im Finanzministerium ausgebrütet wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie glauben ja auch nicht alles, was in der Zeitung steht!)  – Ich glaube nicht alles, was in der Zeitung steht, aber dass es dort gestanden ist und von vermutlich wohl recherchierenden Journalisten stammt, können Sie nicht bestreiten. Daher darf man ja wohl die Fragen stellen! Was die Frau Vizekanzlerin dann darauf antwortet, ist eine andere Geschichte – auf diese Antworten bin ich ohnehin gespannt.

Abgesehen davon war es in der Präsidiale ganz spannend zu hören, ob es zulässig sei, das Abstimmungsverhalten im Ministerrat abzufragen. Niemand anderer als Kollege Haider hat das


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bereits getan, haben wir erfahren. (Abg. Ing. Westenthaler: Künftige!)  – Ex post! Er hat nach dem Abstimmungsverhalten ex post gefragt. Wenn das eine Angelegenheit der Vollziehung ist, dann können Sie mir nicht erklären, wieso das Abstimmungsverhalten ex ante keine Angelegenheit der Vollziehung ist. (Abg. Dr. Khol: Weil es noch nicht vollzogen ist!)  – § 90 der Geschäftsordnung, Herr Kollege Khol (Abg. Dr. Khol: Weil es das noch nicht gibt!), Kommentar: Zögernitz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Pflichtverteidigung für die SPÖ ist das!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Wie auch immer man inhaltlich zu den Fragen dieser Dringlichen Anfrage steht, sie ist zulässig, Herr Kollege Khol! Und diesen Zensurversuch halte ich für das eigentlich Schlimme an diesem heutigen Tag. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist diese einvernehmlich festgelegte Kurzdebatte beendet.

*****

Ich stelle nochmals fest, dass die Dringliche Anfrage schriftlich verteilt wurde und daher eine Verlesung durch einen Schriftführer nicht erforderlich ist.

Ich darf Herrn Abgeordnetem Dr. Gusenbauer als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort erteilen. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Gusenbauer –: Es ist jetzt alles schon gesagt! Leider!)

15.23

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es einen Beweises der Dringlichkeit dieser Anfrage bedurft hätte, die beiden Regierungsparteien haben ihn gerade geliefert. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird doch wohl noch erlaubt sein, im österreichischen Parlament Fragen zu stellen, die der Regierung unter Umständen unangenehm sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Die gibt es ja nicht!) Ich sage "unter Umständen", weil dann, wenn die Frau Vizekanzlerin heute klare Antworten gibt und die freiheitliche Fraktion unseren Entschließungsantrag, den wir einbringen werden, mitträgt, alle Unklarheiten beseitigt sind. Und dazu haben Sie heute die Gelegenheit. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was in den letzten Wochen passiert ist, ist der Versuch einer Vernebelungstaktik. Die Freiheitliche Partei ist mit der Aussage angetreten, es werde im Budget 2000 nur "Anpassungen" geben – nur "Anpassungen"! Die "Realität" dieser Politik und dieser Aussagen zeigt sich darin, dass wir seit 1. Juni in der Situation sind, dass das Kranksein teurer wird, der Strom teurer wird, das Autofahren teurer wird, Wohnen teurer wird, Gebühren erhöht und Pensionen gekürzt werden. Das ist Ihr Verständnis von Anpassungen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz offensichtlich ist ja auch ein Wandlungsprozess in der Freiheitlichen Partei im Gange, was die eigene Bezeichnung der Politik betrifft. Diese Wandlung hat sich aber noch nicht ganz in den Inseraten niedergeschlagen, denn die Freiheitliche Partei inseriert unter der Überschrift "Wort gehalten: mehr Geld für die Familien". – Dieses "mehr Geld für die Familien" wurde von der früheren Bundesregierung beschlossen und ist mit 1. Jänner dieses Jahres in Kraft getreten. Seit Sie in der Regierung sind, hat es keinen Schilling mehr für die Familien gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie inserieren: "Lohnsteuer gesenkt". – Die Lohnsteuer wurde am 1. Jänner dieses Jahres auf Basis von Beschlüssen der alten Koalitionsregierung hier im Hohen Haus gesenkt. Seit Sie in


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der Regierung sind, wurden nicht Steuern gesenkt, sondern Steuern erhöht, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie inserieren: "Pensionen gesichert". – Die Wahrheit ist: Seit Sie in der Regierung sind, werden Pensionen gekürzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Unwahrheit!)

Daher müsste Ihr Inserat der Ehrlichkeit halber nicht heißen "Wort gehalten", sondern "Wort gebrochen", denn das steht für Ihre Politik. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler hält eine Ausgabe des "profil" mit der Überschrift in die Höhe: "Der Absturz der SPÖ".)

Die Ergebnisse der Arbeiterkammerwahlen haben ja an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen, denn die Freiheitliche Partei hat in allen Bundesländern eine außerordentlich deutliche Abfuhr bekommen, eine Abfuhr, die sich gewaschen hat und die die erste Rechnung der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Ihre Politik ist, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass die Nervosität steigt, merkt man an den verschiedensten Ausflugsreisen, die freiheitliche Politiker jetzt nach Kärnten und an den Millstättersee unternehmen, um einfache Parteimitglieder ihrer Partei zu konsultieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Reden Sie nicht vom Reisen, das ist besser!) Dieses Konsultationsverfahren dürfte jedoch ein höchst einseitiges sein – ein höchst einseitiges! –, denn während der Herr Bundeskanzler bei der Dringlichen Anfrage, die ganz konkret war, versucht hat, das Hohe Haus und die österreichische Öffentlichkeit mit Leerformeln abzuspeisen, haben sich die Frau Vizekanzlerin und der Herr Finanzminister in den letzten Wochen immer um klare Aussagen betreffend den künftigen Budgetkurs gedrückt.

So hat zum Beispiel der Finanzminister gemeint, er hätte seinen Beruf verfehlt, würde er Steuer- und Gebührenerhöhungen von vornherein ausschließen. Auch Herr Kollege Prinzhorn, der großes Vertrauen in den Finanzminister hat, hat gemeint, der Finanzminister sei an der Arbeit, aber wenn es sich nicht anders machen ließe, dann müssten wir auch über Einnahmenerhöhungen nachdenken. Und auch Frau Riess-Passer hat sich herausgehalten, bis es dann zum Ukas aus Kärnten gekommen ist und das einfache Parteimitglied Jörg Haider zweimal klar gesagt hat, was er sich von seinen Leuten in der Regierung erwartet. Zitat: "Meine Botschaft an die FPÖ: Nicht einen Millimeter Belastungen zulassen, nicht eine Sekunde eine Steuererhöhungsdiskussion führen!" – und das angesichts einer Situation, in der etwa in der heutigen Ausgabe der "Kleinen Zeitung" steht: "Finanzminister Grasser droht mit zweitem Sparpaket".

Das ist die Realität der Zerrissenheit dieser Partei, meine Damen und Herren, die nicht weiß, wo sie hin will! (Beifall bei der SPÖ.)

Das einfache Parteimitglied Jörg Haider hat in einem Kärntner Nobelhotel einen Belastungsstopp ausgerufen, und zwar in Anwesenheit der Frau Vizekanzlerin. Ich kann mich noch genau an ihr leicht angesäuertes Gesicht angesichts dieser Pressekonferenz erinnern, und ich verstehe das, denn sie wurde dort vom einfachen Parteimitglied Jörg Haider zur Aussage gezwungen, es solle einen Belastungsstopp geben. Er hat ihr damit die heiße Kartoffel einfach weitergereicht, quasi unter dem Motto: "Führ uns doch jetzt einmal vor, wie all diese Strukturreformen aussehen sollen, die dazu führen, dass die Maastricht-Kriterien für das Budget eingehalten werden, ohne dass es nur eine weitere zusätzliche Belastung für die österreichische Bevölkerung gibt!" – Diese heiße Kartoffel haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Das eigentlich Interessante daran ist, dass sich das Vertuschungsvokabular der Freiheitlichen Partei fundamental geändert hat. Am Anfang wurde von "Anpassungen" gesprochen. Herr Westenthaler inseriert über glorreiche Errungenschaften, die er sich nicht als seine Feder an den Hut stecken kann. Und das einfache Parteimitglied Jörg Haider spricht davon, dass es keine weiteren Belastungen mehr geben soll. Das heißt, die FPÖ ist auf Grund der Niederlagen bei den Arbeiterkammerwahlen endlich draufgekommen, dass das, was Sie von den Regierungsparteien machen, Belastungspolitik für die kleineren und mittleren Einkommensbezieher ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir kennen alle das Regierungsabkommen sehr genau und wissen, welche zusätzlichen Mehrausgaben darin festgehalten sind, etwa das Karenzgeld für alle, die Steigerung der Heeresausgaben, Subventionen für die Landwirtschaft und die Senkung von Lohnnebenkosten. Man kann sicher im Detail darüber diskutieren, aber es sind Mehrausgaben beziehungsweise Mindereinnahmen des Bundes, die dazu führen werden, dass im Laufe dieser Legislaturperiode der Konsolidierungsbedarf alleine auf Grund dieser Maßnahmen um 34 Milliarden Schilling ansteigen wird. Es stellt sich nun die berechtigte Frage, wie das zusammenpassen kann: Man hat 34 Milliarden Schilling weniger fürs Budget, gleichzeitig aber kündigt der Finanzminister an, dass die Budgetkonsolidierung verschärft und das Defizit auf 0,5 Prozent des BIP reduziert werden soll, dass es also noch stärkere Einsparungen geben wird – und all das ohne irgendwelche Mehrbelastungen der österreichischen Bevölkerung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nicht glaubwürdig! (Beifall bei der SPÖ.)

Es sei denn, die Frau Vizekanzler kann uns heute erklären, wie sie das in ihrem Ressortbereich macht. Sie hat bisher zwei Ankündigungen gemacht, nämlich erstens, dass es im Zuge einer Verwaltungsreform zu einer Ausgliederung von 30 000 Planstellen aus dem öffentlichen Dienst kommen wird. Uns interessiert nun: Welche Stellen haben Sie hiefür vorgesehen? Was bringt das an budgetären Einsparungen für 2001, für 2002 und für 2003? Zweitens haben Sie angekündigt, dass Sie 9 000 Planstellen überhaupt einsparen werden, und auch dazu interessiert uns eine Antwort auf die Fragen: Wann werden diese eingespart und wo? Wollen Sie bei der Exekutive und damit bei der Sicherheit sparen? Wollen Sie bei den Lehrern und damit bei der Bildung sparen? Wo wollen Sie diese 9 000 Planposten abbauen? Das ist letztendlich Ihr Ressortverantwortlichkeitsbereich! (Beifall bei der SPÖ.)

Haben Sie doch die Güte, uns diese Maßnahmen zu erklären, die im Übrigen Herr Westenthaler bereits verschärft hat. (Abg. Aumayr: Diese Fragen stehen aber nicht in der Dringlichen!) Er hat Ihnen nämlich die Latte noch höher gelegt, indem er im Fernsehen gesagt hat: 9 000 geht sich vielleicht nicht aus, wir müssen 14 000 Planstellen im öffentlichen Dienst abbauen. (Abg. Aumayr: Sind Ihnen die Fragen erst eingefallen?) Wo Sie diese zusätzlichen 5 000 Stellen für Herrn Westenthaler herbekommen, würde uns hier im Hohen Hause auch noch interessieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Letztendlich geht es um Glaubwürdigkeit, denn durch das Land zu ziehen und so zu tun, als ob es keine ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie einmal dem Parlament, was Sie kassieren!)  – Ich verstehe Ihre Aufgeregtheit, Herr Westenthaler. Ich habe Ihnen das aber schon das letzte Mal gesagt, und würden Sie richtig zitieren, hätten Sie das heute gesagt. Ich habe gesagt, ich verdiene so viel wie Sie. Und das steht mir drei Mal zu, das können Sie mir glauben! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wahrscheinlich ergibt sich dadurch auch eine Erklärung dafür, wieso Jörg Haider in Libyen war. Er war offensichtlich deswegen in Libyen, um all den Sand zu besorgen, den die FPÖ benötigt, ihn der österreichischen Bevölkerung in die Augen zu streuen! Das war der wahre Grund der Reise! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Sie könnten einen Untersuchungsausschuss beantragen, Herr Kollege!)

Auf der einen Seite wird im Finanzministerium von weiteren Steuererhöhungen gesprochen, die der Finanzminister nicht ausgeschlossen hat, er kündigt hingegen ein zweites Sparpaket an, und gleichzeitig kommt vom Millstättersee die Aussage bezüglich Belastungsstopp. Es stellt sich nun die Frage: Wer gibt in dieser Regierung den Ton an? Wie setzen Sie, Frau Vizekanzler, letztendlich die Aufforderungen Ihres Parteiobmanns – denn Herr Haider ist nach wie vor der geheime Parteiobmann, der von Kärnten die Order ausgibt – um, die ja inzwischen durch Herrn Westenthaler bestätigt wurden? Und wie werden Sie das hier im österreichischen Parlament präsentieren?

Wir bieten Ihnen nun die Möglichkeit zu einem Offenbarungseid: Wir bringen heute als Sozialdemokraten einen Entschließungsantrag ein, in dem wir von der Bundesregierung exakt jenen Belastungsstopp für kleinere und mittlere Einkommen fordern, den Ihr "einfaches Parteimitglied"


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Jörg Haider in Kärnten ausgerufen hat und zu dem Sie und Herr Westenthaler sich bekannt haben. Diesen Offenbarungseid können Sie heute leisten. Stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu, dann ist für die österreichische Bevölkerung klargestellt, dass es keine weiteren Belastungen gibt. Diesen Schritt können und müssen Sie tun, wenn Sie glaubwürdig sein wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder Sie setzen die Strategie des Märchenerzählens fort. Bisher hat sich noch jedes Märchen für die österreichische Bevölkerung als Schauermärchen entpuppt, etwa durch die Erhöhungen am 1. Juni, mit denen alle Wahlversprechen des Herrn Westenthaler und seiner Leute gebrochen und Steuern und Gebühren erhöht wurden – entgegen der Inserate, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da sich Herr Klubobmann Khol Gedanken darüber macht, wieso wir heute nicht den Herrn Bundeskanzler gefragt haben, kann ich ihm ganz offen antworten: Der Herr Bundeskanzler hat das letzte Mal auf all diese Anfragen keine einzige konkrete Antwort gegeben, das heißt, er hält es sich offen, ob es Steuer- und Gebührenerhöhungen geben wird. Hingegen hat sich die Frau Vizekanzler in Kärnten klar und eindeutig deklariert, indem sie gesagt hat, es werde keine weiteren Belastungen für die Österreicherinnen und Österreicher geben. Da sie sich nun klar deklariert hat, ist es berechtigt, auch zu fragen, wie sie das in ihrem Ressortverantwortlichkeitsbereich umsetzen wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, Herr Klubobmann Khol, sage ich Ihnen ganz offen: Sie haben sich heute zwar lustige 5 Minuten gemacht, aber was Sie wenig trösten wird, ist uns allen klar: Hochmut kommt vor dem Fall, und den werden Sie noch erleben! (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Anfragen beziehungsweise zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand gelangt die Frau Vizekanzlerin zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Vizekanzlerin.

15.37

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Herr Klubobmann Kostelka hat in seinem Redebeitrag gemeint, diese Dringliche Anfrage würde mir Angst machen. (Abg. Dr. Kostelka: Unangenehm ist es Ihnen!) Herr stellvertretender Klubobmann Kostelka, ich möchte Sie nicht kränken, aber wenn Sie mir Angst machen wollen – sollte das Ihr Ziel sein –, dann müssen Sie sich in Zukunft ein bisschen mehr anstrengen, denn diese Dringliche Anfrage macht mir ganz bestimmt keine Angst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Da müsste der aus Kärnten kommen!)

Sie gibt mir jedoch die Gelegenheit, eine wahre Flut von unwahren Behauptungen und Falschmeldungen richtig zu stellen, die Sie von der Opposition in den letzten Wochen und Monaten über die Politik dieser Bundesregierung verbreitet haben und die sich zum Großteil auch in dieser Dringlichen Anfrage wiederfinden.

Zweitens möchte ich festhalten, dass ein doch sehr seltsamer Geist hinter dieser Dringlichen steckt, denn allein das Wort "Belastungsstopp" löst in Ihren Reihen nicht nur Beunruhigung, sondern offensichtlich geradezu Panik aus. Sie ist auch ein Ausdruck der großen Angst, die Sie haben, dass es eine Bundesregierung gibt, die im Gegensatz zu den massiven Belastungen, die die Österreicher jahrelang von sozialistischer Seite zu ertragen gehabt haben, nun beweist, dass es auch anders gehen kann. (Abg. Dr. Gusenbauer  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: 1. Juni!) Das ist in Wirklichkeit Ihre Angst, nämlich dass es eine Bundesregierung gibt, die es anders und besser macht als Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Angesichts Ihrer Wortmeldung, Herr Klubobmann Gusenbauer, muss man natürlich schon einmal in die Vergangenheit zurückschauen, denn jene Art der Kindesweglegung, die Sie hier betrieben haben, ist eigentlich beispiellos in der politischen Geschichte. Daher lohnt es sich, zu


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rekapitulieren, wie die Budgetpolitik der letzten Jahre unter sozialistischer Herrschaft ausgesehen hat. (Abg. Dr. Mertel: Und die ÖVP vergessen Sie!)

Sie war dadurch gekennzeichnet, dass sich eine Reihe von sozialistischen Finanzministern, beginnend mit Vranitzky über Lacina, Staribacher und Klima bis Edlinger, über 14 Jahre als Inkassobüro dieser Republik geriert haben. – Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren von der SPÖ und Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es war Ihre Regierung, und es waren Ihre sozialistischen Finanzminister, die von 1996 bis 1997 in einem beispiellosen Belastungspaket direkte Steuern im Ausmaß von 65,58 Milliarden Schilling erhöht haben. Ich wiederhole: 65,68 Milliarden Schilling! Es waren sozialistische Finanzminister, die im selben Zeitraum indirekte Steuern im Ausmaß von 28,11 Milliarden Schilling erhöht haben. Das war nicht der Herr Finanzminister Grasser, sondern das war der Herr Finanzminister Edlinger, der das getan hat, Herr Kollege Gusenbauer. Also zeigen Sie ihm bitte diese Schlagzeilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Falsch! Ich war damals nicht Finanzminister, Frau Vizekanzlerin! – Abg. Ing. Westenthaler hält eine Ausgabe des "profil" mit der Schlagzeile "Der Absturz der SPÖ" in Richtung des Abg. Dr. Gusenbauer in die Höhe.)

Hier die Gesamtsumme: Allein in zwei Jahren, Herr Kollege Edlinger, haben Sie Steuern im Ausmaß von 93,7 Milliarden Schilling erhöht. Im gleichen Zug haben Sie Kürzungen im Familien- und Sozialbereich vorgenommen, und zwar im Ausmaß von 14,8 Milliarden Schilling – das war Ihre Partei, die Sozialistische Partei, das waren sozialistische Finanzminister und sozialistische Bundeskanzler –, was eine Summe von Belastungspaketen allein in zwei Jahren von 108,5 Milliarden Schilling ergeben hat. Das haben Sie offensichtlich vergessen. Deswegen ist es wichtig, dass wir Sie daran erinnern. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel war das? Unglaublich! – Abg. Mag. Trattner: Ich glaube, das war mehr!)

Es ist wichtig, dass wir Sie daran erinnern, was die Maxime Ihrer Politik in den letzten 30 Jahren war, in denen Sie die Verantwortung für das Finanzministerium in dieser Republik getragen haben: Sie haben die Lohn- und Einkommensteuer erhöht, Sie haben die Körperschaftsteuer erhöht, Sie haben die Kapitalertragsteuer erhöht, Sie haben die Tabaksteuer erhöht, Sie haben die Umsatzsteuer erhöht, Sie haben die Versicherungssteuer erhöht.

Sie haben im gleichen Zeitraum Gebühren und Abgaben erhöht: allein die Rezeptgebühr drei Mal, es gab eine dreimalige Erhöhung der Rezeptgebühr! Ferner wurden erhöht: die Höchstbeitragsgrenze zur Sozialversicherung, die Normverbrauchsabgabe, die Energieabgabe auf Strom und Gas und die Gebühren bei Stempelmarken.

Sie haben im gleichen Zeitraum, in dem Sie diese Erhöhungen und Belastungen vorgenommen haben, das Karenzgeld gekürzt, und zwar, was die Dauer der Karenzzeit und die Höhe betrifft. Sie haben das Pflegegeld gekürzt. Sie haben das Taschengeld für die Behinderten gekürzt. (Die Abgeordneten Edlinger und Dr. Gusenbauer: Aber eingeführt auch! – Abg. Edlinger: Gegen Ihre Stimmen!)

Sie haben die Prämien für das Bausparen gekürzt. Sie haben den allgemeinen Absetzbetrag gekürzt. Sie haben die Absetzbarkeit von Sonderausgaben gekürzt, die Steuerfreiheit von Überstunden, das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld. Sie haben die Geburtenbeihilfe und die Studentenfreifahrt überhaupt gestrichen. (Abg. Mag. Schlögl: Waren wir das allein, Frau Vizekanzlerin? – Abg. Ing. Westenthaler hält neuerlich die letzte Ausgabe des "profil" in die Höhe.)  – Ich weiß, dass Sie das alles nicht gerne hören. Sie haben weiters die Autobahnvignette erfunden.

Das Ergebnis Ihrer Politik, Herr Ex-Finanzminister Edlinger, war Folgendes: Als Sie das Budget übergeben haben, haben 109 Milliarden Schilling in diesem Budget gefehlt. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik! Das ist die Hinterlassenschaft von 30 Jahren sozialistischer Finanzminister! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schlögl: Waren wir das allein? War nicht ein Regierungspartner auch dabei?!)


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Eine Regierung, die einen Schuldenberg von 1 650 Milliarden Schilling Staatsschulden hinterlassen hat! Das ist unvorstellbar, aber wahr. Das heißt, dass die sozialistischen Finanzminister in den letzten 30 Jahren für diese Republik und für die Bürger dieser Republik pro Tag 150 Millionen Schilling Schulden gemacht haben. Das Ergebnis von 30 Jahren sozialistischer Regierung in diesem Land ist, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden sind. Das ist ein Faktum, und das kann man auch nachrechnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer hält eine Ausgabe der "Kleinen Zeitung" in die Höhe, die die Überschrift trägt: "Grasser droht mit zweitem Sparpaket". – Abg. Dr. Gusenbauer: Sparpaket oder Belastungsstopp? Wer hat Recht: Sie oder Grasser?)

Das ist das Erbe, Herr Kollege Gusenbauer, das Sie nicht nur dieser Bundesregierung, sondern vor allem den Österreicherinnen und Österreichern hinterlassen haben – ein Erbe, das Österreich zum Schlusslicht von 15 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union gemacht hat. Das ist Ihre, ausschließlich Ihre Verantwortung, und dieser Verantwortung können Sie sich auch durch noch so viele Ablenkungsmanöver nicht entziehen. Das ist Ihre katastrophale Bilanz nach 30 Jahren Regierungstätigkeit. Und das ist auch der Grund dafür, warum Sie am 3. Oktober abgewählt worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass Sie aus diesem massiven Vertrauensverlust, den Sie am 3. Oktober erlitten haben, bis heute nicht die richtigen Schlüsse gezogen haben, beweist auch diese Dringliche Anfrage. Wenn ich nämlich der Argumentation Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Gusenbauer, und der Argumentation Ihrer Dringlichen Anfrage folge, dann höre ich, dass Ihr Vorschlag lautet: keine Einsparungen, keine Strukturreformen, keine Reduktion von teuren und aufgeblähten Apparaten, keine Privatisierung und keine soziale Gerechtigkeit. (Abg. Dr. Gusenbauer: Stimmt nicht!)

Das heißt aber gleichzeitig im Umkehrschluss, dass das Rezept, das Sie vorschlagen, dasjenige ist, nach dem Sie auch immer gehandelt haben, und es lautet: Steuern erhöhen und Schulden machen. – Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht die Politik dieser Bundesregierung! Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen, denn das ist der Weg, der Österreich in das Budgetchaos geführt hat, das Sie uns unterlassen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Belastungsstopp oder Sparpaket?)

Herr Kollege Gusenbauer! Wir haben auch bereits bewiesen, dass es anders geht. Das Budget 2000, das der Finanzminister vorgelegt hat und das von diesem Hause beschlossen wurde, dieses Budget 2000 stellt bereits einen Belastungsstopp dar (Abg. Dr. Gusenbauer  neuerlich ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Reines Belastungspaket!)  – ich werde Ihnen das gleich vorrechnen –, denn unterm Strich kommt eine eindeutige Ent lastung der Bürger in diesem Lande heraus. Es war diese Bundesregierung, die dafür gesorgt hat, dass es trotz der Budgetmisere, die Sie hinterlassen haben, möglich war, die Lohnsteuerreform und das Familienpaket zu finanzieren (Abg. Edlinger: Die Steuerreform, gegen die Sie gestimmt haben!), was letztendlich dazu führt, dass heute in diesem Land zum Beispiel eine Alleinerzieherin mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 18 000 S und einem Kind eine jährliche Entlastung von 9 239 S erhält (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) und eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern von dieser Regierung, durch diesen Finanzminister, eine Jahresentlastung von 14 742 S finanziert bekommt. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dietachmayr: Da haben Sie dagegen gestimmt! – Abg. Edlinger: Das wurde gegen die FPÖ durchgesetzt! Gegen die FPÖ durchgesetzt!) Das heißt, dass ein Haushalt mit zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen von monatlich 20 000 S eine Entlastung von 13 919 S bekommt. (Abg. Edlinger: Dank der sozialdemokratischen Finanzpolitik! Sehr richtig! Selbstverständlich! Aber Sie haben dagegen gestimmt!)

Da können Sie sich noch so viel beschweren. Das war nicht Ihre Finanzpolitik, Herr Kollege Edlinger, denn Ihre Finanzpolitik hat in dieser Republik ein Defizit von 109 Milliarden Schilling hinterlassen. Mit Ihrer Finanzpolitik wäre das nicht finanzierbar gewesen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Diese Beispiele ließen sich noch sonder Zahl fortsetzen. Das heißt, dass in Wahrheit jede Familie in diesem Land, jede Alleinerzieherin in diesem Land, mit einer deutlichen Entlastung rechnen kann, die diese Bundesregierung sichergestellt und finanziert hat.

Darüber hinaus haben wir sichergestellt, dass das Budget, das der neue Finanzminister vorgelegt hat, das niedrigste Nettodefizit seit 1982 ausweist. Und das hat sehr viel mit sozialer Verantwortung zu tun, denn Schulden zu machen ist die unsozialste Politik, die man in einem Land machen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deshalb ist es das Ziel dieser Bundesregierung, mit einem umfassenden Privatisierungsprogramm diesen Schuldenberg, den Sie uns hinterlassen haben, abzubauen und damit auch zu einer massiven Entlastung der Bürger beizutragen, weil allein die Zinsenlast für die Schulden, die Sie gemacht haben, 100 Milliarden Schilling im Jahr beträgt. Das ist eine Dimension, die Sie einmal begründen müssen, angesichts derer Sie einmal erklären müssen, wie so etwas möglich ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Erklären Sie uns den Belastungsstopp!)

Von Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer, hätte ich auch gerne einmal gehört, was Sie denn für Vorschläge zum Schuldenabbau haben. Davon war nämlich bisher nichts zu hören. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Nicht eine Idee!)

Wir haben eine umfassende Verwaltungs- und Aufgabenreform in Angriff genommen, wir verfolgen die Vision eines modernen Staates (anhaltende Rufe bei der SPÖ: Wo?!), und danach werden wir auch unsere Budgetstrategie ausrichten. Das heißt: schlanker Staat, niedrige Steuern und hohe Beschäftigung! (Die Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Kostelka: Wo? Wo? Wo?)  – Das ist die Maßgabe, nach der diese Bundesregierung handelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Kostelka: Wo, wann? Wo, wann? Wo, wann?)

Wenn Sie sich die Mühe machen würden, das Regierungsprogramm dieser Bundesregierung zu lesen (Abg. Dr. Gusenbauer: Das kennen wir! Sagen Sie uns endlich, wo! Polizei?) und nicht verfälscht, sondern tatsächlich wiederzugeben, dann wüssten Sie sehr genau, wie das geht und wie die Aufgabenreform aussieht, die wir uns vorgenommen haben.

Auch der Abbau der von Ihnen angesprochenen Posten durch Nichtnachbesetzung ist etwas, bei dem ich Ihre Aufregung eigentlich nicht verstehe, Herr Kollege Gusenbauer. (Abg. Dr. Gusenbauer: Mich interessiert nur, wo! – Abg. Dr. Kostelka: Und wann! – Abg. Dr. Gusenbauer: Wo?) Genau dasselbe ist ja in dem Paktum gestanden, das Ihre Partei, das Ihr Finanzminister in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP vorgelegt hat. Da ist genau dieselbe Zahl, nämlich 9 000 drinnen gestanden. Da frage ich einmal: Wie haben Sie das gerechnet? Wie sind Sie auf den Abbau von 9 000 Planstellen gekommen? – Das zeigt doch nur, dass das selbstverständlich möglich ist, und wir werden das selbstverständlich auch tun, weil wir im Gegensatz zu Ihnen beweisen werden, dass der Staat bei sich selbst spart, anstatt die Bürger zu belasten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Wann und wo? Antwort!)

Vor der Beantwortung der von Ihnen gestellten Fragen möchte ich grundsätzlich einmal etwas vorausschicken: Die Frage nach einem etwaigen Veto von mir im Ministerrat stellt sich überhaupt nicht, denn selbstverständlich wird diese Bundesregierung gemeinsam eine vernünftige Budgetpolitik machen. Der Finanzminister und ich werden an führender Stelle in diese Verhandlungen eingebunden sein, und wir werden gemeinsam ein entsprechendes Programm vorlegen, sodass sich die Frage nach einem Veto, das ich einlegen muss, gar nicht stellen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich komme jetzt im Einzelnen zur Beantwortung Ihrer Fragen. Ich werde die Fragen, die der Herr Nationalratspräsident angesprochen hat, im Detail beantworten, aber ich werde selbstverständlich auch die anderen Fragen, die Sie gestellt haben, beantworten, weil man sie so nicht im Raum stehen lassen kann. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wunderbar! – Abg. Dr. Kostelka: Hervorragend!)


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Zur Frage 4,
die gelautet hat: "Werden Sie durch Ihr Veto im Ministerrat verhindern, dass die Ermessensausgaben ..." und so weiter " ... gekürzt werden?"

Mit der Budgeterstellung des Jahres 2000 wurde ein so genannter Top Down Approach angewendet, der den einzelnen Fachressorts innerhalb eines gegebenen budgetären Saldos ein hohes Maß an Gestaltungsmöglichkeit einräumt.

Diese Vorgangsweise hat sich bei der Budgeterstellung 2000 bewährt und wird daher grundsätzlich auch in Zukunft angewandt werden. Somit obliegt es den einzelnen Fachressorts, im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Budgetmittel Entscheidungen über die Dotierung der einzelnen Ausgaben zu treffen. Dies bezieht sich selbstverständlich auch auf den Bereich der Förderungen.

Zur Frage 6 darf ich als bekannt voraussetzen, dass das unlängst im Ministerrat beschlossene Pensionsreformpaket keinerlei Kürzungen welcher Art auch immer für Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Lande vorsieht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da es bisher keine Kürzungen im Pensionsbereich gegeben hat, wird es selbstverständlich auch keine "weiteren Kürzungen" geben. Ganz im Gegenteil: Die Pensionsreform, die von dieser Bundesregierung vorgelegt wurde, hat das Ziel, die bestehenden Pensionen zu sichern, aber auch zu garantieren, dass die jüngeren Generationen, die jetzt im Erwerbsprozess sind, auch noch die Garantie haben, dass sie in den Genuss einer Pension kommen. Das ist die Zielsetzung unserer Pensionsreform. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das haben wir sichergestellt. Ebenso haben wir sichergestellt: die Wertsicherung der Pensionen durch Fixbeträge, die besonders die Bezieher kleiner Pensionen begünstigen, die Einrechnung von Karenz- und Kindererziehungszeiten für Frauen als pensionsbegründende Zeiten und die Garantie, dass diejenigen, die lange gearbeitet haben, das heißt, die lange Zeit Beiträge geleistet haben, so wie bisher ohne Abschläge auch vorzeitig in die Pension gehen können.

Zum letzten Punkt – und das ist ein wichtiger Punkt; das betrifft etwas, was auch Ihnen in den 30 Jahren, in denen Sie in der Regierung waren, gut angestanden wäre –: Wir haben dafür gesorgt, dass die Pensionssonderprivilegien in der Arbeiterkammer endlich der Vergangenheit angehören. Das wäre die soziale Politik gewesen, die wir auch von Ihnen erwartet hätten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Frage 8.

Ziel einer Vollkostenkalkulation für öffentliche Dienstleistungen ist es, deutlich zu machen, was die einzelnen Produkte und Dienstleistungen kosten. Durch diese Transparenz wird es möglich, wie geplant ein ressortspezifisches Controlling einzuführen und die strategische Steuerung der öffentlichen Leistungen zu verbessern. Die Frage der Höhe der Gebühren hängt nicht notwendig damit zusammen. Dies vor allem deshalb, weil die Bürgerinnen und Bürger bereits durch die Steuer nicht unerheblich zur Finanzierung der öffentlichen Dienstleistungen beitragen.

Ich möchte jetzt auch noch zu den anderen von Ihnen gestellten Fragen Stellung nehmen, wobei ich hinzufügen möchte, dass es sich eigentlich weniger um Fragen als um Unterstellungen handelt. Wenn ich mir die Formulierung dieser Fragen anschaue, dann frage ich Sie: Wo hat jemals irgendein Vertreter dieser Bundesregierung davon gesprochen, dass die Mehrwertsteuer von 10 auf 20 Prozent angehoben werden soll? (Abg. Ing. Westenthaler: Absolut niemand!)  – Das ist eine freie Erfindung, das ist durch nichts begründet und ist in keiner Aussage irgendeines Regierungsmitgliedes jemals behauptet worden! Es ist auch nicht unsere Absicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Genauso frage ich mich, worauf Sie die Vermutung gründen, dass das 13. und das 14. Monatsgehalt stärker besteuert werden sollen. Das hat diese Bundesregierung nicht nur nie angekündigt, sondern sie hat im Gegenteil immer wieder ausdrücklich klargestellt, dass das nicht der Fall sein wird. Und egal, wie oft Sie das noch behaupten, es wird trotzdem nicht wahrer, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Dasselbe gilt für alle anderen von Ihnen angeführten Behauptungen, angefangen von weiteren Gebührenerhöhungen bis zu Leistungskürzungen im Gesundheitsbereich. Das genaue Gegenteil haben wir getan. Wir sparen bei den Verwaltungskosten der Sozialversicherungsträger, die vor der Pleite gestanden sind. Das ist es doch, worauf es ankommt! Als wir diese Regierung angetreten haben, haben Sie Krankenkassen hinterlassen, die de facto mit Milliardendefiziten in der Kreide gestanden sind. Das ist auch die Wahrheit, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: 1. Juni, höhere Gebühren!)

Genauso wenig hat irgendein Mitglied dieser Bundesregierung jemals auch nur angedeutet, dass die Steuerreform 2000 und das Familienpaket ausgesetzt werden sollen – ganz im Gegenteil! Wir haben durch das Budget 2000 sichergestellt – und wir werden das auch weiterhin tun –, dass diese Familien- und Lohnsteuerreform auch finanzierbar ist und zu einer deutlichen Entlastung führt. (Abg. Gaál: Be lastung!)

Es kann keine Rede davon sein – damit komme ich zu den Fragen 9 und 10 Ihrer Dringlichen Anfrage –, dass es zu einer Belastung der kleinen und mittleren Einkommen kommt, weil wir Ihre Politik nämlich nicht fortsetzen.

Das war Ihre Politik, Herr Kollege Gusenbauer! Wir haben eine deutliche Entlastung in diesem Bereich sichergestellt. Das habe ich Ihnen heute nachgewiesen, und so wird es auch in Zukunft sein. Auch noch so viele Horrormeldungen von Ihrer Seite, auch noch so viele Unterstellungen und auch noch so viele Versuche, der Bevölkerung in unserem Land Angst zu machen durch die falschen Behauptungen, die Sie immer wieder aufstellen, werden daran nichts ändern können! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer  – neuerlich die "Kleine Zeitung" mit der Schlagzeile "Grasser droht mit zweitem Sparpaket" in die Höhe haltend –: Belastungsstopp?)

15.56


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam: Jede Fraktion hat eine Redezeit von 25 Minuten, kein Redner einzeln mehr als 10 Minuten.

Mir liegen zwei Wünsche nach tatsächlichen Berichtigungen vor. – Herr Abgeordneter Westenthaler, bitte. Redezeit: 2 Minuten.

15.56

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gusenbauer hat mir vorgeworfen, ich hätte falsch aus dem Parlamentsprotokoll, was seine Angelegenheit betrifft, zitiert. – Das ist unrichtig! Ich habe richtig zitiert!

Ich zitiere aus dem Protokoll der 17. Sitzung vom 22. März 2000, am Wort war Herr Abgeordneter Gusenbauer: "(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie uns, was Sie verdienen!)"  – Antwort Gusenbauer: "So viel wie Sie! (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel kriegen Sie als Parteivorsitzender? Über 100 000 S?)"  – Antwort Gusenbauer: "Nichts! (Abg. Ing. Westenthaler: Nichts?!)"  – Zitatende.

Dem widerspricht der Artikel in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Format", in dem Sie selbst zugeben, dass Sie zusätzlich zu Ihrem Abgeordnetengehalt von der Partei 70 890 S. Damit widerspreche ich Ihrem zweiten Vorwurf, dass Sie so viel wie ich verdienen. Ich bekomme von der Partei keinen Schilling. Sie haben daher die Unwahrheit gesagt und gleichzeitig das Parlament falsch informiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Ohne Leistung keine Gegenleistung, das ist klar! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer redet sich immer weiter in einen Wirbel hinein!)

15.58

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Westenthaler kann es nicht lassen! (Abg. Ing. Westenthaler: Entschuldigen Sie sich!) Alle Klubobmänner bekommen nach der Gehaltspyramide das gleiche Gehalt, daher bekomme ich das gleiche Gehalt wie der Herr Khol und wie der Herr Westenthaler – und um keinen Schilling mehr. Das ist die Wahrheit. Und wer das bezahlt, ist eine andere Angelegenheit. Sie, Herr Westenthaler, kriegen genau den gleichen Bezug wie Khol und Van der Bellen und ich vom Parlament. (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, ich kriege nichts von der Partei! – Abg. Dr. Khol: Ich kriege nichts von der Partei! Ich zahle an die Partei!) – Sie kriegen es vom Parlament, und die Bezüge der Klubobmänner sind für alle gleich. Also spielen Sie sich nicht auf! (Beifall bei der SPÖ.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Bitte die GOG-Bestimmungen zu beachten und die Redezeit einzuhalten!

15.59

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Die Frau Vizekanzlerin hat behauptet, dass durch die Steuerreform und Familienreform dieser Regierung die Einkommen trotz des ersten Belastungspakets der neuen Regierung steigen werden. – Dies ist insofern falsch, als es richtig ist, dass die Steuer- und Familienreform von der SPÖ in der früheren Regierung in dieser Form durchgesetzt wurde, die zu diesem Effekt führt und von der Freiheitlichen Partei abgelehnt wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Zum Zweiten: Die Frau Vizekanzlerin behauptete außerdem, dass die SPÖ in den letzten 30 Jahren Schulden in der Höhe von 1 600 Milliarden aufgebaut hätte. – Das ist falsch!

Richtig ist vielmehr (Ruf bei den Freiheitlichen: Es sind 1 700 Milliarden!), dass dies mehrere Regierungen waren, natürlich auch die Koalition, wobei es erwähnenswert ist, dass etwa zum Zeitpunkt des Eintritts des heutigen Bundeskanzlers in die alte Koalition 800 Milliarden Schilling Schulden vorhanden waren, und jetzt sind es 1 600 Milliarden. Das heißt, es gab eine Verdoppelung der Schulden. Daran hat der Herr Bundeskanzler maßgeblich mitgewirkt. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Die Redezeit ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

16.00

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Vizekanzlerin, Sie haben leider sehr wortreich vermieden, unsere Fragen zu beantworten. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Ich habe sie alle beantwortet!) Vor lauter Verstrickung in Leerformeln und in Attacken an die Opposition haben Sie leider vergessen, uns darzustellen, wie Sie Ihre Ansage wahr machen wollen, in den nächsten Jahren einen Belastungsstopp vorzunehmen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ungefähr zeitgleich dazu, als jetzt Anfang Juni ihre Belastungen für die Österreicherinnen und Österreicher spürbar geworden sind, ist die FPÖ-Führungsspitze nach Kärnten gerufen worden, hat sich am Millstätter See versammelt und dort vorgehalten bekommen, dass der Belastungskurs, den sie fährt, ihrer Partei offensichtlich schadet.


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Diese Nervosität verstehe ich schon, gerade vor dem Hintergrund des Arbeiterkammerwahlergebnisses, das Sie eingefahren haben und bei dem Sie nahezu halbiert worden sind. Da verstehe ich schon, dass man nervös wird und überlegt, wie man das korrigiert, was einem schadet. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber Sie haben nicht beschlossen, eine bessere Politik zu machen, sondern Sie haben sich entschieden – Herr Klubobmann Westenthaler hat das auch gleich danach offenherzig öffentlich kundgetan –, nur beim Marketing etwas zu verändern, nach dem Motto: Wir müssen uns nur besser verkaufen, wir müssen uns nur anders darstellen. – Und so hat seit diesem Treffen am Millstätter See die Täuschungsarbeit der FPÖ begonnen.

Große Versprechungen werden abgegeben, von denen man in Wahrheit schon im Vorhinein weiß, dass sie nicht eingehalten werden können: Weder der von Ihnen so genannte Belastungsstopp, mit dem Sie gleichzeitig eingestehen, dass Sie Belastungen vorgenommen haben, noch die Versprechungen, die Sie gleichzeitig abgeben, das Füllhorn noch stärker auszuschütten, die Karenzzeit um ein weiteres Jahr zu verlängern, was Ausgaben hervorruft, die absolut nicht zu decken sind, können eingehalten werden.

Frau Vizekanzlerin! Ich habe Sie bei dieser Pressekonferenz beobachtet, als Sie diesen Belastungsstopp versprochen haben, und es war Ihnen deutlich anzusehen – Sie haben mir, ehrlich gestanden, fast Leid getan (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Kein Grund zum Leidtun!)  –, dass Ihnen das unangenehm ist, denn Sie haben gewusst, dass das Versprechungen sind, die Sie nicht werden einhalten können (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Abwarten!), weil im Hintergrund bereits Ihr Finanzminister Grasser werkt. Das wissen Sie; er bastelt nämlich schon am nächsten Belastungspaket.

Und hier zu einer Ihrer Nicht-Antworten zu der Anfrage, zur Mehrwertsteuererhöhung, an der er bastelt: Wir haben nicht gefragt, ob die 10-prozentige auf 20 Prozent erhöht wird, sondern ob die 10-prozentige beziehungsweise die 20-prozentige erhöht wird. Sie haben das offenbar bewusst – ich weiß es nicht – missverstanden und als reine Erfindung abgetan, vielleicht auch, um diese Frage nicht beantworten zu müssen.

Sie basteln am nächsten Belastungspaket, aber ich mache Ihnen einen Vorschlag: Nützen Sie doch die Chance! Lassen Sie Ihren leeren Worten doch konkrete Taten folgen und unterstützen Sie unseren Entschließungsantrag, den ich hiermit einbringen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und GenossInnen betreffend eines Belastungsstopps für kleinere und mittlere Einkommen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, nicht weiterhin an den Rädern der steuerlichen Belastung und der Gebührenbelastung zu drehen und dadurch einen sofortigen Belastungsstopp für Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen umzusetzen."

*****

Leisten Sie doch bitte den Offenbarungseid! Wir werden genau beobachten, beziehungsweise die Öffentlichkeit wird genau Ihr Abstimmungsverhalten beobachten. Nützen Sie die Chance und stimmen Sie diesem Antrag zu, dem sozialdemokratischen Wunsch nach einem ehrlichen Belastungsstopp für kleinere und mittlere Einkommen!

Stimmen Sie allerdings nicht zu, dann wird sich wieder beweisen, dass Sie nichts anderes als leere Worte für "kleine" Leute übrig haben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


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29. Sitzung / Seite 113

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

16.05

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich zunächst Folgendes sagen: Bei aller Kritik an der sozialdemokratischen Fraktion, eines besitzt sie, nämlich Konsequenz. Ich bin vor sechs Wochen bei der Dringlichen Anfrage an den Bundeskanzler hier gestanden (Abg. Grabner: Da wärst du bald umgefallen! Ein Wendehals!) und habe mich damals bei der SPÖ bedankt, weil bis jetzt jede parlamentarische Sonderaktion – egal, ob Sondersitzung oder Dringliche Anfrage – ein Pluspunkt für die Regierung war. Sie sind konsequent, meine Damen und Herren von der SPÖ: Auch die heutige Sitzung ist wieder ein Pluspunkt für die Regierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt nur einen kleinen Unterschied: Bei den früheren parlamentarischen Sonderaktivitäten mussten wir zumindest einige Zeit warten, mussten wir einige Zeit lang die Debatte verfolgen, um zu wissen, dass es ein Flop ist. Heute haben wir schon zwei Stunden vorher gewusst, dass das Ganze ein Flop ist, weil von zehn Fragen sieben als nicht geschäftsordnungskonform, als de facto verfassungswidrig bezeichnet wurden. Meine Damen und Herren! Zwei Stunden vorher schon zu wissen, dass das ein Flop ist, das ist ein Tiefpunkt Ihrer parlamentarischen Tätigkeit, Herr Kollege Gusenbauer. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich will ja nicht sagen, was wahrscheinlich in anderen Fraktionen mit einem Klubobmann oder einem geschäftsführenden Klubobmann geschehen würde, dem so etwas passiert. Die wären wahrscheinlich nicht sehr lange in dieser Funktion. Es ist offensichtlich der Gutmütigkeit der SPÖ-Fraktion zuzuschreiben, dass Sie sich all diese Tiefpunkte leisten können. (Abg. Schwemlein: Sie werden immer schwächer! Es ist traurig!)

Herr Kollege! Es sind ja nicht nur die Fragen nicht geschäftsordnungskonform, nämlich Fragestellungen wie: Was wäre, wenn? Was würden Sie tun, wenn?, sondern wenn schon in der Einleitung zu den Fragen davon die Rede ist, dass die Budgetkonsolidierung für diese Bundesregierung nur ein "Vorwand" ist, so ist das doch ein totaler Realitätsverlust. Egal, ob die EU, die OECD, der Währungsfonds, egal, ob die eigenen Experten, wie Felderer, Professor Kramer, Professor Frisch, alle sagen: Wir müssten eigentlich viel mehr sparen, wir müssten viel härter durchgreifen.

Ihr Problem ist, dass die eigenen Experten Ihnen heute vorwerfen, dass Sie die Konsolidierung des Budgets nicht ernst nehmen. Das ist Ihr Problem, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn diese Bundesregierung angetreten ist, das Land neu zu regieren, so heißt "neu regieren" natürlich auch, Mut zur Wahrheit zu haben, Probleme offen anzusprechen, nicht zu verschleiern, sondern dem Bürger die Wahrheit zu sagen. (Abg. Edlinger: Warum tun Sie das nicht?) Und Ihr Problem – das signalisieren alle Meinungsumfragen, meine Damen und Herren von der SPÖ – ist, dass der Bürger viel vernünftiger ist, als Sie glauben. Der Bürger durchschaut das, was Sie hier im Hohen Hause an Spektakel aufführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Abg. Schwemlein. )

Der Bürger durchschaut auch – Herr Kollege, da können Sie noch so viel dazwischen rufen –, dass für uns Budgetpolitik Zukunftsgestaltung ist, für Sie Budgetpolitik hingegen Schulden machen zu Lasten der Zukunft unserer Kinder ist. Das werden wir hier im Hohen Hause als Regierung sicher nicht zulassen, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das ist überhaupt keine Qualität mehr, das ist nur mehr Polemik!)

Sie haben nicht den Mut zur Wahrheit. Sie wären gut beraten, weniger Zeit für Straßendemonstrationen und Streikaufrufe aufzuwenden, sondern mehr Zeit in konstruktive Vorschläge zu


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investieren, was die Zukunft betrifft! Das wäre eigentlich eine konstruktive Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber Sie beweisen ja mit jeder parlamentarischen Sitzung zweierlei: Sie beweisen erstens, dass Sie schlechte Verlierer sind (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), ganz schlechte Verlierer, und Sie beweisen zweitens, dass Sie völlig außer Rand und Band, dass Sie völlig außer Tritt sind, sonst könnten so blamable Dinge wie heute nicht passieren. (Abg. Schwemlein: Das kommt nicht an, sonst hätten wir die Arbeiterkammerwahlen nicht gewonnen!) Das könnte nicht passieren, wenn Sie nicht völlig außer Tritt wären. Herr Kollege! Das ist die Wahrheit, aber ich gebe zu, die Wahrheit hört man manchmal nicht gerne.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. In der Anfrage heißt es, da werden die Unternehmen entlastet. – Sie haben völlig übersehen, dass die Unternehmen für die Budgetkonsolidierung 2000 14,3 Milliarden Schilling aus sonst möglichen Lohnnebenkostensenkungen zur Budgetkonsolidierung beisteuern. (Abg. Edlinger: Geh, hör auf!) Herr Kollege, 14,3 Milliarden Schilling! – Sie von der SPÖ verdrehen die Tatsachen, Sie sagen die Unwahrheit! (Abg. Edlinger: Sie wissen doch, dass das nicht stimmt!)

Herr Alt-Finanzminister Edlinger! Von wem kam denn der Vorschlag, das Frühpensionsalter muss um zwei Jahre angehoben werden? (Abg. Edlinger: Vom Schüssel!) Er kam von Ihnen! Und jetzt sind eineinhalb Jahre in sanften Etappenschritten zu viel? (Abg. Edlinger: Der Schüssel hat diesen Vorschlag gemacht!) Das ist unglaubwürdige Politik, genauso unglaubwürdig, Herr Alt-Finanzminister, wie das, was Sie uns wochenlang erzählt haben, was das berühmte Edlinger-Budgetloch betrifft.

Dieser Kassasturz war notwendig und hat gezeigt, wie wichtig es war, einen Regierungsumschwung zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, ich will jedoch nicht weiter in Ihren Wunden wühlen – und außerdem geht meine Redezeit zu Ende. Nur eines noch: Der Volksmund sagt – und das trifft halt leider auf Sie zu –: "Ein Unglück kommt selten allein." Über Sie bricht in jeder Parlamentssitzung ein neues Unglück herein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – auf leere Bankreihen der SPÖ weisend –: Nur fürs Protokoll: Die SPÖ befindet sich offenbar in einer Krisensitzung! Und der Schwemlein darf nicht dabei sein bei dieser Krisensitzung! – Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Wo sind denn eure Leute? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.11

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Anfragesteller ist entfleucht – genau!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in der letzten Zeit ja einige Dringliche Anfragen Ihrer Fraktion erlebt, aber die heutige Dringliche Anfrage ist der so genannte Offenbarungseid: Von zehn Fragen sind Ihnen sieben gestrichen worden, und während der Debatte kommen Sie darauf, man könnte jetzt hier im Hohen Hause eine Änderung der Geschäftsordnung herbeiführen, damit man dann eine so genannte mündliche Anfrage an die Frau Vizekanzlerin stellen kann. Und während der Ausführungen der Frau Vizekanzlerin kommen Sie darauf, dass Sie jetzt wissen wollen, wie man sich die Einsparung von 30 000 Planstellen vorstellt. Da hätten Sie fragen können: Wo wollen Sie einsparen? Wie wollen Sie das einsparen? Wann wollen Sie damit beginnen? Wie lange soll das Ganze dauern? Welche Auswirkungen soll das auf das Budget haben?

Da hätten Sie schon fünf Fragen gehabt, und damit hätten Sie sich eine riesengroße Peinlichkeit erspart. Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Gehen Sie zur Freiheitlichen Partei und nehmen Sie


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Nachhilfestunden im Stellen Dringlicher Anfragen, dann werden Sie solche Blamagen nicht mehr erleben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Genau! Das ist ein guter Rat! – Gegenrufe des Abg. Oberhaidinger.  Abg. Gaugg: Da stellen Sie eine Dringliche, und dann ist keiner mehr da!)

Aber warum diese Dringliche Anfrage so lieblos gestaltet ist, Herr Kollege Oberhaidinger, hat natürlich schon einen bestimmten Grund. Das hat einen bestimmten Grund, und zwar den so genannten Nachlass, den wir von Ihnen bekommen haben. Wir haben von Ihnen einen "schönen" Nachlass in der Größenordnung von 1 700 Milliarden Schilling Schulden bekommen, Herr Alt-Finanzminister Edlinger. Die Zahl stimmt, glaube ich, oder? 1 700 Milliarden Schilling also! Die Zinsen dafür betragen etwa 100 Milliarden Schilling. – Das macht pro Tag 274 Millionen Schilling, das macht pro Stunde 11,5 Millionen Schilling, das macht pro Minute 190 000 S, und das macht pro Sekunde 3 170 S. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Kollege Haigermoser, wenn du einmal aus- und einmal einatmest, sind 10 000 S weg für die Bedienung der Staatsschulden. (Abg. Haigermoser: Na servas! Da bin ich aber ein teurer Atmer! Da schneidet’s mir ja die Luft ab!)

Das ist der Nachlass, den Sie uns hinterlassen haben, und mit diesem Nachlass sind Sie alleine konfrontiert, Herr Ex-Finanzminister. Mit diesem Nachlass sind Sie deshalb konfrontiert, weil Österreich unter Ihrer Ägide immerhin auf den letzten Platz in Europa zurückgefallen ist. Unter Ihrer Ägide ist Österreich – trotz eines hohen Wirtschaftswachstums beziehungsweise trotz Steuererhöhungen in einem unglaublich hohen Maße – auf den letzten Platz zurückgefallen. (Abg. Edlinger: Auf den letzten Platz sind wir durch die Steuersenkung gefallen!) Die österreichische Bevölkerung fragt sich, wie es so etwas überhaupt gibt.

Da kommen die Alt-Regierungsmitglieder der Sozialistischen Partei, so zum Beispiel der Herr Edlinger, hier heraus und rühmen sich: Österreich ist das drittreichste Land in Europa, Österreich das siebentreichste Land in der Welt! – Angesichts dessen fragen sich die Menschen natürlich schon, warum unsere Situation so trist ist, dass wir in Europa an letzter Stelle sind. Warum ist die Situation so trist, dass 1 Million Menschen an der Armutsgrenze lebt? Warum ist die Situation so trist in Bezug auf Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in der Größenordnung von 30 Prozent?

Jede Familie mit zwei Kindern hat 1 Million Schilling Schulden als "Startkapital". – Das ist der "Erfolg" Ihrer Politik! Und jetzt gehen Sie her und sagen ganz locker: Seit die Freiheitlichen in der Bundesregierung sind, gibt es ein ungeheures Belastungspaket! (Abg. Edlinger: Eines nach dem anderen! Das kommt schon!) Genau das ist nicht der Fall, und ich werde Ihnen jetzt dezidiert erklären, warum das nicht der Fall ist.

Sie haben in den Jahren 1996 und 1997 auf Grund der Steuererhöhungen bei den direkten Steuern um 65,8 Milliarden Schilling erhöht. Sie haben bei den indirekten Steuern um 28,11 Milliarden Schilling erhöht, und Sie haben bei Familienförderung, Kinderbeihilfe, Karenzgeld um 14,8 Milliarden Schilling erhöht. Und Sie haben auch eine Pensionsreform in Gang gesetzt. Das hat in den Jahren 1997 und 1998 für die österreichische Bevölkerung eine Belastung in der Größenordnung von mehr als 20 Milliarden Schilling bedeutet.

Mehr als 20 Milliarden Schilling bitte! Und im Endeffekt ist nichts herausgekommen, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil Sie nur die Kleinen gerupft haben. Es gab aber auch Sonderpensionsrechte. Diejenigen, die es sich richten konnten, haben Sie auch noch geschützt. – Das ist sicherlich nicht der freiheitliche Weg, sondern hier wird eine Pensionsreform in Gang gesetzt, die eine Pensionsabsicherung für die zukünftige Periode bedeuten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie die Belastungen der Bevölkerung durch das Budget 2000 aufgrund der Steuererhöhungen – und ich sage einfach, dass es Steuererhöhungen sind; es geht um die Durchleitungsabgabe, es geht um die motorbezogene Versicherungssteuer, es geht um die Tabaksteuer; das ist ein Paket in der Größenordnung von 7 Milliarden Schilling – der Tatsache gegenüberstellen, dass wir es ermöglicht haben, eine Steuerreform finanzierbar zu machen, die eine Aus


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wirkung von 29 Milliarden Schilling hat, dann kommen Sie darauf, dass es für die österreichische Bevölkerung eine Nettoentlastung von 22 Milliarden Schilling gibt. (Abg. Edlinger: Falsch, das wissen Sie!)

Ich sage Ihnen auch dazu, Herr Ex-Finanzminister: Warum wir damals nicht zugestimmt haben, hat auch einen bestimmten Grund. Sie haben nämlich das Hohe Haus falsch über die tatsächliche finanzielle Situation der Republik Österreich informiert. Kollege Van der Bellen ist damals hier heraus gegangen und hat gesagt, Sie hinterlegen hier einen Blankoscheck in der Größenordnung von 29 Milliarden Schilling, deswegen kann diese Reform in keinster Weise akzeptiert werden.

Wir Freiheitlichen haben gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei, mit einem freiheitlichen Finanzminister, diese Reformmaßnahmen finanzierbar gemacht, und das ist bisher der größte Erfolg dieser Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie von der SPÖ sind in Ihrer Fragestellung ja auch ein wenig erschrocken. Sie schreiben hier herein, was wir erhöht haben: die Umsatzsteuer auf die Speisen, die Besteuerung des Weinverkaufes durch den Weinbauern, die Steuern auf Kaffee und Tee, Erhöhung der Biersteuer, Alkoholsteuer, Scheinwaum ... – pardon: Schaumweinsteuer. (Abg. Mag. Kogler: Scheinwaumsteuer!)  – Schaumweinsteuer, ja; das kann ja einmal passieren.

Was Sie natürlich nicht berücksichtigen bei dieser ganzen Auseinandersetzung, ist, dass es durch diese Ersatzlösung für die Getränkesteuer zu einer Entlastung von 1,4 bis 1,6 Milliarden Schilling für die österreichische Wirtschaft und auch für den österreichischen Konsumenten kommt. (Abg. Edlinger: Nein, nur für die Wirtschaft!) Auch für die österreichische Wirtschaft, auch für den österreichischen Konsumenten! (Abg. Edlinger: Wo? Nirgends! Das ist doch absurd!)

Wenn diese Getränkesteuer auf Bier durchkalkuliert wird, dann ist die Halbe Bier einfach um 2,50 S billiger, und das ist für mich eine Steuersenkung – und keine Steuererhöhung, wie Sie das immer darzustellen versuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat natürlich auch Maßnahmen ergriffen, die Sie längst hätten ergreifen sollen, aber dazu nicht in der Lage waren, beziehungsweise haben Sie das immer wieder auf die lange Bank geschoben. Das betrifft unter anderem die Getränkesteuerlösung, die jetzt hervorragend gelungen ist, auch unter Einbeziehung der Länder und Gemeinden. (Abg. Edlinger: " Hervorragend"? Das glauben aber nur Sie!)

Der zweite Bereich betrifft die Anonymität der Sparbücher. Sie haben das Ganze vor sich hergeschoben. Wir von der Freiheitlichen Partei haben ständig darauf aufmerksam gemacht, dass die Anonymität der Sparbücher abgeschafft wird. Wir haben Anträge für eine Verstärkung des Bankgeheimnisses im Wege des Bankwesengesetzes eingebracht, aber Sie haben das immer wieder abgelehnt. Jetzt ist das Bankwesengesetz unverändert, aber die Anonymität ist abgeschafft. – Die freiheitlichen Regierungsmitglieder haben gemeinsam mit der ÖVP diese Lösung zu Stande gebracht, aber das mit dem Bankgeheimnis haben alleine Sie zu verantworten, Herr Alt-Finanzminister Edlinger. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat es zu Stande gebracht, innerhalb kürzester Zeit eine Wohnrechtsnovelle in Gang zu setzen, die zu drastischen Mietsenkungen für die Mieter führen wird.

Diese Bundesregierung hat es zu Stande gebracht, ein Privatisierungsgesetz für die ÖIAG in Gang zu setzen. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Schulden aus der ÖIAG zurückbezahlt werden, dass keine langfristigen Finanzierungserfordernisse für zukünftige Generationen mehr entstehen werden.

Und diese Bundesregierung hat es vor allen Dingen auch zu Stande gebracht, dass die Zwangsarbeiterlösung, die Sie lange vor sich hergeschoben haben, endlich einer Realisierung zugeführt wird.


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Das alles sind Versäumnisse, die Sie uns als Erbe hinterlassen haben. – Diese Bundesregierung hat es innerhalb von 100 Tagen geschafft, ein Maßnahmenpaket in Form von Initiativen in sehr gut dosierter Form zu schnüren, das sich seines Namens nicht zu schämen braucht. Sie sollten diese Initiativen beziehungsweise diese Regierungsvorlagen, mit denen sehr viel für die österreichische Bevölkerung bewirkt wird, eher begrüßen und nicht immer nur schlecht machen, wie Sie das tun.

Wenn Sie andere Vorschläge haben, dann bringen Sie sie bitte hier ein. Aber Sie machen hier eine Frontal-Opposition, mit der Sie von der SPÖ in den nächsten Jahren sicherlich weiterhin Schiffbruch erleiden werden. Das Cover der letzten "profil"-Ausgabe zeigt ja, wohin die Reise der SPÖ geht: Bereits jetzt sind Sie unter 30 Prozent. Der Weg zu den 25 Prozent wird nicht mehr weit sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des Abg. Mag. Trattner –: Der letzte Satz war der beste! Es war alles gut, aber der war der beste Satz!)

16.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol – er ist jetzt nicht da, aber ich denke, es wird ihm schon berichtet werden, oder vielleicht kann er es auch mithören –: Ich verstehe ja, Herr Klubobmann Khol, dass Sie sich schwer tun, nach dem Abgeordneten und Klubobmann Westenthaler, der diesmal seinen "Pflug" zur Beackerung des Parlaments schon ziemlich tief eingestellt hat, noch irgend etwas zu finden, wo Sie pflügen können. Aber, Herr Klubobmann Khol, wir Grünen sind nicht einverstanden damit, dass Sie, um hier noch etwas zum Pflügen zu finden, ein rhetorisches Niveau erreichen, das jeder Diskussion spottet. Und es spottet jeder Debatte, besonders jeder Debatte hier im Hohen Hause, wenn ein Klubobmann einer christlichen Partei von den "dümmsten Eskimos am Schlitten" spricht. Das spottet jeder Debatte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und es spottet auch jeder Debatte, meine Damen und Herren – und diese Anspielung war sehr fein und sehr versteckt und gerade deswegen sehr bösartig –, wenn Klubobmann Khol, der das genau weiß und zu dosieren vermag, die zukünftigen Erkrankungen von anderen Politikern in diesem Hause zum Gegenstand der Belustigung macht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben hier in diesen Fragen zumindest noch ein Niveau gehabt, das zwar nicht sehr hoch war, meine Damen und Herren, aber uns Grünen ist es wichtig, dass wenigstens dieses Niveau gewahrt bleibt.

Zum Inhalt der Debatte, meine Damen und Herren. – Es ist gar nicht so einfach, nach dem, was vorgefallen ist, darauf Bezug zu nehmen, aber erlauben Sie mir einige Anmerkungen. Ich hätte mir schon etwas mehr Ernsthaftigkeit gewünscht – auch von Seiten der Regierungsvertreter –, wenn Sie uns heute erklären wollen, wie Sie das machen wollen, was wir gerade heute wieder im "Standard" lesen, dass der Herr Finanzminister zusätzliche 30 Milliarden Schilling bis zum Jahre 2003 durch ausgabenseitige Einsparungen aufbringen will. Der Herr Finanzminister oder in diesem Fall die Frau Vizekanzlerin, die befragt wurde, soll erklären, woher die restlichen Milliarden – und das sind im Jahre 2001 immerhin 70 Milliarden Schilling, die eingespart werden müssen – kommen sollen.

Das wird nicht möglich sein, Frau Vizekanzlerin, dass Sie 100 Milliarden Schilling – oder nennen wir nur die Zahlen für 2001 – ausgabenseitig einsparen werden. Das ist nicht denkbar, es sei denn, Sie greifen – und es gibt ja auch genügend Grund und Anlass, daran zu denken – auf die Sozialtransfers zurück, Sie greifen genau auf jene Mittel zurück, die in unserem Lande verteilt werden, um denjenigen zu helfen, die über die primäre Einkommensverteilung zu wenig erhalten.


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Oder, meine Damen und Herren: Wenn Sie ausgabenseitig nicht bei den Sozialtransfers sparen wollen, dann erklären Sie uns, wo Sie sparen wollen, wo Sie diese 70 Milliarden Schilling herbekommen. Oder, Frau Vizekanzlerin: Erklären Sie, wie Sie sonst zu dieser Summe kommen wollen, welche steuerlichen oder sonstigen Abgaben Sie erhöhen wollen, um zu dieser Summe zu kommen, um diese 70 Milliarden Schilling für 2001 aufbringen zu können. Woher nehmen Sie es? – Von nichts kommt nichts, meine Damen und Herren.

Und ich sage Ihnen, nachdem ich ja schon darauf gewartet habe, dass dieses Beispiel mit den Sekunden und den Minuten wieder kommt, das zeigen soll, wie die Tausender da durch die Hand des Finanzministers oder der österreichischen BürgerInnen gleiten: Versuchen Sie, mit mir einem Vergleich jener Staaten zu folgen, die konsolidiert haben und die dann Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet haben. Vergleichen wir das mit der österreichischen Situation.

Diese Länder sind Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Finnland, Schweden und Großbritannien. Sie alle haben Überschüsse erwirtschaftet. Aber was fällt auf? – Mit Ausnahme von Großbritannien sind das alles Länder, bei denen die Steuer- und Abgabenquote wesentlich höher ist als bei uns in Österreich. Dänemark: 49,5 Prozent, Luxemburg – es lässt sich schwer vergleichen, das gebe ich schon zu –: 46,5 Prozent, Finnland: 46,5 Prozent, Schweden: 51,9 Prozent. Nur in Großbritannien ist die Steuer- und Abgabenquote sehr niedrig: 35,4 Prozent; das fällt hier aus dem Rahmen.

Aber bitte, meine Damen und Herren, Sie werden doch wohl nicht den Fehler machen wollen, Österreich auf das britische Niveau bringen und das als Erfolg bezeichnen zu wollen? (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wenn es so ist, dass diese Länder ihre Konsolidierungserfolge auch deshalb erzielt haben, weil sie eine höhere Steuer- und Abgabenquote haben, dann ist es im Weiteren interessant, sich anzusehen, wie es bei der Verteilung innerhalb dieser Steuern aussieht. Und da fällt weiters auf, das sind alles – durch die Bank – Länder, die eine wesentlich höhere Gewinnbesteuerung von Kapitalgesellschaften als Österreich haben.

Ich kann Ihnen die Zahlen noch einmal vorlesen: Dänemark 2,6 Prozent des BIP, Luxemburg 8,6 Prozent des BIP, Irland 3,3 Prozent des BIP, Niederlande 4,4 Prozent des BIP. – Ja, da wird mehr auch von den Gewinnen genommen, und offensichtlich hindert das diese Länder nicht daran, zu florieren, und offensichtlich ist es auch mit eine Voraussetzung, um den Staatshaushalt konsolidieren zu können, um letztlich wieder Bedingungen zu schaffen, von denen Sie überzeugt sind, dass sie notwendig sind für die Wirtschaft. Und "für die Wirtschaft" heißt dann nicht nur für die Betriebe, sondern auch für die Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie diesem Beispiel folgen wollen, dann erklären Sie sich! Sagen Sie, ob Sie vorhaben, die Körperschaftsteuer zu erhöhen, ob Sie vorhaben, etwa die Abgaben oder Steuern im Bereich von Erbschaften, Vermögen oder Schenkungen wieder einzuführen beziehungsweise zu erhöhen! Haben Sie das vor? Oder wo wollen Sie sonst konsolidieren?

Bei den Lohnsteuern werden Sie es nicht machen. Bei den indirekten Steuern, wie etwa der Mehrwertsteuer, nehme ich auch an, dass Sie es nicht machen werden, wenn ich zumindest der Erklärung der Frau Vizekanzlerin folgen darf. Also wo wollen Sie im steuerlichen Bereich Einnahmen beschaffen? Schaffen Sie es ohne Einnahmen? – Das glaube ich nicht. Und deshalb, meine Damen und Herren, bin ich überzeugt davon, dass diese Regierung – umso mehr, als sie ihre Handschrift auch schon in diesem Budget 2000 hinterlassen hat – in jene Bereiche greifen wird, wo es für die kleineren und mittleren Einkommen tatsächlich gefährlich wird: bei den Sozialtransfers.

Frau Vizekanzlerin, Ihr Beispiel, das Sie gebracht haben, wo Sie sich gebrüstet haben, welche Entlastung Sie geschaffen haben durch die Steuerreform, ist wunderbar dazu geeignet, zu demonstrieren, was diese Sozialpolitik oder diese Politik der neuen Bundesregierung bedeutet. Sie haben das Beispiel einer Alleinerzieherin mit 18 600 S brutto und einem Kind oder zwei Kindern, die sie zu versorgen hat, gebracht. 18 600 S brutto. Sie erfährt durch die Steuerreform


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dieser oder der alten Bundesregierung – darüber will ich nicht streiten – pro Jahr 8 000 bis 9 000 S an Entlastung.

Nun wissen wir alle, das ist insgesamt gar nicht so viel; diese Frau hat ja ein Nettoeinkommen von zirka 13 000 S. Interessant ist aber, Frau Vizekanzlerin – und da sollten Sie wirklich aufpassen! –: Mit Ihren angedachten Zuverdienstgrenzen für den Bezug von Karenzgeld erhält genau diese Frau nicht mehr das "Karenzgeld für alle". Sie wird es nicht mehr erhalten, wenn man bei dieser Grenze von 200 000 S bleibt, denn diese im Beispiel genannte Frau verdient mehr. Ohne 13. und 14. Monatsgehalt verliert diese Frau, verlieren Alleinerzieherinnen mit einem Kind oder zwei Kindern, das "Karenzgeld für alle". Wissen Sie, was das im Jahr ausmacht? – Das sind 72 000 S!

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, brüsten sich auf der einen Seite damit, dass diese Frau durch die Steuerreform 8 000 S mehr bekomme – aber auf der anderen Seite werden durch eine Maßnahme, die Sie in den nächsten Monaten beschließen werden, genau dieser Frau 72 000 S weggenommen! (Widerspruch der Abg. Haller. ) Diese Frau arbeitet, und sie finanziert dieses "Karenzgeld für alle" – "alle" bitte auch unter Anführungszeichen –, erhält es selbst jedoch nicht! (Abg. Haller: Was reden Sie da?! So ein Schmarr’n!) Und das soll der "Erfolg" dieser Bundesregierung sein? – Das glauben Sie doch selbst nicht, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie haben keine Ahnung! Lassen Sie sich das einmal erklären! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist doch mehr als deutlich der Beweis dafür, dass Sie nicht daran denken, zu Gunsten der kleineren und mittleren Einkommen tatsächlich für Entlastungen zu sorgen, sondern Sie planen – und das wäre eine spannende Debatte gewesen, was Sie da genau vorhaben –, in Zukunft bei den Abgaben, bei den Sozialtransfers genau dort hineinzugreifen, wo es die Armen und Ärmsten in unserem Lande am meisten trifft. (Beifall bei den Grünen.)

16.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Nur für das Protokoll, Herr Präsident: Bei der Dringlichen Anfrage der SPÖ ist Herr Gusenbauer nicht da! Und nur ein Drittel der Abgeordneten der SPÖ ist bei ihrer eigenen Anfrage da! So "ernst" nehmen sie ihre Anfrage! Abg. Schwemlein: Die Anfrage wurde ja nicht einmal beantwortet! Bei der "Beantwortung" ist das kein Wunder! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Frau Abgeordnete Kubitschek ist jetzt am Wort! – Bitte.

16.32

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Frau Vizekanzlerin Riess-Passer hat – auch wenn sie sich heute offensichtlich nicht mehr so gerne dazu bekennt – gemeinsam mit dem "einfachen Parteimitglied" Jörg Haider in aller Öffentlichkeit das Versprechen abgegeben, dass die FPÖ in der Regierung dafür sorgen werde, dass es zu keinen weiteren Belastungen kommen werde. Die FPÖ werde, wie die Frau Vizekanzlerin sagte, "verhindern", dass das Budget weiterhin – ich betone: weiterhin! – über Steuer- und Gebührenerhöhungen saniert wird.

Das setzt natürlich logischerweise voraus, dass es ein Belastungspaket gibt. Und da Erhöhungen von Gebühren und Verbrauchersteuern bekanntlich dazu führen, dass besonders "kleine" Leute davon betroffen sind, bedeutet dies, dass sich die FPÖ – auch wenn es ihr jetzt sehr unangenehm, ja geradezu peinlich ist – der SPÖ-Haltung angeschlossen hat, die eben der Überzeugung ist, dass man nicht einseitig Geschenke an Unternehmen verteilen und "kleine" Einkommensbezieher dafür zahlen lassen darf.

Soziale Ausgewogenheit, meine Damen und Herren, ist viel mehr der Maßstab, den man anlegt, wenn man den Anspruch erhebt, "kleine" Leute zu vertreten. Die Frage, die sich für uns nun allerdings stellt, ist, was wir von diesem Ihrem Versprechen halten sollen: von einem Versprechen also, mit dem ein Belastungsstopp angekündigt wird. Das Problem ist nämlich, dass es


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sich hiebei nicht um das erste Versprechen dieser Art handelt. Ganz im Gegenteil: Seit Jahren predigt die FPÖ landauf, landab, sie sei die einzige Partei, die die "einfachen, braven und fleißigen Österreicherinnen und Österreicher" ernsthaft vertrete.

Viele dieser "kleinen und braven Menschen" haben sich damals von den Freiheitlichen überzeugen lassen. – Jetzt allerdings, meine Damen und Herren von der FPÖ, stehen Sie vor der ziemlich schwierigen Aufgabe, den "kleinen" Leuten zu erklären, warum die Freiheitlichen gleich die erstbeste Gelegenheit dazu benutzt haben, die Interessen genau dieser Menschen zu verraten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie werden nicht um die Tatsache herumkommen, ein Belastungspaket beschlossen zu haben, mit dem "kleine" Leute doppelt und dreifach belastet werden.

Ich bin auf Ihrer Seite, wenn Sie der Meinung sind, dass es nicht einfach ist, Ihren Wählern ein Belastungsbudget zu verkaufen, eines, das jedes Gefühl für Gerechtigkeit vermissen lässt. Und da natürlich auch einfachen Parteimitgliedern auffallen muss, was da gespielt wird, ist Herr Westenthaler nicht müde geworden, zu erklären, dass es sich hiebei keinesfalls um ein Belastungspaket handle, sondern ganz im Gegenteil. Glaubt man Herrn Westenthaler nämlich, dann bringt diese Regierung den Leuten sogar Steuerersparnisse in Milliardenhöhe. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die ist schlecht!)

Da kann es schon passieren, dass man im Eifer des Gefechts darauf "vergisst", zu erwähnen, dass die 20 oder 21 Milliarden Schilling an Steuerersparnis tatsächlich unter einer SPÖ-Regierung beschlossen wurden – wobei dazu gesagt werden muss, dass da die FPÖ nicht mitgestimmt hat.

Meine Damen und Herren! Was man bei aller Nachsicht aber wirklich nicht vergessen sollte, ist, dazu zu sagen, dass die verteilten Milliarden auch gleich wieder abkassiert werden, um eben den Unternehmern eine Freude zu bereiten.

Auch wenn Sie von der FPÖ es tausend Mal wiederholen: Ihre einfachen Parteimitglieder nehmen Ihnen diese Geschichten einfach nicht mehr ab! Das ist auch der Grund dafür, dass Ihnen die Wähler in alle Richtungen davonlaufen.

Ihr nicht ganz so einfaches Parteimitglied Jörg Haider hat das natürlich verstanden – und er wird, so scheint es, zunehmend nervös. Daher sehen wir uns jetzt mit einem neuerlichen Versprechen Ihrerseits konfrontiert: das Ende der Belastungspolitik. – Wir würden das wirklich gerne glauben, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, allerdings: Angesichts der Rahmenbedingungen, vor denen dieses Versprechen abgegeben wurde, ist es, würde ich meinen, durchaus legitim, die Frage zu stellen, ob das auch eingehalten werden kann.

Bisher haben wir dazu aus der FPÖ nämlich – auch wenn das immer wieder bestritten wird! – ganz andere Töne vernommen. In Zeitungen ist immer wieder zu lesen – so übrigens auch heute –, dass Herr Minister Grasser neue Belastungspakete plant. Minister Grasser hat sich von diesen Zeitungsartikeln meines Wissens nie distanziert. Ganz im Gegenteil! Und auch in heutigen Zeitungsmeldungen kann man das, wie gesagt, wieder genau nachlesen.

Dieser verkündete "Belastungsstopp" wird also ganz offensichtlich nicht einmal von der FPÖ selbst ernst genommen. Wie, meine Damen und Herren, glauben Sie also, dass wir mit diesem Ihrem Versprechen umgehen sollen?

Tatsächlich sind die Rahmenbedingungen für einen Belastungsstopp denkbar schlecht, und zwar nicht deshalb, weil diese Regierung ein Budgetdefizit übernommen hätte, für das sie nicht verantwortlich ist, sondern: Mittlerweile sind die Probleme durchaus hausgemacht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Erstens hat es diese Regierung verabsäumt, im Budget 2000 irgendwelche Strukturmaßnahmen zu setzen, die zu einer dauerhaften Sanierung führen könnten, was zur Folge hat, dass sich der Druck auf das nächste Budget massiv erhöhen wird.

Zweitens hat diese Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode weitere Ausgaben geplant, Ausgaben, die sich insgesamt auf ungefähr 38 Milliarden Schilling an Mehraufwand belaufen – und dazu kommen noch Ausgaben in Höhe von ungefähr 18 Milliarden Schilling für das dritte Karenzjahr und einige "Kleinigkeiten" mehr.

Diese Mehrausgaben, meine Damen und Herren, werden zuvor von irgend jemandem zu bezahlen sein!

Drittens hat Herr Bundeskanzler Schüssel mehrfach angekündigt, dass man in den nächsten drei Jahren 400 Milliarden Schilling einsparen werde.

Viertens besteht die Europäische Union darauf, dass Herr Minister Grasser bei seinem zweiten Budget ein "ambitionierteres Sanierungspaket" vorlegt, als das bei seinem ersten der Fall war.

Auch wenn ich mir wünschen würde, Frau Vizekanzlerin, dass Sie dieses Ihr Versprechen einhalten, nämlich einen Belastungsstopp herbeizuführen, so weiß ich beim besten Willen nicht, wie Ihnen das gelingen soll. – Ob man aber ein Versprechen einhalten kann, sollte man sich überlegen, bevor man ein solches gibt.

Daher können Sie sicher sein, Frau Vizekanzlerin, dass wir – und sicherlich auch Ihre einfachen Parteimitglieder – Sie daran messen werden, ob Sie dieses Versprechen einhalten werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.40

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Böhmdorfer! Heute und morgen geht es darum, ehrgeizige Punkte unseres Regierungsprogrammes umzusetzen; es wird ja sicherlich noch hochinteressante Debatten dazu geben.

Wenn aber Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, heute eine Dringliche Anfrage hier einbringen – und das trotz einer ohnehin schon umfangreichen Tagesordnung! –, Ihnen aber dann diese Ihre eigene Dringliche nicht einmal die Anwesenheit der Hälfte Ihrer Abgeordneten "wert" ist, dann brauche ich als Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei (Abg. Schwemlein: Nicht weiterreden!) zu dieser Dringlichen Anfrage nichts mehr zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer –: Der Mühlbachler brachte die gleichen Inhalte wie Sie, Frau Vizekanzlerin, nur hat er es kürzer gemacht! – Weitere Zwischenrufe des Abg. Schwemlein sowie Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.41

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Schwemlein, Sie sollten sich nicht so aufregen: Die Antworten waren im Verhältnis zur Dürftigkeit der Anfrage Ihres Klubobmannes Gusenbauer jedenfalls aus meiner Sicht überwältigend. (Abg. Schwemlein: Aber nur aus deiner Sicht!) Ich jedenfalls habe eine solche Anfrage wie die heutige der sozialdemokratischen Fraktion in meinen 14 Jahren hier im Hohen Hause noch nicht erlebt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Wenn ich mir eine semantische Benotung Ihrer Anfrage hier erlaube, so, Herr Kollege Schwemlein, muss ich sagen: Das erinnert mich deutlich daran, dass die letzten Wahlanalysen eindeutig gezeigt haben, dass Sie von der SPÖ bei den Jungwählern keine Zukunft haben. (Abg. Schwemlein: Arbeiterkammer-Wahlen!) Und das dürfte Sie auch dazu veranlasst haben, heute durch zehn "Zukunftsfragen" zumindest Ihren Sinn für Zukunft zu signalisieren. (Abg. Schwemlein: Lieber Kollege Haupt! Euch laufen die Leute in Scharen davon!) Gelungen, sehr geehrter Herr Kollege Schwemlein, ist das Ihnen und Ihrer Fraktion jedoch nicht! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn ich mir Ihre Dringliche Anfrage, die Fragen 1, 2, und 3 und den Inhalt dieser Fragen insgesamt ansehe – wobei übrigens keinerlei Grundlage dafür, und zwar weder im Regierungsprogramm noch in den Vorhaben dieser Bundesregierung, zu finden ist –, so muss ich sagen: Das erinnert mich schon sehr daran, was die Arbeiterkammer Wien in ihren Wahlbroschüren (Abg. Schwemlein: Die waren weit erfolgreicher als eure!) für die Arbeiterkammerwahlen in Wien publiziert hat, nämlich: Wir werden den 13. und 14. Monatsgehalt sichern; wir werden die Erhöhung der Mehrwertsteuer verhindern, und wir werden Gebührenerhöhungen verhindern. – Das bitte schrieb die AK Wien.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten: Das, was Sie mit dieser Anfrage gemacht haben, ist nicht anderes als die Methode "Haltet den Dieb!" Sie wollen das rechtfertigen, was die Arbeiterkammer Wien im Wahlkampf wider besseres Wissen gemacht hat, nämlich etwas zu behaupten, was überhaupt nie zur Diskussion gestanden ist. Sie werden also weiterhin versuchen, die Österreicherinnen und Österreicher zu verunsichern und durch Aktionen wie Ihre heutige hier im Hohen Hause zu verhindern, dass eine Beschlussfassung notwendiger und wichtiger Gesetze hier erfolgt. Das, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, wird Ihnen aber nicht gelingen! (Abg. Schwemlein: Die Beantwortung einer Dringlichen verhindert doch keine Beschlüsse! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das, meine Damen und Herren von der SPÖ, werden Sie nicht durchbringen! Und diese Bundesregierung wird auch hier beweisen – genauso, wie sie das bereits im Sozialausschuss getan hat –, dass Diskussionen selbstverständlich erwünscht sind, dass sie sich diesen mit Interesse und in aller Courtoisie stellt und positive Reaktionen und Abänderungsvorschläge, die gut sind, mitberücksichtigt. Wir werden uns jedoch mit keinem Wort, keinem Ton und keiner Methode bei dem, was gut und wichtig für unsere Republik und alle Bevölkerungsschichten ist, von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, aufhalten lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dazu ist uns die Republik Österreich viel zu wichtig. Und das ist auch viel wichtiger, als Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Ihre eigene Dringliche heute offensichtlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nehmen Sie jedenfalls zur Kenntnis: Wir werden auch nicht zulassen, dass etwa mit einer Fortschreibung einer Politik à la Edlinger und der Gesundheitspolitik, die Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, gemacht haben, Einsparungen im Bereich der Sozialversicherungsträger lukriert werden, die, wie das bei Ihnen der Fall war, auf Kosten Kranker und Behinderter gehen! Das werden wir nicht tun, sondern wir werden dafür sorgen, dass es auch auf diesem Gebiete wieder finanzielle Spielräume gibt, damit alle Österreicherinnen und Österreicher aller gesellschaftlichen Schichten wieder voll in die Gesundheitspolitik Österreichs integriert sind – und sich nicht wie bisher nur Reiche in unserem Lande die Inanspruchnahme von Zusatzeinrichtungen, Zusatzversicherungen, Zusatzbehandlungen, bessere Behandlung eben leisten können. Diese Behandlung soll wieder allen möglich sein!

Wir werden auch nicht dorthin gehen, wo Tony Blair jetzt ist. Es ist nämlich so, dass in Großbritannien 45-jährige keine Knochenmarktransplantationen mehr erhalten (Abg. Schwemlein: Ihr wollt aber den Blair bei den Mieten nachmachen!), dass 60-jährige dort keine Hämodialyse mehr bekommen, dass Transplantationen ab einem gewissen Alter nicht mehr gemacht werden, dass also die ältere Generation, auf Deutsch gesagt, im Sozial- und Gesundheitssystem schlecht


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behandelt, ja sogar ausgegrenzt wird, wie das eben unter Ihrem sozialdemokratischen Vorbild Blair geschieht!

Wir werden dafür sorgen, dass in Österreich alle Schichten von der Sozialpolitik dieser Bundesregierung gleich gerecht behandelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das ist eine gefährliche Drohung!)

Ja, Herr Kollege, das mag eine gefährliche Drohung sein für jene, die es bis dato gewohnt waren, es sich in Österreich und seinem Sozialsystem zu "richten", die gewohnt waren – ich wiederhole das –, es sich zu "richten" und in einer Umgehungsschleife sozusagen zu Dienstposten, zu Pragmatisierungen oder zu Zusatzgehältern zu kommen, die aber die einfachen Österreicherinnen und Österreicher dafür teuer haben zahlen lassen, ohne dass diese dafür auch nur eine entsprechende Gegenleistung bekommen hätten. Damit – das gebe ich gerne zu! – wird bei der Politik dieser Bundesregierung Schluss sein.

Da Sie,  Kollege Öllinger,  sich vorhin über die Transferleistungen für sozial Schwache Gedanken gemacht haben, darf ich Ihnen Folgendes sagen – und die Armutskonferenz hat das bewiesen –: 500 000 Österreicherinnen und Österreicher befanden sich am Ende der Finanzpolitik des Herrn Edlinger in Armut, und 1 Million Menschen in Österreich ist armutsgefährdet, darunter vor allem Alleinerzieherinnen, Frauen und Familien mit Kindern.

Sie, Kollege Öllinger, haben offensichtlich bis heute nicht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes betreffend die horizontale Gerechtigkeit für Familien gelesen, sonst würden Sie nämlich in Ihren Diskussionsbeiträgen diese Erkenntnisse der höchsten Verfassungsrichter Österreichs mitberücksichtigen – und nicht ganz einfach negieren! Und dann würden Sie sich vielleicht auch Alternativen zum Familienpaket dieser Bundesregierung einfallen lassen oder diesem sogar zustimmen.

Das von Ihnen angeführte Beispiel, Herr Kollege Öllinger, ist geradezu als hanebüchen zu bezeichnen, denn Tatsache ist, dass Sie doch nur etwas Vergleichbares vergleichen können, etwas, was heute der Fall ist, nämlich keine Leistung! Und das können Sie mit dem vergleichen, was es in Zukunft geben wird, so zum Beispiel mit Zusatzleistungen, die es den Frauen ermöglichen werden, aus der Armutsfalle, in der sie sich heute aufgrund der Politik der Sozialisten befinden, herauszukommen.

Ich darf es hier noch einmal sagen – und ich habe das übrigens nie bestritten –: Ja, es fiel in die Amtszeit des Finanzministers Edlinger, dass es Pflegegeld auch für Behinderte gab, aber: Nicht Sie, Herr Kollege Edlinger, haben das eingeführt, sondern Minister Hesoun! Und nach dieser Einführung durch den damaligen Sozialminister Hesoun haben Sie, Herr Kollege Edlinger, und Ihr Vorgänger Staribacher dieses Pflegeld laufend gekürzt. Das ist eine Tatsache! (Abg. Edlinger: Ich habe nichts gekürzt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lenken Sie, Herr Kollege Edlinger, nicht von diesen Problemen ab! Erfinden Sie hier nicht neue Märchen über Ihre "gloriose" Vergangenheit als Finanzminister, sondern bleiben Sie auch Ihren eigenen Parteifreunden gegenüber bei der Wahrheit, Parteifreunden, die ihre Verdienste im Sozialbereich hatten, die aber Sie, Kollege Edlinger, mit Ihrer Finanzpolitik eindeutig geschmälert haben! Das ist die Wahrheit – und nichts anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ich habe nichts gekürzt, auch wenn Sie es noch dreimal hier behaupten!)

16.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

16.48

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es war schon der Beginn der Auseinandersetzungen rund um diese Dringliche Anfrage für mich eigentlich nicht wirklich verständlich. Man kann in der Tat über die Frage, wie weit Gegenstände der Vollziehung reichen, verschiedener Meinung sein. Es war bisher eigentlich immer Usance hier im Hohen Hause, diese Frage großzügig zu verstehen, und vor allem haben


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Regierungsmitglieder eigentlich immer gerne die Gelegenheit ergriffen, rund um ihren Vollzugsbereich und rund um politische Aussagen, die sie getätigt haben, ihre politischen Intentionen darstellen zu können. – Warum das jetzt auf einmal eine derartige Welle an Ablehnung auslöst, ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

In der Sache denke ich, dass es wichtig ist, über die Frage der Verteilungsgerechtigkeit in Österreich nicht nur sehr genau zu reden, sondern auch die Grundlagen, die Daten und Statistiken zu verbessern. Ich kann mich gut daran erinnern, dass es gerade die Freiheitlichen – damals in ihrer Rolle als Oppositionsfraktion – waren, die immer wieder hervorgehoben haben, dass es notwendig sei, mehr für die so genannten kleinen Leute zu tun, und dass in der Verteilungspolitik so manches im Argen liege. – Jetzt habe ich den Eindruck – und die Einleitung zur heutigen Dringlichen Anfrage hat das ja bewiesen –, dass Sie diese Debatte an sich scheuen. Das finde ich eigentlich traurig, und das lässt uns für die Zukunft nichts Gutes annehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ein im höchsten Maße selektiver Spar- oder Belastungskurs gefahren wird. Es ist nicht so, dass mit den Sparappellen alle Bereiche gleichermaßen angesprochen werden, sondern es zeigt sich, dass in manchen Bereichen – ohne dass dies Aussicht auf Erfolg hätte – geradezu eine Politik der Gießkanne oder des Füllhorns begonnen wird.

Dort allerdings, wo die Sparschraube immer enger zugedreht wird, sind genau die Bereiche, die auch der Abgeordnete Haupt soeben angesprochen hat: Das sind die "kleinen" Leute, und insbesondere sind es die Frauen. Das hat mit Schritten begonnen, die nicht nur eine Symbolwirkung hatten, sondern durchaus auch ihre Auswirkungen im Ministerrat gezeigt haben: von der Einsparung des Frauenministeriums bis hin zu ganz konkreten politischen Maßnahmen.

Es wird jetzt eine Gruppe überproportional getroffen, nämlich jene älteren Menschen, die in Pensionsnähe sind. Ich möchte Ihnen dazu eine kleine Begebenheit erzählen, die mir vor ein paar Tagen selbst passiert ist. Ich wurde auf einem der Wiener Märkte von einer Verkäuferin angesprochen, die jetzt Anfang fünfzig ist, nicht invalid, nicht schwerkrank und auch nicht völlig unfähig, einer Berufstätigkeit nachzugehen, aber sie hat Sorgen. Sie hat Angst vor der Frage, wie lange sie ihren Beruf als Verkäuferin noch ausüben kann, und sie hat mir gezeigt, was ihr Problem ist. Sie hat schwerste Krampfadern und kann diesen stehenden Beruf wahrscheinlich nicht mehr lange ausüben. Man hat ihr schon mitgeteilt: Sie soll sich halt umschauen; vielleicht findet sie irgendwo eine sitzende Tätigkeit, irgendeine Tätigkeit in einem Büro.

Sie hat mich gefragt: Sind denn die Leute, die das vorschlagen, fern jeder Realität? Wo soll ich denn mit meinen 52 Jahren eine Tätigkeit in einem Büro finden, nachdem ich mein Leben lang nichts anderes gemacht habe, als hier auf dem Markt zu stehen?! – Ich frage Sie wirklich: Ist das Ihre Form der Gerechtigkeit? Ist das Ihr Eintreten für die "kleinen" Leute, für die Frauen in unserem Land, die ein Leben lang schwer gearbeitet haben, dass sie ein überproportionales Maß an Belastungen tragen müssen?! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Oder was würden Sie – auch diejenigen, die Arbeitnehmerinnen-Interessen vertreten – dieser Frau empfehlen? – Für sie gibt es keinen Ausweg! Wenn sie außerdem – unter Anführungszeichen – das "Pech" hat, in einer aufrechten Ehe zu leben, dann wird ihr auch noch das Einkommen ihres Mannes angerechnet; dann hat sie überhaupt keinen Anspruch auf Notstandshilfe und soziale Absicherung. Dann ist sie, und zwar noch früher, als das schon bisher möglicherweise der Fall war, de facto ausgesteuert!

Da kann ich nur sagen: Bravo, das ist ein echter Schritt für die "kleinen" Leute! – Das ist Sparen am falschen Platz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weil der Abgeordnete Haupt die Frage der horizontalen und der vertikalen Verteilung angesprochen hat: Genau um diese Frage ginge es. Ich bin auch der Meinung, dass horizontale Verteilung notwendig ist, und ich denke, dass es auch in jenen Bevölkerungsgruppen, die nicht oder noch nicht von Armut oder Armutsgefährdung betroffen sind, notwendig ist, bestimmte Lebenssachverhalte, so etwa Kinderbetreuungspflichten, besser und stärker zu berücksichtigen. Aber


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genau das wird jetzt nicht erreicht! Sie werden es auch im Bereich der teilweisen Abgeltung der Kosten für Kinder schaffen, dass genau diejenigen, die die Solidarität der Gesellschaft und eine Beitragsleistung der öffentlichen Hand am dringendsten brauchen würden, nichts bekommen!

Wenn in Zukunft das Kinderbetreuungsgeld eine Leistung des Familienlastenausgleichsfonds sein soll – wie es etwa die Kinderbeihilfe, die Familienbeihilfe ist –, dann frage ich Sie wirklich: Wieso führen Sie ausgerechnet zu Lasten der Frauen eine Einkommensabhängigkeit, und zwar ausschließlich vom Einkommen der Frau selbst, ein? – Das ist nicht systemkompatibel. Das sprengt dieses System, und das wird dazu führen, dass gerade jene Frauen, die durchgehend berufstätig sind, sein wollen oder sein müssen, dass Frauen, die eigene Betreuungspflichten zu erfüllen haben, dass Frauen, die unterhaltspflichtig sind, bei dieser Regelung völlig durch die Finger schauen. – Das ist weder horizontal, geschweige denn vertikal verteilungsgerecht.

Insgesamt halte ich daher die Frage nach den Opfern der künftigen Sparpolitik für mehr als berechtigt. Ich finde es traurig, dass bei dieser Debatte mehr Fragen offen geblieben sind, als Sie beantwortet haben. (Beifall bei den Grünen.)

16.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

16.56

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Vizekanzler! Herr Minister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wenn von zehn Fragen nur drei übrig bleiben, weil die Mehrzahl vom Herrn Präsidenten nach einer kurzen Präsidiale abgesetzt wird, wirft das doch ein gewisses Licht auf den Anfragesteller. (Abg. Riepl: Was wurde "abgesetzt"?) Es spricht nicht unbedingt für die Qualität des Anfragestellers und Begründers oder vielleicht auch der der Ghostwriter.

Oder spiegelt es vielleicht die derzeitige Situation der SPÖ wider, die geplagt ist von Hunderten Millionen Schilling an Schulden und einem Vorsitzenden, der regelmäßig ins Fettnäpfchen tritt, indem er die Sanktionen gegen Österreich gutheißt und gleichzeitig für ein "Monitoring" eintritt? (Abg. Schwemlein: Mein Gott!)  – Ich meine, die SPÖ sollte sich vielmehr einmal klar zu Rot-Weiß-Rot bekennen. Österreich ist nicht Albanien, Tschetschenien oder sonst wer. (Abg. Schwemlein: Das ist eine Platte wie Schellacks!) Die Sanktionen müssen beendet werden, denn sie sind ungerecht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Inhalt der Dringlichen Anfrage hat nichts wirklich Neues enthalten. Es wird polemisiert und mit Halbwahrheiten argumentiert. (Abg. Schwemlein: Deine Rede ...!) Man lässt der eigenen sozialdemokratischen Gruselphantasie freien Lauf, und um diese Gruselphantasie unter die Leute zu bringen, ist Ihnen offensichtlich jedes Mittel recht. Man denke nur an den letzten Arbeiterkammer-Wahlkampf! (Abg. Schwemlein: Das ist aber das Parlament, Herr Kollege – und keine Bauernveranstaltung!)

Faktum ist: Die budgetäre Situation ist nach 30 Jahren sozialistischer Finanzminister sehr ernst. Die SPÖ-Finanzminister haben tiefe Spuren hinterlassen, und alle Österreicherinnen und Österreicher leisten ihren Beitrag zur Stabilisierung. (Abg. Dr. Petrovic: Die ÖVP war überhaupt nie in der Regierung!) Wer es mit der Bevölkerung ernst meint, sollte die Wahrheit sagen, so zum Beispiel die Wahrheit in Sachen Budget, Pensionen, Gesundheitssystem und so weiter. (Rufe und Gegenrufe zwischen dem Abg. Schwemlein und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wer glaubt, für Eisenbahner-Privilegien streiken zu müssen, ist weit weg von dem, was die Bevölkerung wirklich denkt. (Abg. Schwemlein: ... ein Hohn ist das!) Die Bevölkerung ist in dem Gespür dafür, was notwendig ist, wesentlich weiter als viele Damen und Herren Abgeordnete von der linken Reichshälfte. Wer ehrlich zur Bevölkerung ist, sollte eigentlich sagen (Abg. Schwemlein: Sie sind doch ein Bauer!): Jawohl, es ist notwendig, wir müssen sparen! Wir müssen auch einige schmerzhafte Schritte setzen, damit wir mittel- und langfristig das Geld für jene Aktivitäten haben, für die wir es brauchen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Unglaublich!)


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Man darf in der Argumentation durchaus die Steuerreform mit 1. Jänner 2000 berücksichtigen, die immerhin 17 Milliarden Schilling im Lohnsteuerbereich und 12 Milliarden Schilling bei den Familien bringt. Ich möchte mich mit diesem Bereich, mit den Familien, etwas näher beschäftigen. Die Diskussion in den letzten Familienausschuss-Sitzungen war durchaus interessant, so zum Beispiel das Verhalten der Oppositionsparteien zur Neuregelung des Karenzgeldes, oder sagen wir besser: zum Kinderbetreuungsgeld bis zu 36 Monaten nach der Formel 24 plus 12.

Wenn man die Diskussion um die Einkommensobergrenzen hernimmt, ist zu sagen, dass allein der Kontroll- und Bürokratieaufwand dafür wesentlich höher als das Ergebnis der Einsparungsmaßnahmen wäre. Zum anderen darf durchaus gesagt werden, dass es sich diejenigen in den oberen Einkommenskategorien immer schon "richten" konnten, das Karenzgeld in Anspruch zu nehmen. Aber mir hat noch nie jemand erklären können, wie es sich eine Studentin, eine Bäuerin oder eine Hausfrau "richten" soll, dass sie den vollen Anspruch auf Karenzgeld hat.

Das sind jedoch nach Aussagen der ehemaligen Frau Frauenminister Prammer lauter Frauen, die nie gearbeitet haben. (Abg. Schwemlein: ... das Geld für jene, die es brauchen!) Das Denken der linken Reichshälfte ist etwas eigenartig: Am besten die Kinder sofort nach der Geburt in die Kinderkrippe, den Ganztagskindergarten und die Ganztagsschule, die Mutter in die Gewerkschaft – und die sozialistische Welt ist in Ordnung! (Abg. Schwemlein : Aber geh!)  – Meine Damen und Herren, hier unterscheiden sich die Regierungsparteien und die Oppositionsparteien Gott sei Dank wesentlich voneinander!

Im Übrigen sei zum Abschluss gesagt: Derart sinnlose Dringliche Anfragen qualifizieren sich von selbst! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gab Kritik an der Formulierung der Anfragestellung. Das muss zulässig sein. Sie war sicherlich sehr weit gehalten. Aber mindestens ebenso zulässig muss sein, dass hier vom Präsidium aus der weiteste Interpretationsspielraum angewandt wird, wenn uns an der parlamentarischen Kultur und an der Kontrolltätigkeit des Parlaments der Regierung gegenüber liegt. – Das ist das eine. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Nächst-Besorgniserregende aber war für mich etwas ganz anderes. Auf Grund dieser Formulierung hat es eine Präsidiale gegeben, und eine Reihe von Wortmeldungen zur Geschäftsordnung wurde ausgemacht. Zur Geschäftsordnung – und was geschieht?

Kollege Westenthaler geht hier heraus, schafft es aber nur, eine inhaltliche Stellungnahme abzugeben, in der er gegen die SPÖ polemisiert – das sei ihm unbenommen (Abg. Schwemlein: Moser hat ihm die falsche Rede vorgeschrieben!)  –, hat aber überhaupt nichts zur Geschäftsordnungsdebatte beigetragen. Das ist man auch so gewohnt. Was eigentlich neu – in dieser Form neu – und bedenklich ist, ist, dass sich Kollege Khol vom Niveau Westenthalers anstecken lässt. Und das ist eine besondere Kunst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass Kollege Westenthaler in diversen Gazetten sozusagen als "Ziehsohn" von Klubobmann Khol bezeichnet wird – darüber mag man spekulieren, ob das zutrifft oder nicht. Besonders eigenständige Initiativen setzt Westenthaler ja nicht, das ist richtig. Aber es gibt offensichtlich auch das umgekehrte Abfärbungsverhältnis: Auch Khol nimmt Farbe von Westenthaler an. Das bedeutet eigentlich eine dramatische Verschlechterung in diesem Hause.

Wie sonst wäre es erklärbar, dass Khol nach Westenthaler hier herausrennt und sagt – Kollege Haigermoser springt wieder bei, bravo! –: der letzte Eskimo hinten am Schlitten. Das muss man sich vorstellen! Das ist vergleichbar ... (Abg. Öllinger: "Der dümmste"!) Danke – "der dümmste


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Eskimo hinten am Schlitten"! Damit klar wird, was das heißt: Stellen Sie sich vor, in Brüssel oder Frankreich sagt jemand: der dümmste Österreicher hinten am Heuwagen. Das möchte ich mir anschauen! (Abg. Haigermoser: Wer?) Berechtigter Widerstand wäre da aus Ihren Reihen gekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass sich Klubobmann Khol auf dieses Niveau begibt, halte ich tatsächlich für bedenklich.

Und wenn dann noch eine derart dankbare Anfragestellung – ich verteidige diese gar nicht, man hätte sie sicherlich präziser fassen können – von Ihnen, Frau Vizekanzlerin, nicht besser genutzt wird, so verblüfft mich das aufs Neue. Sie, Frau Vizekanzlerin, polemisieren retour, und zwar von der Regierungsbank aus. – Viele Fragen sind offen geblieben, und das wäre wirklich nicht notwendig gewesen.

Wenn Grasser nach jedem ECOFIN-Treffen, nach jedem Ministerratstreffen der EU-Finanzminister verkündet, dass wir in zweieinhalb Jahren "close to balance" sein werden, und wenn er das auf 0,0 bis 0,5 Prozent korrigiert, dann schaue ich mir an, wie das gehen wird. Wie soll das gehen?!

Gleichzeitig verkündet der Unsägliche aus Kärnten – dem Sie dann beigesprungen sind – einen Belastungsstopp. Wie geht das alles unter einen Hut, wenn Sie noch Ihre Klientelen versorgen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Landwirtschaftskammer, Bauern, "Karenzgeld für alle"! (Abg. Haigermoser: Herr Kogler! Was wissen wir jetzt von Ihnen?) Und nicht zuletzt die Bundesheer-Investitionen – kein Wort dazu! Allein in den Abfangjäger-Beschaffungsplänen sind Ausgaben von 20 Milliarden Schilling vorgesehen. Ist das für die nächsten drei Jahre sistiert worden? (Abg. Haigermoser: Was soll dieser Kalauer?)  – Ich möchte das wissen. Aber davon kommt kein Wort von der Regierungsbank!

Das war sicherlich nicht gedeckt durch die sozusagen etwas originelle – Sie sagen: unbeholfene – Formulierung seitens der Anfragesteller. (Abg. Haigermoser: Was soll dieser Kalauer?) Warum Sie das schuldig bleiben, weiß ich nicht. Man mag sich hier im Hause ein Bild davon machen.

Ich komme aber darauf zurück, dass diese Regierung, was ihre eigenen Ausgabenpläne betrifft, einmal eine klare Sprache wird sprechen müssen, auch hinsichtlich der Steuerstruktur. Das heißt nicht Ausgabenerhöhung – aber bei konstanter Steuer- und Abgabenquote werden Sie sich einmal die Steuerstruktur anzuschauen haben. Da gibt es nämlich enormen Handlungsbedarf in Österreich, wenn Sie noch weiter als Anwältin der so genannten kleinen Frauen und Männer unterwegs sein wollen.

In Österreich haben wir eine Unternehmensbesteuerung – der Herr Bundeskanzler ist jetzt nicht mehr anwesend; ich habe bei der letzten Dringlichen der SPÖ mit ihm einen Disput darüber geführt –, wobei die Unternehmenssteuern im OECD- und EU-Vergleich sehr, sehr gering sind; sie liegen an vorletzter Stelle. Wir haben Lohn- und Einkommensteuern, die zwar sehr hoch sind, aber in Wahrheit nicht umverteilend wirken, weil die Ausnahmebestimmungen entsprechend greifen. Die Durchschnittssteuersätze sind so, dass gar keine Umverteilung stattfindet, obwohl das Volumen dazu sehr hoch wäre. Das ist im Übrigen alles auch mit eine Erblast der sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung, das muss man sagen!

Da gäbe es genug Spielraum, einzugreifen, wenn es darum geht, nicht nur Belastungspakete zu vermeiden, sondern in Wahrheit Ihre Umverteilungspakete wieder zu versenken. Sie sparen ja nicht einmal irgendwo ein – bis jetzt zumindest nicht –, sondern Sie verteilen um, und zwar von Arm zu Reich. Das ist Ihr Programm. Von Einsparung ist noch keine Rede. Wie das unter diesen Prämissen gehen soll, schaue ich mir tatsächlich an. So, wie Sie bis jetzt agiert haben, verbirgt sich dahinter meiner Ansicht nach eine klare Ankündigung der mutwilligen Gefährdung des sozialen Friedens in unserem Lande. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

Dass Sie dazu keine Worte finden, sollte eher nachdenklich stimmen. Es kann nicht ausreichen, Gusenbauer vorzuwerfen, dass er seine Anfrage ungeschickt formuliert hat. Das kann es nicht sein.


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Zum Schluss kommend möchte ich meiner Besorgnis darüber Ausdruck verleihen, dass dann, wenn Grasser sich mit seiner Ankündigung eines Budgetdefizits von 0,0 Prozent bis 2003 durchsetzt und Ihre Klientelpolitik sich nicht ändert, das Schlimmste in unserem Lande zu befürchten ist.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, bitte den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Dagegen werden wir auftreten! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Ich darf auf die Ausführungen einiger Vorredner in dieser Debatte eingehen und beginne da gleich mit dem Kollegen Haupt, dem ich sehr dankbar bin.

Kollege Haupt, Sie haben zwar parlamentarische Möglichkeiten, die wir genützt haben, als unnotwendig oder Sonstiges abqualifiziert; Sie haben das auch als "Verhinderungstaktik" bezeichnet. Aber ich bin Ihnen dankbar für die klare Aussage, die Sie getätigt haben, indem Sie sagten: Wir lassen uns durch nichts behindern. – Das heißt, Sie werden drüberfahren. Sie werden mit Ihrer Mehrheit wahrscheinlich das Belastungspaket und die folgenden Belastungspakete beschließen und sind nicht einmal bereit, darüber zu sprechen. Ich bin Ihnen wirklich dankbar für diese Offenheit und für diese klare Aussage.

Sie, Kollege Haupt, haben uns auch dazu eingeladen, Ihrem Sanierungspaket zuzustimmen.

Herr Kollege Haupt! Sie haben offensichtlich die Intention dieser Dringlichen Anfrage, den Inhalt dieser Dringlichen Anfrage und die Zielsetzung nicht wirklich verstanden. Über ein Sanierungspaket kann man mit uns reden, nicht aber über ein Belastungspaket, das Sie in den letzten Ausschusssitzungen und in den letzten Plenarsitzungen beschlossen haben und auch in der heutigen und morgigen Sitzung hier beschließen werden. Über eine Zustimmung zu einem Belastungspaket kann man mit uns nicht reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch, wie das auch einige Vorredner schon getan haben, auf die Ausführungen des Kollegen Khol eingehen. Seine Aussagen wurden ja mehrfach wiederholt. Ich muss sagen, ich finde es wirklich befremdlich, Hohes Haus, dass der einstige "Verfassungsbogen-Bauer" Khol, der "Verfassungsbogen-Spanner" Khol in der Zwischenzeit entweder "verwestenthalert" oder "verhaidert" ist und die Inuit als dumm bezeichnet und damit eigentlich eine entlarvende Einstellung zu fremden Kulturen und fremden Menschen an den Tag legt.

Herr "Verfassungsbogen-Spanner" Khol! Ich bin der Meinung, Sie haben diesen Bogen überspannt. Gehen Sie in sich! – Ich bin überzeugt davon, Sie werden eine Entschuldigung finden, die Sie dem Hohen Haue unterbreiten können! (Beifall bei der SPÖ.)

Der jetzt leider auch nicht im Saal anwesende Kollege Trattner ... (Abg. Trattner begibt sich soeben zu seinem Platz. – Rufe bei den Freiheitlichen: Er ist schon da!) – Wo ist er? (Rufe bei den Freiheitlichen: Da! Da!) – Verzeihung, ich habe auf seinen Platz geschaut, konnte ihn aber nicht entdecken. (Abg. Mag. Firlinger: Er ist allgegenwärtig!) Ich bin froh, dass Sie da sind, Herr Kollege Trattner, denn Sie können mir vielleicht eine Antwort auf meine Frage geben.

Sie haben hier gesagt, die Getränkesteuerlösung würde 1,4 Milliarden Schilling für die Wirtschaft und vor allem für die Konsumenten bringen. (Abg. Mag. Trattner: Richtig!) Nennen Sie mir bitte zwei Wirtshäuser in Wien, wo der Entfall der Getränkesteuer weitergegeben wird und der Konsument etwas davon hat. (Abg. Gaugg: Der Weibel in der Wollzeile! – Abg. Dr. Khol: Der Silberwirt in der Schlossgasse und der ...!) Herr Kollege Trattner! Nennen Sie mir weitere


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zwei in den Bundesländern. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) – Heißen Sie Trattner? Seit wann? Ich dachte, Sie wären der "Verfassungsbogen-Spanner" Khol! Kollege Trattner wäre da jetzt gefordert gewesen, Herr Khol! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber in einem Punkt, Herr Kollege Trattner, gebe ich Ihnen Recht: Der Handel wird davon profitieren, und zwar der große Handel. Da gibt es angeblich einen guten Freund des zurzeit Vorsitz führenden Zweiten Nationalratspräsidenten beziehungsweise eines gewissen Herrn in Kärnten, der angeblich auch der bestverdienende Manager Österreichs ist, der sicherlich sehr erfreut darüber sein wird. Vielleicht können Sie mir auch sagen, Herr Kollege Trattner: Werden Sie als Freiheitliche auch ein wenig von dieser Dankbarkeit des Herrn Schalle abbekommen? Werden da vielleicht einige Parteispenden fließen? Sind Sie deshalb so vehement für diese Art der Getränkesteuerregulierung eingetreten? – Geben Sie uns darauf Antwort, und nach Möglichkeit eine offene Antwort! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nun zum Herrn Kollegen Stummvoll. Sie haben in einer Ihrer üblichen Reden zum "Mut zur Wahrheit" aufgerufen. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. ) – Ihr Koalitionspartner war das, Herr Kollege. Und Sie, Frau Vizekanzlerin, haben heute gemeinsam mit Ihrer Fraktion die Möglichkeit, den Wahrheitsbeweis anzutreten und einen Offenbarungseid abzulegen.

Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Ausführungen, Frau Vizekanzlerin, aber ich habe auch dazu eine Frage an Sie. Sie haben gesagt: Wir, die Regierung, spart, das heißt, der Staat spart bei sich selbst. – Sind Sie, die Regierung, der Staat? Sind nicht alle Einwohner dieser Republik, alle der über 8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher und auch Nichtösterreicher, die bei uns wohnen, der Staat? Ich bin der Ansicht, das ist der Staat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, der Staat spart bei sich selbst, und meinen damit die Regierung, dann irren Sie, denn diese Regierung spart wirklich am Staat, nämlich bei diesem Volk, indem sie eine Verteilung von unten nach oben präsentiert und jene Menschen, die ohnehin schon wenig haben, noch mehr schröpft. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere noch einmal Herrn Kollegen Stummvoll, der aufgefordert hat zum "Mut zur Wahrheit". Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der "F"! Sie haben heute die Möglichkeit, einen Offenbarungseid zu leisten. Sie haben die Möglichkeit, heute Ihren Slogan von 1999 umzusetzen und wahr werden zu lassen, indem Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen. Damit Sie sich leichter tun, darf ich wörtlich aus der "ZiB 2" vom 2. Juni 2000 zitieren:

Titel: "Haider – Kein Drehen an der Belastungsschraube". "Die Freiheitlichen sind der stärkere Partner in der Regierung, daher werden wir auch bei der Budgetpolitik die Linie vorgeben, und die kann nicht heißen, dass wir weiterhin an den Rädern der steuerlichen Belastung und der Gebührenbelastung drehen, sondern es wird die Entschlossenheit der freiheitlichen Regierungsmitglieder geben, einen Belastungsstopp durchzusetzen und dafür das System in vielen Bereichen zu verändern." – Ende des Zitats.

Legen Sie den Offenbarungseid ab! Einfach ehrlich – einfach zustimmen, Frau Vizekanzlerin! (Beifall bei der SPÖ.)

17.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es drängt einen direkt, noch ein paar Worte zu finden zu dieser Dringlichen – noch dazu angesichts des jetzt wohlgefüllten Saales. Während der gesamten Debatte waren die Sozialdemokraten ja wieder einmal nicht anwesend; die eigene Dringliche hat sie offensichtlich nicht interessiert.


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Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben zum Unterschied von Ihnen von der Sozialdemokratie den Staat noch nie als Privateigentum betrachtet. Wir sind der Meinung, dass der Staat sehr wohl den Bürgern gehört, und aus dieser sozialen Verantwortung heraus sind wir berufen zu sparen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frau Vizekanzlerin hat es heute bereits formuliert: Schulden machen ist überhaupt das Unsozialste, was es gibt. Daher sind Sie nicht sozial, sondern unsozial gewesen, als Sie mit Edlinger und anderen Schulden in Höhe von 1 700 Milliarden Schilling angehäuft haben, meine Damen und Herren! Von "Konsum" und Parteikasse ganz zu schweigen.

Als altgedienter Parlamentarier – ein paar Jahre habe ich schon auf dem Buckel – habe ich mir gedacht: Das kann doch nicht wahr sein, diese Dringliche! Ich habe mich gefragt, wie es dazu gekommen sein mag. Ich kann mich an die Zeit erinnern, als wir noch mit der Sozialdemokratie in Koalition waren, damals hat die ÖVP diese Geschichte ganz schön aufgeblasen. Da waren einige Dringliche nicht von schlechten Eltern, das soll einmal zugegeben werden.

Wenn man sich aber anschaut, welchem Selbstfaller Sie sich heute anheim gestellt haben, Herr Gusenbauer, so muss man sagen, dass das mehr als peinlich ist.

Und Herr Kollege "Ordner"! Die Frage ist nicht die, ob man Fragen beantwortet oder nicht, sondern ob Sie sich mit dem Besinnen auf das an sich hehrste Recht des Parlaments, das Anfragerecht, ob Sie sich mit dieser Dringlichen Anfrage heute einen guten Dienst erwiesen haben. Sie haben das Ganze ad absurdum geführt. Herr Kostelka wird heute Früh wahrscheinlich aufgewacht sein – ich kann mir vorstellen, wie das heute zustande gekommen ist – und sich gedacht haben: Heute müssen wir unbedingt eine Dringliche einbringen! Wer war noch nicht auf der Liste? – Dann wird der Herr Kostelka nachgesehen haben: Aha, die Frau Vizekanzlerin!, und dann wird er gesagt haben, von irgendwelchen Nöten gepeinigt: Macht irgendetwas!

So stellt sich die Situation jetzt dar. Das war wirklich letztklassig! Uns soll es Recht sein, Herr Kostelka, aber wenn Sie dafür verantwortlich sind, dann sollten Sie schnellstens darüber nachdenken, ob Sie in den nächsten Sitzungen nicht aussetzen sollten, um substantiell wirklich etwas auf die Beine zu bringen. Das Ersuchen: Schreibt mir was zusammen!, das wird zu wenig sein!

Letzte Anmerkung dazu: Wir geben zu, dass manchmal auch für die Abgeordneten der Regierungsparteien das Tempo, in dem die Reformen angegangen werden, etwas atemberaubend ist. Das ist aber deshalb notwendig, weil Sie jahrzehntelang die Probleme vor sich hergeschoben beziehungsweise noch aufgetürmt haben. Das ist das Problem! Daher sind wir  – der Staat gehört nicht uns! – dazu berufen, meine Damen und Herren, die Dinge für die Bürger ins rechte Lot zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unsere Aufgabe, aber nicht, darüber zu diskutieren, ob die eine oder andere Frage berechtigt ist oder nicht. Das ist zweitrangig. (Abg. Dr. Kostelka: Das habe nicht ich getan!) – Na ja, aber es war peinlich, was Sie heute gemacht haben, Herr Kostelka und Herr Gusenbauer – die beiden Klubobleute, die sich aber nicht das Gehalt teilen; jeder bekommt das Ganze! Aber das ist auch Ihr Problem, machen Sie sich das mit Ihren Mitgliedern aus!

Sie haben heute einmal mehr vorgeführt, dass das Gemurmel so mancher Ihrer altgedienten Abgeordneten, die manchmal die Hände über dem Kopf zusammenschlagen ob dieser Klubführung, richtig zu deuten ist. Ihnen persönlich trauen sie es sich nicht zu sagen – ich nenne bewusst keine Namen, das wäre unredlich –, aber Sie haben genug Gegner in Ihren eigenen Reihen. Diese heutige Dringliche Anfrage hat Ihre mitdenkenden Abgeordneten in ihrer Meinung wieder einmal bestärkt. Das war ein Versager! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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29. Sitzung / Seite 131

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kuntzl und Genossen betreffend einen Belastungsstopp für kleinere und mittlere Einkommen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Gradwohl: Einfach ehrlich!) – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 7 bis 9 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort dazu ist niemand mehr gemeldet. Auch diese Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, in 47 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Fassung dieses Übereinkommens in seiner französischen, spanischen, russischen, chinesischen und arabischen Sprachfassung dadurch kundgemacht wird, dass diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig (Abg. Dr. Petrovic bleibt sitzen – Rufe bei der övp: Nein! Nein!) – Verzeihung! –, das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung, in 51 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 92 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Fekter, Dr. Ofner, Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend das Datum des In-Kraft-Tretens eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und schließlich über den Gesetzentwurf in der Fassung des zitierten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 3 in Artikel I zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 92 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Fekter, Dr. Ofner, Mag. Stoisits und Genossen.


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29. Sitzung / Seite 132

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (93 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000) (143 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (99 der Beilagen): Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz – ZuKG) (144 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (83 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (145 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 10 bis 12 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Huber, die Debatte zu eröffnen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.24

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf noch einmal zurückkommen auf die Abstimmung über den Entschließungsantrag betreffend Belastungsstopp. Ich habe festgestellt, das Tempo, das die Bundesregierung an den Tag legt, ist nicht atemberaubend, aber die Belastungen, die auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommen, sind sehr wohl atemberaubend. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zur Exekutionsordnung, sehr geehrte Damen und Herren. Diese stammt ja noch aus dem vorigen Jahrhundert, und die heutige Anpassung an die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts ist daher sehr zu begrüßen. Es geht darum, die Effektivität von Exekutionsverfahren zu erhöhen, ohne – und ich halte das schon für sehr wichtig – das bisherige Schuldnerschutzniveau zu beschneiden.

Ich freue mich daher, dass in der Regierungsvorlage bereits einige beanstandete Punkte des ursprünglichen Entwurfes hinsichtlich des Schuldnerschutzes berücksichtigt worden sind. Insbesondere hätte die ursprüngliche Bestimmung, dass nämlich aus den Versteigerungserlösen zuerst Zinsen und Spesen abgegolten und erst der Rest zur Kapitaltilgung verwendet werden sollen, gerade für stark überschuldete Verpflichtete keinen Ausweg aus der Schuldnerspirale bedeutet. Ich bin daher sehr froh, dass die nunmehrige Vorlage eine Anrechnung der Versteigerungserlöse zuerst auf das Kapital und erst dann auf die Zinsen und Spesen vorsieht.

Wir halten es auch für richtig, dass bei einem bestehenden Belastungs- und Veräußerungsverbot das Verwertungsverbot aufrecht bleibt. Gläubiger können demnach, so wie bisher, erst nach


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dem Wegfall des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ihre Verwertungsinteressen wahrnehmen.

Diese sehr positive Novelle beinhaltet allerdings einen großen Wermutstropfen, und das ist § 151. Bei der Bestimmung der Höhe des geringsten Gebotes wurde bisher zwischen Grundstücken und Gebäuden unterschieden. Analog dazu hat sich daher in der Praxis die Belehnungsgrenze bei Krediten und Darlehen in den Geldinstituten eben für Grundstücke bis zu zwei Drittel ihres Wertes, für Gebäude bis zur Hälfte ihres Wertes ergeben. Nun wird mit dieser Novelle dieses unterschiedliche Niveau aufgehoben; man legt aber den niedrigeren Wert fest, nämlich die Hälfte des Schätzwertes.

Es ist zwar sehr wichtig und zu begrüßen, dass nun der Sachverständige für die sorgfältige Erstellung seines Schätzgutachtens haftet, und zwar allen Beteiligten gegenüber, trotzdem aber meinen wir, dass da massiv die Gefahr besteht, dass es zu Veräußerungen sehr weit unter dem Marktwert kommt. Wir halten es daher für unbedingt erforderlich, dass das geringste Gebot auf Basis des bisherigen höheren Wertes, nämlich zwei Drittel des Schätzwertes, erfolgen soll.

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Dr. Jarolim, Anna Huber und Genossen

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Art. 1 Z 19 lautet § 151 Abs. 1:

"§ 151 (1) Das geringste Gebot ist zwei Drittel des Schätzwertes."

*****

Wir laden daher Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ein, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen, um Verkäufe weit unter dem Schätzwert zum Schaden für den Schuldner und damit das Verschleudern von Vermögen zu verhindern!

Dem Entwurf der neuen Exekutionsordnung werden wir Sozialdemokraten zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier, Dr. Jarolim, Anna Huber und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man kann nur darüber staunen, mit welchem Tempo die neue Bundesregierung alte Probleme aufgreift, zur Lösung unterbreitet und daher der Lösung zuführt. Ich habe auch einmal einer Bundesregierung angehört, diese war auch nicht müßig, aber doch ist das Tempo, das wir jetzt erleben, glaube ich, ohne Vergleich in der jüngeren Geschichte des Parlamentarismus in Österreich.

Es handelt sich bei der Exekutionsordnung, die novelliert wird, um ein so genanntes altes Gesetz. Es ist aus dem vergangenen Jahrhundert. Wenn man in die Handbibliothek eines Juristen schaut, dann gibt es dort in der Regel drei Bücher von Manz, dunkelrot eingefasst, dicker als zehn Zentimeter oder zumindest zehn Zentimeter dick. Das ist das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch aus der Zeit des Beginns des vorigen Jahrhunderts, das ist die Zivilprozeßordnung


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aus der Zeit des Ausklanges des vorigen Jahrhunderts und die Exekutionsordnung aus 1896 mit 402 Paragraphen. – Ein umfangreiches Werk.

Ich bin weit davon entfernt, die alten Gesetzesstrukturen als unbedingt in jeder Hinsicht überholungsbedürftig zu sehen. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch in seinen Grundzügen, runde 200 Jahre alt, ist noch immer schön in seiner Sprache, unzweideutig in dem, was textlich vorgegeben wird, und ein wirklicher Genuss, es zu lesen.

Man kann es lesen, ohne etwas suchen zu müssen, und man ist erbaut – natürlich nur dann, wenn man ein Jurist ist und damit ein bisschen etwas am Hut hat. Ein Veterinärmediziner, wie es mein Sohn ist, wird sich wahrscheinlich weniger mit dem Lesen des ABGB zufrieden geben können, als die Juristen das tun.

Die alten Gesetze sind oft sehr schöne Gesetze. Trotzdem ist es für eine Exekutionsordnung, in der es um die Verwertung von Vermögen zugunsten von Gläubigern geht und darum, dass so wenig Belastung wie möglich für den Schuldner herauskommen soll, schon ein Nachteil, wenn sie älter als 100 Jahre ist, wenn sie aus der Zeit der Schleifung des Glacis in Wien stammt oder so ein bisschen aus der Ringstraßen-Ära, als all diese Baulichkeiten noch gar nicht geplant, aber zum Teil schon im Entstehen begriffen waren.

Gerade dann, wenn es um die Liegenschaftsexekution geht, ist es besonders notwendig, auf den Stand der Dinge vom heutigen Tag zu kommen, und das hat, glaube ich, diese Novelle, die sich einige besonders dringliche Vorhaben herausgegriffen hat, wirklich erfolgreich getan.

Es geht darum, dass man in der Zeit des E-Mail-Transports, des Faxgerätes oder aller möglichen anderen elektronischen Dinge halt gerade in so heiklen Bereichen anders vorgehen muss als durch reitende oder sich zu Fuß bewegende Boten oder auf ähnliche Art und Weise. Es wird diese Novelle auch dazu führen, dass vieles für die Schuldner billiger, finanziell weniger belastend wird, ohne dass damit sonst irgendjemand betroffen werden würde.

Es ist ein gutes Vorhaben, das es eigentlich verdient – und ich glaube, dazu wird es auch kommen –, hier im Hohen Hause einhellig über die Bühne gebracht zu werden. Die Freiheitlichen werden natürlich diesem Vorhaben zustimmen, und ich glaube, dass es auch auf absehbare Zeit nicht die letzte Novellierung in diesem Bereich sein soll und sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.32

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Die einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union verpflichten die Mitgliedsstaaten zur Einführung von Maßnahmen, mit denen unbefugte Eingriffe in Zugangskontrollen verhindert werden können. Im Speziellen geht es dabei um Decoder, Passwörter oder andere Vorrichtungen, die bestimmte Dienstleistungen nur mit Erlaubnis des Anbieters zugänglich machen. In der Praxis kommen bei diesen Dienstleistungen vor allem Fernsehsendungen oder Dienste der Informationsgesellschaft in Frage.

Wichtig bei der heutigen Vorlage, mit der diese EU-Richtlinien umgesetzt werden sollen, ist, dass sich zivilrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen nur gegen gewerbsmäßige "Piraten" – so genannte Piraten; so steht es zumindest in der Vorlage – richten und nicht gegen private Nutzer.

Vorbild ist das Urheberrecht, denn auch mit dem Urheberrecht wird praktisch das geistige Eigentum geschützt und verhindert, dass sich gewerbsmäßige Piraten auf Kosten anderer bereichern.


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Es ist das also ein durchaus vernünftiger Grundgedanke, der in der EU-Richtlinie seinen Ausdruck gefunden hat und den wir heute hier parlamentarisch für Österreich umsetzen. Es wird der geistige Eigentümer, der eine Leistung erbracht hat, geschützt vor jenem, der Gewinn ohne entsprechende Leistung machen will.

Praktische Bedeutung wird das vorliegende Gesetz vor allem im Pay-TV-Markt haben, wobei dieser Markt in Österreich hinsichtlich seiner Entwicklung hinter den anderen EU-Ländern erheblich nachhinkt. Derzeit haben nur ungefähr 3 Prozent der Fernsehhaushalte analoge Pay-TV-Dienste abonniert.

Tatsache ist aber auch, dass jene Dienste der Informationsgesellschaft ein großes Wachstumspotential haben, die ohne Rücksicht auf Grenzen und Entfernungen bereitgestellt und genutzt werden können. So werden in Zukunft verstärkt Anwendungsmöglichkeiten für den Verbraucher geschaffen werden, und es ist notwendig, dass da faire Chancen für gesetzeskonforme Anbieter gegeben sind. Dies dient der europäischen Wirtschaft, aber auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Der Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht ein Schritt in die Richtung der Anpassung der Rechtsordnung an die Erfordernisse der Informationsgesellschaft, und meine Fraktion wird diesem Gesetzesantrag daher zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Exekutionsordnungs-Novelle 2000 in 93 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschussbericht 143 der Beilagen angeschlossenen Abänderung.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Maier und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Maier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 151 Abs. 1 eingebracht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hierfür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer hierfür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


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Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Zugangskontrollgesetz samt Titel und Eingang in 99 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird, samt Titel und Eingang in 83 der Beilagen abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohes Hauses, die hierfür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 137/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden (133 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 136/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) (134 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 162/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (136 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 146/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird (137 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.


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29. Sitzung / Seite 137

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben im Verfassungsausschuss schon sehr intensiv über die vorliegenden Gesetzesmaterien verhandelt und diskutiert. Im Wesentlichen ist aber nicht einzusehen, warum es zu unserer Initiative im Rahmen eines Entschließungsantrages keine Mehrheit gegeben hat.

Es geht darum, dass die Regierung bei der Erstellung einer Liste von Ereignissen, von Veranstaltungen in Österreich säumig ist, die unverschlüsselt zu übertragen sind, die nicht unter Ausschluss einer breiten Öffentlichkeit zu übertragen sind und die natürlich für Sportveranstalter und für diverse andere Veranstaltungen von größter Bedeutung sind. Da ist die Regierung säumig, und es wird wahrscheinlich bis Herbst dauern, bis sie diesbezüglich tätig wird.

Wir wollten, dass das zeitgerecht vor sich geht, dass diese Liste auch von österreichischer Seite vollständig und zeitgerecht eingebracht wird. Und das ist auch im Hauptausschuss zu behandeln, weil diese Ereignisse von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung sind und daher breiten gesellschaftlichen Konsens erfordern. Schleierhaft ist mir, warum das nicht möglich war. Ich glaube, dass das sehr sinnvoll gewesen wäre. – Das einmal zu dem einen Punkt.

Überhaupt scheint mir aber, dass es bezüglich der Medienpolitik im Moment eine ziemlich diffuse Darstellung seitens der Regierung und der Regierungsparteien gibt. Einig sind Sie sich nur darin, ein Klima von Angst und Schrecken Journalisten gegenüber zu verbreiten und Einschüchterungsversuche durchzuführen. Das kommt darin zum Ausdruck, dass permanent Gerüchte gestreut werden, wer wo beispielsweise im ORF gerade auszutauschen ist, und man fragt sich, ob man überhaupt gedenkt, demnächst alle Intendanzen aufzulösen und wieder einen Fernsehdirektor, wie es seinerzeit vor dem Rundfunk-Volksbegehren der Fall war, einzuführen.

Außerdem geistert immer wieder das Gerücht herum, dass es eine Novellierung des Rundfunkgesetzes geben soll und dass gravierende Veränderungen geplant sind. Offensichtlich will man unter dem Deckmantel der gesetzlichen Veränderung in Wirklichkeit Personalpolitik betreiben. Sollte man das auch nicht wirklich vorhaben, dann ist es zumindest als Einschüchterungsversuch gedacht, um stärker in einer Art vorauseilendem Gehorsam Regierungsloyalität in der Berichterstattung herbeizuführen.

Das widerspricht aber der Freiheit des Journalismus, der Freiheit der Berichterstattung und ist natürlich, wie ich meine, die Verbreitung eines Klimas, das der Demokratie abträglich ist. Dazu gehört auch die Diskussion über die Medienbehörde, wobei es zu diesem Vorhaben auch nicht wirklich konkrete Vorlagen gibt, die man diskutieren könnte, sondern nur öffentliche Äußerungen, Pressekonferenzen, Fragmente, die präsentiert werden. Und auch da wird gedroht und beispielsweise die Einengung der Autonomie des ORF angedeutet, indem man versucht, vorzuschlagen, dass die Gebührenhoheit des ORF dieser Medienbehörde übertragen wird.

Dagegen gibt es natürlich Widerstand, zum Ausdruck gebracht in den Interviews des Generalintendanten oder auch des VÖZ, des Verbandes der Zeitungsherausgeber, die ebenfalls sagen, dass sie nicht Gegenstand der Kompetenzen dieser Medienbehörde sein wollen. Mir ist schleierhaft, was dort dann wirklich geschehen soll, und ich frage mich, ob da nicht vielleicht im Endeffekt durch ein Mehr an Bürokratie der Versuch einer medienpolitischen Kontrolle unter dem Obertitel "Medienkonvergenz, Medienmanagement" unternommen wird, dessen harter Kern darin besteht, mehr blau-schwarzen Einfluss in das Mediengeschehen hineinzubringen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Außer mir hört dir niemand zu!)

Das sollte man eigentlich massiv kritisieren. Und da kann ich Ihnen nur eines sagen: Dagegen wird es seitens einer Öffentlichkeit, die sehr großen Wert darauf legt, dass die Freiheit der Presse und des Journalismus und der Berichterstattung auch unter den Bedingungen dieser Regierungskonstellation in Zukunft garantiert wird, Widerstand geben.


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29. Sitzung / Seite 138

Wir haben ja auch beobachtet, mit welch seltsamen Argumenten die Umfärbung des ORF-Kuratoriums vorgenommen wurde. Da hat es dann geheißen, das seien alles Experten, die alle garantiert parteiunabhängig sind. Aber bei den Abstimmungen haben alle zu den Fraktionsvorsitzenden hingesehen, so wie es hier bei Abstimmungen der Fall ist. Außerdem sind sie noch personalidentisch: Dort sitzt auch wieder Herr Klubobmann Khol neben Herrn Klubobmann Westenthaler, und da gibt es im Prinzip die gleiche Gruppendynamik und die gleiche Organisation, allerdings unter dem Titel: Du kannst dich ja frei dafür entscheiden! – In Wahrheit geben Khol und Westenthaler die Linie im Kuratorium vor. "Zufälligerweise" entscheiden sich dann alle "frei" so, wie die Linie vorgegeben wird.

Ich weiß es ohnehin: In Wirklichkeit hören Sie das ja gerne, weil das Ihr medienpolitisches Verständnis ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie war das bei euch?) Da kann ich Ihnen ein paar Fälle aus der Vergangenheit nennen, in welchen es nicht so war (Abg. Mag. Schweitzer: Wirklich?) – gewollt oder ungewollt, aber es war jedenfalls nicht so. (Abg. Mag. Schweitzer: Wenn, dann ungewollt!)

Ich versuche nur, aufzudecken, dass man sich hinstellt und sagt: Das ist Entpolitisierung, und da kommen nur Experten hinein!, aber in Wahrheit ist genau das Gegenteil der Fall und funktioniert alles ganz anders.

Aber das scheint noch nicht zu genügen, und daher denkt man jetzt über die Einrichtung einer Medienbehörde nach. Davor kann ich nur warnen, nämlich an einem Konstrukt zu arbeiten, das letztlich nach Kontrolle und politischer Einflussnahme auf die Berichterstattung aussieht. Nicht umsonst gibt es in diesem Bereich eine so sensible Debatte.

Der nächste Punkt ist die Frage der Freien Radios. Ihre Einstellung Freien Radios gegenüber ist äußerst negativ. Es gibt natürlich ein Beharren darauf, aber ich glaube, dass es der Koalition am liebsten wäre, wenn es Freie Radios überhaupt nicht gäbe. Materielle Grundlagen sollen sie keine haben, eine rechtliche Verankerung auch nicht. Man hat daher den Eindruck, dass es Ihnen am liebsten wäre, wenn sie überhaupt aus der Medienlandschaft verschwänden.

Es ist also diesbezüglich eine ziemlich restriktive Einstellung zu beobachten, und ich meine, dass das zur Folge haben wird, dass Konfliktlinien nicht bloß zwischen Opposition und Regierungsparteien stattfinden werden, sondern sich quer durch die österreichische Gesellschaft durchziehen werden, denn es gibt eine sehr kritische und sensible Medienöffentlichkeit, und die wird darauf reagieren und das sicherlich nicht so einfach hinnehmen.

Ich denke, dass da schon eine Diskrepanz zu beobachten ist. Als einer, der immer mit großem Interesse die Schriften des Klubobmannes Khol gelesen hat und manchmal auch die Ehre hatte, eingeladen zu werden, an politischen Jahrbüchern mitzuwirken, möchte ich sagen: Es wäre interessant, einmal über den Unterschied zwischen dem theoretischen "Anspruch der Bürgergesellschaft", wie Sie, Herr Klubobmann Khol, es formuliert haben, und der praktischen Umsetzung, wie sie jetzt stattfindet, zu diskutieren. Das wäre meiner Meinung nach ein abendfüllendes Programm. Diese Differenzen sollte man einmal herausarbeiten, um die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis und zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu erkennen. Ich fürchte, das ist keine Bürger-, sondern eine Spießbürger gesellschaft, die da angestrebt wird. Und mit einer solchen wollen wir in der Tat nichts zu tun haben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.47

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Cap der Bundesregierung Säumigkeit in Sachen Medienpolitik vorwirft, so muss ich sagen: Dieser Vorwurf gilt eigentlich seinem ehemaligen Staatssekretär Wittmann, denn genau die heute hier zu beschließenden Anträge zeigen, dass der damalige Herr Staatssekretär im Bundeskanzleramt Wittmann die darin enthaltenen Maßnahmen bereits vor mehr als einem Jahr hätte beschließen lassen


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können. Doch er hat diese Gesetzesmaterie dem Hohen Haus nicht zur Beschlussfassung vorgelegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Der Stillstand in der Medienpolitik hat Gott sei Dank endlich ein Ende. Die Gesetzesmaterie, die uns heute hier vorliegt, stellt Anpassungen an die Fernsehsignalrichtlinie der EU dar. Diese Anpassungen sind längst überfällig, und durch die heutige Beschlussfassung wird sonst allenfalls drohenden Klagen der EU-Kommission entgegengewirkt beziehungsweise wird diesen der Boden entzogen.

Der Inhalt der heutigen Anträge ist weitgehend unumstritten. Es geht dabei um Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit, über den Schutz von Minderjährigen und Ähnliches. All das stellt in Wirklichkeit eine reine Umsetzung der diesbezüglichen EU-Richtlinie dar und war in keiner Weise strittig.

Was im Ausschuss wirklich umstritten war, ist die von Herrn Cap angesprochene Frage der Liste. Da muss ich ihm jedoch Folgendes entgegenhalten: Diese Liste wird ja im Rahmen der heutigen Anträgen gar nicht beschlossen. Was heute beschlossen wird, ist lediglich die Verpflichtung, die Listen der jeweiligen Mitgliedsländer zu übernehmen und in innerstaatliches Recht zu übertragen. Daher meine ich, dass Sie dem vorliegenden Antrag eigentlich Ihre Zustimmung erteilen könnten, denn das entspricht ja genau dem, was Sie wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Frage der Liste – diese enthält Ereignisse von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung – wird, wie Sie sicherlich wissen werden, in einem eigenen Bundesgesetz, wonach die Liste als Verordnung erlassen werden soll, geregelt. Dieses Gesetz ist in Begutachtung gegangen. Auch diesbezüglich kann man der Bundesregierung keine Säumigkeit vorwerfen. Vorarbeiten dazu gab es schon, doch auch diese Sache hat der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt Wittmann nicht weitergetrieben. Das Ganze liegt schon seit einem Jahr dort, und jetzt wird es Gott sei Dank endlich entsprechend umgesetzt. Die Begutachtung wurde bereits abgeschlossen, und ich nehme an, dass uns Herr Staatssekretär Morak in einer der nächsten Plenarsitzungen den entsprechenden Gesetzesantrag vorlegen wird.

Herr Abgeordneter Cap, Sie haben auch noch einige Bemerkungen zum ORF-Kuratorium und zur "Einschüchterung" von Journalisten gemacht. – Ich erinnere mich an ein Kuratorium des ORF, in dem in erster Linie Sekretäre der SPÖ vertreten waren. Die sind nicht mehr vertreten, sondern jetzt sind Experten dort. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Jetzt müssen Sie aber selber lachen!)

Die von Ihnen ebenfalls angesprochene Medienanstalt steht heute nicht zur Diskussion, aber auch dahin gehend gibt es, wie Sie wissen – Sie sind ja meistens sehr gut informiert –, entsprechende Vorarbeiten. Es wird auch da vom Staatssekretär und vom Bundeskanzleramt eine sehr ordentliche Vorbereitung einer entsprechenden Novelle oder eines entsprechenden Gesetzes gemacht. Sie waren wahrscheinlich, weil Sie sich ja für die Sache sehr interessieren, vergangenen Montag beim Symposium, das mit internationaler Beteiligung stattgefunden hat, bei dem die Medienanstalt diskutiert wurde.

Und weil Sie, Herr Abgeordneter Cap, den ORF und seine Objektivität in Gefahr sehen, muss ich Ihnen entgegenhalten: Auch in Deutschland gibt es Medienanstalten, und dort wirft eigentlich niemand diesen Medienanstalten mangelnde Objektivität vor.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, dass das heute erst der Beginn einer Entwicklung in der Medienpolitik ist. Ich und meine Fraktion werden diesen Gesetzentwürfen gerne die Zustimmung geben – das umso mehr, als es sich dabei, wie ich eingangs erwähnte, im Wesentlichen um die Umsetzung von EU-Richtlinien handelt. Ich lade auch Sie von den Oppositionsparteien ein, Ihre Zustimmung dazu zu geben. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Krüger. )

17.52


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.52

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Einladung zur Zustimmung können wir seitens des grünen Klubs nur sehr partiell annehmen, nämlich nur hinsichtlich dessen, was die Fernsehsignalrichtlinie und deren Übernahme betrifft.

Auch die Argumente, die seitens der Regierungsparteien vorgebracht werden, was den Zeitdruck und die Notwendigkeit der europäischen Anpassung betrifft, kann ich in der Form nicht wirklich nachvollziehen, denn wenn man jetzt mehr oder minder einen leeren Mantel beschließt, dessen Inhalt erst später nachfolgen wird oder soll – vielleicht nachfolgen wird –, dann fürchte ich, dass genau das, was tatsächlich anzustreben gewesen wäre, nämlich Inhalte vorzulegen und Nägel mit Köpfen zu machen, wieder einmal nicht passieren wird.

Vor allem: Ich verstehe nicht, warum das nicht möglich war. Ungefähr ist ja auch die Liste der nicht zu verschlüsselnden Ereignisse von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bekannt, und ich sehe daher nicht wirklich ein, warum man sich selbst die Verhandlungsposition eigentlich derart schwächt, dass man zuerst die gesetzlichen Grundlagen schafft und dann hofft, dass die Verhandlungen so geführt werden können, dass auch ein entsprechendes Ergebnis herauskommt. – Das ist also nicht nur von der Vorgangsweise her problematisch, sondern auch in höchstem Maße ungeschickt, weil es die eigene Verhandlungsposition nicht eben stärkt.

Darüber hinaus vermissen wir insbesondere im Zusammenhang mit den Regelungen betreffend Regional- und Lokalradios eine klare gesetzliche Absicherung und Grundlage betreffend nichtkommerzielle Hörfunkveranstalter und Programme, so genannte Freie Radios. Ich bringe daher folgenden Antrag dazu ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petrovic, Freunde und Freundinnen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Initiativantrag (161/A in der Fassung des Ausschussberichtes 136 der Beileigen) der Abgeordneten Khol, Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird, wird wie folgt abgeändert:

1. Vor Punkt 1. werden folgende Punkte 1a. und 1b. eingefügt:

1a. In § 4 Abs. 6 wird nach den Worten "gilt nicht für" die Wortfolge "Programme nichtkommerzieller Rundfunkveranstalter und für" eingefügt.

1b. Nach § 4 Abs. 6 wird folgender Abs. 7 angefügt:

"(7) Nichtkommerzielle Hörfunkveranstalter (Freie Radios) sind nicht auf Gewinn gerichtete Veranstalter von Hörfunkprogrammen, deren Programmangebot

1. überwiegend gemeinnützige Ziele und die Förderung der Diskussion sozialer und kultureller Anliegen verfolgt, wobei den in anderen Medien im Verbreitungsgebiet unterrepräsentierten Gruppen oder Organisationen Gelegenheit zur Darstellung ihrer Meinungen, insbesondere durch Einräumung von Sendezeit zur Gestaltung eigener Beiträge, gegeben wird,

2. keine Werbung gemäß § 7 Abs. 1 bis 4 enthält."

2. Nach Punkt 3. wird folgender Punkt 4. eingefügt:


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4. In § 20 Abs. 2 Z 1 wird nach dem Wort "Spatenprogrammen" die Wortfolge "oder von Programmen nichtkommerzieller Hörfunkveranstalter" eingefügt.

*****

Die Regelungen, die jetzt geschaffen werden, bleiben hinter fortschrittlichen europäischen Regelungen zurück, und auch kommerzielle Rundfunkanbieter plädieren sehr heftig dafür, dass in die Palette des Angebotes unbedingt auch die Beiträge von nichtkommerziellen, von Freien Radios hineinkommen sollen, dass solche Beiträge angeboten werden sollen, und ich sehe nicht ein, warum Sie eine derartige Scheu haben, das in Österreich endlich einmal auch rechtlich abzusichern. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Umgang mit höchstgerichtlichen Erkenntnissen. Wir haben über diese Frage schon sehr oft in diesem Hause geredet. Sie haben im Ausschuss die Argumente vorgebracht, es ginge um Arbeitsplätze, es gehe um Kontinuität. – Ich kann diesen Argumenten durchaus folgen, nur: Warum allerdings unbedingt diese Art der legistischen Behandlung hier beschlossen werden soll, kann ich nicht verstehen.

Es ist Höchstgerichten ja unbenommen – und ich denke, auch die Höchstgerichte werden durchaus selbst kommerzielle Argumente anstellen können –, ihre Erkenntnisse mit einer entsprechenden Frist zur Umsetzung zu versehen. Das heißt, es ist nicht so, dass ein Judikat des Verfassungsgerichtshofes sofort und per se eine bestehende Bewilligung zum Erlöschen bringt, und ich gehe davon aus, dass die österreichischen Höchstgerichte vernünftig genug sind, dass sie diesen Argumenten zugänglich sind und so handeln werden, dass sie durchaus differenzieren, ob es sich um ein Formalgebrechen handelt, das behoben werden kann, oder um etwas, das nach Meinung des Höchstgerichtes nicht behebbar ist und daher zur Beendigung einer bestimmten Tätigkeit führen soll.

Wenn jetzt Regelungen geschaffen werden, die eigentlich ein Höchstgerichtjudikat ziemlich sinnlos machen, so halte ich das für höchst problematisch im Hinblick auf die Gewaltenteilung und auch für problematisch im Hinblick auf die Rechtssicherheit in Österreich.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss und möchte ganz kurz auch noch auf die Frage des politischen Einflusses zu sprechen kommen. Ich denke, es ist im Moment nicht nur eine Wahrnehmung von Oppositionsparteien, dass die Regierungsparteien wirklich in einer – man kann es nicht anders sagen – dreisten und völlig unbotmäßigen Art und Weise ihren Einfluss auf die Medien, insbesondere auf den ORF, ausnützen. Ich finde es besonders bedenklich, wenn auch einzelne Personen regelrecht unter Druck gesetzt oder so weit gebracht werden, dass sie ihre Tätigkeit eigentlich nicht mehr sinnvoll weiter ausüben können.

Ich halte das für beschämend, wenn in einem Land eine Regierung, die über eine parlamentarische Mehrheit verfügt, es nicht aushält, wenn es Menschen gibt, die es in der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt wagen, auch regierungskritische Programme anzusetzen. Das einzige "Argument", das in den Debattenbeiträgen von Abgeordneten der Regierungsparteien kam, war: Die Sozialdemokraten haben es früher auch nicht anders gehandhabt.

Da sage ich: Na bravo! Das ist eine "tolle" Begründung: Die haben etwas gemacht, was man eigentlich nicht tun sollte, und deswegen tun wir es zum Quadrat! – Das ist letztlich ein schlimmer Befund, und ich glaube, dass das die Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt untergraben wird. Das registrieren doch nicht nur wir, sondern das sind Umstände, die sich auch anhand von Sendeminuten und -sekunden und anhand einer insgesamt immer stärker schwindenden Ausgewogenheit der Berichterstattung erkennen lassen. Da rede ich noch gar nicht über Vorfälle, mit denen im Vorfeld von kritischen Sendungen Druck – das geht bis hin zu Regierungsmitgliedern – ausgeübt wird, mit denen versucht wird, Sendungen abzudrehen und zuzudrehen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Da vorhin beklagt wurde, dass früher die Sekretäre der SPÖ im Kuratorium vertreten waren, möchte ich darauf hinweisen: Jetzt gibt es eine "tolle" Verbesserung! Jetzt sind seitens der


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Regierungsparteien dort Klubobmänner und Landeshauptleute vertreten. Da sage ich: Na bravo! Wenn das die Verbesserung à la Blau-Schwarz ist, dann spricht das wirklich Bände.

Und was von Kurzzeitkuratoren wie dem Herrn Neuper zu halten ist, der offenbar nicht nur die Sache der Regierungsparteien, sondern ganz stark auch die eigene Sache vertreten hat, das überlasse ich Ihrer eigenen Beurteilung. Ich sage nur: Den Grünen kann es insgesamt – so traurig es ist – ja nahezu Recht sein, denn offenbar ist es so: Je mehr Sendezeit sich die FPÖ vor allem mit ihren eigenen Methoden und ihren eigenen Leuten dort herausschindet, desto mehr scheint sie bei Wahlen dafür die Rechnung präsentiert zu bekommen. Und das ist auch gut so! (Beifall bei den Grünen.)

18.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic zum Regionalradiogesetz ist ausreichend unterstützt und steht daher in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

18.02

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zu meiner Vorrednerin nur so viel: Ich finde es in höchstem Maße unfair, zu behaupten, dass von Seiten der blau-schwarzen Koalition irgendein Druck auf Journalisten, sei es im ORF oder in den Zeitungen, ausgeübt werde, ohne aber auch nur ein einziges konkretes Beispiel nennen zu können. (Abg. Dr. Petrovic: Das sage ich Ihnen dann!) Das ist eigentlich das Unfaire daran.

Umgekehrt gibt es – nicht, was die Grünen anlangt, die ja bekanntermaßen über sehr gute Verbindungen zum ORF verfügen, aber was die sozialdemokratische Seite anlangt, die von Josef Cap heute hier vertreten wurde, der auch sein Unbehagen über angeblich ausgeübten Druck von Seiten der schwarz-blauen Koalition zum Ausdruck gebracht hat – sehr wohl entsprechende Beispiele. Wie sonst wäre es denn erklärbar, dass erst in der jüngeren Geschichte des ORF, im Wahlkampf des Jahres 1999, über Betreiben der SPÖ in der "Euroteam"-Affäre ein Beitragsteil, der sich mit der Tätigkeit des Sohnes des damaligen Bundeskanzlers Klima befasst hat und der in der "Zeit im Bild 1" gebracht werden sollte, ganz einfach unter den Tisch gefallen ist? Da gibt es eine Vielzahl von Beispielen, etwa auch zurückgehend auf Frau Trautl Brandstaller, die in flagranter Verletzung des Objektivitätsgebotes seinerzeit gesagt und sogar einen Erlass herausgegeben hat: Unauffällig ist gegen das Volksbegehren der FPÖ "Österreich zuerst" vorzugehen.

Nicht zuletzt liefert auch die Jobsituation beim ORF einen deutlichen Beweis dafür, woher der tatsächliche Einfluss gekommen ist und wie er ausgeübt wurde. Man hat ja zeitweise wirklich den Eindruck gehabt, Kollege Cap, dass zwischen ORF und SPÖ ständig eine Jobrotation stattfindet. Da hat sich der Herr Zeiler, der Sekretär des damaligen Bundeskanzlers Sinowatz, plötzlich als Generalintendant wiedergefunden (Abg. Dietachmayr: Ein guter Mann!), wobei ich Ihnen sagen und zugestehen muss, dass er durchaus ein guter Mann ist. Aber trotzdem: Diese enge Verzahnung zwischen einer Partei und dem öffentlich-rechtlichen Sender – das wäre in ganz Europa nicht möglich. (Abg. Dietachmayr: Sie sind doch so für Flexibilität!)

Aber das war ja kein Einzelfall. Es gab diese Jobrotation auch umgekehrt, und so hat sich etwa der Generalsekretär des ORF plötzlich als Bundesgeschäftsführer der SPÖ wiedergefunden. – Das sind jetzt nur einige Beispiele.

Es pfeifen überdies die Spatzen von den Dächern, wie eng die personellen und auch die verwandtschaftlichen Beziehungen von SPÖ-Mandataren beziehungsweise Verwandten von Mandataren mit Mitarbeitern des ORF sind. Das ist ja überhaupt keine Frage, das wissen wir doch alle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Also bitte, tun wir nicht so, sprechen wir nicht nur deshalb, weil jetzt endlich einmal normale Verhältnisse beim ORF eingetreten sind und Interventionen von sozialistischen Intervenienten jetzt vielleicht nicht mehr so akzeptiert werden, gleich davon, dass dort Druck ausgeübt wird!


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Zur Frau Kollegin Petrovic: In völliger Verkennung der Verfassungsrechtlage glauben Sie, dass diese Reparaturversuche zum Regionalradiogesetz nicht notwendig sind. Die SPÖ hat einen Reparaturversuch gemacht, von unserer Seite ist ein Reparaturversuch gekommen, und Sie meinen, der Verfassungsgerichtshof sei schon so klug, nicht auf eine Suspendierung der Bescheide zu erkennen, sondern eine Übergangsfrist einzuräumen.

Frau Kollegin! Wir sind in der Bescheidbeschwerde, und wir sind in einem Konkurrenzverfahren, wir sind in einem Lizenzverfahren. Hier kann die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, sofern die Verfassung verletzt wurde, nur auf Aufhebung der Lizenz lauten. Das ist überhaupt keine Frage. Und wenn Sie mir nicht glauben, dann glauben Sie dem Verfassungsgerichtshof, der in ein und derselben Materie im Oktober 1995 alle Lizenzbescheide der damaligen Lizenzwerber suspendiert hat, und zwar ohne Übergangsfristen, sodass es damals schon dazu gekommen ist, dass zig Millionen Schilling seitens frustrierter Investoren zu beklagen waren.

Und jetzt ist es natürlich noch wesentlich ärger, weil viele Radiosender bereits on air gegangen sind. In Österreich sind es, glaube ich, 50, 55 Radiostationen, und ich nehme an, dass etwa 40, 45 Lizenzen beeinsprucht wurden. Dass sich da ein verantwortungsvoller Gesetzgeber – und auch die SPÖ hat ja einen entsprechenden Versuch gestartet – Gedanken macht, was dann ist, wenn aufgehoben wird, das ist, glaube ich, nur ein Ausfluss der verantwortungsvollen Tätigkeit, die dem Gesetzgeber tatsächlich auch zukommt.

Wie schaut denn dieser Lösungsvorschlag aus? – Es ist zugegebenermaßen nicht sehr einfach, weil man sich natürlich leichter täte, mit einer Verfassungsmehrheit irgendwie drüberzufahren, um das Ganze abzusichern. So hat es die sozialdemokratische Seite versucht, aber das ist meines Erachtens kein verfassungsgesetzlich richtiger Weg und vor allem ein rechtsstaatlich sehr bedenklicher Weg. Und das findet sich auch im Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Kostelka und Genossen wieder. Darin steht wortwörtlich – die SPÖ wollte ja ihre Bestimmung in den Verfassungsrang heben, um sie anfechtungsfest zu machen –:

"Angesichts der Durchbrechung von allgemeinen Regeln für die anzuwendende Sach- und Rechtslage beziehungsweise der Wirkung von aufhebenden Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes ist es erforderlich, diese Regelung im Verfassungsrang zu treffen."

Meine Damen und Herren! So kann es nicht gehen! Das wäre eine "Regierung alt", würde man eine Bestimmung, in Kenntnis, dass sie verfassungswidrig ist, in Kenntnis, dass sie durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden würde, einfach nur deshalb in den Verfassungsrang heben, um sie der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu entziehen.

Ich denke, dass der Versuch von Blau-Schwarz, hier mit einer einfachgesetzlichen Regelung eine Sanierung herbeizuführen, ein rechtsstaatlich sicherlich unbedenklicher ist. Ich glaube daher, dass, wenn der Verfassungsgerichtshof – und nach der Entscheidung in der Sache der Telekom-Controll-Kommission ist leider davon auszugehen – die Bescheide aufhebt, auf Grund der Novelle zum Regionalradiogesetz die Unternehmungen, die schon jetzt Radiostationen betreiben, eine echte, eine realistische Chance haben, durch weitere Antragstellungen ihre Lizenzen aufrechtzuerhalten und so ihren Vorbetrieb und natürlich auch die Arbeitsplätze zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt Herr Staatssekretär Morak zu Wort. – Bitte.

18.09

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für die vorliegenden Initiativanträge betreffend Kabel- und Satellitengesetz und Rundfunkgesetz möchte ich mich hier beim Hohen Hause bedanken: auf der einen Seite dafür, dass damit die Umsetzung von zwei europäischen Richtlinien stattfindet, bei der Österreich bereits seit langem säumig war und es zu keiner Zeitverzögerung mehr kommen hätte dürfen, da sonst eine Klage seitens der Kommission unabwendbar gewesen wäre, auf der anderen Seite dafür, dass die Regierungsparteien den Mut gefunden haben, über die Umsetzung der


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Fernsehsignalrichtlinie hinaus die Einführung eines so genannten Common Interface vorzusehen.

Da befindet sich Österreich mit Deutschland, Griechenland und Spanien in guter Gesellschaft, um einen europäischen Trend vorzugeben, der schon von Universitätsprofessor Dr. Reimers vom Institut für Nachrichtentechnik der Universität Braunschweig aufgezeigt wurde, der eine ähnliche Entwicklung für Gesamteuropa und für die gesamte EU prognostiziert.

Die Entschließung zur Fernsehrichtlinie sehe ich als ausgesprochen positiv. Wie Sie wissen, ist letzte Woche die Begutachtungsfrist für das Fernsehexklusivrechtegesetz mit dazugehörender Verordnung, die die angesprochene Liste beinhaltet, in die Endphase gegangen. Ich glaube, dass wir voraussichtlich noch vor der Sommerpause diese als Regierungsvorlage hier im Hohen Hause einbringen werden.

Wesentlicher jedoch bei der Umsetzung der genannten Richtlinie ist der Umstand, dass wir hier klare Regelungen im Bereich des Teleshopping, der Kennzeichnung für jugendgefährdende Sendungen, aber auch des Niederlassungsprinzips und der Zulassung von TV-Stationen schaffen.

Einige Worte noch zum Regionalradiogesetz: Mit dem vorliegenden Antrag der Regierungsparteien ist gewährleistet, dass alle Privatradios weiterhin senden können, auch wenn sie ihre Lizenzen unverschuldet verlieren. Eine neuerliche Entscheidung über die Lizenz erfolgt innerhalb von sechs Monaten durch die Regionalradiobehörde auf Grund der jetzigen Eigentümerverhältnisse. Dies ist abseits von dem nicht ganz unwesentlichen Umstand, dass der Antrag der SPÖ demokratiepolitisch bedenklich erscheint, auch sinnvoll, da sich innerhalb der letzten zwei Jahre in diesem Bereich sehr viel getan hat, sprich, die Besitzer gewechselt haben und die Uhren nicht einfach zurückgedreht werden können.

Eine Entscheidung zum heutigen Zeitpunkt auf der Grundlage von Verhältnissen, die vor zwei Jahren geherrscht haben, erscheinen mir in diesem Zusammenhang grotesk. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den Freien Radios sagen. Ausgehend von einem Gespräch am 4. Mai 2000 mit Vertretern des Verbandes der Freien Radios hat der Beirat der Abteilung II/8 der Kunstsektion eine Empfehlung für eine Förderung in Höhe von 1,18 Millionen abgegeben. Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass ich mich an dieser Empfehlung orientiert habe. Ich habe auch betont, dass an einem Ausstiegsszenario des Bundes von den Freien Radios gearbeitet wird, weil sie für die Kunstsektion nicht leistbar sind.

Darüber hinaus möchte ich in Erinnerung rufen, dass es bereits unter der letzten Bundesregierung keinen Förderansatz für die Freien Radios gegeben hat. In diesem Sinne bin ich grundsätzlich dafür, dass dieser Empfehlung des Beirates Folge geleistet wird. Anknüpfend an diese Empfehlung und an die Aussprache, die ich mit den Freien Radios hatte, meine ich allerdings, dass sie, um persönliche Schicksale hintanzuhalten – Umstände, die gegebenenfalls den Fall einer Krida nach sich ziehen würden –, an einem Ausstiegsszenario im nächsten Jahr arbeiten sollten, um dem Bund die Möglichkeit zu geben, mit Anstand die Freien Radios frei werden zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Die Uhr ist auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist fast lustig bis grotesk, wie blauäugig und ahnungslos sich Kollege Krüger gibt, was das Ausüben von Druck auf Medien betrifft. Herr Krüger! Es ist doch allgemein bekannt, dass Ihr Klubobmann Westenthaler in den letzten Jahren Hunderte Male intensiv interveniert und die Leute beschimpft hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Dafür gibt es x Beweise, und zwar sowohl bei den elektronischen Medien als auch bei den Printmedien. Es gibt zig Aussagen von Journa


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listen, die sich in die Enge getrieben und von Ihrem jetzigen Klubobmann Westenthaler bedroht gefühlt haben. Nehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Krüger! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Ich kann Ihnen noch einen Beweis liefern, was das Druckausüben auf Medien betrifft. Wir zumindest haben Ihren Sturm auf das Kärntner ORF-Landesstudio nicht vergessen, als Sie in einem Machtrausch dort gesagt haben: Jetzt sind wir da! Jetzt machen wir das Programm! – Da können Sie sich bei Kollegen Zernatto über die Details erkundigen, er hat das bestimmt nicht vergessen. – So viel zur Ausübung von Druck auf Medien, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Lächerlich!)

Ich möchte mich in meinem kurzen Beitrag noch mit jener ominösen Liste beschäftigen, laut der besondere gesellschaftliche Ereignisse mit besonderer Bedeutung im Fernsehen frei verfolgbar sein sollen, die also nicht verschlüsselt, sondern allgemein zugänglich sein sollen, also kein Pay-TV. Das betrifft Schirennen, Fußballspiele und Kulturprojekte.

Jetzt hat Herr Staatssekretär Morak gerade in seiner Wortmeldung gesagt, die Liste, die im Entwurf vorliegt, werde Basis für eine Regierungsvorlage sein. Dieser Entwurf findet sich auch in den Ausschussdokumenten. Welche Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung sind darin angeführt, meine Damen und Herren?

Erstens: Olympische Sommer- und Winterspiele. – Passt. Zweitens: Fußballspiele der Europa- und der Weltmeisterschaft, sofern an diesen Spielen die österreichische Nationalmannschaft teilnimmt. – Das ist leider eher akademisch, passt aber. Dann sind ein paar andere Punkte, die mit Fußball zu tun haben, angeführt, und dann kommt es: Schirennen, Schiweltcuprennen, die an folgenden Orten – an folgenden Orten gibt es also kein Pay-TV – stattfinden: Kitzbühel und St. Anton.

Herr Staatssekretär! Was ist denn mit Schladming? Hat der Nachtslalom in Schladming keine besondere gesellschaftliche Bedeutung? – Ich muss Ihnen sagen, die komplette Bundesregierung hat sich beim letzten Nachtslalom dort getummelt. Oder Semmering in der Steiermark? Da findet ein weiteres Weltcuprennen statt. Warum sind diese Orte nicht in der Liste angeführt, die mit zehn Punkten gewissermaßen eine taxative Aufzählung enthält?

Oder, Herr Staatssekretär, warum fehlt der A1-Grand-Prix in Spielberg in der Steiermark? Warum fehlt denn der in der Liste? Wie kann so etwas sein? Ist das eine Schlamperei? Gehört das korrigiert? – Ich erwarte von Ihnen hier und heute eine Erklärung. Ist das eine Schlamperei, ist das falsch, oder geht es darum, Exklusivrechte etwa von Schladming oder des Grand Prix in der Steiermark, des Österreich-Grand-Prix an das Ausland zu verscherbeln? Worum geht es da? Gibt es da irgendetwas, was hier im Hohen Haus nicht bekannt ist? Gibt es vielleicht Gespräche mit Ecclestone, die niemand kennt? – Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie um entsprechende Informationen, denn die österreichische Sportöffentlichkeit ist brennend daran interessiert. Warum finden sich Schladming und der A1-Grand-Prix nicht auf dieser Liste?

Herr Staatssekretär! Wenn diese Dinge fehlen, wenn sie nicht unter den Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung angeführt sind, dann ist das keine Basis für eine Regierungsvorlage. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.18

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nachdem zu den nun zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkten schon sehr viel gesprochen und diskutiert wurde, möchte ich nur auf zwei Punkte eingehen. Mit einer dieser Gesetzesvorlagen werden wir die täglichen Werbezeiten der Privatradios von bisher 120 Minuten auf 172 Minuten erhöhen. Damit setzen wir einen weiteren Akt für die Privatradios, um ihnen Chancengleichheit gegenüber dem ORF zu gewährleisten.


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Privatradios führen bereits zu neuen Unternehmensgründungen im Dienstleistungsbereich. In diesem Zusammenhang verweise ich auf ein Pilotprojekt in der Steiermark, wo eine Radioservicegesellschaft gegründet wurde, die private Radiobetreiber bei der Programmstrategie im überregionalen Bereich, im Marketing, im Verkauf und bei Rechtsfragen unterstützt. Damit werden wettbewerbsfähige Unternehmen und neue, zukunftsorientierte Arbeitsplätze geschaffen.

Ich kann es fürwahr nicht verstehen, wieso oder warum Kollege Cap auf die Idee kommt, dass die ÖVP den Privatradios die Existenzgrundlage entziehen möchte. Herr Kollege Cap! Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir von der ÖVP es waren, die die Privatradios immer gefördert haben, und dass wir eigentlich deren Ermöglichung vorbereitet haben. (Abg. Dr. Mertel: Kollegin Frieser! Sie waren nie dabei!)

Ich komme jetzt auf die Gesetzesnovelle zu sprechen, die wir nun in Erfüllung der EU-Richtlinien beschließen werden. Hier ist besonders unserem Staatssekretär zu danken, denn er ist derjenige, der Kunst- und Kulturereignisse auch in diese Liste einfügen möchte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter! Zum Abschluss: Es verwundert mich, dass ausgerechnet Sie als Abgeordneter der SPÖ darauf dringen, den A1-Ring in diese Liste zu integrieren, wo doch gerade Ihre Fraktion im Land immer gegen den A1-Ring war. (Abg. Dr. Kräuter: Sind Sie auch dafür?) Er war ausschließlich das Verdienst des Landesrates Hirschmann, er hat diesen A1-Ring ermöglicht. Daher finde ich es einigermaßen interessant, dass Ihnen das plötzlich ein Anliegen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Reitsamer: Jetzt steht Hirschmann allein im Regen!)

18.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen wird.

Zunächst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 133 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen und Fernsehsignalen samt Titel und Eingang in 134 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf in zweiter Lesung aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Daher kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen ist.

Ich lasse als Nächstes über die dem Ausschussbericht 133 der Beilagen beigedruckte Entschließung abstimmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser dem Ausschussbericht in 133 der Beilagen beigedruckten Entschließung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Beschlussfassung über diese Entschließung erfolgt mit Mehrheit. (E 12.)

Ich lasse als Nächstes über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, in 136 der Beilagen abstimmen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Wie erwähnt hat Frau Kollegin Dr. Petrovic einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 1a und 1b sowie 4 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag Petrovic zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag hat daher keine Mehrheit gefunden, was eigentlich logisch ist.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Bejahung. – Ich stelle fest, dass dieser mit Mehrheit angenommen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, der Nationalrat möge seinen Bericht in 137 der Beilagen zur Kenntnis nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichte im Sinne des Antrages des Verfassungsausschusses stimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

17. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 126/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (113 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir können nun den 17. Punkt der Tagesordnung in Verhandlung nehmen.

Eine mündliche Berichterstattung durch Frau Abgeordnete Dr. Papházy wird nicht gewünscht. Daher können wir gleich in die Rednerliste eingehen.

Erste Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.25

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die vorliegende Gesetzesvorlage ist ein dramatisches Beispiel für die Konzeptlosigkeit der Kulturpolitik dieser Regierung. Man kann natürlich der Meinung sein, dass auch ein Zickzackkurs Bewegung bedeutet, aber um diese bemerkenswerte Entwicklung, die dieser Gesetzentwurf genommen hat, für alle nachvollziehbar zu machen, möchte ich ein paar Anekdoten aus dem Ausschuss berichten.


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Ursprünglich waren sich von der Tendenz her alle im Parlament vertretenen Fraktionen einig, dass Österreich eine Fortsetzung der Buchpreisbindung braucht, um die Vielfalt, um das Überleben der kleinen Anbieter zu gewährleisten und zu garantieren. In einer relativ kurzen Zeit hat es dann eine Vorlage gegeben, die bis auf gewisse kleinere Mängel durchaus akzeptabel und brauchbar war. Es hat sich bewährt, dass man, wie in vielen anderen Fällen nicht, dann doch ein Begutachtungsverfahren gemacht hat, denn durch das Begutachtungsverfahren sind dann noch einige positive Punkte, wie zum Beispiel die UWG-Klage im Gegensatz zu einer Verwaltungsstrafbestimmung, in diesen Entwurf hineingekommen.

Aber siehe da, 24 Stunden vor der Ausschusssitzung wurde ein Abänderungsantrag von FPÖ und ÖVP eingebracht, mit dem sichtbar wurde, dass da massive Lobby-Interessen dahinter stehen, denn es wurde eine ganz maßgebliche Änderung, die mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes in der jetzt noch vorliegenden Form eine Aushöhlung des Konzeptes der Buchpreisbindung bedeutet hätte, verlangt, nämlich eine Ausnahme für den Internethandel. Dies wurde jenseits aller verfassungsrechtlichen Bedenken gefordert.

Damit nicht genug: Im Ausschuss gab es dann eine Sitzungsunterbrechung, weil sich die ÖVP intern nicht einig war. Bemerkenswert war auch, dass von Seiten des Wirtschaftsbund-Chefs Mitterlehner, durchaus Unterstützung für die Argumente der Grünen gekommen ist, während – und das war durchaus auch bemerkenswert – von Seiten der SPÖ, nämlich vom Kultursprecher Cap, dieser Lobbyismus unterstützt wurde, indem speziell eine einzige Firma, ein einziges Unternehmen, das von dieser Bestimmung profitiert hätte, ganz offensiv im Ausschuss unterstützt wurde.

Aus unserer Sicht ist die vorliegende Gesetzesvorlage mit der Ausnahme für den Internethandel verfassungsrechtlich im höchsten Maße bedenklich. Es ist eine Buchpreisbindung und gleichzeitig eine Aushöhlung der Buchpreisbindung. Falls es nicht, wie angekündigt, noch einmal zu einem Zickzackkurs kommt und ein weiterer Abänderungsantrag dieser Regierung eingebracht wird, werden wir noch diesen Abänderungsantrag einbringen und die Ausnahme für den Internethandel noch einmal hier zur Abstimmung bringen lassen.

Es ist durchaus mit EU-Recht kompatibel, es hat kein vernünftiges Argument in den Ausschussverhandlungen gegeben, warum man den inländischen Festpreis im Laden nicht mit dem inländischen Preis über Internet gleichschalten will. Das hat nichts damit zu tun, dass man die Entwicklung eines Zukunftsmediums, nämlich des World Wide Web, in irgendeiner Weise unterdrücken möchte, aber es ist in keiner Weise gerechtfertigt, so unterschiedliche Marktbedingungen innerhalb eines sich konkurrenzierenden Marktes zuzulassen. (Beifall bei den Grünen.)

Man kann jetzt durchaus darüber diskutieren, ob eine Buchpreisbindung ein geeignetes Instrument für die nächsten 10, 15, 20 Jahre ist. Das ist durchaus ein sehr diskussionswürdiger Punkt, und ich denke, dass wir in den nächsten Jahren – das Gesetz ist nur auf fünf Jahre befristet – Gelegenheit haben werden, andere Umverteilungsmodelle zu diskutieren, sodass Vielfalt, Qualität und vor allem das Überleben kleiner Buchhandlungen in Österreich weiterhin gesichert sind, dass man sich also für diesen Bereich Modelle überlegt.

Tatsache ist, dass Europa einen anderen Weg geht, Tatsache ist, dass eine europäische Buchpreisbindung diskutiert wird, Tatsache ist auch, dass es in Deutschland diese gibt, und Tatsache ist auch, dass in Deutschland der Internethandel einbezogen ist.

Wirklich bemerkenswert ist der Zickzackkurs der Regierung in diesem Punkt. Die Vorlage war durchaus begrüßenswert, ist aber in letzter Sekunde in eine sehr negative Richtung abgeändert worden. Ich erwarte jetzt, dass von Seiten der Regierungsparteien ein Abänderungsantrag eingebracht wird. Sollte dieser nicht kommen, werden wir diesen Diskussionspunkt noch einmal einbringen.

Durchaus bemerkenswert ist auch, dass es von Seiten der SPÖ – ich weiß, dass es nicht alle in der SPÖ so sehen – eine ganz frappante Unterstützung für ein einziges Unternehmen gibt und dass diese persönliche Nähe, die ich auch hier unterstellen möchte, für eine "Lex Libro" sozusagen gut genug ist.


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Noch einmal: Man kann über die Buchpreisbindung als Instrument, als ökonomisches Instrument für die nächsten 15 bis 20 Jahre durchaus diskutieren, aber ich halte absolut nichts davon, für einzelne Unternehmen einzelne begünstigende gesetzliche Regelungen zu machen, die verfassungsrechtlich nicht haltbar sind. (Beifall bei den Grünen.)

Ich schätze das Unternehmen Libro, ich schätze Herrn Rettberg, ich schätze auch Herrn Lederer, halte aber nichts davon, wenn ein SPÖ-Kultursprecher schamlos die Interessen eines Unternehmens vertritt. Ich war enttäuscht, dass das auf so offensive Art geschehen ist. Ich erwarte mir jetzt von den Regierungsparteien, dass dieser Abänderungsantrag kommt.

Wenn dieser eingebracht wird, können wir der Gesetzesvorlage zustimmen und zumindest für die nächsten fünf Jahre in Österreich ein ökonomisches Instrument zur Anwendung bringen, das unter Umständen das, was sich Verleger, Autoren und kleine Buchhandlungen wünschen, gewährleistet. Ich möchte allerdings für die nächsten Jahre eine neue Lösung und weiter gehende Schritte diskutieren. Ich glaube, dass es mit diesem Schritt nicht getan ist und dass weitere offensive, sehr innovative Alternativen notwendig sein werden, um Vielfalt und Qualität, um das Kulturgut Buch in Österreich für die nächsten Jahre in der ganzen Breite flächendeckend erhalten zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

18.31

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich sehe keinen Sinn darin, eine Regelung zu beschließen, die nach dezidierter Aussage des Verfassungsexperten im Kulturausschuss letztlich gleichheitswidrig, verfassungswidrig und dann auch inländerdiskriminierend sein wird, wenn es tatsächlich doch noch zur Buchpreisbindung beim nationalen Internethandel kommt.

Die Argumentation des Verfassungsexperten war, dass die nationalen Internetbuchhändler gegenüber den ausländischen Internetbuchhändlern diskriminiert werden. Das ist Faktum eins. Faktum zwei ist aber, dass, wenn diese Regelung doch noch kommen sollte – ich höre, es soll seitens der beiden Regierungsfraktionen einen neuen Abänderungsantrag geben –, das dann auch zu einer Differenzierung zwischen finanzstarken Internetbuchhändlern und finanzschwachen Internetbuchhändlern führt.

Jetzt weiß ich schon, dass das im Moment nur 1 bis 2 Prozent Marktanteil betrifft, aber das wird sich in den nächsten Jahren ziemlich rasch nach oben entwickeln. Wer diese Regelung hineinbringt, begünstigt die finanzstarken Internetbuchhändler. Das heißt, letztlich sagen einige, diese Bestimmung muss deswegen hinein, damit – nennen wir es beim Namen – Libro über die Buchpreisbindung für den nationalen Internethandel nicht bevorteilt wird, obwohl genau diese Bestimmung zu einer Bevorteilung von Libro führt. (Abg. Dr. Khol: Nein! Nein! Nicht wirklich!)

Das ist in Wirklichkeit das Interessante dabei, weil es für Libro als finanzstarkem Internethändler – es gibt mittlerweile auch schon einige andere Großbuchhändler – die Möglichkeit gibt, ins Ausland auszuweichen und von dort den Internetbuchhandel grenzüberschreitend zu organisieren. (Abg. Dr. Khol: Eben nicht! Nein!) – Eben schon. Das ist gemäß den Wettbewerbsbestimmungen der EU absolut geschützt und möglich, und es ist auch ein Rosstäuschertrick, wenn dann noch seitens der beiden Regierungsfraktionen darauf hingewiesen wird, Deutschland und Frankreich hätten Überlegungen angestellt, auch eine grenzüberschreitende Regelung beim Internetbuchhandel einzuführen – abgesehen davon, dass das nur das Europäische Parlament ist, und zweitens ist das völlig fern der Realität, wie das im Moment in der Kommission und sonst überall diskutiert wird.

Das heißt, wir machen nichts anderes – wohl wissend, dass es diesen grenzüberschreitenden Internetbuchhandel gibt und geben wird –, als die nationalen Internetbuchhändler auch noch bewusst zu benachteiligen, nämlich die Finanzschwachen, die Kleinen, die vielleicht gerade noch die dafür notwendigen Investitionen tätigen können. Das ist eine Regelung gegen die kleinen und mittleren Buchhandlungen angesichts der Perspektive, dass sie auf Internet umstellen. Ob


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die Autoren dafür sind, müssen sie mit ihren Vorsitzenden ausmachen, das ist mir überhaupt schleierhaft. Aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Da stelle ich die Frage, welchen Sinn das macht. Dazu kommt noch, dass im Kulturausschuss ursprünglich die drei Parteien gemeinsam eine Vorlage beschlossen haben, in der genau diese Preisbindungsregelung für den nationalen Internetbuchhandel nicht enthalten war – wohlweislich und wohl überlegt. Dann hat der Vertreter der Wirtschaftskammer einen Anfall bekommen und dezidiert an dieser Abstimmung nicht teilgenommen. Das scheint für Klubobmann Khol ausreichend gewesen zu sein, um seine Klubkultursprecher wieder zu motivieren, da doch eine Änderung vorzunehmen, einfach weil es der Wirtschaftskammer so gefällt. (Abg. Mag. Frieser: Nein, das ist zu simpel! Nein, das ist zu simpel!) – Nein.

Dazu kann ich nur sagen, das ist unseriös, weil Sie den Buchhändlern und den Autoren eine Wirklichkeit vorgaukeln, die nicht Realität ist. (Abg. Dr. Khol: Seit ihr in der Opposition seid, seid ihr von den Informationsquellen abgeschnitten! Ihr wisst nichts mehr! Ihr wisst nichts mehr!) Ich frage mich, welchen Sinn das macht, solch eine Regelung zu machen, obwohl ich ganz genau weiß, das wird erstens einmal beim Verfassungsgerichtshof zu der entsprechenden Reaktion führen und zweitens letztlich nur die finanzstarken Internetbuchhändler unterstützen. Mir ist das schleierhaft.

Wir können grundsätzlich der Buchpreisbindung zustimmen, weil ich auch meine, dass wir für zwei bis drei Jahre einen Übergang brauchen. Aber sollte dieser Zusatzantrag kommen, können wir nicht zustimmen, weil das genau die Falschen trifft und die Falschen fördert.

Das Absurde an der Diskussion ist, dass meine Vorrednerin gesagt hat, genau deswegen will sie es hinein haben, aber genau damit, dass sie das aufgenommen haben will, fördert sie genau diejenigen, die sie nicht fördern will. – Das muss sie sich mit ihrer Fraktion ausmachen. Mein Problem ist das nicht.

Was ich noch mit Bedauern feststelle, ist Folgendes: Wir hätten noch gerne die öffentlichen Bibliotheken, die wissenschaftlichen Bibliotheken und die Schulbibliotheken freigestellt gehabt. Das wurde leider nicht ermöglicht. Sie unterliegen auch einer Rabattierungsgrenze.

Was ich ebenfalls angeregt habe, ist, zu hinterfragen, ob diese Verpflichtung zur Lagerhaltung von sechs Monaten nicht auch die kleinen und mittleren Buchhändler diskreditiert. Auch das wurde nicht akzeptiert. Es muss eine ganz diffuse Lobbyistenkultur sein, die hinter dieser Gesetzesregelung steht, weil sie dauernd vorgibt, den kleineren und mittleren Buchhändlern etwas Gutes tun zu wollen, und im Endeffekt sagt, ihr müsst euer Kapital weiter binden, indem ihr die Bücher sechs Monate in der Lagerhaltung lasst, und überhaupt habt ihr nicht die Chance, euch im Internetbuchhandel festzusetzen.

Europaweit ist die Liberalisierung im Buchhandel unabdingbar. Deswegen sprechen wir nur mehr von einer Übergangsregelung, damit diese Marktanpassung für den österreichischen Buchhandel noch ermöglicht wird. Aber diese Liberalisierung ist unabdingbar. Man sollte einfach offen und ehrlich mit den Betroffenen darüber sprechen. Ich halte nichts von einer Interessenvertretungspolitik, wenn man nicht sagt, wie sinnlos manche Initiativen sind, sondern die Betroffenen in dem Glauben lässt, man könne etwas tun – wohl wissend, dass in bestimmten Bereichen die Entwicklung in Europa bereits eine andere ist. Das halte ich für unverantwortlich, und das ist der Grund, warum wir uns heute in dieser Frage sehr differenziert verhalten werden.

Aber eines sollten meine Nachredner noch erklären, nämlich warum sie im Kulturausschuss zuerst zustimmen und dann plötzlich alles wieder anders ist. Was ist da passiert? Welcher geniale Blitz ist vom Himmel gekommen? Oder habe ich nicht doch Recht, dass es genügt, wenn die Wirtschaftskammer ruft, und die ganze Truppe springt in die Richtung, wie es die Wirtschaftskammer will? (Zwischenruf der Abg. Mag. Frieser. )

Da kann ich nur sagen: Kompliment für den Vertreter der Wirtschaftskammer!, aber ich muss doch fragen, wo der eigenständige Klub, die eigenständige Fraktion und der eigenständige Klubvorsitzende Khol sind, wenn ein kurzer Daumenzeig der Wirtschaftskammer genügt, und schon


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schwirrt ein Abänderungsantrag in das Hohe Haus, so sinnentleert er auch sein mag, denn er befriedigt nur kurzfristig Interessen. Ich glaube, dass das unseriös ist, und würde wirklich an Sie appellieren, sich das noch einmal zu überlegen.

Vielleicht überlegen Sie es sich noch einmal, kommen herunter, haben den Zusatzantrag mit und sagen: Ach was, lassen wir ihn, es ist eigentlich doch unverantwortlich, wenn wir das machen! – Vielleicht ist das möglich, weil Ihr Umdenkprozess in so kurzer Zeit schon so oft stattgefunden hat, dass es unter Umständen vielleicht auch jetzt noch passieren kann. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Die Uhr ist auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.39

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sie haben ganz Recht, Herr Kollege Cap, wir bringen einen zweiten Abänderungsantrag ein, und zwar genau den, den Sie befürchtet haben. Ich glaube nicht, dass diese Lösung als verfassungswidrig oder inländerdiskriminierend zu bezeichnen ist. Die Argumentation, wie Sie es aufziehen, dass Libro oder die großen Konzerne es schaffen werden, auf diese Art die Kleinen auszubooten, wäre von der anderen Seite her genauso zu führen gewesen. Also ich sehe das Ganze nicht so, wie Sie das sehen, und ich sehe es auch nicht als einen Blitz, der vom Himmel geschossen ist, der uns plötzlich verändert hat.

Sie wissen, wir haben von Anfang an versucht, den Umständen und denjenigen, für die wir eigentlich das Gesetz gemacht haben, entsprechend ein passendes Gesetz zu machen, und zwar im Bewusstsein dessen, dass es ein Übergangsgesetz sein wird.

Ich habe gewusst, es wird so kommen, das wird als Zickzackkurs dieser Regierung bezeichnet werden. Ich sehe das ein bisserl anders. Ich hätte gesagt, dieses Gesetz war ganz bestimmt keine leichte Geburt, und es war ein sehr langer und steiniger Weg, der auch nicht in dieser Periode begonnen hat. Die Vorarbeiten der vorigen Koalition – ich nenne da durchaus auch die Bemühungen des ehemaligen Staatssekretärs Wittmann – haben auch sämtliche Interessenverbände für die Thematik sensibilisiert und das Terrain aufbereitet, das kann man sagen.

Es ist aber dennoch leider zu keinem Abschluss gekommen, dieser blieb jetzt der neuen Koalition vorbehalten. Ich muss sagen, ich habe den Eindruck, es wurde ausgesprochen schnell, gut und effizient darauf hingearbeitet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Darauf hingearbeitet wurde erstens einmal vom Staatssekretariat in dauernder, sehr genauer und differenzierter Absprache mit österreichischen und europäischen Verfassungsrechtlern sowie mittels Anhörung – da haben Sie ganz Recht – von Interessenvertretungen aller Seiten und letztendlich auch noch durch unsere schnelle Reaktion. Man kann sagen, die treibende Kraft waren eher die Kulturpolitikerinnen, vor allem, was diesen letzten Abänderungsantrag betrifft, nämlich betreffend die Miteinbeziehung des nationalen elektronischen Handels.

Der ursprüngliche Antrag, zuerst allgemein formuliert, wurde abgeändert, und es wurde eine genauere Fassung angestrebt, weil es eben Einwände von Verfassungsrechtlern gegeben hat. Wir wollten den elektronischen Handel – das stimmt – zuerst insgesamt ausschließen, weil wir in das in Entwicklung begriffene e-commerce-Gebiet nicht eingreifen und uns auf den klassischen, konventionellen Handel beschränken wollten, und zwar in Form einer Schutzbestimmung.

Es stimmt auch, dass uns die großen Aufregungen von Seiten der Interessenverbände der Wirtschaft, aber auch der IG-Autoren diese Formulierung noch ein weiteres Mal überdenken ließen. Deswegen gibt es diesen zweiten Abänderungsantrag, der den nationalen Internethandel einschließen wird, um eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Vertriebswege, die im Buchhandel Realität sind, zu vermeiden. EU-rechtlich steht dieser Regelung unseres Wissens nichts entgegen.


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Meine Damen und Herren! Ich möchte insgesamt zu diesem Gesetz etwas sagen, von dem sich viele denken, warum es zu solch einem kleinen Gesetz überhaupt so viel Aufregung gibt. Es gibt zu viele Gesetze, das wissen wir, und die Zahl wollen wir auch eindämmen. Aber das ist ein notwendiges, kleines, schlankes, wichtiges Gesetz, erwachsen aus einer älteren und schon lang praktizierten, im Handel erprobten Handhabung. Ich bin Buchhändlerin, ich weiß, wovon ich rede. Dennoch ist es eine Übergangslösung – dessen sind wir uns bewusst –, eine Brücke, ein Übergang. Man hat es nämlich nicht mit Tomaten, Autos oder sonstigen normalen Handelsgütern, Konsumgütern zu tun, sondern eben mit einem Kulturgut, einem Kopfgut.

Wir befinden uns mit diesem Produkt Buch genau an einer Schnittstelle, an einer gefährlichen Kluft zwischen Gedanken und Materie. Das ist das grundsätzliche Problem. Wir sind mitten in einer Entwicklung von den alten zu den neuen Medien, in einer Umschichtung, das wissen wir. In vielen Bereichen wird das reale Buch jetzt vom virtuellen Buch, vom Text auf dem Bildschirm abgelöst. Trotzdem glaube ich an eine Zukunft des Buches – allen widersprechenden Prognosen zum Trotz –, weil diese sinnliche Erfahrung, die wir alle auch im Ausschuss immer wieder beschworen haben, einen Genuss für einen Bücherfreund, für einen Leser und für alle Menschen darstellt.

Ich glaube, das wird es nach wie vor geben. Vielleicht werden sich die Buchhändler neue Formen ausdenken, das werden sie ganz bestimmt. Ich glaube aber, dass beide Formen nebeneinander existieren werden können: der klassische Buchhandel vielleicht in einer anderen, geänderten Form, daneben aber selbstverständlich auch der Handel über Internet als neue, schnelle Bestellmöglichkeit mit großer Auswahlmöglichkeit von zu Hause aus und vom Händler aus. Es wird sich im Handel diesbezüglich sehr viel tun.

Ich sage, es gibt kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch. Beides hat Nutzen und Reiz. Es geht um eine Erweiterung der Möglichkeiten und nicht um eine Einschränkung. Bei diesem Gesetz betreffend Buchpreiseinbindung geht es auch nicht um Einschränkung, sondern um eine vorsichtige Ordnung der rechtlichen Verhältnisse unter den momentanen Umständen. Ich sehe in dieser zweiten Abänderung keinerlei Nachgeben gegenüber dem Druck von außen oder von der Wirtschaftsseite, sondern eher ein Anpassen des Gesetzes an die momentane Situation, an eine im Umbruch befindliche Situation.

Das Gesetz war für bestimmte Gruppen gedacht, nämlich für all jene, die mit dem Medium Buch zu tun haben. Wir wollten ganz bewusst – vielleicht ist das auch ein weiblicher Zugang – eine Art Maßanzug dafür schaffen. Gesetze sind dazu da, den Menschen zu helfen und Unterstützung zu geben. Wenn das Gesetz nicht passt, dann muss man es eben ändern, und zwar so lange, bis es passt. Ich glaube, das ist damit erreicht worden: nämlich Zufriedenheit von all jenen, die damit zu tun haben, und das ist das Wichtigste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich weiß, es ist wahrscheinlich so, dass dieses österreichische Gesetz zur Buchpreisbindung nicht ewig halten wird – wir haben es auch auf fünf Jahre befristet –, das ist eine Illusion, die wir uns abschminken können, aber es wird eine wichtige Funktion erfüllen, die es allen ermöglichen soll, sich auf die neue Situation umzustellen, und zwar nicht plötzlich nach dem 30. Juni, sondern im Laufe der nächsten fünf Jahre. Ich hoffe sehr, dass es vor allem diese Funktion des Wachrüttelns und Umdenkens auch für den Handel erfüllt.

Es geht einfach um ein Mitgestalten und Sich-Einstellen auf diese neuen Marktbedingungen, darum, zu lernen, mit dem Internethandel und mit dem e-commerce zu leben. So sehe ich diese endlich gelungene Installierung des Gesetzes vor allem als ein deutliches kulturpolitisches Zeichen, das in einer Zeit ökonomischen und wirtschaftlichen Umdenkens von dieser Regierung gesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

18.47

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zum Preisbindungsgesetz: Man


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kann sich überhaupt fragen, warum ich in einer Zeit wie heute eine Preisbindung mache. Das verursacht in einer Zeit, in der liberalisiert wird, in der Grenzen fallen, in der der freie Wettbewerb eigentlich das Thema ist, ein gewisses Unbehagen. Warum binde ich den Preis? Warum liberalisiere ich nicht überhaupt? – Unser Zugang dazu ist, dass wir ein Gut liberalisieren, das nicht eine Ware, sondern ein Kulturgut ist, nämlich das Buch.

Ich habe Ihnen zwei Bücher mitgebracht. Ich weiß nicht, ob Sie wussten, dass die Bibliothek des Parlaments 1869 gegründet wurde und dass sie 300 000 Bücher beinhaltet. Dieses Buch hier ist das älteste Buch – es stammt aus der Zeit von 1720 –, das in dieser Parlamentsbibliothek zu finden ist. (Die Rednerin hält ein Buch in die Höhe.) Schlägt man die erste Seite auf, so stellt man fest, es ist ein Buch über die vornehmsten Grundgesetze von Europa – also durchaus etwas in unsere Zeit Passendes mit einem wunderschönen Einband.

Aber auch das zweite Buch, das ich Ihnen mitgebracht habe, ist wunderschön und zeigt, dass das Buch damals nicht Massenware war, sondern elitäres Gut. (Die Rednerin hält ein weiteres Buch in die Höhe.) Sie sehen einen wunderschönen Einband eines Buches, das um die Jahrhundertwende entstanden ist und verlegt wurde.

Dieser Meinung, dass das Buch Kulturgut und nicht Ware ist, schließt sich schön langsam ganz Europa an. Im Colloque de l’économie du livre dans l’espace européen, das in Strassburg im September 2000 stattfinden wird, diskutieren alle EU-Mitgliedsländer über die sowohl innerstaatlichen als auch außerstaatlichen Regelungen der Buchpreisbindung in Europa.

Gerade dieser über 100-jährige Bestand der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung zwischen Österreich und Deutschland hat uns eine Vielfalt im Verlagswesen, im Buchhandelswesen und am Buchmarkt gebracht, die einzigartig in ganz Europa ist. Wir haben die größte Anzahl und Vielfalt an Büchern in der deutschsprachigen Literatur, und genau das wollen wir uns erhalten: die Vielfalt des Buches. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen, dass bei uns alles erhaltbar ist: der Klassiker, der Bestseller, die Lyrik, das etwas spröde Werk des jungen Autors, das noch nicht verlagsstark ist, das sich in der Auflage noch nicht rechnet, sondern halt ganz einfach Unterstützung braucht. Das alles wollen wir uns erhalten. Erhalten wollen wir uns aber auch etwas anderes, etwas, was Sie selber sicherlich alle kennen, nämlich das Flair einer echten Buchhandlung, einer Buchhandlung, in der man noch stöbern kann, in der man die Zeit vergessen kann, in der man die Welt vergessen kann, und durchaus auch das sinnliche Erlebnis, das ich noch haben kann, wenn ich ein Buch in die Hand nehme oder wenn ich mir ein besonders schönes Buch leiste. Das wird mir gerade Herr Abgeordneter Cap zugeben, der auch schon argumentiert hat, dass er diese gewisse Sinnlichkeit beim Buch verspürt. (Abg. Haigermoser: Und bei den französischen Rotweinen!)

Es ist uns daher ein Anliegen, mit diesem Gesetz vor allem die kleinen und mittleren Buchhändler zu erhalten und sie in einer fünfjährigen Übergangsfrist – und da waren wir alle d’accord – auf die neue Marktsituation vorzubereiten und umzustellen. Und eine dieser neuen Marktsituationen, die von uns am meisten diskutierte, die oft wieder geänderte, ist eben der Buchhandel im Internet. Noch beträgt er, wie Sie sagten, nur zirka 2 Prozent des derzeitigen Buchhandels, noch vermag ich persönlich, wenn ich den Bildschirm des PCs streichle, noch nicht das gleiche sinnliche Erlebnis zu haben, wie wenn ich über ein Buch streiche, aber vielleicht kommt das noch. Im Zeitalter des Cyber-Sex kann es durchaus möglich sein, Herr Abgeordneter Cap, dass man beim Kauf eines Buches oder beim Handel eines Buches noch ganz andere Gefühle erwecken kann.

Eine der bekanntesten österreichischen Wochenendzeitungen hat Internetanbieter getestet. Sieben österreichische und fünf deutsche Online-Buchhändler wurden unter die Lupe genommen. Fazit der gesamten Aktion: Shopping im Internet ist eine interessante, weil neue, aber derzeit noch nicht billigere und schnellere Alternative zum herkömmlichen Verkauf im Buchhandel. Aber trotzdem, keine Frage: Der virtuelle Buchhandel ist ein neuer Handelsweg im gesamten Buchhandel. Und wir haben uns die Diskussion darüber – und das können Sie uns alle bestätigen – wirklich nicht leicht gemacht. Wir sind aber letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass wir


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auch das Internet in die Preisbindung einbeziehen müssen, und zwar deswegen, weil nach dem Gleichheitsgrundsatz alle Vertriebswege innerhalb des Buchhandels gleich sein müssen. Und das war auch die Frage der verfassungsrechtlichen Situation: Es gibt Für und Wider bei jeder Regelung, aber die Vertriebswege müssen – so auch der Verfassungsdienst – dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen.

Und etwas, was ich schon so oft argumentiert habe, Sie aber nicht hören wollen, Herr Abgeordneter Cap, ist zu berücksichtigen: 80 Prozent der in Deutschland verlegten Bücher werden in Österreich gehandelt. Hätten wir das Internet in Österreich nicht preisgebunden, hätte der deutsche in Deutschland gebundene Internethändler in Österreich den freien Markt gehabt und damit marktwirtschaftlich unsere ruinieren können. Und das kann er jetzt eben nicht mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Povysil, Dr. Wolfmayr und Kollegen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

§ 1 samt Überschrift lautet:

"Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz gilt für den Verlag und den Import sowie den Handel, mit Ausnahme des grenzüberschreitenden elektronischen Handels, mit deutschsprachigen Büchern und Musikalien. Es zielt auf eine Preisgestaltung ab, die auf die Stellung von Büchern als Kulturgut, die Interessen der Konsumenten an angemessenen Buchpreisen und die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten des Buchhandels Bedacht nimmt."

*****

Der grenzüberschreitende elektronische Handel ist seit Anfang Mai dieses Jahres über die e-commerce-Richtlinie EU-weit geregelt, und diese beschäftigt sich vorwiegend mit Rechts- und Konsumentenfragen.

Und da komme ich nun zum letzten Glied in der Kette des Buchhandels, nämlich zum Konsumenten. Wie wir alle wissen, ist der Konsument der, der den Buchhandel ankurbelt. Er ist ja der, der lesen soll, er ist ja der, der die Bücher kaufen soll. Bücher sind Abenteuer im Kopf, und sind sie nicht in unserem Kopf – auch diesen Spruch kennen wir alle –, dann sind sie nirgendwo! – Sie alle wissen doch, wie entspannend es ist, gerade nach einer Sitzung wie der heutigen, wenn Sie sich irgendwo "zusammenrollen" und ein Buch lesen können. Oder Sie alle haben als Kinder aus der Leihbibliothek, so wie auch mein Kind heute, die Bücher mit heimgeschleppt.

Das heißt, wir wollen erreichen – und das haben wir uns zum Ziel gemacht –, dass Bücher gelesen werden, dass Bücher erschwinglich sind und dass sie weiterhin in ihrer gesamten Vielfalt erhältlich sind. Daher haben wir auch die Rabattierungsregelung in unser Gesetz hineingenommen.

Wir haben nach langer Diskussion mit allen Beteiligten, mit den Autoren, mit den Verlegern, mit den Händlern, mit den Konsumenten, versucht – und wir haben es uns, wie gesagt, nicht leicht gemacht –, ein Gesetz zu schaffen, das Altes bewahrt, das auf die neuen Situationen der Gegenwart eingeht und das alle Möglichkeiten für die Zukunft offen lässt. Ich bitte Sie, uns in diesem Bestreben zu unterstützen, und ich wünsche Ihnen weiterhin viel Vergnügen beim Lesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.56


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist genügend unterstützt und steht daher in Verhandlung.

Zu Wort gelangt der Herr Staatssekretär. – Bitte.

18.57

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Initiativantrag wird heute ein Schlusspunkt einer Entwicklung gesetzt, die dieses Land und die Kulturschaffenden seit dem Beitritt Österreichs zur EU intensiv beschäftigt.

Ich möchte einige Worte zur Genesis dieses Gesetzes verlieren: Durch den Beitritt zur Europäischen Union wurde das System der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung im Hinblick auf die europäische Wettbewerbsregelung genehmigungspflichtig. Gelang es anfangs, die bestehenden Regelungen außer Streit zu stellen, beschloss die Europäische Union im Jänner 1998 die Einleitung eines offiziellen Beschwerdeverfahrens zur Aufhebung der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung. Das damalige Vorgehen der Kommission wurde im so genannten Wiener Memorandum auf Initiative Österreichs unter der Mitwirkung von Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden in einer zwischenstaatlichen Entschließung heftig kritisiert. Ebenso aber verabschiedete das Europäische Parlament im November 1998 eine Entschließung, in der die Kommission aufgefordert wurde, ihre Gemeinschaftspolitik den kulturellen Erfordernissen anzupassen und den Fortbestand der Preisbindung zu ermöglichen.

Im Jänner 1999 verabschiedeten die Kulturminister der EU eine Resolution, in der die Europäische Kommission ersucht wurde, vor dem Hintergrund der Kulturverträglichkeitsklausel des Artikels 151 des Amsterdamer Vertrages die besondere Bedeutung des Buchmarktes für die Kultur und den besonderen Wert des Buches als Kulturobjekt zu berücksichtigen.

Im Jänner dieses Jahres schließlich legten die Buchhandelsverbände beider Länder, Österreichs und Deutschlands, ihre endgültigen Kompromissvorschläge vor, die jeweils zwei nationale Buchpreisbindungssysteme vorsehen. Dieser Kompromissvorschlag wurde mit dem Schreiben der Kommission vom 8. Februar 2000 unter der Bedingung angenommen, dass sämtliche grenzüberschreitenden Elemente, die geeignet wären, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, eliminiert würden. Als Frist für diese Anmeldung wurde der 31. März genannt, das Ende der Übergangsfrist mit dem 30. Juni 2000 festgelegt.

Es freut mich, dass es im Zusammenwirken mit den Fraktionen im Kulturausschuss gelungen ist, in kurzer Zeit eine Lösung auszuarbeiten, die es möglich macht, diese Frist einzuhalten und im Bereich der Buchpreisbindung eine Kontinuität über den 30. Juni, sprich: 1. Juli, dieses Jahres hinaus zu gewährleisten.

Ein paar Punkte zu den Eckpfeilern dieses Gesetzes.

Erstens: Auf Grund der für Österreich im Gegensatz zu Deutschland wesentlichen Problematik der Importe beziehungsweise Reimporte von Büchern konnte diese Regelung nicht mittels eines Vertrages, sondern nur auf gesetzlicher Basis getroffen werden.

Zweitens: Das Gesetz sollte so gestaltet werden, dass nicht nur die Produktion von qualitativ hochwertigen Inhalten und eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden, sondern auch der Bestand von vielen kleinen Verlagen und Buchhandlungen möglichst sichergestellt wird. Deshalb wurde auch die Rabattierung mit 5 Prozent festgelegt.

Drittens: Es erschien mir wesentlich, die dynamischen Entwicklungen auf dem Buchmarkt, die in den letzten Jahren zu völlig neuen Vertriebssystemen geführt haben, zu berücksichtigen und ein Preisbindungsgesetz, wie es die Buchpreisbindung darstellt, nicht ad infinitum fortzuschreiben. Deshalb bin ich froh, dass mein Vorschlag, das vorliegende Gesetz für einen Zeitraum von fünf Jahren zu befristen, breite Zustimmung gefunden hat.


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Im Spannungsfeld zwischen dem Kulturgut Buch und der Ermöglichung eines freien Wettbewerbes sowie gleicher Marktchancen scheint mir der vorliegende Initiativantrag ein tauglicher Kompromiss zu sein.

Ich erwähne noch, was heute in der Diskussion schon einmal gefallen ist: Beim letzten EU-Kulturministerrat am 16. Mai dieses Jahres hat die französische Kulturministerin Tasca, die ab 1. Juli dieses Jahres den Vorsitz in diesem Gremium übernimmt, die Problematik der grenzüberschreitenden Einbeziehung von elektronischen Vertriebssystemen in die Buchpreisbindung auf europäischer Ebene zu einem der Hauptanliegen der französischen Präsidentschaft auf kulturpolitischem Gebiet erklärt. Wir werden dieses Vorhaben und die diesbezüglichen Bestrebungen Frankreichs von österreichischer Seite aus mit Interesse verfolgen und gegebenenfalls unterstützen.

Sollte die von Frankreich gestartete Initiative erfolgreich sein, so würde auch der heute in der zweiten Lesung zur Abstimmung anstehende Abänderungsantrag, mit dem der heimische Internethandel in die Buchpreisbindung mit einbezogen wird, auf europäischer Ebene eine Absicherung erfahren.

Ich würde es begrüßen, fände der vorliegende Initiativantrag eine möglichst breite Mehrheit in diesem Hause. Ich glaube, es wäre ein Signal im Hinblick darauf, dass es möglich ist, im Bereich einer so sensiblen Materie, wie es die Kulturpolitik ist, eine breitere Zustimmung über die beiden Regierungsparteien hinaus zu finden. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

19.03

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zuerst möchte ich mich bei Herrn Staatssekretär Morak persönlich dafür bedanken, dass er die Opposition und auch die Sozialpartner bei diesem Gesetz über die Buchpreisbindung informiert hat und dass er auch den einen oder anderen Aspekt, die eine oder andere Anregung in die Überlegungen mit einbezogen hat. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Buchpreisbindung erregt jetzt mittlerweile seit mehr als sechs Jahren die Gemüter und zum Teil sogar sehr heftig, und ich habe im Zeitablauf eigentlich zunehmend den Eindruck gewonnen, dass es sich da fast um eine Art Glaubenskrieg handelt: die Apostel der Buchpreisbindung gegen die ketzerischen Beamten der Generaldirektion IV der EG-Kommission, die tatsächlich die Meinung vertreten, dass Bücher im Grunde genommen auch nichts anderes sind als Waren und dass daher folgerichtig Buchhändler ganz normale Unternehmer sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bekenne mich zu der großen Mehrheit der Leute, die der Meinung ist, dass man das Kulturgut Buch, was immer es auch ist, schützen und fördern soll. Ich bekenne mich aber auch genauso zu der sehr kleinen Minderheit, würde ich meinen, im deutschsprachigen Raum, die der Meinung ist, dass die Buchpreisbindung nicht unbedingt das geeignete Instrument dafür ist.

Meine Damen und Herren! Ich oute mich also hier sozusagen als Kritikerin der Buchpreisbindung, was schwierig genug ist, weil man sofort in den Verdacht kommt, der Totengräber des Buchmarktes zu sein, um bei Herrn Ruiss zu bleiben, der uns allen als Sprecher der IG Autoren bekannt ist. Ich möchte aber trotzdem hier ein paar kritische Thesen bringen.

Punkt 1: Meiner Meinung nach kann das System der Buchpreisbindung die gesteckten Ziele nur sehr unzureichend erfüllen. Mit dem System eines fixen Ladenpreises soll eine ganze Reihe von Zielsetzungen erreicht werden. Es soll erreicht werden, dass die Verlage mit den überhöhten Preisen der Bestseller die Preise für kulturpolitisch wertvolle Bücher quersubventionieren. Es soll erreicht werden, dass die Einkommen der Autoren gesichert werden, indem sie an die


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überhöhten fixen Ladenpreise gebunden werden. Es soll weiters erreicht werden, dass die Buchhandlungen mit qualitativ hochwertigem Sortiment gefördert werden und dass es eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Qualitätsbüchern gibt. Letztlich soll auch noch erreicht werden, dass die Konsumenten Qualitätsbücher zu günstigen Preisen erwerben können.

Tatsächlich, meine Damen und Herren, steht es den Verlagen aber frei, ob sie kulturpolitisch wertvolle Bücher fördern wollen oder ob sie lieber den Gewinn ihrem Konto gutschreiben wollen. Ich glaube nicht unbedingt an das Gute im Menschen, wenn es darum geht, Profite zu erhöhen. Es wäre auch ein Leichtes, die Einkommen der Autoren an die Verlagspreise zu binden und den Prozentsatz entsprechend zu erhöhen. Großabnehmer bekommen natürlich entsprechend hohe Mengenrabatte, was bei einem fixen Ladenpreis ganz einfach dazu führt, dass die großen Handelsketten auch die sind, die die großen Gewinne machen, und zwar unabhängig davon, ob sie das Kulturgut Buch wirklich fördern oder nicht.

Mit der flächendeckenden Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Qualitätsbüchern sieht es auch nicht besonders gut aus, jedenfalls nicht besser als in Ländern, die keine Buchpreisbindung haben. Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass die Leser von diesem System etwas haben, da sie einerseits überhöhte Preise zahlen und auf der anderen Seite von einem doch sehr strengen, jetzt etwas aufgeweichten Rabattverbot betroffen sind.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu These zwei kommen: Grenzüberschreitende Preisbindungssysteme widersprechen dem EG-Recht. Das ist eigentlich keine These, sondern es ist eine Tatsache, da die EG-Kommission dem Hauptverband des österreichischen Buchhandels genau das in einem Schreiben auch mitgeteilt hat. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Wettbewerbspolitiker der EG-Kommission allesamt ungläubige Kulturbanausen sind, sondern sie stellen uns frei, Bücher und Buchhändler auf jede mögliche Art zu fördern und zu unterstützen, allerdings auf eine einzige Art nicht: nicht in Form eines grenzüberschreitenden Preisbindungssystems. Das Problem ist allerdings, dass genau das der Hauptverband des österreichischen Buchhandels umsetzen wollte, weshalb wir jetzt ein Gesetz haben, das eine grenzüberschreitende Preisbindung festschreibt.

Ich komme damit zu Punkt 3. Meiner Meinung nach ist es eben nicht möglich, im Leben alles zu haben. Das heißt, das vorliegende Gesetz kann entweder nur gegen EG-Recht verstoßen und dafür die grenzüberschreitende Buchpreisbindung festschreiben oder EG-rechtskonform sein und dafür die Buchpreisbindung aufheben. In dem derzeit vorliegenden Gesetz, meine Damen und Herren, ist eine Klausel enthalten, die besagt, dass die von den üblichen Einkaufspreisen abweichenden Preise an die Kunden weitergegeben werden dürfen. Das bedeutet, dass das Gesetz durchaus vor dem Europäischen Gerichtshof halten kann, und zwar genau dann, wenn es sehr weit ausgelegt wird, dann, wenn die großen Handelsketten, die entsprechend hohe Mengenrabatte erzielen können, diese Rabatte auch an ihre Kunden weitergeben dürfen, dann, wenn dieser fixe Ladenpreis de facto aufgehoben wird.

Unsere Position zum Bereich Internet hat mein Kollege Cap schon ausgeführt. Ich möchte dazu vielleicht nur noch ein paar kurze Aspekte anführen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass der Handel mit Büchern im Internet zurzeit ein Prozent des Handelsvolumens ausmacht.

Das Gesetz, das wir beschließen werden, wird fünf Jahre lang in Kraft sein – und ich glaube eigentlich nicht, dass es in diesem Zeitraum zu so enormen Wachstumsraten im Internet kommen wird, dass damit der gesamte konventionelle Buchhandel quasi ausgehoben werden würde. Das heißt, ich meine durchaus, dass man dieses Instrument, diese neue Technologie gefahrlos fördern hätte können.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass auch andere Länder nicht in der kulturpolitischen Steinzeit leben. Ich halte dieses Gesetz nicht für besonders phantasievoll und ich bin auch der Ansicht, dass es EG-rechtlich zumindest bedenklich ist, aber ich sehe dieses Gesetz, wie einige andere auch, als Übergangslösung und als weiteren Schritt oder weitere Möglichkeit, dem Buchhandel in Österreich die Gelegenheit zu geben, sich anzupassen. Klar ist nämlich auf


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jeden Fall, dass die Buchpreisbindung aufgehoben werden wird – irgendwann in nächster Zukunft, spätestens aber in fünf Jahren. Wichtig wäre es jedenfalls, dass die Zeit diesmal dazu genützt wird, um sich andere alternative Instrumente für die Zeit nach der Buchpreisbindung zurechtzulegen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Er hat das Wort.

19.11

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzesantrag hat den Zweck, die Preisbindung für Bücher im gesamten österreichischen Bundesgebiet gesetzlich zu verankern. Die Alternative dazu, die wohl niemand in diesem Haus will, wäre die völlige Freigabe der Preise, also eine völlige Marktliberalisierung. Das österreichische Buch soll mit dieser Maßnahme als Kulturgut geschützt werden. Die österreichischen Verlage und auch die österreichischen Verleger bekommen eine fünfjährige Übergangsfrist, um sich auf die Marktliberalisierung vorzubereiten, falls eine gesamteuropäische Lösung, die der Herr Staatssekretär bereits angesprochen hat, scheitern sollte.

In Deutschland hat der Kulturrat schon im Februar die Erhaltung der Buchpreisbindung auf nationaler Ebene als einen großen Sieg für die Kultur hervorgehoben und auch betont, dass die Vielfalt in den Buchhandlungen nun nicht mehr gefährdet sei. Wörtlich hieß es dazu in einer Aussendung: Die Verlage und Buchhandlungen hätten nun selbst darüber zu entscheiden, ob diese einmalige Vielfalt nationalen und internationalen Konzentrationsprozessen geopfert wird oder nicht. – Zitatende.

Durch den vorliegenden Gesetzesantrag wird auch den Forderungen der Europäischen Kommission weitestgehend Rechnung getragen, denn diese hat unmissverständlich erklärt, dass die bisherigen grenzüberschreitenden Vereinbarungen zur Buchpreisbindung nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wären und daher bis 30. Juni dieses Jahres außer Kraft gesetzt werden müssten. Wir kennen alle die Vorgeschichte, die den österreichischen Gesetzgeber zum Handeln gezwungen hat. Die Buchpreisbindung ist im Jahre 1993 mit der von Libro eingebrachten Klage verstärkt in ein Spannungsfeld geraten, nämlich auf der einen Seite mit dem Buch als Handelsware und auf der anderen Seite mit dem Buch als Träger kultureller Werte.

Im Jahre 1996 war klar, dass die EU-Kommission die grenzüberschreitende Preisbindung für Bücher im deutschen Sprachraum nicht mehr billigen würde, das bedeutet, eine weitere Ausnahme zur Bestimmung des Artikels 85 des EU-Vertrages, wonach es keine Behinderung des Wettbewerbes durch Preisabsprachen geben dürfe, war nicht mehr zu halten.

Im Jänner 1998 hat dann die Kommission offiziell ein Verfahren eingeleitet. Es gab Mahnschreiben an die österreichischen und die deutschen Buchhändler. Im November präsentierte die Kommission den Kulturministern der Union eine Studie, in der die transnationale Preisbindung als unzulässiges Preiskartell abgelehnt wurde. Im Sommer vergangenen Jahres hat sich erstmals ein Kompromiss abgezeichnet. Die Europäische Union hat nämlich festgestellt, dass sie nicht in zwei nationale Buchpreisbindungssysteme eingreifen würde, was der neue Wettbewerbskommissar Mario Monti im Februar dieses Jahres auch anerkannt hat.

Warum wurde von uns gerade die gesetzliche Buchpreisbindung angestrebt und nicht, wie das Herr Bundesminister Bartenstein ursprünglich vorgehabt hat, eine vertragliche Regelung? – Der wichtigste Grund ist wohl, dass bei einem Importanteil von über 80 Prozent von in Deutschland verlegten Büchern am österreichischen Buchmarkt ein Gesetz einem Vertrag über den Reimport österreichischer Verlagserzeugnisse vorzuziehen ist.

Die Ziele der Buchpreisbindung können für Österreich nur dann erreicht werden, wenn auch die deutschen Verlagsprodukte durch eine Bindung des Endverkaufspreises in Österreich einbezogen werden. Nur eine gesetzliche Regelung ist auch nach Ansicht der EU-Kommission geeignet, den "Schutz" – wie es dort heißt – "des zwingenden kulturpolitischen Erfordernisses zu gewährleisten".


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Ein geringerer Eingriff, etwa ein Vertrag, war vor allem deshalb nicht möglich, weil die Kommission angekündigt hat, jede privatrechtliche grenzübergreifende Vereinbarung in diesem Bereich zu untersagen.

Nun zur Frage des so genannten Internethandels. Es ist schon richtig, wie es Herr Abgeordneter Cap ausgeführt hat, dass wir im Kulturausschuss noch von anderen Voraussetzungen ausgegangen sind und für die Ausnahme des so genannten Internethandels waren. Aber ich glaube, es war ein sozialdemokratischer Bundeskanzler, nämlich Sinowatz, der einmal gesagt hat: Es ist alles sehr kompliziert. – Und diese Materie ist in manchen Bereichen wirklich sehr kompliziert.

Wir haben uns durch viele Gespräche, die nach dem 23. Mai, also nach der letzten Sitzung des Kulturausschusses, geführt worden sind, überzeugen lassen, dass die unterschiedliche Behandlung von traditionellem Buchhandel und dem Internetbuchhandel in Österreich eine Ungleichbehandlung darstellt, die beim Verfassungsgerichtshof mit guter Aussicht auf Erfolg hätte eingeklagt werden können. Die e-commerce-Richtlinie, die auf EU-Ebene den Internethandel regelt, legt fest, dass es nicht zulässig sein wird, den grenzüberschreitenden elektronischen Handel in eine nationale Regelung einzubeziehen; das vor allem deshalb, weil solche Käufe als Direktkäufe des Konsumenten im Ausland angesehen werden. Daran ist nun einmal nichts zu ändern. Aber das EU-Recht widerspricht nicht einer Regelung, die den staatlichen Internetbuchhandel in eine Preisbindung einbezieht.

Wir sind uns – und damit komme ich schon zum Schluss, meine Damen und Herren – dessen bewusst, dass der vorliegende Gesetzentwurf ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen ist. Wir halten ihn aber für einigermaßen gelungen und hoffen, dass auch dadurch ein Stück österreichischer Identität erhalten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

19.18

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Gleich vorweg: Eine nationale Buchpreisbindung auf gesetzlicher Basis ist grundsätzlich zu unterstützen und in jeder Form gutzuheißen. Ich glaube, dass es uns hier gelungen ist, eine Lösung zu finden, die auf einem Kompromiss beruht, aber das ist nur die zweitbeste Lösung, weil ich nach wie vor meine, dass die derzeitige Lösung, nämlich die grenzüberschreitende Buchpreisbindung mit Deutschland, die beste Lösung wäre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Genesis dieser Auseinandersetzung um die Buchpreisbindung geht es um etwas mehr als rein nur um den Schutz des Buches im Inland. Es geht auch um den Schutz des Kulturgutes auf europäischer Ebene. Man hat den Artikel 151 im Amsterdamer Vertrag nämlich deswegen eingefügt, weil man Kulturgüter anders als Waren behandeln soll. Da steht ausdrücklich, dass man in jedem Politikfeld Kultur mit berücksichtigen soll. Daher wäre bei der Anwendung des Artikels 85 auch Artikel 151 mit in Anwendung zu bringen. Es wäre der Europäischen Kommission gut angestanden, hier Gedanken dahin gehend einzubringen, dass Kulturgüter im Wettbewerb anders zu behandeln sind als normale Güter.

Der Lobbyismus in diese Richtung, diese Bewusstseinsbildung ist uns mit unserer hartnäckigen Haltung gelungen, die grenzüberschreitende Buchpreisbindung auf europäische Ebene zu tragen, sodass ich glaube, dass man auf europäischer Ebene mit den Franzosen einen Partner gefunden hat, der auch in der Lage ist, weiterhin die Politik dahin zu lenken, dass man Kulturgüter unter besonders berücksichtigungswürdigen Umständen innerhalb der Union zu handeln hat. Das heißt, das wäre erstmals die Möglichkeit gewesen, diesem Kulturparagraphen sozusagen Fleisch zu geben und ihn auch tatsächlich mit Inhalt zu versehen.

Ich glaube daher, dass wir diesem Kompromiss durchaus zustimmen können; das umso mehr, als eine der ersten Aussagen des Herrn Staatssekretärs war, dass er gemeint hat, die nationale Buchpreisbindung sei ein sozialdemokratisches Relikt, das man nicht mehr brauche. Ich bin froh


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darüber, dass er dieses "sozialdemokratische Relikt" nun aufgreift, dass es einen Initiativantrag gibt, der dieses Relikt wiederbelebt, der es sozusagen für weitere fünf Jahre schützt. Ich meine, dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Beifall der Abg. Sophie Bauer. )

Persönlich bin ich der Ansicht, dass man alle Aktivitäten und Initiativen, die das Kulturgut Buch schützen, auch tatsächlich unterstützen muss. Ich sehe diesen Kompromiss durchaus als unterstützenswert und als Zeichen an die Europäische Union an. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf in 113 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Povysil, Dr. Wolfmayr und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über den von dem genannten Abänderungsantrag umfassten Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Povysil, Dr. Wolfmayr und Genossen haben diesen Abänderungsantrag hinsichtlich § 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag hinsichtlich § 1 zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass die restlichen Teile des Gesetzentwurfes in zweiter Lesung einstimmig beschlossen sind.

Damit kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Ich stelle fest, dass die Vorlage auch in dritter Lesung einstimmig beschlossen ist.

Damit haben wir Punkt 17 der Tagesordnung erledigt.

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (23 der Beilagen): Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich (114 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu Punkt 18 der heutigen Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein, da kein Wunsch auf Berichterstattung vorliegt.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Schwemlein zu einem kurzen Diskussionsbeitrag das Wort. – Bitte. (Heiterkeit des Abg. Dr. Niederwieser. )

19.23

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit der Annahme dieses Protokolls bewirken wir zwei wesentliche Verbesserungen: zum Ersten schaffen wir eine Deckungsgleichheit von den Datenkatego


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rien her, was das Zollinformationssystem der Ersten und der Dritten Säule betrifft, zum Zweiten wird dadurch eine effizientere Verfolgung von schweren Verstößen im Bereich der Geldwäsche möglich.

Da ich nur sehr wenig Redezeit zur Verfügung habe, erlauben Sie mir, ganz kurz zu erklären, worum es sich handelt. Das Zollinformationssystem wird von der Kommission betrieben und gewartet, die Mitgliedsländer – wir sind ein EU-Mitgliedsland – entscheiden aber, welche Daten aufgenommen werden und welche nicht.

Nun musste man feststellen, dass es einen Unterschied in der Datenerfassung zwischen der Ersten Säule und der Dritten Säule gibt. Es fehlt ein nicht unwesentlicher Zusatz, nämlich die Erfassung des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, dieser Regierungsvorlage die Zustimmung zu erteilen. Wir schaffen damit eine verbesserte Möglichkeit, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen. Ich denke, dass das im Sinne aller hier im Haus vertretenen Parteien ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Nach einem weiteren Redner erfolgt dann die Abstimmung. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Abgeordneten Schwemlein ist an sich nicht viel hinzuzufügen. Die Zeit drängt, Sie haben Recht. Meine Damen und Herren! Verbrechen haben nur dann einen Sinn, wenn aus der subjektiven Sicht des Verbrechers die Aussicht auf Erfolg besteht und wenn der Gewinn, den sich der Verbrecher erwartet, auch tatsächlich verwendet werden kann. Darum geht es.

Meine Damen und Herren! In Wirklichkeit haben wir zurzeit folgendes Problem: Wir haben das Problem, dass in der internationalen Kriminalität, was die Drogenkriminalität betrifft, Milliarden an Umsätzen in US-Dollar gemacht werden. Dazu kommt aber noch das Problem der Waffenschieberei, wobei unheimlich viel Geld mit Uran- oder Plutoniumschmuggel gemacht wird. Bezüglich des hier im Haus eigentlich noch nicht diskutierten Problems des Mädchenhandels kann man sagen, dass sehr, sehr viel Geld im Umlauf ist und wieder gewaschen wird, um es sozusagen rein zu bekommen. Und man darf die Schutzgelderpressungen nicht vergessen.

All das sind Bereiche, die in Wirklichkeit internationale Kriminalität, organisierte Kriminalität darstellen und somit nur international beantwortet werden können. Auf Grund dieser Erkenntnis gibt es seit 1995 im Rahmen der EU im Wesentlichen – Herr Abgeordneter Schwemlein, ich korrigiere Sie nicht, sondern ich ergänze nur – drei Abkommen. Das erste Abkommen stammt aus dem Jahre 1995, womit es ein Übereinkommen der EU mit den Mitgliedstaaten über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich gibt. Dieses behandelt allerdings nur die Geldwäsche im Bereich von Drogengeldern. Das war ein Fehler, man hätte damals umfassender handeln müssen.

Im Jahre 1997 kam das zweite Abkommen. Dabei geht es um das Zollinformationssystem, worin die datenunterstützte Verarbeitung von Informationen über Personen, Waren, Unternehmen und Transportmittel geregelt wird. Das ist jetzt neu: Es sollen nämlich hinkünftig auch Daten über Transportmittel inklusive der Kennzeichen der Fahrzeuge, die verwendet werden, in dieses System eingespeist werden, ebenso die Tendenzen bei Betrugspraktiken, die Verfügbarkeit von Sachkenntnissen, Modus Operandi et cetera.

Das dritte Abkommen ist Neapel II, das Abkommen aus dem Jahre 1998, bei dem es um den Informationsaustausch hinsichtlich des Waschens von Erträgen aus allen Zollverstößen geht. Meine Damen und Herren! Das sollten wir heute in dieser Verordnung, in diesem Protokoll ändern.


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Ich sage Ihnen auch, dass die Zahlen, die wir in Österreich schreiben müssen, schon deswegen besorgniserregend sind, weil allein im Jahre 1999 über 2 Milliarden Schilling im Bereich der Geldwäsche tatsächlich geflossen sind. 1999 waren es 2 Milliarden Schilling, 1998 waren es noch 1,65 Milliarden Schilling! Und es gab 208 Verdachtsmeldungen im Jahre 1999.

Ich will Sie nicht mit Statistiken langweilen, außer dass ich vielleicht versuche, noch einen ganz aktuellen Hinweis zu geben. Als im Jänner des heurigen Jahres eine Frau versucht hat, in einer Bankfiliale im 1. Wiener Gemeindebezirk über 109 Millionen Schilling von einem Konto abzuheben, das seit dem Golfkrieg gesperrt war, ist ihr das nicht gelungen, weil die Bank natürlich die EDOK entsprechend informiert hat, so wie es auch vorgesehen ist. Die Dame, die das Geld beheben wollte, ist angeblich ein mutmaßliches Mitglied der Terrororganisation Abu Nidal, nämlich die Frau des Finanzchefs von Abu Nidal. Gegen die Frau wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet, zurzeit ist sie auf freiem Fuß.

In der morgigen Ausgabe einer Tageszeitung steht zu lesen, dass offensichtlich der Verdacht bestehe, dass die Justiz kapitulieren könnte und die Geheimdienste da sehr massiv am Arbeiten wären. Ich hoffe das nicht. Als Abgeordneter dieses Hauses denke ich, dass die Justiz auf der Hut sein muss und dass wir uns auch diesbezüglich durchsetzen müssen.

Nur eine Information am Rande: Die EDOK hat in der Schweiz ermittelt und ist draufgekommen, dass dieselbe Organisation 500 Millionen Schilling auf einem Bankkonto in der Schweiz liegen hat. Die Schweiz hat sich zu einem Kompromiss hinreißen lassen, von dem ich glaube, dass er nicht der österreichische Weg sein sollte. Die Schweiz hat nämlich gesagt: Machen wir halbe-halbe: 250 Millionen für die Gruppe Abu Nidal, 250 Millionen bleiben im Besitz des Staates Schweiz. – Diese Vorgangsweise wäre nicht die meinige.

Meine Damen und Herren! Ich glaube und hoffe, dass alle Fraktionen diesem Vorgehen heute zustimmen können und dass wir mit diesem Abkommen einmal mehr der internationalen Kriminalität ein Schnippchen schlagen können. In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.30


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

19.30

Abgeordneter Ernest Windholz (Freiheitliche): Herr Präsident! Hoch geschätzter Herr Bundesminister für Inneres! Hohes Haus! Meine beiden Vorredner haben bereits über die wesentlichsten Dinge in diesem Zusammenhang berichtet, Dinge, denen meiner Ansicht nach vollinhaltlich zugestimmt werden kann. Es geht dabei um eine Erweiterung des Zollinformationssystems, wobei eben über die beiden Bereiche, in denen Änderungen stattfinden, hier schon referiert wurde. Der gesamte Komplex ist sehr wesentlich für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität, und ich möchte hierzu inhaltlich nur noch anmerken, dass vor allem der Anwendungsbereich von großer Bedeutung sein wird.

Betonen möchte ich, dass ich absolut nichts davon halte, den Zugang zu diesem System auf die Zollverwaltung allein zu beschränken. Vielmehr ist es sehr sinnvoll, dass alle Kräfte der Sicherheitsbehörden Zugriff darauf haben, wie dies umgekehrt auch beim Schengen-Informationssystem der Fall sein sollte. Daher auch die Bitte an den Herrn Bundesminister für Inneres, diese Gelegenheit dazu zu nutzen, klare Verhältnisse in Bezug auf das Zugriffsrecht zu schaffen, gibt es doch im Schengen-Informationssystem für die Zollverwaltung derzeit nur eine begrenzte Zugriffsmöglichkeit.

Ich meine jedenfalls, dass es, wenn dieses Informationssystem voll zum Tragen kommt, sehr sinnvoll wäre, beiden Bereichen eine Zugriffsmöglichkeit zu geben, um Synergieeffekte zu nutzen und auf diese Weise optimale Voraussetzungen für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität zu schaffen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Innenausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärung der Republik Österreich in 23 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Abschluss dieses Staatsvertrages zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so genehmigt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 der Bundesverfassung, dass dieser Staatsvertrag in der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, irischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassung dadurch kundgemacht wird, dass er zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Beschluss beitreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist – gegen eine Stimme – so beschlossen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (110 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (116 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (117 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 7/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 75/1997 in der Fassung BGBl. I 158/1998 (118 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 8/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG), BGBl. I 76/1997 in der Fassung BGBl. I 41/1999 (119 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 12/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I 97/75, geändert wird (120 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 19 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schlögl. Die Uhr ist auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.34

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bekämpfung des Schleppereiunwesens war in den letzten Jahren ein zentraler Schwerpunkt der Arbeit des österreichischen Innenministeriums. Wir Sozialdemokraten sind aus tiefster Überzeugung dafür, gemeinsam alles daranzusetzen, diesen unwürdigsten Zweig der internationalen organisierten Kriminalität entschieden zu bekämpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Aufgabe muss es auch sein, alles daranzusetzen, dass sich Schlepperei für diejenigen, die aus der Not und dem Elend anderer Menschen Profit schlagen, nicht mehr lohnen darf. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, alles zu unternehmen, damit Habgier und Gewinnsucht Einzelner nicht dazu führen, dass andere Menschen in ihrer Gesundheit, ja sogar ihrem Leben gefährdet werden.

Deshalb stimmen wir Sozialdemokraten all jenen Überlegungen zu, die dahin gehen, Maßnahmen zu setzen, damit diesem schrecklichen Geschäft, damit diesen unmenschlichen Praktiken von Schleppern endlich ein Ende gesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen alles daransetzen, die Täter, aber nicht die Opfer zu treffen. Die Schlepper von heute handeln so wie die Menschenhändler von gestern. Deshalb haben wir bereits 1997 die gesetzlichen Strafbestimmungen diesbezüglich deutlich verschärft. Ich meine, dass es nun an der Zeit ist, nicht nur eine weitere Verschärfung dieser Strafmaßnahmen einzuleiten, sondern auch den deutlichen Appell an die österreichische Justiz zu richten, den gesetzlichen Rahmen an Strafverfügungen, der der Justiz derzeit bereits zur Verfügung steht, auch tatsächlich auszuschöpfen. In der Vergangenheit hat es ja genug Schleppereiprozesse gegeben, bei denen dieser gesetzliche Rahmen keineswegs ausgeschöpft wurde. Ich betone daher, dass es sehr wichtig ist, diesen Rahmen in Zukunft verstärkt auszunützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss aber auch klar gesagt werden, wie notwendig und wichtig der Grenzschutz ist. Österreich hat zur Aufrechterhaltung geordneter Zuzugsmöglichkeiten nach Österreich in den letzten Jahren einen Grenzdienst aufgebaut, der international bestens anerkannt ist und sich bestens bewährt hat. Aufgabe, ja Verpflichtung der Politik und des hiefür zuständigen Innenministers ist es, alles daranzusetzen, damit dieser Grenzdienst auch in Zukunft über die notwendigen Ressourcen verfügt, um erfolgreich tätig sein zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Innenminister! Es wäre allerdings eine Illusion, zu glauben, dass man allein mit der Verschärfung der Strafbestimmungen, mit einer bestmöglichen Überwachung der Grenzen dem Problem der internationalen Schlepperei und der illegalen Migration nach Österreich beziehungsweise Europa Herr werden könnte. – Das kann nur ein Teil der Maßnahmen sein.

Entscheidend und wichtig ist es natürlich auch, alles daranzusetzen – das ist eine gemeinsame Herausforderung aller Länder der Europäischen Union –, damit die wirtschaftliche, die politische und die soziale Situation in den Herkunftsländern der Geschleppten so geändert wird, dass illegale Migration etwas ist, was für Menschen in diesen Ländern nicht mehr notwendig ist. Es ist aber auch wichtig, dass von Österreich eine internationale Informationskampagne dahin gehend gestartet beziehungsweise fortgeführt wird, dass die Menschen in den Herkunftsländern in Bezug auf Schlepperei und illegale Migration darauf aufmerksam gemacht werden, was sie in Österreich beziehungsweise in Europa erwartet, wenn sie illegal zu uns kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Schlepperunwesen kann man nicht einfach mit bloßer Repression begegnen. Das zu glauben, wäre eine Illusion und würde letztendlich nur dazu führen, dass der Preis für die Geschleppten, für die Opfer, noch mehr in die Höhe getrieben würde.


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Deshalb sagen wir Sozialdemokraten zwar ein klares Ja zu härteren Strafen, sagen aber auch gleichzeitig dazu, dass es in Verbindung damit eine internationale Informationskampagne, wie eine solche bereits im Spätherbst vergangenen Jahres in Österreich eingeleitet und in Rumänien erstmals umgesetzt wurde, auch in Zukunft geben muss. Und ebenso sagen wir Sozialdemokraten, dass wir in Europa die Verpflichtung haben mitzuhelfen, dass die wirtschaftlichen und sozialen Umstände in den Herkunftsländern dieser Menschen so geändert, so verbessert werden, dass illegale Migration in Zukunft nicht mehr beziehungsweise zumindest nicht in dem Ausmaß wie bisher stattfindet.

Uns Sozialdemokraten ist es aber auch wichtig, klar zu sagen, dass unnötige Härten vermieden werden müssen. Deshalb meine ich auch, dass die Einwände des Direktors der Caritas Wien, Michael Landau, sehr genau zu prüfen sind, der in diesem Zusammenhang vor der Gefahr der Kriminalisierung von Angehörigen warnt.

Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Debatte gilt es aber auch, wie ich meine, eine Reihe von Punkten sehr ausführlich zu diskutieren. Es gibt etwa eine Reihe von Anträgen der Grünen, die von den Sozialdemokraten in ihrer Gesamtheit zwar abgelehnt werden, weil wir der Überzeugung sind, dass deren Verwirklichung zu einer Aufweichung und zu einem falschen Weg im österreichischen Fremden- und Asylrecht führen würde, trotzdem meinen wir aber, dass manche dieser Forderungen und Anliegen der Grünen in diesem Paket wichtig und notwendig sind.

Meiner Ansicht nach soll daher der Weg des Dialogs im Fremden- und Asylrecht, wie er durch die Einrichtung eines "runden Tisches" von mir vor einigen Monaten begonnen wurde, auch in Zukunft fortgesetzt werden.

Was wir Sozialdemokraten entschieden ablehnen, ist die vermehrte Möglichkeit von Aufenthaltsgenehmigungen für Saisonarbeiter und Erntehelfer. Da betreiben ja Sie von den Regierungsparteien reine Klientelpolitik, indem Sie mit Ihrer Politik eine bestimmte Berufsgruppe bevorzugen. Damit schaden Sie aber österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Gerade im Bereich Tourismus und Fremdenverkehr gibt es große Arbeitsplatzprobleme. Ich halte es daher für falsch, die Zahl der Saisonarbeiter zu erhöhen. Darüber hinaus würde das ein Lohndumping fördern, etwas, was wir Sozialdemokraten in keiner Weise mittragen können. Deshalb bringen wir dazu auch einen Abänderungsantrag ein, den ich hiemit vortragen darf:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden

1. In Artikel 1 entfallen die Ziffern 1 bis 7.

2. Artikel 1 Ziffern 8 bis 24 (alt) erhalten die Bezeichnungen 1 bis 17 (neu).

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Meine Damen und Herren! Wenn Sie diesem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung geben, werden wir heute hier gemeinsam Ihre Initiative für eine Novellierung des Fremdenrechtes in Teilbereichen unterstützen können. Allerdings möchte ich Sie auch darauf hinweisen, dass das Fremden- und Asylrecht, das in seiner Gesamtheit ein sehr gutes Gesetz aus dem Jahre 1997 ist, in manchen Bereichen novellierungs- und veränderungsbedürftig ist. Und darüber sollte in einem breiten Dialog aller gesellschaftlichen Kräfte, aller nichtstaatlichen Organisationen und aller politischen Parteien in den nächsten Wochen und Monaten diskutiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42


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29. Sitzung / Seite 166

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der soeben referierte Abänderungsantrag liegt vor, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

19.43

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser engagierter Bundesminister Ernst Strasser hat der organisierten Kriminalität, insbesondere dem Schleppereiunwesen, den Kampf angesagt, und wir von der Österreichischen Volkspartei unterstützen ihn, unterstützen diese Bundesregierung dabei selbstverständlich mit dieser neuen Gesetzesvorlage. Diese Änderung ist dringend notwendig, und ich freue mich, dass auch Kollege Schlögl dies vorhin hier bestätigt hat.

Diese Gesetzesnovelle basiert auf einem bestehenden, sehr guten Fremdengesetz und stellt eine Maßnahme gegen die abscheulichsten und menschenverachtendsten Formen der organisierten Kriminalität dar, die mit Verbrechen wie Drogenhandel, Menschenhandel, aber auch Wirtschaftskriminalität in zunehmendem Maße die ganze Welt, insbesondere aber die westliche Welt umspannt.

Das Ziel dabei ist klar: Es soll künftig konsequente strafrechtliche Verfolgung geben; in der Vergangenheit gab es diesbezüglich ja fast nur Verwaltungsstrafen. Jetzt also sind dafür Strafen bis zu zehn Jahren Haft möglich, und zwar bei tödlichem Ausgang beziehungsweise Misshandlungen.

Meine Damen und Herren! Und noch etwas: Alle Formen der Schlepperei sind in Zukunft gesetzlich strafbar und werden gerichtlich geahndet. Und gerade das scheint mir besonders hervorhebenswert zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit diesem Gesetz soll auch eine Harmonisierung mit entsprechenden Gesetzen in Nachbarstaaten einhergehen. Und da heißt es auch, ganz besonders zu beobachten, dass es gerade in Bezug auf die "blaue Grenze" zum Beispiel in Italien besondere Schwierigkeiten gibt. Wenn sich jemand erst einmal in Europa befindet, dann sind für ihn sozusagen alle Grenzen frei.

Hervorzuheben ist auch, meine Damen und Herren, dass die gesetzliche Strafbarkeit schon beim Grundtatbestand gegeben ist – eine Zielsetzung, um diese Form der organisierten Kriminalität besser in den Griff bekommen zu können. Ich stimme mit Ihnen, Kollege Schlögl, überein, das es dabei selbstverständlich Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen europäischen Staaten geben muss, insbesondere auch mit osteuropäischen Staaten, aus denen ja ganz besonders illegale Emigration erfolgt, aus denen eben auch geschleppt wird.

Österreich befindet sich da ja in einer geographisch besonders exponierten Lage, und bei uns gibt es eine geradezu gigantische Zunahme des Schleppereiunwesens. Alleine heuer wurden in unserem Lande, und zwar bis April – um Ihnen jetzt nur diese eine Zahl zu nennen –, 3 637 Personen wegen illegalen Grenzübertrittes angehalten; 1 476 Fälle an Schleppertätigkeit mussten alleine in dieser kurzen Zeit verzeichnet werden. Meine Damen und Herren! Das alleine ist schon Grund genug, dem massiv entgegenzutreten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Situation der Opfer ist ja wirklich bedauerlich. Es sind die Ärmsten, die von Verbrecherorganisationen wirklich ausgenützt werden. Diese Menschen verkaufen zu Hause all ihr Hab und Gut, zum Großteil wird auch noch die Verwandtschaft miteinbezogen, und sie liefern sich voll Schlepperorganisationen beziehungsweise einzelnen Schleppern aus, eben unter Aufbietung all ihrer Finanzen; sie gehen auch Verschuldungen ein, um dann bei einer eventuellen Arbeit im Westen noch einmal Rückzahlungen tätigen zu müssen. Diese armen Menschen werden eingepfercht in illegale Transportmittel, oft mit ihrer ganzen Familie, mit kleinen Kindern. Zum Teil haben sie dann auch noch den Tod vor Augen! Eine wirklich tragische und unzumutbare Situation.


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29. Sitzung / Seite 167

Deshalb müssen wir von Österreich aus signalisieren, dass Schlepper bei uns rigorose Strafen zu erwarten haben. Dies wirkt als Signal, auch wenn wir natürlich Schlepperei nicht ausschließlich mit strengen Gesetzen unterbinden werden können. Aber ein solches Signal, dass in Österreich der Schlepper, die Schlepperorganisation mit harter strafrechtlicher Verfolgung zu rechnen haben, ist notwendig. Und dies geschieht eben mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zu jenen, meine Damen und Herren, die meinen, wie das auch die Caritas schon formuliert hat, dass in diesem Zusammenhang eben das "Angehörigenprivileg" besonders zu beachten sei. Es hat auch in der Vergangenheit – das muss man hier der Ordnung halber schon sagen – kein "Angehörigenprivileg" gegeben. Herr Kollege Schlögl, Sie wissen das. Man wird darauf achten müssen, dass auf jene, die sich bereits in Österreich befinden – ein Elternteil zum Beispiel –, die dann Kinder und Frauen nachholen und keinen Vermögensvorteil dadurch haben, § 42 Strafgesetzbuch angewendet wird, dass die Diversion sozusagen geltend wird und es zu keiner Schuld beziehungsweise lediglich geringer Schuld kommt. All diese gesetzlichen Möglichkeiten also für den Fall, dass Familienangehörige nachgeholt werden.

Grundsätzlich möchte ich sagen, dass Schlepperei natürlich strafbar bleiben muss – auch dann, wenn jemand vorgibt, seine Familie nachgeholt zu haben. Kollegen der Exekutive, die an der Grenze Dienst versehen, weisen uns ja immer wieder darauf hin, dass der eine oder andere illegale Grenzübertreter, der Schlepper eben, behauptet, dabei handle es sich um seine Familie, auch wenn das keineswegs der Fall ist. – Auch dem muss man entgegentreten und jeden einzelnen Fall auch dahin gehend überprüfen.

Bundesminister Strasser ist jedenfalls ein Garant dafür – das kann ich ruhigen Gewissens sagen –, dass es zu keiner Strafverfolgung im Falle von Familiennachführung, auch über Schlepper, kommen wird.

Meine Damen und Herren! Diese Gesetzesnovelle stellt eine besonders notwendige Maßnahme gegen das internationale Verbrechen dar. Ich würde mich freuen, wenn wir diesbezüglich einen einstimmigen Beschluss zu Stande brächten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Murauer, diesen Gefallen kann ich Ihnen nicht tun. Sie stellen hier meiner Ansicht nach irgendwie zum Teil sehr fragwürdige Thesen über das Eindämmen von Schlepperkriminalität auf, nämlich mit den Mitteln des Strafrechts, und sagen dann irgendwie so engelhaft, Sie hoffen, dass wir alle hier zustimmen werden. (Abg. Murauer: Sie werden doch die Schlepperei nicht befürworten! Das kann ich mir doch nicht vorstellen!)

Ich bin immer wieder verblüfft und immer wieder von neuem verblüfft, wie die christlichsozialen Politikerinnen und Politiker der ÖVP – das ist es ja, was mich immer wieder bewegt, vor allem seit der neue Bundeskanzler ja ständig die Bergpredigt auf den Lippen hat – das insgesamt alles auf eine christlich-soziale Reihe kriegen. (Abg. Murauer: Es kommt darauf an, wie Sie christlich-sozial interpretieren!) Nicht ich muss heute Caritas-Direktor Landau zitieren, sondern heute zitierte – und irgendwie ist es schon kurios, wie sich die Zeiten ändern – Karl Schlögl den Caritas-Direktor (Abg. Mag. Schlögl: Ein alter Freund von mir!) und sagte: Wir müssen das wirklich ganz ernst nehmen.

Lieber Herr Bundesminister außer Dienst! Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du in der Zeit, in der du verantwortlich warst, unter anderem auch für das Projekt Verschärfung der Strafbestimmungen bei Schlepperei, das Herr Minister Strasser jetzt umsetzt, jemals dem Herrn Caritas-Direktor so intensiv Recht gegeben und seine Warnungen auch ernst genommen hättest. Es ist klar, dass man die Warnungen hört. Hören tun sie alle. Man hört auch die Stoi


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29. Sitzung / Seite 168

sits, wenn sie im Parlament spricht, und das hören auch die freiheitlichen Abgeordneten und die ÖVP-Abgeordneten. – Aber so ändern sich die Zeiten.

Daher wende ich mich wieder den christlichsozialen Politikerinnen und Politikern zu, wo ich ja meine, dass diese Appelle vielleicht einen Sinn haben. Nicht dass ich meine, dass Schlögl dies nicht ernst meint, aber er hat jetzt nicht mehr die Chance, das auch in Form einer Umsetzung zu beweisen. Minister Strasser kann dies tun.

Sehr geehrter Herr Minister! Ich habe das, so meine ich, damals bereits in der Sicherheitsdebatte gesagt: Ich schätze Ihre in mehreren Zeitungen veröffentlichten positiven Aussagen und positiven Stellungnahmen in Richtung Harmonisierung der Fremdengesetzgebung insgesamt, jetzt nicht nur des Fremdengesetzes, sondern vor allem im Hinblick auf die beschäftigungsrechtliche Situation von Fremden. Ich schätze das, weil ich diese Ihre Meinung hundertprozentig teile. Und ich würde es schätzen, wenn Sie in der Lage wären, jetzt auch Umsetzungsschritte in diese Richtung zu machen.

Genauso schätze ich die Tatsache, dass Sie den Leitspruch von Kollegen Schlögl "Integration statt Neuzuwanderung" übernommen haben, weil dieser nämlich sehr viel Wahrheit in sich birgt. Ich beziehe diesen Leitspruch darauf, dass jene, die hier sind, tunlichst Unterstützung bekommen und auch tatsächlich eine Integrationsmöglichkeit haben sollen. Zuwanderungspolitik ist eine davon losgelöste Sache. Aber wenn ich mir die heutige Novelle zum Fremdengesetz anschaue, dann muss ich sagen, es gibt nicht einmal den entferntesten Hinweis darauf, dass dieser durch Sie von den Sozialdemokraten übernommene Leitspruch auch nur im entferntesten umgesetzt wird.

Es ist in Wirklichkeit viel ärger. Selbst das, was der Verfassungsgerichtshof im Fremdengesetz als verfassungswidrig erkannt hat – er hat somit dessen Eliminierung empfohlen –, wird nur halbherzig gemacht. Es ist skurril und mehr als bedenklich, wie man jetzt § 28 Abs. 2 novelliert, nur weil man muss, nicht freiwillig, Herr Bundesminister. Das wäre an sich eine ganz simple Sache. Die simple Sache lautet: Ein Erwachsener, der ein Aufenthaltsrecht in Österreich hat, soll es auch auf sein Kind übertragen können. Nach österreichischem Recht ist es aber so, dass ein Kind, in dem Fall ein Baby, ausschließlich vom Aufenthaltsrecht der Mutter abhängig ist und war, bevor der Verfassungsgerichtshof eingeschritten ist. Jetzt gehen Sie her und kommen zu einer Konstruktion, die ich ja wirklich unglaublich finde, und sagen: Ja, es ist leider verfassungswidrig, wir hätten sonst ohnehin nichts gemacht, aber es ist halt verfassungswidrig, wir kommen dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofes nach. Jetzt sagt man, dass das Aufenthaltsrecht zwar von beiden Elternteilen abgeleitet werden kann, aber es wird von der Person abgeleitet, die ausschließlich das Sorgerecht für das Kind hat.

Das ist meiner Ansicht nach wieder ein Zeichen dafür, dass man Familieneinheit mit zweierlei Maß misst. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es kommt darauf an, ob es eine inländische oder eine ausländische Familie ist. Gerade die christlichsozialen Politikerinnen hier sprechen auch die ganze Zeit davon, wie wichtig die Familieneinheit ist und wie wichtig es ist, dass sich auch Väter um ihre Kinder kümmern. Aber das ist eine Bestimmung – das sage ich jetzt den Kolleginnen hier im Hohen Haus –, die ja geradezu die Abhängigkeit der Frauen von Männern fördert. Und das ist eine Lösung, bei der man schon sehr viel juristische Phantasie braucht, um einem Auftrag des Verfassungsgerichtshofes in einer so beschämenden Weise nachzukommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mag sein, dass das jetzt vor dem Verfassungsgerichtshof hält, aber im Sinne der Familieneinheit und im Sinne eines Familienbegriffs, wie Sie ihn haben, ist er gänzlich abzulehnen.

Jetzt komme ich zu den Schleppern. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn irgendjemand heute noch glaubt, dass die Verschärfung der Strafbestimmungen für Schlepperkriminalität das Schlepperwesen in irgendeiner Weise beeinträchtigt, jetzt in positiver oder negativer Weise, der braucht sich nur die Erfahrungswerte anzuschauen. Kollege Murauer und auch Kollege Schlögl haben bereits erwähnt, wie die Zahlen im Zusammenhang mit Schlepperei in die Höhe gegangen sind. Seit wann ist die Schlepperkriminalität so gestiegen? – Seit es in Wirklich


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keit – und ich sage es jetzt ganz drastisch – eine Subventionierung der Schlepper durch den österreichischen Staat gibt. Es wurden in den letzten Jahren Maßnahmen gesetzt im Hinblick auf Menschen, die sich in den Schutz eines EU-Staates flüchten und davon abhängig sind. Diese werden in einem eklatant höheren Ausmaß als bisher in die Hände von Schleppern und damit auch in die Preistreiberei gelockt. Also glauben Sie ernsthaft, Herr Murauer, dass diese Bestimmungen, die jetzt von Ihnen vorgeschlagen werden – alles unter dem Titel Harmonisierung mit Nachbarländern –, greifen werden? Sie sagen nie dazu, mit welchen Nachbarländern man harmonisiert. Es sind nämlich nur einige und nicht alle, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Kiss: Natürlich: Spanien, Deutschland, Italien!)

Es gibt einen Grund, warum diese miese und wirklich verabscheuungswürdige organisierte Kriminalität mit Menschenhandel so in die Höhe geht. Das ist nämlich diese Abschottung, die es jetzt gibt, die den Preis in die Höhe treibt. Die besondere Abhängigkeit resultiert ja aus der EU-Politik der Abschottung in Richtung Osten. (Abg. Murauer: Auch Ihr Vorschlag: keine Strafen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie ernsthaft glauben, dass weltweite Phänomene wie illegale Migration mit den Mitteln des Strafrechts und der Kriminalisierung in dieser Form auch nur irgendwie in den Griff zu bekommen sind, dann weiß ich nicht, wo Sie leben, jedenfalls nicht auf der Erde. Das sind wahre Traummännleinvorstellungen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Murauer: Was ist Ihr Vorschlag? Machen Sie doch einen Vorschlag! – Abg. Dr. Petrovic: Die Kollegin hat Anträge gestellt! Vielleicht können Sie lesen!)

Deshalb bin ich ganz beim Herrn Caritas-Direktor Landau, der es Ihnen ja ins Stammbuch geschrieben hat. Aber Sie haben halt leider kein Stammbuch, das ist das Problem. Er warnt Sie vor der Kriminalisierung von Angehörigen und meint, dass man Schutzsuchende nicht allein lassen und Schutzgebende nicht kriminalisieren soll, wie er sagt. Es kann zu einer massiven Kriminalisierung von Angehörigen kommen, aber ich hoffe, dass man diesbezüglich Lösungen finden wird.

Ich erinnere nur an die Krise im Kosovo vor einem Jahr. Wenn ein österreichischer Gastarbeiter aus dem Kosovo Geld nach Hause geschickt hat, damit seine Eltern, Brüder, Schwestern, Verwandte nach Österreich geholt werden können, um hier sicher zu sein, dann wäre er nach dem, was heute hier aller Voraussicht nach beschlossen wird, ein Krimineller. Dann wird er bestraft. (Abg. Murauer: Das ist Ihre Diktion! Da muss man schauen, wie viel Geld er hinuntergeschickt hat! Das haben Sie mit Absicht nicht genau gelesen!) Das ist nicht meine Diktion, Herr Kollege Murauer, sondern das ist der Wortlaut des Gesetzes. Das ist der Wille des Gesetzgebers, und zu diesem Gesetzgeber, Herr Kollege Murauer, möchte ich nicht gehören. (Beifall bei den Grünen.)

20.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

20.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist eigentlich haarsträubend, was Frau Stoisits von sich gibt. Natürlich, Frau Stoisits, wenn man den Grenzübergang völlig frei macht, dann gibt es auch keine Schlepperei. (Abg. Murauer: Man könnte auch den Diebstahl freigeben!) Genauso ist es, wenn man die Drogen frei gibt, dann gibt es keine Drogenkriminalität. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es ist doch die Frage, ob wir das wollen. Wir wollen die Grenzen sicher nicht öffnen, sodass jeder ungehindert nach Österreich hereinkommen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei den Grünen: Wer sagt, dass wir das wollen?) Sie auch nicht – da bin ich sehr froh.

Ich meine, es gibt heute erfreulicherweise gerade bezüglich der Schlepperei einen großen Konsens. Jeder hier, außer vielleicht Frau Stoisits, hat eingesehen, dass es wirklich zu den übelsten ausbeuterischen kriminellen Handlungen gehört, Menschen zu versprechen, vorzugaukeln, dass sie hier bei uns ein schönes Leben haben, sie dazu zu bringen, ihr gesamtes Vermögen her


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zugeben, es dem Schlepper in den Rachen zu werfen, und sich dann um diese Leute überhaupt nicht zu kümmern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Branche blüht, und zwar ungeheuerlich. Ich habe mir da vom Mai dieses Jahres ein paar Pressemeldungen herausgesucht: 8. Mai: 26 illegale Iraker kommen über den Brenner, zahlen 3 000 bis 5 000 Dollar pro Person. 13. Mai: 22 Iraker über Tirol, 5 000 bis 6 000 Dollar pro Person zahlen sie für das Schleppen. 17. Mai: 29 aus Restjugoslawien. 20. Mai: 14 aus Moldawien. 21. Mai: 28 aus Rumänien über das Burgenland. 23. Mai: 11 aus Afghanistan über das Burgenland. Und das könnte man fortführen. Jeden Tag beziehungsweise jeden zweiten Tag kommt eine ähnlich große Anzahl von Personen. 13 000 waren es im Jahr 1999, die geschleppt worden sind. Das bedeutet, dass akuter Handlungsbedarf gegeben ist.

Wir haben schon bei der Gesetzwerdung des Fremdengesetzes darauf hingewiesen, dass es eigentlich ein Paradoxon ist, nur jene Schlepper gerichtlich zu bestrafen, die mehr als fünf geschleppte Personen über die Grenze bringen. Für diese zahlenmäßige Einschränkung hat niemals irgendein vernünftiger Grund bestanden. Wir sind froh, dass jetzt die gesamte Schlepperei unter gerichtliche Strafdrohung gestellt ist. Das ist etwas Positives, was wir tun, um die Schlepperei zu bekämpfen.

Natürlich wissen wir auch, dass jetzt nicht Schluss sein wird mit der Schlepperei. Aber genauso, wie es sich herumspricht, wo man günstig über die Grenze kommt, wo es besonders leicht ist, über die Grenze zu kommen, genauso spricht es sich auch herum, wenn ein Land nichts tut, um die Schlepperei zu bekämpfen, und nichts tut, um die Schlepper auch entsprechend vor Gericht zu bringen. Eine empfindliche Strafe wird so manchen Schlepper davon abhalten, die Schleppertätigkeit weiter auszuüben.

Frau Petrovic hat schon im Ausschuss und Herr Abgeordneter Schlögl hat heute hier gesagt, man müsse bei der Situation in den Herkunftsländern ansetzen. Natürlich! Frau Petrovic hat gemeint, die mangelnde Beitrittsperspektive in den Oststaaten würde die Leute dazu veranlassen, nach Europa, nach Österreich, zu kommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind ja am allerwenigsten die EU-Erweiterungsstaaten, aus denen Leute eingeschleppt werden, sondern es sind Menschen aus Irak, Afghanistan, also aus viel weiter entfernten Staaten, die sich hier nach Mitteleuropa schleppen lassen. Ihre Herkunftsstaaten werden niemals zur EU kommen.

Deshalb ist es sicher nicht die mangelnde Beitrittsperspektive, die die Leute zur Auswanderung veranlasst, sondern die Situation in den eigenen Ländern. Wir müssen die Situation verbessern. Aber ich meine, es ist auch eine Illusion – Frau Stoisits selbst hat vom Traum gesprochen, vom Traumland –, wenn wir glauben, die Situation in allen Ländern der Welt verbessern zu können. Nach einer Mitteilung des Internationalen Flüchtlingshochkommissärs sind 40 Millionen Menschen auf der Suche nach einer neuen Lebensgrundlage. Natürlich steuern die nicht alle Österreich an, aber doch ein beträchtlicher Teil. Wir wissen, mit welcher Größenordnung wir es zu tun haben.

Das heißt: Änderung der Situation in den Ländern ja, aber wir können nicht die Weltverbesserer insgesamt sein. Und noch dazu verbessern wir die Situation sicher nicht, Frau Stoisits, wenn wir gut gebildete, mobile Menschen veranlassen, nach Österreich zu kommen und hier zu leben, sondern wir verbessern die Situation, wenn wir diese gut gebildeten Leute wieder in ihre Heimat zurückbringen, damit sie dort am Fortschritt in ihrem Land teilnehmen, damit sie dort Forschritt ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Tatsächlich ist es so, dass es gegen die Schlepperei überhaupt wenig Instrumentarien gibt, außer wir folgen dem Rat von Frau Stoisits, dass wir die Grenzen aufmachen. (Abg. Dr. Petrovic: Das hat sie nicht gesagt!) Natürlich hat sie es gesagt! (Abg. Dr. Petrovic: Nein, nein, nein!) Indirekt hat sie es gesagt: Sie hat gesagt, wenn wir die Grenzen haben, die Grenzposten, dann wird es Geschleppte und Schlepper geben. Ich glaube, dass es unheimlich wichtig ist, dass wir nicht augenzwinkernd hinnehmen, dass es Schleppertätigkeit in ungeahntem Ausmaß


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gibt. Ich bin wirklich froh darüber, dass die SPÖ heute zustimmt, dass sie auch ihre Meinung geändert hat.

Herr Abgeordneter Schlögl! Sie haben völlig Recht: Die Gerichte müssten auch den gesetzlichen Rahmen ausschöpfen. Nur, ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung als Richter: Kein Richter schöpft den gesetzlichen Höchstrahmen aus, solange es um einen Unbescholtenen geht. Und es sind meist Unbescholtene, weil sie unter einem falschen Namen anreisen, weil man ihre Identität gar nicht prüft. Deshalb werden sie niemals die Höchststrafe bekommen, weil sie niemals als Vorbestrafte gelten.

Herr Minister! Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir wirklich nicht brauchen, das sind NGOs, die sich auch noch hinter die Schlepper stellen. Ich beziehe mich auf eine Veranstaltung im Rahmen der Helsinki-Gruppe, bei der Abgeordneter Ofner Diskutant war zusammen mit Frau Stoisits, zusammen mit Abgeordnetem Posch. Dort hat Michael Genner, ein Vertreter der Vereinigung "Asyl in Not", gesagt: Was wir brauchen, seien mehr Schlepper, bessere Schlepper und billigere Schlepper. Zweitens hat er gesagt, es sei skandalös, dass die Strafbestimmungen verschärft werden. Frau Stoisits hat Herrn Genner Recht gegeben bei dieser Veranstaltung! Und Herr Posch, Abgeordneter der SPÖ, hat sich davon nicht distanziert! So etwas können wir wirklich nicht brauchen! Ich denke, da müssen auch Sie in Ihren eigenen Fraktionen schauen, dass sich da etwas ändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stoisits hat die Bergpredigt und die Bibel ins Spiel gebracht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. ) Sie hat an die ÖVP die Frage gerichtet, wie sie das alles, Schlepper und so weiter, mit ihrem christlichsozialen Weltbild in Verbindung bringen kann. Ich zitiere auch die Bibel, Frau Stoisits, und zwar heißt es dort: "Gebt Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist." Das heißt aber nichts anderes, als dass der Staat ein Rechtssystem aufbaut und aufbauen kann und dass auch der Staat verlangen kann, dass sich alle an dieses Rechtssystem halten. Deshalb sind Ihre Sprüche und Ihre Meinungen, dass man unbedingt etwas für die Schlepper tun müsse, ganz einfach falsch. Jeder Staat hat das Recht, nach seinen gesellschaftlichen Werten danach zu trachten, dass diese Rechtsordnung eingehalten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist eine Änderung des Fremdengesetzes, wie meine Vorredner bereits betont haben, zu befürworten, da die derzeitige Praxis, dass Schlepper zum Teil mit Verwaltungsstrafen davonkommen, gegen diesen ausufernden Zweig der Kriminalität nicht ausreichend wirksam ist.

Ich möchte mich im Wesentlichen mit einem anderen Aspekt beschäftigen, nämlich mit dem § 9 des Fremdengesetzes, der nichts anderes bezweckt als die Erleichterung der Hereinnahme von Saisonarbeitskräften. Bisher gab es die Möglichkeit der von der Bundesregierung erlassenen und vom Hauptausschuss zu genehmigenden Niederlassungsverordnung im Rahmen der bisher vom Sozialminister und nunmehr vom Wirtschaftsminister zu erlassenden Saisonkräfteverordnung. Jetzt wird aber die Möglichkeit geschaffen, durch die Niederlassungsverordnung einen zweiten Rahmen für die Beschäftigung von Erntehelfern vorzugeben. Das führt dazu, dass die Erntehelfer, die bis zu sechs Wochen beschäftigt werden können, nicht mehr dem normalen Saisonkontingentrahmen zugerechnet, sondern zusätzlich beschäftigt werden. Im Endergebnis erhöht sich somit die Zahl der als Saisonarbeitskräfte Beschäftigten. Wenn man beide Summen zusammenzählt, so meine ich, dass dabei zu hoch gegriffen wurde! Von 5 000 auf 8 000 erhöhen und dann zusätzlich noch 7 000 Erntehelfer dazu – das ist für diese Branchen eindeutig zu viel. Man weiß auch, dass gerade in diesen Branchen die Saisonarbeitslosigkeit relativ hoch ist. Ich erinnere an eine Zahl: Ende Mai waren noch 30 000 Arbeitslose im Fremdenverkehr vorgemerkt. Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit des Einsatzes ausländischer Erntekräfte


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ist unbestritten, allerdings nicht in dem Ausmaß, wie es jetzt behauptet und auch beschlossen werden soll.

Es gibt noch einen zweiten Punkt, der mir ganz wesentlich erscheint. Die Regierungsparteien haben im Zuge der Verhandlungen einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Ausnahme der Erntehelfer von der gesetzlichen Pensionsversicherung vorsieht. Meine Damen und Herren! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie es sich noch sehr gut überlegen sollten, ob Sie diesem Antrag wirklich Ihre Zustimmung geben. Ich mache Sie nach vielen Recherchen darauf aufmerksam, dass diese gesetzliche Bestimmung wahrscheinlich verfassungswidrig ist. Abgesehen von einem tiefen Eingriff in das sozialversicherungsrechtliche Prinzip, das auf dem solidarischen Riskentragen aller Arbeitnehmer beruht, ist der Entwurf mit einer eindeutigen Verfassungswidrigkeit behaftet. Ausländische Erntehelfer leisten die gleiche Arbeit wie alle anderen Ausländer und Inländer, selbst wenn sie nur bis zu sechs Wochen beschäftigt werden. Allein die Tatsache der kurzzeitigen Beschäftigung rechtfertigt keine derartige Ungleichbehandlung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Selbst wenn der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Bundes-Verfassungsgesetzes nur auf Staatsbürger Anwendung findet, verbietet das Bundes-Verfassungsgesetz über die Beseitigung rassistischer Diskriminierung die Ungleichbehandlung von Ausländern untereinander. Dazu kommt noch, dass diese Ausnahme von der Pensionsversicherung für kurzfristige Arbeitsverhältnisse nur für landwirtschaftliche Arbeitskräfte, die fremdenrechtlich als Erntehelfer, wie Sie es nennen, einzustufen sind, gilt, nicht aber für Ausländer mit normalen Saisonbewilligungen oder sonstigen Arbeitsberechtigungen. Also auch hier eine ungleiche Behandlung, die meiner Meinung nach auch verfassungswidrig ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic.  – Abg. Schwarzenberger: Das sind ja nur Grenzgänger, die tageweise zum Arbeiten kommen!)

Das bedeutet auch, dass Sie ein Präjudiz im Bereich der Landwirtschaft schaffen. Es ist zu erwarten, dass, wenn dieser Stein einmal ins Rollen kommt, auch in anderen Bereichen die Möglichkeit geschaffen wird, Ausnahmeregelungen oder eine ähnliche "Erleichterung" – unter Anführungszeichen – zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Bemerkenswert ist auch der Zeitpunkt, zu dem Sie diese Änderung vorhaben und zu dem Sie diese Änderung einführen wollen. Gerade jetzt, wo mit aller Anstrengung versucht werden muss, Mittel für die Pensionsversicherung aufzutreiben, wird auf Pensionsversicherungsbeiträge verzichtet. Und die österreichischen Arbeitnehmer, die bereits jetzt die Leidtragenden der Globalisierung sind, zahlen wieder die Rechnung. Daher werden wir Sozialdemokraten jeder Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt entschieden entgegentreten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.14

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es war bereits im Ausschuss erkennbar, dass diese wichtigen Materien heftig debattiert werden.

Es zeugt von der Qualität der Regierungsarbeit, dass man Probleme, die anstehen, einfach aufgreift und löst und nicht vor sich herschiebt. Die Regierungsvorlage bringt eine Reihe von Abänderungen und Veränderungen. Auf einen Großteil wurde schon Bezug genommen. Ich möchte mich vor allem an Sie wenden, Kollege Dietachmayr. Sie haben in Ihrem Beitrag auf die Saisoniers, auf die Erntehelfer Bezug genommen. Sie haben von verfassungsrechtlichen Bedenken gesprochen. Ich meine, dass Sie diese Dinge ruhig auch anders sehen könnten. Worum geht es? – Es geht darum, dass die Regelung mit den Saisoniers bis heute korrekt funktioniert hat, diese Kontingente auch im Verhandlungsweg ausgehandelt wurden. Sie wurden ausschließlich dort eingesetzt, wo wir im Inland keine Arbeitskräfte bekommen haben.


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29. Sitzung / Seite 173

Das ist im volkswirtschaftlichen Interesse. Das haben Sie bis dato genauso mitgetragen, wie auch wir es für richtig erachtet haben. Nun geht es um ein weiteres Segment, nämlich um die Erntehelfer. Woher kommt das Thema? Wir haben heute gerade zur Einbringung der Ernte verschiedenster Gattungen keine ausreichende Anzahl von Mitarbeitern mehr – trotz größter Bemühung. (Abg. Leikam: Haben wir aber immer gehabt! – Abg. Gaál: Es war ausreichend die Jahre über!) Außerdem gibt es eine solche Regelung für Erntehelfer ja nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen EU-Staaten, Kollege Dietachmayr, Sie brauchen nur über die Grenzen hinauszuschauen. (Ruf bei der SPÖ: Ausbeutung!)

Das hat mit Ausbeutung nichts zu tun! Herr Kollege, schauen Sie: Die Leute werden korrekt bezahlt. Es gibt eine kollektivvertragsmäßige Regelung. Warum regen Sie sich auf? (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) In Deutschland sind diese kurzzeitig Beschäftigten von allen Sozialabgaben befreit. Wir haben uns dazu bekannt, dass diese Kurzzeitbeschäftigten sowohl Beiträge zur Krankenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung als auch zur Unfallversicherung bezahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wissen Sie, warum wir uns vorgenommen haben, sie aus der Pensionsversicherung herauszunehmen? – Weil wir ihnen das Geld geben. (Abg. Dietachmayr: Das glauben Sie aber selber nicht!) Wir meinen, dass eine Pensionsbeitragsentrichtung hierorts keinen Sinn macht, weil diese Beschäftigten keine Anspruchsrechte ableiten können. Sie könnten es also auch von dieser Seite her sehen, ganz normal, ohne irgendwelche besondere Aufregung. Bitte denken Sie auch daran, dass wir, wenn wir die Ernte ordentlich einbringen, auch für die nachgelagerten Bereiche, für die verarbeitende Industrie den Rohstoff liefern können und dort Arbeitsplätze sichern. Sehen Sie es bitte ohne Emotion, sehen Sie es volkswirtschaftlich, sehen Sie es bedarfsorientiert, und Sie tun sich mit dem Thema viel, viel leichter. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt keine diesbezügliche Regelung, die Sie nur in Österreich vorfinden, sondern es gibt sie auch in anderen Ländern. (Rufe bei der SPÖ: Wo? In welchen Ländern? – Abg. Kiss: In Deutschland, in Italien – bei unseren großen EU-Nachbarn!) Und noch ein Weiteres: Denken Sie auch an die Menschen, die bei uns gerne mitarbeiten und das Geld, das sie hier verdienen, zuhause in ihren Bereich einbringen, ihre Familien damit stärken, ihr Einkommen verbessern. Das sind alles positive Maßnahmen, die Sie – denke ich – auch so betrachten könnten. Wir halten jedenfalls diese Regelung für einen wesentlichen Fortschritt, für eine bedeutende Verbesserung der Arbeitsmarktsituation in Österreich. Deshalb werden wir dem zustimmen, weil wir glauben, dass es ein guter Ansatz und eine richtige Entscheidung ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leikam: Lauter Erntehelfer?!)

20.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

20.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Kollegin Terezija Stoisits hat zu den Änderungen im Bereich der Bekämpfung der Schlepperei das Wichtigste bereits gesagt. Das, was Sie mit dieser Regelung erreichen werden, ist die gewaltigste Unterstützung für die Köpfe der Schlepperbanden. Sie werden deren Einkommen ins Unermessliche steigern, und Sie werden diesen Bereich der Kriminalität in einer Art und Weise anheizen, dass noch mehr Menschen zu Opfern werden.

Sie fragen immer nach den Alternativen der Opposition. Ich habe es Ihnen im Ausschuss vorgelesen – Sie wollten es damals nicht hören. Ich werde es Ihnen einmal mehr sagen. Das sind keine grünen Thesen, aber vielleicht setzen Sie sich einmal mit den Sicherheitsberichten des Instituts für Sicherheitsforschung der WEU auseinander. Die warnen vor dieser Art der ausschließlich strafrechtlichen Bekämpfung der Schlepperei.

Sie müssen andere Maßnahmen setzen. Sie müssen mit jenen Menschen kooperieren, die die Opfer von Schlepperei sind, und Sie müssen gegen die Hintergründe, gegen die ökonomischen Ursachen von Schlepperei etwas tun (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist nicht möglich!), denn sonst


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machen auch Sie nur das Geschäft der Schlepperbanden. Damit machen Sie sich legistisch quasi zu Komplizen dieser Tätigkeiten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Seien Sie doch realistisch!)  – So realistisch wie das Sicherheitsinstitut der WEU, vielleicht schenken Sie dem Glauben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... Traumland ist das!)

Bezüglich der Aufenthaltsrechte für Kinder gibt es eine tatsächlich skurrile Regelung, und abgesehen von der mangelnden christlichen Fundierung dieser Haltung steht sie auch nicht in Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Warum also Artikel 8, nämlich die Freiheit im Privat- und Familienleben, dass sich also in Familien die Partnerinnen und Partner ihre Lebensumstände selbst vereinbaren können, für ausländische Familien nicht gelten soll, müssen Sie erst erklären. Und warum Sie zwei Kategorien von Familie schaffen, erklärt sich offenbar nur aus einer blau-schwarzen Ideologie, rechtlich ist das daraus nicht ableitbar.

Aber der eigentliche Punkt, zu dem ich Stellung nehmen will, betrifft auch die Erntearbeiterinnen und Erntearbeiter. Ich teile die verfassungsrechtlichen Bedenken, die soeben vorgebracht worden sind, denn es wird damit erstmals ein Lohndumping per Gesetz ermöglicht. Es hätte durchaus Möglichkeiten gegeben, das auf verfassungskonformem Weg zu lösen. Wenn man allerdings erst in letzter Minute und offenbar mit sehr, sehr schlechtem Gewissen mit einem Änderungsantrag, mit dem man in das Sozialversicherungsrecht eingreift, in den Ausschuss kommt – quasi in letzter Minute, damit wir es bloß nicht begutachten lassen müssen –, dann zeugt allein schon diese Vorgangsweise von Ihrem schlechten Gewissen und auch von der mangelnden Fundiertheit dieser Absicht.

Meine Damen und Herren! Dieser Vorschlag entspricht letztlich genau dem, was die Freiheitlichen vor fast zehn Jahren, nämlich im Jahre 1991, beantragt haben – damals ist es noch auf einhellige Ablehnung der Regierungsparteien gestoßen –, nämlich ein Zeitarbeitermodell ohne volle Sozialversicherungspflicht einzuführen. Das war der Antrag 96/A (E) vom 27. Februar 1991. Ich habe gedacht, so etwas wird es in Österreich – zumindest unter dieser Regierung, an der ich viel Kritik anzubringen hatte, auch an der AusländerInnenpolitik der Sozialdemokratie – doch nicht geben. (Abg. Dr. Martin Graf: Das gibt es ja! Deutschland – und da sind die Grünen an der Macht, Rot-Grün! Und in Frankreich – da sind sogar die Kommunisten am ...!)  – Das macht es nicht besser! Dieser Vorstoß bedeutet letztlich die gesetzliche Verankerung des Lohndumpings, die Schaffung von verschiedenen Klassen von ArbeitnehmerInnen und auch einen Eingriff in die Fairness des Wirtschaftens. (Beifall bei den Grünen.)

Ich betone: Aushilfen für einen beschränkten Zeitraum, für einen Urlaubszeitraum, brauchen vielleicht viele Wirtschaftsbranchen, das brauchen vielleicht auch Privathaushalte. Aber wie sind Sie etwa bei Au-pair-Kräften, bei Studentinnen und Studenten, die vielleicht vorübergehend in den Sommerferien einen Job gebraucht hätten, um sich einen Sprachkurs, eine Ausbildung zu finanzieren, vorgegangen? – Das fällt selbstverständlich unter die volle Härte des Gesetzes, unter die volle sozialversicherungsrechtliche Pflichtversicherung. Nur für einen ganz bestimmten Wirtschaftsbereich und de facto nur für Ostösterreich – denn Sie haben ja gesagt, es handle sich um GrenzgängerInnen – wird nun eine Ausnahme geschaffen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil die Ernte so etwas erfordert, Frau Petrovic!)

Damit sprengen Sie die Verfassung in mehrerlei Hinsicht, da Sie eine branchenspezifische Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht einführen. Warum? Mit welcher Begründung? Die vorübergehende ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil die Ernte so etwas erfordert, Frau Petrovic!)  – Es gibt im Sommer in vielen Branchen eine Notwendigkeit, vorübergehend, für wenige Wochen, zusätzliche Leute einzustellen. Das ist also sachlich nicht begründbar.

Vor allem aber scheinen Sie mittlerweile auch die Bestimmungen der Verfassung über das Bundesgebiet als einheitliches Wirtschafts-, Währungs- und Zollgebiet einfach zu ignorieren. – Tut nichts, macht Ihnen nichts, und es ist Ihnen offenbar auch egal, dass es sich dabei außerdem um Menschen handelt und diese auch ihre Lebensplanungen haben (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie können es besser planen, wenn sie mehr Geld haben!), die vielleicht nach einem sechswöchigen Aufenthalt hier draufkommen, dass sie das öfters machen wollen. Sie schaffen damit nämlich auch eine neue Nachfrage, Sie zerreißen dort Familien, Sie lassen alle sozialen Lasten in


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den Herkunftsländern. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie müssen ja nicht kommen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Es wird keiner gezwungen!)  – Es wird keiner gezwungen. Was ich besonders bedenklich gefunden habe: Sie machen eine Morgengabe für bestimmte Wirtschaftsbranchen (Abg. Dr. Martin Graf: Aber geh!) und brechen damit augenzwinkernd und mit Nonchalance die Verfassung, ohne zu fragen.

Ich frage Sie aber auch: Warum war es den Mitgliedern des Innenausschusses nicht einmal möglich, ein Statement der Expertinnen und Experten zu hören? Das AusländerInnenbeschäftigungsrecht ist allemal eine Materie, die jetzt im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ressortiert.

Ich habe mehrmals darum ersucht, uns zu sagen, wie die Vertreterinnen und Vertreter dieses Ressorts dazu Stellung genommen haben. Daraufhin hat man uns im Ausschuss mitgeteilt, dass Beamtinnen und Beamte nur dann gehört werden, wenn das im Ausschuss anwesende Regierungsmitglied dies wünscht. Und der Herr Bundesminister hat es eben nicht gewünscht, dass dazu ein Statement der Fachbeamtenschaft abgegeben wird.

Das allein offenbart meiner Ansicht nach Ihr schlechtes Gewissen über diese Vorgangsweise. Dieses Gesetz sprengt wirklich jeden rechtsstaatlichen Rahmen. (Abg. Gaál: Eine beschämende Vorgangsweise!) Ich hoffe und wünsche, dass dieses Gesetz nur eine sehr kurze Lebensdauer hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.26

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Petrovic hat behauptet, dass es in Zukunft nur eine Branche geben wird, für die es eine Ausnahme von der Pensionsversicherungspflicht geben wird. Das möchte ich tatsächlich berichtigen.

Es gibt auch schon jetzt Branchen, in denen es diese Ausnahme gibt, zum Beispiel bei den Rechtsanwaltsanwärtern, bei denen seit dem Jahre 1945 zirka 3 000 Betroffene ausgenommen sind. Es sind auch Österreicher betroffen. (Abg. Mag. Wurm: Aber nicht lebenslang!) Darüber hinaus gibt es noch andere Ausnahmebestimmungen im Sozialversicherungsrecht; auch diese könnte man durchaus einmal durchforsten. (Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung SPÖ –: Passt doch auf!)

Ich möchte das nur richtig stellen, damit es nicht unwidersprochen im Raum stehen bleibt, dass es eine Branche gebe, die geöffnet werde, in der es eine derartige Ausnahme gebe. Es gibt vielmehr bereits dutzende Ausnahmen in unserem Sozialversicherungssystem! Und hätten Sie es wirklich ehrlich gemeint, dann hätten Sie das schon längst zu reparieren versucht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

20.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.28

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf zur Novellierung dieses Fremdengesetzes ist dringend notwendig geworden. Der Gesetzgeber – und der sind bekanntlich wir – muss ja auf geänderte Verhältnisse reagieren. Und dass es geänderte Verhältnisse gibt, ersieht man aus der Statistik und den Zahlen der vergangenen Jahre.

Es ist einfach nicht bedeutungslos, wenn die Zahlen der Statistik explodieren. Im Jahre 1999 registrierten die Behörden 15 796 Fälle von Schleppertätigkeit und illegalem Grenzübertritt, 1998 waren es noch 9 105 Amtshandlungen. Das bedeutet einen Anstieg von 136 Prozent innerhalb nur eines Jahres, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Im Jahre 1993 gab es 351 angezeigte Schlepper, 1999 bereits 2 949. Das ist ein gigantisches Geschäft für die organisierte Kriminalität! Daher müssen wir handeln! Es ist oberstes Gebot, diesbezüglich zu handeln!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 42 000 Personen, Schlepper und illegale Grenzgänger wurden im Jahre 1999 angehalten – über 42 000! Das ist so viel, wie die größte Stadt eines Bundeslandes überhaupt Einwohner hat. Und dagegen sollte man nichts unternehmen? Da sollte man so tun, als ob nichts geschehen wäre? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Frau Stoisits möchte noch mehr haben!)  – Ich werde auf die Ausführungen von Frau Stoisits und Frau Petrovic ohnehin noch zu sprechen kommen. Wer da nämlich Verantwortung zeigen will, muss einer solchen Gesetzesnovelle sofort zustimmen. Der Tatbestand der Schlepperei muss, ja muss verschärft werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Blick über die Grenzen ist gerade in Zeiten wie diesen gar nicht so schädlich. Nehmen wir Frankreich als Beispiel. Frankreich ist ja ein Land, in dem Präsident Jacques Chirac ganz genau darauf achtet, ob es Fremdenfeindlichkeit oder Rassismus in Österreich gibt, ob es blüht oder nicht blüht. Ein Land wie Frankreich hat viel schärfere Strafandrohungen, als wir sie derzeit haben. Für die einfache Schleppertätigkeit, die bei uns bis jetzt nur ein Verwaltungsdelikt ist, werden dort bis zu fünf Jahre Strafhaft verhängt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Da wir gerade bei Fremdenfeindlichkeit sind, sei folgendes Zitat vorgetragen: Ich verstehe die Wut des Familienvaters, der als Mindestlohnbezieher arbeitet, über seinen ausländischen Nachbarn, der von der Sozialhilfe lebt, vor allem, wenn man auch noch den Lärm, die Gerüche sieht, die ihm dabei zugemutet werden. (Abg. Öllinger: Gerüche kann man nicht sehen! Falsch zitiert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das hier im Hohen Hause gesagt worden wäre, wären wir alle zu Recht erschüttert, erbost und aufgebracht gewesen. (Abg. Dr. Mertel: Das haben wir ja schon oft gehört!) Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt? – Vom französischen Präsidenten Jacques Chirac! Daher erwarte ich mir Objektivität gerade von den Grünen, dass die Herrschaften auch einmal dazu Stellung beziehen und nicht immer nur Halbzitate, die wir Freiheitlichen verwendet haben, irgendwo falsch wiedergeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da wir gerade bei Ihnen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen und speziell Frau Petrovic: Es gibt ein unrühmliches Kapitel, dieses unrühmliche Kapitel heißt "Frau Petrovic und die Caritas". Frau Petrovic, besser gesagt die Caritas – Frau Petrovic macht es ja ohnehin immer – hat in einer noch nie da gewesenen Offensive gegen die Regierung mobil gemacht. (Abg. Mag. Wurm: Welche Regierung?)  – Gegen die bestehende Regierung, das ist klar!

Caritas-Direktor Küberl meint in einem Artikel des "profil", die von der Regierung vorgelegte Gesetzesnovelle – über die wir hier diskutieren – verstoße massiv gegen den Geist der Genfer Flüchtlingskonvention – soll heißen: FPÖ und ÖVP verstoßen bewusst gegen die Genfer Konvention. Das ist die Aussage von diesem Herrn Küberl, eigentlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Ungeheuerlichkeit von Seiten der Caritas.

In der Caritas-Zeitung wird Frau Petrovic dann noch genügend Raum beziehungsweise Platz gegeben, dass sie ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: "Unparteiische" NGO!)  – Eine so genannte NGO, ja, ja, die "unparteiisch" ist und von der wir immer angegriffen werden. In der jüngsten Ausgabe wird Frau Petrovic noch genügend Platz gegeben, zu sagen, dass mit der FPÖ nun eine Partei in der Regierung sei, die gerade gegen nichtstaatliche Organisationen eine Hetzpolitik betrieben habe. – Und das ist einer Caritas-Zeitschrift, meine Damen und Herren! So kann es doch wirklich nicht gehen. Frau Petrovic, die Schutzheilige der Caritas! (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... dem Herrn Landau nicht ins Stammbuch schreiben?!)

Die Caritas ist aber nicht gut beraten, denn sie steht mit ihren politischen Aktivitäten sehr wohl unter Beobachtung. Und ein so unbeschriebenes Blatt ist die Caritas, meine sehr geehrten Damen und Herren, ja nicht. Ich erinnere an die Aktion "Streetrunner" und zitiere:


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"Eine der größten Suchtgiftrazzien in Niederösterreich ging ..." im Jänner dieses Jahres "in Traiskirchen über die Bühne. Die Sondereinsatzgruppe ... und Gendarmeriebeamte stürmten, wie erst jetzt bekannt wurde, das Flüchtlingsheim und eine Unterkunft der Caritas in Maria Enzersdorf. ... ,Erst zwei Tage vor dem Zugriff hat die Leiterin des Caritasheims bei einer Zimmerkontrolle Schwarzafrikaner ertappt, wie sie Suchtgift in Kugeln einpackten‘, erzählt eine Ermittlerin." Die Afrikaner rempelten die Frau an und stießen sie zur Seite. – Zitatende.

Ich habe aber noch weitere Beispiele. Laut "Standard" vom 28. Mai 1999: Drogenhandelfestnahme im Dutzend! – Bei einer groß angelegten Amtshandlung wurden mutmaßliche Drogendealer auch in Heimen der Caritas festgenommen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat sogar der Herr Schlögl zugegeben!) Oder, 26. August 1999: Ein unfassbarer Skandal! – Damals hat ein bei der Caritas beschäftigter Sozialarbeiter Kokain, Ecstasy, Speed und Haschisch im Wert von Millionen Schilling nach Österreich geschmuggelt.

Weiters ist im "Kurier" vom 30. Oktober 1999 ein Artikel über zwei jugendliche schwarzafrikanische Drogendealer zu finden, von denen der eine in einem Caritasheim untergebracht ist. (Abg. Mag. Muttonen: Na so etwas!) Oder es wird von einem Liberianer berichtet, welcher unter Angabe eines falschen Alters in der Obhut der Caritas war. Der "Kurier" berichtet auch von Dealern, welche angaben, beim Caritas-Projekt "Megaphon" als Kolporteure zu arbeiten, oder etwa im Zusammenhang mit einer Drogenrazzia bei der U-Bahn, dass zwei mutmaßliche Drogendealer in einem Caritasheim einquartiert seien, und so weiter und so fort, beliebig fortsetzbar! Das ist das Gesicht der Caritas. (Abg. Dr. Petrovic: Einen "schönen" Regierungspartner hat die ÖVP, die christliche ÖVP!)

Und das Gesicht der Caritas ist auch: Die Caritas verurteilt die Razzien gegen schwarzafrikanische Drogendealer! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, sie verurteilt die Razzien gegen schwarzafrikanische Drogendealer, zumal diese laut Caritas als politische Konsequenz aus dem Fall Omofuma durchgeführt worden sind. (Abg. Mag. Muttonen: Ist das jetzt wieder ein Versuch, die Sanktionen aufrechtzuerhalten?)  – Angesichts dessen verstehe ich wirklich nicht, wie aus dem ursprünglichen Selbstverständnis der Caritas so etwas aus ihr geworden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist notwendig, ist wichtig und gilt – und das bitte ist wichtig –, insbesondere auch, was die Beherbergung von Illegalen betrifft, was bestraft werden sollte, für alle, er gilt aber auch für die Caritas. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Warum fühlt sich die Caritas immer betroffen? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen.)

20.35

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einen Satz zu den Erntehelfern. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hat ja gesagt! Ist das im Protokoll aufgenommen?) Wir sind nicht generell gegen Erntehelfer. Mein Vorgänger, Matthias Achs, hat jedes Jahr gefordert, das Kontingent zu erhöhen, aber dass man es gleich um das Vierfache erhöht, dagegen sprechen wir uns aus. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Wieso sprechen Sie sich gegen eine Erhöhung aus?)  – Ich kann mich jetzt nicht auf eine Diskussion einlassen, meine Redezeit lässt das nicht zu. Darf ich meine Ausführungen fortsetzen? Wir reden später darüber. (Abg. Schwarzenberger: Wir werden den Achs fragen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über das Schlepperwesen wurde schon sehr viel gesprochen, auch ich möchte ein paar Sätze dazu sagen. Diese geschleppten Menschen kommen überwiegend aus wirtschaftlich ärmeren Ländern. Ihnen wird der "Goldene Westen" vorgegaukelt. Sie verkaufen ihren ganzen Besitz, um den hohen Preis für die Schlepper zu bezahlen, das wurde auch bereits erwähnt. Das Leid und die Ausbeutung, die den betroffenen Menschen widerfahren, sind unglaublich menschenverachtend.


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Besonders tragisch ist es, wenn es sich bei den Opfern um Kinder handelt. In der burgenländischen Gemeinde Gols starb ja vor kurzem ein fünfjähriger Bub aus Afghanistan an einem Herzleiden. Die Untersuchungen sind bereits im Gange, wir werden sehen, was dabei herauskommt. Er war gemäß dem gelinderen Mittel untergebracht, das heißt, die Unterbringung erfolgt in Gasthöfen anstatt in der Schubhaft. Und dieses Beispiel steht stellvertretend dafür, wie unausgereift das bestehende System ist, ein System, das das Strafen in den Vordergrund stellt und nicht die Hilfestellung, die sehr, sehr wichtig dabei wäre!

Noch ein weiteres wichtiges Thema möchte ich ansprechen, nämlich den Frauen- und Mädchenhandel. Jährlich werden rund 500 000 Frauen und Mädchen im europäischen Raum zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung mit falschen Versprechungen wie Arbeits- oder Heiratsangeboten in EU-Länder gelockt oder mit Gewalt verschleppt. Der Frauenhandel ist für das organisierte Verbrechen äußerst lukrativ, aber im Gegensatz zum Drogenhandel viel weniger riskant. Vor allem gibt es bei Drogenhandel eine Strafdrohung bis zu über zehn Jahren, die Höchststrafe für Frauenhandel ist jedoch mit nur zwei Jahren festgesetzt. Und auch da sollte man über das Strafausmaß sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dies kann natürlich keine wirksame Maßnahme zur Bekämpfung der Schlepperei sein, da damit ausschließlich die Symptome und nicht die gesellschaftlichen Ursachen bekämpft werden. Wichtig wäre vielmehr, mehr Augenmerk auf die Vorbeugung zu legen und die Verfahren effektiver zu gestalten. So wären beispielsweise Informationsaktionen in den Herkunftsländern der Schlepperopfer eine sinnvolle Vorbeugungsmaßnahme. Aber auch die wirtschaftliche Unterstützung der betroffenen Länder darf dabei nicht vergessen werden. Letztendlich bedeutet dies, dass ernst gemeinte Kriminalitätsbekämpfung auch die Bekämpfung der sozialen und gesellschaftlichen Wurzeln in Angriff nehmen muss.

Ich habe den Tod des kleinen Flüchtlingskindes erwähnt, welcher Erschütterung in weiten Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat. Ob und welches Fehlverhalten zum tragischen Tod des Kindes beigetragen hat, soll untersucht werden, und es soll nicht vor Abschluss der Untersuchungen möglicherweise unberechtigte Vorverurteilungen geben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Posch, Mag. Prammer, Mag. Plank und Genossen betreffend den tragischen Tod eines Flüchtlingskindes im Burgenland

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert,

in seinem Zuständigkeitsbereich jene Maßnahmen zu setzen, die zu einer lückenlosen Aufklärung des tragischen Vorfalles (Tod des Hamid S.) beitragen,

Maßnahmen zu setzen, die die bestmögliche Zusammenarbeit von Sozialarbeitern, Sicherheitsorganen und Flüchtlingshilfsorganisationen bei der Betreuung von Flüchtlingen sicherstellen,

Maßnahmen in die Wege zu leiten, die die medizinische Versorgung von Flüchtlingen verbessern,

Maßnahmen zu setzen, die eine bessere Kontrolle der (bezahlten!) Quartiergeber im Hinblick auf die einschlägigen Bestimmungen und die Menschlichkeit und eine bessere Kontaktaufnahme der Quartiergeber mit den Flüchtlingen sicherstellen,

dem Nationalrat oder dem Menschenrechtsausschuss bis Jahresende einen Bericht über die im Gegenstand getroffenen Maßnahmen zu geben.

*****


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Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Posch, Mag. Prammer und Mag. Plank ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. Beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der Behauptung.

20.40

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Pfeffer hat gemeint, dass sie gegen die Erntehelfer nichts hat. – Das ehrt Sie, gnädige Frau! Sie haben aber behauptet, dass das Kontingent um das Vierfache erhöht wird. Das ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, dass der Begriff "Erntehelfer" neu eingeführt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

20.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Silhavy: Oje, oje! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

20.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf mich auch mit jenem Abänderungsantrag beschäftigen, der die §§ 9 und 18 des Fremdengesetzes verändert. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bestimmungen über das Arbeitskräftepotential den Anforderungen der Wirtschaft, des Fremdenverkehrs und der Landwirtschaft einfach nicht Genüge getan haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich gilt einmal festzustellen, dass durch die Novellierung des § 9 des Fremdengesetzes zwei völlig unterschiedliche Arbeitskräfte-Stati eingeführt werden. Es ist einfach völlig unrichtig, einfach nur von den Saisoniers oder nur von jenen Kräften zu sprechen, deren Arbeitsverhältnis letztlich im § 9 geregelt ist. Der § 9 Abs. 1 regelt die so genannten Saisoniers, die wir ja schon immer gehabt haben, und der § 9 Abs. 1a erläutert den neu geschaffenen Erntehelfer-Status.

In diesem Zusammenhang muss man auf die Bemerkungen der Frau Kollegin Dr. Petrovic und natürlich auch des Herrn Kollegen Dietachmayr eingehen. Es gab zum Beispiel die Behauptung, Erntehelfer würden zu Billigarbeitskräften degradiert. Und Frau Kollegin Petrovic hat behauptet, von der Regierung würde bewusst Lohndumping betrieben – zum Profit für die österreichische Wirtschaft und letzten Endes auch für den Bund. Das möchte ich entschieden zurückweisen!

Ich denke, Sie alle wissen, dass die Erntehelfer ja nur kurzfristig, oft nur für Stunden in Österreich sind, dass sie schnell einsetzbar sind, dass sie oftmals über Nacht zu Hause sind und dass sie durch Österreicher einfach nicht ersetzbar sind. (Abg. Leikam: Billig und schnell wieder weg!) Sie sind in Österreich zwar versichert, unfallversichert, sozialversichert, aber denken Sie bitte über eines nach: Wie könnte dieser Erntehelfer überhaupt irgendwann einen Pensionsanspruch haben?

Sie wissen doch ganz genau, dass der minimale Beitragsmonatssatz 60 Monate ist, und diese 60 Monate kommen ja auch nur dann zur Geltung, wenn ein Fall von Invalidität auftritt. Sonst braucht man 180 Monate. Rechnen Sie sich das einmal durch! Die 60 Monate sind alleine 40 Jahre als Erntehelfer. Also wenn Sie solche Sachen behaupten, wie Sie das machen, dann finde ich das wirklich ein bisschen komisch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sklaven! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Im Gegensatz dazu haben wir die normalen Saisoniers, Herr Kollege, deren Rechte ganz eindeutig geregelt sind: volle österreichische Sozialversicherung mit allen Pensionsrechten, mit allem, was Sie sich überhaupt nur denken können.

Sie wissen ganz genau, dass wir diese Menschen brauchen, da sonst viele Berufe nicht mehr ausgeübt werden könnten, sei es im Facharbeiterbereich oder sei es letzten Endes auch bei Hilfskräften.

Wenn man den "Kurier" von morgen liest – Sie machen sich ja immer so viele Sorgen um den Arbeitsmarkt –, dann findet man darin etwas sehr Interessantes. Haben Sie den "Kurier" von morgen schon gelesen? Wissen Sie, was das Wifo darin schreibt? Darf ich es Ihnen ganz kurz vorlesen? (Der Redner schlägt den "Kurier" auf und liest daraus vor.)

Darin heißt es zum Beispiel – ich zitiere –: "Insofern könnten derzeit 10 000 bis 20 000 zusätzliche ausländische Fachkräfte locker verkraftet werden. Auch die von der Regierung geplante Erhöhung des Saisonnier-Kontingentes für den Tourismus und die Landwirtschaft, in Klammer: Erntehelfer, stelle für den Arbeitsmarkt aktuell kein Problem dar." – Zitatende.

Wenn Sie auch dieser Aussage nicht glauben und trotzdem sagen: Viel zu hoch, viel zu viel, und wir brauchen das politisch und wirtschaftlich überhaupt nicht!, dann kann ich auch das leider nicht verstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein kurzer Blick auf Salzburg. Wir hatten im letzten Sommer 165 Saisoniers. Heuer wurden 260 genehmigt, um 210 weitere haben wir angesucht. Brauchen könnten wir 600! Ich bin überzeugt davon, dass die heutige Regierung die Kontingente, die wir brauchen, letzten Endes auch zulassen wird und dass wir nicht wieder sozusagen im Kniefall ins Sozialministerium gehen müssen, wobei das Sozialministerium gar nicht fähig ist, zu entscheiden, sondern zuerst die Gewerkschaft angehört werden muss, damit das Sozialministerium zusätzliche Arbeitskräfte bewilligen kann.

Meine lieben Freunde! Ich bin froh darüber, dass es endlich möglich ist, diese Uneinsichtigkeit, mit der wir bis heute in diesem Bereich immer konfrontiert waren, zu beseitigen, und dass es der Wirtschaft damit endlich möglich sein wird, auch in der Saison frei zu atmen! Ich bin auch froh, dass der Staat endlich jene Mittel bekommt, die ihm dadurch entgangen sind, dass wir diese Kräfte bisher nicht beschäftigen konnten! – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch der Abgeordneten Silhavy und Leikam. )

20.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.46

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eine jahrelange Forderung der Freiheitlichen steht heute in diesem Hohen Haus auf der Tagesordnung, nämlich die Forderung nach einer Änderung der Schleppereiregelung, Herr Kollege Leikam. (Abg. Leikam: Erntehelfer für die Polizei!)  – Nein, brauchen wir nicht; Gott sei Dank nicht.

Ein effektiver Grenzschutz und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung der Schlepperei, damit das Schlepperunwesen erfolgreich bekämpft werden kann, sind bereits im ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm festgeschrieben und werden selbstverständlich auch umgesetzt – nach dem Motto: Versprochen und auch gehalten!

Bei der Schlepperei handelt es sich um eine besonders zu verabscheuende Form der Kriminalität, bei der offensichtlich auch der Tod von Geschleppten als Risiko in Kauf genommen wird. Stellt die Schlepperei nach den Bestimmungen des § 104 im Fremdengesetz 1997 bis dato lediglich den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung dar und wurden bei bis zu fünf Geschleppten die Täter bisher nur von der Bezirksverwaltungsbehörde bestraft, so wird in Hinkunft die Schlepperei generell gerichtlich bestraft werden.


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29. Sitzung / Seite 181

Hohes Haus! Bedenkt man, dass im Jahre 1999 von den österreichischen Sicherheitsdienststellen knapp 16 000 Fälle von Schleppertätigkeiten und illegalen Grenzübertritten registriert wurden, dann muss man feststellen, dies ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 136 Prozent bei den registrierten Fällen. 1999 wurden insgesamt 42 812 Personen angehalten. Dies entspricht einer Steigerung von 117 Prozent gegenüber dem Jahr 1998. Daher sind drakonische Strafen für die Schlepper mehr als gerechtfertigt.

Meine Damen und Herren! Diese Zahlen zeigen, dass Österreich aufgrund seiner geographischen Lage vom Phänomen der illegalen Migration in besonderem Maße betroffen ist. Beinahe täglich berichten die Medien von Illegalen, die von Schleppern über die Grenze gebracht werden. Somit haben sich die geltenden Strafbestimmungen als nicht praxisgerecht und auch als nicht zweckmäßig erwiesen.

Daher werden jetzt sämtliche Strafrahmen hinaufgesetzt. Grundsätzlich wird die Schlepperei mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. In qualifizierten Fällen drohen Haftstrafen von bis zu zehn Jahren, etwa wenn die Tat den Tod des Fremden zur Folge hat, oder für jene Personen, die in Verbindung mit einer größeren Zahl von Menschen zur fortgesetzten Begehung der Schlepperei führend tätig sind.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die angeblich so liberalen Vereinigten Staaten von Amerika für Schlepperei, wenn diese mit einer schweren Körperverletzung oder der Gefährdung des Lebens irgendeiner Person verbunden ist, Freiheitsstrafen von bis zu 20 Jahren vorsehen.

Herr Kollege Mainoni hat bereits auf die entsprechenden Strafbestimmungen in Frankreich hingewiesen.

Hohes Haus! Dass die Schlepperei zu einem sehr lukrativen Geschäft geworden ist, lässt sich allein schon aus den Aussagen des Experten Gridling im Innenministerium ableiten, wonach der Umsatz all jener Fälle von Menschenhandel, die in Österreich aktenkundig sind, mit mehr als 100 Millionen Schilling beziffert wird. Pressemeldungen zufolge soll mit der Schlepperei weltweit ein Umsatz von sage und schreibe rund 100 Milliarden Schilling erzielt werden.

Das sind Umsätze, wie sie sonst nur im Drogenhandel gemacht werden. 300 000 S muss laut diesen Berichten jemand aus Fernost dem Schlepper bezahlen. 50 000 S bezahlen Personen aus der Türkei. 30 000 S zahlen jene Personen, die vom Balkan in das scheinbar reiche Westeuropa gebracht werden.

Meine Damen und Herren! Viele Geschleppte geben ihre gesamten Ersparnisse dem Schlepper, und dann kommt plötzlich die Ernüchterung. Sie werden an der Grenze aufgegriffen und zurückgewiesen. Der Schlepper hat das Geld eingesteckt, ist über alle Berge, wie man auf gut Steirisch sagt, und bereitet bereits seine nächste Schleppertour vor. Diese skrupellosen Schlepper machen Millionengeschäfte auf Kosten von großteils armen Menschen, denen sie ein Schlaraffenland versprochen haben.

Hohes Haus! Die neue Bundesregierung hat mit dieser Gesetzesänderung sicherlich die Schlepper angeregt, zu überlegen, ob sie auch weiterhin ihren schmutzigen Geschäften nachgehen und damit empfindliche Freiheitsstrafen in Kauf nehmen wollen.

Es wird ja nicht so sein, wie Frau Abgeordnete Stoisits – sie ist ohnehin noch hier – von den Grünen gesagt hat: dass höhere Strafen die Täter nicht abschrecken und dies nur Traummännlein-Vorstellungen seien, wie sie es ausgedrückt hat. Es scheint vielmehr so zu sein, dass es den Grünen egal ist, wie die Fremden nach Österreich kommen, Hauptsache, sie sind da! Das ist aber sicherlich nicht im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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29. Sitzung / Seite 182

20.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten – Bitte.

20.51

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch ich möchte mich in meinem Redebeitrag mit dem § 9 des Fremdengesetzes befassen, weil erstmals in diesem Gesetz die Erntehelfer für die Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft ausdrücklich erwähnt werden.

Es geht um 7 000 Arbeitnehmer, die bis maximal sechs Wochen lang beschäftigt werden können, wobei eine flexible Gestaltungsmöglichkeit gewährleistet ist. Die Abwicklung erfolgt über das Arbeitsmarktservice. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dolinschek.  – Abg. Öllinger: Der Bauernbund! Der Bauernbund holt die Erntehelfer ins Land! – Heiterkeit bei den Grünen.)

Im gültigen Reisedokument wird ein Sichtvermerk angebracht. Dadurch bekommen diese Arbeitnehmer zur Beschäftigungsbewilligung auch die Aufenthaltserlaubnis, und sie halten sich für die Dauer ihrer Tätigkeit ganz legal in Österreich auf. Wir schaffen es damit, einen lang bestehenden Schwarzarbeitsbereich in eine legale Form zu bringen.

Nicht nur die 1 500 Arbeiter in Oberösterreich – wenn ich das aus oberösterreichischer Sicht sagen darf – verdienen eine entsprechende Behandlung. Nur mit seriösem und sauberem Auftreten nach außen kann man Erfolg haben. Dazu gehört auch eine der anstrengenden Arbeit auf einem Bauernhof entsprechende Unterbringung, denn der gute menschliche Umgang mit Saisonarbeitern hat für uns immer oberstes Prinzip zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Absolut unverständlich ist für mich die Feststellung der Arbeiterkammer, dass die von uns gewählte Vorgangsweise für den Einsatz von 7 000 Erntehelfern kontraproduktiv sei. Auch die Haltung der Opposition ist mir unverständlich. Es ist zum Beispiel auch die Arbeiterkammer, die immer wieder sagt, dass die Quoten nicht ausgeschöpft werden und dadurch keine Notwendigkeit bestehe, ausländische Arbeitskräfte als Saisonarbeiter nach Österreich zu holen.

Tatsache ist, dass das System der Saisonarbeitskräfte nur dann aufrecht erhalten werden kann, wenn auch genügend Spielraum vorhanden ist. Wenn die Quote voll ausgeschöpft ist, dann steht das System bereits an seiner Grenze und kann nicht weiter beansprucht werden. Für diese kurzfristige Politik sind wir nicht zu haben, meine sehr geschätzten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man stelle sich dies einmal in der Praxis vor! Als Praktiker weiß ich, dass ganze Ernten dadurch verloren gehen können! Man muss nüchtern feststellen, dass die Arbeit liegen bleibt und die Ernte nicht eingebracht werden kann, wenn nicht genügend Erntehelfer zur Verfügung stehen. Die oberösterreichischen Gemüsebauern stellen da sicherlich keinen Einzelfall dar.

Geschätzte Frau Abgeordnete Jäger! Sie treten hier gegen den Einsatz dieser Erntehelfer auf. Fragen Sie einmal die Bauern in Ihrem Bezirk, wie wichtig es ist, dass ihnen Erntehelfer zur Verfügung stehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: ... Ausbeuter!) Natürlich gehört es auch dazu, dass auf den Einzelfall abgestellte Bewilligungen die notwendige Flexibilität garantieren.

Es freut mich sehr, dass mir von den Vertretern und von den Verantwortlichen in den Kammern berichtet wird, wie notwendig die heute zu beschließende Regelung ist – notwendig für die Arbeit, und ich glaube, darauf kommt es an, denn bei der Ernte muss der Bauer schnell und flexibel sein.

Wenn die Opposition kommt, billige Polemik betreibt und behauptet, die Erntehelfer in Österreich nehmen den Österreicherinnen und Österreichern die Arbeitsplätze weg, so muss dem entgegengehalten werden, dass der Arbeitsmarkt der Land- und Forstwirtschaft im Inland speziell für die Österreicherinnen und Österreicher überhaupt nicht existent ist. Und wenn die Opposition mit ausländischen Billigstarbeitskräften argumentiert, so sieht man daraus schon die Wertigkeit, mit der sie diese Arbeitnehmer qualifiziert – oder sollte ich besser sagen dis qualifiziert? (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist leider Realität!)


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Die beschäftigten Saisonarbeitskräfte verdienen das ihnen zustehende Kollektiventgelt. Aber gerade für die landwirtschaftliche Arbeit finden sich keine österreichischen Arbeitnehmer, Frau Abgeordnete Lichtenberger! So ist das. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich appelliere an Sie, an die Opposition, diese Fakten der Fairness halber anzunehmen und zuzugeben (Abg. Dr. Lichtenberger: Fragen Sie einmal die Leute!), und ersuche Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Zum Abschluss möchte ich unserem Herrn Innenminister Strasser für seine konsequente Vorgangsweise auf dem Gebiet der Schlepperei danken. Die angekündigte Verschärfung der Gesetzeslage hat nicht lange auf sich warten lassen. Nur ein entschiedenes Vorgehen gegen diese menschenverachtende Form des Menschenhandels trägt den Opfern Rechnung und ist auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.

Diese Regierung redet nicht, sie setzt um! – Herzlichen Dank. (Bravo-Rufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Freund begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundesminister Dr. Strasser die Hand.)

20.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

20.56

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Klarstellung und drei Punkte. – Frau Abgeordnete Petrovic! Ich habe keinerlei Interesse daran gehabt, die Dame aus dem Ministerium nicht zu Wort kommen zu lassen. In dieser Frage müssen Sie sich an den Vorsitzenden des Innenausschusses wenden; ich habe gar nichts dagegen.

Drei Punkte in gebotener Kürze. Erstens: Ziel dieser Novelle ist einzig und allein der Kampf gegen den brutalen Menschenhandel – sonst nichts! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Es ist völlig klar, dass Strafdrohungen alleine nichts nützen. Es ist aber auch klar und nachvollziehbar, dass Strafdrohungen, die wesentlich unter denen unserer Nachbarländer liegen, sehr ungünstig sind. Daher haben wir mit Absicht die Strafdrohungen an jene unserer Nachbarländer angepasst, insbesondere an die von Deutschland.

Drittens: Sie können mir glauben, das muss ein bewusster Irrtum sein: Es ist überhaupt keine Rede davon, dass dieses Gesetz für Angehörige gelten soll – im Gegenteil. Sie kennen den § 42 StGB, und Sie kennen das Mittel der Diversion. Mit diesen Maßnahmen wird das entsprechend abgefedert. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht Angehörige sind das Ziel dieser Gesetzesnovelle, sondern organisierte Schlepperbanden! Diesen sagen wir auch mit dieser Novelle den Kampf an! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Burket. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.58

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Je länger man den Argumenten der grünen Fraktion zuhört, umso erstaunter muss man über das wirklich verschobene Weltbild sein, das Sie von den Grünen haben. Wenn man Ihnen nämlich zuhört – und das habe ich durchaus sehr aufmerksam längere Zeit hindurch getan –, bekommt man den Eindruck, schuld seien wir Österreicher, denn wir haben in unserem Land so vieles, was die Nachbarländer nicht haben, und wenn die Menschen aus diesen Ländern dann hereindrängen in unser Land, dann ist das sicherlich unsere Schuld, weil wir sie in Versuchung


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geführt haben. – So in etwa sind Ihre Äußerungen herübergekommen, Frau Dr. Petrovic. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ähnlich klingen Ihre Argumente bezüglich der "armen" Erntehelfer – die ja ausgebeutet werden, die in unser Land unter eher nicht angenehmen Umständen hereingeholt werden und hier für Sklavenlohn arbeiten müssen. Und dann gehen sie nach Hause und haben gesehen, wie schön es hier ist, dann leben sie dort, sind von ihren Familien herausgerissen und so weiter. – Man kann diesen Gedanken kaum folgen.

Auf der anderen Seite weisen Sie auf die Au-Pair-Kräfte hin, die auch "so arm" sind, dass sie die volle Härte der Sozialversicherung trifft, denn sie müssen etwas dafür bezahlen. – Ich muss sagen, ich verstehe Sie nicht! Ich kann nicht nachvollziehen, was Sie uns hier sagen wollen. (Abg. Aumayr: Niemand kann das! Niemand!)  – Ja, das glaube ich auch.

Ich weiß nur eines: Die Anträge, die von Frau Mag. Stoisits hier eingebracht wurden, dienen ausschließlich dazu, ein Gesetz aufzuweichen, das gut ist, das sich bewährt hat, bei dem es aber dringend notwendig ist, die Strafen etwas mehr anzuziehen und sie vor allem auch in voller Härte zu exekutieren, damit dieser Menschenhandel aufhört.

Es ist weiters notwendig, mehr Saisonarbeitskräfte zu bekommen und ihre Arbeit auf eine reguläre Basis zu stellen. Da geht es um Saisonarbeiter, die in der Landwirtschaft gebraucht werden. Das sind nämlich, wenn man es von der realistischen, vernünftigen Seite aus betrachtet, Menschen aus unseren Nachbarländern, die dort kaum die Möglichkeit haben, Geld zu verdienen oder ohnehin arbeitslos sind. Bei uns werden sie zum Kollektivvertrag bezahlt und verdienen damit in einer Woche soviel, wie dort in sechs bis acht Wochen. Es sind also Menschen, denen hier durchaus Gutes wiederfährt, das möchte ich schon festhalten (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), die mit diesem Geld nach Hause kommen und dort ihren Familien helfen. Aber das ist halt die andere Sicht der Dinge – nicht die, die Sie von den Grünen haben.

Die legistische Strafbarkeit der Schlepper war das, was ich eigentlich vorhin gemeint habe. Ich habe die Zeile auf meinem Zettel gesucht, als Sie den Kopf geschüttelt haben, Frau Petrovic, weil ich gesagt habe, so, wie Sie alles darstellen, sind ja wir schuld daran, dass es uns so gut geht und dass die anderen nicht das haben, was wir haben.

Frau Kollegin Petrovic! Ihre Ausführungen – Sie haben gemeint, sechs Wochen hier zu arbeiten, mache die ganze Lebensplanung dieser Familien kaputt und reiße sie auseinander – gehen schon fast ins Lächerliche. Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere ausländischen Mitbürger oder die Menschen in unseren Nachbarländern, die sich hier verdingen und damit ihre Lebenssituation zu Hause verbessern wollen, durchaus dessen bewusst sind, dass sie nur für kurze Zeit ins Land kommen. Sie wollen hier arbeiten und haben ein ganz klares Geschäft vor Augen: so und so viele Wochen Arbeit, so und so viele Wochen korrekter Lohn dafür. Und zu Hause haben sie dann die Möglichkeit, ihre Lebenssituation zu verbessern.

Das hat nichts mit Familie zu tun, das hat nichts mit Auseinanderreißen zu tun, und vor allem gibt es auch keinerlei Nachfolgeverpflichtungen: weder für die eine noch für die andere Seite. Das sind ganz klare Abmachungen. Und es ist unser Bestreben, all diese Dinge auf eine Basis zu stellen, die unanfechtbar, die vernünftig ist, die den Menschen hilft: auf der einen Seite den Bauern, den Landwirten, die die Arbeitskräfte brauchen, auf der anderen Seite den Arbeitskräften, die Geld verdienen wollen, die nach Österreich kommen und wissen, was sie zu tun haben. – Das ist die Realität, Frau Mag. Petrovic. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bezüglich der Schlepperei möchte ich nochmals kurz auf die Rede von Frau Mag. Stoisits zurückkommen, denn auch ihre Ausführungen haben ja in etwa gelautet, dass unsere Vorstellungen im Grenzbereich des Traummännleins wären, wenn wir glauben, dass wir durch stärkere Strafen erreichen könnten, dass die Schlepperei zurückgeht, sondern dass den Leuten geholfen werden muss, damit sich die Situation grundsätzlich und generell ändert.

Frau Mag. Stoisits! In einem gebe ich Ihnen Recht: Es sollte den Menschen, die auf unwürdigste Art und Weise nach Österreich geschleppt werden, geholfen werden, aber bedenken Sie Fol


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gendes: Wenn jemand Hunger hat, dann gebe ich ihm ein Stück Brot, und dann ist sein Hunger jetzt weg. Aber das löst sein Problem nicht, wenn er morgen Hunger hat! Daher wird es wohl eher geboten sein, ihm so zu helfen, dass er sich sein Brot verdienen kann.

Genauso ist es in diesen Ländern: Auch dort ist es das Allerwichtigste, dass man versucht, den Menschen die Möglichkeit zu bieten, in ihrer eigenen Heimat Arbeit zu finden, dass man hilft, dort entsprechende Strukturen aufzubauen, dass man dort unterstützt – aber nicht ungezügelt und ungebremst alle hier zu uns hereinlässt, sonst ist es bald so, Frau Mag. Stoisits, dass wir dorthin auswandern, weil es hier nicht mehr auszuhalten ist und weil wir hier auch nicht mehr genug Arbeitsplätze haben. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich meine, dass es durchaus erfolgversprechende Maßnahmen gibt, die man in jenen Ländern, aus denen die meisten Leute kommen, die hierher geschleppt werden und viel Geld dafür zahlen, weil sie sich ein besseres Leben erhoffen, setzen könnte. Zum überwältigenden Teil handelt es sich dabei ja um Wirtschaftsflüchtlinge und keineswegs um jene Art von Flüchtlingen, die ohnehin nicht zur Diskussion stehen, denn diese waren immer willkommen und werden in Österreich immer willkommen sein, und es wird ihnen hier geholfen werden.

Es geht darum, in den Herkunftsländern Aufklärungsarbeit zu betreiben und den Menschen klarzumachen – sei es über die Botschaften, sei es möglicherweise auch über Zeitungen, indem man dort inseriert –, welchen Gefahren sie sich aussetzen, wenn sie sich auf Schleppereien einlassen, und dass das nicht stimmt, was man ihnen dort erzählt. Das wäre unter Umständen auch eine Möglichkeit, zu verhindern, dass so viel geschleppt wird, dass so viel Elend über diese Menschen kommt und sie das bisschen, das sie dort besitzen, auch noch verlieren. Das sind realistische Möglichkeiten. Aber das, was Sie wollen, ist unrealistisch, Frau Mag. Stoisits, unrealistisch und unsinnig, und daher sind Ihre Anträge leider samt und sonders abzulehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leikam zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen. – Bitte.

21.05

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Strasser hat bezüglich des Wunsches der Grünen im Ausschuss, dass eine "Dame aus dem Innenministerium" das Wort bekommen hätte sollen, gemeint, dass sie sich an den Ausschussvorsitzenden wenden solle. Er sei dafür nicht zuständig.

Bleiben wir einmal bei der Formulierung "die Dame". Ich möchte klarstellen: Diese Dame ist eine hochqualifizierte Beamtin nicht aus dem Innenministerium, sondern aus dem Sozialministerium. Dem Ausschussvorsitzenden ist es nicht möglich, jemanden aus einem anderen, nicht die Thematik betreffenden Bereich zu einer Debatte einzuladen. Es hat aber der Herr Bundesminister natürlich jederzeit die Möglichkeit, für ergänzende Beantwortungen oder Fragen Beamte seines Ressorts oder auch eines anderen Ressorts zu Hilfe zu holen und ihnen dann das Wort zu erteilen. Der Ausschussvorsitzende hat diese Möglichkeit leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

21.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

21.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist mir wichtig, im Zusammenhang mit den Angriffen gegen die Caritas und auch mit den Drohungen, die hier vorgebracht wurden, einiges klarzustellen. – Ich wiederhole: den Drohungen, denn zu sagen, wir werden diese Institution beobachten, ob sie sich der Regierung gegenüber wohl verhält, willfährig verhält, das reicht an Drohung heran – und das lehnen wir


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scharf ab! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wird wohl noch erlaubt sein! – Abg. Haigermoser: Das ist Gesinnungsterror Ihrerseits!)  – Ihre Zwischenrufe sind ein Offenbarungseid Ihrer Gesinnung!

Die Caritas fühlt sich der Heiligen Schrift verpflichtet, und was dort steht, ist sehr eindeutig. Dort wird jenen Segen verheißen, die helfen, und es heißt – ich zitiere –:

"Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd, und ihr habt mich bei euch aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben. Ich war krank, und ihr habt für mich gesorgt. Ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht."

Die Caritas verlangt für ihre Arbeit, für Mitmenschlichkeit und Hilfe kein Leumundszeugnis. Sie betreibt keine erweiterte Gefahrenerforschung, und sie hilft, indem sie hier auf Erden versucht, das Wort der Heiligen Schrift umzusetzen. Und wenn Sie damit beginnen, auch diese Institution zu kriminalisieren, dann geht das genau in die Richtung von Gesinnungsstrafrecht und der Verunmöglichung der Tätigkeit dieser wichtigen Hilfsorganisation!

Ich gebe vor allem der ÖVP – ich weiß nicht, ob Sie bei der Rede des Abgeordneten Mainoni anwesend waren – zu bedenken, in welche Richtung Sie jetzt unterwegs sind! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden, in 116 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Schlögl und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 1 bis 7 im Artikel I sowie eine sich daraus ergebende Änderung der Ziffernbezeichnung zum Inhalt hat. (Abg. Dr. Khol  – auf den leeren Platz des Abg. Dr. Gusenbauer weisend –: Der Gusenbauer ist nicht dafür!)

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 117 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 118 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 119 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Posch und Genossen betreffend den tragischen Tod eines Flüchtlingskindes im Burgenland.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 120 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entschließungsantrag 96/A (E) der Abgeordneten Anton Leikam und Genossen betreffend zusätzliche 1 000 Planposten für die Sicherheitsexekutive (115 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Der Herr Berichterstatter Kiermaier verzichtet auf eine mündliche Berichterstattung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.13

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat der Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsparteien das Budget für das Jahr 2000 beschlossen, ein Budget, das unter anderem auch für die innere Sicherheit unseres Landes erstmals seit vielen Jahren einen dramatischen


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Rückgang zu verzeichnen hat. Konkret: Es gibt um 450 Millionen Schilling weniger für die Sicherheit in unserem Lande, und es gibt, was die Personalentwicklung anlangt, 440 Planstellen weniger.

Ich möchte daher heute einen neuerlichen Versuch in dieser Richtung unternehmen und ersuche die Damen und Herren von den Regierungsparteien, es sich vielleicht doch noch einmal zu überlegen und unserem Antrag zuzustimmen, für die nächsten vier Jahre für die Sicherheit in unserem Lande, für eine Fortsetzung der erfolgreichen Sicherheitspolitik 1 000 zusätzliche Planstellen im Budget vorsehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen und wir können ganz einfach nicht glauben, meine Damen und Herren, dass die guten Jahre der Personalentwicklung in der österreichischen Exekutive vorbei sind. Ich habe wenige Wochen nach Konstituierung der neuen Bundesregierung eine sehr umfangreiche schriftliche Anfrage an den neuen Innenminister, Herrn Bundesminister Strasser, eingebracht, die auch sehr umfangreich beantwortet wurde. Ich glaube, diese Anfrage und diese Anfragebeantwortung ist für die nächsten Jahre ein wichtiger Nachschlagbehelf für die Abgeordneten dieses Hauses. Darin ist klar erkennbar, dass das, was vor allen Dingen von den Abgeordneten der ÖVP immer wieder behauptet wird, dass es nämlich unter sozialdemokratischen Innenministern einen Rückgang des Personals gegeben hat, schlicht und einfach nicht wahr ist.

Genau das Gegenteil ist der Fall – nachzulesen in der Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers Strasser, aufgegliedert und genau unterteilt nach Polizei, Kriminaldienst, Gendarmerie, einzelnen Polizeidirektionen, nach Bundesländern. Das ist wahrlich ein gelungenes Nachschlagwerk, meine Damen und Herren! Sie sollten sich das wirklich noch einmal zu Gemüte führen.

All Ihre Behauptungen, meine Damen und Herren von der ÖVP, dass es weniger Personal gegeben hat, stimmen schlicht und einfach nicht.

Seit dieses Budget von den Regierungsparteien hier beschlossen wurde, gibt es bei den Dienststellen der Exekutive, bei der Polizei und bei der Gendarmerie, tiefen Frust. Ich weiß nicht, Herr Bundesminister, ob es Ihnen auch so geht wie mir beziehungsweise vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, die ihre Abgeordnetentätigkeit sehr ernst nehmen und gute Kontakte zu den Beamten einzelner Dienststellen pflegen. Von diesen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass sie eigentlich am Limit ihrer Leistungsfähigkeit angelangt sind. Ich erhalte immer wieder, jede Woche, Briefe. Ich könnte heute hier ein ganzes Paket zur Verlesung bringen, wenn es die Zeit erlauben würde.

Die Beamten schreiben, dass sie physisch und psychisch praktisch am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelangt sind, dass sie mit dem vorhandenen Personal und mit den geplanten Kürzungen ihre Tätigkeit nicht mehr ausreichend wahrnehmen können. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sollten das ernst nehmen und noch einmal überlegen, ob der von Ihnen eingeschlagene Weg der richtige ist.

Es geht nicht darum – ein Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei hat uns das im Ausschuss vorgeworfen –, Panikmache bei den Beamten zu betreiben. Das ist überhaupt nicht unsere Absicht, aber es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass jene Beamten, die für die Sicherheit unseres Landes tätig sind, die, wie sie selbst sagen, physisch und psychisch nicht mehr weiter können, Unterstützung erhalten. Das ist unsere Aufgabe – und es geht bitte nicht um "Panikmache"! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann jeder die Personalentwicklung in den letzten Jahren nachlesen. Es ist wirklich paradox – und das sage ich vor allem an die Adresse der Freiheitlichen Partei –: Einen Tag nach der Ablehnung des Antrages Leikam, Schlögl und Genossen durch Ihre Fraktionen, FPÖ und ÖVP, im Ausschuss hat der Kärntner Verkehrsreferent, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Matthias Reichhold, in einer Rundfunksendung wesentlich mehr Personal für die Sicherheit auf Kärntens Straßen verlangt. Er hat gemeint, dass mit dem vorhandenen Personal die Sicherheit auf Kärntens Straßen nicht mehr gewährleistet ist. (Abg. Aumayr: Weil Sie abgebaut haben!)


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Er hat Recht, der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Reichhold. Er hat wirklich Recht. Meine Damen und Herren! Lesen Sie bitte die schriftliche Beantwortung des Herrn Innenministers Strasser nach! Dann werden Sie sehen, um wie viel Gendarmeriebeamte mehr in Kärnten in jener Zeit zum Einsatz gekommen sind, als sozialdemokratische Minister die Verantwortung hatten. Es gibt kein einziges österreichisches Bundesland, meine Damen und Herren, in dem es nicht deutlich mehr Beamte bei der Gendarmerie und bei der Polizei gibt; bei der Gendarmerie gibt es fast 1 000 Beamte mehr, einschließlich der Grenzgendarmerie natürlich, die muss man dazuzählen.

Wir werden nicht zulassen, dass man, wenn man Bilanzen erstellt, wenn man über die Gendarmerie redet, die Grenzgendarmerie nicht mit zählt, weil man sagt, das sind ja "andere" Gendarmen. Das, meine Damen und Herren, wird nicht gehen! Auch die Grenzgendarmerie leistet hervorragende Arbeit, und wir zählen sie natürlich dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt in jedem österreichischen Bundesland – um das noch einmal zu sagen – deutlich mehr Beamte, auch in Kärnten. Aber das ist ein Doppelspiel, mit dem wir uns nicht abfinden werden, meine Damen und Herren: Hier die Anträge abzulehnen – und durch Ihre Landespolitiker dann mehr Personal für die Gendarmerie zu fordern.

Ich muss hier auch wieder einmal Herrn Abgeordneten Kiss, obwohl er jetzt nicht anwesend ist – offenbar interessiert Herrn Abgeordneten Kiss die Exekutive nicht mehr –, darauf hinweisen, was er im August vergangenen Jahres noch unter einem sozialdemokratischen Innenminister Karl Schlögl und einem sozialdemokratischen Finanzminister und Staatssekretär bei einer Veranstaltung seiner Partei verlangt hat: 500 Gendarmeriebeamte mehr allein für das Burgenland, 500 Gendarmeriebeamte mehr für das "Binnenland" im restlichen Österreich. Bescheiden, wie er ist, nur die Hälfte für ganz Österreich, aber 500 für das Burgenland. – Soll mir Recht sein, dort ist ein guter sozialdemokratischer Landeshauptmann, okay, geben wir ihm dieses Personal. Der hätte wahrscheinlich sogar einen Ordnen gekriegt, der Herr Kiss, wenn das zustande gekommen wäre.

Und dann hat Kollege Kiss in dieser Aussendung noch gesagt: Die ÖVP macht seine Forderung zur Conditio sine qua non (der Redner spricht das Wort "qua" wie "kua" aus)  – zur Conditio sine qua (der Redner sagt wiederum "kua") non (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Qua! Qua!); qua, richtig! –, zu einer Grundbedingung für die künftigen Regierungsverhandlungen. Wenn diese 1 000 Beamten, die Herr Kiss eingefordert hat, nicht im Regierungsübereinkommen verankert sind, dann gibt es keine Regierungsbeteiligung der Österreichischen Volkspartei. – So Kiss im Originalton, und zwar im August 1999.

Wo ist er heute, der Abgeordnete Kiss? Er hat sich verduftet. Es gibt nicht 1 000 Beamte mehr, die ÖVP ist in der Regierung geblieben, es gibt um 440 Exekutivbeamte weniger! Meine Damen und Herren, das ist Verunsicherung! Das ist ein Spiel auf dem Rücken der Bevölkerung, die die Sicherheit sehr hoch schätzt und auch weiß, was sozialdemokratische Minister geleistet haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Strasser! Noch einige wenige Sätze. In dieser Anfragebeantwortung, die von Ihnen wirklich sehr ernst genommen wurde, haben Sie vor allen Dingen zwei Punkte nicht beantwortet. Sie sind diesen Fragen, die ich sehr bewusst gestellt habe, ausgewichen. Ich wollte von Ihnen wissen: Wo endet für den österreichischen Innenminister die Effizienz einer Dienststelle? Wie viele Gendarmeriebeamte müssen auf einer Dienststelle sein, um effizient Sicherheitspolitik und Sicherheitsaufgaben dort wahrnehmen zu können? Wie viele müssen das sein? Sind das drei, sind das vier, sind das fünf oder müssen es mehrere sein? Wie viele Beamte müssen auf Polizeidienststellen sein, damit sie effizient arbeiten können?

Da haben Sie die Kurve gekratzt. Sie haben nicht gesagt, wie Sie sich das vorstellen, und Sie haben sich auf alle möglichen Dinge ausgeredet, was alles zu berücksichtigen ist. Ja selbstverständlich sind diese Dinge auch zu berücksichtigen, aber sagen Sie, ob eine Dienststelle mit vier Beamten noch effektiv arbeiten kann! Das müssen Sie dem Parlament mitteilen, denn der Weg, den Sie jetzt gehen, ist ein falscher Weg: Im Jahre 2000 um 440 Beamte weniger, und wir hören


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vom Finanzminister, 2001 soll es noch viel ärger werden. Dann wird es weitere Kürzungen geben – und dann sind wir dort, dass Dienststellen nicht mehr aufrechterhalten werden können, weil sie viel zu wenig Personal haben.

Sagen Sie, Herr Minister, dem österreichischen Parlament: Wie viele Beamte wollen Sie auf den Dienststellen haben, damit effizient gearbeitet werden kann? Darum würde ich Sie heute noch einmal ersuchen.

Insgesamt, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Überlegen Sie diesen Schritt wirklich! Sie haben das hier ja auch immer eingefordert. Sie haben immer, bei jeder Rede, verlangt: Mehr Personal muss her! Ich verstehe Sie nicht: Sie verteidigen etwas, das nicht zu verteidigen ist. Stehen Sie auf der Seite der Sicherheit! Machen Sie es so, wie es manche freiheitliche und schwarze Politiker in den Ländern tun: Verlangen Sie nicht nur mehr Personal, sondern beschließen Sie das auch hier. Tun Sie das! Wir ersuchen Sie darum – im Interesse der Bürger in unserem Lande! (Beifall bei der SPÖ.)

21.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Martin Graf: Leikam meldet sich wortgewaltig zurück! Super! Ein echtes Comeback war das!)

21.24

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Kollege Leikam, in einigen Dingen gebe ich Ihnen Recht. Auch ich habe immer zusätzliches Personal gefordert, aber Sie wissen ganz genau, dass wir jetzt ganz andere Voraussetzungen haben.

Wenn ich den Antrag der SPÖ lese beziehungsweise die Ausführungen hier verfolgt habe, muss ich annehmen, dass manche Damen und Herren von der Opposition nachts nicht mehr ruhig schlafen können, weil die Sicherheit jetzt nicht mehr gegeben ist.

Wir haben im Ausschuss diesem Antrag nicht zugestimmt, Herr Kollege Leikam, und ich sage Ihnen auch, warum. Das, was im ersten und zweiten Absatz Ihres Antrages steht, ist ja grundsätzlich begrüßenswert, so zum Beispiel, wenn Sie fordern, dass die Sicherheitsexekutive gefördert und unterstützt gehört.

Aber nun zum Kern Ihres Antrages, den 1 000 zusätzlichen Planposten. Das ist ja wirklich ein alter Hut, Herr Abgeordneter Leikam. Sie haben in den Jahren 1998 und 1999 für den Bereich Sicherheit gefordert und auch angekündigt, dass es zusätzlich 1 000 Planstellen geben wird. Das haben Sie angekündigt, aber es ist bei der Ankündigung und beim Wunschdenken geblieben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Und der Kiss? Was hat der Kiss gefordert?)

Die ÖVP hat bei den letzten Regierungsverhandlungen mit der SPÖ auch eine Aufstockung um 1 000 Planstellen gefordert und den Abgeordneten Schlögl auch entsprechend unterstützt, nur, Herr Kollege Leikam: Ihr Finanzminister hat diese Forderungen vom Tisch gewischt. Auf einmal war diese Forderung nicht mehr im Regierungsübereinkommen beziehungsweise im Arbeitspapier drinnen – angeblich, weil es finanziell nicht realisierbar gewesen sei.

Jetzt aber von Innenminister Strasser und der jetzigen Bundesregierung – nach Bekanntwerden des Budgetdesasters und im Zuge der Budgetkonsolidierung – neuerlich zusätzlich 1 000 Planstellen zu fordern, ist zwar für eine Opposition legitim, aber es ist unverantwortliche, polemische Politik. Darauf möchte ich schon hinweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das hättet ihr ja vorher auch wissen müssen, als ihr es gefordert habt!)

Es ist reine Parteitaktik, jetzt 1 000 Planstellen zu fordern, und es ist das Zynismus der Bevölkerung und den Exekutivbeamten gegenüber.


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Wir von Seiten der Exekutivgewerkschaft haben sehr genau erhoben, wie die Personalsituation bei Gendarmerie und Polizei tatsächlich aussieht. Ich habe ebenfalls genaue Daten, und wir können unsere Daten gerne austauschen. Mit 1. Februar 2000 haben in Niederösterreich auf jeden Fall 344 Beamte gefehlt. Da kann man nicht sagen, dass dort nur in den letzten drei Monaten etwas passiert ist, sondern es ist einfach nicht besser geworden. Es haben am 1. Februar 2000 344 Beamte in Niederösterreich gefehlt, und es kann mir niemand erklären, dass die alle nur in der Schule gewesen sind.

Herr Kollege Leikam! Drei Wochen nach Angelobung der neuen Bundesregierung sind Sie aufgewacht, und Sie und Ihre Partei beginnen mit einer beispiellosen Aktion, indem Sie den neuen Innenminister Strasser mit Anfragen bombardieren, quer durch alle Bezirke Österreichs, immer mit denselben oder ähnlichen Fragen, wie viele Planstellen eingespart, wie viele nachbesetzt werden. Ich muss sagen: Bei der Einsparungspolitik, die in den letzten fünf Jahren erfolgt ist, hat es solche Anfragen nicht gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Und was ich sehr befremdend finde, ist, dass der Abgeordnete Schlögl am 10. Februar, also eine Woche nach seinem Abgang als Innenminister, in einer APA-Aussendung ebenfalls die Sicherheit in unserem Lande gefährdet sieht und wieder zusätzliche 1 000 Planstellen fordert.

Herr Abgeordneter Schlögl! Sie und Ihre Vorgänger, Herr Abgeordneter Einem und Ex-Innenminister Löschnak, haben es nie zustande gebracht, das Beamtensoll aufzufüllen. Im Gegenteil: Im September 1997, in der 85. Sitzung des Nationalrates, haben Sie davon gesprochen, 1998 und 1999 um jeweils 200 Planstellen zu reduzieren, und im vergangenen Dezember haben Sie im Ministerrat noch mitbeschlossen, dass 800 Beamte eingespart werden.

Innenminister Strasser ist es zu verdanken, dass jetzt "nur" – und ich möchte das wirklich betonen und unter Anführungszeichen stellen, weil mir auch das zu viele sind – 400 Beamte statt 800 Beamten eingespart wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Leikam! Auf der einen Seite haben Sie 1998 und 1999 zusätzliche 1 000 Planstellen gefordert, aber gleichzeitig zugestimmt, dass in den Jahren 1998 und 1999 200 Beamte eingespart wurden.

Herr Kollege Leikam! Das ist wirklich nur Parteitaktik und Zynismus, die auf dem Rücken der Bevölkerung und der Beamten ausgetragen werden! Das aber ist nicht unser Stil. Daher ist es uns auch nicht möglich, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schlögl zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen. – Bitte.

21.30

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete hat behauptet (die Abgeordneten Miedl und Prinz: Welcher?) – Herr Abgeordneter Kößl –, dass ich im Dezember ... (Abg. Prinz: Das ist sicher richtig, was er gesagt hat!) – Lassen Sie mich jetzt reden, oder machen wir einen Test, ob ich die Namen aller Abgeordneten kenne? – Ihren kenne ich zum Beispiel nicht; Sie können ihn mir dann nennen. (Abg. Prinz: Seien Sie nicht so nervös!)

Ich stelle also die Behauptung des Abgeordnetem Kößl richtig, dass ich im Ministerrat im Dezember vergangenen Jahres einer Reduzierung von 800 Planstellen bei der österreichischen Exekutive zugestimmt hätte. – Das ist eine falsche Behauptung!

Gerade das Gegenteil ist der Fall: Ich habe immer gefordert, dass es zusätzliches Personal für die österreichische Exekutive gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wortmeldung meines freiheitlichen Vorredners ist bei den Personalvertretungswahlen bereits prophylaktisch bestraft worden und bedarf deswegen keiner gesonderten Erwiderung. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Wer hat denn geredet?) Ich halte es auch für nicht notwendig, ... (Abg. Kößl: Herr Abgeordneter Pilz! Tun Sie das richtig stellen! Ich komme nicht von der Freiheitlichen Partei!)

Die Unterschiede sind inzwischen derart verkommen, dass ich mir beim Unterscheiden wirklich schwer tue. Aber möglicherweise haben Sie wirklich ein schwarzes Parteibuch. Glauben Sie mir: Man merkt es Ihnen nicht mehr sehr deutlich an! (Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung des Abg. Kößl –: Sie sind uns "auf den Leim gegangen"!)

Meine Damen und Herren! Es hat keinen Sinn, immer nur zu reden: hundert mehr, hundert weniger, tausend mehr, tausend weniger. Auf die Qualität der Beamten kommt es an!

Ich erinnere mich an eine Begegnung gestern Abend in Kaisermühlen mit einer älteren Frau (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), die mir gesagt hat: Obwohl Wien eine sehr sichere Stadt und Österreich ein sehr sicherer Staat ist, Herr Dr. Pilz, gehe ich in der Nacht nicht auf die Straße, weil ich dann Meier gehen kann – auf Nichtwienerisch übersetzt: weil ich dann in etlichem verlustig gehen kann, weil ich mich damit in Gefahr begebe.

Dieses subjektive Unsicherheitsgefühl ist etwas, was überhaupt nicht mit den Fakten übereinstimmt (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Hornek und Miedl ), was aber sehr wohl mit einer Art und Weise der Personalauswahl, wie sie gerade von freiheitlichen Personalvertretern in der letzten Zeit immer wieder gefördert und unterstützt wurde, zu tun hat.

Man weiß heute, wenn man in der Stadt Wien oder sonst wo angehalten wird, nicht, ob sich bei einem Abzugsdruck von 2,4 Kilo ein zufälliger Schuss löst. (Abg. Prinz: Das ist aber wirklich ...!) Man weiß nicht, mit wem man konfrontiert ist: mit einem Personalvertreter der Freiheitlichen im Rahmen des Sondereinsatzkommandos (Abg. Miedl: Herr Kollege Pilz, das ist unter Ihrem Niveau!) oder mit der Mehrheit friedliebender Beamter in der Stadt Wien. Wir wissen nur eines: Es gibt ein Problem der Qualität. (Abg. Miedl: Was heißt das, Herr Kollege Pilz? Dass jeder Polizist abzieht? – Das ist unter Ihrem Niveau!)

Jetzt erzähle ich Ihnen etwas anderes. Es geht darum, anderen und neuen Menschen einen Zugang zur Exekutive zu bieten. Heute Nachmittag war bei mir eine Initiative von Jugendlichen, die sich selbst als "Orientierung suchende Jugendliche" bezeichnen (Abg. Prinz: Und da gehen sie zu Ihnen? – Das versteh ich nicht!), und wir haben diskutiert über Berufsbilder, über die Berufswahl und darüber, wie es weitergehen soll. Ich habe mit Christian, mit Doris, mit Lolo und mit Andrea ernsthaft über die Zukunft gesprochen (Abg. Dr. Mitterlehner: Die armen Kinder!) und habe ihnen unter anderem gesagt: Warum geht ihr nicht zur Polizei? Warum wollt ihr vier nicht Teil jener Beamten werden, die wir in dieser Stadt suchen? (Abg. Prinz  – auf eine Gruppe von Jugendlichen auf der Galerie weisend –: Da oben sitzen die armen Kinder!)

Ich sage Ihnen eines: Das sind die Menschen, die für mehr Sicherheit in dieser Stadt sorgen könnten! (Beifall bei den Grünen. – Die Abgeordneten Prinz und Hornek  – auf die Galerie weisend –: Da oben sitzen sie! – Ruf bei der ÖVP: Das ist Lolo! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Öllinger und Dr. Partik-Pablé. ) Wir brauchen mehr Menschen wie Christian, Doris, Lolo und Andrea (Abg. Dr. Partik-Pablé: Stellen Sie sie uns vor, die Lolo und die Doris ...! Sind das die Leute da oben? – Ruf bei der ÖVP: Heute ist er wirklich gut!), und wir brauchen weniger Menschen, bei denen man, wenn sie an einen Privat-PKW herantreten, nicht weiß, was passiert.


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Jetzt sage ich Ihnen, zurückkommend auf die vorige Debatte, noch ein Zweites: Madeleine Petrovic hat zu Recht aus der Bergpredigt zitiert (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) und hat Sie darauf hingewiesen, wem Sie Kleidung und Hilfe verschaffen sollen. (Abg. Prinz: Die armen Jugendlichen da oben, die müssen das anhören!) Es stimmt mich wirklich nachdenklich, dass heute (Abg. Dr. Mitterlehner: Wahrlich, ich sage euch ...!) der Österreichische Bauernbund die größte legale Schlepperorganisation dieser Republik werden soll! (Abg. Müller: Legale Schlepper gibt es aber nicht!)

Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich eine sicherheitspolitische Entlastung unserer Grenzen wirklich so vor, dass Sie Leuten durch kleine Änderungen von Gesetzen ein paar Stunden Aufenthalt in Österreich genehmigen, und zwar ohne Sozialversicherung (Abg. Aumayr: Stimmt nicht!), ohne jede Pensionsabsicherung, ohne jede sozialrechtliche Sicherstellung, und dann sagen, wenn sie länger bleiben, dann sollen Kräfte der Sicherheitsexekutive her und sie wieder abschieben? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer sagt denn das?)

Stellen Sie sich das so vor, dass die Leute, die auf Grund unglaublichen Wohlstandsgefälles in Österreich Arbeit suchen (Abg. Aumayr: Sie reden wirr!), ein paar Stunden herkommen und ihnen dann "Auf Wiedersehen!" gesagt wird? Ein paar Hundert Schilling, und ab über die Grenze? Und wer hier bleibt, ist ein Problem für die Sicherheitsexekutive? (Abg. Prinz: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!)

Haben Sie das mit dem Innenminister diskutiert, was das perspektivisch für die Grenzen heißt, wenn man den Leuten in armen osteuropäischen Staaten signalisiert: Wir brauchen euch, wir brauchen eure Arbeitskraft, wir brauchen euren Einsatz, aber wenn Ihr nur einen Tag zu lange bleibt, dann Polizeieinsatz, dann abschieben, dann weg – ohne die geringste Absicherung!?

Haben Sie sich überlegt, dass Sie Menschen signalisieren, dass Sie sie nur als billige Arbeitskräfte brauchen und auf Menschen, auf Familien und auf soziale Zusammenhänge nicht den geringsten Wert legen? Ist Ihnen das völlig egal? Wollen Sie wirklich, dass dann wieder Präsenzdiener und Angehörige der burgenländischen Gendarmerie eingesetzt werden, um jene Erntehelfer, die ein paar Tage länger bleiben, weil sie vielleicht da oder dort noch eine Möglichkeit finden, wieder abzuschieben? (Abg. Müller: Jetzt bekommen sie mehr Möglichkeiten!) Ist das Ihre Art von "ordentlicher Beschäftigungspolitik", die Leute zu einem Hungerlohn, ohne soziale Absicherung nach Österreich zu locken – und dann zu sagen: "Okay, raus!", "Abschieben!", "Weg!"?

Da, meine Damen und Herren, wird es für mich ausgesprochen ernst. Ja zu mehreren Hundert zusätzlichen Planstellen für die Exekutive in Wien, weil wir sie brauchen, ja zu zusätzlichen Planstellen auf Gendarmerieposten am Land, die – auch durch Ihre Art von Sicherheitspolitik – von der Auflösung bedroht sind; aber nein zu einer Aufstockung von Kräften an der Grenze, die ausbaden sollen – auch persönlich ausbaden sollen –, dass Sie nicht in der Lage sind, arbeitspolitische Angebote zu stellen, die fair sind und Menschen, die aus Osteuropa kommen, die gleichen Chancen geben wie Menschen, die das Privileg haben, mitten in dieser Republik geboren zu sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Das ist schon peinlich!)

Das ist das Problem Ihrer Art von Sicherheitspolitik: dass Sie überall dort, wo Sie nicht in der Lage sind, soziale Probleme zu lösen – egal, ob es sich um Arbeitsimmigration oder um eine fehlgeleitete Energiepolitik oder um eine fehlgeleitete Verkehrspolitik handelt (Abg. Miedl: Ein bisschen wirr sind Sie heute!)  –, immer wieder sagen: Okay, das ist danebengegangen, da gibt es Widerstand, darum her mit der Exekutive! (Abg. Miedl: Wissen Sie, wovon Sie reden? – Sie reden wirr!)

Für diese Art von Sicherheitspolitik: erst den Schaden auf dem Arbeitsmarkt, in der Sozialpolitik, in der Jugendpolitik, in der Drogenpolitik, in der Verkehrspolitik und in der Energiepolitik anrichten – und dann nach Polizei rufen und hinter jeden Menschen jemanden stellen, weil Sie die Menschen ja nur noch als Sicherheitsrisiko begreifen und weil Sie am liebsten jeden Menschen als Sicherheitsrisiko einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen würden, da ist mir nicht nur jeder einzelne Beamte, sondern jeder einzelne Mensch zu schade! Da heißt es dann etwa bei der


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Jobsuche: Trinken Sie? Haben Sie Schulden? Haben Sie irgendwelche Probleme? Und so weiter. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist Ihre Vorstellung von Sicherheitspolitik! Das ist auch für diejenigen, die diese Arbeit leisten, eine absolut menschenunwürdige Zumutung (Abg. Dr. Mitterlehner: So ein Quatsch!), und diese weise ich hiemit wirklich in aller Deutlichkeit zurück! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.40

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben ja heute schon einige ziemlich wirklichkeitsfremde Reden von Grün-Abgeordneten gehört, und Herr Pilz hat das fortgesetzt. Ich meine, es wäre für die Exekutive, für das Thema Sicherheit besser gewesen, wenn er bei seiner Gruppe – bei der Lolo, bei der Doris, bei der Helga und so weiter (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP)  – geblieben wäre und mit denen über die Zukunftswünsche und über die Exekutive weiterdiskutiert hätte.

Zum Antrag: Ich glaube, wir haben heute "Leikam is back again" – als Sicherheitssprecher sozusagen – erlebt. Nachdem ihn Gusenbauer, der neue Klubobmann, da ein bisschen derangiert und ihm sozusagen seine Achselspangen als Sicherheitssprecher von der Schulter gerissen hat, hat er jetzt wieder ein bisschen Aufwind gespürt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe: Bravo, Toni!)

Ich möchte Ihnen sagen, Herr Leikam: Ich schätze wendige und flexible Politiker wirklich sehr (Abg. Dr. Gusenbauer: In Ihrer Partei muss man das sein!), nur: Wenn diese Wenigkeit sich bereits mit so atemberaubender Schnelligkeit vollzieht, dass man nicht mehr mitkommt (Abg. Edlinger: An euch kommen wir da nicht heran!), dann muss man sich schon fragen, ob diese Wendigkeit nicht in Wirklichkeit Opportunitätsdenken ist! Das unterschiebe ich Ihnen, wenn ich mir diesen Antrag ansehe.

Herr Abgeordneter Leikam! Sie sind ein wirklich langjähriger Kenner des Sicherheitsbereiches, Sie kennen die Personalsituation ganz genau. Ich habe mir die Mühe gemacht, einige Ihrer Reden zu wichtigen Themen der Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre durchzusehen. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Ich habe mir sechs oder sieben Reden der vergangenen Jahre angeschaut (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ): Nicht ein einziges Mal haben Sie eine Personalaufstockung verlangt! (Abg. Leikam: Das haben wir ja automatisch gemacht!) Nicht ein einziges Mal haben Sie auf den alarmierenden Personalstand hingewiesen! (Abg. Leikam: Nein, aber jedes Jahr erhöht!) Nicht ein einziges Mal haben Sie eine schriftliche Anfrage gestellt, Herr Abgeordneter Leikam, in der Sie die Personalfrage angeschnitten hätten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Keinen einzigen Brief haben Sie zitiert von jenen, die Sie, wie Sie jetzt sagen, paketweise bekommen haben! Jetzt, 100 Tage nach der Übersiedelung in die Opposition, kommen Sie mit Ihren Forderungen! Aber nicht nur Sie, auch Ihre Kollegen – Dietachmayr, Gartlehner, Gradwohl –, jetzt kommen Sie und stellen Anfragen, was mit dem Personal los ist! Und Herr Abgeordneter Schlögl, der die Situation ebenfalls sehr genau kennt, schließt sich einem solchen Antrag noch an! Bei aller Sympathie: Seriös ist das nicht, Herr ehemaliger Innenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, warum das nicht seriös ist? – Sie waren nämlich, als Sie Innenminister wurden, äußerst unglücklich darüber, dass Ihr Vorgänger Einem auf 1 000 Dienstposten bei der Exekutive verzichtet hatte. Sie mussten darunter leiden, weil Sie nämlich dann die Personal-, die Dienststellen oder Planposten aufteilen mussten. Von der Polizei in Wien weiß ich, dass Sie, Herr Ex-Minister Schlögl, bevor noch die FPÖ in der Regierung war, die Vorgabe gemacht haben, laut der bis 31. Dezember 2000 792 Posten eingespart werden müssen. Ich habe das von einem Ihrer Mitarbeiter im Polizeiapparat schriftlich bekommen. – Kaum aber sind Sie vom Ministerium weg, wollen Sie davon schon nichts mehr wissen! Jetzt fordern Sie Planstellen!


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Herr Ex-Minister Schlögl, Sie haben im Ausschuss gesagt, es ist zwischen, glaube ich, 1997 und 1999 nichts an Planstellen eingespart worden. Und im Bundesrat, und zwar am 15. Jänner 1998, haben Sie gesagt, dass "gerade das Jahr 1996 und auch das Jahr 1997 ohne Zweifel keine guten Jahre für das österreichische Innenministerium gewesen sind, weil wir in diesen beiden Jahren 1 000 Planstellen einsparen mussten und das natürlich für die österreichische Exekutive ein gewichtiger Aderlass gewesen ist." – Das haben Sie, bitte, im Bundesrat gesagt – und jetzt stellen Sie es so dar, als ob keine Posten eingespart worden werden! (Zwischenruf der Abg. Aumayr.  – Abg. Mag. Schlögl: Aber 1998 und 1999 haben wir zusätzliche bekommen!)

Dieser Antrag, den Sie da vorgelegt haben, entspricht dem, was Sie generell an Oppositionspolitik betreiben, nämlich opportunistisches Denken, Verunsichern und falsche Informationen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Miedl. )

Sie behaupten in diesem Antrag weiters, dass die Aufgaben der Sicherheitsexekutive aufwendiger und komplexer geworden sind. – Ja, glauben Sie wirklich, dass sich in 100 Tagen diese Situation in Österreich so sehr verändert hat? Was soll denn das heißen, dass die Aufgaben anders geworden sind? Tatsächlich haben wir dieselben Gefahren, die wir auch schon vor sieben oder acht Jahren hatten, nämlich das Drogenproblem, die organisierte Kriminalität, die Schlepperei, die Jugendkriminalität. Daran hat sich überhaupt nichts geändert, nur: Solange Sie in der Regierung waren, so lange wollten Sie davon überhaupt nichts wissen. Wenn ich die Themen angeschnitten habe, dann hat nur der jetzige Herr Abgeordnete Schlögl mir Recht gegeben, aber Herr Leikam und andere haben gesagt, ich übertreibe wieder einmal.

An der Personalsituation hat sich nichts geändert, an der Budgetsituation hat sich überhaupt nichts geändert: Das Budget ist annähernd gleich wie in den vergangenen Jahren, nur: Jetzt ist es Ihnen zu wenig, jetzt, weil Sie in der Opposition sind!

Sie, Herr Ex-Minister Schlögl, haben, als Sie noch in der Regierung waren, auch nie – das habe ich Ihnen schon einmal gesagt – etwas unternommen, um die Strukturen zu ändern. Sie haben im gesamten Personalbereich auf Überstundenbasis "weitergewurschtelt" und haben wirklich nichts an Strukturänderungen durchgeführt, und das fällt jetzt uns auf den Kopf! Aber statt uns jetzt zu helfen, mitzuarbeiten ... (Abg. Edlinger: Arm! Arm!)  – Sie sagen "arm": Tatsächlich, diese Bundesregierung ist arm, denn sie muss das ausbaden, was Sie in den vergangenen Jahren alles angestellt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Wegen ihrer Vorgängerin ist sie "arm"!)

Ich gebe Ihnen noch einen Rat: Sie sollten bald zu einer anderen Taktik in Ihrer Oppositionspolitik übergehen. Bis jetzt war nämlich immer sehr durchsichtig, was Ihnen das Allerwichtigste ist: die Regierung angreifen, verunsichern und uns eines auswischen. Damit aber werden Sie sicherlich nicht gut weiterkommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Über eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir zwar diskutieren, aber es steht niedergeschrieben, und das ist der Stellenplan. In diesem Stellenplan gab es eine Steigerung von 350 Planstellen im Bereich der Sicherheitsexekutive von 1998 auf 1999. Das ist ein Faktum. Da können wir jetzt zwar lange hin und her diskutieren, aber ich lade Sie ein, diese Zahlen nachzulesen. (Abg. Haigermoser: Das Pendl wird schon ..., das sage ich Ihnen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen erstklassigen Sicherheitsstandard, und die Österreicherinnen und Österreicher sind mit der Arbeit, mit der Leistung der österreichischen Exekutive sehr, sehr zufrieden. Ich glaube, unser gemeinsamer Dank gilt an erster Stelle den österreichischen Exekutivbeamten. Diese, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben ein Anrecht darauf, dass wir ihnen in allen Bereichen, und zwar sowohl beim Sachaufwand als


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auch im Planstellenbereich, die notwendigen Strukturen zur Verfügung stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben ja – es ist noch gar nicht lange her – bei der Budgetdebatte bereits darüber diskutiert, und ich habe es Ihnen auch bei dieser Debatte bereits gesagt – das zieht sich durch wie ein roter Faden –: Es wird, wenn es nach Ihren Vorstellungen geht, immer bei den Kleinen gespart! Sehen Sie sich doch jetzt die Sparmaßnahmen an! Ich kann mich erinnern, dass Frau Dr. Partik-Pablé – schade, dass sie jetzt hinausgegangen ist – sogar im Ausschuss gesagt hat: Sparen wir richtig!, aber sehen Sie sich einmal an, Herr Minister, wo gespart wird – und ich habe es vorausgesagt –: bei den Gendarmerieposten, bei den Polizeiwachzimmern, aber in keiner Stabsstelle! In meinem Heimatbezirk, dem Bezirk, in dem die Gendarmerie am zweitstärksten innerhalb ganz Österreichs belastet ist, in Baden, fallen fünf Leute weg! Auch in Mödling, dem am stärksten belasteten Bezirk, ist es ähnlich: Überall wird vor Ort, in den Wachzimmern, wird bei den Kleinen gespart! Es ist direkt ein System: Weg mit den Kleinen!, aber die Großen werden immer mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich halte es für wichtig und richtig, dass wir diese Forderung heute hier einbringen, und ich glaube auch, das es ohne Probleme möglich sein muss, diese zu erfüllen. In der vergangenen Legislaturperiode hat ja nicht nur Herr Abgeordneter Kiss, sondern haben sich zahlreiche Mandatare draußen in den Wahlkreisen, Landeshauptleute – alle, die sich bemüßigt gefühlt haben, politisch eine Aussage zu treffen – draußen hingestellt und gesagt: Ich brauche mehr Gendarmen, ich brauche mehr Polizisten! – Das kann man quer durch unser Bundesgebiet nachvollziehen und auch nachlesen. Auf einmal aber weiß keiner mehr etwas davon, und jeder tut so, als ob das alles kein Problem mehr wäre. Ich habe ja voriges Jahr geglaubt, in Niederösterreich stürzt die Welt ein, weil nicht gleich Hunderte von Gendarmeriebeamten sofort nach Niederösterreich verlegt worden sind. – Sie kennen dieses Geschichterl ja ohnedies in- und auswendig, Herr Bundesminister Strasser, aber die Zeiten ändern sich eben schnell.

Ich meine, dass wir alle gut beraten wären, wenn wir gerade diesen sensiblen Bereich der inneren Sicherheit auch entsprechend ausstatten würden, denn es geht um das Wohl unserer Exekutivbeamten, um das Wohl der Österreicherinnen und Österreicher und um unsere Heimat.

Ich meine daher, dass die Erfüllung der in diesem Antrag gestellten Forderung doch in einer Legislaturperiode machbar sein muss, und ich lade Sie wirklich ein, da mit uns mitzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, dass die österreichischen Exekutivbeamten ein Anrecht darauf haben, dass wir Politiker ihnen jene Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, die sie brauchen, um ihren schweren Dienst im Interesse Österreichs, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.51

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zu ernst ist die Lage der gesamten Sicherheitsexekutive in Österreich, um auf die beinahe kindischen Ausführungen des Abgeordneten Pilz von den Grünen einzugehen. Er hat aber damit unter Beweis gestellt: Von der Sicherheitspolitik und von der Exekutive verstehen die Grünen nichts!

Meine Damen und Herren! Diese zusätzlichen Planstellen, die von den SPÖ-Abgeordneten Leikam, Mag. Schlögl und Genossen gefordert werden, sollen in erster Linie in den Bereichen Verkehrssicherheit, Schlepperbekämpfung, Meldestelle für Kinderpornographie und so weiter – wie im Antrag angeführt – Verwendung finden. (Abg. Leikam: Das sagt Herr Reichhold!)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Leikam! Ein klares Bekenntnis, ein deutliches Ja seitens der Freiheitlichen zur Sicherheitsexekutive in Österreich! Ebenso, Herr Kollege Leikam, grundsätzlich eine Befürwortung von mehr Planstellen – aber haben Sie auch über die


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Kosten nachgedacht? Diese würden sich auf etwa 700 bis 800 Millionen Schilling belaufen; Ausrüstung, Unterkunft, Fahrzeuge und so weiter miteingerechnet.

Haben Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, bei Ihrer Forderung nicht daran gedacht, dass Sie uns einen gigantischen Schuldenberg als Erbe hinterlassen haben, den es jetzt abzubauen gilt, und dass diese Bundesregierung deshalb gezwungen ist, Sanierungsmaßnahmen zu setzen, damit die Maastricht-Kriterien erfüllt werden können? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang mit den Ausführungen des Abgeordnetem Leikam, weil er auch das Budget angesprochen hat: Woher sollen wir das Geld nehmen? Einen derartigen konkreten Vorschlag vermisse ich Ihrerseits. Es mutet ja beinahe grotesk an, dass genau Sie diese Forderung stellen! Ist das überhaupt glaubwürdig? Niemand in der gesamten Sicherheitsexekutive wird Ihnen das abnehmen! Der gesamte Sicherheitsapparat muss sich durch diese von Ihnen gestellten Forderungen verschaukelt vorkommen! (Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Ebenso verwunderlich sind die Anfragen von SPÖ-Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Inneres betreffend die Personalsituation der Gendarmerie in den einzelnen Bezirken verschiedener Bundesländer. Packelweise soll es sie angeblich geben. Sie, die Sozialdemokraten, haben doch in den letzten 30 Jahren den Innenminister gestellt und es so in der Hand gehabt, entsprechende Maßnahmen zu setzen!

Hohes Haus! In der Begründung des betreffenden Antrages wird unter anderem angeführt, dass in Österreich neue Formen der Kriminalität in Erscheinung getreten sind, und genau deshalb bedürfe es der Schaffung zusätzlicher Planstellen für die Sicherheitsexekutive und die Sicherheitsverwaltung. – Ich frage Sie: Welche neue Formen der Kriminalität (Abg. Leikam: Schlepper!) sind seit der Angelobung der neuen Bundesregierung am 4. Februar dieses Jahres in Österreich entstanden? (Abg. Leikam: Das Schlepperwesen!) Welche Formen bitte, die es nicht schon unter der SPÖ/ÖVP-Koalition gegeben hat?

Meine Damen und Herren! Sie werden doch nicht die wöchentlichen Demonstrationen gegen die neue Bundesregierung gemeint haben? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) – Demonstrieren ist keine kriminelle Erscheinungsform; ich bekenne mich zum Grundrecht der Demonstration.

Werte Abgeordnete von der SPÖ und den Grünen! Sie hätten es in der Hand, die Sicherheitsexekutive erheblich zu entlasten. Fordern Sie die Ihnen offensichtlich nahe stehenden Demonstranten gegen die neue Regierung auf, ihre zum Teil aggressiven Kundgebungen, deren Inhalt schon hinlänglich bekannt ist, endlich einzustellen! Wie oft muss man zu ein und demselben Thema noch auf die Straße gehen? (Abg. Edlinger: Lesen Sie besser!) Abgesehen von den Kosten, meine Damen und Herren, die hiefür bis dato etwa 50 Millionen Schilling betragen haben, wäre das Wegfallen der donnerstäglichen Show auf Wiens Straßen auch eine spürbare Entlastung für die Exekutive. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Eine Ursache für die Personalnot wird wohl sein, dass in den Jahren 1995 und 1996 kaum Grundkurse für Exekutivbeamte einberufen wurden, und in dieser Zeit hat es bekanntlich einen sozialdemokratischen Innenminister gegeben. Ich sehe schon heute die Aussendungen der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter vor mir, auch wenn Herr Kollege Leikam versprochen hat, keine Panikmache zu vollziehen. Da wird auf rotem Papier – so rot wie Ihre Budgetzahlen und die Zahlen Ihrer Parteikasse – vermutlich die Schlagzeile lauten: "Blau und Schwarz gegen zusätzliche Planposten bei der Sicherheitsexekutive!" Es wird wahrscheinlich darin heißen, dass die Sicherheit gefährdet ist, dass es einen Frust in der Beamtenschaft gibt, dass die Bürger Recht auf Schutz haben, dass alles Geld den Großbauern und der Industrie zugesteckt wird – und was weiß ich noch alles!

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, ich ersuche Sie: Verunsichern Sie nicht die Beamtenschaft! Reden Sie keinen Frust herbei! Geben Sie Ihre Fehlleistungen gegenüber der Sicherheitsexekutive zu – und bringen Sie den Mut auf, die Wahrheit zu sagen! Weisen Sie


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darauf hin, dass die Innenminister der letzten 30 Jahre den Sozialdemokraten angehört haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich gebe dem Ex-Innenminister Mag. Karl Schlögl Recht in dem, was er im Innenausschuss am 23. Mai dieses Jahres gesagt hat: Die neue Regierung soll aus den Fehlern der alten Regierung lernen.

Meine Damen und Herren! Das wird sie auch tun! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen geht der Schlögl nach Niederösterreich!)

21.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.57

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Reindl, nehmen Sie die Planung der Steuergeschenke von 20 Milliarden Schilling zurück, dann haben Sie weniger Budgetprobleme! (Beifall bei der SPÖ.) Nicht das Budget ist das Problem, sondern die Schwerpunktsetzung. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Da gibt es einen steirischen Bezirk, da kennt man Sie gar nicht! Das ist Ihr Heimatbezirk!)

Herr Abgeordneter Kößl – ich weiß nicht, ob er jetzt da ist: ja?; könnten Sie vielleicht ein bisschen ruhiger sein? –, ich gebe Ihnen Recht: Es ist richtig. Der Bundesminister außer Dienst Schlögl hat fest vorgehabt, zusätzliche Posten zu schaffen. Ob der Bundesminister außer Dienst Edlinger sich geweigert hätte und sich durchgesetzt hätte, ist nicht von Belang – wir haben keine Koalition mit der ÖVP. Tatsache ist, dass sich der ÖVP-Bundesminister gegen den FPÖ-Finanzminister nicht durchgesetzt hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Abgeordneter Leikam hat den Antrag auf personelle Aufstockung der Exekutive sehr umfassend und engagiert argumentiert; er hat aber auch das Verhalten der ÖVP und FPÖ demaskiert: Sie betreiben nicht nur bei der Exekutive Kindesweglegung, sondern bei vielen anderen Dingen auch, und Sie brauchen schön langsam eine "Gesinnungsklappe"! Nehmen Sie Anleihe bei der steirischen "Babyklappe": Alles, was man nicht braucht, schmeißt man dort hinein! (Abg. Steibl: Was schmeißt man dort hinein?)

Abgeordneter Pilz hat erwähnt, dass das Sicherheitsgefühl sehr individuell und sehr verschieden ist. Niemand ist wirklich angstfrei, und Kästner, meine Damen und Herren, vor allem die Herren von FPÖ und ÖVP – Sie zitieren ja auch so gerne, Herr Dr. Khol –, hat gesagt (Abg. Dr. Khol: Wer?): Auch der stärkste Mann schaut einmal unters Bett! – Vermutlich auch Sie und auch der Herr Bundesminister! Daher: Das Sicherheitsgefühl eines Menschen ist etwas ganz Wichtiges. Wir alle kennen das, dass wir nach Sicherheit streben. (Abg. Dr. Khol: Unters Bett? – Abg. Ing. Westenthaler: Unters Bett?!) Unters Bett, Herr Dr. Khol! (Abg. Schwarzenberger: Was sucht er denn da, unterm Bett?)

Herr Bundesminister Strasser, Sie sind ja auch Regionalpolitiker und wissen daher: Keine Gemeinde löst ihre Feuerwehr auf, nur weil es ein paar Wochen nicht gebrannt hat. Ich weiß schon, Sie haben nicht vor, die Exekutive aufzulösen, aber ich werfe dieser Bundesregierung vor – und Sie sind Mitglied dieser Bundesregierung –, dass sie am falschen Fleck spart, nämlich bei der Sicherheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Jeder Bundesminister hat sich bisher für die Beamten der Exekutive – ich habe hier eine Liste, welches Plus es zwischen 1997 und 1999 gegeben hat –, für deren Ausrüstung und für entsprechende technische Notwendigkeiten, also die Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingesetzt und hat dabei manchmal auch gegen den eigenen Finanzminister gekämpft. Der Herr Bundesminister außer Dienst wird das wissen. Der gute Ruf, den sich Ihr Vorgänger, Herr Bundesminister außer Dienst Schlögl, bei den Exekutivbeamten wirklich erstritten hat, rührt daher, dass er gute Bedingungen für sie geschaffen hat. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)


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Er ist, glaube ich, sehr oft von verschiedenen Seiten gescholten worden. Aber das Ziel eines Bundesministers und Innenministers muss es wohl sein, für seine Beamten herauszuholen, was nur herauszuholen ist. Herr Bundesminister! Daher ist es verblüffend und verwunderlich, dass von Ihnen keine Forderung nach Aufstockung der Beamtenschaft gekommen ist, obwohl Sie inzwischen wahrscheinlich wissen, wie sehr die Überstunden die Beamten belasten. Sie haben sich den Wünschen des Kollegen Grasser in erstaunlicher Weise unterworfen und haben keinesfalls den Eindruck erweckt, dass Sie ein streitbarer Minister für das Wohl Ihrer Beamten sind!

Herr Bundesminister! Ich sage jetzt noch einen Satz zum Schluss, und zwar steht dieser auch im Zusammenhang mit Herrn Abgeordneten Zweytick, der sich – bei meiner letzten Rede habe ich bereits darauf hingewiesen – in dieser Frage sehr stark eingesetzt hat: Die Südsteiermark hat die längste zu überwachende EU-Außengrenze, und auch Sie, Herr Bundesminister, haben die Grenzpanoramaweg-Überwachung in einer Aussendung als "schwierige Aufgabe" bezeichnet. Ohne mehr Beamte wird das nicht gehen! Sie haben heute noch die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen. Tun Sie es! (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.)

22.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schlögl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort für maximal 2 Minuten. – Bitte.

22.02

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Herr Abgeordnete Reindl hat behauptet, dass ich gesagt habe, dass die neue Regierung aus den Fehlern der alten Regierung lernen soll. – Das kann ich nicht gesagt haben, weil die alte Regierung, zumindest im Bereich der Sicherheitspolitik, keine Fehler gemacht hat! (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

22.03

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich diese Debatte verfolgt. Erlauben Sie mir hiezu folgende Feststellungen:

Erstens: Es wurde gesagt, dass das Budget 1999 im Bereich der Sicherheit ein gutes war. Das ist durchaus festzustellen! Wir dürfen aber mit großer Freude sagen, dass das Budget für 2000 noch besser ist, weil es um 30 Millionen Schilling höher ist. Das darf man auch den Abgeordneten von der Opposition sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens darf ich aus dem Vortrag an den Ministerrat vom 13. Dezember 1999 betreffend Personalaufnahmen für das Jahr 2000 zitieren. Zitat:

"Punkt 1.1.: Jedem Ressort wird im Jahre 2000 die Aufnahme von maximal 0,25 Prozent des besoldeten Personalstandes im Vollbeschäftigtenäquivalenten (VBÄ) des jeweiligen Ressorts per 31.12.1999 gestattet werden."

Von Ausnahmen ist im zweiten Punkt die Rede. Ich zitiere wiederum: "Von der generellen Aufnahmequote von 0,25 Prozent sind ausgenommen" – unter anderem laut Punkt 2.3. wörtlich –: "Der Ressortbereich des Bundesministerium für Inneres, wobei die Beschäftigung im Jahre 2000 derart zu reduzieren ist, dass am 1. Jänner 2001 maximal 32 908 Planstellen im Teil II.A des Stellenplanes ersetzt sind – zum 1. Juli 2000 dürfen in diesem Bereich maximal 33 244 Planstellen erforderlich sein." – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das sind unter Berücksichtigung der Stellenplanvorgaben für das Jahr 2000 minus 840 Planstellen! Dazu hat der damalige Bundesminister für Inneres eine Anmerkung gemacht, die ich auch zitieren möchte.

"Auf gemeinsamen Wunsch des Innenministers, des Justizministers und des Landesverteidigungsministers ist man übereingekommen festzuhalten, daß sie bei der Zustimmung zum Be


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richt davon ausgehen, daß die darin enthaltenen Regelungen nur solange gelten, bis eine neue Regierung vereidigt ist und eine neue Regelung beschlossen hat." – Ende des Zitats.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das Regierungsübereinkommen in diesem Bereich zwischen den damaligen Verhandlungspartnern SPÖ und ÖVP stand fest. Mein Vorgänger hat das auch veröffentlicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde dort keine einzige zusätzliche Planstelle vereinbart. Das ist das Ergebnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund der Budgetsituation, wie wir sie leider in den vergangenen Wochen zur Kenntnis nehmen mussten – auch im internationalen Vergleich –, wird sich das Bundesministerium für Inneres dem allgemeinen Spargedanken nicht verschließen können. Das gilt auch für den Personalbereich. Daher habe ich schon bei der Budgetdebatte hier gesagt, dass eine Aufstockung in den nächsten Jahren nicht möglich sein wird, und zwar aus jenen Gründen, die wir während der Budgetdebatte ausführlich diskutiert haben.

Daher habe ich fünf Punkte festgelegt, wie wir die Arbeit unserer Beamtinnen und Beamten erleichtern können, wie wir sie effizienter gestalten können und wie wir auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher weiter heben können.

Erster Punkt: Bei allen Einsparungen, die im Personalbereich notwendig sein sollten, ist von einer Priorität auszugehen, nämlich dass wir vor allem zuerst im Zentralbereich einsparen.

Herr Abgeordneter Reindl! Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Hinweis – und ich gehe dieser Sache gerne nach –, dass der Herr Landesgendarmeriekommandant von Niederösterreich in diesem Bereich angeblich solche Vorschläge gemacht haben soll. Derzeit liegen diese Vorschläge im Bereich des Gendarmeriezentralkommandos, und ich danke Ihnen herzlich für Ihre Hinweise! Wir werden diesen Dingen im Bereich Mödling und Baden penibel nachgehen. Herzlichen Dank für den Hinweis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Wenn es gilt, beim Personal sorgsam umzugehen, dann ist es notwendig, dass wir uns auf die Kernaufgaben innerhalb der Exekutive besinnen und darauf hinarbeiten, so wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist und ich auch gewillt bin, es dem Hohen Haus vorzuschlagen und umzusetzen. Kernaufgaben betreffen sicherlich nicht Meldeämter und Werkstätten. Aber wir werden uns sicherlich auch die Sonderverwendungen genau anzuschauen haben. Ich danke Ihnen allen für den Hinweis, dass wir im Bereich der Überstunden anzusetzen haben werden! Das ist ein zweiter großer Block, den wir angehen werden.

Dritter Punkt: Wir werden Synergismen im gesamten Ressort penibel ausfindig machen und umsetzen. Der Projektauftrag zum Bundeskriminalamt ist einer der wesentlichen Schritte dazu.

Vierter Punkt: Wir müssen die Ablaufgeschwindigkeit erhöhen, damit unsere Beamtinnen und Beamten tatsächlich Zeit für ihre Aufgabe haben, nämlich für die Bevölkerung da zu sein, und nicht innerhalb der Bürokratie zu arbeiten haben. In diesem Punkt unterscheide ich mich vielleicht bei meiner Art der Ressortführung tatsächlich etwas von meinem Vorgänger. Ich möchte das durchaus zugestehen, Herr Abgeordneter Leikam, und zwar in zwei Punkten.

Erstens: Ich halte es nicht für so entscheidend, wie viele Beamte in den Dienststellen beschäftigt sind, sondern vielmehr, wie viele Beamtinnen und Beamten tatsächlich bei der Bevölkerung sind. Das ist für mich der wichtigere Punkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Herr Abgeordneter Leikam! Meine Vision eines rot-weiß-roten Innenministeriums ist es nicht, darauf zu schauen, dass der Einsatz und die Zahl der Exekutivbeamten an dem Umstand bemessen werden, dass ein sozialdemokratischer Landeshauptmann im Amte ist. Die Zugehörigkeit zu einer Fraktion ist für mich nicht der Grund, warum jemand irgendwo eingesetzt wird oder nicht. Vielmehr sehe ich den Grund für personellen Einsatz ausschließlich im subjektiven Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.10


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

22.10

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass ich durchaus im Namen aller Abgeordneten sprechen kann, wenn ich feststelle, dass wir uns hier im Haus der Abgeordneten befinden und ich es, Herr Bundesminister, für eine nicht besonders glückliche und faire Vorgangsweise halte, wenn Sie sich vorbehalten, immer als Letzter hier das Wort zu ergreifen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, Sie sollten auch den Abgeordneten die Chance einräumen, hier am Rednerpult ihre Meinung zu Ihren Ausführungen kundzutun. Dazu nehmen Sie uns jedoch die Chance, wenn Sie Ihre Erklärungen abgeben, nachdem die Redezeit der Abgeordneten praktisch ausgeschöpft ist. Das ist nicht ganz fair, Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, in Hinkunft im Sinne einer gemeinsamen guten Arbeit hier einen anderen Weg zu wählen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bringe jetzt einige konkrete Hinweise.

Herr Bundesminister! Sie können nicht leugnen, dass im Jahre 1999 350 Planstellen zusätzlich geschaffen wurden. Das ist ein Faktum, das niemand wegdiskutieren kann. Faktum ist auch, dass Sie im Jahre 2000 440 Planstellen eingespart haben. Und ich kann Ihre Meinung nicht teilen, dass es, wie Sie sagen, völlig gleichgültig ist, wie viele Beamte an einer Dienststelle Dienst tun, wenn sie Dienst für die Bevölkerung tun, denn es gibt nun einmal einen vorgegebenen Ablauf für den Dienstvollzug. Das wissen alle Beamtinnen und Beamten, die heute hier sind, und es sind genügend Polizei- und Gendarmeriebeamte hier. Letztere kommen dann immer zu uns und sagen, dass sie mit Drei-, Vier- oder Fünf-Mann-Posten ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen können, wenn etwa einer zugeteilt, einer krank und einer auf Urlaub ist und einer Zeitausgleich hat. Dann ist nämlich der Posten zugesperrt, und genau das wollen wir nicht haben. Sagen Sie uns, welchen untersten Stand Sie sich jeweils für Gendarmeriedienststellen beziehungsweise Polizeidienststellen vorstellen, damit die Beamten wissen, wie sie dran sind, denn Ihre jetzige Antwort können wir so nicht zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht in 115 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Kenntnisnahme ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

25. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 152/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (160 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 151/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (161 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 25 und 26 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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In seiner Eigenschaft als Berichterstatter wünscht Herr Abgeordneter Großruck das Wort
. – Bitte.

Berichterstatter Wolfgang Großruck: Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf als Schriftführer zum schriftlich vorliegenden Ausschussbericht 161 der Beilagen folgende Druckfehlerberichtigung zur Kenntnis bringen.

Im angeschlossenen Gesetzentwurf lautet die novellierte Bestimmung anstelle "§ 82 Abs. 5e" richtig "§ 82 Abs. 5e Z 4".

Namens des Unterrichtsausschusses stelle ich somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Gesetzentwurf in 161 der Beilagen unter Berücksichtigung der von mir soeben vorgebrachten Druckfehlerberichtigung die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Ich bitte, in die Debatte einzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Es handelt sich offensichtlich tatsächlich um einen Druckfehler.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Die Redezeit ist auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

22.15

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Zwei wichtige Elemente des österreichischen Bildungssystems stehen heute zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung: Es sollen Änderungen des Berufsreifeprüfungsgesetzes und des Schulunterrichtsgesetzes vorgenommen werden, wodurch ermöglicht werden soll, dass man auch weiterhin den Hauptschulabschluss nachholen kann. Beide Elemente entsprechen dem Prinzip des lebenslangen und berufsbegleitenden Lernens, und wir Sozialdemokraten werden beiden Novellen die Zustimmung geben.

Wir werden deswegen zustimmen, weil das Berufsreifeprüfungsgesetz auf Initiative der SPÖ, der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes zustande gekommen und 1997 in Kraft getreten ist. Wir werden aber auch deshalb zustimmen, weil damit eine Lücke im österreichischen Bildungssystem geschlossen wurde. Schon in den vergangenen vier Jahren wurde deutlich, dass die Berufsreifeprüfung ein attraktives Instrument der Höher- und Weiterqualifizierung geworden ist. Rund 5 000 Kandidatinnen und Kandidaten bereiten sich derzeit österreichweit darauf vor, die Berufsreifeprüfung abzulegen. Das ist eine beachtliche Zahl, und es ist dies ein beachtlicher Erfolg, der noch entscheidend ausgeweitet werden kann. Darum sollten wir uns, wie ich meine, alle gemeinsam bemühen!

Durch die heutige Novelle wird nach vierjähriger Erfahrung eine kleine – positive – Korrektur vorgenommen, es wird nämlich der Zugang zur Berufsreifeprüfung erweitert. Vorhandenes Wissen und vorhandene Bildungsabschlüsse werden besser anerkannt, und es werden die erforderlichen Zeugnismodalitäten entsprechend geregelt.

Meine Damen und Herren! Trotzdem muss ein verbleibender Wermutstropfen erwähnt werden: Da es sich bei den Kandidatinnen und Kandidaten zur Berufsreifeprüfung vorwiegend um jungen Menschen mit geringem Einkommen handelt, ist die SPÖ der Auffassung, dass eine finanzielle Unterstützung als Anreiz, als Motivation, aber auch als Belohnung für Weiterbildungsbereitschaft gewährt werden sollte.

Ich erinnere Sie daran, sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, dass der Rechnungshof die geringen Mittel, die seitens der Regierung für die Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt werden, massiv kritisiert hat. Präsident Fiedler hat vorige Woche im Ausschuss selbst festgestellt, dass die Erwachsenenbildung im Budget 2000 unter das Fallbeil – wie er es formuliert hat – gekommen ist. Das ist doch eine wirklich klare Aussage!


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Ich appelliere daher noch einmal an die Bundesregierung, den jungen Menschen für diesen wichtigen Teil der Erwachsenenbildung doch eine neue Chance zu bieten und eine Finanzierungshilfe zu gewähren! – Im Hinblick darauf bringe ich den Entschließungsantrag der SPÖ einbringen, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Antoni, Faul, Mag. Gaßner, Mag. Christine Muttonen, DDr. Niederwieser und GenossInnen betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, die Berufsreifeprüfung in einem höheren Ausmaß als bisher in einer treffsicheren Form zu fördern. Die ,Berufsreifeprüfungs-Prämie‛ soll insgesamt 8 000 S für jede/n AbsolventIn betragen. Die Ausschüttung soll in vier Stückelungen zu je 2 000 S nach jeder positiv absolvierten Teilprüfung erfolgen. Die entsprechend beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einzureichenden Antragsformulare sollen gleichzeitig die Grundlage zum Aufbau einer Datenbank und repräsentativen Statistik zur Berufsreifeprüfung sein."

*****

Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte gleich auf meinen Vorredner Bezug nehmen. Kollege Antoni! Wir kennen Ihr Anliegen, und wir unterstützen es auch, allerdings wird Gerechtigkeit in einem höheren Ausmaß damit nicht geschaffen, weil die Landesunterstützungen der Arbeiterkammern und so weiter jetzt schon teilweise unterschiedlich ausfallen und mit dieser generellen ausschüttung im Ausmaß von 8 000 S die Ungleichheit eigentlich fortgeschrieben werden würde. Das hindert uns natürlich nicht daran, uns zu bemühen, im Bereich der Erwachsenenbildung um mehr Mittelausschüttung zu kämpfen. Eine Ungleichheit kann jedoch durch eine andere nicht wirklich gutgemacht werden.

Seit 1. September 1997 gibt es diese Einrichtung; das haben Sie schon erwähnt. Ich meine, dass der Weg, den wir gegangen sind, der richtige ist, damit der Bildungsverlauf auch anders gestaltet werden kann als im traditionellen Schulgang.

Was ist das Besondere dabei? – Das Besondere dabei ist, dass bei der Berufsreifeprüfung im Beruf erworbene Kompetenzen und Teilmengen von Kompetenzen und Ausbildungsgängen berücksichtigt und in anzuerkennendes beziehungsweise anerkanntes Wissen umgewandelt werden. Die Erwachsenenbildungseinrichtungen – Sie haben sie schon genannt – bieten dazu Qualifizierungs- und Weiterqualifzierungskurse.

Nun soll dieses Instrument der Berufsreifeprüfung einen bildungspolitischen Innovationsschub erfahren, nicht zuletzt auf Grund der großen Nachfrage nach dieser Möglichkeit der Weiterbildung. Es wurden bereits Zahlen genannt: Derzeit konsumieren 4 500 Nachfrager in Erwachsenenbildungseinrichtungen diese Nachqualifizierung, und erfreulicherweise findet dieser Bildungstyp großen Zuspruch und große Verbreitung hinsichtlich der Information. Etwa jeder zweite Lehrling im letzten Lehrabschlussjahr weiß sehr gut über diese Möglichkeit Bescheid. Ich bin


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sehr dankbar, dass es offenbar auch mit Hilfe des Ressorts gelungen ist, mit den Sozialpartnern über dieses Instrument sehr viel Wissen zu verbreiten und zu kommunizieren.

Daher ist es wichtig, dass wir eine kleine Anpassung mit der heutigen Novelle vornehmen, die auch signalisiert, dass hinsichtlich dieses Gesetzes erst Erfahrung gesammelt werden muss. Trotz der positiven Entwicklung, von der wir auch von Ihnen gerade gehört haben, soll bereits eine Adaptierung vorgenommen werden, denn es ist festzustellen, dass eine weitere Flexibilisierung und Erhöhung der Mobilität zweckmäßig beziehungsweise zum Teil nicht nur zweckmäßig, sondern sogar erforderlich ist. So soll insbesondere die Erweiterung des Zugangs zur Berufsreifeprüfung unter gleichzeitigem Abstellen auf bereits abgelegte Ausbildungen beziehungsweise Prüfungen auf gleichwertigem Niveau berücksichtigt werden. Es soll erstens zu einer Gleichbehandlung bei vom Niveau her gleichwertigen Ausbildungen und zweitens zu einer effizienten Planung und Gestaltung von Berufskarrieren der qualifiziert ausgebildeten Absolventen und Absolventinnen kommen.

Meine Damen und Herren! Auch ich kann diesem jungen Erfolgsprodukt nur wünschen, dass wir mit dieser Adaptierung weiterhin den richtigen Kurs nehmen und den richtigen Weg gehen und damit auch dem Drang nach höherer Qualifizierung und lebensbegleitendem Lernen nichts mehr im Wege steht, sondern nur Gutes wiederfahren möge! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

22.23

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Antoni, ich glaube, diese Debatte zeigt, dass es durchaus möglich ist, gemeinsam für wesentliche Verbesserungen bei einem ohnehin schon sehr guten Gesetz zu sorgen. Diese Beschlussfassung bringt die Ausweitung des Zugangs zur Berufsreifeprüfung auf dreijährige mittlere Schulen, zudem werden Klausurarbeiten jetzt auch in der Form möglich sein, dass das fachliche beziehungsweise berufliche Umfeld mit einbezogen wird. Außerdem werden gleichwertige Arbeiten anerkannt. Es handelt sich also durchaus um wesentliche Verbesserungen, und der Antrag, den du bereits im Ausschuss gestellt hast, ist durchaus berechtigt, denn Anreizsysteme sind, vor allem wenn es um Weiterbildung für junge Leute geht, durchaus berechtigt.

Wir alle kennen aber auch die Budgetsituation, und darauf ist im Moment Rücksicht zu nehmen. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass man dann, wenn sich die Situation beim Budget wieder entspannt und ändert – was natürlich in nächster Zeit nicht zu erwarten ist –, neuerlich darüber reden kann.

Mich irritiert allerdings, dass auch die Arbeiterkammer festgestellt hat, dass diese 6 Millionen Schilling, die vom Bund beigetragen werden, nicht überall treffsicher eingesetzt werden. Ich konnte jedoch bis heute nicht wirklich eruieren, inwiefern die Arbeiterkammer meint, dass diese 6 Millionen Schilling in den Sand gesetzt werden. – So steht es nämlich wortwörtlich in der Aussendung der Arbeiterkammer. Vielleicht kann Kollege Niederwieser als nachfolgender Redner aber noch Auskunft darüber geben, welche Fortbildungseinrichtugen für Erwachsene dieses Geld nicht vernünftig zum Einsatz bringen! Vielleicht könnte man das eruieren, abstellen und unter Umständen dafür sorgen, dass diese 6 Millionen Schilling zielsicherer eingesetzt werden!

Herr Kollege Antoni! Es tut uns Leid, dass diese Förderung auf Grund der angespannten finanziellen Situation nicht möglich ist, aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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22.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dieter Brosz. Er hat das Wort.

22.25

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch ich kann mich relativ kurz fassen: Auch wir werden diesen beiden Anträgen unsere Zustimmung geben.

Ich weiß jetzt nicht, ob die Kollegen von der SPÖ-Fraktion den Antrag, den sie im Ausschuss eingebracht haben, auch hier wieder einbringen werden. Es ging darum, die NAP-Geschichte, die jetzt um zwei Jahre verlängert werden soll, auch unbefristet einzuführen. In diesem Zusammenhang hat mich die Argumentation im Ausschuss seitens der Regierungsfraktionen doch etwas überrascht, und zwar insofern, als nämlich einerseits gesagt wurde, dass das ein Teil des EU-Programms sei und auch als solches gekennzeichnet werden sollte, und andererseits damit argumentiert wurde, dass eine unbefristete Verlängerung deshalb nicht gewünscht werde, weil es ja nicht das Ziel sein soll, dass Menschen quasi aus System ihre Berufsabschlüsse nachholen und nicht in einem Aufwaschen ihre Berufsausbildung abschließen.

Ich glaube, dass es wohl niemanden gibt, der von sich aus plant, seine Berufsausbildung zu unterbrechen, und den Wunsch hat, aus Prinzip den Abschluss nachzuholen, wenn es eine entsprechende Möglichkeit beziehungsweise Förderung gibt. Ich denke, dass diesbezüglich noch wesentlich mehr möglich gewesen wäre und diese unbefristete Verlängerung, die von der SPÖ-Fraktion im Ausschuss beantragt wurde, eine sehr sinnvolle Maßnahme gewesen wäre.

Ich wollte jetzt noch auf einen anderen für mich doch wesentlichen Antrag zu sprechen kommen, der im Ausschuss auf der Tagesordnung war und dessen Behandlung dann vertagt worden ist, in welchem es um Schülermitbestimmung, um Schülerrechte und um die Demokratisierung in der Schule geht. Es ist bekannt, dass die Grünen für ein Schulsystem eintreten, bei dem es eine stärkere Demokratisierung gibt, indem man versucht, von den Hierarchien wegzukommen. Die Behandlung dieses Antrags wurde vertagt, und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass dessen Behandlung deshalb vertagt wurde, weil man nicht wirklich Interesse daran hat, zu einer Lösung zu kommen, die demnächst in Kraft treten soll. Es hat geheißen, dass dieser Antrag beim nächsten Ausschuss wieder behandelt werden wird, er ist jedoch nicht auf der Tagesordnung des nächsten Unterrichtsausschusses. Ich werde mir daher sehr genau anschauen, wie damit umgegangen wird und wann es zur Behandlung dieses Antrages kommt.

Im Unterrichtsauschuss ist mir auch aufgefallen – und das erscheint mir auch im Plenum bemerkenswert –, dass Sie zumindest bei jeder zweiten Gelegenheit hier von "Fundamentalopposition" sprechen, die sowohl die Roten wie auch die Grünen in diesem Haus angeblich immer wieder betreiben. – Ich meine, dass man, wenn man sich heute das Stimmverhalten angeschaut hat, mit Fug und Recht behaupten kann, dass sich die Grünen und auch die Kollegen von den SPÖ sehr genau überlegen, welchen Anträgen sie zustimmen. Mich würde es durchaus freuen, wenn es einmal auch umgekehrt möglich wäre und Anträge, die von der Opposition im Ausschuss eingebracht werden, nicht deshalb vertagt würden, weil man es für unmöglich hält, einem Antrag, der von der Opposition kommt, zuzustimmen, und es stattdessen vorzieht, diesen dann wieder als Regierungsvorlage oder als Antrag der Regierungsparteien einzubringen. Ich möchte darauf wetten, dass es, statistisch gesehen, viel mehr Anträge gegeben hat, welchen die Opposition – die alles andere ist als eine Fundamentalopposition – zugestimmt hat, und Sie nur einem Bruchteil der Anträge der Opposition zugestimmt haben.

Die einzige Möglichkeit besteht drin, es gemeinsam zu machen, und das wird dann so gestaltet, dass es auch ein Regierungsantrag ist. Daher meine ich: Seien Sie nicht nur Fundamentalregierung, sondern beachten Sie auch, was die Opposition einbringt, und stimmen Sie auch hier zu, wenn es inhaltlich passt! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Muttonen. – Bitte.

22.29

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es heißt doch immer: Unsere Jugend ist unsere Zukunft, und Bildung ist die Ressource unseres Landes. – Sie werden sich alle daran erinnern, dass vor einigen Jahren die


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29. Sitzung / Seite 206

EU ein Jahr des lebensbegleitenden Lernens ausgerufen hat, und ich bin mir dessen ziemlich sicher, dass Sie damals alle dafür waren und gesagt haben, dass es ganz wichtig ist, dass Weiterbildung und Fortbildung in den Mittelpunkt gerückt werden. Daher frage ich mich, warum Sie sich jetzt, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, so dagegen sperren, dass Menschen sich ohne Hemmschwellen und vielleicht sogar mit Unterstützung weiterbilden können!

Ich glaube, dass Menschen entwicklungsfähig sind, aber eben jeder nach seiner eigenen Geschwindigkeit, und dass man nicht sagen kann: Was Hänschen nicht lernt, braucht Hans erst gar nicht zu versuchen! oder besser: Wir lassen es ihn gar nicht versuchen! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wer sagt das? – Abg. Mag. Schweitzer: Wie kommen Sie darauf?) Ich möchte da an die Kritik des Rechnungshofes erinnern und auch daran, dass Sie in Ihrem Koalitionsabkommen die Erwachsenenbildung, die Weiterbildung als zentralen Punkt festgeschrieben haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Was führt Sie zu der Feststellung?)  – Sie werden es gleich hören.

Ich möchte auch sagen, dass mir zwei Punkte, die ich hier besprechen möchte, ganz wesentlich am Herzen liegen: Das eine ist die Berufsreifeprüfung. Da denke ich doch, dass Sie alle wissen, was das kostet. Sie wissen, dass die Gebühren in den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich sind und dass es daher wieder einmal eine Frage des Umstands ist, ob man Geld hat und oder nicht und es sich leisten kann – je nachdem, wo man wohnt –, diese Prüfungen auch abzulegen. Ich denke, in diesen 25 000 S bis 44 000 S ist der Ersatz für Kosten für Unterrichtsmaterialien oder für Kinderbetreuung, die man vielleicht braucht, oder für Fahrtkosten et cetera nicht enthalten. – Das ist der eine Punkt.

Daher denke ich, dass die Menschen an den Rand gedrängt werden, die nicht die Möglichkeit bekommen, sich weiterzubilden. Deshalb schlägt die SPÖ vor, diese Leute mit 8 000 S zu unterstützen. Das ist nicht sehr viel, wenn man es damit vergleicht, dass zum Beispiel ein Maturant oder eine Maturantin in ihrem letzten Schuljahr an die 70 000 S kostet.

Ein weiterer Punkt ist die Verlängerung der Möglichkeit des Hauptschul- beziehungsweise Pflichtschulabschlusses. Wir haben in Österreich 200 000 Menschen, die keinen Pflichtschulabschluss haben, und es kommen im Jahr zirka 7 000 dazu. Ich denke, sie sind in akuter Gefahr, zu den zirka 420 000 Armen im Lande zu stoßen und sich dort wiederzufinden, wenn sie nicht die Möglichkeit bekommen, den Pflichtschulabschluss nachzuholen.

Daher denke ich, das sollte zeitlich unbefristet sein. (Beifall bei der SPÖ.) Ich fordere Sie auf, darüber noch einmal nachzudenken und den Menschen wirklich eine Entwicklung in ihrer Geschwindigkeit zuzugestehen, denn geringe Ausbildung ist ein Armutsrisiko. Ich denke, wir sollten Gesetze für die Jugend, für eine gute Ausbildung und gegen Armut schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das machen wir ja! Das geschieht ja!)

22.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Ofner: Noch ein Druckfehler? – Abg. Großruck  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Gibst du mir einen Druckfehler? Dann kann ich ihn korrigieren!)

22.33

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich beschäftige mich kurz mit dem wahrscheinlich kürzesten Gesetz, das jemals eingebracht worden ist – das nehme ich an –, und zwar mit der Novelle des Schulunterrichtsgesetzes, worin es wörtlich heißt: Im § 82 Abs. 5e Z 4 wird die Zahl ‚2000‘ durch die Zahl ‚2002‘ ersetzt." – Das ist es.

Meine Damen und Herren! Nicht in der Kürze liegt hier die Würze, sondern in der Effizienz. Was wird damit beabsichtigt? – Wir wollen mit dieser Verlängerung den so genannten NAP auch für Abschlüsse von Grundschulen bis ins Jahr 2002 verlängern, dann evaluieren und schauen, ob das effizient ist, und daraufhin eventuell andere Lösungen vorschlagen, denn wir alle wissen, dass nur eine gediegene Ausbildung, dass nur eine hervorragende Ausbildung auch einen


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sicheren Arbeitsplatz gewährleistet und dass wir die Pflicht haben, denjenigen, die es nicht geschafft haben, die Möglichkeit einzuräumen, in den nächsten zwei Jahren zumindest den Hauptschulabschluss machen zu können. Und das geschieht mit dieser Novelle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich ein hervorragendes Ausbildungssystem, das auch den Schwächeren Chancen auf Bildung und Weiterbildung gibt. Nicht alle wollen studieren, nicht alle können studieren. Wir brauchen nicht nur Hochschulabgänger, sondern auch eine große, qualifizierte Palette von Facharbeitern, von handwerklichen Kapazitäten mit Pflichtschulabschluss. Durch diese Novelle wird es ermöglicht, dass mit einer dualen Lehrlingsausbildung – ich betone: dual! – und mit einem gediegenen markt- und bedarfsorientierten Abschluss auch die Weiterbildungsmöglichkeiten gegeben sind.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen in Österreich unser Licht wahrlich nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich habe vor mir die deutsche Zeitung "Die Welt", und zwar die Ausgabe vom 27. Mai 2000. Darin steht:

"Der ‚Kreuzer‘ kommt aus Graz". Daimler-Chrysler erzeugt einen neuen Wagen – ich hoffe, dass es ein Renner wird –, der für Europa zu 100 Prozent in Graz produziert werden wird. Lesen Sie die Gründe dafür! – Das ist nicht deshalb so, weil die Gewerkschaft so stark ist oder weil die Arbeiterkammer so dahinter ist, sondern wegen der Qualität der Ausbildung, die unsere Leute einbringen!

Und weiters heißt es: "Dort werden seit 1990 die Chrysler Voyager, die M-Klasse und der Jeep Grand Cherokee für den europäischen und außeramerikanischen Markt produziert. Ab 2001 wird auch das neue Chrysler-Modell, der PT Cruiser ..., in Graz gefertigt. Nicht ohne Stolz sagt Eurostar-Manager Gary Cash: ‚Wir sind das beste Chrysler-Werk im Konzern, und wir können uns durchaus mit den Mercedes-Werken messen.‘ ... Während in Windsor/Kanada von 100 Chryslern 81,6 Prozent ohne Fehler sind und im US-amerikanischen St. Louis gar nur 54,7 Prozent ohne Makel, sind es in Graz bei Eurostar 90 Prozent."

Meine Damen und Herren! Das ist der Grund, warum die internationalen Konzerne nach Österreich kommen und bei uns ihre Investments tätigen. (Beifall bei der ÖVP.) Sie tun das nicht deshalb, weil uns vielleicht die Arbeiterkammer in Zeiten wie diesen mit den "Big brothers" und den "Red brothers" Angst einflößt und glaubt, nur mit ihr geht es, sondern deswegen, weil unsere Leute eine gediegene Ausbildung haben, weil sie eigenverantwortlich, selbstständig, leistungsbezogen und in verantwortungsvoller Weise ihre Tätigkeit in bester Qualität machen! (Abg. Silhavy: ... vom AMS!) Die Grundlage dafür ist eine gediegene Ausbildung, ob im Grundschulbereich, ob als Facharbeiter oder auch im Hochschulbereich. Diese haben unsere Leute, und das ist der Beweis dafür!

Wir können also stolz auf unser Ausbildungssystem, auf unser Schulsystem in Österreich sein. (Beifall bei der ÖVP.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Er hat das Wort.

22.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Kollege Großruck! Nach den Maßstäben des Quality Management sind 90 Prozent an guten Teilen noch immer zu wenig. Wir müssten mindestens 95 Prozent erreichen, dann erst sind wir perfekt.

Zu meinen Vorrednern einige Worte.

Kollege Brosz! Das mit der Demokratie an der Schule hat einen Haken. Man könnte demokratisch durchaus auch Gegenstände wie Latein, Mathematik und noch mehr dieser Dinge abschaffen. Das wollen wir letztlich nicht in diesem Sinne. Aber Demokratie als Lernen der Demokratie ist sicherlich angebracht.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn hier davon gesprochen wird, dass Maturanten, die die Berufsmatura ablegen wollen, die Kosten dafür zu tragen haben, dann sollte man durchaus einmal Frage nach dem Schulungsangebot stellen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Berufsförderungsinstitute ihre Kostensituation überprüfen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass dort ein entsprechender Spielraum für eine Kostensenkung besteht und dass man dort den Berufsschulmaturanten sicherlich entsprechend entgegenkommen könnte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass die Berufsmatura ihren Platz in unserem Schulsystem bekommen hat. 4 500 Interessenten arbeiten daran. Ich denke, dass die Novelle auf mehr Klarheit und auf eine einheitliche Qualität dieser Prüfung abzielt. Ich denke, dass es wichtig ist, dass die Absolventen der Berufsreifeprüfung auch wissen, was sie damit anfangen können, was sie davon haben und wie das ihre weitere Lebensplanung im Sinne einer positiven Gestaltung ihrer weiteren Ausbildung beeinflussen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Kreis der Zutrittsberechtigten wird erweitert. Ich denke, dass es bei diesem Gesetz auch um wesentliche Klarstellungen geht. Uns geht es – kurz zusammengefasst – besonders um die persönlichen Karrieren von Leuten, die ihre Lebensplanung in reiferen Jahren noch abzuschließen haben. Die Maßnahmen sind dazu geeignet. Daher sind wir überzeugt davon, dass alle in diesem Hause diesen Maßnahmen zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Er hat das Wort.

22.40

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen sie mich zunächst auf ein paar Ausführungen von Vorrednern eingehen.

Kollege Großruck! Zu Eurostar und die Chrysler-Produktion möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Wenn man sich dort die ganze Wahrheit anschaut, dann weiß man – das wissen Sie vielleicht auch –, dass Eurostar selbst bedauerlicherweise keine Lehrlinge ausbildet, sondern auf jene Facharbeiter angewiesen ist, die beispielsweise über Kurse des AMS oder Kurse des Berufsförderungsinstituts ausgebildet werden. Das ist ein Wermutstropfen bei all diesen positiven Entwicklungen.

Zum Zweiten sollten Sie auch wissen, dass für die Standortwahl ausländischer Unternehmen in Österreich neben der Qualität der Ausbildung jedenfalls bisher immer auch der soziale Friede in Österreich ein ganz wesentlicher Maßstab war. (Abg. Dr. Stummvoll: Behalten Sie den nur bei!) Sie sind mit dem, was Sie beispielsweise morgen hier vorhaben und was in der Vergangenheit schon passiert ist, sehr nahe daran, den sozialen Frieden mit einseitigen Maßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer zu gefährden. Da dürfen Sie sich nicht wundern, wenn dieser Standortvorteil dann wegfiele, was wir sehr bedauern würden. (Abg. Großruck: ... Eisenbahner streiken!)

Zur Berufsreifeprüfung auch ein paar Sätze: Es hat bei der Berufsreifeprüfung immer zwei Schienen gegeben. Eine Schiene führt über die Erwachsenenbildung, und da fällt doch auf, dass die Kollegen von den Freiheitlichen zunächst wieder das Berufsförderungsinstitut im Auge haben. Kollege Schöggl! Die höchsten Preise hat das WIFI; vielleicht nehmen Sie sich auch diesen Spitzensatz einmal vor. Das Berufsförderungsinstitut, das von den Arbeiterkammern wesentlich finanziert wird, steckt da sehr viel Geld hinein. Sie müssen eines überlegen: Wenn Sie dort, wie es aus Ihrer Diskussion über die Kammerumlage hervorgeht, diese Mittel auch noch reduzieren wollen, dann tun Sie der Erwachsenenbildung in zweifacher Hinsicht Schlechtes an. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schulunterrichtsgesetz: Es ist leider keine Verlängerung des NAP insgesamt, wie Kollege Großruck behauptet hat, sondern es ist die Verlängerung einer Maßnahme um zwei Jahre. Nur eine Maßnahme ist das. Wir haben im Ausschuss schon darüber gesprochen, dass diese Form eines Schulabschlusses für eine bestimmte Zielgruppe, die sonst keinen Abschluss hätte und


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die es sonst auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer hätte, unserer Meinung nach über diese zwei Jahre hinaus verlängert werden sollte.

Wir versuchen es noch einmal, ich bringe neuerlich den folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Antoni, Dr. Rada, Riepl, Beate Schasching, Reheis und GenossInnen betreffend Schulunterrichtsgesetz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

"Im Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/1999, entfällt im § 82 Abs. 5e die Z 4."

*****

Das würde heißen, dass diese sich wirklich zunehmend bewährende Maßnahme auf Dauer sichergestellt werden könnte, Frau Bundesministerin. Wir können nicht annehmen, dass diese Zielgruppe in zwei Jahren nicht mehr vorhanden sein wird. Wir müssen froh sein, wenn sie nicht größer wird, sodass es ein zweckmäßiger Schritt wäre, den Schulen den Einstieg in diese zusätzliche Ausbildungsschiene generell zu ermöglichen.

Abschließend: Es haben Kollege Schöggl beziehungsweise Kollege Grollitsch gefragt, wo wir das Geld hernehmen. Schweitzer hat gemeint, es sei nichts da. Ein Vorschlag, der vielleicht ansprechbar wäre: Es geht hier um 16 Millionen Schilling für die Berufsreifeprüfung. Sie haben durch Ihre Beschlüsse für die Lehrlingsförderung der Betriebe eine Summe von rund einer Milliarde Schilling locker gemacht – so viel ist es, wenn wir die Sozialversicherung und die Steuererleichterungen dazurechnen. Ein Bruchteil davon würde reichen, um die Berufsreifeprüfung zu fördern. Man muss es nur wollen, dann findet man das Geld auch. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zum Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

22.44

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, dass hier im Hohen Hause viel Zustimmung zu diesen beiden Gesetzesnovellen besteht. Die Berufsreifeprüfung hat sich als wichtiges Angebot der vertikalen Durchlässigkeit etabliert.

Zur Kostentragung möchte ich Folgendes feststellen: Wir haben derzeit im Erwachsenenbildungsbereich eine so genannte Objektförderung. Das heißt, wir fördern die Organisationen. Es liegt in der Hand der Organisationen, jene Bereiche, die ihnen besonders wichtig sind, mit besonderen finanziellen Förderungen zu versehen. Wenn die Organisationen das den Lehrlingen nicht zugute kommen lassen, dann müssen wir uns überlegen, wie wir diese Förderungen des Bundes umleiten können, damit sie wirklich den jungen Menschen zugute kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Nachholen des Hauptschulabschlusses ist uns ein echtes Anliegen. Wir werden es evaluieren. Wenn es notwendig ist, wird dies weiter verlängert werden.

Ein Wort noch zu dem, was von Herrn Kollegen DDr. Niederwieser angesprochen worden ist: Er hat gesagt, es gebe einseitige Maßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. – Da sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in meinem Bereich beschäftigt sind,


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möchte ich feststellen, dass es auch zum Wohle der Arbeitnehmer und nur gerecht ist, wenn man heute Maßnahmen ergreift, die garantieren, dass auf lange Zeit die Pensionen gesichert sind und das soziale System gesichert ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Maßnahmen, die ergriffen werden, sind also zum Wohle der Arbeitnehmer und der Arbeitnehmerinnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

22.46

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nicht nur einmal ist in jüngster Vergangenheit der Satz gefallen, man möge die Regierung an ihren Taten messen. Das ist teilweise auch geschehen. Wenn man zum Beispiel den Ausgang der Arbeiterkammerwahlen betrachtet, dann sieht man: Da wurde der brutalen Umverteilungspolitik von unten nach oben bereits eine Absage erteilt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Steibl: Falsche Informationen ...!)

Doch in der Politik sind meiner Meinung nach bereits Worte Taten. Im Lichte der jüngsten Vergangenheit und als niederösterreichischer Abgeordneter ist es mir nicht nur ein Anliegen, sondern auch eine politische Verpflichtung, auf die Taten des Kollegen Windholz einzugehen, des neuen FPÖ-Obmannes von Niederösterreich, der sich mit seinen jüngsten Äußerungen eine sehr erstaunliche Bekanntheit verschafft hat. (Abg. Mag. Schweitzer: In die Debatte ...! – Abg. Haigermoser: Wie heißt der Herr? Arbeiter heißt der, in Kärnten! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich denke, solche SS-Sprüche wie der viel zitierte fallen nicht zufällig. Sie fallen vielleicht nicht bewusst, weil sie – wie im Falle des Kollegen Windholz – offensichtlich im Unterbewusstsein so verankert sind (Abg. Haigermoser: Arbeiter in Kärnten ...!), dass sie jederzeit im tagespolitischen Geschehen parat sind. (Abg. Haigermoser: Der letzte Arbeiter der SPÖ in Kärnten!)

Diese geistige Ausrichtung wird auch von anderen Politikern der FPÖ verstärkt. (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Präsident! Die Berufsreifeprüfung steht zur Debatte!) Ich zitiere in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Aussagen zum Beispiel des FPÖ-Politikers Hubert Gorbach aus Vorarlberg aus dem "Kurier". (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das das Thema?) Er beschwert sich darin sehr, denn er meint, die Blauen müssten mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen und nicht klein beigeben, nur weil wir vom Ausland beobachtet werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie einmal "Berufsreifeprüfung"!) Es ist in der Tat so, und gerade jetzt, in dieser schwierigen Situation mit dem Ausland, wäre höchste Sensibilität verlangt. (Abg. Haigermoser: Warum haben Sie eine so zittrige Hand?)

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang finde ich allerdings die Reaktion unseres Bundeskanzlers. Er sagt wörtlich, er habe das SS-Motto gekannt, und es hat ihn gerissen. Da möchte ich nun mit Ihnen, Frau Bundesministerin, zu diesem Thema kommen. (Abg. Haigermoser: Wer ist jetzt Sportsprecher: Sie oder Frau Prammer?) Heute hat der Herr Bundeskanzler zum Beispiel in der "ZiB 1" darauf Bezug genommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Berufsreifeprüfung steht auf dem Plan!) Er hat gemeint, man müsse besonders im Bereich der Bildung und Ausbildung auf die aktuellen Ereignisse eingehen, die Kinder und Jugendlichen auf SS-Sprüche aufmerksam machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Dr. Khol: Zur Sache, Herr Präsident!) Man müsse sie sensibilisieren und im Sinne der politischen Bildung auch darauf aufmerksam machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Zur Sache!)

Er erwartet sich auch eine Studie. (Abg. Mag. Schweitzer: Das Berufsreifeprüfungsgesetz wird diskutiert!) So kann ich das diskutieren. Er erwartet sich eine Studie von der Frau Bundesministerin, und er hat gesagt – seine Worte –: Die Liesl wird das schon machen. (Abg. Haigermoser: Sie haben die falsche Rede erwischt!)  – Daher möchte er eine Studie anregen, die


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einen sensibleren Umgang mit derart belastenden Aussagen ermöglichen solle. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist unglaublich!)

Frau Bundesministerin! Im Zuge der heutigen Debatte, in der es auch darum geht, die bildungspolitischen Maßnahmen ursächlich zu diskutieren und die meine Vorredner von der SPÖ schon ausreichend dargelegt haben, möchte ich Sie fragen (Abg. Ing. Westenthaler: Thema verfehlt! Der Präsident schaut zu! – Abg. Mag. Schweitzer: Durchgefallen!): Wie stellen Sie sich diese Studie vor? (Abg. Mag. Schweitzer: Die Beteiligung des Präsidenten ist bemerkenswert!) Wie wird es zu dieser Studie kommen? Welchen Inhalt wird sie haben? Und vor allen Dingen: Wie wird sie finanziert werden? (Abg. Steibl: Wird der Herr Arbeiter von der SPÖ Kärnten auch bei dieser Studie dabei sein?)

Wir hören, dass gerade für die bildungspolitischen Maßnahmen im Sinne des lebensbegleitenden Lernens das Geld zu knapp ist und dass man zum Beispiel die Prämie von 8 000 S nicht auszahlen kann. Das alles sind wichtige Fragen, die sich im Zusammenhang mit der aktuellen politischen Situation ergeben. Ich möchte Sie bitten, darauf vielleicht noch einzugehen und uns diese Fragen zu beantworten.

In diesem Sinn hoffe ich sehr, dass die soziale Kälte, die uns diese Bundesregierung zurzeit spüren lässt, nicht auch in Ihrem Ressort, im Bildungsressort, Eingang erhält. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dazu ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Daher schließe ich diese Debatte.

Ich komme zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird, samt Titel und Eingang in 160 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen. (Abg. Dr. Van der Bellen  – in Richtung ÖVP –: Nehmen Sie sich ein Beispiel! – Abg. Schwarzenberger: Sie lernen!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung.

Auch hier bitte ich jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer ist wieder nicht dafür! – Abg. Ing. Westenthaler: Man muss sich die Frage stellen, ob er überhaupt schon bei einer Abstimmung da war! Ich bezweifle das stark!)

Wir stimmen ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, in 161 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen einen Abänderungsantrag gestellt.


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Ich werde zunächst über den soeben erwähnten Abänderungsantrag und schließlich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Antoni und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Z 4 in § 82 Abs. 5e vorsieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Streichungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Streichungsantrag ist daher abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer war nicht dafür! – Abg. Ing. Westenthaler: Wieso ist Gusenbauer bei keiner einzigen Abstimmung da? – Abg. Schwarzenberger: Er wird von der Partei bezahlt! – Abg. Ing. Westenthaler: Das zahlt die Partei ...!)

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit sehr großer Mehrheit, aber nicht einstimmig, in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen ist (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer war nicht dagegen!), wobei soeben nicht nur das Berufsreifeprüfungsgesetz, sondern auch das Schulunterrichtsgesetz unter einem verhandelt wurden. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer war schon wieder nicht da! Er ist bei jeder Abstimmung nicht da! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht 2000 (III-41 der Beilagen) der Bundesregierung (162 der Beilagen)

28. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird (163 der Beilagen)

29. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000) (164 der Beilagen)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht 1999 (III-19 der Beilagen) des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (165 der Beilagen)

31. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 107/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bun


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desgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird (166 der Beilagen)

32. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 110/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken (167 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 27 bis 32 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Darüber sind keine Berichterstattungen vorgesehen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Doktor Doktor! Niederwieser ist ein doppelter Doktor wie Nenning! – Abg. Dr. Niederwieser  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Danke, Herr Klubobmann! Es geht aber schon!)

22.55

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich beginne mit einem Entschließungsantrag. Darin sind die wesentlichen Differenzen zwischen uns und den Regierungsparteien enthalten.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Ing. Gartlehner, Verzetnitsch, Mag. Maria Kubitschek und GenossInnen betreffend Vorrang für Forschung, Technologie und Innovation

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbeziehung unter anderem der Universitäten, der außeruniversitären Forschung, der Sozialpartner und der Bundesländer und in Zusammenarbeit mit dem neuen Rat für Forschung und Technologieentwicklung die Umsetzung der im Grünbuch zur Österreichischen Forschungspolitik genannten Maßnahmen voranzutreiben, aus den über die budgetierten Einnahmen von 4,126 Milliarden Schilling hinausgehenden Erlösen bei der für heuer geplanten Versteigerung der UMTS-Lizenz 50 Prozent, mindestens aber 1,5 Milliarden Schilling für zusätzliche Forschungsinvestitionen bereitzustellen, und zwar durch eine Aufstockung der Mittel der Forschungsfonds, der notwendigen Mittel für die Forschungsinfrastruktur der Universitäten und Fachhochschulen, der außeruniversitären Forschungseinrichtungen und für die Beteiligung an internationalen Forschungskooperationen (zum Beispiel EUREKA), Modelle für die Schaffung von Risikokapital für die Umsetzung von Forschungsergebnissen zu entwickeln und Universitäts-"Spin-offs" zu forcieren und alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, um die Beschlüsse des Rates von Lissabon für eine Informationsgesellschaft für alle innerstaatlich umzusetzen.

*****

Geschätzte Damen und Herren! Forschung ist nämlich das Stiefkind dieser Bundesregierung. Die Forschung ist nach wie vor zersplittert, sie ist von Kürzungen betroffen, und die umfassende Strategie, wie sie im Grünbuch festgelegt wurde, findet derzeit keine Umsetzung.

Sie kennen den Spruch: Ein Berg kreißte, und ein Mäuslein wurde geboren. – Wir haben hier nicht einmal den Berg, sondern wir haben nur das Mäuslein, das einsam und verlassen dasteht, und das nennt sich Rat für Forschung und Technologieentwicklung. Wir haben viele Expertinnen und Experten im Ausschuss und im Unterausschuss gehört und viele gute Ideen mitgenommen,


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aber das Einzige, was die Bundesregierung jetzt darüber vorlegt, ist die Schaffung eines Rates für Forschung und Technologieentwicklung.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Ein Rat wird Ihnen die Forschungspolitik nicht ersetzen können. Das ist auch der Grund, warum wir diesen Gesetzesänderungen nicht zustimmen werden, denn uns ist das in der aktuellen Situation einfach zu wenig. In diesem Zusammenhang schreibt beispielsweise die Arbeiterkammer zu Recht von verlorenen Chancen der Technologiepolitik oder die Wirtschaftskammer sagt in einer Belangsendung: Wer Forschung und Entwicklung nicht forciert, der sägt an dem Ast, auf dem er sitzt.

Daher schlagen wir umfassende Maßnahmen im Bereich der Forschungspolitik vor. Wir laden Sie sehr herzlich ein, diesem Antrag beizutreten und Farbe zu bekennen, ob Sie tatsächlich gewillt sind, die zu erwartenden Mehreinnahmen für die Forschung einzusetzen.

Vorgestern war ein Bericht über die deutsche Telekom zu lesen; Herr Minister Schmid wird ihn vielleicht kennen. Die deutsche Telekom will 50 Milliarden D-Mark an Lizenzgebühren für Lizenzen in acht Ländern ausgeben, darunter auch in Österreich. Die für Österreich errechnete Summe beträgt 3,5 Milliarden D-Mark; das ist zunächst einmal die Kriegskasse der Telekom. Sie können sich ausrechnen, was bei einem Konkurrenzbieten tatsächlich herauskommen könnte.

Was wir in der Forschung brauchen – und es steht vieles davon in diesem Antrag drinnen –, sind eine Stärkung des Unternehmenssektors – er ist in der Forschung unterentwickelt –, mehr Mittel und eine bessere Verankerung der Forschung in der Gesellschaft. Daher ist es nicht verständlich, dass Sie bei der Einrichtung dieses Rates für Forschung und Technologie wichtige Bereiche unserer Gesellschaft, wie die Sozialpartner, davon ausnehmen. Kollege Gartlehner wird dazu noch einen Antrag einbringen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Regieren heißt Gestalten. Das Parlament ist aufgerufen, das zu tun, wenn die Regierung es nicht selbst tut. Nicht schöne Worte nützen uns, sondern klare Aussagen zur Forschungspolitik und auch klare Bekenntnisse zu diesem Mehr an Mitteln, das wir brauchen werden – worüber wir uns im Prinzip alle einig sind und wozu Sie heute auch feststellen sollten, dass wir von Seiten des Parlaments das so wollen. Geben Sie der Zukunft eine Chance! Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben vorgetragene Antrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

23.01

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir sprechen jetzt über mehrere Dinge aus dem Bereich Forschung: zum einen über den Forschungsbericht 2000, zum anderen über eine Novelle des Forschungsorganisationsgesetzes und des Forschungsförderungsgesetzes. (Abg. Dr. Khol: Das wissen wir!) – Ja, mein lieber Klubobmann ist immer mit dem Bewusstsein dabei. Trotzdem bitte ich ihn, mir ein wenig zu lauschen und zuzustimmen.

Eine kleine Anmerkung zum Forschungsorganisationsgesetz: In der Novelle wird auch die Arbeits- und Kooperationsweise jener teilrechtsfähigen Abteilungen und Elemente in den Institutionen geregelt, die nach dem Arbeitsverfassungsgesetz arbeiten. Die dort festgeschriebene Kooperationsform mit den Betriebsräten und jene über die Betriebsrätevereinbarungen sollen natürlich auch in diesem Bereich gelten, auch wenn es nicht explizit in allen Punkten ausgewiesen und ausgeführt ist. Das klarzustellen ist mir wichtig, damit es diesbezüglich keine Interpretationsspielräume gibt.

Des Weiteren kann ich zum Antrag Niederwieser sagen: Das Anliegen ist unterstützenswert. Wir haben auch viele gute Gespräche darüber geführt. Ich habe auch beiden Ministern in den letzten Wochen gelauscht und ihren Worten entnehmen können, dass sie sich für verstärkte Mittel


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ausschüttung für Forschung engagieren. Ich bitte beziehungsweise lade ein, dieses Engagement durchaus heute noch zu erneuern. Jedoch – in Bezug auf eine Einkommensquelle – so quasi das Fell schon zu verteilen, bevor der Bär noch geschlachtet ist, halten wir gewissermaßen für riskant, weil vielleicht gerade dadurch der Marktwert dieser Aktie geschwächt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf ein paar wesentliche Punkte eingehen, die wir im Zusammenhang vor allem mit der diesbezüglichen Unterausschussdebatte in Zusammenarbeit mit den Experten festhalten konnten.

Der erste Punkt betrifft – und das ist wichtig, wichtiger, glaube ich, als es etwa Kollege Niederwieser und seine Kollegen im Klub nehmen – die Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung. Dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung soll die Regierung in der forschungspolitischen Schwerpunktsetzung beraten. Er soll auch helfen, eine forschungspolitische Strategie zu entwickeln und Monitoring-Vorschläge zu machen. Ich halte es für wichtig, dass dieser Rat schlank ausgestattet sein soll, nämlich mit in Summe acht Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden, dass dieser Rat einen schriftlichen Bericht abzugeben hat und dass er sparsam, aber mit der doch notwendigen Ausstattung, unter Berücksichtigung einer einzurichtenden Geschäftsstelle, arbeiten können soll.

Zweiter Punkt: Diese Beratungen, in die dieser Rat in sehr transparenter Weise eingehen soll, sollen auf der Basis eines differenzierten Evaluationsprogramms oder, besser gesagt, von Evaluationsprogrammen stattfinden. Diese Evaluationsprogramme sollen auf eine mittelfristig gesicherte Budgetierung oder Budgetplanung hinarbeiten. Dabei möchte ich, möchte das Parlament – und ich hoffe, sehr viele schließen sich dem an – ganz sicher die Regierung in der Erreichung des Zieles von 2,5 Prozent des BIP für Forschung unterstützen. Von diesem Ziel rücken wir nicht ab, auch wenn wir dem Antrag Niederwieser nicht beitreten. Dabei soll – vor der undifferenzierten Mittelausschüttung – auf die Qualität der Forschung und auf den gesellschaftlichen Nutzen, den Forschung bringen kann, Wert gelegt werden.

Dritter Punkt: Angestrebt werden soll auch eine bessere Kooperation universitärer und außeruniversitärer und wirtschaftsnaher Forschung sowie die Neuformulierung von lang- und kurzfristigen Forschungsprogrammen. Haben wir bisher – so wurden wir in dem Unterausschuss belehrt – von Grundlagenforschung und angewandter Forschung gesprochen, so müssen wir nunmehr umdenken und von mittelfristiger beziehungsweise langfristiger und kurzfristiger Forschung sprechen und auch im Hinblick auf deren Erfordernisse diesbezüglich denken.

Viertens: Forscher-, vor allem Forscherinnenkarrieren sollten zudem variantenreicher gestaltet sein. Die ÖVP, die sich dem Leitbild der selbstbestimmten Frau verpflichtet fühlt, hat die Anregungen von Frau Dr. Winiwarter gerne angenommen, eine bessere Au-pair-Regelung einzuführen und etwa die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten besser zu berücksichtigen.

Fünfter Punkt – dieser ist mir sehr wichtig –: Damit – so will ich es umschreiben – die "Forschernachwuchskette" vor allem bei den Schülerinnen und Schülern nicht abreißt, muss es gelingen, bereits Kinder in jungen Jahren für Naturwissenschaft und Technik zu begeistern. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Peter Rosei, der im "Spektrum" vom 3. Juni von "Denkunlust, ja Gedankenangst" als "über Jahrhunderte eingelebte Seinsweisen" der Österreicher spricht: Diese sollten eigentlich vermieden werden.

Schließlich sechstens: Der Forschungsbericht 2000 macht sichtbar, dass die statistischen Grundlagen noch unzureichend sind und dass Österreich im Herzen eines Forschungsraums Europa zu neuen Anstrengungen angehalten ist, auch in der Herausforderung gegenüber den USA und Japan.

Meine Damen und Herren! Ich schließe mit Peter Rosei und wünsche mir mit ihm, dass mehr "Experimentierfreude, die Sehnsucht nach dem Neuen, Fremden, der Mut und der Wille zur Wahrheit" – "hierzulande kaum als Tugenden geschätzte Haltungen" – wieder verstärkt in unsere Schulen und Universitäten einziehen mögen, damit es der Forschung weiterhin gut und noch besser gehen möge. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.07


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29. Sitzung / Seite 216

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort. – Bitte den zu berichtigenden Sachverhalt und den tatsächlichen Sachverhalt formulieren!

23.07

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Kollegin Brinek hat zu unserem Antrag gemeint, er werde abgelehnt, weil man keine undifferenzierte Mittelausschüttung möchte.

Ich stelle richtig: Wir haben niemals eine undifferenzierte Mittelausschüttung vorgeschlagen, sondern sehr präzise in mehreren Anträgen genau aufgeschlüsselt, wofür diese 1,5 Milliarden Schilling zu verwenden sind. Der wesentliche Teil geht in die Universitäten und stockt das Budget auf jenes auf, das sie voriges Jahr gehabt haben. (Abg. Dr. Khol: Bitte bei den Sozialdemokraten klatschen! – Die Abgeordneten Dr. Khol und Dr. Stummvoll spenden demonstrativ Beifall. – Ruf bei der SPÖ: Danke, dass Sie für uns auch mitdenken! – Ruf bei der ÖVP: Auf Dauer wird das nicht gut gehen! – Abg. Dr. Khol: Ihr seid auch vom Denken schon verabschiedet!)

23.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

23.08

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Im Wissenschaftsausschuss wurden sieben Punkte behandelt, und alle, die diese Abstimmungen gewinnen, werden sich freuen. Trotzdem möchte ich nachfragen und zurückkommen zu dem, was in letzter Zeit eigentlich die Schlagworte und Aussagen der Bundesregierung waren.

Eine davon hieß: "Da müssen wir durch." – Nun möchte ich Sie einladen, mitzudenken (Abg. Dr. Khol: Das haben wir noch nie gehört, Herr Grünewald!) – aber ich! –, man braucht dazu kein ausgewiesener Forscher zu sein. (Abg. Dr. Khol: Da hören Sie selektiv!) Bitte? – Nein, ich höre nicht selektiv, ich höre gut! Aber, bitte, halten Sie mich jetzt wirklich nicht auf, weil ich es heute sehr eilig habe. (Abg. Dr. Khol: Natürlich halte ich Sie auf! Was glauben Sie, wozu ich da bin?)

Das frage ich mich jetzt auch! Um dazwischenzurufen wahrscheinlich nicht, denn das wäre sozusagen eine Fehlverwendung eines Klubobmanns (Abg. Dr. Khol: Damit ich hinterfrage, was Sie sagen! Ich muss Sie kritisch hinterfragen!), und das würde ich Ihnen nicht zumuten. – Gut, also: "Da müssen wir durch." – Meinen Sie nicht? – Ich würde das begrüßen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Jetzt habe ich Ihnen einen Applaus verschafft!)

Dann hört man aber noch: "Lasst die Regierung arbeiten! Wir haben schon so viel erledigt!" – Zum ersteren, nämlich dazu, dass die Regierung arbeiten soll, kann ich positiv Stellung nehmen, weil es gut ist, wenn immer mehr Menschen Arbeit finden, unabhängig von ihrem Alter, von ihrer Ausbildung und davon, wie sie vermittelbar sind – wie auch immer, es ist gut. Aber wenn Sie sagen: Wir haben so viel erledigt!, dann darf ich schon fragen: Was haben Sie jetzt erledigt? (Abg. Dr. Khol: Das ist Ihnen nicht aufgefallen? – Reformvorhaben!)  – Akten, Gesetze, Novellen, die politischen Gegner, den letzten sibirischen Tiger, die Mitbestimmung an den Universitäten, Zugangsdiskussionen – das haben Sie alles erledigt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.  – Abg. Dr. Khol: Herr Jarolim, passen Sie auf! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl  – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Der politische Richter!)

Gut. Vielleicht kommt jetzt ein Satz, der besser auf Sie zutrifft – ich habe ihn mir nämlich aufgeschrieben –: "Die, mit denen man noch reden kann, werden scheinbar immer weniger." – Was mir auffällt ist, dass mir vor den Toren des Parlaments immer wieder einige aus Ihrem Klub, gelegentlich sogar einige aus einem anderen Klub – nicht sehr häufig, aber trotzdem –, Recht geben. Kaum aber schließen sich die Pforten dieser Glastüren, ist man versucht, den Gegner herauszukehren und unterliegt Klubzwängen.


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(Abg. Dr. Martin Graf: Das ist genau umgekehrt!) Umgekehrt? (Abg. Dr. Martin Graf: Sie geben teilweise uns immer Recht!) Gelegentlich, ja. (Abg. Dr. Martin Graf: Und wenn Sie da hereinkommen, sind Sie dagegen!) Ich geniere mich auch nicht. Wenn Sie etwas Vernünftiges sagen, dann erkenne ich das.

Gut. Aber kommen wir zu einem geflügelten Wort: Wenn jemand draußen etwas anderes zu mir sagt, als er hier dann vertritt, dann, glaube ich, heißt Ehre in diesem Fall einmal nicht Treue, sondern Disziplin, Zucht und Ordnung. – Das ist sagenswert, und man darf es auch ungestraft sagen.

Der Forschungsbericht 1999 und 2000 ist korrekt, stammt aber nicht allein von dieser Bundesregierung. Wir stimmen nicht allem zu, weil wir ein starkes Wissenschaftsressort gewünscht haben, und in diesem Punkt wurden wir enttäuscht. Es wurde auch geleugnet, und zwar wurde geleugnet, dass statt gebündelt letztlich zersplittert wurde. Man hat 2,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung versprochen. Man hat stattdessen gespart, aber auch das hat man geleugnet. Selbst als die Experten im Wissenschaftsausschuss unsere diesbezügliche Kritik teilten, schwieg man, allerdings ohne Betroffenheit. Wir haben die negativen Folgen der Regierungsbildung auf die Universitäten und ihre Außenbeziehungen kritisiert. Auch das hat man geleugnet!

Jetzt komme ich zu einem kleinen positiven Punkt: Wir haben eine Anfrage gestellt, und diese wurde vom Ministerium, von seinen Beamten und der Frau Ministerin sehr korrekt und ordentlich beantwortet. (Abg. Dr. Brinek: Das tut sie immer so!) Ihr Name ist also nicht Hase, es ist nicht so, dass sie nichts weiß. Sie hat auch keine anderen Namen, sondern sie heißt Gehrer und hat zugelassen, dass da etwas gesagt wurde, was der Bundeskanzler geleugnet hat. Das ist bemerkenswert, und ich bedanke mich.

Eine kurze Debatte galt den Privatuniversitäten. Wir waren nie Freunde der Privatuniversitäten, glauben aber doch, dass österreichische Universitäten sich nicht so zu fürchten brauchen, dass man vor ihnen eiserne Vorhänge errichten müsste und Privatuniversitäten nicht zulassen dürfte. Wir geben auch unsere Zustimmung dazu, selbst wenn wir sie nicht lieben, und sind dafür, dass akademische Grade, die dort erworben werden, auch anerkannt werden, weil wir den Studenten, die sich dafür entscheiden, nicht schaden wollen.

Trotzdem sage ich aber schon etwas über die Gefahr, die damit verbunden ist, nämlich dass die Feineren der Gesellschaft sich möglicherweise in Zukunft die feinere Ausbildung für ihre Kinder genehmigen können. Das, glaube ich, ist mit scharfem Auge zu beobachten. Auch wenn akademische Grade gleichgesetzt werden, muss man darauf achten, dass der Akkreditierungsrat seine Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle ernst und genau nimmt und überprüft, ob diese Curricula auch vergleichbar sind.

Ganz kurz auch zum Rat für Forschung und Technologie: Da ortet man schon irgendwo den finsteren oder – wenn Sie es freundlich haben wollen, möchte ich es so bezeichnen – naiven Glauben an die Kraft und Intelligenz einiger weniger starker Männer – von Frauen war bislang ja nicht die Rede –, und die sollen nun plötzlich wissen, was Österreich guttut, was Österreich schadet, was Österreich braucht, was Österreichs Zukunft in der Forschung bestimmt. – Ich habe nichts gegen Gläubige, aber ein diskreter Realitätsbezug, was die Frage betrifft, ob diesen das zuzumuten ist, ob diese das können, scheint mir auf jeden Fall angebracht, vor allem dann, wenn auf der Grundlage ihrer Schlussfolgerungen Forschung festgelegt werden soll und geortet werden soll, was die "Hauptbahnen" und – da wir schon beim Thema sind, sei dies so ausgedrückt – was die "Nebenbahnen" sind. Sind die "Nebenbahnen" vielleicht jene Bereiche, die stillgelegt werden sollen, weil ihre Geleise nicht direkt in den Profit, in die Wirtschaft, in die Banken und die Industrie führen?

Zuletzt aber doch noch ein kurzer Gedanke. (Abg. Dr. Khol: Kurz!) An der Universität ist man doch gewohnt, zumindest gelegentlich zu fragen: Warum und wozu? – Das geht mir ab. (Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) – Sie lachen! Haben Sie sich das nie gefragt, Herr Klubobmann? (Abg. Dr. Khol: Ich bin schon lang nicht mehr an der Universität!) Ja, man merkt’s – Entschuldigung! (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank! Nicht mehr im Elfenbeinturm!) – "Gott sei Dank!" – das werden


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Ihre Kollegen an der Universität mit Schmunzeln, aber nicht mit Überraschung hören. (Abg. Dr. Khol: Ja, ja!)  – Gut.

Was uns doch fehlt, sind nachvollziehbare Mängelkataloge, die richtungweisend sein könnten, wenn es darum geht, Handlungen so oder so zu setzen. Die Fragen, warum und wozu es Universitäten gibt, worin ihre Aufgaben und Ziele bestehen, wurden eigentlich nie sehr gründlich behandelt, wobei daran niemand von jenen, die auf der Regierungsbank sitzen, schuld ist; das ist über Jahrzehnte hinweg so gegangen. Die Aufgaben der Universität wurden nie präzisiert, und Differenzierungen zu anderen tertiären Bildungseinrichtungen waren eher mickrig.

In Zeiten der Budgetverknappung aber neigt man jetzt natürlich dazu, Unterschiede zu machen und sich zu fragen, was Ballast oder Luxus ist, nur – Sie werden mir nicht Recht geben –: Ich habe meine Zweifel, ob diese Entscheidung, was Ballast oder Luxus und was Notwendigkeit oder schneller Nutzen ist, immer richtig getroffen wird. Ich würde mich nicht unbedingt auf sie verlassen.

Nun ein Allerletztes – Sie werden sich wundern, weil Sie wahrscheinlich meinen, es gehöre nicht hierher, aber ich sage es trotzdem –: Weltweit – und ich habe mir einige Zeitschriften angesehen – zirkulieren 80 Prozent des Kapitals in 24 Ländern. Das Pro-Kopf-Einkommen beträgt 200 Dollar in Uganda, 39 800 Dollar in Luxemburg. Die Lebenserwartung beträgt 42 Jahre in Uganda, 80 Jahre in Japan. Laut "Business Week" ist das durchschnittliche Gehalt einer Führungskraft 326-mal höher als jenes einer Fabrikarbeiterin, und die 225 reichsten Menschen der Erde verfügen über mehr Vermögen als die ärmsten 47 Prozent der Bevölkerung, und das sind 2,5 Milliarden Menschen.

Im Universitäts-Organisationsgesetz steht: Universitäten sind aufgerufen, verantwortlich zur Lösung der Probleme der Menschheit und zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen.

Mit gutem Grund finde ich in allen Reformen und allen Papieren zu diesen Reformen kein Sterbenswörtchen über dieses so hehre und nicht blauäugige Ziel. Für mich ist das ein Grund, Sie noch einmal aufzufordern, nachzudenken und nicht allem zuzustimmen, was am Reißbrett konzipiert wurde. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei! Das merkt man beim Grünewald!)

23.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

23.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wissenschaftsdebatten sind anscheinend immer ein bisschen ermüdend. Ich werde versuchen, da ein bisschen Stimmung hereinzubringen.

Sehr geehrter Herr Kollege Niederwieser! Die Repräsentanten, die dann den Rat für Forschung und Technologie bilden werden, werden sich sicherlich dafür bedanken, mit den Mäuslein verglichen zu werden, die Sie dem kreißenden Berg entlockt haben.

Was Ihren Antrag, die Privatisierungserlöse faktisch zweckzuwidmen, betrifft, so ist darin sicherlich vieles von unserem Gedankengut enthalten. Wir werden das unterstützen, aber: Es gibt ein Regierungsprogramm, in dem das festgelegt ist, und es gibt auch eine Zusage, dass Privatisierungserlöse für Wissenschaft und Forschung zweckgewidmet werden. Und wissen Sie, warum? – Weil diese Regierung erkannt hat, dass die Ergebnisse von Forschung und Entwicklung die Arbeitsplätze von morgen sind. So ist es, so einfach sind diese Zusammenhänge zu erklären, und darum wird es auch Geld für Wissenschaft und Forschung geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Der Beweis ist bisher ausgeblieben! Der Beweis ist noch nicht da!)


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Zu Kollegen Grünewald: Ich weiß, die einzige Organisation, der er vertraut und der er alles im Sinne von Wissenschaft und Forschung und von entsprechenden Reformen zutraut, ist die BUKO. (Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Aber die BUKO ist nicht das allein Seligmachende auf diesem Gebiet. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

Selbstverständlich muss das Ziel, die 2,5 Prozent des BIP ... (Abg. Dr. Khol: Der Grünewald ist weggegangen!) – Er ist weg. Er hat seine Wortspende im Sinne der BUKO abgegeben und ist gegangen. (Abg. Dr. Jarolim: Wenn Sie es Herrn Khol sagen, ist das vielleicht auch sinnvoll!) – Herr Klubobmann Khol kennt sich nämlich in der Universitätspolitik aus, was man von anderen wahrscheinlich nicht in diesem Ausmaß behaupten kann! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ich bin noch nicht in der BUKO gewesen! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir bleiben aber bei dem Ziel, die 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung ausgeben zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist die Situation tatsächlich ernst. Heute kann man in der "Presse" lesen: "Österreich hat großes Innovationsdefizit." Da wird vieles von den bisherigen Mängeln treffend analysiert: Zu wenige Techniker, zu wenig Forschung. Österreich droht langsam zurückzufallen. – Die Situation ist wirklich ernst, aber ich bin überzeugt, dass diese Bundesregierung, nachdem die Schwächen erkannt worden sind, daran arbeitet und eine nachhaltige Verbesserung herbeiführen wird.

Sehr verehrte Damen und Herren! Im Rahmen der Ausschussberatungen haben wir sehr viele interessante und auch nachvollziehenswerte Hinweise von namhaften Experten gehört. Ich glaube, dass die Regierung wirklich gut daran tut, diese Schwächen raschestmöglich nachhaltig zu beseitigen. Aber unverrückbare Forschungsziele bleiben aufrecht: Das sind die Anhebung der Forschungs- und Entwicklungsquote, die bessere Vernetzung von universitärer und außeruniversitärer Forschung mit der Wirtschaft, die Schaffung eines forschungs- und technologiefreundlichen Klimas und die Schwerpunktsetzung gemäß der Stärkenanalyse, zum Beispiel der vollzogenen Delphi-Befragung.

Es tut mir Leid, dass der Minister außer Dienst Einem zu diesen Themen nicht mehr Stellung nimmt. Er strebt ja eine neue Karriere an: Vom Innenminister über Wissenschaftsminister und Verkehrsminister ist er jetzt Europasprecher geworden. Das Bild rundet sich ab, und ich frage mich: Wird er als Europasprecher jetzt vielleicht in der Außenpolitik tätig sein? (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollen nicht gar so witzig sein!) So witzig wie Sie, Herr Jarolim, bin ich immer noch! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Humor ist Ihnen nicht in die Wiege gelegt worden. Ihre Stärke ist eher der Zynismus und der Sarkasmus, aber das haben wir hier ja bereits zur Genüge hören müssen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist ein wichtiges Ziel, den Forschungsraum Europa mitzubauen und mitzugestalten. Ein wichtiges Ziel ist es auch, die Doppel- und Mehrgleisigkeiten auch unter Bedachtnahme auf die Ressortforschung zu durchleuchten und eine bessere Zusammenarbeit der Ressorts zu bewirken. Ich denke, dass wirklich wichtige Impulse zu setzen sein werden. Wir setzen große Hoffnungen in diesen zu installierenden Rat für Forschung und Technologie. Ich habe einmal im Scherz gesagt: Vom Nobelpreisträger aufwärts möchten wir hier die Exponenten haben, die sich für Forschung und Technologie einsetzen werden. Wir haben, wie gesagt, sehr hohe Erwartungen, und es wird schwerpunktorientierte Leitlinien geben müssen, aber es wird auch eine Verpflichtung geben – wie dies in einer Ausschussfeststellung gesagt wurde –, dass die betroffenen Ministerien sich sehr wohl an die Empfehlungen dieses Rates zu halten haben werden.

Ich denke, dass die Qualität und vor allem die Unabhängigkeit dieses Gremiums – und da ist uns die parteipolitische Unabhängigkeit ein besonderes Anliegen – eine der Wurzeln des Erfolgs dieser Institution sein wird. (Abg. Dr. Jarolim: Schreiben Sie groß drauf: "Parteipolitische Unabhängigkeit"!) Ja, ich weiß, Sie möchten das immer! Sie haben das ja auch bei den Richtern ge


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wollt! Ich weiß, da gibt es so ein Schreiben, wonach sie mehr parteipolitisch motivierte Richter haben wollten. Das werden wir nicht so schnell vergessen, Herr Kollege Jarolim! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Wir werden dieser Maßnahme, der Einrichtung dieses Rates für Forschung und Technologie, gerne zustimmen, weil wir wirklich große Hoffnungen haben. Schlagzeilen wie "Österreich hat ein großes Innovationsdefizit" möchten wir in Bälde – zumindest bis zum Ende der Legislaturperiode, Frau Minister – durch Schlagzeilen folgender Art ersetzen (der Redner hält ein Schriftstück, auf dem die Schlagzeile zu lesen ist, in die Höhe): "Österreich ist Spitze in Forschung und Technologie!" – Diese Schlagzeile werden wir spätestens zum Ende der Legislaturperiode in den Zeitungen zu lesen haben! – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser  – auf das Schriftstück des Redners weisend –: Kann man dieses Beweismittel zum Protokoll geben?)

23.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Ministerin.

23.23

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Heute wird der Forschungsbericht diskutiert, und ich meine, dass aus diesem Forschungsbericht einige sehr wichtige Tendenzen abzuleiten sind. Es ist daraus abzuleiten, dass nicht die Unterscheidung zwischen angewandter Forschung und Grundlagenforschung wesentlich ist, sondern die Entwicklung von mittelfristigen Strategien und langfristigen Strategien. Ganz wichtig ist, dass wir damit auch Indikatoren der Evaluierung entwickeln, einer Evaluierung, die nur dann Sinn macht, wenn sie mit Konsequenzen verbunden ist.

Die Aufgabe der Regierung ist es auch, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, und das wird in diesem Forschungsbericht auch festgehalten. Es wurde der Forschungsfreibetrag für verschiedene Forschungsinvestitionen von 12 auf 18 Prozent und von 25 auf 35 Prozent erhöht, und das muss man auch einmal festhalten. (Abg. Dr. Niederwieser: Aber das waren wir! – Abg. Ing. Gartlehner: Das waren wir!) Das steht drinnen im Forschungsbericht. Ich glaube, dass das wichtig ist, diese Rahmenbedingungen festzuhalten.

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, dessen Einrichtung heute auch beschlossen wird, wird einen ganz wichtigen Beitrag für die inhaltliche und strukturelle Festlegung im Forschungsbereich leisten. Dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung wird schlank sein, er wird aus acht Personen bestehen. Ich halte es für wichtig, dass es ein schlankes Instrumentarium ist. Dieser Rat wird sowohl Bottom-up- als auch Top-down-Verfahren anwenden, um uns bei Investitionen im Forschungsbereich die richtige Zielsetzung zu geben.

Meine Damen und Herren! Das gilt für die wichtigen Großforschungsprojekte. Darüber hinaus war es mir ein Anliegen bei der Budgeterstellung, die finanziellen Mittel für die Forschung, die bei den Universitäten geblieben ist, für die Forschungsbereiche, die bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geblieben sind, nicht zu kürzen, sondern diese vielmehr zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

So möchte ich auch ganz klar feststellen, dass zwei wichtige Forschungseinrichtungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, nämlich das Institut für Molekulare und Zelluläre Bioinformatik und das Zentrum für Molekulare Medizin, sehr wohl finanziell abgesichert sind, dass diese Projekte sehr wohl umgesetzt werden. Ich bedanke mich auch beim Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, Herrn Dr. Welzig, dafür, dass er diese beiden Institute mit modernen Mitteln gründet, dass er nach modernen Modellen eine GesmbH gründet, die eine Tochtergesellschaft ist und wo diese Forschungen zusammen mit der Wirtschaft durchgeführt werden. Das ist eine moderne Art, und ich meine, dass das auch zukunftsweisend ist.

Zum Antrag, der hier von der SPÖ eingebracht wurde, dass man jetzt schon festlegen möge, welche Mittel in Zukunft in die Forschung fließen werden, muss ich feststellen, dass es die Ab


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sicht der Regierung ist, ab dem nächsten Jahr die Computer-Milliarde zur Verfügung zu stellen. Computer-Milliarde heißt, so ähnlich wie Museums-Milliarde, dass wir Mittel investieren wollen, sowohl in die technologische Ausstattung der Schulen und Universitäten als auch in die Forschung. Ich meine nur, dass wir eine andere Art haben, mit dem Geld umzugehen. Wir machen eine neue Art der Finanzpolitik: Wir entscheiden dann über das Ausgeben von Milliarden, wenn wir sie haben. Sie können sicher sein, dass wir in Forschung und Bildung investieren werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.27


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

23.27

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Reden der Regierungsvertreter zu diesem Thema heute Abend sind alle sehr optimistisch, allein mir fehlt der Glaube, dass es hier wirklich zu Veränderungen kommt, zu weiteren Verbesserungen, die hinausgehen über jene, die im Forschungsbericht 1999 bereits sehr deutlich angeführt gewesen sind. (Abg. Böhacker: Positiv denken!)

Ich bin von Natur aus ein Positivdenker – du weißt es, lieber Freund (Abg. Böhacker: Darum sage ich es ja! – Abg. Dr. Martin Graf: Deswegen überrascht es uns ja so!) –, aber es gibt wirklich keinen realen Ansatz, hier Optimismus walten zu lassen, wo wir doch wissen, dass die Bedingungen für Forschung und Entwicklung in Österreich mit dieser neuen Bundesregierung verschlechtert wurden. Es sind die Kompetenzen weiter zersplittert worden. Wir haben immer davon geträumt, sie zusammenzuführen. Wir wurden von euch ganz besonders heftig kritisiert, weil wir das auf zwei Ministerien verteilt haben. Jetzt ist es auf vier, auf sechs Ministerien aufgeteilt, und es ist wirklich eine sehr schwierige Situation für die Forschung und Entwicklung in Österreich entstanden. Es gibt, zumindest im heurigen Jahr, weniger Geld – das ist auch amtlich (Abg. Dr. Martin Graf: Stimmt ja nicht! Wo denn?)  –, und es gibt eigentlich durch die Neukonstruktion des Rates für Forschung und Entwicklung eine Ausschaltung der regionalen, aber auch der gesellschaftspolitischen Kräfte in Österreich. – Das ist die reale Situation.

Wir haben versucht, in einem Entschließungsantrag, in dem wir sehr konkret auf Beschlüsse des Parlaments in den letzten zwei Jahren eingegangen sind und daran erinnert haben – und da haben einige Herren, jedenfalls der ÖVP-Fraktion, damals dafür gestimmt –, diese Anträge wieder zu beleben, weil sie, so glaube ich, auch für die Regierung, die jetzt im Amt ist, gültig sind. Leider ist es nicht möglich, dass diese Bundesregierung beziehungsweise die Vertreter der Regierungsparteien in diesem Haus hier mitstimmen.

Ich muss sagen: Das ist natürlich eine sehr schwache Leistung! (Abg. Dr. Niederwieser: Die möchten nicht mehr erinnert werden an die Zeit mit uns, glaube ich!) Nun, wir waren ja auch nicht immer zufrieden mit unseren eigenen Leistungen – ich gebe das durchaus zu –, aber das, was Sie hier abliefern, meine Damen und Herren von der neuen Koalition, ist extrem schwach!

Ich hoffe nur, dass die Frau Bundesminister Recht hat und dass sie sich jedenfalls dann, wenn das Geld aus den UMTS-Lizenzen schlagend wird, durchsetzt und dass wir dann über diese Forderung, die ihr heute nicht mittragen wollt, diskutieren und sie in die Realität umsetzen können. Hiebei handelt es sich nicht um ein Phantasiegebilde, das wir ins Gespräch bringen, sondern um Zahlen, die Presseagenturen in Europa melden: Mit den UMTS-Lizenzen werden rund 23 Milliarden Schilling zu verdienen sein, und daran möchten wir uns schon orientieren. Unser Ansatz von 1,5 Milliarden Schilling als Minimum ist ein sehr seriöser Ansatz, mit dem nur dafür gesorgt wird, dass wir nicht weniger Geld als im Vorjahr zur Verfügung haben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ihr habt das Geld immer schon ausgegeben, bevor ihr es hattet!)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne: Es tut mir Leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Sie sich wirklich nicht bewährt haben. Sie haben der Forschungs- und der Technologiepolitik keinen guten Dienst erwiesen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wolfmayr. – Bitte.

23.31

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich habe mich mit dem Material und den Unterlagen zum Großforschungsprojekt AUSTRON beschäftigt, und ich war fasziniert davon. Zu dieser späten Stunde wird es mir aber, wie ich meine, kaum möglich sein, mich sehr ausführlich und genau mit diesem Thema zu beschäftigen. (Zwischenrufe und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist ein faszinierendes Projekt, das für die Standortsicherung extrem wichtig wäre und Österreich zu einem Vorzeigemusterland in ganz Europa machen könnte. Auf diese Weise wäre eine Brückenkopffunktion zu Westeuropa möglich – und das jetzt, zur Zeit der Osterweiterung! Abgesehen davon würde es dadurch zur Schaffung von mindestens 300 neuen Arbeitsplätzen und Ausbildungs- und Trainingsplätzen auf Spitzenniveau für Studierende sowie zum Zustrom von jährlich rund 1 000 internationalen Forschern und Wissenschaftlern kommen, mit einem Wort zu all dem, was wir dringend bräuchten.

Wir haben der Atomenergie Gott sei Dank eine Absage erteilt. Auch der Beschäftigung mit und der Erforschung der Gentechnologie stehen wir bekanntlich skeptisch gegenüber. Ich sage Ihnen aber, was wir sehr wohl zu tun gedenken und welche Schwerpunkte wir in Forschung und Technologie setzen wollen.

Ministerin Gehrer hat jetzt folgerichtig einen neuen Anlauf zur Errichtung jener Großforschungseinrichtung unternommen, die seit knapp einem Jahrzehnt diskutiert wird. Ich erspare Ihnen jetzt aber einen Ausflug in die Geschichte. Jedenfalls gibt es bereits eine Finanzierungszusage beziehungsweise -annahme durch die öffentliche Hand über ein Drittel der Kosten, wenn der Rest vom Ausland aufgebracht wird. Dieser Rest von insgesamt rund 4,5 Milliarden Schilling sollte von der Industrie und von ausländischen Investoren aufgebracht werden. Der Anteil Österreichs könnte durch Mehreinnahmen aus Privatisierungserlösen und zum Beispiel durch den Verkauf von Handylizenzen aufgebracht werden.

Worum geht es nun bei der Neutronenspallationsquelle? – Zur technischen Erklärung nur kurz so viel: Es ist dies eine Alternative zu Neutronen, die aus Reaktorquellen kommen, die Gott sei Dank schön langsam wieder Mangelware werden. In vielen Ländern werden diese neuen Quellen aus umweltpolitischen Gründen jetzt akzeptiert. Was die Belastung der Umwelt betrifft, so ist zu sagen, dass die Strahlung minimal ist. Mit Neutronenstrahlen kann man ähnlich wie mit Röntgenstrahlen Materie durchleuchten, und zwar leblose oder auch organische Materie, und somit über die Struktur und innere Dynamik Aufschluss bekommen. Mit Hilfe dieser Neutronenspallationsquelle kann man in der Technik, aber auch in der Medizin bei der Krebsforschung und -behandlung insbesondere bei Kindern auf eine neue Art schonend arbeiten.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass diese Neutronenspallationsquelle ganz eindeutig auf ein Marktbedürfnis trifft. Sie wird in Forschung und Industrie zunehmend mehr gebraucht. Die verfügbaren Neutronen werden weniger. Wir hätten jetzt die Chance, eine im Prinzip konservative, aber auf den modernsten Stand gebrachte Technologie zu nutzen. Allerdings müsste die Entscheidung bald fallen. Ein Ja oder Nein ist fällig. Man hat das Vorhaben schon lange hinausgezögert, nun sind Taten gefragt, nun müsste man an die Umsetzung gehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

23.35

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich werde mich in Anbetracht der Tageszeit (Ruf: Nachtzeit!) und der verfügbaren Redezeit sehr kurz fassen, mich in der gebotenen Kürze aber doch entsprechend mit dem Forschungsbericht beschäftigen, der, nachdem er intensivst mit Experten ausdiskutiert wurde, sehr interessante Fakten für uns alle liefert.


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29. Sitzung / Seite 223

Frau Bundesministerin! Ich bin durchaus Ihrer Meinung, wonach die kurzfristige Forschung im Zusammenhang mit der Wirtschaft Erfolg und Geld bringen wird. Es wird aber nicht machbar sein – unsere Experten haben das klar und deutlich dargelegt –, dass die langfristige Forschung nicht in staatlicher Verantwortung bleiben wird: Sie wird weiterhin die langfristige Aufgabe des Staates sein.

Wir wissen natürlich, dass diese langfristige Forschung viel Geld kostet, sie wird aber Österreichs guten Ruf insgesamt erhalten und sicherlich Investoren anlocken. Einer meiner Vorredner hat die große Erfolgsstory von Chrysler Austria dargestellt, und ich möchte sagen, dass hiefür nicht nur das handwerkliche Geschick unserer Mechaniker und Gerätebauer ausschlaggebend ist, sondern durchaus auch der gute Ruf der Forschungspolitik in Österreich.

Aus diesem Grund habe ich hinsichtlich der jetzigen Ist-Situation große Sorge. Die Experten haben die Ist-Situation in Anbetracht der Budgetentwicklung als alarmierend bezeichnet, und zwar nicht nur, weil wir am Ende der europäischen Skala jener Länder stehen, die für Forschung Geld ausgeben, sondern weil im Budget 2000 für die Forschung wieder eine halbe Milliarde Schilling weniger zur Verfügung stehen und es 2001 wahrscheinlich noch wesentlich schlechter werden wird. Die Experten haben uns klar und deutlich vor Augen geführt, dass, wenn in der Forschungspolitik nicht bald etwas geschieht, unsere jungen Forscher und Kapazitäten, schlicht und ergreifend gesagt, auswandern werden beziehungsweise ausländische Kapazitäten nicht mehr zu uns kommen werden.

Wenn wir bei der Regierungserklärung und in den Budgetdebatten gehört haben, dass in diesem Zusammenhang eigentlich nicht von Kürzungen gesprochen werden kann, sondern nur von entsprechenden Anpassungen im Bereich Investitionen und Sachleistungen, dann möchte ich sagen, dass diese Einsparungen die Forschung letztlich sehr wohl behindern werden. Ich möchte jetzt nicht jeden einzelnen Experten von Professor März bis zu Professor Winckler zitieren, die das an klaren handfesten Beispielen dargelegt haben, betone aber: Österreich braucht diese international anerkannte Großforschung, und Österreich muss seinen Ruf als Forschungsland behalten!

Ich bin voll bei Ihnen, Frau Kollegin Brinek, wenn Sie sagen, dass unsere jungen Menschen auf den Weg zur Forschung gebracht werden müssen. Wir haben das einmal bei einer anderen Gelegenheit diskutiert. In Österreich haben wir sehr viele Olympioniken im schulischen Bereich, sei es nun in Physik, Chemie oder Mathematik. Daher frage ich Sie, Frau Ministerin: Was wird aus diesen Olympioniken? Sie haben jetzt das Glück, als Bildungsministerin sowohl für die Forschung als auch für die schulische Entwicklung zuständig zu sein. Daher ersuche ich Sie, gerade den Olympioniken jede Möglichkeit für den Zugang zur Forschung zu gewähren und ihnen diesen zu erleichtern, damit diese Talente nicht verkümmern! (Beifall bei der SPÖ.)

23.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Er hat das Wort.

23.39

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auch ich möchte mich relativ kurz fassen und auf die Ausführungen einiger meiner Vorredner eingehen.

Ich möchte festhalten: Im Wesentlichen hält sich die Kritik an den heutigen Beschlüssen in Grenzen. Wenn ich daran denke, was im Verlauf der letzten drei oder vier Monate alles geschehen ist und wie geunkt wurde, was nicht alles im universitären, aber auch im Forschungsbereich passieren wird, dann empfinde ich die Kritik, die heute gekommen ist, eigentlich als relativ gering.

Kollege Niederwieser hat gesagt: Regieren heißt Gestalten, und er hat hinsichtlich des einzurichtenden Rats für Forschung und Technologieentwicklung lediglich bedauert, dass die Sozialpartner nicht eingebunden sind. – Herr Kollege Niederwieser! Das wurde bewusst so gehandhabt! Und wenn das die einzige Kritik sein soll, dann sage ich Ihnen: Die Sozialpartnerschaft – ich unterstelle jetzt einmal, dass es dort in Wahrheit nur um Proporz und um Posten geht – ist


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29. Sitzung / Seite 224

genau in diesen Fragen immer der Stoppel in der Flasche gewesen. (Abg Dr. Niederwieser: Nein! Es geht um Know-how!) Und diesen haben wir jetzt gezogen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird eben nicht so vor sich gehen, dass man in Zukunft nur nach dem Proporz- und Sozialpartnerdenken Forscher, Kapazitäten und auch Experten als Ratgeber der Regierung, der Ressorts, aber auch der anderen Stellen, die Forschung betreiben, einsetzt. – Aber ich halte fest: Das war die einzige Kritik, die Sie heute vorgebracht haben. (Abg. Dr. Niederwieser: Wo waren die Sozialpartner Stoppel?)  – Das sage ich Ihnen dann noch, aber ich möchte mich jetzt auch kürzer halten.

Zweitens wurde gesagt, dass angeblich Experten bei den beiden Unterausschusssitzungen alarmierende Signale gegeben haben. Von einem Vorredner wurden Experten wie März und Winckler angeführt. – Beide waren nicht Experten im Unterausschuss, darin werden Sie mir doch Recht geben! (Abg. Dr. Brinek: Doch! Am ersten Tag!)  – Am ersten Tag, gut. Aber beide haben kein alarmierendes Zeugnis abgegeben, sondern es haben sich alle im Wesentlichen zu den Forschungszielen, zu denen wir alle hier im Haus uns bekennen, bekannt.

Dass die Regierung und auch der Nationalrat auf dem richtigen Weg sind, auch dazu haben sich alle bekannt. Auch der Experte von der Europäischen Kommission hat mehrfach bekundet, dass das vorgelegte Programm wirklich ambitioniert ist. Das war letztlich die Quintessenz.

Wenn Sie jetzt sagen, dass eine halbe Milliarde eingespart werden wird, dass es weniger Geld geben wird, dann nehme ich an, dass Sie den Zeitungsartikel im "Kurier" von morgen meinen. Dazu sage ich Ihnen: In Wahrheit wurde von Ihnen ursprünglich immer wieder moniert, dass in den Fonds für die Förderungspolitik im Forschungsbereich zu wenig Geld zur Verfügung steht. (Abg. Dr. Niederwieser: Die Budgetzahlen kann ich selbst auch lesen!) Das haben wir heute nicht mehr gehört, weil es ganz einfach nicht gestimmt hat!

Es bleibt dabei – dazu bekennen wir uns –, dass auch auf den Universitäten gespart werden muss. Kein Ressort kann sich dem verschließen. Wir haben im Infrastrukturbereich Vorgaben gemacht und haben uns mit allen Universitäten darauf verständigt, dass ganz konkrete Beispiele dafür, dass es Defizite gibt, weil irgendetwas nicht umgesetzt werden kann, bekannt gegeben werden sollen. Andererseits gibt es auch von Seiten der Ressorts Zusagen, dass man sich nach Prüfung solcher wirklich konkreten Beispiele dafür verwenden wird, dass es zusätzliche Mittel gibt. – Bis heute ist allerdings kein einziges Defizit aufgezeigt worden! Und ich hoffe, dass es sich auch in Zukunft – auch bei weiteren Themen, die uns beschäftigen werden – so verhalten wird. Verlassen wir doch die ausgetrampelten Pfade, auf denen man immer nur schreit: Geld! Geld! Geld!

Ich halte es mit Herrn Kollegen Grünewald, der gesagt hat: Die Universitäten werden sich noch erlauben dürfen, die Frage nach dem Warum und Wozu zu stellen. Auch die Politik wird sich in Zukunft die Fragestellung nach dem Warum und Wozu erlauben dürfen. Die Universitäten müssen lernen, auch zu sagen, warum und wozu sie Geld brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn sie begründen können, warum und wozu sie Geld brauchen, dann wird es auch diesbezügliche finanzielle Mittel geben. Die ausgetrampelten Pfade, dass man einfach nur sagt, wir brauchen Geld, aber nicht sagt, warum und wozu, werden jedoch verlassen werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Das wird die neue Politik sein! Diesbezüglich werden auch die Universitäten einen Lern- und Aufholbedarf haben, und wenn die Universitäten das nicht lernen, dann werden wir ihnen Nachhilfestunden dafür geben. Sie werden sich artikulieren müssen, warum und wozu sie das Geld brauchen, dann wird ihnen die Politik sicherlich hilfreich zur Seite stehen. Ich glaube, dieser neue Ansatz wird in der gesamten Forschungs- und Universitätspolitik tatsächlich Platz greifen müssen. Wir müssen entpolitisieren, damit wir etwas voranbringen, und den Proporz auch dort beseitigen, wo Sie ihn noch gerne haben möchten. Dann wird es Lösungen geben.


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29. Sitzung / Seite 225

Herr Kollege Niederwieser! Ich möchte Sie an noch etwas erinnern. Sie selbst waren es, der gesagt hat, dass es einen breiten Konsens in der Forschungspolitik gibt, dass wir alle die gleichen Ziele haben und wir jetzt nur mehr den Weg zum Ziel finden müssen. In diesem Zusammenhang haben Sie von der Handschlagqualität gesprochen, die in diesen Bereichen erreicht werden muss. (Abg. Dr. Niederwieser: Ihr stimmt ja nicht zu!) Ich habe Sie auch im Ausschuss daran erinnert.

Wenn ein Finanzminister in der Regierungserklärung und in seiner Budgetrede zusagt, dass es für die Forschung und die Universitäten Anteile aus Privatisierungserlösen geben wird, wenn das mehrfach von hohen Repräsentanten dieses Hauses und auch von der Regierung gesagt wurde, dann erwarte ich mir jetzt von Ihnen, dass Sie jetzt einmal das, was Sie immer einfordern, nämlich Handschlagqualität, als Vorleistung erbringen und uns dann daran messen, ob diese Handschlagqualität gegeben ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen: Diese Handschlagqualität, von der Sie jahrelang vorgegeben haben, dass Sie sie haben, wird diese Regierung tatsächlich einhalten. Einen Teil der Erlöse, der Privatisierungserlöse, wird es für die Forschung und auch für die Universitäten geben – aber nicht sozusagen eingeengt in einem kleinen Entschließungsantrag, womit man das letztlich nur auf einen Privatisierungserlös reduzieren möchte. (Abg. Dr. Niederwieser: Sie haben gesagt, dass Sie versuchen werden, einen Antrag zustande zu bringen!)

Wir haben vier Jahre vor uns. Es wird viele Privatisierungen geben, und Sie werden es am Schluss sehen. Ich hoffe, dass Sie sich diesbezüglich dann auch positiv äußern werden, wenn es so weit gekommen ist, dass die Handschlagqualität zählt. Ich hoffe, dass Sie dann auch Ihr Einverständnis dazu geben werden! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Kein Problem!)

23.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

23.45

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wie die vom Herrn Abgeordneten Graf angekündigten beziehungsweise angedrohten Nachhilfestunden für die Universitäten ausschauen mögen oder werden, das wird man noch sehen! Herr Abgeordneter Khol ist schon ganz belustigt darüber beziehungsweise schaut er schon ganz verschmitzt, wenn er daran denkt, wie die Nachhilfestunden für die Universitäten ausschauen werden! (Abg. Dr. Stummvoll: Er schaut Sie freundlich an, Herr Kollege!)

Ich möchte mich aber trotzdem nur mit einem Antrag beschäftigen, nämlich mit dem Antrag der Frau Abgeordneten Brinek betreffend das Universitäts-Akkreditierungsgesetz, das regelt, dass akademische Grade von ausländischen Privatuniversitäten inländischen Abschlüssen gleichgestellt werden, und zwar nicht durch eine individuelle Nostrifizierung für die einzelnen Studierenden, sondern durch eine quasi institutionelle Nostrifizierung der Studienabschlüsse durch den Akkreditierungsrat.

Das bedeutet, dass die Curricula der Privatunis jenen vergleichbarer Studienrichtungen an Universitäten gleichwertig sein müssen. Das ist ein Schritt zur Qualitätssicherung, das ist unbestreitbar, und das ist etwas Positives.

Ich glaube aber, dass wir die Entwicklung an den Privatuniversitäten insgesamt trotzdem noch abwarten müssen. Derzeit gibt es sechs Anträge, von welchen mir persönlich schon im Ausschuss einige sehr obskur zu sein schienen. Es sind noch viele offene Fragen zu beantworten, etwa die Frage des Studiengeldes, die Frage des Budgets, die Frage der Evaluation und auch die Frage, ob das Förderungs- und Subventionsverbot des Bundes gewahrt bleibt, damit keine Konkurrenz zu staatlichen Universitäten entsteht, sowie die Frage, ob durch die Schaffung von zwei Klassen von privilegierten Studierenden negative Auswirkungen für das öffentliche Hochschulsystem zu befürchten sind. Dies ist zu prüfen, damit der gleiche Bildungszugang gewährleistet ist.


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29. Sitzung / Seite 226

Die Tatsache, dass die studentische Mitbestimmung nicht normiert ist, war und ist im Wesentlichen die Schwäche dieses Gesetzes. Wir persönlich waren immer der Meinung, dass dies eigentlich ein relativ überflüssiges Gesetz ist, weil es keinen entsprechenden Markt dafür gibt. Wir glauben auch, dass es sich dabei insgesamt um keinen Schritt in die richtige Richtung handelt, dass jedoch der Inhalt des vorliegenden Antrages einen kleinen Schritt zu mehr Qualitätssicherung darstellt.

Da Österreich in der Forschungsquote gemessen am Bruttoinlandsprodukt nach wie vor nicht nur unter dem EU-Schnitt, sondern deutlich auch hinter dem Schnitt der Forschungsquote gemessen am Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten und vor allem Japans liegt, wäre zu hinterfragen, wie Sie die avisierten 2,5 Prozent Forschungsquote bis zum Jahr 2003 erreichen werden. – Das ist die erste offene Frage, und ich bitte Sie, darauf eine Antwort zu geben.

Die zweite Frage lautet: Wie erklären Sie, dass der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung eine deutliche Kürzung hinnehmen musste, während der Forschungsförderungsfonds aus den Mitteln des Infrastrukturministeriums eine Erhöhung erfahren durfte? – Wir halten das für Klientelpolitik, wir halten das für nicht ausgewogen! (Abg. Dr. Brinek: Das ist noch nicht entschieden!)  – Okay! Ich nehme zur Kenntnis, dass das noch nicht entschieden ist. Jedenfalls bitte ich, dazu eine entsprechende Erklärung abzugeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

23.50

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Ich mache es wirklich kurz, das habe ich versprochen. (Abg. Dr. Khol: So fangen lange Reden an!)  – Nein, wirklich nicht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Neue Studien, die das niederländische Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat, haben gezeigt, dass Europa bei der Entwicklung des Wirtschaftsraumes dadurch ganz massiv zurückfällt, dass wir im Bereich der Hochtechnologie sehr weit hinten liegen, hinter Amerika und hinter Asien. Diese Wettbewerbsfähigkeit Europas geht laufend weiter zurück, weil das Wachstum in diesen Bereichen, in Amerika und Asien, so stark ist und nur dort stattfindet. Für Europa wird in Zukunft jede Konkurrenz immer nur einen Mausklick entfernt sein, auch wenn der Konkurrent in Amerika oder in Asien sitzt. Darauf müssen wir ganz massiv auch im Bereich der Forschung reagieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für Österreich ist somit ganz klar, dass wir wirklich viel mehr Mittel in diesen IT-Bereich investieren müssen, um auch private Gelder in Bewegung zu bringen. Gemeinden, Länder und Private müssen auch mittun, sonst bleiben wir weiterhin hinten. In diesem Bereich können bis 2003 85 000 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden, und der Europäische Rat in Lissabon hat uns das Ziel vorgegeben: In den nächsten zehn Jahren soll Europa zum dynamischsten Wirtschaftsraum im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien werden.

Es wurde auch ein gesamteuropäischer Fahrplan dafür beschlossen, und dieser Fahrplan wurde in Österreich bereits durch das ambitionierte Programm "e-Austria in e-Europe" umgesetzt, wobei der Schwerpunkt bei der Ausbildung der Jugend liegt.

Ich möchte ganz kurz anreißen, was da alles gemacht wird. Bis 2001: Alle Schulen ins Netz. Bis 2002: Schulung aller Lehrer. Ab 2001: Mit der Computer-Milliarde sollen nicht Computer angeschafft werden, sondern es sollen höchstqualifizierte Wissenschaftler und Fachleute mit speziellen IT-Ausbildungen für diese modernen Technologiebereiche in Österreich auf den Markt kommen. Fachhochschulstudiengänge für Telekommunikation, Informationsmanagement, Netzwerktechnik und Software-Engineering werden verstärkt eingerichtet werden.

Meine Damen und Herren! Was die EU will, ist für Österreich aber zu wenig, denn wenn wir nur das umsetzen, dann wird Österreich bloß zu einem braven E-Konsumenten, zu jemandem, der diese Technologien von den anderen kauft und sie dann anwendet. Das reicht aber bei uns nicht aus, denn auch wenn man Auto fährt, hat man noch keinen Automobilmarkt. Es hat sich gezeigt,


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29. Sitzung / Seite 227

dass nur in jenen Ländern, in welchen die Forschung, die Ausbildung und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirklich absolute Spitzenqualität haben und synergetisch zusammenwirken, das Umfeld dafür entstanden ist, dass man mit E-Spitzenprodukten auf dem Weltmarkt bestehen kann.

Die Bundesregierung hat im Hinblick auf dieses erklärte Ziel bereits beschlossen, dafür Kompetenzzentren einzurichten. Jetzt gilt es, diese Zentren untereinander zu vernetzen und auch Forscher aus dem Ausland hierher zu holen, damit sie hier ihre Ausbildung machen und ihre Erfahrungen weitergeben. Gleichzeitig ist es aber grundsätzlich wichtig, auch die Ausbildung unserer Forscher an den Universitäten zu überdenken. Wenn man sieht, dass IT-Entwickler bei uns oft keine abgeschlossene Ausbildung haben, weil der Markt sie schon vorher holt, dann ist klar, dass wir die Ausbildung viel flexibler und kürzer halten müssen. – Jetzt ist meine Rede doch länger geworden. Tut mir Leid! Dabei hätte ich noch viel mehr zu sagen gehabt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

23.55

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Ich möchte die heutige Debatte zu später Stunde zur Novellierung des Universitäts-Akkreditierungsgesetzes zum Anlass nehmen, Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, mit der Frage zu konfrontieren, welche Studienabschlüsse Sie sich für die künftigen Studien an den Hochschulen für pädagogische Berufe vorstellen.

Ich meine, dass man frühzeitig, also bereits in der jetzigen Entwicklungsphase Antworten auf diese sehr sensible Frage finden müssen wird.

Wir alle wissen, dass im postsekundären Bereich in den letzten Jahren weit reichende Neuerungen vorgenommen und Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, etwa betreffend das Universitäts-Organisationsgesetz und das Universitäts-Studiengesetz sowie Novellierungen betreffend die Kunsthochschule, die Fachhochschulentwicklung oder die Entstehung des Bakkalaureats.

Auch wenn die Mehrzahl dieser gesetzlichen Maßnahmen Rahmenrichtlinien für vermehrte Autonomieregelungen darstellen, so ist doch festzustellen, dass die Bereiche intensiver und besser aufeinander abgestimmt werden müssten. Es ist nämlich nicht klar erkennbar, wie sich die akademischen Graduierungen, die in den einzelnen Sektoren erzielt werden können, zueinander verhalten. Ich orte hier doch eine gewisse Unsicherheit. Ich glaube daher, dass im Interesse der Rechtssicherheit für die Studierenden, für die Absolventen, aber auch für die Dienstgeber in diesem Bereich eine nachvollziehbare Klarheit zu schaffen wäre. Darüber hinaus wäre die Kompatibilität zu den in Europa erreichbaren Studienabschlüssen einzufordern.

Frau Bundesminister! Haben Sie bereits Antworten auf diese Fragen? Welche Studienabschlüsse wird die Hochschule für pädagogische Berufe verleihen? In welcher Beziehung werden diese Studienabschlüsse an den Hochschulen für pädagogische Berufe zu den Studienabschlüssen für Lehrer an Sekundarstufen stehen? Wie wird die Beziehung der Studienabschlüsse an den Hochschulen für pädagogischen Berufen zu jenen an den Fachhochschulen und zu jenen der Bakkalaureat-Studien sein? – Mir ist klar, dass diese Fragen wahrscheinlich sehr unerwartet kommen. Wenn Sie heute nicht antworten, werde ich mir erlauben, eine schriftliche Anfrage dazu an Sie zu richten. (Beifall bei der SPÖ.)

23.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

23.58

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die neue Bundesregierung ein desolates finanzielles Erbe von den Sozialisten übernommen hat und dass


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29. Sitzung / Seite 228

auch die Universitäten ihren Beitrag zur Erreichung des Sparziels leisten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Vorweg bringe ich eine Anmerkung zur Donau-Universität Krems. (Abg. Dr. Jarolim: Erzählen Sie uns ein bisschen etwas!) Laut APA-Meldung vom heutigen Nachmittag sollen in die DonauUniversität weitere 495 Millionen Schilling fließen. Dem gegenüber beklagt der Chef der Rektorenkonferenz Georg Winckler in der morgigen Ausgabe des "Kurier" notwendige Einsparungen in seinem Bereich.

Frau Bundesminister! Ich halte gerade in diesem Zusammenhang ein ausgewogenes Vorgehen für notwendig. Von dieser Stelle aus habe ich vor kurzem die Donau-Universität als Fass ohne Boden bezeichnet. Frau Bundesminister! Ich wiederhole mich, aber ich halte eine Evaluierung der wissenschaftlichen Outputs für dringend geboten, bevor weitere Steuergelder unter welchem Titel auch immer in die Donau-Universität gesteckt werden!

Frau Bundesminister! Sie selbst haben, wenn ich Sie richtig interpretiere, kürzlich von der Unerlässlichkeit von Leistungskennzahlen im universitären Bereich gesprochen. Effizienzsteigerungen, strukturelle Weiterentwicklung in Richtung Vollrechtsfähigkeit und die Anerkennung von Privatuniversitäten sind notwendige und zukunftsweisende Entwicklungen im universitären Bereich. In einem umfassenden Bericht haben die Universitäten selbst unlängst ihre Vorstellungen von einer erweiterten Autonomie dargelegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage der erweiterten Autonomie der Universitäten steht nicht im luftleeren Raum. Viele andere Fragen sind damit verbunden, so etwa die Frage der Pragmatisierung, die Frage der Schaffung von neuen Anreizsystemen für Lehrende und die Frage der Etablierung von Privatuniversitäten.

Die Pragmatisierung von Professoren kann für knapp jüngere, engagierte Assistenten bedeuten, dass sie sich in einer beruflichen Einbahnstraße befinden. Die Pragmatisierung von Assistenten wiederum blockiert den Nachwuchs.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich befürworte daher die Abschaffung der Pragmatisierung (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) zugunsten von mehrjährigen Leistungsverträgen unter gleichzeitiger Schaffung neuer Anreize. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Variable, leistungsbezogene Einkommensteile sollten für Professoren und Assistenten eingeführt werden. Ich denke dabei an Kriterien wie die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und Übungen, an Forschungsergebnisse und Publikationen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang halte ich das von mir schon mehrfach angesprochene Universitätssponsoring für besonders wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Auch einzelne Fakultäten sollten ihre wirtschaftliche Gebarung autonom verbessern können, wobei die Absetzbarkeit von Sponsorengeldern ein wichtiger Faktor ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dabei könnte auch die Einrichtung eines gesponserten neuen Forschungsfonds überdacht werden, und zwar dergestalt, dass aktuelle Forschungsprojekte kurzfristig gefördert werden können. Ich denke dabei zum Beispiel an Dinge wie das "Loveletter"-Virus. Bei Vorhandensein eines entsprechend dotierten Fonds könnten sich Experten unverzüglich mit technischen oder rechtlichen Aspekten des Phänomens auseinander setzen und Forschungsergebnisse sofort online für jedermann zugänglich machen. Auch könnten mit einem derartigen Fonds Praxiszentren zur Unterstützung von neuen Forschungen und neuen Technologien von Universitätsangehörigen gegründet werden. Ich denke dabei zum Beispiel konkret an das geplante Zentrum für E-Commerce-Recht und Internet-Recht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine finanzielle Neuordnung der staatlichen Universitäten sowie eine Neuordnung des Dienstrechts für Universitätsangehörige ist für mich jedenfalls im Kontext mit der Akkreditierung von Privatuniversitäten zu sehen. Auf Zeit bestellte Universitätsprofessoren sollten nämlich ebenso wie andere im Wirtschaftsleben Stehende in ihrem Metier


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Job-Alternativen haben. Auch in diesem Zusammenhang ist mir das gleichberechtigte Nebeneinander von privaten und staatlichen Universitäten ein vordringliches Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Universitäts-Akkreditierungsgesetz bestimmt die Aufgaben des Akkreditierungsrates. Ich bin mir selbstverständlich darüber im Klaren, dass der noch unter Wissenschaftsminister Einem bestellte Akkreditierungsrat die seinerzeitigen Proporzverhältnisse widerspiegelt. Nicht festgelegt ist im Universitäts-Akkreditierungsgesetz allerdings, dass sich die Mitglieder dieser Behörde weiterer Gutachter bedienen, wobei sich für mich prinzipiell die Frage der Sinnhaftigkeit der Kosten sowie der Unabhängigkeit dieser Zusatzinstanz stellt.

Derzeit liegen sechs Anträge von Privatuniversitäten vor. Sinn und Zweck der autonomen Behörde Akkreditierungsrat ist die objektive Prüfung der Akkreditierungswerber. Sinn und Zweck kann es nicht sein, dass aktuelle oder potentielle Mitbewerber um den Status einer Privatuniversität als Gutachter herangezogen werden (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP) und so durch Einsicht in Unterlagen und Geschäftsbücher einen Wettbewerbsvorteil bekommen.

Der Präsident des Akkreditierungsrates, Professor Helmut Konrad, hat mir in diesem Zusammenhang zugesichert, dass Akkreditierungswerber auch das Recht haben, möglicherweise befangene Gutachter abzulehnen. Ich appelliere daher an Sie, Frau Bundesminister, diesen Umstand im Auge zu behalten und möglichen parteilich motivierten Entscheidungen vorzubeugen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steibl: Bravo!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie bereits von dieser Stelle aus gesagt, misst sich die Qualität einer Universität an dem Stellenwert, den ihre Absolventen in der Wirtschaft haben. Wir können nicht genug exzellent ausgebildete Universitätsabgänger haben, die sich in der Wirtschaft bewähren! Es war vorgesehen, dass die ersten Privatuniversitäten noch vor dem Sommer akkreditiert werden. Ich halte es für wichtig, diesen Zeitplan unter Wahrung größtmöglicher Objektivität einzuhalten. (Abg. Dr. Petrovic: Aber unseren Zeitplan auch!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zur Abänderung des Universitäts-Akkreditierungsgesetzes ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Die verliehenen akademischen Grade stellen in der Neufassung akademische Grade gemäß inländischen Studienvorschriften dar. Wie bereits gesagt: Die institutionelle Ex-ante-Nostrifizierung der Studienabschlüsse ist als zusätzlicher Schritt der Qualitätssicherung durch den Akkreditierungsrat gedacht und sollte daher meiner Ansicht nach auch von diesem unmittelbar wahrgenommen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen zukunftsweisenden Antrag zur Änderung des Universitäts-Akkreditierungsgesetzes durch Ihr Abstimmungsverhalten zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Forschungsbericht 2000, III-41 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Dr. Khol: Ohne Gusenbauer! – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer ist schon wieder nicht da!)


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29. Sitzung / Seite 230

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 163 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer schläft schon! Und Schmid hat Geburtstag!)

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend die Forschungsförderungsgesetz-Novelle samt Titel und Eingang in 164 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer schläft noch immer!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Khol: Wieder ohne Gusenbauer!)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Forschungsbericht 1999, III-19 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer ist nicht da, Herr Präsident!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Niederwieser und Genossen betreffend Vorrang für Forschung, Technologie und Innovation.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des den Platz von Abg. Dr. Gusenbauer einnehmenden Abg. Dr. Niederwieser –: Dem Gusenbauer ist ein Bart gewachsen! – Abg. Dr. Khol: Gusenbauer war wieder nicht da!)

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 166 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Für das Protokoll: Auch diese Abstimmung ohne Gusenbauer!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Khol: Ohne Gusenbauer!)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 167 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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29. Sitzung / Seite 231

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

33. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (22 der Beilagen): Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind (168 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das wird eine Fundamentalrede! – Gegenruf des Abg. Dr. Niederwieser.  – Abg. Dr. Pittermann  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Du weißt, ich kann noch länger, ja! Ich bin es schon gewöhnt, in der Nacht zu arbeiten! – Abg. Haigermoser: Was ist los? – Abg. Dr. Pittermann: Mich erschüttert Nachtarbeit nicht, ich habe oft genug Nachtarbeit und Wochenendarbeit getan! Also mich kann man damit nicht schrecken!)

0.09

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich sehe ein, die Damen und Herren dieses Hauses sind Nachtarbeit nicht gewöhnt. Daher werde ich meine Ausführungen sehr kurz halten. (Abg. Haigermoser: Wieso behaupten Sie das?)  – Weil alle so jammern, dass ich nachts reden könnte! Ich bin Nachtarbeit gewöhnt, mich erschüttert das nicht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wir sind einverstanden!) Je mehr Sie mich unterbrechen, desto länger bin ich hier. (Abg. Kiss: Das ist ja unglaublich! Sie werden mir immer "sympathischer"! – Weitere Zwischenrufe. ) Ich habe nichts dagegen, ich habe Nächte durchgearbeitet. Mich kränkt das nicht.

Meine Fraktion ... (Anhaltende Zwischenrufe.) Wenn Sie wollen! Wir können die Redezeit, die ich noch habe – ich bin die letzte Rednerin meiner Fraktion –, ausschöpfen. Nein, mich stört das nicht. (Abg. Haigermoser: Sie haben ja gar nicht so viel aufgesetzt!)  – Bitte? (Abg. Haigermoser: Sie haben gar nicht so viel aufgesetzt!) Ich kann auch extemporieren. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Das schaffe ich ohne weiteres.

Wir Sozialdemokraten haben uns immer sehr für den Tierschutz eingesetzt. Wir wollten auch immer ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, aber das war in der vergangenen Gesetzgebungsperiode leider nicht durchzusetzen. Ich erinnere mich jedoch daran, dass auch Sie das immer wieder gefordert haben. Vielleicht kommt es in dieser Gesetzgebungsperiode dazu. Wir würden uns sehr darüber freuen.

Wir stimmen auch aus diesem Grund dieser Gesetzesvorlage zu, die auf Grund einer EU-weiten Richtlinie nötig ist. Ab 30. Juni 2000 gibt es für Kosmetika keine Tierversuche mehr. Es war beim Recherchieren über die verschiedenen Meinungen sehr interessant, zu sehen, dass von "Ärzte gegen Tierversuche" in Deutschland gefordert wurde, als Alternativmethode Material aus Operationszellen oder auch Material aus Fehlgeburten oder aus Plazenten zu verwenden.

Wenn man Tierversuche vehementest ablehnt, dann wird man auch alternative Wege beschreiten müssen. Da ist wirklich ein Umdenken gefordert im Hinblick darauf, was eventuell ethisch möglich ist. Ich halte es nicht für sinnvoll, Materie, die niemandem mehr nützt, zu vernichten und nicht zu verwenden, und auf der anderen Seite grausame Tierversuche durchzuführen.

Diese Kosmetikrichtlinie betrifft nicht nur die dekorative Kosmetik, sondern auch Körperpflegemittel und Sonnenschutzmittel. Die Firmen wollen sich natürlich absichern.

Wir halten dieses Gesetz für ausgesprochen gut. Wir fordern Sie auf, gemeinsam mit uns zu überlegen, welche alternativen Methoden wir für Tierversuche einsetzen können.


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29. Sitzung / Seite 232

Ich möchte aber Ihren Schlaf nicht länger aufhalten, hoffe sehr, dass Sie in dieser Gesetzgebungsperiode noch für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz stimmen werden, und wünsche Ihnen allen eine gute Nacht! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Sind Sie müde?)

0.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Leiner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.12

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich weiß, es ist sehr spät. (Abg. Schwarzenberger: Sehr früh!) Ich werde mich sehr kurz fassen.

Ich möchte nur Folgendes sagen: In der letzten Legislaturperiode haben wir bereits ein sehr gutes Gesetz gemacht, das den Tierschutz wirklich ... (Abg. Dr. Mertel: Sie waren dabei? Ich habe gedacht, Sie waren nicht dabei? Man hört doch, dass die ÖVP nie dabei war!)  – Freilich, das haben wir mit Ihnen gemacht! (Abg. Dr. Mertel: Ach, wohl?) Selbstverständlich! Es gibt ja auch Momente, in denen Sie vernünftig sind, sehen Sie! (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt kommt ein weiterführendes Gesetz, das ich sehr begrüße. Ich möchte aber rückblickend kurz darauf hinweisen, dass es eine furchtbare Zeit gegeben hat. Bereits 1859 hat Claude Bernard ein entsprechendes Buch herausgegeben, das damals eigentlich tief greifend und revolutionär war und in dem er Tierexperimente empfohlen hat. Damals hat man Tiere in ganz grausamer Art und Weise gequält, indem man sie angenagelt und angebunden hat, sie ohne Anästhesie operiert hat, entsprechend auch an den Extremitäten und im Abdomen.

Das wurde dann weitergeführt, und da muss man auch darauf hinweisen, dass das auch bei Menschen gemacht wurde: bei Gefangenen, bei Kriegsgefangenen, bei Sträflingen, auch bei politisch Verfolgten. Jetzt ist man davon doch weggekommen. Man hat damals in der naturwissenschaftlichen Medizin mit dieser Weglegung des Geschöpfes Tier auch die Seele des Menschen weggelegt. Man hat im Sprachgebrauch bereits gesagt: "die Galle" auf Zimmer 6 oder "der Magen" auf Zimmer 7.

Ich hoffe, dass das heute besser wird und dass der Mensch wieder im Mittelpunkt steht, auch der Tierschutz wieder in den Vordergrund gerückt wird. Wir brauchen die Tierversuche für Kosmetika nicht mehr, erstens, weil genügend Kosmetika vorhanden sind, und zweitens, weil es kein sicheres Moment gibt. Wir wissen genau, dass Versuche, die mit einem bestimmten Tier und einem bestimmten Präparat gemacht werden, keinen sicheren Beweis für die Sicherheit des Präparates liefern. Es gibt darüber nur Vermutungen oder Hypothesen.

Drittens gibt es genügend andere Möglichkeiten, zum Beispiel Gewebskulturen von Hautgewebe oder auch von Hühnereiern. Die Embryonen von Hühnereiern können heute sehr gut dafür herangezogen werden. Es gibt auch im Frauenfeld-Institut in Stuttgart entsprechende neue Ergebnisse, die das bestätigen.

Wir müssen nur darauf achten, dass für diese Alternativmethoden genügend finanzielle Mittel bereitgestellt werden beziehungsweise auch Anregungen dafür vorhanden sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Schlögl. )

0.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Grollitsch: Drei!)

0.16

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Wachgebliebene! Ich erspare Ihnen einen kurzen Debattenbeitrag zu diesem Konsensgesetz nicht. Ich habe ohnehin schon darauf verzichtet – etwa beim letzten


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29. Sitzung / Seite 233

Tagesordnungspunkt –, die Sozialdemokratie mit ihren Versäumnissen in der Forschungspolitik zu konfrontieren. Ihre Bescheidenheit auf diesem Sektor – aber auch Ihre Schüchternheit, meine Herrschaften, mir gegenüber! –, hat dazu geführt, dass wir mit unserer Forschungsquote von 1,5 Prozent des BIP irgendwo im Niemandsland sind.

Aber sei’s drum – das Ende dieses langen Tages sei dem Konsens gewidmet. Es ist schön, dass wir zu diesem Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die aus Tierversuchen entstanden sind oder mit Hilfe von Tieren überprüft worden sind, hier Konsens gefunden haben.

Eines soll nicht vergessen sein, Freund Leiner: Wir hätten schon 1998 im Zuge einer Novelle des Tierversuchsgesetzes – das Gesetz stammt aus 1988 – diese EU-Richtlinie umsetzen können. Aber die Regierung entschied sich damals dafür, Tierversuchs-Kosmetika bis zum letztmöglichen Termin – das ist der 30. Juni 2000 – auf dem Markt zu belassen.

Nun kommt es also zu diesem kleinen Gesetz, dessen Vollzug im Übrigen dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen obliegt.

Die Kosmetikindustrie hat sich nunmehr zwingend einer Substitutionsmethode zu befleißigen und ohne Tierversuche zu forschen.

Der nächste Schritt – damit ist die Frau Bundesminister angesprochen; sie wendet mir im Moment ihren Rücken zu (Bundesministerin Gehrer spricht neben der Regierungsbank mit Beamten)  – liegt im Vollzugsbereich Ihres Bundesministeriums, Frau Ministerin. Der nächste Schritt muss die Weiterentwicklung des Tierversuchsgesetzes sein. (Abg. Dr. Niederwieser: Das sind schon die ersten Zeichen der Entfremdung!) Dieses, Herr Kollege Niederwieser, normiert im § 4, dass Tierversuche sich am jeweils anerkannten Stand der Wissenschaften zu orientieren haben. Die Wissenschaften vermögen Tierversuche inzwischen weitgehend zu substituieren. Unterstützen wir gemeinsam die Zauderer vor allem im Bereich der Pharmaindustrie durch eine zeitgemäße Anpassung des Tierversuchsgesetzes!

Ich lade Sie wirklich alle ein, diesen nächsten Schritt – auch im Sinne der Erfüllung von Anliegen aus dem Tierschutz-Volksbegehren – mit uns zu gehen. Machen wir auch daraus eine Konsensmaterie und entwickeln wir gemeinsam das Tierversuchsgesetz! – Gute Nacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt das Ceterum censeo!)

0.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Hohes Haus! Sie wissen, dass ich mich seit langem sehr für den Tierschutz einsetze. Dass ich gegen Tierversuche bin, orientiert sich stärker am Schutz der Menschen, weil ich der Meinung bin, dass Tierversuche letztlich eine Sackgasse der Forschung darstellen. Die Analogien zwischen Mensch und Tier sind zu vage, um einen sicheren Schutz zu bieten. (Beifall der Abgeordneten Dr. Leiner und Dr. Puttinger. ) – Ich danke sehr.

Vor allem führen die Tierversuche immer wieder zu einer sehr kritiklosen Zulassung von Stoffen, die sich oft erst viel, viel später im ökologischen Kreislauf als problematisch herausstellen. Deswegen muss es letztlich das Ziel sein, alle Tierversuche abzuschaffen und zu ersetzen.

Aber immerhin: Ich sehe dieses Gesetz als einen ersten Schritt in diese Richtung an. Daher stimme ich zu. (Beifall bei den Grünen.)

0.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
29. Sitzung / Seite 234

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 168 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Einlauf

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 177/A bis 190/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 867/J bis 919/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 7. Juni 2000, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist in der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung enthalten.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 0.22 Uhr