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32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 5., und Donnerstag, 6. Juli 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 5., und Donnerstag, 6. Juli 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 5. Juli 2000: 9.02 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 6. Juli 2000: 0.00 – 2.14 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000)

2. Punkt: Bericht und Antrag über ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheater-Pensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung


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32. Sitzung / Seite 2

zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 188/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden

8. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, aufgehoben wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 166/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 51/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung und Belebung der Nahversorgung

11. Punkt: Bericht über den Antrag 203/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser, Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden

13. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1998

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit

16. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit

17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit

18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit

19. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit


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32. Sitzung / Seite 3

20. Punkt: Bericht über den Antrag 145/A der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 57/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend bundesweite Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes

24. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 93/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Weiterentwicklung des Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplans (ÖKAP/GGP)

25. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 92/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Modell einer zentralen Qualitätssicherung und -kontrolle

26. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 94/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Verbesserung der Qualitätskontrolle in Krankenanstalten

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird

28. Punkt: Bericht über den Antrag 182/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (1. Ärztegesetz-Novelle)

29. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 159/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten

30. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 143/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Ernest Windholz 26

Angelobung des Abgeordneten Dr. Dieter Böhmdorfer 26

Personalien

Verhinderungen 26

Ordnungsrufe 69, 224

Geschäftsbehandlung

Erklärung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer hinsichtlich des Verlangens des Abgeordneten Dr. Andreas Khol auf Erteilung eines Ordnungsrufes 43


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32. Sitzung / Seite 4

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes 264 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 44

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 697/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 46

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 198

Redner:

Rudolf Parnigoni 198

Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 200, 203

Anton Heinzl 201

Mag. Helmut Kukacka 203

Mag. Reinhard Firlinger 204

Dr. Evelin Lichtenberger 206

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 46

Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (254 und Zu 254 d. B.) über die Regierungsvorlage 181 d. B. betreffend Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000 gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung 64, 230

Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen, den Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (263 d. B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung 95, 230

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, den Bericht des Verfassungsausschusses (259 d. B.) über die Regierungsvorlage 175 d. B. betreffend Pensionsreformgesetz 2000 gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung 230, 230

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen betreffend Pensionsreformgesetz 2000 (259 d. B.):

Dr. Peter Kostelka 143

Dr. Michael Spindelegger 143

Karl Öllinger 143

Mag. Herbert Haupt 144

Erklärung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend die vorgebrachten Einwände gegen den Abänderungsantrag zu 259 d. B. 154

Wortmeldungen ebenfalls im Zusammenhang mit oben erwähntem Abänderungsantrag:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 154, 156

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 155

Dr. Peter Kostelka 156

Unterbrechungen der Sitzung 157, 231, 234, 238, 238, 284

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 231, 238, 284

Wiederholung der Abstimmung über Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen 238


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32. Sitzung / Seite 5

Aktuelle Stunde (8.)

Thema: "Die Politik der Bundesregierung nach dem EU-Gipfel von Feira"

Redner:

Dr. Andreas Khol 27

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 29

Peter Schieder 31

Dr. Michael Spindelegger 32

Ing. Peter Westenthaler 34

Dr. Alexander Van der Bellen 35

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 36

Dr. Josef Cap 37

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 39

Mag. Karl Schweitzer 41

Dr. Peter Pilz 42

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 26

Ausschüsse

Zuweisungen 45

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler 45

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Versagen der Anti-Atompolitik der Bundesregierung bei der geplanten Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin (986/J) 157

Begründung: Dr. Eva Glawischnig 160

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 165

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 171

Mag. Ulrike Sima 173

Matthias Ellmauer 175

Mag. Karl Schweitzer 177

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 178, 193

Dr. Gabriela Moser 180

Georg Oberhaidinger 182

Erwin Hornek 184

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 186

Dr. Evelin Lichtenberger 187

Otmar Brix 189

Karlheinz Kopf 191

Ing. Gerhard Fallent 193

Ing. Herbert L. Graf 194

Mag. Barbara Prammer 196


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32. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Anti-Atompolitik der Bundesregierung in Bezug auf die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin – Ablehnung 182, 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin unter Berücksichtigung des Atomstromimports – Ablehnung 188, 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerks Temelin – Ablehnung 190, 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Matthias Ellmauer und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerks Temelin – Annahme (E 14) 192, 198

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (181 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) (254 und Zu 254 d. B.) 47

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (263 d. B.) 47

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (175 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheater-Pensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000) (259 d. B.) 47

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 47

Werner Amon 51

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigungen) 53, 207, 226

Karl Öllinger 53

Wolfgang Großruck (tatsächliche Berichtigung) 58

Mag. Herbert Haupt 58

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) 62

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 62

Heidrun Silhavy 62

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 65

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) 69

Annemarie Reitsamer (tatsächliche Berichtigungen) 69, 85

Mag. Karin Hakl 69

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 71

Dr. Kurt Grünewald 71

Theresia Zierler 75

Rudolf Nürnberger 77, 229


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32. Sitzung / Seite 7

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) 80

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 80

Mag. Herbert Haupt (tatsächliche Berichtigung) 83

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 84

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 84

Nikolaus Prinz 85

Helmut Dietachmayr (tatsächliche Berichtigung) 88

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 88

Reinhart Gaugg 90

Annemarie Reitsamer 92

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 96, 229

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 98

Theresia Haidlmayr 144

Dr. Alois Pumberger 146

Dr. Ilse Mertel 148

Karl Donabauer 150

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 152, 226

Dr. Elisabeth Pittermann 207

Dr. Gerhard Kurzmann 208

Otto Pendl 209

Edeltraud Lentsch 212

Josef Edler 213

Anna Elisabeth Aumayr 214

Mag. Walter Tancsits 215

Mag. Rüdiger Schender 216

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 217

Dr. Gerhart Bruckmann 219

Edith Haller 210

Dr. Reinhold Mitterlehner 221

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) 222

Sigisbert Dolinschek 223

Dr. Gottfried Feurstein 224

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend langfristige Sicherung des Pensionssystems – Annahme (E 16) 53, 233

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend das Pensionsreformgesetz 2000 – Ablehnung 210, 240

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 254 und Zu 254, 263 und 259 d. B. (namentliche Abstimmungen) 230

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 254 und Zu 254 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserungen für Gleitpensionen (E 15) 233

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (176 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das


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32. Sitzung / Seite 8

Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000) (260 d. B.) 240

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (179 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (261 d. B.) 241

Redner:

Otto Pendl 241

Edeltraud Lentsch 242

Dr. Kurt Grünewald 242

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 243

Dr. Gerhard Kurzmann 243

Dr. Josef Cap 244

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 260 und 261 d. B. 245

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 188/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (264 d. B.) 246

Redner:

Karl Öllinger 246

Mag. Cordula Frieser 248

Dr. Peter Kostelka 248

Mag. Gilbert Trattner 249

Annahme des Gesetzentwurfes 249

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (66 und Zu 66 d. B.): Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden (210 d. B.) 250

8. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (195 d. B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, aufgehoben wird (211 d. B.) 250

Redner:

Georg Oberhaidinger 251

Karlheinz Kopf 253

Dr. Eva Glawischnig 256

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 258

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 259


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32. Sitzung / Seite 9

Dr. Reinhold Mitterlehner 26
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32. Sitzung / Seite 10

1

Ing. Herbert L. Graf 261

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend Förderung von Ökostrom und Fortsetzung der Anti-Kernenergie-Politik in Österreich – Annahme (E 17) 262, 263

Annahme des Gesetzentwurfes in 210 d. B. 263

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung in 211 d. B. 263

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 166/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (212 d. B.) 264

10. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 51/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung und Belebung der Nahversorgung (213 d. B.) 264

Redner:

Mag. Maria Kubitschek 264

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 265

Dr. Eva Glawischnig 267

Helmut Haigermoser 268

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 270

Dr. Gabriela Moser 270

Annahme des Gesetzentwurfes in 212 d. B. 271

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 213 d. B. 27


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32. Sitzung / Seite 11

2

11. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 203/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser, Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird (214 d. B.) 27


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32. Sitzung / Seite 12

2

Annahme des Gesetzentwurfes in 214 d. B. 272

12. Punkt: Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden (216 d. B.) 272

Redner:

Franz Riepl 273

Mag. Dr. Josef Trinkl 274

Dieter Brosz 275

Sigisbert Dolinschek 277

Mag. Kurt Gaßner 279

Dr. Gottfried Feurstein 280

Emmerich Schwemlein 280

Helmut Haigermoser 281

Emmerich Schwemlein (tatsächliche Berichtigung) 282

Patrick Ortlieb 283

Annahme des Gesetzentwurfes in 216 d. B. (namentliche Abstimmung) 283

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht (III-40 d. B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1998 (194 d. B.) 286

Redner:

Karl Öllinger 286

Dr. Elisabeth Pittermann 288

Dr. Alois Pumberger 289

Sophie Bauer 289

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 290

Kenntnisnahme des Berichtes III-40 d. B. 291

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (65 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit (248 d. B.) 291

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (74 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit (249 d. B.) 291

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (82 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit (250 d. B.) 291

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (88 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit (251 d. B.) 291

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (89 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit (252 d. B.) 291

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (112 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit (253 d. B.) 291

Berichterstatter: Dr. Gottfried Feurstein 292

Redner:

Arnold Grabner 292

Karl Öllinger 293

Genehmigung der sechs Staatsverträge in 65, 74, 82, 88, 89 und 112 d. B. 294

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 145/A der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (256 d. B.) 294

Redner:

Gabriele Heinisch-Hosek 295

Ridi Steibl 296

Mag. Rüdiger Schender 296

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 256 d. B. 297

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (6 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (152 d. B.) 297

Redner:

Mag. Johann Maier 297

Nikolaus Prinz 298

Mag. Herbert Haupt 299

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 300

Heinz Gradwohl 300

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 301

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Antibiotikaverbot – Ablehnung 300, 303

Annahme des Gesetzentwurfes in 152 d. B. 302

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (182 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (233 d. B.) 303

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 57/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend bundesweite Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (232 d. B.) 303

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 93/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Weiterentwicklung des Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplans (ÖKAP/GGP) (234 d. B.) 303

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 92/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Modell einer zentralen Qualitätssicherung und -kontrolle (153 d. B.) 303

26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 94/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Verbesserung der Qualitätskontrolle in Krankenanstalten (235 d. B.) 303

Redner:

Dr. Elisabeth Pittermann 303

Dr. Günther Leiner 304

Dr. Kurt Grünewald 305

Dr. Erwin Rasinger 306

Dr. Alois Pumberger 307

Mag. Beate Hartinger 307

Harald Fischl 307

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) 308

Annahme des Gesetzentwurfes in 233 d. B. 309

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 232 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend bundesweite Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (E 18) 309

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 234, 153 und 235 d. B. 309

27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (183 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (236 d. B.) 309

Annahme des Gesetzentwurfes in 236 d. B. 309

28. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 182/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (1. Ärztegesetz-Novelle) (237 d. B.) 310

Redner:

Dr. Elisabeth Pittermann 310

Dr. Erwin Rasinger 311

Annahme des Gesetzentwurfes in 237 d. B. 311

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 159/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten (238 d. B.) 312

30. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 143/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg (239 d. B.) 312

Redner:

Annemarie Reitsamer 312

Theresia Haidlmayr 313

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 238 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten (E 19) 313

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 239 d. B. 314

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 45

Bürgerinitiative betreffend "Zivildienstnovelle 2000" (Ordnungsnummer 5)

Regierungsvorlagen 44

96: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

100: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

108: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteue


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32. Sitzung / Seite 13

rung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

111: Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz geändert wird

201: Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ

203: Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen

Zu 66: Änderung der Regierungsvorlage 66 der Beilagen betreffend Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden

Berichte 45

III-39: Dreiundzwanzigster Bericht (1. Jänner bis 31. Dezember 1999); Volksanwaltschaft

III-50: Bericht über gemeinwirtschaftliche Leistungen der Post und Telekom Austria AG in den Jahren 1998 und 1999; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-53: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 1999; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-54: Bericht gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 und das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz geändert werden (209/A)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2000 – UrhG.-Nov. 2000) (210/A)

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen gemäß Art. 49b B-VG iVm § 26 GOG-NR auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b B-VG über die Weiterentwicklung des EU-Rechts zur Sicherstellung der Gleichberechtigung und der demokratischen Rechte aller EU-Mitgliedsstaaten, zur Garantie von Grund- und Freiheitsrechten in der Europäischen Union sowie zur Schaffung eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei behaupteter Verletzung von Grundwerten der Europäischen Union und zur sofortigen Aufhebung der ungerechtfertigten Sanktionen gegen Österreich (211/A)

Karl Öllinger und Genossen betreffend Anpassung des Systems der "Politikerpensionen" an die anderen Pensionssysteme (212/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Forschungsprogramm über Auswirkungen von GSM-Emissionen (213/A) (E)


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32. Sitzung / Seite 14

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend ein Künstlerinnensozialversicherungs-Fondsgesetz (KSVFG) (214/A)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend die Einrichtung von Clearingstellen (215/A) (E)

Dr. Michael Spindelegger, Mag. Reinhard Firlinger, Ing. Kurt Gartlehner, Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau (216/A)

Mag. Dr. Udo Grollitsch, Nikolaus Prinz und Genossen betreffend Verschärfung der Zucht- und Haltungsbedingungen für "potentiell gefährliche" Hunde (217/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Ludmilla Parfuss und Genossen betreffend obligatorische Kennzeichnung der Eier nach der Haltungsform (218/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Schutz der Bevölkerung vor Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (219/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden ("Kampfhunden") ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden (220/A)

Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend gesetzliche Regelungen für Lagerungs- und Stützverbandstechniker in Spitalsambulanzen (221/A) (E)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg (222/A) (E)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe (223/A) (E)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend Schließung datenschutzrechtlicher Lücken im Ärztegesetz 1998 (224/A) (E)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend Entschädigungen für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen (225/A) (E)

Rudolf Schwarzböck, Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (226/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947, geändert wird (227/A)

Franz Riepl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (228/A)

Heinz Gradwohl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (229/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verschärfung des Tierversuchsgesetzes (945/J)


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32. Sitzung / Seite 15

Harald Fischl und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die seinerzeitige Vergabe des Ökopunktesystems bzw. derzeit laufenden Maßnahmen der ASFINAG zur Implementierung eines flächendeckenden Mautsystems ab dem Jahr 2002 (946/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ausnahme der Erntehelfer von der gesetzlichen Pensionsversicherung (947/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend fragwürdige EU-Förderungsprogramme für Österreichs Bauern (948/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verweigerung der Universitätsräumlichkeiten für Diskussionsveranstaltungen (949/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausübung exklusiver Fernsehübertragungsrechte (950/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ausübung exklusiver Fernsehübertragungsrechte (951/J)

Mag. Karl Schweitzer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bank Burgenland (952/J)

Harald Fischl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die strafrechtliche Verfolgung im Hinblick auf die Vorgangsweise bzw. die getätigten Handlungen im Zuge der seinerzeitigen Vergabe des Ökopunktesystems (953/J)

Peter Schieder und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reise nach Madrid, Paris und London im Juni 2000 (954/J)

Gabriele Binder und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Weiterführung der Ybbstalbahn (955/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Befreiung von der Vignettenpflicht (956/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Zweck der Reise von Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zum libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi (957/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Objektivität der Staatsanwaltschaft; Oberstaatsanwalt Harald ("Wahnfried") Eisenmenger (958/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Reise des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider zum libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi (959/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes (960/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes (961/J)


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32. Sitzung / Seite 16

Dr. Peter Wittmann und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Schließung der Nebenbahnen in den Bezirken Wr. Neustadt und Neunkirchen (962/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend einen höchst peinlichen Auftritt des Wirtschaftsministers bei der EXPO 2000 in Hannover (963/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsinfrastruktur (964/J)


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32. Sitzung / Seite 17

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auswirkungen des Zivildienerstopps im Bereich des Innenministeriums (965/J)


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32. Sitzung / Seite 18

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Neubau des Linzer Hauptbahnhofes (966/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Planung der Gürtelstraßen in Graz (967/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Abgeltung der administrativen Belastung der LehrerInnen (im täglichen Sprachgebrauch als Klassenvorstandsbelohnung bezeichnet) (968/J)


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32. Sitzung / Seite 19

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Hooligans; wachsendes Gefahrenpotential (969/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Hooligans; wachsendes Gefahrenpotential (970/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Existenzgefährdung von Zivildienern durch Disziplinarstrafen (971/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gefährdung der Auslandsdienste gemäß § 12b Zivildienstgesetz (972/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Protest-LKW" auf dem Wiener Ballhausplatz (973/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Diskriminierung behinderter Flugpassagiere (974/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rückvergütung der Mehrwertsteuer an Ausländer (975/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Preisauszeichnung von Wechselgebühren (976/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Preisauszeichnung von Wechselgebühren (977/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend LDS Lotto-Direkt-Service; LTD; (Verwaltungsbüro Österreich); Zulässigkeit (978/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kompetenzfragen der Staatshaftung bei "Arena-Geschädigten" (979/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kompetenzfragen der Staatshaftung bei "Arena-Geschädigten" (980/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Auslandsüberweisungen benachteiligen VerbraucherInnen" (981/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unzureichende Freimachung bei Postdiensten (982/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Donnerstags-Demonstrationen (983/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Sicherung der Restwassermengen in Österreichs Fließgewässern (984/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Freiheit der Kunst, Schlingensief und das hinterfragenswürdige Agieren des Justizministers (985/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Versagen der Anti-Atompolitik der Bundesregierung bei der geplanten Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin (986/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aktivitäten zur Gewährleistung der Nahversorgung der Bevölkerung (987/J)

Reinhold Lexer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrssicherheit des Packabschnitts und des Gräberntunnels auf der Süd Autobahn (988/J)

Matthias Ellmauer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ostumfahrung Traunkirchen (989/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Existenzgefährdung von Zivildienern durch die Streichung des § 28 Zivildienstgesetz (990/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geschlechtsspezifische Kostenverursachung im Straßenverkehr (991/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geplante Fahrplanänderungen auf der Aspangbahn (992/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Killerhunde" oder verantwortungslose Hundehalter? (993/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geplante Fahrplanänderungen auf der Aspangbahn (994/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend konsumenten/innenfreundliche Regelungen im Telekommunikationsbereich (995/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend konsumenten/innenfreundliche Regelungen im Telekommunikationsbereich (996/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Volkszählung 2001 (997/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Volkszählung 2001 (998/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Volkszählung 2001 (999/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Volkszählung 2001 (1000/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verhinderung des von den ÖBB geplanten Kahlschlags bei den Nebenbahnen (1001/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Chat am 26.6.2000 im "Standard" (1002/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Fernreise von Schulleiter/innen und Inspektoren/innen nach Australien (1003/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Softdrinks schwächen die Knochensubstanz" (1004/J)

Dr. Caspar Einem und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die ausständigen Zahlungen des Bundessozialamtes an die Kursträger des Arbeitsmarktservice (1005/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Handel mit pyrotechnischen Artikeln und Sicherheitsfragen (1006/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Feuerwerksfirmen und Sicherheitsfragen (1007/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Handel mit pyrotechnischen Artikeln und Sicherheitsfragen (1008/J)

Rudolf Edlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend PSK-Privatisierung (1009/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Dienstvertrag von Dr. Franz Macho (1010/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verwaltungsverfahren nach § 32 KSchG und Verfahrensergebnisse (1011/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung (1012/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Monitoring Group gegen Doping – rechtliche Maßnahmen gegen Sanktionen (1013/J)

*****

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Anfrage "Autonome Polizisten" (486/J/XXI. GP), gerichtet an den Bundesminister für Inneres; unzulängliche bzw. nachweislich falsche Anfragebeantwortung (518/AB/XXI. GP) (7/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend BVD-Virus (883/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Ennsnahe Trasse" (929/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (627/AB zu 618/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andrea Wolfmayr und Genossen (628/AB zu 622/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (629/AB zu 633/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (630/AB zu 624/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (631/AB zu 625/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (632/AB zu 626/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (633/AB zu 630/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (634/AB zu 631/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (635/AB zu 619/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (636/AB zu 620/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (637/AB zu 629/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (638/AB zu 632/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (639/AB zu 639/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (640/AB zu 662/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (641/AB zu 704/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (642/AB zu 635/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (643/AB zu 640/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (644/AB zu 641/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (645/AB zu 637/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (646/AB zu 638/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernd Brugger und Genossen (647/AB zu 658/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (648/AB zu 674/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (649/AB zu 692/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (650/AB zu 702/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (651/AB zu 843/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Heindl und Genossen (652/AB zu 643/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (653/AB zu 683/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (654/AB zu 708/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (655/AB zu 667/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (656/AB zu 661/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (657/AB zu 668/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (658/AB zu 675/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (659/AB zu 642/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (660/AB zu 644/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (661/AB zu 647/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (662/AB zu 676/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (663/AB zu 687/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (664/AB zu 706/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (665/AB zu 707/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (666/AB zu 670/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (667/AB zu 678/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (668/AB zu 710/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (669/AB zu 688/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (670/AB zu 689/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (671/AB zu 681/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (672/AB zu 686/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (673/AB zu 680/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (674/AB zu 659/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (675/AB zu 682/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (676/AB zu 700/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (677/AB zu 646/J)


Nationalrat, XXI.GP
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32. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (678/AB zu 649/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (679/AB zu 660/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (680/AB zu 663/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (681/AB zu 679/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (682/AB zu 691/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (683/AB zu 713/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (684/AB zu 719/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (685/AB zu 732/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (686/AB zu 788/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (687/AB zu 650/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (688/AB zu 651/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (689/AB zu 652/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (690/AB zu 653/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (691/AB zu 654/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (692/AB zu 655/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (693/AB zu 669/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (694/AB zu 677/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (695/AB zu 690/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (696/AB zu 693/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (697/AB zu 699/J)


Nationalrat, XXI.GP
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32. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (698/AB zu 712/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Genossen (699/AB zu 648/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (700/AB zu 665/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (701/AB zu 685/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (702/AB zu 723/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (703/AB zu 673/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (704/AB zu 694/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (705/AB zu 722/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (706/AB zu 664/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (707/AB zu 671/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (708/AB zu 672/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (709/AB zu 645/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Sevignani und Genossen (710/AB zu 656/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (711/AB zu 666/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (712/AB zu 684/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Sevignani und Genossen (713/AB zu 657/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (714/AB zu 759/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (715/AB zu 845/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (716/AB zu 718/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (717/AB zu 701/J)


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32. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (718/AB zu 705/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (719/AB zu 703/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (720/AB zu 711/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (721/AB zu 714/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (722/AB zu 715/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (723/AB zu 716/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (724/AB zu 795/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (725/AB zu 858/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (726/AB zu 717/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (727/AB zu 720/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (728/AB zu 721/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (729/AB zu 760/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (730/AB zu 762/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (731/AB zu 856/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (732/AB zu 829/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (733/AB zu 777/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (734/AB zu 763/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (735/AB zu 735/J)


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32. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (736/AB zu 784/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (737/AB zu 785/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (738/AB zu 794/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (739/AB zu 725/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Leiner und Genossen (740/AB zu 749/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (741/AB zu 825/J)

 

 


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32. Sitzung / Seite 26

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 32. Sitzung des Nationalrates zur anberaumten Zeit.

Die Amtlichen Protokolle der 29. Sitzung sowie der 30. Sitzung und auch der 31. Sitzung sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben. Sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Ing. Gerhard Bauer, Platter, Dr. Povysil, Mag. Lunacek und Mag. Stoisits.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Ernest Windholz auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Dr. Böhmdorfer in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein des Genannten vorliegt und dieser im Hause anwesend ist, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich darf Herrn Schriftführer Auer bitten, die Gelöbnisformel zu verlesen, und bitte Sie, meine Damen und Herren, sich von den Plätzen zu erheben.

Schriftführer Jakob Auer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und Grünen.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird heute durch Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:


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32. Sitzung / Seite 27

"Die Politik der Bundesregierung nach dem EU-Gipfel von Feira"

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. Danach wird es eine Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers geben. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Khol.

9.05

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Der Gipfel der Europäischen Union von Feira im Juni und das Ende der portugiesischen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union waren für Österreich und seine Hoffnungen auf gleichberechtigte Behandlung eine große Enttäuschung. Wir stellen daher heute Ihnen, Herr Bundeskanzler, und damit der gesamten Bundesregierung die Frage: Wie wird die österreichische Bundesregierung damit umgehen? Wie geht es weiter?

Meine Damen und Herren! Vor genau fünf Monaten ist eine neue Regierung angelobt worden. Diese Regierung hat schnell und zielstrebig Reformen angepackt und in einer unglaublichen Geschwindigkeit, trotz der ungerechtfertigten Sanktionen der 14 Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Reformpolitik für Österreich verwirklicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Sanktionen haben die Regierung nicht daran gehindert, aber sie waren ein Klotz am Bein. Trotzdem ist es gelungen, und zwar sehr schnell, ein Budget für das Jahr 2000 zu beschließen und die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten – ein Jahrzehnteprojekt! – endlich umzusetzen. Wir haben die Privatisierung durchgeführt und die staatlichen Betriebe dem Staatseinfluss und dem Postenschacher entzogen. Wir haben die Mieten liberalisiert, wir haben eine Steuerreform, die wir im letzten Jahr beschlossen haben, finanziert, sodass jeder Österreicher und jede Österreicherin in diesem Jahr mehr Geld in der Tasche hat. Das alles haben wir gemacht – trotz dieser Sanktionen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In diesen drei Tagen beschließen wir eine Pensionsreform, eine wahrhaft soziale Pensionsreform (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), mit der die Lebenschancen für die ältere Generation gesichert werden. – Wir wissen schon, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, dass Sie über solche Fragen lachen, doch uns ist es ernst damit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Durch diese Pensionsreform können sich auch die jungen Menschen eine Pension erwarten. Mit dieser Pensionsreform sind alle – und das ist wahrhaft sozial – Generationen in Sicherheit. (Abg. Reitsamer: Können Sie sich noch in den Spiegel schauen?)

Wir beschließen eine Krankenkassenfinanzierung, wir beschließen die Liberalisierung des Bereiches Strom und Gas, und wir beschließen richtungweisende Umweltgesetze. All das haben wir trotz der Sanktionen der EU-14 erledigt, und dennoch, meine Damen und Herren, müssen diese Sanktionen weg, und zwar so schnell wie möglich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Bundesregierung hat ein Aktionsprogramm beschlossen, das sehr einfach war. 18 Punkte wurden abgearbeitet: Information, Diplomatie, stille Diplomatie, Medienarbeit, Kontakte mit sehr vielen Bürgern innerhalb und außerhalb unseres Landes. Und es ist uns dabei gelungen, zwei der drei Institutionen der Europäischen Union auf unsere Seite zu bringen. Das Europäische Parlament hat sich gegen diese Sanktionen ausgesprochen, und die Europäische Kommission hat sich gegen diese Sanktionen ausgesprochen. Und mehr als die Hälfte aller Europäerinnen und Europäer in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gegen diese Sanktionen. Das ist auch ein Ergebnis der Informationsarbeit der Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber, meine Damen und Herren, der entscheidende Schritt ist nicht erfolgt: Die 14 EU-Mitgliedstaaten haben sich noch nicht entschließen können, den Fehler, den sie mit der Verhängung dieser Sanktionen begangen haben, gutzumachen. Und daher war Feira eine Enttäuschung.


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32. Sitzung / Seite 28

Meine Damen und Herren! Die Einsetzung des Weisenrates ist zwar ein weiser Schritt, aber ich muss jenen Recht geben, die gesagt haben, es wäre vielleicht gut gewesen, wenn die EU-14 einen Weisenrat befragt hätten, bevor sie diese Sanktionen über Österreich verhängt haben, denn dann hätten sie diesen Schritt nicht gesetzt. (Abg. Auer: Das wäre weise gewesen!)

Wir warten jetzt auf den Bericht des Weisenrates, aber da kein Zeitplan vorliegt und da der derzeitige Präsident des Rates der Europäischen Union, der französische Ministerpräsident Jospin, wiederum gesagt hat, dass die gegen Österreich verhängten Sanktionen nicht zurückgenommen würden, und auch gemeint hat, dass sich im nächsten halben Jahr diesbezüglich nichts tun werde, werden wir unser Aktionsprogramm weiter durchführen. Und das sieht vor, dass wir heute eine Volksbefragung vorbereiten, im Rahmen welcher wir die Österreicherinnen und Österreicher darum bitten, mit uns das große Projekt einer Reform Europas zu Menschenrechten, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung mitzutragen und mit uns gemeinsam diesen Weg zu gehen für ein gerechtes und friedliches Europa. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Gipfel von Feira hat gezeigt: Man kann wollen, was man will in Europa, solange die Sanktionen der EU-14 bestehen, wird über nichts anderes geredet als darüber. Und es war die große Enttäuschung in Feira, dass das große Friedensprojekt Europa, die Erweiterung der Europäischen Union, nicht besprochen werden konnte, weil man immer nur über die gegen Österreich verhängten Sanktionen reden musste. Wir wollen der französischen EU-Ratspräsidentschaft ersparen, dass am nächsten Gipfel in Biarritz wiederum nur über Österreich geredet wird, und daher tun wir alles – und dem dient auch diese Volksbefragung –, dass noch vor dem Gipfel in Biarritz am 13. Oktober diese Sanktionen endgültig beseitigt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dieser Nationalrat, die österreichische Volksvertretung, hat das Recht, die Bundesregierung zu beauftragen, die Verfassungsreform der Europäischen Union voranzutreiben. Dabei geht es um Menschenrechte, Grundfreiheiten, Demokratie und um ein rechtsstaatliches Verfahren für den Fall, dass es Anschuldigungen gegen ein Land gibt. Wir haben das Recht, die Bundesregierung damit zu beauftragen, und wir haben das Recht, der Bundesregierung hier auch den Weg zu weisen.

Herr Bundeskanzler! Wir, die Freiheitlichen und die Österreichische Volkspartei, bringen heute den Antrag ein, dass die Volksbefragung durchgeführt werden soll. Und je stärker die Unterstützung dieser Volksbefragung sein wird, umso stärker wird die Bundesregierung sein, um Europa zu reformieren, um Europa weiter zu einer Europäischen Union auszugestalten, in der alle Mitgliedsländer gleichberechtigt und friedlich nebeneinander arbeiten und wirken können und nicht zwei oder drei Staaten den Ton angeben und alle anderen minderen Rechts sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Ziel der Volksbefragung ist: weg mit den ungerechten Sanktionen! Das Ziel der Volksbefragung ist aber auch, die Unterstützung des österreichischen Volkes für diese Umgestaltung der Europäischen Union, für diese Weiterentwicklung der Europäischen Union zu bekommen. Wenn bis Ende September der Bericht der Weisen, in den wir viel Vertrauen und Hoffnung haben, vorliegt, dann werden wir diese Volksbefragung nur dann brauchen, wenn die Sanktionen trotzdem weiter bestehen. Aber auch dann, wenn wir die Volksbefragung nicht brauchen, werden wir dennoch die Ziele, die wir in dieser Volksbefragung zum Ausdruck bringen – Europa des Rechts, Europa des Rechtsstaats, Europa der Menschenrechte, Europa der Gleichberechtigung, ein friedliches Europa –, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgen, auch mit bindenden Empfehlungen des Nationalrates an die Bundesregierung.

Das heißt also, die Ziele, die dieser Volksbefragung zu Grunde liegen, sind für sich wertvoll und werden von uns verfolgt werden.

Wir wollen heute den ersten Schritt tun, um die österreichische Position in Europa zu verbessern. Wir wollen den Kampf der Regierung gegen die Sanktionen gegen Österreich stärken.


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32. Sitzung / Seite 29

Meine Damen und Herren! Die Diskussion darüber ist von heute an eröffnet. Es geht um das Projekt "europäische Verfassungsreform", es geht darum, die Sanktionen der EU-14, die ungerechtfertigt sind, endgültig wegzubekommen, und es geht uns um ein friedliches, vereintes, neues und großes Europa. Gehen wir alle gemeinsam diesen Weg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Die Redezeit soll gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

9.15

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Der europäische Gipfel in Feira war ein Zwischengipfel mit relativ wenig wirklich interessanten und weitreichenden Entscheidungen, aber er war aus österreichischer Sicht natürlich spannend, denn ursprünglich wollte dort ja niemand über Österreich reden. Es war ja ganz bewusst von der EU-Ratspräsidentschaft und von fast allen EU-Mitgliedstaaten so angelegt, dass das Thema Österreich bewusst in einer Schweigespirale verdrängt werden sollte. Tatsache ist: Es hat jeder über Österreich geredet, es war das Thema. Wir haben uns an dieser Schweigespirale nicht beteiligt, wir haben sie durchbrochen, und das war gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man wollte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das Bankgeheimnis beseitigen. Man wollte auf Druck der Amerikaner und der Briten einseitig von einem früheren Doppeloptionen-Modell – entweder Zinsenbesteuerung, Quellenbesteuerung oder Informationsaustausch – abgehen und das Bankgeheimnis aufheben. Wir haben uns dagegen gewehrt, und wir haben uns durchgesetzt, und es war gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wären wir den Empfehlungen der Opposition gefolgt, hätten wir auf unser Recht, eine solche Entscheidung zu behindern, verzichtet, wie Sie uns das geraten haben, dann wäre das österreichische Bankgeheimnis in Gefahr. Wir haben uns nicht daran gehalten, und es war gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vor dem EU-Gipfel in Feira war es völlig unklar, ob überhaupt ein rechtsstaatliches Verfahren im Hinblick auf eine Reform der Artikel 6 und 7 – diese sind relevant, wenn eine Gefährdung der europäischen Werte droht – kommt. Wenige Länder haben uns unterstützt – Belgien ausgerechnet! –, und wir haben einen konkreten Vorschlag vorgelegt. Seit dem EU-Gipfel in Feira ist klar: Dieses Thema ist auf der Tagesordnung, und es ist wirklich wichtig für die europäische Zukunft.

Wir haben zusätzlich erreicht, dass sowohl der Präsident des Europäischen Rates, der Portugiese Guterres, als auch der Präsident der Kommission, Romano Prodi, öffentlich erklärt haben: Österreich, die österreichische Regierung, das österreichische Rechtssystem haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, was in irgendeiner Weise mit den europäischen Werten oder den Zielen der Europäischen Union im Widerspruch steht. Ich halte diese Sätze und diese Bestätigung unseres richtigen Kurses für ganz entscheidend, gerade in diesen Tagen rund um den EU-Gipfel in Feira. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Chefredakteur der angesehenen "Neuen Zürcher Zeitung", Hugo Bütler, hat am 1. Juli – am Ende der portugiesischen Präsidentschaft und bei Amtsantritt der Franzosen – geschrieben: Die diplomatische Ausgrenzung Österreichs, als ob das Land politisch aussätzig wäre, lässt sich, weil es vom ersten Tag der Maßnahmen an keine rechtlich tragfähigen und politisch überzeugenden Gründe gab, nicht länger aufrechterhalten.

Diesem Satz ist wenig hinzuzufügen. Immer mehr Delegationen der anderen 14 EU-Länder beginnen dies zu begreifen. Es ist Bewegung hineingekommen. Am Ende der portugiesischen Präsidentschaft hat Guterres einen Vorschlag gemacht, aber er war nicht weitreichend genug. So wie Andreas Khol es gesagt hat: Es war eigentlich eine vertane Chance.


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32. Sitzung / Seite 30

Es ist positiv – und das werten wir auch richtig –, dass die Sanktionen der EU-14 nicht mehr auf Dauer dieser Regierung angelegt sind, es ist nur mehr die Frage, wann sie aufgehoben werden und wer dabei am wenigsten sein Gesicht verliert. So gesehen ist es ein Fortschritt, dass jetzt der Präsident – der angesehene Präsident – des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs Luzius Wildhaber drei Persönlichkeiten auswählen wird, die einen Bericht über Österreich erstellen sollen. Damit ist ein Weg in Richtung Objektivierung des Verfahrens – weg von der politischen Willkür – eröffnet. Aber es ist schade und eine wirklich vertane Chance, dass es weder einen fixen Termin für die Fertigstellung des Berichts noch viel weniger ein fixes Ende für die Sanktionen gegen Österreich gibt. Daher ist das tatsächlich eine vertane Chance.

Ich möchte an dieser Stelle zu diesem Bericht, dem wir ja nicht zugestimmt haben – wir haben der Beauftragung von Luzius Wildhaber zugestimmt –, auch etwas sagen: Es ist für uns überhaupt kein Problem, mit wem auch immer zu kooperieren, wenn dokumentiert werden soll, was diese Regierung tut, aber es ist eigentlich ein europäisches Unikat, dass die Evolution und die Natur einer Partei – in diesem Fall der FPÖ – bewertet werden sollen. Ich sage ausdrücklich an dieser Stelle: Ich danke den Kollegen von der Freiheitlichen Partei, dass sie in diesem Zusammenhang mit den drei Weisen kooperieren wollen.

Selbstverständlich ist das nicht! Überlegen Sie einmal, wie Sie reagieren würden, wenn Außenstehende über die Natur Ihrer Partei einen Bericht machen sollen! Da vertrauen wir viel eher auf den unabhängigen österreichischen Verfassungsgerichtshof, der von alters her für diese Republik die Qualität der österreichischen Demokratie überwacht und Parteien beurteilt und bewertet, ob sie zugelassen sind oder nicht. Wer aber zur Parlamentswahl zugelassen ist, meine Damen und Herren, hat auch das Recht, wenn es eine freie Mehrheitsbildung auf Grund von Wahlen gibt, in einer Landes- oder in einer Bundesregierung zu sein. Das ist das eherne Gesetz in Österreich! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind also Europa einen Schritt entgegengekommen, wir sind bereit zu kooperieren. Aber jetzt erwarten auch wir, dass die EU-14 mit Luzius Wildhaber kooperieren, indem sie seinem Wunsch entsprechen, dass dieser Bericht so rasch wie möglich vorgelegt werden soll. Ich meine, der Termin "nach der Sommerpause" wäre eine sehr angemessene und gute Frist, und ich habe keine Zweifel, dass dieser Bericht die absolute Kredibilität der Regierungsarbeit und die demokratische Legitimation der österreichischen Parteien, also auch der FPÖ, bestätigen wird. Und wir erwarten uns, dass dann die Sanktionen möglichst bald, jedenfalls vor dem EU-Gipfel in Biarritz, aufgehoben werden.

Jetzt liegt es an den EU-14, ihren eigenen Vorschlag, aus dieser Sackgasse herauszukommen, ernst zu nehmen und mit dem Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu kooperieren, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weil es aber kein Ende der Sanktionen gegen Österreich gab, ist es auch ganz klar, dass wir unseren gemeinsamen Aktionsplan umsetzen wollen – und es ist ein gemeinsamer Aktionsplan; ich sage das hier sehr deutlich. Vielleicht beginnt man sich auch daran zu gewöhnen: Wenn wir nach langer, sorgfältiger Prüfung einen Vorschlag machen, dann bemühen wir uns auch wirklich, ihn nach Kräften, mit Vernunft und mit guten Argumenten umzusetzen, und so wird es auch bei dieser Volksbefragung sein. Wir geben den EU-14 Zeit bis zum EU-Gipfel in Biarritz – das ist ausreichend Zeit, das sind von heute an immerhin vier Monate. In vier Monaten kann man eine Sache, die man in zwei Tagen in Telefonatketten eingeführt hat, ohne Weiteres mit Hilfe der drei Weisen wieder beenden. Und es ist hoch an der Zeit für ein Ende der Sanktionen gegen Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden Ihnen heute einen Block von sechs Fragen vorlegen, die dann vom österreichischen Volk mit "Ja" oder mit "Nein" bewertet werden können. Diese sechs Fragen enthalten kein Veto, um es sehr klar zu sagen, das Wort "EU-Erweiterung" kommt überhaupt nicht vor. Ich sage es deswegen, weil heute eine große Tageszeitung damit sogar eine Schlagzeile macht.

Diese sechs Fragen sind ausschließlich für etwas ausgerichtet, und zwar für ein Ende der Sanktionen gegen Österreich, für das Recht eines Landes, sich in freien Wahlen seine


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32. Sitzung / Seite 31

Regierung auswählen zu können, für die Grundrechte der Bürger und eine klare Rechtsstellung der politischen Parteien – eine langjährige Forderung des Europäischen Parlaments –, für die Gleichberechtigung der EU-Mitgliedstaaten und natürlich daher auch für die Rechte kleiner Staaten in der EU so wie Österreich, und wir kämpfen da nicht nur für uns. Wir wollen für eine neue Aufgabenverteilung zwischen Europa und den Nationalstaaten und für eine Aufwertung der Regionen eintreten, ebenso für ein rechtsstaatliches Verfahren für den Fall, dass eine Gefährdung beziehungsweise eine Verletzung europäischer Verpflichtungen droht. Es soll nie wieder einen Fall wie Österreich geben. Das soll auch die Lehre dieser Volksbefragung und dieser Veränderung sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Wahrheit sind diese sechs Punkte, über die das österreichischen Volk mit "Ja" oder mit "Nein" befinden kann, die Kurzfassung einer europäischen Verfassung. Wenn Präsident Jacques Chirac vor dem Deutschen Bundestag und vor dem Europäischen Parlament gefordert hat, eine europäische Verfassung zu entwickeln und sie nachher einer Volksabstimmung der Völker zu unterwerfen, dann machen wir es umgekehrt: Wir werden diese Kernelemente einer kommenden und bestehenden europäischen Verfassung jetzt schon dem Volk vorlegen und bitten um eine möglichst klare Unterstützung, damit wir für Europa etwas in Bewegung bringen, was nichts mit Blockieren zu tun hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun der Schlusssatz: Wir würden alle gerne unsere Energie nicht für das Thema "Sanktionen" beziehungsweise für ihre Aufhebung einsetzen (Heiterkeit bei der SPÖ), sondern für jene Themen, die uns allen wichtig sind – wie heute für die Garantie eines erstklassigen Sozialsystems auch für die heute jungen Menschen, für eine faire Verteilung von Sozialtransfers, für eine vernünftige Budgetpolitik, die mit dem Schuldenmachen aufhört, und für eine Reform der österreichischen Verwaltung. – Darum geht es uns, und wir werden trotz der gegen Österreich verhängten Sanktionen genau diese zentralen Themen weiter ansprechen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nach der Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers in die Debatte ein. Alle Redezeiten sind jetzt einheitlich mit je 5 Minuten limitiert.

Als erster Redner gelangt Kollege Peter Schieder zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.26

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das europäische Gipfeltreffen in Feira und die Tage danach haben uns nicht gebracht, was für alle Beteiligten das Beste gewesen wäre: eine Aufhebung der Sanktionen, eine Beendigung der Maßnahmen der EU-14. Auch wenn die Sanktionen faktisch nicht oder nicht mehr bestehen und auf gelegentliche Unbequemlichkeiten für Regierungsmitglieder und Botschafter reduziert sind, ist eine formelle Beendigung notwendig. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war aber jetzt ein Lapsus! Sind die Sanktionen schon aufgehoben? Haben wir etwas versäumt?)

Der Schritt, der gesetzt wurde, nämlich dass drei vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eingesetzte Weise einen Bericht legen, ist allerdings gegenüber der bisherigen Haltung mancher der EU-14 ein wirklicher, ein akzeptabler Fortschritt, umso mehr, als Richter Wildhaber dafür bekannt ist, zutiefst dem Grundsatz "audiatur et altera pars", auch immer die andere Seite zu hören, verpflichtet zu sein.

In diesen Tagen, meine Damen und Herren, wäre daher von unserer Regierung ein geschicktes Vorgehen – stille, zielgerichtete Diplomatie – notwendig gewesen. Ich weiß nicht, woran es liegt: Ist es eine Fehleinschätzung, ist es Unvermögen, oder geschieht es auf Grund des diesbezüglichen Tauziehens innerhalb der Koalition, bei dem sich die FPÖ durchzusetzen scheint, dass, anstatt Fingerspitzengefühl zu zeigen, die feine Klinge einzusetzen, ein politischer Kraftakt von der Regierung gesetzt wird? Ja, der Antrag auf Volksbefragung ist ein plumper Kraftakt ohne Fingerspitzengefühl, er ist auch ein außenpolitischer Fehler, und er ist kontraproduktiv! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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32. Sitzung / Seite 32

Eigentlich, meine Damen und Herren und Herr Bundeskanzler, handelt es sich dabei nicht nur um einen Fehler, sondern um mehrere. Fehler Nummer eins ist, dass die Volksbefragung nicht hilft, die Sanktionen schneller wegzubringen. Es wird von der Regierung behauptet, dass die Volksbefragung notwendig ist, um die Sanktionen wegzubringen, in Wirklichkeit verlängert die Volksbefragung aber das, was sie vorgibt zu bekämpfen. Mit den Worten der Werbebranche, aber zu einem anderen Schluss kommend, müsste man sagen: Diese Volksbefragung ist sauteuer, aber sie hilft nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Fehler Nummer zwei: Verfassungsrechtler warnen zu Recht, der ÖVP/FPÖ-Vorschlag ist rechtlich nicht einwandfrei. Es geht bei dieser Volksbefragung nicht um eine klar mit "Ja" oder "Nein" zu beantwortende Frage, sondern sie besteht aus sechs Unterfragen. Gestern Abend hat dies ein renommierter Verfassungsrechtler einen "Unfug" genannt.

Die Volksbefragung ist also nicht nur unnötig, ist nicht nur sauteuer, sie ist auch rechtlich nicht einwandfrei und daher bedenklich. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Pilz. )

Fehler Nummer drei: Der Inhalt der Volksbefragung ist problematisch. Neben Fragen, die man umgangssprachlich "No-na-Fragen" nennt, kommt auch ein Punkt vor, in dem von der umfassenden Gemeinschaft gleichberechtigter Staaten – allen Mitgliedsländern die gleichen Rechte et cetera – gesprochen wird. (Abg. Haigermoser: Demokratie wird nicht abgeschafft!) Wenn es sich dabei nicht auch um eine "No-na-Frage" handelt, um ein Prinzip, das allgemein ist, dann heißt das, dass man in Wirklichkeit haben möchte – und so wird es ausgelegt werden –, dass die Unterschiede nach der Größe verschwinden: im Rat, bei den Kommissaren, bei der Stimmgewichtung im Europäischen Parlament. Das wird großes Erstaunen hervorrufen und wird von manchen auch als doppelte Strategie, als Aktion zur Verhinderung der EU-Erweiterung ausgelegt werden. (Abg. Haigermoser: Von wem? Von wem? – Von der Sozialistischen Internationale?) Und das ist nicht gut für unser Land! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Fehler Nummer vier ist, Herr Bundeskanzler, dass Sie nicht erreichen, dass manche Äußerungen von Seiten der FPÖ in diesem Zusammenhang nicht stattfinden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser ) und dass Sie sich von diesen Äußerungen nicht distanzieren.

ÖVP-Landeshauptmann Schausberger hat es auf den Punkt gebracht, als er sagte (der Redner zeigt einen Zeitungsartikel): "Haider ist schuld an den Sanktionen". Es ist die Verantwortung der politischen Elite, mit gewissen Dingen keine Politik zu machen. – Ende des Zitats. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Schlusssatz: Viele fragen uns: Was werdet ihr bei der Volksbefragung machen? – Ich werde das machen, was, meine Damen und Herren, wie ich glaube, auch die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher machen wird (Abg. Dr. Khol: Redezeit!): nämlich nicht hingehen und diesen Unfug nicht mitmachen! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haigermoser: Das hätten Sie gerne!)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Herr Abgeordneter, bitte. (Abg. Haigermoser: Das war aber des Schieders unwürdig! Diese Rede hat sicher Herr Gusenbauer aufgeschrieben!)

9.32

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben jetzt das Dilemma der SPÖ erlebt: Man möchte gerne über die Volksbefragung reden und sie ablehnen, weil man sich vor der Frage drücken möchte, ob man mit Ja oder Nein antworten soll, denn antwortet die SPÖ auf die Fragen mit Ja, müsste sie die eigene Linie ändern, antwortet sie mit Nein, dann handelt sie in Wirklichkeit gegen die Interessen ihrer Mitglieder. Vor diesem Dilemma steht die SPÖ heute. Aber das ist ihr Problem und nicht unseres! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Es wäre an der Zeit, dass Sie von der SPÖ jetzt nach fünf Monaten einmal klar die Fakten auf den Tisch legen und sagen: Diese Sanktionen sind rechtswidrig, sie haben keine Rechtsbasis! – Alle Gutachten bestätigen das! – Sie müssten halt auch über Ihren eigenen Schatten springen und sagen: Diese Sanktionen sind auch ungerechtfertigt!, denn Wahlergebnisse und auch Regierungsbildungen sind von jeder Partei in diesem Land zu akzeptieren – und da haben andere nicht dreinzureden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Sanktionen sind ja auch deshalb ungerechtfertigt, weil Österreich in den letzten fünf Monaten in keiner Weise europäische Grundwerte verletzt hat. Wir haben die Rechtsstaatlichkeit nicht verletzt, wir haben keine Gesetze erlassen, die der Achtung der Menschenrechte widersprechen. Das demokratische Prinzip ist in Österreich voll aufrecht. Da soll einer einmal sagen, dass wir in den letzten fünf Monaten dieses Land verändert hätten! Das ist nicht der Fall!

Wir haben eine Koalition, die funktioniert – auch wenn das anderen nicht passt –, und wir werden diese Sanktionen zu einem Ende bringen. Das werden zumindest wir von der Österreichischen Volkspartei fordern. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Beim EU-Gipfel in Feira hat sich eines gezeigt: Das Thema Österreich stand zwar nicht auf der Tagesordnung, es hat aber den gesamten Gipfel überschattet. Es ist zwar nicht die Bewegung zustande gekommen, die wir uns erhofft hatten, es gab aber in Feira auch ein sehr positives Signal: Erinnern Sie sich an die positiven Bilder von sympathischen jungen Menschen, die dort auf der Seite Österreichs standen – nicht nur Österreicher, junge Menschen aus ganz Europa! – und sich klar dafür aussprachen, dass diese Sanktionen beendet werden. Das ist ja auch ein Symbol dafür, wie die Bürger Europas denken.

Die Mehrheit der Bevölkerung in allen EU-Ländern sagt, dass diese Sanktionen Unsinn sind und aufgehoben gehören. Ich meine, es ist ein sehr positives Bild, dass die österreichischen und die anderen europäischen Bürger klar sagen, dass das, was vierzehn Staats- und Regierungschefs in diesem Zusammenhang angerichtet haben, ja nicht für Europa gelten muss.

Meine Damen und Herren! Es ist so, dass das Problem, dass vierzehn Personen in einer Wochenend-Aktion etwas angerichtet haben, was für Europa tatsächlich Schaden verursacht, mittlerweile offenbar nicht mehr sehr leicht zu lösen ist. Es ist das eine Sanktionenfalle, die man sich selbst gestellt hat. Wir wissen, das Ziel der Sanktionen, nämlich dass die FPÖ an einer Regierung in Österreich gar nicht beteiligt werden darf, ist nicht erreicht. Daher ist die Aufhebung der Sanktionen auf jeden Fall mit dem Gesichtsverlust von vierzehn Personen verbunden.

Wir wissen das, und wir wollen auch nicht darauf dringen, dass es überhaupt keine Bewegung geben darf. Wir verstehen daher auch die Signale nicht, die manche Staats- und Regierungschefs jetzt nach Österreich zu senden versucht haben, nämlich: Keine Änderung in der nächsten Zeit!

Wir sehen, dass die Bewegung, die sich jetzt andeutet, indem man einen Weisenrat beauftragt, Österreich zu untersuchen, wahrscheinlich den Beginn vom Ende bedeutet. Aber was möchte man denn in Österreich untersuchen, meine Damen und Herren? – Seit fünf Monaten wird jede Äußerung jedes Politikers bei uns permanent beobachtet. Vierzehn Botschaften, die von den anderen EU-Staaten in Österreich existieren, mit unzähligen fachlich wunderbaren Mitarbeitern berichten nahezu täglich, was in Österreich diskutiert wird. Etwas Neues wird daher auch ein Weisenrat nicht erheben, nicht ausfindig machen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Wir sind auch berechtigterweise, meine ich, empört darüber, dass man jetzt wieder alles auf die lange Bank schiebt. Aber wir von der Volkspartei sagen auch klar: Wir werden die außenpolitische Notwendigkeit im Vordergrund sehen, auch wenn die Empörung in unseren Herzen gegen diesen Weisenrat gerichtet ist.

Wir wollen, dass diese Sanktionen beendet werden – das war von Anfang an unser erklärtes Ziel. Ich glaube, wir können jetzt, in dieser Stunde, sagen: Diese Situation hat nicht nur einen


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Schaden, sondern auch einen Nutzen für Österreich gebracht, nämlich: Unsere Regierungsmitglieder haben beim EU-Gipfel in Feira bewiesen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen): Über Österreich kann man nicht drüberfahren, sondern mit Österreich muss man reden! – Das wird uns nützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.37

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Minister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schieder hat sich hier mit aller Kraft gegen diese direkt-demokratische Entscheidung ausgesprochen. Er hat sie als Fehler und als bedenklich bezeichnet. Herr Kollege Schieder! Eine direkt-demokratische Entscheidung, die Mitbestimmung der österreichischen Bevölkerung in unserem Land kann nie ein Fehler, kann nie bedenklich sein, sondern sie ist Ausdruck einer lebendigen, einer funktionierenden Demokratie, in der das Recht vom Volke ausgeht – und das schätzen wir ganz besonders! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie schon uns nicht glauben, Herr Kollege Schieder, so glauben Sie vielleicht jemandem, den Sie selbst auch sehr schätzen, nämlich dem österreichischen Bundespräsidenten, der am 20. November 1997 Folgendes sagte:

"Jedes Volksbegehren ist – ebenso wie eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung – ein legitimes und begrüßenswertes Mittel einer bürgernahen Politik" und der direkten Demokratie. – Danke, Herr Bundespräsident. Ihre Meinung, Herr Schieder, wurde damit heute wieder eindrucksvoll widerlegt! Und das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Schieder! Sie sagen, dass die Leute zur Volksbefragung nicht gehen werden und dass Sie nicht hingehen werden. Damit befinden Sie sich ja schon in einer Minderheit, denn mir liegt eine ganz brandaktuelle Meinungsumfrage vom 3. Juli 2000 vor, wonach auf die Frage: Begrüßen Sie eine stärkere Einbindung in die Politik durch Volksbefragungen?, schon jetzt 58 Prozent der Österreicher sagen: Ja, wir wollen mehr Volksbefragungen. Bei den SPÖ-Wählern sind es 55 Prozent. Sie gehören daher zu einer Minderheit in Ihrer eigenen Partei (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), die direkt-demokratische Entscheidungen nicht wahrhaben will. Das ist auch bezeichnend! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin sehr froh darüber, dass auch die Mehrheit der SPÖ-Wähler erkennt, wie wichtig direkt-demokratische Entscheidungen sind.

Es wird Ihnen nicht gelingen, einen Keil in diese Regierung zu treiben, wie Sie das jetzt versucht haben und auch europäische Länder, vor allem jene, in denen die Anführer der Sanktionen sitzen, zum Beispiel mittels einer Verzögerungstaktik.

Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: So wie diese Sanktionen den Zug der politischen Erneuerungen und der Reformen in den letzten fünf Monaten nicht stoppen konnten, so wird es auch Ihnen nicht gelingen, einen Keil auch nur einen Millimeter in die funktionierende Koalition aus ÖVP und FPÖ zu treiben. Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Das wird es nicht geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin froh darüber, dass der ORF diese Debatte heute live überträgt, denn dadurch wird der Bevölkerung völlig klar, wer auf ihrer Seite steht, wer auf der Seite der Mitbestimmung steht, nämlich die Regierungsparteien (Zwischenrufe bei der SPÖ), und wer auf der Seite der Verhinderer, der Blockierer, der Drüberfahrer steht (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), die nur ja nicht wollen, dass sich die Bevölkerung durch direkt-demokratische Entscheidungen einmischt, weil sie von den letzten Nationalratswahlen, bei denen sie die österreichische Bevölkerung abgewählt hat, noch immer ein Trauma haben. Deshalb wollen sie die Menschen nicht mitbestimmen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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32. Sitzung / Seite 35

Meine Damen und Herren! Diese Volksbefragung ist ein ganz klares Signal an die EU-14: Schluss mit den andauernden Provokationen, die es in den letzten Wochen und Monaten gegeben hat, von den Michels, aber auch den Moscovicis, Jospins oder wie sie heißen, Schluss mit den absurden Unrechtssanktionen und auch Schluss mit der Verzögerungstaktik, die an den Tag gelegt wurde, wo man die Problemlösung immer auf die nächste EU-Ratspräsidentschaft schieben will.

Österreich ist ein gleichberechtigtes Mitglied in der EU, zahlt seine Mitgliedsbeiträge, verhält sich demokratiepolitisch vorbildlich und hat daher auch das Recht, in dieser Europäischen Gemeinschaft der 15 fair behandelt zu werden. Und das wollen wir mit dieser Volksbefragung auch ausdrücken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir sehen mit großen Bedenken auch die Entwicklung, die nicht sehr weise ist – wir sprechen ja heute von Weisen –, nämlich die Bildung einer Machtachse Frankreich – Deutschland, Chirac – Schröder, die sich selbst als "Avantgarde", als Pioniergruppe, als Gravitationszentrum, als Direktorium des zukünftigen Europas bezeichnet. Davor kann man nur warnen, warnen auch vor einem Europa der Zerrissenheit, davor warnen, dass Europa von zwei Mächten dominiert wird, wobei die Kleinen letztlich nichts mehr zu sagen haben.

Daher haben wir auch ganz klar in den Text für die Volksbefragung geschrieben, dass es notwendig ist, auf die Rechte vor allem der kleineren Länder, auch Österreichs, zu dringen und diese entsprechend festzuschreiben. Auch das ist ein Teil der Volksbefragung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einer Demokratie zählt in letzter Konsequenz immer die Meinung des Souveräns, des Volkes, also die direkte Demokratie. Ich bin eigentlich entsetzt über den respektlosen Umgang der SPÖ mit der Meinung des Volkes. (Abg. Sophie Bauer: Nehmen Sie sich bei der Nase!)

Wir wollen die Österreicher einbinden. Wir wollen die Sanktionen aufheben. Wir wollen ein Europa ohne Ausgrenzung, ohne Zentralismus, aber mit gleichen Chancen für alle Mitgliedsländer! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.43

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Versuchen wir, die Nebelwand wieder ein bisschen zu teilen und auf die Fakten zu schauen.

Selbstverständlich ist es eine unverhüllte Drohung mit Blockadepolitik, selbstverständlich ist es ein Eskalationsschritt in den Beziehungen zur EU – was denn sonst? Selbstverständlich hat die ÖVP dem Druck der FPÖ nachgegeben, diesen Eskalationsschritt zu setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Nur so und nicht anders kann dieser Schritt von gestern verstanden werden. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Wenn ich da lese, dass die Bundesregierung aufgefordert werden soll, mit allen geeigneten Mitteln sicherzustellen, dass ... – Wie, bitte, soll auf Grund dieser Volksbefragung irgendetwas sichergestellt werden? Das Einzige, das diese Bundesregierung tatsächlich sicherstellt und mit dieser Volksbefragung sicherstellen wird, ist, dass die außenpolitische Isolierung Österreichs beziehungsweise der österreichischen Bundesregierung fortgesetzt, wenn nicht sogar verschärft wird. (Ruf bei der ÖVP: Ihr Wunschtraum!) – Das ist nicht mein Wunschtraum, das ist mein Bedauern über diese Entwicklung (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), mein Bedauern insbesondere über die Haltung der ÖVP, die früher mit gewissem Recht Europapartei genannt wurde. Diesen Ruf haben Sie verloren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Wenn Sie es ernst meinen würden, täten – oder was immer da die grammatikalisch richtige Form ist –, wenn Sie es ernst meinten, dann hätten Sie wohl etwas mehr Sorgfalt auf die Formulierung dieser sechs Punkte gelegt. (Abg. Haigermoser: Na geh, Herr Oberlehrer!) – "Oberlehrer", danke schön. Herr Haigermoser macht immer "intelligente" Zwischenrufe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie verlangen die gleichen Rechte und Pflichten für kleine und große Staaten. Die gleichen Stimmrechte im Parlament werden Sie ja nicht gemeint haben – oder? Die gleichen Stimmrechte, gleich viel Kommissare wie große Länder werden Sie nicht gemeint haben. Sie haben irgendetwas gemeint. Sie werden auch nicht gemeint haben, dass Österreich gleich viel zahlen soll wie beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland. Irgendetwas werden Sie mit diesem Punkt schon gemeint haben. Und die Bevölkerung wird aufgerufen, zu diesem Irgendetwas ja oder nein zu sagen.

Was Sie mit ziemlich großer Sicherheit meinen, ist die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips – darauf komme ich gleich zurück.

Sie können Grundrechte, Menschenrechte, Bürgerrechte nicht auseinander halten. Das ist für eine Bundesregierung schon eine "Leistung". Herr Khol, ich bin wirklich überrascht, mit welchem Unernst, mit welcher Schlampigkeit (Abg. Dr. Stummvoll: Na, na, na!) Sie an diesen Text herangegangen sind. Von Ihnen, gerade von Ihnen, hätte ich mir mehr erwartet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Die Schlampigkeit ist auf Seiten der Grünen!)

Was mich bei dieser Geschichte aber wirklich in Zorn versetzt, ist die Haltung der ÖVP. Von der FPÖ habe ich mir nichts anderes erwartet, aber das, was die ÖVP hier an – ich kann es nicht anders nennen – Scheinheiligkeit bietet, spottet jeder Beschreibung. Herr Klubobmann Khol und Herr Bundeskanzler Schüssel erklären uns hier vom Rednerpult beziehungsweise von der Regierungsbank aus allen Ernstes: Wir wollen die EU reformieren und nicht blockieren! – Da lobe ich mir doch den Kärntner Landeshauptmann (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen), der in aller Offenheit sagt: Na klar geht es um eine Blockadedrohung, na klar geht es um den Einsatz des Vetorechts, na klar geht es um die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips! Das sind klare, offene Worte (Abg. Ing. Westenthaler: Wie beim Bankgeheimnis! Da war es sinnvoll! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé ), und das stimmt sogar in diesem Zusammenhang ausnahmsweise.

Warum gibt sich die ÖVP zu diesem Spiel her? (Beifall bei den Grünen.) Zwei Motive liegen auf der Hand. Erstens: Die Aufrechterhaltung der Koalition ist jeden Preis wert, auch den der weiteren außenpolitischen Isolierung der Republik. Zweitens: Wenn die Volksbefragung dazu dienen kann, die Sanktionen aufrechtzuerhalten, so ist das doch wunderbar – wunderbar! –, das schafft einmal mehr die Nebelwand, hinter der wir den Überwachungsstaat durchziehen können, hinter der wir eine undifferenzierte Pensionsreform durchpeitschen können und hinter der wir, die österreichische Bundesregierung – last not least –, Temelin verschlafen können. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich: Wenn man nichts anderes zu tun hat, als solch schlechte Texte zu fabrizieren, dann hat man auch nicht die Zeit, sich um die wirklichen Interessen der Bürger zu kümmern, Stichwort: Temelin. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Debatte zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Grasser. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Bundesminister.

9.49

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungskollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf versuchen, Ihnen über den Gipfel von Feira als jemand, der die Möglichkeit hatte, im Rat der Finanzminister Österreich zu vertreten, am Beispiel der Diskussion um die Besteuerung der Kapitalerträge zu berichten, darüber, wie man für Österreich Erfolge auf europäischer Ebene zustande bringen kann.


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32. Sitzung / Seite 37

Wir sind in die Diskussion eingetreten mit einem gemeinsamen Ziel der 15, nämlich: Wir alle wollen erreichen, dass Kapitalerträge in Europa lückenlos besteuert werden! Es gab in diesem Bereich immer zwei Modelle: jenes der Quellenbesteuerung und jenes des Informationsaustausches.

Österreich hat dort zu Beginn gemeinsam mit Belgien, Griechenland und Luxemburg die Position für die Quellenbesteuerung und damit für die Koexistenz vertreten, weil wir wissen, dass das funktionierende österreichische Modell der Kapitalertragsteuer, das sich für Österreich und für die Bevölkerung bewährt hat, zum europäischen Modell werden könnte. Wir haben dieses Modell der Quellenbesteuerung vertreten, weil wir wussten, dass es mit dem Bankgeheimnis für die Österreicherinnen und Österreicher, das nach der Veränderung betreffend die Anonymität umso bedeutender für unser Land ist, kompatibel ist. Wir haben dieses Modell vertreten, weil wir haben wollen, dass Österreich ein attraktiver Finanzplatz, ein Kapitalplatz bleibt und dass nicht Kapital Österreich oder Europa verlässt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind am Sonntag um 16 Uhr gelandet, sind um 17 Uhr in die Verhandlungen gegangen und haben bis Dienstag, 13 Uhr verhandelt, mit aller Konsequenz österreichische Positionen, österreichische Interessen in Feira vertreten. Meine Damen und Herren! Wir haben einen Erfolg in der Sache erreicht! Wir haben im Gegensatz zu Luxemburg, zu Belgien und zu Griechenland unsere Position nicht aufgegeben, sondern wir haben dort etwas eingesetzt, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Wir haben gesagt: Österreich ist ein EU-Mitgliedsland mit allen Pflichten und allen Rechten!, und wir haben dort die österreichische Position mit Nachdruck vertreten, wir haben nicht nachgegeben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben gesagt: Wir müssen das Bankgeheimnis halten, wir müssen die Quellenbesteuerung für Österreich sicherstellen. Es ist auch gelungen, meine Damen und Herren – wir haben das erreicht, erstmals in einem europäischen Dokument abgesichert –, dass das Bankgeheimnis für Inländer, die österreichische Bevölkerung, festgeschrieben ist. Wir haben erreicht, dass die Quellenbesteuerung für Österreicherinnen und Österreicher festgeschrieben ist. Wir haben erreicht, dass das Bankgeheimnis für Ausländer als im Verfassungsrang stehend auch von Europa akzeptiert wird. Wir haben damit einen Erfolg in der Sache für unser Land durch nachhaltiges, konsequentes Vertreten unserer Rechte erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben damit auch erreicht, dass Österreich zum Gipfelthema wurde – es wurde dann auch von den "Friends of Austria", die schon erwähnt wurden, sympathisch begleitet.

Wir haben in den letzten Wochen erreicht, dass das Europäische Parlament nach anfänglicher Skepsis jetzt sagt: Weg mit den Sanktionen!, dass die europäische Kommission jetzt sagt: Weg mit den Sanktionen! Und die Volksbefragung wird der nächste Schritt sein für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit, für die Rechte der einzelnen Mitgliedsländer, für die Rechte und Pflichten jedes einzelnen Landes und damit auch für die Rechte der Kleinen gegenüber den Großen. Es kann da keine Dominanz, sondern nur ein gleichberechtigtes Miteinander geben.

Wer für Österreich ist, wer für Europa ist, der muss für eine möglichst rasche und bedingungslose Aufhebung der Sanktionen sein. Das wird am Ende des Tages der Erfolg von uns allen sein. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der, der einmal direkt-demokratisch ins Parlament gewählt wurde!)

9.53

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Finanzminister! Es ist nie um das Bankgeheimnis der Inländer gegangen, sondern um das Bankgeheimnis der Ausländer in Österreich. (Ruf bei den Freiheitlichen: Keine Ahnung!) Sie sollten in aller Deutlichkeit einmal sagen, dass Sie sich dafür


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32. Sitzung / Seite 38

eingesetzt haben, dass das Bankgeheimnis für ausländische Anleger weiterhin aufrecht bleibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen Ausländer?)

Der zweite Punkt: Herr Kollege Westenthaler! Wenn Sie sich so sehr für die direkte Demokratie einsetzen und sagen, Sie möchten die Volksbefragung in Österreich als Instrument der Politik öfter eingesetzt sehen, dann schlagen Sie doch eine Volksbefragung über die Belastungen durch diese Bundesregierung vor! Schlagen Sie das endlich vor! (Beifall bei der SPÖ.)

Fragen Sie die Österreicher: Wollen Sie, dass der Strom teurer wird, dass das Schnitzel teurer wird, dass der Kaffee teurer wird, dass überhaupt alles teurer wird, dass die Steuern steigen? Wollt ihr, liebe Österreicher und Österreicherinnen, das? – Das ist direkte Demokratie! Wieso fragen Sie das nicht? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Weil Sie Zyniker der direkten Demokratie sind, weil Sie das gar nicht fragen wollen! (Abg. Ing. Westenthaler: Schnitzel-Cap! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Am liebsten würden Sie nur Pseudofragen stellen, wie: Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Wollen Sie weiße Weihnachten? Soll das Enkerl im Zeugnis lauter Einser haben? – Das sind die Fragen, die Sie lieben. Aber Sie lieben nicht Fragen zu den Themen, die die Bundesregierung hier zu verantworten hat. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Schnitzel-Cap!)

Faktum ist, dass das Budget 2001 offensichtlich ein echtes Horrorbudget sein wird, sonst würden Sie nicht zur Ablenkung durch das Instrumentarium der Volksbefragung greifen. (Abg. Haigermoser: Eine Leberkäse-Rede ist das!)

Nächstes Faktum ist, dass der wahre Bundeskanzler offensichtlich im Bärental sitzt. Der hat sich durchgesetzt. Das sollte man auch einmal in aller Deutlichkeit feststellen. (Abg. Haigermoser: Herr Cap, Sie haben ein Problem!) In Ihrem gescheiterten Aktionsprogramm der Bundesregierung – ich weiß gar nicht, welcher von den vielen Punkten tatsächlich verwirklicht wurde – ist noch ein Punkt enthalten – bezeichnenderweise der letzte Punkt –, der lautet: Die Bundesregierung wird für den Herbst 2000 eine Volksbefragung – zwischen Klammern – (Bekenntnis zur Europäischen Union, Aufhebung der Sanktionen) vorbereiten.

Ein Bekenntnis zur Europäischen Union kann ich aus diesen sechs Subfragen beim besten Willen nicht herauslesen. Und dabei macht eine Partei, die Seite an Seite mit uns für den Beitritt zur Europäischen Union geworben hat, auch noch mit! Das ist mir wirklich schleierhaft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage aber auch dazu: Seit 1945 haben wir gemeinsam diese Republik aufgebaut. Wir haben 30 Jahre den Kanzler gestellt. (Abg. Haigermoser: Wer ist "wir"?) Wir waren 13, 14 Jahre – ich richte mich jetzt gerade an die ÖVP, Sie werden den Liebesentzug ein paar Minuten aushalten (Abg. Haigermoser: Bank Burgenland!)  –, wir haben 13,14 Jahre gemeinsam eine Koalition gebildet. Wir haben für eine gefestigte Demokratie gesorgt. Und ich sage auch: Wir werden mit dem Rechtspopulismus selbst fertig werden (Abg. Haigermoser: Bank Burgenland!), wir brauchen dazu keine Maßnahmen und Sanktionen von außen. Das sage ich auch. (Abg. Dr. Fekter: Jetzt, nicht im Februar!)

Ich möchte Bundeskanzler Schüssel schon fragen – wäre die Frau Vizekanzlerin hier, würde ich sie auch fragen –: Angenommen es gäbe innerhalb der Mitgliedsländer der Europäischen Union einen Parteiführer, dessen Partei sich in einer Regierung in einem der Mitgliedsländer befände (Abg. Ing. Westenthaler: Schnitzel-Cap!)  – er könnte Haiderini, Haiderossi oder Haideren heißen, ich weiß es nicht; irgendeine fiktive Figur, die halt dafür steht, dass sie rechtspopulistische Politik macht (Abg. Ing. Westenthaler: Schnitzel-Cap!)  – und der dann sagen würde, dass die österreichische Bundesregierung korrupt sei, dass sie Kinderschänder schützt, dass Herr Bundeskanzler Schüssel ein Westentaschen-Schüssel sei, was wäre dann die Reaktion der Bundesregierung? – Sagt sie dann: Ach, das ist angenehm, wir wollen mehr, bitte noch mehr solcher Äußerungen, wir brauchen das dringend, wir wollen gequält werden!? – Das glauben Sie doch selbst nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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32. Sitzung / Seite 39

Das ist die Wurzel der Sanktionen. (Abg. Ing. Westenthaler: Gott sei Dank ist eine Live-Übertragung!) Sie können noch so viel reden und versuchen, darüber hinwegzutäuschen, den Österreicherinnen und Österreichern Sand in die Augen zu streuen: Genau deswegen gibt es diese Sanktionen – es gibt keinen anderen Grund! (Abg. Mag. Trattner: Sie sind ein echter Wahlhelfer! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Keine Regierung der Welt würde sich das, was Haider über die belgische und französische Regierung gesagt hat, gefallen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie die ganze Zeit davon sprechen, dass diese Sanktionen rechtswidrig sind (Abg. Ing. Westenthaler: Pradler Ritterspiele!), dann erklären Sie bitte den Österreichern und Österreicherinnen, warum Sie nicht klagen. Warum klagen Sie nicht, wenn die Sanktionen rechtswidrig sind? (Abg. Ing. Westenthaler: Burgtheater!) Klagen Sie doch endlich! – Aber auch das machen Sie nicht. Sie sind in Wirklichkeit in Ihrer Politik feige. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie gehören ins Confetti-TV!)

Letzter Satz – auf diesen einen Punkt möchte ich noch hinweisen –: Es steht unter anderem drinnen: Alle Einrichtungen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Kollege Cap, den Schlusssatz! (Abg. Ing. Westenthaler: Es ist schon aus, Cap! Ihre Zeit ist abgelaufen!)

Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Das ist der Schlusssatz.

Also: Alle Einrichtungen der EU sollen verpflichtet werden auf die Grundregeln des Rechtsstaates und der Menschenrechte. – Zählen Sie bitte auf, wo die verletzt wurden. Verstecken Sie sich nicht dauernd hinter ... (Abg. Ing. Westenthaler: Die Zeit ist abgelaufen! Herr Präsident, was soll das?)

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei Abgeordneten der Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Cap.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Cap! Auch eine Rede, die über weite Strecken kabaretthafte Züge hatte (Abg. Grabner: Aber nur bei euch!), kann eines nicht verbergen: dass die bisherige Debatte im Rahmen dieser Aktuellen Stunde den schönen Nachweis gebracht hat, dass die Entscheidung des Wählers vom 3. Oktober 1999, diesen beiden Parteien eine Mehrheit zu geben, eine sehr kluge Entscheidung war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die bisherige Debatte hat sehr klar gezeigt, dass die beiden Regierungsparteien Mehrheitsmeinungen vertreten und dass die beiden Oppositionsparteien klare Minderheitspositionen vertreten. Bis jetzt war noch jeder Parlamentstag, egal welche Themen wir behandelten, ein Pluspunkt für diese Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Für dich!) Die erste Stunde des heutigen Tages lässt mich erahnen, dass auch der heutige Tag wieder ein Pluspunkt für diese Regierung wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Abwarten! – Abg. Dr. Niederwieser: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!)

Lieber Kollege Grabner! Ihr unterschätzt eines: den gesunden Menschenverstand unserer Bürger. Der Bürger ist viel vernünftiger, als manche glauben oder als vielleicht auch du glaubst. (Zwischenrufe der Abgeordneten Parnigoni und Sophie Bauer. ) Der Bürger dieses Landes durchschaut diese Manöver, und er erkennt auch, in welche ausweglose Lage ihr euch manövriert habt. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)


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Kollege Spindelegger hat zu Recht darauf hingewiesen: Für die Oppositionsparteien ist es de facto eine Doppelmühle. (Abg. Sophie Bauer: Für die FPÖ ...!) Sie können nicht gut ja sagen, denn das wäre eine totale Umkehr ihrer bisherigen Haltung; sie können aber auch nicht nein sagen, weil die eigenen Wähler mehrheitlich ihr Verhalten ablehnen.

Ich muss ehrlich sagen: Das ist eine erschütternde Situation für eine Oppositionspartei, die nach fünf Monaten immer noch nicht Tritt gefasst hat. Die Regierung aber ist davon unbeeindruckt und wird die Reformen, die für dieses Land notwendig sind, durchziehen, und sie hat die Unterstützung der Bürger dieses Landes dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Van der Bellen hat das getan, was man eigentlich nie machen soll: Er hat eine Wortspende abgegeben und dann den Saal verlassen. Auch wenn er nicht hier ist, muss man schon sagen, das sollte man, glaube ich, schon registrieren: dass der Fraktionsführer der grünen Fraktion im Zusammenhang mit Elementen der direkten Demokratie von Bedrohung und Eskalation spricht und dass er, wörtlich, von Zorn erfüllt ist! – Ich muss ehrlich sagen: Weit hat es die grüne Fraktion gebracht in ihrer Glaubwürdigkeit, was die Grundelemente unserer Demokratie betrifft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Warum bereitet Ihnen eine Volksbefragung solche Sorge? – Die Antwort ist sehr einfach: weil Sie genau wissen, wie das Volk entscheiden wird! Und warum ist diese Volksbefragung notwendig? – Um die Unsinnigkeit jener Propaganda der EU-14 aufzuzeigen, die da über viele Wochen hinweg gelautet hat: Die Sanktionen sollen ja die Regierung in Österreich treffen und nicht das Volk. – Welche Dummheit! Welche Naivität! Diese Unsinnigkeit dieser Politik wird die Volksbefragung, sollte sie notwendig werden, sehr deutlich aufzeigen!

Meine Damen und Herren! Ich wurde in den letzten Wochen oft gefragt: Wie haben sich die Sanktionen auf die Wirtschaft ausgewirkt? – Ich muss sagen: Erfreulicherweise hat es – bis auf die Absage einiger weniger Kongresse (Zwischenruf des Abg. Edler ) – keinen wirtschaftlichen Schaden gegeben. Und warum nicht? – Weil auch die Bürger in diesen 14 EU-Staaten viel vernünftiger sind als ihre eigenen Regierungen. Auch das haben Sie unterschätzt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das hat auch die Sozialistische Internationale unterschätzt, die das Netzwerk für diese Sanktionen gebildet hat. Das soll man auch noch einmal sehr deutlich festhalten: Es war das Zusammenspiel sozialistischer Regierungschefs (Zwischenruf der Abgeordneten Reitsamer und Dr. Niederwieser ), das diese unfairen, ungerechtfertigten, überzogenen Sanktionen ausgelöst hat. Das können Sie nie mehr abstreiten, das ist bewiesen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb werden diese Sanktionen auch fallen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Finanzminister und dem Herrn Bundeskanzler sehr dankbar. (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Sie haben am konkreten Beispiel des Bankgeheimnisses durch ein konsequentes Verhalten, durch Intelligenz und politische Klugheit gezeigt, dass man auch ohne Veto-Politik in Europa mitgestalten kann. Ich bedanke mich für das, was beim EU-Gipfel in Feira in Bezug auf das Bankgeheimnis erreicht wurde. Ich bedanke mich im Interesse aller Sparer in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Schutz der finanziellen Privatsphäre, Diskretion in Geldangelegenheiten ist Bestandteil einer jahrzehntelangen Sparkultur in Österreich. Wir wissen schon, dass wir eine Balance zwischen dieser Sparkultur und dem Kampf gegen die internationale Geldwäsche finden müssen, aber es ist durch das Verhalten des Finanzministers und des Bundeskanzlers hervorragend gelungen, beim EU-Gipfel in Feira den Nachweis zu erbringen, dass man mit politischer Klugheit, mit Intelligenz, mit Kompetenz und mit Sachverstand in Europa sehr wohl mitgestalten kann. Gehen wir diesen Weg weiter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das fehlt nur dieser Regierung!)

10.04


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Grabner: Stummvoll! Dein Platz ist reserviert in der Hölle! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.05

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap! Wir, die Bundesregierung und die Regierungsparteien, wollen das Volk befragen. Eine Umfrage zeigt (Ruf bei der SPÖ: Im Volk?) – schon ohne Bewerbung –, dass 53 Prozent der Österreicher und 49 Prozent der SPÖ-Wähler das auch wollen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das werden wir ja dann sehen, wie viele da hingehen!) Das ist gut so, und das steht im Gegensatz zu dem, was Sie wollen: Wir wollen das Volk befragen, Sie wollten – und haben es bereits einmal getan – das Volk bespitzeln! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Erinnern Sie sich: Da gab es einen Landeshauptmann im Burgenland, der Sipötz geheißen hat. Der musste zurücktreten, weil er das Volk hat bespitzeln lassen! Dann gab es einen erneuten Versuch in der Steiermark, das Volk bespitzeln zu lassen. Ich bin viel mehr für eine Volksbefragung à la Bundesregierung als für eine Bespitzelungsaktion à la SPÖ! Das möchte ich schon klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seien Sie dankbar dafür, dass es bis dato in diesem Lande kein Monitoring gegeben hat! Die Natur der SPÖ wäre dann als eine sehr fragwürdige dargestellt worden! Das kann ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehen wir und das Ganze ein bisschen in seinem zeitgeschichtlichen Verlauf an! Erinnern wir uns, warum es wirklich zu diesen Sanktionen gekommen ist – vielleicht ist es bei einigen schon in Vergessenheit geraten: Eigentlich wollte man mit diesen Sanktionen nur drohen, um eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern. Dieser Versuch, sich in innerstaatliche Belange einzumischen, ist tatsächlich ordentlich misslungen. Daher haben die SPÖ-Verhinderer, Herr Kollege Schieder, zur Tat schreiten müssen (Abg. Edlinger: Herr Chirac!)  – das haben wir ja inzwischen alle feststellen können (Abg. Edlinger: Herr Chirac!)  –, ohne dass sie am Anfang an das Ende gedacht haben. Das zählt offensichtlich nicht zu den Stärken der selbst ernannten FPÖ-Verhinderer, weder von jenen im Inland noch von jenen im Ausland. Die haben es nicht geschafft, die ganze Geschichte zu Ende zu denken, und deshalb fürchten heute die Sanktionsverhänger sowohl im Inland als auch im Ausland um ihr Gesicht.

Weil diese von ihnen so verteufelte Bundesregierung hervorragend arbeitet, hat sie bis jetzt keinen einzigen Grund für diese Sanktionen geliefert, und das ist inzwischen auch überall offenkundig geworden. Deshalb stehen diese Sanktionsverhänger jetzt ratlos im Eck und wissen nicht, wie sie aus dem Eck herauskommen, in das sie sich noch von Herrn Klima haben hineinmanövrieren lassen. Anstatt einzugestehen, dass sie einen Fehler gemacht haben, wollen sie jetzt gemeinsam mit diesen Vierzehn auf Zeitgewinn setzen und Österreich jetzt mehr oder weniger von drei Weisen beobachten lassen.

Gut, soll sein. Das Ergebnis ist bereits bekannt. Es wird lauten: In Österreich gab es und gibt es nichts zu beobachten, was negativ für uns ausgelegt werden könnte. Die Einstellung der österreichischen Regierung und auch fast aller österreichischen Parteien – bei der SPÖ bin ich mir da nicht so sicher – zu den gemeinsamen europäischen Werten ist untadelig, Herr Kollege Cap! (Heiterkeit des Abg. Schieder. ) Diese ist völlig untadelig!

Es gibt hiefür eine gute Zeugin. Diese heißt Beate Winkler und wurde uns in dieses Land zur Beobachtung gesetzt. Ich darf Ihnen kurz zitieren, was Frau Beate Winkler, Direktorin der Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, sagt. – Herr Kollege Cap, wollen Sie das hören? (Ruf bei der SPÖ: Nein!)  – Er will nicht hören, was Frau Beate Winkler sagt! – Sie sagt, es gibt keine einzige fremdenfeindliche Initiative, es gibt aber viele Fortschritte, seit es diese Bundesregierung in Österreich gibt! (Abg. Schwemlein: Grausame Fortschritte!)  – Gibt es dafür einen besseren Zeugen als Frau Beate Winkler? (Abg. Schwemlein: Grausame Fortschritte!)


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Viel Geld hat man ausgeben müssen, um zu einer No-na-Erkenntnis zu kommen: dass in diesem Staate alles in Ordnung ist, Herr Kollege Schieder (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP), und dass in diesem Staate – auch das sagt Frau Winkler, die eine unverdächtige Zeugin ist – unter dieser Bundesregierung viele Fortschritte erzielt werden konnten (Abg. Schwemlein: Rückschritte!), die es unter einer SPÖ-dominierten Regierung nicht gegeben hat! Gerade auch was die Behandlung von Ausländern in der Arbeitswelt betrifft, wurden unter dieser neuen Bundesregierung viele Fortschritte erzielt. (Abg. Schwemlein: Rückschritte!)

Es gibt etwas zu beobachten: den positiven Fortschritt, die hervorragende Entwicklung in diesem Land, seit es diese Bundesregierung gibt, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Schieder! Das ist etwas Herzeigbares, und deshalb freuen wir uns bereits auf das Ergebnis! Ich hoffe, dass es rechtzeitig kommt, sodass wir diese Volksbefragung gar nicht brauchen. Wenn wir sie brauchen, dann werden wir vom Volk eindeutig bestätigt werden. Und das ist es, wovor Sie sich fürchten! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ein letzter Satz, Herr Präsident: Ich glaube, der Europaratsbericht betreffend Rassismus und Antisemitismus in Europa zeigt klar und deutlich auf: Wenn es wo Sanktionen geben müsste und wenn ein Land beobachtet werden müsste, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die gleiche Spielregel zu beachten, die auch bei Kollegen Cap gegolten hat!

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): ... dann wäre es das Land, das jetzt den Vorsitz führt, unter seinem Präsidenten Chirac: dann wäre es Frankreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Gleiche Redezeit. – Eingeläutet wird deshalb, weil es dann eine Abstimmung mit Zweidrittelmehrheit über die Abstandnahme von der Aufliegefrist gibt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.11

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns zumindest in einem Punkt einig: Der Gipfel von Feira hat einen Fortschritt gebracht. Zum ersten Mal hat eine Europäische Union ein formelles Verfahren entwickelt, um die Regierungsbeteiligung einer ihrer Ansicht nach rechtsextremen Partei zu beurteilen und darüber zu befinden, welche Konsequenzen da gemeinsam gezogen werden sollen. Ich halte es für vernünftig, dass die österreichische Bundesregierung gesagt hat: Ja, wir beteiligen uns an diesem Verfahren! Damit ist eine Tür weit aufgegangen.

Lassen Sie mich bei diesem Bild bleiben: Eine Tür ist weit offen. Der Bundeskanzler steht vor dieser Tür. Von hinten nähert sich der Kärntner Landeshauptmann, drückt dem Bundeskanzler einen Pflasterstein in die Hand (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist aber auch übertrieben!) und deutet auf das Wohnzimmerfenster, der Bundeskanzler nimmt den Pflasterstein und schmeißt ihn gegen das Fenster. Auf die Frage, warum er nicht durch die Tür gegangen ist, sondern das Fenster eingeschlagen hat (Abg. Böhacker: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Pflastersteinen werfen!), sagt er: Ich wollte nur die EU reformieren!

Herr Dr. Schüssel! Mit dem Einschlagen von Fenstern reformiert man weder die Europäische Union noch Österreich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Mit Pflastersteinen haben aber jene geworfen, die ...!)

Ich frage mich: Was wollen Sie mit dieser Volksbefragung? Sie haben – das sei Ihnen und Ihrer Partei zugute gehalten – drei Tage lang harten Widerstand geleistet und erklärt: Nein, eine Volksbefragung jetzt durchzuführen, wäre das Falsche! – Drei Tage heroischer Widerstand


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gegen Jörg Haider – das ist immerhin ein Anfang. Nach drei Tagen aber haben Sie kapituliert und die Anordnung aus Klagenfurt vollzogen.

Gut. Und was soll jetzt die Volksbefragung? – Ihrer Ansicht nach ist das eine bessere Meinungsumfrage. Ja was soll da jetzt passieren? Da soll also um 100 Millionen Schilling eine Meinungsumfrage durchgeführt werden, und Sie glauben, dass dann, wenn am Abend des Befragungstages das Ergebnis auf dem Tisch liegt, ein Telefonat aus Paris kommt und Jacques Chirac sagt: Um Gottes willen, Sie haben das Volk befragt, Frankreich kapituliert, nennen Sie uns Ihre Bedingungen!? – Das ist doch offensichtlich Unsinn. Also macht das Ganze nur dann Sinn, wenn man das so versteht, wie es etwa der "Kurier" völlig richtig verstanden hat. "Regierung fragt Volk um Auftrag zu EU-Blockade." – Ja das ergibt einen Sinn: die Blockade! Das ist ein Mittel.

Nun stellt sich die Frage: Ist das vernünftig? Ist es vernünftig, wenn die EU eine Tür öffnet, mit der Blockade zu drohen? – Nicht nur jeder Europapolitiker, sondern jeder vernünftige Mensch wird Ihnen sagen: Das kann nur zur Eskalation führen! Das kann nur zu Gegenmaßnahmen führen! Die einzige Frage, die bleibt, ist: Ist Ihnen als ehemaliger Außenminister das entgangen, oder provozieren Sie im Sinne Jörg Haiders weitere Sanktionen? – Das ist die große offene Frage.

Anders gefragt, Herr Bundeskanzler: Heißt die Maxime Ihrer Außenpolitik "Meine Ehre heißt Treue zu Jörg Haider"? Ist das die neue Leitlinie der österreichischen Außenpolitik? Ist Jörg Haider jetzt wirklich der, der in der Regierung das Sagen hat und dessen Anordnungen am Ballhausplatz umgesetzt werden, und ist das 100 Millionen Schilling wert? Soll heute am Nachmittag wirklich ein Belastungspaket für ältere Menschen in Österreich beschlossen werden (Abg. Gaugg: Die Demonstranten, Herr Pilz, die sind alle in Ordnung, nicht wahr! Die Demonstranten am Donnerstag, die zahlen Sie!), nur damit 100 Millionen Schilling für eine möglicherweise verfassungswidrige Volksbefragung investiert werden? Ist das wirklich der Sinn? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deshalb schließe ich mit einem Appell: Wenn die Regierung nicht bereit ist, zur Vernunft zu kommen, dann hoffe ich zumindest auf die europäische Vernunft. Wir – zumindest wir als grüne Fraktion – appellieren gemeinsam an die 14 Partner in der Europäischen Union: Bitte beantworten Sie die freiheitliche Provokation mit der Volksbefragung jetzt nicht durch echte Sanktionen gegen Österreich! Bleiben Sie beim begonnenen Dialog! Bleiben Sie bei einem formellen Verfahren! Versuchen wir einen gemeinsamen europäischen Ausweg zu finden, und helfen Sie uns, gemeinsam alle Blockaden des europäischen Einigungsprozesses durch die Freiheitliche Partei und jetzt auch durch die ÖVP in diesem Herbst zu verhindern! Europa (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) ist für uns immer noch mehr als ein taktisches Spielzeug freiheitlich-nationalkonservativer Regierungspolitik. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Aktuelle Stunde ist daher geschlossen.

Herr Klubobmann Dr. Khol hat die Erteilung eines Ordnungsrufes für den Vorwurf "Scheinheiligkeit" in der Rede von Abgeordnetem Van der Bellen verlangt.

Es ist in dieser Debatte auch der Vorwurf "Dummheit" von Seiten des Kollegen Stummvoll erhoben worden.

Es hat in beiden Fällen Präzedenzfälle gegeben, aber wir haben in der Präsidialsitzung vom 8. Mai, glaube ich, festgelegt, dass wir bei den Ordnungsrufen versuchen, auch die Gesamtsituation, das Gesamtklima zu berücksichtigen, und nicht einfach automatisch einen Wortkatalog sanktionieren.


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Ich erteile daher keine Ordnungsrufe, und dies umso mehr, als ich vermeiden will, dass der Eindruck entsteht, es handle sich hierbei quasi um eine "Proporzerteilung": einer an die Regierung, einer an die Opposition.

Wir werden aber in wenigen Minuten mit einer sehr schwierigen Debatte über die Pensionsreform beginnen. Ich bitte Sie jetzt schon, dann, wenn die Emotionen vielleicht noch höher sein werden, ein bisschen vorsichtig zu sein und in der Wortwahl die Sache nicht zu schwierig zu machen.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe die Aktuelle Stunde schon als geschlossen erklärt und komme jetzt zur Abstimmung  – (zu einem der Konzeptbeamten gewandt) ich darf bitten, nochmals einzuläuten – über die Abstandnahme von der Aufliegefrist.

Um Punkt 6 der Tagesordnung der heutigen Sitzung in Verhandlung nehmen zu können, ist es nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Es handelt sich um den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 188/A der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz und das Bundesbezügegesetz geändert werden soll.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der geschäftsordnungsmäßig vorgesehenen Aufliegefrist in diesem Fall ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Beschluss einstimmig gefasst wurde.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung und bitte um deren Kenntnisnahme.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 945/J bis 985/J.

Zurückziehungen: 883/J und 929/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 7/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 627/AB bis 741/AB.

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz geändert wird (111 der Beilagen).

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung der Regierungsvorlage 66 der Beilagen betreffend Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden (Zu 66 der Beilagen).


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B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 2897/00, Hv 1689/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;


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Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 5 betreffend "Zivildienstnovelle 2000".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt seinem Durchführungsregulativ (201 der Beilagen),

Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (203 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (96 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (100 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (108 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Dreiundzwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 1999) (III-39 der Beilagen).

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über gemeinwirtschaftliche Leistungen der Post und Telekom Austria AG in den Jahren 1998 und 1999 (III-50 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999 (III-54 der Beilagen);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 1999, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-53 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Parlamentsklub der Grünen hat nach § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang ... – Bitte, ich muss hier eine Frage stellen: Hier im Croquis ist von einer schriftlichen Anfrage die Rede, und vorhin ist mir von einem Dringlichen Antrag berichtet worden. Ist es jetzt also eine Anfrage? (Der zuständige Konzeptbeamte erteilt die gewünschte Auskunft.)  – Bitte um Entschuldigung. Das ist nun klargestellt.

Ich gebe bekannt, dass die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 986/J der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen an den Herrn Bundeskanzler betreffend Versagen der Antiatompolitik der Bundesregierung bei der geplanten Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin dringlich zu behandeln sei.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung ist diesem Verlangen Rechnung zu tragen. Die Dringliche Anfrage wird um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 697/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf darüber hinaus mitteilen, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 697/AB zur Anfrage 699/J der Abgeordneten Heinzl und Genossen betreffend Güterzugumfahrung der Landeshauptstadt St. Pölten durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie abzuhalten.

Da, wie ich soeben angekündigt habe, die Verhandlung einer Dringlichen Anfrage für 15.00 Uhr anberaumt ist, wird die Kurzdebatte stattfinden, sobald die Debatte über die Dringliche Anfrage abgeschlossen ist.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag hinsichtlich der Zusammenfassung der Debatte von Tagesordnungspunkten in folgender Weise vor: Es mögen die Punkte 1 bis 3, 4 und 5, 7 und 8, 9 und 10, 14 bis 19, 22 bis 26 sowie 29 und 30 jeweils zusammengefasst werden.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde in der Präsidialkonferenz Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt: Es soll eine Tagesblockzeit von 10 "Wiener Stunden" festgelegt werden, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 195 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 145 Minuten sowie Grüne 115 Minuten.

Über diesen Vorschlag hat das Hohe Haus zu befinden. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so angenommen und beschlossen.


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1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (181 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) (254 und Zu 254 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (263 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (175 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheater-Pensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000) (259 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über die die Debatte, wie wir gerade festgelegt haben, gemeinsam durchgeführt wird.

Von den Berichterstattern wünscht keiner das Wort. Daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Uhr ist freiwillig auf 15 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.23

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Stichwort für die heutige Debatte hat Kollege Westenthaler bereits bei der Debatte zum vorigen Punkt geliefert, indem er gesagt hat, am heutigen Tag werde sich entscheiden, wer die "Drüberfahrer" und wer die "Demokraten" sind. Das wird sich an den Beschlüssen erweisen, die zu dieser Pensionsreform gefasst werden sollen. Entgegen allen Einwendungen des Verfassungsdienstes, maßgeblicher Verfassungsrechtler und des Rechnungshofes gegen den überstürzten und plötzlichen Eingriff in das Pensionssystem der Österreicherinnen und Österreicher mit 1. Oktober dieses Jahres hat diese Regierung vor, über all das drüberzufahren und damit die Situation für Zigtausende Menschen in diesem Land zu verschlechtern, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht um die Verfassungskonformität, die im Anschluss an die Beschlussfassung des heutigen Tages auch noch zu prüfen sein wird. Ich verweise auf die einschlägigen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 1988, nach denen die Frage der Änderung der Rechtslage in einem so wesentlichen Bereich wie dem der Pensionen eine Ableitung aus dem Gleichheitsgrundsatz darstellt. Und wir werden als Sozialdemokraten alle Möglichkeiten ausschöpfen, den Österreicherinnen und Österreichern in diesem Zusammenhang zu ihrem Recht zu verhelfen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sie haben versucht darzustellen, dass es um eine strukturelle Veränderung des Pensionssystems und um dessen langfristige Sicherstellung für die Jugend in diesem Land geht. Aber bei intensiver Lektüre dessen, was Sie vorgelegt haben, kann man nichts von einer Strukturreform erkennen.

Worin müsste eine solche langfristig angelegte Strukturreform bestehen? – Sie müsste darin bestehen, dass man einen Einstieg findet in ein einheitliches Pensionsrecht für alle, zumindest für diejenigen, die jetzt neu in das Erwerbsleben einsteigen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine Strukturreform müsste darin bestehen, dass die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt in Zukunft steigen und nicht sinken. Daher müsste eine Strukturreform zum Inhalt haben, dass es massivere Wiedereinstiegshilfen nach der Karenz gibt, dass es effizientere Qualifizierungsprogramme gibt und dass es letztendlich einen größeren Beitrag zur eigenständigen Alterssicherung der Frauen gibt. Doch all das fehlt in Ihrem Vorhaben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir über Strukturreformen und darüber reden, dass glücklicherweise die Lebenserwartung in unserem Land jährlich steigt, dann muss ich sagen: Es müsste eine Strukturreform darin bestehen, dass wir daran arbeiten, dass die Österreicherinnen und Österreicher länger gesund bleiben und daher auch länger gesund arbeiten können. Bei einer langfristig angelegten Pensionsreform müssten daher gesundheitspolitische Maßnahmen, Arbeitnehmerschutz und die Motivierung der Unternehmen, in diesem Bereich etwas zu tun, im Vordergrund stehen. Aber auch das fehlt in Ihrem Vorschlag, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht also offensichtlich nicht um die langfristige Sicherung des Pensionssystems, sondern es geht im Wesentlichen um zwei andere Punkte:

Erster Punkt: Es gibt eine klare Intention des privaten Versicherungssektors – was völlig legitim ist –, seine Chancen mittels Privatversicherungen zu erweitern. Mit großer Offenheit hat Herr Helmut Holzer, einer der Chefs der UNIQA-Gruppe, auf das Kernproblem hingewiesen. Er hat gemeint, private Pensionsversicherungen in Österreich würden erst dann lukrativ werden, wenn die Nettoersatzrate der Pensionen auf 60 Prozent gesenkt wird. Heute wird ein Schritt in diese Richtung gemacht, nämlich die Nettoersatzrate zu senken, damit mehr Geschäft für private Versicherungen herauskommt. Das ist Ihre Strategie, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt ist ganz offensichtlich die Absicht, Beiträge für das Budget zu bekommen. Dabei müssen wir mit großer Verwunderung feststellen, dass dieser Beitrag selbst nach dem Abschluss des Regierungsabkommens noch gesteigert wurde. Am Anfang wurde noch davon gesprochen, dass im Jahre 2003 der gemeinsame Beitrag der unselbständig Beschäftigten im privaten Bereich und jener der Beamten zusammen 15 Milliarden Schilling sein sollte. Nach den Auswirkungen dessen, was Sie heute vorschlagen, wird im Jahre 2003 der Beitrag rund 19 Milliarden Schilling sein. Wenn man akkumuliert, was das in jedem einzelnen Jahr bedeutet, dann heißt das, dass Sie vom 1. Oktober 2000 an bis zum Jahr 2004 den österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten in Summe 53 Milliarden Schilling ihrer Pensionen wegkürzen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist in Wirklichkeit die Wahrheit über die Auswirkungen Ihrer Reform! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: So ein Blödsinn!)

Wenn Kollege Westenthaler meint, das stimme nicht, dann sage ich: Er sollte doch zumindest des Lesens mächtig sein. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist totaler Unsinn, was Sie da verzapfen! Sie wollen die Menschen das Gruseln lehren!) Es genügt, sich auf die Erläuternden Bemerkungen des Sozialministeriums zu den Einsparungen zu berufen – ich zitiere aus der offiziellen Unterlage –, in welchen steht: Einsparungen in der Pensionsversicherung der Unselbständigen und Selbständigen im Jahr 2000 450 Millionen Schilling, im Jahr 2001 3,3 Milliarden Schilling, im Jahr 2002 8,7 Milliarden Schilling, im Jahr 2003 14,5 Milliarden Schilling, im Jahr 2004 17 Milliarden Schilling und dazu im öffentlichen Dienst im Jahr 2000 370 Millionen


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Schilling, im Jahr 2001 2,3 Milliarden Schilling, im Jahr 2002 3 Milliarden Schilling, im Jahr 2003 3,6 Milliarden Schilling. Wenn Sie der einfachen Grundrechnungsart Addition mächtig sind, dann werden Sie erkennen, dass sich daraus nach Angaben des Sozialministeriums eine Gesamtkürzung von 53 Milliarden Schilling ergibt. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird stets von diesen allgemeinen Zahlen gesprochen und so getan, als ob dies die einzelnen Menschen nicht betreffen würde. In den letzten Wochen haben sich viele Betroffene aus der Bevölkerung an uns gewandt und uns gefragt: Was wird ... (Abg. Mag. Trattner: Das glaube ich Ihnen nicht! Das glaubt Ihnen kein Mensch!) – Ich erzähle es Ihnen gleich. Sie haben uns gefragt: Was wird diese Veränderung im Pensionssystem für mich ganz persönlich bedeuten? Und wir haben es für jeden Einzelnen durchgerechnet, damit man sich auch die subjektive Dimension, wie das jeden Einzelnen trifft, vorstellen kann. (Abg. Ing. Westenthaler : Dann können aber nicht so viele angerufen haben!) Ich führe ein paar Beispiele an, nur damit wir wissen, wie die Österreicherinnen und Österreicher konkret betroffen sind.

Frau Berger, eine Arbeiterin und derzeit 54 Jahre alt, erreicht in zweieinhalb Jahren 37,5 Versicherungsjahre und damit die Voraussetzung für den Bezug einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer. (Abg. Ing. Westenthaler : Was für eine Gruselrechnung kommt jetzt?) Die Bemessungsgrundlage für ihre Pension beträgt 15 000 S. Nach dem bisher geltenden Recht hätte sie ab 56,5 Jahren 10 200 S Pension pro Monat erhalten. Nach dieser Reform erhält sie 9 675 S, das sind 525 S weniger im Monat oder 5 Prozent ihrer Pension. Auf das Jahr bezogen bedeutet das einen Verlust von mehr als 7 000 S (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, nein!), und das für den gesamten Rest ihres Lebens – ich hoffe, dass sie noch 30 Jahre lang oder noch länger leben wird –, wodurch es in Summe auch zu einer dramatischen Einschränkung ihrer Lebensverdienstsumme kommen wird. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das lässt sich beliebig steigern! (Abg. Ing. Westenthaler: Durch Lotto? Spielen die auch Lotto?) Jemand, der etwa in Höhe der Höchstbeitragsgrundlage verdient hat und mit 61,5 Jahren mit 37,5 Versicherungsjahren in Pension gehen wird und der bei Einhaltung der Höchstbemessungsgrundlage von 38 000 S bisher 25 965 S Pension erhalten hätte, wird in Zukunft 24 629 S Pension erhalten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Unsinn, was Sie da erzählen!) Das sind im Monat 1 336 S weniger oder auf das Jahr gerechnet über 18 000 S. So tief greifen Sie in die Taschen der Österreicherinnen und Österreicher und leugnen, dass Sie Pensionskürzungen durchführen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Am allerschlimmsten hat es aber diejenigen getroffen – und dieses Gesetz haben Sie ja bereits beschlossen –, für die Sie die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit abgeschafft haben. Das betrifft Tausende Menschen, zum Beispiel Tausende Bauarbeiter, die ihr Leben lang schwer geschuftet haben und als Ergebnis ihrer mehr als 40-jährigen Tätigkeit am Bau gesundheitlich schwer bedient sind. Sie genießen aber keinerlei Berufsschutz, und ihnen können daher Arbeiten als zumutbar zugewiesen werden, die sie aber ohnehin von niemanden bekommen. Sie fallen in Zukunft um diese Pension um, und der "Dank" für ihre jahrzehntelange Arbeit zum Aufbau unseres Landes besteht darin, dass ihnen das Erwerbseinkommen um nahezu 200 000 S gekürzt wird. Das ist ein sozialpolitischer Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Veränderung der Hinterbliebenenpension: Natürlich kann man über die Neuregelung der Witwenpensionen reden. Aber das Kürzungsverfahren, das Sie da vorschlagen, ohne den Frauen erweiterte Möglichkeiten zur eigenständigen Alterssicherung zu bieten, unter Verletzung des bisherigen Versicherungsprinzips letztendlich zum Versorgungsprinzip übergehend, das ist kein zukunftsweisender Weg einer leistungsstarken solidarischen Gesellschaft. Das ist eine reine Geldbeschaffungsaktion für das Budget, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da immer über die Finanzierbarkeit unserer Systeme gesprochen wird: Es geht mir nicht darum, Neid oder Missgunst zu säen! (Abg. Haigermoser: Jö schau! Na ist er nicht nett!) Aber wir müs


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sen doch die Fakten beachten, dass nämlich die öffentliche Hand pro Jahr für 1,6 Millionen im Bereich der Unselbständigen, im Bereich des ASVG einen Zuschuss von 37,7 Milliarden Schilling leistet, während gleichzeitig – und ich bin es Ihnen nicht neidig – 340 000 Gewerbetreibende und Bauern in Pension einen Zuschuss von 25 Milliarden Schilling bekommen. (Abg. Schwarzenberger: Die Nebenerwerbsbauern zahlen eben anderswo ein!) Angesichts dieser Verhältnisse wird aber immer nur darüber gesprochen, dass das ASVG nicht finanzierbar sei, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen sprechen für das genaue Gegenteil: Das tragfähigste System ist das ASVG! (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich wird eine Strukturreform unseres Pensionssystems auch darin bestehen, zu einer größeren Beitragsgerechtigkeit zu kommen, nämlich im Verhältnis dessen, was einbezahlt wird, und dem, was letztendlich an Pension herauskommt. Offensichtlich aus politischen Gründen hat sich diese Koalitionsregierung dieser Frage nicht gestellt. Sie hat es sich einfach gemacht, sie ist mit dem Rasenmäher über die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher drübergefahren – dies, um Ihre Frage, Herr Westenthaler, eindeutig zu beantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Offenbar wollen Sie heute auch in der Frage von Selbstbehalten im Ambulatorienbereich einen Beschluss fassen. Sie haben die großartige "Erfindung" gemacht, dass mit Selbstbehalten letztendlich die Finanzierungsproblematik der Krankenversicherung gelöst werden könnte. Ich kann Ihnen heute schon ankündigen: Es wird nicht ausreichen, um die Finanzierungslücken zu schließen, vor allem deswegen, weil Sie zugleich auch einen Beitrag dazu leisten, dass das Loch bei den Krankenversicherungen noch größer wird. Im Zuge Ihrer Aktion "Unfairness" haben Sie die Dienstgeberbeiträge für Arbeiter einseitig um 0,3 Prozent gesenkt, das heißt, die österreichischen Unternehmungen werden in Zukunft um 900 Millionen Schilling weniger in die Krankenversicherung einzahlen, was zur Folge hat, dass die Finanzierungslücke dort noch größer werden wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie sich auf diese Art ersparen wollen, soll offenbar auf der anderen Seite durch Ambulanzgebühren hereinkommen, die Sie nun von allen Österreicherinnen und Österreichern verlangen. Sie setzen dabei auf das Vergessen, denn die Gebühren für die Ambulanzbesuche sollen erst ein Jahr danach von den Krankenversicherungsträgern eingehoben werden. Die so genannte Kinderpartei ÖVP hat kein Problem damit, dass in Zukunft auch für Kinder bei einem Ambulanzbesuch 250 S verlangt werden. Das ist umso dramatischer, je mehr Kinder eine Familie hat. Im Übrigen verlangen Sie das völlig unabhängig von der Einkommenssituation der Familien. Das ist ein weiterer Anschlag auf die kleinen Einkommensbezieher und auf die Familien in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie versuchen, die gesamte Debatte im Wesentlichen durch zwei Bereiche zu verhüllen. Es war heute symptomatisch: In der Früh musste wieder das gesamte Sanktionstheater kommen (Abg. Hagenhofer: Ja genau!), weil es das Liebingsspielzeug dieser Bundesregierung zur Verschleierung der brennenden sozialpolitischen Fragestellungen ist.

Das Zweite, was Sie, und zwar in allererster Linie die FPÖ, dauernd machen, ist, dass Sie versuchen, einzelne Sündenbockgruppen in der österreichischen Bevölkerung zu identifizieren: einen Tag die Eisenbahner, am anderen Tag die Beamten, am dritten Tag die Lehrer. Hinter dieser Sündenbockphilosophie steht aber der Zugang, dass in Wirklichkeit quer über die Bevölkerung geschröpft und gekürzt wird. Ich sage, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese Sündenbockideologie ist keine demokratische Kultur!

Wenn Sie gestern auf die Eisenbahner und Ihr Parteiobmann auch gestern wieder auf die Lehrer losgegangen sind, dann sage ich gerade jetzt zum Schulschluss ganz eindeutig: Ich bin als Vater einer Tochter dankbar dafür, dass die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer mit großem Engagement das ganze Jahr über dafür gesorgt haben, dass unsere Kinder eine ordentliche Ausbildung und in Zukunft eine Chance in diesem Land haben. Das ist unser Zugang zu den Dingen. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Brüder Grimm hätten eine Freude mit ihm! Märchenstunde zu Ende!)

10.41


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Die Redezeit ist freiwillig auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.42

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Eigentlich müsste man zu beinahe jedem Punkt Ihrer Ausführungen, Herr Abgeordneter Gusenbauer, eine tatsächliche Berichtigung machen, denn Ihre Rede bestand aus einer Aneinanderreihung von Unwahrheiten, Irreführungen und Phrasen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie vergleichen hier Bonusfälle von heute mit einem frühestmöglichen Pensionsantrittsalter, Sie gehen hier her und sprechen davon, dass es zu einem überstürzten Eingriff in die Pensionen kommt, dass es heute zu einer überstürzten Pensionsreform kommt, aber ich sage Ihnen, Herr Abgeordneter Gusenbauer: Entweder sind Sie auch hier im Haus völlig neu – oder Sie haben die letzten Jahre verschlafen, denn von einem überstürzten Handeln kann überhaupt keine Rede sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Silhavy hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Es ist allerhöchste Zeit, hier zu handeln. Und ich sage Ihnen als Angehöriger der jüngeren Generation in diesem Haus: Wenn wir heute diese Pensionsreform beschließen, dann tun wir das nicht aus Jux und Tollerei, sondern wir tun das, weil wir an die Zukunft denken, weil wir an die Jungen denken und weil wir an die Kinder in diesem Land denken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie von der Opposition nehmen sehr gerne die Worte "soziale Gerechtigkeit" in den Mund. (Der Redner stellt ein Taferl auf das Rednerpult mit der Aufschrift "ÖVP, Pensionsreform: Weil wir an unsere Kinder denken". – Abg. Schwemlein: Jetzt sieht man dich nicht mehr!) Ich frage Sie, Herr Kollege Gusenbauer und Herr Abgeordneter Verzetnitsch: Ist es sozial gerecht, der jüngeren Generation 1 700 Milliarden Schilling Staatsschuld zu hinterlassen? – Ich sage: Das ist sozial ungerecht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich frage Sie von der SPÖ: Ist es sozial gerecht, jährlich neue Schulden zu machen? – Ich sage im Interesse der jungen Generation: Das ist sozial ungerecht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich frage Sie, ob es sozial gerecht ist, wenn heute etwa drei Erwerbstätige für einen Pensionisten zahlen und im Jahre 2030 ein Erwerbstätiger für einen Pensionisten zu zahlen haben wird. Ist das sozial gerecht? (Rufe bei der ÖVP: Nein!) – Es ist nicht sozial gerecht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung und wir als Volkspartei wollen die soziale Waage wieder ins Gleichgewicht bringen. (Abg. Schwemlein: Amon! Wir hören dich, aber wir sehen dich nicht!) Wenn Sie sich die Struktur der Pensionisten ansehen wollen, dann betrachten Sie die Statistik des Jahres 1998: 31 Prozent der Pensionisten erhielten eine Hinterbliebenenpension, 14 Prozent der Pensionisten erhalten eine Invaliditätspension, 41 Prozent der Pensionisten erhalten eine Frühpension, und nur 14 Prozent der Pensionisten erhalten eine Regelpension.

Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich doch um im Land, wir sind doch kein Land von Witwern, Invaliden und Frühpensionisten! Das kann es doch nicht sein! Ich glaube, dass wir wieder zu sozialer Gerechtigkeit kommen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung hat Wort gehalten. Diese Bundesregierung hat zugesagt, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird. Alles andere, was Sie hier behaupten, ist schlicht die Unwahrheit. Mit dieser Pensionsreform wird nicht in bestehende Pensionen eingegriffen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Es ist auch kein Zufall, dass die drei Seniorenverbände dieser Pensionsreform zugestimmt haben. (Abg. Schwemlein: Das stimmt nicht!) Das stimmt sehr wohl, Sie wissen das ganz genau. Ihr oberster Vertreter des sozialistischen Pensionistenverbandes hat dann versucht, im Nachhinein die Kurve zu kratzen. Es gelingt ihm aber nicht, weil es genügend Zeugen gibt, die wissen, dass er zugestimmt hat.

Meine Damen und Herren! Sie versuchen, den Österreicherinnen und Österreichern weiszumachen, dass man das Problem des Pensionssystems ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich lade alle Kolleginnen und Kollegen ein, Platz zu nehmen. Es wurde das am Beginn der Sitzung gesagt, und ich wiederhole es.

Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort!

Abgeordneter Werner Amon (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Sie versuchen, den Österreicherinnen und Österreichern weiszumachen, dass man die Pensionsproblematik über den Arbeitsmarkt regeln könnte. Da frage ich Sie schon: Wie soll das gehen? Wenn wir heute 70 Prozent Vollzeitbeschäftigte und damit nach Dänemark die höchste Vollzeitbeschäftigungsrate in Europa haben (Abg. Parnigoni: Bravo, SPÖ!), wenn wir eine Arbeitslosenrate von nur noch 3,5 Prozent haben, was nach allen Wirtschaftstheorien nahezu Vollbeschäftigung bedeutet, dann können Sie bei der derzeitigen demographischen Situation dieses Problem nicht über den Arbeitsmarkt lösen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben uns dafür entschieden, das vorzeitige Pensionsantrittsalter – nicht das gesetzliche Pensionsantrittsalter! – um eineinhalb Jahre hinaufzusetzen. Abgeordneter Gusenbauer hat sich da zur Schutzmantelmadonna all jener gemacht, die das natürlich anstreben. Das ist Ihr gutes Recht. Wir wissen auch, dass diese Maßnahme nicht populär ist, aber sie ist notwendig, und wir finden dafür in der Bevölkerung weit mehr Verständnis, als Ihnen lieb ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wäre gut für die österreichische Sozialpartnerschaft gewesen, hätte der Österreichische Gewerkschaftsbund konstruktiv mitgearbeitet und dieser Maßnahme zugestimmt. Aber was hat er gemacht, Herr Abgeordneter Verzetnitsch? – Sie haben Ihre Eisenbahner-Gewerkschafter und die Eisenbahner aufgerufen, in Streik zu treten (Abg. Dr. Stummvoll: Das versteht niemand!), und das deshalb, weil Sie sich dagegen wehren, dass das Pensionsantrittsalter der Eisenbahner von 53 auf 54 ½ Jahre erhöht wird. Eine Ungeheuerlichkeit, muss ich wirklich sagen! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.  – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ja, ja, ich höre die Zwischenrufe, in denen Sie sagen, deshalb haben sie nicht gestreikt, sondern sie haben wegen all der anderen grauslichen Maßnahmen gestreikt. Wir nehmen das gerne zur Kenntnis. Damit können wir bei der nächsten Pensionsreform eine entsprechende Angleichung vornehmen.

Abschließend möchte ich doch noch sagen, weil Sie so sehr von der sozialen Gerechtigkeit sprechen: Wir schießen heute, um das Pensionsniveau halten zu können, aus dem Bundesbudget 73 Milliarden Schilling zu. Im Jahre 2030 – das ist dann, wenn meine Generation erste Gedanken daran verschwenden wird, in Pension gehen zu können – müssten wir, wenn wir die Maßnahmen, die wir heute vorlegen, nicht beschließen würden, 618 Milliarden Schilling aus dem Bundeshaushalt zuschießen, um das Pensionsniveau halten zu können. Das entspricht fast dem gesamten heutigen Bundesbudget. Das ist sozial ungerecht, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Umlagesystem, das wir in seinen Grundsäulen erhalten und nicht zerreden wollen, wie Sie das, Herr Abgeordneter Gusenbauer, getan haben, bedarf immer wieder Adaptierungen. Deshalb wollen wir, die Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein, Mag. Schender und ich, folgenden


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Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein, Mag. Schender, Amon und Kollegen betreffend langfristige Sicherung des Pensionssystems

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, das Pensionssystem unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung langfristig nachhaltig finanziell sicherzustellen. In bereits gewährte Pensionen darf nicht eingegriffen werden. Beitragserhöhungen sind zu vermeiden. Die betriebliche und private Altersvorsorge (zweite und dritte Säule) sollen als Ergänzung der gesetzlichen Pensionsversicherung ausgebaut werden mit dem Ziel, die zusätzliche Belastung eines steigenden Anteils nicht mehr erwerbstätiger Personen an der Bevölkerung langfristig abzufedern."

*****

Ich fordere Sie im Interesse der jüngeren Generation auf: Stimmen Sie dieser Pensionsreform zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben verlesene Entschließungsantrag, der mir hier als Antrag Mag. Haupt, Dr. Feurstein vorliegt, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. Ich bitte, dem zu berichtigenden Sachverhalt die Tatsache gegenüberzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.52

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Amon hat behauptet, dass in die bestehenden Pensionen nicht eingegriffen wird. Ich stelle tatsächlich richtig, dass das Hohe Haus heute einen Antrag beschließen soll, wonach es tatsächlich zu einem Eingriff in bestehende Pensionen dadurch kommt, dass der Pensionssicherungsbeitrag auch für Pensionisten um 0,8 Prozent erhöht wird und damit die Pensionen gekürzt werden.

Weiters hat Herr Abgeordneter Amon behauptet, der Gewerkschaftsbund habe keine konstruktiven Vorschläge eingebracht. Ich stelle tatsächlich richtig, dass bis gestern Nacht die konstruktiven Vorschläge der Gewerkschaften von der Regierung immer wieder abgelehnt worden sind mit der Bemerkung: Über diese Grundsätze können wir nicht diskutieren! (Abg. Dr. Bruckmann: Das ist falsch! – Beifall bei der SPÖ.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschwindigkeit statt Gerechtigkeit. – Unter dieses Motto könnte man das, was hier als Pensionsreform der Bundesregierung verkauft wird, stellen. Und ich muss dazu bemerken, meine Damen und Herren: Sie sind auch noch stolz darauf, dass Sie es unter dieses Motto stellen. In den vergangenen Tagen haben Sie immer wieder darauf hingewiesen: Seht doch her, wie schnell es uns gelungen ist, diese Pensionsreform über die Bühne zu bringen!

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Ich bin nicht stolz auf diese Geschwindigkeit. Ich bin nicht stolz, und zwar deswegen, weil Geschwindigkeit allein noch kein Kriterium ist, an dem man den Erfolg, den Misserfolg oder die Qualität einer Pensionsreform beurteilen könnte.


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Meine Damen und Herren! Fragen wir uns doch: Ist das, was Sie hier heute zur Beschlussfassung vorlegen, tatsächlich eine Pensionsreform, die auch den jüngeren Generationen das Vertrauen in ein Pensionssystem gibt?! Fragen wir uns das doch! Herr Amon, ich beantworte Ihnen diese Frage klar mit Nein. Ich sage Ihnen: Nein, das schafft kein Vertrauen!

In den letzten zehn Jahren hat es fünf Pensionsreformen gegeben, bei denen immer wieder erklärt wurde: Das ist die Jahrhundertreform! – Und jetzt haben wir im Jahr 2000 wieder eine Reform, bei der der eine erklärt: Die nächste kommt gleich wieder! und die andere, die Frau Sozialministerin, erklärt: Jetzt ist einmal Ruhe! Ich frage Sie: Was ist es wirklich? – Ist es eine Reform, die hält? Ist es eine Reform, die das Pensionssystem zukunftsfähig macht? – Nein! Sie selbst haben ja einen Antrag eingebracht, in dem Sie deutlich zu erkennen geben, dass Sie dieses Pensionssystem nicht für zukunftsfähig halten und daher lieber auf Eigenvorsorge und Zusatzpensionsversicherungen setzen.

Ja wissen Sie denn, Herr Kollege Amon, was das für die Jüngeren heißt? – Doppelt zahlen heißt das: das alte Pensionssystem finanzieren und gleichzeitig die Zusatzpensionen finanzieren. Sagen Sie das doch offen den jüngeren Menschen in diesem Land! (Beifall bei den Grünen.) Sagen Sie doch offen, dass Sie die jüngeren Menschen zweimal zahlen lassen wollen!

Ich sage Ihnen, Herr Amon: Es geht nicht nur darum, dass wir in den letzten zehn Jahren fünf Pensionsreformen gehabt haben, sondern es geht auch darum, dass Sie mit dieser Reform – genauso wie es bei den vorangegangenen Reformen der Fall war, und da schließe ich in die Verantwortung natürlich auch die Sozialdemokratische Partei mit ein – dieses Pensionssystem absolut in Misskredit gebracht haben. Fragen Sie doch einen jüngeren Menschen mit 20 oder 30 Jahren, ob der oder die noch glaubt, dass er eine Pension aus diesem System erhalten kann! Fragen Sie doch, ob sie noch glauben, dass sie mit 65 oder 66 Jahren in Pension gehen können oder nicht erst mit 70 oder 75 Jahren! Sie selbst diktieren ja das Tempo dieser Anhebungen und sagen: Das ist noch lange nicht genug, das geht noch weiter!

Da stellt sich schon die Frage: Ist das ein zukunftsfähiges Pensionssystem? Ist das eines, in das Ältere genauso wie Jüngere Vertrauen haben können? – Sie selbst erklären ja anlässlich dieser Pensionsreform, die letzten Pensionsreformen haben doch das Vertrauen in dieses Pensionssystem völlig ruiniert, da brauchen wir ja nicht einmal den Vertrauensgrundsatz zu beachten. Das ist Ihre zynische Haltung! Das ist wirklich eine zynische Haltung zum gesamten Pensionssystem, zu einer solidarischen Altersversorgung.

Meine Damen und Herren! Ich skizziere Ihnen die Punkte, was Pensionsreform nach Ansicht der Grünen heißen könnte und heißen müsste. Eine eigenständige Altersversorgung. – Ja, wir Grüne wollen, dass jeder Mann, jede Frau, eine eigenständige Altersversorgung erhält. Wir wollen ein transparentes Pensionssystem. (Beifall bei den Grünen.)

150 Reformen, 150 Novellierungen des ASVG haben Sie in den letzten 45 Jahren, seit es dieses ASVG gibt, gemacht. In der Schweiz hat man es seit den dreißiger Jahren in der Alters- und Hinterbliebenenversorgnung auf zwölf Novellierungen gebracht, und jede wurde gründlich in der Öffentlichkeit diskutiert. Bei uns wird nicht diskutiert, bei uns wird vorgeführt. Eine Gruppe nach der anderen wird gegeneinander ausgespielt. Das ist Ihre Art, Politik zu machen! (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen einen Einstieg in ein neues Pensionssystem, wir brauchen ein tatsächlich harmonisiertes Pensionssystem. Aber was machen Sie? – Sie sagen: Harmonisierung ja, auf der anderen Seite machen Sie einen Abtausch mit Pensionssicherungsbeiträgen, bei denen Sie den verschiedenen Gruppen schon in der Vergangenheit immer wieder erklärt haben: Damit könnt ihr euer eigenständiges Pensionssystem sichern!, um ihnen dann immer wieder zu erklären: Ihr könnt es nicht sichern! Sie setzen einen Schritt nach dem anderen, wobei die Gruppen verwirrt, ausgespielt und um ihre Erwartungen in die Altersversorgung geprellt werden. Die Beamten sind genauso ein gutes Beispiel dafür wie die Eisenbahner. Ich komme noch darauf zu sprechen.

Wir Grüne sind für ein Pensionssystem, das nach unten hin dicht ist, das tatsächlich eine Grundsicherung im Alter schafft, das aber auch nach oben hin dicht ist, meine Damen und


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Herren. Da liegen die großen Unterschiede! Wenn ich mir vorstelle, dass die Pension einer Arbeiterin, die lange gearbeitet hat, in Österreich im Durchschnitt 6 700 S beträgt, die Pension einer Bäuerin auch so niedrig, ja noch niedriger ist, und wenn ich mir andererseits vorstelle, dass wir bei den Politikern gerade eine Begrenzung bei 170 000 S geschafft haben, aber nicht für 35 oder 40 Jahre Arbeit, sondern, wenn es günstig geht, für 15 Jahre Arbeit, dann sage ich: Da liegt der Fehler im System! Das ist kein gerechtes öffentliches Pensionssystem! (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen auch – und wir Grüne fordern das von einer Pensionsreform – Beitragsgerechtigkeit und Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Gruppierungen. Was meine ich damit? – Es ist eines der großen Dilemmas unseres Pensionssystems, der verschiedenen Pensionssysteme für Arbeiter, Angestellte, Bauern, Selbständige, Beamte und Politiker, dass sie alle mit unterschiedlichen steuerlichen Zuschüssen arbeiten. Und da wird in jeder Debatte eine Gruppe gegen die andere ausgespielt und gesagt: Die bekommt mehr, jene bekommt weniger steuerliche Zuschüsse, die müssen sich mehr, die weniger erarbeiten. – Ja so kommen wir nicht weiter, meine Damen und Herren! Es lässt sich auch nicht alles miteinander vergleichen. Wir brauchen ein Pensionssystem, das allen Personen im Alter die gleichen steuerlichen Zuschüsse gibt, die gleichen Versicherungsleistungen, wenn sie vorliegen, abgilt. Aber das haben wir nicht, meine Damen und Herren, und da liegt der Hase im Pfeffer. An dieser Frage des Pensionssystems haben Sie überhaupt nicht gearbeitet! (Beifall bei den Grünen.)

Letzter Punkt in dieser Darstellung, was wir bei einem Pensionssystem bräuchten: Verteilungsgerechtigkeit – ich habe schon darauf hingewiesen. Liegt Verteilungsgerechtigkeit vor, wenn die einen Pensionen in der Höhe von 170 000 S erhalten und die anderen in der Höhe von 6 000 S? Liegt Verteilungsgerechtigkeit vor, wenn für eine monatliche Pension von 40 000 oder 50 000 S oder von 200 000 S oder 400 000 S – auch solche Pensionen gibt es in Österreich, für Bankdirektoren und was weiß ich noch wen; aber es gibt sie, wir haben ja sogar die konkreten Personen vor Augen – ein Pensionistenabsetzbetrag von 5 500 S pro Jahr steuerlich geltend gemacht werden kann, während für eine Pension von 7 000 oder 8 000 S dieser Pensionistenabsetzbetrag und daher die steuerliche Begünstigung nicht geltend gemacht werden kann, weil gar keine Steuern gezahlt werden, weil die Pension so niedrig ist? Ist das Gerechtigkeit?

Beantworten Sie mir die Frage! Ich stelle sie immer wieder und stelle fest – egal, ob es sich um ÖVP/SPÖ-Regierung oder ÖVP/FPÖ-Regierung handelt –: Da herrscht Schweigen, da will niemand daran rühren, dass es steuerliche Begünstigungen in einem Pensionssystem gibt, die absolut unvertretbar sind, die nicht nur die besser verdienenden Pensionisten absolut begünstigen, sondern auch zwischen den Geschlechtern Unterschiede schaffen, denn bei den Beziehern niedriger Pensionen sind die Frauen stark in der Überzahl, während bei den Beziehern höherer Pensionen die Männer in der Überzahl sind. Darum, nehme ich an, meine Damen und Herren, wollen Sie an diesem System nicht rühren und es nicht angreifen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne – und das sage ich Ihnen klar – wollen nicht in die erworbenen Eigenpensionen eingreifen – nein, dazu haben wir uns auch bekannt –, aber ist es wirklich eine Tabu-Frage in Österreich, auch darüber einmal reden zu dürfen, dass die Gerechtigkeit zwischen den Erwerbstätigen und den Pensionisten etwa auch durch Eingriffe in das Steuerrecht hergestellt werden könnte oder durch andere Beträge des Anwachsens der Pensionen, die mehr zwischen niedrigeren und höheren Pensionen differenzieren? Ist es so unverschämt, auch diese Frage zu stellen und darauf hinzuweisen, dass es ungerecht ist, wenn jemand im Alter 200 000 oder 300 000 S oder – wie ein Politiker, begrenzt, die "Armen" – 170 000 S erhält, während es auf der anderen Seite Pensionisten gibt – und das sind nicht wenige, Kollege Haupt weiß das auch –, die mit 6 000, 7 000 oder 8 000 S auskommen müssen, obwohl sie ein Leben lang gearbeitet haben? Wo sind da Ihre Vorschläge, wo haben Sie da etwas angerührt in diesem Bereich?

Ich komme auf den Punkt, meine Damen und Herren: Muten Sie den Menschen in diesem Land nur das zu, was Sie sich selbst auch zumuten oder zumuten würden! Was muten Sie sich zu? – Wir verhandeln in einem der nächsten Punkte eine Reform des Bezügegesetzes, Politikerpensionen. Ja, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, darf ich Sie daran erin


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nern, dass Sie die Abschaffung der Politiker-Doppelpensionen gefordert haben, Herr Kollege Westenthaler, vehement vertreten haben? Wo sind wir denn jetzt? Darf ich Sie daran erinnern, Herr Kollege Stummvoll – jetzt ist er zufällig nicht hier –, dass es nicht nur darum geht, die angeblichen Privilegien, die Sie ja so massiv kritisiert haben, bei den Eisenbahnern abzuschaffen, die mit 53 unter bestimmten Voraussetzungen nach 35 Jahren in Pension gehen können, sondern dass es vielleicht auch darum gehen könnte, Politikerpensionen mit 55 oder – wie Sie jetzt wollen – mit 56,5, aber nach nur zehn Jahren Beitragsleistung abzuschaffen. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Altpensionen! – Ja, es geht bei den Eisenbahnern auch um die Altpensionen, nicht um die Neupensionen, Herr Kollege Gaugg!

Wir wissen doch, dass die Eisenbahner, die jetzt in das System einsteigen, keine Altpensionen mehr erhalten können. Wir wissen auch, dass es bei den Politikern, die jetzt einsteigen, Gott sei Dank so ist, und wir wissen auch, dass es die Grünen waren – und auch die Freiheitlichen –, die an dieser Veränderung der Politikerbezüge gearbeitet haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr habt mitgestimmt! Wir haben nicht mitgestimmt!) Aber wir wissen auch, dass sie, seit sie in der Regierung drinnen sitzen, an den Doppelbezügen für Politiker nichts ändern wollen, und wir wissen auch, dass es noch immer Dutzende gibt – hier, außerhalb dieses Hohen Hauses –, die nach 15 oder 20 Jahren Politikertätigkeit mit 170 000 oder 180 000 S in Pension gehen können. Und das sind die Personen, die sich dann herstellen und sagen: Da gibt es Privilegien bei den Eisenbahnern! Das ist die Frage, das ist der Ton, meine Damen und Herren, den Sie vorgeben! Muten Sie sich und Ihren Kindern nichts anderes zu als das, was Sie den Menschen in diesem Land zumuten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sich selbst muten Sie das offensichtlich nicht zu! Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, die Sie mit beantworten müssen! Da geht es nicht um Summen – das ist mir schon klar –, da geht es nicht um Milliarden, die eingespart werden können, aber es ist eine Frage der Verantwortung, der Glaubwürdigkeit, die Sie in diesem Zusammenhang beantworten müssten, die Sie aber nicht beantworten. Deshalb kündige ich Ihnen auch an: Wir stellen zu diesem Punkt den entsprechenden Abänderungsantrag, der leider nicht unter diesem Punkt abgestimmt wird – das hätte ich viel lieber gesehen –, sondern unter dem Punkt Änderung der Bezüge der Politiker.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen gerne zitieren, was Herr Haider, als er noch Abgeordneter hier im Parlament war, dazu gesagt hat: Warum hat ein Minister nach vier Jahren bereits einen Pensionsanspruch in der Tasche? – Jene Minister, die diese Regierungsvorlage – er hat die für Politikerbezüge gemeint – beschlossen haben, sind dieselben, die hier im Parlament verlangen, dass die Pensionsanwartschaften erhöht werden müssen, etwa für Frauen, damit sie nicht zu früh in Pension geschickt werden.

Das Wort "Minister" kann man ersetzen durch "Politiker" oder "Abgeordnete der Regierungsparteien", dann passt es wieder, meine Damen und Herren. Sie sind es jetzt, die, ohne bei den Altpensionen für die Politiker etwas zu ändern, nämlich substantiell zu ändern, ohne diese unsäglichen Doppelpensionen abzuschaffen und die Pensionssicherungsbeiträge hier wirklich etwas empfindlicher anzuheben, als Sie das tun, den Menschen in diesem Land etwas zumuten, was Sie sich selbst nie zumuten würden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und das ist Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien!

Ich komme noch zu einigen Punkten dieser Pensionsreform, zunächst zum Thema eigenständige Altersversorgung. (Abg. Gaugg: Jetzt habe ich noch eine Frage: Warum haben die Grünen zugestimmt bei der letzten Politikerbezügeregelung?) Es geht um etliche Personen, auch in diesem Haus: Es geht um Abgeordneten Stummvoll, der jetzt schon einen Pensionsanspruch geltend machen kann, obwohl er noch hier sitzt als Politiker. Es geht um Abgeordneten Ofner, der eine Ministerpension für dreieinhalb Jahre Ministertätigkeit geltend machen kann, obwohl die Mindestvoraussetzung – großzügig genug – vier Jahre wäre. Das Politikerpensionssystem ist einzigartig, Herr Kollege Westenthaler: In Österreich gibt es eine Bestimmung für Politiker, die sicherstellt, dass man sich, auch wenn man die Mindestvoraussetzung für eine Ministerpension nicht erfüllt – nämlich die vier Jahre –, wenn man dann zusätzlich noch Abge


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ordneter war und günstigstenfalls über zehn Jahre Abgeordneter war, das gegenseitig anrechnen lassen kann. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben zugestimmt, wir nicht!)

Das heißt: Dreieinhalb Jahre Ministertätigkeit, also Mindestvoraussetzung nicht erfüllt (Abg. Ing. Westenthaler: Sie waren dafür! Sie haben dem Bezügegesetz zugestimmt!), dann nimmt man ein paar Jahre von der Abgeordnetentätigkeit dazu und hat die Voraussetzung für die Ministerpension erfüllt, und dieselben Abgeordnetenjahre zählen auch für eine Abgeordnetenpension.

Herr Abgeordneter Westenthaler, schieben Sie uns nicht die Schuld für dieses alte System in die Schuhe! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie selbst haben zugestimmt! Wir haben dem Bezügegesetz nicht zugestimmt, Sie schon!) Wir Grüne sind nicht in der Regierung. Ich glaube, ich habe das deutlich gemacht: Sie haben die Verantwortung, denn Sie sind eine Regierungspartei! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Grünen –: Ihr habt zugestimmt! Van der Bellen auch!)

Meine Damen und Herren! Ich will nicht nur über Politiker und ihr Pensionssystem sprechen, aber – und ich erinnere Sie daran – es ist eine Frage von Grundsätzen (Abg. Böhacker: Kindesweglegung! Stimmt zu, aber regt sich auf!), es ist eine Frage von Vertrauen, und es ist eine Frage, mit welcher Verantwortung gegenüber den Menschen in diesem Land Sie diese Pensionsreform verkaufen. (Abg. Böhacker: Hat zugestimmt und regt sich auf! Das ist ja unglaublich!) Und Sie verkaufen damit die Menschen!

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen ein Beispiel bringen, bei welchem es um das Thema "eigenständige Altersversorgung" geht und um die Schwierigkeiten, die Menschen mit der Pensionsversorgung und mit dem haben, was sie im Unterschied zu Politikern in einer bestimmten Alterssituation nicht garantiert bekommen.

Beispiel: Eine Frau mit 52 Jahren erhält ein Arbeitslosengeld von 7 000 S. Sie hat als Putzfrau gearbeitet und ein Einkommen in der Höhe von 13 000 S bezogen. Ihr Mann war vorher beruflich tätig und ist inzwischen Pensionist. Diese Frau wird durch Ihre Pensionsreform bestraft. Sie erhält keine Notstandshilfe, so wie bisher nicht, und daran ändert auch die geringfügige Verbesserung für den Übergang nichts, wo die Notstandshilfe immerhin für die Pension angerechnet wird – das erfolgt aber nur für ein paar Jahrgänge, dann wird es wieder abgeschafft; das ist zynisch, meine Damen und Herren! –, also sie bekommt keine Notstandshilfe und verliert diese Jahre bis zur Pension mit 56,5 Jahren – das ist ihr frühester Pensionsantrittstermin – vollständig als Versicherungszeiten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000 (181 der Beilagen) in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit (254 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

9. Nach § 33 wird folgender § 34 samt Überschrift eingefügt:

"Sicherung der Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung

§ 34. (1) lautet: Wer wegen der Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners beziehungsweise der Ehepartnerin (des Lebensgefährten beziehungsweise der Lebensgefährtin) mangels Notlage keinen Anspruch auf Notstandshilfe hat, erwirbt für die Dauer der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen für die Notstandshilfe eine Ersatzzeit und eine Anspruchsvoraus


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setzung für die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit in der Pensionsversicherung aus dem Titel einer Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung."

*****

Eine kleine, geringfügige Korrektur wäre das, meine Damen und Herren, zu der Sie nicht bereit waren, nämlich jenen Frauen, ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... die mit 53 Jahren arbeitslos werden, etwas mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich antworte Ihnen im letzten Satz mit den Worten von Augustinus: "Was anderes sind Staaten, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden?" – Da können Sie sich selbst in den Spiegel schauen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter! Bitte beachten Sie die diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung!

11.14

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es wurde fälschlicherweise behauptet, dass die Politikerpensionen 170 000 S betragen würden und dass es Doppelpensionen gäbe. Ich stelle richtig: Seit der Bezügereform im Jahre 1997, die meines Wissens einstimmig, also von allen im Parlament vertretenen Parteien, beschlossen worden ist (Widerspruch bei den Freiheitlichen), gibt es für Politiker – egal ob Bürgermeister, ob Landtagsabgeordneter, ob Landesräte, ob Landeshauptleute, ob Regierungsmitglieder hier im Haus –, die neu eintreten, keine Politikerpensionen mehr.

Für meine Person darf ich feststellen, dass ich Abgeordneter im Parlament und Bürgermeister der Bezirksstadt Grieskirchen bin und dann, wenn ich in Pension gehe, keine wie immer geartete Politikerpension erhalte, sondern lediglich die von mir bisher einbezahlte ASVG-Pension, und das sind derzeit 22 000 S netto Höchstpension, die im ASVG bezahlt wird. Das wollte ich richtig stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 14 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Haupt  – auf dem Weg zum Rednerpult in Richtung Präsidium –: Bitte die Redezeit um 2 Minuten hinuntersetzen!)

11.16

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich muss die Ausführungen des Kollegen Großruck insofern korrigieren, als die Abstimmung zum Bezügegesetz nicht einstimmig war, sondern die Freiheitliche Partei dagegen gestimmt hat, und zwar deshalb, weil für jene, die im alten Pensionsrecht für die Politiker geblieben sind, keine Änderungen eingetreten sind, sondern tatsächlich in diesem Bereich Privilegien vorhanden sind, die auch heute noch nachklingen.

Es sind nur mehr einige wenige Abgeordnete hier im Hohen Haus, die so wie ich dieser Kategorie angehören. Uns wurde damals vom Gesetz her die Option auf das neue Bezügegesetz, das Kollege Großruck skizziert hat, verwehrt. Ich glaube aber, dass dann, wenn die


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Abgeordneten von den Grünen und von der Sozialdemokratie bereit wären, diese Lösung durch den Eingriff in alte Rechte mit Zweidrittelmehrheit zu ändern – anders geht das nicht, denn bekanntlich hat diese Bundesregierung keine Zweidrittelmehrheit –, diese Bundesregierung sicher in Gespräche darüber eintreten würde.

Kollege Öllinger! Sie wären sicherlich glaubhafter gewesen, wenn sich nicht gerade aus Ihrer Fraktion eine Abgeordnete, nämlich Ihre eigene Kollegin Lichtenberger aus Tirol, laut einer Anfragebeantwortung vom 18. April 2000 jene Privilegien hätte saldieren lassen, die sie nach Ihrer Ansicht, Herr Kollege Öllinger, eigentlich nicht beziehen dürfte. (Abg. Öllinger unterhält sich gerade mit Abg. Dr. Lichtenberger. – Ruf bei den Freiheitlichen: Herr Kollege Öllinger!)

Kollege Öllinger! Man sollte – ich möchte es im Volksmund sagen – zuerst den Balken im eigenen Auge sehen und dann den Span im Auge des anderen. Glaubwürdig werden die Grünen erst dann werden, wenn sie gemeinsam mit den anderen Fraktionen dieses Hauses Gesetzesänderungen beraten, beschließen und umsetzen.

Ich warne Sie, Frau Kollegin: Es gibt eine offizielle Anfrage des Tiroler Landtages und eine Beantwortung darauf, und Sie werden sich auch mit dem üblichen Hinweis, dass Sie 50 000 S von Ihren Privilegien gespendet haben, nicht darüber hinwegretten können, dass Sie Privilegien in Anspruch genommen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Privilegienritterin!)

Ich werde Ihnen gerne die betreffende Anfragebeantwortung aus dem Tiroler Landtag zur Verfügung stellen. (Abg. Dr. Lichtenberger begibt sich zum Präsidium.) Ich würde es als Täuschung der österreichischen Öffentlichkeit erachten, wenn Sie hier zu einer tatsächlichen Berichtigung schreiten wollten, obwohl die Aussagen des Tiroler Landtages zu dieser Angelegenheit öffentlich bekannt sind und eindeutig und klar im Protokoll des Tiroler Landtages aufscheinen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Grünen –: Das ist Doppelzüngigkeit, Herr Öllinger!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte aber nun aus freiheitlicher Sicht zur vorliegenden Reform der Pensionen in Österreich Stellung nehmen und die Argumente meiner Fraktion in diese Debatte einbringen.

Ich halte es für notwendig, endlich auch der interessierten Öffentlichkeit das vor Augen zu führen, was die Rahmenbedingungen dieses Staates in wirtschaftlicher, aber auch in sozialpolitischer Hinsicht sind, die diese Pensionsreform so unabdingbar machen beziehungsweise verursacht haben. Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer, möchte ich in das Stammbuch schreiben, dass es der Sozialdemokratie nach 30 Jahren Verantwortung in diesem Staate nichts nützen wird, durch den Ausstieg aus der Verantwortung die Schuld für die Versäumnisse der Vergangenheit anderen in die Schuhe zu schieben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

1 650 Milliarden Schilling Schulden am Beginn dieses Jahres und 1 700 Milliarden Schilling Schulden zu Mitte dieses Jahres als Auswirkung von 30 Jahre sozialdemokratisch geführten Regierungen in diesem Staate sind der Negativsaldobestand im Budget dieses Landes, der als Rucksack für die noch in Arbeit Befindlichen und als Rucksack für all jene, die heute noch in die Schule gehen, zu finden ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Edlinger-Schulden!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was soeben als "Edlinger-Schulden" bezeichnet worden ist, hat noch dazu die feine Facette, dass man beim Beitritt zur Europäischen Union und zur Währungsunion das damalige Defizit in Österreich in der Höhe von 62 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, im Jahre 1998 statt abgesenkt auf 64 Prozent Defizit, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, hinaufgewirtschaftet hat – und das in dem Wissen, dass man in Amsterdam zur Stabilisierung der Währungsunion unterschrieben hat, bis 2002 eine Nullkomponente sowohl in den Staatshaushalten als auch in den Sozial- und in den Pensionsversicherungsanstalten einzuführen.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Diese dramatischen Zahlen und die kontraproduktiven Entwicklungen unter der Verantwortung des sozialistischen Ministers Edlinger sind die Rahmenbedingungen, unter denen sich heute die Pensionsreform abspielen muss.

Meine Vorredner haben schon Recht: Das ASVG wurde – einschließlich der heutigen Reform – 58 Mal offiziell geändert und über 156 Mal inoffiziell geändert. Die Systempflege im Pensionsversicherungswesen Österreichs ist also Tradition und notwendig. Sie ist Tradition und notwendig deswegen, weil es in Österreich im Unterschied zu anderen, durchaus auch als sozial zu bezeichnenden Ländern, wie etwa Schweden, Finnland und Holland, nicht möglich war, die notwendigen Adaptierungen in einer Gesamtreform des Pensions- und Sozialversicherungswesens durchzuführen. (Abg. Öllinger: Sie haben es gar nicht versucht!)

Herr Kollege Öllinger! Seit 1996 läuft nun schon die Debatte um die Pensionsreform. Die damalige Bundesregierung holte sich den Experten Rürup. Seit damals ist es unverändert, unverrückbar und von allen Experten bestätigt: Die Krux des österreichischen Pensionsversicherungssystems und die Belastung der Jugend Österreichs in der Zukunft ist die überdurchschnittlich hohe Zahl der Frühpensionsantritte. Diese Bundesregierung hat versucht, durch eine Verbesserung der Invaliditätspension jenen, die aus Krankheitsgründen in die Frühpension gehen sollen, und dort, wo es sozial wünschenswert ist, dass Menschen, die in der Arbeitswelt gesundheitlichen Schaden davongetragen haben, das auch tun können, in entsprechender Form zu helfen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Wir haben das getan, während man von Seiten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes auf die Straße gegangen ist und während grüne und rote Politiker an vorderster Front demonstriert haben. Dafür wurden bis zum heutigen Tage 60 Millionen Schilling an Demonstrationskosten aufgewendet – 60 Millionen Schilling! –, und zwar allein für geleistete Überstunden der Gendarmen und der Polizisten. Man darf nämlich nicht nur die Kosten für Demonstrationen in Wien rechnen, sondern muss auch die Kosten für jene in den Landeshauptstädten miteinbeziehen. Aber man muss auch die Kosten für den Aktionstag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und die Kosten für die dortigen Maßnahmen mit dazurechnen. Damit ist die Schätzung einer Summe von 60 Millionen Schilling gerechtfertigt. Sogar ohne Einbeziehung der Schäden und sonstiger Folgekosten ist dieser Betrag das Minimum, das als Aufwendung geschätzt wird.

Ich sage Ihnen heute – ich glaube, im Namen der gesamten Bundesregierung sprechen zu können –: Alle in Österreich sind daran interessiert, dass unser Pensionsversicherungssystem langfristig abgesichert wird. Alle, die sich mit dem österreichischen Pensionsversicherungswesen beschäftigt haben, wissen, dass es aufgrund der häufigen Korrekturen gerade an den Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Pensionsversicherungssystemen Ungerechtigkeiten und oftmals soziale Härten aufweist. Diese Bundesregierung und die Abgeordneten des Nationalrates von den beiden Regierungsfraktionen haben sich daher bemüht, für diese Gruppe mit der Regelung in Härtefällen, mit der Vertrauensschutzregelung, mit der Verlängerung des Arbeitslosengeldbezuges auf eineinhalb Jahre, mit einer Verbesserung der Notstandsbezugsregelungen soziale Ungerechtigkeiten, die in den Grauzonen zwischen den einzelnen Sozialversicherungssystemen entstehen können, zu mildern beziehungsweise zu minimieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns auch bemüht, Angebote zu machen, die sozial verträglich sind und die auch innerhalb der verschiedenen Sozialversicherungssysteme zu Gerechtigkeit führen, wie etwa bei den Eisenbahnern. Die vier Prozent mehr Beitrag, die sie, im Verhältnis zu allen anderen Arbeitnehmern in Österreich, zu zahlen haben, haben wir ihnen angeboten, bei der Erhöhung des Pensionsantrittsalters von 53 Jahren auf 54,5 Jahre und auf 61,5 Jahre, das Regelpensionsantrittsalter für die anderen Bundesbediensteten – abschlagmäßig pro Jahr, in das man in die Frühpension geht –, in entsprechender Form abzufedern. Dazu wollten die Eisenbahner – das muss man auch klar sagen – noch eine Kürzung unter das Niveau aller anderen Pensionssicherungsbeiträge, die auch alle anderen öffentlich Bediensteten betreffen. Auf Deutsch gesagt: Die Gewerkschaft der Eisenbahner ist aus der gesamten Front der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes nach unten hin ausgeschert, um es sich besser zu richten. Das war im horizontalen Vergleich hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit eine Über


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forderung, die von Seiten der Bundesregierung nicht mehr hingenommen werden konnte. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Kollegin Silhavy! Sie haben Ihre Redezeit und werden diese nützen. Ich werde meine Redezeit nützen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in Bezug auf Dienstunfälle bei Gendarmen und Polizisten – das ist auch für das Bundesheer ein wichtiger Punkt – konnten wir einige Verbesserungen erzielen, die, wie ich meine, von sozialer Symmetrie und Ausgewogenheit im Gesamtsystem geprägt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Folgendes sollte für die österreichische Öffentlichkeit, weil der Vertrauensschutz so häufig apostrophiert wird, hier auch klar gesagt werden: Wir alle, die wir in der Vergangenheit in die Arbeitswelt eingetreten sind, haben gewusst, dass Frauen bis 60 und Männer bis 65 arbeiten müssen. Manche Berufsgruppen haben gewusst, dass sie sogar bis 67 arbeiten müssen. Den Vertrauensschutz, arbeitslos zu werden, den Vertrauensschutz, krank zu werden, gibt es nicht. Es gibt Verbesserungen für jene Menschen, die krank sind, beim Zugang zur Invaliditätspension, und es gibt Verbesserungen in jenen Bereichen, in welchen in der Übergangszeit Härtefälle auftreten können.

Weil Sie uns Freiheitlichen, Kollege Öllinger und Kollege Gusenbauer, vorgeworfen haben, dass wir eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere ausspielen, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Auch die Bauern (Zwischenruf der Abg. Silhavy ), auch die Gewerbetreibenden, auch die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, auch die Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft haben ein Anrecht, nach einem langen Arbeitsleben eine Pension zu bekommen, von der man auch leben kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen ganz genau, dass trotz hoher Bundeszuschüsse die durchschnittliche Alterspension für Bauern 5 400 S beträgt. Sie liegt damit um 1 200 S unter jener für Frauen im ASVG-Bereich und im allgemeinen Bereich. Sie wissen auch, dass mehr als 60 Prozent der Gewerbetreibenden ebenfalls Pensionen in dieser Höhe erhalten. Ich glaube daher, wenn man an sozialer Gerechtigkeit für alle – ob als Unternehmer, als Bauer, als Freiberufler, als Gewerbetreibender, als Beamter, als Vertragsbediensteter –, die an diesem Staate und an seiner Wirtschaft und seinem Wirtschaftswachstum teilgenommen haben, interessiert ist, dann sollte man sich nicht verweigern und auf die Straße gehen, sondern das aufnehmen, was in Österreich einmal Tradition war: Gespräche zu einer Reform unseres gesamten Sozialversicherungssystems nach dem Beispiel der Länder Norwegen, Schweden, Finnland, Holland und anderer europäischer Staaten.

Wir in Österreich sind die Einzigen, die noch immer glauben, ohne entsprechende Zusatzkomponenten auszukommen. Ich sage es klar und deutlich: Wir Freiheitlichen haben unseren Wählerinnen und Wählern unser Drei-Säulen-Modell vorgelegt, und wir verfolgen es auch in Zukunft weiter, weil wir glauben, dass wir für die Absicherung des Pensionssystems und im Sinne von sozialer Gerechtigkeit jenen, die höher Verdienende sind, auch zumuten können, höhere Eigenvorsorge zu leisten, als es im heutigen System der Fall ist.

Ich darf den Damen und Herren von der Sozialdemokratie und jenen, die heute wie Herr Kollege Gusenbauer hier moniert haben, dass es zu Ungleichzahlungen im Sozialsystem, besonders was die unteren Gruppen betrifft, gekommen ist, sagen: Sie haben 30 Jahre in der Regierung gewerkt und gewirkt. Sie beklagen heute die Fehler Ihrer eigenen Regierungstätigkeit. Viel dekuvrierender, Herr Kollege Gusenbauer, kann man das Versagen – sollte es tatsächlich eines sein –, in der Vergangenheit nicht lenkend eingegriffen zu haben, um Beitragsgerechtigkeit herzustellen, nicht darstellen, als Sie es gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir verlangen von allen Gruppen einen Beitrag zur Pensionsreform. Er wird auch geleistet, und zwar von den Bauern mit 250 Millionen Schilling, von den Gewerbetreibenden mit 250 Millionen Schilling, von den Beamten und von den Österreichischen Bundesbahnen mit 5 Milliarden Schilling und laut Regierungsprogramm mit den Beitragssätzen des ASVG-Bereichs mit 10 Milliarden Schilling. Wenn man die Zahl der Köpfe, die da zur Verantwortung gezogen werden, in


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den einzelnen Systemen durchdividiert, dann sieht man, dass man tatsächlich eine Pensionsreform heute hier verabschieden wird, die soziale Gerechtigkeit aufweist, die eine Harmonisierung zwischen den Systemen bringt und die damit vielleicht langfristig auch einen Umdenkprozess bei den heute noch abseits stehenden Sozialdemokraten und im Gewerkschaftsbund einleiten wird, und dann sieht man, dass wir keine Pensionsreform für jene machen, die drei oder vier Jahre vor der Pension stehen, sondern für alle Generationen, für die Jugend genauso wie für die alten Menschen, die diesen Staat aufgebaut haben. Wir glauben, dass die heutige Pensionsreform diesem Ziel der Bundesregierung sehr nahe kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Abgeordnete, beachten Sie insbesondere den § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung und beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

11.30

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Abgeordneter Mag. Haupt hat in seiner Rede in Bezug auf die Privilegien von Politikern und das Pensionssystem den Eindruck erweckt, ich würde ein Privileg in Bezug auf das Pensionssystem genießen. Das ist nicht richtig! (Abg. Ing. Westenthaler: Sondern?) Ich unterliege den im Tiroler Landtag beschlossenen Regelungen, die eine Überführung der früheren Politikerpension in eine ASVG-Pension bewirkt haben. (Abg. Mag. Trattner: Sie haben eine Million in sechs Monaten gekriegt!)

Weiters habe ich – und da hat der Herr Abgeordnete Mag. Haupt eine Vermischung vorgenommen (Abg. Ing. Westenthaler: Eine Million haben Sie kassiert! Privilegienritterin!)  – eine Übergangszahlung in Anspruch genommen, auf die ich schon in einer vor einiger Zeit gemachten tatsächlichen Berichtigung eingegangen bin.

Die Beantwortung aus dem Tiroler Landtag enthält nichts anderes als das, was ich gesagt habe. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Eine Million Schilling Abfertigung!)

11.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Ich darf auch Sie besonders herzlich bitten, den § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung einzuhalten, Herr Abgeordneter. – Danke sehr.

11.31

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Haupt hat behauptet, ich und die SPÖ hätten alleine die Schulden hinterlassen. Dies ist falsch!

Richtig ist, dass diese Schulden die Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte kollektiv zu verantworten haben. Die letzten 13 Jahre regierte die ÖVP besonders kostenintensiv mit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: 30 Jahre hat es einen sozialistischen Finanzminister gegeben!)

Zum Zweiten: Herr Abgeordneter Haupt hat behauptet, ich als Finanzminister hätte die 1 600 Milliarden Schilling Schulden allein zu verantworten. Das ist falsch!

Richtig ist, dass jeder Minister jedem Beschluss des Ministerrates zustimmen muss. Der König der Schuldenmacher in Österreich ist Minister Schüssel mit 863 Milliarden Schilling. (Beifall bei der SPÖ.)

11.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.32

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt erfahren wir, wie das mit der Spitzelaffäre im Grazer Vor


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stand war! Haben Sie in Graz mitgestimmt?) Herr Kollege Westenthaler! Ablenkung ist die einzige Möglichkeit, die Ihnen bei diesem heutigen Tagesordnungspunkt verbleibt, denn sonst würden Sie vor der Öffentlichkeit all Ihre Grausamkeiten zugeben müssen, die Sie planen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie in Graz mitgestimmt?)

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht verheimlichen, dass ich betroffen bin. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich!) Bis jetzt bin ich davon ausgegangen, dass Grundlage des politischen Handelns drei große Ziele sind, nämlich erstens, dass man dazu Menschen mögen muss, zweitens, dass man soziale Benachteiligungen beseitigen will, und drittens, dass man die Chancen der Menschen erhöhen will. Das, was Sie uns an Politik heute hier vorführen, entspricht all diesen drei Punkten nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese blau-schwarze Koalition hat ein politisches Ziel, nämlich diese Gesellschaft zu spalten: Jeder gegen jeden, damit Sie weiterhin Ihre einseitige Klientelpolitik betreiben können! (Abg. Haigermoser: Sagen Sie uns etwas zu Ihrer Spitzelaffäre in der Steiermark!) Umverteilung von unten nach oben ist Ihre Devise. Um das alles zu verstecken, spielen Sie junge Menschen gegen alte Menschen, Männer gegen Frauen und Berufsgruppen untereinander aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Amon! Ihr Debattenbeitrag war ein trauriges Beispiel für diese Form der Politik, die Sie betreiben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Donabauer: Der war gut, hervorragend! – Abg. Schwarzenberger: Er hat Sachwissen bewiesen!)

Mein Vorredner, Herr Kollege Haupt, hat so gesprochen, als hätte er Kreide gegessen. Ich verstehe schon, dass es ihm heute nicht gut geht, auch ich möchte das nicht verteidigen müssen, was Sie heute hier planen, nämlich den Angriff auf die Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um dieses Geld dann Ihrer Klientel zuzuleiten. (Abg. Haigermoser: Die Frage ist nicht Kreide, sondern Spitzelaffäre! Wir sind besorgt um die Bürger in der Steiermark!)

Die Seriosität des Herrn Kollegen Haupt habe ich in seinen heutigen Ausführungen sehr vermisst. Er weiß ganz genau, dass die Reparaturmaßnahmen, die Sie im letzten Augenblick getroffen haben, nicht greifen werden und dass sie in Wahrheit die Grausamkeiten, die Sie planen, nicht auffangen werden. (Abg. Haigermoser: Wie ist das mit der Spitzelgeschichte bei Ihnen? Wird sie bereinigt?)

Meine Damen und Herren von der FPÖ, auch wenn Sie noch hundert Mal dazwischenschreien: Stellen Sie sich doch einmal sachlich der Argumentation und der Diskussion! Das können Sie nicht, denn dann müssten Sie zugeben, dass der vielzitierte kleine Mann von Ihnen schon lange verkauft wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Ich höre sofort auf, wenn Sie mir die Frage beantworten, wie das mit der Spitzelaffäre ist!)

Meine Damen und Herren! Sogar der Rechnungshof stellt fest, dass es sich hierbei um keine Reform handelt, sondern um ein Pensionspaket, das eine reine Geldbeschaffungsmaschinerie darstellt, und dieses Geld geben Sie unverschämt im Verhältnis eins zu eins an Großunternehmer, Großbauern und Ihre Klientel weiter. (Abg. Haigermoser: Wie groß muss der Bauer sein?)

Weil Herr Kollege Amon gemeint hat, die Kinder seien Ihnen wichtig, darf ich ihn fragen: Herr Kollege Amon, inwiefern sind Ihnen die Kinder bei den Ambulanzgebühren wichtig? Wieso sorgen Sie nicht dafür, dass für Kinder wenigstens in Ambulanzen keine Gebühren bezahlt werden müssen? (Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das im Vorstand in Graz?) Da ist Ihnen die Gesundheit der Kinder offensichtlich nicht so wichtig! Da machen Sie wieder Ihre Klientelpolitik, nämlich dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ohnehin für andere Gruppen solidarisch ihre Beiträge leisten, dies in noch verstärktem Maße tun müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Entschuldigen Sie sich dafür, Frau Kollegin!)

Meine Damen und Herren! Sie haben bereits bei der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit Ihren zynischen und kaltschnäuzigen Umgang mit arbeitenden Menschen gezeigt. (Abg. Ing. Westenthaler: Was war das jetzt? Was war das jetzt? Das nehmen Sie aber zurück!) Natürlich! Sie haben alles ignoriert, was an Argumenten gekommen


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ist. Sie haben sogar die EU-Widrigkeit ignoriert. (Zwischenruf der Abg. Steibl. ) Wissen Sie, was Sie heute tun, Frau Kollegin Steibl? – Sie wollen die EU-Widrigkeit auf dem Rücken beziehungsweise auf Kosten von Frauen, die ihre Anträge ab 23. Mai dieses Jahres eingebracht haben, sanieren. Sie benachteiligen noch einmal die Frauen. Sie sind es, die Sanktionen gegen die Menschen in diesem Land richten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Hören Sie doch damit auf!)

Ich verstehe, dass es Ihnen dabei nicht gut geht. Das würde es mir an Ihrer Stelle auch nicht. (Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Dieses gesamte Pensionspaket ist eine einzige Sanktionsmaßnahme gegen arbeitende Menschen mit Verschärfungen gegen berufstätige Frauen. (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie auch Ihren Nachbarn gefragt?)

Kollege Amon! Verkaufen Sie die jungen Menschen nicht, sie glauben es Ihnen ohnehin nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege Tancsits! Heißt der ÖAAB ab heute "Österreichischer Alterssicherungs-Abbaubund"?

Herr Kollege Gaugg! Lösen Sie heute Ihr Versprechen den Unternehmern gegenüber in Zusammenhang mit Ihrem Bettelbrief mit der Gründung der FGÖ ein? Lösen Sie heute dieses Versprechen ein? (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof stellt fest – lesen Sie die Stellungnahme des Rechnungshofes! –, dass mit den wiederholten Reformen stets auch Maßnahmen getroffen wurden, die eine Senkung der Bundesbeiträge beinhalteten, nämlich derzeit 15,4 Prozent Bundesbeitrag statt der ursprünglichen Drittel-Drittel-Drittel-Ausgangsbasis. Der Rechnungshof stellt die Frage, ob die beabsichtigte Entlastung des Bundeshaushaltes nicht durch Einsparungen in anderen Bereichen herbeigeführt werden könnte. – Stellungnahme des Rechnungshofes. (Abg. Westenthaler: Haben Sie Ihren Nachbarn mit A oder S markiert?)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben das ASVG deshalb eingeführt, damit die Menschen im Alter eine Existenzsicherung haben. Wir wissen, wie wichtig das ist. Wir waren letzten Endes diejenigen, die dafür gesorgt haben, dass es überhaupt so eine Pensionsalterssicherung gibt. Sie wollen diese Sicherung mit einem Handstrich zu zerstören anfangen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler : Hat Ihr Nachbar ein S oder ein A bekommen? Wissen Sie das?)

Meine Damen und Herren! Weil wir das nicht zulassen wollen, werden wir dem gesamten Pensionspaket unsere Ablehnung erteilen. (Abg. Ing. Westenthaler: S oder A?) Ich stelle aber dafür einen Antrag, und ich gebe Ihnen noch einmal eine Chance und fordere Sie auf: Überdenken Sie, ob Sie die Menschen nicht vielleicht doch mögen! (Abg. Haigermoser: Wir wollen keinen Überwachungsstaat! Wir wollen das nicht! – Abg. Ing. Westenthaler: Hat der Nachbar ein A oder ein S?)

Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Antrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Annemarie Reitsamer, Nürnberger, Dietachmayr, Mag. Barbara Prammer und GenossInnen gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG auf Rückverweisung der gesamten Vorlage des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG den Antrag, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (254 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (181 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das


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Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) nochmals an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu verweisen.

*****

(Abg. Ing. Westenthaler: Das nehmen Sie aber zurück!) Der eingebrachte Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Amon zeigt Ihr schlechtes Gewissen, denn Sie wissen, was Sie da heute beschließen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben ein schlechtes Gewissen! Spitzelaktion! Sie haben der Spitzelaktion zugestimmt!) Nehmen Sie diesen Ball auf, ergreifen Sie diese Chance, und stimmen Sie unserem Rückverweisungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich die Frau Vizekanzler Dr. Riess-Passer. – Bitte, Frau Vizekanzler.

11.40

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es fällt mir schwer, im Anschluss an Frau Kollegin Silhavy etwas zu sagen. Denn ich weiß nicht, zu welcher Regierungsvorlage oder zu welcher Pensionsreform Sie gesprochen haben, weil nichts von den Grausamkeiten, die Sie hier zur Diskussion gestellt haben, in dem Paket enthalten ist, das heute hier zur Abstimmung steht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was heute hier zur Beschlussfassung ansteht, ist eine Pensionsreform mit einer einzigen Zielsetzung, nämlich zu garantieren, dass all jene Menschen in diesem Land, die heute im Erwerbsleben stehen, dass die jungen Generationen die Garantie und die Gewissheit haben können, dass sie auch noch einmal eine Pension bekommen werden. Das ist das Ziel der heutigen Reformmaßnahme. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Auch wenn Sie noch so laut schreien, Ihre Argumente werden trotzdem nicht richtiger, fürchte ich. (Abg. Schwemlein: Ihre auch nicht!)

Die Finanzierungsprobleme des österreichischen Pensionssystems sind nicht nur den Experten seit langer Zeit bekannt, sondern sie sind allgemein bekannt. Es war die frühere Bundesregierung unter sozialistischen Bundeskanzlern, die seit 1991 unzählige Studien und Gutachten hat anfertigen lassen, die alle samt und sonders zu einem Schluss gekommen sind: nämlich dass die Finanzierung des Pensionssystems gefährdet ist, wenn es zu keiner umfassenden Reform kommt.

Die Hauptprobleme – das ist in allen Gutachten, die Sie in Auftrag gegeben haben, zum Ausdruck gekommen – sind das viel zu niedrige Pensionsantrittsalter, das wir in Österreich haben (Abg. Schwemlein: Und der Deckungsbeitrag bei den Bauern ...!) , und die tiefgreifenden Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur durch die erhöhte Lebenserwartung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Öllinger hat in einem Punkt absolut Recht gehabt, nämlich dass all das, was Sie früher unter dem Titel "Pensionsreformen" verkauft haben, nichts, aber auch schon gar nichts zur Bereinigung dieses Problems beigetragen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Parnigoni hat während der Rede des Abgeordneten Amon einen Zwischenruf gemacht, den sicher nicht alle gehört haben, der es aber lohnt, wiederholt zu werden. Herr Parnigoni hat nämlich gesagt: Super waren wir! Das hat er im Hinblick auf die SPÖ-Politik gesagt. (Abg. Sophie Bauer: ... war ironisch!) Da muss ich Ihnen, Herr Abgeordneter Parnigoni,


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leider sagen: Es war "Nicht genügend", was Sie geleistet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie finden es "super", Herr Abgeordneter von der sozialdemokratischen Fraktion, dass Sie einen Schuldenberg von 1 700 Milliarden Schilling hinterlassen haben (Abg. Reitsamer: ... hat das aber gesagt! Sie haben keine Ahnung!), der es notwendig macht, dass wir allein 100 Milliarden Schilling an Zinsen pro Jahr zahlen müssen mit dem Geld der österreichischen Steuerzahler. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: ... wie die tibetanische Gebetsmühle!) Jeder Österreicher, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, könnte 2 700 S pro Monat mehr in der Geldtasche haben, wenn Sie nicht so viele Schulden gemacht hätten. Das ist auch eine Wahrheit, die man einmal aussprechen muss! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte auch im Hinblick auf das, was viele Redner der Opposition vor mir gesagt haben, richtig stellen ... (Abg. Reitsamer: ... und wenn man hineinschaut, hat man Tränen in den Augen!) Das ist eine sehr merkwürdige Diskussionskultur, die Sie hier haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie glauben, die Lautstärke überzeugt. Ich muss Ihnen sagen: Die Lautstärke überzeugt nicht – die besseren Argumente überzeugen! Die haben Sie aber nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich muss auch richtig stellen: Es geht heute nicht um eine Erhöhung des Pensionsalters, sondern es geht um eine Erhöhung des Frühpensionsalters. Das ist ein Unterschied! Wir haben in Österreich die Situation, dass immer weniger Menschen im gesetzlichen Pensionsalter in Pension gehen und immer mehr Menschen immer früher. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Wenn man nichts zu sagen hat, dann polemisiert man!) Diese Frühpension ist, wenn wir ehrlich sind, eigentlich aus sozialen Erwägungen geschaffen worden, um Rücksicht auf besondere Lebenslagen zu nehmen und für besondere Situationen begünstigte Regelungen zu schaffen.

Heute sind wir in der Situation, dass aus der Ausnahme die Regel geworden ist. (Abg. Sophie Bauer: Die Regel ist, dass die Menschen mehr unter Stress stehen und früher in Pension gehen müssen!) Das ist etwas, was wir in dieser Form nicht auf Dauer erhalten können, ohne dass dieses System zu Lasten der jüngeren Generationen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ziel einer vorausschauenden Politik muss es sein, die Belastungen der jungen Generation in Grenzen zu halten, und zwar in solchen Grenzen, die ihre Leistungsfähigkeit nicht überfordern. (Abg. Dr. Jarolim: Dann machen Sie es! Wer hindert Sie daran?) Ziel muss es auch sein, dafür zu sorgen, dass all jene, die heute schon in Pension sind, sicher sein können, dass sie keine Kürzungen erfahren. (Abg. Dr. Jarolim: Machen Sie was für die Zukunft des Landes!) Es ist auch ein Verdienst dieser Reform, dass es keinen Eingriff in bestehende Pensionen gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da Herr Kollege Gusenbauer hier von 53 Milliarden Schilling an Pensionskürzungen gesprochen hat, muss ich sagen: Das ist leider ein Gruselmärchen, Herr Kollege Gusenbauer! Denn von Pensionskürzungen kann überhaupt keine Rede sein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) 53 Milliarden Schilling an Pensionskürzungen sind reine Phantasie von Ihnen, das ist absolut unrichtig! (Abg. Dr. Jarolim: Sie wissen nicht, was Sie reden!)

Ich würde Ihnen vorschlagen, dass Sie sich vielleicht bei Ihrem Parteikollegen Karl Blecha, dem Obmann Ihres Pensionistenverbandes, erkundigen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ja, bei dem haben wir uns erkundigt! Reine Gruselpropaganda!) Er hat in den Verhandlungen mit der Frau Sozialministerin und Herrn Minister Bartenstein genauso wie seine Kollegen von den anderen Pensionsverbänden der Regelung zugestimmt (Abg. Dr. Gusenbauer: Stimmt alles nicht!), weil sie klargestellt haben, dass es keinen Eingriff in bestehende Pensionen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was Ihre Rechenbeispiele betrifft, Herr Kollege Gusenbauer, muss ich Ihnen sagen: Diese waren leider auch samt und sonders falsch, weil Sie die Steigerungsbeträge nicht eingerechnet haben und hier Äpfel mit Birnen verglichen haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nehmen Sie Ihre


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Regierungsvorlage!) Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit und Klarheit: Niemand bekommt weniger Pension! – Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Und trotzdem wird man einsparen?)

Die von Ihnen unter dem Titel "überfallsartig" so sehr kritisierte Anhebung des Frühpensionsalters besteht in Wirklichkeit darin (Abg. Dr. Gusenbauer: Niemand bekommt weniger Pension, und trotzdem werden Einsparungen ...?), dass das Pensionsantrittsalter um 18 Monate, sprich eineinhalb Jahre, angehoben wird (Abg. Gaugg: Mich würde interessieren, ob der Gusenbauer von seiner Partei eine Pension bekommt!), und zwar nicht überfallsartig am 1. Oktober, sondern beginnend am 1. Oktober mit einer Anhebung von zwei Monaten, wonach in weiteren Schritten sehr moderate weitere Anhebungen erfolgen werden.

Ich finde es besonders bemerkenswert, dass diese Regelung solche Aufregung bei den Kollegen von der Sozialdemokratie verursacht, denn sie waren es, die in ihrem Vorschlag zu einem Regierungsprogramm mit der ÖVP eine Erhöhung um zwei Jahre vorgeschlagen haben. Zwei Jahre, das war Ihr Vorschlag, meine Damen und Herren von der SPÖ! Insofern verstehe ich Ihre Aufregung hier wirklich nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Ihrem Modell der Erhöhung des Pensionsantrittsalters um zwei Jahre statt 18 Monate war auch keinerlei Regelung einer Begünstigung für diejenigen, die lange Versicherungszeiten haben, enthalten. Das war uns aber besonders wichtig. Wir wollten sicherstellen, dass all jene, die lange gearbeitet haben, so wie bisher die Möglichkeit haben, in Frühpension gehen zu können. (Abg. Huber: Wie viele werden das sein?)

Darüber hinaus, Frau Kollegin Huber, war es uns ganz besonders wichtig, dafür zu sorgen, dass Frauen die Kindererziehungszeiten zusätzlich um fünf Jahre angerechnet bekommen, und zwar als pensionsbegründende Zeiten. (Abg. Huber: Wie viele werden das sein?) Das ist ein besonders wichtiger Schritt zur pensionsrechtlichen Absicherung von Frauen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Angesichts der vielen Horrorgeschichten, die heute schon verbreitet worden sind (Abg. Schwemlein: Und Sie sind gerade bei einer dabei!), muss ich etwas noch einmal ganz klar sagen, was ohnehin selbstverständlich ist. Aber ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit, dass selbstverständlich alle, die krank sind, so wie bisher ohne Abschläge in Pension gehen können und keine Verschlechterung erfahren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Stimmt ja nicht!)

Darüber hinaus war es dieser Bundesregierung außerordentlich wichtig sicherzustellen, dass auch die Wertsicherung bei den Pensionen garantiert ist. Im Gegensatz zu den Nettoanpassungen früherer Jahre, die nicht einmal die Inflationsabgeltung für die Pensionisten gebracht haben, haben wir uns darauf geeinigt, dass es eine Wertsicherung mit Fixbeträgen geben soll und dass die Inflationsabgeltung sichergestellt werden soll, was besonders die Bezieher von kleinen Pensionen begünstigt. Da gab es eine Einigung mit den Seniorenvertretern, auch mit Herrn Blecha, der das ausdrücklich begrüßt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Huber: Das stimmt nicht!)

Gerechtigkeit und Solidarität in einem Pensionssystem setzen auch voraus, dass es adäquate Regelungen für alle Berufsgruppen gibt – das heißt auch für den öffentlichen Dienst, die Post und die Bahn. Das hat in den letzten Wochen sehr heftige Diskussionen ausgelöst, die sich teilweise auf sehr sonderbarem Niveau abgespielt haben.

Mich würde interessieren, wie Sie erklären, dass ÖBB-Bedienstete – ich sage gleich dazu, ich meine hier nicht die Verschubarbeiter, die Schwerstarbeit leisten, sondern ich meine diejenigen, die Verwaltungstätigkeit in Büros erledigen –, dass dort Menschen, die Verwaltungsarbeit in Büros erledigen, mit 53 Jahren in Pension gehen können. (Abg. Edler: ... Verschublok!) Das müssen Sie auch jenen Tausenden ÖBB-Bediensteten erklären, die diese begünstigten Regelungen nicht haben – nämlich all jenen, die nach 1985 eingetreten sind und normal nach dem ASVG-Recht behandelt werden. Auch denen müssen Sie einmal erklären, wo die Gerechtigkeit bleibt, wenn eine Berufsgruppe, und zwar eine spezielle Gruppe, für sich in Anspruch nehmen


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will, ein Pensionsantrittsalter von 53 Jahren beizubehalten. (Abg. Edler: ... nicht einmal Ihre eigenen Minister!) Dafür werden Sie bei niemandem Verständnis finden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Sie werden niemandem erklären können, wie es sein kann, dass ein Buschauffeur in der Privatwirtschaft um sieben Jahre länger arbeiten muss als einer bei den ÖBB, der die gleiche Tätigkeit macht und noch dazu gewärtig sein muss, dass derjenige, der bei den ÖBB arbeitet, außerdem eine höhere Pension bekommt, für die er weniger Beiträge geleistet hat. (Abg. Reitsamer: 4 Prozent mehr Pensionsbeitrag!) Das hat nichts mit Gerechtigkeit und Solidarität zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Insofern habe ich auch die Streikdrohung der Eisenbahnergewerkschaft mit relativer Gelassenheit aufgenommen. Sie haben mir ja gleich zu Beginn der Verhandlungen gedroht, dass sie in einer Viertelstunde das ganze Land lahm legen können. Meine Antwort darauf kann nur sein und ist nach wie vor, dass diese Bundesregierung nicht durch Drohungen irgendwelcher Art erpressbar ist und dass es ihre Aufgabe sein wird (Abg. Silhavy: Ihr habt selber erpresst!), den vielen Menschen, die im ungeschützten Bereich arbeiten, und den Tausenden Pendlern, die keine solchen Vergünstigungen haben, zu erklären, warum es in unserer Gesellschaft ihrer Meinung nach Gleiche und Gleichere geben soll! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Was haben Sie sonst über die Eisenbahner gesagt? Wie ist das mit Gewerkschaften, die den Staat schädigen?)

Ich kann das nicht verantworten, und ich will das auch nicht verantworten, weil Gerechtigkeit und Solidarität auch zwischen den Berufsgruppen für uns ein wichtiger Grundsatz ist – nicht nur bei der Pensionsreform, sondern grundsätzlich!

Ich selbst habe mit Herrn Staatssekretär Finz gemeinsam viele Wochen und Monate lang Verhandlungen mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst geführt. Ich glaube, dass die Regierung eine sehr konstruktive Haltung an den Tag gelegt hat und in diesen Verhandlungen auch sehr viel Geduld gezeigt hat. Das war durchaus auch bei Teilen der Gewerkschaft so, das möchte ich hier ausdrücklich sagen. Aber es gab in der Gewerkschaft auch andere, die geglaubt haben, mit Druck und Drohungen könne man diese Regierung gefügig machen. Das ist immer wieder zum Ausdruck gekommen.

Hier stellt sich meiner Ansicht nach auch eine Grundsatzfrage für die Gewerkschaft, für den ÖGB insgesamt. Das ist die Grundsatzfrage, ob er in Zukunft eine Vorfeldorganisation der SPÖ oder eine unabhängige Interessenvertretung seiner Mitglieder sein will und ob er im Interesse seiner Mitglieder auch entsprechend konstruktive Verhandlungen zum Zwecke gemeinsamer Lösungen führen will. Sozialpartnerschaft heißt nicht, Kampf gegen eine Regierung mit der parteipolitischen Brille zu führen, sondern Sozialpartnerschaft heißt das gemeinsame Bemühen um die Zukunftssicherung unseres Landes! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bedauere sehr, dass diese Einsicht bei einem Großteil der Gewerkschaft nicht vorhanden war. Denn das, was Sie verlangt haben, Herr Kollege Verzetnitsch und viele Ihrer Vertreter, nämlich keine Pensionsreform zu machen und nichts zu tun, wäre die schlimmste und verantwortungsloseste Politik gewesen: sehenden Auges zuzulassen, dass das System der Alterssicherung in Österreich in die sichere Katastrophe schlittert! Nichts zu tun und zuzuschauen ist die unsozialste Politik, Herr Kollege Verzetnitsch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ und vom Österreichischen Gewerkschaftsbund! Wenn Sie glauben, dass Streiks die richtige Antwort auf die Notwendigkeit der Alterssicherung in diesem Land sind, dann muss ich Ihnen sagen: Diese Streiks richten sich nicht gegen die Bundesregierung, sondern diese Streiks richten sich gegen die jungen Menschen in diesem Land – auch gegen die Kinder der Streikenden. (Abg. Dr. Mertel: Na geh!) Vielleicht rüttelt Sie das wach! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Herr Präsident Fischer hat schon während der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass insbesondere in der Debatte


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zum Sozialrechts-Änderungsgesetz die Emotionen hoch gehen werden. Umso mehr bedauere ich, dass während der Rede der Frau Vizekanzler Herr Abgeordneter Gusenbauer mehrmals der Frau Vizekanzler zugerufen hat: "reine Lügenpropaganda". – Herr Abgeordneter, dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Zu Wort gemeldet zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni. Herr Abgeordneter, den § 58 Abs. 2 kennen Sie ja ausreichend. – Bitte.

11.54

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Die Frau Vizekanzler hat mit meinem Zwischenruf "Super waren wir!" einen Zusammenhang mit den Schulden des Staates hergestellt. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja keine tatsächliche Berichtigung!) Moment! Das hat sie dargestellt.

Ich berichtige tatsächlich, dass ich diesen Zwischenruf im Zusammenhang mit der Äußerung des Abgeordneten Amon getätigt habe (Abg. Dr. Martin Graf: Das sind ja nur Behauptungen!), in der er die hervorragende Beschäftigungspolitik und die niedrige Arbeitslosenrate in diesem Land erwähnt hat. (Abg. Neudeck: Sind Ihnen die Schulden auch zu hoch?) Da waren wir tatsächlich super, Herr Abgeordneter, denn das ist eine Leistung der Sozialdemokratie! (Beifall bei der SPÖ.)

11.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Reitsamer gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung des Abg. Parnigoni –: Wo war die Behauptung für Ihre Berichtigung? Das war ein Redebeitrag, und ein schlechter noch dazu!)

11.55

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Die Frau Vizekanzlerin und auch Herr Abgeordneter Amon haben in ihren Reden behauptet, dass der Obmann des Pensionistenverbandes Karl Blecha der Pensionsreform zugestimmt hätte. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Hat er!)

Ich berichtige tatsächlich: Mir liegt hier ein Schreiben vor, wonach Herr Karl Blecha sagt: Ich habe der Pensionsreform natürlich nie meine Zustimmung gegeben. (Aha-Rufe bei der ÖVP.) Sehr wohl habe ich Änderungen im Sozialrechts-Änderungsgesetz zugestimmt, die den Pensionistenverbänden ein Verhandlungsmandat und damit eine Mitsprache ermöglichen. (Abg. Sophie Bauer: So ist es!)

Ich berichtige weiters tatsächlich: Die Frau Vizekanzlerin hat zum wiederholten Mal gesagt, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird. (Abg. Mag. Muttonen: Es wäre vielleicht gut, wenn sie zuhören würde!) Wenn der Pensionssicherungsbeitrag um 0,8 Prozent angehoben wird und von der Bruttopension statt 1,5 Prozent 2,3 Prozent abgezogen werden, stelle ich Ihnen die Frage: Ist das ein Eingriff in bestehende Pensionen oder nicht? (Nein-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: Sie hat eine Unwahrheit gesagt!)

Weiters hat die Frau Vizekanzlerin einen Zusammenhang zwischen einem Buslenker in der Privatwirtschaft und einem ÖBB-Pensionisten hergestellt. Dieser Vergleich hinkt.

Ich berichtige tatsächlich, dass die ÖBB-Bediensteten und auch die ÖBB-Pensionisten 4 Prozent Pensionsbeitrag respektive Pensionssicherungsbeitrag mehr bezahlen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sophie Bauer: So ist es!)

11.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Posch: Mit der Wahrheit nimmt es die Frau Vizekanzler nicht so genau! – Gegenrufe des Abg. Dr. Martin Graf. )

11.57

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Auch die öster


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reichische Jugend will den Generationenvertrag. Ich glaube, das muss einmal ganz deutlich gesagt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist die Jugend Österreichs – es sind nicht die Gewerkschaften, und es ist auch nicht die österreichische Bundesregierung –, die diesen Generationenvertrag erfüllen und die Pensionen finanzieren wird.

Dafür ist es notwendig, dass der Generationenvertrag so gestaltet ist, dass es den Jüngeren, den Erwerbstätigen auch ermöglicht wird, ihn zu erfüllen. (Abg. Mag. Posch: Bei Ihrer Transit-Rede waren Sie besser!) Diese Pensionsreform ist ein immens wichtiger Schritt in diese Richtung, ein Schritt, der es den Erwerbstätigen, den Jungen erst möglich macht, das System der Pensionsfinanzierung langfristig zu sichern – langfristig in einem Generationen übergreifenden Sinn.

Wir haben in Österreich die höchsten Pensionen der Welt. Das Umlageverfahren gerät allerdings durch die Bevölkerungsentwicklung gehörig unter Druck. Meine Damen und Herren, es ist eine Tatsache, dass wir in Österreich immer älter werden. Allein in den letzten 15 Jahren ist die Lebenserwartung erfreulicherweise um drei Jahre gestiegen, also alle fünf Jahre um ein weiteres Jahr.

Dem steht gegenüber, dass wir die jüngsten Frühpensionisten Europas haben, dass die Menschen in Österreich tatsächlich immer früher in Pension gehen (Abg. Dr. Mertel: Stimmt nicht!) und dadurch auch jeweils viel länger in Pension sind. (Abg. Sophie Bauer: Und immer mehr unter Stress stehen!) Diese Tendenz verschärft sich in der Zukunft auch noch weiter, wenn man nicht gegensteuert. So kann das System, das wir erhalten wollen, nicht funktionieren. (Abg. Dr. Mertel: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Heute bezahlen zwei Erwerbstätige die Pensionsbeiträge für einen Pensionsbezieher, wogegen es 2030 zwei Pensionisten sein werden, die von einem Erwerbstätigen erhalten werden. Es leuchtet jedem ein, dass das faktische Pensionsantrittsalter aus diesem Grunde angehoben werden muss. Zu behaupten, dass dieses Vorhaben der Bundesregierung unredlich oder unsozial sei, wie es heute mehrmals passiert ist, ist also völlig unverständlich.

Das Vertrauen unserer Jugend in das Pensionssystem ist erschüttert, und wir setzen jetzt die entsprechenden Schritte, um es wieder aufzubauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man hat der Bevölkerung, was die Pensionen betrifft, lange Sand in die Augen gestreut. Ich möchte in diesem Zusammenhang an den Pensionistenbrief des Ex-SPÖ-Kanzlers Vranitzky anlässlich der Nationalratswahl 1995 erinnern, in dem zu lesen stand, es bestehe kein Handlungsbedarf. (Abg. Dr. Mertel: Sie haben ihn bekommen?)

Meine Damen und Herren! Der Erstredner Dr. Gusenbauer hat den Eindruck erweckt, dass die SPÖ auch heute noch nicht begriffen hat, dass das nicht richtig ist, dass es wichtig ist, dass etwas getan wird, dass es jetzt getan wird, dass es schnell getan wird, denn je später wir in Bezug auf die Pensionen handeln, desto größer wird der Handlungsbedarf.

Herr Dr. Gusenbauer! Glauben Sie mir: Wir tun das Richtige! Wenn Sie mit Ihrem Ex-Finanzminister sprächen, würde er das sicherlich bestätigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sie schröpfen einen ... !)

Die Menschen in unserem Land haben das Recht, die Wahrheit zu erfahren. Und die Wahrheit ist die, dass eine schrittweise Anhebung des Pensionsantrittsalters zwingend notwendig ist. Diese schrittweise Anhebung erfolgt für alle Berufsgruppen – die Privatangestellten, die Beamten und die ÖBB-Bediensteten – um insgesamt eineinhalb Jahre. Und sie passiert nicht überfallsartig, sondern, ich wiederhole es nochmals, schrittweise, beginnend mit zwei Monaten! Das bedeutet, dass jemand, der ursprünglich am 1. Oktober in Pension hätte gehen können, nun mit 1. Dezember in Pension gehen kann. Ich glaube nicht, dass das überfallsartig ist – noch dazu, wenn Härtefälle abgefedert werden. Härtefälle gibt es – ich bedauere das sehr – immer, zur Abfederung der Härtefälle wurden jedoch zahlreiche Maßnahmen ergriffen (Abg. Dr. Gusenbauer: Die aber nicht ausreichen!), von denen ich zwei hervorheben möchte.


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Wenn ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis wegen seiner Pensionierung bereits aufgelöst hat, gilt für ihn auch weiterhin die bisherige Regelung. Mit einem Härtefonds wird dem Betroffenen durch Ausgleichszahlungen unbürokratisch geholfen werden. Darüber hinaus wird es längst überfällige Schutzmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer geben. So wird das Frühwarnsystem ausgebaut und die Teilzeitarbeit im Alter erleichtert. Ich bin sicher, dass die älteren Arbeitnehmer auch dank der annähernd erreichten Vollbeschäftigung in den nächsten Jahren auf dem Arbeitsmarkt so gute Chancen haben werden wie schon lange nicht mehr.

Meine Damen und Herren! Wir führen diese Pensionsreform schonend und etappenweise durch, und wir werden die Pensionen durch ein Drei-Säulen-Modell langfristig absichern. Wir werden das gesetzliche Pensionssystem reformieren, überbetriebliche Pensionskassen aufbauen und die private Altersvorsorge fördern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an die Oppositionsparteien: Geben auch Sie dieser Pensionsreform die Zustimmung (Abg. Dr. Mertel: Aber nie!)  – im Interesse des Generationenvertrages, im Interesse aller Pensionisten und vor allem im Interesse der Jugend Österreichs! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet.

Herr Abgeordneter! Bitte beachten Sie § 58 Abs. 2 und beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

12.04

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Hakl hat in ihrer Rede behauptet, wir haben in Österreich die höchsten Pensionen der Welt. – Diese Behauptung ist nachweislich unrichtig. Tatsache ist: Wir haben in Österreich eines der teuersten Pensionssysteme der Welt. Tatsache ist aber weiter, dass dieses sehr teure Pensionssystem in sich sehr unterschiedlich hohe Pensionen garantiert, nämlich auf der einen Seite sehr niedrige, über die ich auch gesprochen habe, und auf der anderen Seite sehr hohe, extrem hohe. An den extrem hohen ändern Sie aber nichts! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Das ist ein Debattenbeitrag!)

12.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

12.05

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben in den letzten Stunden immer wieder gehört: Die Bundesregierung wird mit allen geeigneten Mitteln etwas durchsetzen. – Dieser Satz wird zu einem gesundheitspolitischen Problem. Warum? Ich frage Sie: Welche Mittel sind geeignet, wann sind Mittel tauglich, wann sind sie untauglich? Vielfach geht es der Bevölkerung, wenn sie hört, man bemühe sich, mit allen geeigneten Mitteln etwas durchzusetzen, dann so, dass die Reaktion Bauch- und Magenschmerzen sind.

Ich werde Ihnen erklären, warum das auf die nun zu beschließenden Gesetze ebenfalls zutrifft. Man predigt seit Monaten die Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystems und versucht, dies zum Anlass zu nehmen, alle Österreicher in einen Sparverein hineinzurekrutieren, dessen Beitragszahler vorwiegend die betroffenen Kranken sind. Man hat oft den vielen Kritikern vorgeworfen, die "Krankenbestrafungssteuer" lediglich als polemisches Wort in die Debatte zu bringen. Es lässt sich sehr leicht nachweisen, dass das nichts mit Polemik, aber sehr viel mit der Wahrheit zu tun hat. Ich sage Ihnen alle Fakten nochmals: Österreich liegt mit seinen Gesundheitsausgaben von 8,3 Prozent exakt eine Stelle über dem Schnitt der europäischen Nationen – eine Stelle, und damit keineswegs so schlecht!


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Bei den Gesundheitsausgaben pro Kopf allerdings liegt Österreich an sechster Stelle. Aber man höre: Die anteiligen Gesundheitsausgaben des öffentlichen Bereiches weisen Österreich Platz elf in der EU zu. Jetzt appelliere ich an Sie, nachzudenken: Wenn uns alle auf Platz sechs verweisen, der öffentliche Bereich aber auf Platz elf liegt, wer wurde dann zunehmend in den letzten Jahren zur Kasse gebeten? – Das sind die Haushalte, aber nicht die öffentlichen! Ich habe Ihnen nachgewiesen und mit internationalen sowie österreichischen statistischen Daten belegt, dass sich die Ausgaben der öffentlichen Hand, anteilig an den Gesundheitskosten, zum Beispiel in den Jahren 1995 bis 1998 um – sage und schreibe! – 5 Prozent reduziert haben, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand über Jahrzehnte hinweg knapp bei 80 Prozent gelegen sind und nunmehr bei 70 Prozent liegen. Und wer trägt den Rest? (Ruf: Die Kranken!) Zunehmend die Bürgerinnen und Bürger. Das ist Faktum! (Beifall bei den Grünen.)

Wie ist es nun mit der Sozialversicherung? – Das Gesamtvolumen für Gesundheitsausgaben beträgt in Österreich hochgerechnet für dieses Jahr 230 Milliarden Schilling, über zirka 140 Milliarden Schilling davon "herrschen" – unter Anführungszeichen – die Sozialversicherungen. Ich frage Sie, die Sie sich immer als Wirtschaftspartei, als Unternehmer, als Sachverständige der Betriebswirtschaft bezeichnen: Was sind 5 Milliarden von 230 Milliarden? Und was machen 5 Milliarden von 140 Milliarden der Sozialversicherungen aus? – Ich weiß, das ist nicht punktgenau, aber in einem Haushalt doch relativ scharf. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Mit diesen 5 Milliarden Panik zu machen und von Unfinanzierbarkeit zu reden, ist dann – ich sage: ist dann; bei einem Konjunktiv ist das Wort "infam" erlaubt –, ist dann infam, wenn der Staat, wenn der Gesetzgeber dem Bürger eine Behandlung auf aktuellem medizinischen Niveau der Forschung und Wissenschaft garantiert, aber derselbe Gesetzgeber die Krankenkassen dazu verpflichtet, diese kostendeckend dem Bürger zur Verfügung zu stellen – nicht Kostenzuschüsse, sondern Kostenersätze im Wesentlichen.

Die Krankenkassen haben das nie zu 100 Prozent erfüllt. Ich erwähne nur die Psychotherapie. Auch in vielen anderen Bereichen haben sie das nicht 100prozentig erfüllt, was der Gesetzgeber der Bevölkerung versprochen hat. Aber dann, wenn die Kassen das tun, zu sagen: Liebe Freunde, ihr könnt nicht wirtschaften, weil euch von 140 Milliarden jetzt plötzlich 5 Milliarden abhanden gekommen sind!, das ist schon nachdenkenswert, was da dahinter steckt.

Ich sage Ihnen noch etwas: Das Bruttoinlandsprodukt ist von 1995 bis 1998 um 9,9 Prozent gestiegen, die Gesundheitsausgaben um 4,6 Prozent. Auch darüber sollte man nachdenken, was das bedeutet.

Ich komme nun aber zu den Ambulanz- und Rezeptgebühren. Ich habe wiederholt versucht, Ihnen nachzuweisen – dazu gibt es internationale Belege in Hülle und Fülle –, dass das untere Einkommensdrittel nicht nur häufiger, sondern auch früher krank wird und auch kürzer lebt. Wenn man nun Selbstbehalte einführt, trifft man – ich lade nochmals zum Nachdenken ein – jenes Drittel überproportional, das dieses Risiko früherer und häufiger Erkrankungen sowie kürzerer Lebenszeiten trägt. Wenn Sie mir nun erklären, dass das sozial ausgewogen und gerecht ist, dann müssten sich die Plenarsitzungen über Wochen hinziehen, damit ich das begreife. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt, Sie verlassen ein Solidarsystem, in dem jeder einkommensabhängig einen Beitrag der Solidarität an jene richtet, die dieser Solidarität am dringlichsten bedürfen. Mit allen geeigneten Mitteln wollen Sie Ihr Programm durchsetzen. Das wurde gestern erwähnt, und man sieht das jetzt auch bei den Sozialversicherungen. Die Formulierung "mit allen geeigneten Mitteln" verlangt einen Blaulichteinsatz, insbesondere dann, wenn die Regierung versucht, jetzt genau zu erläutern, wer von der Bezahlung der Ambulanzgebühren ausgenommen ist, wann man sie nicht zahlen muss et cetera pp.

Die Regierung versucht sich hier nun als medizinischer – gestatten Sie mir den Ausdruck, es ist kein böser; die Mehrheit der Bevölkerung zählt dazu – Dilettant. Was ist ein Notfall? – Ich zitiere sinngemäß: Ein Notfall ist, wenn Lebensgefahr herrscht oder wenn unmittelbar an die ambulante Behandlung eine stationäre Aufnahme erfolgt. – Das Einzige, was Sie hiebei noch vergessen haben, ist, den Friedhof zu erwähnen, denn das ist eine stationäre Aufnahme auf ewig. Auch da


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werden die Ambulanzgebühren entfallen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich frage die Gesundheitssprecher der Regierungsparteien, Rasinger und Pumberger, welches Lehrbuch für medizinische Notfälle sie verfasst haben, in dem solche Sätze und Definitionen stehen, wann ein Notfall eintritt und wann von Ambulanzgebühren abzusehen ist. Dieses medizinische Notfallbuch der Bundesregierung ist sehr dünn, es umfasst nicht einmal eine Seite. Kein einziger wissenschaftlicher, kein einziger sozialpolitischer Verlag würde das drucken, außer die ehemalige Staatsdruckerei, die von der Regierung Geld dafür bekommt.

Ich komme jetzt noch einmal zu diesen untauglichen Lösungsversuchen und Lösungsansätzen zurück, die Sie mit den Ambulanzgebühren Gesetz werden lassen.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der Herr Bundeskanzler zu Zeiten der ersten Demonstrationen, Protesten von Künstlern und von Sozialvereinen hier im Parlament – zu meinem Erstaunen – oft den Satz wiederholt hat: Fürchtet euch nicht! Ich habe mich schon darüber gewundert, was das für ein Regierungsprogramm ist, wenn man der Bevölkerung sagen muss: Liebe Freunde, wir vertreten euch, wir regieren euch, aber fürchtet euch nicht! (Abg. Zweytick: Vor den Angstmachern!)  – Vor den Angstmachern. Na gut! Sie erklären das interessant, ich sehe das nicht ganz so.

Dieses "Fürchtet euch nicht!" ist aber in der Gesundheitspolitik ein Imperativ, der nicht leicht zu befolgen ist. Es gibt auch Tollkühnheit, Tollkühnheit dann, wenn man etwas ausschaltet, was oberhalb der Halswirbelsäule liegt. Furcht kann eine sehr natürliche Reaktion sein, eben angemessen auf eine Situation zu reagieren.

Nochmals – das hängt auch mit der Gesundheitspolitik zusammen, und bei solchen Worten bin ich sehr empfindlich –: Man greift auf die Bergpredigt zurück. Das ist schon haarscharf an der Grenze zu Blasphemie. Das erinnert mich an ein Interview mit Haider in einer Berliner Zeitung, in dem man Haider mit dem verfolgten Jesus assoziiert hat. – Wenn das nicht arg ist, wenn das nicht untragbar ist, verstehe ich nichts mehr. Ich sage Ihnen Folgendes: Diese Ambulanzgebühren sind eine weitere Fortsetzung einer Geisterbahn der Geschmacklosigkeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun ganz simpel – ich versuche, medizinische Fachausdrücke beiseite zu lassen –: Was hat man in Sachen Gesundheitsvorsorge und -aufklärung gepredigt!? – Eine Frau oder ein Mann, 40 oder 50 Jahre alt, bekommt heftige Brustschmerzen. Sie beziehungsweise er geht in die Ambulanz, man überlegt sich elf Differentialdiagnosen – ich kann Ihnen gerne elf Möglichkeiten aufzählen, was Brustschmerzen verursachen kann – und kommt zu dem Schluss: Es ist nichts Ernstes, es ist ein Spasmus des Oesophagus (Abg. Neudeck: Was ist das?), es ist eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung, eine Nervenentzündung oder sonst etwas, was keine Aufnahme erfordert. Der Mann oder die Frau zahlt. (Zwischenruf des Abg. Kiss. )  – Ich rede über das, was sich in der Praxis abspielt. Sie kennen sich vielleicht mit dem Schießen recht gut aus, wenn Sie dazwischenrufen, aber auch das ist eine gesundheitsgefährdende Tätigkeit, Herr Kiss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Was soll das?)

Ärztinnen und Ärzte predigen, Brustschmerz kann ein Warnsignal Nummer eins sein. Die Menschen gehen in die Ambulanz und werden bestraft, weil das Schlimmste nicht eingetreten ist.

Oder: Jemand hat Bauchschmerzen, geht in die Ambulanz, und das stellt sich als eine harmlose Darmentzündung heraus. Es könnte aber – und ich spiele nicht den Oberlehrer, glauben Sie mir! – eine Eileiterschwangerschaft sein, die lebensbedrohlich ist. Sie sagen: Ja, ja. Sie kommen nicht in die Gefahr einer Eileiterschwangerschaft, Herr Bartenstein, ich weiß. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich bin Ihretwegen besorgt. Ja, natürlich!

Was steht da noch zu lesen? Schuldhafter Raufhandel. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sollen die Ärzte in einer Ambulanz, wie soll die Sozialversicherung im Nachhinein feststellen, ob jemand bei einem Raufhandel schuldhaft oder nicht schuldhaft verletzt worden ist? Wenn Sie die Verwaltung aufblähen wollen, wenn Sie ein halbes Bezirksgericht in Notfallambulanzen set


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zen wollen, dann machen Sie das so! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wie ist das mit Ihrer Eileiterschwangerschaft?)

Die FPÖ fragt mich gerade, ob ich schon eine Eileiterschwangerschaft gehabt habe. Falls Sie es nicht wissen, ich sage es Ihnen gerne: Das ist nicht möglich. (Heiterkeit bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Satz steht da noch zu lesen: Zu zahlen ist in Notfällen auch bei Alkohol- und Suchtmittelgebrauch. – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Alkoholmissbrauch eine Krankheit ist. Wenn Sie das nicht nachvollziehen können, müssen Sie einige Jahrzehnte zurückgehen. Da gibt es einen anderen Saal, in dem man früher getagt hat. Das ist nicht dieser hier.

Auch Drogenkranke sind Kranke. (Abg. Kiss: Ich kann Ihnen nicht folgen! – Abg. Neudeck: Was war das für ein Saal?)  – Der Reichsratssitzungssaal war das. Damals hat man nicht gewusst, dass Alkoholabhängige krank sind. Natürlich gibt es Leute, die sich in berauschtem Zustand mit dem Chauffeur irgendwo hinfahren lassen können, aber über diese Personen rede ich nicht.

Dann ist da noch eine Ausnahmeregelung enthalten, wann man nicht zahlen muss, und zwar wenn in angemessener Entfernung vom Wohnort eine adäquate Versorgung nicht möglich ist. – Wollen Sie es Vermessungsingenieuren überlassen, wann jemand zahlen muss oder nicht? Wollen Sie Geographen anstellen? Wollen Sie eine Schiedskommission installieren, darüber zu befinden, was angemessen ist oder nicht?

Ich habe gerade gestern von einem Ort in der Umgebung von Gänserndorf gehört, von dem der nächste Kinderarzt 30 Kilometer entfernt ist. Ich frage: Ist das zumutbar? Ist die Mutter fit, ist sie Langstreckenläuferin, verfügt sie über einen Wagen? – Dann wäre es zumutbar. Ist sie es nicht, was dann?

Wenn ich Ihrem Feeling vertrauen könnte, könnte man solch einen Satz vielleicht stehen lassen, aber Ihr Feeling hat mich bis jetzt nicht so weit gebracht, dass ich Ihnen dieses Vertrauen entgegenbringen könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Punkt. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Bitte? Herr Kiss, ich verstehe Sie nicht! (Abg. Kiss: Das ist ärger als das Orakel von Delphi! Ich verstehe Sie nicht!) Wenn ich das irgendwie verstanden hätte, könnte ich mir einen Reim darauf machen, aber Gott sei Dank ist mir das entgangen. (Abg. Schwarzenberger: Diese Rede ist eines Professors unwürdig!)  – Über die Würde des Parlaments zu sprechen, gibt es Berufenere. Darauf möchte ich jetzt gar nicht eingehen.

Ich habe Ihnen klar gemacht, die Entscheidung, wer in den Ambulanzen zahlen muss und wer nicht, liegt in einem sehr feinen Ermessen und müsste von einer sehr profunden Kenntnis getragen sein. Diese gibt es in den Notfallambulanzen teilweise nicht, dafür ist auch keine Zeit, denn sonst wären das keine Notfallambulanzen, sondern Genesungsheime, Urlaubs- und Ferienkolonien. Das heißt, ich habe nachgewiesen, man bräuchte JuristInnen, Patientenvertreter, einen Ethikbeirat, EDV- und Verwaltungsspezialisten, Geographen und Vermessungsingenieure. Das können Sie nicht gewollt haben.

Sie sagen: Das verwaltet jetzt die Kasse, die Kasse wird den Bürgerinnen und Bürgern die Erlagscheine zusenden. Diese Aussage lässt mich einen Verdacht wittern, wem man außer den Patientinnen und Patienten noch schaden will. Die Verwaltungskosten der Kassen werden reduziert. Bekannt ist – das wurde hier mehrfach gesagt, und keiner von Ihnen konnte dem widersprechen –, dass die österreichischen Krankenkassen mit einem Anteil von 3 bis 4 Prozent an Verwaltungskosten in ihrem Budget europaweit zu den günstigsten Kassen zählen.

Wenn Sie die Abwicklung dieser Ambulanzgebühren den Kassen bei reduzierten Verwaltungsbudgets nochmals aufoktroyieren, werden Sie in den nächsten Sitzungen wieder Gelegenheit dazu haben zu sagen, dass die Kassen schlecht arbeiten. Ich bin weder der Pressesprecher der Sozialversicherung noch jener der Krankenkassen, aber wenn man ihnen Aufgaben überträgt,


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sie für diese Aufgaben das Geld mehr oder weniger gut, mehr oder weniger vernünftig, im Großen und Ganzen aber sehr wohl richtig einsetzen, und man ihnen dann den Schwarzen Peter zuschiebt, so ist das falsch. Das können Sie nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Schluss und erinnere Sie nochmals an Folgendes: Das unterste Einkommensdrittel wird früher und häufiger krank, lebt kürzer. Sie belasten mit diesen Maßnahmen – Rezeptgebühren und Ambulanzgebühren – ausschließlich kranke und betroffene Personen, die überproportional aus dieser Einkommensschicht kommen. Erklären Sie mir und den Österreicherinnen und Österreichern, ob das fair und gerecht ist!

Ganz zum Schluss: Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, man habe gemeint, wir Grüne hätten Politikerpensionen mitbeschlossen. Diese Politikerpensionen wurden im Jahre 1970 beschlossen. Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir im Jahre 1970 noch nicht im Parlament vertreten waren. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaugg: Aber die Änderungen haben Sie alle mitbeschlossen! Da waren Sie alle dabei!)

12.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Zierler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.24

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier bei uns im Nationalrat! Herr Kollege Grünewald! Ein Satz zu Ihrem Redebeitrag: Die Regelungen wurden aus gutem Grund der Selbstverwaltung der Krankenversicherung, nämlich dem Hauptverband, zugewiesen. Wir werden ja sehen, auf welcher Seite der Hauptverband steht. Wir gehen schon davon aus, dass er auf der Seite der Patienten stehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Silhavy! Zu Ihnen auch noch einige Worte. Abgesehen davon, dass Sie sich mit der Pensionsreform entweder nicht beschäftigt oder diese vielleicht auch nicht durchschaut haben (Zwischenrufe bei der SPÖ), habe ich in Ihrem heutigen Redebeitrag eines vermisst. Sie sprechen immer von "wir Sozialdemokraten". – Gerade als Steirerin geht mir eines ab: Warum distanzieren Sie als Steirerin, als Sozialdemokratin sich nicht von dem, was in der Steiermark passiert ist? Warum distanzieren Sie sich nicht von der Bespitzelungsaktion? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dort haben die Mitglieder der SPÖ eine Bespitzelungsaktion durchgeführt und Menschen dazu aufgefordert, andere Menschen mit einem "A" für "anders" zu kennzeichnen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt mit meinem eigentlichen Debattenbeitrag beginnen, und lassen Sie mich gleich zu Beginn – es geht um die Pensionsreform – einen hohen Gewerkschafter zitieren! Erschienen ist dieser Artikel vor nicht allzu langer Zeit in der "Wiener Zeitung". Allerdings war das noch eine Zeit, zu der die SPÖ in der Regierung war. Und dieser Artikel stammt von Hans Sallmutter. Er hat gesagt:

Gewerkschaften haben die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Aus diesem Blickwinkel muss jedoch immer auch das Gesamtwohl des Staates und der Wirtschaft im Auge behalten werden, denn die Partikularinteressen von 1,6 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern korrespondieren sehr stark mit gesamtgesellschaftlichen Interessen. Parteien hingegen haben, insbesondere wenn sie Regierungsverantwortung tragen, darauf zu achten, dass bei der Verfolgung und Erreichung grundsätzlicher Ziele das Gesamtinteresse nicht aus den Augen verloren geht. Sie müssen übergeordnete Ziele oft auch auf Kosten von Einzelinteressen verfolgen und durchsetzen, selbst wenn dies in dem einen oder anderen Fall auch Kerngruppen schmerzt. – Zitatende.

Das war ein Artikel von Hans Sallmutter, erschienen in der "Wiener Zeitung". Ich denke, dass diese Aussage eigentlich auch heute noch Gültigkeit haben müsste.


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Wenn ich mir jedoch vergegenwärtige, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, dann haben wir da nicht die eigentlichen Aufgaben der Gewerkschaften kennen gelernt. Was erkennbar war, ist Parteinähe oder sogar Parteiabhängigkeit. Es geht generell gegen die Politik der Bundesregierung, was mittlerweile ja bereits offen zugegeben wird. Die Gewerkschaften unterlagen und unterliegen der Versuchung, den Sozialdemokraten mit gewerkschaftlicher Oppositionspolitik den Weg zurück zur Macht zu ebnen; das ist das einzige, was sie im Sinn haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines haben die Gewerkschaften dabei außer Acht gelassen. Sie haben außer Acht gelassen, dass sie nicht die Bevölkerung hinter sich haben, und sie haben auch die Stimmung in diesem Lande offensichtlich nicht erkannt. Welche Interessen werden vertreten – frage ich Sie –, wenn der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft erklärt, nicht nur für das Privileg des Pensionsantrittsalters von 53 Jahren zu streiken, sondern man wolle auch für die Rechte der Hausbesorger kämpfen? Warum – frage ich Sie – gibt es einen Stillstand der Arbeit der Straßenbahner, wenn die Wiener Verkehrsbetriebe vom Pensionsrecht der Eisenbahner gar nicht betroffen sind? (Abg. Gaál:  ... Das kennen Sie nicht! – Zwischenruf des Abg. Brix. ) Wären sie dazu fähig, Parteipolitik in den Hintergrund zu stellen, dann müssten sie eines nicht nur erkennen, sondern auch zugeben, nämlich die tatsächliche Situation. Und die tatsächliche Situation bedeutet, dass dringender, sehr dringender Handlungsbedarf besteht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für die Versäumnisse im österreichischen Pensionssystem und in der Sozialpolitik mache ich die letzte Regierung verantwortlich. Sanierung ist nicht populär, das ist uns bewusst, aber wir fühlen uns für die Menschen in diesem Land und vor allen Dingen für deren Zukunft verantwortlich. Sie jedoch haben Mitgefühl mit jenen, die Privilegien leben und weiter leben wollen. Sie haben Mitgefühl mit jenen, die sagen, eine Wochenstunde mehr zu arbeiten, ist undenkbar und schier unmenschlich. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Brix. )

Ich frage Sie jetzt wirklich: Wo bleibt denn eigentlich Ihr Mitgefühl für Frauen mit Zweifach-, mit Dreifachbelastung? Wo bleibt Ihr Mitgefühl für kleine Selbständige, die den ganzen Tag arbeiten und nach der Arbeit auch noch die bürokratischen Aufgaben zu Hause wahrnehmen? Wo bleibt denn Ihr Mitgefühl für kleine Selbständige? Wo bleibt zum Beispiel Ihr Mitgefühl für Krankenhauspersonal, für Krankenschwestern? (Zwischenrufe der Abg. Dr. Mertel. ) Wo bleibt da Ihr Mitgefühl? Wo bleibt Ihr Mitgefühl für Arbeiter, die unter extremer körperlicher Belastung stehen, denen Sie zwar jahrelang, jahrzehntelang Versprechungen gemacht, aber nicht eingehalten haben? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Liste, meine Damen und Herren, ließe sich fortsetzen – ließe sich fortsetzen ins Unendliche!

Ich sage Ihnen noch etwas: Wir vertreten die Menschen in diesem Land, wir vertreten die Pensionisten in diesem Land! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Wie glaubwürdig ist ein Pensionistenvertreter namens Blecha mit einer Pension in Höhe von 150 000 S monatlich? Meine Damen und Herren hier oben auf der Galerie, meine Damen und Herren zu Hause: Fühlen Sie sich von so einem Pensionistenvertreter wirklich vertreten? Wo ist da die Glaubwürdigkeit, wo ist da das Verständnis für die wirklich armen Menschen in diesem Land? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich für Ihr Verhalten hier, es wird alles im Fernsehen übertragen. Sie demaskieren sich selbst, meine Damen und Herren!

Für uns ist Solidarität kein Schlagwort. Freiheitliche Politiker – und ich möchte das betonen – sind die Einzigen in diesem Land, die wirklich mit den Menschen solidarisch leben. Freiheitliche Politiker sind die Einzigen, die eine freiwillige Einkommensobergrenze haben! Das sind freiheitliche Politiker! Und diese Solidarität, meine Damen und Herren, würde ich mir von Ihnen einmal wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Auch wenn Sie lächeln und damit abzulenken versuchen: Wir werden uns weder durch Drohungen noch durch Streiks von unserem Weg, nämlich von einem gesicherten Zukunftsweg für Österreich, abbringen lassen! – Danke herzlichst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.32

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Satz zur Vorrednerin, der Frau Abgeordneten Zierler, Spitzenkandidatin der FPÖ in der Steiermark: Ich bin froh, dass das Fernsehen Ihre Rede live übertragen hat, denn das hat Ihnen wieder ein paar Prozentpunkte weniger eingebracht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Na geh!) – Wer zuletzt lacht, lacht am Besten!

Hätten Sie nämlich jetzt in aller Öffentlichkeit erklärt, hätten Sie die Chance genutzt und der Bevölkerung erklärt, wie ein einfaches Parteimitglied Jörg Haider – und wie "einfach" er ist in Ihrer Partei, das hat man ja gestern erst wieder gesehen, als er via Fernsehen die Koalitionsvereinbarungen erklären durfte – mit einem monatlichen Einkommen von 66 000 S seinen Lebensstandard finanzieren kann, vom Porsche angefangen, et cetera, et cetera, dann hätten Sie wahrscheinlich gewonnen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber lassen Sie mich zum Thema kommen, und gestatten Sie mir, ein wenig das Umfeld der Verhandlungen im Zuge der Pensionsreform darzulegen. Vorweg eine grundsätzliche Feststellung: Alle Gewerkschaften und damit der ÖGB insgesamt sind immer eingetreten – viele Jahre, Jahrzehnte lang! – für eine umfassende Pensionsreform mit den Zielen: langfristige Absicherung, für junge Menschen die Pensionen sichern. – Ich kann von dieser Stelle aus nur an alle jungen Menschen appellieren, sich nicht Sand in die Augen streuen zu lassen, etwa von Amon und Kollegen. Die Pensionen sind durch diese Reform, die heute beschlossen wird, für die jungen Menschen nicht gesichert, meine Damen und Herren!

Wir wollen eine Harmonisierung der Systeme mit mehr Gerechtigkeit. Was Sie heute mit Ihrer Regierungsmehrheit beschließen werden, bringt nicht mehr Gerechtigkeit, sondern mehr Ungerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.) Sie können sich hinstellen und diskutieren, solange Sie wollen: Diese Reform ist eine reine Geldbeschaffungsaktion, um die Geschenke, die Sie Unternehmern und Bauern zukommen lassen, irgendwie finanzieren zu können! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe immer zu bedenken gegeben: Jetzt erhöhen wir das Pensionsantrittsalter um 18 Monate, und was ist dann im Jahr 2003? Darauf gibt es zwei Antworten. Eine Antwort erfolgte im Sozialausschuss vom zuständigen Herrn Arbeitsminister, der angedeutet hat, dass in der nächsten Legislaturperiode um weitere 18 Monate erhöht werden wird. Beweis dafür: Den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ist ein Schreiben von der Frau Vizekanzlerin und vom Herrn Staatssekretär vorgelegt worden, das sie hätten unterschreiben sollen. Dadurch hätten sie akzeptiert – erster Punkt –: weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters um 18 Monate im Laufe der nächsten Legislaturperiode. Also wenn Sie schon eine Reform durchführen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, dann bitte eine ordentliche! Legen Sie alles auf den Tisch, und bringen Sie den Leuten nicht immer zizerlweise vor, was Sie vorhaben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist immer wieder gesagt worden, die Gewerkschaften hätten keine Vorschläge. – Ich darf ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers an den Präsidenten des ÖGB Fritz Verzetnitsch und den Leitenden Sekretär Dr. Richard Leutner vom 8. Mai zitieren – ich nehme an, die Vorschläge werden vielleicht um den 1. Mai eingegangen sein; er ist ja sehr schnell in der Beantwortung der Briefe –, in dem er schreibt: "Vorerst möchte ich mich für den Brief und das daran angeschlossene Positionspapier des ÖGB und der Bundesarbeitskammer herzlich bedanken."

Wenn wir uns jetzt in Erinnerung rufen, dass die Frau Sozialminister Sickl wie immer stereotyp bei jedem Fernsehinterview, das sie gegeben hat, gesagt hat: Die Gewerkschaften haben keine


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Vorschläge!, so muss ich den letzten Absatz aus dem Brief des Herrn Bundeskanzlers Schüssel an Präsidenten Verzetnitsch zitieren. Da schreibt er: "Nachdem die ressortmäßige Verantwortlichkeit bei Frau Bundesminister Dr. Sickl liegt, habe ich ihr das Positionspapier übermittelt." Jetzt muss ich Sie, geschätzte Frau Sozialminister, fragen, da ich davon ausgehe, dass Sie des Lesens mächtig sind: Haben Sie die Vorschläge nicht gelesen, oder haben Sie sie nicht lesen wollen? Vorschläge jedenfalls müssen Sie bekommen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Man hat auch immer wieder gehört – das ist auch immer stereotyp gekommen –, bei jedem Interview, Frau Minister, haben Sie das gesagt: An den Eckpunkten wird nicht gerüttelt! – Ich frage Sie: Was sollen das für Verhandlungen sein, wenn Sie von Haus aus erklären, dass man an den Eckpunkten nicht rütteln darf? Sie wollten uns als Feigenblatt benützen, aber dabei haben wir nicht mitgespielt, sehr geehrte Frau Minister!

Ich halte nochmals fest: Die Gewerkschaften haben Ihnen ein sehr umfangreiches Gegenkonzept überreicht. Allerdings – das gebe ich schon zu –: Hauptpunkt dieses Konzeptes war es natürlich, die Menschen länger in Beschäftigung zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitswelt gesünder wird, dass die arbeitenden Menschen ihre Gesundheit nicht auf dem Arbeitsplatz lassen und somit keine Invaliditätspension und keine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in Anspruch nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nach dem Spitzengespräch Präsident Verzetnitsch/Tumpel wurde von den Klubobleuten Khol und Westenthaler behauptet, sie hätten keine Vorschläge erhalten. Ich habe von beiden – von Khol vom 25. April, von Westenthaler vom 3. Mai – Briefe, in denen steht, dass sie die Vorschläge des ÖGB übermittelt bekommen haben.

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich Ihnen noch etwas; so geschehen in der letzten Sitzung des Sozialausschusses vergangene Woche: Wir, alle vier Fraktionen, haben gemeinsam beschlossen, dass wir zur Sitzung des Sozialausschusses Experten beiziehen. Aber noch bevor – um das Demokratieverständnis der beiden Regierungsparteien jetzt ein bisschen zu verdeutlichen –, noch bevor die erste Frage an einen Experten gestellt worden ist, noch bevor ein Experte überhaupt eine Frage beantworten konnte, ist eine Presseaussendung des Sozialsprechers Feurstein von der ÖVP über die APA gelaufen: Da können die Experten sagen, was sie wollen, das wird nichts ändern! Wir beschließen das mit unserer Mehrheit! (Abg. Steibl: So stimmt das nicht!) – Das ist Demokratie! Das ist Demokratie, Frau Steibl!

Wir haben außerdem gemeint – da gravierende Punkte beschlossen werden –, diese Befragung der Experten solle doch öffentlich sein. Lassen wir zu dieser Sitzung des Sozialausschusses die Öffentlichkeit zu! Das aber haben die Regierungsparteien abgelehnt. Sie haben halt Angst davor gehabt, dass die Grausamkeiten einer größeren, breiteren Öffentlichkeit bekannt werden. – Das ist Ihr Demokratieverständnis, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich eine Maßnahme näher beleuchten, nämlich den Ambulanzkostenbeitrag. Aus medizinischer Sicht hat dies ja sehr erstklassig Herr Professor Grünewald erläutert, lassen Sie mich nun ein bisschen etwas zum Administrativen sagen. 150 S mit Überweisungsschein, 250 S ohne Überweisungsschein. Das heißt, Sie zwingen den Patienten – wenn er sich die 100 S ersparen will –, zum praktischen Arzt zu gehen. Dem Arzt muss er einen Krankenschein geben, und dieser verrechnet der Krankenkasse das Fallpauschale. Sie verursachen also zusätzliche Kosten, nur damit der Versicherte den Überweisungsschein bekommt und sich 100 S erspart.

Mit Ihrer Formulierung im Gesetzestext schaffen Sie extreme Rechtsunsicherheit. In zahlreichen Gesprächen mit Herrn Kollegen Haupt hat dieser mir immer wieder versichert, Sie wollen nicht, dass man für Kinder diesen Beitrag bezahlen muss. Er hat mir gesagt, unter Punkt 6 seien die Kinder ausgeschlossen. Jetzt habe ich aber schon viele, die das entsprechend lesen können und Rechtswissenschafter sind, zu diesem Punkt 6 befragt, der da lautet: "wenn Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden erforderlich sind, die außerhalb der Krankenanstalt (eigenen Einrichtung) in angemessener Entfernung vom Wohnort des (der) Versicherten nicht in geeigneter Weise oder nur unzureichend zur Verfügung stehen."


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Wie da die Kinder ausgeschlossen sind, muss uns jemand erklären! Wenn Sie es ernst gemeint hätten, Herr Kollege Haupt – und ich unterstelle Ihnen das, weil ich weiß, Sie haben ein sehr hohes soziales Empfinden, aber wahrscheinlich können Sie sich beim Regierungspartner nicht durchsetzen –, dann hätten Sie einen Punkt 7 angefügt, dann gäbe es keine Diskussionen. Punkt 7 – könnten Sie schreiben –: Kinder bis zum vierzehnten Lebensjahr sind ausgenommen. Warum verweisen Sie auf Punkt 6?

Folgendes ist auch ein bisschen komisch: In den Ambulatorien der Gebietskrankenkassen müssen wir 250 S bezahlen, in privaten Ambulatorien muss man diese 250 S nicht bezahlen! – Besteht vielleicht ein Zusammenhang darin, dass Herr Staatssekretär Waneck ein derartiges privates Ambulatorium besitzt? (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Es ist allerdings – sage ich fairerweise dazu – derzeit stillgelegt, aber er wird ja nicht ewig in der Regierung sein. Ist das der Grund, warum in privaten Ambulatorien diese 250 S nicht zu bezahlen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Abg. Schwarzenberger: Das ist Klassenkampf, was Sie da betreiben! Klassenkampf pur!)

Nun noch zu der Frage: Was geschieht denn mit dem Geld? – Es kommt rund 1 Milliarde Schilling aus diesen Beiträgen herein. Was geschieht mit diesem Geld? – Ein guter Vorschlag: Es geht in den Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen. Aber was beschließen wir heute noch mit? – Bisher hat die Bauernkrankenkasse keine Gelder aus dem Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen bekommen, in Zukunft wird das mit dem heute zu beschließenden Gesetz anders sein. Das heißt auf Deutsch – ich sage das mit aller Deutlichkeit –: Von der 1 Milliarde Schilling an Ambulanzgebühren, die kranke ArbeiterInnen, Angestellte in Zukunft bezahlen müssen, fließen 300 bis 400 Millionen in die Bauernkrankenkasse. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) – Kranke Arbeiter zahlen und finanzieren sie in Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Haupt hat im Sozialausschuss gesagt: Mit den 250 S wollen wir mehr Gleichheit schaffen!, und ich bin gefragt worden, ob ich die Bauernkrankenkasse in den Konkurs treiben will. Niemand will die Krankenkasse in den Konkurs treiben, und sie ist bisher nicht in Konkurs gegangen. Aber wenn Sie, sehr geehrter Herr Haupt und meine Damen und Herren von der Regierungsseite, von Gerechtigkeit sprechen, dann muss ich Ihnen noch einmal etwas in Erinnerung rufen: Ein ASVG-Versicherter zahlt für 1 S Pension selbst 85 Groschen, ein Unternehmer 50 Groschen, ein Bauer 30 Groschen. – Wenn Sie diesbezüglich Gleichheit schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann dürfen Sie in Bezug auf dieses Gesetz von Gleichheit reden, sonst nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Kurz noch eine Antwort darauf: Warum keine Öffentlichkeit im Sozialausschuss? Es gibt eine einfache Erklärung dafür: Im ASVG-Bereich ist alles einwandfrei geklärt; da gibt es entweder Erhöhungen, Verschlechterungen – und damit ist das klar. Bei den Bauern und Selbständigen schaut das anders aus! Ich bin jetzt seit fast 18 Jahren in diesem Hohen Haus, und ich muss sagen, ich habe noch nie eine so trickreiche Gesetzesgestaltung erlebt wie in diesem Bereich.

Nehmen wir zum Beispiel die Bauernkrankenkasse: Auf der einen Seite werden Beiträge erhöht – zum Beispiel bei der Krankenversicherung –, im Gegenzug dazu senkt man die Anrechnung des Ausgedinges von 30 auf 28 Prozent, und das bringt den Bauern wieder 100 Millionen Schilling. – Wo gibt es dergleichen im ASVG-Bereich? (Abg. Schwarzenberger: Das sind aber diejenigen, die weniger als 5 700 S Pension bekommen!) – Ich weiß, das ist Ihnen unangenehm, Herr Bauern-Präsident!

Sie erhöhen die Krankenversicherungsbeiträge von 3,25 auf 4,25 Prozent; im Gegensatz dazu verändern Sie den Hebesatz von 315 auf 440 Prozent. Das heißt, dass die Gelder von der Pensionsversicherung der Bauern in die Krankenversicherung gehen und die öffentliche Hand das in der Pensionsversicherung ausgleichen muss. – Das sind Ihre Tricks, die kann ich Ihnen leider nicht vorenthalten. Das haben die Experten im Sozialausschuss aufgezeigt, und daher wollten Sie keine Öffentlichkeit haben, damit diese nicht informiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Derartige Tricks – aber meine Redezeit reicht nicht aus, um das näher zu erläutern – gibt es auch im Bereich der Selbständigen.


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Ich sage mit aller Deutlichkeit: Wir als Gewerkschaften und Kammern werden diese Tricks nicht geheim halten, uns wird in diesem Lande niemand mundtot machen; wir werden die Öffentlichkeit, die Menschen draußen, von den wahren Inhalten dieses Gesetzes informieren! Und wenn Sie diese Ungerechtigkeiten beseitigen, Frau Vizekanzler, dann können Sie davon reden, dass es nur Gleiche und keine Gleicheren gibt; bis jetzt ist das nicht so.

Zum Schluss kommend kann ich Herrn Abgeordnetem Gaugg, seines Zeichens oberster Arbeitnehmervertreter in der FPÖ, doch einiges nicht vorenthalten. Ich habe da eine APA-Aussendung von der FPÖ vom 13. Jänner 1997 ausgegraben: "FPÖ startet Informationswelle zur Charakterlosigkeit der ÖVP." "Auch habe, so die FPÖ-Broschüre" – da müsst ihr eine Broschüre vorgestellt haben –, "die ÖVP mit der Demokratie ihre Probleme. Parteiintern zieht Klubobmann Khol seine Abgeordneten quasi am Nasenring durch das Parlament." – Heute zieht Khol im Interesse der Bauern und Unternehmer die Arbeitnehmervertreter der FPÖ, Gaugg und Kollegen, am Nasenring durchs Parlament. Weit habt ihr es gebracht, lieber Kollege Gaugg!

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Unterliegen Sie ja nicht dem Irrtum, dass Ihnen die Menschen in diesem Lande all das abnehmen werden, was Sie als große Reformen verkaufen! Sie starten die größte Umverteilungsaktion von unten nach oben, und Sie werden schneller, als Ihnen lieb ist, die einzige Antwort, die Sie zur Kenntnis zu nehmen bereit sind, bekommen, nämlich die Ergebnisse bei den nächsten Wahlen! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

12.46

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Nürnberger hat gesagt, in der Bauernkrankenversicherung würden die Beiträge angehoben und der Staat zahle die Absenkung des fiktiven Ausgedinges. – Das ist unrichtig!

Richtig ist, dass die Sozialversicherungsbeiträge in der Krankenversicherung der Bauern-Pensionisten angehoben werden, richtig ist, dass ein Solidaritätsbeitrag für alle Pensionisten nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz einbehalten wird – dieser bringt 95 Millionen Schilling –, und Tatsache ist, dass die Absenkung 90 Millionen Schilling kostet.

Das heißt, die Bauern zahlen sich diese Umverteilung, die Sie, Kollege Nürnberger, gemeinsam mit uns nie herbeigeführt haben, selbst, und wir können noch 5 Millionen in das Budget weiterleiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Minister.

12.47

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke vielmals! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Nürnberger hat hier eine Fülle von unrichtigen Sachverhalten dargestellt und unter anderem den Regierungsparteien in Bezug auf die Sozialausschusssitzung am letzten Freitag auch mangelndes Demokratieverständnis vorgeworfen.

Ich verstehe Sie nicht ganz, Herr Abgeordneter Nürnberger! Ich darf Sie schon daran erinnern, denn Sie haben nicht gesagt – absolut einmalig in der sehr, sehr wichtigen Diskussion zum Thema "Pensionen" –, dass Ihre Abgeordnete, die frühere Frauenministerin Prammer, zu unser aller Überraschung im Sozialausschuss plötzlich einen Antrag auf Schluss der Debatte gestellt hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen ist sie jetzt auch nicht da!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Nürnberger! Ich bin seit zehn Jahren hier in diesem Hohen Haus, und mir ist so etwas noch nie untergekommen! Wären da nicht die Kavaliere Feurstein


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und Haupt gewesen, die der Frau Abgeordneten Prammer und der SPÖ-Fraktion aus der Patsche geholfen hätten, dieser Antrag wäre wohl durchgegangen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Nürnberger hat aber noch eine Fülle von anderen Dingen hier behauptet, die entweder überhaupt nicht richtig sind oder zumindest so nicht stimmen.

Es wird im Zusammenhang mit dieser Pensionsreform von Ihrer Fraktion, Herr Nürnberger, immer wieder von Geschenken an Unternehmer und Bauern gesprochen. – Die Wahrheit ist vielmehr, Herr Abgeordneter Nürnberger, dass Unternehmer und Bauern von dieser Pensionsreform nicht nur genauso betroffen sind wie alle anderen Menschen in diesem Lande, nämlich hinsichtlich der Anhebung des Frühpensionsalters um 18 Monate, sondern auch zusätzlich je 250 Millionen Schilling für den Topf der Pensionsversicherung aufbringen, also relativ stärker belastet sind als ASVG-Versicherte. Nehmen Sie, Herr Abgeordneter Nürnberger, das bitte einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Nürnberger! Es ist richtig, dass dem Herrn Bundeskanzler, der Frau Sozialministerin, mir Vorschläge, Positionspapiere des ÖGB zugegangen sind. Es ist richtig, dass in diesem Positionspapier, das an Länge durchaus ansprechend war – auf den Inhalt komme ich noch zu sprechen –, Vorschläge gemacht wurden wie etwa in Richtung bessere Arbeitschancen für ältere Arbeitnehmer, bessere Gesundheitsvorsorge für ältere Arbeitnehmer.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Teilweise haben wir dazu schon konkrete Maßnahmen gesetzt. Interessanterweise waren Sie dann im Nachhinein nicht einmal für einen besseren Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben. Sie waren dann interessanterweise auch nicht für eine Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung auf 18 Monate für die Übergangsjahrgänge. Sie waren dann zu unserer großen Überraschung in den Sozialpartnergesprächen nicht einmal mehr für eine Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer. – Also hier haben wir einiges vorgelegt, aber Sie haben dazu entweder nichts gesagt oder waren dagegen.

Aber zum Kern dieser Pensionsreform, nämlich zur notwendigen Anhebung des Frühpensionsalters – das ist schon verschiedentlich gesagt worden, auch von der Frau Vizekanzlerin; es geht nicht um das gesetzliche Pensionsantrittsalter mit 60/65 Jahren, das bleibt so, wie es ist, sondern es geht um das Frühpensionsantrittsalter mit 55/60 Jahren –, haben Sie nichts zu sagen gehabt, haben Sie keine Alternativvorschläge angeboten, haben Sie betreffend das Finanzielle lediglich gesagt: Tun wir umschichten! Nehmen wir ein paar Milliarden Schilling aus dem Familienfonds, belasten wir die Unternehmer und die Bauern nicht mit je 250 Millionen Schilling, sondern mit je einer Milliarde Schilling, und sagen wir dem Finanzminister, er solle mehr Steuern eintreiben! – Ich sage Ihnen, das hätte Herr Kollege Edlinger früher auch schon tun können, mehr, als ohnehin geschieht, kann auch Minister Grasser nicht machen!

Das waren keine diskutablen Alternativvorschläge! Anderes hätte mich auch gewundert, denn gerade Sie, Herr Abgeordneter Nürnberger, sind mir in Koalitionsverhandlungen wochenlang gegenüber gesessen, als es um die Anhebung des Frühpensionsantrittsalters um 24 Monate gegangen ist. Das war für Sie damals völlig in Ordnung. Mir ist schon klar, dass gerade Sie und Ihre Fraktion nicht fünf Monate nachdem Sie zu der Koalitionsvereinbarung betreffend die 24 Monate im Endeffekt nicht nein sagen konnten, zu einer Anhebung um 18 Monate ja sagen können.

Sagen wir einander doch die Wahrheit: Das ist es ja, Sie konnten von vornherein über diese 18 Monate in der Substanz nicht diskutieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie konnten in der Substanz nicht diskutieren über etwas, was unabdingbar notwendig ist. Alle befragten Experten, egal aus welcher Ecke, denken Sie an das heutige "Morgenjournal", haben letztlich bestätigt, diese Anhebung des Frühpensionsantrittsalters um 18 Monate sei eine maßvolle, aber im Prinzip notwendige Maßnahme.

Wir tun das – und da widerspreche ich Herrn Abgeordnetem Gusenbauer ganz energisch –, weil das der richtige Weg ist zu einer langfristigen Sicherung des Pensionssystems und weil wir nicht


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die Nettoersatzrate absenken wollen. Das wollen wir nicht, das tun wir nicht, und diesbezügliche Unterstellungen seitens des Herrn Gusenbauer heute sind unrichtig, und ich weise sie kategorisch zurück! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade weil wir langfristig ein Drei-Säulen-System entwickeln wollen, von dem aber auch langfristig die staatliche Säule die tragende sein wird, langfristig auch die staatliche Säule auf dem Umlagesystem basieren wird – darüber sind wir uns ja alle einig; verbreiten Sie hier bitte keine Schauermärchen! –, gerade weil wir die Pensionen im Sinne unserer Jugend langfristig sichern wollen, setzen wir diese Schritte jetzt. Sie haben schon Recht, es ist nicht die erste Pensionsreform. Wir hatten 1997 eine, die von der Struktur her eine sehr wichtige und gute Pensionsreform war, allerdings hinsichtlich der Übergangsfristen gerade von Ihrer Seite auf dem Weg ins Parlament so verwässert wurde, dass am Schluss die Effekte sehr bescheiden gewesen sind.

Es wird auch in Zukunft weitere Schritte geben müssen. Selbstverständlich wird es die geben müssen, aber wir sagen ganz klar und deutlich: diese Pensionsreform für diese Gesetzgebungsperiode, das ist es!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gusenbauer hat auch gemeint, dass in cumulo, also zusammengezählt, 53 Milliarden Schilling an Pensionen gekürzt werden. Herr Abgeordneter Gusenbauer! Im Sinne einer gewissen intellektuellen Redlichkeit darf ich Sie schon einladen, hier anzuerkennen: Gar nichts wird gekürzt! Es werden keine Pensionen gekürzt, niemandem wird etwas weggenommen! Es geht lediglich darum, den Zuwachs des Bundeszuschusses zu den Pensionen statt auf 30 Milliarden auf 15 Milliarden Schilling zurück zu nehmen, den Zuwachs auf 15 Milliarden zu beschränken. Es wird nicht weniger, diese Regierung kürzt die Pensionen ganz sicherlich nicht. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das war der Gegensatz von intellektueller Redlichkeit!)

Herr Präsident Verzetnitsch ist zwar im Moment nicht anwesend, aber mir ist in einer Fernsehschaltung ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das regt Sie jetzt auf.

Herr Präsident Verzetnitsch! Herr Gusenbauer hat es heute wiederum für notwendig befunden, einige Beispiele in den Raum zu stellen und Pensionskürzungen anzuprangern. (Abg. Grabner:  ... Schauermärchen!)  – Mir ist bezüglich dieses Beispiels, das Sie mir vor ein paar Tagen bei einer Direktschaltung – ich war in Paris – vorgehalten haben, von Herrn Professor Kohmaier vom Institut für Sozialforschung, Mitglied der Expertenkommission zum Thema "Pensionen", ein Schreiben zugegangen, in dem er sagt: Bezug nehmend auf das Streitgespräch mit Präsident Verzetnitsch – und so weiter – ist natürlich falsch, dass diese Frau eine volle Monatspension im Jahr verliert, denn für eineinhalb Jahre länger arbeiten erhält die Frau drei Steigerungspunkte mehr und verliert durch den von 2 auf 3 Prozent erhöhten Abschlag insgesamt – 3,5 mal 1 Prozent sind 3,5 Steigerungspunkte – eine Differenz von 50 S im Monat, 700 S im Jahr. Was haben Sie gesagt? – 700 S im Monat! Wenn diese Frau aber um ein halbes Jahr länger arbeitet, dann erhält sie sogar um 100 S pro Monat mehr.

Sehr geehrter Herr Präsident Verzetnitsch! Professor Kohmaier ist ein versicherungsmathematischer Experte, das von Ihnen genannte Beispiel war falsch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Letztes, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gusenbauer hat es auch für notwendig befunden, die Frau Vizekanzlerin mehrfach in ihren Ausführungen zu unterbrechen, und zwar mit dem Ausdruck "Lügenpropaganda", als die Frau Vizekanzlerin nämlich darauf hingewiesen hat, dass es eine Einigung zwischen Ministerin Sickl und mir und den Seniorenvertretern gegeben hat. (Abg. Dr. Gusenbauer: Über die Pensionsreform!)  – Selbstverständlich hat es die gegeben, sehr geehrter Herr Abgeordneter Gusenbauer! (Abg. Dr. Gusenbauer: Stimmt ja nicht!) Ich saß ja dabei im Gegensatz zu Ihnen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nehmen Sie zur Kenntnis, was Präsident Verzetnitsch gesagt hat!) Hören Sie mir zu, dann verstehen Sie vielleicht, warum es eine Einigung gegeben hat! (Abg. Dr. Gusenbauer: Wissentlich die Unwahrheit! Nichts Neues! Reine Propaganda!)


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Ausdrücklich wurde von uns und von Herrn Blecha festgestellt, dass im Rahmen dieser Pensionsreform Ältere und in Pension Befindliche nur betroffen sein könnten von den Pensionsanpassungsmaßnahmen. Zu diesem Kapitel wurde Einigung erzielt. Betreiben wir keine Haarspaltereien: Die Spitzenvertreter der drei Seniorenverbände haben zu dieser Pensionsreform ja gesagt, und daran können Sie auch nicht rütteln! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Nein, das stimmt nicht!)

Eine für mich überraschende Aussage hat Herr Abgeordneter Nürnberger ebenfalls getroffen, weil sie für mich in dieser Form neu ist. Sie haben gesagt, dass der ÖGB schon seit vielen Jahren eine umfassende Pensionsreform bearbeitet. Das ist mir bis jetzt nicht bekannt gewesen. Aber vielleicht meinen Sie – was in einer Zeitung vor einigen Tagen zu lesen stand –, dass der mittlerweile bei Ihnen wieder sehr geschätzte, im Übrigen auch von mir sehr geschätzte frühere Minister Androsch im Jahre 1980 an den damaligen Sozialminister einen Brief geschrieben und seiner tiefen Sorge darüber Ausdruck verliehen hat, dass das Pensionssystem so langfristig nicht zu halten wäre.

Dieser Brief hat das Licht der Öffentlichkeit erblickt, und es ist inzwischen klar geworden, dass der damalige Sozialminister Weißenberg und auch der damalige Kanzler Kreisky das dann weggewischt haben und Androsch sich nicht durchgesetzt hat. Natürlich diskutieren Sie schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten auch dieses Thema, aber es hilft nichts. Solange nichts geschieht, bringt uns das nichts. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Und das sind Sie in Ihrer Verantwortlichkeit, Herr Abgeordneter Nürnberger und meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, schuldig geblieben.

Wir setzen hier einen wichtigen Schritt, und wir tun das im Interesse der Jugend. Die Reform ist sozial gerecht und bewahrt auch die soziale Symmetrie. In diesem Sinne meinen wir, dass wir heute einen wichtigen Schritt zur langfristigen Sicherung des Pensionssystems im Sinne der jungen Menschen in diesem Lande setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Nürnberger hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haupt zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit den Ausführungen, die Sie zu berichtigen wünschen.

12.58

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Nürnberger hat in seiner Rede zum Schluss gemeint, dass Herr Abgeordneter Gaugg und die anderen Arbeitnehmervertreter der Freiheitlichen Partei die Interessen der Arbeitnehmer im Rahmen dieser Pensionsreform verraten hätten.

Tatsache ist, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, dass die freiheitlichen Arbeitnehmervertreter gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern der Österreichischen Volkspartei in jener Zeit, als die österreichischen Gewerkschaften nicht mehr verhandelt haben und keine tauglichen Verhandlungsvorschläge unterbreitet haben, das Paket im Gesamtausmaß von 2,4 Milliarden Schilling im Interesse der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entschärfen konnten.

Ich darf Ihnen die Maßnahmen aufzählen: Verbesserung beim Arbeitslosengeldbezug, die entsprechende Form der Gewährleistungsverbesserung, die entsprechenden Formen der Verbesserungen in der Invaliditätspension nach Vorschlag der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, in entsprechender Form die Verbesserungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch längere Übergangsfristen bei langen Kündigungsfristen.

Zum Zweiten hat Herr Kollege Nürnberger in seiner Rede behauptet, dass die österreichische Bundesregierung ein Verwaltungs-Tohuwabohu bei der Einhebung der Ambulanzgebühren hervorgerufen hat.


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Tatsache ist, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, dass aus gutem Grund die Abgeordneten der beiden Regierungsparteien die Verwaltung der Ambulanzgebühren dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger überantwortet haben, weil der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger immer behauptet hat, dass er mit 3,5 Prozent Verwaltungsanteil den geringsten Verwaltungsanteil aller öffentlichen und nicht öffentlichen Körperschaften in Österreich hat.

Weiters, Herr Kollege Nürnberger, haben Sie behauptet, dass die Bauern-Sozialversicherungsanstalt sich auf Kosten der Ambulanzgebühren der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereichert. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Tatsache, Herr Kollege Nürnberger, ist, dass alle Bevölkerungsgruppen – Unternehmer, Freiberufler, Arbeiter, Angestellte – so wie die Bauern die entsprechenden Ambulanzgebühren in den vorliegenden Formen zu bezahlen haben werden. (Abg. Dietachmayr: Redezeit! – Abg. Dr. Mertel: Redezeit!) Und ob die Reform der Ambulanzgebühren patientenfreundlich oder nicht patientenfreundlich wird, Herr Kollege Nürnberger, wird ausschließlich in der Hand der Patientenvertreter liegen und nicht in der Hand der Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Hat der was Richtiges auch gesagt, der Nürnberger? Es ist so ziemlich alles falsch, was der Nürnberger gesagt hat!)

13.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Nürnberger gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt ist das Fernsehen schon weg! – Abg. Dr. Martin Graf: Nürnberger und Nürnberger? Nürnberger berichtigt Nürnberger!)

13.01

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Minister Bartenstein hat behauptet, in den Regierungsverhandlungen SPÖ/ÖVP hätte ich 24 Monate akzeptiert.

Ich erkläre hier zum wiederholten Male – und vielleicht ist auch Herr Minister Bartenstein einmal bereit, das zur Kenntnis zu nehmen –, dass das falsch ist. Ich persönlich habe das nicht akzeptiert, und auch die überwiegende Mehrheit des Klubs der sozialdemokratischen Abgeordneten hat das nicht akzeptiert. Daher haben wir das Regierungsübereinkommen mit der ÖVP nicht unterschrieben, und daher sitzen auch Sie heute in der Regierung. (Abg. Dr. Stummvoll: Dann waren Sie der Weichensteller für diese Koalition! – Abg. Ing. Westenthaler: Danke, Nürnberger!)

Weiters: Wenn Sie schon aus den Regierungsverhandlungen zitieren, dann zitieren Sie bitte richtig. Es ist richtig, dass 24 Monate im Gespräch waren, die jedoch abgelehnt worden sind. Aber Sie beschließen heute 18 Monate plus Erhöhung der Abschläge. Die waren bei uns nie in Diskussion. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Heidrun Silhavy gemeldet. (Abg. Dr. Martin Graf: Berichtigen Sie den Nürnberger?)

13.02

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! – Herr Bundesminister Bartenstein, im Sinne der intellektuellen Redlichkeit fühle ich mich dazu herausgefordert, eine tatsächliche Berichtigung zu machen, wenn Sie behaupten, dass keine Pensionen gekürzt werden.

Erstens: Die Pensionen, auch bestehende Pensionen, werden durch den Pensionssicherungsbeitrag gekürzt.

Zweitens: Sie kürzen tatsächlich die Kaufkraft der Pensionen durch die neue Pensionsanpassung. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber sehr holprig! – Abg. Dr. Khol: Stimmt ja alles nicht!)


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Drittens: Sie kürzen durch Ihre Neuregelung die Pensionen von Frauen, die zwischen dem 23. Mai und dem 2. Juni dieses Jahres um eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit angesucht haben, auf null. Auf null! (Abg. Ing. Westenthaler: Alles falsch!)

Viertens: Entsprechend dem Beispiel, das von Kollegen Verzetnitsch gebracht und Ihnen vorgerechnet wurde, verliert eine Frau, die in zweieinhalb Jahren 37,5 Versicherungsjahre hat und mit 56,5 Jahren bei einer Bemessungsgrundlage von 15 000 S in Pension gehen kann, mit einem Schlag eben diese 525 S.

Ich ersuche Sie daher, im Sinne der Redlichkeit, im Sinne der intellektuellen Redlichkeit vor allem, uns die Gegenrechnung zu präsentieren, und zwar auf Punkt und Beistrich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Haupt: Die wollen Sie ja nicht hören!)

13.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich möchte nur anmerken, dass Ersuchen der Abgeordneten nicht im Rahmen von tatsächlichen Berichtigungen vorzubringen sind.

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Reitsamer zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Silhavy –: Werden Sie das Ihren Nachbarn erzählen, was Sie da feststellen bei Ihren Kontrollgängen?)

13.04

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Bundesminister Bartenstein hat in seinen Ausführungen behauptet, dass der Obmann des Pensionistenverbandes Österreichs Karl Blecha der Pensionsreform zugestimmt hat.

Ich habe das schon einmal widerlegt. Ich berichtige neuerlich tatsächlich, und zwar zitiere ich dazu die Presseaussendung von Karl Blecha: "Ich habe der Pensionsreform natürlich nie meine Zustimmung gegeben." (Abg. Dr. Martin Graf: Er ist am Nasenring der SPÖ zurückgezogen worden!) Das als eine Reaktion auf eine diesbezügliche Aussage von Minister Bartenstein sowohl in der ORF-Sendung "Zur Sache" als auch heute hier.

Weiters heißt es: "Sehr wohl habe ich Änderungen im Sozialrechts-Änderungsgesetz zugestimmt, die den Pensionistenverbänden ein Verhandlungsmandat und damit eine Mitsprache ermöglichen." – "Die übrigen Punkte der Pensionsreform" – bitte, wenn Sie jetzt zuhören! – "waren nie in die Verhandlungsgespräche einbezogen gewesen, von einer Zustimmung ... kann daher keine Rede sein."

Ich berichtige weiters tatsächlich, weil gesagt wurde, wir hätten eine Verlängerung für den Antritt der vorzeitigen Alterspension um zwei Jahre verlangt, dass auch diese Regierung das macht, und zwar bei der geänderten Form der Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit. (Abg. Dr. Khol: Was ist das für eine Berichtigung? – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein Debattenbeitrag!) Denn neu ist, dass das für Frauen und Männer erst ab 57 Jahren zu gelten hat. (Abg. Dr. Khol: Sie berichtigen ja nichts!) Das bedeutet für Frauen zwei Jahre. (Beifall bei der SPÖ.)

13.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Fernsehen weg – Gusenbauer weg! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr richtig! Ich freue mich schon auf die Abstimmung!)

13.06

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Vorbemerkung zur Rede des Kollegen Nürnberger. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn sich Herr Kollege Nürnberger bei Gelegenheit einmal das Sozialstatistische Taschenbuch, noch von der ehemaligen Frau Sozialministerin Hostasch herausgegeben, in Ruhe ein bisschen durchschaut, darin wird er nämlich finden, dass


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die im Durchschnitt niedrigsten Pensionen in Österreich die Bauern bekommen. Wahrscheinlich sind das die großen Geschenke an die Bauern. Persönlich würde ich mich als Gewerkschaftsfunktionär für solche Aussagen schämen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Das verstehst du nicht!)

Meine Damen und Herren! Österreich hat durchaus eines der besten Pensionssysteme der Welt. (Abg. Verzetnitsch: Bisher!) Es ist allerdings notwendig, zur rechten Zeit die notwendigen Reformen und Veränderungsschritte einzuleiten. Auch hier gilt es, wie in jedem Unternehmen, zur rechten Zeit die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Und gibt es keine oder nur halbherzige Reformen, so wird über kurz oder lang eine massive Pensionskürzung notwendig sein.

Faktum ist, die Menschen werden immer älter, und sie gehen früher in Pension. Wer zwei und zwei zusammenzählen kann, dem drängt sich die Frage auf, wie das langfristig eigentlich noch finanzierbar sein soll. (Abg. Schwemlein: Da müssen die Bauern mehr Pensionsbeitrag zahlen!) Aber offensichtlich hatte die SPÖ gewisse Probleme beim Rechnen, denn bisher hat sie sich dieser einfachen Problematik verschlossen.

Meine Damen und Herren! Hier geht es nicht um die Parteikasse der Sozialdemokraten mit 350 Millionen Defizit – damit beweisen Sie ja, wie Sie rechnen können –, hier geht es um die Solidarität mit der jungen Generation. Es geht um die Solidarität mit den 20- bis 30-Jährigen (Abg. Reitsamer: Sie werden doch nicht sagen wollen, dass Sie solidarisch sind?!), um die Solidarität mit jenen, die noch jahrzehntelang im Erwerbsleben stehen und damit eigentlich den Generationenvertrag langfristig absichern.

Wer in diesem Zusammenhang in billiger Polemik von Geldbeschaffungsaktion, Geschenken an Unternehmer und Bauern oder über scheinbare Grausamkeiten der Regierung philosophiert wie der SPÖ-Pensionistenchef Blecha, der weiß anscheinend nicht, was er hier sagt, oder sollte einmal gut nachdenken, was er sagt, denn die wirklichen Grausamkeiten sind in der Kreisky-Ära passiert. Wir zahlen heute noch an den Schulden der Kreisky-Ära, und wer, so wie Blecha, in dieser Ära aktiv mitgewirkt hat, sollte eigentlich nachdenken, ob er nicht freiwillig auf seine Pension, soweit sie über der Mindestpension liegt, verzichten und in einen Solidaritätsfonds einzahlen sollte, denn das wäre echte Solidarität mit der Jugend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Da muss genau so einer wie du kommen, um uns zu sagen, was Solidarität ist!)

Meine Damen und Herren! Ich frage mich, wie die SPÖ tatsächlich begründen will, dass die Gewerkschafter der Eisenbahner gegen die Anhebung des Frühpensionsalters von 53 auf 54,5 Jahre stimmen und dafür streiken wollen. Glauben Sie wirklich, dass ein Bundesbahnbediensteter in einem Büro, vielleicht in Wien, so viel schwerer arbeitet als jemand anderer und daher um so viele Jahre früher in Pension gehen soll? (Abg. Dietachmayr: Er hat keine Ahnung!) Eigentlich müssten sich die jungen Eisenbahner, die bereits im ASVG versichert sind, gegen die Privilegien ihrer Kollegen wehren. So schaut es aus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ ist beim Thema Pensionen genauso weit weg von der Meinung der Bevölkerung wie in anderen Bereichen. (Beifall bei der ÖVP.) Nehmen wir nur das Beispiel der ungerechtfertigten EU-Sanktionen gegen Österreich her. (Abg. Schwemlein: Nimm einmal die Bauern als Beispiel!) Die SPÖ hat sich bis heute nicht von diesen Sanktionen distanziert. Im Gegenteil! Sie hat sie immer wieder begründet und Verständnis dafür gezeigt. Und wenn diese Sanktionen nicht aufgehoben werden und es zur Volksbefragung kommt, dann muss klar gesagt werden: Demokratie kostet etwas! Und in das Stammbuch der Opposition sei geschrieben: Der Einsatz der Exekutive bei den Demonstrationen gegen eine demokratisch legitimierte Regierung hat wesentlich mehr gekostet, als eine Volksbefragung kosten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Hören Sie sich endlich einmal um bei den jungen Leuten! Man braucht keine offiziellen Meinungsumfragen, um zu wissen, was hier gedacht wird. Die Österreicher sind in der Frage des Generationenvertrages hoch sensibilisiert, und sie sind


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32. Sitzung / Seite 87

sich dieser Verantwortung bewusst, und wir als Politiker hier in diesem Haus haben die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Faktum ist, die Lebenserwartung steigt, und gleichzeitig sinkt die Zahl der Geburten. Das heißt – denken wir einige Jahrzehnte nach vorne! –, der Anteil der über 60-Jährigen wird sich von einem Sechstel auf ein Drittel der Bevölkerung erhöhen. Gleichzeitig wird der Anteil der Jugendlichen von einem Drittel auf ein Sechstel schrumpfen. Das heißt, ab dem Jahr 2010 wir die Anzahl der Erwerbstätigen drastisch zurückgehen.

Stichwort Erwerbstätige: Dazu einige Zahlen. Meine Damen und Herren, bei den 55- bis 59-Jährigen sind in Österreich – Erwerbsquote – von 1 000 Personen 431 beschäftigt, in Dänemark zum Beispiel sind es 702 oder in der Schweiz 804. Bei den 60- bis 64-Jährigen sind in Österreich von 1 000 Personen nur noch 108 in der Erwerbsquote, in der Schweiz in etwa das Fünffache, nämlich 549.

Um das gesetzliche Pensionseintrittsalter geht es nicht. Das war immer bei 65 beziehungsweise bei 60 Jahren. (Abg. Schwemlein: Nimm das Beispiel Amerika!) Faktum ist: Wir gehen derzeit mit rund 57 Jahren in Pension; 1970 waren es gut 61 Jahre.

Noch einige Zahlen zum Vergleich: Was hat sich zwischen 1970 und 1995 verändert? Die durchschnittliche Ausbildungszeit – das heißt, ab wann wurde in das System einbezahlt – betrug 1970 17 Jahre, 1995 20 Jahre. Die durchschnittliche Lebensarbeitszeit war 1970 44 Jahre, 1995 weniger als 38 Jahre. Und 1970 konnte man mit einer durchschnittlichen Pensionsbezugsdauer von 8,8 Jahren rechnen, 1995 mit einer solchen von 18,7 Jahren.

Diese Zahlen sollten eigentlich genug sagen. Wer verantwortungsbewusst und im Sinne der Generationen handelt, der stimmt dieser Pensionsreform zu, und wir als Regierungspartei sind uns dieser Verantwortung bewusst. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich darf zum Abschluss noch einen Abänderungsantrag einbringen. Dieser lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein, Prinz und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 263 der Beilagen (Änderung des Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetzes)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

"2a. Nach § 6a (neu) wird folgender § 6b eingefügt:

‚§ 6b. Entsteht ein Leistungsanspruch ausschließlich unter Zusammenrechnung der Versicherungszeiten in Anwendung eines Abkommens, so ist die Wartezeit für die Inanspruchnahme der erhöhten Alterspension frühestens mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens erfüllt.‘"

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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32. Sitzung / Seite 88

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Helmut Dietachmayr gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

13.13

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Prinz hat in seinen Ausführungen zitiert, dass in der Kreisky-Zeit Verbrechen geschehen seien (Abg. Prinz: "Verbrechen" habe ich nicht gesagt! Ich habe nie "Verbrechen" gesagt!), dass Schulden gemacht wurden, an denen wir heute noch zahlen.

Ich darf ihn berichtigen, dass in der Zeit von 1970 bis zum Jahr 2000 528 Milliarden Schilling für die Bauernpensionsversicherung, für die Bauernkrankenversicherung und für die Pensionsversicherung der Gewerbetreibenden aufgewendet wurden. Und wir sehen das als Sicherstellung der Existenzgrundlage dieser Personengruppe an, Herr Bauernvertreter. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzböck: Schämen Sie sich, Herr Dietachmayr! Das ist eine Fälschung und keine tatsächliche Berichtigung, was Sie da gemacht haben! Eine Fälschung, keine Berichtigung!)

13.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

13.14

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Hohes Haus! In einem der Redebeiträge wurde gefragt – ich denke, es war Abgeordnete Zierler –, wo das Mitgefühl dieses Hauses für die Frauen sei, die eine Mehrfachbelastung zu tragen hätten. Meine Antwort darauf: Die Frauen, die in der Tat eine überproportionale Last zu tragen haben in diesem Land, die wollen kein Mitgefühl, sondern sie wollen endlich, endlich, endlich Gerechtigkeit! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Pittermann. )

Meine Damen und Herren! Es ist auch gesagt worden – ich denke, es war Minister Barten-
stein –, dass die Anhebung des Frühpensionsalters um 18 Monate eine relativ moderate Maßnahme sei. Ich gebe zu bedenken – und das wissen Sie auch, denn Sie haben ja die Berechnungen –: Sie wirkt nicht gleichermaßen auf Männer und Frauen in diesem Land. Auf Grund der Tatsache, die wir alle kennen, dass es Frauen schwieriger haben, eine fortgesetzte Berufstätigkeit auszuüben, das heißt, eine ununterbrochene Beitragszeit aufzuweisen, werden nach den internen Berechnungen, die Ihnen vorliegen und die auch der Frau Sozialministerin vorliegen, durch diese jetzt sehr einseitig bei den pensionsnahen Personen greifenden Maßnahmen die Männer im Durchschnitt mit etwa 1,5 Prozent ge- und betroffen, die Frauen – inklusive Kinderanrechnungszeiten! – mit 4 Prozent, also nahezu dreimal so stark.

Das heißt, die Berücksichtigung der Zukunftsangelegenheiten, wie Sie das immer nennen, und der Gerechtigkeit mit der jüngeren Generation, die wir alle wollen, die realisieren Sie nahezu ausschließlich und allein auf dem Rücken der Frauen. Und das ist scharf zurückzuweisen! (Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Einem. )

Das, was die Frauen wollen, sind gleiche Chancen im Beruf, ein echtes Wahlrecht und eine Bedachtnahme auf die verschiedenen Phasen in einem Frauenleben, ob Versorgungspflichten, Betreuungspflichten da sind oder nicht. Und Sie wissen es, Herr Bundesminister, denn es gibt Studien, die etwa im Auftrag des WIFI erstellt worden sind: Eine überwältigende Mehrheit der Frauen will Erwerbsarbeit und Familie kombinieren und auch verschiedene Zeitmodelle realisieren. 75 Prozent der Frauen sind es, die das wollen. Tatsächlich können aber nur 60 Prozent im Erwerbsleben stehen.

Und wo die Hindernisse liegen, das wissen Sie auch. Dazu gibt es sehr, sehr gute, sehr repräsentative Studien. Die Voraussetzungen sind nicht gegeben im Bereich der Kinderbetreuung, und die Voraussetzungen sind nicht gegeben im Bereich der Mobilität des öffentlichen Verkehrs.


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Die Antwort dieser Bundesregierung an die heute schon krass diskriminierten Frauen, die kein Mitgefühl, sondern Gerechtigkeit brauchen, ist bemerkenswert: Streichung der so genannten Kindergartenmilliarde, die ohnehin nur aus 600 Millionen Schilling bestand, und Einstellung weiterer Nebenbahnen. Toll!, muss ich sagen. Eine tolle Antwort! (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, diese Reform geht einmal mehr zu Lasten der Frauen in Österreich, sie verstärkt die Ungleichgewichte, und dazu kommt, dass die Verabschiedung des Staates vom staatlichen Pensionssystem und eine stärkere Bezugnahme auf Pensionskassenregelungen die Ungerechtigkeit verstärken werden. Denn dort kommen noch finanzmathematische Tabellen, Sterbetafeln dazu, die einmal mehr zu Lasten der Frauen wirken. – Das ist blanke und reine Diskriminierung, und diese Regierung nimmt das sehr bewusst in Kauf. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, den mein Kollege Karl Öllinger schon angesprochen hat, nämlich zur Frage der PolitikerInnenpensionen im Vergleich auch mit dem öffentlichen Dienst, der ja auch hier zur Diskussion steht. Vor kurzem noch war in FPÖ-Programmen zu lesen – und ich zitiere wörtlich –: "Es ist sozial nicht zu rechtfertigen, dass einige wenige Mehrfachpensionen aus öffentlichen Kassen in exorbitanter Höhe beziehen, während gleichzeitig die überwiegende Mehrheit der Pensionsbezieher von der Mindestpension leben soll."

Was tun Sie gestern Abend im Verfassungsausschuss? – Eine glorreiche Antwort! Sie machen genau das, was beklagt worden ist: dass nämlich sogar Zeiten, und zwar nur bei der Berufsgruppe der Politikerinnen und Politiker, unter Umständen doppelt zählen, und zwar für jene, die in die Altregelung gefallen sind. Sie verstärken die Verweisungen auf die Regelungen über die Anrechnung von Vordienstzeiten. – Na bravo! Damit werden die bestehenden Privilegien einzementiert, damit wird die Ungerechtigkeit jetzt bei einem Standardpensionsalter von 56,5 Jahren einzementiert.

Da brauchen Sie nicht von den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern zu reden – die brauchen zumindest 35 Jahre –, denn diese Regelung für die Politiker, noch vor wenigen Monaten von der FPÖ in der Luft zerrissen, ist von Ihnen gestern, ohne dass auch nur irgendein Mitglied der österreichischen Bundesregierung anwesend gewesen wäre, einzementiert worden. – Meine Damen und Herren, meine Gratulation zu dieser Ungerechtigkeit! (Beifall bei den Grünen.)

Ein allerletzter Punkt: Die einzige Instanz, die dazu berufen wäre, zumindest ex post die Verfassungskonformität oder Verfassungswidrigkeit dieser Regelung festzustellen, ist zumindest bislang – bis vor wenigen Minuten war noch kein angekündigter Antrag der Regierung tatsächlich eingelangt – einzementiert worden. Beim Verfassungsgerichtshof war es so, dass dieser zwar nicht schriftlich Stellung genommen hat, aber man hat im Ausschuss gehört, der Präsident des Verfassungsgerichtshofes habe telefoniert und zumindest zunächst einmal eine Sonderregelung erwirkt.

Daher bringe ich zur Sicherheit – wir warten ja noch auf einen entsprechenden Antrag der Regierung – einen Abänderungsantrag der Grünen ein, der folgendermaßen lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petrovic und FreundInnen zur Regierungsvorlage (175 der Beilagen) in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses (259 der Beilagen) betreffend Pensionsreformgesetz 2000

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird geändert wie folgt:

In Art. 10 Z 4 entfällt die Wortfolge "mit Ausnahme des § 15 c des Pensionsgesetzes 1965".

*****


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Das heißt, hier würden die Regelungen, die jetzt im öffentlichen Dienst für die Hinterbliebenen eingeführt worden sind, auch für die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter eingeführt. Ich denke, Sie sollten ein Interesse daran haben, dass nicht der Anschein entsteht, man hätte die Verfassungsrichterinnen und -richter vielleicht im Vorfeld vor einer allfälligen Überprüfung damit günstig stimmen wollen. Das wäre eine fatale Optik für den Rechtsstaat Österreich. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Pittermann. )

Ich erlaube mir, einen allerletzten Punkt anzumerken. Der Herr Bundeskanzler kann dies leider nicht mehr hören, aber natürlich ist es auch so, dass insgesamt im öffentlichen Dienst die Neuregelung der Hinterbliebenenvorsorge eine klare Privilegierung jener Haushalte darstellt, die einen überdrüber mit Überstunden beschäftigten Mann als Haushaltsvorstand haben. Denn in diesen Haushalten, in denen die Frau gar nicht in die Situation kommen kann, eine vollwertige Erwerbstätigkeit überhaupt anzustreben, da ist klar: die volle Hinterbliebenenvorsorge bleibt erhalten.

Ich würde gerne die Frage stellen – es ist zumindest noch ein männliches Regierungsmitglied anwesend –: Wie viele Männer in der Regierung betrifft denn das, die für ihre Hinterbliebenen 100 Prozent, und zwar – sagen wir das in Zahlen – 130 000 S, sichergestellt haben? In all jenen Fällen, wo Frauen selbst in der Politik sind und in der Regel auch einen berufstätigen Ehegatten haben, dort werden sich jetzt die Kürzungsbestimmungen voll auswirken. Das heißt, was Sie gemacht haben, ist ein Superprivileg der überdrüber und ach so sehr angestrengten Männer in der Regierung.

Insgesamt kann ich nur sagen: Eine "tolle" Ausgewogenheit haben Sie wieder einmal hergestellt! Ich hoffe, die österreichischen Frauen werden das auch bei den nächsten anstehenden Entscheidungen entsprechend gewichten und bewerten können. (Beifall bei den Grünen.)

13.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte.

13.24

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Wenn heute Gewerkschaftsfunktionäre der sozialdemokratischen Fraktion zum Rednerpult schreiten, und das sind wenige – es fällt auf, dass sich Präsident Verzetnitsch in der Frage der Pensionsreform nicht zu Wort meldet –, so ist das blanker Zynismus. Für das, was Sie in den vergangenen Jahren geschaffen haben, nämlich ein Paradies für Frühpensionisten in der Verstaatlichten, in der OMV, im Verbund, bei Post und Bahn, wo nach wie vor Frauen mit 50, Männer mit 55 Jahren in den Vorruhestand treten, für dieses von Ihnen geschaffene Paradies müssen alle anderen österreichischen Arbeitnehmer die Zeche zahlen. (Abg. Silhavy: Das ist ungeheuerlich!) Für das von Ihnen geschaffene Paradies müssen alle Arbeitnehmer die Zeche zahlen. (Abg. Silhavy: Reden Sie einmal mit den Leuten! Das ist blanker Zynismus, was Sie hier sagen!)

Die soziale Kälte, die Sie gegenüber jenen haben, die nicht in diesen geschützten Bereichen tätig sind, ist schon widerlich. (Abg. Silhavy: Sie reden von "sozialer Kälte"! Schämen Sie sich! Blanker Zynismus ist das!) Ich sage Ihnen das ganz deutlich. Es ist widerlich, wie Sie mit jenen Menschen umgehen, die jahrelang für diese Republik und für ihr Leben gearbeitet haben, wie Sie die links liegen gelassen haben!

Lesen Sie die jüngsten Berichte der Armutskonferenz! Das war Ihr Wirken. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr Wirken in den letzten Jahren war das Schaffen von Privilegien für Günstlinge innerhalb des ÖGB, die ohne Genierer zwei Jahresgehälter an Abfertigung kassieren, die Arbeiterkammer-Präsidenten, die nach zehn Jahren eine Pensionsberechtigung haben, genauso wie die Sozialversicherungsfunktionäre nach zehn Jahren. Da, Frau Kollegin Silhavy, hätten Sie ein breites Betätigungsfeld, um einmal Gerechtigkeit herbeizuführen. (Abg. Silhavy: Sozialabbau hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun!) Aber diese Privilegien haben Sie immer wieder mit


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Ihrem kräftigen Mittun einzementiert. (Abg.
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Silhavy:
Sie nehmen den Kleinen und geben den Unternehmen und den Großbauern!)

Das, was die Grünen derzeit in Österreich aufführen, ist hochinteressant. Sie bringen eine Dringliche Anfrage zur Atomenergie ein. Erkundigen Sie sich bei Ihren deutschen Freunden! 37 Jahre Ausstiegsszenario. Großartig!

Das Zweite ist, Sie meinen, in Österreich würde sich die ÖVP/FPÖ-Koalition aus der staatlichen Verantwortung der Pensionen verabschieden, nur weil der Zuwachs in drei Jahren um 15 Milliarden Schilling eingedämmt werden soll. (Abg. Silhavy: 19! 19 Milliarden sind es! Aber ein paar Milliarden macht ja nichts! Ein paar Milliarden bei den Arbeitnehmern macht gar nichts!) Erkundigen Sie sich ebenfalls bei Ihren deutschen Freunden! Es ist nämlich hochinteressant, wenn man weiß, dass es ein Koalitionspapier vom 30. Mai 2000 gibt, in dem steht, die Rentenstrukturreform sei notwendig. Eine Brücke zwischen den Generationen sei zu schlagen, und – man höre und staune! – eine rot-grüne Regierung setzt in Deutschland die kapitalgedeckte Alterssicherung durch. Na großartig! Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass das, was Sie mit Vehemenz bekämpfen, nunmehr in Deutschland unter Mitwirkung Ihrer deutschen Brüder passiert. (Abg. Silhavy: Wir haben auch nicht zur Kenntnis genommen, was in Amerika läuft, weil wir das nicht wollen!)

Sie haben soziale Ungerechtigkeiten über Jahrzehnte zugelassen, soziale Ungerechtigkeiten in der Form, dass Eisenbahner mit 53 Jahren in Pension gehen, dass das durchschnittliche Pensionsalter im Magistrat Wien 53 Jahre beträgt. (Abg. Silhavy: Reden Sie nicht wider besseres Wissen!) Das sind doch Ungerechtigkeiten.

Geben Sie es doch endlich einmal zu, dass Sie in der Frage der Pensionsvorsorge versagt haben, denn alles, was Sie derzeit tun, ist das Einzementieren der Privilegien für einige wenige Funktionäre, und dabei vergessen Sie die Verantwortung, die wir für die Zukunft haben.

Natürlich kann man nicht jede Maßnahme gleich umsetzen. Nicht jede Maßnahme ist gleich umsetzbar, aber die ersten Schritte sind getan worden, so zum Beispiel bei der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Jahrelang haben Sie außer Reden nichts zusammengebracht. Wir haben den ersten Schritt gesetzt. Auch in der Frage der Pensionssicherung ist das eben notwendig, und zwar gerade nach einem Budgetdesaster der SPÖ, wie Sie es schon mehrfach bewiesen haben.

Sie beweisen immer wieder, wie Sie mit Geldmitteln umgehen: "Konsum", eigene Partei, Staatsfinanzen dank Edlinger und die Bank Burgenland als jüngstes Beispiel. Das ist Ihr Umgang mit den Finanzen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein kleines Detail am Rande: Da gibt es einen Klubobmann, und da gibt es einen geschäftsführenden Klubobmann. Damit der geschäftsführende Klubobmann Gusenbauer nicht beleidigt ist, zahlt man ihm aus der maroden Parteikasse ein Salär von 70 000 S monatlich. So! Jetzt würde mich aber interessieren: Ist diese Zusage und diese Überweisung auch mit einem Pensionsanspruch verbunden, oder wird der Herr Gusenbauer dann in Form eines Hilflosenzuschusses dieses Geld weiter überwiesen bekommen? – Ihre Form der Geldgebarung ist mir wirklich fremd, denn das, was Sie zu Lasten der österreichischen Arbeitnehmer in den letzten Jahren aufgeführt haben, ist unerträglich. Ihre Form ist unerträglich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Jetzt sind Ihnen die Argumente ausgegangen!)

Der letzte verzweifelte Versuch war eine Inseratenkampagne am heutigen Tage. (Der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe.) In allen Gazetten in Österreich fordern Sie die 104 Abgeordneten, namentlich angeführt, auf, heute die Interessen der ArbeitnehmerInnen zu vertreten. "Rufen Sie an!" (Abg. Silhavy: Ja, was ist daran schlecht, Herr Gaugg!?)

Wir haben eine Fülle von Anrufen erhalten. Und jetzt werde ich Ihnen etwas sagen, neue Frau Sozialsprecherin Silhavy: Zwei Drittel dieser Anrufer haben sich empört über die Vorgangsweise des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, der nämlich 30 Jahre lang geschlafen hat, als es tatsächlich Verschlechterungen für die österreichischen Arbeitnehmer gegeben hat. (Abg. Silhavy: Herr Gaugg, soll ich Ihnen die Telefonnummer vom ÖGB sagen, oder kennen Sie sie? Kennen Sie überhaupt die Telefonnummer vom ÖGB?) 1996: ein Belastungspaket, 1997: ein Belastungspaket – da war das große Schweigen der Lämmer. Keiner der Spitzenfunktionäre des ÖGB hat sich jemals öffentlich dazu geäußert.

Ich darf Ihnen noch etwas sagen, weil Sie sich so empören über die 18 Monate Erhöhung: Sie wollten das Antrittsalter um zwei Jahre erhöhen, das war schon vereinbart! Zwei Jahre länger hätten die Menschen in dieser Republik arbeiten sollen!

Ein Beispiel von der rot-grünen Koalition in Deutschland. Wissen Sie, was die machen? Die heben das Antrittsalter bei der Altersrente von 60 auf 63 Jahre an. Aber wissen Sie auch, für wen? – Für Schwerbehinderte! Das ist Ihre rot-grüne Koalition in Deutschland! Gott bewahre uns vor einer rot-grünen Koalition in Österreich und vor solchen Maßnahmen!

Die Maßnahmen, die wir setzen, sind erstens sozial verträglich, und zweitens sichern sie die Zukunft der Jugend. (Abg. Silhavy: Sie lassen die Jugend auch im Stich!) Geben Sie doch endlich einmal der Jugend eine Chance! Sie nagen sich am Herrn Blecha fest, der heute mit 180 000 S monatlicher Pension durch die Lande zieht, der zurücktreten musste wegen eines Skandals, für den andere im Häfen sitzen, und dafür treten Sie ein! Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Treten Sie endlich dafür ein, dass die Arbeitnehmer gerechte Bedingungen vorfinden! Ich wiederhole: gerechte Bedingungen! (Heiterkeit der Abg. Dr. Mertel .)

Weil sich Frau Mertel so königlich amüsiert in der Reihe hinter Ihnen: Fragen Sie sie einmal, Frau Kollegin Silhavy, warum der Österreichische Gewerkschaftsbund – der ach so mächtige und angeblich so große Österreichische Gewerkschaftsbund – die Bedingungen, die ein Arbeitnehmer in Österreich vorfindet, nicht längst an jene angeglichen hat, die die Mitarbeiter des ÖGB haben! Warum haben Sie nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen? Sie hatten 30 Jahre lang Zeit dafür! 30 Jahre lang hatten Sie Zeit dafür, endlich einmal soziale Gerechtigkeit in unserer Republik gelten zu lassen! Sie haben immer nur auf die geschützten Bereiche geschaut: auf die verstaatlichten und halbverstaatlichten Unternehmen. Die Privaten waren Ihnen egal. Wir werden Ihnen in den nächsten Jahren zeigen, wie Sozialpolitik ausschauen kann, nämlich eine gerechte Sozialpolitik.

Liebe Frau Silhavy! Es muss nicht jede Maßnahme bis ins letzte Detail von jedem Einzelnen mitgetragen werden. (Abg. Silhavy: Welche Maßnahme tragen Sie mit?) Aber entscheidend ist die Zukunftsansage, entscheidend ist, dass Maßnahmen gesetzt werden, die mittelfristig und langfristig nicht nur die Pensionen sichern, sondern der Jugend auch eine Arbeitschance geben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Das können Sie jetzt unter Beweis stellen!)

13.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

13.32

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen, mein Herr auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss Herrn Kollegen Gaugg irgendwie Bewunderung zollen. Wenn ich ihn bei den letzten Sitzungen des Sozialausschusses beobachtet habe, dann konnte ich feststellen, er hat förmlich körperlich gelitten. Aber jetzt ist es ihm gelungen, den Spagat zu schaffen, nämlich so zu reden, dass er auf der einen Seite beim Bärentaler nicht in Ungnade fällt und auf der anderen Seite dieser Regierung nicht wehtut. So hat er sich eben mit anderen Dingen – vorwiegend mit der Regierung in Deutschland – auseinander gesetzt. (Abg. Dr. Mertel: Mogadischu!)  – Das ist Ihnen gelungen, Herr Kollege Gaugg, aber ich glaube, die Menschen können sich ein Bild davon machen, wie schwierig der Spagat für Sie war, und ich brauche dem nichts hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren! Der heutige Tag wird in die Geschichte eingehen: als Tag eines gravierenden Sozialabbaus, ja einer Sozialdemontage. Niemand stellt die Notwendigkeit des Sparens ins Frage, aber Sie nehmen es locker, 300 Millionen Schilling für eine Volksbefragung zum Fenster hinauszuwerfen. Und die Volkspartei kapiert nicht einmal, wie sehr sie manipuliert wird. Sie sparen ja auch anderweitig nicht, sondern betreiben nur eine Umverteilung von unten


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nach oben. Aber Sie können sicher sein, die jungen Menschen werden Ihnen nicht darauf hereinfallen, dass man mit Ihren Maßnahmen die Pensionen in der Zukunft sichern kann. Das, was Sie vorhaben, ist eine reine Geldbeschaffungsmaßnahme.

Verwenden Sie bitte nicht immer den Bundesbeitrag als Ausrede für die Budgetprobleme! Dieser Beitrag sollte keinen Subventionscharakter haben, er soll ein fixer Bestandteil des Staatshaushaltes sein, meine Damen und Herren! Vergleichen wir einmal: Der Bundesbeitrag zu den Pensionen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, betrug 1987 3 Prozent und lag 1999 bei 2,3 Prozent. Als Beiträge zu den Pensionen war ursprünglich vereinbart: ein Drittel Arbeitnehmer, ein Drittel Arbeitgeber, ein Drittel Bund. Wir sind von diesem Drittel sehr weit entfernt. Derzeit ist es ein Achtel im ASVG, und wenn ich BSVG und GSVG dazurechne, dann ist es ein Viertel.

Warum setzen Sie nicht auf eine kostengerechte Finanzierung der Ersatzzeiten? Das ist Ihnen nicht einmal ein Wort wert! (Beifall bei der SPÖ.) Sie schöpfen den Familienlastenausgleichsfonds und die Arbeitslosenversicherung ab. Aber das geht nur in den Jahren 2000 und 2001 in Richtung Pensionstopf. Denn ab 2002 haben Sie ja Wichtigeres zu tun, da ist es nämlich höchst an der Zeit, dass Sie Ihre Wahlversprechen finanzieren, denn es kommen ja die nächsten Wahlen heran. Wenn Sie sich nur nicht verrechnen! Denn eines muss Ihnen klar sein: Diese Scheinehe hält genau so lange, wie der Bärentaler seinen Segen dazu gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben keine anderen Ideen als: Pensionsalter hinaufsetzen und höhere Abschläge. Sie vergessen, dass 50 Prozent der Menschen auf Grund von Arbeitslosigkeit oder Krankenstand in diese Pensionsform gehen. Sie verlängern damit die Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Notstandshilfe – mit großen Einbußen für die Betroffenen. Aber so sozial sind Sie noch, dass Sie bei Wegfall der Notstandshilfe wegen des höheren Partnereinkommens wenigstens diese Notstandszeiten als Ersatzzeiten anrechnen. – "Großartig", muss ich sagen. Aber neben großen Einbußen für die Betroffenen verlagern Sie Kosten in Richtung Arbeitslosenversicherung, in Richtung Krankengeld und in Richtung Sozialhilfe.

Man möge sich in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des Landes Kärnten, gezeichnet von Dr. Haider, auf der Zunge zergehen lassen! Er weist darauf hin – ich erwähne das, weil Sie immer behaupten, in bestehende Pensionen werde nicht eingegriffen; hier werden Ängste artikuliert –, es könnte bei der Finanzierung von Seniorenheimen Probleme geben, weil die Pensionisten weniger Eigenbeiträge leisten können und daher die öffentliche Hand zuschießen müsste. – Also, der Herr Dr. Haider hat es begriffen, dass in bestehende Pensionen sehr wohl eingegriffen wird, nur Sie leugnen das.

Aber ich möchte noch auf jene Menschen zurückkommen, die das Glück haben, auch in der Verlängerung ihrer Arbeitszeit über einen Arbeitsplatz zu verfügen. Es ist dadurch natürlich schon so, dass jene Jungen, die bereits eine Zusage auf diesen Arbeitsplatz hatten, diesen jetzt plötzlich nicht bekommen werden. In diesem Zusammenhang ist es auch sehr bezeichnend, dass Sie gleichzeitig das Auffangnetz für Lehrlinge, das wir noch gemeinsam mit der ÖVP geschaffen haben – damals war ja auch Herr Kollege Feurstein ein Verfechter dieser Maßnahmen –, einfach demontieren. Stiftungen und Lehrgänge schaffen Sie ab. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist nicht wahr!) Über die Vorlehre möchte ich mich jetzt nicht weiter äußern.

Kümmern Sie sich doch bitte bei den Pensionen um den Eigenfinanzierungsgrad! Das ist eine soziale Schieflage, das kann nicht gerecht sein, wenn für 1,6 Millionen Unselbständige der Bundesbeitrag bei 37 Milliarden Schilling liegt, aber für 340 000 Selbständige und Bauern immerhin 25,3 Milliarden Schilling ausmacht. Wie die einzelnen Finanzierungsschienen aussehen, wurde schon gesagt. Ich muss mit meiner Redezeit etwas sorgfältig umgehen.

Aber eines sage ich Ihnen noch: Im ASVG wird drübergefahren, aber bei den Bauern und bei den Selbständigen verlangt man Ausgewogenheit in der Finanzierung. Und die Gesetze in sich haben nur zur Folge – darauf hat Kollege Nürnberger schon hingewiesen –, dass alle Maßnahmen im Pensionsbereich auf anderer Seite wieder finanziell abgefedert werden. Und


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statt je einer Milliarde, wie es notwendig wäre, sprechen Sie von 250 Millionen. Das war eigentlich schon die Beschlusslage von 1997, dass bei Bauern und Selbständigen je 250 Millionen per anno fließen sollten.

Herr Dr. Gleitsmann, der Experte im Sozialausschuss, hat beklagt, dass 315 Millionen Schilling im Bereich des Gewerbes geflossen sind. Damit rechtfertigt er die Rahmenfristerstreckung in der Arbeitslosenversicherung für inzwischen selbständig Gewordene. Diese können, wann immer sie in die unselbständige Tätigkeit zurückwollen, aber keine Arbeit bekommen, das Arbeitslosengeld lukrieren, wenn sie seinerzeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. – Toll! Das ist auch typisch: Sie lassen sich alles abkaufen!

Ich weiß schon, dass Herr Minister Bartenstein das nicht gerne hört. Er ist zwar jetzt nicht hier, aber Sie werden es ihm sagen. Er hat wörtlich zu Frau Ministerin Sickl im Sozialausschuss gesagt: Es zipft ihn an, wenn wir immer mit den Bauern und Selbständigen daherkommen. – Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! – Ich meine, bei einer solchen Umverteilung muss es legitim sein, auf die Regelung bei den Bauern und den Selbständigen hinzuweisen.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie nicht, dass der Wirtschaftsaufschwung eigentlich für alle da sein sollte? Wir könnten auch bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit etwas dafür tun, dass unser Pensionssystem besser dasteht. Und dieses stünde wesentlich besser da, wenn es nicht jenes Ausmaß an illegaler Beschäftigung gäbe, das es derzeit gibt. Aber da war der Maximalkompromiss, zu dem Sie bereit waren, einen Unterausschuss einzurichten, ganz nach dem Motto: Hinauszögern, so lange es geht!

Aber Sie doppeln ja die Grauslichkeiten, die Sie im Koalitionsübereinkommen festgeschrieben haben, sogar noch auf! Da heißt es zum Beispiel, wer 40 beziehungsweise 45 Beitragsjahre hat, kann nach wie vor mit 55 oder 60 Jahren in Pension gehen. – Nicht nur, dass das schwer zu schaffen ist, dass zum Beispiel die Dauer des Wochengeldbezuges nach wie vor eine Ersatzzeit ist, befristen Sie das auch! Dies gilt nämlich nur für jene Männer, die vor dem 1. Oktober 1945 geboren wurden, und für jene Frauen, die vor dem 1. Oktober 1950 geboren wurden. – So viel zu Ihrer "sozialen Ausgewogenheit".

Sie sagen auch, in bestehende Pensionen wird nicht eingegriffen. Aber bitte – ich habe heute bei tatsächlichen Berichtigungen schon darauf hingewiesen –, was ist denn eine Steigerung um 0,8 Prozent Pensionssicherungsbeitrag anderes?

Meine Damen und Herren! Auch wenn man sich die Pensionsanpassung ansieht, stellt man fest, auch das ist ein massiver Eingriff. Sie machen keine Wertsicherung, sondern eine Nettoanpassung. Der Durchschnitt der unterjährigen Inflationsrate wird herangezogen, und zwar vom August des Vorjahres bis zum Juli des laufenden Jahres. Ich habe mir die Erläuterungen zum Finanziellen sehr genau angesehen, meine Damen und Herren, und bin zu folgendem Schluss gekommen: Wenn Sie in bestehende Pensionen nicht eingreifen würden und wenn Sie die Pensionen so anheben würden, wie es in der Vergangenheit Usus war, dann könnte es nicht sein, dass Sie sich im Jahr 2002 allein aus diesem Titel 930 Millionen, im Jahr 2003 2,270 Milliarden und im Jahr 2004 670 Millionen an Einsparungen erwarten. Das wäre nicht möglich.

Aber Sie sind ja für das Drei-Säulen-System. Für Ärmere – und Sie schaffen sehr viele Ärmere, indem Sie sie in ihren Rechten massiv beschneiden – wird das jedoch nicht leistbar sein.

Das, was Sie heute hier beschließen, sind plötzliche und schwerwiegende Eingriffe in die Lebensplanung der Menschen.

Die Berufsgruppe der Fluglotsen und Piloten hat sich mit einem Brief an uns – ich denke, an alle Abgeordneten – gewandt. Diese Menschen haben darauf hingewiesen, dass sie nicht länger als bis zum 60. Lebensjahr eine Lizenz bekommen. Die Antwort des Herrn Kollegen Tancsits muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Er hat ihnen zurückgeschrieben, so ungefähr: Dann müsst ihr eben umsatteln! Auch ein Schauspieler, der älter wird, kann nicht ewig den


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jugendlichen Liebhaber spielen. – Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen! Das ist Zynismus pur! (Abg. Dr. Mertel: Er lacht! Er ist noch stolz darauf!)

Heute wurde ein Rechtsgutachten von Herrn Professor Öhlinger präsentiert. Darin heißt es – ich zitiere wörtlich –: "Im Lichte der vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Kriterien des Vertrauensschutzes sowie der Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Eigentumseingriffe erscheint daher der Schluss konsequent, dass der Beginn des schrittweisen Inkrafttretens dieser Regelung am 1.10.2000 verfassungswidrig ist." – Zitatende. Ich weise auch auf die diesbezügliche Stellungnahme des Rechnungshofes hin, die ich aus Zeitgründen nicht mehr zitieren kann.

Es ist mir heute auch eine interessante Rede in die Hände gefallen, und ich lasse Sie raten, von wem sie ist. Darin heißt es – ich zitiere –: Zum Vertrauensschutz gehört, dass sich eine einmal erreichte Anwartschaft auf eine bestimmte Pensionshöhe durch die Reform nicht mehr verschlechtern darf, wenn der Pensionsantritt verschoben wird. Ein einmal erreichter Status muss gewahrt bleiben, auch wenn der Betroffene noch länger arbeitet. – Zitatende. Diesen Appell richte ich besonders an die ÖVP. Es war nämlich Ihr Tiroler Arbeiterkammer-Präsident Dinkhauser, der das gesagt hat.

Ich habe mir auch noch ein paar Reden aus der Zeit angeschaut, als wir die Pensionsreform 1997 diskutiert haben. Damals sagte zum Beispiel Herr Kollege Feurstein – und ich nehme Ihnen ab, dass Sie leiden, Herr Kollege Feurstein, ich kenne Sie lange genug; aber ich kann Ihnen das nicht schenken – etwas Interessantes. Sie haben damals gefragt: Ja glauben Sie wirklich, man könnte die heutigen Pensionen kürzen? Glauben Sie wirklich, man könnte die Pensionen jener Menschen kürzen, die im Jahr 2000, 2003, 2005 oder 2006 in Pension gehen? – Zitatende. – Jetzt können Sie das, Herr Kollege Feurstein. Ich weiß, Sie fühlen sich nicht wohl, aber Sie sollten das auch zugeben, meine ich.

Herr Kollege Haupt hat damals gesagt: Der soziale Friede sollte uns auch im Jahr 2000, 2005 und 2015 ein Anliegen sein. – Wir haben jetzt das Jahr 2000, Sie gefährden und zerschlagen ihn, aber Sie können sich offensichtlich nicht mehr an Ihre Worte von damals erinnern.

Um alle diese Grauslichkeiten hier darzulegen, bräuchte ich eine Stunde Redezeit. Frau Bundesministerin Sickl hat mir im Ausschuss gesagt, die Sozialversicherung insgesamt liegt ihr am Herzen. – Beweisen Sie es, Frau Bundesministerin! Zeigen Sie Rückgrat, und ziehen Sie dieses Paket von Grauslichkeiten zurück! Gehen Sie zurück an den Start! Arbeiten Sie mit uns zusammen, wir haben Rezepte für sozial ausgewogene, sozial verträgliche Reformen!

Ich möchte noch folgenden Antrag einbringen:

Antrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Annemarie Reitsamer, Helmut Nürnberger, Rudolf Dietachmayr, Mag. Barbara Prammer und GenossInnen gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG auf Rückverweisung der gesamten Vorlage des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend ein Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG den Antrag, den Bericht und Antrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Dr. Gottfried Feurstein zum Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz (263 der Beilagen) nochmals an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu verweisen.

*****

Stimmen Sie wenigstens diesem Antrag zu, damit Sie der Öffentlichkeit ein bisschen guten Willen signalisieren, dass das Ganze doch nicht so furchtbar werden soll, wie Sie es vorhaben! (Beifall bei der SPÖ.)

13.46


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32. Sitzung / Seite 96

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

13.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Petrovic hat im Verfassungsausschuss und auch heute im Plenum der Regierung quasi den Vorwurf gemacht, wir wollen uns die Verfassungsrichter geneigt machen, indem wir eine eigene Hinterbliebenenregelung für sie machen.

In diesem Punkt liegt eine zweifelhafte Rechtslage vor. Ich darf Ihnen die Stellungnahme des Leiters des Verfassungsdienstes zu diesem Problem zur Kenntnis bringen. Darin heißt es – ich zitiere –: "Betrachtet man die Regelung des § 5i Verfassungsgerichtshofgesetz als eine abschließende, so wäre ein davon abweichendes Kürzungsregime auf einfachgesetzlicher Stufe sowohl oberhalb als auch unterhalb eines Ministerbezuges nicht zulässig." – Und weiter heißt es: "Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 5i Abs. 1 Verfassungsgerichtshofgesetz es nicht ausschließt, ein Kürzungsregime unterhalb des im § 5i Verfassungsgerichtshofgesetz vorgesehenen Höchstbetrages einfachgesetzlich vorzusehen." – Zitatende.

Wir werden jetzt die zweite Lösung wählen. Aber das ist eine zweifelhafte Frage, das wird vom Leiter des Verfassungsdienstes selbst bestätigt. Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat das immer im Verfassungsausschuss urgiert, sie hat gefragt: Was sagt der Leiter des Verfassungsdienstes dazu? – Also selbst dieser sagt, man könne hier zweierlei Ansicht sein. Es war aber keinesfalls die Absicht der Bundesregierung, die Richter des Verfassungsgerichtshofes – beziehungsweise ihre Hinterbliebenen – zu bevorzugen und sie für die Pensionsneuregelung geneigter zu machen.

Frau Abgeordnete Reitsamer! Sie haben die finanziellen Auswirkungen der Erhöhung des Pensionsbeitrages von 0,8 Prozent angeführt. Sie haben auf die finanziellen Auswirkungen auf die Pensionisten hingewiesen und haben in diesem Zusammenhang von einem Milliardenbetrag gesprochen. (Abg. Reitsamer: Nein, ich habe von den finanziellen Auswirkungen der Pensionsanpassung gesprochen, Herr Staatssekretär!)  – Ach so, nur von der Pensionsanpassung.

Ich wollte nur sagen, im öffentlichen Dienst wird die gesamte Pensionsanpassung, die wir hoffentlich heute im Sinne der zukünftigen Sicherung des Pensionssystemes beschließen werden, im Jahr 2003 eine Minderung des vorgesehenen Zuwachses um rund 4 Milliarden Schilling bringen. Und der Beitrag der Bundespensionisten mit der maßvollen Anhebung um 0,8 Prozent wird rund 500 Millionen Schilling ausmachen. Ich glaube, das ist ein maßvoller Beitrag für dieses Pensionssystem, weil man ja auch die relative Höhe zu anderen Pensionssystemen der Bundespensionisten berücksichtigen muss.

Wie wir wissen, wird in ganz Europa über die Neuregelung der Pensionssysteme nachgedacht. Bei jeder Euro-Tagung, bei jedem OECD-Ministerrat ergeht die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, nachhaltig die Pensionssysteme zu sichern. Warum sind sie nachhaltig zu sichern? – Wir haben höhere Lebenserwartungen, aber eine rückläufige Geburtenrate. Man tritt auf Grund längerer Ausbildungszeiten später in das Berufsleben ein. Außerdem ist auf Grund des gestiegenen Wohlstandes ein Trend zur Basisversorgung festzustellen, und auf freiwilliger Basis soll man Eigenvorsorge für eine höhere Pensionsanwartschaft treffen.

Nun kann man zwar über die Finanzierbarkeit eines Pensionssystems verschiedener Meinung sein, es wird jedoch immer an den folgenden drei Punkten – da gibt es keinen vierten, fünften oder sechsten Punkt – festzunageln sein: Wie hoch ist die Pension? Wie lange beziehe ich die Pension? Welche Beiträge leiste ich?

Ein Vergleich des österreichischen Systems mit jenen Reformen, die im Ausland gemacht wurden, zeigt, dass wir zwar erst im Jahre 1997 die Letzte von mehreren Pensionsreformen durchgeführt haben, hinsichtlich des Pensionsantrittsalters aber vom gesetzlichen Zwang her praktisch nichts passiert ist, sondern nur Anreize für eine freiwillige Anhebung geschaffen wurden – und das, obwohl Experten schon seit 1993 darauf hinweisen, dass die Lebenser


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wartung derzeit jedes Dezennium, Gott sei Dank, um zwei Jahre steigt und daher analog dazu das Pensionsantrittsalter erhöht werden müsste!

In puncto Pensionsbemessungsgrundlage – im öffentlichen Dienst etwa gab es bisher 80 Prozent des Letztbezuges als Pension, wenn die volle Bemessungsgrundlage erreicht war – wurde damals nur eine sehr sanfte und sehr langfristige Regelung umgesetzt, derzufolge, beginnend mit dem Jahr 2003, bis zum Jahre 2019 langsam, gemächlich der Durchrechnungszeitraum angehoben wird. Diesbezüglich haben wir also auch nicht sehr wirksam eingegriffen.

Und hinsichtlich des Staatsanteils bei den Beiträgen muss ich sagen, dass bereits vor Antritt dieser Regierung jenes "Drittel" ständig abgebaut wurde. Zudem ist es kein Naturgesetz oder gibt es kein Gesetz, wonach die Beiträge durch einen bestimmten Staatsanteil finanziert werden müssen, und außerdem war man natürlich sehr großzügig bei der Anerkennung von beitragsfreien Pensionszeiten.

Ich möchte jetzt auf die Verbesserungen für den öffentlichen Dienst gegenüber der Regierungsvorlage eingehen. Wir haben sehr lange und intensive Gespräche mit allen vier öffentlichen Gewerkschaften – wenn man die Künstler, also die Angehörigen der Bundestheater, die nach der Ausgliederung eine eigene Gewerkschaft haben, dazunimmt, sind es fünf öffentliche Gewerkschaften – geführt.

Die Ersten, nämlich die Eisenbahner, haben sich von vornherein ausgeklinkt, indem sie gesagt haben: Unsere Pensionsreform wurde 1997 mit einem höheren Beitrag erkauft, wir ziehen nicht mit, wir sind überhaupt nicht gesprächsbereit. Zu einem späteren Zeitpunkt, dann, als sie gesehen haben, dass das in der Öffentlichkeit nicht gut ankommt, waren sie zwar gesprächsbereit, da war aber auch schon ein Streik von der Dauer einer Stunde angekündigt. An diesem berühmten Aktionstag sind die Züge eine Stunde stillgestanden – unter diesem Druck sollten wir nochmals verhandeln. Sie waren aber nicht dazu bereit, das Pensionsantrittsalter, welches auf Grund der bestehenden Regelung mit 35 Dienstjahren und der Tatsache, dass sehr viele Eisenbahner eben mit 18 Jahren eingetreten sind, bei 53 Jahren liegt, freiwillig um eineinhalb Jahre anzuheben. Wir hatten angeboten, im Falle einer solchen freiwilligen Anhebung über den weiteren Abbau der Pensionsbeiträge im Hinblick auf die Regelung der anderen mit 61,5 Jahren zu reden und ein Bonus-System zu schaffen. Die Gewerkschaft war zwar zu einem Bonus-System bereit, sie war aber nicht dazu bereit, eine gesetzliche Regelung beziehungsweise eine verpflichtende Regelung über eine Anhebung der für den Pensionsantritt erforderlichen 35 Dienstjahre auf 36,5 Dienstjahre zu akzeptieren. Das ist der Stand.

Die Postbediensteten haben sich quasi als Nächste abgemeldet, weil sie in ihren Betrieben derzeit überhaupt Schwierigkeiten haben. Was ist denn bisher in diesen Betrieben passiert? – In der Post wurde jahrelang Misswirtschaft betrieben, ein überhöhter Personalstand verursacht, man hat sich dort überhaupt nicht auf den freien Markt vorbereitet, die Telekom hat nun wegen des weit überhöhten Personalstandes die größten Schwierigkeiten beim Börsegang, man hat sich nicht auf den Wettbewerb vorbereitet, man hat nur Schulden angehäuft – diese Schulden waren erforderlich, damit die Überschüsse aus den Telefongebühren in das Budget abgeführt wurden. Sie waren also daher auch sehr bald nicht mehr bereit, weiter mit zu verhandeln.

Zum Schluss sind nur noch zwei Gewerkschaften übrig geblieben, nämlich die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. Man konnte dann sehen, irgendein Anlass reichte aus, damit sich der Vertreter der Gemeindebediensteten – nämlich auf Grund des berühmten "Side-Letter" – ebenfalls ausklinkte.

Was aber ist in diesem "Side-Letter" an Furchtbarem gestanden? – Es stand darin nur, was bereits im Regierungsprogramm verankert ist, nämlich dass die Regierung eine Vereinheitlichung des Pensionssystems erwägt und ein Drei-Säulen-Modell, also Grundversorgung, Betriebsvorsorge, Eigenvorsorge, einführen möchte.

Wir von Seiten der Regierung waren sogar dazu bereit, die vorgesehene Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrags von 0,8 Prozent auszusetzen, um möglichst bald Gespräche darüber zu beginnen. Dazu ist noch zu sagen, dass die Gewerkschaftsvertreter solche Gespräche ständig


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gefordert haben, denn sie haben immer gesagt: Jetzt kommt eine erste Pensionsreform, wie sieht die Nächste aus? Wir wollen für die nächste Legislaturperiode bereits alles wissen! Und nachdem wir das gesagt haben, hat sich auch der Vertreter der Gemeindebediensteten abgemeldet.

Schließlich ist der Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst als Einziger übrig geblieben. Man hat gemerkt, welcher Druck der anderen Gewerkschaften auf ihm lastete: Stimme nur ja nicht zu, denn du verletzt die Solidarität! – Wir hatten uns inhaltlich in weiten Bereichen schon geeinigt, obwohl man uns immer vorgehalten hat, wir hielten nichts von der Sozialpartnerschaft und es gebe auch keine Gespräche. Es hat intensive Gespräche gegeben!

Und obwohl es zu keinem Abschluss gekommen ist, werden in einem Abänderungsantrag, der heute noch vorgelegt wird, folgende Regelungen aufgenommen – sie umfassen einen Teil der in den Verhandlungen schon erzielten Einigungen –:

Die einseitige Pensionierung wird nur auf Grund wichtiger dienstlicher Interessen möglich sein, das ist dieselbe Bestimmung wie bei einer Versetzung und damit rechtlich abgesichert. Der Dienstnehmer kann also in Zukunft weiterhin ab 61,5 Jahren mit einer einfachen Erklärung in Pension gehen, dazu ist kein wichtiges dienstliches Interesse notwendig. Dem öffentlichen Dienstgeber gesteht man diese Bestimmung nicht zu, dieser muss ein wichtiges dienstliches Interesse vorbringen. Wir haben das im Sinne einer Harmonisierung, als Beitrag zum Frieden angeboten, obwohl wir letztlich eigentlich keine Zustimmung erhalten haben.

Außerdem wird es weitere Ausnahmen von der Kürzungsregelung geben, das ist vor allem für die Exekutive wichtig. Bei Dienstunfähigkeit nach einem Unfall in Ausübung des Dienstes wird es ebenfalls eine Ausnehmung von den Abschlagsregelungen geben. Diese werden ja bekanntlich von zwei auf drei Prozent pro Jahr vor dem Pensionsantrittsalter von 61,5 Jahren angehoben. Im Falle eines Dienstunfalles wird es also ebenfalls eine Ausnahmeregelung geben.

Letztendlich wird es auch für die Postbediensteten, die ja ein Vorruhestandsmodell haben, eine verbesserte Übergangsregelung geben. Diejenigen, die schon im Vorruhestandsmodell aufgenommen sind, werden es de facto weiter in Anspruch nehmen können. Damit das für die Betriebe so schonend wie möglich ist und damit zumindest die Telekom ihren Börsegang wagen kann beziehungsweise dazu ermuntert wird, wird es ebenfalls eine Regelung geben, die allen Interessen gerecht wird.

Wir haben damit bewiesen, dass wir mit Sozialpartnern reden können und dass bei Gesprächen etwas herauskommt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

13.59

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die Pensionsreform ist ein sehr spannendes und interessantes Thema, und ich stelle fest, viele Redner bringen Ähnliches vor. Es werden auf der einen Seite, nämlich von Regierungsseite, immer wieder Fakten vorgelegt, auf der anderen Seite, nämlich von der Opposition, wird Horrorstimmung verbreitet. – Das muss ich vorweg einmal festhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht eigentlich sehr viel außer Streit, zum Beispiel, welche demographischen Entwicklungen es gibt. Ich werde sie, obwohl sie schon einige Mal hier dargelegt worden sind, noch einmal ganz kurz erwähnen. Bei den unter 15-Jährigen wird es von 1997 bis 2015 einen Rückgang um 23 Prozent geben, bei den über 60-Jährigen wird es von jetzt an gerechnet bis zum Jahre 2015 einen Zuwachs von 30 Prozent geben. Das bedeutet, dass die Zahl der Erwerbsfähigen abnimmt, jene der über 60-Jährigen aber wesentlich zunimmt und daher die Sicherung der Pensionen allein von der Anzahl der in den so genannten Pensionstopf Einzahlenden her in Frage gestellt wird.


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Weiters – das wurde auch schon mehrfach erwähnt – steigt die Lebenserwartung ständig. Im Jahre 1947 zum Beispiel sind vier Österreicher 100 Jahre alt geworden, im Jahre 1999 waren es bereits 300 – eine an sich sehr erfreuliche Entwicklung! Immer gesündere Senioren gehen immer früher und für immer längere Zeit in den Ruhestand. Das bedeutet selbstverständlich, dass diesbezüglich etwas geschehen muss, und das steht ja auch weitgehend außer Streit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man das Pensionssystem, so wie es derzeit vorliegt, also das Umlageverfahren, beibehalten möchte, dann gibt es – der Herr Staatssekretär hat es bereits gesagt – nur drei Punkte, wo ich ansetzen kann: bei der Erhöhung der Beiträge, bei der Anhebung des Pensionsantrittsalters und bei der Verringerung der Pensionshöhe. Und genau da setzt diese Pensionsreform auch an.

Ich möchte dazu noch bemerken: Pensionsreform, Pensionsangelegenheiten sind ernste Themen und gebieten, finde ich, Sachlichkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe in Vorbereitung dieser Rede einige Presseaussendungen der Kolleginnen und Kollegen von der Opposition durchgelesen und darin eine Wortwahl gefunden, die mich erschreckt hat: Es war darin von "Geldbeschaffungsaktionen", von "zynischen, schockierenden Details", von "überfallsartiger Beschlussfassung", von "schlichter Brutalität", von einem "Überfall auf ältere Arbeitnehmer" und von "bewusstem Aufs-Spiel-Setzen des sozialen Friedens" die Rede. Auch heute wieder hat meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, von "Sozialdemontage" und "Grauslichkeiten" gesprochen.

Meine Damen und Herren! Das sind sehr starke Ausdrücke, die in einer sachlichen Diskussion, in der es um die Zukunft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land geht, überhaupt nichts zu suchen haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Ich fordere Sie zu einer Mäßigung Ihrer Wortwahl gerade bei so heiklen Themen auf, denn der "kleine" Mann und die "kleine Frau", die Sie immer vorgeben, zu vertreten, haben meiner Ansicht nach ein Recht darauf, dass in diesem Hohen Haus eine ernsthafte Diskussion stattfindet und keine Politik der Angst.

Die Pensionsreform folgt letztlich Expertenvorschlägen. Dies ist schon mehrfach erwähnt worden, und ich möchte auch nicht weiter darauf eingehen.

Es ist meiner Überzeugung nach nicht an der Zeit, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten, sondern tatsächlich geht es darum, dass man sich Problemen, die auftreten, stellt und sie lösen muss. Wir werden die Bundesregierung dabei unterstützen.

Dazu möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen – der Herr Staatssekretär hat ihn bereits erwähnt. Es ist dies der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Kollegen betreffend einen Bericht des Verfassungsausschusses zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes in der Fassung des Abänderungsantrages vom 30. Juni 2000, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 sowie weitere Bundesgesetze geändert werden und ein Bundesgesetz über die Pensionsversorgung der Beamten der Bundesbahn geschaffen wird, Pensionsreformgesetz 2000, 259 der Beilagen.

Ich bringe diesen Abänderungsantrag gemäß § 53 Abs. 4 GOG ein, werde die Kernpunkte daraus erläutern und ersuche den Präsidenten, diesen Abänderungsantrag vervielfältigen und an alle Abgeordneten verteilen zu lassen.

Die Kernpunkte dieses Abänderungsantrages sind eine Kodifizierung des Pensionsrechtes der künftigen Pensionisten der Österreichischen Bundesbahnen und der damit verbundene Ausschluss vertraglicher Regelungen in diesem Bereich, die Anpassung der Regelung über die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit an die entsprechenden Regelungen des ASVG, weiters die ebenfalls bereits vom Herrn Staatssekretär erwähnte Vorverlegung des Ablaufs der Frist, innerhalb der die Abgabe einer Erklärung einer Ruhestandsversetzung die Weitergeltung des bisherigen Pensionsantrittsalters gewährleistet, von derzeit 30. September auf 30. Juni 2000, sowie


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die Anwendung der Regelung über die Minderung des Witwen- oder Witwerversorgungsbezuges auch für Hinterbliebene von Verfassungsrichtern und die Ausnahme von den Abschlägen, welche nicht nur im Fall eines Todes im Dienst eintritt, sondern auch um den Dienstunfall erweitert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der von Frau Abgeordneter Dr. Baumgartner-Gabitzer in seinen Kernpunkten vorgetragene Abänderungsantrag ist zur schriftlichen Verteilung gekommen, er ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Kollegen

betreffend einen Bericht des Verfassungsausschusses zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes in der Fassung des Abänderungsantrages vom 30. Juni 2000, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 sowie weitere Bundesgesetze geändert werden und ein Bundesgesetz über die Pensionsversorgung der Beamten der Bundesbahn geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000) (259 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Im Inhaltsverzeichnis wird der Ausdruck "Bundesbahn" durch "Österreichische Bundesbahnen" ersetzt.

Im Art. 1 Z 9 werden vor § 236b folgende Überschriften eingefügt:

"Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. XXX/2000

Versetzung in den Ruhestand"

Im Art. 1 Z 9 lautet § 236b Abs. 2 Z 4:

"4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie"

Im Art. 1 Z 9 lautet § 236c Abs. 4:

"(4) Auf Beamte, die bis spätestens 30. Juni 2000 eine Erklärung nach § 15 Abs. 1 abgegeben haben, ist § 15 in der am 30. Juni 2000 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Im Art. 1 Z 10 lautet § 284 Abs. 42:

"(42) § 15, § 15a samt Überschrift, § 151 Abs. 1, § 155 Abs. 9, § 207n Abs. 1 und 4, § 213b Abs. 1, § 213c Abs. 5 und die §§ 236b und 236c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 treten mit 1. Oktober 2000 in Kraft."


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Im Art. 3 Z 2 lautet § 4 Abs. 4:

"(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt, wenn der Beamte im Dienststand verstorben ist oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall in Ausübung des Dienstes zurückzuführen ist."

Art. 5 Z 2 entfällt. Die bisherigen Z 3 bis 6 erhalten die Ziffernbezeichnungen "2." bis "5.".

Im Art. 5 Z 4 neu lautet § 166c Abs. 2 Z 4:

"4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie"

Im Art. 5 Z 4 neu entfällt § 166d Abs. 2. Im § 166d entfällt die Absatzbezeichnung "(1)".

Im Art. 5 Z 5 neu lautet § 173 Abs. 27:

"(27) § 83 Abs. 1, § 87, § 88 Z 1, § 166c samt Überschriften und § 166d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 treten mit 1. Oktober 2000 in Kraft."

Im Art. 6 Z 8 lautet § 115d Abs. 2 Z 4:

"4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie"

Im Art. 6 Z 8 lautet § 115e Abs. 4:

"(4) Auf Landeslehrer, die bis spätestens 30. Juni 2000 eine Erklärung nach § 13 Abs. 1 abgegeben haben, ist § 13 in der am 30. Juni 2000 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Im Art. 7 Z 8 lautet § 124d Abs. 2 Z 4:

"4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie"

Im Art. 7 Z 8 lautet § 124e Abs. 4:

"(4) Auf Lehrer, die bis spätestens 30. Juni 2000 eine Erklärung nach § 13 Abs. 1 abgegeben haben, ist § 13 in der am 30. Juni 2000 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Art. 8 Z 2 entfällt. Die bisherige Z 2a erhält die Ziffernbezeichnung "2.".

Im Art. 8 Z 6 lautet § 5 Abs. 3:

"(4) Eine Kürzung nach Abs. 2 findet nicht statt, wenn der Bundestheaterbedienstete im Dienststand verstorben ist oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall in Ausübung des Dienstes zurückzuführen ist."


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In Art. 8 Z 10 lautet § 5b Abs. 3:

"(4) Eine Kürzung nach Abs. 2 findet nicht statt, wenn der Bundestheaterbedienstete im Dienststand verstorben ist oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall in Ausübung des Dienstes zurückzuführen ist."

Im Art. 8 Z 16 lautet § 18g Abs. 2 Z 5:

"4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie"

Im Art. 8 Z 16 entfällt im § 18h der Abs. 3. Der bisherige § 18h Abs. 4 erhält die Absatzbezeichnung "(3)".

Im Art. 8 Z 17 lautet § 22 Abs. 18:

"(18) Es treten in Kraft:

1. § 1a samt Überschrift, § 2a Abs. 1 und 2, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2, 3, 7 und 8, § 6 Abs. 1, § 6a Abs. 6 Z 1, § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, § 10 Abs. 2 und 3, § 17a, § 18a Abs. 1 Z 3 und 4, § 18g samt Überschriften und § 18h in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 und die Aufhebung des § 5 Abs. 4 und 5 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XXX/2000 mit 1. Oktober 2000,

2. § 5b Abs. 2, 3, 7 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 und die Aufhebung des § 5b Abs. 4 und 5 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XXX/2000 mit 1. Jänner 2003."

Art. 10 Z 4 lautet:

"4. An die Stelle des § 5f zweiter Satz treten folgende Bestimmungen:

"Auf den Todfallsbeitrag und die Versorgung sind die für Bundesbeamte und ihre Hinterbliebenen geltenden gleichartigen Bestimmungen anzuwenden. Der Bemessung der Versorgungsleistungen sind der Ruhebezug nach § 5b und die Zulage nach § 5c zugrunde zu legen.""

Im Art. 11 Z 3 lautet § 14:

"§ 14. (1) Für einen am 1. Oktober 2000 in einem Karenzurlaub nach § 2 befindlichen Beamten tritt an die Stelle des in seiner Erklärung nach § 2 Abs. 1 Z 2 festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung (§ 15 in Verbindung mit §§ 236b oder 236c BDG 1979) bewirken kann. § 236c Abs. 4 BDG 1979 ist nur auf Beamte anzuwenden, die am 30. Juni 2000 bereits ihr 59. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Für die im Abs. 1 angeführten Beamten ersetzt der Bund der ausgegliederten Einrichtung, der der Beamte zur Dienstleistung zugewiesen ist, den aus Leistungen nach § 4 Abs. 1 und 2 resultierenden Aufwand ab dem jeweiligen Monatsersten, zu dem der Ruhegenuss aufgrund der gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 abgegebenen Erklärung angefallen wäre.

(3) Für nicht von Abs. 1 erfasste Beamte, die ihr 55. Lebensjahr spätestens am 31. Dezember 2002 vollenden werden, tritt an die Stelle des im § 2 Abs. 1 angeführten 678. Lebensmonates der 660. Lebensmonat. Im Fall einer Karenzierung eines solchen Beamten vor dem vollendeten 678. Lebensmonat erhöht sich der von der ausgegliederten Einrichtung nach § 3 zu leistende Ersatzbetrag um 30%."


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32. Sitzung / Seite 103

Art. 13 lautet:

"Artikel 13

Bundesgesetz über die Pensionsversorgung der Beamten der Österreichischen Bundesbahnen – Bundesbahn-Pensionsgesetz (BB-PG)

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt

1. die Versetzung in den dauernden Ruhestand der Angestellten der Österreichischen Bundesbahnen, für die § 67 Abs. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) gilt bzw. die gemäß § 67 Abs. 7 oder 8 AVB übergeleitet wurden, sowie der gemäß § 65 Abs. 3 Z 5 AVB gleichgestellten Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen,

2. die Pensionsansprüche der Angestellten der Österreichischen Bundesbahnen, für die § 67 Abs. 3 AVB gilt bzw. die gemäß § 67 Abs. 7 oder 8 AVB übergeleitet wurden, der gemäß § 65 Abs. 3 Z 5 AVB gleichgestellten Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen und der Bundesbahnbeamten i.R.; diese Personen werden im Folgenden als Beamte bezeichnet, sowie

3. die Pensionsansprüche der Hinterbliebenen und Angehörigen der in Z 2 angeführten Beamten.

Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten an die Stelle bisheriger und künftiger vertraglicher Regelungen über die Versetzung in den dauernden Ruhestand und über Pensionsansprüche der in Z 1 bis 3 angeführten Personen.

(2) Bundesbahnbeamte i.R. im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. Beamte, die vor Inkrafttreten der AVB in den Ruhestand versetzt wurden und

2. Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen, auf die § 67 Abs. 3, 7 oder 8 AVB Anwendung findet und die nach Inkrafttreten der AVB in den Ruhestand versetzt wurden.

(3) Hinterbliebene sind der überlebende Ehegatte, die Kinder und der frühere Ehegatte des verstorbenen Beamten.

(4) Überlebender Ehegatte (Witwe, Witwer) ist, wer im Zeitpunkt des Todes des Beamten mit diesem verheiratet gewesen ist.

(5) Kinder sind

a) die ehelichen Kinder,

b) die legitimierten Kinder,

c) die Wahlkinder,

d) die unehelichen Kinder und

e) die Stiefkinder.

(6) Früherer Ehegatte ist, wessen Ehe mit dem Beamten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist.

(7) Angehörige sind die Personen, die im Fall des Todes des Beamten Hinterbliebene wären.


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32. Sitzung / Seite 104

(8) Dieses Bundesgesetz ist auch auf Personen anzuwenden, die im § 1 der Bundesbahn-Pensionsüberleitungsverordnung, BGBl. Nr. 267/1949, angeführt und nicht schon durch die Bestimmung des Abs. 2 erfasst sind, sowie auf deren Hinterbliebene und Angehörige.

(9) Ob und inwieweit dieses Bundesgesetz auf andere als in den Abs. 1 bis 8 genannte Bedienstete, auf ihre Hinterbliebenen und Angehörigen anzuwenden ist, wird jeweils im Dienstvertrag bestimmt.

(10) Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke wie zB "Beamter" umfassen Frauen und Männer gleichermaßen.

Versetzung in den dauernden Ruhestan


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d

§ 2. (1) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 sind auf ihr Ansuchen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand zu versetzen

1. mit Vollendung des 65. Lebensjahres,

2. wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen, die sie zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig machen,

3. frühestens 18 Monate, nachdem sie die Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß erreicht haben.

Ein solches Ansuchen kann rechtswirksam frühestens 12 Monate vor dem beabsichtigten Wirksamkeitstermin der Ruhestandsversetzung gestellt werden.

(2) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 können von Dienstes wegen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand versetzt werden

1. bei Zutreffen einer der Voraussetzungen für die Versetzung in den dauernden Ruhestand über eigenes Ansuchen,

2. bei Verlust der Eigenberechtigung,

3. wenn sie durch Krankheit ein Jahr ununterbrochen an der Ausübung des Dienstes verhindert wurden und ihre Wiederverwendung nicht zu gewärtigen ist,

4. wenn sie nicht innerhalb von drei Jahren nach der Versetzung in den zeitlichen Ruhestand reaktiviert werden konnten,

5. wenn dienstliche Interessen ihre Entfernung vom Dienst erfordern, ohne dass durch Versetzung auf einen anderen Dienstposten gleichen Ranges Abhilfe getroffen werden kann.

Anwartschaft

§ 3. (1) Der Beamte erwirbt vom Wirksamkeitsbeginn seiner Anstellung als Beamter an Anwartschaft auf Pensionsversorgung für sich und seine Angehörigen, es sei denn, dass er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat.

(2)Die Anwartschaft erlischt durch

a) Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft oder der Staatsangehörigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333,

b) Verzicht,

c) Austritt,

d) Kündigung,

e) Entlassung.

ABSCHNITT II: RUHEBEZUG

Anspruch auf Ruhegenuss

§ 4. (1) Dem Beamten des Ruhestandes gebührt ein monatlicher Ruhegenuss, wenn seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit mindestens zehn Jahre beträgt. Der Ruhegenuss wird auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

(2) Der Ruhegenuss und die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Zulagen bilden zusammen den Ruhebezug des Beamten.

(3) Ist der Beamte infolge einer von ihm nicht vorsätzlich herbeigeführten Krankheit oder körperlichen Beschädigung dienstunfähig geworden und beträgt seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit noch nicht zehn, jedoch mindestens fünf Jahre, dann ist er so zu behandeln, als ob er eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren aufzuweisen hätte.

(4) Wird ein Beamter infolge

a) eines in Ausübung seines Dienstes eingetretenen Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit dienstunfähig oder

b) einer ohne sein vorsätzliches Verschulden eingetretenen Erblindung oder Geistesstörung zur weiteren Eisenbahndienstleistung oder zu einem zumutbaren Erwerb unfähig,

so besteht der Anspruch nach Abs. 1 ohne Rücksicht auf die Dauer der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit.

Ruhegenussfähiger Monatsbezug

§ 5. (1) Der ruhegenussfähige Monatsbezug besteht aus

a) dem Gehalt und

b) den ruhegenussfähigen Zulagen,

die der besoldungsrechtlichen Stellung entsprechen, die der Beamte im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand erreicht hat, einschließlich der nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 gebührenden Erhöhungen.

(2) Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand der für die nächste Vorrückung – ausgenommen für die Vorrückung in die letzten beiden Gehaltsstufen der jeweiligen Gehaltsgruppe des Beamten – erforderliche Zeitraum zur Hälfte bzw. der für die Vorrückung in die letzten beiden Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum zur Gänze verstrichen, dann ist der Beamte so zu behandeln, als ob die Vorrückung eingetreten wäre.

(3) Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand wegen Tod infolge Dienstunfall oder einer wegen Dienstunfähigkeit infolge Dienstunfall von Dienstes wegen verfügten Ruhestandsversetzung der erforderliche Zeitraum zur Hälfte verstrichen, dann ist der Beamte in jedem Fall so zu behandeln, als ob die Vorrückung bereits eingetreten wäre.

(4) Würden innerhalb eines Zeitraumes von eineinhalb Jahren nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand die Voraussetzungen für eine Überstellung gemäß Anlage 1, Spalten 4 und 5 der AVB erfüllt werden, wird der Beamte so behandelt, als ob diese eingetreten wäre; von der in den Anlage 1, Spalten 4 und 5 der AVB vorgeschriebenen


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Dauer der innegehabten Gehaltsgruppe muss der Beamte jedoch bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand bei rangbildenden Überstellungen mindestens drei Jahre zurückgelegt haben.

Ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit

§ 6. (1) Die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit setzt sich zusammen aus

a) der ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit,

b) den angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten,

c) den angerechneten Ruhestandszeiten,

d) den zugerechneten Zeiträumen,

e) den durch besondere Bestimmungen als ruhegenussfähig erklärten Zeiten.

(2) Die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit ist in vollen Jahren auszudrücken. Hiebei werden Bruchteile eines Jahres, wenn sie mindestens sechs Monate betragen, als ein volles Jahr gerechnet, andernfalls bleiben sie unberücksichtigt.

Ruhegenussfähige Beamtendienstzeit

§ 7. (1) Als ruhegenussfähige Beamtendienstzeit gelten die Zeiten,

a) die der Beamte vom Tag des Wirksamwerdens seiner Anstellung als Beamter – frühestens vom 1. Mai 1945 an – bis zum Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand beziehungsweise vom Tag seiner Reaktivierung bis zum Tag seines neuerlichen Ausscheidens aus dem Dienststand oder im Dienst der ehemaligen Unternehmung "Österreichische Bundesbahnen" oder ihrer Betriebsvorgänger zurückgelegt hat, und

b) sonstige Zeiten, soweit sie nach den am 13. März 1938 in Geltung gestandenen Bestimmungen bis zu diesem Zeitpunkt und ab 1. Mai 1945 als ruhegenussfähig anerkannt worden sind.

(2) Die Zeit der Beurlaubung gegen Karenz der Gebühren ist ruhegenussfähig, soweit sich aus dem jeweiligen Dienstvertrag nichts anderes ergibt.

Ausmaß des Ruhegenusses

§ 8. (1) Der Ruhegenuss beträgt bei einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von zehn Jahren 40 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges.

(2) Dieser Hundertsatz erhöht sich für das elfte bis vierunddreißigste ruhegenussfähige Dienstjahr um je 1,7 v.H. und für das fünfunddreißigste ruhegenussfähige Dienstjahr um 2,2 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges.

(3) Das Höchstausmaß des Ruhegenusses beträgt 83 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges.

Begünstigungen bei Dienstunfähigkeit

§ 9. Dem wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten, der die für den Anspruch auf vollen Ruhegenuss erforderliche ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit nicht erreicht hat, ist bei der Bemessung des Ruhegenusses der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Tages, zu dem der Beamte frühestens seine Versetzung in den Ruhestand über eigenes Ansuchen bewirken können hätte, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zuzurechnen.


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Bemessung des Ruhegenusses in Sonderfällen

§ 10. (1) Scheidet ein Beamter, dem aus Anlass einer früheren Versetzung in den Ruhestand Begünstigungen nach § 5 Abs. 3 und (oder) nach § 9 gewährt worden sind, aus dem Dienststand aus, so gebührt ihm, wenn es für ihn günstiger ist, der Ruhegenuss, auf den er Anspruch hätte, wenn er nicht wieder in den Dienststand aufgenommen worden wäre. Disziplinarrechtliche Maßnahmen werden hiedurch nicht berührt.

(2) Wird ein Beamter, der auf Grund dieses Bundesgesetzes Anspruch auf Ruhegenuss hat, durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, so beträgt der Ruhegenuss ab Rechtskraft des Urteiles 75 v.H. des Ruhegenusses, der gebühren würde, wenn keine Verurteilung erfolgt wäre. Diese Rechtsfolge der Verurteilung tritt nicht ein, wenn sie bedingt nachgesehen wird, es sei denn, dass die Nachsicht widerrufen wird.

(3) Der gemäß Abs. 2 geminderte Ruhegenuss kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen von dem der Tilgung der Verurteilung folgenden Monatsersten an auf das Ausmaß des Ruhegenusses erhöht werden, das gebühren würde, wenn keine Verurteilung erfolgt wäre.

(4) Disziplinarrechtliche Maßnahmen sind bei der Bemessung des Ruhegenusses zu beachten.

Verlust des Anspruches auf Ruhegenuss

§ 11. Der Anspruch auf Ruhegenuss erlischt durch

a) Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft oder der Staatsangehörigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 5 BDG 1979,

b) Verzicht,

c) Austritt,

d) Ablösung.

Ablösung des Ruhebezuges

§ 12. (1) Dem Beamten, der sich im dauernden Ruhestand befindet, kann auf Antrag die Ablösung des Ruhebezuges bewilligt werden, wenn

a) berücksichtigungswürdige Gründe vorhanden sind und

b) die Personen, für die der Beamte Anwartschaft auf Pensionsversorgung erworben hat, über die Rechtsfolgen der Ablösung schriftlich belehrt worden sind und nach der Belehrung schriftlich erklärt haben, dass sie mit der Ablösung einverstanden sind. Die Echtheit der Unterschrift auf der Erklärung muss gerichtlich oder notariell beglaubigt sein.

(2) Die Bemessungsgrundlage der Ablösung bildet der Ruhebezug, der dem Beamten für den Monat gebührt hat, in dem die Ablösung bewilligt worden ist. Die Ergänzungszulage ist in die Bemessungsgrundlage nicht einzubeziehen.

(3) Die Ablösung ist nach der Lebenserwartung des Beamten zu bemessen. Sie darf jedoch das Siebzigfache der Bemessungsgrundlage nicht übersteigen.

(4) Bevor die Ablösung bewilligt wird, ist dem Beamten die Höhe der beabsichtigten Ablösung mitzuteilen und ihm Gelegenheit zu geben, dazu innerhalb einer angemessenen Frist Stellung zu nehmen.

(5) Die Ablösung ist innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Mitteilung, mit der sie bewilligt worden ist, auszuzahlen.


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ABSCHNITT III: VERSORGUNGSBEZÜGE DER HINTERBLIEBENEN

Versorgungsbezug des überlebenden Ehegatten
Anspruch auf Witwen- und Witwerversorgungsgenuss

§ 13. (1) Dem überlebenden Ehegatten eines Beamten gebührt ein monatlicher Versorgungsgenuss, wenn der Beamte am Sterbetag Anspruch auf Ruhegenuss gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte.

(2) Der überlebende Ehegatte hat keinen Anspruch auf Versorgungsgenuss, wenn er am Sterbetag des Beamten das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Dies gilt nicht, wenn

a) der Beamte an den Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit gestorben ist,

b) die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat,

c) aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder hervorgeht,

d) durch die Eheschließung ein Kind legitimiert worden ist oder

e) am Sterbetag des Beamten dem Haushalt des überlebenden Ehegatten ein anderes als in lit. c oder d genanntes Kind des verstorbenen Beamten angehört, das Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss hat.

(3) Der überlebende Ehegatte hat ferner keinen Anspruch auf Versorgungsgenuss, wenn die Ehe erst während des Ruhestandes des Beamten geschlossen worden ist. Dies gilt nicht, wenn

a) die Ehe mindestens drei Jahre gedauert und der Altersunterschied der Ehegatten nicht mehr als 20 Jahre betragen hat oder die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert und der Altersunterschied der Ehegatten nicht mehr als 25 Jahre betragen hat oder die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert und der Altersunterschied der Ehegatten mehr als 25 Jahre betragen hat,

b) der Beamte nach der Eheschließung wieder in den Dienststand aufgenommen worden ist,

c) aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder hervorgeht,

d) durch die Eheschließung ein Kind legitimiert worden ist oder

e) am Sterbetag des Beamten dem Haushalt des überlebenden Ehegatten ein anderes als in lit. c oder d genanntes Kind des verstorbenen Beamten angehört, das Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss hat.

(4) Hat sich der Beamte mit seinem früheren Ehegatten wieder verehelicht, so sind bei der Berechnung der Ehedauer die einzelnen Ehezeiten zusammenzuzählen.

(5) Der überlebende Ehegatte, der den Tod des Beamten durch eine oder mehrere mit Vorsatz begangene strafbare Handlungen herbeigeführt hat und deshalb zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, hat ab Rechtskraft des Urteiles keinen Anspruch auf Versorgungsgenuss.

(6) Der Versorgungsgenuss und die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Zulagen bilden zusammen den Versorgungsbezug.

Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses

§ 14. (1) Als Berechnungsgrundlage des überlebenden Ehegatten, die der Ermittlung des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses zugrunde zu legen ist, gilt

1. für den Fall, dass der überlebende Ehegatte in der gesetzlichen Pensionsversicherung versichert ist oder war, die Berechnungsgrundlage gemäß § 264 Abs. 3 des Allgemeinen Sozial


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versicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, § 145 Abs. 3 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, oder § 136 Abs. 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG), BGBl. Nr. 559/1978,

2. für den Fall, dass der überlebende Ehegatte am Sterbetag des Beamten selbst in einem Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen steht und für sich eine Anwartschaft oder einen Anspruch auf Pensionsversorgung erworben hat, die in den Abs. 3 oder 4 angeführte Berechnungsgrundlage.

(1a) Als Berechnungsgrundlage des Verstorbenen, die der Ermittlung des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses zugrunde zu legen ist, gilt

1. für den Fall, dass der Verstorbene in der gesetzlichen Pensionsversicherung versichert war, die Berechnungsgrundlage gemäß § 264 Abs. 4 ASVG, § 145 Abs. 4 GSVG oder § 136 Abs. 4 BSVG,

2. für den Fall, dass der Verstorbene an seinem Sterbetag selbst in einem Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen gestanden ist und für sich eine Anwartschaft oder einen Anspruch auf Pensionsversorgung erworben hatte, die in den Abs. 5 oder 6 angeführte Berechnungsgrundlage.

(2) Einer Anwartschaft oder einem Anspruch auf Pensionsversorgung nach Abs. 1 Z 2 oder Abs. 1a Z 2 sind Anwartschaften oder Ansprüche

1. auf Grund von landesgesetzlichen Vorschriften, die dem Dienstrecht der Bundesbeamten vergleichbar sind,

2. auf Grund des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984,

3. auf Grund des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 296/1985,

4. auf Grund des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972, und vergleichbarer landesgesetzlicher Vorschriften,

5. auf Grund des Verfassungsgerichtshofgesetzes, BGBl. Nr. 85/1953,

6. auf Grund des Bundestheaterpensionsgesetzes, BGBl. Nr. 159/1958,

7. auf Grund des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340,

8. auf Grund von Dienst(Pensions)ordnungen für Dienstnehmer und ehemalige Dienstnehmer von

a) öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Fonds, Stiftungen, Anstalten und Betrieben, die von einer Gebietskörperschaft verwaltet werden, und

b) sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften,

9. auf Grund des Abschnittes VII der Bundesforste-Dienstordnung 1986, BGBl. Nr. 298, oder des Kollektivvertrages nach § 13 Abs. 6 des Bundesforstegesetzes 1996, BGBl. Nr. 793,

10. auf Grund sonstiger gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 ASVG pensionsversicherungsfreier Dienstverhältnisse,

11. auf Grund vertraglicher Pensionszusagen einer Gebietskörperschaft

sowie der unbefristete Bezug eines außerordentlichen Versorgungsbezuges gleichzuhalten.


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(3) Die im Abs. 1 Z 2 angeführte Berechnungsgrundlage, wenn der überlebende Ehegatte am Sterbetag des Beamten selbst Beamter des Dienststandes ist, bilden:

1. der ruhegenussfähige Monatsbezug gemäß § 5 Abs. 1, der dem überlebenden Ehegatten am Sterbetag des Beamten gebührte, und

2. der am Stichtag geltende Nebengebührendurchschnittssatz nach § 25 Abs. 3.

(4) Die im Abs. 1 Z 2 angeführte Berechnungsgrundlage, wenn der überlebende Ehegatte am Sterbetag des Beamten selbst Beamter des Ruhestandes ist, bilden die Summe aus ruhegenussfähigem Monatsbezug und Nebengebührendurchschnittsatz, die für die Bemessung des am Sterbetag des Beamten bezogenen Ruhebezuges des überlebenden Ehegatten maßgebend waren.

(5) Die Berechnungsgrundlage eines verstorbenen Beamten des Dienststandes, die der Ermittlung des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses des überlebenden Ehegatten zugrunde zu legen ist, bilden:

1. der ruhegenussfähige Monatsbezug gemäß § 5 Abs. 1, der dem verstorbenen Beamten an seinem Sterbetag gebührte, und

2. der Nebengebührendurchschnittssatz nach § 25 Abs. 3.

(6) Die Berechnungsgrundlage eines verstorbenen Beamten des Ruhestandes, die der Ermittlung des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses zugrunde zu legen ist, bilden die Summe aus ruhegenussfähigem Monatsbezug und Nebengebührendurchschnittssatz, die für die Bemessung des am Sterbetag vom Beamten bezogenen Ruhebezuges maßgebend waren.

(7) Stichtag im Sinne des Abs. 3 Z 2 ist der letzte Tag des Kalendermonates, der dem Sterbetag des Beamten vorausgeht; ist der Beamte jedoch an einem Monatsletzten verstorben, dann dieser Tag.

(8) Die dieses Bundesgesetz vollziehenden Stellen gelten für Zwecke der Bemessung einer Witwen(Witwer)pension oder eines Witwen- und Witwerversorgungsbezuges als Versicherungsträger im Sinne der §§ 321 und 460c ASVG.

Ausmaß des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses

§ 14a. (1) Das Ausmaß des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses ergibt sich aus einem Hundertsatz des Ruhegenusses, der dem Beamten gebührte oder im Falle seines Todes im Dienststand gebührt hätte, wenn er an seinem Todestag in den Ruhestand versetzt worden wäre. Ein gänzliches oder teilweises Ruhen des Ruhegenusses ist dabei außer Acht zu lassen.

(2) Zur Ermittlung des Hundertsatzes wird vorerst der Anteil der Berechnungsgrundlage des überlebenden Ehegatten in Prozent an der Berechnungsgrundlage des verstorbenen Beamten errechnet. Bei einem Anteil von 100% beträgt der Hundertsatz 40. Er erhöht oder vermindert sich für jeden vollen Prozentpunkt des Anteils, der 100 unterschreitet oder übersteigt, um 0,3. Er ist jedoch nach oben hin mit 60 und nach unten hin mit Null begrenzt."

(3) Kommen mehrere Berechnungsgrundlagen in Betracht, ist die Summe dieser Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung nach Abs. 2 heranzuziehen.

(4) Abweichend von Abs. 3 ist in den Fällen, in denen zusätzlich zur Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung eine um diese Pension gekürzte Versorgungsleistung zur Auszahlung gelangt, nur die höhere Berechnungsgrundlage für die Ermittlung nach Abs. 2 heranzuziehen.


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(5) Lässt sich eine Bemessungsgrundlage für einen Anspruch oder eine Anwartschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 oder für einen außerordentlichen Versorgungsgenuss nicht ermitteln, so gelten 120% der gebührenden Leistung als Berechnungsgrundlage.

Erhöhung des Witwen- und Witwerversorgungsbezuges

§ 14b. (1) Erreicht die Summe aus

1. eigenem Einkommen des überlebenden Ehegatten,

2. dem nach den §§ 14 und 14a berechneten Versorgungsgenuss,

3. einer allfälligen Nebengebührenzulage und

5. einer allfälligen Haushaltszulage

nicht den Betrag von 20.000 S, so ist, solange diese Voraussetzung zutrifft, der Versorgungsbezug so weit zu erhöhen, dass die Summe aus eigenem Einkommen und Versorgungsbezug den genannten Betrag erreicht. Der sich daraus ergebende Hundertsatz des Versorgungsgenusses und der Nebengebührenzulage zum Versorgungsgenuss dürfen jedoch 60 nicht überschreiten.

(2) An die Stelle des im Abs. 1 genannten Betrages von 20.000 S tritt jeweils der sich aus § 264 Abs. 6 vierter Satz ASVG ergebende Betrag.

(3) Als eigenes Einkommen im Sinne des Abs. 1 gelten

1. jedes Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit,

2. die Bezüge im Sinne des Bezügegesetzes und sonstige Funktionsgebühren,

3. wiederkehrende Geldleistungen

a) aus der gesetzlichen Sozialversicherung (ausgenommen der besondere Steigerungsbetrag zur Höherversicherung) und aus der Arbeitslosenversicherung sowie nach den Bestimmungen über die Arbeitsmarktförderung und die Sonderunterstützung, oder

b) auf Grund gleichwertiger landesgesetzlicher oder bundesgesetzlicher Regelungen der Unfallfürsorge,

4. wiederkehrende Geldleistungen auf Grund dieses Bundesgesetzes und der im § 14 Abs. 2 genannten Vorschriften,

5. außerordentliche Versorgungsbezüge und

6. Pensionen auf Grund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme.

(4) Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gilt je Kalendermonat ein Zwölftel des im selben Kalenderjahr aus dieser Tätigkeit bezogenen Einkommens. Solange das Jahreseinkommen nicht feststeht, ist das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres heranzuziehen, es sei denn,

1. dass die selbständige Erwerbstätigkeit später aufgenommen wurde oder

2. der (die) Hinterbliebene glaubhaft macht, dass die Höhe des Einkommens im laufenden Kalenderjahr entscheidend von der des vorletzten Kalenderjahres abweichen wird.

(5) Als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gilt das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt. Ausgenommen sind jedoch Bezüge, die für einen größeren Zeitraum als den Kalendermonat gebühren (zB 13. und 14. Monatsbezug, Sonderzahlungen, Belohnungen). § 24 Abs. 3 ist anzuwenden.


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(6) Die Erhöhung des Versorgungsbezuges nach Abs. 1 ist erstmalig im Zuge der Bemessung des Versorgungsbezuges festzustellen. Sie gebührt ab dem Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Erhöhung erfüllt sind.

(7) Werden die Voraussetzungen für eine (weitere) Erhöhung zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, gebührt diese auf besonderen Antrag. Wird dieser Antrag innerhalb eines Jahres ab Erfüllung der Voraussetzungen gestellt, gebührt die Erhöhung ab dem Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, andernfalls ab dem Beginn des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde.

Verminderung des Witwen(Witwer)versorgungsbezuges

§ 14c. (1) Überschreitet in einem Kalendermonat die Summe aus

1. dem eigenen Erwerbseinkommen,

2. einer wiederkehrenden Geldleistung aus der gesetzlichen Pensionsversicherung,

3. einer wiederkehrenden Geldleistung aufgrund der in § 14 Abs. 2 genannten Vorschriften und

4. dem Witwen(Witwer)versorgungsbezug

des überlebenden Ehegatten das 60fache der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 ASVG, so ist – solange diese Voraussetzung zutrifft – der Hundertsatz des Witwen(Witwer)versorgungsgenusses so weit zu vermindern, dass die Summe der in Z 1 bis 4 genannten Einkünfte das 60fache der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreitet. Der so ermittelte Hundertsatz ist nach unten hin mit Null begrenzt.

(2) Die Verminderung des Witwen(Witwer)versorgungsgenusses nach Abs. 1 erfolgt ab dem Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Verminderung vorliegen. Ändert sich die Höhe der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Einkünfte, so ist diese Änderung bereits in dem Monat, in dem die Änderung eingetreten ist, zu berücksichtigen.

(3) Wären nach den Abs. 1 und 2 zwei oder mehrere Witwen(Witwer)versorgungsbezüge oder solchen Bezügen entsprechende Leistungen zu vermindern, so ist mit der Verminderung immer beim betraglich geringsten Witwen(Witwer)versorgungsbezug zu beginnen.

(4) Als Erwerbseinkommen im Sinne des Abs. 1 Z 1 gelten die in § 55 Abs. 2 Z 4 angeführten Einkünfte.

Meldung des Einkommens

§ 14d. (1) Die pensionsauszahlende Stelle hat jeden Bezieher eines nach § 14b erhöhten oder nach § 14c verminderten Versorgungsbezuges jährlich einmal zu einer Meldung seines Einkommens zu verhalten, sofern dieses der Pensionsbehörde für das laufende Jahr noch nicht bekannt gegeben worden ist.

(2) Kommt der Anspruchsberechtigte dieser Aufforderung innerhalb von zwei Monaten nicht nach, so hat die Pensionsbehörde den den Hundertsatz nach § 14a Abs. 2 überschreitenden Teil des Versorgungsbezuges ab dem nächstfolgenden Monatsersten zurückzubehalten.

(3) Dieser Teil des Versorgungsbezuges ist höchstens für einen Zeitraum von drei Jahren nachzuzahlen, wenn der Anspruchsberechtigte die Meldung erstattet oder die Pensionsbehörde auf andere Weise von der maßgebenden Sachlage Kenntnis erhalten hat.

Vorschüsse auf den Witwen- und Witwerversorgungsbezug

§ 14e. (1) Auf Antrag des überlebenden Ehegatten können vor Abschluss des Ermittlungsvefahrens Vorschüsse auf den Versorgungsbezug und die Sonderzahlung gezahlt werden, wenn


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der Anspruch dem Grunde nach feststeht. Die Vorschüsse dürfen einen mit dem Hundertsatz 40 bemessenen Versorgungsbezug und die dazu gebührende Sonderzahlung nicht überschreiten.

(2) Die nach Abs. 1 gewährten Vorschüsse sind auf den gebührenden Versorgungsbezug anzurechnen.

(3) Zu Unrecht empfangene Vorschüsse sind dem Bund höchstens für einen Zeitraum von drei Jahren zu ersetzen.

Übergangsbeitrag

§ 15. (1) Ist die Witwe im Zeitpunkt des Todes des Beamten schwanger und hat sie nach § 13 Abs. 2 oder 3 keinen Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss, so gebührt ihr auf die Dauer der Schwangerschaft ein monatlicher Übergangsbeitrag in der Höhe des Witwenversorgungsbezuges, auf den sie Anspruch hätte, wenn sie nach § 13 Abs. 2 oder 3 vom Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss nicht ausgeschlossen wäre.

(2) Die Bestimmungen der §§ 26 bis 37a sind sinngemäß anzuwenden.

(3) Wird ein Kind nachgeboren, so ist der Übergangsbeitrag auf den gebührenden Witwenversorgungsbezug, ansonsten auf die gebührende Abfertigung anzurechnen.

Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss

§ 16. (1) Dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gebührt ein monatlicher Waisenversorgungsgenuss, wenn der Beamte am Sterbetag Anspruch auf Ruhegenuss gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte. Ein Stiefkind hat nur dann Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss, wenn es am Sterbetag des Beamten bei der Bemessung der Haushaltszulage zu berücksichtigen gewesen ist.

(2) Dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, gebührt auf Antrag ein monatlicher Waisenversorgungsgenuss, solange es sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht.

(3) Besucht ein Kind eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung, gilt das Erfordernis des Abs. 2 nur dann als erfüllt, wenn es ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt. Das Studium wird ernsthaft und zielstrebig betrieben, wenn das Kind im ersten Studienabschnitt nach jedem Studienjahr nachweist:

1. die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder

2. die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- oder Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden.

(4) Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Die Erbringung des Studiennachweises ist Voraussetzung für den Anspruch ab dem zweiten und in den folgenden Studienjahren des ersten Studienabschnittes. Der Nachweis ist erstmals zu Beginn des Studienjahres 1993/94 und unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen.

(5) Der Nachweiszeitraum nach den Abs. 3 und 4 wird verlängert durch

1. eine vollständige Studienbehinderung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (z.B. Krankheit) oder

2. ein nachgewiesenes Auslandsstudium.


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Eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten bewirkt dabei eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes um ein Semester.

(6) Der Ablauf des Nachweiszeitraumes nach den Abs. 3 und 4 wird gehemmt durch

1. Zeiten des Mutterschutzes oder

2. Zeiten der Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres.

(7) Zur Schul- oder Berufsausbildung zählt auch ein angemessener Zeitraum für die Vorbereitung auf die Ablegung der entsprechenden Abschlussprüfungen und auf die Erwerbung eines akademischen Grades. Im Übrigen sind für die Beurteilung, ob die Schul- oder Berufsausbildung beendet ist, das gewählte Studien- oder Berufsziel und die für das Erreichen des gewählten Zieles geltenden Ausbildungsvorschriften maßgebend.

(8) Hat

1. das Kind eines verstorbenen Beamten, das das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gemäß § 6 Abs. 2 lit. a oder

2. eine andere Person für ein solches Kind gemäß § 2 Abs. 1 lit. b

des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. Nr. 376/1967, Anspruch auf Familienbeihilfe, so gelten die Voraussetzungen des Abs. 2 als erfüllt. Abs. 1 letzter Satz wird dadurch nicht berührt.

(9) Dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, gebührt auf Antrag ein monatlicher Waisenversorgungsgenuss, wenn es seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des im Abs. 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.

(10) Der Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss nach den Abs. 2 und 9 ruht, wenn das Kind

a) Einkünfte bezieht, die zur Bestreitung seines angemessenen Lebensunterhaltes ausreichen,

b) einem Stift oder Kloster angehört und das Stift oder Kloster für den Lebensunterhalt des Kindes aufkommt,

c) verheiratet ist und die Einkünfte des Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Lebensunterhaltes ausreichen.

(11) Einkünfte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die im § 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, angeführten Einkünfte, soweit sie nicht steuerfrei sind. Als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gelten jedoch auch

a) wiederkehrende Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfall- und Krankenversicherung, nach dem Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947, dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 152/1957, dem Heeresversorgungsgesetz, BGBl. Nr. 27/1964, dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, dem Karenzurlaubsgeldgesetz, BGBl. Nr. 395/1974, dem Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete, BGBl. Nr. 174/1963, und gleichartigen landesgesetzlichen Vorschriften,

b) die Barbezüge (abzüglich der Fahrtkostenvergütung), die Verpflegung, die Abfindung für die Verpflegung, der Familienunterhalt, die Wohnkostenbeihilfe und die Entschädigung bei Übungen nach dem Heeresgebührengesetz 1992, BGBl. Nr. 422,

c) die Geldleistungen nach § 3 des Bundesgesetzes über die Entsendung von Angehörigen des Bundesheeres zur Hilfeleistung in das Ausland, BGBl. Nr. 233/1965,

d) die Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, und


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e) die Barbezüge (abzüglich des Quartiergeldes, des Kleidergeldes, des Ersatzes der Kosten für Wasch- und Putzzeug sowie der Reisekostenvergütung), die Verpflegung, der Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl. Nr. 679.

Bei der Ermittlung der Einkünfte bleiben Bezüge außer Betracht, die ein Kind, das sich in Schulausbildung befindet, auf Grund einer ausschließlich während der Schul(Hochschul)ferien ausgeübten Beschäftigung bezieht.

(12) Werden Einkünfte für einen längeren Zeitraum bezogen als für einen Monat, so sind sie verhältnismäßig umzurechnen. Hiebei gelten Einkünfte, die für einen nicht feststellbaren Zeitraum zufließen, als jährliche Einkünfte des betreffenden Kalenderjahres.

(13) Die Bestimmungen der §§ 13 Abs. 5 und 18 Abs. 2 zweiter und dritter Satz sind sinngemäß anzuwenden.

(14) Der Waisenversorgungsgenuss und die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Zulagen bilden zusammen den Waisenversorgungsbezug.

Ausmaß des Waisenversorgungsgenusses

§ 17. (1) Der Waisenversorgungsgenuss beträgt

a) für jede Halbwaise 9,96 v.H.,

b) für jede Vollwaise 24,9 v.H.

des sich gemäß § 5 Abs. 1 und 2 ergebenden ruhegenussfähigen Monatsbezuges des Beamten. § 10 Abs. 2 bis 4 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Ein Wahlkind ist Vollwaise, wenn seine Wahleltern gestorben sind; es ist Halbwaise, wenn nur ein Wahlelternteil gestorben ist. Ein Kind, das vom Beamten, nicht aber auch von dessen Ehegatten an Kindes statt angenommen worden ist, gilt nur als Halbwaise, wenn der Beamte zur Zeit seines Todes mit seinem Ehegatten und seinem Wahlkind in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.

(3) Ein Stiefkind ist Vollwaise, wenn beide Elternteile aus der das Stiefverhältnis begründenden Ehe gestorben sind; es ist Halbwaise, wenn nur einer dieser Elternteile gestorben ist.

(4) Auf den Waisenversorgungsbezug eines Wahl- oder Stiefkindes sind wiederkehrende Unterhaltsleistungen anzurechnen, die das Kind von oder nach seinen leiblichen Eltern erhält. Erhält das Kind statt wiederkehrender Unterhalts- oder Versorgungsleistungen eine Kapitalabfindung, so ist auf den monatlichen Waisenversorgungsbezug ein Zwölftel des Betrages anzurechnen, der sich bei Annahme eines jährlichen Ertrages von 4 v.H. des Abfindungskapitals ergeben würde. Geht das Abfindungskapital ohne vorsätzliches Verschulden der Waise unter, so entfällt die Anrechnung.

Versorgungsbezug des früheren Ehegatten

§ 18. (1) Die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten – ausgenommen die Bestimmungen der §§ 20 Abs. 3 bis 6 und 22 – gelten, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

(2) Der Versorgungsgenuss gebührt dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Er fällt, wenn der Antrag binnen drei Monaten nach dem Tod des Beamten gestellt wird, mit dem auf den Sterbe


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tag folgenden Monatsersten an. In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuss von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuss von diesem Tag an.

(3) Hat der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten nur einen befristeten Anspruch auf Unterhaltsleistungen gehabt, so besteht der Versorgungsanspruch längstens bis zum Ablauf der Frist.

(4) Der Versorgungsbezug – ausgenommen die Ergänzungszulage – darf die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn

1. das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält,

2. die Ehe mindestens fünfzehn Jahre gedauert und

3. der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat. Die unter Z 3 genannte Voraussetzung entfällt, wenn

a) der frühere Ehegatte seit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles erwerbsunfähig ist oder

b) aus der geschiedenen Ehe ein Kind hervorgegangen oder durch diese Ehe ein Kind legitimiert worden ist oder die Ehegatten gemeinsam ein Wahlkind angenommen haben und das Kind am Sterbetag des Beamten dem Haushalt des früheren Ehegatten angehört und Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss hat; das Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit entfällt bei nachgeborenen Kindern.

(5) Der Versorgungsgenuss des überlebenden Ehegatten und der Versorgungsgenuss des früheren Ehegatten dürfen zusammen 120 v.H. des Ruhegenusses nicht übersteigen, auf den der verstorbene Beamte Anspruch gehabt hätte. Der Versorgungsgenuss des früheren Ehegatten ist erforderlichenfalls entsprechend zu kürzen. Versorgungsgenüsse mehrerer früherer Ehegatten sind im gleichen Verhältnis zu kürzen. Ist kein anspruchsberechtigter überlebender Ehegatte vorhanden, dann ist der Versorgungsgenuss des früheren Ehegatten so zu bemessen, als ob es nach dem Beamten einen anspruchsberechtigten überlebenden Ehegatten gäbe.

(6) Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat.

(7) Unterhaltsleistungen, die die Erben des verstorbenen Beamten auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen dem früheren Ehegatten erbringen, sind auf den Versorgungsbezug des früheren Ehegatten anzurechnen.

(8) Erlischt der Anspruch des überlebenden Ehegatten oder eines früheren Ehegatten auf Versorgungsgenuss, so ändert sich dadurch der Versorgungsbezug eines allenfalls noch verbleibenden früheren Ehegatten nicht.

Begünstigungen für den Fall des Todes des Beamten

§ 19. Ist ein Beamter im Dienststand gestorben und beträgt seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit mindestens fünf Jahre, dann ist bei der Bemessung der Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen so vorzugehen, als ob dem Beamten zu seiner ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit ein Zeitraum nach § 9 zugerechnet worden wäre; ist der Tod auf einen Arbeitsunfall oder auf eine Berufskrankheit zurückzuführen, dann entfällt das Erfordernis einer ruhegenussfähigen Mindestgesamtdienstzeit von fünf Jahren.


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Verlust des Anspruches der Hinterbliebenen auf Versorgungsgenuss, Abfindung des überlebenden Ehegatten bei Wiederverehelichung, Wiederaufleben des Versorgungsanspruches des überlebenden Ehegatten

§ 20. (1) Der Anspruch der Hinterbliebenen auf Versorgungsgenuss erlischt durch

a) Verzicht,

b) Ablösung.

(2) Der Anspruch des überlebenden Ehegatten und des früheren Ehegatten erlischt außerdem durch Verehelichung.

(3) Dem überlebenden Ehegatten des Beamten, der sich wieder verehelicht hat, gebührt eine Abfindung in der Höhe des Siebzigfachen des Versorgungsbezuges, auf den er im Zeitpunkt der Schließung der neuen Ehe Anspruch gehabt hat. Die Ergänzungszulage bleibt bei der Bemessung der Abfindung außer Betracht.

(4) Wird die neue Ehe durch den Tod des Ehegatten, durch Scheidung oder durch Aufhebung aufgelöst oder wird die neue Ehe für nichtig erklärt, so lebt beim Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen der Versorgungsanspruch aus der früheren Ehe wieder auf, wenn

a) die Ehe nicht aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden der abfindungsberechtigten Person geschieden oder aufgehoben worden ist oder

b) bei Nichtigerklärung der Ehe die abfindungsberechtigte Person als schuldlos anzusehen ist.

(5) Das Wiederaufleben des Versorgungsanspruches tritt mit der Auflösung oder Nichtigerklärung der letzten Ehe, frühestens jedoch fünf Jahre nach dem seinerzeitigen Erlöschen dieses Anspruches ein.

(6) Auf den Versorgungsbezug, der wieder aufgelebt ist, sind die Einkünfte (§ 16 Abs. 11 und 12) anzurechnen, die dem überlebenden Ehegatten auf Grund der aufgelösten oder für nichtig erklärten Ehe zufließen. Erhält der überlebende Ehegatte statt laufender Unterhaltsleistungen eine Kapitalabfindung, so ist auf den monatlichen Versorgungsbezug ein Zwölftel des Betrages anzurechnen, der sich bei der Annahme eines jährlichen Ertrages von 4 v.H. des Abfindungskapitals ergeben würde. Geht das Abfindungskapital ohne vorsätzliches Verschulden des überlebenden Ehegatten unter, so entfällt die Anrechnung.

Ablösung des Versorgungsbezuges

§ 21. (1) Dem Hinterbliebenen eines Beamten kann auf Antrag die Ablösung des Versorgungsbezuges bewilligt werden, wenn berücksichtigungswürdige Gründe vorhanden sind.

(2) Die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 bis 5 gelten sinngemäß.

Abfertigung des überlebenden Ehegatten und der Waise

§ 22. (1) Dem überlebenden Ehegatten und der Waise eines verstorbenen Beamten gebührt eine Abfertigung, wenn sie keinen Anspruch auf Versorgungsgenuss haben.

(2) Der überlebende Ehegatte hat keinen Anspruch auf Abfertigung, wenn für ihn ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerversorgung aus einer früheren Ehe wieder auflebt.

(3) Die Waise hat keinen Anspruch auf Abfertigung, wenn sie am Sterbetag des Beamten bei der Bemessung der Haushaltszulage nicht zu berücksichtigen gewesen ist. Dies gilt nicht für eine nachgeborene Waise.

(4) Die Abfertigung des überlebenden Ehegatten beträgt

a) nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten für jedes Jahr der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit das Zweifache, höchstens jedoch das Zwanzigfache des ruhegenussfähigen


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Monatsbezuges des Beamten; bei einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von weniger als einem Jahr gebührt eine Abfertigung in der Höhe des ruhegenussfähigen Monatsbezuges des Beamten,

b) nach einem im Ruhestand verstorbenen Beamten das Dreieinhalbfache des ruhegenussfähigen Monatsbezuges des Beamten.

(5) Die Abfertigung einer Halbwaise beträgt 20 v.H., die Abfertigung einer Vollwaise 50 v.H. der für den überlebenden Ehegatten vorgesehenen Abfertigung.

ABSCHNITT IV: GEMEINSAME BESTIMMUNGEN FÜR BEAMTE DES RUHESTANDES UND HINTERBLIEBENE

Haushaltszulage

§ 23. (1) Dem Beamten, der Anspruch auf Ruhegenuss hat, gebührt die Haushaltszulage nach den für die Beamten des Dienststandes geltenden Vorschriften.

(2) Dem überlebenden Ehegatten, dessen Haushalt ein Kind des Beamten angehört, das nach den für die Beamten des Dienststandes geltenden Vorschriften bei der Bemessung der Haushaltszulage zu berücksichtigen wäre, gebührt zum Witwen- oder Witwerversorgungsgenuss die Haushaltszulage, die dem Beamten gebühren würde, wenn er nicht gestorben wäre.

(3) Der Waise gebührt zum Waisenversorgungsgenuss eine Zulage im Ausmaß der für ein Kind vorgesehenen Haushaltszulage.

(4) Eine Zulage nach den Abs. 2 oder 3 gebührt insoweit nicht, als der überlebende Ehegatte oder die Waise eine Haushaltszulage oder eine gleichartige Zulage von einer anderen Stelle erhält.

Ergänzungszulage

§ 24. (1) Einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat und deren monatliches Gesamteinkommen die Höhe des Mindestsatzes (Abs. 5) nicht erreicht, gebührt auf Antrag eine Ergänzungszulage in der Höhe des Unterschiedes zwischen dem monatlichen Gesamteinkommen und dem Mindestsatz. Das Erfordernis der Antragstellung entfällt, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Ergänzungszulage schon beim Anfall des Ruhe- oder Versorgungsgenusses erfüllt sind.

(2) Das monatliche Gesamteinkommen besteht aus

a)dem Ruhe- oder Versorgungsbezug mit Ausnahme der Ergänzungszulage,

b)den anderen Einkünften (§ 16 Abs. 11 und 12) des Anspruchsberechtigten und

c)den Einkünften (§ 16 Abs. 11 und 12) der Personen, die bei der Berechnung des Mindestsatzes zu berücksichtigen sind.

(3) Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ist stets der im § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, für den vollen Kalendermonat vorgesehene Pauschbetrag für Werbungskosten abzusetzen.

(4) Für Zwecke der Ermittlung des monatlichen Gesamteinkommens gelten nicht als Einkünfte

a)Sonderzahlungen, die neben den Ruhe- oder Versorgungsbezüge gebühren,

b)Unterhaltsleistungen bis zur Hälfte des jeweils in Betracht kommenden Mindestsatzes,


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c)Grund- und Elternrenten nach dem Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947, und nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 152, ein Drittel der Beschädigten- und Witwenrenten sowie die Elternrenten einschließlich einer allfälligen Zusatzrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, BGBl. Nr. 27/1964,

d)Einkünfte eines Kindes des Anspruchsberechtigten, das bei der Berechnung des Mindestsatzes zu berücksichtigen ist, soweit sie den Betrag der für dieses Kind gebührenden Erhöhung des Mindestsatzes übersteigen.

(5) Bei der Bemessung von Ergänzungszulagen nach diesem Bundesgesetz sind die für die Bundesbeamten jeweils geltenden Mindestsätze anzuwenden.

(6) Einem Beamten, der Anspruch auf Ruhegenuss hat, gebührt die Ergänzungszulage nicht, wenn die Einkünfte (§ 16 Abs. 11 und 12) des Ehegatten den für den Beamten maßgebenden Mindestsatz übersteigen. Die Ergänzungszulage gebührt außerdem nicht, wenn der Beamte bei der Berechnung des Mindestsatzes beim Ehegatten zu berücksichtigen ist.

(7) Besteht neben dem Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss noch ein Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, so gebührt die Ergänzungszulage nicht, wenn der Ruhe- oder Versorgungsbezug ohne Ergänzungszulage niedriger ist als die Pension ohne Ausgleichszulage.

(8) Ist zur Entstehung des Anspruches auf Ergänzungszulage ein Antrag erforderlich, gebührt die Ergänzungszulage von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt die Ergänzungszulage von diesem Tag an. Die Folge der verspäteten Antragstellung kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen nachgesehen werden.

Nebengebührenzulage

§ 25. (1) Einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, gebührt eine Nebengebührenzulage.

(2) Anspruchsbegründende Nebengebühren sind die gemäß § 40 der AVB zukommenden Nebenbezüge, die unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der Dienstordnung sowie der besonderen Betriebsbedürfnisse für Mehrleistungen, für Erschwernisse oder für Gefährdungen gewährt werden.

(3) Die im Durchschnitt gebührenden anspruchsbegründenden Nebengebühren sind in einem Nebengebührendurchschnittssatz zusammengefasst, der 10 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges, höchstens jedoch 2.806 S beträgt. Der Betrag von 2.806 S ändert sich jeweils in demselben Ausmaß, in dem sich der Gehaltsansatz der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8, ändert.

(4) Bemessungsgrundlage für die Nebengebührenzulage ist der dem ruhegenussfähigen Monatsbezug entsprechende Nebengebührendurchschnittssatz.

(5) Das Ausmaß der Nebengebührenzulage richtet sich nach dem Hundertsatz des Ruhe- oder Versorgungsgenusses, zu dem sie gebührt.

Sonderzahlung

§ 26. (1) Neben dem Ruhebezug und dem Versorgungsbezug gebührt für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung.

(2) Die Sonderzahlung beträgt 50 v.H. des für den Monat der Fälligkeit gebührenden Ruhe- oder Versorgungsbezuges. Besteht nicht für das ganze Kalendervierteljahr, für das die Sonderzah


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lung gebührt, Anspruch auf den vollen Ruhe- oder Versorgungsgenuss, so gebührt der verhältnismäßige Teil der Sonderzahlung.

(3) Die Sonderzahlung für das erste Kalendervierteljahr ist am 1. März, die für das zweite Kalendervierteljahr am 1. Juni, die für das dritte Kalendervierteljahr am 1. September und die für das vierte Kalendervierteljahr am 1. Dezember fällig. Sie ist mit dem an diesem Tag fälligen Ruhe- oder Versorgungsbezug auszuzahlen.

(4) Erlischt der Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss vor dem Ablauf des Kalendervierteljahres, so wird die Sonderzahlung sofort fällig.

Vorschuss und Geldaushilfe

§ 27. (1) Ist eine Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, unverschuldet in Notlage geraten oder liegen sonst berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann ihr auf Antrag ein unverzinslicher Vorschuss bis zur Höhe des dreifachen Ruhe- oder Versorgungsbezuges gewährt werden. Die Gewährung des Vorschusses kann von Sicherstellungen abhängig gemacht werden.

(2) Der Vorschuss ist durch Abzug von den gebührenden Ruhe- oder Versorgungsbezügen längstens innerhalb von vier Jahren hereinzubringen, bei der Festsetzung der Abzugsraten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vorschussempfängers billige Rücksicht zu nehmen. Der Vorschuss kann auch vorzeitig zurückgezahlt werden. Erlischt der Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss, so können zur Deckung eines noch nicht zur Gänze zurückgezahlten Vorschusses die dem Vorschussempfänger selbst zustehenden Geldleistungen herangezogen werden.

(3) Wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorhanden sind, können auch ein höherer Vorschuss und längere Rückzahlungsfristen bewilligt werden.

(4) Ist eine Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, unverschuldet in Notlage geraten oder liegen sonst berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann ihr auch eine Geldaushilfe gewährt werden.

(5) Zur Gewährung eines Vorschusses, der die Höhe des dreifachen Ruhe- oder Versorgungsbezuges übersteigt oder der innerhalb eines Zeitraumes von mehr als vier Jahren zurückgezahlt werden soll, ist die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen erforderlich. Das Gleiche gilt für die Gewährung einer Geldaushilfe, die für sich allein oder zusammen mit den im selben Kalenderjahr gewährten Geldaushilfen die für das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie jeweils hiefür festgesetzte finanzielle Zuständigkeit übersteigt.

Sonderbestimmungen für Anspruchsberechtigte mit Wohnsitz
in einem Gebiet mit ausländischer Währung

§ 28. Die Bestimmungen über die Bezüge der im Ausland verwendeten Beamten des Dienststandes gelten für einen Beamten des Ruhestandes und für die Hinterbliebenen sinngemäß, wenn sie für die Besoldung des Beamten unmittelbar vor dessen Ausscheiden aus dem Dienststand maßgebend gewesen sind und es dem Beamten oder seinem Hinterbliebenen aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen nicht zumutbar ist, den Wohnsitz in dem Gebiet mit ausländischer Währung aufzugeben.

Beschränkung der Wirksamkeit des Verzichtes und der Abtretung

§ 29. (1) Der Verzicht auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung oder auf den Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss ist nur wirksam, wenn er schriftlich erklärt worden ist. Sind Personen vorhanden, für die der Beamte Anwartschaft auf Pensionsversorgung erworben hat, so ist zur Wirksamkeit des Verzichtes ferner erforderlich, dass diese Personen über die Rechts


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folgen des Verzichtes schriftlich belehrt worden sind und nach der Belehrung schriftlich erklärt haben, dass sie mit dem Verzicht einverstanden sind. Die Echtheit der Unterschrift auf der Erklärung muss gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Die Wirksamkeit des Verzichtes ist in jedem Fall von der Annahme durch die Österreichischen Bundesbahnen abhängig.

(2) Die Abtretung von Geldleistungen nach diesem Bundesgesetz bedarf der Zustimmung der Österreichischen Bundesbahnen.

Fälligkeitstag und Auszahlungstag der monatlich wiederkehrenden Geldleistungen

§ 30. (1) Maßgebend für den einzelnen Anspruch auf monatlich wiederkehrende Geldleistungen sind die Verhältnisse am Fälligkeitstag. Die wiederkehrenden Geldleistungen gebühren erstmals vom Tag nach Ende des Anspruches auf Monats- beziehungsweise Ruhebezüge des Beamten an; die entsprechenden Bestimmungen der §§ 16 Abs. 13 und 18 Abs. 2 werden hiedurch nicht berührt.

(2) Die monatlich wiederkehrenden Geldleistungen sind unteilbar und jeweils am Monatsersten im Voraus fällig.

(3) Ist der Fälligkeitstag ein Samstag, ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag, so ist am vorhergehenden Werktag auszuzahlen. Darüber hinaus ist eine vorzeitige Auszahlung nur zulässig, um verspätete Auszahlungen zu vermeiden.

Auf- und Abrundung des Auszahlungsbetrages

§ 31. Der Auszahlungsbetrag kann auf zehn Groschen in der Weise gerundet werden, dass Beträge unter fünf Groschen unberücksichtigt bleiben und Beträge von fünf und mehr Groschen auf zehn Groschen ergänzt werden.

Auszahlung der Geldleistungen

§ 32. (1) Geldleistungen sind dem Anspruchsberechtigten oder seinem gesetzlichen Vertreter nach den für den Zahlungsverkehr der Österreichischen Bundesbahnen geltenden Vorschriften im Inland zuzustellen. Sie können auf Verlangen des Anspruchsberechtigten oder seines gesetzlichen Vertreters auch auf ein Scheckkonto bei der Österreichischen Postsparkasse oder auf ein Girokonto bei einer anderen inländischen Kreditunternehmung überwiesen werden.

(2) Die Gebühren für die Zustellung der Geldleistungen im Inland tragen die Österreichischen Bundesbahnen.

(3) Die Auszahlung wiederkehrender Geldleistungen durch Überweisung ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

a)Über das Konto auf das die Geldleistungen überwiesen werden sollen, muss der Anspruchsberechtigte allein verfügungsberechtigt sein. Außer dem Anspruchsberechtigten kann jedoch seiner Gattin die Verfügungsberechtigung eingeräumt werden, wenn sie sich unwiderruflich verpflichtet, den Österreichischen Bundesbahnen Geldleistungen, die infolge des Todes des Anspruchsberechtigten zu Unrecht auf dessen Konto überwiesen worden sind, bis zur Höhe jenes Betrages zu ersetzen, den sie nach dem Tod des Anspruchsberechtigten von dessen Konto abgehoben hat. Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Verfügungsberechtigung auch dem Gatten einer Anspruchsberechtigten eingeräumt werden, sofern er Bundesbahnbeamter ist. Der Ersatz zu Unrecht empfangener Geldleistungen hat nach Maßgabe der Bestimmungen des § 36 Abs. 2 zu erfolgen.

b)Außerdem muss sich die Kreditunternehmung verpflichten, die wiederkehrenden Geldleistungen, die infolge des Todes des Anspruchsberechtigten zu Unrecht auf dessen Konto überwiesen


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worden sind, den Österreichischen Bundesbahnen insoweit zu erstatten, als diese nicht gemäß lit. a vom weiteren Verfügungsberechtigten zu ersetzen sind.

(4) Der Anspruchsberechtigte hat auf Verlangen innerhalb einer festzusetzenden angemessenen Frist amtliche Lebensbestätigungen beizubringen.

(5) Der Anspruchsberechtigte, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, muss alljährlich bis längstens 1. März eine amtliche Lebensbestätigung nach dem Stand vom 1. Jänner desselben Jahres und, wenn er die Haushaltszulage bezieht, eine amtliche Bestätigung über seinen Familienstand, der Ruhegenussempfänger auch den Nachweis über den ungeänderten Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft den Österreichischen Bundesbahnen vorlegen. Der überlebende Ehegatte und der frühere Ehegatte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, müssen außerdem alljährlich bis zu demselben Zeitpunkt eine amtliche Bestätigung darüber beibringen, dass sie nicht wieder geheiratet haben.

(6) Wenn die amtlichen Bestätigungen nicht rechtzeitig vorgelegt werden, ist bis zu ihrem Einlangen mit der Zahlung auszusetzen.

Ärztliche Untersuchung

§ 33. (1) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen Fachwissens fallen, ist durch ärztliche Sachverständige Beweis zu erheben. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen.

(2) Leistet der zu Untersuchende ohne triftigen Grund der Aufforderung zum Erscheinen zu einer ärztlichen Untersuchung keine Folge oder lehnt er es ab, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, so sind die vom Ergebnis der Untersuchung abhängigen Begünstigungen so lange zu verweigern, bis er der Aufforderung nachkommt. Er muss aber auf die Folgen dieses Verhaltens nachweislich aufmerksam gemacht worden sein. Eine Nachzahlung für die Zeit der Verweigerung unterbleibt.

Kostenersatz

§ 34. Wer zur Durchführung dieses Bundesgesetzes einer Vorladung zur ärztlichen Untersuchung oder zur Auskunftserteilung Folge leistet, hat Anspruch auf Ersatz des notwendigen Mehraufwandes.

Meldepflicht

§ 35. (1) Der Anspruchsberechtigte ist verpflichtet, jede ihm bekannte Veränderung in den Voraussetzungen, die den Verlust oder die Minderung seines Anspruches oder das Ruhen der Leistung begründet, innerhalb eines Monates der Pensionsstelle der Österreichischen Bundesbahnen zu melden.

(2) Der Empfänger einer Ergänzungszulage hat innerhalb der in Abs. 1 genannten Frist jede Änderung seines Gesamteinkommens zu melden.

Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen

§ 36. (1) Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind, so weit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, den Österreichischen Bundesbahnen zu ersetzen.

(2) Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen hereinzubringen; hiebei ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen billige Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter zum Ersatz zu verhalten.


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(3) Die Verpflichtung zum Ersatz ist schriftlich festzustellen.

(4) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann die Rückzahlung gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Leistungen kann Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen würden.

Auswirkung künftiger Änderungen pensionsrechtlicher Bestimmungen,
des Gehaltes und der ruhegenussfähigen Zulagen

§ 37. (1) Künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes gelten auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Zulagen gemäß §§ 23 und 24 sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem jeweils in Betracht kommenden Anpassungsfaktor nach Abs. 3 zu vervielfachen, wenn auf sie bereits

1.vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat oder

2.sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat.

(3) Der Anpassungsfaktor entspricht dem für das jeweilige Kalenderjahr gemäß § 108 Abs. 5 und § 108f ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor.

Wertausgleich

§ 37a. Wird Beziehern einer Pension nach dem ASVG ein Wertausgleich nach § 299a ASVG gewährt, so gebührt Beziehern einer wiederkehrenden Leistung nach diesem Bundesgesetz unter denselben Voraussetzungen zu denselben Terminen ein Wertausgleich in derselben Höhe.

ABSCHNITT V: TODESFALLBEITRAG, BESTATTUNGSKOSTENBEITRAG, PFLEGEKOSTENBEITRAG

Anspruch auf Todesfallbeitrag

§ 38. (1) Stirbt ein Beamter, so haben nacheinander Anspruch auf Todesfallbeitrag:

a)der überlebende Ehegatte, der am Sterbetag des Beamten mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, es sei denn, dass die Gatten nur wegen der Erziehung der Kinder, aus Gesundheitsrücksichten, aus wirtschaftlichen oder ähnlichen nicht in ihren persönlichen Beziehungen gelegenen Gründen abgesondert gelebt haben,

b)das Kind, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat,

c)das Kind, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat.

(2) Mehreren nebeneinander anspruchsberechtigten Kindern (Enkelkindern) gebührt der Todesfallbeitrag zur ungeteilten Hand.

(3) Nach einem mehr als drei Jahre abgängigen Beamten besteht unabhängig vom Zeitpunkt des Todes des Beamten kein Anspruch auf Todesfallbeitrag. Es gebührt jedoch statt des


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Todesfallbeitrages ein Beitrag zur Deckung der Kosten, die durch den Tod des Beamten entstanden sind. Dieser Beitrag darf das Ausmaß des Todesfallbeitrages nicht übersteigen.

(4) Die Bestimmungen des § 13 Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden.

Ausmaß des Todesfallbeitrages

§ 39. (1) Der Todesfallbeitrag nach einem Beamten des Dienststandes beträgt das Dreifache des Monatsbezuges, der der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte am Sterbetag erreicht hat.

(2) Der Todesfallbeitrag nach einem Beamten des Ruhestandes beträgt das Dreifache seines monatlichen Ruhebezuges, auf den er am Sterbetag Anspruch hatte.

(3) Stirbt ein Beamter im Monat des Wirksamwerdens der Versetzung in den Ruhestand, so ist der Todesfallbeitrag so zu bemessen, als ob sich der Beamte am Sterbetag noch im Dienststand befunden hätte.

Bestattungskostenbeitrag

§ 40. (1) Besteht kein Anspruch auf Todesfallbeitrag, so gebührt der Person, die die Kosten der Bestattung des Beamten ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf ihren Antrag ein Ersatz dieser Kosten.

(2) Der Bestattungskostenbeitrag oder mehrere Bestattungskostenbeiträge zusammen dürfen die Höhe des in Betracht kommenden Todesfallbeitrages nicht übersteigen.

Pflegekostenbeitrag

§ 41. (1) Ist ein Anspruch auf Todesfallbeitrag nicht gegeben und erreicht ein allfällig gebührender Bestattungskostenbeitrag nicht die Höhe des Todesfallbeitrages, so kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen der Person, die den Beamten vor seinem Tod unentgeltlich gepflegt oder die Kosten der Pflege ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf Antrag ein Pflegekostenbeitrag gewährt werden.

(2) Die Bestattungskostenbeiträge und die Pflegekostenbeiträge zusammen dürfen die Höhe des in Betracht kommenden Todesfallbeitrages nicht übersteigen.

ABSCHNITT VI: VERSORGUNG BEI ABGÄNGIGKEIT

Versorgungsgeld für die Angehörigen eines Beamten des Dienststandes

§ 42. (1) Ist ein Beamter des Dienststandes abgängig geworden, so ruhen bis zu seiner Rückkehr seine Bezüge.

(2) Solange die Bezüge nach Abs. 1 ruhen, gebührt dem Angehörigen des Beamten ein monatliches Versorgungsgeld in der Höhe des Versorgungsbezuges, der ihm gebühren würde, wenn der Beamte im Zeitpunkt des Abgängigwerdens gestorben wäre. Das Erfordernis einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von mindestens fünf Jahren entfällt. Die Einschränkung des § 13 Abs. 2 gilt nicht.

(3) Angehörige, die ein vorsätzliches Verschulden daran trifft, dass der Beamte abgängig geworden ist oder dass er nicht zurückkehrt, haben keinen Anspruch auf Versorgungsgeld.

(4) Das dem Ehegatten und den Kindern gebührende Versorgungsgeld ist für die ersten sechs Monate der Abgängigkeit des Beamten im gleichen Verhältnis so zu erhöhen, dass es


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zusammen mit dem Versorgungsgeld des früheren Ehegatten den Monatsbezug erreicht, der der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten im Zeitpunkt des Abgängigwerdens entspricht.

(5) Sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Abgängigkeit des Beamten auf einen Dienstunfall oder auf andere mit der ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes zusammenhängende Umstände zurückzuführen ist, so kann das Versorgungsgeld für weitere sechs Monate nach der Vorschrift des Abs. 4 erhöht werden. Für die darüber hinausgehende Zeit kann das Versorgungsgeld auf den Betrag des Ruhebezuges erhöht werden, der dem Beamten gebühren würde, wenn er im Zeitpunkt des Abgängigwerdens in den Ruhestand versetzt worden wäre.

(6) Dem früheren Ehegatten gebührt Versorgungsgeld nur auf Antrag. Die Bestimmungen des § 18 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gelten sinngemäß.

(7) Hat ein Beamter, dessen Bezüge nach Abs. 1 ruhen, keine anspruchsberechtigten Angehörigen, so kann ihm zu Handen eines zu bestellenden Abwesenheitskurators längstens auf die Dauer von drei Jahren zur Bestreitung gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen ein monatliches Versorgungsgeld geleistet werden. Das Versorgungsgeld darf die Hälfte des Ruhebezuges nicht übersteigen, der dem Beamten gebühren würde, wenn er im Zeitpunkt des Abgängigwerdens in den Ruhestand versetzt worden wäre. Die Bestimmung des Abs. 2 zweiter Satz ist anzuwenden. Zu diesem Versorgungsgeld gebührt keine Sonderzahlung.

(8) Dem zurückgekehrten Beamten gebührt für die Zeit bis zu seiner Rückkehr der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach diesem Bundesgesetz geleisteten Versorgungsgeld beziehungsweise dem nach früheren Bestimmungen geleisteten Unterhaltsbeitrag einschließlich allfälliger Zulagen und dem Ruhebezug, der ihm gebührt hätte, wenn er im Zeitpunkt des Abgängigwerdens in den Ruhestand versetzt worden wäre. Die Sonderzahlungen sind bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages zu berücksichtigen. Der Unterschiedsbetrag gebührt insoweit nicht, als der Beamten eigenmächtig und ungerechtfertigt dem Dienst ferngeblieben ist.

(9) Im Fall des Todes des Beamten ist das nach diesem Bundesgesetz geleistete Versorgungsgeld beziehungsweise der nach früheren Vorschriften geleistete Unterhaltsbeitrag einschließlich allfälliger Zulagen auf den für die gleiche Zeit gebührenden Versorgungsbezug anzurechnen. Die Sonderzahlungen sind bei der Anrechnung zu berücksichtigen.

(10) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 gelten sinngemäß für den Fall, dass ein Beamter des Dienststandes sich im Gewahrsam einer ausländischen Macht befindet.

(11) Die Bestimmungen der §§ 26 bis 37a sind sinngemäß anzuwenden.

Versorgungsgeld für die Angehörigen eines Beamten des Ruhestandes

§ 43. (1) Die Bestimmungen des § 42 Abs. 1, 2 erster und dritter Satz, 3, 6, 7, 9 und 11 sind im Fall der Abgängigkeit des Beamten des Ruhestandes sinngemäß anzuwenden. Die Einschränkung des § 13 Abs. 3 gilt nicht.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für den Fall, dass der Beamte des Ruhestandes sich im Gewahrsam einer ausländischen Macht befindet.

(3) Dem zurückgekehrten Beamten gebührt für die Zeit bis zu seiner Rückkehr der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach diesem Bundesgesetz geleisteten Versorgungsgeld beziehungsweise dem nach früheren Vorschriften geleisteten Unterhaltsbeitrag einschließlich allfälliger Zulagen und dem Ruhebezug. Die Sonderzahlungen sind bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages zu berücksichtigen.

Versorgung der Halbwaise bei Abgängigkeit des überlebenden Ehegatten

§ 44. Auf die Dauer der Abgängigkeit des überlebenden Ehegatten eines Beamten ist die von ihm hinterlassene Halbwaise wie eine Vollwaise zu behandeln.


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ABSCHNITT VII: UNTERHALTSBEITRAG

Unterhaltsbeitrag für die Angehörigen eines entlassenen Beamten

§ 45. (1) Dem Angehörigen eines aus dem Dienststand entlassenen Beamten kann auf Antrag ein monatlicher Unterhaltsbeitrag gewährt werden, vorausgesetzt, dass der Angehörige über ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen nicht verfügt und Anspruch auf Versorgungsgenuss hätte, wenn der Beamte im Zeitpunkt der Entlassung gestorben wäre. Der Unterhaltsbeitrag kann auch befristet gewährt werden. Er ist zu entziehen, wenn eine Voraussetzung für seine Gewährung weggefallen ist.

(2) Der Unterhaltsbeitrag darf den Versorgungsgenuss nicht übersteigen, auf den der Angehörige Anspruch hätte, wenn der Beamte im Zeitpunkt der Entlassung gestorben wäre.

(3) Auf Empfänger von Unterhaltsbeiträgen sind die Bestimmungen der §§ 23 bis 37a sinngemäß anzuwenden.

ABSCHNITT VIII: ANRECHNUNG VON RUHEGENUSSVORDIENSTZEITEN,ANRECHNUNG IM RUHESTAND VERBRACHTER ZEITEN

Anrechenbare Ruhegenussvordienstzeiten

§ 46. (1) Ruhegenussvordienstzeiten sind die in den Abs. 2 bis 4 genannten Zeiten, so weit sie vor dem Tag liegen, an dem die ruhegenussfähige Beamtendienstzeit beginnt. Durch Anrechnung, die von Dienstes wegen erfolgt, werden sie ruhegenussfähige Zeiten.

(2) Folgende Ruhegenussvordienstzeiten sind anzurechnen:

a)die in einem Dienstverhältnis bei einem inländischen öffentlich-rechtlichen Dienstgeber, bei den Österreichischen Bundesbahnen, deren Betriebsvorgängern oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden inländischen Eisenbahnunternehmung zurückgelegte Zeit,

b)die im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule oder einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule zurückgelegte Zeit,

c)die im Seelsorgedienst einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft im Inland zurückgelegte Zeit,

d)die Zeit der Erfüllung einer inländischen Arbeits-, Zivil- oder Wehrdienstpflicht einschließlich der Zeit der Kriegsgefangenschaft und der für die Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft erforderlichen Zeit,

e)die Zeit eines dem Wehrdienst ähnlichen inländischen Not- oder Luftschutzdienstes,

f)die Zeit einer unverschuldeten Zivilinternierung aus dem Anlass eines Krieges,

g)die Zeit, die dem Beamten in einem anderen Dienstverhältnis nach den Bestimmungen des Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 134/1945, für die Bemessung des Ruhegenusses oder für die Bemessung der Abfertigung angerechnet worden ist,

h)die Zeit eines abgeschlossenen inländischen oder einem solchen gleichzuhaltenden Studiums an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten mittleren Schule, höheren Schule, Akademie oder verwandten Lehranstalt, so weit die gesetzliche Mindestdauer des Studiums nicht überschritten worden ist,

i)die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Hochschule oder einer staatlichen Kunstakademie, das für den Beamten Anstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren für jedes Studium. Zum Studium zählt auch die für die Ablegung der Abschluss


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prüfung oder für die Erwerbung eines akademischen Grades erforderliche Vorbereitungszeit bis zum Höchstausmaß von einem halben Jahr,

j)die Zeit, die gemäß § 2 Abs. 5 der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963, BGBL. Nr. 170, in der bis zum 28. Februar 1969 geltenden Fassung oder gemäß § 3 Abs. 2 Z.7 oder 8 derselben für die Erlangung höherer Bezüge angerechnet worden ist, so weit sie nicht nach den Bestimmungen der lit. h oder i anrechenbar ist,

k)die Zeit eines mindestens zwei Jahre dauernden abgeschlossenen inländischen oder einem solchen gleichgehaltenen Studiums an einer Hochschule oder einer staatlichen Kunstakademie, das für den Beamten nicht Anstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren,

l)die in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit, sofern die Berufsausbildung Voraussetzung für die Anstellung des Beamten gewesen ist oder die Berufsausbildung bei einem inländischen öffentlich-rechtlichen Dienstgeber, den Österreichischen Bundesbahnen, deren Betriebsvorgängern oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden inländischen Eisenbahnunternehmung zurückgelegt worden ist,

m)die im Inland in einem Dienstverhältnis oder in einem Berufsausbildungsverhältnis bei einem sonstigen Dienstgeber zurückgelegte Zeit,

n)die Zeit eines Dienstverhältnisses bei den Europäischen Gemeinschaften.

(3) Folgende Ruhegenussvordienstzeiten können angerechnet werden:

a)die Zeit selbständiger Erwerbstätigkeit,

b)die im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst oder in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit,

c)die Zeit einer behördlichen Beschränkung der Freiheit oder der Erwerbstätigkeit, es sei denn, dass die Beschränkung wegen eines Verhaltens erfolgt ist, das nach österreichischem Recht strafbar ist.

(4) Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen können auch andere als die in den Abs. 2 und 3 angeführten Zeiten, die vor dem Beginn der ruhegenussfähigen Bundesbahndienstzeit liegen und für die dienstliche Verwendung des Beamten von wesentlicher Bedeutung sind, als Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet werden.

Ausschluss der Anrechnung und Verzicht

§ 47. (1) Die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten ist ausgeschlossen, wenn der Beamte auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung verzichtet hat.

(2) Von der Anrechnung sind folgende Ruhegenussvordienstzeiten ausgeschlossen:

a)Die Zeit, die der Beamte vor der Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt hat,

b)Die Zeit, für die der Beamte auf Grund eines Dienstverhältnisses eine Anwartschaft oder einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen aus Mitteln eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers erworben hat, sofern die sich daraus ergebenden Bezüge nicht den Österreichischen Bundesbahnen abgetreten worden sind. Die Abtretung wird rechtsunwirksam, wenn der Beamte aus dem Dienststand ausscheidet, ohne dass ein Anspruch auf Pensionsversorgung entstanden ist.

(3) Der Beamte kann die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten in jenen Fällen, in denen er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten hätte, durch schriftliche Erklärung ganz oder teilweise ausschließen. Dasselbe können seine Hinterbliebenen, wenn er vor der Anrechnung der Ruhegenussvordienstzeiten gestorben ist.

(4) Auf das Recht, das infolge der Anrechnung erwachsen ist, kann nicht verzichtet werden.


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Besonderheiten der Anrechnung

§ 48. (1) Die im § 46 Abs. 2 lit. m und Abs. 3 lit. a und b genannten Ruhegenussvordienstzeiten, die der Beamte nach der Vollendung des 18., aber vor der Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegt hat, dürfen nur bedingt für den Fall

a)der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit,

b)der Versetzung in den Ruhestand nach zurückgelegtem 65. Lebensjahr oder

c)des während des Dienststandes eingetretenen Todes des Beamten

angerechnet werden.

(2) Die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten wird spätestens mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand oder des Abgängigwerdens des Beamten wirksam.

(3) Die mehrfache Anrechnung ein und desselben Zeitraumes als Ruhegenussvordienstzeit nach Maßgabe der Bestimmungen diesem Bundesgesetz ist – so weit nicht besondere Vorschriften eine solche ausdrücklich vorsehen – unzulässig.

Besonderer Pensionsbeitrag

§ 49. (1) Soweit die Österreichischen Bundesbahnen für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisunsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalten, hat der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten. Stirbt der Beamte, so geht diese Verpflichtung auf seine Hinterbliebenen über. Wenn der Beamte abgängig wird, so fällt diese Verpflichtung so lange auf seine Angehörigen, als sie Anspruch auf Versorgungsgeld haben.

(2) Ein besonderer Pensionsbeitrag ist nicht zu entrichten,

a)so weit es sich um die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach § 46 Abs. 2 lit. g handelt,

b)so weit als Ruhegenussvordienstzeit die Zeit der Erfüllung einer inländischen Zivil- oder Wehrdienstpflicht (§ 46 Abs. 2 lit. d) oder die Zeit eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG angerechnet worden ist,

c)so weit der Beamte für die angerechnete Ruhegenussvordienstzeit bereits in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft, zu den Österreichischen Bundesbahnen oder zu deren Betriebsvorgängern besondere Pensionsbeiträge entrichtet hat und sie ihm nicht erstattet worden sind,

d)so weit dem Beamten, seinen Hinterbliebenen oder Angehörigen für die angerechnete Ruhegenussvordienstzeit eine Anwartschaft oder ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen aus Mitteln eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers zugestanden ist und die aus dieser Anwartschaft oder aus diesem Anspruch sich ergebenden Leistungen den Österreichischen Bundesbahnen abgetreten worden sind.

(3) Die Bemessungsgrundlage des besonderen Pensionsbeitrages bildet das Gehalt, das dem Beamten für den ersten vollen Monat seiner Dienstleistung gebührt hat, einschließlich der ruhegenussfähigen Zulagen.

(4) Der besondere Pensionsbeitrag beträgt für jeden vollen Monat der unbedingt angerechneten Zeiten jenen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage, der sich aus § 21 Abs. 3b des Bundesbahngesetzes 1992, BGBl. Nr. 825, in der zur Zeit des ersten vollen Monats der Dienstleistung geltenden Fassung ergibt.

(5) Der Prozentsatz des besonderen Pensionsbeitrages ermäßigt sich auf die Hälfte des Prozentsatzes nach Abs. 4 für Zeiten, die bedingt angerechnet worden sind.


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(6) Bei nachträglichem Nachkauf von Beschäftigungs- oder Studienzeiten bildet die Bemessungsgrundlage des besonderen Pensionsbeitrages das Gehalt, das dem Beamten im Zeitpunkt der Antragstellung gebührt. In diesem Fall beträgt der besondere Pensionsbeitrag für jeden vollen Monat der angerechneten Zeiten jenen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage, der sich aus § 21 Abs. 3b des Bundesbahngesetzes 1992 in der zum Zeitpunkt der Antragstellung jeweils geltenden Fassung ergibt. Abs. 5 gilt sinngemäß.

(7) Der besondere Pensionsbeitrag ist nach Anrechnung der betreffenden Ruhegenussvordienstzeiten durch Abzug vom Monatsbezug, Ruhebezug, Versorgungsbezug, Versorgungsgeld, Unterhaltsbezug, von der Abfertigung, Ablösung oder Abfindung hereinzubringen. Bei der Hereinbringung durch Abzug von den monatlich wiederkehrenden Leistungen dürfen nicht mehr als sechzig Monatsraten bewilligt werden. Bei der Festsetzung der Monatsraten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten billige Rücksicht zu nehmen. Der besondere Pensionsbeitrag kann auch auf einmal entrichtet werden.

(8) Wenn die Hereinbringung des besonderen Pensionsbeitrages in sechzig Monatsraten eine besondere Härte bedeuten würde, so können bis zu neunzig Monatsraten bewilligt werden.

(9) Auf mehrere Hinterbliebene oder Angehörige, zu deren Gunsten Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet worden sind, ist der aushaftende besondere Pensionsbeitrag nach dem Verhältnis ihrer durch die Anrechnung erhöhten Versorgungsbezüge, Versorgungsgelder oder Unterhaltsbezüge aufzuteilen. Maßgebend sind die Verhältnisse am Sterbetag oder im Zeitpunkt des Abgängigwerdens des Beamten. Von der Abfertigung des überlebenden Ehegatten oder der Waise ist kein besonderer Pensionsbeitrag hereinzubringen. Die Verpflichtung zur Entrichtung des aufgeteilten besonderen Pensionsbeitrages erlischt mit dem Tod des betreffenden Hinterbliebenen.

(10) Scheidet der Beamte aus dem Dienststand aus, ohne dass er, seine Hinterbliebenen oder Angehörigen Anspruch auf Pensionsversorgung erlangt haben, so entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung des noch aushaftenden besonderen Pensionsbeitrages.

(11) § 21 Abs. 4b des Bundesbahngesetzes 1992 gilt sinngemäß.

Anrechnung im Ruhestand verbrachter Zeiten

§ 50. (1) Wird ein Beamter, der sich im Ruhestand befindet, nach dem Inkrafttreten diesem Bundesgesetz wieder in den Dienststand aufgenommen, so ist die im Ruhestand verbrachte Zeit auf Antrag als ruhegenussfähige Dienstzeit anzurechnen. Dies gilt nicht, wenn der Beamte infolge eines Disziplinarerkenntnisses in den Ruhestand versetzt worden ist.

(2) Soweit die Österreichischen Bundesbahnen für die angerechnete Zeit keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalten, hat der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten. Die Bestimmungen des § 49 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass vom 1. Jänner 1979 an der Hundertsatz 6 und vom 1. Jänner 1980 an der Hundertsatz 7 beträgt und die Bemessungsgrundlage das Gehalt bildet, das dem Beamten für den ersten vollen Monat seiner Dienstleistung nach der Wiederaufnahme in den Dienststand gebührt hat, einschließlich der ruhegenussfähigen Zulagen.

(3) Die Anrechnung von im Ruhestand verbrachten Zeiten ist nur zulässig, wenn der Beamte seinen Dienstposten noch durch mindestens drei Jahre ordnungsgemäß versehen hat.

ABSCHNITT IX: ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN

Weitergeltung bisheriger pensionsrechtlicher Vorschriften

§ 51. (1) Folgende pensionsrechtliche Vorschriften bleiben weiter in Kraft:

a)die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr vom 4. November 1949 über die in der Besoldungsordnung, BGBl. Nr. 263/1947, nicht geregelten Bundesbahnpensionen (Bundesbahn-Pensionsüberleitungsverordnung), BGBl. Nr. 267,


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b)der § 2a der Bundesbahn-Ruhegenussvordienstzeitenkundmachung 1956, BGBl. Nr. 202,

c)der Artikel II Z. 1, 2, 5 und 6 der Novelle der Bundesbahn-Ruhegenussvordienstzeitenkundmachung 1956, BGBl. Nr. 212/1962,

d)in jenen Fällen, in denen dies in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist, die bisherigen pensionsrechtlichen Bestimmungen.

(2) Abweichend von den Bestimmungen des § 50 sind Beamten, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 im Dienst- oder Ruhestand befunden haben, sowie deren Hinterbliebenen weitere Zeiträume als ruhegenussfähige Zeiten nach Maßgabe der bis zum Inkrafttreten der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 in Geltung gestandenen Bestimmungen anzurechnen. Die Bestimmungen des § 53 Abs. 2 werden hiedurch nicht berührt.

Überleitungsbestimmungen für Leistungsempfänger nach den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften

§ 52. (1) Die im Zeitpunkt der Kundmachung der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden pensionsrechtlichen Bestimmungen bestehenden Ansprüche auf Pensionsversorgung werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt. Die Ruhe- und Versorgungsbezüge, Unterhaltsbeiträge und dergleichen sind, sofern dies für den Anspruchsberechtigten günstiger ist, nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden pensionsrechtlichen Bestimmungen weiter zu gewähren. Waisen, für die auf Grund der bisherigen geltenden pensionsrechtlichen Bestimmungen Erziehungsbeiträge gebührt haben und die nach der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 keinen Anspruch auf Waisenversorgung hatten, sind die Erziehungsbeiträge als Waisenversorgungsgenüsse weiter zu gewähren.

(2) Dieses Bundesgesetz ist auf ab 1. Oktober 2000 neu anfallende Ruhe- oder Versorgungsgenüsse anzuwenden. Auf Personen, die am 30. September 2000 Anspruch auf Pensionsversorgung gegen die Österreichischen Bundesbahnen haben, sind die am 30. September geltenden Regelungen über die Pensionsversorgung der Beamten der Österreichischen Bundesbahnen, ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen abweichend von § 1 Abs. 1 Z 2 und 3 weiterhin anzuwenden. Abweichend davon gelten die §§ 37 und 37a dieses Bundesgesetzes auch für diese Personen.

Übergangsbestimmungen für Beamte des Dienststandes

§ 53. (1) Für Beamte, die sich am 1. Jänner 1966 im Dienststand befunden haben, bleiben die nach den bisherigen Vorschriften erfolgten Anrechnungen von Ruhegenussvordienstzeiten aufrecht.

(2) Wenn die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 zu einem günstigeren Gesamtergebnis führte als die nach den vorhergehenden Vorschriften vorgenommene Anrechnung, ist der das Gesamtergebnis der bisherigen Anrechnung übersteigende Zeitraum aus Anlass des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand insoweit zusätzlich als Ruhegenussvordienstzeit anzurechnen, als dies zum Erreichen des Höchstausmaßes des Ruhegenusses (§ 8 Abs. 3) erforderlich ist.

(3) Soweit die Österreichischen Bundesbahnen für die zusätzlich angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalten, ist ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten. Die Bestimmungen des § 49 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass der Hundertsatz 7 beträgt. Die Bemessungsgrundlage dieses besonderen Pensionsbeitrages bildet das Gehalt, das dem Beamten im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand gebührt hat, einschließlich der ruhegenussfähigen Zulagen.

(4) Ergibt sich auf Grund der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit bei Anwendung der bis zum Inkrafttreten der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 für die Beamten der Österreichischen Bundesbahnen geltenden pensionsrechtlichen Bestimmungen ein höherer Hundertsatz als nach


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§ 8 Abs. 1 und 2, so ist dieser höhere Hundertsatz für das Ausmaß des Ruhe- und Versorgungsgenusses maßgebend.

(5) Die Bestimmungen des Abs. 4 finden nur auf Bundesbahnbeamte Anwendung, die vor der Kundmachung der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 erstmals in den Bundesbahndienst aufgenommen worden sind.

Ausnahmen von der Voraussetzung des Besitzes der österreichischen Staatsbürgerschaft

§ 54. Abweichend von den Bestimmungen der §§ 3 Abs. 2 lit. a und 11 lit. a bleibt Personen, die am 1. März 1985 nach der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 ungeachtet des Nichtbesitzes der österreichischen Staatsbürgerschaft eine Anwartschaft beziehungsweise einen Anspruch auf Pensionsversorgung (auch Unterhaltsbeitrag und dergleichen) gehabt haben, die Anwartschaft beziehungsweise der Anspruch auf Pensionsversorgung gewahrt. Wird jedoch von diesen Personen die österreichische Staatsbürgerschaft nach diesem Zeitpunkt erworben und später wieder verloren, so erlöschen damit die Anwartschaft beziehungsweise der Anspruch auf Pensionsversorgung.

Übergangsbestimmungen zu § 2

§ 54a. An die Stelle des im § 2 Abs. 1 Z 3 angeführten Zeitraums von 18 Monaten tritt bei Erreichen der Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß im Zeitraum

1.vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2000 ein Zeitraum von zwei Monaten,

2.vom 1. Jänner 2001 bis zum 31. März 2001 ein Zeitraum von vier Monaten,

3.vom 1. April 2001 bis zum 30. Juni 2001 ein Zeitraum von sechs Monaten,

4.vom 1. Juli 2001 bis zum 30. September 2001 ein Zeitraum von acht Monaten,

5.vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Dezember 2001 ein Zeitraum von zehn Monaten,

6.vom 1. Jänner 2002 bis zum 31. März 2002 ein Zeitraum von zwölf Monaten,

7.vom 1. April 2002 bis zum 30. Juni 2002 ein Zeitraum von 14 Monaten und

8.vom 1. Juli 2002 bis zum 30. September 2002 ein Zeitraum von 16 Monaten.

ABSCHNITT X: Ruhen monatlich wiederkehrender Geldleistungen

§ 55. Bei Zusammentreffen von monatlich wiederkehrenden Geldleistungen, die Beamten nach diesem Bundesgesetz gebühren, mit einem Erwerbseinkommen gelten nachfolgende Bestimmungen:

(2) Im Sinne der §§ 56 bis 60 bedeuten die Begriffe

1.Pension: jede wiederkehrende Geldleistung, die Beamten nach diesem Bundesgesetz gebührt;

2.Vollpension: Pension in ungekürzter Höhe vor Anwendung des § 56;

3.Pensionist: Person, die Anspruch auf eine oder mehrere Pensionen hat;

4.Erwerbseinkommen:

a)das Entgelt aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit,

b)das Einkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit, ausgenommen Ansprüche aus der Verwertung von Urheberrechten, sowie


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c)die Bezüge der

aa)im § 1 des Bundesbezügegesetzes, BGBl. I Nr. 64/1997,

bb)im § 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997,

cc)in auf Grund des § 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre ergehenden landesgesetzlichen Vorschriften oder

dd)in § 10 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre

genannten Organe oder Funktionäre,

wenn das Erwerbseinkommen die jeweils geltende Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, übersteigt.

Teilpension bei Zusammentreffen von Pension und Erwerbseinkommen

§ 56 . (1) Übt ein Pensionist in einem Kalendermonat eine Erwerbstätigkeit aus, aus der ein Erwerbseinkommen bezogen wird, so wandelt sich der Anspruch auf Vollpension für den betreffenden Kalendermonat in einen Anspruch auf Teilpension. Diese Folge tritt auch dann ein, wenn am Fälligkeitstag der einzelnen Pension keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

(2) Die Höhe der Teilpension wird wie folgt ermittelt:

1.Das Erwerbseinkommen ist mit der Vollpension zusammenzurechnen. Die Summe bildet das Gesamteinkommen.

2.Bei Zusammentreffen mehrerer Ansprüche auf Pensionen gilt die Summe dieser Ansprüche als Vollpension; der sich ergebende Ruhensbetrag ist in diesem Fall zunächst von der höchsten, übersteigt jedoch der Ruhensbetrag diese, von der jeweils nächsthöheren Pension in Abzug zu bringen. Nur teilweise zahlbare Pensionen sind dabei nur im tatsächlich gebührenden Ausmaß und nicht zahlbare Pensionen nicht zu berücksichtigen.

3.Vom Gesamteinkommen ruhen, wenn die Versetzung in den Ruhestand vor dem vollendeten 65. Lebensjahr wirksam geworden ist,

a)von den ersten 12.000 S 0%,

b)von den weiteren 6.000 S 30%,

c)von den weiteren 6.000 S 40% und

d)von allen weiteren Beträgen 50%.

4.Der Ruhensbetrag darf

a)weder 50% der Vollpension

b)noch das Erwerbseinkommen

überschreiten.

5.Die um den Ruhensbetrag gemäß Z 3 und 4 gekürzte Vollpension ergibt die Teilpension.

(3) Mit Ablauf des Monates, in dem der Pensionist sein 65. Lebensjahr vollendet, wandelt sich der Anspruch auf Teilpension wieder in einen Anspruch auf Vollpension.


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Berechnung der Pension und des Erwerbseinkommens

§ 57. (1) Beträge, die für einen größeren Zeitraum als den Kalendermonat gebühren (zB Sonderzahlungen), zählen nicht zur Vollpension.

(2) Als Erwerbseinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gilt für jeden Kalendermonat ein Zwölftel des im selben Kalenderjahr aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommens. Solange das Jahreseinkommen nicht feststeht, ist vorläufig das letzte feststehende Erwerbseinkommen heranzuziehen. Wird eine selbständige Erwerbstätigkeit neu aufgenommen, so ist der Berechnung der Teilpension vorläufig ein monatliches Erwerbseinkommen von 10.000 S zugrunde zu legen, sofern die Person, die die selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, nicht glaubhaft macht, dass im betreffenden Kalenderjahr voraussichtlich kein Einkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt werden wird.

(3) Als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gilt das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt. Bezüge, die für einen größeren Zeitraum als den Kalendermonat gebühren (zB Weihnachts- und Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, Belohnungen), zählen nicht zum Einkommen.

Meldepflicht

§ 58. Jede Erwerbstätigkeit ist der pensionsauszahlenden Stelle binnen 14 Tagen nach ihrer Aufnahme zu melden.

Anpassung der Betragsgrenzen

§ 59. Die im § 56 genannten Beträge sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor nach § 108f ASVG zu vervielfachen.

Übergangsbestimmungen

§ 60. (1) Die §§ 55 bis 59 und die Abs. 2 und 3 sind nur auf Pensionen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2000 erstmals gebühren.

(2) Erwerbseinkommen gemäß § 55 Abs. 2 Z 4 lit. c sind dem Gesamteinkommen nur dann hinzuzurechnen, wenn die jeweilige Funktion, auf Grund der ein Erwerbseinkommen bezogen wird, nach dem 31. Dezember 2000 erstmals oder neuerlich angetreten wird.

(3) Abweichend von § 56 Abs. 2 Z 4 lit. a darf der Ruhensbetrag

1.im Jahr 2001 10%,

2.im Jahr 2002 20%,

3.im Jahr 2003 30% und

4.im Jahr 2004 40%

der Vollpension nicht überschreiten.

ABSCHNITT XI: SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Verweisungen auf Bundesgesetze und sonstige Dienstvorschriften für Beamte der Österreichischen Bundesbahnen

§ 61. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(2) Abs. 1 gilt nicht für die im Abschnitt IX enthaltenen Zitierungen.


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(3) In diesem Bundesgesetz angeführte Gehaltsgruppen oder Gehaltsstufen beziehen sich auf die Anlage 2 der AVB.

Inkrafttreten

§ 62. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der §§ 55 bis 60 und 64 mit 1. Oktober 2000 in Kraft.

(2) Die §§ 55 bis 60 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 treten mit 1. Jänner 2001 in Kraft.

(3) § 64 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 tritt mit 1. Jänner 2003 in Kraft.

Vollziehung

§ 63. Dieses Bundesgesetz ist vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu vollziehen. Die Österreichischen Bundesbahnen haben bei der Bemessung und Auszahlung der nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen mitzuwirken. Gegenüber dem Bund besteht kein Anspruch auf Ersatz des durch die Mitwirkung entstehenden Aufwandes.

ABSCHNITT XII: Änderungen ab 1. Jänner 2003

§ 64. (1) An die Stelle der §§ 4 und 5 treten mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 folgende Bestimmungen samt Überschriften:

"Ruhegenussermittlungsgrundlagen

§ 3a. (1) Dem Beamten gebührt ein monatlicher Ruhegenuss, wenn seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit mindestens zehn Jahre beträgt. Der Ruhegenuss wird auf der Grundlage der Ruhegenussberechnungsgrundlage, der Ruhegenussbemessungsgrundlage und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

(2) Der Ruhegenuss und die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Zulagen bilden zusammen den Ruhebezug des Beamten.

(3) Ist der Beamte infolge einer von ihm nicht vorsätzlich herbeigeführten Krankheit oder körperlichen Schädigung dienstunfähig geworden und beträgt seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit noch nicht zehn, jedoch mindestens fünf Jahre, dann ist er so zu behandeln, als ob er eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren aufzuweisen hätte.

(4) Wird ein Beamter infolge

1.eines in Ausübung seines Dienstes eingetretenen Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit dienstunfähig oder

2.einer ohne sein vorsätzliches Verschulden eingetretenen Erblindung oder Geistesstörung

zur weiteren Eisenbahndienstleistung unfähig, so besteht der Anspruch nach Abs. 1 ohne Rücksicht auf die Dauer der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit.

Ruhegenussberechnungsgrundlage

§ 4. Die Ruhegenussberechnungsgrundlage ist wie folgt zu ermitteln:

1.Im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung ist die jeweilige besoldungsrechtliche Stellung des Beamten der besten 216 Beitragsmonate zu bewerten.


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32. Sitzung / Seite 135

2.Es ist für jeden Beitragsmonat – das ist jeder Monat der ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit, für den ein Pensions(sicherungs)beitrag geleistet wurde – die Beitragsgrundlage heranzuziehen. Diese besteht aus den für die Bemessung des Pensions(sicherungs)beitrages relevanten Bestandteilen des Monatsentgeltes (= Gehalt sowie allfällige ruhegenussfähige Zulagen). Sonderzahlungen bleiben dabei außer Betracht. Ebenfalls bleiben Zeiten außer Betracht, die zwar zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählen, für die jedoch kein Pensionsbeitrag – wenn auch allenfalls ein besonderer Pensionsbeitrag – geleistet wurde, und zwar

a)angerechnete Ruhegenussvordienstzeiten,

b)angerechnete Ruhestandszeiten,

c)zugerechnete Zeiträume und

d)sonstige durch besondere Bestimmungen als ruhegenussfähig erklärte Zeiten.

Beitragsgrundlagen aus den dem Jahr der Wirksamkeit des Ausscheidens aus dem aktiven Dienstverhältnis vorangegangenen Jahren sind mit den Aufwertungsfaktoren gem. den §§ 108 Abs. 4 und 108c ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 aufzuwerten.

3.Liegen mindestens 216 Beitragsmonate vor, so ist die Ruhegenussberechnungsgrundlage die Summe der 216 höchsten Beitragsgrundlagen nach Z 1, geteilt durch 216. Im Falle des Ausscheidens aus dem Dienststand durch Ruhestandsversetzung nach dem vollendeten

a)61. Lebensjahr tritt an die Stelle der Zahl "216" jeweils die Zahl "209",

b)62. Lebensjahr tritt an die Stelle der Zahl "216" jeweils die Zahl "202",

c)63. Lebensjahr tritt an die Stelle der Zahl "216" jeweils die Zahl "195",

d)64. Lebensjahr tritt an die Stelle der Zahl "216" jeweils die Zahl "188",

e)65. Lebensjahr tritt an die Stelle der Zahl "216" jeweils die Zahl "180".

Liegen weniger als die nach Z 3 jeweils zu berücksichtigenden Beitragsmonate vor, so ist die Ruhegenussberechnungsgrundlage die Summe aller Beitragsgrundlagen nach Z 1 und 2, geteilt durch die Anzahl der vorhandenen Beitragsmonate.

Ruhegenussbemessungsgrundlage

§ 5. 83% der Ruhegenussberechnungsgrundlage bilden die Ruhegenussbemessungsgrundlage."

(2) Im § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 werden mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 die Ausdrücke "des ruhegenussfähigen Monatsbezuges" jeweils durch die Ausdrücke "der Ruhegenussberechnungsgrundlage" ersetzt.

(3) Im § 9 wird der Ausdruck "Anspruch auf vollen Ruhegenuss" mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 durch den Ausdruck "Anspruch auf Ruhegenuss im Ausmaß der vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage" ersetzt.

(4) Im § 17 Abs. 1 wird der Ausdruck "des sich gemäß § 5 Abs. 1 und 2 ergebenden ruhegenussfähigen Monatsbezuges" mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 durch den Ausdruck "der sich gemäß § 4 ergebenden Ruhegenussberechnungsgrundlage" ersetzt.

(5) Im § 22 Abs. 4 wird der Ausdruck "des ruhegenussfähigen Monatsbezuges" mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 jeweils durch den Ausdruck "der Ruhegenussberechnungsgrundlage" ersetzt.


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32. Sitzung / Seite 136

(6) § 25 lautet mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 samt Überschrift:

"Nebengebührenzulage

§ 25. (1) Einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss hat, gebührt eine Nebengebührenzulage.

(2) Anspruchsbegründende Nebengebühren sind die auf der Basis des § 40 AVB zukommenden Nebenbezüge, die unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen des ÖBB-Dienstrechtes sowie der besonderen Betriebserfordernisse für Mehrleistungen, für Erschwernisse oder für Gefährdungen gewährt werden.

(3) Die im Durchschnitt gebührenden anspruchsbegründenden Nebengebühren sind in einem Nebengebührendurchschnittsatz zusammengefasst, der 10 v.H. der Summe aus Gehalt und allfälligen ruhegenussfähigen Zulagen, die der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechen, maximal jedoch 10 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8, beträgt. Diese Prozentsätze erhöhen sich ab 1. Jänner 2003 um 0,27 Prozentpunkte pro Jahr, ab 1. Jänner 2020 beträgt der Nebengebührendurchschnittsatz einheitlich 15 v.H. der Summe aus Gehalt und allfälligen ruhegenussfähigen Zulagen, die der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechen. Bis zum 31. Dezember 2011 ist der maximale Nebengebührendurchschnittsatz mit 10 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8 begrenzt. Ab 1. Jänner 2012 erhöht sich dieser vorher genannte Prozentsatz um 0,28 Prozentpunkte pro Jahr. Ab 1. Jänner 2020 beträgt der Nebengebührendurchschnittsatz maximal 12,5 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8.

(4) Die Nebengebührenzulage beträgt 10 v.H. der höchsten aufgewerteten Beitragsgrundlage (§ 4), maximal jedoch 10 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8. Diese Prozentsätze erhöhen sich ab 1. Jänner 2003 um 0,27 Prozentpunkte pro Jahr, ab 1. Jänner 2020 beträgt die Nebengebührenzulage einheitlich 15 v.H. der höchsten aufgewerteten Beitragsgrundlage (§ 4). Bis zum 31. Dezember 2011 ist die maximale Nebengebührenzulage mit 10 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8 begrenzt. Ab 1. Jänner 2012 erhöht sich dieser vorher genannte Prozentsatz um 0,28 Prozentpunkte pro Jahr. Ab 1. Jänner 2020 beträgt die maximal gebührende Nebengebührenzulage 12,5 v.H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsgruppe VIIb, Gehaltsstufe 8.

(5) Das Ausmaß der Nebengebührenzulage richtet sich nach dem Hundertsatz des Ruhe- oder Versorgungsgenusses, zu dem sie gebührt."

(7) Nach § 53 werden mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 folgende §§ 53a bis 53d samt Überschriften eingefügt:

"Übergangsbestimmungen zur Durchrechnung

§ 53a. (1) Für Beamte und Hinterbliebene, die am 31. Dezember 2002 Anspruch auf einen Ruhe- oder Versorgungsbezug haben, sowie bei der Bemessung von Versorgungsbezügen nach solchen Ruhebezügen, gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung weiter.

(2) Gebührt ein Ruhe- oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so ist die Zahl "216" in § 4 Z 1 durch folgende Zahlen zu ersetzen:

Jahr

Zahl

2003

1


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2

2004

24

2005

36

2006

48

2007

60

2008

72

2009

84

2010

96

2011

108

2012

120

2013

132

2014

144

2015

156

2016

168

2017

180

2018

192

2019

204

(3) Gebührt ein Ruhebezug oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so sind die jeweils letzten Zahlen in § 4 Z 3 lit. a bis e jeweils durch folgende Zahlen zu ersetzen:

Jahr

lit. a

lit. b

lit. c

lit. d

lit. e

2003

11

11

10

10

10

2004

23

22

21

20

20

2005

35

33

32

31

30

2006

46

44

43

42

40

2007

58

55

54

52

50

2008

70

67

65

63

60

2009

81

78

75

73

70

2010

93

89

86

84

80

2011

105

101

97

94

90

2012

116

112

108

105

100

2013

128

124

119

115

110

2014

140

135

130

125

120

2015

152

146

140

136

130

2016

163

157

151

146

140

2017

174

169

162

157

150

2018

186

180

173

168

160

2019

197

191

184

178

170


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32. Sitzung / Seite 138

Erhöhung des Ruhegenusses

§ 53b. Anlässlich der Bemessung des Ruhegenusses ist ein Vergleichsruhegenuss gemäß § 53c zu berechnen. Soweit § 53c nichts anderes vorsieht, sind dabei die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

§ 53c. (1) Der Vergleichsruhegenuss wird auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

(2) 83 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges bilden die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage.

(3) Der ruhegenussfähige Monatsbezug besteht aus

1. dem Gehalt und

2. den ruhegenussfähigen Zulagen,

die der besoldungsrechtlichen Stellung entsprechen, die der Beamte im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand erreicht hat, einschließlich der nach Maßgabe der Abs. 4 und 5 gebührenden Erhöhungen.

(4) Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand der für die nächste Vorrückung – ausgenommen für die Vorrückung in die letzten beiden Gehaltsstufen der jeweiligen Gehaltsgruppe des Beamten – erforderliche Zeitraum zur Hälfte bzw. der für die Vorrückung in die letzten beiden Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum zur Gänze verstrichen, dann ist der Beamte so zu behandeln, als ob die Vorrückung eingetreten wäre.

(5) Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand wegen Tod infolge Dienstunfall oder einer wegen Dienstunfähigkeit infolge Dienstunfall von Dienstes wegen verfügten Ruhestandsversetzung der erforderliche Zeitraum zur Hälfte verstrichen, dann ist der Beamte in jedem Fall so zu behandeln, als ob die Vorrückung bereits eingetreten wäre.

(6) Würden innerhalb eines Zeitraumes von eineinhalb Jahren nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand die Voraussetzungen für eine Überstellung gemäß Spalten 4 und 5 der Anlage 1 AVB erfüllt werden, wird der Beamte so behandelt, als ob diese eingetreten wäre; von der in den Spalten 4 und 5 der Anlage 1 AVB vorgeschriebenen Dauer der innegehabten Gehaltsgruppe muss der Beamte jedoch bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand bei rangbildenden Überstellungen mindestens drei Jahre zurückgelegt haben.

(7) Der Vergleichsruhegenuss darf

1. die Ruhegenussbemessungsgrundlage nach Abs. 2 nicht übersteigen und

2. 40% des ruhegenussfähigen Monatsbezuges nicht unterschreiten.

§ 53d. (1) Ist der Ruhegenuss höher als nach den bis zur Einführung der Durchrechnung geltenden Bestimmungen (Vergleichspension), gebührt keine Erhöhung des Ruhegenusses nach den Abs. 3 oder 4.

(2) Ist die Vergleichspension höher als der Ruhegenuss, ist die in den Abs. 3 oder 4 vorgesehene Vergleichsberechnung durchzuführen. Ergibt diese Vergleichsberechnung einen Erhöhungsbetrag, ist der Ruhegenuss um diesen Erhöhungsbetrag zu erhöhen.

(3) Übersteigt die Vergleichspension den Betrag von 28.000 S, so ist der Erhöhungsbetrag wie folgt zu berechnen:


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32. Sitzung / Seite 139

1.Zunächst ist der Ruhegenuss von der Vergleichspension abzuziehen. Der sich daraus ergebende Betrag ist in einem auf drei Kommastellen gerundeten Prozentsatz der Vergleichspension auszudrücken.

2.Derjenige Teil der Vergleichspension, der über dem Betrag von 28.000 S liegt, ist mit dem sich aus Z 1 ergebenden Prozentsatz zu multiplizieren.

3.Zu dem sich aus Z 2 ergebenden Betrag ist ein Betrag zu addieren, der 7% von 28.000 S entspricht.

4.Ist der sich aus Z 1 ergebende Betrag höher als der sich aus Z 3 ergebende Betrag, so entspricht der Erhöhungsbetrag der Differenz zwischen den sich aus Z 1 und aus Z 3 ergebenden Beträgen. Andernfalls gebührt kein Erhöhungsbetrag.

(4) Übersteigt die Vergleichspension den Betrag von 28.000 S nicht, so ist der Erhöhungsbetrag wie folgt zu berechnen:

1.Von der Vergleichspension ist zunächst der Betrag von 7.000 S abzuziehen und das Resultat durch die Zahl 300.000 zu dividieren.

2.Das Ergebnis dieser Division ist auf drei Kommastellen zu runden und von der Zahl 1 abzuziehen.

3.Ist der Ruhegenuss niedriger als das Produkt der Vergleichspension mit der sich aus Z 2 ergebenden Zahl, so entspricht der Erhöhungsbetrag dieser Differenz. Andernfalls gebührt kein Erhöhungsbetrag.

(5) Von der Bundesregierung wird zur Vermeidung unverhältnismäßiger Härten jedes Jahr für das folgende Kalenderjahr ein Anpassungsfaktor ermittelt und kundgemacht, um den die Beträge für die Grenzen gemäß Abs. 3 und 4 anzupassen sind. Die Höhe des Anpassungsfaktors orientiert sich am Anpassungsfaktor gemäß § 108f ASVG. Eine Verordnung über die Anpassung wird erstmals im Jahr 2003 erlassen."

Im Art. 14 Z 1 treten an die Stelle des § 21 Abs. 4 folgende Bestimmungen:

"(3a) Der aktive Beamte hat

1.einen monatlichen Pensionsbeitrag sowie einen Pensionsbeitrag von jeder Sonderzahlung und

2.einen monatlichen Pensionssicherungsbeitrag sowie einen Pensionssicherungsbeitrag von jeder Sonderzahlung

zu entrichten, es sei denn, dass er auf die Pensionsversorgung verzichtet hat. Für die nicht ruhegenussfähige Zeit einer Beurlaubung gegen Karenz der Gebühren sind keine Pensionsbeiträge zu leisten.

(3b) Die Bemessungsgrundlage für den Pensionsbeitrag und den Pensionssicherungsbeitrag bilden das Gehalt, der der jeweiligen besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechende Nebengebührendurchschnittssatz und die ruhegenussfähigen Zulagen. Die Bemessungsgrundlage für den Pensionsbeitrag und den Pensionssicherungsbeitrag von der Sonderzahlung bildet der dem Gehalt und den ruhegenussfähigen beitragspflichtigen Zulagen entsprechende Teil der Sonderzahlung. Der Pensionsbeitrag beträgt 10,25%, der Pensionssicherungsbeitrag 4,8%.

(3c) Der Ruhegenussempfänger hat von den monatlich wiederkehrenden Geldleistungen, die ihm nach dem Bundesbahn-Pensionsgesetz (BB-PG), BGBl. I Nr. XXX/2000, gebühren oder gewährt werden, einen Pensionssicherungsbeitrag von 4,05%, ab 1. Jänner 2001 von 4,3%, ab 1. Jänner 2002 von 4,55% und ab 1. Jänner 2003 von 4,8% zu leisten.


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32. Sitzung / Seite 140

(4) Der Versorgungsgenussempfänger hat von den monatlich wiederkehrenden Geldleistungen, die ihm nach dem BB-PG gebühren oder gewährt werden, einen Pensionssicherungsbeitrag von 0,8% zu leisten.

(4a) Die Haushaltszulage und die Zulage nach § 23 Abs. 3 BB-PG bleiben für die Bemessung von Pensionsbeiträgen und Pensionssicherungsbeiträgen außer Betracht.

(4b) Die Pensionsbeiträge verbleiben beim Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, die Pensionssicherungsbeiträge sind an den Bund abzuführen. Rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge und Pensionssicherungsbeiträge sind nicht zurückzuzahlen."

Im Art. 14 Z 1 lautet § 21 Abs. 5 Z 1:

"1.Der Pensionssicherungsbeitrag vermindert sich für aktive Bundesbahnbeamte, die gemäß § 2 BB-PG auf ihr Ansuchen frühestens nach dem 31. Dezember 2019 in den Ruhestand versetzt werden können, ab 1. Jänner 2000 um 1,5 Prozentpunkte."

Im Art. 14 Z 1 lautet § 21 Abs. 5 Z 4 letzter Satz:

"An die Stelle des im ersten Satz angeführten 19. Monats tritt für Beamte, die den Anspruch auf vollen Ruhegenuss (§ 8 Abs. 3 BB-PG) im Zeitraum

vom 1. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2000 erreichen, der 3. Monat,

vom 1. Jänner 2001 bis zum 31. März 2001 erreichen, der 5. Monat,

vom 1. April 2001 bis zum 30. Juni 2001 erreichen, der 7. Monat,

vom 1. Juli 2001 bis zum 30. September 2001 erreichen, der 9. Monat,

vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Dezember 2001 erreichen, der 11. Monat,

vom 1. Jänner 2002 bis zum 31. März 2002 erreichen, der 13. Monat,

vom 1. April 2002 bis zum 30. Juni 2002 erreichen, der 15. Monat,

vom 1. Juli 2002 bis zum 30. September 2002 erreichen, der 17. Monat."

Begründung:

A. Überblick über die beantragten Maßnahmen

Der vorliegende Abänderungsantrag umfasst folgende Maßnahmen:

Gesetzliche Kodifizierung des Pensionsrechts der künftigen Pensionisten der Österreichischen Bundesbahnen und damit verbunden Ausschluss vertraglicher Regelungen in diesem Rechtsbereich;

Anpassung der Regelungen über die "beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit" an die entsprechenden Regelungen des ASVG;

Vorverlegung des Ablaufs der Frist, innerhalb derer die Abgabe einer Erklärung betr. Ruhestandsversetzung die Weitergeltung des bisherigen Pensionsantrittsalters gewährleistet, vom 30. September auf den 30. Juni 2000;

Anwendung der Regelungen über die Minderung des Witwen(Witwer)versorgungsbezuges auch auf Hinterbliebene von Verfassungsrichtern.


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32. Sitzung / Seite 141

B. Finanzielle Auswirkungen

Die ober unter Pkt. 2 bis 4 dargestellten Änderungen verursachen eine geringfügige Erhöhung der durch die Pensionsreformmaßnahmen erzielbaren Einsparungen, wobei die bedeutendste Änderung, die Vorverlegung des Fristablaufs für die Abgabe der Erklärung betreffend Ruhestandsversetzung, fast zur Gänze im Jahr 2001 wirksam werden wird.

Mit der Kodifizierung des ÖBB-Pensionsrechts sind keine inhaltlichen Änderungen verbunden; sie verursacht daher keine Änderung der bereits dargestellten finanziellen Auswirkungen.

C. Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis):

Anpassung an den Ersatz des Begriffes "Bundesbahn" durch den Begriff "Österreichische Bundesbahnen" im Gesetzestitel.

Zu Z 2 (Art. 1 Z 9, Überschriften):

Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 3, 8, 11, 13 und 18 (Art. 1 Z 9, Art. 5 Z 4, Art. 6 Z 8, Art. 7 Z 8, Art. 8 Z 16, § 236b Abs. 2 Z 4 BDG 1979, § 166c Abs. 2 Z 4 RDG, § 115d Abs. 2 Z 4 LDG 1984, § 124d Abs. 2 Z 4 LLDG 1985, § 18g Abs. 2 Z 5 BThPG):

Beitragsfrei angerechnete MSchG- und EKUG-Karenzurlaube sollen – wie im ASVG – nur im Rahmen des 5-Jahres-Maximums für Kindererziehungszeiten zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zählen.

Zu Z 4, 7, 9, 12, 14, 15 und 19 (Art. 1 Z 9, Art. 5 Z 2 und 4, Art. 6 Z 8, Art. 7 Z 8, Art. 8 Z 2 und 16, § 236c Abs. 4 BDG 1979, §§ 87 und 166d RDG, § 115e Abs. 4 LDG 1984, § 124e Abs. 4 LLDG 1985, §§ 2a Abs. 1 und 18h Abs. 3 und 4 BThPG):

Vorverlegung des Termins, bis zu dem die Abgabe einer Erklärung aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, die Anwendung der bisherigen Rechtslage zur Folge hat, vom 30. September 2000 auf 30. Juni 2000. Für Richter und Bundestheaterbedienstete erübrigt sich damit auch die Einführung einer einjährigen Antragsfrist bereits ab 1. Juli 2000.

Zu Z 5, 10 und 20 (Art. 1 Z 10, Art. 5 Z 5, Art. 8 Z 17, § 284 Abs. 42 BDG 1979, § 173 Abs. 27 RDG, § 22 Abs. 18 BThPG):

Anpassung der Regelungen über das Inkrafttreten an die gegenständlichen Änderungen.

Zu Z 6, 16 und 17 (Art. 3 Z 2, Art. 8 Z 6, Art. 8 Z 10, § 4 Abs. 4 PG 1965, §§ 5 Abs. 3 und 5b Abs. 3 BThPG):

Auch der Dienstunfall in Ausübung des Dienstes – nicht aber der Unfall auf dem Weg von der Wohnung zur Dienststelle und von der Dienststelle zur Wohnung – soll zum Entfall des Abschlages führen.

Zu Z 21 (Art. 10 Z 4, § 5f VfGG):

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt hat zur Frage der Anwendbarkeit des § 15c PG 1965 auf Hinterbliebene von Verfassungsrichtern wie folgt Stellung genommen:

"Betrachtet man die Regelung des § 5i VfGG als eine abschließende, so wäre ein davon abweichendes Kürzungsregime auf einfachgesetzlicher Stufe – sowohl oberhalb als auch unterhalb eines Ministerbezuges – nicht zulässig. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des §5i Abs. 1 VfGG (arg. "darf ... nicht übersteigen") es nicht ausschließt, ein


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32. Sitzung / Seite 142

Kürzungsregime unterhalb des in § 5i VfGG vorgesehenen Höchstbetrages einfachgesetzlich vorzusehen.

Die Entscheidung darüber, ob der ersten oder der zweiten Auslegungsvariante der Vorzug gegeben wird, liegt letztlich beim Verfassungsgerichtshof, der etwa von einem (einer) betroffenen Hinterbliebenen angerufen werden könnte."

Da die verfassungskonforme Anwendung des § 15c PG 1965 auf Hinterbliebene von Verfassungsrichtern somit zumindest ebenso denkmöglich ist wie seine Nichtanwendung, sollen die Hinterbliebenen von Verfassungsrichtern im Bezug auf die Höchstgrenzen der Hinterbliebenenversorgung gleich behandelt werden wie die Hinterbliebenen von Beamten und Sozialversicherten.

Zu Z 22 (Art. 11 Z 3, § 14 DRSG-AE):

Im § 14 Abs. 1 wird das gesetzliche Pensionsantrittsalter der sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geplanten Reformmaßnahmen in einer Vorruhestands-Karenzierung nach § 2 DRSG-AE entsprechend der allgemeinen Anhebung um – je nach Anwendbarkeit der geplanten Übergangsregelungen – bis zu 18 Monate angehoben. Zu diesem Zweck werden die von den betroffenen Beamten abgegebenen Ruhestandsversetzungserklärungen gesetzlich modifiziert.

Nach Abs. 2 ersetzt der Bund den betroffenen Unternehmen den Mehraufwand, der sich aus Leistungen nach § 4 DRSG-AE ergibt, ab dem Monatsersten, zu dem der Ruhegenuss nach der ursprünglichen Erklärung angefallen wäre.

Abs. 3 ermöglicht den Antritt des Vorruhestandes bis Ende 2002 bereits ab dem vollendeten 55. Lebensjahr und erleichtert damit ausgegliederten Unternehmen die Einhaltung der für die nächsten beiden Folgejahre bereits beschlossenen Finanzpläne. Da durch den vorzeitigen Antritt des Vorruhestandes der von der ausgegliederten Einrichtung an den Bund zu leistende Deckungsbeitrag nach § 17 Abs. 7 PTSG entfällt, wird der Ersatzbetrag nach § 3 DRSG-AE entsprechend der Verlängerung des Vorruhestands-Karenzurlaubes für diese Fälle um 30% erhöht.

Zu Z 23 (Art. 13, Bundesbahn-Pensionsgesetz):

Der Geltungsbereich des "Bundesgesetzes über die Pensionsversorgung der Beamten der Österreichischen Bundesbahnen" wird gegenüber der im Ausschussänderungsantrag enthaltenen Variante auf das gesamte Pensionsrecht der zukünftigen Pensionisten der Österreichischen Bundesbahnen erweitert. Geregelt werden die Voraussetzungen der Versetzung in den dauernden Ruhestand, wobei das Pensionsantrittsalter gegenüber der derzeitigen Rechtslage um 18 Monate angehoben wird, sowie die Bemessung von ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens (1. Oktober 2000) neu anfallenden Ruhe- und Versorgungsbezügen. Für Bundesbahnbeamte i.R. und Hinterbliebene, die am 30. September 2000 bereits Anspruch auf Pensionsversorgung haben, bleiben dagegen die bisherigen Regelungen aufrecht; auf sie sind ausschließlich die Bestimmungen über die Pensionsanpassung und den Wertausgleich anzuwenden (§ 52 Abs. 2 BB-PG).

Inhaltlich bleiben für die künftigen Pensionisten der Österreichischen Bundesbahnen sowie ihre Angehörigen und Hinterbliebenen die bisherigen Regelungen, mit Ausnahme der Regelungen über Begünstigungen bei Erwerbsunfähigkeit, über die Bemessung von Hinterbliebenenpensionen und über die Pensionsanpassung und den Wertausgleich unverändert.

Zu Z 24 (Art. 14 Z 1, § 21 BBG 1992):

Die bisherige Fassung des § 21 Abs. 3 bis 5 BBG 1992 enthielt ausschließlich Regelungen über die Höhe des Pensionsbeitrages und des Pensionssicherungsbeitrages. Diese Regelungen werden nunmehr um die erforderlichen Regelungen bezüglich der jeweils heranzuziehenden Bemessungsgrundlage ergänzt.


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Zu Z 25 (Art. 14 Z 1, § 21 Abs. 5 BBG 1992):

Anpassung an die geänderten Regelungen über die Versetzung in den dauernden Ruhestand auf Ansuchen (§2 BB-PG).

Zu Z 26 (Art. 14 Z 1, § 21 Abs. 5 BBG 1992):

Bereinigung eines legistischen Versehens: Das bisher in § 21 Abs. 5 BBG 1992 enthaltene Zitat verwies auf ein nicht existentes Bundesgesetz; die der etappenweisen Anhebung des Pensionsantrittsalters entsprechende Übergangsregelung wird daher in den § 21 Abs. 5 BBG 1992 aufgenommen.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka, bitte sehr.

14.05

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich mache darauf aufmerksam, dass dieser mit 30 eng bedruckten Seiten sehr umfangreiche Abänderungsantrag im Widerspruch zur Vereinbarung in der Präsidiale steht, derzufolge alle umfangreichen Abänderungsanträge – und das trifft auf diesen wohl zu, das kann man nicht leugnen – 24 Stunden vor der Ausschusssitzung  – ich betone: nicht vor der Plenarsitzung, sondern vor der Ausschusssitzung! – übermittelt werden müssen.

Ich stelle fest, dass mit dieser Vorgangsweise, deren Geschäftsordnungsmäßigkeit noch zu überprüfen sein wird, auf jeden Fall die Vereinbarung in der Präsidiale gebrochen wird.

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme diese Feststellung zur Kenntnis.

Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger, bitte.

14.06

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man den Abänderungsantrag in der Form, in der er jetzt verteilt wurde, durchliest, dann lässt sich erkennen, dass die Fülle der Seiten durch Artikel 13 zustande kommt. Dieser beinhaltet aber jene materiellen Bestimmungen, die bereits im Ausschussbericht enthalten sind und die der Ausschuss auch beschlossen hat. Sie sind nur neu formiert und neu geordnet. (Abg. Dr. Kostelka: Nein!)

Ich glaube daher nicht, dass die materiellen Änderungen tatsächlich so bedeutend sind, Herr Kollege Kostelka. Es ist eher eine Formsache. (Abg. Dr. Kostelka: Nein! – Abg. Edlinger: Nein! – Abg. Reitsamer: Das muss man ja Wort für Wort vergleichen!)

14.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

14.07

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann den Einwendungen des Kollegen Kostelka nur beipflichten. Ergänzend dazu möchte ich sagen: Es gibt nicht nur diesen 30-seitigen Abänderungsantrag, sondern, wie uns Journalisten mitgeteilt haben, wird offensichtlich auch noch über Änderungen betreffend das GSVG-Pensionsrecht verhandelt.

Ich weiß nicht, ob diese Mitteilung der Journalisten stimmt. Wenn sie aber stimmt, wenn also den Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die in einer Beschlussfassung zu den entsprechenden Änderungen dieses Pensionsrechtes stehen, noch nicht einmal bewusst ist, dass parallel, außerhalb des Plenarsaales über dieses hier schon zur Verhandlung stehende Pensionsrecht noch verhandelt wird, infolgedessen sie möglicherweise in den verbleibenden Stunden noch weitere Abänderungen erhalten, dann wage ich zu bezweifeln, dass wir es hier mit einem ord


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nungsgemäß durchgeführten Verfahren und mit einer ordnungsgemäß durchgeführten Diskussion zu diesen Gesetzesänderungen zu tun haben. Das kann dann nicht mehr entsprechen. (Beifall bei den Grünen.)

14.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Haupt, bitte.

14.08

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf darauf aufmerksam machen, dass dieser mit 25 Seiten sehr umfangreiche Abänderungsantrag in den Gründzügen bereits behandelte Dinge und in den Kernpunkten nur drei Änderungen enthält, die insgesamt sieben Zeilen umfassen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Zum Zweiten wurde er nicht nur zeitgerecht hier im Parlament eingebracht (Abg. Dr. Kostelka: Vor einer Stunde! Ja!), sondern wird in der gebotenen Form auch vertreten werden, sodass er vollkommen verfassungskonform in die Debatte einfließt und damit auch mitbehandelt werden kann. (Abg. Reitsamer: Wenn wir nicht jedes Wort vergleichen können, ...! – Abg. Dr. Kostelka: Aber in der Präsidiale ...!)

14.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich stelle fest, dass die Meinungen, was den Umfang betrifft, durchaus auseinander gehen. (Abg. Edlinger: Ich bin überzeugt, nicht einmal der Präsident weiß, was drinnen steht!) Auf der einen Seite ist es die Anzahl der Seiten, die vorgebracht wird, auf der anderen Seite wird von Herrn Abgeordnetem Spindelegger darauf hingewiesen, dass das eine lediglich formale Angelegenheit sei und vom Inhalt her nur relativ geringfügige Änderungen enthalten seien. Ich werde dieses Thema in der nächsten Präsidiale gerne zur Sprache bringen, um darüber und auch über die zukünftige Vorgangsweise möglichst einen Konsens, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Wir setzen in der Debatte fort. (Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Sie wissen, dass das die Voraussetzung war, unter der wir der Tagesordnung zugestimmt haben! – Abg. Dr. Khol: Das stimmt nicht, das hat nur Ausschüsse betroffen!)  – Ich bitte Sie, mit mir jetzt keine Debatten zu führen. Ich habe die Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung gehört und versucht, den Succus daraus darzustellen.

Ich erteile nun Frau Abgeordneter Haidlmayr das Wort. (Ruf bei der SPÖ: Üble Trickser! – Abg. Edlinger: Das ist nicht anständig, was Sie da machen! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist die Art und Weise, wie ihr mit Österreich umgeht, und so geht ihr jetzt mit uns um! – Abg. Dr. Khol: Das betraf nur Ausschussanträge! – Abg. Edlinger: Drüberfahren, das passt ja!)  – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.10

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Heute Vormittag wurde stundenlang darüber gestritten, ob, wenn ich zum Beispiel 1,5 Prozent von 10 000 S abziehe, das in Summe mehr ist, als wenn ich 2,3 Prozent abziehe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ein Vierte-Klasse-Volksschüler das nicht weiß, dann hat er keine Chance, in die erste Klasse der Hauptschule aufzusteigen. Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Regierungsparteien, wissen es anscheinend nicht, deshalb stellt sich die berechtigte Frage, ob es Ihnen zusteht, mit so wenig Mathematik-Kenntnissen als Abgeordnete in diesem Haus zu sitzen.

Ich möchte Ihnen zur Unterstützung nicht nur meine Berechnungsgrundlage liefern, sondern auch einen Taschenrechner schenken, damit Sie nachrechnen können. Wenn ich Recht habe, geben Sie mir den Taschenrechner wieder zurück. (Die Rednerin überreicht Herrn Staatssekretär Dr. Finz ein Schriftstück und einen Taschenrechner. – Heiterkeit und Beifall bei den Grünen


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und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Herr Staatssekretär Finz! Eine Schenkung ist ein annahmepflichtiges Rechtsgeschäft!)

Diese Blamage der Regierungsparteien, die 1,5 Prozent nicht von 2,3 Prozent unterscheiden können und nicht wissen, welcher Betrag höher ist, spricht für sich! Ich glaube, ich muss das hier nicht mehr näher ausführen.

Ich möchte nun zur Wortmeldung von Frau Zierler kommen. Sie hat gesagt, die Einhebung der Ambulanzgebühren soll jetzt vom Hauptverband gemacht werden, und zwar deshalb, weil dieser mehr oder weniger besser die Interessen der Patienten vertritt. – Diese Aussage muss man sich einmal im Mund zergehen lassen. Ich habe mit Herrn Staatssekretär Waneck ein Gespräch über die Gebühreneinhebung geführt (die Rednerin wendet sich Herrn Staatssekretär Dr. Waneck zu)  – Sie wissen es noch, es war vor dem Lokal VIII. (Staatssekretär Dr. Waneck nickt.) Ich habe Sie damals darauf aufmerksam gemacht, wie schwierig nicht nur die Kostenerfassung, sondern auch die Einhebung sein wird. Sie haben mir darauf geantwortet, Sie wüssten das, und Sie wüssten ebenfalls noch nicht, wie das gehen soll.

Sie wissen es bis heute nicht! Und Ihre Unwissenheit versuchen Sie jetzt damit zu kaschieren, dass Sie das Ganze dem Hauptverband übertragen, ohne ihm Auflagen dafür zu geben, wie es gehen soll und wer nun tatsächlich die Ambulanzgebühren bezahlen muss beziehungsweise wer nicht. Das ist der wahre Grund, warum Sie es dem Hauptverband übergeben haben: Sie selber sind nicht in der Lage, durchzudenken, wie diese Gebühreneinhebung erfolgen soll.

Und, Herr Staatssekretär, es stellt sich schon die berechtigte Frage, wie das funktionieren wird. Wollen Sie wirklich, wie es mein Kollege Grünewald bereits angesprochen hat, Juristen, Vermessungstechniker et cetera beiziehen, um feststellen zu können: Ist jemand von der Gebühr befreit oder ist er nicht befreit?

Ich frage Sie: Wie viele Gerichte werden Sie damit beschäftigen müssen, und was wird es an Verwaltungsaufwand und -kosten bedeuten, wenn zum Beispiel die vorgeschriebenen Gebühren vom Patienten nicht einbezahlt werden? Glauben Sie nicht, dass dann die Eintreibungsgebühren wesentlich höher sein werden als die Kosten, die Sie einfordern?

Oder was tun Sie bei Personen, die keinen festen Wohnsitz haben? An welche Adresse werden Sie in diesem Fall den Erlagschein schicken?

All das sind Fragen, die noch zu klären sind, aber nicht vom Hauptverband, sondern von Ihnen. Ich hoffe, Sie werden mir diesbezüglich noch ausreichend Auskunft erteilen.

Die gesamte Thematik rund um die Ambulanzgebühren ist eine soziale Ungerechtigkeit, wie wir sie in diesem Land noch nicht hatten. – Herr Staatssekretär, was sagen Sie dazu, dass die Ambulanzgebühren nur in Ambulanzen der Versicherungsträger zu bezahlen sind, nicht jedoch in Privatambulanzen? Was ist denn der Grund dafür? Sie wissen ganz genau, dass Sie auch mit dieser Bestimmung wieder die sozial Schwächeren treffen, denn die können es sich ganz einfach nicht leisten, in eine Privatambulanz zu gehen. Reiche Leute hingegen werden das auch in Zukunft tun können.

Oder, Herr Staatssekretär: Wie halten Sie es damit, dass es, obwohl ÖVP und FPÖ immer für den so genannten "kleinen" Mann, die "kleine" Frau eintreten – Herr Gaugg hat sich vor fünf oder zehn Minuten für die "armen, behinderten Menschen" stark gemacht –, keine Ausnahmeregelung speziell für mobilitätsbehinderte Menschen gibt? Diese müssen, egal, wie alt sie sind, die Ambulanzgebühren bezahlen, nur weil die Arztpraxis nicht behindertengerecht ist, nur weil diese bedauernswerten Menschen nicht die Chance haben, zum Beispiel in den zweiten Stock zu einem Hausarzt zu gehen! Warum werden diese Menschen für Versäumnisse des Bundes und der Länder bestraft? Das müssen Sie mir erklären! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Staatssekretär! Sie müssen mir auch erklären, warum Sie entgegen den Meldungen der letzten Monate nicht mehr 250 S pro Versicherungsfall, sondern pro Ambulanzbesuch einheben


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werden. Sie wissen genau, dass das die Menschen ungleich stärker treffen wird als die ebenfalls abzulehnende generelle Lösung der Ambulanzgebühr.

Herr Staatssekretär! So, wie Sie hier den Begriff der medizinischen Notfälle dargestellt haben, dass das im Anfangsstadium oft nicht einmal ärztlich klar abzuklären ist – und vom Patienten sowieso nicht –, müssen Sie mir auch erlauben, an Sie die Frage zu stellen: Muss jemand, der doch die Möglichkeit hat, sich in den zweiten Stock hinaufzuschleppen, aber nicht weiß, ob es, wenn er in die Ambulanz geht, ein medizinischer Notfall ist oder ob es sich hinterher nicht als medizinischer Notfall herausstellt, trotzdem zahlen? – All diese Fragen sind nicht beantwortet.

Auch eine weitere Frage ist nicht beantwortet. Wenn man von den Ambulanzkosten infolge von Trunkenheit oder Missbrauch von Suchtgiften nicht ausgenommen ist, führt das zu einem gravierenden Widerspruch – ich möchte darauf nur verweisen –: Wie ist das dann bei Patienten, die auf Grund von Suchtgiftmissbrauch an Aids erkrankt sind? Oder wie ist es bei Patienten, die auf Grund von Alkoholmissbrauch an Leberzirrhose leiden, oder wie ist es bei Patienten, die auf Grund von Nikotinsucht an Lungenerkrankungen leiden? Müssen diese Menschen nun die Ambulanzgebühr zahlen oder müssen Sie die Ambulanzgebühr nicht zahlen?

All das sind offene Fragen, Herr Staatssekretär, die im Ausschuss nicht beantwortet wurden und die auch heute bisher von niemandem beantwortet wurden. Aber diese Fragen sind ganz wesentlich, nämlich für jene Menschen, die Sie jetzt zur Kassa bitten. (Beifall bei den Grünen.)

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte. (Abg. Öllinger  – in Richtung der das Rednerpult verlassenden Abg. Haidlmayr –: Den Taschenrechner!)

14.19

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Ministerbank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf gleich beim Thema Ambulanzgebühren anschließen. Wir haben ja gleich nach Bekanntwerden des Regierungsprogramms schon sehr viele Horrormeldungen gehört. Da hat es geheißen, dass die armen, alten, kranken Menschen bei Behandlungen im Spital für eine Hüftprothese 20 000 bis 30 000 S Selbstbehalt, dass sie bei Schrittmacherimplantationen 20 000 bis 30 000 S Selbstbehalt zahlen müssen. All das hat sich nicht bewahrheitet.

Es hat auch geheißen: Beim praktischen Arzt werden 5 000 S Selbstbehalt für Kreuzschmerzen eingehoben. Die Gewerkschaften und die Arbeiterkammerfunktionäre haben das "hinausposauniert". All das ist nicht eingetroffen. Es war alles nur halb so schlimm. Nicht einmal ein Bruchteil davon wurde als Selbstbehalt eingeführt, und beim niedergelassenen Arzt gar nichts.

Auch bezüglich des Behandlungsbeitrages in den Ambulanzen kann ich nur sagen: Die Suppe wird bei weitem nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Es wird alles sozial verträglich sein. Und jeder, der zum niedergelassenen Arzt geht, wird ohne zusätzlichen Behandlungsbeitrag in gleicher Qualität wie bisher behandelt.

Aber damit das noch etwas abgeschwächt wird, haben wir noch einen Abänderungsantrag vorbereitet, der gewährleistet, dass auch für Maßnahmen der Rehabilitation kein Behandlungsbeitrag eingehoben wird und dass für die Jugendlichen-, Vorsorge- und Gesundenuntersuchung nichts zu bezahlen ist.

Daher bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 254 der Beilagen über die Regierungsvorlage 181 der Beilagen betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 135a Abs. 1 Eingang in der Fassung des Artikels 1 Z 13a lautet:

"Für jede Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung nach diesem Abschnitt"

2. § 135a Abs. 1 Z 3 in der Fassung des Artikels 1 Z 13a lautet:

"3. in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger (mit Ausnahme der Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation und der Ambulatorien der physikalischen Medizin), soweit es sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme oder Jugendlichen- oder Vorsorge(Gesunden)untersuchung handelt,"

3. § 91a Abs. 1 Eingang in der Fassung des Artikels 2 Z 7b lautet:

"Für jede Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung nach diesem Abschnitt"

4. § 91a Abs. 1 Z 3 in der Fassung des Artikels 2 Z 7b lautet:

"3. in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger (mit Ausnahme der Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation und der Ambulatorien für physikalische Medizin), soweit es sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme der Jugendlichen- oder Vorsorge(Gesunden)Untersuchung handelt,"

5. § 85a Abs. 1 Eingang in der Fassung des Artikels 3 Z 4d lautet:

"Für jede Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung nach diesem Abschnitt"

6. § 85a Abs. 1 Z 3 in der Fassung des Artikels 3 Z 4d lautet:

"3. in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger (mit Ausnahme der Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation und der Ambulatorien für physikalische Medizin), soweit es sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme oder Jugendlichen- oder Vorsorge(Gesunden)untersuchung handelt,"

7. § 195 Abs. 1 dritter Satz in der Fassung des Artikels 3 Z 27j lautet:

"§ 186 ist sinngemäß anzuwenden."

8. § 63a Abs. 1 Eingang in der Fassung des Artikels 4 Z 2b lautet:

"Für jede Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung nach diesem Abschnitt"

5. § 63a Abs. 1 Z 3 in der Fassung des Artikels 4 Z 2b lautet:

"3. in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger (mit Ausnahme der Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation" – (Abg. Schwemlein: Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden! Wie war das?) – "und der Ambulatorien für physikalische Medizin), soweit es sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme oder Jugendlichen- oder Vorsorge(Gesunden)untersuchung handelt,"

*****

Das ist der Abänderungsantrag Haupt, Feurstein und Kollegen, der beweist, dass alles halb so schlimm wird.

Kollege Schwemlein! Ihnen passt es offensichtlich nicht, dass wir den Abänderungsantrag in voller Länge einbringen, aber Sie passen sowieso nicht auf. (Abg. Grabner: Das sagst gerade du!)


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Es heißt immer, die Opposition habe keine anderen Vorschläge. Aber sie hat sehr wohl andere Vorschläge! Ich habe hier den Antrag der Abgeordneten Reitsamer, Silhavy, Dr. Pittermann in Händen, der am Freitag im Sozialausschuss eingebracht wurde, in dem allen Ernstes gefordert wird, dass die Arzneimittelkosten gedeckelt werden müssen, dass der Arzt, wenn er mehr verordnet, als die Kasse erlaubt, die überschüssigen Beträge selbst zahlen muss, und dass ein Arzt, wenn er mehr Leistungen erbringt, also der Kasse teurer kommt, als sie will, die Kosten selbst zahlen und das Honorar zurückzahlen muss! (Abg. Schwemlein: Sie bekommen eh einmal drei Pensionen!)

Stellen Sie sich das vor! Sie wollen mit Ihrem Klassenkampf die Ärzte treffen, treffen dabei aber den Patienten. Kein Arzt – ich bin selbst einer – wird das Honorar selbst zahlen, wenn er mehr verordnet, oder Medikamente selbst zahlen, die er verordnet. (Abg. Schwemlein: Wenn Sie eh drei Pensionen haben, wird doch wohl etwas übrig bleiben!) Ihre Politik würde dazu führen, dass Ihre Klientel, die sozial Schwachen, Medikamente und ärztliche Leistungen nicht mehr bekäme, obwohl sie hohe Sozialversicherungsbeiträge zahlt, während die Reichen, die es sich richten können, auch in Zukunft alles bekommen. – Das ist Ihre sozialdemokratische Politik, das ist der Inhalt dieses Antrags der Sozialdemokraten, dem wir nicht beitreten konnten!

Im Übrigen glaube ich, dass der Weg dieser Regierung richtig ist und dass wir uns nicht blockieren und beirren lassen dürfen. Wir sind auf dem richtigen Weg, und den gehen wir schnurgerade weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

14.25

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren von der Regierungsbank! Herr Präsident! Sie von der FPÖ haben, so scheint es, ein besonderes Verhältnis zu Plakaten: In Kärnten hat man sich bereits vor eineinhalb Jahren mit plakatierten nackten Kinderpopos für den Kinderscheck bedankt. Das Schlagwort: "Danke, Jörg", konnte man auf allen Plakaten großflächig lesen (Abg. Fischl: Sind Sie nicht kleinlich!), aber bis heute haben weder diese Kinder noch die Mütter einen Schilling gesehen. Der Jörgl sucht noch immer nach Geldquellen, inzwischen probiert er, ob der Bund das zahlt. Das nennt man, die Rechnung ohne den Wirt machen. Aber auch die Regierung sucht inzwischen das Geld, mit dem sie die Kinderbetreuungszeiten bezahlen soll. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Periode ist noch nicht aus!)

Die Frau Vizekanzlerin sehen wir jetzt großflächig – zumindest ihr Konterfei – auf Plakaten mit dem Titel "Wir lassen uns nicht bremsen". (Abg. Gaugg: Frau Kollegin! Wenn Sie uns Ihr Geld, Ihren Gehalt zur Verfügung stellen, haben wir kein Problem!)  – Diesmal sind es keine leeren Versprechungen, die Sie von der FPÖ plakatieren, diesmal stimmen ausnahmsweise die Worte. Denn: Sie haben sich bei den Verhandlungen nicht bremsen lassen, Sie haben auf konstruktive Vorschläge nicht reagiert, Sie haben vernünftige Gesprächsangebote ausgeschlagen, Sie haben Scheinverhandlungen geführt und zuletzt durch absurde neue Forderungen sogar den Abbruch der Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst provoziert. (Beifall bei der SPÖ.)

Inhaltlich, meine Damen und Herren, haben wir es aber mit lauter leeren Versprechungen zu tun. Das, was Sie sagen, ist schlicht das Gegenteil von dem, was Sie tun. Sie sprechen von einer Pensionsreform der Bundesbeamten, in Wahrheit ist es aber ein Katalog der Leistungskürzungen. Wenn Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, die bei den Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst anwesend war, zur Pensionsreform der Bundesbediensteten, zum Gehaltsgesetz, zum Beamten-Dienstrechtsgesetz et cetera kein müdes Wort verliert, dann muss ich sagen, darüber bin ich schon sehr verwundert.

Und ihre Einschätzung muss ich natürlich zurückweisen: Von der Regierungsbank, so hat sie gesagt, kommen Fakten, harte Fakten, aber von der Opposition wird nur Horror verbreitet.

Die Methode der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ ist Drüberfahren. Das haben wir jetzt erlebt, als wir um 14 Uhr – ich betone: um 14 Uhr! – das Bundesbahn-Pensionsgesetz erhalten haben. Die ursprüngliche Regelung war auf einem Blatt geregelt; die jetzige Regelung ist ein Packerl


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von 27 Seiten, und das sollen wir jetzt durcharbeiten. Das ist Ihre Methode: Drüberfahren! So gehen Sie mit der Opposition um.

Sie sprechen von einer Reform, in Wahrheit geht es aber um intensive Eingriffe in bestehende Rechte von Frauen und Männern, es geht um Eingriffe in deren Lebensplanung, in deren Lebensverläufe. Zudem begehen Sie durch Ihre überfallsartigen Maßnahmen einen Vertrauensbruch. Es geht Ihnen um schnelle Geldbeschaffung, um eine Umverteilung der Mittel hin zu Ihrer Klientel: 8 Milliarden zur Entlastung der Unternehmer und 7 Milliarden für das Kindergeld, das ohne soziale Differenzierung verteilt werden soll.

Worum geht es im Einzelnen? – Ein paar konkrete Beispiele dazu. Bei der Erhöhung des Pensionsantrittsalters geht es nicht um 53 oder um 55 Jahre, nein, das Pensionsalter wird um eineinhalb Jahre, also von 60 Jahren auf 61,5 Jahre, erhöht, und zwar für Frauen und für Männer. Wirksam wird das Ganze mit 1. Oktober 2000, also schon heuer!

Sie haben Ihr Zeitdiktat durchgezogen. Jetzt müssen Sie, Frau Ministerin und Herr Staatssekretär, aber erklären, warum Frauen, die heuer im Herbst 58 Jahre alt werden, erst mit 61,5 Jahren in Pension gehen können. Sie müssen erklären, warum sie nicht in zwei Jahren in Pension gehen können, sondern erst in dreieinhalb Jahren. Sie begehen einen Vertrauensbruch!

Die Frau Vizekanzlerin hat im Verfassungsausschuss – aber dieses Kapitel interessiert sie heute ohnehin nicht, da sie nicht anwesend ist – behauptet, dass es keine Judikatur zum Vertrauensschutz gibt. Daher empfehle ich ihr, sich dieses Rechtsgutachten von Herrn Universitätsprofessor Dr. Theo Öhlinger vom 27. Juni 2000 durchzulesen, in dem einige Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zitiert werden und diese überfallsartige Plötzlichkeit, diese außergewöhnliche Härte als Verletzung des Vertrauensgrundsatzes qualifiziert und daher als verfassungswidrig erkannt wird.

Aber Ihre Politik wird von zwei großen G’s bestimmt: von dem G wie Gelassenheit, die uns der Bundeskanzler immer demonstriert, und von dem G der Gleichgültigkeit der Frau Vizekanzlerin, die nicht einmal bei diesem Thema, für das sie zuständig ist, hier anwesend ist.

Eine Milderung in Ihren Augen ist, wenn Sie vorsehen, dass jemand in den nächsten fünf Jahren auf Grund von 40 Jahren beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit mit 60 Jahren in Pension gehen kann. Für Frauen, die vorzeitig in Pension gehen wollen, ist diese Zahl der Beitragsjahre unerreichbar, vor allem für Beamtinnen mit Kindern, und sie ist vor allem für jene Frauen ein Problem, die eine längere Ausbildungszeit hinter sich haben, zum Beispiel ein Studium. Verschärft wird das Ganze noch, indem Sie eine Erhöhung der Abschläge vorsehen: 3 Prozent pro Jahr! Wenn jemand, egal, ob Frau oder Mann, vor 61,5 Jahren in Pension geht, muss er pro Jahr einen dreiprozentigen Abschlag hinnehmen – und das auch bei dauernder Erwerbsunfähigkeit.

Bezüglich Kranke: Im Krankheitsfall kommt es nach sechs Monaten zu einer Kürzung der Monatsbezüge um ein Drittel! – Die Frau Vizekanzlerin konnte mir im Verfassungsausschuss die Frage, ob sich diese Kürzung der Monatsbezüge auch auf die Pensionshöhe auswirken wird, und wenn ja, in welchem Maße, nicht beantworten. All diese Maßnahmen haben natürlich nichts mit einer Pensionsreform zu tun, aber es passt zu Ihrem Vorgehen, eine Politik zu Lasten der Kranken zu machen, indem Sie Ambulanzgebühren einführen und die Rezeptgebühr erhöhen.

Die wirtschaftliche Schlechterstellung der Beamtinnen und Beamten steht auch in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Pensionsreform, sondern ist schlichtweg eine Bestrafung von Dienstnehmern mit langem Behandlungsverlauf, mit langem Heilungsverlauf. Es trifft also Personen mit schweren gesundheitlichen Schäden oder Beeinträchtigungen. – Diese Regierung, meine Damen und Herren, ist sich nicht zu schade, bei Schwerkranken abzukassieren!

Weiters gibt es einen sehr bedenklichen, dienstrechtlich bedenklichen, aber in bestimmten Bereichen auch verfassungsrechtlich bedenklichen Vorschlag – zum Beispiel bei den Richtern –, und zwar die Zwangspensionierung von Beamten. Die Zwangspensionierung ist ein probates Mittel, um unliebsame Beamte los zu werden, das haben wir in Kärnten erlebt. Der Herr Landes


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hauptmann hat dort einen Beamten in Pension geschickt. Weiters ist das auch ein Mittel, um die Zahl der Dienstposten – wie angekündigt – zu kürzen.

Sie erhöhen den Pensionsbeitrag, den Pensionssicherungsbeitrag um 0,8 Prozent. Das ist im Übrigen ein Bruch des Versprechens, in bestehende Pensionen nicht einzugreifen, was heute ständig bestritten wird. Aber es ist ein Unterschied, ob von einer Bruttopension 1,5 Prozent oder 2,3 Prozent abgezogen werden. Das ist ein einfacher Rechenvorgang.

Frauenpolitisch möchte ich nur anmerken, an Stelle einer Vereinheitlichung – die Sie dauernd im Mund führen – der Pensionssysteme für alle Frauen, schreiben Sie die Kluft beim Pensionsalter fort. Fünf Jahre beträgt der Unterschied bei den Beamtinnen zu den ASVG-Versicherten, und zudem gibt es bei den Beamtinnen eine eingeschränkte Anrechnung und Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Vordienstzeiten. Das ist ein Beispiel dafür, wie man Harmonisierung aus Ihrer Sicht, aus Regierungssicht schaffen kann. Aber ich hoffe, dass Sie es allen erklären können und dass ich das dann weitertragen kann, denn das ist signifikant.

Stellen Sie sich vor, in einem Büro sitzen eine Vertragsbedienstete und eine Beamtin. Die Vertragsbedienstete geht mit 61 Jahren in Pension und erhält einen Bonus, weil sie länger geblieben ist. Die 61-jährige Beamtin wird mit Abschlägen bestraft, weil sie zu früh in Pension geht.

Noch ein Beispiel dafür, wie Sie die konkreten Bedürfnisse der Frauen missachten, ist die Hinterbliebenen-Regelung. Diese wird Frauen mit einem mittleren Einkommen empfindlich treffen, und die Leistungsbegrenzung wird die Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen, was – so scheint es – ein Hauptanliegen dieser Regierung ist. (Abg. Dolinschek: Das ist ein Blödsinn!)

Aber all das war nicht der letzte Streich, meine Damen und Herren! Die Regierung hat vorigen Freitag ihre weiteren Vorstellungen verkündet. Sie will das Pensionsalter um weitere 18 Monate anheben, das heißt, in absehbarer Zeit auf 63 Jahre, und das Beamtenpensionsrecht soll abgeschafft werden.

Die Frau Vizekanzlerin ist jetzt nicht da, ihr Interesse an diesem Thema dokumentiert sie damit. Sie konnte auch im Verfassungsausschuss diverse Fragen von mir nicht beantworten, oder sie wollte es nicht. Sie hat auch die Vorschläge meiner Fraktion betreffend gleiches Pensionsrecht für alle Neueinsteiger und die Anrechnung der Zeiten vor dem 18. Lebensjahr ignoriert und nicht darauf reagiert.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung findet vor lauter Gelassenheit und lauter Gleichgültigkeit keine Antworten, aber sie schafft eines, nämlich Rechtsunsicherheit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der vorhin von Herrn Abgeordnetem Dr. Pumberger vorgetragene Abänderungsantrag ausreichend unterstützt ist und damit ebenfalls mit in Verhandlung steht.

Ich erteile als Nächstem Herrn Abgeordnetem Donabauer das Wort. – Bitte.

14.36

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! – Frau Kollegin Dr. Mertl! Ich war am Freitag in der Sitzung des Sozialausschusses. (Abg. Dr. Mertel: Ich rede vom Verfassungsausschuss!) Dort hat Ihre Fraktion Herrn Bundesminister Bartenstein und Frau Bundesministerin Sickl dezidiert gefragt: Planen Sie eine weitere Anhebung des Pensionszugangsalters? (Abg. Dr. Mertel: Ich habe es schriftlich hier!) – Die Antwort darauf war klar: Wir haben uns ein Ziel gesetzt, und das legen wir jetzt mit diesem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 dem Parlament vor. Wir erwarten uns, dass dies beschlossen wird, um die Pensionen in Zukunft sichern zu können. (Abg. Dr. Mertel: 63 Jahre! Schriftlich!)


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Das war eine klare und korrekte Antwort, die Anerkennung verdient. Sie versuchen heute mittels einer neuen Polemik, diese klare Aufklärung noch einmal in Frage zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Herr Donabauer! 63 Jahre! Schriftlich! – Abg. Dr. Mertel legt dem Redner ein Papier auf das Rednerpult.)

Verehrte Frau Dr. Mertl! Ich sage Ihnen ein Zweites: Es hat noch kaum eine Sozialdebatte gegeben, bei der der Herr Bundeskanzler überwiegend und der Großteil der Regierung auf der Regierungsbank anwesend waren. (Abg. Dr. Mertel: 63 Jahre!) Das zeigt sehr deutlich und eindrucksvoll, wie ernst diese Regierung diese wichtige Frage nimmt und welche Bedeutung diese Regierung dieser für uns alle so entscheidenden Angelegenheit beimisst. Das ist beispielgebend! Daran sollten Sie sich orientieren, und daran sollten Sie sehen, dass wirklich gute Arbeit geleistet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Regierung verdient es nicht, dass Sie dauernd von Geldbeschaffung reden (Abg. Schwemlein: Er wollte ins Fernsehen, darum hat sich Schüssel auf einen Polster gesetzt!), denn es geht – das würden Sie zugeben, wenn Sie ehrlich dazu stehen würden! Herr Schwemlein, auch Ihr Beitrag macht die Sache nicht besser – um die Zukunftssicherung.

Ihre vorgetragenen Einzelbeispiele mögen alle richtig sein. Diese Fälle sind bedauerlich, und wir haben sie gemeinsam zu lösen. Aber eines muss auch klar sein: Je früher, je besser und je eher wir im Gesamtsystem einen Fortschritt erzielen, umso leichter tun wir uns dann, solche bedauerlichen Einzelfälle auch tatsächlich zu berücksichtigen. Das muss ganz klar sein.

Ein Weiteres: Ich weiß nicht, waren Sie nicht bei derselben Partei Mitglied, die mit der Österreichischen Volkspartei seit November verhandelt hat, ein Regierungsprogramm fast fertig hatte, bei dem Ihr Herr Edlinger eine Anhebung des Pensionsalters um 24 Monate vorgeschlagen hat, welche Sie auch im Koalitionsübereinkommen festgeschrieben haben? (Abg. Edlinger: Ohne Abschläge!) Wo waren Sie? – Es kann doch nicht sein, dass Sie innerhalb von sechs Monaten alles vergessen haben! (Abg. Edlinger: Bis 2005 ohne Abschläge!) Das ist keine Ernsthaftigkeit, das ist keine Korrektheit. (Abg. Edlinger: Bis 2005 ohne Abschläge!) – Lieber Herr Edlinger! Solch eine Politik taugt nicht für dieses Land. (Abg. Edlinger: Bis 2005 ohne Abschläge!) Es wird Zeit, dass sich die Dinge anders entwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie die Erhöhung der Rezeptgebühr so dramatisieren (Abg. Edlinger: Aber ich verzeihe Ihnen! Meinen Vorschlag kann nicht jeder verstehen, daher verzeihe ich Ihnen!), dann muss ich Ihnen auch sagen, dass die Rezeptgebühr nicht von dieser Regierung eingeführt wurde, sondern die Rezeptgebühr haben Sie eingeführt, und zwar aus gutem Grund: zur Sicherung der Finanzierung der Heilmittel. Das war schon vor vielen Jahren. Diese Gebühr wurde auch während Ihrer Regierungstätigkeit jährlich angepasst, und nun wird sie, damit wir die gesamte Finanzierung besser bewältigen können, weiter angepasst. Was ist für Sie so fürchterlich daran? – Ich bitte Sie, nehmen Sie in der Sache doch eine etwas grundsätzlichere Haltung ein! (Abg. Edlinger: Die Abschläge!)

Auf der einen Seite verlangen Sie hier laufend Solidarität, Gefühl, Maßbezogenheit, und auf der anderen Seite fordern Sie, der ÖGB und die Arbeiterkammern von den Bauern (Abg. Edlinger: Sie demolieren die Pensionen!) und von den Gewerbetreibenden eine Mehrbelastung in der Höhe von 1 Milliarde Schilling. Wir bringen unsere 250 Millionen Schilling korrekt ein, die die Regierung uns zumutet und die sie von uns verlangt. Das ist anständig. (Abg. Edlinger: Die ASVG-Pensionisten zahlen viel mehr!)

Da Sie dauernd vom Eigenfinanzierungsgrad reden, bitte ich Sie, auch zu verstehen, dass Sie Ihr System mit Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträgen finanzieren, während wir unsere Systeme mit alleinigen Beiträgen zu finanzieren haben. (Abg. Edlinger: Den Bauern wird fünfmal so viel zugeschossen wie den Arbeitern!) – Das ist die wahre Betrachtungsweise, und ich bitte Sie, das einmal zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Schlussendlich: Wieso ist dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz für Sie so fürchterlich? – Liegt das vielleicht an der Tatsache, dass auch die Sozialversicherungen – ich bin ein Vertreter dieser Organisationen – genauso wie jeder andere Betrieb, wie jedes andere Unternehmen dazu


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verhalten werden, kostenbewusst zu arbeiten und zu verwalten? Wir werden es schwer genug haben, aber wir haben uns dieser Herausforderung zu stellen! Realitätsverweigerung ist kein Weg für die Zukunft! Diesen Weg gehen wir nicht mit Ihnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch gezeigt – das können Sie hier nachlesen –, dass gerade die bäuerliche Gruppe, die ein großes Problem mit der Krankenversicherung hatte, aus eigener Kraft das Größtmögliche eingebracht hat. – Frau Bundesministerin! Wir sind Ihnen und dieser Regierung auch dafür verbunden, dass Sie Verständnis für all diese Probleme hatten.

Ich bekomme laufend Briefe – das wird auch Herrn Mag. Schlögl interessieren – von der Gewerkschaft, in denen ungefähr Folgendes steht: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir werden Ihr Stimmverhalten bei der Abstimmung im Auge behalten. Wir werden das den Wählerinnen und Wählern Ihres Wahlkreises mitteilen. Wir setzen Sie unter Druck. – Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Philosophie vom freien Mandat, die ich mir vorgestellt habe. Ich handle hier nach meinem Gewissen! Ich handle hier nach dem, was ich verantworten kann, und nicht nach dem, was Sie mir auf Grund irgendwelcher Zwänge vorgeben wollen! Das können Sie mit uns nicht machen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen Ihnen, Frau Ministerin Sickl und Herr Minister Bartenstein, sagen, dass Sie sich um diese wichtige Materie verdient gemacht haben. Wir stimmen dieser Novelle zu, weil sie die Finanzierung des Pensionssystems auch in Zukunft sichert, weil sie das Vertrauen in den Generationenvertrag stärkt und letztendlich eine neue Kultur der politischen Verantwortung zeigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Sickl. – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.

14.42

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Regierung steht für soziale Sicherheit. (Abg. Schwemlein: Unsicherheit!) Diese Regierung steht für ein tragfähiges soziales Netz. Wir stehen für die Erhaltung des bestehenden Sozialversicherungssystems, das den wichtigen Grundsatz der Solidarität beinhaltet. Wir stehen für einen gelebten Generationenvertrag und dafür, dass alle Generationen in dieses System einen Beitrag leisten müssen. Und wir stehen letztendlich für ein Klima der Wärme und Geborgenheit. Für mich steht im Zentrum jeder Betrachtung und jedes Handelns immer der Mensch, vor allem der Mensch mit sozialen Schwächen, der Mensch, der nicht im Regen stehen gelassen werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Sie haben Recht, blau ist die Farbe der Wärme!)

Gerade weil wir dieses System erhalten wollen, ist es höchste Zeit für Reformen, das wissen Sie genauso gut wie wir. Daher haben wir mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz ein Paket geschnürt, das der Erhaltung dieses Systems in dreierlei Hinsicht dient: Sicherung des Pensionssystems, Reform der Sozialversicherung in einem ersten Schritt und Sanierung der Krankenkassen.

Zunächst zum Pensionssystem: Ich möchte ganz klar betonen, was auch meine Vorredner getan haben, dass wir zur Erhaltung des Umlagesystems stehen und dass wir zur Erhaltung der hohen Nettoersatzrate stehen. Unser System wurde Anfang der fünfziger Jahre geschaffen, also zu einer Zeit, zu der es ganz andere Voraussetzungen gegeben hat. Die Menschen fangen jetzt später zu arbeiten an, gehen aber früher in Pension, das heißt, sie arbeiten kürzer. Die Pensionen sind höher, und erfreulicherweise leben die Menschen länger. Wir haben im Vergleich zu den anderen EU-Ländern das niedrigste Pensionsalter, und wir haben gleichzeitig ein System, das sehr hohe Pensionen ermöglicht.

Daher: Wenn wir für die jetzigen Pensionsbezieher und in Zukunft die Pensionen sichern und damit in Zukunft den Wohlstand gewährleisten wollen, dann steht eine Reform dringend an. Es war notwendig, das Antrittsalter für die Frühpensionen um 1,5 Jahre anzuheben und die Abschläge, die lediglich um 1 Prozentpunkt erhöht werden, hinaufzusetzen. Damit ist eine sozial


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verträgliche Reform geschaffen worden. Es wird endlich das umgesetzt, was die Regierungen vorher nicht geschafft haben. Wir erfüllen damit die Gutachten internationaler Experten, die alle unbestritten dasselbe sagen, und es wird damit auch eine längst fällige Angleichung an die EU erreicht.

Wie schon oft betont wurde und wie Sie auch sehr genau wissen, Kollegen von der Opposition, ist diese Reform sehr moderat und sozial verträglich. Wir haben eine sanfte Einschleifregelung. Wir haben eine Härteklausel für eventuell stärker betroffene Einzelfälle eingeführt. Wir haben eine Vertrauensschutzklausel eingeführt. In bestehende Pensionen wird nicht eingegriffen. Alle Berufsgruppen sind gleich betroffen, und auch Männer und Frauen sind gleich betroffen, das lässt sich eindeutig nachweisen. Wir haben einen verbesserten Berufsschutz für alle Berufsgruppen geschaffen, ob es gelernte oder ungelernte Arbeitnehmer, ob es Gewerbetreibende oder Bauern sind. Und für besonders sensible Berufsgruppen wie etwa die Bauarbeiter ändert sich überhaupt nichts.

Diese Reform setzt jenes Ziel um, das sich die Pensionsreformen der neunziger Jahre gesetzt haben, nämlich eine Anhebung des faktischen Pensionsalters. Alle bisherigen Reformen haben dieses Ziel nicht erreicht, im Gegenteil, es hat sich gezeigt, dass die Menschen in Österreich noch früher in Pension gehen. 1993 sind sie mit durchschnittlich 58,4 Jahren in Pension gegangen und 1998 mit 57,4 Jahren. Das heißt, das Pensionsantrittsalter sank in dieser kurzen Zeit noch um ein ganzes Jahr.

Ich bedauere, dass Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sich nicht wirklich konstruktiv eingebracht haben, denn das Paket, auf das immer wieder eingegangen wird, mit seinen beschäftigungs- und gesundheitspolitischen Maßnahmen, ist nur eine flankierende Maßnahme und kann nicht an die Stelle einer Pensionsreform gesetzt werden.

Ich darf sagen, dass wir bei der letzten Sozialpartnersitzung in einem sehr freundschaftlichen Konsens eine gemeinsame Plattform entwickelt haben, im Rahmen der auch die Vorschläge der Arbeitnehmervertreterseite behandelt werden sollen. Eine erste Tagung hat bereits stattgefunden.

Ich möchte in diesem Sinne noch einmal an Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, appellieren, endlich Vernunft anzunehmen und dieser Pensionsreform zuzustimmen, dieses moderate und sehr gut abgestimmte Paket doch zu übernehmen! (Abg. Schwemlein: Hallo! Was heißt das bitte? – Abg. Dietachmayr: Was heißt "Vernunft annehmen"?)

Wenn Sie immer wieder erwähnen, dass diese Regierung nicht bereit war, auf Einwendungen der Opposition und der Arbeitnehmerseite einzugehen, dann darf ich Ihnen eine ganze Reihe von Beispielen aufzählen, bei denen wir sehr wohl in die Diskussion eingetreten sind (Abg. Schwemlein: Sie bedienen sich einer Diktion, die wir nicht gewöhnt sind!) und Einzelregelungen, die von Ihrer Seite gekommen sind, übernommen haben. Das betrifft beispielsweise die zehn Jahre beziehungsweise 144 Monate, die wir für § 255 Abs. 4 übernommen haben, das betrifft die Härteklausel und die Vertrauensschutzklausel, das betrifft aber auch den Vorschlag der Grünen betreffend die Notstandshilfe. Das, was Herr Kollege Öllinger gesagt hat, stimmt nicht, denn genau dieser Vorschlag hat in unser Gesetz Eingang gefunden.

Das zweite Thema, das heute mit diesem Gesetz beschlossen wird, ist eine Reform der Sozialversicherungsträger. Wir bekennen uns ausdrücklich zur Solidarität, also dazu, dass die Gesunden für die Kranken, dass die Einkommensstärkeren für die Einkommensschwächeren, dass die besser verdienenden Männer für die schlechter verdienenden Frauen mitzuzahlen haben. Das ist ein System, das wir erhalten wollen! Es gibt Studien, die eindeutig aussagen, was schon längst hätte passieren sollen, um dieses System auf eine wirtschaftlich bessere Basis zu stellen. Das ist bisher nicht passiert, daher ist heute diese Reform notwendig geworden.

Die Sozialversicherungsträger verwalten Milliarden an Beiträgen der Versicherten, und es ist daher notwendig, dass wir Instrumente einführen, die jedes private Unternehmen schon längst als selbstverständlich erachtet und eingeführt hat. Es geht um eine Verstärkung der Effizienzprüfung, und es geht um ein frühzeitiges Aufzeigen von Fehlentwicklungen. Daher sieht diese


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Gesetzesvorlage eine Controlling-Einrichtung vor, die den Hauptverband in die Lage versetzt, sich in Richtung einer Holding zu entwickeln, was schon seit langem dringend notwendig ist. Dadurch ist ein besserer Durchgriff auf die einzelnen Träger gegeben, und dadurch wird eine stärkere Vernetzung der Träger und eine bessere Kooperation derselben ermöglicht.

Dadurch werden sich Einsparungen ergeben, dadurch werden sich Synergienutzungseffekte ergeben, dadurch wird es zu einer Effizienzsteigerung kommen. Dadurch werden die Beiträge der Versicherten wirtschaftlicher und sparsamer eingesetzt und verwaltet werden.

Mein Anliegen ist es, die Sozialversicherung bei dieser Modernisierung zu unterstützen, daher verschaffen wir ihr ein zeitgemäßes, betriebswirtschaftlich orientiertes Instrumentarium, mit dem sie diese Ziele besser verfolgen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Letzten, meine Damen und Herren, zum Thema Krankenversicherung, zur Explosion der Kosten in den letzten Jahren und zur anstehenden Sanierung. Wir alle wissen genau, dass diese Kosten eine Reihe von Ursachen haben: die bessere, teurere Versorgung im Gesundheitsbereich, der verstärkte Einsatz der modernen Apparatemedizin, die besseren und teureren Medikamente, die verstärkte Inanspruchnahme der medizinischen Versorgung durch unsere Bürger und leider Gottes mangelndes Kostenbewusstsein der Leistungsempfänger, mangelndes Kostenbewusstsein der Vertragspartner, der Träger und mangelnde Bereitschaft – das muss ich auch sagen – der Krankenkassen zum Kostensparen. (Abg. Dietachmayr: Das ist unerhört! Sie haben keine Ahnung!)

Daher gehen unsere Reformmaßnahmen davon aus, dass wir die hohen Standards der medizinischen Versorgung, zu denen wir uns bekennen, weiter erhalten, dass alle Menschen denselben Zugang zur medizinischen Versorgung haben sollen, dass die Krankenversicherungsbeiträge nicht erhöht werden sollen und dass es keine Selbstbehalte im Bereich der niedergelassenen Ärzte geben soll.

Von den vorgesehenen Maßnahmen können wir sagen, dass sie das Ziel haben, das Kostenbewusstsein der Leistungsempfänger zu stärken und natürlich auch eine Steuerung zu bewirken, und zwar in Richtung hin zum billigeren niedergelassenen Bereich, weg von den teureren Ambulatorien.

Es wird als begleitende Maßnahme natürlich auch ein verstärkter Ausbau des niedergelassenen Bereiches notwendig sein. Durch zahlreiche Ausnahmen sowie durch eine Deckelung wird für eine soziale Verträglichkeit und besonders für den Zugang schutzbedürftiger Gruppen der Bevölkerung gesorgt.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung hat mit sehr großer Konsequenz ein Paket geschnürt, das sich durch Geschwindigkeit und Gerechtigkeit auszeichnet, wenn ich auf das, was Kollege Öllinger gesagt hat, eingehen darf. Wir sind sorgfältig und verantwortungsbewusst sofort jene Themen angegangen, die uns die vergangene Regierung sozusagen als Hypothek hinterlassen hat, nämlich einerseits die notwendige Pensionsreform, andererseits erste Reformschritte in Richtung Verbesserung des Sozialversicherungssystems und als ganz wichtige und vordringliche Maßnahme die Sanierung der Krankenkassen. Es ist ein gut abgestimmtes, wohl ausgewogenes Paket, und ich lade die Damen und Herren von der Opposition ein, hier mitzugehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.53

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der gestrigen Sitzung des Verfassungsausschusses war in Abwesenheit von Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung davon die Rede,


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dass es unter Umständen, möglicherweise, wahrscheinlich einen Abänderungsantrag betreffend die Hinterbliebenenversorgung von Verfassungsrichtern geben werde.

Was dezidiert nicht gesagt wurde, ist, dass es heute einen Abänderungsantrag von dieser Dimension (die Rednerin hält die Unterlage in die Höhe), klein gedruckt, geben wird. Ich war auf Grund der Vorbereitung der Dringlichen Anfrage lediglich dazu in der Lage, eine kursorische Durchsicht vorzunehmen, und bin dabei draufgekommen, dass unter anderem ganz gravierende und wesentliche arbeitsrechtliche Änderungen vorgenommen werden, wie zum Beispiel eine völlig neue und unkonventionelle Definition von Arbeitsunfall, bei der erstmals auch der Wegunfall in Bezug auf die Altersabsicherung herausgenommen würde.

Ich halte das – mit Verlaub – für ziemlich ungeheuerlich, dass man einen Abänderungsantrag in dieser Dimension so abhandelt. Ich konnte jetzt einmal nur bei diesem einen Punkt feststellen, dass die Tragweite der Änderungen tatsächlich weitreichend ist. Und Sie wissen so wie ich, wie viele Fälle bei den Gerichten anhängig sind, bei denen genau diese Frage strittig ist und zur Diskussion steht. Ich halte es für völlig unerträglich, das in dieser Art und Weise abzuhandeln, noch dazu, wo es bei einigen Fragen, die sich gestern schon gestellt haben, auch nicht möglich war, dass die kompetente Beamtin des BKA Stellung nimmt, weil eben die Autorisierung durch das Regierungsmitglied in Ermangelung eines solchen nicht möglich war.

Ferner erlaube ich mir, anzumerken, dass ich bereits im Ausschuss – das ist jetzt nichts Neues – gesagt habe, dass wir bei einigen Punkten, wie etwa der Regelung betreffend die Verfassungsrichterinnen und -richter, durchaus bereit wären, mitzugehen, und dass wir daher eine getrennte Abstimmung verlangen werden. Ich sage das der Fairness halber auch gegenüber den Beamtinnen und Beamten des Hauses: Wir werden ein derartiges Verlangen auf getrennte Abstimmung erst unmittelbar vor der Abstimmung stellen können, weil wir rein physisch dazu nicht anders in der Lage sein werden.

Ich glaube nicht, dass dann eine geordnete Abstimmung überhaupt noch möglich sein wird, und ersuche dringend, dass man jetzt im Rahmen einer Präsidialrunde überlegt, wie man mit diesem Umstand, diesem Mega-Abänderungsantrag von gravierender Tragweite und mit dem bereits im Ausschuss geäußerten Wunsch auf getrennte Abstimmung über einige Bestimmungen umzugehen gedenkt. (Beifall bei den Grünen.)

14.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Fekter hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.56

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Nachdem ich gestern im Verfassungsausschuss anwesend war und es um die Bestimmung für die Verfassungsrichter-Hinterbliebenen ging, möchte ich Frau Kollegin Petrovic darauf aufmerksam machen, dass das sehr leicht zu finden ist, nämlich im Abänderungsantrag, der Ihnen vorliegt, unter der Ziffer 21. Das ist jene Bestimmung, die die Verfassungsrichter betrifft.

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Kostelka. – Bitte.

14.57

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich mache nochmals darauf aufmerksam, dass alle Mitglieder der Präsidiale, Sie, die anderen beiden Präsidenten und darüber hinaus alle Klubvorsitzenden, einen Präsidialrundlaufbeschluss vom 16. Juni eigenhändig unterschrieben haben. In diesem Präsidialrundlaufbeschluss ist die Tagesordnung des heutigen, des morgigen und des freitägigen Sitzungstages enthalten, und dann findet sich nach dieser Tagesordnung folgender Satz:

"Die Regierungsparteien sagen zu, dass jedenfalls umfangreiche § 27-Anträge und umfangreiche Abänderungsanträge den Oppositionsfraktionen bis spätestens 24 Stunden vor Beginn der jeweiligen Ausschusssitzungen übermittelt werden."


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Damit, meine Damen und Herren, haben mit Unterschrift – und die Präsidenten haben dem zugestimmt – die beiden Klubvorsitzenden der Regierungsfraktionen erklärt, keine überfallsartigen Anträge in dieser Dimension zu stellen, die überhaupt nicht mehr überprüft werden können.

Daher ersuche ich Sie dringend, Herr Präsident, diese Frage einer Klärung zuzuführen, weil es darüber hinaus auch eine Entscheidungspraxis der Präsidiale gibt, solche Anträge überhaupt zuzulassen.

Ich weiß, dass es heute große Probleme mit der Gerechtigkeit des Sozialsystems in Österreich gibt, aber auch solche formalen Fragen, wo Fraktionen wie ÖVP oder FPÖ ausdrücklich etwas zusagen und sich jetzt überhaupt nicht mehr daran halten, müssen Gegenstand der Vereinbarung der Präsidiale sein und auch weiter gehalten werden. (Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsordnung!)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Klubs haben an sich bereits ihre Stellungnahme abgegeben, Frau Abgeordnete Petrovic. Wir führen keine Geschäftsordnungsdebatte durch (Abg. Dr. Petrovic: So ist das nicht!), sondern es gibt nach der Usance die Stellungnahme der vier Klubs. Drei davon haben eine entsprechende Stellungnahme abgegeben. (Abg. Dr. Petrovic: Hier werden Usancen gebrochen! Das war eine substantielle Stellungnahme, und es wird doch möglich sein, darauf noch etwas zu sagen!)

Ich darf dazu auf die Geschäftsordnung verweisen, die besagt, dass auf Grund der Usance eben keine Debatte stattfindet (Abg. Dr. Petrovic: Wo steht das bitte?), sondern dass jeder einzelne Klub eine Stellungnahme abgibt. (Abg. Dr. Martin Graf: Dann müssen Sie einen Antrag stellen! – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte.

15.00

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Abgeordnete Fekter hat soeben auf die Bestimmung hinsichtlich der Verfassungsrichter, die in der Tat im Ausschuss angekündigt worden ist, hingewiesen. Ich erlaube mir, anzumerken, dass das bei diesem Papier, das exakt 30 eng beschriebene Seiten umfasst, ein, so glaube ich, zwei Zeilen umfassender Absatz ist. Das heißt, das ist überhaupt nicht der Kern der Abänderung. Diese Bestimmung waren wir durchaus in der Lage, zu finden.

Ich kann es nur noch einmal sagen: Wir wollen über einige Punkte eine getrennte Abstimmung, sehen uns aber auch angesichts der eigenen Dringlichen Anfrage völlig außer Stande, das jetzt in wenigen Minuten dem Präsidium und den Beamten bekannt zu geben. Das heißt, es wird dieser Antrag, wenn überhaupt, unmittelbar vor der Abstimmung kommen. Im Klartext: Sie können es sich sozusagen aussuchen, ob wir die Unterbrechung jetzt oder dann durchführen.

Ich sage noch einmal auch den Kolleginnen und Kollegen, die noch irgendwie an Sozialpolitik und an Arbeitsrecht interessiert sind: Darin sind ganz gravierende Änderungen enthalten, wie etwa die Neudefinition des Arbeitsunfalles. Ich glaube nicht, dass das mit einem Abänderungsantrag, der auf 30 eng beschriebenen Seiten während der schon laufenden Debatte in der Sache eingebracht wird, möglich ist.

Auf die Präsidialbeschlüsse weise ich darüber hinaus auch noch hin.

15.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete! Ich nehme Ihre Stellungnahme gerne zur Kenntnis. Es ist bereits eine ähnliche Stellungnahme von Herrn Abgeordnetem Kostelka zu einem anderen Kapitel, zu einem anderen Abänderungsantrag hinsichtlich des Umfanges sowie formal und inhaltlich erfolgt. (Abg. Dr. Kostelka: Zum selben!) Ich habe auch gesagt, dass wir uns gerne bei der nächsten Präsidiale darüber verständigen werden.

Es ist jetzt bereits 15 Uhr, und wir müssen auf Grund der Tatsache, dass eine Dringliche Anfrage eingebracht worden ist, auch die Verhandlungen im Rahmen der Tagesordnung unterbrechen. Das tue ich hiermit.


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Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über die Punkte 1 bis 3, damit die Dringliche Anfrage aufgerufen werden kann. Vielleicht kann in der Zwischenzeit auch die Frage des Inhalts von den Klubs so weit geklärt werden, dass dann eine entsprechende Beurteilung vorliegt.

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Ich unterbreche kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 15.02 Uhr unterbrochen und um 15.04 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme jetzt die unterbrochene Sitzung wieder auf und wiederhole, was Herr Präsident Fasslabend gesagt hat, nämlich dass die Debatte zu den Punkten 1 bis 3 unterbrochen wird, um mit der Beratung und Behandlung der Dringlichen Anfrage im Sinne der Geschäftsordnung beginnen zu können.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Versagen der Anti-Atompolitik der Bundesregierung bei der geplanten Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin (986/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Dringliche Anfrage ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt. Die Dringliche Anfrage hat die Nummer 986/J.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Mit der unmittelbar bevorstehenden Beladung des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin steht Österreich vor dem Scherbenhaufen seiner Anti-Atompolitik. Für das Kabinett Schüssel ist dies die schwerste umwelt- und außenpolitische Niederlage seit Amtsantritt der schwarz-blauen Bundesregierung. Bundesländer, Umweltorganisationen, die Grünen und die Österreichische Bevölkerung kämpfen seit 15 Jahren gegen das Nuklearprojekt 60 km von der Oberösterreichischen Grenze entfernt.

In den letzten Wochen, Tagen und Stunden überschlagen sich die Geschehnisse und es herrscht dringender Handlungsbedarf für die Österreichische Bundesregierung. Letzte Informationen aus Tschechien besagen, dass die tschechische Atomaufsichtsbehörde SUJP die grundsätzliche Genehmigung für die Beladung mit Brennelementen bereits erteilt hat. Lediglich 2-3 Dokumente müssten noch nachgereicht werden. Laut Aussagen von SUJP könne diese Nachreichung innerhalb von Stunden abgeschlossen sein. Für Freitag ist mit einer endgültigen Genehmigung zu rechnen, die Beladung mit Brennelementen wird für Samstag erwartet.

Während über 100 000 Menschen in Tschechien ein Referendum verlangen, macht die Atomlobby rund um den tschechischen Industrieminister Gregr also unglaublichen Druck auf die vorzeitige Fertigstellung und Inbetriebnahme des AKW. Dabei wird mit den Sicherheitsbestimmungen grob fahrlässig umgegangen. Geheimdokumente, die Greenpeace vor 48 Stunden aufdeckte, belegen erhebliche Sicherheitsmängel. Demnach seien während der Abschlussarbeiten am Block 1 "dubiose und unübliche" Praktiken angewandt worden, die den sicheren Betrieb des Reaktors gefährden und das Risiko eines atomaren Unfalls erhöhen könnten. Der tschechische Energieversorger CEZ verwehrt die Einsicht in die Sicherheitsdokumente und stellt damit Unternehmensgeheimnisse über die Sicherheit und Gesundheit von Bürgern.

ÖsterreicherInnen werden von der Bundesregierung zum Konsum von Atomstrom genötigt.

Seit Monaten schnellt der Atomstromanteil im österreichischen Netz in die Höhe. Jeder österreichische Haushalt ist derzeit gezwungen, die Atomindustrie mitzufinanzieren. Wenige Wochen nach der Teilliberalisierung des österreichischen Strommarktes im Frühjahr 1999 stieg der Anteil an Atomstrom in Österreich von 1,5 auf vier Prozent. Mittlerweile ist der Atomanteil im österreichischen Stromnetz auf 10-12 Prozent angewachsen. Österreichische Energieversorger sind am besten Wege, die Tür für zukünftige Temelin-Exporte zu öffnen. Durch das Streichen


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der Anti-Dumping-Bestimmungen im Stromgesetz (ElWOG) werden österreichische Stromkunden auf skandalöse Weise dazu genötigt, künftig auch Strom aus Temelin zu akzeptieren.

Bei der niederösterreichischen EVN stammen bereits 17% der elektrischen Energie aus Atomkraftwerken, bei der Wienstrom sind es 13%, bei der Tiroler Tiwag 15%. Die Vorarlberger VKW AG hat mit dem britischen Stromhändler Enron einen Liefervertrag über 30 MW abgeschlossen. Die deutsche Zweigstelle von Enron mit Sitz in Frankfurt verfügt über einen Exklusivvertrag für den Stromexport des tschechischen Energieversorgers CEZ in den Westen.

Am 9. Mai 2000 haben sich Vertreter aller neun österreichischen Landtage in einer gemeinsamen Erklärung an die Bundesregierung dafür ausgesprochen, dass alle Möglichkeiten auszuschöpfen sind, um auf die Stilllegung und Nichtinbetriebnahme insbesondere grenznaher Atomkraftwerke hinzuwirken und dass offensive Verhandlungen auf politischer Ebene mit Tschechien über einen Baustopp von Temelin zu führen sind und im Falle weiterer UVP’s eine breite öffentliche Einwendungskampagne in Österreich durchzuführen ist.

Österreichische Firmen im Atomgeschäft:

Österreichische Firmen sind am Bau des Kraftwerkes Temelin selbst und an der Konzeption von Endlagern beteiligt. Die oberösterreichische Firma Elin ist mehrheitlich am Unternehmen EZ-Praha beteiligt, jener tschechischen Firma, die die baulichen Hauptkomponenten für das AKW Temelin liefert. Die Voest bemüht sich um die Auftragserteilung für die Konzeption der Behälter für das Atommüll-Zwischenlager beim tschechischen AKW Dukovany und um die Gesamtkonzeption für das Atommüll-Zwischenlager in der Slowakei. Phillips Österreich betreibt nach Angaben der CEZ die Bauzaun-Überwachung auf der AKW-Baustelle in Temelin.

Ausländische Atomunternehmen kaufen sich verstärkt in österreichische Stromversorger ein. Die steirische Energiegesellschaft Estag wurde bekanntlich bereits 1998 zu 25% vom französischen Atomkonzern EdF übernommen. Auch in Oberösterreich wollen sich nun ausländische Atomriesen einkaufen. So hat der deutsche Atomstromproduzent Bayernwerk Interesse an einer Beteiligung an der OÖ Energiegesellschaft. Derzeit steht einer solcher Beteiligung noch ein ausdrücklicher Verbotsbeschluss des OÖ LT entgegen, ÖVP und FPÖ versuchen jedoch bereits den Weg freizumachen für Atomstrom nach OÖ. Durch vollmundige Aussagen in der Öffentlichkeit lassen Regierungspolitiker die österreichische Bevölkerung, die Atomkraft mehrheitlich ablehnt, im Glauben, Österreich kämpfe engagiert gegen die gefährliche Kernkraft. Gleichzeitig öffnen Politik und Wirtschaft eine Hintertür nach der anderen, um Atomstrom nach Österreich hereinzulassen oder durchzuleiten und sich am Atomgeschäft zu beteiligen.

Damit wird die endgültige Inbetriebnahme des AKW Temelin erst ermöglicht, denn das Kraftwerk wird ausschließlich für den Export fertiggestellt.

Im Jahr 2000 will die CEZ 8TWh und 2001 bereits 12 TWh exportieren, das entspricht ca. 80% der Temelin-Produktion.

Der 400 Milliarden Schilling schwere französische Atomriese EdF steht kurz vor dem Einstieg in die tschechische Stromgesellschaft CEZ. Die tschechische Regierung bereitet eine Totalprivatisierung des tschechischen Stromversorgers und aller acht regionalen Verteilergesellschaften vor. Ein diesbezügliches Gesetz soll im Frühherbst beschlossen werden. Mit der Finanzmacht der EdF im Rücken werden massive Exporte von Temelin-Strom den EU-Markt mit "billigem" Atomstrom überschwemmen. Nach Angaben der CEZ sind Italien, Deutschland und Österreich Hoffnungsmärkte. Ohne Hilfe von Außen wäre die CEZ in einer finanzielle prekären Situation.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage:

Im Sommer 1999 wurde von der Bundesregierung und in Folge vom Nationalrat einstimmig ein Aktionsplan zur Anti-Atompolitik verabschiedet. Darin wurde insbesonders der Bundesminister


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für Wirtschaftliche Angelegenheiten aufgefordert beim Vollzug des österreichischen Stromgesetzes (ElWOG) hinsichtlich des Imports von Atomstrom strenge Maßstäbe anzulegen.

1. Wieso hat die Bundesregierung unter klarer Missachtung dieses Auftrags eine Novelle zum ElWOG im Ministerrat beschlossen und dem Nationalrat vorgelegt, worin die zur Erfüllung dieses Auftrages notwendigen "Anti-Dumping-Bestimmungen" gestrichen werden?

Darüber hinaus hat die Bundesregierung im oben angeführten Aktionsplan versprochen, "die Regelungen der anderen Mitgliedsstaaten der EU zu analysieren und nötigenfalls für effektive gesamteuropäische Anti-Dumping-Regelungen einzutreten."

2.a. Was haben diese Analysen ergeben?

2.b. Welche konkreten Initiativen in Richtung Anti-Dumping-Regelungen wurden ergriffen?

2.c. Glauben Sie, dass diese Bemühungen erleichtert werden, wenn Österreich selbst gleichzeitig seine Anti-Dumping-Regelungen abschafft?

Der Anti-Atom-Aktionsplan sieht weiters vor, dass KonsumentInnen, die Atomstrom nicht beziehen wollen, eine allenfalls entstehende finanzielle Mehrbelastung nicht überwiegend selbst zu tragen haben.

3. Warum haben Sie diesen Auftrag im Ministerratsbeschluss zur ElWOG-Novelle schlicht ignoriert?

Weiters heißt es im Aktionsplan, dass "Österreich im Rahmen der vorhandenen Mittel selbst auch finanzielle Unterstützung für die Erarbeitung und Umsetzung umfassender und zukunftsverträglicher Energiestrategien der beitrittswilligen Staaten bereitstellen und für eine derartige Unterstützung aus dem Gemeinschaftsbudget eintreten wird.

4.a. Welche konkreten Projekte hat Österreich unterstützt?

Bitte legen Sie bei jedem einzelnen Projekt die Höhe der finanziellen Unterstützung dar.

4.b. Welche Schritte und Initiativen hat Österreich im Rahmen der EU gesetzt?

Weiters enthielt der Anti-Atom-Aktionsplan den klaren Auftrag an die Bundesregierung, in Koordination mit Deutschland "ein fiktives Genehmigungsverfahren für das KKW Temelin als Modellfall für den vom Rat der Europäischen Union geforderten Stand der Technik durchzuführen und so alle noch bestehenden Defizite klar und eindeutig aufzulisten. (...) Sollte bei dieser Überprüfung nicht nachgewiesen werden können, dass Temelin diesem Stand der Technik entspricht, wird Österreich unverzüglich bilateral und auch im Rahmen der Europäischen Union die tschechische Regierung darauf hinweisen, dass der Stand der Technik eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist."

5.a. Halten Sie es für ausreichend, dass die damals ressortzuständige Bundesministerin nach mehrmonatiger Verzögerung die Umsetzung der gegenständliche Strategie mit einem einzigen Brief versucht hat?

5.b. Was haben Sie als Bundeskanzler unternommen, um dem Auftrag in diesem Punkt nachzukommen?

Die FPÖ ist immer dafür eingetreten, die Nicht-Inbetriebnahme von Temelin strikt mit der Zustimmung Österreichs zum EU-Beitritt Tschechiens zu junktimieren.

5.c. Hat sie sich mit dieser Position in der Bundesregierung durchgesetzt?

6. Teilen Sie somit die Einschätzung, dass die Bundesregierung keinen einzigen Punkt des Anti-Atom-Aktionsplans erfolgreich umgesetzt hat?


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7. Glauben Sie, dass bei einer konsequenten Umsetzung des Anti-Atom-Aktionsplans die Fertigstellung des AKW Temelin zumindest erschwert hätte werden können?

8. Wie oft waren Sie seit Sie Bundeskanzler sind in Tschechien, um sich in persönlichen Verhandlungen mit den Temelin-Befürwortern in der tschechischen Regierung gegen die Fertigstellung des AKW Temelin einzusetzen?

9. Wie oft haben sie mit dem tschechischen Premier Miloš Zeman über die österreichische Position zur Fertigstellung des AKW Temelin gesprochen?

Sie haben gestern in einer Aussendung angekündigt, dass sich nun auch die Frau Außenministerin Ferrero-Waldner in der Temelin-Frage einschalten wird.

10. Welche Schritte hat die Außenministerin gesetzt und mit welchem Ergebnis?

11. Waren Ihnen die jetzt von Greenpeace aufgedeckten gravierenden Sicherheitsmängel in der aktuellen Testphase des Block 1 des AKW Temelin bekannt?

12. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, nachdem diese Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sind?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs 2 GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort erteilen und rufe in Erinnerung, dass die Redezeit nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht übersteigen darf. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.05

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen heute mit der Tatsache, dass das Scharf-Machen des Reaktors in Temelin unmittelbar bevorsteht, vor dem Scherbenhaufen der österreichischen Anti-Atompolitik. Es ist nicht anders zu beschreiben.

Dies ist aus Sicht der Grünen die größte umwelt- und außenpolitische Niederlage des Kabinetts Schüssel in den letzten Monaten. Damit stehen 15 Jahre engagierter Atomwiderstand in Österreich von einzelnen Bundesländern, von den Umweltorganisationen, von vielen Initiativen auf dem Spiel. Auch die tschechischen Umweltschützer, unsere Verbündeten vor Ort, auch diejenigen in der tschechischen Regierung, die dieses Kraftwerk nicht wollen, wissen, mit dem heutigen Tage ist etwas Irreversibles eingetreten.

Die letzten Wochen und Monate waren von den Geschehnissen her, von dem, was passiert ist, her ungeheuer dramatisch. Wir haben schon seit Wochen und Monaten die Bundesregierung massiv zum Handeln gedrängt und aufgefordert. Wir haben per Brief alle Mitglieder der Regierung, wir haben den Bundeskanzler aufgefordert, diese drängende Situation zum Anlass zu nehmen, um endlich tätig zu werden.

Es stehen 15 Jahre Widerstand Österreichs gegen ein Kraftwerk auf dem Spiel, das nur 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt ist. Temelin ist 1 000 Megawatt Gefährdung, ein Ost-West-Mix, der noch nie erprobt worden ist. Baugleiche Typen sind in Deutschland gleich nach der Wiedervereinigung eingestellt worden. Es handelt sich um einen Reaktortyp, der in Westdeutschland nicht genehmigungsfähig wäre, eine Gefährdung der österreichischen Bevölkerung, der österreichischen Umwelt und der österreichischen Sicherheitsinteressen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Es hätte schon heute so weit sein können. Wir haben jetzt noch zwei Tage Galgenfrist bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Reaktor mit Brennstäben beladen wird. Es hat gestern von Ihnen, Herr Bundeskanzler, die erste Aussage zu diesem Problem gegeben. Sie haben in den letzten Monaten, während all der Tage, an denen die Dramatik der Situation klar geworden ist, beharrlich geschwiegen. Sie haben sich gestern das erste Mal zu dieser Gefährdung der österreichischen Sicherheit, zu diesem massiven umwelt- und außenpolitischen Problem Österreichs mit einem sehr lapidaren Satz geäußert. Sie sagten, Sie nähmen die Sicherheitsbedenken, die Sorgen ernst. – Herr Bundeskanzler! Das ist absolut zu wenig.

Ich möchte die Situation noch einmal kurz beschreiben. Wir haben am Montag noch einmal Unterlagen bekommen, Fakten, die von der Umweltorganisation Greenpeace in Tschechien aufgedeckt worden sind. Nicht genug damit, dass dieser Reaktortyp ein Ost-West-Mix ist, der noch nie erprobt worden ist, ist in den letzten Tagen ein solcher Zeitdruck von Seiten der Temelin-Befürworter in der Regierung ausgeübt worden, dass offenbar Mängel entstanden sind, und nun, in der heikelsten Phase, in der es um den Reaktordruckbehälter geht, wurden noch ganz massive Sicherheitsmängel offen gelegt.

Dubiose Praktiken werden der CEZ vorgeworfen. Es wird ihnen vorgeworfen, Dokumente, die ganz wesentlich sind, um die Sicherheitsfrage zu beurteilen, geheim zu halten und damit Firmeninteressen, Geschäftsinteressen über die Interessen der Bevölkerung, der Umwelt und der Sicherheit zu stellen.

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Was haben Sie in den letzten Monaten, seit Sie Bundeskanzler sind – Sie waren vorher auch noch Außenminister –, gemacht, um eine dieser wesentlichsten Fragen der österreichischen Sicherheit in irgendeiner Weise zum Anlass zu nehmen, aktiv zu werden? Was haben Sie persönlich gemacht? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Waren Sie ein einziges Mal in Tschechien? Haben Sie mit der tschechischen Regierung in irgendeiner Weise Kontakt aufgenommen und dieses Problem angesprochen? Haben Sie all die Aufträge, die von Seiten des Parlaments in vielen Schriften niedergelegt sind, in irgendeiner Weise erfüllt?

Ich frage Sie: War das gestern das einzige und letzte Mal, dass Sie sich zu Temelin geäußert haben? Soll irgendwie nur noch der Schwamm über die ganze Affäre gewischt werden – und damit über 15 Jahre Widerstand, 15 Jahre lange österreichische innenpolitische Kraftanstrengung, um dieses Kraftwerk zu verhindern? Soll das alles jetzt vom Tisch gewischt werden? Soll das Kraftwerk einfach in Betrieb gehen, und Sie äußern sich dazu mit dem lapidaren Satz, Sie nähmen die Sorgen und die Befürchtungen ernst?

Wie oft haben Sie wirklich mit den Befürwortern in der tschechischen Regierung über Temelin gesprochen? Ist Ihnen überhaupt bekannt, dass das innenpolitisch eine heftige Kontroverse ist? Wissen Sie, dass wir dort Verbündete haben? Haben Sie jemals mit dem Industrieminister Gregr Kontakt aufgenommen? Haben Sie einen einzigen dieser Temelin-Befürworter kontaktiert und ihnen mitgeteilt, dass die österreichische Position in dieser Frage sehr klar ist? Haben Sie jemals auf höchster politischer Ebene mit dem Premier Milos Zeman in irgendeiner Weise Kontakt aufgenommen? Oder haben Sie die ganzen letzten Wochen und Monate, seitdem Sie Bundeskanzler sind, Temelin und die ganze Problematik verschlafen?

Herr Bundeskanzler! Die Dramatik ist nicht zu überbieten! Wir haben in dieser Frage seit 1978 eine ganz besondere Verantwortung. Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber all jenen Gruppen, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich vor Ort massiv gegen dieses Kraftwerk gekämpft haben. All diese Menschen und die gesamte österreichische Bevölkerung haben ein Recht darauf, dass Sie sich als Bundeskanzler massiv hinter diese Interessen stellen. Sie haben das in den ganzen letzten Wochen und Monaten nicht gemacht! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich zu einem zweiten Punkt, zur österreichischen Komplizenschaft, die ganz massiv verdeutlicht, wie heuchlerisch die Anti-Atompolitik in den letzten Wochen und Monaten war. Wir wissen, es sind österreichische Firmen vor Ort beteiligt. Nach Angaben der CEZ ist es Philips Österreich, die die Bauzaunüberwachung macht, es ist die VOEST, die sich für die


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Endlagerfrage, für die Konzeption der Behälter beworben hat, und es ist die Firma Elin, die über eine Tochter mehrheitlich die Bauteile für dieses Kraftwerk liefert. All das ist Ihnen bekannt. Sie wissen, was das bedeutet.

Herr Bundeskanzler! Sie wissen auch, dass in Österreich die österreichischen Stromkunden und -kundinnen quasi genötigt werden, Atomstrom zu verbrauchen. Sie haben im letzten Jahr, seitdem diese dramatische Entwicklung geschieht, dass unser Verbrauch von einem Atomstromanteil von 1 Prozent auf 10 Prozent hinaufgeschnellt ist, in keiner Weise reagiert. Sie haben dem keinen Riegel vorgeschoben. Im Gegenteil! Sie haben sogar im Ministerrat und in der Novelle zum Stromgesetz diese Importe erleichtert. Sie wollen sichtlich, dass die ÖsterreicherInnen genötigt werden, billigen Atomstrom zu verbrauchen und zu kaufen.

Das ist aus unserer Sicht besonders dramatisch, da es kein anderes politisches Thema oder keine andere Frage gibt, bei der so breiter Konsens herrscht. Die Zahlen, die jetzt auf dem Tisch liegen, sind verheerend: seit einem Jahr eine Erhöhung von 1 Prozent auf 10 Prozent! Es gibt keine österreichische Stromgesellschaft mehr, die nicht in irgendeiner Weise bei diesem Geschäft – wenn auch nur in kleinem Ausmaß, aber bis zu 17 Prozent – mitnascht. Das sind Firmen, das sind Gesellschaften, die zum Großteil noch in öffentlicher Hand sind. Es ist die Wienstrom, es ist die EVN, es ist die Tiwag, und es sind die Vorarlberger Kraftwerke AG, die bei diesen Geschäften mitmachen, und Sie schieben dem keinen Riegel vor.

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie noch einmal: Wieso haben Sie diese dramatischen Entwicklungen nicht zum Anlass genommen, in adäquater Weise auf dieses verheerende Problem zu reagieren? Wieso nötigen Sie die österreichischen Stromkunden und -kundinnen, in Zukunft vielleicht auch Strom aus Temelin verbrauchen zu müssen? Wieso haben Sie all die Aufträge, die das Parlament der Regierung erteilt hat, in keiner Weise wahrgenommen?

Es waren sehr viele gute Ansatzpunkte, die im letzten Jahr diskutiert worden sind. Es gab viele gute Vorschläge, zum Beispiel die Antidumpingbestimmungen europaweit zu überprüfen, zu analysieren, und entsprechend scharfe Regelungen in Österreich zu machen, damit Stromimporte von Drittländern nicht mehr möglich sind, damit Stromwäsche über Deutschland schwieriger möglich ist. Auch der Kollege in Deutschland, Umweltminister Trittin, hat sich in dieser Frage durchaus kooperativ gezeigt. Sie haben in all den letzten Monaten absolut nichts in dieser Richtung getan. Sie haben dieses Problem verschlafen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen nur unterstellen, diese Komplizenschaft, die es in Österreich gibt, bewusst nicht zu sehen, und diese heuchlerische Anti-Atompolitik möchten wir heute ein für alle Mal beenden. Es hat keinen Sinn, wenn auf der einen Seite hier Resolutionen beschlossen werden, großartige Appelle geleistet werden, aber diejenigen, die ökonomisch wirklich davon profitieren, werden, auch wenn sie in Österreich sitzen, in keiner Weise angesprochen und haben mit keinerlei Konsequenzen zu rechnen, wenn sie sich an diesem Geschäft beteiligen.

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Sind Sie bereit, in Zukunft diesem fahrlässigen Nichtstun, diesem Scherbenhaufen, vor dem wir jetzt stehen, ernsthaft zu begegnen und ernsthaft etwas entgegenzusetzen? Sind Sie endlich persönlich bereit – nicht zu einer Urlaubsreise! –, nach Tschechien zu fahren und nicht mit den Temelin-Gegnern in der Regierung – mit denen reden wir auch –, sondern mit den Befürwortern in der Regierung noch eine Lösung zu suchen? Sind Sie in irgendeiner Weise bereit, Ihr ganzes politisches Gewicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung noch in die Waagschale zu werfen? Oder werden Sie es halten wie bisher, einfach den Kopf in den Sand stecken und absolut nichts tun, bis auf eine lapidare APA-OTS-Aussendung wie gestern?

Herr Bundeskanzler! Sind Sie bereit, mittels Antidumpingbestimmungen die österreichischen Stromkunden und -kundinnen, die Atomstrom dezidiert nicht wollen, in Zukunft über bessere gesetzliche Regelungen zu schützen? Sind Sie bereit, diesbezüglich mit uns zusammenzuarbeiten und verbesserte Regelungen vorzulegen? Sind Sie auch bereit, all den Eigentümerinteressen über die Anteile einer Verbundgesellschaft, über die Anteile, die Länder an ihren Landes-EVUs immer noch innehaben, einen Riegel vorzuschieben, Atomstromimporten und in


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Zukunft auch Temelin-Strom einen Riegel vorzuschieben, damit dieser Strom nicht nach Österreich kommt? Sind Sie dazu bereit?

Es hat auch bei der Freudenau politische Interventionen gegeben. Wenn man heute jemanden wie Fremuth fragt, dann erklärt dieser, es war ein politischer Beschluss, 16 Milliarden Schilling in den Sand zu setzen. – Und heute will man mit Aktienrechten und sonstigen seltsamen Argumenten behaupten, man könne das nicht unterbinden, das sei einfach so, es gebe einen liberalisierten Strommarkt. – Es gibt Möglichkeiten, Sie haben sie nur in all den letzten Wochen und Monaten in keiner Weise genützt!

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Werden Sie in irgendeiner Form das, was im österreichischen Anti-Atom-Paket vorgelegt und diskutiert worden ist, umsetzen? Sind Sie in irgendeinem Punkt bereit, all die Vorschläge, über die monatelang diskutiert worden ist, in irgendeinem einzigen Beistrich umzusetzen? Warum ist in den letzten Wochen und Monaten in keiner Weise von all den Maßnahmen, von all den Vorschlägen – es waren, so glaube ich, 27 Punkte – kein einziger Punkt umgesetzt worden?

Das liegt in Ihrer Verantwortung, Herr Bundeskanzler! Sie haben in all den letzten Monaten diesen Anti-Atom-Pakt zu 100 Prozent ignoriert und negiert. All das, was konkret auf Temelin zugeschnitten war, haben Sie ignoriert. Sie haben daher den heutigen Scherbenhaufen der österreichischen Umweltpolitik, Außenpolitik und Anti-Atompolitik zu verantworten! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie auch, wie Sie die Frage des EU-Beitritts, all die Diskussionen über Ausstiegskonzepte innerhalb der EU-Verhandlungen beantworten. Die FPÖ hat da immer eine sehr radikale Position vertreten. Wer hat sich denn jetzt innerhalb der Bundesregierung durchgesetzt? – Auch dazu hätte ich gerne einmal eine Antwort, weil das letztendlich im österreichischen Anti-Atom-Paket verankert, aber wiederum von Ihnen zu 100 Prozent ignoriert worden ist.

Herr Bundeskanzler! Persönlich bin ich zutiefst enttäuscht und betroffen – nach all den Mühen und all den politischen Initiativen, die es in den letzten Jahren gegeben hat. Ich komme selbst aus der Umweltbewegung. Temelin ist ein Symbol der Anti-Atompolitik! Temelin ist das letzte Kraftwerk. Wir haben in der Anti-Atompolitik mit Mohovce, wir haben mit Bohunice, wir haben mit Krško eine Katastrophe nach der anderen gehabt. Temelin ist das letzte Kraftwerk, das jetzt in Betrieb geht, und Sie verantworten mit Ihrem Nichtstun, dass die Generation, die jetzt geboren wird, die nächsten 35 Jahre lang mit dieser Gefährdung leben muss!

Das ist meiner Meinung nach viel wichtiger als das, was heute Vormittag in der Aktuellen Stunde bezüglich Sanktionen und so weiter diskutiert worden ist. Da geht es um Lebensinteressen einer ganzen Generation, die in den nächsten 35 Jahren Ihr Nichtstun und Ihr Versagen in den letzten Monaten – ich kann es nicht anders beschreiben – ausbaden muss! Da werden Sie schon lange in Pension sein, vielleicht in Politikerpension – selbstverständlich sogar –, aber die Kinder, die jetzt geboren werden, werden 35 Jahre lang damit leben müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich habe heute verfolgt, dass es gestern erste Initiativen gegeben hat, dass die Außenministerin sichtlich erstmals mit jemandem in Tschechien Kontakt aufgenommen hat, und zwar mit dem Außenminister, einem bekennenden Atomgegner, der mit den Grünen bereits Pressekonferenzen abgehalten hat. Aber ich glaube nicht, dass diese Initiative in irgendeiner Weise das Problem lösen kann.

Es geht wirklich um die Temelin-Befürworter in der tschechischen Regierung. Sie wissen, dass die Abstimmung 11 : 8 ausgegangen ist. Sie wissen, dass die Unterlagen nach wie vor geheim gehalten werden, und Sie wissen auch, dass es da um einen sehr, sehr langen Zeitraum geht.

Weiters wissen Sie, dass der französische Atomriese Electricité de France kurz davor steht, den Fuß in Tschechien in die Tür zu setzen und damit sozusagen gefüllte Kriegskassen hat, um ausschließlich Deutschland, Österreich und Italien mit diesem Strom zu beliefern.


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Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Was werden Sie in Zukunft Handfestes – nicht nur Appelle! – tun, um das zu verhindern? Sie haben diesen Scherbenhaufen der letzten Monate zu 100 Prozent zu verantworten. Sie haben die Gefährdung für die nächsten 35 Jahre zu verantworten, wenn im Sommer die radioaktive Kontamination von 1 000 Megawatt nicht erprobtem Ost-West-Mix in Betrieb geht. Und Sie haben weiters zu verantworten, dass die österreichischen StromkundInnen in Zukunft keine Handhabe haben, in irgendeiner Form auf Atomstrom zu 100 Prozent verzichten zu können – außer, sie steigen zu 100 Prozent auf Ökostrom um.

Auch da ein gebrochenes Versprechen von Ihnen persönlich, Herr Bundeskanzler, und von dieser Bundesregierung. Sie haben in Ihrem Anti-Atomplan versprochen, dass dann, wenn jemand zu 100 Prozent keinen Atomstrom möchte, dieser die finanzielle Belastung nicht alleine tragen soll. – Auch das haben Sie, Herr Bundeskanzler, nicht erfüllt.

Selbst jene Handlungsmöglichkeiten, die man als Einzelner hat – die Sie im übrigen stärken wollten –, selbst diese kleinen Punkte haben Sie nicht erfüllt. Und ich kann das nicht anders bezeichnen als ein totales Desaster von 15 Jahren Anti-Atomarbeit in Österreich. Ich bin zutiefst betroffen und bedauere, dass in den letzten Monaten nirgendwo Platz war – weder im Umweltausschuss noch hier im Plenum –, ausführlich über diese Themen zu diskutieren. Wir haben das daher als dringliche Initiative eingebracht. Es gibt nichts anderes, was im Moment dringender und wichtiger ist.

Ich konstatiere noch einmal: Die Bilanz bis zum heutigen Tage ist verheerend: Mohovce, Bohunice, Krško – und jetzt auch das AKW Temelin!

Die Anti-Atompolitik Österreichs gibt es nicht mehr. Es gibt keine Anti-Atompolitik der Bundesregierung. Es handelte sich dabei lediglich um ein heuchlerisches Unterfangen, am besten dokumentiert durch diese gestrige kurze APA/OTS-Aussendung, in der es hieß, Sie würden die "Besorgnisse der Bevölkerung ernst nehmen". – Geschehen ist nichts!

Ich bin zutiefst betroffen, mit mir auch die ganze grüne Fraktion, und ich hoffe, dass unsere diesbezüglichen Anträge, die heute abgestimmt werden, bei denen es auch um handfeste ökonomische Interessen der Komplizen in Österreich und um handfeste ökonomische Fragen geht – etwa um die Frage, wie man damit umgeht, dass das AKW Temelin ausschließlich zum Zwecke des Stromexportes fertiggebaut wird, wobei bei uns alles getan wird, diesbezüglich die Türen in Österreich weit aufzumachen, eben für diesen Atomstrom –, in irgendeiner Form Gehör finden.

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie unseren Vorschlägen heute in irgendeiner Form Ihre Zustimmung geben, sonst kann ich meine Diagnose "Scherbenhaufen" keinesfalls revidieren.

Ich gehe davon aus, dass Sie als Bundeskanzler auch Ihre Eigentumsrechte an der Verbundgesellschaft so nützen, wie dies eine frühere Bundesregierung etwa im Falle des Kraftwerks Freudenau gemacht hat. Diese hatte überhaupt kein Problem damit, 16 Milliarden Schilling sozusagen in den Sand zu setzen. Es wird also doch wohl möglich sein – zumindest muss man politisch an Sie appellieren –, dass diese Gesellschaften Atomstrom nicht kaufen!

Noch einmal: Scherbenhaufen österreichische Anti-Atompolitik! Österreichische KundInnen werden dazu genötigt, Atomstrom zu verbrauchen, und sie haben keine Möglichkeit, zu gleichen Preisen umzusteigen. Keine Offensiven in den letzten Tagen und Monaten, keine Kontaktaufnahme mit irgendjemandem, der in Tschechien die Inbetriebnahme des AKW Temelin befürwortet! Keinerlei politisch handfeste ökonomische Alternative! – Ich bin enttäuscht, und mit mir ist es die grüne Fraktion. (Beifall bei den Grünen.)


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15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.24

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete, Sie haben zwar rund fünfmal Ihre Argumente wiederholt – von "Scherbenhaufen" und "Komplizen" haben Sie auch immer wieder gesprochen –, aber deswegen werden sie keineswegs richtiger.

Wir haben nicht nichts getan, sondern wir haben in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Kompetenzänderung durchgeführt, die ja auch hier im Parlament diskutiert wurde: Die Anti-Atompolitik, nukleare Sicherheitsfragen ressortieren jetzt zum Umweltministerium. Und es wurde enorm viel in diesen Monaten getan. Ich bin zwar hiefür nicht zuständig, aber ich antworte Ihnen gerne, weil ich mich als Regierungschef und als früherer Außenminister natürlich auch mit der Anti-Atompolitik dieser Bundesregierung – etwas, was ja auch in unserem Regierungsprogramm enthalten ist – voll identifiziere.

Frau Abgeordnete, ich würde Sie sehr bitten, Ausdrücke wie "Komplizenschaft" im Zusammenhang mit dem Bau eines Atomkraftwerkes beziehungsweise der Atompolitik eines anderen Landes zu unterlassen, denn Österreich war immer für den Ausstieg aus der Kernenergie. Wir haben weltweit in Europa und für uns selber dafür geworben und gekämpft, und ich lasse mir und dieser Mitte-Rechts-Regierung nicht unterstellen, für etwas verantwortlich zu sein, was derzeit eine linke Regierung in der Tschechischen Republik macht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Reden Sie, Frau Abgeordnete, mit ihren Freunden auf der linken Seite dieses Hauses, vielleicht können diese bei ihren Parteifreunden mehr erreichen! Und ich sage Ihnen noch etwas – vielleicht ist das Ihrer Aufmerksamkeit entgangen –, da Sie mich fragen, wie oft ich in Prag gewesen bin und Kontakte mit dem dortigen Regierungschef hatte: Ja wissen Sie nicht, dass genau dies die Auswirkung jener Sanktionen ist, die Sie zunächst begrüßt, für die Sie Verständnis gezeigt haben und für die Sie herumgereist sind?! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Sprecher von Ihnen haben deutliches Verständnis für diese Sanktionen bekundet! Und jetzt gehen Sie hier heraus und werfen uns vor, nicht genügend oft in Prag gewesen zu sein, um sicherzustellen, dass österreichische Interessen nicht zu kurz kommen. – Denken Sie doch bitte an die Sanktionen gegen Österreich! Es geht dabei keinesfalls um eine "Untätigkeit" der österreichischen Regierung, wenn die bilateralen Kontakte nicht ausreichend sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, haben einmal gesagt, die Sanktionen seien virtuell, es gebe sie gar nicht. – Nach dem Transitvertrag, nach dem Thema Ökopunkte sehen Sie jetzt neuerlich, wie wichtig es ist, dass es bilaterale Kontakte in jeder Form gibt, eben und gerade auch bei schwierigen nachbarschaftlichen Problemen. Und das ist ja mein Credo die ganze Zeit. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Selbst wenn es um schwierigste Fragen geht, beispielsweise die Vergangenheitsbewältigung, Beneš-Dekrete, Atomkraftwerke, Migration oder Pendlerproblematik: All dies muss sich in guter Nachbarschaft ausreden lassen, aber es bedarf dazu des Kontaktes.

Da sehen Sie jetzt selbst, was Sie mit diesem Ihrem Verständnis für die Sanktionen – auch wenn das nur scheinbar der Fall gewesen sein sollte – mit angerichtet haben, Verständnis für Sanktionen, die bitte durch nichts gerechtfertigt sind und uns alle treffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben uns davon jedoch nicht beirren lassen und – natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten und durchaus klug, wie wir manchmal sind – auf allen Ebenen, im multilateralen Bereich und auch sonst, alles getan, was wir nur konnten.

Sie von den Grünen behaupten, es sei in der Anti-Atompolitik nichts geschehen. – Frau Abgeordnete, das nächste Mal, wenn Sie eine Dringliche Anfrage stellen, recherchieren Sie doch bitte ein wenig vorher, denn es ist wohl auch eine Verpflichtung, wenigstens punktgenau zu kritisieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. )


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Ich lese Ihnen diesbezüglich einiges vor: Umweltminister Mag. Molterer hat bereits am 28. März einen eigenen Vortrag an den Ministerrat in dieser Frage ge
richtet und hat sich schriftlich, und zwar am 29. März, an den tschechischen Umweltminister Kužvart gewandt. Weiters hat Herr Bundesminister Molterer, und zwar am 20. März 2000, ein Gespräch mit EU-Kommissar Verheugen zum Thema Temelin geführt, und er hat am 30. März mit EU-Kommissarin Wallström zum Thema Erweiterung und Umweltstandard verhandelt.

Weiters hat sich Herr Bundesminister Molterer, und zwar am 15. April dieses Jahres, mit dem deutschen Umweltminister Trittin im Zusammenhang mit der Behandlung dieses Themas getroffen, ebenso am 17. April, wo Bundesminister Molterer die österreichische Expertenstellungnahme betreffend Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Hilfsbetriebsgebäude für das Kernkraftwerk Temelin übermittelt hat.

Am 27. April gab es ein weiteres diesbezügliches Gespräch mit dem tschechischen Umweltminister, und zwar am Rande einer Konferenz in New York. Weiters gab es dazu ein Schreiben vom 11. Mai; am 17. Mai langte die Beantwortung dieses Schreibens ein. Am 9. Juni gab es einen weiteren Kontakt, und zwar mit der Forderung nach UVP und Beteiligung der österreichischen Seite.

Weiters: Schreiben vom 26. Juni sowohl an die tschechische Seite als auch an den deutschen Umweltminister Trittin. 27. Juni: eigener Aktionsplan der österreichischen Bundesregierung, im Ministerrat beschlossen. Gleichzeitig Vorsprache des österreichischen Botschafters in Prag beim tschechischen Vizeaußenminister Kmonicek.

Weiters verweise ich in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben vom 4. Juli 2000 von Umweltminister Molterer an die Europäische Kommission, ebenso auf ein nochmaliges Schreiben an den tschechischen Umweltminister. Gestern gab es darüber auch Kontakte mit dem tschechischen Außenministerium, und heute ging dazu ein Brief von mir an den tschechischen Ministerpräsidenten Zeman.

Frau Abgeordnete! Das haben Sie offensichtlich überhaupt nicht mitbekommen. (Abg. Dr. Glawischnig: Sie haben nicht zugehört!) Ihr Vorwurf der Komplizenschaft beziehungsweise des Nichtstuns dieser Bundesregierung lässt sich bei Prüfung der wahren Sachverhalte beim besten Willen nicht aufrechterhalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben überdies beschlossen, uns mit Beträgen an den internationalen Fonds zur Stilllegung der Hochrisiko-Reaktoren Bohunice, Ignalina und Koszloduj zu beteiligen. In einem Gespräch mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Dzurinda, der sich an dem unsinnigen Boykott gegen Österreich nicht beteiligt, habe ich angeboten, dass wir über diesen internationalen Fonds hinauszugehen bereit sind, wenn es zu einer Vorverlegung des Schließungsdatums für das AKW Bohunice kommt. Wir haben uns massiv – damals hatte ich den Vorsitz – dafür eingesetzt, innerhalb der Europäischen Union die Linie der nuklearen Sicherheit im Erweiterungsprozess festzulegen.

Natürlich ist es das Recht jedes Mitgliedsstaates, seine Wahl der Energieträger durchzuführen. Es gibt in unserem Lande, was ja gemeinsame Position aller hier im Parlament vertretenen Parteien ist – darauf beharren wir ja –, Einstimmigkeit in Bezug auf die Verwendung von Energiemitteln. Kein Land darf von außen ein Kernkraftwerk aufoktroyiert bekommen oder soll gezwungen werden, irgendetwas in diese Richtung zu tun. Das gilt natürlich vice versa – in diesem Falle leider für uns – auch für die Erweiterungskandidaten, die auch ihre Strategie verantwortlich zu wählen haben. Umso wichtiger ist jedoch dann die Frage der Sicherheitsstandards gerade in der Frage der nuklearen Sicherheit.

Sie kennen meine lang argumentierte Kritik an der Europäischen Union, an diesem Loch im Binnenmarktkonzept, dass zwar alles und jedes geregelt wird, so beispielsweise die Quadratzentimeterzahl für Traktorsitze, dass es jedoch keine europäischen Sicherheitsstandards für Nuklearkraftwerke gibt. Das ist natürlich ein unhaltbarer Zustand! Und es kann doch nur so sein, dass wir gemeinsam, also alle Fünfzehn, solche Standards entwickeln. Das wäre ein Thema, für


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das ein Weisenrat einzusetzen wäre: Wie man für die europäische Bevölkerung etwas zustande bringt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe daher heute an den tschechischen Ministerpräsidenten Zeman wiederum den dringenden Appell gerichtet, dass die Umweltminister beider Länder bilateral und umgehend persönlichen Kontakt aufnehmen mögen, um diese wahrhaft dringliche Angelegenheit zu besprechen, wobei ich hier gleich dazu sagen möchte: Dringlich ist alles, was heute hier diskutiert wird. Auch die Pensionsreform ist ein Thema von allerhöchster Dringlichkeit, gerade für die jungen und nachfolgenden Generationen, aber auch dieses Thema, das jetzt zur Diskussion steht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesem Brief habe ich Ministerpräsidenten Zeman darauf aufmerksam gemacht, dass keinerlei Maßnahmen gesetzt werden sollen, die irreversibel sind, bis alle Fragen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Sicherheit dieses Kraftwerkes überzeugend und rechtsgültig geklärt sind. Ich habe gefordert, dass die Tschechische Republik, wie in der Beitrittspartnerschaft zur Union ja vorgesehen, noch heuer die Espoo-Konvention ratifiziert und anwendet, und ich habe in Erinnerung gerufen, dass die Europäische Union von der Tschechischen Republik regelmäßige und umfassende Informationen über Bauprogramm und Erteilung der Betriebserlaubnis verlangt hat. – Bis heute liegt eine solche Information an die Union allerdings nicht vor.

Außenministerin Ferrero-Waldner hat, nach Umweltminister Molterer, diesbezüglich ebenfalls die Initiative ergriffen, und sie hat sowohl in einem Gespräch mit dem zuständigen Erweiterungskommissar Verheugen als auch mit dem tschechischen Außenminister Kavan darauf aufmerksam gemacht, dass die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Förderung für Temelin, der Fertigstellung des AKW Temelin, durchaus ein Thema für die Wettbewerbspolitik der Europäischen Union ist. Die Antwort von Außenminister Kavan war: Es liege derzeit ein Beschluss für die Fertigstellung, noch nicht jedoch für die Inbetriebnahme des AKW Temelin vor.

Wir sind allerdings wachsam, denn wir wissen genau, dass es in Wahrheit – da haben Sie schon Recht – lediglich eine Frage von Tagen sein kann, bis der Schritt von der Fertigstellung im baulichen Sinne bis zur Inbetriebnahme erfolgt.

Nun zu den einzelnen an mich gerichteten Fragen.

Zur Frage 1 betreffend ElWOG.

Die jetzt vorgesehene Novelle, die Neufassung des § 13 ElWOG, stellt eine wesentliche Verbesserung der österreichischen Anti-Atompolitik dar, denn im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage wird nicht mehr auf einen einzelnen Stromlieferungsvertrag abgestellt, sondern es wird, entsprechend auch der physikalischen Gegebenheit, bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Stromimporten auf den insgesamten Mix der Aufbringung im betreffenden Drittstaat abgestellt. Daher sind Stromimporte zum Zwecke unserer inländischen Bedarfsdeckung dann generell zu verbieten, wenn

erstens diese Drittstaaten zur Deckung ihres Bedarfs elektrische Energie auch in Anlagen erzeugen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen – ein wichtiger Punkt! – oder von denen eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit, für Menschen, Tiere und Pflanzen ausgeht, und wenn,

zweitens, diese Länder nicht den Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung der bei der Erzeugung elektrischer Energie anfallenden Abfälle erbringen beziehungsweise wenn sie kein Konzept für die jetzt oder später entstehenden Abfälle erbringen können.

Damit wurde einer Forderung von NGOs entsprochen, und ich hoffe sehr, dass auf Grund der dieser Tage zu beschließenden Neufassung des ElWOG Stromimporte für die inländische Bedarfsdeckung aus Tschechien ab dem 1. Oktober 2001 überhaupt nicht mehr stattfinden werden.


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Zu den Fragen 2a bis 2c,
zu den Anti-Dumping-Regeln.

Natürlich unterscheiden sich jetzt innerhalb der EU-Mitgliedstaaten die Anti-Dumping-Regeln nicht sehr wesentlich, das ist klar, denn es handelt sich dabei um Gemeinschaftsrecht. Es ist in einem Binnenmarkt, in dem Produkte nach ihrem erstmaligen In-Verkehr-Bringen frei zirkulieren, auch schwer vorstellbar, wie eine rein nationale Anti-Dumping-Politik überhaupt funktionieren kann, und das gilt in besonderem Maße für Strom. Deswegen ist Österreich auch innerhalb der EU-Gremien sowohl für effiziente Anti-Dumping-Regeln als auch für eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall eingetreten. Und an dieser Politik wollen wir auch festhalten, jedoch soll nicht verschwiegen werden, dass die einzelnen Mitgliedstaaten zum Teil gravierende Abweichungen in ihren einzelnen Positionen haben; das geht von protektionistisch determinierten Sichtweisen bis hin zu einer völlig schrankenlosen Liberalisierung.

Auch deswegen kommt unserem sehr behutsamen und ausgewogenen pragmatischen Zugang zu einer Anti-Dumping-Politik besondere Bedeutung bei.

Zur Frage 3:

Die Novelle zum ElWOG sieht eine völlige Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes vor und umfasst die Lieferung von elektrischer Energie in allen Varianten.

Es gibt Wahlfreiheit für den Konsumenten, und das bedeutet, dass sich dieser seinen Lieferanten eben frei aussuchen kann. Zu den Auswahlkriterien der Händler zählen damit aber neben den Informationen über den Preis auch jene über die Quellen, von denen der Stromhändler, der Lieferant oder der Produzent seine Energie bezieht. Jeder Lieferant kann seine Produkte mit verschiedenen Angaben bewerben, wobei in Zukunft ein sehr wesentliches Produktmerkmal die Herkunft von elektrischer Energie sein wird.

Um dies glaubhaft zu machen, ist eine Aufzeichnungspflicht, ein so genanntes Labeling vorgesehen, das einer ständigen behördlichen Überprüfung unterzogen wird. Dieses Labeling beruht auf der Nachvollziehung der getätigten Geschäfte im Bereich des Stromhandels; mit dieser Methode werden Geldflüsse auf Basis der gelieferten Mengen nachvollzogen und letztlich prozentuell auch die Quellen ausgewiesen, welche den wirtschaftlichen Vorteil haben.

Der Druck des mündigen Konsumenten wird dann natürlich dazu führen, dass schon mittelfristig ein Druck auf die Händler gegeben sein wird, möglichst geringe Anteile unter der Rubrik "nukleare Produktion" ausweisen zu müssen.

Seitens der NGOs – das ist sehr wichtig, und dafür danke ich auch sehr – und aller in Österreich tätigen Anti-Atomorganisationen, die ja intensiv in diese Diskussion um das Labeling einbezogen waren und konsultiert wurden, wird diese Regelung, die gefunden wurde und Ihnen nun vorliegt, ausdrücklich begrüßt. Das ist ja auch in vielen Pressemeldungen deutlich nachzulesen.

Damit wird Energie aus Wasserkraft, und zwar auch langfristig, eine sehr günstige Erzeugungsform für elektrische Energie sein. – Die Problematik, die Sie in dieser Frage quasi mitformulieren, dass dabei eine finanzielle Mehrbelastung für jenen Konsumenten, der Atomstrom nicht beziehen will, herauskommen soll, kann ich dabei nicht erkennen. Außerdem wäre in einem vollständig liberalisierten Energiemarkt die Umlegung von Mehrbelastungen, die ja kaum ermittelbar sind – der Konsument hat ja die Wahlfreiheit –, ein sehr, sehr schwieriges Unterfangen.

Zu den Fragen 4a und 4b:

Die energiewirtschaftliche Kooperation mit den Reformstaaten Mitteleuropas ist einer der Schwerpunkte der Nuklearpolitik dieser Bundesregierung. Allerdings setzt bilaterale Zusammenarbeit auch den Willen beider Partner voraus. Daran hat es manchmal in der Vergangenheit gemangelt. Jetzt ist es gelungen, mit der Tschechischen Republik eine tragfähige Basis für eine Energiepartnerschaft zu schaffen. Einige Projekte sind Ende April abgewickelt worden, so etwa eine Kooperationsbörse und eine Fachtagung über erneuerbare Energieträger, die mit


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finanzieller Unterstützung der Bundesregierung und des Landes Niederösterreich in St. Pölten stattgefunden hat.

Genauso treten wir auf europäischer Ebene mit allem Nachdruck und auf allen Ebenen für die Priorität gesamtenergiewirtschaftlicher Reformen mit dem Ziel einer zukunftsverträglichen Gestaltung des Energiesektors und unter besonderer Berücksichtigung des Potentials erneuerbarer Energieträger ein, und diese Linie werden wir natürlich auch in Zukunft beibehalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den Fragen 5a und 5b, bei denen es um dieses fiktive Genehmigungsverfahren für Temelin gemeinsam mit Deutschland geht:

Nach intensiven informellen Kontakten wurden – und damit ist auch der Vorwurf einer mehrmonatigen Verzögerung völlig unzutreffend – hinsichtlich eines fiktiven Genehmigungsverfahrens für Temelin nach deutschem Atomrecht bereits im Herbst 1999 entsprechende Veranlassungen getroffen. Die deutsche Regierung hat uns offiziell im Dezember 1999 mitgeteilt, dass sie ein fiktives Genehmigungsverfahren nicht als geeignetes Mittel ansieht, die Anstrengungen der Beitrittskandidaten zur Anhebung der nuklearen Sicherheit auf das Niveau der Union zu fördern. – Vielleicht hilft ein Gespräch mit dem Ihnen nahe stehenden Umweltminister Trittin; das war nämlich seine Antwort dazu.

Ich füge hinzu, dass wir vor diesem Hintergrund die Bemühungen seit Ende vergangenen Jahres darauf konzentrieren, erneut auf bilateralem Weg mit der Tschechischen Republik in Kontakt zu treten, um jene Informationen zu bekommen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der Stand der Technik in der Europäischen Union auch wirklich erreicht wird.

Ich erinnere daran, dass der gemeinsame Standpunkt der Union zum Kapitel 14, Energie, die Tschechische Republik auffordert – ich zitiere –, "regelmäßig umfassende Informationen über das Bauabschlussprogramm und das – auf der endgültigen Auslegung der Anlage basierende – Verfahren für die Erteilung der Betriebserlaubnis für das KKW Temelin" vorzulegen. Zu unserem Bedauern ist die Tschechische Republik dieser Aufforderung – übrigens trotz gegenteiliger Ankündigung – bisher nicht nachgekommen. Das wird ein Thema bei meinem Besuch bei der Europäischen Kommission am 12. Juli sein.

Zur Frage 5c:

Die Bundesregierung wird alle zu Gebote stehenden Mittel einsetzen – und dies auch in Zukunft tun –, um Tschechien davon zu überzeugen, dass die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Temelin eine massive Fehlentscheidung mit langfristigen negativen Auswirkungen darstellt. Sollte dieses KKW in Betrieb gehen, dann ist die Einhaltung des Standes der Technik in der Union unverzichtbar. Mit anderen Worten: Temelin muss – für den bedauerlichen Fall seiner Inbetriebnahme; theoretisch jedenfalls – nach heutigen Sicherheitskriterien in der Union als Neuanlage genehmigungsfähig sein.

Hier ist die vereinbarte Position der Bundesregierung laut Regierungsprogramm klar und präzise – ich zitiere –:

"Unbeschadet der Zielsetzung Österreichs, den Verzicht auf AKWs zu erreichen, sind hinsichtlich in Grenznähe befindlicher oder geplanter AKWs jedenfalls die höchstmöglichen Sicherheitsstandards anzuwenden."

Zur Frage 6:

Auf die Unterstellung, dass nichts umgesetzt wurde, bin ich schon eingegangen.

Mit dem Aktionsplan zur Anti-Atompolitik hat sich die Bundesregierung seinerzeit sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Das wissen Sie, und das wissen wir. Mit Druck und mit Zwang können wir nichts erreichen, sondern nur mit Überzeugung und auch mit Anreizen. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm die Entschlossenheit bekräftigt, die Umsetzung die


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ses Aktionsplans weiter voranzutreiben. Die Tatsache, dass heute Schließungspläne für alle nicht nachrüstbaren Kernkraftwerke in den Beitrittsstaaten vorliegen – wenn auch die konkreten Schließungsdaten nicht befriedigend sind –, ist nicht zuletzt auf die sehr konsequente Haltung Österreichs zurückzuführen.

Hinsichtlich der Espoo-Konvention ist darauf zu verweisen, dass die aktuelle Beitrittspartnerschaft mit der Tschechischen Republik die "vollständige Umsetzung und effektive Anwendung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung" als kurzfristige Priorität anführt, mithin die entsprechenden Schritte der Tschechischen Republik noch im Jahre 2000 einfordert. Auch dies ist eine österreichische Initiative.

Zur Frage 7:

Die konsequente Haltung der Bundesregierung hat wesentlich zur Erschwerung des Fertigstellungsprozesses für das KKW Temelin beigetragen. Es sei daran erinnert: Schon im vergangenen Jahr wurde auf Grund gewichtiger Einwände österreichischer Experten die bevorstehende Entscheidung über die Fertigstellung zunächst vertagt und dann, wie Sie auch selbst gesagt haben, mit äußerst knapper Mehrheit getroffen. Unbeschadet der wahrlich Besorgnis erregenden Entwicklung der vergangenen Tage muss festgestellt werden, dass noch immer eine Reihe von Verfahren anhängig ist, insbesondere das laufende UVP-Verfahren. Die Bundesregierung hat hier sowohl die bestmöglichen Voraussetzungen für eine Mitwirkung österreichischer Bürgerinnen und Bürger geschaffen, als auch – und das kann ich wohl ohne Übertreibung feststellen – die umfassendste und fundierteste Expertenstellungnahme in diesem Prozess abgegeben.

Zu den Fragen 8 und 9:

Ich habe heute einen Brief an den tschechischen Ministerpräsidenten Zeman gerichtet, in dem ich ihn dringend ersucht habe, keine irreversiblen Schritte zu setzen. Außerdem habe ich eine umfassende UVP für die gesamte Anlage und die umgehende Ratifizierung und Anwendung der Espoo-Konvention durch die Tschechische Republik gefordert. Ich habe Zeman gebeten, die Umweltminister Österreichs und Tschechiens sollten umgehend persönlich Kontakt aufnehmen, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen.

Zur Frage 10:

Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner hat sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten intensiv engagiert. Konkret wurde der österreichische Botschafter im vergangenen Monat angewiesen, ein Aide-mémoire der österreichischen Bundesregierung zu überreichen, was am 27. Juni auch geschah. Die offizielle Antwort Tschechiens ist noch immer ausständig. Die österreichische Botschaft in Prag bemüht sich um eine rasche Beantwortung.

Weiters gab es ein Schreiben und ein Telefonat mit dem tschechischen Außenminister Kavan. Darüber hinaus gab es Kontakte mit dem zuständigen EU-Kommissär Verheugen und, wie schon erwähnt, einen Termin, ein Treffen mit der Kommission nächste Woche.

Zu den Fragen 11 und 12:

Die Greenpeace-Dokumente stehen uns leider nicht zur Verfügung. Sie sind höchst vertraulich. Sie stehen nach tschechischem Recht offenkundig nur dem Antragsteller und den zuständigen Behörden zur Verfügung. Die österreichische Bundesregierung hat hier keine über Medienkontakte hinausgehende Informationen bekommen. Bundesminister Molterer hat sich allerdings umgehend schriftlich an seinen tschechischen Ressortkollegen gewandt und um dringende Aufklärung gebeten.

Ich hoffe sehr, dass wir damit einen Schritt zu einer Lösung beitragen können. In jedem Fall aber werden diese Interventionen in einem dichten Ausmaß in den nächsten Tagen und Wochen fortgesetzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.47


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Ich danke dem Herrn Bundeskanzler.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Jeder Klub hat eine Gesamtredezeit von 25 Minuten, die Einzelredezeit beträgt maximal 10 Minuten pro Redner.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.48

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon bemerkenswert, wie unterschiedlich Fragen thematisiert werden: manche öffentlich und andere offenbar sehr still, sehr leise, sehr geheim. Herr Bundeskanzler! Wenn Sie tatsächlich Interesse an den Greenpeace-Dokumenten und an den erwähnten Informationen haben, dann empfehle ich einen Blick ins Internet, beziehungsweise sind wir Ihrem Ressort gerne behilflich, die entsprechenden Stellen im Internet ausfindig zu machen.

Für mich ist es ein wenig besorgniserregend, dass offenbar schon mit dieser Technologie der Umgang der österreichischen Bundesregierung ein offenbar nicht sehr professioneller ist.

Herr Bundeskanzler, zur stillen und zur lauten Diplomatie. – Ich halte es, gelinde gesagt, für einen gravierenden Affront gegenüber den Abgeordneten des grünen Klubs und auch gegenüber der Opposition in diesem Hause, dass Sie auch im Rahmen einer Dringlichen Anfrage zur Atompolitik keine Gelegenheit auslassen, um Falsches, Irreführendes und Vernebelndes in Sachen des Ansehens Österreichs in Europa zu verbreiten und zu versuchen, hier die Dinge umzudrehen. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsächlich ist es so, dass gerade die europäischen Reformstaaten, die sich um einen Beitritt zur Europäischen Union bemühen und für die die Kriegsgeschichte eine besonders schmerzhafte und leidvolle war, ganz besonders sensibel im Zusammenhang mit Aussagen, die die NS-Zeit betreffen, in Bezug auf jede Verharmlosung der Rolle der SS und der Nazi-Staaten insgesamt sind. Und dass Sie hier versuchen, Dinge umzudrehen, finde ich, gelinde gesagt, ungeheuerlich, und das ist auch Ihrer nicht würdig! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich würde mir wünschen, dass etwa in Sachen der Umweltstandards, vor allem aber in Sachen einer klaren und eindeutigen Anti-AKW-Politik die Bundesregierung durchaus laut, selbstbewusst und in Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern auftritt, statt immer nur bei einem Thema, das in Wahrheit – und das wissen Sie – von der freiheitlichen Fraktion immer dazu missbraucht wurde, nationalistische Stimmungen zu schüren und eine allgemeine, undifferenzierte Anti-EU-Haltung zu wecken, laut und drohend und ultimativ aufzutreten. Das ist verkehrt, das ist falsch! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich kann mich an eine österreichische Umweltministerin erinnern; Flemming war ihr Name. – Sie haben offenbar diese Zeit nicht mehr in Erinnerung. – Diese Ministerin ist sehr laut aufgetreten, wenn es um Sachpolitik gegangen ist, im Zusammenhang etwa mit Wackersdorf. Sie hat damals durchaus auch Konflikte mit Deutschland riskiert, und das Ergebnis war ein voller Erfolg der Anti-AKW-Bewegung. Sie aber sind genau in der Sachpolitik leise und sagen dann im Nachhinein: Wir haben ja ohnehin am Soundsovielten einen Brief geschrieben und dort irgendwo geredet!

Für Sie gibt es in der Sachpolitik offenbar keinen Punkt, bei dem Sie bereit wären, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich bin schon dafür, dass man zunächst einmal natürlich versucht, leise, still und unter Ausnützung der Diplomatie zu agieren, aber irgendwo gibt es in der Sachpolitik einen Punkt, wo man auch vor die Bevölkerung treten und sagen muss: Die Inbetriebnahme dieses Atomkraftwerks steht bevor. Wir haben alles in unserer Macht Stehende versucht, aber es ist nicht gelungen.

Sie haben genau das Umgekehrte gemacht. Sie haben von der Regierungserklärung an ganz bewusst auch in Richtung Tschechien den außenpolitischen Konflikt in Sachen Ultimaten und so


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weiter gesucht. Da ist es nicht verwunderlich, dass Sie auf der sachpolitischen Ebene nicht gehört werden.

Ich habe schon immer – auch beim früheren Bundeskanzler Klima – sehr kritisiert, dass die ursprünglich klare und eindeutige Anti-AKW-Haltung Österreichs aufgegeben wurde. Ich habe Kritik geübt auf Grund der Tatsache, dass diese Technologie niemals sicher sein wird – nicht im Westen, nicht im Osten und nicht durch einen Technologie-Mix.

Ich habe immer Kritik daran geübt, dass man auf diese Sicherheitsdebatte eingestiegen ist, denn das war in Wahrheit ein Türöffner – in der vergangenen Regierung natürlich mit Beteiligung der ÖVP, das vergessen Sie ja auch immer so gern –, ein Türöffner für die Politik von Firmen wie Siemens, wie Elin, wie der VOEST, groß ins Atom-Business einzusteigen. Denn nach dem Motto "Ein sicheres AKW ist ein gutes AKW" lassen sich ja blendend Millionen- und Milliarden-Profite aus diesem Geschäft schlagen, und dann wird halt nicht mehr gefragt, wie man diese Profite gemacht hat.

Das war schon der erste Sündenfall im Zusammenhang mit der Anti-AKW-Politik, und jetzt geht es weiter. Denn jetzt sind wir genau an dem Punkt, den die Grünen damals prognostiziert haben. Der gemeinsame Antrag vom Jahr 1999, der an den Stand der Technik angeknüpft hat, also zumindest noch diese verwässerte Sicherheitsstrategie im Auge hatte, gilt nämlich jetzt auch nicht mehr. Denn jetzt liegen Informationen vor, dass dieser Stand der Technik nicht gegeben ist. Und falls es der Aufmerksamkeit der Bundesregierung entgangen sein sollte: Der deutsche Umweltminister etwa hat das sehr klar und sehr eindeutig festgestellt.

Jetzt ist der Stand der Technik also nicht sichergestellt – und trotzdem werden wir voraussichtlich Ende dieser Woche vor einem Sachzwang stehen. Und dass es dann kaum noch möglich ist, etwas zu erreichen, und dass dann das große Gefeilsche beginnen wird: Was ist jetzt der Stand der Technik, und können wir vielleicht da mit einer kleinen Auflage und dort mit irgendeiner Sicherheitsvorkehrung die Situation noch ein wenig verbessern?, das ist eine verlorene Debatte, und dafür tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben sich sehr massiv gegen das Wort "Komplizenschaft" ausgesprochen. Herr Bundeskanzler, ich frage Sie aber: Was heißt "mit allen zu Gebote stehenden Mitteln"? – Das heißt, Sie werden weiter, fern jeder Öffentlichkeit, Briefe schreiben, vielleicht Besuche – ich kann es ja nicht überprüfen – machen, und ... (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Bei der Volksbefragung haben Sie genau gegenteilig argumentiert: "Alle geeigneten Mittel" sei eine Drohung!)

Herr Bundeskanzler! Das wäre beispielsweise ein Thema für eine Volksabstimmung! Da geht es um österreichische Sicherheitsinteressen, und da würde ich mich nicht scheuen, zu wetten, dass diese Abstimmung mit einer überwältigenden Mehrheit gegen die Nutzung der Kernenergie und für eine gesamteuropäische Hilfe beim Ausstieg ausgehen würde. (Abg. Mag. Schweitzer: Und was machen wir mit dem Ergebnis?)

Da sollten Sie aktiv werden (Beifall bei den Grünen), aber um Nationalismus zu schüren und Feindseligkeiten auszulösen, dafür ist dieses Instrument zu schade, und es sollte Ihnen eigentlich auch die Linie der ÖVP zu schade sein, um sich in dieses Boot zu begeben.

Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie allen Ernstes, unter Bedachtnahme auf die sehr harten Vorwürfe meiner Kollegin (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist unerhört, dass Sie das hier noch einmal wiederholen!): Wie können Sie es sich erklären, dass die Elektrizitätsunternehmen, die nach wie vor mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehen, in dieser Weise agieren? – Das wäre doch zum Beispiel eine wunderbare Frage: Ob die Bevölkerung der Meinung ist, dass die Eigentumsrechte der Republik Österreich, die Eigentumsrechte der Bundesländer dahin gehend auszuüben sind, dass kein Atomstrom eingekauft wird. Wäre das nicht eine sehr praktikable Frage, Herr Bundesminister? Das wäre doch ein gangbarer Weg! Ich frage Sie: Warum beschreiten Sie ihn nicht? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was erwarten Sie sich von einer Volksabstimmung gegen Temelin in Österreich? – Abg. Dr. Martin Graf: Was machen denn die


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Grünen in Deutschland? Was macht denn der Joschka Fischer? – Abg. Kopf: Haben Sie das Aktienrecht schon einmal gelesen?)

Herr Bundeskanzler! Es ist doch wirklich sehr merkwürdig: Es ist seinerzeit auch eine wesentliche Unterstützung der ökologischen Stromvarianten versprochen worden. – Derzeit läuft es anders. Und, Herr Bundeskanzler, es ist ein wenig "naiv" – ich will jetzt nicht noch einmal das Wort "Komplizenschaft" verwenden –, es ist schon eine sehr große "Naivität" (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer naiv ist, das sind schon Sie! – Abg. Dr. Martin Graf: Was macht der Trittin in Deutschland?), zu sagen: Wir setzen auf den freien Markt, und möge doch die mündige Konsumentin, der mündige Konsument den besseren, den Öko-Strom herausgreifen!, wenn die Händler ihren Sitz irgendwo haben, wenn sie mit irgendwelchen Dumping-Strommassen dealen und die Republik Österreich nicht einmal bereit ist, das zu tun, was sie im eigenen Bereich leicht tun könnte, nämlich ihre Eigentumsrechte im Sinne des Umweltschutzes und gegen die Atomkraft einzusetzen! (Beifall bei den Grünen.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ulrike Sima. Die freiwillige Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.59

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Gestatten Sie mir eine einleitende Bemerkung, Herr Bundeskanzler: Das neue Motto der Bundesregierung dürfte offensichtlich sein: "Schuld sind immer die anderen". Denn dass jetzt schon die Sanktionen daran schuld sind, dass Temelin demnächst in Betrieb gehen wird, ist mir wirklich neu, und ich habe auch nicht gewusst, dass Tschechien zu den EU-14 zählt, die die Sanktionen über Österreich verhängt haben. Das ist eine völlig lächerliche Begründung Ihrerseits, die ich nicht nachvollziehen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben heute schon öfter gehört, dass das Atomkraftwerk Temelin in diesen Tagen mit Brennstäben beladen wird. Das ist ein unumkehrbarer, ein irreversibler Schritt. Die Inbetriebnahme, der Probebetrieb stehen damit kurz bevor.

Das ist auch ein trauriges Kapitel der österreichischen Anti-Atompolitik, denn die österreichische Bundesregierung hat in den letzten Monaten hauptsächlich durch Untätigkeiten geglänzt. Und daran, Herr Bundeskanzler, ändert auch Ihre Aufzählung der vielen Treffen nichts. Normalerweise wird ja jedes Treffen sofort veröffentlicht. Über all diese Treffen aber hat man nicht ein Wort gehört. Und auch bei parlamentarischen Anfragen, die ich gestellt habe, wurde mir keine Aktivität der Bundesregierung zum Thema grenznahe Atomkraftwerke mitgeteilt. Ich frage mich: Warum nicht? Der einzige Schluss, der sich daraus ableiten lässt, ist: Es hat schlicht und einfach keine gegeben! (Beifall bei der SPÖ. – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Was heißt denn das?!)

Mein Problem ist, dass ich den Eindruck habe, dass Ihnen in diesem Bereich einfach die Gesamtstrategie fehlt. Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister Molterer! Mich würde brennend interessieren: Was haben Sie vor, in den nächsten Tagen zu unternehmen, um die Inbetriebnahme von Temelin doch noch zu verhindern? Was ist Ihre Strategie? Was sind Ihre Maßnahmen? Legen Sie das offen auf den Tisch! Ich habe vorhin nichts Konkretes darüber von Ihnen gehört. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben denn die deutschen Grünen gemacht?)

Ich möchte noch einmal ein paar Fakten über Temelin in Erinnerung rufen, die wir zwar wahrscheinlich alle kennen, aber es ist immer ganz gut, wenn sie wiederholt werden.

Temelin ist 100 Kilometer von Linz und 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Seit 1983 laufen die verschiedenen Vorbereitungen und Bauarbeiten. Das AKW ist ein wahres Flick- und Stückelwerk. 60 verschiedene Firmen haben sich an dem Bau beteiligt. Das Werk ist ein gefährlicher Ost-West-Mix und weist – wie die Umweltorganisation Greenpeace erst vorgestern aufgedeckt hat – eklatante Sicherheitsmängel auf. Noch dazu ist der produzierte Strom überflüssig.


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Herr Bundeskanzler! Trotz all dieser Fakten ist das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, dass Sie Verständnis für die Sorgen der Österreicher äußern, und zwar in einer OTS-Meldung, in der das irgendwie als Zusatz zu den aktuellen Arbeitsmarktdaten kam. Das zeigt schon einmal den Stellenwert, den Sie diesem Thema beimessen. Ich kann mich nur fragen, ob das wirklich Ihr Ernst ist, und kann mich im Übrigen des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bundesregierung die letzten Monate offensichtlich im atompolitischen Tiefschlaf verbracht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Es hat ja von mehreren Seiten genügend Versuche gegeben, Sie aus diesem Tiefschlaf zu wecken – bisher leider erfolglos. (Abg. Kopf: Die Rede ist seit der Antwort des Bundeskanzlers aber überholt! Die hätten Sie umschreiben sollen!)

Herr Kollege Kopf! Ich habe die Rede nicht vorgeschrieben, ich schreibe mir immer nur Stichworte zusammen. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass der Inhalt überholt ist, denn, wie ich vorhin schon gesagt habe, all diese Treffen haben offensichtlich nichts bewirkt. Es sind mir keine Auswirkungen bekannt, die nur irgendwie veröffentlicht oder angekündigt worden wären. Also was hat es geändert? (Abg. Dr. Martin Graf: Was macht die SPD in Deutschland?)

Sie haben es nicht einmal geschafft, im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, das vor Monaten begonnen hat, eine offizielle Einwendung einzubringen. (Abg. Kopf: Wir wirken ein in Tschechien, aber wir regieren dort nicht!) Alles, was am letzten Tag eingetrudelt ist, war eine halboffizielle Stellungnahme der Bundesregierung. Während meine Fraktion, die Umweltorganisationen, die Grünen Einwendungen gesammelt haben, schickt die Bundesregierung eine Stellungnahme. Es ist mir nicht erklärlich, warum man hier nicht offiziell etwas unternehmen konnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie an dieser Stelle auch noch einmal an den Anti-Atom-Aktionsplan erinnern, der sowohl im Ministerrat als auch hier in diesem Haus beschlossen worden ist. Konkret wurde darin zu Temelin nämlich vorgeschlagen, dass man gemeinsam mit dem deutschen Umweltminister ein fiktives Genehmigungsverfahren für Temelin als Modellfall durchführt, um den Stand der Technik von EU-Seite her zu überprüfen. Auch in diesem so wichtigen Bereich ist leider nichts passiert, zumindest sind mir keine Aktivitäten bekannt. Sie haben vorhin auch keine einzige aufgezählt. (Abg. Schwarzenberger: Was hat vorher die Prammer erreicht? – Abg. Dr. Martin Graf: Wahrscheinlich sind die Deutschen nicht so einflussreich, die sind zu "klein"!)

Ein letzter Punkt, auf den ich eingehen möchte und der mich eigentlich besonders geärgert hat, betrifft die Stromimporte aus Tschechien nach Österreich. Es hat zu Jahresbeginn nachgewiesenermaßen Stromimporte der tschechischen CEZ, des tschechischen Energieerzeugers, nach Österreich gegeben.

Meine Damen und Herren von der Regierung! Was, glauben Sie, denken sich die Tschechen, wenn man einerseits ihren Strom nach Österreich importiert, aber andererseits sagt: "Temelin darf nicht gebaut werden!"? – Das ist ein totaler Widerspruch in sich! Als ich dann eine Anfrage an den zuständigen Wirtschaftsminister gestellt habe, der diese Stromimporte genehmigen muss, bekam ich zur Antwort, dieser Strom kommt aus Wasserkraftwerken. – Das sind wahrscheinlich die zwei Wasserkraftwerke in Tschechien, die für die ganze Welt den Strom produzieren. An Atomstrom wird anscheinend nie etwas exportiert!

Das ist für mich absolut unfassbar! Ich halte das für einen wirklichen Skandal. Und dann noch dazu diese Antwort zu erhalten, finde ich unglaublich. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Gestern haben die Umweltorganisationen vor dem Bundeskanzleramt demonstriert. Das Motto war: "Temelin – es ist eine Minute vor zwölf." – Heute ist es zwölf Uhr, und ich hoffe, dass Sie wachgerüttelt werden und endlich Aktivitäten setzen, um gegen dieses Kraftwerk etwas zu unternehmen und die Inbetriebnahme noch zu verhindern! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

16.05

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich betreibt seit 5. Oktober 1978, seit dem Tag, als sich die Bürgerinnen und Bürger Österreichs gegen die Nutzung der Atomkraft ausgesprochen haben, eine Anti-Atompolitik. Die Kernenergie ist nicht nur die gefährlichste, sondern auch die teuerste Energieform. Wir Österreicher haben gezeigt, wie es funktionieren kann. Wir haben aufgezeigt, wie eine atomkraftfreie Energieversorgung erfolgen kann und zu erfolgen hat und wie man nachhaltig Energiepolitik betreibt.

Das AKW Temelin ist und bleibt eine Zumutung für unsere Bevölkerung und die nachfolgenden Generationen. Dies wurde auch von Vertretern sämtlicher politischer Ebenen unseres Landes betont. Es wird in den Landtagen vehement gegen die Atompolitik der ehemaligen Ostblockstaaten aufgetreten, speziell natürlich gegen das AKW Temelin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund meiner Initiative im vergangenen Jahr ist es gelungen, eine Delegation des Umweltausschusses zu einer gemeinsamen Fahrt nach Prag zu entsenden (Abg. Mag. Schweitzer: Das weiß die Glawischnig nicht? Wo ist die Glawischnig?), um dort gemeinsam gegen diese Form der Energieversorgung aufzutreten, die wir uns einmal von unseren Nachkommen vorwerfen lassen müssen. Konnte ich früher bei Debattenbeiträgen zu diesem Thema noch stolz verkünden, dass man mit Einheit aller in diesem Haus vertretenen Parteien gegen die tschechische Atompolitik vorgegangen ist, muss ich jetzt mit Bedauern verkünden, dass man bei einem derart wichtigen Thema billige Parteipolitik betreibt. Denn nichts anderes ist diese Dringliche Anfrage der Grünen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte daran erinnern, dass wir, die Abgeordneten der Regierungsparteien, durch einen Entschließungsantrag, den die Oppositionsparteien nicht mitgetragen haben und der dem Umweltausschuss zugewiesen wurde, die Bundesregierung bei der Einbringung einer Stellungnahme bezüglich einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das AKW Temelin unterstützt haben. Die Opposition hat fürs Erste darauf verzichtet. Aber Parteipolitik hat hier einfach nichts verloren, meine Damen und Herren!

Wenn die Grünen heute in einer Presseaussendung und in dieser Dringlichen Anfrage der Bundesregierung Versagen in der Anti-Atompolitik vorwerfen und von der schwersten umwelt- und außenpolitischen Niederlage sprechen, so kann ich ihnen folgende Fakten entgegenhalten: Unsere Frau Außenministerin Ferrero-Waldner hat gestern gegenüber ihrem tschechischen Amtskollegen die Besorgnis der österreichischen Bevölkerung bekräftigt. Unser Herr Bundeskanzler ist sich sehr wohl der Brisanz der Lage bewusst und agiert immer wieder dahin gehend, die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Temelin zu verhindern.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Eines wundert mich schon sehr: Ihre Abgeordnete Glawischnig hat in einer Aussendung einen Runden Tisch mit Vertretern von Opposition und Regierung verlangt, aber in einem Gespräch, das wir vor etwa eineinhalb Stunden geführt haben, die bisherigen Allparteien-Einigungen gering geschätzt und gesagt, diese hätten überhaupt nichts bewirkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Konstruktive Arbeit gegen die Atompolitik Tschechiens wird auf allen Ebenen betrieben. So hat Oberösterreich als einziges Bundesland einen Beauftragten für grenznahe Atompolitik abgestellt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass Oberösterreich eine Least-Cost-Studie vorgelegt hat, worin ein ökonomischer Vergleich der Fertigstellung des AKW Temelin mit Alternativen durchgeführt wird. Es liegt auch eine Studie über die Entwicklung des Stromverbrauchs in der Tschechischen Republik vor, die beweist, dass Temelin für die Energieversorgung Tschechiens nicht notwendig ist. Es gibt wesentlich kostengünstigere und umweltfreundlichere Alternativen.


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Eine andere Expertenmeinung belegt, dass Temelin ein energiepolitischer Unsinn ist. Sogar der tschechische Industrieminister Gregr gab zu, dass es mit der Inbetriebnahme von Temelin zu Kapazitätsüberschüssen von etwa 1 000 Megawatt kommen wird.

Ich muss schon sagen, dass sich die Atompolitik in Tschechien seit der Übergangsregierung Tosovsky massiv verändert hat. Es sind die Sozialisten, die dort anscheinend eine unaufgeklärte Atompolitik betreiben und keinesfalls auf gute sachliche Argumente hören, sondern auf ihre souveränen Entscheidungen pochen und Anregungen als Einmischung in innere Angelegenheiten sehen. Das ist offenbar die sozialistische Politik. Es stellt sich für mich nur die Frage, ob dies nur in Tschechien so ist oder ob sich diese Art der Politik schon auf ganz Europa ausgebreitet hat.

Ich habe vorhin davon gesprochen, dass auf allen Ebenen alles getan wird, um Temelin zu verhindern, und ich kann dies auch dokumentieren. Dies reicht vom Vortrag an den Ministerrat betreffend UVP vom 28. März über Gesprächstermine mit Kommissar Verheugen, dem deutschen Umweltminister Trittin, dem tschechischen Umweltminister Kuzvart bis zum Schreiben vom 4. Juli an eben diesen Minister, worin um dringliche Aufklärung über Probleme und Schäden im AKW Temelin gebeten wird. Insgesamt hat in den letzten drei Monaten allein unser Umweltminister Molterer sechzehn Mal agiert. (Beifall bei der ÖVP.) Weitere Aktivitäten des Herrn Bundeskanzlers und der Außenministerin sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen! Die Arbeitsebenen gehen sogar noch weiter. So hat die Europaabgeordnete Marilies Flemming eine Anfrage an die Kommission eingebracht, in der sie eine Brennstoffeinführung mit anschließender Aktivierung vor Abschluss des noch offenen UVP-Verfahrens als ungeheuerliche Präjudizierung dieses Verfahrens kritisiert.

Zum Schluss möchte ich noch über zwei Dinge berichten, die mich sehr betroffen machen und die ich mit Bedauern zur Kenntnis nehmen muss. So heißt es in einer Aussendung vom 4. Juli: Der stellvertretende tschechische Ministerpräsident Pavel Rychetzky hat am Dienstag Gespräche zwischen dem tschechischen Premier Zeman und unserem österreichischen Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel über das AKW Temelin ausgeschlossen. – Diese Meldung ist mit dem Hinweis auf die Sanktionen der EU-14 gegen Österreich gefallen. Weiters wird ein Referendum über die Inbetriebnahme des AKW Temelin ausgeschlossen. Man übergeht damit 105 000 Unterschriften! Rychetzky sagt hiezu: Das geforderte Referendum wird und kann nicht stattfinden.

Auch ein Hinweis auf die österreichische Atompolitik der Grünen macht mich besorgt. So hat mir der Atombeauftragte des Landes Oberösterreich heute telefonisch mitgeteilt, dass er sehr verwundert darüber sei, dass die Grünen eine Dringliche Anfrage einbringen, obwohl ihm doch in den letzten Tagen von den Grünen eine Vier-Parteien-Einigung signalisiert worden sei. Auch der oberösterreichische Grün-Abgeordnete und Klubobmann Rudi Anschober drängte auf Bundesebene zu einer Einigung aller im Parlament vertretenen Parteien – und tut dies bis heute.

Welchen Schluss kann man daraus ziehen? (Abg. Dr. Lichtenberger: Das war eine Hoffnung!) Ist man sich bei diesem heiklen Thema der Atompolitik bei den Grünen nicht einig? (Ruf bei der ÖVP: Wodurch soll die jetzt nicht mehr bestehen?) Wird nur billige Parteipolitik oder gar eine Angstmache bei der Bevölkerung betrieben? – Es wird von allem etwas dabei sein!

Soweit mein Kommentar zu dieser Anfrage der Grünen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem von den Grünen! Ich möchte Sie dazu auffordern, in Sachen Atompolitik wieder auf den gemeinsamen Weg zurückzukehren. Ein Alleingang bringt nur Unmut – wie man sieht, auch in Ihren eigenen Reihen! – und schadet der gesamten österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

16.14

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bezeichnend für die "Ernsthaftigkeit", mit der diese Debatte seitens der Grünen und der Sozialdemokraten geführt wird, wenn die Antragstellerin den Großteil der Zeit, während wir jetzt die Debatte führen, nicht im Saal verbringt und die Kollegin Sima überhaupt nicht mehr anwesend ist. (Abg. Mag. Sima winkt von ihrem Platz aus. – Rufe bei den Grünen: Doch! Doch! Kollege Schweitzer sieht nicht richtig!)  – Oh, doch wieder anwesend ist.

Aber vielleicht kann ich die Ernsthaftigkeit, mit der diese Debatte geführt wird, auch anhand der Verhandlungen zu einem gemeinsamen Antrag etwas differenzierter erläutern. Ich glaube, dass diese Bundesregierung und alle im Parlament vertretenen Parteien bis jetzt sehr ernsthaft versucht haben, eine zielführende Anti-AKW-Politik zu machen.

Kollegin Moser! Sie waren ja noch mit dabei – ich möchte fast sagen: als vernünftigere Grüne –, als wir in Preßburg im Parlament entsprechende Gespräche zum Thema Temelin geführt haben. Sie wissen, dass es eine Gegeneinladung gibt, die jetzt auch angenommen wurde, und wir werden im September in diesem Haus mit Vertretern des tschechischen Parlaments über Temelin beraten.

Ich war am Montag mit dem Außenpolitischen Ausschuss in der Slowakei und habe ebenfalls Gespräche mit dem Umweltausschuss und mit dem Energieausschuss zum Problem Mochovce und zum Problem Bohunice vereinbart. Wir bemühen uns, konstruktive Möglichkeiten und Lösungsansätze zu schaffen, so wie es auch die Bundesregierung getan hat und wie es Bundeskanzler Schüssel anhand der zahlreichen Kontaktaufnahmen, die er hier aufgezählt hat, nachgewiesen hat.

Frau Kollegin Moser! Frau Kollegin Glawischnig! Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, eine Position, die ja von dem stellvertretenden tschechischen Ministerpräsident Pavel Rychetzky jetzt zum Ausdruck gebracht wurde, der im Moment überhaupt nicht bereit ist, mit der österreichischen Bundesregierung über das grenznahe Atomkraftwerk Temelin zu reden, mit Anträgen einzubetonieren, wie Sie sie hier gerne beschlossen haben wollen.

Frau Kollegin Glawischnig! Ich glaube nicht – und ich glaube auch nicht, dass Sie das
glauben –, dass eine Aufnahme konstruktiver Gespräche mit den Tschechen möglich ist, wenn wir das, was in Ihrem Antrag steht, beschließen. (Zwischenrufe der Abg. Mag. Prammer. ) Frau Kollegin Prammer! Glauben Sie, dass eine Forderung, die da lautet: "Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, jegliche Stromverträge mit dem tschechischen Energieversorger zu verhindern und bestehende Verträge rückgängig zu machen", dazu beitragen wird, Gespräche mit den Tschechen führen zu können? Glauben Sie das, Frau Kollegin Prammer? – Ich glaube es nicht! Ich glaube, dass das äußerst kontraproduktiv ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Prammer! Genauso kontraproduktiv ist die Forderung: "Der Bundeskanzler wird aufgefordert, im Fall der Brennstoffeinführung ohne umfassende UVP als Zeichen des Protestes den österreichischen Botschafter in Tschechien nach Wien abzuberufen." – Glauben Sie, Frau Kollegin Prammer, dass dies für die Aufnahme konstruktiver Gespräche sinnvoll ist, wenn sich – wie dieser Vizepremier gesagt hat – die Tschechei diesen Sanktionen, die Sie so begrüßt haben, anschließt? Glauben Sie das? – Ich glaube es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Prammer! Ich glaube, dass es sinnvoller ist, dem Antrag, den wir vorgelegt haben, zuzustimmen. In diesem Antrag ist meiner Meinung nach einiges an Sinnvollem enthalten. Es wird für uns wichtig sein, die Tschechen darauf hinzuweisen und den Beweis dafür zu erbringen, dass das Temelin-Projekt in Wahrheit unwirtschaftlich ist. Ich glaube, dass es ein sinnvoller Ansatz ist, wenn man darüber redet. Ich glaube weiters, dass es ein sinnvoller Ansatz ist, als Parlament die Bemühungen des Bundesministers Molterer, die er in einem Ministerratsvortrag zum Ausdruck gebracht hat, zu unterstützen. Das ist eine sinnvolle Geschichte, und ich erwarte,


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dass Sie ja doch noch mitgehen, weil wir, wie Sie wissen, Ihre Forderungen in diesem Antrag auch mit aufgenommen haben.

Dieser Antrag ist sinnvoll, weil es dabei darum geht, sicherzustellen, dass den Nachbarländern im Rahmen der UVP-Verfahren zum Atomkraftwerk Temelin alle Rechte im Sinne der ESPOO-Konvention gewährt werden. Ich glaube, das ist sinnvoll, und es lohnt sich, mitzugehen. Frau Kollegin Glawischnig! Erklären Sie mir, warum Sie da nicht mitgehen!

In diesem Antrag wird die Regierung der tschechischen Republik aufgefordert, der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten detaillierte Informationen der Temelin-Betreiber sowie der staatlichen Nuklearaufsichtsbehörde zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundlage eine Prüfung des in Temelin erreichten Sicherheitsniveaus möglich ist. – Ich glaube, dass das sinnvoll ist. Ich weiß nicht, warum Kollegin Glawischnig und die Grünen nicht mitgehen wollen, und ich weiß auch nicht, ob die Sozialdemokraten mit dieser Forderung mitgehen.

Es ist genauso sinnvoll, an die tschechische Regierung heranzutreten, um durch eine rasche Ratifizierung der Espoo-Konvention die Rechte der Bürger der Nachbarländer im Rahmen der UVP-Verfahren zum AKW Temelin zu garantieren. – Das ist eine sinnvolle Forderung. Warum gehen Sie nicht mit? Warum gehen die Grünen nicht mit? Ob ihr von der SPÖ mitgeht, weiß ich noch nicht, das wird sich beim nächsten Redner zeigen.

Frau Kollegin Prammer! Hören Sie mir bitte zu! Ich glaube, dass es sehr sinnvoll ist, die tschechische Republik aufzufordern, den Nachweis zu erbringen, dass Temelin dem europäischen Stand der Technik entspricht.

Im Anti-Aktionsplan, den Sie ja auch mit beschlossen haben, Frau Kollegin Prammer, heißt es dazu: "Sollte bei dieser Überprüfung nicht nachgewiesen werden können, dass Temelin diesem Stand der Technik entspricht, wird Österreich unverzüglich bilateral und auch im Rahmen der Europäischen Union die tschechische Regierung darauf hinweisen, dass der Stand der Technik eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist." – Eine sinnvolle Forderung. Ich hoffe, sie wird von Ihnen entsprechend unterstützt.

Ich glaube, dass es sinnvoll ist, auf EU-Ebene Initiativen zu setzen, damit Atomstromimporte aus Drittstaaten über EU-Staaten nach Österreich verhindert werden können.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Meine Damen und Herren von den Grünen! Wir werden diesen Antrag im Rahmen dieser Debatte einbringen, und ich ersuche Sie recht höflich, zu erklären, warum Sie nicht bereit sind, bei all diesen sinnvollen Forderungen mitzugehen. Es geht darum, den verhandelnden Regierungsmitgliedern eine entsprechende Entschließung des Parlaments mitzugeben, deren Punkte alle sinnvoll sind und konstruktive Verhandlungen ermöglichen. Das, was im grünen Antrag steht, ist kontraproduktiv. Wenn das beschlossen wird, finden wir keine Gesprächsbasis. Unser Antrag hingegen ist eine konstruktive Gesprächsbasis.

Gehen Sie bitte mit! Ein Vier-Parteien-Antrag stärkt die Verhandlungsposition unserer Minister. Ich glaube, das liegt ja auch in Ihrem Interesse, wenn Ihnen wirklich etwas an einer erfolgreichen Anti-AKW-Politik dieser Bundesregierung und dieses Parlaments liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. Gleiche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

16.22

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! – Frau Abgeordnete Petrovic! Es mutet eigenartig an – sie ist leider nicht da –, wenn eine Volksbefragung gegen Temelin, ein Kraftwerk in der tschechischen Republik, gefordert wird, wo bekanntlicherweise unser Einfluss an der Grenze endet, aber gleichzeitig eine Volksbefragung


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gegen die Sanktionen gegen Österreich abgelehnt wird. – Diesen Widerspruch, meine Damen und Herren von den Grünen, müssen Sie aufklären. Ich kann es jedenfalls nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist interessant!)

Zweitens: Diese Bundesregierung, meine Damen und Herren, hält an der Anti-AKW-Politik fest. Wir intensivieren sie. Ich möchte Ihnen drei Beispiele nennen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der Bundesregierung beschlossen, etwa 100 Millionen Schilling für Ausstiegsszenarien im Rahmen der EBRD bei Kozloduj, bei Bohunice zur Verfügung zu stellen. Wir haben ganz klar gesagt, dass wir auch bereit sind – das weiß auch die slowakische Regierung –, wenn der Termin der Schließung vorgezogen wird, aus österreichischem Interesse, aus österreichischen Mitteln zusätzlich etwas zu tun.

Meine Damen und Herren! Wir haben außerdem erreicht – und darauf bin ich stolz –, bei den Schlussfolgerungen der EU-Umweltminister auch auf österreichische Initiative hin bei den CDMs, bei den flexiblen Instrumenten des Kyoto-Prozesses zu verhindern, dass Nuklearenergie als Investition angerechnet wird. Ich glaube, das ist wirklich ein durchschlagender Erfolg im Rahmen der Kyoto-Strategie, der uns da gelungen ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ferner mit dem ElWOG, das in diesen Tagen hier beschlossen wird, auch ein zusätzliches Element geschaffen, das europaweit keinen Vergleich zu scheuen braucht und das auch auf höchstem Niveau unsere Anti-AKW-Politik abstützt. Meine Damen und Herren! Wir werden seitens der Bundesregierung auch in den nächsten Tagen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Überzeugungsarbeit in der tschechischen Republik fortzusetzen, um einerseits die ökologische Bedenklichkeit der Entscheidung, Temelin in Betrieb zu nehmen, klarzumachen und – was aus meiner Sicht mindestens so wichtig ist – allen tschechischen Stellen, allen Verantwortlichen auch die ökonomische Zweifelhaftigheit dieses Projekts bewusst zu machen.

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Sima! Sie sagen, dass ein Termin, den Sie nicht kennen, vielleicht nicht stattgefunden hat. Wenn Sie daran Zweifel haben, Frau Abgeordnete Sima, dann weise ich diese in aller Schärfe zurück. Nicht alles, was Sie nicht wissen, findet nicht statt – Gott sei dank, würde ich meinen, Frau Abgeordnete Sima. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das ist aber keine feine Art!)

Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass ich so etwas selten mache. Ich lasse mir aber nicht vorhalten, dass das, was der Bundeskanzler über meine Termine gesagt hat, die ich wahrgenommen habe, in Zweifel zu ziehen ist. Denn das, was ich sage, und das, was der Bundeskanzler sagt, entspricht der Wahrheit. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was uns bisher in der Anti-Atompolitik ausgezeichnet hat, ist der Grundkonsens aller im Parlament vertretenen Parteien. Ich halte es für sehr wichtig, und es ist von zentraler Bedeutung, dass dieser Grundkonsens auch in dieser sensiblen Phase, was die tschechische Republik und Temelin betrifft, gesucht und, wie ich hoffe, auch gefunden wird.

Ich bitte aber, in dieser Phase in einem weiteren Punkt die Sensibilität zu wahren. Wir diskutieren in diesem Haus des Öfteren die Frage der Einflussnahme anderer Länder auf unsere Wasserreserven. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir uns in dieser Frage immer sehr klar zur Wehr gesetzt und gesagt haben: Wir wollen das Recht auf Selbstbestimmung. – Ich bitte bei der Diskussion um Temelin auch die Sensibilität der tschechischen Bevölkerung zu berücksichtigen, die eine lange Zeit hinter sich hat, während der sie nicht selbst bestimmen konnte. Daher ist nicht die laute Diplomatie in allen Phasen unbedingt erfolgversprechend, sondern das notwendige Gefühl – auch in dieser sensiblen Frage, gerade in dieser entscheidenden Phase. Darum bitte ich alle Beteiligten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

16.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist richtig, Einstimmigkeit war in der Atompolitik nach zähem Ringen, nach vielen, meist mühsamen Verhandlungen häufig das Ergebnis. Nur verstehe ich nicht ganz, dass Sie heute auf der einen Seite wieder diesen Appell in Richtung Einstimmigkeit erheben, während Sie auf der anderen Seite nicht einmal Ihre eigenen Anträge ernst nehmen und auf die Tagesordnung des Umweltausschusses setzen – Anträge zu Temelin, die von Ihnen selbst verfasst worden sind, Anträge, die auch von den Grünen – zum Beispiel der Aktionsplan Temelin – verfasst worden sind!

Im Juni hätte eine Sitzung des Umweltausschusses stattfinden sollen – in der man sich genau dieser Thematik hätte annehmen können, auch mit dem Ziel, Einstimmigkeit zu erreichen –, aber der Termin wird immer verschoben. Und während er verschoben wird, wird in Temelin bereits das Kraftwerk mit den Brennstäben mehr oder weniger scharf gemacht. Entschuldigen Sie, dass wir da Ihr Bestreben nach Einstimmigkeit wirklich nur mehr als Pseudoaktion verstehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe mir die Anträge von Herrn Kollegen Kopf und Herrn Kollegen Mag. Schweitzer extra herausgesucht: Entschließungsantrag betreffend Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren über ein Hilfsbetriebsgebäude des im Bau befindlichen Kernkraftwerkes Temelin in der tschechischen Republik. – Weg von der Tagesordnung, auf September verschoben. Ebenso der Empfang der tschechischen Delegation des Umweltausschusses: auf September verschoben. (Zwischenrufe des Abg. Mag. Schweitzer. )

Herr Kollege Schweitzer! Ich bin Ihnen ja dankbar, dass Sie den Prager Besuch erwähnt haben, dass Sie darauf zurückgekommen sind, aber wann war denn der Prager Besuch? – Vor einem Jahr! Vor einem Jahr sind wir dorthin gepilgert und haben dort relativ harte und klare Positionen vertreten. Damals waren Sie in der Opposition. Damals waren Sie Delegationsleiter. Damals haben wir mit den SPÖ- und den ÖVP-Mandataren hart um jedes Wort gerungen. Und dort gab es eine relativ klare, relativ harte Position der österreichischen Parlamentarier.

Ich maße mir an, Ihnen diese noch einmal vorzulesen, damit Sie sie in Erinnerung haben und für Ihre jetzige Regierungsarbeit wieder auf dieses Terrain zurückkommen. Was wurde denn dort von uns deklariert? Ich zitiere: Österreich möchte daher der tschechischen Republik jetzt schon klar darlegen, dass der Stand der Technik in Kraftwerksanlagen eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist. – Zitatende. Das war der Stand vom 23. Juni 1999 in Prag.

Es wurde dort von uns ebenfalls sehr stark kommuniziert, dass Österreich sich in jedem Fall eine eigenständige Beurteilung der Sicherheit der Atomkraftwerke der Beitrittsländer vorbehält. Das haben wir damals festgehalten.

Und was ist jetzt? – Vergessen, verschoben, auf die Seite gedrängt! (Abg. Ellmauer: Nein, überhaupt nicht!) Es ist nicht mehr dieser Standard spürbar, der schon einmal erreicht worden ist. Erst im September sollen die tschechischen Kollegen wieder nach Wien gebeten werden. Erst im September wird weitergeredet, wo jetzt im Juli – vielleicht übermorgen – bereits die Brennstäbe eingeführt werden sollen. – Das merkt doch jedes Kind, das merkt doch jeder einfache Mensch, dass hier etwas nicht zusammenpasst!

Herr Kollege Ellmauer! Ich bin immer begeistert, wenn Sie hier heraußen in erster Linie als oberösterreichischer Abgeordneter und als überzeugter Atomgegner – als solchen empfinde ich persönlich Sie immer wieder – sprechen. Sie appellieren immer wieder an die Landtage, beziehungsweise Sie rufen uns immer wieder ins Gedächtnis, dass auf Landtagsebene die Einstimmigkeit gegeben ist, dass es geradezu einen Landeshauptleutebeschluss und einen Landtagsdelegationsbeschluss aller Bundesländer gibt. (Heiterkeit.) Nur: Was Sie nicht erwähnen, ist, dass ein großer Unterschied zwischen der ÖVP auf den Landesebenen und der ÖVP, die in der Regierung sitzt, besteht. In dieser Schere stehen Sie persönlich, und diese Schere blenden Sie aus! Die blenden Sie ständig aus! Hier heraußen reden Sie davon, dass die Landtage ein


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stimmig appellieren, aber Sie schweigen darüber, dass der Bundeskanzler ein halbes Jahr auf Tauchstation ist! Das geht für mich nicht zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu noch ein Wort direkt an den Herrn Bundeskanzler beziehungsweise auch an den zuständigen Herrn Umwelt- und Landwirtschaftsminister Molterer: Es war ja schon Ihre Klarstellung der Kompetenzlage sehr deutlich, Herr Bundeskanzler. Ich danke Ihnen dafür! Sie zeigt klar und deutlich, dass Sie persönlich als Kanzler das atompolitische Problem, auch Temelin, nicht als Chefsache betrachten. Nur: Für uns war es immer Chefsache, und frühere Bundeskanzler bekannten sich auch dazu, dass es Chefsache war. Es gab einen Bundeskanzler Vranitzky, der sich zu einem atomfreien Mitteleuropa bekannte, und es gab einen Bundeskanzler Klima, der sich immerhin wiederholt angesprochen sah, obwohl er damals immer Frau Ministerin Prammer ins Feuer schickte.

Es war schon damals eine gewisse Kaskade nach unten zu sehen, aber bei Ihnen, Herr Bundeskanzler – nehmen Sie es mir nicht übel! –, habe ich den Eindruck, Sie halten immer die Handbremse. Damals als Außenminister waren Sie auch schon immer eher zurückhaltend, was den antiatompolitischen Kurs Österreichs anlangte, aber jetzt als Bundeskanzler betätigen Sie neben dem Bremspedal auch noch die Handbremse.

Herr Minister Molterer! Ich nehme es Ihnen persönlich durchaus ab, dass Sie sehr aktiv sind: dass Sie Gespräche führen, dass Sie Briefe schreiben, dass Sie auch verhandeln. Das Problem ist nur: Sie verhandeln mit jenen Personen, die ohnehin schon unserer Meinung sind. Verheugen teilt unsere Meinung, der tschechische Umweltminister teilt unsere Meinung. Wer nicht unsere Meinung teilt, das sind Zeman sowie der Industrieminister Gregr. Mit ihnen müsste man in erster Linie reden, und das verlangen wir immer wieder! Wir verlangen die Abhaltung von Gipfelgesprächen zu diesem Thema, wir fordern, dass die Frage der Anti-Atompolitik zur Chefsache erklärt wird, und wir fordern immer wieder Gespräche und Verhandlungen auf höchster bilateraler Ebene ein. Deshalb mein Vorwurf der Handbremse Ihnen gegenüber, Herr Bundeskanzler!

Ich möchte noch einmal betonen, dass es auch vorher schon, unter der Ägide von Bundeskanzler Klima, immer hieß: Das Außenministerium bremst, das Außenministerium blockiert. Sie saßen in maßgeblicher und entscheidender Position im Außenministerium und haben immer wieder auf Grund diplomatischer EU-Überlegungen et cetera – bitte, das unterstelle ich Ihnen jetzt; ich persönlich war ja nicht direkt dabei – doch eher die weiche Linie verfolgt.

Das Ergebnis dieser weichen Linie sehen wir heute. Wir werden es leider auch am Samstag und Sonntag sehen, wenn entgegen jeglicher Sicherheitsvorkehrungen dann die Brennstäbe in ein Kraftwerk eingeführt werden, bei dem Pannen, Pleiten oder gar ein Desaster mehr oder weniger an der Tagesordnung sind und in dem die atomare Technologie mehr oder weniger auf Tschernobyl-Niveau verharrt ist.

Sie sind angesichts dieser Entwicklungen mehr oder weniger untätig geblieben. Ich sage "mehr oder weniger", denn einige Elemente Ihrer Tätigkeit haben Sie uns ja heute aufgezählt, wobei Sie darauf hingewiesen haben, dass Sie ja gestern oder heute einen Brief an Präsident Zeman geschrieben haben. Gestern oder heute – das ist schon reichlich spät, wo Sie doch zum Beispiel sehr wohl auch schon im Herbst – damals waren Sie noch Außenminister – im Zuge der Verhandlungen des Energieprotokolls – Beitrittsverhandlungen waren ja damals schon anberaumt – die österreichische Position, die ja das Parlament beschlossen hat, hätten ins Treffen führen können.

Aber als Außenminister haben Sie sich immer schon sehr zurückgehalten, und als Bundeskanzler wird sich das vermutlich noch potenzieren und steigern. Diesen Eindruck habe ich sehr, sehr stark.

Auch was Ihre wortgewaltigen Darlegungen betrifft – entschuldigen Sie, aber ich habe das ja alles sorgsam mitgeschrieben (die Rednerin sucht in ihren Unterlagen nach den Aufzeichnungen) – , dahin gehend, dass die linke Regierung in Tschechien sozusagen nicht bereit sei, einer rechtskonservativen Regierung in Österreich in atompolitischer Hinsicht das Ohr zu schen


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ken oder auf ihre Bedenken einzugehen, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie doch schon als Außenminister agieren hätten können. Sie hätten, ganz egal, ob links oder rechts, auf jeden Fall die Interessen Österreichs voranstellen können, die Sie ja im Zuge von "Regieren neu" immer wieder heraufbeschwören.

Im Zuge von "Regieren neu" hätten Sie wirklich auch einen Neustart in der Atompolitik hinlegen können. Denn die heutige Aufzählung der Briefe und Gespräche von Minister Molterer ist mir für einen Neustart in der Atompolitik doch als relativ dürftig erschienen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Abgeordnete, auf die Entschließungsanträge nicht zu vergessen!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Zum Abschluss, um diese Dürftigkeit wieder auf ein tragbares Niveau zu heben, darf ich noch unseren Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Moser, Freundinnen und Freunde betreffend die Anti-Atompolitik der Bundesregierung in Bezug auf die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Der Bundeskanzler wird aufgefordert, in bilateralen Gesprächen auf höchster Ebene dafür einzutreten, dass die Brennstoffbeladung und anschließende Aktivierung des AKW Temelin keinesfalls vor dem Abschluss aller ausständigen Verfahren vorgenommen werden darf.

2. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, jegliche Stromverträge mit dem tschechischen Energieversorger CEZ zu verhindern und bestehende Verträge zu kündigen.

3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Gegensatz zur vorliegenden Novelle das Stromgesetz (ElWOG) nicht aufzuweichen, sondern, wie im Antiatom-Aktionsplan beschlossen, dem Nationalrat strenge Antidumping-Regelungen vorzulegen und auch auf EU-Ebene dementsprechende Vorstöße einzuleiten.

4. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, "Atomstromwäsche" über EU-Staaten nach Österreich zu verhindern.

5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Novelle zum Vergabegesetz vorzulegen, mit der alle an Atomgeschäften unmittelbar und mittelbar beteiligten Firmen von öffentlichen Aufträgen und Förderungen ausgeschlossen werden.

6. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Falle der Brennstoffeinführung ohne umfassende UVP als Zeichen des Protests den österreichischen Botschafter in Tschechien nach Wien zur Berichterstattung zu zitieren."

*****

Ich ersuche um Annahme, denn hiermit könnten wir der österreichischen Anti-Atompolitik wirklich wieder gewisse Zähne verleihen. (Beifall bei den Grünen.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der vorgetragene Entschließungsantrag ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

16.38

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Es geht ja heute nicht um einen


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Neustart in der Anti-Atompolitik des österreichischen Parlaments, sondern es geht, glaube ich, eher um die unendliche Geschichte der Anti-Atompolitik im Hohen Haus.

Es ist dazu bereits sehr viel im Hause gesprochen, verhandelt und auch gemeinsam beschlossen worden. Ich kann daher nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen, was einer meiner Vorredner, Kollege Ellmauer von der ÖVP, angesprochen hat, der heute so tut, als könnten wir uns zurzeit in Temelin eben deshalb nicht durchsetzen, weil es in Tschechien eine sozialistische Regierung gibt, mit der unsere Regierung allem Anschein nach nicht reden kann.

Meine Damen und Herren! Nicht immer gab es in Tschechien eine sozialistische Regierung. Soweit ich mich zurückerinnere, war die Gesprächssituation unter der Regierungsführung von Klaus, des erzkonservativen Politikers, noch viel schlimmer. Kollegin Prammer, die nach mir zu Wort kommen wird, war ja damals Regierungsmitglied und hat bei den Verhandlungen während der SP-VP-Regierung über lange Zeit hinweg in sehr engagierter Weise die federführende Rolle gespielt. Sie wird bestätigen können, dass die Verhandlungsbereitschaft in Tschechien derzeit sicher keine schlechtere ist, sondern eher besser geworden ist. Auf alle Fälle hat das nichts mit links und wenig mit rechts, sondern es hat mit dem bitter beklagten fehlenden Engagement der Bundesregierung zu tun. Darum geht es heute bei dieser Dringlichen Anfrage.

Kollege Schweitzer ist ja, im Gegensatz zu Kollegen Ellmauer, noch im Plenarsaal, wie er es an und für sich immer ist, wenn es um seine Themen geht. – Lieber Karl Schweitzer! Ich traue zum Teil meinen Ohren nicht: Aus einem Saulus wurde ein Paulus! Du bringst zum Teil meine eigenen Vorschläge! Du wirst dich sicherlich daran erinnern, dass ich in meinen Beiträgen immer auf das Argument der Wirtschaftlichkeit hingewiesen habe, darauf, dass wir den Menschen in Tschechien vor Augen führen müssen, dass das Kraftwerk vielleicht gar nicht wirtschaftlich ist, dass es unter Umständen als wirtschaftliches Desaster enden könnte. Es freut mich, dass du diese Überlegungen in deine mit einbeziehst.

Aber wenn du ein bisschen ehrlich zu dir selbst bist (Abg. Jung: Was heißt "ein bisschen"?), dann weißt du, dass es nie sehr leicht war, dich und deine Fraktion für einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu gewinnen. Wir haben uns aber wirklich nach besten Kräften bemüht, und es ist meist gelungen.

Auch du hattest, so wie zum Teil auch wir, Schwierigkeiten mit der diplomatischen Ausdrucksweise des Außenministeriums. Ich muss bei dieser Gelegenheit anmerken, dass wir – Sie werden sich daran erinnern – ein Hearing zu diesem Thema angeregt und alle dafür zuständigen Regierungsmitglieder mit ihren Beamten dazu eingeladen haben. Wir wollten damals wissen, was denn bis dato – dieses Hearing war vor gut einem Jahr – geschehen war. Die schwächste Vorstellung haben, rückblickend betrachtet, meiner Meinung nach damals die Vertreter des Außenministeriums gegeben.

Geschätzter Herr Bundeskanzler! Ich glaube daher, dass Sie schon als Außenminister nicht sehr nachdrücklich an diesem Thema dran waren, und ich habe den Eindruck, dass Ihr Engagement in dieser Frage als Bundeskanzler noch wesentlich schwächer geworden ist. Dies kommt auch in der klaren, eindeutigen Zuordnung zum Ausdruck, dass der dafür Zuständige Umweltminister Molterer ist. Das ist sehr schön, denn wir wissen nun, an wen wir uns zu halten haben; aber auch in Zeiten der SP-VP-Regierung haben wir nicht einmal, sondern des Öfteren eingefordert, die Anti-Atom-Linie zur Chefsache zu machen. Ich glaube, auch diese Regierung wäre gut beraten, von Zeit zu Zeit darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, wirklich auf höchster Ebene das Gespräch zu suchen.

Meine Damen und Herren! Es wurde auch das "ElWOG neu" und der § 13, die Drittstaaten-Regelung, die wir heute Abend noch beschließen werden, angesprochen. Auch Bundesminister Molterer hat diese Regelung in seinem Beitrag angesprochen. Ich glaube, dass uns dadurch, dass wir dieses "ElWOG neu" heute Abend beschließen, gerade in der Anti-Atom-Regelung eine gute Lösung gelingt.

Wir haben den Vorschlag der Bundesregierung noch verschärft. Es wird im § 13, dieser Drittstaaten-Regelung, bei der es sich um unmittelbar anwendbares Bundesrecht handelt, in Ziffer 1


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heißen, dass im Falle von Stromlieferungsverträgen, die den Bezug von elektrischer Energie zur inländischen Bedarfsdeckung aus Drittstaaten zum Gegenstand haben, die zur Deckung ihres Bedarfs elektrische Energie auch in Anlagen erzeugen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen oder – ursprünglich hat es "und" geheißen; die Aufzählung ist also jetzt nicht kumulativ, sondern im Sinne von "jeweils" – von denen eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von im Staatsgebiet befindlichen Menschen, Tieren und Pflanzen ausgeht, diese Drittstaaten im Grunde genommen, wenn eines dieser Kriterien in einer der Anlagen anfällt, von Stromlieferungsverträgen gegenüber Österreich auszuschließen sind. – Eine derart weitgehende Regelung gab es im bisherigen ElWOG nicht, und ich glaube, es gibt kaum Vergleichbares innerhalb der EU.

Darüber hinaus werden wir in einem Entschließungsantrag festhalten, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht wird, auf die Elektrizitäts-Control GmbH im Interesse der österreichischen Anti-Kernenergie-Politik dahin gehend einzuwirken, dass die Arbeiten zur Erstellung einer Verordnung gemäß § 13 Abs. 2 ElWOG zeitgerecht so abgeschlossen werden, dass sie zeitgleich mit dem In-Kraft-Treten der Novelle zum ElWOG am 1. Oktober 2001 in Kraft tritt.

Ich glaube daher, dass wir uns vom Parlament her diesbezüglich keine Vorwürfe zu machen haben. Die Vorbereitungsarbeiten in diese Richtung sind gut und werden entsprechend nachhaltig wirken.

Meine Damen und Herren! Meine Herren auf der Regierungsbank! Wir werden in unseren Entschließungsantrag – der diesmal leider kein Vier-Parteien-Antrag ist, sondern nur von unserer Partei unterstützt wird – ein Ersuchen aufnehmen, dass unsere Bundesregierung die tschechische Bundesregierung ersuchen möge, eine Volksabstimmung zu diesem Thema zuzulassen. Ich weiß, dass das nicht sehr einfach ist, aber ich glaube, wenn in Österreich eine "No-na"-Volksbefragung beschlossen und initiiert wird, dann sollten wir uns zumindest dazu aufraffen, in einer so wesentlichen Frage wie der Inbetriebnahme von Temelin die tschechische Bundesregierung zu ersuchen, die 100 000 Unterschriften nicht einfach zu verwerfen, sondern diese Frage einer Volksabstimmung zuzuführen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Temelin ist für mich, meine Heimatgemeinde und meine Heimatregion seit Baubeginn ein brandheißes Thema, weil es bei gutem Wetter in Sichtweite meiner Heimatgemeinde ist. Der Bau dieses Atomkraftwerkes hat in meiner Heimatregion schon lange vor dem Fall des Eisernen Vorhanges zu hitzigsten Diskussionen geführt.

Er hat aber auch dazu geführt, dass man sich mit dem Thema Energie und Energiepolitik intensiv auseinander gesetzt hat und auch in der Praxis durchaus herzeigbare Beispiele auf die Beine gestellt hat.

Es wurden umfassende Energiekonzepte realisiert und nicht nur in der Theorie auf den Tisch gelegt. Das bedeutet, dass man alle Energiesparpotentiale so weit wie möglich genutzt hat und den restlichen Energiebedarf mittlerweile so weit wie möglich aus erneuerbarer Energie deckt.

Das besonders Erfreuliche ist, dass dieses Modell nicht nur in meiner Heimatregion kopiert und auch kapiert wurde, sondern dass auch von Seiten Tschechiens interessierte Bürger zu uns gekommen sind – es sind dies Tausende an der Zahl –, die sich dahin gehend informiert haben, welche Alternativen es zu jenen Technologien gibt, die während der kommunistischen Zeit als die allein selig machende Lösung für das Braunkohle-Problem unseres tschechischen Nachbarn gesehen wurden. Besonders erfreulich ist, dass eine Partnergemeinde unserer Heimatregion derartige Projekte mittlerweile realisiert hat und in Tschechien zum Multiplikator wird.


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Die Erzeugung von Atomenergie ist für mich persönlich eine Technologie, eine Form der Energieproduktion, die ich als leider noch legale Form des Verbrechens betrachte. Es ist für mich einfach nicht vorstellbar, dass Atomenergie beherrschbar und damit verantwortbar ist. Sie ist daher kategorisch abzulehnen.

Spätestens ab dem Zeitpunkt des katastrophalen Unfalles in Tschernobyl wurde uns vor Augen geführt, welch enormes Leid über Generationen hinaus für Leib und Leben verursacht wird. Dabei sind die exorbitanten wirtschaftlichen Schäden noch gar nicht berücksichtigt. Atomenergie ist schlicht und einfach Raubbau an den Chancen der zukünftigen Generationen über Jahrhunderte hinaus und daher aus meiner Sicht kein weiteres Diskussionsthema.

Wenn jetzt die tschechische Regierung versucht, das AKW Temelin mit aller Gewalt in Betrieb zu nehmen, dann muss sich Tschechien der Tatsache bewusst sein, dass sie damit einem technischen Dinosaurier Leben – gefährlichstes Leben – einhaucht und damit in Österreich auf strikte Ablehnung stoßen wird.

Weltweit wird mittlerweile über den Ausstieg aus der Atomenergie nachgedacht, und es wird auch in diese Richtung gehandelt. In unserem Nachbarland, der Bundesrepublik Deutschland, wurde vor kurzem ein derartiger Ausstieg beschlossen. (Abg. Schwarzenberger: In 32 Jahren!) Bedauerlicherweise wird dieser nach dem Umfaller der Grünen in der Bundesrepublik einen Zeitraum in Anspruch nehmen, den mancher von uns unter Umständen bedauerlicherweise gar nicht mehr erleben wird.

In Bezug auf die ablehnende Haltung gegenüber der Atomenergie hat Österreich weltweit das höchste Maß an Glaubwürdigkeit, das ein Land überhaupt aufbieten kann – Kreisky sei Dank! Im Zuge einer Abstimmung hat die österreichische Bevölkerung die Atomenergie kategorisch abgelehnt und aus Zwentendorf ein zwar langfristig wirtschaftliches Atomkraftwerk gemacht, es aber auch zum teuersten Mahnmal gegen Atomenergie gemacht. Die einzige Kettenreaktion, die Vernunft gibt, ist eine Kettenreaktion der Bewegung der Bevölkerung, der Bürger, indem sie einfach in einem Meinungsbildungsprozess erkennen, dass das der falsche Weg ist. Daran haben wir alle zu arbeiten.

Österreichs Energiepolitik ist im Gegenzug dazu auf Nachhaltigkeit, auf ehrliche Nachhaltigkeit aufgebaut. Dazu gehört die seriöse Nutzung unserer Wasserkraft in sinnvollem Umfang. Und ein beachtlicher Teil der österreichischen Energie wird mittlerweile aus Biomasse erzeugt. Wir sind in diesem Bereich europaweit Spitzenreiter.

Diese Chancen kann man in Zukunft noch wesentlich intensiver nutzen. Aber es wird an uns allen liegen, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um das auch in der Praxis umzusetzen. Wir haben auf der einen Seite ein höchstes Maß an Glaubwürdigkeit. Wir haben Paradebeispiele, mit denen wir unter Beweis stellen, dass es in dieser Form bereits geht. Es geht nur darum, dies auch gemeinsam zu tun und umzusetzen.

Was ich bedauere, sind Vorwürfe einer Komplizenschaft, mit denen österreichische Unternehmen und österreichische Verantwortliche bezichtigt werden, wenn – das ist ja allgemein bekannt – in erster Linie ein französischer Staatskonzern regstes Interesse an Temelin hat und damit unter Beweis stellt, wer in Europa für diese falschen Technologien eintritt. Die Aufgabenstellung, die Energiepolitik neu auszurichten, ist nicht nur eine für Österreich – hier sind wir Vorreiter –, sondern diese Aufgabenstellung muss in erster Linie im europäischen Raum ein Thema sein. Frankreich ist diesbezüglich ein katastrophales Schlusslicht, weil es europaweit, wenn nicht sogar weltweit, den höchsten Anteil an Atomstrom hat.

Es gilt hier, europaweit Richtlinien dafür vorzugeben, was im Zuge technischer Standards notwendig ist, und darüber hinaus klarzustellen, welche Haftungen aktiv werden, wenn Störfälle passieren. Allein das würde in Zukunft so manche Investoren auf den richtigen Weg bringen, denn zurzeit gibt es keine Versicherungen oder ähnliches für derartige Kraftwerke.


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Eines möchte ich hier auch klarstellen. Ich halte es für verwunderlich, und es ist einfach abzulehnen, wenn man unseren Bundeskanzler in einer Weise denunziert, als ob er der tschechische Bundeskanzler wäre und die Verantwortung aus dessen Sicht hätte.

Wenn man hier außerdem behauptet, das Thema sei nicht Chefsache, dann bin ich doch in hohem Maße darüber verwundert, dass sich Herr Dr. Van der Bellen heute hinter seinen Ordnern versteckt und nicht hier am Rednerpult steht, wenn es doch Chefsache der Grünen ist.

Ich möchte doch meinen, dass es sinnvoll ist, die Situation zu erkennen und einen gemeinsamen Weg zu finden, der zukunftsträchtig ist, nicht nur für Österreich, sondern auch für Europa und für die zukünftigen Generationen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

16.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich gestatte mir, auf die Ausführungen eines Vorredners, des Kollegen Oberhaidinger, kurz einzugehen. Er hat die Anti-Atompolitik aus früheren Zeiten dargestellt und meinte, diese sei zur Chefsache erklärt worden, und zwar unter den Bundeskanzlern Vranitzky und Klima.

Ich weise darauf hin, dass es allerdings Frau Kollegin Prammer war, die damals als Ministerin von Bundeskanzler Klima beauftragt war, die Agenden tatsächlich wahrzunehmen. – Frau Kollegin Prammer! Ich behaupte nicht, dass in dieser Zeit nichts geschehen ist. Es ist schon etwas geschehen. Aber natürlich ist es legitim und zulässig, die Frage zu stellen: Mit welchem Erfolg? – Das soll auch hier gesagt werden. Ich weise in diesem Zusammenhang auf Mochovce hin, das ja in diese Ihre Regierungszeit fällt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen versuchen mit dieser Dringlichen Anfrage, wie ich meine, sich selbst ins politische Spiel und ins politische Geschehen zu bringen. Ich fasse diese Anfrage als billige Parteipolitik auf, die Sie von den Grünen heute initiiert haben und mit der Sie sich, nachdem Sie die bedauerlichen Vorgänge in Tschechien im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme von Temelin gesehen haben, aus der bisher konsensualen Politik quasi davonstehlen wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt sind Sie, die Sie ja nichts mit dem – wie ich es nennen möchte – Misserfolg der bisherigen Bemühungen zu tun haben wollen, gleichsam die Hüter des atomfreien Österreichs, und Sie richten an den Bundeskanzler Fragen, ohne an den Antworten tatsächlich interessiert zu sein. Warum sonst heißt es von Ihrer Seite immer nur, dass der Herr Bundeskanzler quasi nichts getan und durch Untätigkeit geglänzt hätte?

Sie nehmen nicht zur Kenntnis, welche Aktivitäten stattgefunden haben. (Abg. Dr. Moser: Einen Brief hat er geschrieben!) Ich habe das akustisch nicht verstanden, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Moser: Einen Brief hat er heute geschrieben! – Abg. Brix: Heute!) Wenn Sie den heutigen Tag meinen, dann ist es möglich, dass das eine Einzelaktivität war, die heute stattgefunden hat. (Abg. Dr. Moser: Ich habe die Aktivitäten nicht gezählt ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es stimmt mich auch betrübt, wenn versucht wird, mit dieser Anfrage Unterstellungen zu verbreiten. Wenn ich mir etwa anschaue, dass Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage darlegen – ich zitiere –: "ÖsterreicherInnen werden von der Bundesregierung zum Konsum von Atomstrom genötigt", dann ersuche ich Sie darum, zu erklären, wie diese Nötigung zum Atomstromkonsum ausschaut (Heiterkeit bei den Grünen) und wie Sie es schaffen, es so darzustellen, als würde der Anstieg des Atomstroms in Österreich von, wie Sie anführen,1,5 Prozent auf mittlerweile 10 bis 12 Prozent gleichsam mit dieser Inbetriebnahme einhergehen und ein Versagen der Bundesregierung bedeuten. Sie bringen das mit der Bun


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desregierung in Verbindung, die seit Februar im Amt ist, und versuchen, diese Regierung gleichsam für alles verantwortlich zu machen.

Die Grünen haben die Dringliche Anfrage als parlamentarisches Mittel der grünen Selbstdarstellung gewählt, fällt es doch den grünen Parlamentsfraktionen leichter, Fragen zu stellen, an deren Antworten sie nicht interessiert sind, als einen Antrag mit entsprechenden Vorschlägen und Maßnahmen zu stellen, die möglichst wirksam sein sollten, um die Inbetriebnahme von Temelin tatsächlich zu verhindern. (Abg. Dr. Moser: Dann haben Sie nicht aufgepasst! Ich habe sie vorgelesen!) Und Sie unterstellen dabei! Der andere Weg wäre schwieriger.

Im Zusammenhang mit dem atomkraftfreien Österreich hat Frau Kollegin Glawischnig angeführt, welche Misserfolge es bisher gegeben hat. Mochovce, Krško und natürlich auch Bohunice wurden angeführt, und es wurden Vorwürfe und Anschüttungen gegen die Bundesregierung erhoben. Mit einem Wort, der Kanzler ist an allem schuld.

Lassen Sie mich eines sagen: Ich habe vom Herrn Bundeskanzler beispielsweise noch nie gehört, dass er gesagt hätte, das Kraftwerk Temelin wäre hinsichtlich der sicherheitstechnischen Standards erst dann zu beurteilen, wenn es in Betrieb gegangen ist. – Ähnliches habe ich aber in Bezug auf Mochovce von Ihnen, Frau Kollegin Prammer, gehört. Darüber gibt es eine Pressedienst-Aussendung, in der das festgehalten ist.

Frau Kollegin Sima meint, dass die Bundesregierung durch Untätigkeit glänzt. Nun, dann weisen Sie Ihre Erfolge in den letzten 13 Jahren auf! Es wurde angeführt, dass Temelin seit 1983 stückweise im Bau befindlich ist. Ich frage Sie: Wer hat bisher maßgeblich – nämlich zur Chefsache erklärt – die Anti-Atom-Politik in der Bundesregierung betrieben?

Sehr geehrte Damen und Herren! Es kann auch nicht Ihr Ernst sein, wenn Sie in Ihrer Anfrage anführen, dass das Streichen der Antidumpingbestimmungen im Stromgesetz ElWOG den österreichischen Stromkunden auf gleichsam skandalöse Weise dazu nötigt, künftig auch Strom aus Temelin zu akzeptieren. Es wurde von Vorrednern schon angeführt, dass der § 13 eine sehr wirksame Maßnahme enthält, um das hintanzuhalten. Ich weise auch darauf hin, dass insbesondere bei der Rechnungslegung und mit dem erforderlichen Nachweis der Produktion, der Quelle, des Primärenergieträgers, aus dem Strom erzeugt wird, für den Kunden die Möglichkeit geschaffen wird, keinen Atomstrom einzukaufen.

Lassen Sie mich alles in allem sagen: Für mich wäre es wünschenswert, wenn Sie wieder bereit wären, sich konstruktiv in einer konsensualen Anti-Atompolitik für dieses Land, für Österreich, einzubringen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten – pardon, das ist nicht nur die freiwillige Redezeit! Ich sehe gerade, das ist gleichzeitig die Restredezeit. – Bitte.

17.00

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Dass die Sanktionen jetzt langsam, aber sicher an allem schuld sind, das sind wir schon gewohnt. Aber dass die Opposition wegen der Sanktionen daran schuld ist, dass das AKW Temelin in Betrieb gehen soll, ist doch so weit hergeholt, dass das wahrscheinlich überhaupt niemand mehr, auch nicht Ihr begeistertster Parteigänger, wird mitvollziehen können. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber auf etwas eingehen, das mehr die innerösterreichischen Handlungsmöglichkeiten betrifft, die angesichts dieser Bedrohung durch Atomkraftwerke und der zunehmenden Atomstromimporte in Österreich noch gegeben sind. Wir haben in diesen Tagen auch das ElWOG zu beschließen. Im ElWOG ist etliches enthalten, das uns Möglichkeiten geben würde, im Bereich Atomstrom große Glaubwürdigkeit zu signalisieren. Darauf möchte ich jetzt ein bisschen näher eingehen und dann einen entsprechenden Antrag stellen.


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Eines ist vollkommen klar – und da möchte ich dem Vorredner Schweitzer widersprechen, weil er betont hat, man dürfe den Tschechen jetzt nicht signalisieren, dass man ihren Atomstrom auf keinen Fall kaufen wolle, denn das würde die Gesprächsbasis zerstören; das halte ich für die allerverquerste Art und Weise, mit diesem Thema umzugehen –: Wenn Sie nämlich einerseits mittels Resolutionen und Briefen gegen die Atomkraftwerke auftreten, aber andererseits signalisieren: Ja, aber euren billigen Strom möchten wir schon haben!, meine Damen und Herren, dann fehlt dieser Politik auch in den Augen der Gesprächspartner jegliche Glaubwürdigkeit! (Beifall bei den Grünen.)

Ich meine – das ist für uns ein klar ersichtliches Signal gewesen, und ich hoffe, dass sich da in den nächsten Tagen oder am nächsten Tag noch etwas bewegen wird –, dass zum Beispiel die Streichung der Antidumpingbestimmungen im ElWOG ein Beitrag war, der signalisiert, dass man sehr wohl an diesen Billigstrom-Atomstromimporten interessiert ist, und hoffe – anscheinend gibt es schon Gespräche dazu; da wäre nun einmal auch von Ihrer Seite her ein Konsens aufzumachen –, dass man solche Bestimmungen wieder in das österreichische Gesetz aufnehmen wird. Das sollte und muss man vor allem auch deswegen tun, weil Sie, Herr Bundeskanzler, betont haben, dass es durch das ElWOG und durch den Markt, der nun entsteht, angeblich Wahlfreiheit für die Stromkunden geben soll. (Abg. Ellmauer: Das ist positiv!)

Meine Damen und Herren, diese Wahlfreiheiten existieren nicht! Sie existieren schlicht und ergreifend nicht, wenn ich durch diese Gesetzespolitik nur noch Anbieter auf dem Markt habe, die mir Atomstrom verkaufen. Ich habe als Stromkonsumentin die Wahl vor allem deswegen nicht, weil auch alle Ansätze, ökologisch erzeugten Strom finanziell zu entlasten, nicht aufgenommen worden sind, sodass diese Wahlfreiheit damit natürlich zerstört wurde.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie es ernst meinen mit der Wahlfreiheit für Konsumentinnen und Konsumenten – und viele Menschen in Österreich wollen das! –, dann müssen Sie in Bezug auf die Antidumpingbestimmungen, aber auch in Bezug auf die Verbesserung der Situation für ökologisch erzeugten Strom Ihre Haltung ändern. (Beifall bei den Grünen.)

Sie müssen aber auch als Eigentümer auf die Geschäftspolitik des Verbundes einwirken. Zu diesem Zweck möchte ich einen Entschließungsantrag betreffend die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin unter Berücksichtigung von Atomstromimporten – bitte, zu 80 Prozent ist Temelin exportorientiert; das in Klammern hinzugefügt – einbringen.

Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Moser, Freundinnen und Freunde betreffend die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin unter Berücksichtigung des Atomstromimports

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, seine Eigentümerrechte bei der Verbund-Gesellschaft dahin gehend auszuüben, dass Atomstromimporte nach Österreich nicht getätigt werden.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, an die Eigentümer der Landesstromversorger (Bundesländer) zu appellieren, dass keine Atomstromimporte nach Österreich getätigt werden.

*****

Werte Vertreter und Vertreterinnen dieser Bundesregierung! Wenn Ihnen daran gelegen ist, in der Atomfrage weiterhin Konsens zu haben, dann signalisieren Sie diesen Konsens mit Ihrer Zustimmung zu diesem Antrag. Dann hat das Ganze Hand und Fuß und ist nicht nur eine Erklärung, ein Antrag für etwas, was schon geschehen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.06


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her – es war im Juli des vergangenen Jahres –, dass der Herr Bundeskanzler mit einer Delegation der damals fünf Parteien in diesem Haus bei den tschechischen Kollegen war (der Redner zeigt ein Bild), den Standpunkt Österreichs darstellte und versuchte, dort seine und unsere Interessen den tschechischen Kollegen näher zu bringen und ihnen auch zu erklären, wie gefährlich dieses Kraftwerk in Wirklichkeit ist und was eigentlich darin schlummert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eine der zentralen Fragen oder eine der zentralen Botschaften war damals Folgende – ich darf aus dieser Unterlage zitieren –: Österreich möchte daher der tschechischen Republik jetzt schon klarlegen, dass der Stand der Technik in Kernkraftwerkanlagen eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist. Das aktuelle Projekt Temelin entspricht auf der Basis der bisher zugänglichen Unterlagen jedenfalls nicht diesem geforderten Stand der Technik in der Union.

An diesem Stand der Technik hat sich bis heute nichts geändert. Meine Frage an Sie, Herr Bundeskanzler, ist daher: Wo sind Ihre Bemühungen bei der Europäischen Union zu dieser Frage? Wann werden Sie dort Gespräche aufnehmen, um Österreichs Sorgen bei der Europäischen Union vorzutragen? Herr Bundeskanzler, wann werden Sie sich auch dafür einsetzen, dass in Tschechien eine Volksbefragung stattfinden kann?

Sie brauchen das nur zu unterstützen. Sie brauchen nicht bei uns eine Volksbefragung mit Ja-oder-nein-Fragen durchzuführen, sondern Sie sollten die Interessen, Sorgen und Nöte der Österreicher ernst nehmen. Ich versichere Ihnen, Sie werden in dieser Frage die Unterstützung aller Österreicher haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Hier werden Sie Österreich vereint finden. Hier wird Österreich gemeinsam an einem Strick ziehen. Aber Sie wollen das ganz einfach nicht. Sie wollen sich nicht darum bemühen, dass dieses Kraftwerk nicht errichtet wird. Da haben Sie vor allem auch die Sorgen der Nachbar-Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich und Wien. Dort sind die Menschen besonders betroffen.

Daher ist es für uns unverständlich, dass Energielieferanten in diesem Lande Atomstrom beziehen, und daher geht unser Antrag so weit, dass wir sagen: Dann kann es keine Förderungen für diese Energieunternehmen geben.

Denn die Tschechen wissen ganz genau, dass sie den Strom, den sie in diesem Kraftwerk produzieren, nicht für ihr eigenes Land benötigen. Die Tschechen oder bestimmte Menschen, Gruppen der Tschechen wollen ganz einfach krumme Geschäfte mit dem Atomstrom machen! Das ist der einzige Sinn und Zweck der Errichtung dieses Kraftwerks.

Auch in der letzten Ausgabe der Zeitung "Zivilschutz" – und der Zivilschutz wird Ihnen doch etwas bedeuten, Herr Bundeskanzler! – gibt es einen verzweifelten Aufruf der Frauen aus Oberösterreich, die Sie darum bitten, die Lage sehr ernst zu nehmen. Und daher sind Sie doppelt aufgefordert, endlich zu handeln, endlich die Gespräche aufzunehmen.

Ich darf daher, geschätztes Hohes Haus, gemeinsam mit meinen Kollegen Sima, Oberhaidinger und Prammer einen Entschließungsantrag einbringen, der wie folgt lautet:


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"Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima, Brix, Oberhaidinger, Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerks Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, die Regierung der tschechischen Republik aufzufordern, dass die Brennstoffbeladung und anschließende Aktivierung des Atomkraftwerk Temelins keineswegs vor Abschluss aller ausstehenden Verfahren und eines umfassenden UVP-Verfahrens vorgenommen wird."

(Abg. Mag. Schweitzer: Otmar! Das haben wir alles drinnen!) Ja, aber ihr habt es uns gleich durchgestrichen! Hättet ihr es weitergeschrieben!

"2. Die Bundesregierung wird ersucht, an die Regierung der tschechischen Republik heranzutreten, um sicherzustellen, dass den Nachbarländern im Rahmen der UVP-Verfahren zum Atomkraftwerk Temelin alle Rechte im Sinne der Espoo-Konvention gewährt werden.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, die Regierung der tschechischen Republik aufzufordern, dass der europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten von den Temelin-Betreibern sowie der staatlichen Nuklearaufsichtsbehörde SUJB detaillierte Informationen zur Verfügung gestellt werden, auf deren Grundlage eine Prüfung des in Temelin erreichten Sicherheitsniveaus möglich ist.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, an die tschechische Regierung heranzutreten, um durch eine rasche Ratifizierung der Espoo-Konvention die Rechte der Bürger der Nachbarländer im Rahmen der UVP-Verfahren zum Atomkraftwerk Temelin zu garantieren.

5." – Herr Bundeskanzler, das ist besonders wichtig! – "Die Bundesregierung wird ersucht, spätestens mit 1.8.2000 sicherzustellen, dass alle an Atomstromimporten oder -transiten unmittelbar oder mittelbar beteiligten Firmen von Förderungen ausgeschlossen werden.

6. Die Bundesregierung wird ersucht, die tschechische Republik aufzufordern, den Nachweis zu erbringen, dass Temelin dem europäischen ,Stand der Technik‘ entspricht. Im Anti-Atom-Aktionsplan heißt es dazu: ,Sollte bei dieser Überprüfung nicht nachgewiesen werden können, dass Temelin diesem ,Stand der Technik‘ entspricht, wird Österreich unverzüglich bilateral und auch im Rahmen der Europäischen Union die tschechische Regierung darauf hinweisen, dass der Stand der Technik eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist.‘

In diesem Zusammenhang soll die österreichische Bundesregierung darauf drängen, dass eine internationale Expertenkommission die nunmehr fertiggestellte Anlage Temelin hinsichtlich des ,Stand der Technik‘, in der von der Atomkraftwerksanlage Temelin ausgehenden Gefährdung vor Inbetriebnahme (Probebetrieb) des Kraftwerks untersuchen kann.

7. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit soll Initiativen setzen, dass Atomstrom-Importe aus Drittstaaten über EU-Staaten nach Österreich verhindert werden können.

8. Die Bundesregierung wird ersucht, an die Regierung der tschechischen Republik mit dem Ersuchen heranzutreten, um angesichts von mehr als 100 000 Unterschriften tschechischer Bürger im Rahmen einer Petition, eine Volksabstimmung über die Inbetriebnahme von Temelin durchführen zu lassen."

*****

Herr Bundeskanzler! Reden alleine hier in diesem Haus und Fordern genügen nicht. Sie müssen diese Forderungen der österreichischen Bevölkerung ernst nehmen, und Sie müssen demnächst Gespräche führen. Ein zweites Tschernobyl in Europa darf es nicht mehr geben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.13


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Der vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin ein bisschen erstaunt über die politische Linke sowohl in Österreich wie auch darüber hinaus. Es ist in Wirklichkeit inhaltlich alles gesagt, was zu sagen war zu diesen Initiativen, zu diesem Problem in Tschechien. Ich halte daher nur noch einmal ein paar Punkte zur Erinnerung fest.

Erster Punkt: Die linke Regierung in Tschechien gefährdet massiv österreichische Sicherheitsinteressen. (Beifall des Abg. Ing. Herbert L. Graf. ) Und die Linke in Österreich, die so wie die Linke in Tschechien die Sanktionen gegen Österreich zunächst gutgeheißen hat – in Tschechien werden sie immer noch gutgeheißen –, hat massiv dazu beigetragen, dass es kaum eine Möglichkeit gibt, dieses Problem auf bilateralem Weg aus der Welt zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Linke in Österreich versucht, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, hier herinnen Märchen von nicht erfolgten Aktivitäten zu erzählen. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Ich nehme an, liebe Kollegen, ihr habt damit die alte Bundesregierung und speziell den sozialdemokratischen Teil dieser alten Bundesregierung gemeint, denn dieser Teil der Bundesregierung, sprich: Klima und Prammer, war nämlich zuständig für nicht erfolgte Aktivitäten zur Verhinderung dieses Kraftwerkes. (Abg. Brix: Bitte, wo hat denn der Herr Bundeskanzler geredet? Was hat denn der Schüssel gemacht, außer dass er mit dem Haider in seinem Porsche gefahren ist?)

Herr Bundeskanzler Schüssel hat vorhin in sehr beeindruckender Weise aufgelistet, wie viele Aktivitäten in der sehr kurzen Zeit, beginnend im März bis heute, wie viele Aktivitäten schriftlicher Art, persönlicher Art, wie viele Interventionen in diesem Zusammenhang erfolgt sind. Die Zahl dieser Aktivitäten ist größer als all das, was in den paar Jahren vorher unter sozialdemokratischer Verantwortung in Summe zu Stande gekommen ist. (Abg. Oberhaidinger: Da wird Sand in die Augen gestreut, Nebel geworfen!)

Eines noch, um etwas versöhnlicher zu werden, lieber Kollege Oberhaidinger: Es ist uns gelungen, in § 13 des ElWOG, das wir heute noch beschließen werden, eine Bestimmung aufzunehmen, die um vieles schärfer ist als die, die wir im alten ElWOG gehabt haben. Diese Bestimmung wird tatsächlich ein besseres Instrument und ein greifendes Instrument sein, ein Instrument, das tatsächlich geeignet ist, künftig solche Atomstromimporte aus solchen Drittstaaten zu verhindern. Und möglicherweise gelingt es ... (Abg. Oberhaidinger: Damit die Regierung endlich wirksam agieren kann!)

Ich stehe nicht an, dir und den Sozialdemokraten jetzt schon, obwohl wir die ElWOG-Debatte erst nachher führen werden, dafür zu danken, dass wir in diesem Punkt eine Einigung gefunden haben, um wenigstens künftig, wenn es schon in der Vergangenheit nicht gelungen ist, solche Dinge verhindern zu können. (Abg. Parnigoni: Wieso hast du zuerst so geschimpft? Was ist das für ein Stil? Wirklich stillos!)

Eines verwundert mich aber schon, um wieder zu euch zu kommen: Wir haben vorher versucht, einen Entschließungsantrag aller vier Parteien zu Temelin zu koordinieren. Zumindest drei Parteien waren über die Punkte, die in diesem Antrag stehen sollen, schon einig. Da gehörte die Sozialdemokratie dazu. Wir hatten noch zwei, drei Punkte mit den Grünen offen. Es ist, was ich bedauere, jetzt nicht mehr zu einem zweiten Gespräch gekommen, um darüber zu reden, ob diese Punkte noch hineinkommen könnten. Aber ich verstehe, dass die Einschätzung eurerseits die war, dass es hier zu keiner Einigung kommen werde.

Nur, was mich sehr verwundert, ist, dass die Sozialdemokraten von einem bereits ausverhandelten Antrag jetzt wieder abspringen und sagen: Nein, diesen Antrag tragen wir nicht mit! Und


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das Verwunderliche daran ist, dass ich jetzt gezwungen bin, sechs Punkte eines Entschließungsantrags vorzulesen, die du schon in eurem Antrag vorgelesen hast. (Abg. Mag. Schweitzer: Wortgleich! – Abg. Brix: Unterstütze ich ja! Es geht nur um die zwei Punkte!) Die Parlamentsdirektion hat mir mitgeteilt, dass ich ihn leider noch einmal verlesen muss und nicht sagen kann: 1. Punkt wie SPÖ-Antrag, 2. Punkt wie SPÖ-Antrag. – Es geht leider – angeblich aus Gründen der Geschäftsordnung – nicht. Ich verlese ihn daher noch einmal, drücke aber noch einmal meine Verwunderung darüber aus, dass ihr diesem Antrag nicht beitreten und zustimmen wollt. Das ist schon sehr verwunderlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Ellmauer und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerks Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, die Regierung der tschechischen Republik aufzufordern, dass die Brennstoffbeladung und anschließende Aktivierung des Atomkraftwerk Temelins keineswegs vor Abschluss aller ausstehenden Verfahren und eines umfassenden UVP-Verfahrens vorgenommen wird.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, an die Regierung der tschechischen Republik heranzutreten, um sicherzustellen, dass den Nachbarländern im Rahmen der UVP-Verfahren zum Atomkraftwerk Temelin alle Rechte im Sinne der Espoo-Konvention gewährt werden.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, die Regierung der tschechischen Republik aufzufordern, dass der europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten von den Temelin-Betreibern sowie der staatlichen Nuklearaufsichtsbehörde SUJB detaillierte Informationen zur Verfügung gestellt werden, auf deren Grundlage eine Prüfung des in Temelin erreichten Sicherheitsniveaus möglich ist.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, an die tschechische Regierung heranzutreten, um durch eine rasche Ratifizierung der Espoo-Konvention die Rechte der Bürger der Nachbarländer im Rahmen der UVP-Verfahren zum Atomkraftwerk Temelin zu garantieren.

5. Die Bundesregierung wird ersucht, die tschechische Republik aufzufordern, den Nachweis zu erbringen, dass Temelin dem europäischen "Stand der Technik" entspricht. Im Anti-Atom-Aktionsplan heißt es dazu: "Sollte bei dieser Überprüfung nicht nachgewiesen werden können, dass Temelin diesem ‚Stand der Technik‘ entspricht, wird Österreich unverzüglich bilateral und auch im Rahmen der Europäischen Union die tschechische Regierung darauf hinweisen, dass der Stand der Technik eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist."

In diesem Zusammenhang soll die österreichische Bundesregierung darauf drängen, dass eine internationale Expertenkommission die Anlage Temelin hinsichtlich des "Stand der Technik", in der von der Atomkraftwerksanlage Temelin ausgehenden Gefährdung vor Inbetriebnahme (Probebetrieb) des Kraftwerks untersuchen kann.

6. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit soll auf EU-Ebene Initiativen setzen, dass Atomstrom-Importe aus Drittstaaten über EU-Staaten nach Österreich verhindert werden können.

*****

Vielleicht, liebe Kollegen, überlegt ihr euch doch noch einmal, ob ihr diesem unserem und gleichzeitig eurem Antrag nicht doch die Zustimmung geben wollt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Hervorragend!)

17.21


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Der vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht daher ebenfalls zur Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Bundesminister.

17.21

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe soeben die Meldung bekommen, die um 17.03 Uhr über die APA gelaufen ist, dass die tschechische Atomaufsichtsbehörde SUJB die Beladung des umstrittenen Atomkraftwerkes Temelin in Südböhmen mit Brennstäben genehmigt hat. "Der erste Block werde beladen, sobald die nötigen technischen und personellen Vorbereitungen abgeschlossen seien, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft ..."

Meine Damen und Herren! Es stimmt mich insofern die Mitteilung am heutigen Tage zu dieser Stunde deshalb sehr eigenartig, weil es mir heute nicht möglich gewesen ist, direkten Kontakt mit tschechischen Behörden zu haben. Mir wurde mitgeteilt, es sei Feiertag in der tschechischen Republik. Offensichtlich ist es aber am selben Tag möglich, eine Genehmigung auszusprechen.

Meine Damen und Herren! Ich würde daher angesichts dieser Entwicklung dringend appellieren, auch im Sinne dessen, was heute gesagt wurde, auch im Sinne dessen, was von der österreichischen Bundesregierung an Initiativen gewünscht wird, dass wir eine gemeinsame Entschließung aller vier Parteien dieses Hohen Hauses zu Stande bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich appelliere angesichts dieser Entwicklung an alle Fraktionen, noch einen Versuch zu starten, um tatsächlich zu einer einstimmigen Willensbildung dieses Hohen Hauses zu kommen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und damit letztendlich nicht nur der tschechischen Bevölkerung, sondern auch den politischen Institutionen unseres Nachbarlandes klarzumachen, dass das nicht ausschließlich die Willensbildung innerhalb dieser Bundesregierung ist, sondern dass diese Bundesregierung bei ihrer Anti-AKW-Linie volle Rückendeckung und volle Unterstützung dieses Hohen Hauses hat.

Ich bitte Sie, diese Minuten dafür zu nutzen, meine Damen und Herren, im Interesse der österreichischen Bevölkerung die wenigen offenen Fragen zu überwinden, damit wir zu einer gemeinsamen Linie im Interesse der Sache kommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesen Appell darf ich an alle Fraktionen dieses Hauses richten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Nicht kompromissfähig! – Abg. Mag. Schweitzer: Wir haben ja ewig verhandelt!)

17.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. – Bitte.

17.24

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundeskanzler! Auch mir liegt eine Meldung vor, die bestätigt, dass die Sanktionen gegen Österreich sehr wohl die Verhandlungen sowie die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung behindern. Eine Meldung von heute 8 Uhr früh: "Der stellvertretende tschechische Ministerpräsident Pavel Rychetsky lehnt Gespräche mit Österreich über das grenznahe Atomkraftwerk Temelin ab. Tschechien habe wie die EU die bilateralen Beziehungen zu Österreich eingefroren, so die Begründung." – Also hier gibt es sehr wohl einen Zusammenhang.

Ich glaube, wir alle haben heute genug diskutiert, und ich glaube auch, dass es Einvernehmen bei allen vier Parteien gibt. Wir sagen ganz klar nein zur Atomkraft, nein zu unsicheren Kernkraftwerken, nein zu solchen Machenschaften, Energie unter dem Herstellungspreis zu verkaufen und somit Preisdumping zu betreiben.


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Ich glaube auch, dass das ElWOG, das wir heute beschließen werden, in die richtige Richtung geht und ein Beitrag ist, hier entsprechende Grenzen einzuführen und dem Konsumenten die Wahlmöglichkeit zu geben, für welche Energieform er sich letztendlich entscheidet.

Auch der Oberösterreichische Landtag spricht hier eine ganz klare Sprache. Er hat sich nämlich einstimmig dafür ausgesprochen, dass es keinen EU-Beitritt Tschechiens geben wird, wenn Temelin in Betrieb geht und die Sicherheitsstandards nicht den europäischen entsprechen.

Ich möchte mich aber nun der Situation Tschechiens zuwenden. Der Widerstand in Tschechien wächst. 100 000 Menschen unterschreiben eine Petition gegen dieses Kernkraftwerk. 20 000 Arbeitsplätze sind in Gefahr. Tschechien will aber der Europäischen Union beitreten. Die Beitrittskriterien sind auch klar: Umweltstandards sind einzuhalten, Wirtschaftsstandards sind einzuhalten, Demokratiesicherheit und Rechtssicherheit müssen gegeben sein, Nachbarrechte müssen gesichert sein, die europäischen Werte erhalten bleiben.

Auch die Rolle Frankreichs ist hier sehr sonderbar, denn laut letzten Meldungen ist es ein großes französisches Unternehmen, das sich anscheinend an CEZ beteiligen wird. Womöglich wird bald eine französische Firma Temelin betreiben. Auch diese Frage ist zu klären.

Tschechien wird also lernen müssen, die europäischen Spielregeln einzuhalten, Nachbarrechte einzuhalten, so wie wir Österreicher das tun. Wenn wir im Grenzbereich eine Mülldeponie anlegen, dann haben wir die Verpflichtung, dem Nachbarstaat Parteistellung zu geben, dann haben wir die Verpflichtung, den Nachbarstaat zu informieren und ihn in das Verfahren einzubinden. So verlangen wir das auch von unserem Nachbarn Tschechien.

Und ich sage Ihnen eines: An jenem Tag, an dem Tschechien die Brennstäbe einführt, hat es einen dramatischen Schritt in die falsche Richtung gemacht. Ein Land, das so grob fahrlässig handelt und so die Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität gegenwärtiger und kommender Generationen gefährdet, wird die Beitrittskriterien mit Sicherheit nicht – niemals! – erfüllen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Tschechien wird somit sein Ziel, Mitglied der Europäischen Union zu werden, aus eigenem Verschulden nicht erreichen. Teilen wir dies Tschechien eindringlich mit! – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesumweltminister! Herr Minister! Hohes Haus! Zunächst einmal grundsätzlich: Es gibt kein sicheres Atomkraftwerk. Ich bin da völlig bei Ihnen von den Grünen.

In der Begründung dieser Dringlichen Anfrage – die Debatte hätten wir ohne Weiteres auch im übernächsten Punkt das ElWOG betreffend untergebracht – hat die Frau Abgeordnete Glawischnig, glaube ich, sieben Mal gesagt, dass sie zutiefst betroffen ist, und zehn Mal hat sie "heuchlerisch" gesagt. Wenn Sie gestatten, Herr Präsident, werde ich daher diese Worte ebenfalls in den Mund nehmen, obwohl das sonst nicht meinem Sprachschatz entspricht.

Sie schreiben im Betreff Ihrer Dringlichen Anfrage: Versagen der Anti-Atompolitik. Das ist kein Versagen der Anti-Atompolitik. Wenn Sie die diesbezüglichen Bemühungen näher betrachten, dann werden Sie erkennen, dass auch kein Scherbenhaufen, das, was Sie bekritteln, hinterlassen worden ist.

Im übernächsten Tagesordnungspunkt geht es um das neue Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz. Und bei diesem wären wir schon, hätten wir nicht diese Dringliche Anfrage, die meines Erachtens auch "heuchlerisch" ist und ausschließlich zur Selbstprofilierung Ihrer Partei und zum politischen Kleingeldmachen hier eingebracht worden ist. Das ist eine Tatsache, und ich werde Ihnen das nachher begründen.


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Ich habe die sehr konstruktive Zusammenarbeit mit der Frau Abgeordneten Glawischnig im Umweltausschuss sehr, sehr geschätzt. Bitte erinnern Sie sich, wie schwierig es war, jene Passage mit hineinzubekommen, die uns eine Kennzeichnungspflicht des Stroms bei der Abnahme gebracht hat! Es war ein ganz schwieriges Unterfangen, und ich glaube sagen zu können, mit diesem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, das wir in Kürze hier beschließen werden, ist ein Meilenstein in der europäischen Elektrizitätsgeschichte geschrieben worden.

Derzeit sind 436 Atomkraftwerke in Betrieb. Sie können die Produktion dieser Atomkraftwerke mit legistischen Mitteln nicht verbieten – das ist ein Unding –, Sie können nur eines machen: an den Verstand der Bevölkerung appellieren, dass ihr bewusst ist, dass man sich, wenn man Atomstrom bezieht, sozusagen selbst gefährdet.

Genau das ist uns mit dem neuen ElWOG gelungen: Wir werden eine Kennzeichnungspflicht dahin gehend haben, wie die Gesamtlieferung des Stroms zusammengesetzt ist, wie viel Prozent Atomstrom beinhaltet ist. Es obliegt dann dem Bezieher, zu entscheiden, ob er Atomstrom weiterhin bezieht oder nicht.

Wenn wir den Atomstrom über den Markt verdrängen können, dann ist es nicht so, wie Frau Abgeordnete Lichtenberger gesagt hat, nämlich dass man keine Wahlfreiheit hat. Selbstverständlich hat man die Wahlfreiheit, man kann auswählen, welchen Strom man bezieht: Strom aus erneuerbaren Energien oder Strom von Atomkraftwerken.

Das, was wir in diesem Bereich erreicht haben, ist ein epochaler Schritt. Es gibt nirgendwo anders in Europa eine derartige Lösung. Ich meine, wir alle gemeinsam haben mit dem neuen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz etwas Positives geschaffen. Ich bedanke mich insbesondere auch für die vielen, vielen positiven Vorschläge von Herrn Oberhaidinger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch Folgendes zu sagen: Es gibt eine Studie des Deutschen Ökologieinstitutes von 1994 – bestätigt 1998 –, wonach der Ausstieg aus der Atomindustrie in Deutschland innerhalb eines Jahres möglich wäre, und zwar mit einer gleichzeitig noch gegebenen Reservehaltung von 8,5 Gigawatt beziehungsweise 12 Prozent des vorgeschriebenen Reservepotentials.

Warum macht man denn das nicht? Wer hat denn gesagt, dass man das nicht machen soll? Ist das hier von uns gekommen, ist es von der österreichischen Bundesregierung gekommen, die neue Akzente gesetzt hat, um Atomstrom zu vermeiden? – Nein, meine Damen und Herren, das ist von den deutschen Grünen gekommen, und das möchte ich Ihnen einmal mit aller Deutlichkeit sagen. Auch diese Position halte ich für "heuchlerisch", denn es ist beschlossen worden, die Atomkraftwerke weitere 32 Jahre arbeiten zu lassen. Aber davon wollen Sie von den Grünen anscheinend nichts wissen.

Ich würde Ihnen empfehlen: Nehmen Sie die Pickerl herunter, schicken Sie sie nach Deutschland und sagen Sie Herrn Trittin: 32 Jahre werden wir alle hier nicht mehr erleben, und wenn ein Unfall passiert, dann ist es zu spät!

Wir können den Atomstrom also nur über den Markt verdrängen, und dafür sind entsprechende Aktivitäten gesetzt worden. Es ist daher kein Versagen der österreichischen Bundesregierung in der Atompolitik gegeben.

Zweitens: Frau Abgeordnete Lichtenberger hat auch wieder gesagt, die Österreicher und Österreicherinnen würden von der Bundesregierung zum Konsum von Atomstrom genötigt. – Ja wie denn? Wenn sie auf ihrer Rechnung stehen haben, dass soundso viel Anteil Atomstrom ist, dass soundso viel Anteil Strom aus erneuerbarer Energie ist, dann können sie nicht genötigt werden.

Ich halte daher die Positionen Ihrer Schwesterpartei in Deutschland für wirklich "heuchlerisch": Auf der einen Seite läuft man herum und möchte mit den Sanktionen gegen Österreich den


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Moralapostel spielen, auf der anderen Seite geben die deutschen Grünen gleichzeitig grünes Licht, die Atomkraftwerke weitere 32 Jahre – das ist ja der einstimmige Beschluss – zu betreiben.

Frau Abgeordnete Glawischnig, ich habe Ihnen zu Beginn gesagt, dass ich Ihre konstruktive Mitarbeit in diesem Ausschuss sehr, sehr geschätzt habe. Auf Grund dessen, wie Sie Ihre Dringliche Anfrage jetzt vorgebracht haben, kann ich Ihnen nur eines empfehlen: Nehmen Sie Ihre heutige Rede, und schicken Sie sie Herrn Umweltminister Trittin und Herrn Joschka Fischer nach Deutschland! Sagen Sie ihm, was Ihre Meinung ist, und fragen Sie, was er gegen die Inbetriebnahme von Temelin gemacht hat! Sie werden die traurige Mitteilung bekommen, dass die Deutschen – im Gegensatz zu dem, was Österreich gemacht hat – leider gar nichts gemacht haben. Das ist die traurige Tatsache!

Ich möchte an Sie appellieren: Auch bei Bohunice ist es uns gelungen, einen einstimmigen Beschluss zu erreichen. Überlegen Sie noch einmal, ob dieses Thema nicht mehr wert ist, als hier politisches Kleingeld zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

17.35

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich habe ich die Debatte betreffend die heutige Dringliche Anfrage sehr aufmerksam verfolgt – und ich kann mich natürlich an einiges sehr gut erinnern.

Was mich schon sehr verwundert, ist das Verhalten der Freiheitlichen Partei, denn ich habe ganz andere Töne in Erinnerung. (Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen uns, Frau Prammer?) Ich wundere mich nicht über die ÖVP, denn ich habe natürlich so manches miterlebt, so auch, dass es in einer früheren Koalition sehr, sehr schwierig war, Positionen einzunehmen, die wirklich notwendig waren, um Österreich in der Anti-Atompolitik entsprechend voranzutreiben. (Abg. Haigermoser: Was haben wir Ihnen denn getan?)

Wissen Sie, was mir dazu, wie diese neue Bundesregierung beziehungsweise diese neue Koalition arbeitet, manchmal in den Sinn kommt? – Ich würde das kurz überschreiben mit: einfach und bedrohlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Erstens predigen Sie Einfaches.

Zweitens teilen Sie die Welt in "wir" und "die anderen".

Drittens geben Sie sich unfehlbar – vor allem geben Sie niemals Fehler zu.

Und viertens erzählen Sie Geschichten. – Aus.

Das ist auch die Anti-Atompolitik dieser neuen Bundesregierung in Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe mich schon früher manchmal, aber auch heute bei dieser Debatte darüber gewundert (Abg. Dr. Martin Graf: Warum sind Sie so aggressiv?), wie es gelingen kann, dass sich so viele Menschen hinter einem Rücken, einem nicht sehr breiten Rücken, nämlich meinem, verstecken können: ein Herr Umweltminister, ein Herr Außenminister, ein Herr Wirtschaftsminister – plötzlich sind Sie wieder alle da, in anderen Funktionen, nur: Sie bleiben die Antworten schuldig, meine Damen und Herren.

Es ist mir völlig egal, wie die Konstellation – ob links, ob rechts – der tschechischen Regierung aussieht. Sie hat auf die Interessen der tschechischen und der europäischen Bevölkerung entsprechend Rücksicht zu nehmen. Das haben wir Tschechien immer ganz unmissverständlich


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gesagt. Nur auf Grund einer klaren Sprache wird es unter Umständen gelingen, einen Ausstieg aus diesem Szenario zu schaffen. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie sind so aggressiv!)

Es gibt viele Skeptiker, es gibt viele Unsicherheiten, wie sicher oder – besser gesagt – wie unsicher Temelin ist. Es ist eine Selbstverständlichkeit schlechthin, zu überprüfen: Erhielte Temelin, stünde es in Deutschland, eine Bewilligung – ja oder nein? Das ist die einfache Frage, denn das ist "state of the art" – das ist das, was auf der europäischen Ebene auch anerkannt wurde dank der früheren österreichischen Bemühungen.

Es ist wahr – in diesem Fall muss ich ausnahmsweise einmal der Koalition Recht geben –, dass ich mir schon damals eine bessere Unterstützung vom deutschen Umweltminister erwartet hatte, die aber leider nicht gekommen ist. Ich glaube, Deutschland hätte es tatsächlich in der Hand gehabt, diese Überprüfung durchzuführen. Sie wäre eindeutig ausgegangen, und es wäre eine eindeutige Entscheidung gewesen, dass Temelin nicht weitergebaut werden kann, dass Temelin vor allem nicht ans Netz genommen werden darf. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das, was Österreich jetzt zu tun hat, ist ganz einfach: die klare Sprache weiter fortsetzen. Es ist natürlich verwunderlich, warum sich die österreichische Bundesregierung hinsichtlich der klaren Sprache so zauderlich verhält, da sie diese anderweitig immer wieder verwendet. Sie kündigen Konsequenzen an – Sie haben das auch heute wieder getan –, weil man Ihnen nicht die Hand reicht. Sie kündigen jedoch nicht Konsequenzen an und reden nicht über Konsequenzen, wenn im Nachbarland ein Atomkraftwerk ans Netz gehen soll, meine Damen und Herren. Es werden tatsächlich die Wichtigkeiten verwechselt, werden die Besonderheiten und die Bedürfnisse Österreichs restlos fehlinterpretiert und missverstanden.

Es geht nicht um billige Ausreden, und es geht auch nicht darum, wer wohin und wie viele Briefe geschrieben hat. Es ist zu sagen: Jawohl, Herr Bundesminister Molterer, wir haben ebenfalls unseren konstruktiven Beitrag zu einem entsprechenden Antrag geleistet. Es ist ja hier auch durchaus möglich, diesen Wünschen und Forderungen beizutreten. Darüber hinaus haben wir auch klar und deutlich gesagt, wie wichtig uns ein Vier-Parteien-Antrag wäre, aber das ist keine Einbahnstraße, sondern braucht tatsächlich vier Parteien in diesem Hause.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung die nächsten Tage ausschließlich dazu verwendet, sich massiv um das Kraftwerk Temelin zu kümmern, dass sie sich ausnahmsweise einmal um eine tatsächlich wichtige Sache für Österreich bemüht, und nicht immer von dieser einen Sache, die keine Sache ist, spricht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen betreffend Anti-Atompolitik der Bundesregierung in Bezug auf die geplante Fertigstellung des tschechischen AKW Temelin.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen betreffend die geplante Fertigstellung des AKW Temelin unter Berücksichtigung des Atomstromimports.

Ich bitte neuerlich jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Sima und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Ellmauer und Genossen betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 14.) (Abg. Schwemlein: Nimmer lang! – Abg. Schwarzenberger: Der Mensch hat Humor! – Abg. Dr. Khol: Fürs Protokoll: Die Abstimmung fand ohne Gusenbauer statt!)

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 697/AB

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 697/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem ersten Redner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun den Antragsteller des Verlangens, Herrn Abgeordneten Parnigoni, die Debatte zu eröffnen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.43

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ihre Anfragebeantwortung 697 war so dürftig wie Ihre nicht stattfindende Infrastrukturpolitik. Ein Beispiel ist der abrupte Stopp des Projektes Güterzugumfahrung St. Pölten. Dieses Projekt war mit dem Land längst abgesprochen. Es hat Übereinkommen über Grundablösen gegeben, über Aufträge an die Wirtschaft und entsprechende Beschäftigungspläne. Plötzlich ist das alles obsolet. Herr Minister! Sie haben anscheinend aus einer Laune heraus – ich weiß es nicht – dieses wichtige Projekt "St. Pöltener Güterzugumfahrung" gekippt wie eine Reihe anderer Projekte auch. Laut "Kurier" haben Sie Projekte im Ausmaß von 11,4 Milliarden Schilling auf das Abstellgleis geschoben.

Der Verkehrssprecher der ÖVP, Abgeordneter Kukacka, hat Ihnen ja über den "Standard" vom 3. Juli mehr oder weniger offen mitgeteilt, Sie müssten motiviert werden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Ja sicher!) Sie sind offenbar nicht genügend motiviert. Herr Minister Schmid, ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Herr Abgeordneter Kukacka hinter Ihnen steht, dann heißt es aufpassen, dann ist Gefahr im Verzug, denn wenn er Sie motivieren will, weiß natürlich keiner, was daraus wird. Ich habe lange miterlebt, dass uns die ÖVP Fesseln angelegt hat, und das wird Ihnen auch passieren, Herr Minister. Lassen Sie sich also von Kukacka und Co nicht medial vorführen! Passen Sie da gut auf! Denn die Rechnung der ÖVP, die da in etwa lautet, die FPÖ und vor allem Minister Schmid zum Schuldigen zu stempeln, scheint ja tatsächlich aufzugehen: Der bringt nichts weiter, die Infrastrukturpolitik liegt lahm, und schuld daran ist natürlich die FPÖ. (Abg. Mag. Firlinger: Rein polemisches Wunschdenken!)

Die Freunde der ÖVP lehnen sich genüsslich zurück, haben ihre Freude dabei und zwacken Ihnen übrigens auch noch nach Belieben Kompetenzen ab. Wir haben das ja bei der Verkehrssicherheitspolitik erlebt, bei der ich bis heute noch nicht ganz sicher bin, wer die Kompetenzen


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hat. Bislang habe ich nur Minister Strasser zu Fragen der Verkehrssicherheit gehört. Ich hätte mir erwartet, dass Sie anstatt Strasser Stellung nehmen, der sich immer dann, wenn irgendwo ein Mikrofon sichtbar wird, produziert.

Meine Damen und Herren! Eines müssen wir klar festhalten: Grundvoraussetzung dafür, dass Sie aus dieser misslichen Situation herauskommen, ist, dass Sie in der Infrastrukturpolitik endlich etwas tun. Wir haben ein Infrastrukturministerium gefordert. Wir haben uns dafür stark gemacht. Es ist nun auch gekommen, und wir erwarten daher von Ihnen – Sie haben jetzt die Kompetenzen in einem großen Umfang –, dass Sie entsprechende Lösungskonzepte entwickeln, um auf das, was auf uns zukommt, zu reagieren.

Eine Delphi-Studie eines Autofahrerclubs besagt ganz deutlich, dass Österreich in den nächsten zehn Jahren in einen Verkehrsinfarkt geraten wird. Wir werden in etwa 700 000 Autos mehr auf den Straßen Österreichs haben, der LKW-Verkehr wird sich um 40 Prozent steigern. Meine Damen und Herren! Der Transit und all das, was ich eben angeführt habe, wird uns überrollen. Und von Ihnen heißt es angesichts dessen nur: Stopp aller Infrastrukturprojekte! Das kann es nicht sein, vor allem nicht angesichts der alarmierenden Zahlen, die uns prognostiziert werden. (Abg. Mag. Firlinger: Glaubst du das auch, was du da sagst?) In diesem Bereich muss es ein entschiedenes Handeln von Ihnen geben! Herr Minister! Die Lösung kann doch nur eine Verbesserung der Infrastruktur sein. Der Wirtschaftsstandort Österreich braucht das dringend, das ist überlebensnotwendig.

Herr Bundesminister! Es ist doch ganz klar: Sie müssen unter anderem am Beispiel der Güterzugumfahrung St. Pölten beweisen, dass Sie bereit sind, etwas zu tun, dass Sie nicht nur baureife Projekte blockieren – wie Sie das übrigens auch beim Lainzer Tunnel getan haben, einem ganz wichtigen Projekt, das Sie auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben haben. Der Wiener Wirtschaftskammerpräsident Nettig hat dazu sehr deutlich gesagt, dass das eine schwere Attacke auf den Wirtschaftsstandort Wien darstellt und man von Ihnen erwartet, dass Sie endlich die Umsetzung dieses Projektes betreiben.

Die Fertigstellung des Lainzer Tunnels ist deshalb notwendig, weil Sie, wenn das nicht geschieht, den geplanten Knoten Wien gefährden. Sie machen damit auch den Güterterminal Inzersdorf unrealistisch. Insgesamt gefährden Sie damit in Wirklichkeit die Politik, den Güterverkehr verstärkt auf die Schiene zu verlagern. Herr Minister! Auch das ist ein alarmierendes Beispiel dafür, wie Sie mit der Infrastrukturpolitik umgehen – oder vielmehr eigentlich nicht umgehen.

Herr Bundesminister! Beim Semmering haben Sie es nicht mit der Bundes-ÖVP, mit Abgeordnetem Kukacka zu tun, da gibt es einen anderen ÖVPler, der Ihnen in die Suppe spuckt. Da gibt es Herrn Landeshauptmann Pröll, der Ihnen gleich sehr deutlich gesagt hat, was Sie zu tun und zu lassen haben. (Ruf bei der ÖVP: Ein ausgezeichneter Landeshauptmann!) Sie haben sich dann einmal medial zu wehren versucht, indem Sie ihn – sagen wir einmal, vielleicht nicht ganz höflich – attackiert haben. Aber schlussendlich, Herr Bundesminister, wird es Zeit, dass Sie etwas tun!

Herr Bundesminister! Die steirische Landesregierung – sind Sie bereit, mir zuzuhören?, sehr fein! – hat Ihnen Unterstützung zugesagt. (Abg. Großruck: Wenn er nicht zuhört, versäumt er auch nichts!) Das Land Steiermark hat am 28. Juni beschlossen – ich zitiere –: Die Steiermärkische Landesregierung tritt dafür ein, dass im Sinne einer am Subsidiaritätsprinzip orientierten Kompetenzbereinigung die Kompetenzbereiche des Bundes und der Länder so gestaltet werden, dass beispielsweise der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung alle jene Kompetenzen hat, die erforderlich sind, die rechtlichen Voraussetzungen für die Verwirklichung von Infrastrukturprojekten von gesamtstaatlicher Bedeutung zu schaffen. – Zitatende.

Herr Bundesminister! Super! Da kann ich nur sagen: Toll! Die Steirer haben sich hier wirklich zusammengetan. Das ist wirklich ein vernünftiger Vorschlag. Jetzt ist nur mehr zu erwarten, dass Sie sich in der Bundesregierung durchsetzen, dass Sie das umsetzen können. Herr Bundesminister! Das ist jetzt gefordert. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn Sie das schaffen, dann wird man Ihnen vielleicht in der Steiermark nicht so übel nehmen, dass Sie auch bei vielen Straßenbauprojekten, die dort jetzt anstehen, etwa 100 oder 130 solcher Projekte abgesagt haben, den Ausbau nicht sichergestellt haben, dass Sie die Nebenbahnenfrage noch immer sozusagen wie eine heiße Kartoffel hin- und herschupfen und noch nicht klargestellt ist, was schlussendlich geschehen wird. (Abg. Haigermoser: Wer war denn die letzten Jahre dafür verantwortlich?)

Herr Bundesminister! Vor allem hat es keinen Sinn, dass Sie diese Projekte vor sich herschieben. Sie müssen etwas tun; und ich weiß, es ist die Geldfrage, die Sie in Not bringt. Es ist notwendig, dass man den SCHIG-Rahmen entsprechend ausweitet. Es müssen mehr Mittel für die österreichische Schieneninfrastruktur zur Verfügung gestellt werden und nicht weniger, wie das jetzt der Fall ist.

Es wäre aber unfair, in der gegenwärtigen budgetären Situation einen Ausbau zu verlangen, ohne einen Bedeckungsvorschlag zu machen. Der Herr Staatssekretär wird zu Recht sagen: Na gut, man kann leicht verlangen, immer mehr zu bauen, ohne zu sagen, wo das Geld herkommen soll. Aber die Rechnung geht auf, meine Damen und Herren! Herr Otruba, seines Zeichens Chef der Telekom-Control, hat im "Format" Nr. 27/2000 erklärt – was ich in diesem Haus immer schon gesagt habe; das ist nachzulesen –, er rechne bei der Vergabe der UMTS-Lizenzen mit einem Gesamterlös von 20 bis 50 Milliarden Schilling. Das werde bei fünf bis sechs Lizenzen der Fall sein.

Herr Bundesminister! Es ist ja alles "in Butter", Sie haben überhaupt keine Probleme! 4,1 Milliarden Schilling geben Sie dem Budget, das hat Minister Grasser bilanziert, das hat er im Voranschlag drinnen, zwei bis drei Milliarden Schilling stellen Sie auf Vorschlag des Abgeordneten Gusenbauer ganz einfach für einen Technologiefonds zur Verfügung – ich glaube, da fänden wir durchaus eine gemeinsame Linie. Danach bleiben Ihnen immer noch so zwischen 25 und 40 Milliarden Schilling übrig. Damit können Sie die Güterzugumfahrung St. Pölten bauen, den Semmering-Basistunnel, damit können Sie beim Lainzer Tunnel weitermachen. Davon können Sie 900 Millionen Schilling in der Steiermark verbauen. Damit können Sie einen wirklich tollen Impuls für die Infrastruktur dieses Landes setzen. Damit können Sie wirklich einen Beitrag dazu leisten, dass der Wirtschaftsstandort bestens entwickelt wird, dass die Arbeitsplätze in diesem Land gesichert werden. (Abg. Mag. Firlinger: Was hat die SPÖ, was habt ihr in den letzten 17 Jahren gemacht?) Und das, meine Damen und Herren, verlangen wir von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid. – Bitte.

17.53

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Parnigoni, es gibt eine alte jüdische Weisheit: Was ist eine Chuzpe? – Eine Chuzpe ist, wenn jemand Vater und Mutter ermordet und dann um Waisenrente ansucht.

Das ist eigentlich genau das, was Sie soeben gemacht haben. Sie übergeben mir ein Budget mit 317 Milliarden Schilling Schulden, besitzen aber gleichzeitig die Kühnheit, zunächst einmal zu verlangen, dieses Ressort mit der Aufstockung des SCHIG-Rahmens weiter zu verschulden – Sie haben es vorhin wörtlich so gesagt. Sie verlangen eine weitere Verschuldung und zählen eine Reihe von Projekten auf, die eigentlich Sie in jahrelanger Verkehrspolitik, in jahrelanger Schienenpolitik oder in jahrelanger Straßenpolitik und auch Sicherheitspolitik erbringen hätten sollen. (Abg. Parnigoni: Es gibt 40 Milliarden Schilling!)

Und was die Ausführungen des Abgeordneten Parnigoni in Bezug auf Herrn Kukacka angeht: Die "fehlende Motivation", die er mir da unterstellte, bedeutet, dass ich mich darum bemühen soll, seine Sicherheitspolitik, die er seit zehn Jahren betreibt, ins rechte Lot zu bringen. Das sei auch kritisch den eigenen Leuten ins Stammbuch geschrieben, damit da kein Missverständnis aufkommt.


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Sie verlangen aber, dass wir all die Projekte, die Sie augenscheinlich nicht gemacht haben, jetzt realisieren. Und das mit 317 Milliarden Schilling Schulden! Das, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, sind eigentlich nur Schulden. Wenn Sie mir den Semmering-Tunnel vorwerfen: Habt ihr ihn geschafft mit eurem Koalitionspartner? – Nein!

Redet man über die GZU, so kann ich Ihre Anfrage auch anders zitieren. Sie haben sie ja gar nicht mehr erwähnt. Fragen wir mit Ihren Worten und tauschen nur etwas aus: Wie soll die Westbahn den internationalen Anforderungen einer Hochleistungsstrecke ohne viergleisigen Ausbau Wien–St. Pölten gerecht werden? Darf ich das einmal fragen? Oder – es ist Ihre Anfrage, Ihr Text –: Wie begründen Sie, dass vorläufig keine finanzwirksamen Schritte für den Ausbau Wien–St. Pölten gesetzt werden? Begründen Sie mir das!

Ich denke, jeder, der auch nur ein bisschen ernsthaft Verkehrspolitik macht – und das unterscheidet uns jetzt wirklich von dem, was auf diesem Gebiet vorher gemacht worden ist –, ist sich darüber im Klaren, dass der viergleisige Ausbau von Wien nach St. Pölten die höchste Priorität besitzt. Die höchste Priorität! Das wird auch von jedem Experten bestätigt.

Und genau das ist es, was ich machen will. Ich möchte eine Verkehrspolitik machen, mit der ich nicht jedem Einzelnen irgendwo einen neuen Zwiebelturm auf seinen Kirchturm aufsetze, sondern ich möchte eine Verkehrspolitik machen, bei der wirklich einmal korrekt hinterfragt wird: Welchen Rahmen, welche Finanzierungsmöglichkeiten haben wir? Was ergibt einen Sinn? Dass ich in einem Fleckerlteppichverfahren von Osten nach Westen durch Österreich gondle, das kann es ja wohl nicht sein.

Zu Ihrer Aufforderung, etwas zu tun: Ich nehme sie gerne zur Kenntnis und schließe mit den Worten: Das, was ich hier an Erbe bekommen habe, lässt mich Tag und Nacht und zu jeder Stunde daran arbeiten, dass ich die bis dato oder augenscheinlich bis vor wenigen Monaten nicht vorhandene Verkehrspolitik auf einen rechten Weg bringe. Jedem, der Beschwerde darüber führt, was nicht geschehen ist, muss sich darüber im Klaren sein: Er beschwert sich über die Leistung seiner eigenen Politik, die er vor meiner Zeit gemacht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Es ist bezeichnend, dass Ex-Bundesminister Einem bei dieser Debatte nicht anwesend ist!)

17.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

17.57

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Österreich droht zur Langsamfahrstelle des transeuropäischen Eisenbahnnetzes zu verkommen, und statt Infrastruktur auszubauen, Investitionen in die Zukunft zu fördern, werden jahrzehntelang vorbereitete, bereits außer Streit gestellte Projekte eingestellt oder – wie wir gehört haben – einfach gestrichen.

Die Westbahn ist bereits weit über ihre normalen Kapazitäten hinaus ausgelastet. Ich denke, das ist unbestritten. Der Baustopp der Güterzugumfahrung St. Pölten wurde von Ihnen, Herr Minister Schmid, verfügt. Es ist dies jenes Baulos, das die Langsamfahrstelle St. Pölten entschärfen sollte.

Herr Minister! Sie kümmern sich offensichtlich nicht um die Einhaltung der Verträge. Sie kümmern sich nicht um die der Bevölkerung gegebenen Zusagen, im Zuge des Güterzugumfahrungsbaus Lärmschutzwände zu errichten, entlang der Westbahn Lärmschutzmaßnahmen zu treffen. Sie liefern die Bevölkerung einem sehr schweren Los aus. Wir haben es auch heute schon gehört: Immer mehr LKWs auf den Straßen, immer mehr Umweltbelastung, immer weniger Verkehrssicherheit, immer mehr Unfälle. Herr Minister! Sie wissen genauso gut wie wir alle, dass die Zahl der Verkehrstoten im letzten Jahr im Vergleich zum Jahr davor um 12 Prozent gestiegen ist! (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Wer hat das zu verantworten?) Herr Minister! Zu den 13 Verkehrstoten auf Österreichs Straßen zu Pfingsten haben Sie überhaupt eisern geschwiegen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Frechheit!)


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Einstellen von Bahnlinien und Baustopps bei Bahnausbauten sind ein brutaler Anschlag auf unsere Umwelt und auf die Sicherheit der Bevölkerung – und auch eine Vergeudung von Volksvermögen. Die Bahn ist 39-mal sicherer als das Auto. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Hättet ihr es gebaut!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Bahnen einstellen und Baustopps verfügen – das ist Ihnen offensichtlich von Ihrer Frächterlobby diktiert worden, um die Schiene gegenüber der Straße nicht konkurrenzfähig zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Die Güterzugumfahrung St. Pölten, die als eines der ersten Eisenbahnprojekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung positiv absolviert hat, ist eines der wichtigsten Teilprojekte des Ausbaus der Westbahnstrecke zu einer Hochleistungsstrecke. (Abg. Wattaul: Wer hat dir die Rede geschrieben?) Der mitten in der Stadt gelegene Hauptbahnhof wirkt bereits jetzt tagtäglich als Nadelöhr und starke Bremse für Hunderte Güterzüge. Und jetzt aufgepasst, Herr Minister, falls Sie das nicht wissen sollten: Etwa 80 Prozent des Güterzugverkehrs haben nicht die niederösterreichische Landeshauptstadt zum Ziel, sondern fahren einfach durch. Der St. Pöltner Hauptbahnhof ist auf Grund seiner baulichen Lage im Herzen der Landeshauptstadt ein verkehrs- und deshalb auch sicherheitstechnisches Nadelöhr.

Zusätzliche Schienenanlagen, also Durchfahrtsgleise, sind ebenso wenig möglich wie das zusätzliche Durchschleusen von Zügen. Mit einem solchen Nadelöhr sind auch in Zukunft auf der Westbahn alle Bestrebungen, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen, von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Seit Jahren galt die Attraktivierung und die Modernisierung des St. Pöltner Hauptbahnhofes, weil dies eben mehr als notwendig ist, als beschlossene Sache. Der Hauptbahnhof St. Pölten hat den Standard – und das ist sicherlich keine Übertreibung – der Bedarfshaltestelle einer Nebenbahn. Es gibt dort keine Lifte, keine Rolltreppen, keine behindertengerechten Einrichtungen und so weiter. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Warum habt ihr das nicht gemacht?) Der Hauptbahnhof St. Pölten ist mehr als kundenfeindlich und hat ein sehr kundenfeindliches Erscheinungsbild. (Abg. Mag. Firlinger: Was hat Einem eigentlich gemacht?) Er wird tagtäglich von Tausenden Menschen frequentiert. Allein 20 000 Schülerinnen und Schüler kommen über diesen Verkehrsknotenpunkt in die Schulstadt St. Pölten. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Warum habt ihr es nicht gemacht? Warum habt ihr ihn nicht hergerichtet?)

Dem Vernehmen nach planen Sie, Herr Minister, auch die Bahnhofsoffensive St. Pölten einzustellen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Wer hat das behauptet?) Und dies, Herr Minister, ist neben der Einstellung der Güterzugumfahrung St. Pölten, neben der Einstellung der Mariazellerbahn der nächste grausliche Anschlag auf die Bevölkerung des niederösterreichischen Zentralraumes. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie streichen den ÖBB einfach 9 Milliarden Schilling und lehnen sich satt in Ihren Regierungssitz zurück. Herr Minister! Das ist eine nicht mehr zu überbietende Ignoranz.

Herr Minister! Sie verschleudern Milliarden Schilling an Steuergeldern der Österreicherinnen und Österreicher durch Ihre Baustopps. (Abg. Dr. Grollitsch: Ungeheuerlich! – Abg. Mag. Firlinger: Ganz schön dreist!) Und wenn man sich die von Ihnen eingestellten Baustellen Lainzer Tunnel und Güterzugumfahrung St. Pölten anschaut, dann kann man Sie, Herr Minister, mit Recht und mit gutem Gewissen als einen der größten Ruinenbauer Europas bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Investitionen zu verhindern, Baustellen und Bahnen einzustellen oder zu verscherbeln, ist keine hohe politische Kunst. Ich appelliere nochmals an Sie, Ihre Verfügung, die Güterzugumfahrung ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Abgeordneter. Bitte um den Schlusssatz!


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32. Sitzung / Seite 203

Abgeordneter Anton Heinzl
(fortsetzend): ... St. Pölten einzustellen, im Sinne einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik, insbesondere aber im Interesse der Bevölkerung zu überdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid. – Bitte.

18.02

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich berichtige nur, weil ich es einfach nicht zulassen kann, dass hier in einem doch, wie ich meine, wesentlichen Gremium Österreichs solche Unwahrheiten in den Raum gestellt werden. Ich habe mich klar und dezidiert geäußert. Herr Abgeordneter! Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Mariazellerbahn nicht eingestellt wird, was immer Sie draußen der Bevölkerung erzählen. Somit habe ich mich klipp und klar dazu geäußert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Von den Österreichischen Bundesbahnen wurde ein Antrag gestellt. Die Mitarbeiter der Bundesbahnen setzen sich nicht vorwiegend aus freiheitlichen Mandataren oder Parteigängern zusammen. Nehmen Sie auch das zur Kenntnis!

Ich habe nie und nimmer auch nur in einem Satz das Aussetzen der Renovierungsarbeiten im Rahmen der Bahnhofsoffensive St. Pölten erwähnt. Wenn Sie sich jetzt da herstellen, mir unterstellen, dass ich das nicht mache, sagen Sie die Unwahrheit. Und ich verbitte mir, dass hier so getan wird, als ob ich entsprechende Aussagen gemacht hätte, obwohl dies nie der Fall war. (Abg. Heinzl: Ja, das stimmt!)

Nehmen Sie abschließend zur Kenntnis: Dass ich der Ruinenbauer bin, damit muss ich leben. Das stimmt, ja, ich habe lauter Ruinen von Ihnen geerbt. Ich werde sie revitalisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte. (Abg. Dr. Grollitsch: Nichts ist zu dreckig! – Abg. Schwemlein: Seid nicht so wehleidig!)

18.04

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Am Wort ist Herr Abgeordneter Kukacka, bitte!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Kollegen von der SPÖ-Fraktion! Ich glaube, dieser unqualifizierte verkehrspolitische Rundumschlag kann wirklich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die sozialdemokratischen Verkehrsminister mit ihrer Verkehrspolitik jedenfalls ganz kläglich gescheitert sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir erinnern uns alle an die Pleite beim Semmering-Basistunnel. Wir erinnern uns an den völlig verunglückten Masterplan, den heute niemand mehr ernst nimmt, und wir sehen auch, dass gerade die Infrastrukturpolitik zu einer totalen Verschuldung dieses Staates mit beigetragen hat, meine Damen und Herren. Diese neue Regierung ist angetreten, diese Sanierungsfälle wieder in Ordnung zu bringen. Herr Kollege! Nehmen Sie das zur Kenntnis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Das sagen gerade Sie!)

Kollege Parnigoni – er ist ja geflüchtet nach seinen verunglückten Ausführungen –, du hast gesagt, wir würden 50 Milliarden Schilling aus der UMTS-Lizenz-Versteigerung erzielen und damit könnten verschiedene Projekte des Budgets finanziert werden. – Ich hoffe es. (Abg. Schwemlein: Er hat zitiert!) Ja, er hat zitiert. Aber wir können diese 50 Milliarden Schilling nur lukrieren, weil wir im Gegensatz zu den Vorschlägen der Sozialdemokraten eine Versteigerung dieser Lizenzen per Gesetz durchgesetzt haben, während Ihr einen Beauty-Contest machen


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32. Sitzung / Seite 204

wolltet, der maximal 5 bis 10 Milliarden Schilling gebracht hätte, meine Damen und Herren. So schaut die Wahrheit aus! Das zeigt nur, dass die Sozialdemokraten in diesem Haus keine Ahnung von Budget- und Finanzpolitik haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Man kann diese Güterzugumfahrung St. Pölten nur im Zusammenhang mit dem Gesamtausbau der Schieneninfrastruktur sehen und vor allem mit der Finanzierung dieses Ausbaus, meine Damen und Herren. Allein die Österreichischen Bundesbahnen sitzen auf einem Schuldenberg von 58 Milliarden Schilling, weil der Bund die ÖBB ermächtigt hat, für ihre Investitionen in die Infrastruktur Schulden zu machen. Aber damit wurden nicht etwa Infrastrukturprojekte realisiert, Herr Kollege Edler, sondern mit den Geldern aus dieser Verschuldung wurden die Gehälter der ÖBB-Bediensteten im Infrastrukturbereich bezahlt, meine Damen und Herren. Also wir haben Schulden gemacht, um die Gehälter der ÖBB-Bediensteten bezahlen zu können. Im Bereich der Infrastruktur ist null geschehen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch die Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft, also jene Gesellschaft, die den Ausbau der Schieneninfrastruktur finanzieren soll, hat bereits Verbindlichkeiten in Höhe von 35,5 Milliarden Schilling, und in den nächsten Jahren werden die Verbindlichkeiten noch weiter anwachsen, und zwar bis zu einer Höhe von rund 143 Milliarden Schilling. Meine Damen und Herren! Dafür wird auch in erster Linie der Steuerzahler haften, denn mit dem Schienenbenützungsentgelt in Höhe von 3,5 bis 4 Milliarden Schilling, das von den ÖBB bezahlt wird, werden wir nicht einmal den Zinsendienst leisten können, geschweige denn das Geld zurückzahlen können. So schaut’s aus!

Diese 143 Milliarden Schilling sind außerdem schon längst vergeben durch die entsprechenden Verordnungen des Verkehrsministers, das heißt, der Ausbau ganz wichtiger Strecken in Österreich ist überhaupt noch nicht enthalten in diesen 143 Milliarden Schilling, wie zum Beispiel der viergleisige Ausbau zwischen Wien und St. Pölten. Deshalb war es selbstverständlich richtig und notwendig, dass der Herr Minister hier gesagt hat: Stopp, so kann es nicht weitergehen. Wir verbauen einfach mehr oder minder blind einen Fleckerlteppich, der uns unheimlich viel Geld kostet, ohne dass wir einen verkehrspolitischen Nutzen daraus haben! Und er hat gesagt: Wir machen einen neuen Prioriätenplan! – Priorität hat für uns der viergleisige Ausbau der Westbahn, und erst dann müssen sich die anderen Projekte anstellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das macht Sinn. Das wäre auch längst notwendig gewesen. Alles andere wäre eine Fortsetzung der verfehlten sozialdemokratischen Verkehrspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Der Kukacka läuft in dieser Koalition zu der Form seines Lebens auf!)

18.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

18.09

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Wieder einmal bezeichnend: nackte Polemik von den Sozialdemokraten. Es ist nichts anderes zu erwarten. Wenn es um das Thema Eisenbahn geht, geht es doch darum, weiterhin zu vertuschen, was alles in der Vergangenheit nicht gemacht wurde. Wir sind das schon gewohnt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es ist meiner Ansicht nach auch bezeichnend, dass der Hauptruinenverantwortliche für diese Politik, Herr Bundesminister außer Dienst Abgeordneter Einem, der hier regelmäßig bei solchen Debatten schwänzt, fehlt, auch jetzt nicht anwesend ist. Meine Damen und Herren! Das ist bezeichnend für die Situation, und das ist auch zu verurteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das ist ein schlechtes Gewissen!)


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32. Sitzung / Seite 205

Irgendwo muss doch Kollege Einem ein sehr schlechtes Gewissen haben, und er möchte halt nicht dauernd mit dieser Situation konfrontiert werden. Es ist menschlich durchaus verständlich, nur ist es für die Politik nicht akzeptabel, dass man sich auf eine solche Art und Weise davor drückt, sich seiner Verantwortung entledigt, wie das Herr Kollege Einem macht. Er fehlt immer, wenn es hier sozusagen ans Eingemachte geht.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu dieser Besprechung der Anfragebeantwortung. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Kollege Edler, lass dir ein bisserl Zeit! Schon einzelne Fragen dieser Anfrage sind nackter Hohn, wie beispielsweise die Frage 4.

Zitat: "Sind Sie sich der Tatsache bewusst, dass Österreich, sollte diese Güterzugumfahrung nicht errichtet werden, in Zukunft umfahren werden wird und damit der Wirtschaftsstandort Österreich empfindliche Einbußen erleiden wird?" – Also bitte, solange nicht der viergleisige Ausbau dieser Strecke erfolgt, kann Österreich auch nicht umfahren werden. Allein diese Frage ist schon ... – Ich will das gar nicht weiter kommentieren.

Oder Frage 6 – meine Damen und Herren, das müssen Sie auf der Zunge zergehen lassen –:

"Hat Sie die Einladung zum Spatenstich der Güterzugumfahrung am Beginn Ihrer neuen Tätigkeit als Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erreicht, bzw. waren Sie bei der Spatenstichfeier nicht anwesend, weil Sie in der Einladung möglicherweise noch nicht persönlich genannt werden konnten?"

Solche Fragen werden bitte an einen Minister gerichtet! (Abg. Haigermoser: Wer hat das gefragt? – Parnigoni?) Meine Damen und Herren! Das ist doch letztklassig! Das ist wirklich letztklassig!

Ich möchte Ihnen aber auch nicht vorenthalten, was der Herr Bundesminister auf diese Frage geantwortet hat – ich zitiere –:

"Meine Teilnahme an Veranstaltungen wird nicht durch Eitelkeiten, sondern durch Notwendigkeiten bestimmt." – Jawohl, meine Damen und Herren, das ist eben die neue Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollege Parnigoni – oder wer immer diese Anfrage gemacht hat –: Das ist einfach peinlich! Das ist schlichtweg peinlich, und Sie sollten sich eigentlich für diesen Stil bei solchen Anfragen schämen. Sie haben nämlich schon in der Vergangenheit wesentlich bessere Anfragen produziert.

Was diese Umfahrung betrifft, meine Damen und Herren, gibt es umfangreiche Studien, die sehr fundiert sind, und zwar Studien von renommierten Instituten, so etwa von Ernst Basler & Partner. An der Erstellung dieser Studien haben namhafte Wissenschafter mitgewirkt, so zum Beispiel Ralf Chaumet, Peter Cerwenka, Manfred Bruns und so weiter. Da wurden Fragen gestellt, die ganz klar und eindeutig beantwortet wurden. Aus einer Studie vom Mai dieses Jahres geht auch das betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Verhältnis hervor. Bei der Strecke Raum Wien–St. Pölten zeigt sich ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von nur 0,2, im Bereich St. Pölten–Wels zeigt sich je nach Betrachtung ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 0,6 beziehungsweise in weiterer Folge ein solches von 1,3, das ist ein Vielfaches. Wissen Sie, warum dieser Wert, dieser Koeffizient so schlecht ist? – Er ist deshalb so schlecht, weil auf dieser Strecke Wien–St. Pölten die Güterzugumfahrung, die sehr teuer ist und deren Kapazität jetzt nicht unmittelbar ausgelastet wäre, enorm auf die Gesamtzahlen drückt. Und das hat der jetzt fehlende Bundesminister außer Dienst Einem auch schon gewusst, aber er hat es halt so treiben lassen. Wissen Sie, meine Damen und Herren, damit kann man eben keine seriöse Politik machen.

Der neue Bundesminister Michael Schmid hat ganz klare Prioritäten vorgegeben ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist erschöpft.


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32. Sitzung / Seite 206

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger
(fortsetzend): Wir werden daher zum Wohle der österreichischen Verkehrspolitik auch eine neue Weichenstellung vornehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte. (Abg. Wattaul: Immer Parteipolitik, und man bringt alles um! – Zwischenrufe des Abg. Edler. )

18.15

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wäre sehr froh, wenn die beiden Herren ihr Duell später fortsetzen würden. Aber wenn Sie weiterreden wollen, passt es auch; da kann man nichts machen.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Debatte findet vom Rednerpult aus statt. Ich bitte, das zu beachten!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Das ist schon klar. Nur: Die Herren waren so erregt, dass ich mir gedacht habe, es wird gefährlich. (Abg. Haigermoser: Es ist unwahr, dass wir "erregt" sind!)

Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Debatte um die Prioritätensetzung in Bezug auf die Bahnpolitik sind einerseits die Trasse Wien–St. Pölten, andererseits die Güterzugumfahrung St. Pölten natürlich schon auch als gesamtpolitische Weichenstellung im wahrsten Sinn des Wortes zu sehen, wie ja der Vorredner sehr deutlich gesagt hat. Wenn man sich das allerdings genauer anschaut, dann weiß man schon, wohin diese Weichen führen, nämlich letzten Endes auch ein bisserl aufs Abstellgleis.

Wir stehen – ich möchte das jetzt etwas näher ausführen – hier vor der Situation, dass natürlich in Bezug auf die viergleisige Westbahn Wien – St. Pölten noch nicht einmal de facto geklärt ist – außer das war in der letzten Woche, das könnte ja sein –, wo diese Trasse verläuft. Es ist alles offen, alles unklar, wie dieser Ausbau stattfinden soll, und das deutet natürlich auf einen unendlich langen Planungshorizont hin. (Abg. Wattaul: Wer war denn da schuld?)

Dieser lange Planungshorizont weckt natürlich auch den Verdacht, dass es da ja nicht so sehr darum geht, wirklich eine Priorität zu setzen, was ja irgendwo noch nachvollziehbar wäre, sondern man denkt sich, da untersuchen wir einmal sehr lange, das Geld sponsern wir inzwischen in den Straßenbau, und sowohl mit dem vierspurigen Ausbau der Westbahn als auch mit der Güterzugsumfahrung St. Pölten warten wir und schieben den Zug und damit auch die Westbahn letzten Endes auf das Abstellgleis. Das ist die große Gefahr, die ich sehe. Wenn der Herr Minister fähig wäre, diese Bedenken auszuräumen, dann würde, glaube ich, diese Diskussion schon ganz anders ausschauen. (Beifall bei den Grünen.)

Es kommt noch eines dazu: die Umbauten am Bahnhof St. Pölten. Dieser ist – ich muss es ehrlich sagen – wirklich kein Prachtstück der österreichischen Eisenbahnarchitektur, es ist nicht sehr interessant, zu wissen, wo er sich befindet. (Abg. Wattaul: Wer ist denn schuld?) Ich weiß, das liegt nicht in Ihrer Verantwortung, dass der noch immer nicht so ausschaut, dass man Leute in einem Werbeprospekt für die Benützung der ÖBB dort begeistern und hinschicken könnte, aber jetzt ist Herr Schmid Minister und hat der Bevölkerung gegenüber auch klarzulegen, wie denn jetzt die Planungshorizonte ausschauen. Denn eines ist klar: Wenn Sie wirklich die Westbahnstrecke so nutzen wollen, wie Sie sagen, dass Sie sie nutzen wollen, dann werden Sie auf Grund der Gegebenheiten am Bahnhof St. Pölten und auf Grund der Lage eine Güterzugumfahrung brauchen. Es wird schlicht und einfach nicht durch dieses Nadelöhr durchgehen, wenn die notwendigen Frequenzen da sind. (Abg. Wattaul: 30 Jahre haben Sie sich bedient bei der ÖBB!) Mein Gott, die Zwischenrufe sind wirklich wahnsinnig lästig! Reden wir doch nachher draußen drüber, oder?


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32. Sitzung / Seite 207

Aber eines wäre natürlich in diesem Zusammenhang schon auch zu berücksichtigen: Die Zugdichten auf der Westbahn zwischen Wien und St. Pölten sind heute schon enorm. Es gibt heute schon, und zwar wird das alles auf den Schultern der Pendler ausgetragen, enorme Wartezeiten, Verspätungen. Sogar das Intervall des Nachtzuges, mit dem ich sehr oft von Innsbruck nach Wien fahre, musste verlängert werden, weil man da auf dem Eck nicht mehr gescheit durchkommt. Und das gibt schon zu denken.

Herr Minister! Sie haben viele Sparnotwendigkeiten im Bereich der Bundesbahn geäußert. In Bezug auf die Straße waren die Sparvorschläge beziehungsweise die diesbezüglichen Anmerkungen wesentlich weniger konkret. Deswegen meine Frage: Sparen Sie nur bei der Schiene und bei der Straße nicht, um den motorisierten Verkehr weiterzuführen und Österreich ins Verkehrschaos zu bringen, oder sind Sie auch bereit, in einen sinnvollen öffentlichen Verkehr zu investieren, der als Einziger imstande ist, das zukünftige Verkehrschaos zu bewältigen? (Beifall bei den Grünen.)

18.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme nun die Verhandlungen über die Punkte 1 bis 3 der Tagesordnung betreffend Pensionsreform wieder auf.

Bevor die nächste Rednerin, Frau Abgeordnete Dr. Pittermann, zu Wort kommt, erteile ich Herrn Abgeordnetem Fritz Verzetnitsch zu einer tatsächlichen Berichtigung das Wort.

18.21

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister Bartenstein hat in der vorangegangenen Debatte die Feststellung getroffen, dass die ihm von mir überreichten Beispiele zur Pension nicht stimmen würden und dass es da eine falsche Berechnung gebe. (Abg. Böhacker: Stimmt das?)

Ich stelle richtig: Mein Beispiel, das auch Gegenstand der Diskussion im Sozialausschuss war, in welchem auch klargestellt worden ist, dass diese Beispiele stimmen, hat folgenden Inhalt: Frau Berger, verheiratet, Arbeiterin, derzeit 54 Jahre alt, erreicht in zweieinhalb Jahren ... (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich stelle tatsächlich richtig! Ich zitiere das Beispiel, das hier angesprochen worden ist. – Ich wiederhole: Frau Berger erreicht in zweieinhalb Jahren 37,5 Versicherungsjahre und damit die Voraussetzung für den Bezug einer vorzeitigen Alterspension. (Abg. Dr. Ofner: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Nach dem derzeit geltenden Recht erhält diese Frau 10 200 S Alterspension, nach dem neuen Recht 9 675 S. Das ist eine Kürzung um 7 300 S per anno. Mein Beispiel stimmt also! (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

18.22

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Die Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Undemokratisch knallen die Regierungsparteien knapp vor dem Sozialausschuss, das Begutachtungsverfahren umgehend, gravierende Abänderungsanträge hin, um Ambulanzgebühren einzuführen, und zwar auch für Sozialversicherungsambulanzen.

Sie höhlen die Demokratie aus. Wie schwach sind Regierende, die solche Mittel benötigen! Nur Schwächlinge sind autoritär, missachten demokratische Strukturen und diskutieren nicht.


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32. Sitzung / Seite 208

Die Regelungen für die Witwen der Verfassungsrichter sind unklar. Eine Kanzlerwitwe hat eine höhere Witwenpension als eine Person, wo vorher beide Partner Höchstbeitragsgrundlage hatten. 100 000 S Witwenpension sind ein besserer Ehekitt als katholischer Glaube.

Die berufstätige Witwe mit vorher gleichem Familieneinkommen erhält keine Witwenpension.

Die Ambulanzgebühren verschlechtern die Gesundheit, verursachen Verwaltungsaufwand. Krankenscheingebühren bleiben. Nicht pro Quartal, pro Besuch wird die Gebühr fällig. Die zur Administration nötigen EDV-Systeme muss der Finanzminister bezahlen. Zur Erzielung besserer Erlöse nehmen Ordensspitäler ambulant behandelbare Patienten auf; aus Gründen der Rechtssicherheit wird die Zahl der Aufnahmen steigen. Alle Verantwortung liegt bei den Ärzten. Die Dokumentation wird, da die Gebühr im folgenden Jahr fällig ist, gigantisch. Alleinerhalter zahlen einige tausend Schilling im Jänner. Öffentliche Ambulatorien werden zugedreht, private Ambulatorien lukrieren, die Wirtschaftskammer gewinnt. Die Qualität der Niedergelassenen ist nicht höher. Klinisch vermutbare Mammakarzinome werden übersehen. Private Gewinnmaximierer verursachten die Hepatitis C-Seuche gesunder Plasmaspender. (Abg. Fischl: Wer sagt das?)

Neben dem Leid der Betroffenen tragen die Kosten Steuerzahler und Krankenversicherte. Das ist mehr Privat und weniger Staat. Selbstbehalte für Alkoholisierung – welche planen Sie noch? Verbieten Sie eben die Ausschank an Minderjährige und Alkoholisierte!

Keine Basisversorgung mehr der Patienten bei vertragslosen Zuständen durch Vernichtung der Sozialversicherungseinrichtungen. Die Sozialversicherung wird erpressbar von Ärztekammerbeamten und Funktionären.

Routil drohte selbst seinen Ärzten Disziplinarmaßnahmen an, sollten sie seine Honorarrichtlinien nicht einhalten. Medizinethik – ein Unterrichtsfach für Kammerfunktionäre.

Die Sozialversicherung muss Patienten ihre Behandlungskosten mitteilen. Wer kennt denn die des Spitalsaufenthaltes? Bei gleicher Leistung sind die tatsächlichen Kosten der Spitalsambulanzen günstiger, da Personal und Infrastruktur für stationäre Patienten vorhanden sind.

Sie verlangen Unmögliches! Die Sozialversicherungen sollen scheitern. Ihrer Ideologie entspricht es nicht, bei den Heilmittelkosten einzugreifen. Die 2,5 Milliarden Schilling an Einsparung dabei sind Utopie. Die mit 900 Millionen Schilling veranschlagte Anhebung der Rezeptgebühr wird aufgewogen durch die um 900 Millionen Schilling geringeren Beiträge von Arbeiter-Arbeitgebern.

Sie wollen Versicherungspflicht! Durch das Bezügebegrenzungsgesetz sind ihre Einkünfte bei den Kammern limitiert. In die Versicherungen hat der Rechnungshof kein Einschaurecht – ein weites Feld an Möglichkeiten. (Abg. Dr. Pumberger: Das können Sie nicht selbst geschrieben haben!)

Nur für Organspender gibt es Gebührenbefreiung, nicht für Organempfänger. Wer behauptet, diese Leistung zu erbringen, ist Gewinner. Qualität ist Nebensache. Dieses grausame und gesundheitsschädliche Gesetz zerschlägt unser Gesundheitssystem, verursacht Ärzten und Sozialversicherungen Gewissenskonflikte und Aufwand.

Aus Zeitökonomie bleiben meine Ausführungen unvollständig. Wir lehnen diese Bestrafung Kranker und das Verlassen der Solidarität ab! (Beifall bei der SPÖ.)

18.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Herr Bundesminister! Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm zu einer nachhal


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32. Sitzung / Seite 209

tigen Sanierung der gesetzlichen Pensionsversicherung bekannt. Ein wesentlicher Grund für diese Maßnahme war, das Vertrauen der jüngeren Generation in die gesetzliche Altersvorsorge zu erhalten. Dass es Finanzierungsprobleme im österreichischen Pensionssystem gibt, ist seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt. Alle Studien und Gutachten, die zwischen dem Jahr 1991 und dem Jahr 2000 erstellt wurden, zeigen ein Hauptproblem deutlich auf, nämlich ein im internationalen Vergleich viel zu niedriges Pensionsantrittsalter in Österreich bei steigender Lebenserwartung und einem drastischen Geburtenrückgang.

Die bisher eingeleiteten Pensionsreformen haben, wie wir alle wissen, diese Probleme nicht endgültig lösen können. Es ist deshalb unumgänglich – und darin sind sich alle Fachleute, auch über Parteigrenzen hinweg, einig –, rasch weitere Maßnahmen zur Sicherung der Altersvorsorge zu treffen.

Mittelfristig wird es notwendig sein, die Pensionssysteme zu vereinheitlichen und auf ein Drei-Säulen-Modell, das international bereits erprobt ist, umzustellen (Beifall bei den Freiheitlichen), und zwar auf ein Modell mit einer staatlichen Grundversorgung, einer steuerlich geförderten Betriebsvorsorge und einer unverzichtbaren eigenständigen Eigenvorsorge.

Wir alle wissen, dass die langfristige Sicherung des Pensionssystems nicht in einem Schritt und auch nicht mit einem einzigen Gesetz, wie dem heute zu beschließenden, erfolgen kann. Weitere Maßnahmen werden in den nächsten Jahren zweifellos folgen müssen.

Da die Gesamtausgaben der Pensionsversicherung von Jahr zu Jahr steigen, obwohl sich die Schere zwischen der Zahl der Erwerbsfähigen und der Zahl der Pensionisten noch nicht wirklich geöffnet hat, ist rasches Handeln unvermeidlich. Jedes Zuwarten hätte zur Folge, dass die notwendigen Sanierungsmaßnahmen später umso einschneidender und härter hätten ausfallen müssen.

Bedenken Sie, nach einem Gutachten des Beirates für Renten- und Pensionsanpassung würden die staatlichen Zuschüsse zu einer Pensionsversicherung geradezu explodieren, würde die Bundesregierung nicht gegensteuern, und zwar von 63 Milliarden Schilling im Jahr 1999 auf 70 Milliarden Schilling im Jahr 2001, auf 83 Milliarden Schilling im Jahr 2003 und schließlich auf unfassbare 90 Milliarden Schilling im Jahr 2004. Das ginge eindeutig zu Lasten der Arbeitenden und der Erwerbsfähigen und wäre von staatlicher Seite her sicher nicht mehr finanzierbar.

Zu zwei Argumenten, die immer wieder vorgebracht werden, möchte ich auch kurz Stellung nehmen, nämlich zum Argument Lebensplanung und zur so genannten Verletzung des Vertrauensschutzes durch plötzlich eintretende Eingriffe in so genannte wohlerworbene Rechte.

Meine Damen und Herren! Schon in den vergangenen zwölf Jahren konnten die Österreicher ihre Lebensplanung nicht auf die unveränderte Beibehaltung geltender Rechte im Pensionssystem ausrichten, vielmehr hat der Gesetzgeber schon in diesem Zeitraum durch drei Reformen ganz eklatant in diesen Bereich eingegriffen.

Wenn Sie schon das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, Aktenzahl G 172/99-8, strapazieren, dann muss man auch darauf hinweisen, dass es der Verfassungsgerichtshof der Bundesregierung selbstverständlich freistellt, die Rechtslage für die Zukunft anders zu gestalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Er ist ein erster Schritt, um die Stabilität und die Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems längerfristig zu sichern. Alles andere, meine Damen und Herren, wäre eine Vogel-Strauß-Politik, für die wir nicht zu haben sind! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Bitte jetzt wenig Parteipolitik!)

18.31

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte einige Anmerkungen zum Pensionsgesetz der Beamten machen, vorerst aber einige Bemerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner.


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32. Sitzung / Seite 210

Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sie haben in Ihren Ausführungen gemeint, dass die Gewerkschaften Vorfeldorganisationen der SPÖ seien. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Meine Gewerkschaft lehnt diese Pensionsreform einstimmig ab – es muss mir entgangen sein, sollte es anders sein –, und was "einstimmig" heisst, das wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn Sie kennen die Mehrheitsverhältnisse in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Das kann also nicht nur mit den Stimmen der Kollegen der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter geschehen sein, sondern muss auch mit den Stimmen sämtlicher Christgewerkschafter erfolgt sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden ja sehen, wie die Freunde des ÖAAB hier bei der Abstimmung vorgehen werden. Sie wissen genau, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Reform alles andere als sozial ausgewogen ist, und unsere Argumente lauteten, dass die Verfassungsmäßigkeit dieser Reform mehr als unsicher ist. Wir wissen seit einigen Tagen, dass es diesbezüglich auch eindeutige Gutachten gibt.

Diese Pensionsreform ist nicht sozial ausgewogen, und es gibt widersprüchliche Regelungen darin. Es sind alle unsere Vorschläge missachtet worden. (Zwischenbemerkung von Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. )

Das sind nicht meine Ausführungen, Frau Vizekanzlerin, sondern das sind Aussagen der Gesamtgewerkschaft, und über den Verhandlungsablauf möchte ich mich hier nicht weiter verbreitern. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz. )

Herr Staatssekretär! Sie können sicher sein, dass sich die Gewerkschaften nicht auseinander dividieren lassen. Es gibt zentrale Fragen, und diese werden wir im Interesse der Kolleginnen und Kollegen gemeinsam zu lösen versuchen. (Abg. Dr. Martin Graf: Ich bin auch bei einer Gewerkschaft, aber mich hat niemand gefragt!)

Ich möchte – auch wenn Sie immer dazwischenschreien, es wird das Ganze nicht besser – nur anhand eines einzigen Beispiels die Frage der sozialen Gerechtigkeit beleuchten. Ziehen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation einer Kollegin oder eines Kollegin aus der Exekutive als Beispiel heran. Wenn ein Exekutivbeamter länger als einen Monat in den Krankenstand gehen muss – und das kann passieren –, dann verliert er ungefähr ein Drittel seines Monatsbezuges. Ich habe bei den Verhandlungen mehrmals darauf hingewiesen. Und jetzt wird ihm durch dieses Gesetz, wenn er das Pech hat, sechs Monate krank zu sein, noch einmal ein Drittel des Monatsbezuges weggenommen, und das bei einem Monatseinkommen von zirka 27 000 S oder 28 000 S. Ein Drittel des Monatsgehaltes verliert er, wenn er einen Monat in Krankenstand ist, das zweite Drittel verliert er, wenn er das Pech hat, länger als sechs Monate im Krankenstand zu sein. (Abg. Dr. Feurstein: Wie ist das mit den Überstunden?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Mertel, Pendl und Genossen zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (175 d. B.) betreffend das Pensionsreformgesetz 2000 (259 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, allfällige Vollzugsdefizite bei der Kontrolle von mehrmonatigen Krankenständen zu beseitigen und im Bundespensionsamt alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Gutachten über die Erwerbsunfähigkeit innerhalb weniger Wochen abgegeben werden können.

*****


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32. Sitzung / Seite 211

Ich bringe weiters folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Mertel, Pendl und Genossen zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 175 d. B. (Pensionsreformgesetz 2000) (259 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 Z 2 entfällt.

2. In Art. 1 Z 9 entfällt § 236b sowie in § 236c die Wortfolge "und in § 15a Abs. 1 Z 1".

3. In Art. 1 Z 10 entfallen die Ausdrücke "§ 15a samt Überschrift," und "und 236b".

4. In Art. 2 Z 8 entfallen die Ausdrücke "§ 13c samt Überschrift," und "§ 22 Abs. 2".

5. In Art. 3 entfallen die Z 10 und 26.

6. Art. 6 Z 3 entfällt.

7. In Art. 7 entfällt die Z 3.

8. Art. 13 und 14 entfallen.

*****

Ich darf folgenden weiteren Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Mertel, Pendl und Genossen zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 175 d. B. (Pensionsreformgesetz 2000 (259 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Art 2 Z 5 wird dem § 83a Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Die Zeit zwischen dem Ablauf des Monats, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollenden wird, und dem Ablauf des Tages, zu dem der Beamte frühestens seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung hätte bewirken können, ist bei der Ermittlung des Ausmaßes der Kürzung der Ruhebemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen."

2. Art 2 Z 7 entfällt.

*****

Diese Abänderung soll garantieren, dass die Regelungen im Exekutiverschwernisgesetz so bleiben, wie sie derzeit sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen ein, diesen beiden Abänderungsanträgen und diesem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


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32. Sitzung / Seite 212

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Die soeben vorgetragenen Anträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

18.38

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, hat ein weiser Politikerkollege gemeint. (Abg. Öllinger: Nein, das war Bachmann! – Abg. Böhacker: Aber auch ein Politiker hat das gesagt!) Dieser Satz trifft für kein anderes Thema mehr zu als für das Pensionsthema.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben schon verstanden – und wir haben es heute schon des Öfteren gehört –: Wenn alle immer kürzer arbeiten, immer früher in Pension gehen und Gott sei Dank immer länger leben beziehungsweise immer gesünder alt werden, dann geht sich das früher oder später nicht mehr aus.

Der ehemalige Finanzminister Edlinger hat eigentlich immer den Eindruck erweckt, es sei eher später denn früher. Sehr viele Experten und der jetzige Finanzminister Grasser meinen allerdings, dass der Kollaps unseres Pensionssystems schon sehr bald droht, wenn wir nicht endlich handeln. Die Menschen draußen wissen das, und sie wissen das, wie ich meine, sogar schon sehr lange. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren von der Opposition! Glauben Sie mir daher: Mit dem Pensionsthema lässt sich kein politisches Kleingeld mehr wechseln! Auch wenn Sie noch so sehr gegen die geplanten Pensionsanpassungen Sturm laufen, die Österreicher und Österreicherinnen glauben Ihnen nicht mehr! Auch wenn Sie noch so sehr ablenken, die Grundzusammenhänge können auch Sie nicht leugnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn wir im Durchschnitt immer länger leben, was, wie gesagt, erfreulicherweise der Fall ist, dann müssen wir auch das Pensionsantrittsalter hinaufsetzen; das muss uns klar sein. Das wollte die SPÖ laut Koalitionsplan mit uns machen, und wir machen es jetzt mit der Freiheitlichen Partei. (Abg. Böhacker: Aber nur um 18 Monate!) Wir müssten, wie Professor Streissler es kürzlich geschrieben hat, rund doppelt so lange arbeiten, wie wir danach in Pension sind. Warum diese Grundwahrheit plötzlich nicht mehr gelten soll, nur weil die SPÖ in Opposition ist, das verstehe ich einfach nicht.

Zweite Grundwahrheit: Pensionsprivilegien werden nicht mehr lange zu halten sein. Auch wenn die Bahngewerkschaft jetzt nicht nachgegeben hat, die Vernünftigen werden es sehr bald einsehen, und zwar nicht deswegen, weil die ÖVP oder die FPÖ so wild entschlossen sind, sondern ganz einfach deswegen, weil die jungen Kollegen nicht mehr mitspielen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da schaue ich mir dann im Falle eines wirklichen Bahnstreiks an, wie die jungen ÖBBler, die dann frühestens mit einundsechzigeinhalb Jahren in Pension gehen können, für ihre älteren Kollegen auf die Barrikaden steigen, damit diese schon mit 53 Jahren den Bleistift hinlegen können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Was sagt da der Edler dazu?)

Drittens – das wurde bereits mehrfach nachgerechnet – wäre unser Pensionssystem sofort sanierbar, wenn wir nicht im Schnitt mit 57 Jahren in Pension gingen, sondern erst mit 65 Jahren. (Abg. Dr. Martin Graf: Der Edler hat den Bleistift nie in die Hand genommen!) Umgekehrt heißt das aber auch: Wir könnten das tatsächliche Pensionsantrittsalter eigentlich freigeben. (Abg. Gaugg: Bist du schon in Pension, Edler?) Die Abschläge für jedes Jahr früher in Pension müssten allerdings den tatsächlichen Kosten entsprechen. Ein Jahr weniger Arbeit, ein Jahr länger in Pension, das ergibt einen ganz bestimmten Preis; diesen Preis müsste man dann auch bei einem früheren freiwilligen Pensionsantritt bezahlen.


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32. Sitzung / Seite 213

Viertens müssten wir den heute 40- bis 45-Jährigen sagen, dass sie sich auf ein Regelpensionsalter von mindestens 65 Jahren einstellen müssen – nicht weil die Regierung so böse und unsozial ist, sondern weil unser Gesundheitszustand besser wird und damit unsere Lebenserwartung permanent ansteigt. Die Medizin ist einfach zu gut geworden, wir haben diese Entwicklung verschlafen. Das entspricht auch jüngsten statistischen Untersuchungen. Fast zwei Drittel aller 60- bis 65-jährigen Männer fühlen sich gesund beziehungsweise sehr gesund. Allerdings arbeiten von diesen Gesunden und sehr Gesunden nur noch sieben Prozent.

Geschätzte Damen und Herren! Ein späteres Pensionsantrittsalter ist keineswegs unsozial. Es sichert – ganz im Gegenteil! – den sozialen Frieden und die Zukunft der jüngeren Generation. Glauben Sie mir: Jedes Jahr, das wir an Reformen versäumen, wird uns doppelt und dreifach auf den Kopf fallen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

18.43

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollegin Lentsch macht sich Sorgen um die Solidarität unter den Eisenbahnern. Kollegin, Sie brauchen sich darum keine Sorgen zu machen, denn die Solidarität unter den Eisenbahner ist vorhanden. Ich werde das noch begründen.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank – und das geht auch an die Adresse der Regierungsparteien –, Reformen durch eine Regierung durchzuführen, ist legitim. Sie ist auch dazu aufgefordert, überhaupt keine Frage. Aber zu der Art und Weise, wie Sie diese Reformen ansetzen, muss ich sagen: Sie verlassen den Weg der Sozialpartnerschaft, des Konsenses, der Österreich in der Welt ausgezeichnet hat. (Beifall bei der SPÖ.) Sie nehmen die Gefahr in Kauf, dass der soziale Friede nicht gewahrt bleibt, sondern es in Österreich ständig zur gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen kommt. Das wäre nicht notwendig. (Abg. Haigermoser: Lass die Parteipolitik weg! Das ist kein Thema!)

Was die Eisenbahner betrifft: Die Eisenbahner haben offiziell bis dato überhaupt keinen Entwurf über die Änderung ihres Pensionsrechtes erhalten. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Auch dieser Abänderungsantrag ist in Wirklichkeit ein demokratiepolitischer Skandal, meine Damen und Herren! Bei den Schlussberatungen im Plenum 30 Seiten als Abänderung zum Pensionsrecht einzubringen, ist ein demokratiepolitischer Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Haigermoser! Ich wäre vorsichtig mit Zwischenrufen. Wir haben uns das angesehen: Jeder vierte Eisenbahner – ich sage das politisch – hat leider, da sie enttäuscht sind, bei der letzten Wahl die FPÖ gewählt. (Abg. Haigermoser: Ich habe nichts gegen die Eisenbahner!) Diese kommen aber heute zu uns. Kollege Gaugg ist jetzt nicht da, er hat die Eisenbahner in Villach am Bahnhof besucht. Dr. Haider hat sie in Linz und wahrscheinlich vielfach in Kärnten besucht und hat vieles versprochen. Hier sitzen drei, vier Mandatare auf Grund dessen, weil die Eisenbahner – auch die Pensionisten – die FPÖ gewählt haben. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Haigermoser. ) Diese Wähler verlassen die FPÖ wieder, sie kommen zu uns zurück; aber nicht nur die Eisenbahner, sondern auch viele Kolleginnen und Kollegen, die ArbeiterInnen oder kleine Angestellte sind. Sie von der FPÖ verlieren diese Wählerschaft sicher wieder! (Zwischenrufe der Abgeordneten Neudeck und Fischl. )

Sie prangern gewisse Berufsgruppen an: die Hausbesorger, die Lehrer, die Beamten – und nun die Eisenbahner. (Abg. Haigermoser: Das ist nicht wahr!) Meine Damen und Herren! Das ist bedauerlich, das ist sicherlich politisch motiviert auf Grund der Ergebnisse der Arbeiterkammerwahl, bei der Sie sehr enttäuscht worden sind. Das tut mir Leid.

Die Frau Vizekanzler hat auch die Pendler in Bezug auf Pensionsreform und Solidarität angesprochen. Frau Vizekanzler! Sie müssten ganz genau wissen, dass die Pendler derzeit die Zeche für Ihre Politik, für Ihre Verkehrspolitik zahlen. Der zuständige Bundesminister ist momentan nicht anwesend, aber dass auf Grund der Kürzungen die Verkehrsunternehmungen darauf


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angewiesen sind, die Tarife wesentlich zu erhöhen und es dadurch zu Verschlechterungen für die Pendler gekommen ist, ist klar.

Was die Eisenbahner betrifft: Da ist immer vom berüchtigten Privileg die Rede. Was haben die Eisenbahner nicht, was andere haben? Wir haben keine 40-Stunden-Woche. (Abg. Haiger


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moser: Das ist wirklich parteipolitisch!) Unsere Kolleginnen und Kollegen müssen bis 45 Stunden arbeiten. Ich persönlich war im Fahrdienst: Pflichtleistung 176 Stunden (Abg. Dr. Martin Graf: In der Woche?), vielfach 280 Stunden bis 300 Stunden haben diese Kolleginnen und Kollegen im Außendienst erbracht, diese Leistungen aber nicht angerechnet erhalten. (Abg. Haigermoser: Die wird auch anerkannt, die Leistung!)

Wir zahlen einen höheren Pensionsbeitrag – vier Prozent –, die Pensionisten bezahlen einen Pensionssicherungsbeitrag. Wir zahlen eine Arbeitslosenversicherung, während die Beamten, die Eisenbahner nach dem Dienstrecht überhaupt nicht arbeitslos werden können. Das spielt bei Ihnen überhaupt keine Rolle.

Die Tat, durch welche Sie den größten Vertrauens- und Vertragsbruch begehen, ist, dass Sie Privatverträge außer Kraft setzen. Bis dato haben die Eisenbahner alle Reformen mitgetragen, analog mit Ihrem Vorschlag verhandelt, auch die Reform 1997. Und der ehemalige Regierungspartner ÖVP beziehungsweise der damalige Vizekanzler und jetzige Bundeskanzler und Minister Molterer als Mitverhandler haben gesagt, mit der Lösung 1997 sei das Pensionsrecht der Eisenbahner langfristig gesichert.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Vertragsbruch, und Sie werden die politische Zeche dafür bezahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. (Abg. Dr. Martin Graf: Immer dieser Vranitzky-Brief!)

18.48

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Herr Kollege Edler! Wer hat denn vor den Wahlen einen Brief an die Pensionisten geschrieben und gesagt, die Pensionen seien gesichert, da werde nichts gekürzt? Wer hat denn diesen Brief geschrieben? – und kaum, dass Sie wieder im Regierungsamt waren, wurden die Pensionen gekürzt! – Das war doch Ihr ehemaliger Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie haben wirklich ein schlechtes Gedächtnis, Herr Kollege Edler. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo waren da die Eisenbahner?)

Wo waren da die Eisenbahner? Und überhaupt: Sie nehmen die Gesamtheit der Eisenbahner in Geiselhaft der SPÖ. Ich meine, das sind nicht so einfach Ihre Wähler. So einfach ist das nicht. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Zwischenruf des Abg. Edler.  – Abg. Dr. Martin Graf: Was habt ihr für Spitzel, dass ihr wisst, wie die Eisenbahner wählen?)

Frau Kollegin Mertel! – Leider Gottes ist sie jetzt nicht da. Frau Kollegin Mertel hat heute einen ganz interessanten Debattenbeitrag gebracht, und zwar hat sie das ungerechte und unterschiedliche Pensionssystem, das in Österreich herrscht, angeprangert. – Zu Recht! Es gibt ein unterschiedliches und gleichzeitig ungerechtes Pensionssystem. Aber wer ist bitte für dieses Pensionssystem verantwortlich? (Abg. Edler: Die Regierung!) Wer ist dafür verantwortlich, dass wir 28 verschiedene Sozialversicherungsanstalten mit einem unbeschreiblichen Bürokratieaufwand haben? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Seit 50 Jahren!) Wer ist dafür verantwortlich, dass es 1 Million Arme in diesem Land gibt? (Rufe bei den Freiheitlichen: Wer?) Und wer ist dafür verantwortlich, dass wir heute ein Budgetdesaster im Ausmaß von 1,6 Billionen Schilling haben? – Ich frage mich wirklich, wer dafür verantwortlich ist.

Nun zu den unterschiedlichen Pensionssystemen. Ja! Es ist unser Ziel, und es ist das Ziel dieser Bundesregierung, das Pensionssystem zu sichern und gerechter zu machen. (Abg. Haigermoser: Nachhaltig!) Und genau deshalb sind die Maßnahmen, die wir heute beschließen, einfach notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem halben Jahr Regierungstätigkeit, Herr Kollege Edler – so gerecht müssen auch Sie sein –, kann man nicht den ganzen Schutt wegräumen, den Sie in 30 Jahren angehäuft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler. ) Und was kommt statt konstruktiver Vorschläge von der SPÖ? – Ihr Ziel ist die Spaltung der Gesellschaft in Österreich. Aus diesem Grund organisieren Sie Demonstrationen. Sie wollen diese Gesellschaft spalten. Ihrer Vorstellung nach sind da die Arbeiter und die Angestellten, und dort sind die reichen Gewerbetreibenden, die Großgrundbesitzer, die Hausbesitzer und die Bauern.

Eines kann ich Ihnen aber sagen: Das wird nicht funktionieren, die Leute durchschauen das. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. ) Wenn wir schon bei den Bauern sind, Frau Kollegin Bauer: Zwei Drittel der Bauern in Österreich sind auch Arbeiter, Angestellte und Gewerbetreibende, das heißt, sie sind genauso Arbeitnehmer, von denen Sie glauben, dass das Ihre Klientel ist. Ihre Propaganda, Frau Kollegin Bauer, verfehlt genauso ihr Ziel wie die von Ihnen bestellten Sanktionen. Der Schuss wird nach hinten losgehen, und Sie spüren das schon. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Ich muss gestehen, ich muss wirklich gestehen, dass es auch mir schwer fällt, dieser Gesetzesnovelle zuzustimmen, und zwar deshalb, weil sie eine Berufsgruppe trifft, die in den letzten fünf Jahren einen realen Einkommensverlust von 30 Prozent zu verzeichnen hatte, eine Berufsgruppe, die mit 6 700 S Durchschnittspension das absolute Schlusslicht aller Berufsgruppen in Österreich ist, eine Berufsgruppe, die nachweislich den schlechtesten Gesundheitszustand hat, eine Berufsgruppe, die außerdem so gut wie keinen Berufsschutz hat, im Unterschied zu anderen Berufsgruppen, den Angestellten und Arbeitnehmern.

Trotzdem werden wir dieser Gesetzesnovelle und diesem Gesetz zustimmen, weil es die einzige Möglichkeit ist, die bestehenden Pensionen und die Pensionen der kommenden Generationen zu sichern. Dazu sind wir verpflichtet! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Das war wohltuend! Ohne Parteipolitik und sachlich! Nimm dir ein Beispiel, Edler!)

18.53

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Über die Notwendigkeit und den Inhalt dieser heute zu beschließenden Pensionsreform wurde schon ausführlich gesprochen. Es geht letztendlich darum, unser System der Altersvorsorge auch für die nächsten Generationen zu sichern. Ich möchte nun einige Worte über die Vorgangsweise, die tatsächlich Neues beinhaltet, verlieren.

Kollege Edler hat diesmal zwar nicht den Fehler gemacht, mich direkt anzusprechen, ich möchte aber trotzdem auf seinen Redebeitrag und auf die Sozialpartnerschaft eingehen. Tatsächlich war es so, dass ein ganz wesentlicher institutioneller Vertreter der Sozialpartnerschaft, nämlich der Österreichische Gewerkschaftsbund, mit seiner Führungsspitze – und in seinem Gefolge auch die Arbeiterkammer – hiebei nicht mitgewirkt und abgewartet hat, ob denn eine solche Reform zustande kommen kann. (Abg. Verzetnitsch: Kollege Tancsits! Du weißt ganz genau, dass ...!)

Und tatsächlich: Heute ist sie da. Es war sogar so, dass in der Sitzung des Sozialausschusses von vergangenem Freitag, als wir nachgefragt haben, wo denn die Gegenvorschläge und die berechenbaren Alternativen seien, wo denn die tatsächlichen Ungereimtheiten seien, die noch auszuräumen wären, wo denn die Sanierung der Krankenversicherung liege, die Ausflucht gewählt wurde, den Schluss der Debatte zu verlangen.


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Ich weiß schon, dass es angeblich Konzepte gibt, die die Gesundheit der Österreicher betreffen. Dann hätten wir statt der Pensionsreform wahrscheinlich so wie in China jeden Tag ein bisschen Turnen und vielleicht kontrolliertes Müsli-Essen im Programm. Damit hätten wir uns 10 Milliarden Schilling der Pensionsreform ersparen können. (Abg. Silhavy: Ein Horror!)

Meine Damen und Herren! Aber durch dieses bewusste Zurücknehmen der sozialpartnerschaftlichen Institutionen ist im Laufe dieser Pensionsreform eine neue Qualität der parlamentarischen Auseinandersetzung mit in die Diskussion gekommen. (Abg. Silhavy: Abänderungsanträge! Seitenweise! Sie sollten sich schämen!) Die Arbeitnehmervertreter der Österreichischen Volkspartei und auch der Freiheitlichen haben in Verhandlungen mit den Vertretern der Regierung genau jene Maßnahmen erwirkt und getroffen (Abg. Riepl: Drüberfahren!), die diese Pensionsreform für die betroffenen Arbeitnehmer sozial abfedern und den Vertrauensschutz bilden. (Zwischenruf des Abg. Eder.  – Abg. Silhavy: Sieht das der Dinkhauser auch so?)

Meine Damen und Herren! Ich weise darauf hin, dass wir etwa mit der Härteklausel, der Härtefallregelung, alle möglichen Fälle, die auftreten können, im Wirkungsbereich der Selbstverwaltung abgefedert, abgesichert haben und dort die entsprechende Dotierung geschaffen haben. (Abg. Silhavy: Es werden ja keine Pensionen ...! Wir brauchen keine Härteklauseln!) Ich weise darauf hin, dass wir mit dem Inkrafttreten erst für jene, die noch nicht in einem aufgelösten Arbeitsverhältnis sind, den Vertrauensschutz voll gewahrt haben, und ich weise weiters darauf hin, dass das volle Paket des Arbeitnehmerschutzes, des Schutzes für ältere Arbeitnehmer mit 1. Juli in Kraft tritt. Damit ist die Sicherheit gegeben, dass die betroffenen älteren Menschen tatsächlich weiter beschäftigt werden.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht nur eine notwendige, schrittweise und moderate Pensionsreform. Sie verschweigen nämlich, dass ab 1. Oktober das Pensionsantrittsalter nicht um anderthalb Jahre erhöht wird, sondern nur um zwei Monate, wofür wir die entsprechenden Begleitmaßnahmen geschaffen haben. Diese Pensionsreform kann sich sehen lassen, und wir können sie gegenüber den Arbeitnehmern in diesem Land auch jederzeit vertreten. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner: Endlich ein Jugendvertreter! Das ist richtig wohltuend! Berufsjugendlicher auf Lebenszeit!)

18.58

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 ist, wie ich meine, ein sehr wichtiger Reformschritt, vor allem die Pensionsreform, die darin enthalten ist, ist dringend notwendig. Diese Pensionsreform ist deshalb so dringend notwendig, weil es einfach unsere Pflicht ist, auch den jüngeren Generationen eine Altersvorsorge zu sichern.

Das derzeitige System – das wissen Sie alle ganz genau – ist nicht mehr finanzierbar. Es gibt einfach Fakten, die zur Reaktion und zur Vorsorge nötigen. Da gibt es den demographischen Wandel, dem wir gegenüberstehen, die Alterspyramide kehrt sich um. Die Lebenserwartung steigt Gott sei Dank, aber leider sinkt auch die Geburtenrate stetig. Wir sind außerdem vor allem mit dem Sinken des faktischen Pensionsantrittsalters konfrontiert. All das zusammen sind einfach Realitäten, die wir ernst nehmen müssen. Da hilft es nichts, wenn man die Augen zumacht und wegschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Politik muss Verantwortung übernehmen, sie muss auch Verantwortung für die jungen Menschen übernehmen. Wir alle wissen, dass dieser Reformbedarf im Rentensystem immens groß ist. Es begrüßen daher auch alle namhaften Experten, die in diesem Bereich tätig sind, diese Schritte der Bundesregierung, doch sie sagen auch eines ganz klar: Diese Schritte kommen zu spät.


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Die SPÖ hat auch hier viel zu lange zugesehen, hat Reformen verschlafen und hat damit leichtsinnig die zukünftige Altersvorsorge aufs Spiel gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Diese Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, auch in diesem Bereich Ihre Versäumnisse zu korrigieren. (Abg. Silhavy: Mit einer Umverteilungspolitik!)

Mittlerweile wissen ja auch Ihre Kollegen, werte Frau Abgeordnete, dass der Reformbedarf sehr groß ist, denn die SPÖ und vor allem ihr ehemaliger Finanzminister Edlinger haben ja eine Anhebung des Frühpensionsantrittsalters um zwei Jahre gefordert. Wir waren der Meinung, Frau Kollegin, dass das zu viel ist und dass das wirklich sozial nicht verträglich ist. Wir haben einfach Ihre Vorhaben entschärfen müssen, Frau Kollegin. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Bundesregierung ist es gelungen, das Auslangen mit einer Anhebung um 18 Monate zu finden, und dieser Bundesregierung ist es auch gelungen, Härtefälle, die auftreten können, mit tauglichen Maßnahmen zu vermeiden beziehungsweise abzufedern. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Die Bundesregierung hat eine Pensionsreform präsentiert, die sozial gerecht ist, die vor allem von allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen und solidarisch getragen wird und die quasi in einem Generationenvertrag zwischen Jung und Alt einen Beitrag zur langfristigen Pensionssicherung leisten wird.

Meine Damen und Herren! Folgendes muss man auch einmal deutlich sagen: Ihre destruktive Haltung, die destruktive Haltung der Opposition ist unverantwortlich in einer so wichtigen Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie skandalisieren, Sie versuchen, einen Keil zwischen die Generationen und in die Bevölkerung zu treiben (Abg. Silhavy: Das machen Sie!), um mit einem so unglaublich wichtigen, essentiellen Thema schnöde Parteipolitik zu betreiben. Das ist Fundamentalopposition! (Abg. Silhavy: Haben Sie sich jemals die Vorlagen angeschaut?) – Da können Sie sich noch so sehr dagegen wehren. Sie müssen das verantworten. Sie müssen den jungen Menschen erklären, warum Sie diese destruktive Oppositionspolitik auf dem Rücken der Jugend betreiben und warum Sie hier diese wichtigen Reformschritte verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ und auch von den Grünen! Ich fordere Sie auf, Ihr Verhalten noch einmal zu überdenken, und ich bitte Sie, im Interesse der jungen Menschen und einer langfristigen Pensionssicherung diesem Reformpaket doch noch zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

19.03

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen auf der Regierungsbank! Gestatten Sie mir einige aufklärende Worte zu einigen Bemerkungen, vor allem von Seiten der Opposition, die, wie ich glaube, zu Missverständnissen oder zu Verständnisschwierigkeiten führen.

Ich beginne mit der so genannten Rezeptgebühr, mit der Anhebung von 45 auf 55 S. Sie alle wissen, dass das Ansteigen bei den Medikamentenkosten nicht ausschließlich auf eine vermehrte Verschreibungspraxis zurückzuführen ist, sondern auch darauf, dass moderne, neue, aber teurere Medikamente zum Einsatz kommen. De facto ist diese Anhebung aber in Wirklichkeit keine. Wenn Sie bedenken, dass es etwa im Fall einer Gastritis früher etwa zwei bis drei Wochen gedauert hat und dass Mehrfachverschreibungen notwendig waren, um diese Erkrankung zu heilen, so müssen Sie eingestehen, dass es heute Medikamente gibt, die zwar teurer sind, aber nur einmal verschrieben werden und in einer Woche zur Heilung beziehungsweise zur Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten führen. – Letzteres ist das Erstinteresse, Ersteres ist von zusätzlichem Vorteil, führt aber de facto dazu, dass der Patient für seine Erkran


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kung insgesamt weniger als vorher aufwenden muss. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich stimme mit dem Abgeordneten Grünewald darin überein, dass man im unteren Teil der Einkommenspyramide beziehungsweise dort, wo die niederen Einkommen sind, früher und häufiger krank wird und auch relativ kürzer lebt. Unsere Maßnahmen haben dazu geführt, dass genau jenes Drittel berücksichtigt wird und von der Behandlungsgebühr der Ambulanzen ausgenommen ist. Es ist nicht die Absicht der Regierung, hier Belastungen einzuführen, sondern wir wollen die Über lastungen in den Ambulanzen zurückdrängen und diese für jene Patienten, die auf einen Ambulanzbesuch angewiesen sind, frei machen.

Ich darf Ihnen aus eigener Erfahrung Beispiele bringen: Kinderambulanz. – Es ist sehr wichtig, dass auch Kinder mit reinem Schnupfen behandelt werden. Wenn das aber dazu führt, dass Ärzte zwei bis drei Stunden durch die Behandlung einfacherer Dinge aufgehalten oder überlastet werden und schwer kranke, krebskranke Kinder eben diese zwei bis drei Stunden auf die Verabreichung von schmerzstillenden Medikamenten warten müssen, so ist dies sicherlich der falsche Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auf den "Friedhofsvergleich" möchte ich nicht eingehen, da ich ihn für zynisch halte.

De facto ist es aber so, dass die 150 S ja nicht dazu führen sollen, dass man sich einen Schein vom niedergelassenen Arzt holt und in die Ambulanz geht, sondern wir wollen eine Art Gatekeeperfunktion eröffnen, die bisher nicht stattgefunden hat, nämlich dass der Patient nach Möglichkeit beim niedergelassenen Arzt behandelt wird und gar nicht erst die Ambulanz aufsuchen muss.

Ich darf Ihnen das anhand eines kurzen Beispiels erklären; vielleicht verstehen Sie dann, worum es in der Gesamtheit wirklich geht.

Es gibt aus dem Jahre 1995 eine Ambulanzstudie eines Wiener Spitals, die in einer retrospektiven Untersuchung festgestellt hat, dass 75 Prozent der Leistungen, die es in einem bestimmten Zeitraum erbracht hat, auch beim niedergelassenen Arzt in gleicher Weise hätten erbracht werden können.

Im Jahre 1996, in jenem Jahr, als auch die Krankenkassen zum letzten Mal durch kräftige Beitragserhöhungen seitens der damaligen Hauptregierungspartei zur Kasse gebeten wurden, betrug der Ambulanzaufwand der Gemeinde Wien in den Wiener Spitälern 3,5 Milliarden Schilling. Wenn man davon ausgeht, wenn man das hochrechnet, dass etwa 75 Prozent der Leistungen tatsächlich beim niedergelassenen Arzt erbracht werden können, so bedeutet das einen Mehraufwand von 2,7 Milliarden Schilling. Gleichzeitig hat aber der Sozialversicherungsträger nur 560 Millionen Schilling insgesamt hineingezahlt, sodass nur 17 Prozent tatsächlich vom Krankenversicherungsträger ersetzt wurden, während 3 Milliarden Schilling praktisch Selbstbehalt des Steuerzahlers waren.

Wenn Sie das jetzt umrechnen, sehen Sie, dass sich auf Grund der Tarifpolitik und selbst bei Vollzahlung des Sozialversicherungsträgers – was mit 1 Milliarde Schilling beziffert werden kann – hier eine Nettoersparnis von 1,8 Milliarden Schilling ergeben hat, dass mehr als 50 Prozent des Gesamtaufwandes hätten erspart werden können – und zwar von Steuergeldern, und das ist wieder der Selbstbehalt aller Bürger.

Gleichzeitig, damit der Wahnsinn sozusagen noch eine Pointe hat, wurden in diesem Jahr zusätzlich 960 Millionen Schilling von der Gemeinde Wien zum Ausbau ihrer Ambulanzen aufgewendet, um den vermehrten Zustrom bezahlen zu können. Von damals bis heute haben wir wieder einen Zuwachs von 22 Prozent zu verzeichnen. Darin liegen die großen Kosten, und hier ist es wichtig, Maßnahmen zu setzen.

Gleichzeitig hat in diesem Jahr eine Privatinvestition bei den Niedergelassenen in der Höhe von 350 Millionen Schilling stattgefunden, was keinen einzigen Groschen an Steuergeldern gekostet


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hat, weil dieser Betrag nämlich in den Tarifen enthalten war und von diesen Privaten geleistet wurde. (Abg. Silhavy: Aber wer zahlt die Tarife?)  – Ich komme gleich darauf zu sprechen.

Wir haben aber auch Maßnahmen dahin gehend getroffen – wenn Sie die ASVG-Novelle genau lesen, werden Sie darauf stoßen –, dass überall dort, wo der niedergelassene Bereich noch nicht in der Lage ist, diese Gatekeeperfunktion wahrzunehmen, sehr wohl die Ambulanz aufgesucht werden kann und weiterhin nicht dafür bezahlt werden muss. Auch der "Notfall" ist kursorisch aufgezählt. Es ist im KAG hinlänglich festgelegt: Was ein Notfall ist, bestimmt immer noch der Arzt! Auch hier ist keine Schwierigkeit zu sehen.

Schließlich ist der Regress im Fall von selbstverschuldetem Raufhändel und bei Trunkenheit schon jetzt im stationären Bereich entsprechend geregelt und daher auch keine Neuerung in dieser Art.

Nun zu den so genannten Privatambulatorien. Echte Privatambulatorien verlangen natürlich deswegen keinen Behandlungsbeitrag, weil sie auch keinen Vertrag mit einer Versicherungsanstalt haben. Wo kein Vertrag ist, kann ich auch nichts einheben! Aber wenn Verträge bestehen, das wissen Sie ganz genau, handelt es sich auf Grund der Gesetzeslage und nicht auf Wunsch der Betreiber um ordinationsähnliche Einrichtungen – es sind dies physikalische Institute, Labors, CT- und Magnetresonanzinstitute –, die noch dazu den Vorteil haben, dass sie wesentlich kostengünstiger arbeiten als andere Bereiche, inklusive der krankenkasseneigenen Einrichtungen.

Ich kann Ihnen sagen, dass eine Computertomographie dort 1 600 S kostet, während diese im öffentlichen Bereich oder bei Krankenkasseneinrichtungen 3 500 bis 8 000 S kostet, bei einer Magnetresonanztomographie betragen die Tarife 2 600 S im niedergelassenen Bereich, während sie in den anderen Einrichtungen 5 000 bis 13 000 S – in Worten: dreizehntausend Schilling – betragen. Hier eine Gatekeeperfunktion auszunützen ist, glaube ich, eine Verpflichtung.

Es ist daher die Absicht dieser Bundesregierung, nicht irgendwo am falschen Ort zu sparen, sondern einfach die Ressourcen besser einzusetzen. Die letzten drei Jahrzehnte sind – um es frei nach Grillparzer zu sagen – scheinbar nach dem Prinzip verlaufen: auf halbem Weg mit halber Kraft zum halben Ziel! Diese Regierung, die eine neue ist, wird mit voller Kraft den ganzen Weg zum angestrebten Ziel gehen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.12

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es fiele mir wesentlich leichter, zu dieser Thematik zwei Stunden lang frei zu sprechen, ohne mich zu wiederholen, als zu diesem umfassenden Reformgesetzeswerk innerhalb der mir zustehenden 4 Minuten Stellung zu nehmen. Ich muss mich daher auf einige wenige Kernaussagen beschränken.

Der Hintergrund ist eindeutig und von vielen Vorrednern ausgeleuchtet worden. Angesichts der signifikanten demographischen Veränderungen war es ein Gebot der Stunde, tief greifende Reformmaßnahmen, Sanierungsmaßnahmen mit sofortiger Wirkung zu setzen.

Der Österreichische Seniorenbund hat sich stets zur Notwendigkeit einer langfristigen Sicherung der Pensionen bekannt. Er fühlt sich nicht nur den Senioren von heute, sondern auch den Senioren von morgen und übermorgen verpflichtet. Mehr noch: Der Österreichische Seniorenbund verkennt daher nicht, dass auch die heute in Pension befindlichen Mitbürger bereit sein müssen, ihren Beitrag zur langfristigen Finanzierung der Pensionen zu leisten. Und dieser Beitrag besteht – und das ist bis jetzt noch nicht ausdrücklich so gesagt worden – in der


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nunmehr pro futuro vorgesehenen alljährlichen Nettoanpassung, die im Wesentlichen auf die Erhaltung der Kaufkraft der Pensionen ausgerichtet ist und die – in aller Offenheit sei es gesagt – auf fühlbare weitere reale Steigerungen verzichtet.

Lassen Sie mich aber noch auf einen wichtigen Punkt eingehen, der bisher noch nicht ausreichend betont wurde. Die Festlegung von Ausmaß und Art der alljährlichen Pensionsanpassung sollte ursprünglich einer außenstehenden Kommission übertragen werden. Dies wäre durchaus vergleichbar gewesen mit dem Gedanken, Lohnverhandlungen nicht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu führen, sondern die Abschlüsse durch eine außenstehende Kommission vornehmen zu lassen. Es ist dem persönlichen Einsatz des Obmannes des Österreichischen Seniorenbundes, Stefan Knafl, mit voller Unterstützung der Obmänner des Pensionistenverbandes und des Seniorenringes, Karl Blecha und Peter Harring, zu verdanken, dass diese verfassungsrechtlich bedenkliche Bestimmung letztlich nicht aufgenommen wurde.

Diese Kommission, die die Nachfolge des bisherigen Beirates für die Pensionsdynamik antritt, wird lediglich die Eckdaten für die alljährliche Pensionsanpassung feststellen, innerhalb derer hinsichtlich der Gestaltung der Anpassung dem Österreichischen Seniorenrat jene Mitwirkungsmöglichkeit eingeräumt sein wird, die ihm auf Grund der nunmehr gesetzlich fundierten Rechte zusteht; eine Mitwirkung, die in der gestrigen Sitzung des überparteilichen Seniorenrates auch einstimmig gutgeheißen wurde.

Hohes Haus! Dies bedeutet demokratiepolitisch einen deutlichen Schritt vorwärts. Waren bisher die Sprecher der rund 2 Millionen Pensionisten in Österreich nur im gesetzesfreien Raum in die Entscheidungsfindung eingebunden, so ist diese Einbindung nunmehr auf eine rechtlich einwandfreie Grundlage gestellt.

Namens des Österreichischen Seniorenbundes sage ich aus allen diesen Gründen ein eindeutiges Ja zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Da ich noch eine halbe Minute Redezeit zur Verfügung habe, erlaube ich mir, eine wahre Anekdote anzuschließen: Ein Landesobmann des Österreichischen Seniorenbundes besuchte eine Pensionistin, um ihr anlässlich ihres 105. Geburtstages einen Blumenstrauß zu überreichen. Er fragte die alte Dame, wie es ihr gehe, und sie sagte: Wunderbar, wunderbar, nur mit den Augen hapert’s halt ein bisschen. Ich sehe nicht mehr so recht. Aber mir geht es ja gut, zwei Mal in der Woche kommt mein Enkerl zu mir und liest mir vor! Darauf fragte er: Wie alt ist denn Ihr Enkerl? Und sie sagte: 62 und seit drei Jahren in Pension! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung, Frau Abgeordnete: 4 Minuten.

19.16

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Im "Kurier" vom Samstag spricht Norbert Stanzel von "zwei -ionen" als derzeit bestimmenden politischen Themen: den Sanktionen und den Pensionen. Die heutige Debatte hier im Plenum gibt ihm vollkommen recht. Über die Zusammenhänge, die Norbert Stanzel anstellt, hinaus sage ich Ihnen eines: Die Brisanz beider dieser Themen geht auf das Schuldenkonto der SPÖ, der früheren Regierungspartei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei den Sanktionen steht fest, dass SPÖ-Bundeskanzler a. D. Klima durch Horrorvisionen eines anarchistischen, fremdenfeindlichen, chaotischen Österreichs die EU-14 veranlasst hat, diese Sanktionen auszusprechen. Bei den Pensionen steht fest, dass SPÖ-Bundeskanzler a. D. Vranitzky den Österreichern durch den sattsam bekannten Pensionsbrief reine Unwahrheiten aufs Auge gedrückt hat und dass die SPÖ über Jahre hindurch wider besseres Wissen den Österreichern eine heile Pensionswelt vorgegaukelt hat. Nun hat uns die harte Realität eingeholt, und die neue Regierung muss das nachholen, was die alte versäumt hat.


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Ich sage Ihnen, und das steht auch fest: Sosehr die Österreicher kein Verständnis für die Sanktionen haben, so sehr haben die Österreicher jetzt verstanden, dass das Pensionssystem in der bisherigen Form nicht mehr finanzierbar ist! Wenn die SPÖ heute die Regierung geißelt und Ausdrücke wie "Sozialdemontage" und andere Grauslichkeiten vorbringt und auch mit reinen Unwahrheiten agiert (Abg. Silhavy: Was meinen Sie damit? Was meinen Sie konkret damit?), dann muss man sagen, es ist die gleiche SPÖ, Frau Kollegin Silhavy, die diesen Reformstau ja verursacht hat, und die gleiche SPÖ, die diese Schuldenlast verursacht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.) A uch die SPÖ hätte in der neuen Regierung keine Alternative gehabt.

Da von mehreren SPÖ-Rednern erwähnt wurde, dass hier eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet, frage ich Sie: Was ist denn bei den Sparpaketen passiert? – Kürzung der Familienbeihilfe und des Karenzgeldes, Streichung der Geburtenbeihilfe und der Heimfahrtsbeihilfe, Erhöhung der Energiesteuern und ein weiterer Eingriff in die Pensionsversicherung. Das hat den Herrn Generaldirektor auch nicht so wirklich betroffen.

Da sind doch diese Maßnahmen, die wir heute machen, vergleichsweise moderat und vor allem bringen sie eine Angleichung und eine Sicherung der Pensionssysteme. Es ist auch vergleichsweise moderat, wenn ich ins benachbarte Ausland schaue, es ist moderat im Vergleich zu dem, was in Deutschland, was in Italien im Bereich der Pensionsreformen bereits stattgefunden hat. Und ich frage Sie eines, Frau Kollegin Silhavy: Hätten Sie es vielleicht auch so gemacht wie Ihre deutschen Kollegen? (Abg. Silhavy: Frau Kollegin Haller, Sie vergessen, dass wir in Österreich sind!) Denn die Rentenreform der rot-grünen Berliner Regierung fordert der deutschen Bevölkerung viel größere Opfer ab, als das bei uns der Fall ist. Und da sprechen Sie von unzumutbarem Sozialabbau!

Ich sage Ihnen eines: Wenn in der "Krone" von morgen bereits steht, die Pensionsdebatte im Nationalrat verlief weit weniger emotionell als erwartet, dann ist daraus zu ersehen, dass es sich bei all dem, was Sie heute hier vorgebracht haben, um reine Rückzugsgefechte handelt, Frau Kollegin Silhavy. Die SPÖ-Sanktions- und Pensionsversteckspieltaktik ist vorbei. Sie sind enttarnt. (Abg. Silhavy: Ich bin gerne enttarnt, wenn ich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eintrete! Gerne bin ich da enttarnt!) Und ich bin froh, dass diese neue Regierung mit offenen Karten spielt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

19.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute schon angesprochen worden: Wir haben mit 15,1 Prozent Kosten, gemessen am Bruttonationalprodukt, derzeit das teuerste Pensionssystem auf der ganzen Welt. Unser zweites Problem in diesem Zusammenhang ist: Wir können uns dieses System nicht leisten. Alle anderen europäischen Länder haben schon längst Strukturanpassungen vorgenommen, nur wir – und zwar ein Teil von uns, nämlich die sozialistische Seite – verweigern uns dieser Diskussion. (Abg. Silhavy: Überhaupt nicht!)

Herr Präsident Verzetnitsch! Ich finde es schon bezeichnend für Ihre gesamte Einstellung, dass Sie sich heute bis jetzt in der Debatte nur zweimal zu Berichtigungen gemeldet haben und gar nicht grundsätzlich Stellung genommen haben. (Abg. Verzetnitsch: Meine Argumente kennen Sie schon!) Ihre Argumente kenne ich, und auf die komme ich jetzt gleich, aber, Herr Präsident, lesen Sie die "Zürcher Zeitung" vom 14. Juni! Genau dort steht drinnen – das ist Ihr Problem und nicht meines –, wenn sich die Gewerkschaft dem Dialog verweigert, wird sie selbst riskieren, dass sie nicht mehr die Position hat, Arbeitnehmerinteressen verteidigen zu können.

Was Ihre berühmten Vorschläge anlangt, die Sie heute schon mehrmals angesprochen haben, muss ich schon sagen, es ist sehr eigenartig, dass Sie hergehen und die Angelegenheit mit dem Eintreiben der Steuerschulden einbringen. Sie wissen ganz genau, dass das meiste in Verfahren


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blockiert ist. Es ist ausgesprochen problematisch und ganz toll und großzügig (Abg. Dr. Stummvoll: Polemisch ist das!), uns – nämlich den Gewerbetreibenden – zu sagen, es gehe nicht um 250 Millionen Schilling, sondern um eine Milliarde. Da frage ich Sie: Wo ist die viel gepriesene Solidarität, wenn einer Gruppierung hier nichts anderes einfällt, als auf die andere hinzuweisen und zu sagen: Bitte zahlen!? (Abg. Edler: Solidarität wie mit den Eisenbahnern!)

Ich muss Sie jetzt auch bitten, nicht nur die Solidarität anzusprechen, sondern auch die Fakten anzuschauen. (Abg. Silhavy: Wo ist denn Ihre Solidarität? Bei den Eisenbahnern ist sie nicht vorhanden!) Faktum eins ist bekannt, und das sollten Sie sehen: Die Gewerbetreibenden haben in den Jahren 1995 bis 1999 Beitragssteigerungen von insgesamt 60 Prozent gehabt. 60 Prozent aller Gewerbetreibenden zahlen nach der Mindestbeitragsgrundlage. Jetzt, bei dieser Reform, zahlen wir wiederum durch Erhöhung des Pensionsversicherungsbeitrages insgesamt 15 Prozent und sind damit neben den Bauern die Einzigen, die im Beitragsbereich Mehrbelastungen haben.

Herr Gusenbauer! Gut, dass Sie da sind, da kann ich auf Ihre Ausführungen replizieren. Sie sind immer am Anfang und am Schluss einer Debatte da. Aber Sie bringen auch immer – wie eine tibetanische Gebetsmühle – dieselben Dinge: die Eigenfinanzierung der gewerblichen Pensionsversicherung sei so schlecht, der Staat zahle für die Unselbständigen in der Richtung 38 Milliarden und für Bauern und Selbständige 25 Milliarden. Aber da, muss ich Ihnen sagen, sollten Sie sich auch die Fakten anschauen. Die Fakten sind nämlich, dass wir in dem Bereich, was die Eigenmittel anlangt, die Wanderversicherung nicht zugerechnet bekommen. Wanderversicherung heißt, dass wir Selbständige 15 Jahre in unserer ganzen Lebensabwicklung unselbständig waren. Rechnet man das dazu, erhöht sich der Anteil schon entsprechend auf 65 Prozent.

Noch etwas Zweites, das heute nicht angesprochen wurde und auch nirgendwo sonst: Wir, die Selbständigen, zahlen überdimensional in den Ausgleichsfonds ein. Von den 4,3 Prozent im Ausgleichsfonds zahlen wir 3,3 Prozent ein, von insgesamt 48 Milliarden Schilling 32 Milliarden Schilling. Herr Gusenbauer! Sie interessiert das nicht, aber die Fakten sollten Sie sich bitte einmal anschauen. Vielleicht kommen Sie dann zu einer anderen Linie. (Beifall bei der ÖVP.)

Fazit daher: Hätten wir im Jahr 1997 schon das getan, was uns Herr Rürup und andere Experten geraten haben, nämlich entsprechende Anpassungen vorgenommen, hätten wir das heute nicht in dem Ausmaß tun müssen.

Das Zweite in diesem Zusammenhang: Jede Pensionsreform hat immer eine Gruppe, die als erste betroffen ist.

Das Dritte und Letzte: Wann, wenn nicht jetzt, in Zeiten einer Hochkonjunktur, sollen wir ein derartiges System sanieren? Daher kann es auch aus Ihrer Sicht nur die Möglichkeit geben, dem zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem gemeldet. (Abg. Schwarzenberger: Der Berichtiger vom Dienst!)

Herr Abgeordneter, bitte befolgen Sie den § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung und beginnen Sie mit der Wiedergabe des Wortlautes, den Sie zu berichtigen wünschen. – Bitte. (Abg. Schwarzenberger: Im heutigen "NEWS" steht schon, dass der Einem der Berichtiger vom Dienst ist!)

19.26

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haller hat in ihrer Rede unter anderem behauptet, es sei nun erwiesen, dass der Altbundeskanzler Klima die Sanktionen ausgelöst habe.

Frau Abgeordnete! Hohes Haus! Diese Tatsachenbehauptung ist falsch. Richtig ist, dass das erstens nicht erwiesen ist, zweitens auch nicht erwiesen werden kann, und richtig ist drittens, dass Sie unser Angebot, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um in dieser Frage rest


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lose Klarheit zu schaffen, abgelehnt haben, weil sonst bewiesen worden wäre, dass diese Tatsachenbehauptung falsch ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. (Abg. Schwarzenberger: Der Dolinschek wird jetzt den Einem berichtigen!)

19.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Eines ist Tatsache, ja eines ist ganz sicher, Herr Kollege Einem: dass Sie der Berichtiger vom Dienst der SPÖ sind. Das ist erwiesen. Das haben wir jetzt gemerkt. Wir sind in den letzten Plenarsitzungen draufgekommen, dass das so ist.

Was aber bei dieser Debatte zur Pensionsreform bezeichnend ist, was bisher noch nie der Fall war – wir haben ja schon mehrere Pensionsreformen in diesem Haus mitgemacht –: Noch bei keiner Debatte zur Pension in diesem Hohen Haus waren so viele Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank anwesend und haben sich um die Pensionen auch wirklich gekümmert, weil es ihnen ein Anliegen ist, wie jetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Früher war das nie der Fall, früher ist immer nur die Frau Sozialminister oder der Herr Sozialminister allein auf der Regierungsbank gesessen (Abg. Edler: Die waren sich sicher!), und keiner hat sich viel darum geschert. Alle Reformen sind eben nur halbherzig durchgeführt worden, das waren sozusagen nur Flickwerke, obwohl allen in diesem Hause vertretenen Parteien – auch Ihnen von der sozialdemokratischen Fraktion – die demographische Entwicklung, die Rürup-Studie, die auf dieser Entwicklung basiert, und das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Pensionisten bekannt waren.

Sie alle wissen, dass wir heute ein Verhältnis von drei zu eins haben, dass wir im Jahr 2030 ein Verhältnis von eins zu eins haben werden, dass die Geburtenrate in Österreich rückläufig ist, dass die Frühpensionisten versteckte Arbeitslose sind, dass die Lebenserwartung in den letzten 15 Jahren um drei Jahre angestiegen ist. Sie wissen, dass die Schere immer weiter auseinander klafft, dass es weniger Erwerbstätige und weniger Beitragszahler gibt, aber mehr Pensionsbezieher. Die Folge ist: entweder geringere Pensionen oder höhere Beiträge, länger arbeiten oder ein Mix aus dem Ganzen. Irgendetwas müssen wir machen.

Diesen Reformbedarf hat natürlich auch die sozialdemokratische Fraktion sehr wohl erkannt, der Mut für Veränderungen hat ihr allerdings immer wieder gefehlt. Sie hat eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen, nicht nur hier in der Gesetzgebung, sondern auch bei den Kollektivvertragspartnern. Für die eine Klasse gibt es Pensionen nach 35 Jahren, die anderen müssen halt länger "hackeln". Akkordarbeit, Nachtschichtarbeit, Schwerarbeit ist nirgends berücksichtigt worden, weder hier in der Gesetzgebung noch in den Kollektivverträgen.

Es ist für den größten Teil der Leute in Österreich ganz einfach nicht nachvollziehbar, dass jemand, der schwer arbeitet, bei Nacht arbeitet, 45 Jahre zusammenbringen muss und der andere beispielsweise nur 35. Das ist nicht nachvollziehbar, und das ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die Gerechtigkeit zwischen den Systemen und den Generationen muss einfach hergestellt werden.

Wir sind jetzt auf dem besten Weg dazu, eine Angleichung dieser Systeme vorzunehmen und eine gleichwertige Gesellschaft zu schaffen. Das stärkt auch das Vertrauen in das System, das übrigens ... (Abg. Silhavy: Herr Kollege Dolinschek! Waren Sie schon einmal beim Verschub? Wissen Sie, wovon Sie reden?) Ja. Die Leute beim Verschub können von mir aus nach 35 Jahren in Pension gehen. Ich gebe Ihnen vollkommen Recht. Aber nicht die anderen Kollegen. Es kann nicht sein, dass der Buschauffeur bei der Bahn, der dieselbe Arbeit macht wie der Buschauffeur in der Privatwirtschaft, um zehn Jahre früher geht. Das sehe ich nicht ein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Aber, Herr Dolinschek, das ändern Sie ja auch nicht! Dann ändern Sie das doch! Aber für alle!)


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Ich sehe auch nicht ein, dass jemand, der in der Kanzlei sitzt und im Prinzip einen Bürojob macht, so wie ein Nacht- oder Schwerarbeiter behandelt wird. Das sehe ich einfach nicht ein, das sieht überhaupt niemand ein. Aber Ihnen fehlt eben der Weitblick für die arbeitenden Menschen. Für die arbeitenden Menschen haben Sie den Weitblick verloren, Frau Kollegin. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Rechnung haben Sie präsentiert bekommen – und die werden Sie auch noch weiterhin präsentiert bekommen. Mit Ihrer Lügenpropaganda, die Sie mit Ihrer Gewerkschaftszeitung und Ihren Artikeln in den Betrieben verteilen (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ), erleiden Sie sowieso Schiffbruch, weil Ihnen das niemand abnimmt.

Wir haben jetzt eine "Hackler"-Regelung geschaffen, wonach die Männer mit 45 Beitragsjahren, die Frauen mit 40 Beitragsjahren ohne Abschläge in Pension gehen können. (Abg. Silhavy: Wie lange gilt das, Herr Dolinschek? Wie lange gilt diese "Hackler"-Regelung? Für zwei Jahre? Für drei Jahre?) Erstmals werden die Zeiten für den Zivildienst, für den Präsenzdienst bis zu 12 Monaten als Beitragszeiten angerechnet – in Ihrer Zeit waren das nur Ersatzzeiten –, erstmals werden auch Kindererziehungszeiten bis zu fünf Jahren angerechnet. Das war bei Ihnen auch nicht so, da waren es auch nur Ersatzzeiten, und jetzt sind es eben echte Beitragszeiten.

Das ist ein Fortschritt, und daran werden wir auch weiterarbeiten, damit es auch in Zukunft noch wesentliche Verbesserungen geben wird. Pensionen für Alte und den Jungen Pensionen für die Zukunft zu sichern, das ist unsere größte Aufgabe. Alternativen muss man sich natürlich überlegen, Frau Kollegin. Sie sollten sich auch einmal unser Drei-Säulen-Modell durchlesen. Eine gesetzliche Pensionsversicherung nach dem Umlageverfahren muss natürlich weiterhin die tragende Säule bleiben. Daneben soll es aber eine betriebliche Vorsorge nach dem Kapitaldeckungsverfahren und eine private Altersvorsorge geben, die auch steuerlich gefördert sein müsste, Frau Kollegin. (Abg. Hagenhofer: Wie macht ein Arbeitsloser private Vorsorge?)

Ihre Kollegen in der Bundesrepublik Deutschland überlegen sich ähnliche Wege. Dort könnten Sie vielleicht einen Anschauungsunterricht bekommen. Vielleicht fährt Ihr Parteivorsitzender einmal nach Deutschland und schaut sich dieses Modell an, anstatt gegen uns Stimmung zu machen.

Die Pensionsreform, die wir jetzt durchziehen, ist sanft und im Interesse der jungen und der älteren Generationen. Und daran werden wir weiterarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Dolinschek! Sie haben in Ihren Ausführungen gegenüber der Opposition das Wort "Lügenpropaganda" verwendet. Wir haben für dieses Wort heute schon einmal einen Ordnungsruf erteilt. (Abg. Gaugg: Eben nicht!) Ich erteile Ihnen hiermit einen Ordnungsruf. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

19.33

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Am Schluss einer solchen Debatte ist es, glaube ich, wirklich sinnvoll, nur noch zwei, drei Punkte, die im Zentrum der Diskussion gestanden sind, kurz anzusprechen.

Erster Punkt: Ich glaube, man kann sagen, dass die Debatte wesentlich emotionsfreier verlaufen ist, als man das ursprünglich erwartet hat, und die Zustimmung in der breiten Bevölkerung zu dieser Pensionsreform ist wesentlich größer als bei allen früheren Veränderungen im Pensionssystem, die wir durchführen mussten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dies ist einfach deshalb der Fall, weil eingehende Beratungen durchgeführt worden sind, einfach deshalb, weil auch in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist. Es ist positiv, dass sich die Öffentlichkeit sehr eingehend mit dieser Frage: Hinaufsetzung um eineinhalb Jahre – ist das


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gerechtfertigt, ja oder nein? auseinander gesetzt hat. Wir erhielten für diesen Vorschlag, so meine ich, nicht ein einstimmiges, aber ein überwiegendes Ja von der österreichischen Bevölkerung, vor allem von der Jugend, aber auch von den älteren Menschen, die wissen, wie wichtig es ist, dass die Pensionen in Zukunft gesichert bleiben und weiter ausbezahlt werden können, meine Damen und Herren.

Darum ist es für mich bedauerlich, dass auch in diesen Tagen Falschmeldungen über die Auswirkungen der Pensionsmaßnahmen erfolgt sind und auch heute vom Rednerpult aus mehrfach solche Falschmeldungen verbreitet worden sind.

Ich nehme den ersten Fall, den Herr Präsident Verzetnitsch in einer tatsächlichen Berichtigung angesprochen hat. Es wurde behauptet, eine Frau Berger, die heute 54 Jahre alt ist und der noch zweieinhalb Jahre auf die Pension fehlen, könne erst mit 56,5 Jahren in Pension gehen. Hier steht es: Sie erreicht in zweieinhalb Jahren 37,5 Jahre.

Meine Damen und Herren! Diese Frau Berger kann heute erst mit 56,5 Jahren in Pension gehen, und nach neuem Recht wird sie auch erst mit 56,5 Jahren gehen können. Genau so wie bisher! (Abg. Silhavy: Aber mit Abschlägen!) Hier ändert sich im Antrittsalter überhaupt nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Aber sie bekommt weniger Geld!)

Auch beim Herrn Weiß, beim zweiten Fall, den Sie erwähnten, ändert sich beim Antrittsalter überhaupt nichts. Dieser Mann kann heute erst mit 61,5 Jahren in Pension gehen und künftighin mit 61,5 Jahren. Hier ändert sich im Antrittsalter für die Pension, für die vorzeitige Pension überhaupt nichts, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie verwechseln hier wieder das, was man unter Minister Hesoun eingeführt hat, nämlich dass es Abschläge gibt. Diese Abschläge sind schon unter Minister Hesoun eingeführt worden. Sie wurden dann unter Minister Hums auf 2 Prozentpunkte verschärft und werden jetzt noch einmal angehoben, nämlich auf 3 Prozentpunkte, weil uns das die Experten immer wieder gesagt haben. Egal, ob von Professor Marin, von Professor Rürup – und ich könnte weitere Namen nennen –, immer wieder ist gesagt worden, wir brauchen höhere Abschläge. Deshalb werden also die Abschläge in Zukunft höher sein, aber das Pensionsantrittsalter, meine Damen und Herren, ändert sich für diese Personen überhaupt nicht. Um keinen Monat!

Der dritte Fall, jener der Frau Wimmer, ist total falsch, denn Sie haben nicht bedacht, Herr Präsident Verzetnitsch, dass diese Frau Wimmer jetzt natürlich notstandshilfeberechtigt ist und daher zusätzliche Versicherungszeiten erwerben kann. Durch diese Notstandshilfeberechtigung erwirbt sie, auch wenn der Ehemann relativ viel verdient, zusätzliche Versicherungszeiten.

Meine Damen und Herren! Es ist unfair, wenn Sie heute mit solchen Argumenten hier auftreten und versuchen, die Menschen zu verängstigen. Ich würde erwarten, dass auch die Oppositionsparteien zu einer sachlichen Auseinandersetzung über diese Pensionsreform zurückkehren, und dann werden wir auch die Ängste, die da und dort entstanden sind, beseitigen können.

Lassen Sie mich einen letzten Punkt erwähnen: Es geht um den Vertrauensschutz. Jawohl, es gab verschiedene Gutachten, die gesagt haben, die verfassungsmäßigen Gegebenheiten dieser Pensionsreform sollen genau beachtet werden, es wurden ganz konkrete Kriterien vorgegeben. Gerade durch die Beachtung dieser Kriterien, die uns vorgegeben worden sind, haben wir den Vertrauensschutz ganz eindeutig gewahrt. Wir werden soziale Härten abfedern. Dies geschieht durch den Unterstützungsfonds, der auf Anregung des ÖAAB zusätzlich mit 50 Prozent mehr Mittel dotiert wird.

Hier möchte ich wirklich betonen und dafür danken, dass es eine sehr konstruktive Zusammenarbeit zwischen den beiden Regierungsparteien FPÖ und ÖVP gegeben hat, um den Vertrauensschutz zu wahren. Wir haben Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, nicht nur einmal eingeladen, daran mitzuwirken, diese Probleme zu bewältigen. Sie haben leider nicht mitgewirkt, wenngleich ich sagen möchte, dass es einzelne Experten vom ÖGB und von der Arbeiterkammer gegeben hat, die sehr wohl Bereitschaft für eine konstruktive Zusammenarbeit


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gezeigt hätten. Es ist aber nicht dazu gekommen, und ich sage Ihnen auch, warum, denn ich war bei diesen Sitzungen anwesend: Es hieß, wir haben Weisung von oben, hier mit den eineinhalb Jahren nicht mitgehen zu können. Wir haben das immer wieder gehört: 18 Monate akzeptieren wir seitens der SPÖ einfach nicht. 18 Monate werden von der SPÖ nicht akzeptiert, und das ist ein großer Fehler, den Sie begangen haben, vor allem deshalb, weil ja ursprünglich zunächst 24 Monate und nicht 18 Monate vereinbart waren.

Ich schließe, meine Damen und Herren: Diese Pensionsreform ist ein ganz wichtiger Schritt für die Jugend, um wieder Vertrauen in unser System zu bringen, und ich bin dankbar, dass unsere jungen Abgeordneten von der ÖVP das in den Eingangsstatements klar zum Ausdruck gebracht haben. Es ist aber auch eine Sicherheit für die älteren Menschen, denen wir sagen können: Nein, wir greifen in eure Pensionen nicht ein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Reitsamer! Ich komme am Schluss noch zu Ihrem Argument. Der 1,5-prozentige Pensionssicherungsbeitrag ist noch unter Ihrer Verantwortung eingeführt worden, unter der Verantwortung von SPÖ-Ministern und -Ministerinnen. Er wurde nie als Eingriff in die Pensionen betrachtet, sondern eben als ein Beitrag, so wie viele Beiträge in unserem System zu bezahlen sind.

Meine Damen und Herren! Dies ist eine sozial gerechte Reform, die natürlich für manche Menschen mit Härten verbunden ist, aber sie ist sozial gerecht, sie wurde sozial abgefedert, und sie gibt jenen, die ihre Lebensplanung korrekt vorbereitet haben, auch die Sicherheit, diese Lebensplanung ohne wesentliche Abstriche wahrnehmen zu können. Insoweit ist es eine Pensionsreform, die für die Sicherheit unseres Systems von ganz entscheidender Bedeutung ist und die wir, so meine ich, auch als solche beurteilen sollten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen § 58 Abs. 2. Beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.41

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein hat behauptet, ich hätte in der Richtigstellung behauptet, dass das Pensionsalter unterschiedlich ist.

Ich stelle tatsächlich richtig – langsam, zum Nachvollziehen –: Bei dem Fall, den ich hier geschildert habe, ganz konkret den Fall der Frau Berger, ging es – ich bezog mich dabei auf Ihre Beschlüsse – nie um das Alter, sondern um die Abschläge, das stand hier drinnen! Und diese Abschläge Ihrer Politik führen dazu, dass diese Frau Berger in Hinkunft um 7 300 S weniger Pension pro Jahr bekommt. Das ist Ihre Politik, die Sie zu verantworten haben! (Beifall bei der SPÖ.)

19.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Dr. Sickl. – Bitte, Frau Ministerin.

19.42

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Geschätzte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist mir doch ein Anliegen, auf eine der letzten Plenardebatten zurückzukommen und den geschätzten Kollegen, Herrn Abgeordneten Nürnberger, zu fragen, ob er auf sein Versprechen vergessen hat.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Sie können sich erinnern, Sie haben mir damals drei Fälle vorgelegt, die die Experten der Arbeiterkammer und des ÖGB ausgerechnet haben und mit denen Sie darzulegen versuchten, dass durch unsere Pensionsreform diese drei Fälle so viel


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schlechter behandelt werden als früher und so hohe Abschläge hinnehmen müssen. Ich habe damals diese drei Fälle sehr rasch von meinen Experten durchrechnen lassen, und es ist dabei herausgekommen, dass alle drei Fälle falsch sind. Sie haben damals gesagt, dass Sie sich, wenn dem so ist, entschuldigen werden. Diese Entschuldigung habe ich leider bis heute noch nicht gehört. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einige abschließende Bemerkungen zu der heutigen Pensionsdebatte. Es ist mir aufgefallen, dass die Redebeiträge der Sozialdemokraten und der Grünen sich eigentlich auf die Pensionsreform und die Krankenkassensanierung konzentriert haben. Das waren zwei Themen, die von Ihnen dazu verwendet wurden, die Bevölkerung zu verunsichern, Panik zu machen und gegen unsere Regierungsvorhaben Stimmung zu machen.

Ich habe eines vermisst, sehr geehrte Damen und Herren: Wir haben in dieser Gesetzesvorlage, in diesem Sozialrechtsänderungsgesetz auch einige Bestimmungen, die sich um das Controlling und Monitoring der Sozialversicherungsträger bemühen. Es ist mir darum gegangen, hier Maßnahmen zu setzen, die eine Reform, eine Modernisierung des Sozialversicherungswesens einleiten, weil ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Schritt in die Richtung ist, privatwirtschaftliche Elemente in diesem wichtigen Organisationskörper einzuführen, und das gelingt mit dem Controlling und Monitoring.

Daher wäre es doch auch wichtig, dass Sie sich damit auseinander setzen und auch die positiven Seiten sehen, denn es geht darum, dass ein riesiges Unternehmen wie die Sozialversicherung zwar Milliardenbeträge, nämlich die Beiträge der Versicherungsnehmer verwaltet, dass aber dort keinerlei betriebswirtschaftliche Elemente bestehen, sondern dass dort etwa noch eine Buchhaltung geführt wird, wie sie einfach in der heutigen modernen Zeit nicht mehr verantwortbar ist.

Daraus resultieren auch große Mängel. Sie wissen, dass es darüber Studien gibt und dass entsprechender Handlungsbedarf besteht. Diese Regierung hat sich damit auseinander gesetzt und ein Instrumentarium entwickelt, um die Ergebnisse dieser Studien umzusetzen, die in die Richtung gehen, dass einfach höheres Kostenspardenken Platz greifen muss und entsprechende Effizienzsteigerungen erfolgen müssen.

Es ist richtig, dass die Sozialversicherungsträger in den einzelnen Instituten zum Teil sehr gute Projekte entwickelt haben. Ich denke dabei zum Beispiel an das Projekt "Medicom" in Oberösterreich oder an die Gesundheitszirkel der Sozialversicherungsanstalt des Bergbaues. Das sind hervorragende Modelle, aber auf Grund der mangelnden Synergie zwischen den Organisationen gibt es keinerlei Übertragung dieser guten Projekte auf andere Sozialversicherungsträger, und alle erfinden quasi wieder das Rad neu. Und das kostet Zeit und Geld.

In diesem Sinne wird das Monitoring- und Controlling-Instrument eine bessere Vernetzung und mehr Synergien zwischen den Trägern bewirken. Und das bedeutet doch, meine Damen und Herren, dass wir alle gemeinsam etwas Sinnvolles auf die Beine stellen, indem wir ein System, zu dem wir alle stehen, reformieren, modernisieren und schlagkräftiger machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte auch auf meine Bemühungen hinweisen, auf individuelle Strukturen im Zusammenhang mit der Demokratisierung der Zusammensetzung der Gremien der Sozialversicherungsträger einzugehen, obwohl das nicht, wie mir bewusst ist, Gegenstand des heutigen Gesetzesbeschlusses ist. Es ist aber doch so, dass etwa die Sozialversicherungsanstalt der Eisenbahner und die Sozialversicherungsanstalt des Bergbaues ganz unterschiedliche Strukturen haben. Wenn etwa alle Anstalten über einen Kamm geschoren worden wären, nämlich nach dem neuen System, das wir für die Demokratisierung entwickelt haben – das d’Hondt’sche Verfahren, das eben auch da zum Tragen kommen sollte –, dann wären diese Anstalten unter die Räder gekommen. Es war mein Anliegen, diesbezüglich Ausnahmeregelungen zu finden, sodass tatsächlich auch für diese Anstalten von einer Demokratisierung gesprochen werden kann.


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Wenn Ihnen dieses System am Herzen liegt, dann möchte ich Sie dazu einladen, sich auch bei der Modernisierung dieses Systems, bei der weiteren Vorgangsweise konstruktiv einzubinden.

Es geht mir auch noch um Folgendes: Im Zusammenhang mit dieser Debatte, in der immer wieder von Sozialabbau gesprochen worden ist, geht es mir darum, noch einmal klarzumachen, dass diese Reform eine äußerst moderate und wirklich sozial verträgliche ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Brix: "Sehr" moderat! Das kann nur eine Schlossbesitzerin sagen!)

Denken Sie nur daran, wie sanft die Einschleifregelung ist! Wenn jetzt ein Mann mit 60 am 1.10. in Pension gehen wollte, so kann er dies zwei Monate später tun: mit den bereits bestehenden Abschlägen von 2 Prozent und mit einem minimalen aliquoten Anteil – auf zwei Jahre aufgeteilt sozusagen – von dem weiteren dritten Prozent Abschlag. Das ist wirklich moderat und sozial verträglich!

Wir haben durchaus in Anerkennung der Gesichtspunkte, die Sie in der Diskussion geäußert haben, eine Härteklausel für eventuelle Einzelfälle eingeführt, die besonders stark betroffen sein könnten. Wir haben weiters eine Vertrauensschutzklausel eingeführt, die es möglich macht, dass Arbeitnehmer, die ihr Dienstverhältnis vor dem 30. Juni dieses Jahres aufgelöst haben, noch nach der alten Regelung beurteilt werden, auch wenn das Dienstverhältnis tatsächlich erst viel später endet. Und wir haben auch klargemacht, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird.

Wir haben auch alle Berufsgruppen gleichermaßen getroffen, das wissen Sie ganz genau. Diese Regelung bezieht sich ja nicht nur auf Arbeitnehmer, sondern auch auf Bauern und Selbständige. Und gerade für die ungelernten Arbeitnehmer, für die Bauern und für die Selbständigen ist eine viel bessere Berufsschutzregelung gefunden worden, als sie bisher bestanden hat. Das war ein großes Anliegen besonders der ungelernten Arbeiter. Und gerade sensible Berufsgruppen, wie etwa die Bauarbeiter, können sagen, dass sie in gleicher Weise behandelt werden wie bisher. In diesem Bereich hat sich überhaupt nichts geändert.

Den Damen der Oppositionsparteien möchte ich sagen: Bitte gehen Sie nicht mit Unwahrheiten hausieren! Männer und Frauen werden durch diese Pensionsreform nachweislich vollkommen gleich behandelt! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Und es ist mir auch wichtig, zu sagen, dass gerade Personen, die lange Beitragszeiten haben, von uns besonders berücksichtigt wurden. Sie dürfen nach wie vor mit 60 Jahren – beziehungsweise Frauen mit 55 Jahren – in Pension gehen, wobei Kindererziehungszeiten und Bundesheer- beziehungsweise Zivildienstzeiten beitragsbegründend angerechnet werden.

Noch ein paar Worte zu den Vertretern der Arbeiterkammer und des ÖGB. – Ich habe es als enttäuschend empfunden, dass Sie in keiner Weise bereit waren, zur eigentlichen Pensionsreform Stellung zu nehmen, dass Sie über die Eckpunkte dieser Pensionsreform, nämlich über die notwendige Anhebung des Anfallsalters für Frühpensionen und über die Abschläge überhaupt nicht diskutiert haben, sondern dass Sie in Richtung eines beschäftigungs- und gesundheitspolitischen Paketes abgelenkt haben, das als flankierende Maßnahme hervorragend ist, aber nicht als Ersatzmaßnahme in Frage kommt.

Sie wissen ganz genau, dass alle Pensionsreformen der Vergangenheit – angefangen bei jener zu Beginn der neunziger Jahre bis zur letzten im Jahre 1997 – dezidiert das gleiche Ziel gehabt haben, nämlich das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Alle diese Pensionsreformen sind aber gescheitert, weil sie halbherzig waren, weil Sie nicht konsequent genug durchgegriffen haben. Es geht einfach nicht gut, wenn man ein Ziel mit untauglichen Mitteln erreichen will. Und das haben Sie in diesem Zusammenhang getan. (Abg. Mag. Posch: Sind Sie auch eine Frühpensionistin?)

Sie wissen es ganz genau: Sie hätten es genauso wie diese Regierung machen müssen, wenn Sie Verantwortung gegenüber diesem Land gezeigt hätten! Aber heute sitzen Sie auf der Oppositionsbank und benützen gerade diese notwendige, staatsmännisch verantwortliche Reformpolitik dazu, diese Regierung schlecht zu machen und die Bevölkerung zu verunsichern.


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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 229

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie einladen, wenigstens in Zukunft mit uns zusammenzuarbeiten. Sie wissen, dass dieses so komplexe System mit diesem Reformschritt ja nicht für Jahrzehnte gesichert ist, sondern dass es unsere künftige Verantwortung sein wird, in diesem Bereich noch weitere Maßnahmen zu setzen, um dieses Pensionssystem auch langfristig immer wieder dem gesellschaftlichen Wandel und den demographischen Veränderungen anzupassen. Ich lade Sie ein, wenigstens in diesem Zusammenhang dann zusammen mit dieser Bundesregierung tätig zu werden und langfristig gemeinsam mit uns diese notwendige Pflege unseres Pensionssystems zu handhaben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

19.52

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Mertel hat heute in einer Presseaussendung behauptet, dass die Regierung einen Vorschlag auf Zwangspensionierung und so weiter gemacht hätte. Sie bezeichnet diesen Vorschlag als völlig inakzeptabel und als dienstrechtlich bedenklich, ja für manche Berufsgruppen, wie zum Beispiel Richter, sogar verfassungsrechtlich bedenklich.

Ich habe vor der Herausgabe dieser APA-Aussendung eigens darauf hingewiesen, dass wir uns den gewerkschaftlichen Vorschlägen gebeugt haben und in einen Abänderungsantrag eingebaut haben, dass eine Versetzung nur aus wichtigen dienstlichen Gründen erfolgen kann. – Die Aussage von Frau Dr. Mertel ist also falsch. Und es ist auch falsch, dass Richter dem unterworfen sind, weil wir selbstverständlich ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken gehabt haben.

Frau Abgeordnete Mertel! Sie führen dann weiter aus: Außerdem ist ein Kürzungsprogramm und sind Einsparungen bei Dienstposten in einem Ausmaß von 9 000, 13 000 oder 50 000 Planstellen vorgesehen. – Dazu möchte ich feststellen: Es ist im Regierungsprogramm ein Einsparungsprogramm von 9 000 Planstellen vorgesehen. Dazu bekennen wir uns. Es ist zwar die mögliche Fluktuationsrate höher, das stimmt schon, aber Sie wissen selbst, dass es eine unterschiedliche Ressortstruktur und eine unterschiedliche Altersstruktur gibt, und dass es trotz Einsparungen notwendig ist, dass eine gewisse Personalkontinuität gegeben ist. Trotz Reduktionen muss man also auch Neuaufnahmen ermöglichen. Bestenfalls wird daher eine Einsparung von 9 000 Planstellen erreicht werden. Mehr als 9 000 Stellen abzubauen wäre zwar wünschenswert, aber das angestrebte Ziel ist auf jeden Fall, diese Zahl von 9 000 zu erreichen.

In der erwähnten Aussendung heißt es weiter: Der letzte Streich, warnte Mertel, ist, dass das Pensionsalter auf 63 Jahre angehoben werden soll. (Abg. Dr. Mertel: Das haben wir schriftlich!)

Dazu muss ich sagen, dieser Vorschlag ist von der Gewerkschaft gekommen! Sie hat gesagt: Schiebt die Reform hinaus und erhöht dann auf drei Jahre! (Abg. Rosemarie Bauer: Genau!) Nicht von uns ist dieser Vorschlag gekommen! Die Gewerkschaft wollte immer wieder wissen, was unsere Pläne sind. Da haben wir gesagt, reden wir jetzt schon für die nächste Legislaturperiode, damit nicht wieder der Vorwurf der Verletzung des Vertrauensschutzes kommt, reden wir jetzt schon im Sinne des Gewerkschaftsvorschlages über eine mögliche weitere Anhebung um weitere 18 Monate. Also da werden Tatsachen einfach wider besseres Wissen verdreht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung 6 Minuten. – Bitte.

19.55

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! – Geschätzte Frau Bundesminister! Ich bin es mein ganzes Leben lang gewohnt gewesen, zu dem, was ich gesagt habe, zu stehen. Aber leider kann ich Ihrem Wunsch, den Sie hier von mir


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eingefordert haben, nicht nachkommen, denn die Beispiele, die ich Ihnen gegeben habe, die auf Grundlage des Buches der Grausamkeiten – sprich: der Regierungserklärung – errechnet worden sind, stimmen, wie alle Experten feststellen. Nur haben Sie inzwischen, weil Ihnen sehr viele, ja fast alle Fachleute gesagt haben, dass das, was Sie tun wollten, was Sie sich vorgenommen hatten, ein bisserl zu viel ist, eben ein bisserl nachgelassen.

Ich wäre auch heute noch in der Lage, Ihnen eine ganze Reihe von Beispielen – einige davon haben Sie ja schon gehört – dafür vorzulegen, dass viele Menschen in Zukunft weniger Pension haben. Sie werden daher verstehen, geschätzte Frau Bundesministerin: Da nicht Sie Recht haben, sondern ich, sehe ich keinen Grund dafür, mich bei Ihnen zu entschuldigen.

Des Weiteren möchte ich noch Folgendes mit ein, zwei Sätzen festhalten: Es hat auch die gesamte heutige Debatte wieder gezeigt, dass Sie überhaupt nicht bereit sind, auch nur einen Millimeter breit den vernünftigen Vorschlägen der Oppositionsparteien nachzugeben. Ich greife nur einen Punkt heraus: Sie alle haben versichert, dass die Kinder bei den Ambulanzgebühren ausgenommen sind. Aber Sie haben es nicht einmal der Mühe wert gefunden, einen Punkt 7 in die Vorlage aufzunehmen und explizit hineinzuschreiben, dass Kinder zum Beispiel bis zum 14. Lebensjahr ausgenommen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

19.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen vor, über den ich sogleich abstimmen lasse.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, den Entwurf betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen, um ein Zeichen. (Rufe: ÖAAB!)  – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner liegt hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich liegt hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend das Pensionsreformgesetz 2000 ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen vor.

Auch über diesen Rückverweisungsantrag lasse ich sogleich abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, den Gesetzentwurf betreffend das Pensionsreformgesetz 2000 an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die einzelnen Gegenstände selbst, die ich getrennt vornehmen werde.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 in 254 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Öllinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Ferner haben die Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich liegt ein ausreichend unterstütztes Verlangen auf namentliche Abstimmung hinsichtlich der dritten Lesung vor.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes und schließlich entsprechend dem erwähnten Verlangen über den Gesetzentwurf in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Ziffer 13a, Artikel 2 Ziffer 7b, Artikel 3 Ziffern 4d und 27j sowie Artikel 4 Ziffer 2b bezieht, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 5 Ziffer 9 in § 34 bezieht, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 5 Ziffer 9 in § 34 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nun die Frau Schriftführerin, Frau Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Auer wird sie später dabei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Parfuss und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.


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(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.10 Uhr unterbrochen und um 20.20 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Es wurden 176 Stimmen abgegeben. Davon waren 100 "Ja"-Stimmen und 76 "Nein"-Stimmen.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger Franz, Hornek Erwin;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer, Loos;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;


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Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 254 und Zu 254 der Beilagen beigedruckte Entschließung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 15.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Genossen betreffend langfristige Sicherung des Pensionssystems.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 16.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, in 263 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 2a bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. (Abgeordnete der Grünen erheben sich von ihren Sitzen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Petrovic nicht? Ein Riss durch die Fraktion!)  – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. (Abg. Dr. Martin Graf: Für das Protokoll: Die Grünen haben mitgestimmt!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. (Alle Abgeordneten der Grünen außer Abg. Dr. Van der Bellen bleiben sitzen. – Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Aufstand gegen den Vorsitzenden! – Ruf bei den Freiheitlichen: Misstrauensantrag!)  – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Da kurzfristig ein Verlangen auf getrennte Abstimmung vorgelegt wurde, unterbreche ich zur Vorbereitung des Croquis für 5 Minuten die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 20.24 Uhr unterbrochen und um 20.30 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen, und nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Pensionsreformgesetz 2000 in 259 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen Abänderungsanträge eingebracht.

Weiters liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen vor.

Die Abgeordnete Dr. Petrovic hat ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Schließlich liegt ein ausreichend unterstütztes Verlangen auf namentliche Abstimmung hinsichtlich der dritten Lesung vor.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen beziehungsweise dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes nach – und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes und schließlich entsprechend dem erwähnten Verlangen den Gesetzentwurf in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der eine Änderung im Inhaltsverzeichnis zum Gegenstand hat.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffer 2 in Artikel 1 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.


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Ich lasse sogleich über Artikel 1 Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 9 eingebracht, der die Streichung von § 236b sowie eine Abänderung von § 236c zum Inhalt hat.

Jene Abgeordneten, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, damit ist der Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf die Ziffer 9 in Artikel 1 bezieht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Ziffer 10 bezieht.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der ebenfalls die Ziffer 10 in Artikel 1 zum Gegenstand hat.

Jene Abgeordneten, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag zu Artikel 2 Ziffer 9 eingebracht.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel 2 Ziffer 9 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 2 Ziffer 7 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 9 bezieht.

Ich bitte bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 2 Ziffer 8 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.


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32. Sitzung / Seite 236

Ich ersuche bei Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 3 Ziffer 2 bezieht.

Jene Mitglieder des Hauses, die für diesen Antrag sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 10 und 26 in Artikel 3 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 3 Ziffern 10 und 26 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der den Entfall der Ziffer 2 in Artikel 5 und die dadurch bedingten Änderungen in der Ziffernbezeichnung zum Inhalt hat und sich auf Artikel 5 Ziffern 5 und 6 bezieht.

Ich bitte bei Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel 6 Ziffer 3 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 6 Ziffer 3 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 6 Ziffer 8 bezieht.

Jene Abgeordneten, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffer 3 in Artikel 7 zum Inhalt hat.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 7 Ziffer 3 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 7 Ziffer 8 bezieht.


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32. Sitzung / Seite 237

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Entfall der Ziffer 2 in Artikel 8 sowie die dadurch bedingte Änderung der Ziffernbezeichnung und weiters auf die Ziffern 6, 10, 16 und 17 in Artikel 8 bezieht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 10 Ziffer 4 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Artikel 10 Ziffer 4 bezieht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 11 Ziffer 3 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel 13 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Artikel 13 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel 14 zum Inhalt hat.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 14 Ziffer 1 bezieht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.


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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 238

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Frau Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Auer wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Parfuss und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird für diesen Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.46 Uhr unterbrochen und um 21.01 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Es liegt mir ein Vorhalt der Grünen und der sozialistischen Fraktion vor, dass ich bei den Abstimmungen der Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen bei Artikel 2 Ziffer 7 statt "Ziffer 7" "Ziffer 9" gesagt hätte. Ebenfalls hätte ich beim Abänderungsantrag zu Artikel 2 statt "Ziffer 5" "Ziffer 9" gesagt.

Ich lasse mir daher das Stenographische Protokoll vorlegen, unterbreche für einige Minuten die Sitzung und werde dann die weitere Vorgangsweise festlegen.

(Die Sitzung wird um 21.02 Uhr unterbrochen und um 21.24 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze wieder einzunehmen, und setze die unterbrochene Sitzung fort.

Es sind tatsächlich in der Abstimmung der Abänderungsanträge Dr. Kostelka und Genossen zu Artikel 2 Ziffer 7 und zu Artikel 2 Ziffer 5 zwei Irrtümer passiert. Ohne Präjudiz werde ich daher eine Wiederholung der Abstimmung vornehmen und möchte insbesondere anmerken, dass es die Ziffer 9 in den beiden betreffenden Anträgen von Dr. Kostelka und Genossen gar nicht gibt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen zu Artikel 2 Ziffer 5.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes ist bereits erledigt.


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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 239

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel 2 Ziffer 7 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

*****

Ich gebe nun das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt:

Abgegebene Stimmen: 173. Davon waren "Ja"-Stimmen: 97, "Nein"-Stimmen: 76.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer, Loos;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Staffaneller, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 240

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Spindelegger;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Pensionsreformgesetz 2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (176 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-


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32. Sitzung / Seite 241

Dienstrechtsgesetz 1985, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000) (260 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (179 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (261 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.26

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die vorliegende Dienstrechts-Novelle ist weitgehend eine Anpassung an die neuen Zuständigkeiten, weiters handelt es sich um zahlreiche technische Adaptierungen, die sich über alle Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes verteilen.

Die Funktionsgruppen 7, 8 und 9, also die so genannten Fixbezüge, müssen im Gesetz angeführt werden. Somit ist auch augenscheinlich, welche Regelung, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien, Sie für Ihre Ministersekretäre getroffen haben. Sie bedeutet, dass wir ungefähr eine Verdoppelung der Zahl von Damen und Herren mit Sektionschefbezügen haben, und dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu einem Zeitpunkt, zu dem nach Ihren eigenen Aussagen Sparen angesagt ist. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, so wie in vielen Gesetzen, die Sie bereits eingebracht haben, zieht sich auch hier wie ein blau-schwarzer Faden der Gedanke durch: Die Kleinen rationalisieren wir weg. Sie selbst, Herr Staatssekretär, haben vor einiger Zeit hier gesagt: rund 9 000. Wir kennen auch Aussagen des Finanzministers. Wir wissen es aber nicht genau: Sind es 13 000, 14 000, 30 000 oder 50 000? All diese Zahlen wurden in den Medien bereits kolportiert. Wir werden es sehen, wenn es so weit ist.

In derselben Novelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden für Vertragsbedienstete die Urlaubsaliquotierung und der Entfall des Postensuchtages eingeführt. Also: Die Kleinen bestraft man, und die Großen belohnt man! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Ihre Form des "neuen Regierens" und der angeblichen sozialen Gerechtigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters beinhaltet diese Dienstrechts-Novelle auch eine neue Regelung bezüglich der Krankenanstalten-Arbeitszeit. Da wurde nach langen Verhandlungen und Diskussionen vor allem auch bezüglich der Planstellenfrage eine Regelung gefunden. Schade ist, dass dies gemeinsam in einer Novelle hier eingebracht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sich nach unserem Verständnis in dieser Dienstrechts-Novelle ebenfalls die Umverteilung von den Kleinen zu den Großen widerspiegelt, können wir dieser Dienstrechts-Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30


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32. Sitzung / Seite 242

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Beginnen Sie nicht mit einem falschen Zitat! – Abg. Lentsch: Ich werde es mir merken, Herr Schwemlein! – Abg. Dr. Mertel: Nicht schon wieder!)

21.30

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Auch wenn es die Opposition immer wieder in Abrede stellt: Die Reformmaßnahmen der Bundesregierung sind notwendig – das ist bei den Pensionen so, und das trifft auch auf die Arbeitswelt zu.

Es versteht natürlich in der Bevölkerung niemand, dass es eine Gruppe von Arbeitnehmern gibt, die mit 53 Jahren in Pension gehen will, während für alle anderen immerhin 61,5 Jahre gelten. Es würde auch niemand verstehen, wenn diese Reformregierung Privilegien im Arbeitsrecht zulassen würde.

Ich freue mich daher ganz besonders, dass nunmehr Arbeiter und Angestellte endlich gleichgestellt sind. (Abg. Schwemlein: Das glauben Sie ja selbst nicht!) Das war eine mutige Aktion, wie ich meine, über die sich immerhin vier sozialistische Bundeskanzler nicht getraut haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Und wenn Sie hundertmal sagen: Gleichstellung! – Weitere Zwischenrufe.)

Mit der vorliegenden Dienstrechts-Novelle 2000 für Beamte und Vertragsbedienstete erfolgt eine weitere Anpassung an die reale Arbeitswelt. Wenn man in der Privatwirtschaft zuerst einmal etwas arbeiten muss, um einen Urlaubsanspruch zu erwerben, dann muss dies selbstverständlich auch für die öffentlich Bediensteten gelten. Das ist ganz einfach eine Frage der Gerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) – Erst in zweiter Linie geht es um Einsparungen.

Bei den Universitätskliniken wird es sogar mehr Geld geben, etwa für ärztliche Journaldienste. Da wir wissen, dass an diesen Kliniken die Knochenarbeit von den Assistenten und Dozenten geleistet wird, wurde genau für diesen Mittelbau der Ärzteschaft – nicht für die Professoren – eine besondere Vergütung vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die vorliegende Dienstrechts-Novelle 2000 beweist somit zweierlei: Erstens: Diese Regierung verteilt keineswegs von unten nach oben, wie es uns die Opposition immer wieder unterstellt. Und zweitens: dass die ÖVP/FPÖ-Regierung nicht nur einspart, sondern dort, wo es um unsere Gesundheit geht, mehr Geld ausgibt.

Mehr Gerechtigkeit statt Privilegien und zielgenauer Einsatz der Mittel für bessere Leistungen, das ist die Handschrift dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen: Es ist gut und tut gut, dass in Österreich endlich etwas weitergeht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich bin froh über die Bemerkungen der Vorrednerin, da ich jetzt gut begründen kann, warum ich beziehungsweise wir getrennte Abstimmung verlangen. (Abg. Schwarzenberger: Nicht schon wieder!)

Dieses Gesetz beziehungsweise dieses Kapitel nennt sich Erneuerungen des österreichischen Sozialrechtes. Was die Urlaubsaliquotierung und fehlende Arbeitssuchtage betrifft, werden wir nicht zustimmen. Jenen Maßnahmen, die im Besoldungs- und auch im Dienstrecht helfen, das


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32. Sitzung / Seite 243

Arbeitszeitgesetz für Gesundheitsberufe in Krankenanstalten zu ändern, stimmen wir zu. Ich möchte aber fairerweise schon anmerken, dass der Entwurf dazu sowie diese Verhandlungen nicht von dieser Regierung, sondern von der vorherigen Regierung stammen beziehungsweise geführt wurden. (Zwischenruf.) – Wenn Sie Zweifel haben, dann fragen Sie nach.

Ich möchte Ihnen noch etwas erklären: Das Gesetz betreffend Arbeitszeit für Gesundheitsberufe ist seit 1997 in Kraft. Nach langjährigen mühsamen Verhandlungen konnte es jetzt auch im Hoheitsrecht des Bundes, das heißt an Universitätskliniken, umgesetzt werden beziehungsweise hat man begonnen, es umzusetzen. Ich bitte Sie daher, diese Sache zu unterstützen.

Ich möchte Ihnen einige Zahlen nennen. Fällt Ihnen eine Berufsgruppe ein, die sich freut, wenn ihre maximale wöchentliche Arbeitszeit auf 72 Stunden begrenzt wird, und das als ungeheuren Fortschritt gegenüber der Vergangenheit sieht? – Ich sage es Ihnen: Das sind die Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken. Und wenn Ihnen eine Berufsgruppe einfällt, die sich freut, wenn die durchgehende En-bloc-Arbeitszeit 49 Stunden beträgt, dann kann ich Ihnen sagen, sind dies wieder die Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken.

Ich glaube, es ist legitim, dass begleitend zu den Betriebsvereinbarungen, die in einer Art Rahmenentwurf verhandelt wurden, begleitende dienst- und besoldungsrechtliche Änderungen stattfinden.

Damit bin ich schon am Ende meiner Ausführungen. Ich bitte Sie, diesem Teil, dem anderen werden wir nicht zustimmen ... (Abg. Dr. Leiner: Dann können Sie dem anderen ja auch zustimmen!) – Nein, dem anderen könnte ich nicht zustimmen. – Es ist spät, ich glaube daher, wir lassen uns auf keine weiteren Debatten ein. – Danke.

21.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste hat sich Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.36

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte auf das replizieren, was Herr Kollege Pendl gesagt hat, und würde schon bitten, dass man das Fehlen von Argumenten nicht immer durch falsche Behauptungen ersetzt, denn Sie haben das auch schon (Rufe: Weisen Sie es nach!)  – ich weise es sofort nach – im Ausschuss behauptet, und ich habe es auch dort schon richtig gestellt.

Es gibt keine besoldungsrechtlichen Verbesserungen für Mitarbeiter in Kabinetten, die Einstufung erfolgt wie bisher. Statt der Ernennung wird eine gleich hohe Ergänzungszulage bezahlt. Dadurch soll bei Arbeitsplatzverlust bei weniger als dreijähriger Ausübung keine Behalteklausel wirksam werden. Das heißt, es ist dies eine Verschlechterung für all jene, die weniger als drei Jahre in solch einer Position sind, für alle anderen bleibt alles gleich. Es ist das in Wahrheit also eine viel strengere Regelung als bisher, und sie stellt keinerlei Belastung für den Bundeshaushalt dar. Ich möchte das in aller Form deutlich klarstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann.

21.37

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Durch die so genannte Dienstrechts-Novelle 2000 werden im Beamten-Dienstrecht eine ganze Reihe von Änderungen und Anpassungen vorgenommen. Das reicht von der bereits erwähnten Regelung der Wochenarbeitszeit für Ärzte an Universitätskliniken über die Anrechnung von Karenzurlauben für Austauschlehrer bis hin zum Überstellungs- und Zulagenrecht der Schul- und Fachinspektoren; es betrifft aber auch die Anrechnung der Zeit eines Hochschulstudiums, um nur einige Beispiele von vielen herauszugreifen.


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32. Sitzung / Seite 244

Von besonderer Bedeutung für uns Freiheitliche sind jene gesetzlichen Änderungen, die sich auf die Soldaten des Bundesheeres beziehen, die im Zuge des Assistenzeinsatzes an der Grenze unseres Landes stehen. Diese Soldaten nehmen, wie wir alle wissen, sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahr und müssen häufig illegale Grenzgänger festnehmen, bei Fremden Gepäcksdurchsuchungen vornehmen und vieles andere mehr.

Wenn diese Soldaten bei der Ausübung dieser Tätigkeit im Grenzeinsatz einen Unfall erleiden oder bei Festnahmen Körperverletzungen davontragen, dann werden sie nunmehr auf Grund dieser Novelle nach dem Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz den Wachebediensteten sozialrechtlich gleichgestellt. Das ist eine soziale Vorsorgemaßnahme, die wir unseren jungen Wehrdienern sehr wohl schuldig sind.

Im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über die Beamten möchte ich eine Stimme zitieren, die das Spannungsfeld, in dem der öffentlich Bedienstete heutzutage steht, sehr klar aufzeigt: Der Verfassungsrechtler Professor Heinz Mayer bringt es auf den Punkt, wenn er meint – ich zitiere ihn wörtlich –:

"Verdienen sie" – gemeint sind die Beamten –, "was sie haben? – Eine einfache Antwort ist nicht möglich. Tatsache ist, dass viele ihrer Rechte heute nur mehr schwer erklärbar sind. Dienst- und Pensionsrecht sind ein kaum zu durchdringendes Dickicht und ein Nährboden für Legendenbildung. Aus meiner Sicht ist der einzuschlagende Weg klar: Raus aus der Defensive, Leistungsbereitschaft fördern, und die, die die Beamtenlaufbahn als Warteraum für die Frühpension verstehen, verabschieden. Das wird lange dauern und nur gelingen, wenn Politik und Bürokratie an einem Strang ziehen. Man sollte es sich aber versagen, die Beamten schlechthin als Schmarotzer darzustellen. Das ist falsch und ungerecht. Auch die Beamten und ihre Funktionäre müssen aber beachten, dass sie sich neuen Erfordernissen anpassen müssen, weil sie sonst zum Fremdkörper in der Gesellschaft werden." – Zitatende.

Um zu verhindern, dass die Beamten und Bediensteten des öffentlichen Dienstes zu einem Fremdkörper in der Gesellschaft werden, brauchen wir ein modernes Beamten-Dienstrecht, das das Leistungsprinzip und den Leistungsgedanken stärker in den Vordergrund stellt als bisher. Mit dieser Novelle leisten wir dazu, glaube ich, einen wichtigen Beitrag. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.41

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich bringe einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 176 der Beilagen betreffend die Dienstrechts-Novelle 2000 (260 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im eingangs bezeichneten Gesetzesantrag entfallen folgende Ziffern:

1. In Artikel 1 die Ziffern 5a, 6a bis 6g und 6i bis 6n.

2. In Artikel 2 die Ziffern 13a bis 13h, 21a bis 21g, 23a bis 23d und 25a bis 25d.

3. In Artikel 3 die Ziffern 21a bis 21h.

*****


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32. Sitzung / Seite 245

Zur Erläuterung dessen, was sich hinter den Zahlen verbirgt, und auch in Anlehnung an eine der Äußerungen einer Vorrednerin, die mehr Gerechtigkeit statt Privilegien und einen besseren Einsatz der Mittel gefordert hat, möchte ich Folgendes feststellen: Es geht schlicht und einfach darum, dass es jetzt künftig Sektionschefgagen für Ministersekretäre geben soll. Das bedeutet, dass sich das Honorar für die Ministersekretäre zwischen 88 354 S und 107 439 S einpendeln soll und dass dann schlagartig aus einer zirka 100 Personen betreffenden Sektionschefbezahlung eine über 200 wird. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Falsch! Das ist falsch!) Das ist natürlich ein gigantischer Rahmen, der da angesprochen wird. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Ich halte es für notwendig, dass in Zeiten wie diesen, in denen an allen Ecken und Enden Einsparungen vorgenommen werden, dies nicht beschlossen wird, sondern herauszustreichen ist. Daher dieser Abänderungsantrag. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie können diesem Abänderungsantrag jederzeit beitreten und zustimmen. Das wäre eine durchaus sinnvolle Aktion, denn sonst müssten Sie all jenen, die jetzt gerade wieder Einsparungen ertragen müssen, ausführlich erklären, weshalb in den Ressortabteilungen überall bezahlte Sektionschefs herumrennen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Cap! War das eine Stellenbewerbung, die Sie abgegeben haben?)

21.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Da ich davon ausgehe, dass der Berichterstatter kein Schlusswort wünscht, gelangen wir zur Abstimmung.

Das Croquis ist bereits auf dem Weg, ich muss die Sitzung daher nicht unterbrechen. Ich glaube – da heute bereits ein Irrtum passiert ist –, dass es zur Vermeidung von Fehlern angemessener ist, bei der Abstimmung nach dem Croquis vorzugehen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2000 in 260 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Grünewald vor.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile, dann über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 5a, 6a bis 6g und 6i bis 6n in Artikel 1, der Ziffern 13a bis 13h, 21a bis 21g, 23a bis 23d und 25a bis 25d in Artikel 2 sowie der Ziffern 21a bis 21h in Artikel 3 zum Inhalt hat.

Wer dafür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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32. Sitzung / Seite 246

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 7, Artikel 2 Ziffern 11, 15, 18 und 32 sowie Artikel 3 Ziffern 1d, 4, 6, 17 und 20 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (Zwischenrufe.)

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird, samt Titel und Eingang in 261 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

6. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 188/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (264 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Unterschied von einer Fraktion hier im Haus, nämlich den Freiheitlichen, haben die Grünen auch bei den Debatten in den Jahren 1996 und 1997 nicht gegen eine angemessene Entlohnung von Politikern Stellung genommen. Es ist mir sehr viel wert, dies zur Einleitung zu sagen.

Gerade auf Grund dieses Unterschiedes zu den Freiheitlichen betreffend die Bezahlung von Politikern ist es mir umso unverständlicher, dass ausgerechnet die Freiheitliche Partei, die – und da treffen wir uns ja dann wieder – genauso wie die Grünen der Meinung war, dass es keine Doppelbezüge aus einem Politikereinkommen beziehungsweise aus einer Politikerlaufbahn geben darf, an diesem Privileg festhält.

Kollegin Lentsch hat vorhin gemeint, diese Koalition sei für mehr Gerechtigkeit statt Privilegien. – Meine Damen und Herren! Das ist jedoch ein Punkt, wo Sie Privilegien statt Gerechtigkeit festschreiben.


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32. Sitzung / Seite 247

Man muss sich das einmal vorstellen – ich möchte das anhand eines Beispiels illustrieren –: Jemand ist insgesamt 15 Jahre seines Lebens Politiker – zwei Jahre Staatssekretär oder Staatssekretärin oder Minister und die restlichen 13 Jahre Abgeordneter. Nach dem alten Bezügegesetz – ich betone: nach dem alten Bezügegesetz! – reicht das aus, um zwei Pensionen – gedeckelt natürlich – in der Höhe von 170 000 S zu lukrieren. Für 15 Jahre politische Arbeit zwei Pensionen – eine Staatssekretärs- oder Ministerpension, obwohl die vier Jahre nicht erreicht sind, denn man kann sich ja die Abgeordnetenjahre ausborgen, ohne dass dadurch die Abgeordnetenpension geschmälert wird.

Das wissen Sie alle! Wir haben es auch schon diskutiert: Das gibt es, das ist bestehendes Recht nach dem Bundesbezügegesetz. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. – Herr Abgeordneter Böhacker! Sagen Sie jetzt nicht: nach der neuen Regelung nicht!

Wenn es jemanden gegeben hat, der diese Neuregelung vertreten hat, dann waren es die Grünen, die da sehr viel eingebracht haben. (Abg. Böhacker: Dann verzichten Sie doch darauf!) Sie haben nicht für die neue Regelung gestimmt. Wir haben gemeinsam mit den damaligen Regierungsparteien die Neuordnung der Politikergehälter und -pensionen durchgesetzt. Sie waren dagegen!

Was jedoch die alten Bezüge betrifft, wo auch Sie dagegen waren – jedoch nur mit dem Mund –, halten Sie jetzt still, denn da geht es auch um Ihre Privilegien, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Abg. Dr. Krüger: Sie haben auch zugestimmt!) Denn es gibt ja aus der kurzen Zeit eines rot-blauen Intermezzos doch ein paar Damen und Herren und aus den später neu aufstrebenden Funktionen zum Beispiel einen Landeshauptmann in Kärnten, der für seine zugegeben etwas längere als 13-jährige Tätigkeit das Anrecht auf zwei Politikerpensionen hat. (Abg. Dr. Krüger: Sie haben auch zugestimmt im Gesamten!)

Wir haben diesem Gesetz nicht zugestimmt. Herr Abgeordneter Krüger! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Bezügegesetz in den siebziger Jahren mit den Stimmen der drei damals vertretenen Parteien beschlossen wurde. Drei Parteien hat es damals hier gegeben, und die heißen: ÖVP, SPÖ und FPÖ. Diese Bezügeregelung haben Sie zu vertreten, meine Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Krüger. )

Ich gebe zu, Sie haben in den achtziger und neunziger Jahren dann gesagt: Das muss abgeschafft werden. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, jetzt hätten Sie die Möglichkeit, diese Doppelbezüge abzuschaffen, aber Sie tun es nicht! Ich kann Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren, wie "leicht" Ihnen dies fällt.

Herr Abgeordneter und Klubobmann Westenthaler hat gesagt, das wäre ja eine ganze Systemreform und das sei im Moment zu viel. – Aber was das ASVG und die Beamten betrifft, da geht es schon. Nur das, was die Politikereinkommen, die Doppelbezüge betrifft, geht nicht.

Herr Abgeordneter Stummvoll sagt dann öffentlich: Liebe Eisenbahner! Nach 35 Jahren in Pension gehen, mit 53 Jahren, das geht nicht! (Abg. Dr. Stummvoll: Mit 53?) Herr Abgeordneter Stummvoll, Sie haben jedoch nicht dazugesagt – und Sie vertreten hier auch nicht die entsprechende Haltung –, dass es bei den Politikern mit 55 Jahren und nach 13 Jahren schon gehen soll! Das haben Sie nicht gesagt! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte das für ungeheuerlich – weniger noch von der ÖVP, denn sie hat das nie kritisiert, das gestehe ich ihr zu, als vielmehr von der Freiheitlichen Partei, die noch in ihrem Programm "Ideen 2000" enthalten hat: "Es ist sozial nicht zu rechtfertigen, dass einige Wenige Mehrfachpensionen aus öffentlichen Kassen in exorbitanter Höhe beziehen, während gleichzeitig die überwiegende Mehrheit der Pensionsbezieher von der Mindestpension leben soll." – Das zum Thema Privilegien, meine Damen und Herren!

Deshalb werden wir diesen Novellierungen des Bezügegesetzes nicht zustimmen – mit einer Ausnahme, die wir mit Ihnen immerhin ausverhandelt haben: dass nämlich der Pensionssicherungsbeitrag nicht um die bescheidenen 0,8 Prozent, die Sie vorgesehen hatten, sondern um immerhin 2 Prozent erhöht wird. Wir hätten uns zwar mehr gewünscht, weil es unverschämt ist,


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32. Sitzung / Seite 248

wenn man von den "kleinen" Leuten fordert, dass sie verzichten können, ja sollen, wenn man von diesen Beiträge und Opfer fordert, während man es sich im alten Pensionssystem inzwischen sehr gemütlich gemacht hat. (Beifall bei den Grünen.)

21.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

21.56

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die heute anstehende Novelle zum Bezügegesetz wird sichergestellt, dass wir Politiker im Pensionsrecht nicht besser gestellt sind als jeder andere Bürger auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Privilegiendiskussion eine nahezu permanente und anhaltende ist, darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass wir in den letzten 15 Jahren immer wieder unser Bezügegesetz geändert haben.

Wir haben zum Beispiel vor etwa 15 Jahren eingeführt, dass das Politikereinkommen steuerpflichtig ist. Wir haben die Ruhensbestimmungen eingeführt, die Kürzungen von Mehrfachpensionen für Regierungsmitglieder und Abgeordnete. Wir haben ferner die Offenlegung der Vermögensverhältnisse der Regierungsmitglieder beschlossen. Wir haben die Immunität ausschließlich auf die politische Tätigkeit eingeschränkt. Wir haben natürlich auch die Abfertigungsregelungen sehr restriktiv behandelt.

In diesem Sinn ist auch der heute zur Diskussion stehenden Novelle die Zustimmung zu erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

21.58

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Es wird nicht sehr lange dauern, aber es ist doch notwendig zu erklären, warum wir, die Fraktion der sozialdemokratischen Abgeordneten, im Gesamtpaket dieser Pensionsreform unsere Zustimmung geben.

Das ist nicht deshalb, weil wir bei der dritten Lesung davon überzeugt sind, sondern ganz im Gegenteil: Es ist dies eine Frage der systematischen Hygiene. Wir lehnen dieses Pensionsreformpaket aus vielen Gründen zutiefst ab: Es ist unsozial, es bedeutet darüber hinaus natürlich auch, dass in Pensionen eingegriffen wird, es verletzt den Vertrauensschutz, und es gibt noch eine Reihe von anderen Gründen.

All diese Überlegungen werden dazu führen, dass wir zum Verfassungsgerichtshof gehen. Ich bin davon überzeugt, dass der Verfassungsgerichtshof unseren Argumenten Recht geben wird. Wir sind aber auch überzeugt davon, dass es, wenn das Pensionsrecht für alle ASVG-Versicherten, für alle Beamten in so tief greifender Weise verändert wird, nicht sein kann, dass eine kleine Gruppe – nämlich die Politiker – in diesem Zusammenhang keine ähnliche Verschlechterung erfährt.

Wir sind daher auf der einen Seite nach wie vor gegen dieses Pensionsreformpaket, andererseits aber sind wir der Meinung, dass sich die Politiker dem als einzige Personengruppe dieser Republik nicht entziehen dürfen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden daher diesem Gesetz aus systematischen Gründen und auch aus der Überlegung der Selbstbetroffenheit zustimmen, ohne erstens dem Gesamtpaket zuzustimmen und zweitens ohne darauf zu verzichten, dieses gesamte Paket in seiner vollen Länge beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. (Beifall bei der SPÖ.)

22.00


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32. Sitzung / Seite 249

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

22.00

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde meine Ausführungen auch kurz halten, möchte aber schon ganz grundsätzlich erklären, warum wir Freiheitliche damals der Bezügereform nicht zugestimmt haben. Das hat auch den Grund gehabt, Herr Kollege Öllinger – das wissen Sie ganz genau –, dass es sich einige hier im Hohen Haus ganz schön gerichtet haben. (Abg. Öllinger: Herr Gugerbauer!) Es war nämlich jenen, die damals schon länger als zehn Jahre hier waren, die Pension zugesichert, und alle anderen hatten die Möglichkeit einer Option, und zwar entweder ins Pensionskassensystem überzutreten oder im alten System zu bleiben. Das war etwas, was die Freiheitlichen damals auf keinen Fall mittragen konnten.

Der zweite Bereich, um den es heute geht: Vor uns steht ein riesengroßes Konsolidierungspaket. Wir wollen dieses Konsolidierungspaket nicht so angehen wie damals die SPÖ, nämlich mit einer einseitigen Belastung der österreichischen Bevölkerung und vor allem der Bezieher kleinerer Einkommen, sondern wir wollen eine Konsolidierung herbeiführen, bei der alle Berufsgruppen ihren Beitrag leisten sollen. Mit "alle Berufsgruppen" meine ich sowohl die unselbständig Erwerbstätigen als auch die selbständig Erwerbstätigen, ebenso die Bauern, die Beamten und selbstverständlich auch die Politiker. Die Politiker sollten hiezu auch ihren Beitrag leisten, indem sie nicht besser gestellt werden als alle anderen.

Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Kollegen betreffend den Antrag 188/A der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes 264 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die im Titel bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

,Im Art. 1 Z 32c entfällt der 2. Satz des § 44k.‘"

*****

Das hat den einfachen Grund, dass wir auch keine Besserstellung der EU-Abgeordneten gegenüber den Beamten beziehungsweise den Abgeordneten zum Nationalrat haben wollen. Deswegen wird dieser Artikel gestrichen, damit auch diesbezüglich Gleichberechtigung gegeben ist.

Auch die Grünen sollten sich im Zusammenhang mit diesem Bezügegesetz überlegen, ob sie nicht doch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Abänderungsantrag, der sehr spät eingebracht wurde, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir gelangen daher, da auch ein Verlangen des Berichterstatters auf ein Schlusswort nicht gestellt wurde, zu den Abstimmungen.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf in 264 der Beilagen.


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Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Genossen den soeben von Kollegen Trattner verlesenen Abänderungsantrag eingebracht.

Es liegt auch ein von Abgeordnetem Öllinger eingebrachtes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile des Gesetzes und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Es haben, wie gesagt, die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Dr. Khol einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Z 32c bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Abänderungsantrag in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen wurde.

Wir gelangen als Nächstes zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 32d in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Ziffer 32d in getrennter Abstimmung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dieser Teil des Antrages findet in zweiter Lesung einstimmige Zustimmung.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit beschlossen wurde.

Damit ist die zweite Lesung abgeschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

7. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (66 und Zu 66 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird und das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden (210 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (195 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, aufgehoben wird (211 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das uns vorliegende Gaswirtschaftsgesetz und ebenso die Novellierung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes sind nicht Selbstzweck schlechthin.

Die Richtlinie hätte uns noch Zeit gelassen, den Markt sowohl für Gas als auch für Strom in etwas längeren Etappen zu öffnen, als wir dies mit diesen Vorlagen tun werden. Das wesentlichste Ziel dieser beiden Vorhaben war jedoch und ist, die Strom- und Gaspreise für Millionen von Haushalten in Österreich zu senken und darüber hinaus für Industriebetriebe und kleinere wie auch mittlere Unternehmen – bei großen Industriebetrieben, die jetzt bereits zugelassene Kunden sind, ist dies schon in einem gewissen Umfang geschehen – die Preise zu senken, um den Standort zu sichern.

Die SP/VP-Regierung hat diese Thematik über die Beschlussfassung des ElWOG hinaus im Vorjahr bereits andiskutiert und zum Teil auch verhandelt. Es war daher, glaube ich, nur logisch, vor allen Dingen, weil die Regierungsparteien, wenn sie Wert auf eine qualitativ hochwertige Umsetzung der Marktöffnung legten, die Zustimmung für die erforderliche Zweidrittelmehrheit benötigten, uns in die Verhandlungen mit einzubeziehen. Wir haben daher unsere Vorstellungen in der Öffentlichkeit wie auch bei den Verhandlungen entsprechend geäußert.

Wir halten die Marktöffnungsziele für wirklich sehr ambitioniert. Beim Gas soll der Markt für Endverbraucher im Umfang von 25 Millionen Kubikmetern bereits ab 1. August 2000 und ab 1. Oktober 2002 zur Gänze geöffnet werden. Wir hätten es zwar bevorzugt, in der ersten Etappe 20 Millionen Kubikmeter vorzusehen, weil damit die Ungleichheiten etwas geringer ausgefallen wären, können aber mit dieser Vorgangsweise durchaus leben.

Beim Strom sind wir von fast derselben Vorstellung ausgegangen. Wir waren zwar der Meinung, dass der Markt für kleinere und mittlere Unternehmen und für alle Verteilunternehmen bereits ab 1. Jänner 2001 geöffnet werden könnte und der Minister ermächtigt sein sollte, per Verordnung generell zu öffnen. Aber die vorliegende Lösung ist unserer Meinung nach auch durchaus akzeptabel, vor allem weil, wenn all das rechtzeitig zu wirken beginnt, der Minister die Möglichkeit hat, bereits drei Monate vor der im Gesetz mit 1. Oktober 2001 festgelegten Öffnung, also schon am 1. Juli 2001, zur Gänze zu öffnen.

Für alle EVUs, für alle in der E-Wirtschaft ebenso wie in der Gaswirtschaft ist diese Vorgangsweise eine große Herausforderung. Wir waren der Meinung, dass das nur funktionieren kann, wenn ein bestimmtes Regelwerk installiert wird. Dabei steht an der Spitze der so genannte Regulator. Dieser wird im zu beschließenden Gesetz weiterhin im Verfassungsrang gehalten, sodass es Änderungen in diesem Zusammenhang wiederum nur mit qualifizierter Mehrheit wird geben können.

Unsere Vorstellungen vom Regulator waren und sind: Er hat unabhängig zu sein. Er muss rasch und effizient arbeiten, um die Vielzahl der Aufgaben entsprechend erledigen zu können. Wir waren der Meinung – und ich weiß mich hier eins mit einigen anderen der Mitverhandler –, wir könnten mit einer Regelzone über ganz Österreich auskommen. Wir müssen aber, glaube ich, politisch zur Kenntnis nehmen, dass Vorarlberg ebenso wie Tirol jeweils eine eigene Regelzone bleiben werden. Das übrige Österreich ist dann in einer weiteren, der dritten Regelzone zusammengefasst.

Herr Bundesminister Bartenstein! Ich habe in diesem Zusammenhang ein Anliegen: Wir haben ja, da wir von verschiedenen Seiten dazu aufgefordert wurden, auch überlegt, ob es nicht Aus


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weichmöglichkeiten für die Aufgabe des Clearing und Settlement geben sollte. Ich weiß jetzt aus Gesprächen, dass Sie den Verhandlern versichert haben, dass diese Leistung von der Elektrizitäts-Control GmbH ausgeschrieben werden wird. Wenn das der Fall ist, dann können wir meiner Meinung nach davon Abstand nehmen, das verhandelte Paket noch einmal zu öffnen, um diese Ausweichregelung mit hineinzunehmen, weil allein auf Grund der Ausschreibung gewährleistet ist, dass wirklich der Bestbieter zum Zuge kommen wird.

Ein weiterer wesentlicher Punkt bei den Vorlagen ist der Bereich der erneuerbaren Energieträger. Sie wissen, wir haben uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2010 sollen die CO2-Belastungen der Luft um 13 Prozent verringert werden. Es ist daher erforderlich, den Bereich der erneuerbaren Energieträger weiter zu fördern und zu unterstützen. Wir konnten uns darauf einigen, dass der Bereich der klassischen erneuerbaren Energieträger so wie bisher auf Länderebene über Einspeisregelungen gefördert wird.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang das höher gesteckte Ziel, bis 2007 einen Anteil von 4 Prozent zu erreichen, mit dem in erster Linie den Wünschen der Biomassebetreiber entgegengekommen werden soll und das sich auch daraus ergibt, dass wir den Kreis der in diesem Zusammenhang anzuerkennenden Ökostromanlagen etwas erweitert haben. Es wurden Mischfeuerung und Abfallverbrennung mit hohem bioenergetischen Anteil mit hineingenommen, erstmals aber auch klar und deutlich die Kleinwasserkraft, und zwar auf der Basis von 10 Megawatt und mit einem Ziel von 8 Prozent, wobei auch noch festgehalten wird, dass die Zielgröße im Bedarfsfall evaluiert werden kann. Die Grundlage dieser Regelung sollen Zertifikate bilden.

Auch für die Kraft-Wärme-Kopplung haben wir eine für alle befriedigende Lösung gefunden, die ebenfalls einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die Fernwärmeversorgung in Ballungszentren sicherzustellen, und mit 31. Dezember 2004 befristet ist.

Was das Gaswirtschaftsgesetz betrifft, so wurde auch in diesem Bereich überlegt, in mehreren Etappen zu öffnen. Das ElWOG hat uns gezeigt: je mehr Etappen, umso größer die Ungleichheiten, die damit geschaffen werden.

Was eines der Kernprobleme im Gaswirtschaftsgesetz, und zwar das der Take-or-pay-Verträge betrifft, so möchte ich dieses jetzt aus Zeitgründen inhaltlich nicht weiter ausführen, aber in diesem Zusammenhang doch sagen, dass den Beamten des Wirtschaftsministeriums eine wirklich gelungene Lösung geglückt ist. Ich kann dazu nur gratulieren, und ich glaube, diese Lösung ist wirklich handhabbar.

Die Position der Gaswirtschaft in diesem Zusammenhang, die die Drei-Parteien-Einigung bedauert, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht bedauert sie sie deswegen, weil sie nicht bereit war, von ihrer Extremposition, nämlich einer Totalöffnung erst ab 2008, abzugehen. Die tatsächliche Totalöffnung wird ja 2002 erfolgen. Mir wurde auf alle Fälle berichtet, dass ihre Verhandler gegenüber der Regierung dem vorliegenden Entwurf zum Gaswirtschaftsgesetz zugestimmt haben.

Zusammenfassend sollte, glaube ich, erwähnt werden, dass mit dem vorliegenden Gaswirtschaftsgesetz aus vielen Einzelgesetzen, die im Laufe der letzten hundert Jahre in Österreich entstanden sind, ein kompaktes, klares und übersichtliches Gesetz geschaffen wird, das für die Kunden, also auch für die Konsumenten, viele Chancen, aber auch für die in der Gaswirtschaft Tätigen mehr Chancen als Risken mit sich bringen wird.

Abschließend danke ich den Beamten für ihre großartige Unterstützung bei den Verhandlungen, ich danke den Verhandlern der Regierungsparteien, und ich möchte mich vor allem beim Verhandlungsführer, Kollegen Kopf, namentlich für seine faire Verhandlungsführung bedanken.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen der Regierungsvorlage einschließlich der Abänderungsanträge zu, ganz im Sinne einer weiterführenden, konstruktiven Oppositionspolitik!


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Nicht zustimmen können und werden wir der Regierungsvorlage, mit der das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, aufgehoben werden soll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Oberhaidinger hat den Inhalt der Novelle zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz und des Gaswirtschaftsgesetzes im Wesentlichen schon referiert.

Ich möchte zunächst grundsätzlich festhalten: Diese Reformpartnerschaft von FPÖ und ÖVP schafft in wirklich erstaunlich kurzer Zeit die Umsetzung wichtigster Vorhaben struktureller Art für dieses Land: ganz zu Beginn die Neuordnung der Ministerien in einer Form, wie wir sie uns eigentlich schon seit vielen Jahren wünschen; ein Notbudget in Rekordzeit, obwohl keine Vorgaben und Vorarbeiten dafür vorhanden waren; eine Angleichung von Arbeitern und Angestellten, was im Grunde seit vielen Jahren ein Wunsch aller Parteien war; die jetzt gerade beschlossene Pensionssicherung, vor allem für unsere jetzige und nächste Generation; und auch die Umsetzung von EU-Richtlinien, die noch beschlossen werden, morgen im UVP-Bereich und in Kürze für die IPPC- und Seveso-Richtlinie.

Jetzt wird mit diesen Gesetzen eine enorme Verbesserung der Rahmenbedingungen sowohl für die Wirtschaft als auch – wie du richtig sagst, Georg – für die Konsumenten – für jeden einzelnen Konsumenten, ob klein oder groß – beschlossen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Folge wird sein: günstigere Energiepreise für die Wirtschaft sowie für den einzelnen Haushaltskunden durch die von dir, Kollege Oberhaidinger, zitierten Marktöffnungen bei Gas und bei Strom. Es muss allerdings auch dazugesagt werden, dass jede Liberalisierung Rahmenregulierungen braucht und nicht ungehindert geschehen kann. All diese Regelungen über Regulator, Verrechnungsstellen, Regelzonen sind daher notwendiges Regelwerk, damit diese Dinge funktionieren können.

Es gehören auch noch politisch gewollte Einschränkungen dazu, wie zum Beispiel die als Förderung für die erneuerbaren Energieträger gedachten, aber natürlich auch Einschränkungen, was die völlige Marktliberalisierung und Marktfreiheit betrifft, weiters die schon zitierte Förderung für die Kleinwasserkraft und jene für die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen – auch dies ist politischer Wille aller drei Parteien –, die Einschränkungen oder die Verhinderung des Imports von Atomstrom in § 13.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf den inzwischen im Saal verteilten Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Hofmann und Oberhaidinger, der genau diese zwei Punkte, nämlich die Ausweitung des Anteils der erneuerbaren Energieträger auf 4 Prozent in der vierten Stufe und die Verhinderung des Atomstromimports betrifft, verweisen und diesen Antrag hiemit auch formell einbringen. Das waren neben legistischen Verbesserungen die zwei wesentlichen Kernpunkte dieses Antrages.

Dieser Antrag beziehungsweise diese Gesetzesänderungen beinhalten notwendigerweise eine Reihe von Verfassungsbestimmungen zur Schaffung dieser Kompetenzverschiebungen von den Ländern zum Bund, zur Schaffung dieses Regulators und so weiter.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei unseren Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion wirklich sehr herzlich bedanken, vor allem dafür, dass es möglich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (in Richtung des auf seinem Mobiltelefon sprechend sich zum Ausgang auf der Rückseite des Saales begebenden Abg. Dr. Khol): Kollege Khol! Die Kassa! –


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Bitte fortzusetzen! (Abg. Dr. Khol begibt sich, der Vereinbarung, dass bei Verwendung eines Mobiltelefons im Sitzungssaal 1 000 S zu entrichten sind, Rechnung tragend, zum Präsidium.)

Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Er kassiert es bei uns auch! (Heiterkeit.)

Ich möchte mich also wirklich sehr herzlich bedanken für die sehr konstruktiven Gespräche, die wir in diesem Zusammenhang führen konnten, und natürlich auch dafür, dass es dann möglich war, in einem, glaube ich, fairen Verhandlungs- und Austauschprozess Lösungen zustande zu bringen, die es auch den Sozialdemokraten ermöglicht haben, diesem Gesetz zuzustimmen. Herzlichen Dank für diese Fairness in den Verhandlungen! – Das sei hier ganz besonders erwähnt. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Mag. Hartinger. )

Ein kleiner Wermutstropfen – nicht aber, was die Sozialdemokratie betrifft – ist die Tatsache, dass es in letzter Minute, obwohl es fast gelungen wäre, dann doch nicht gelungen ist, auch die Grünen noch ins Boot zu holen. Das konnte leider nicht gelingen. Ich finde es schade, dass es an dieser an sich nicht mehr notwendigen Verschärfung des § 13, die gefordert wurde, gescheitert ist. Aber immerhin, wir waren in den Gesprächen doch sehr nahe dran (Abg. Dr. Lichtenberger: Nehmt das hinein, dann passt es!), und das soll auch positiv erwähnt werden.

Abschließend glaube ich sagen zu können, dass dieses Gesetz durch diese Öffnung des Marktes und die damit sinkenden Energiepreise, die im Augenblick im internationalen Vergleich viel zu hoch sind, insgesamt ein sehr guter Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in Österreich, vor allem, was die Wirtschaft betrifft, ist. Profitieren werden davon aber auch die Haushaltskunden, also auch jeder in seinem Haushalt. Insgesamt ist es, glaube ich, wieder ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Standortbedingungen in Österreich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag liegt vor, ist in den Grundzügen erläutert worden, ordnungsgemäß unterfertigt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Oberhaidinger und Kollegen zur Regierungsvorlage 66 der Beilagen in der Fassung der Regierungsvorlage Zu 66 der Beilagen (Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird, das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden und das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission sowie das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, erlassen werden (Energieliberalisierungsgesetz), in der Fassung des Ausschussberichtes (210 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

"Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes 210 der Beilagen wird geändert wie folgt:

1. Artikel 1 § 79 Abs. 4 lautet:

,(4) Vor In-Kraft-Treten des 6. Teiles anhängige Verfahren sind nach den bisher geltenden Bestimmungen durchzuführen.‘


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2. Im Artikel 7 Z 2 lautet die Novellenanordnung:

,2. (Verfassungsbestimmung) § 1 lautet:‘

3. Artikel 7 Z 3 lautet:

,3. (Grundsatzbestimmung) § 4 lautet:

"§ 4 (Grundsatzbestimmung) (1) Die Ausführungsgesetze haben den Netzbetreibern nachstehende gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse aufzuerlegen:

1. die diskriminierungsfreie Behandlung aller Kunden eines Netzes;

2. der Abschluss von privatrechtlichen Verträgen mit Netzbenutzern über den Anschluss an ihr Netz (Allgemeine Anschlusspflicht);

3. die Errichtung und Erhaltung einer für die inländische Elektrizitätsversorgung oder für die Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen ausreichenden Netzinfrastruktur;

4. die Erfüllung der durch Rechtsvorschriften auferlegten Pflichten im öffentlichen Interesse;

5. die Abnahme elektrischer Energie aus Erzeugungsanlagen, in denen die erneuerbaren Energieträger eingesetzt werden.

(2) Die Netzbetreiber haben die bestmögliche Erfüllung der ihnen gemäß Abs. 1 im Allgemeininteresse auferlegten Verpflichtungen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln anzustreben."‘

4. Im Artikel 7 Z 9 lautet § 13 Abs. 1:

,(1) Stromlieferungsverträge, die den Bezug von elektrischer Energie zur inländischen Bedarfsdeckung aus Drittstaaten zum Gegenstand haben,

1. die zur Deckung ihres Bedarfes elektrische Energie auch in Anlagen erzeugen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen oder von denen eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von im Staatsgebiet befindlichen Menschen, Tieren und Pflanzen ausgeht oder

2. die nicht den Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung der bei der Erzeugung elektrischer Energie anfallenden Abfälle erbringen und kein Konzept für künftig aus der Erzeugung anfallende Abfälle erstellen,

sind unzulässig.‘

5. Im Artikel 7 Z 30 lautet § 32 Abs. 1:

,(1) Die Ausführungsgesetze haben Betreiber von Verteilernetzen zu verpflichten, die ihnen angebotene elektrische Energie aus an ihrem Verteilernetz angeschlossenen Anlagen, die gemäß § 40 Abs. 1 als Ökoanlagen anerkannt sind, abzunehmen. Die Menge an elektrischer Energie aus Ökoanlagen hat in steigendem Ausmaß

1. ab 1. Oktober 2001 mindestens 1 Prozent;

2. ab 1. Oktober 2003 mindestens 2 Prozent;

3. ab 1. Oktober 2005 mindestens 3 Prozent;

4. ab 1. Oktober 2007 mindestens 4 Prozent

der Stromabgabe an die an sein Netz angeschlossenen Endverbraucher im vorangegangenen Kalenderjahr zu betragen.‘


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6. Im Artikel 7 Z 34 lautet der letzte Satz des § 40 Abs. 1:

,Betreiber von anerkannten Ökostromanlagen sind berechtigt, die Abnahme der von diesen Anlagen erzeugten Energie von jenem Netzbetreiber zu verlangen, an dessen Netz sie angeschlossen sind.‘

7. Im Artikel 7 Z 46 lautet § 55 Abs. 1 erster Satz:

,Die für die Netznutzung geltenden Festpreise (Systemnutzungstarife) (§ 25) und sonstige Tarife können von Amts wegen oder auf Antrag bestimmt werden. Anträge sind bei der Elektrizitäts-Control GmbH einzubringen.‘

8. Im Artikel 7 Z 55 lautet der letzte Satz des § 71 Abs. 6:

,Bezüglich der Allgemeinen Bedingungen für den Netzzugang und den Bilanzgruppenverantwortlichen ist vorzusehen, dass diese bis spätestens drei Monate vor dem durch § 71 Abs. 5 bestimmten Zeitpunkt der Elektrizitäts-Control Kommission zur Genehmigung vorzulegen sind.‘

9. Artikel 8 § 29 Abs. 1 lautet:

,(1) Die §§ 5 und 7 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Für § 7 gilt dies nach Maßgabe der im § 66a Abs. 2 ElWOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 enthaltenen Übergangsbestimmungen. Die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des Abs. 5 treten, sofern sich diese Tätigkeiten auf die Vollziehung von Bestimmungen vollziehen, die in der Novelle zum ElWOG, BGBl. Nr. xxx/2000 oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Ausführungsgesetze der Länder beziehen, mit 1. März 2001 in Kraft; im Übrigen treten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit 1. Oktober 2001 in Kraft. Anträge auf Genehmigung von Allgemeinen Bedingungen (§ 7 Abs. 1 Z 1 und 2) können bereits vor diesem Zeitpunkt gestellt werden. Entscheidungen über die Genehmigung von Allgemeinen Bedingungen können bereits vor diesem Zeitpunkt ergehen, werden jedoch erst zu dem sich aus § 71 Abs. 5 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xxx/2000, ergebenden Zeitpunkt wirksam.‘

10. Dem Artikel 8 § 29 wird folgender Abs. 5 angefügt:

,(5) (Verfassungsbestimmung) Die §§ 16 Abs. 1 und 30 Z 1 treten mit 1. März 2001 in Kraft.‘

11. Artikel 8 § 30 lautet:

,§ 30. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich

1. (Verfassungsbestimmung) der §§ 16 Abs. 1 und 29 Abs. 5 die Bundesregierung;

2. der übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betraut.‘"

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

22.24

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt diese "großkoalitionäre" konzentrationsregierungsmäßige Einigkeit noch ein bisschen stören. Wir waren nämlich im Grunde nicht sehr nahe daran. § 13 mit den Antidumpingbestimmungen wäre uns nur so wichtig gewesen, dass wir insgesamt über die fehlende Einbindung in die Verhandlungen und über die aus unserer Sicht in beiden Gesetzen noch vorhandenen strukturellen Mängel hinweggeschaut hätten. Aber wir


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haben es dann doch nicht getan, weil die Kritikpunkte bei diesen beiden Vorlagen, die sehr wichtige Weichenstellungen für die Energiepolitik in Österreich bedeuten, doch gegeben sind. Es sind das für uns Gesetze, die in manchen Bereichen im Entwurf teilweise recht ambitioniert vorgelegt worden sind und dann im Grunde doch das abbilden, was wir an Kleinstrukturiertheit, an Nichtvorbereitung auf große liberalisierte Märkte haben. Es geht dann doch darum, die EU-Vorgaben zu erfüllen, ohne in die Struktur, die wir in Österreich haben, fundamental einzugreifen. Selbstverständlich müssen im Vordergrund einer modernen Energieorganisation auch ökologische Zielsetzungen stehen, und selbstverständlich muss es auch Anreize geben, einen Markt in Bewegung zu bringen.

Wir haben sehr wohl zu beiden Gesetzen sehr umfangreiche Vorschläge gemacht und sie in einer abweichenden Stellungnahme auch ausführlich dokumentiert. Es gibt Punkte, die wir sehr wohl auch positiv bewerten. Ich möchte stellvertretend ein paar herausgreifen, vorwiegend aus dem ElWOG: Die Stromkennzeichnung ist aus unserer Sicht ein Fortschritt. Es ist jedenfalls auch ein Fortschritt, die Einspeisetarife-Regelung beizubehalten. Es ist aus unserer Sicht auch positiv, dass endlich eine Regulatorbehörde eingeführt wird. Wir haben das schon vor zwei Jahren bei der Beschlussfassung massiv eingefordert.

Insgesamt aber bleibt die Fragmentierung weiterhin bestehen, und es bleibt weiterhin bei der mangelnden Kooperation bei den EVUs und bei mangelnden Unbundling-Bestimmungen. Es ist im Ausschuss auch die Rede davon gewesen, dass es an realpolitischen Gegebenheiten gescheitert ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist für uns auch die fehlende Kraftwerkskoordination. Auch verzichtet diese Novelle, wie auch schon das erste Gesetz, auf jeglichen Anreiz zur Erhöhung der Energieeffizienz. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Oberhaidinger: Frau Glawischnig kennt sich nicht aus!)

Es ist mir nicht klar, wie die E-Wirtschaft, die in den letzten Jahren steigende CO2-Emissionen aufzuweisen hatte, diese in irgendeiner Form in die verpflichtenden Kyoto-Bestimmungen hineinbringen möchte. Das ist aus dieser Novelle nicht ersichtlich, ebenso wenig wie daraus hervorgeht, wie die Klimaschutzverpflichtungen insgesamt von der E-Wirtschaft erreicht werden sollen.

Wir sind auch mit dem, was jetzt noch hineinverhandelt worden ist, relativ unglücklich. Da muss ich leider auch in Richtung der Sozialdemokratie sagen, dass diese 10 MW mit der 8-Prozent-Klausel auch von den Kleinwasserkraft-Produzenten selbst abgelehnt werden. Diese haben bis zum Schluss noch zu intervenieren versucht, nicht nur bei uns, sondern, so denke ich, auch bei Ihnen. Der Spielraum, der für die Entwicklung der echten Kleinwasserkraft verbleibt, ist relativ gering.

Für uns ist auch der Anteil von Ökostrom viel zu gering. Wir glauben, dass wir durchaus auf die Ziele der Europäischen Union, wie sie im Kommissionsvorschlag, im Richtlinienvorschlag vom 10. Mai (Abg. Oberhaidinger: 2000 Gigawattstunden! Wissen Sie, was das ist!) vorgegeben sind, eingehen könnten. Unser Ziel wäre es gewesen, bis zum Jahr 2010 10 Prozent Ökostrom zu erreichen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Bei 10 Prozent Wasserkraft!)

Als problematisch sehen wir auch die Regelung betreffend den Einbezug der Mischfeuerungsanlagen, vor allem deshalb, weil die genau Definition dieser Anlagen den Landesregierungen überantwortet wird. Wir sehen da ein gewisses Hintertürl. Der Abänderungsantrag, der jetzt vorgelegt wird, ist in einer gewissen Weise eine Hilfe für eine genauere Definition, aber trotzdem ist das aus unserer Sicht problematisch. 100 Prozent Biomasseverstromung ist immer noch etwas anderes, als wenn eine Anlage zu chinesischer Steinkohle eine biogene Zufeuerung macht.

§ 13 wurde schon angesprochen. Dieser ist unserer Meinung nach ein klarer Rückschritt. Warum man diese Antidumpingbestimmung, die aus unserer Sicht ein taugliches Instrument wäre, um Atomstromimporte in den Griff zu bekommen – was ja ohnedies schwer genug ist –, gestrichen hat, ist für mich nicht nachvollziehbar. Auch ist es für mich nicht ersichtlich, Herr Kollege Kopf, warum man diese Regelung, wenn man sie für inhaltlich gut befindet, dann nur


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deswegen hineinreklamiert, um die Zustimmung der Grünen zu bekommen: Entweder ist eine Regelung inhaltlich gut und aus politischen Gründen gerechtfertigt, oder sie ist es nicht! Dieses Bargaining ist genau das, was die schwarz-blaue Regierung immer allen anderen vorwirft. In diesem Fall aber ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum diese Regelung einfach nur als "Zuckerl" oder als "Keks" für die Grünen im letzten Moment noch angeboten wurde und warum man sie nicht generell hineinreklamiert.

Vielleicht noch kurz einen Satz zum GWG: Das, was wir sehr bedauern, ist das Fehlen des Regulators. Dieses Gesetz bildet unserer Meinung nach auch eher die bestehende Struktur ab und ist in dieser Form kein taugliches Instrument, um auch wirklich auf die Anforderungen in einem liberalisierten Gasmarkt einzugehen. Wir glauben, dass Dienstleistungen, Packages die zukünftigen Herausforderungen für solche Unternehmen wären. Dieses Gesetz ist da zu wenig ambitioniert, um diesen modernen Anforderungen gerecht zu werden und das Dienstleistungsorientierte in dieser Branche zu fördern.

Wir werden aus diesen Gründen beiden Gesetzen nicht die Zustimmung geben. Wir bedauern, dass wir in die Verhandlungen erst heute eingebunden worden sind und nicht, wie die Sozialdemokratie, bereits vor den Ausschussverhandlungen. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird. Wir haben in diesem Bereich immer sehr konstruktive Vorschläge gemacht. Es war leider nicht möglich, diese einzubringen.

Wir als grüne Fraktion werden beiden Gesetzen nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

22.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Ich erteile ihm das Wort.

22.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Reformregierung schafft es innerhalb kurzer Zeit, auf dem Sektor Strom und Gas ein ambitioniertes Ziel, nämlich die hundertprozentige Liberalisierung, mit Gesetzen und legistischen Grundlagen, die sich sehen lassen können, umzusetzen.

Da meine Redezeit sehr kurz ist, möchte ich es gleich vorwegnehmen: Mein Dank gilt den Beamten, die daran, wie ich meine, in hervorragender Weise mitgewirkt haben und dies so unterstützt haben, dass es eine Freude war, das Regelwerk in dieser Form zustande zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Oberhaidinger. )

Ich gestatte mir auch, ganz kurz auf die Ausführungen der Frau Kollegin Glawischnig einzugehen. Sie hat beim § 13 den Entfall der Antidumpingbestimmungen bemängelt. Dazu stelle ich fest: Ich bin der vollen Überzeugung, dass die neu getroffene Drittstaatenregelung bedeutend wirksamer ist, wenn es darum geht, Atomstrom aus Drittstaaten nicht nach Österreich zu importieren, und zwar insbesondere dann, wenn er aus gefährlichen Kernkraftwerken kommt, aber auch Strom, der aus kalorischen Kraftwerken kommt, die unseren Umweltschutzbestimmungen und dem Stand der Technik nicht entsprechen.

Das ElWOG, die Liberalisierung-Neu, dieses neue Regelwerk bedeutet einen wesentlichen Schritt im Hinblick auf die Verkürzung des Zeitpunktes bis zur hundertprozentigen Liberalisierung. Im alten ElWOG war das Jahr 2003 vorgesehen; nun ist es der 1. Oktober 2001.

Wesentlich sind sicher ein Rückzug des Staates aus der E-Wirtschaft, ein Abbau von Monopolen und, wie ich meine, eine Gesundung von innen wie auch von außen mit dem Ziel, Preise zu senken, und zwar für die Fülle der Haushalte, für kleine und mittlere Unternehmungen gleichermaßen, wogegen die Liberalisierung im ersten Schritt nur ein Vorteil für große Unternehmungen mit entsprechend hohem Bedarf beziehungsweise Stromverbrauch war.

Es gibt selbstverständlich auch Anforderungen, die gestellt werden, wie etwa die Sicherstellung der Verfügbarkeit. Dazu bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen, die in diesen neuen


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Gesetzen geregelt werden. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört ein Unbundling, eine Trennung von Produktion, Netzübertragung und Versorgung. Ein unabhängiger, meiner Ansicht nach entpolitisierter Regulator wird geschaffen, der auch darüber zu wachen hat, dass beim Preis die Transparenz, die Vergleichbarkeit der Systemnutzungstarife und die Versorgungssicherheit gegeben sind. Er hat überdies eine Streitschlichtungskompetenz.

Die Drittstaatenregelung habe ich bereits kurz angesprochen. Wesentlich und gut scheint mir auch zu sein, dass in den Rechnungen der Produkt-Mix angeführt sein muss und somit jeder Verbraucher, jeder Konsument weiß, wie sich sein Strom seitens der Primärenergie zusammensetzt.

Ich bin auch sehr zuversichtlich, was die Neuregelung in Bezug auf die Kleinwasserkraft anlangt, die ja mit 8 Prozent Berücksichtigung findet. Ich teile die Besorgnis der Kleinwasserkraftwerks-Betreiber nicht, dass die Ausschöpfung dieses Volumens von 8 Prozent durch große Unternehmungen bewerkstelligt werden könnte und die tatsächliche Kleinwasserkraft damit zu kurz käme.

Die erneuerbare Energie – das ist etwas Wesentliches gegenüber dem ElWOG-Alt – ist mit 4 Prozent festgehalten. Im ElWOG-Alt waren es 3 Prozent. Dabei ist es keine Frage mehr, was geschieht, wenn diese 3 Prozent oder jetzt 4 Prozent nicht erreicht werden. Das ist nun neu geregelt. Es wird einen Fonds geben, in den eingezahlt wird, wenn dieses Ziel zur Förderung erneuerbarer Energie nicht erreicht wird.

Lassen Sie mich zum Schluss kurz etwas zum Gaswirtschaftsgesetz sagen. Damit gibt es in Europa praktisch keine Erfahrungen. Es ist ein ambitioniertes Ziel, die hundertprozentige Liberalisierung im zweiten und wesentlichen Schritt im Jahr 2002 zu bewerkstelligen.

Eine Problematik, die es seitens der derzeitigen Versorgungsunternehmen gibt, sind sicher die Take-or-pay-Verträge. Aber ich denke, dass auch hiebei eine vernünftige Lösung gefunden wurde, nämlich ein Versteigerungssystem, das es ermöglicht, jene Mengen loszuwerden, die auf dem Markt nicht untergebracht worden sind. Auch die Preisregelung ist tragbar, befristet bis zum Jahr 2008, also dann, wenn der große Anteil der Take-or-pay-Verträge auslaufen und die Problematik in dieser Form nicht mehr bestehen wird.

Ich glaube, dass wir für die Österreicher – egal, ob Kleinabnehmer oder Unternehmen – mit diesem Gesetz etwas Gutes getan und eine vernünftige Grundlage geschaffen haben. Ich bin stolz darauf, dass dies in dieser kurzen Zeit gelungen ist. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

22.37

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich dem geäußerten Dank anschließen, nicht nur an die Beamten meines Hauses – ich mache das nicht oft, aber bei einem Gesetzeswerk wie dem ElWOG und dem Gaswirtschaftsgesetz ist das allemal angemessen –, sondern auch an die sozialdemokratische Fraktion. Insbesondere möchte ich mich bei Herrn Abgeordneten Oberhaidinger, aber auch bei Herrn Abgeordneten Eder bedanken, weil es außergewöhnlich war, hier nicht nur sehr konstruktiv mitzuverhandeln, sondern letztlich auch die Zustimmung zu diesen beiden Gesetzen zu geben. Dies ist außergewöhnlich, was die vergangenen fünf Monate anlangt, aber hoffentlich nicht mehr außergewöhnlich, was die Zukunft anlangt. Herzlichen Dank dafür!

Das ist gleichzeitig der Beweis dafür, dass wir bei sehr großen Sachmaterien, die zugegebenermaßen weniger an klassischem parteipolitischen Sprengstoff enthalten, fraktionsübergreifend kooperieren können.

Herr Abgeordneter Oberhaidinger, du hast völlig richtig erwähnt: Hätte es diese Zweidrittelmehrheit nicht gegeben und hätte es damit den ausgegliederten Regulator nicht gegeben, dann


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wäre das Gesetz wahrscheinlich zwar auch gekommen – ich hätte das jedenfalls befürwortet –, aber es wäre ein qualitativ schlechteres Gesetz gewesen.

Die Vollliberalisierung im Strom- und Gasbereich lässt Österreich endlich einmal nicht Schlusslicht in der Europäischen Union sein, sondern im vorderen Drittel aufscheinen. Ich halte das für wichtig, denn in Utility-Märkten früh zu liberalisieren, bedeutet Standortqualität, Kostensenkung, eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit insbesondere für die mittelständische Wirtschaft. Das bedeutet aber auch niedrigere Strom- und Gaspreise für die Bürger und für die Haushalte – alles Dinge, welche die drei Parteien, die dieser Gesetzesmaterie zustimmen, sicher unterstützen.

Herr Abgeordneter Oberhaidinger, du hast auch richtigerweise erwähnt, dass drei Regelzonen suboptimal sind. Das ist traditionell bedingt, vor allem, wenn man weiß, dass Vorarlberg gar keine eigene Regelzone ist, sondern der Regelzone Baden-Württemberg angehört. Das gilt nicht für Tirol, dort hat man das auf Grund der Handelsbeziehungen mit Bayern unbedingt haben wollen.

Allerdings bitte ich das Hohe Haus um Verständnis dafür, dass ich weiteren Versuchen, die zuletzt geäußert wurden, über diese drei Regelzonen hinauszugehen, sehr kritisch gegenübergestanden bin. Denn nehmen wir bitte zur Kenntnis: Ganz Skandinavien ist mittlerweile eine Regelzone – Norwegen, Schweden und Finnland. In Deutschland wiederum geht man zurzeit von acht auf sechs Regelzonen zurück. Das ist die kleinste Markteinheit, und darin soll sich der Wettbewerb zugunsten der Konsumenten und zugunsten der Wirtschaft abspielen können.

Ich bestätige auch vor dem Hohen Hause gerne, was Abgeordneter Oberhaidinger erbeten hat: nämlich dass wir, wenn es soweit ist, eine Clearing- und Settlement-Stelle ausschreiben werden respektive die Energiekontrollkommission dies tun soll.

Mein Bedauern darf ich ebenfalls äußern, nämlich zu der Tatsache, dass die sozialdemokratische Fraktion nicht – vielleicht sage ich: noch nicht – bereit war, bei der Abschaffung der aus meiner Sicht ziemlich anachronistischen 51-Prozent-Bestimmung mitzugehen. Gerade ich bin nicht jemand, der sich verdächtig gemacht hätte, Verbund-Anteile verschleudern oder beispielsweise "verländern" zu wollen – ganz sicher nicht! Aber ich hielte es für sinnvoll, für eine österreichische Energielösung offen zu sein. Ich habe meinen Glauben – oder vielleicht sollte ich besser sagen: meine Hoffnung – in dieser Richtung noch nicht ganz verloren. Ich habe den Glauben aufrechterhalten, weil das im Sinne der Stromwirtschaft in diesem Lande sinnvoll wäre.

Wir sind noch nicht dort. Aber wenn es darum geht, die Verbund-Mehrheit des Bundes dafür einzusetzen, so bin ich sicher, dass ich die Zustimmung des Bundeskanzlers und der Bundesregierung – und dann hoffentlich auch der sozialdemokratischen Opposition – zu diesem Vorhaben bekäme. Wir sind, wie gesagt, noch nicht so weit, aber ich glaube, der Zeitpunkt, an dem die Würfel fallen werden, kommt näher.

Ich füge hinzu, dass "österreichische Lösung" nicht heißen muss, dass man sagt, es dürfen nur rot-weiß-rote Unternehmen sein, sondern man muss da Augen und Ohren offen halten. Es soll eine Lösung sein, die für Österreichs Stromwirtschaft das Optimum darstellt. Das ist eine österreichische Lösung.

Ich komme zum Schluss. Frau Abgeordnete Glawischnig! Nahe dran an der Einigung, aber dann doch nicht! – Dieses Gesetz bringt in Wirklichkeit – und Sie wissen das – ökologisch sehr große Vorteile, gerade was Atomstromimporte anlangt. Bisher waren wir auf Grund des Gesetzes dazu angehalten, zu differenzieren zwischen Strom aus Wasserkraft aus Drittstaaten und Strom aus nicht nachhaltiger Erzeugung. In Zukunft wird es so sein, dass wir, wenn ein Drittstaat nicht nachhaltig Strom erzeugt, durch das Gesetz dazu angehalten sind, Importe aus diesem Drittstaat überhaupt zu verbieten.

Der Handel mit Ökostrom-Zertifikaten, die Grenzen mit 4 Prozent für alternative erneuerbare Energie respektive 8 Prozent für Kleinwasserkraft und die 10 Megawatt – das ist die EU-Grenze – sind klare ökologische Fortschritte durch dieses ElWOG. – Ich danke für die Erteilung des Wortes, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.42


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32. Sitzung / Seite 261

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

22.43

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ElWOG 1 wurde von den Klein- und Mittelbetrieben kritisiert, weil die Öffnung nur in Richtung der Großbetriebe gegangen und viel zu langsam erfolgt ist. Jetzt haben wir eine Gesetzesvorlage, die vor allem auch die Interessen der Klein- und Mittelbetriebe als Konsumenten berücksichtigt.

Wenn man bedenkt, dass die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe 5 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr beziehen und jetzt mit den Netzgebühren durchschnittlich ungefähr 1,80 S pro Kilowattstunde zahlen, dann zeigt sich, dass durch die neue Regelung – wenn man auch die Erfahrungen von Deutschland heranzieht – eine Preissenkung in der Größenordnung von 25 bis 30 Groschen durchaus machbar und wahrscheinlich ist. Nimmt man die Chance durch Einkaufsgenossenschaften hinzu, dann könnte sich dieser Wert sogar noch verbessern.

Das heißt, volkswirtschaftlich gesehen sprechen wir von einem Preissenkungspotential in der Größenordnung von rund 2 Milliarden Schilling. Daher ist die nun vorliegende ElWOG-Neuregelung für die österreichische Wirtschaft, für die Klein- und Mittelbetriebe ein Standortvorteil. Sie ermöglicht im internationalen Vergleich einen besseren Wettbewerb.

Wenn ich auf der einen Seite liberalisiere – das ist klar, und das ist heute schon angesprochen worden –, muss ich im Bereich der Netze durch eine Regulierungsbehörde entsprechend regulieren.

Neu und umweltpolitisch sowie selbstverständlich auch wirtschaftspolitisch sinnvoll ist die Einbeziehung der Kleinwasserkraft in das System der Ökoenergie. Die Einbeziehung der Kleinwasserkraft im angesprochenen Ausmaß von 8 Prozent ist daher auch aus unserer Sicht sehr zu begrüßen.

Was noch nicht angesprochen wurde, ist die Zertifizierung – in dieser Hinsicht nimmt Österreich eine Vorreiterrolle ein. Das ist im Entwurf für eine Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energie von der EU-Kommission ausdrücklich angesprochen worden. Die Zertifizierung ist meiner Meinung nach eine Chance und zugleich eine Gefahr. Die Gefahr besteht darin, dass die Abwicklung einigermaßen bürokratisch werden könnte. Die Chance ist, dass mittelfristig eine europäische Lösung möglich wird, mit der Österreich und andere Staaten die jeweiligen Vorteile im Bereich der Energieerzeugung durch entsprechende Zertifizierung nützen und damit zu einem sinnvollen Wettbewerb beitragen.

Was ein bestimmtes Problem ist – das ist auch angesprochen worden –, auch wenn es der EU-Richtlinie entspricht, ist die Definition der Kleinwasserkraftwerke, weil da auf insgesamt 10 Megawatt gegangen wurde. Das ist von der Grenzziehung her immer eine schwierige Problematik. Wenn man beispielsweise bedenkt, dass das jüngst eröffnete Kraftwerk Lambach 14 Megawatt hat, erhebt sich schon die Frage, ob davon nicht die Unternehmen der Versorger profitieren und weniger die Kleinkraftwerke, die eigentlich angesprochen werden sollten.

Daher ist zu sagen: Wenn das Ziel umgesetzt wird, dass durch diese Regelung: bis zu 10 Megawatt, vor allem die Kleinkraftwerke profitieren, um die es geht und die revitalisiert werden sollen, ist das insgesamt eine gute Regelung, und sie hat alle Chancen, dass sie den Standort Österreich wirklich verbessert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. – Bitte.

22.47

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein langer Weg geht jetzt hier vorläufig einmal dem Ende zu. Ich freue mich besonders,


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dass dieser Weg von einer großen, breiten Mehrheit getragen wird, weil es wirklich nur vernünftige Argumente sind, die hier mit eingeschlossen wurden.

Zusätzlich zu den verschiedenen Positionen, die Frau Abgeordnete Glawischnig erwähnt hat und über die sie sich sehr freut, möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Oberhaidinger und Kollegen betreffend Förderung von Ökostrom und Fortsetzung der Anti-Kernenergie-Politik in Österreich zur Regierungsvorlage 66 der Beilagen in der Fassung der Regierungsvorlage Zu 66 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, auf die Elektrizitäts-Control GmbH im Interesse der österreichischen Anti-Kernenergie-Politik dahin gehend einzuwirken, dass die Arbeiten zur Erstellung einer Verordnung gemäß § 13 Abs. 2 ElWOG zeitgerecht so abgeschlossen werden, dass sie zeitgleich mit dem In-Kraft-Treten der Novelle zum ElWOG (1. Oktober 2001) in Kraft tritt.

2. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, den im § 32 Abs. 1 ElWOG festgelegten Anteil der Stromerzeugung an erneuerbaren Energieträgern einer laufenden Evaluierung gemeinsam mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu unterziehen. Über die Ergebnisse dieser Evaluierung soll im jeweiligen Zielerreichungsjahr gemäß § 32 Abs. 1 ElWOG ein Bericht erstellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ebenso soll der in § 43 Abs. 3 festgelegte Anteil der Abgabe elektrischer Energie aus Kleinwasserkraftwerksanlagen einer Evaluierung unterzogen werden.

3. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, auf die Länder einzuwirken, in der Ausführung der Grundsatzbestimmung des § 40 Abs. 1 ElWOG den Begriff "Mischfeuerungsanlagen mit hohem biogenen Anteil" klar zu umschreiben. Der Nationalrat ist der Ansicht, dass bei Elektrizitätserzeugungsanlagen, in denen Primärenergieträger zur Umwandlung von chemischer Energie in thermische Energie mittels Feuerung verbrannt werden, sowohl fossile als auch biogene Stoffe in der jeweils technisch benötigten Form eingesetzt werden können. Bei Einsatz von fester oder flüssiger Biomasse ist sowohl deren direkte Verfeuerung als auch deren Umwandlung in Gas samt anschließender Verbrennung möglich. Die dafür notwendigen spezifischen Einrichtungen zum Einsatz beziehungsweise der Umwandlung der Biomasse müssen dabei überwiegend mit Biomasse dotiert werden. Der Anteil aus Biomasse an der gesamten thermischen Produktion der Anlage ist als erneuerbare Energie anzusehen.

4. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, auf die Länder einzuwirken, in der Ausführung dieses Grundsatzgesetzes den Begriff "Verbrennung von Abfall mit hohem biogenen Anteil" (§ 40 Abs. 1) klar zu umschreiben. Der Nationalrat ist der Ansicht, dass bei Elektrizitätserzeugungsanlagen, in welchen Abfälle mit hohem biogenen Anteil als Primärenergieträger verbrannt werden, die erzeugte Elektrizität gänzlich der Produktion aus Biomasse zuzuordnen ist. Zu diesen Abfällen zählen pflanzlicher und tierischer Abfall aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion sowie biogene Abfälle der Lebensmittelindustrie oder unbehandelte Holz- und Korkabfälle (aus Sägewerken et cetera). Geringe produktionsbedingte nichtbiogene Anteile, die als Prozessrückstände zu werten sind, bleiben dabei unberücksichtigt.

*****

Ich bitte, diesen Entschließungsantrag in die Verhandlungen mit einzubeziehen.

Hohes Haus! Damit ist ein langer Weg vorläufig beendet. Ich glaube, wir alle haben daran mitgearbeitet, eine wirklich vernünftige neue Ausgangslage zu schaffen, und ich gratuliere dem Herrn Bundesminister dazu, dass er das in diesem Einvernehmen geschafft hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.51


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Daher schließe ich die Debatte.

Ein Schlusswort von Seiten des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 210 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Oberhaidinger und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 79 Absatz 4, Artikel 7 Ziffern 2, 3, 9, 30, 34, 46 und 55 sowie Artikel 8 § 29 und § 30 bezieht.

Ich werde, da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung dieses Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrags abstimmen lassen.

Vor dieser Abstimmung stelle ich fest, dass das verfassungsmäßig erforderliche Quorum nach § 82 Abs. 1 der Geschäftsordnung gegeben ist.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 210 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes und unter Berücksichtigung des Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrags der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Oberhaidinger und Genossen.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in der beschriebenen Form ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Diesen Beschluss hat der Nationalrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gefasst.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Beschluss auch in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gefasst wurde.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Oberhaidinger und Genossen betreffend Förderung von Ökostrom und Fortsetzung der Anti-Kernenergie-Politik in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 17.)

Als Nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 195 der Beilagen.

Auch dabei handelt es sich um ein Verfassungsgesetz. Daher darf ich feststellen, dass das verfassungsmäßig erforderliche Quorum gegeben ist.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in 195 der Beilagen ihre Zustimmung erteilen, ein bejahendes Zeichen geben. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Dr. Kostelka: Nein! – Abg. Dr. Gusenbauer: Nein! – Abg. Parnigoni: Verfassungsgesetz! – Abg. Dr. Khol: Verfassungsmehrheit! – Abg. Dr. Kostelka: Verfassungsbestimmung! Zweidrittelmehrheit! – Abg. Dr. Khol: Enunziert ist!) Entschuldigung! (Abg. Dr. Khol: Jetzt ist Prinzhorn gerechtfertigt!) Dieser Gesetzentwurf ist offenbar mit Mehrheit, aber nicht mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Daher liegt ein Geset


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zesbeschluss im Sinne des § 82 der Geschäftsordnung nicht vor. (Abg. Dr. Khol: Schade! Leider nicht!) Somit ist diese Sache erledigt.

Damit haben wir diese Tagesordnungspunkte erledigt.

9. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 166/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (212 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 51/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung und Belebung der Nahversorgung (213 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünscht jemand das Wort zur mündlichen Berichterstattung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

22.56

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Nahversorgung ist ein Thema, das sehr viele Menschen direkt betrifft. Daher ist sie auch ein Thema, das sich sehr gut für diverse politische Sonntagsreden eignet.

Dass die realpolitische Umsetzung des populären Ziels, die Nahversorgung zu verbessern, unter Umständen allerdings ganz anders aussehen kann, konnten wir schon an der Vorgangsweise von Herrn Minister Farnleitner bei der ersten Auflage der so genannten Einkaufszentrenverordnung sehen. Aber immerhin war bei dieser ersten Auflage der Einkaufszentrenverordnung klar – und zwar sehr eindeutig klar –, was damit erreicht werden sollte: Große Handelsunternehmen sollten vor neuen Mitbewerbern geschützt werden, und zwar unter dem, wie ich meine, ziemlich durchsichtigen Deckmantel der Nahversorgung.

Das, was mir persönlich allerdings jetzt überhaupt nicht klar ist, Herr Minister Bartenstein, ist die Zielsetzung, die Sie mit dieser zweiten Auflage der Einkaufszentrenverordnung verfolgen. Einerseits erzählen Sie nämlich der Öffentlichkeit bei jeder Gelegenheit, dass Österreich mehr Wettbewerb braucht – das habe ich erst heute Nachmittag wieder in einer Presseaussendung von Ihnen gelesen –, andererseits aber hindert Sie nichts daran, im konkreten Fall zum Beispiel ein wirtschaftspolitisches Instrument einzusetzen, das meiner Meinung nach wettbewerbspolitisch mehr als problematisch ist. Sie wählen nämlich, genauso wie auch Herr Minister Farnleitner bei seiner ursprünglichen Verordnung, das Instrument einer Bedarfsprüfung.

Das ist aus wettbewerbspolitischer Sicht so ziemlich das Schlimmste, was man tun kann, und zwar insbesondere bei einer auch im internationalen Vergleich enormen Konzentration, die wir im österreichischen Einzelhandel vorfinden. Die Situation der österreichischen Nahversorgung ist zu einem großen Teil die Konsequenz aus dem radikalen Konzentrationsprozess in einigen Branchen des Einzelhandels. Wenn Sie jetzt noch einen Beitrag zur Verschärfung dieser Situation leisten und gleichzeitig in diversen Sonntagsreden für mehr Wettbewerb eintreten, dann haben Sie zumindest einmal Erklärungsbedarf.

Ihre Zielsetzungen werden mir aber auch nicht klarer, wenn Sie zuerst in einer Verordnung eine Warenliste vorlegen, die sich – lobenswerterweise, möchte ich sagen – wirklich auf die Waren des täglichen Bedarfs konzentriert, andererseits aber bei der erstbesten Gelegenheit und meiner


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Meinung nach ohne jede erkennbare Gegenwehr dem Druck der Wirtschaftskammer nachgeben und jetzt auch für Waren wie zum Bespiel Textilien eine Bedarfsprüfung einführen wollen.

Endgültige Verwirrung stiften Sie, Herr Minister Bartenstein, bei Ihrem interessierten Publikum allerdings mit der Abgabe jeglicher Zuständigkeit für das Thema Nahversorgung an die Landeshauptleute. Mit dieser Maßnahme ignorieren Sie die ursprüngliche Intention, durch eine bundeseinheitliche Regelung zur Sicherung der Nahversorgung das Manko der länderweise unterschiedlichen Bestimmungen in der Raumordnung auszugleichen und eben dadurch zu einer Objektivierung der Entscheidungen zu kommen. Es kann daher meiner Meinung nach unmöglich – oder jedenfalls für mich nicht nachvollziehbar – Ihre Zielsetzung sein, neun unterschiedliche Regelungen zu diesem Thema in Österreich zuzulassen.

Die Konsequenzen dieser Vorgangsweise sind jedenfalls eindeutig und klar: Es kommt zu einem meiner Meinung nach wirklich wenig sinnvollen Standortwettbewerb unter den Bundesländern. Es kommt zu massiven Rechtsunsicherheiten für Projektwerber, insbesondere bei Projekten, die Auswirkungen auf die Nahversorgung der Bevölkerung in einem angrenzenden Bundesland haben. Es kommt zu Verzögerungen bei Genehmigungsverfahren durch unklare Rahmenbedingungen und schließlich kommt es dadurch natürlich zu höheren Kosten für die Projektwerber und auch für die Verwaltungsbehörden auf Grund von intransparenten Regelungen und langen Genehmigungsverfahren. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, es handelt sich dabei durchgehend um negative Konsequenzen für die Wirtschaft, von denen Sie, Herr Minister, und auch ich normalerweise meinen, dass man sie verhindern sollte. Was Ihre Zielsetzung bei dieser Maßnahme ist, kann ich wirklich nicht nachvollziehen, vor allem deshalb, weil ich trotz negativer Auswirkungen für die Wirtschaftstreibenden die Vorteile für die Konsumenten nicht erkennen kann.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass Sie mit dieser Vorgangsweise in erster Linie die Verantwortung auf andere abschieben, selbst aber keinen Beitrag zur Problemlösung leisten, sondern – ganz im Gegenteil! – eigentlich noch dazu beitragen, dass eine Menge neuer zusätzlicher Probleme geschaffen wird; dadurch wird die Situation der Nahversorgung im allerbesten Fall nicht verschlechtert. Das sind auch die Gründe dafür, warum meine Fraktion diesem Vorschlag von Ihnen nicht zustimmen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Jetzt bin ich neugierig, wie du dich aus der Affäre ziehen wirst!)

23.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte in drei Punkten zu dieser Änderung der Gewerbeordnung Stellung nehmen:

Der Hauptteil der Änderung ist selbstverständlich die Umsetzung der EU-Richtlinie IPPC sowie der Seveso-II-Richtlinie, was ja in der letzten Legislaturperiode nicht zusammengebracht wurde, die aber Gott sei Dank unter dieser Reformregierung sehr schnell umgesetzt werden konnten.

Ich glaube in erster Linie, dass es dabei zu einer integrierten Betrachtung der Umweltauswirkungen bei Betriebsanlagen gekommen ist, und außerdem – das ist sehr wesentlich – wurde die Interpretation des Standes der Technik durch die Verhältnismäßigkeit zwischen Maßnahmen und Wirkungen ergänzt, insofern als dass diese Verhältnismäßigkeit gewährleistet ist. – So viel zu dieser Umsetzung der Umweltrichtlinien.

Weiters möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Kollegen zum Antrag 166/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesge


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setz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (212 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel genannte Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Nach der Ziffer 6 wird folgende Ziffer 6a eingefügt:

"6a. Im § 53a entfällt die Absatzbezeichnung "(1)". Abs. 2 entfällt."

*****

Es geht dabei darum, dass jene Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler, die ihre Waren im Umherziehen feilbieten, dies zukünftig nicht nur in ihrer eigenen Wohngemeinde, im eigenen Verwaltungsbezirk, sondern auch in anderen Gebieten dürfen.

Zum Dritten möchte ich auf die EKZ-Verordnung eingehen. Kollegin Kubitschek! Es gibt dazu begründete Untersuchungen, die festlegen, was Waren des so genannten kurzfristigen oder täglichen Bedarfs sind. Sie können sich gerne von mir die Liste ausleihen, damit Sie sehen, dass da ein wesentlich größerer Rahmen vorhanden wäre und dass der Herr Bundesminister eigentlich sehr einschränkend gearbeitet hat. Ich glaube, dass damit die Möglichkeit geschaffen worden ist, eine vernünftige Lösung zu finden.

Sie wissen alle, dass der Verfassungsgerichtshof das aus diesem Grunde, eben wegen dieser Waren des kurzfristigen und so genannten täglichen Bedarfs, aufgehoben hat. Ich meine, dass die Fassung, die wir mit diesem Abänderungsantrag im Wirtschaftsausschuss ausgearbeitet haben, letzten Endes das alles geregelt und die Grundbedingungen dafür geschaffen hat, um eine vernünftige Einkaufszentrumsgesetzgebung zu haben.

Ich möchte nicht über die notwendigen Voraussetzungen reden, die darin enthalten sind, oder über Größe und Definition der Verkaufsfläche. – Es kommt zur Stärkung der Länderkompetenzen. Auch da muss ich widersprechen, weil ich glaube, dass wenn die Länder, die die vorliegende Situation wesentlich besser kennen als der Bund, entsprechende Entscheidungen treffen, Beurteilungsmaßnahmen oder Kenngrößen festlegen können, dann ist das der richtige Weg, um auch langfristig die richtige Entscheidung zu treffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben – das ist meiner Meinung nach ganz wichtig – eine genaue Definition der Orts- und Stadtkerne gefunden. Denn ich bin der Ansicht, dass wir nur dann, wenn sie genau definiert sind, in ökonomisch sinnvoller Weise funktionsfähige Orts- und Stadtkerne erhalten können und sie nicht später mit einem riesigen Kostenaufwand wieder revitalisieren müssen. Ich denke, dass gerade dieses unendliche ungebremste Flächenwachstum dazu geführt hat, dass Österreich europaweit mit 1,5 Quadratmeter pro Einwohner die höchsten Zahlen bei Verkaufsflächen hat. Da haben wir nun einen kleinen Riegel vorgeschoben. Das kann aber nur ein kleines Mosaiksteinchen in den gesamten Möglichkeiten sein, im Bereiche der Nahversorgung tätig zu sein.

Zuletzt möchte ich noch auf die Ausschussfeststellung über die Warengruppen, die heute auch schon diskutiert worden sind, zu sprechen kommen. Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, dieser Ausschussfeststellung so weit wie möglich Folge zu leisten, denn ich glaube, dass damit wirklich jener Rahmen festgelegt wurde, der eine vernünftige Weiterarbeit möglich macht.

Mit der Verankerung dieser neuen Grundsätze in der Gewerbeordnung handelt es sich – darauf möchte ich auch hinweisen – nur um einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Baustein für die Erhaltung der Nahversorgung. Es kommt zu einer kontrollierten Entwicklung großer Handelsflächen auf der grünen Wiese, letzten Endes im Interesse der Nahversorgung, aber auch im Interesse lebendiger Stadt- und Ortskerne. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.07


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32. Sitzung / Seite 267

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf und Haigermoser, der soeben eingebracht wurde, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

23.07

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir sind mit der vorliegenden Novelle zur Gewerbeordnung nicht zufrieden. Es wurde darin aus unserer Sicht ein ganz massives Manko der Vergangenheit nur weitergeführt und in keiner Weise ausgeglichen, nämlich der fehlende Nachbarschutz in der Gewerbeordnung.

Das war bereits seit dem Jahre 1990 so, hat sich dann durch die Gewerbeordnungsnovelle 1993 bestätigt und bis 1998 noch weiter verschärft. Drei Punkte, die uns in der Vergangenheit immer ganz massiv gestört haben, war erstens die mehr oder weniger flächendeckende Einführung eines vereinfachten Verfahrens, in dem Nachbarn überhaupt keine Parteistellung mehr haben.

Zweitens: der Entfall der Genehmigungspflicht für Anlagenänderungen – was eigentlich der typische Fall in der Praxis ist – und drittens die Aushöhlung des Rechtsschutzes dadurch, dass man Anlagen bereits betreiben kann, auch wenn eine Berufungsverhandlung ausständig ist und auch wenn eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde der Nachbarn erfolgreich war.

Das sind drei Punkte, die bereits in der Vergangenheit ein massives Defizit bedeutet haben und die auch durch die vorliegende Novelle in keiner Weise ausgeglichen oder rückgängig gemacht werden.

Es wird immer von der Reformregierung gesprochen: Es kommt nicht nur darauf an, dass man etwas macht, sondern es kommt auch auf die Qualität an. Dass wir seit März letzten Jahres EU-Recht nicht umgesetzt haben, ist traurig, ist bedauerlich, aber auch durch den vorliegenden Antrag werden wesentliche Punkte der IPPC-Richtlinie und der Seveso-II-Richtlinie nicht umgesetzt. Dies ist keine richtlinienkonforme Umsetzung von EU-Recht. Es tut mir Leid, aber ich muss das sagen: Die Qualität dieser Gesetzesvorlage ist in diesem Punkt nicht gegeben. (Beifall bei den Grünen.)

Es fehlen wesentliche Anlagen, es fehlen die Verkehrsanlagen, es fehlen die Energieanlagen und es fehlt die Sprengmittelerzeugung. Es fehlt aber auch die Massentierhaltung, die eigentlich ab einem gewissen Schwellenwert der IPPC-Richtlinie unterliegen sollte. Das ist weder im UVP-Gesetz gewährleistet, noch hier. Es ist mir nicht ersichtlich, wie diese fehlende Umsetzung von EU-Recht in den nächsten Gesetzesanträgen in irgendeiner Form gewährleistet sein soll.

Wir haben einen Initiativantrag für ein einheitliches Umweltanlagenrecht eingebracht – ich betone: Umweltanlagenrecht! –, weil uns sowohl der Umweltschutz als auch die Einheitlichkeit extrem wichtig sind. Durch den Ansatz, den Sie jetzt gewählt haben, nämlich ein Materiengesetz nach dem anderen zu novellieren, weiterhin unterschiedliche Genehmigungsvoraussetzungen zu belassen, ist dieses Ziel noch weiter in die Ferne gerückt, und damit sind wir sehr, sehr unzufrieden.

Ein weiterer Punkt: die Schwellenwerte. Es ist eigentlich für die österreichische Wirtschaftsstruktur nicht argumentierbar, warum wir eine 1 : 1-Umsetzung der IPPC-Richtlinie durchführen, bei der die Schwellenwerte viel zu hoch sind. Augenscheinlich werden die Schwellenwerte zum Beispiel bei Ammoniak von 5 Tonnen auf 50 Tonnen erhöht. Es ist mir nicht klar, wie man das argumentieren möchte. Ein weiterer Punkt, der zu kritisieren ist, ist vor allem Artikel 15 der IPPC-Richtlinie: Transparenz, Offenlegen von Unterlagen und so weiter – all das ist nicht umgesetzt worden.


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32. Sitzung / Seite 268

Insgesamt hat man das als reine Pflichtübung angelegt. Man setzt einfach um, ohne auf Qualität zu achten. Man hat bestehende Defizite, die die rot-schwarze Koalition während der letzten zehn Jahre in der Gewerbeordnung betrieben hat – vor allem den Abbau der Bürger- und der Nachbarrechte –, in keiner Weise zum Anlass genommen, um sie zu verbessern. Es gibt nach wie vor mindestens zwei Entscheidungskonzentrationsmodelle in der Gewerbeordnung, der Nachbarschutz wird weiter auf Eis gelegt, sie ist nach wie vor nicht richtlinienkonform.

Daher werden wir diesem Gesetzesantrag unsere Zustimmung nicht geben. Ich glaube, das verwundert niemanden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.12

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen der Kollegin Glawischnig fällt mir in abgewandelter Form ein selbstkritischer Satz ein, den die Grünen jüngst in Deutschland geprägt haben: Die Grünen sind gegen alles, was dick macht, gegen alles, was Freude macht und gegen alles, was sinnvoll ist. (Heiterkeit des Abg. Dr. Martin Graf. )

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz, das wir heute unter dem Titel Seveso-II-Richtlinie und IPPC-Richtlinie beschließen, ist sinnvoll, macht nicht nur der Wirtschaft Freude, sondern ist der Schulterschluss zwischen Ökonomie und Ökologie. Das ist uns sehr wichtig.

Meine Damen und Herren! Der Umweltschutzgedanke wurde in hervorragender Weise eingebracht, und vor allem die Entbürokratisierung nach dem Muster des Ein-Behördenverfahrens ist ein riesiger Fortschritt in die richtige Richtung. Daher stimmen wir mit Begeisterung diesem Gesetz zu, auch wenn dieses Gesetz nicht dick und die Wirtschaft nicht reicher macht. Aber es ist jedenfalls dazu angetan, den Wirtschaftsstandort Österreich einmal mehr attraktiv zu gestalten.

Meine Damen und Herren! Die jüngsten Wirtschaftsdaten beweisen ja, dass sich die Firmen – auch ausländische – wieder mit Begeisterung nach Österreich bewegen ob der Arbeit dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Puttinger hat zu diesem Gesetz schon einiges ausgeführt. Der Kürze der Zeit wegen, die ich zur Verfügung habe, möchte ich mich nun den Ausführungen der Frau Kollegin Kubitschek zuwenden. Dazu fällt mir nicht sehr viel ein. Denn diese Widersprüche, die Sie aufgezeigt haben ... (Abg. Edlinger: Das war zu intellektuell!)

Einerseits sind Sie für die Nahversorgung eingetreten, andererseits haben Sie dem Bau auf der grünen Wiese, also der Flächenexplosion das Wort geredet, und dann wieder haben Sie verlangt, dass in den Altstädten und in den Innenstädten auch etwas passiert. Das wird nicht gehen, meine Damen und Herren!

Wenn wir uns schon über die Marktkonzentration unterhalten, dann darf ich Ihnen sagen, dass in Ihrer Zeit 90 Prozent des Gesamtlebensmittelangebotes von vier Großanbietern unter einen Hut gebracht wurde. Das ist der "Erfolg" – unter Anführungszeichen – Ihrer Wirtschaftspolitik. Da machen wir sicherlich nicht mit. (Abg. Edlinger: Sag, was du neu machst!)

Meine Damen und Herren! Daher sind wir dankbar dafür, dass bei der EKZ-Verordnung nach langem Ringen ein Modus gefunden wurde, der verfassungskonform ist und beiden Interessen obsiegen lässt: nämlich die Nahversorgung zu pflegen, die Altstädte, die Innenstädte wieder leben zu lassen und darüber hinaus jenen Abzockern das Handwerk zu legen, die mit öffentlichen Geldern auf die grüne Wiese Klötze bauen und dann noch den Verkehr von der Allgemeinheit finanzieren lassen.


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Frau Kollegin Glawischnig! Da sind wir mit Ihnen "handelseins" – unter Gänsefüßchen –, und wir haben uns ja auch schon darauf geeinigt, dass die Untersuchung des Verkehrsclubs Österreich, der Ihnen ja nicht unbekannt ist, Einkaufsverkehr Nahversorgung versus Einkaufszentren hervorragende Unterlagen geboten hat und wir diese Umweltschutzmaßnahmen in unsere EKZ-Verordnung einfließen haben lassen.

Kommen Sie mir ja nicht mit der Marktkeule! Meine Damen und Herren! Das hat mit Markt überhaupt nichts zu tun, wenn Sie auf der einen Seite die Öffentlichkeit derart ausnutzen und auf der anderen Seite meinen, das ganze seit Marktwirtschaft. Da gibt es nämlich noch eine Unterabteilung: die soziale Marktwirtschaft. – Dazu bekennen sich die beiden Regierungsparteien. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie sich die Weiß- und Grünbücher der Europäischen Union, die Entschließungen des Europäischen Parlaments zu diesem Thema angeschaut hätten, müssten Sie wissen, dass wir mit dieser Verordnung auf dem richtigen Wege sind: vorausschauend. Meine Damen und Herren! Es wurde nämlich festgestellt, dass eine lebendige Handelslandschaft der Eckpfeiler des sozioökonomischen Modells in Europa ist. Das ist wichtig.

Wenn Sie meinen, dass damit der Markt eingeschränkt ist, dann darf ich (Abg. Eder: Du bist ja direkt ein Experte geworden!)  – Eder, bitte! Schau, dass du deine Ölquellen bei der OMV anzapfst, aber wenn du davon jetzt nichts verstehst, dann solltest du wirklich schweigen. (Empörte Rufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament kritisiert, dass dieser wichtigen Rolle des Handels bislang zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Wenn Sie schon für Arbeitsplätze eintreten, dann müssten Sie wissen, dass kraft einer Untersuchung der Europäischen Union festgehalten wurde, dass ein Arbeitsplatz auf der grünen Wiese deren drei bis vier in den Innenstädten vernichtet. – Das ist kein gutes Geschäft für den Arbeitsmarkt.

Die Unterschätzung dieser Probleme hat bereits zu großen irreparablen Schäden in den Ortszentren geführt. Daher hat das Europäische Parlament auch eingefordert, dass das Gleichgewicht zwischen den großen Handelsunternehmen und den kleinen Läden wieder hergestellt werden soll.

Meine Damen und Herren! Faktum ist, dass bis zu einer Größe von 800 Quadratmetern jeder alles tun kann, was nach raumordnungspolitischen Grundsätzen möglich ist, dass auch mit dieser EKZ-Verordnung in den Innenstädten jeder Zeit nach raumordnungspolitischen Grundsätzen Einkaufszentren gebaut werden können. – Es ist also überhaupt keine Einschränkung des Marktes. Es ist nur eine Lenkungsmaßnahme zum Positiven für Arbeitsplätze, für den Mittelstand, für die Innenstädte, für den Tourismus, und für die Vielfalt am Markt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das bedeutet, dass der Herr Bundesminister in bester Zusammenarbeit des Parlaments mit den Beamten ein gutes Werk vollbracht hat und wir hoffen auch, dass auf dem Verordnungswege entsprechend vorgegangen wird: verfassungskonform im Sinne der Nahversorgung.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ich wundere mich, dass Sie für die Multis und für das "Killerkapital", wie Sie es immer nennen, eintreten, und vermeinen, die Nahversorgung kaputt machen zu können. (Rufe bei der SPÖ: Überhaupt nicht! Was redest du dich da so hinein?) Ich bedauere es. (Rufe: Das ist ein Blödsinn!)

Ich hoffe nur, dass die Grünen mit uns mitstimmen, weil wir in weiten Strecken mit unseren Vorschlägen auf einer Ebene liegen, und ich hoffe, dass Sie keine Fundamentalopposition betreiben, sondern positiv gestaltend für die Nahversorgung für unsere älteren Mitbürger, für die Familien eintreten, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.18


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32. Sitzung / Seite 270

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

23.18

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke. – Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze. Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kubitschek! Natürlich trete ich für Wettbewerb ein, aber nicht für Wettbewerb um jeden Preis. Wenn Wettbewerb dazu führt, dass unsere Orts- und Stadtkerne nicht gerade entvölkert, aber jedenfalls Geschäftsstraßen "entleert" werden und Orts- und Stadtkerne darunter leiden, dass die Nahversorgung darunter leidet, dann bin ich gerne dazu bereit, Maßnahmen mitzutragen, die den Wettbewerb da oder dort vielleicht auch einschränken.

Wobei ich sage, dass die Einkaufszentrenverordnung sicherlich kein allumfassendes Patentrezept sein kann, vielleicht ist sie ein Hilfsmittel. Wir tragen jedenfalls das Unsere dazu bei, insofern als wir den Landeshauptleuten, den Ländern die Zuständigkeit für die Detailverordnungen geben, weil gerade in der Kombination von Raumordnungskompetenz und Baurechtskompetenz der Gemeinden die Länder befähigt sind, mehr als bisher zu tun.

In Richtung des Herrn Abgeordneten Puttinger darf ich sagen, dass ich in dem zu erwartenden Verordnungstext jedenfalls weitgehend der Ausschussfeststellung folgen werde.

Lassen Sie mich noch kurz zum Thema Anlagenrecht Stellung nehmen. Es ist der erste, im Übrigen, sehr umfassende Schritt zu einem neuen Anlagenrecht, es ist die Umsetzung einer Reihe von EU-Richtlinien mit Verfahrensvereinfachungen. In einem zweiten Schritt soll es zu einer Vereinheitlichung der Genehmigungstatbestände der Rechtsmaterie kommen und gleichzeitig zu einem Anlagenverfahrensgesetz, das die Konzentration der Verfahren bei den Bezirkshauptmannschaften ermöglicht. Dazu werden wir im Übrigen im Hinblick auf die notwendige Zweidrittelmehrheit und auch aus Prinzip mit der sozialdemokratischen Fraktion zu sprechen haben.

Das ist dann die Voraussetzung für das Fernziel – nämlich Schritt drei –: ein wirklich einheitliches Materienrecht zu schaffen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Glawischnig! Dieser Schnellschuss: ein Anlagenrecht aus einem Guss mit einem Schritt, das geht leider nicht. Das hat uns die Praxis schon mehrfach gezeigt. Aber ich glaube, es ist der erste Schritt in eine gute und richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.21

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Trotz Ihrer novellierten Einkaufszentren-Novelle, wenn ich es so formulieren darf, gibt es eine Schlagzeile, die lautet: 33 neue Shopping-Center sind in Österreich geplant. – Ich habe gar nichts dagegen, wenn es Shopping-Center gibt. Aber ich will, dass diese Shopping-Center wirklich für all das aufkommen, was sie verursachen.

Deshalb habe ich diesen Antrag gestellt, dass die Nahversorgung in erster Linie dadurch gefördert wird, dass eine Verkehrserregerabgabe eingeführt wird, weil die sollen schließlich dafür zahlen, dass sie erstens so viele Parkplätze zur Verfügung stellen und vor allem, dass sie so viel Verkehr verursachen. Weil die Verkehrschäden und Folgeschäden zahlen wir als Allgemeinheit. Die zahlen Sie als Abgeordnete im Parlament. Die zahlt – auf gut Deutsch – das ganze österreichische Volk. Von mir aus sollen die Shopping-Center existieren, aber zahlen sollen sie. – Kostenwahrheit! Das ist ja auch immer Ihr Argument.


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32. Sitzung / Seite 271

Dem Kollegen Haigermoser, der in dieser Frage ja öfter auch meine Vorstöße durchaus unterstützt, möchte ich sagen: Das, was Sie angedeutet haben – ÖPNRV-Evaluierung Antrag Kukacka/Firlinger –, ist ja genau das, was Sie im Ausschuss immer wieder bemängelt haben, dass nämlich eine Gemeinde in Konkurrenz zur anderen steht und deshalb nicht ihrem Einkaufszentrum die wahren Kosten anlastet. Deshalb sage ich, das ist Bundesangelegenheit, deshalb habe ich auch diesen Antrag eingebracht, und deshalb erwarte ich mir jetzt auch eine Unterstützung all derer, die wiederholt mit mehr oder weniger aufwendiger Rhetorik dafür eintreten.

Wir müssen an die Quelle gehen. Ich habe in meinem Antrag auch sehr wohl auf ein umfangreiches Papier zurückgegriffen, das aus Ihren Reihen kommt. Der damalige Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Christoph Leitl hat für Oberösterreich ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket zur Nahversorgungskonzeption vorgelegt. Ich habe mich ziemlich genau daran gehalten. Ich habe eben noch die Verkehrserregerabgabe berücksichtigt.

Aber nehmen Sie doch bitte das ernst, was in Oberösterreich erarbeitet wurde und was jetzt der Präsident der Wirtschaftskammer eigentlich weiter vertreten sollte. Ich bin ja neugierig, welcher Präsident das sein wird in der Wirtschaftskammer, jener der Großbetriebe und der Großversorger oder jener der Kleinbetriebe und der Nahversorger. Das wird sich ja zeigen. Aber in seinem Konzept steht: Maßnahmen auf die übergeordnete Gebietskörperschaft hin bezogen ... – all jene Dinge, die ich auch anführe: durch Harmonisierung und Liberalisierung einzelner gesetzlicher Vorschriften und auch durch eventuelle Änderung der Öffnungszeiten, und so weiter und so fort. – Das ist Leitl-Gut. Ich bin neugierig, wie Sie heute über diesen Vorschlag, den der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter unterbreitet hat, abstimmen werden.

Noch etwas, Herr Minister Bartenstein! Sie verweisen auf die Länder und ihre raumordnungspolitischen Kompetenzen. Aber in den Ländern selbst sind eben sehr oft die Bürgermeister bei den Landeshauptleuten und bei den entsprechenden Landesräten, und diese Bürgermeister haben immer wieder die Obliegenheit, ihren Gemeindemitgliedern Bauten zu ermöglichen und deshalb die entsprechenden Widmungen durchzudrücken. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist halt das Problem. Darum sage ich immer wieder: Es ist auch Aufgabe des Bundes, die Länder wieder an die Kandare zu nehmen und raumordnungspolitisch Vorgaben zu machen, sonst kommen wir nicht durch, sonst werden wir diese Fehlentwicklung nicht rückgängig machen können.

Jetzt noch konkret unser Standpunkt gegenüber Ihrem Vorstoß zur Einkaufszentrenverordnungs-Novelle Nummer zwei: Sie ist für uns besser als nichts, aber sie hat noch zu viele Lücken. Wir würden rigoroser, konsequenter vorgehen, und wir würden deshalb bevorzugen, dass Sie unseren Antrag unterstützen, weil er ist bei weitem umfangreicher und bei weitem zukunftsweisender, und vor allem: Er ist kostenwahr. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, in 212 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Haigermoser und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.


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32. Sitzung / Seite 272

Die Abgeordneten Kopf, Haigermoser und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 6a bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingaben in der Fassung des Ausschussberichtes in 212 der Beilagen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 213 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 203/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser, Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird (214 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 11 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist dazu niemand gemeldet.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 214 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12. Punkt

Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, geändert werden (216 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 12 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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32. Sitzung / Seite 273

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.29

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Die duale Ausbildung ist ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit. In dem Antrag der Regierungsparteien ist dieser Satz auch abgedruckt. Lehrlingsausbildung braucht aber meiner Meinung nach eine ständige Prüfung der Qualität.

Es gibt viele Betriebe, die hervorragende Ausbildung im dualen System garantieren. Es gibt aber auch Betriebe, die Jugendliche zwar mit Lehrvertrag beschäftigen, aber nicht wirklich ausbilden. Es gibt in Wien Berufsgruppen, Branchen, bei denen die Quote des Durchfallens bei den Lehrabschlussprüfungen sehr hoch ist. So liegt sie beispielsweise bei den Friseuren bei 28 Prozent, bei den Installateuren beträgt sie 39 Prozent, bei den Spenglern 41 Prozent und bei den Zahntechnikern 42 Prozent. Das zeigt, dass es nicht unbedingt am "schlechten Material" liegt, wie es einmal ein Innungsfunktionär ausgedrückt hat – er hat die Lehrlinge gemeint –, sondern vielfach auch an der nicht vorhandenen Ausbildungsreife der Betriebe.

Da stellt sich die Frage: Was tut die Lehrlingsstelle? Meine Kritik geht in die Richtung, dass die Reaktion der Lehrlingsstelle zum Beispiel in Wien auf solche Zustände in der Vergangenheit mangelhaft war. Sie ist eigentlich nur noch die Verwaltungsstelle der Lehrverträge und nicht viel mehr.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die beantragten Änderungen, insbesondere im Berufsausbildungsgesetz, im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz und im Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, die jetzt zur Diskussion stehen und dann zur Abstimmung gelangen werden, bringen nicht mehr Qualität in der Lehrlingsausbildung, sondern sie verringern da oder dort vielleicht sogar die Chancen auf eine solide Berufsausbildung eines Teiles unserer Jugend.

Was meine ich damit? – Ich meine die Vorlehre, sehr verehrte Damen und Herren! Ich denke, oder wir von den Sozialdemokraten denken, dass das Modell der Vorlehre in der heutigen Zeit eigentlich der falsche Weg ist. Benachteiligte Jugendliche benötigen mehr Zuwendung als nicht benachteiligte. Mehr Zuwendung bedeutet mehr Zeit für den Ausbildungsbetrieb oder für den Ausbilder, und diese Zeit ist in einem in der Wirtschaft stehenden Lehrbetrieb nicht immer oder fast nie vorhanden. Deshalb ist die Vorlehre, so wie sie jetzt vorliegt, eher ein Modell zur Beschäftigung von benachteiligten Jugendlichen, aber nicht ein Modell zur Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen. Das ist, wenn Sie wollen, unsere sachliche Kritik an diesem Gesetzesvorschlag.

Statt benachteiligte Jugendliche zum Beispiel wie bisher in Stiftungen zu fördern, wo genau die Ausbildungs- und die Zuwendungsqualität der Ausbilder gegeben ist, werden diese – so kann man jetzt in dem Antrag lesen, Herr Abgeordneter Feurstein – als nicht lehrvertragsreif oder nicht ausbildungsreif bezeichnet und in ein Vorlehrmodell ohne Ausbildungsinhalte und ohne – ich lege darauf Wert, dies hier festzustellen – Zukunftschancen umgeleitet: Ohne Zukunftschancen deshalb, weil das jetzt vorliegende neue Vorlehrmodell ja keine Chance zu einem Lehrabschluss bietet. (Abg. Dr. Puttinger: Stimmt ja nicht! Der Lehrstoff des ersten Lehrjahres wird ja voll durchgezogen! Die können nicht einmal lesen!)

Ich erinnere Sie daran, Herr Abgeordneter, dass das Ziel des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung für den Bereich der Jugend darin bestand, benachteiligte Jugendliche durch Unterstützung zum Lehrabschluss zu bringen. Das war unser Ziel, das wir gemeinsam formuliert haben, Herr Abgeordneter Feurstein! (Abg. Dr. Feurstein: Wir sind unterschiedlicher Meinung!) Jetzt aber kommt ein Modell einer Vorlehre, das genau dieses Ziel wegrationalisiert hat. Künftig soll es nämlich zwei Jahre Vorlehre – vielleicht auch drei Jahre – ohne Chance auf einen Lehrabschluss geben. Ich denke, das ist der Pakt dieser Bundesregierung für die Jugend, und diesen Pakt lehnen wir Sozialdemokraten jedenfalls ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Vorlehrmodell wird, so befürchte ich, zum Vorteil für einige Arbeitgeber und zum Nachteil, zur Verminderung der Chancen für einen Teil unserer Jugend werden. Herr Wirt


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32. Sitzung / Seite 274

schaftsminister, wie wollen Sie verhindern – wir haben das auch im Ausschuss andiskutiert –, dass Lehrbetriebe künftig an Stelle von Lehrstellen nur mehr Vorlehrstellen anbieten, da dies billiger und einfacher sein kann und der Jugendliche ja während der neuen Probezeit von sechs Monaten jederzeit nach Hause geschickt werden kann? Sie öffnen hier Saisonaushilfen, Saisonarbeitskräften, insbesondere im Gastgewerbe und im Handel, Tür und Tor.

Ich denke, sehr verehrte Damen und Herren, der dadurch erfolgende Abbau von bestehendem Schutz ist auch ein Rechtsabbau, und das verbirgt sich auch in den vorliegenden Anträgen: Die Behaltezeit wird von vier auf drei Monate verkürzt, obwohl eigentlich in der Wirtschaft in vielen Branchen Übereinstimmung darüber besteht, dass sie verlängert gehört, nämlich auf sechs Monate, wie das auch viele Kollektivverträge vorsehen. Man kommt also auf der Praktikerseite auf die Idee, dass die Frist, wie sie im Gesetz vorgesehen ist, zu kurz ist, und sie wird auf KV-Ebene verlängert. Sie aber gehen hier einen Schritt zurück. Es ist ein Rückschritt, was Sie hier vorschlagen!

Beim Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz ergibt sich eine ähnliche Problematik: Was soll künftig ein Lehrling zwischen 22 und 23 Uhr lernen, was er nicht vor 22 Uhr hätte lernen können? – Das ist die Frage, die sich stellt. – Nämlich nichts: Er kann in dieser zusätzlichen Stunde nichts anderes lernen als sonst auch, und daher wird der Lehrling gerade in dieser Zeit zum Wegräumer, zum Abräumer, zum Gläserwäscher, und das in vielen Betrieben, bei denen, wie Sie selbst wissen, die Küche schon längst geschlossen ist.

Das ist daher eine Ausdehnung der Beschäftigungsmöglichkeit und nicht der Ausbildungsmöglichkeit. (Abg. Haigermoser: Eine Vorbereitung auf das Selbständigwerden, Herr Kollege!) Aber ich gebe zu, diese Bundesregierung ist konsequent (Abg. Haigermoser: Eine Vorbereitung auf das Selbständigwerden! – Abg. Parnigoni: ... jeder Fetzentandler!): Was immer sie plant und umsetzt, immer profitiert davon die Wirtschaft, und die Arbeitnehmer, ob jung oder alt, zahlen die Zeche! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Das ist echter Klassenkampf! ... ist unrichtig! Parnigoni, du weißt das ganz genau und schaust zu!)

23.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.35

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs vielleicht zwei Sätze sagen: Die duale Ausbildung war in Österreich jahrzehntelang das Erfolgsmodell, und das wissen Sie, Herr Kollege Riepl. Internationale Wettbewerbe dekretieren uns eine erstklassige Ausbildung in diesem Ausbildungsweg, und die Ergebnisse von Lehrabschlussprüfungen kann man so oder so interpretieren. Zweifelsohne aber sind jene, die die Lehrabschlussprüfung bestehen, für das Leben in der Wirtschaft einmalig vorbereitet, und sie werden auch dort ihren Mann beziehungsweise ihre Frau stellen können.

Ich möchte in diesem Zusammenhang folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Puttinger, Haigermoser und Kollegen betreffend Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

"Der eingangs angeführte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

‚Der bisherige Text des Art. IV erhält die Bezeichnung "Z 1". Folgende Z 2 wird angefügt:


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32. Sitzung / Seite 275

"2. § 17 Abs. 7 lautet:

,(7) Soweit die Abs. 2 und 3a bis 6 eine Beschäftigung zwischen 22 und 6 Uhr zulassen, dürfen Jugendliche in dieser Zeit nur regelmäßig beschäftigt werden, wenn vor Aufnahme dieser Arbeiten und danach in jährlichen Abständen eine Untersuchung gemäß § 51 des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes (AschG), BGBl. Nr. 450/1994, oder vergleichbarer österreichischer Rechtsvorschriften durchgeführt wurde.‘"‘"

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie das Ungeheuer von Loch Ness kommt die Arbeitnehmervertretung Jahr für Jahr am Ende der Schulzeit mit Horrormeldungen. "Jeder zweite Schulabgänger ohne Lehrstelle!" – So verkündet Herr Präsident Tumpel in der "Presse" von gestern. Auch in anderen Zeitungen und Zeitschriften war dieser Unsinn zu lesen. Tatsache ist, dass die Zahlen des AMS etwas ganz anderes zeigen. Nur noch in zwei Bundesländern gibt es weniger offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende, und selbst dort ist diese Tendenz rückläufig.

Die Zahlen der im Monat Juni eingelangten Lehrverträge zeigen eindeutige Zuwächse. Die Zahlen des AMS lauten auf plus 9 Prozent österreichweit, Herr Schwemlein! (Abg. Schwemlein  – einen Zeitungsartikel in die Höhe haltend –: Kennen Sie das auch?) Lesen Sie die Statistiken, und Sie werden sehen, dass das, was hier verkündet wird, nicht der Wahrheit entspricht und unsachliche Panikmache ist! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weil eben die Zahlen so erfreulich sind, ist es auch nicht notwendig, das Auffangnetz in der vorgesehenen und ursprünglichen Form aufrechtzuerhalten. Sie wissen, dass die Stiftungen leider Gottes nicht jene Ergebnisse gebracht haben, die wir von ihnen erwartet haben. Die Lehrgänge waren wesentlich erfolgreicher. Daher werden die Lehrgänge weitergeführt. Auch bestehende Stiftungen werden weitergeführt. Ich bin sicher, dass damit jene vielleicht 1000 oder 1200 Schulabgänger, die nicht gleich zu Schulschluss in einem ordentlichen Lehrverhältnis unterkommen können, hier eine entsprechende gute Vorbereitung auf ein späteres Lehrverhältnis finden werden.

In diesem Sinne glaube ich, dass die vorliegenden Änderungen eine gute Weiterentwicklung des österreichischen Berufsausbildungsrechtes bedeuten werden und dass damit gewährleistet ist, dass in Zukunft alle Schulabgänger auch in Lehrverhältnissen unterkommen können. (Beifall bei der ÖVP.)

23.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Puttinger, Haigermoser und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Diskussion um die Vorlehre erinnert mich an andere Diskussionen, die wir in letzter Zeit hier immer wieder geführt haben. Dabei schlagen Sie Neuerungen und Verbesserungen vor und wischen auch die Kritik der Opposition ziemlich freihändig vom Tisch. Man kann Ihnen dabei manche Dinge zehnmal nachweisen: Sie sagen, es ist trotzdem nicht so. Vor allem argumentieren Sie einfach immer aus einem sehr eingeschränkten Blickwinkel, den man beim Nachfragen dann zeitweise auch bestätigt bekommt.

Ich möchte gleich am Anfang auf die Zahlen eingehen, die jetzt genannt wurden. Auch Frau Ministerin Gehrer hat in der letzten Sitzung des Unterrichtsausschusses bestätigt, dass die


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32. Sitzung / Seite 276

Zahlen hinsichtlich der benötigten Lehrplätze nach Schulabschluss natürlich etwas anders aussehen werden als momentan. Sie reden von den Zahlen, die sich auf jetzt – den Zeitraum Mai und Juni – beziehen (Ruf: Halb so viele wie im Vorjahr!), und das sind halb so viele. Aber es ist klar, dass in einigen Monaten oder sobald klar ist, wie viele jetzt aus der Schule kommen werden beziehungsweise in die Lehre übertreten wollen, ein anderer Bedarf bestehen wird als jetzt zuvor. (Abg. Dr. Puttinger: 90 Prozent haben ...! – Abg. Dr. Trinkl: Im Gegenteil!)

Insofern ist es natürlich relativ einfach zu sagen, die Zahlen sind jetzt soweit, dass wir keinen Bedarf haben, dass es mehr Angebote gibt. Denn man muss sich ansehen, wie die Situation aussieht, wenn die Jugendlichen auf den Arbeitsmarkt kommen, und das wird erst jetzt der Fall sein. Das heißt, wir werden im Herbst sehr wohl einen Bedarf haben. Die Argumentation, dass das schon erledigt ist und dass man keine Maßnahmen setzen muss, halten wir doch für verkürzt. (Abg. Dr. Trinkl: Wir setzen ja Maßnahmen! Das bestreitet ja niemand, dass man Maßnahmen setzen soll!)

Ich bleibe trotzdem bei diesen Zahlen. Wovon Sie reden und womit Sie die Lehrlingszahlen unter anderem begründen, sind die Geburtenzahlen. – Korrekt? (Abg. Dr. Trinkl: Nein! Mit den bereits jetzt eingelangten Lehrverträgen für das kommende Lehrjahr!)

Sie beziehen sich auf die Daten, wenn Sie von den Lehrlingen reden; wenn Sie aber vom Bedarf reden, dann beziehen Sie sich immer auf die Geburtenzahlen. – Ist das korrekt? (Abg. Dr. Trinkl: Nein! Die einzelnen Lehrverträge, die eingereicht werden!)  – Gut, okay. Dann lesen Sie es nach, wie Sie argumentieren! (Abg. Haigermoser: Wohin verrennen Sie sich denn?) Faktum ist, dass Sie einen nicht unwesentlichen Teil nicht berücksichtigen (Abg. Haigermoser: Schauen Sie, dass Sie aus der Sackgasse herauskommen!), und dabei geht es auch um die Zuwanderung, die in Ihren Zahlen immer wieder nicht berücksichtigt wird.

Ich werde Ihnen jetzt aber auch darstellen, warum wir ähnlich wie die SPÖ meinen, dass gerade die Vorlehre kein geeignetes Instrument sein wird, um wirklich eine Ausbildung zu garantieren. (Abg. Haigermoser: Was haben Sie denn für ein Rezept?) Wenn Sie davon sprechen, dass das System bislang nicht immer dem Bedarf gerecht geworden ist, dass es die Notwendigkeit von Verbesserungen gibt, dann geben wir Ihnen Recht. Wenn man sich aber ansieht, was die Vorlehre mit sich bringt, dann ist festzustellen, dass es zunächst einmal zu einer Verbilligung für die Unternehmen kommt, allein dadurch, dass die Lehrlingsentschädigung auf ihrem Erstjahresniveau für zwei Jahre gezahlt wird und damit bei der Entschädigung ein anderes Niveau erreicht wird. Hier muss man feststellen, dass das sehr wohl der Wirtschaft zugute kommt.

Ich kann mich dem Kollegen Riepl absolut anschließen, der die Frage stellt, wie Sie verhindern wollen, dass es zu einem absoluten Überborden der Vorlehre kommt. (Abg. Dolinschek: Das ist ein großer Blödsinn, was du sagst!) – Das ist ein großer Blödsinn? – Ich weiß nicht, ob der Präsident das mitbekommen hat. Vielleicht sagt er nachher auch etwas zum "großen Blödsinn". (Heiterkeit der Abg. Reitsamer. )

Faktum ist auf jeden Fall, dass Sie der Wirtschaft die Möglichkeit schaffen, zu Lasten der Auszubildenden billigere Arbeitskräfte zu bekommen. Ähnlich war es ja mit der Regelung betreffend die Anhebung von 22 auf 23 Uhr! Sie argumentieren damit, dass es die Notwendigkeit gibt, sich neuen Bedürfnissen anzupassen. – Ja, was sind die neuen Bedürfnisse? – Dass ich die Arbeitszeit um eine Stunde ausweite (Abg. Dr. Puttinger: Sie wird ja nicht ausgeweitet, Herr Kollege!) und dafür keine besseren oder keine anderen Entschädigungen zahle? – Das sind doch Vergünstigungen, die – das werden Sie doch nicht abstreiten – absolut der Wirtschaft zugute kommen! (Abg. Haigermoser: Herr Kollege! Hören Sie zu reden auf! Es war schon 23 Uhr!)

Nun, das ist ja ganz lustig, zu sehen, wie Sie auf einmal diese Politik vertreten, und das wundert mich auch nicht. Denn diejenigen von Ihnen, die die Politik auf diesem Gebiet prägen, kommen eindeutig nicht aus den Bereichen, die ihre Aufgabe im Schutz der Arbeitnehmer, oder in diesem Fall auch der Lehrlinge, sehen, sondern die kommen eindeutig aus der Wirtschaft! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Mit Ihnen kann man ja nicht einmal argumentieren (Abg. Dr. Puttinger: Wer hat denn den Abänderungsantrag eingebracht? Haben Sie den eingebracht oder wir, zugunsten der Lehrlinge? – Sie lesen ja nicht einmal das!), weil Sie nicht einmal anerkennen, dass Sie hier Vergünstigungen für Unternehmen schaffen. Dass Sie nicht einmal anerkennen, dass hier billigere Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, das halte ich für wirklich absurd! Sie können ja sagen: Okay. – Minister Bartenstein hat ja unlängst – ich glaube, es war diese Woche – in einem Radiointerview sehr deutlich gesagt – ich habe das Ö1-Interview mit Ihnen ja gehört (Abg. Haigermoser: Was sind Sie von Beruf, Kollege? – Abg. Steibl: Biobauer!) – , dass es mit der SPÖ sehr schwierig war, weil es in einer Mitte-Links-Koalition – Sie haben "Mitte-Rechts-Koalition" gesagt; da würde mich interessieren, wie die jetzige Koalition zu bezeichnen ist, wenn die ÖVP damals Teil einer Mitte-Rechts-Koalition war – ideologische Unterschiede gab, die es verhindert haben, solche Fortschritte zu schaffen. – Nun, da sieht man es, und es ist ja auch kein Wunder: Jetzt sind diese Fortschritte möglich, und jetzt sind sie irgendwie klar und eindeutig.

Aber auch wenn Sie so viel dazwischengerufen haben und meinen, dass alles, was an Kritik kommt, völlig absurd ist, sagen wir Ihnen, dass wir in einem Punkt trotzdem zustimmen werden (Abg. Haigermoser: ... Sprechblasen!), und zwar jenem, der vorsieht, dass die Teilnehmer an den Lehrgängen hinsichtlich schulrechtlicher und sozialrechtlicher Sicherungen an die Lehrlinge angeglichen werden. Wir haben dazu einen Antrag auf getrennte Abstimmung gestellt, und wir werden diesem Punkt zustimmen.

Trotzdem glaube ich, dass man es sich bei der Ausbildung von Jugendlichen nicht so leicht machen kann – oder nicht so leicht machen sollte –, ausschließlich oder fast ausschließlich die Interessen der Wirtschaft zu betreiben. Es ist zum Beispiel durchaus auch eine Frage, ob man Jugendlichen den Lehrplatz anbieten will, den sie sich selbst wünschen. Wir haben dieselbe Frage im Bereich der Schule: Frau Ministerin Gehrer vertritt die Meinung, es gehe nicht darum, jedem Jugendlichen oder jedem Schüler die Ausbildung zugute kommen zu lassen, die er sich wünscht – es gäbe kein Anrecht darauf –, sondern es gehe darum, dass es genügend Plätze geben muss. Sie können jetzt den Kopf schütteln, aber ich war in dem Ausschuss, und ich habe es mehrfach gehört: Es gibt kein Anrecht auf die Ausbildung, die die Schüler wollen, sondern es gibt die Verpflichtung, die wir – in diesem Fall Sie – haben, insgesamt genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Ähnliches gelte für die Lehrkräfte.

Damit habe ich wirklich meine Probleme. Das ist ähnlich jenen Problemen, die wir jetzt auch im Bereich der Arbeitslosigkeit sehen, wo Sie Berufsschutz irgendwie anders sehen und meinen, dass man in vielen anderen Bereichen auch tätig sein sollte.

Wenn Sie Jugendlichen, wenn Sie Schülern nicht mehr die Möglichkeit geben, sich so ausbilden zu lassen, wie es ihren Vorstellungen von ihrem späteren Berufsweg entspricht, dann, so glaube ich, ist das eindeutig der falsche Weg. Wir stehen hier dafür, dass man mit allen Mitteln versuchen sollte, die Bedürfnisse und die Wünsche der Jugendlichen und der Schüler zu berücksichtigen und auch ihnen entgegenzukommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amon und Dr. Brinek.  – Abg. Dr. Puttinger: Stimmt ihr jetzt dem Abänderungsantrag zu?)

23.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.47

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Brosz! Es ist ganz klar: Jedes System nutzt sich irgendwann ab, und wir wissen, dass immer weniger Lehrbetriebe bereit waren, Lehrlinge auszubilden. In dieser Situation muss man eben irgendetwas unternehmen, denn das Schlimmste ist, nichts zu tun. Wenn Sie sagen, all diese Neuerungen, die hier vorgesehen sind, kommen nur der Wirtschaft, nur den Ausbildungsbetrieben zugute, so muss ich Sie eines fragen: Angenommen, diese Vorlehre würde nicht installiert und ein Jugendlicher hätte dann eben keine Möglichkeit, eine Lehrausbildung über die Vorlehre durchzuführen – was macht er denn dann? Wird er dann Hilfsarbeiter? Ist


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Ihnen das lieber? Oder steht er auf der Straße? – Mir geht es darum, dass der Jugendliche eine Beschäftigung hat und dass er die Möglichkeit hat, eine Ausbildung zu genießen. Wenn das eine Vorlehre ist, dann ist mir das – auch wenn ich weiß, dass das nicht das Gelbe vom Ei ist – immer noch lieber, als wenn er zu Hause oder auf der Straße sitzt oder nur als Hilfsarbeiter tätig ist, wo er auch eine Anlehre hat, aber keine Lehrabschlussprüfung. Durch die Vorlehre hat er die Möglichkeit, eine Lehrabschlussprüfung abzulegen, und deswegen halte ich sie für sinnvoll. Auch die Zusatzprüfungen für Schulabsolventen stehen ihm offen. Wenn wir das alles nicht machen und wenn wir mit der dualen Berufsausbildung eben nicht mehr wollen, was bleibt uns dann übrig?

Da schreibt die Gewerkschaft so schön: Durch die Vorlehre erspart sich der Lehrherr bei einem Herren- und Damenkleidermacher gegenüber einem Lehrling 52 000 S. Ein Vorlehrling kostet 131 670 S und ein Lehrling 183 708 S. – Nun ja, und wenn er eine Fachschule für Kleidermacher besucht, dann kostet er nur der öffentlichen Hand etwas und dem Lehrherrn überhaupt nichts und ist auch eine ausgebildete Fachkraft! – Das ist ein derartiger Blödsinn, dass es einen größeren gar nicht gibt! Das muss ich wirklich sagen. Es ist zum Haareraufen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich bin auch nicht mit allen Dingen hundertprozentig einverstanden, aber das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um neue Ausbildungsplätze auch in Lehrgängen zu schaffen und die Möglichkeit zu bieten, dass jene, die keine Ausbildungsplätze erhalten, dort eben über die Vorlehre, über Lehrgänge gehen und dann eine Berufsausbildung absolvieren. Die Lehrlingsstiftungen laufen im Jahre 2003 aus, das wissen wir. Sollte es sich als notwendig erweisen, kann man sie immer wieder neu einführen. Das ist überhaupt kein Problem.

Was die Ausdehnung der Beschäftigungsmöglichkeit von Jugendlichen auf die Zeit zwischen 22 und 23 Uhr betrifft, so muss ich sagen, dass das schon ein ewiges Anliegen von mir gewesen ist. Ich habe dabei vor allem an die Ausbildung in Gastronomiebetrieben gedacht, weil es seit der Einführung der Sommerzeit einfach zu einer Verschiebung gekommen ist. Es ist falsch, wenn in den "ÖGB-Nachrichten" steht, dass es hier zu einer Ausweitung der Arbeitszeit im Gastgewerbe kommt. Das ist nicht der Fall. Es handelt sich nicht um eine Ausweitung, sondern um eine reine Verschiebung und sonst nichts. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Dr. Puttinger und Dr. Stummvoll.  – Zwischenruf des Abg. Riepl. )

Wenn jemand einen Beruf erlernt, dann muss er auch die Möglichkeit haben, zu jener Tages- oder Nachtzeit zu arbeiten, zu der der Beruf ausgeübt wird! Beim Bäcker ist das eben zeitiger in der Früh, denn Sie wollen doch die Semmeln um 7 oder 8 Uhr auf dem Tisch haben, und nicht um 10 oder 11 Uhr am Vormittag. Die müssen daher früher hergestellt werden. Deshalb ist es notwendig, dass diese Lehrlinge auch zu dieser Zeit ausgebildet werden.

Ein Lehrling in der Gastronomie darf zwar bis 2 Uhr Früh vor der Theke stehen, aber ausgebildet werden darf er nicht!

Wir haben noch eine Ausschussfeststellung aufgenommen, dass die Ausbildung auch zwischen 22 Uhr und 23 Uhr gewährleistet sein muss. (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )  – Selbstverständlich, das werden wir genau beobachten, Herr Kollege, und wenn das nicht so zutrifft, dann werden wir das eben ändern.

Das Einzige, womit ich bei dieser Änderung nicht ganz einverstanden bin – das gebe ich offen zu –, das ist die Probezeit. Denn ich halte nichts davon, dass sie auf drei Monate verlängert wird. Ich muss sagen, mir wäre eine Probezeit von sechs Wochen genug, denn wenn ein Ausbildungsbetrieb nicht in der Lage ist, innerhalb von vier Wochen zu erkennen, ob der Lehrling zu gebrauchen ist oder nicht, dann ist das sowieso kein Ausbildungsbetrieb! Dann gehört ihm ohnehin die Lizenz entzogen. (Abg. Öllinger: Jetzt wird er aber radikal!) Aber ich schaue mir das gerne einmal an.

Ich kenne das Argument der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer, dass durch diese Probezeitverlängerung Lehrlinge vor allem in der Gastronomie nur als Ersatz für Saisonniers und


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zum Abbauen von Arbeitsspitzen herangezogen werden. (Abg. Öllinger: Das siehst du jeden Tag in Kärnten!) Das schaue ich mir jetzt einmal ein Jahr lang ganz genau an, und wir werden sehen, ob dort irgendein Schindluder betrieben wird oder nicht. Falls ja, dann muss man eben entsprechend reagieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: ... Arbeitervertreter!)

23.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.52

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In der Debatte zu diesem Punkt ist jetzt schon zum zweiten Mal der Begriff "Blödsinn" gefallen. Ich werde ihn jetzt wahrscheinlich zum dritten Mal einheimsen (Abg. Dr. Lichtenberger: Ich habe dafür einen Ordnungsruf bekommen!), weil ich nicht der Meinung der Regierungsparteien sein werde. Wenn das der neue Stil ist, dann frage ich mich schon, wo wir uns hier befinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Dolinschek! Sie müssen mir erst einmal erklären, wie ich aus der Vorlehre zwingend in einen Lehrabschluss komme. Denn soweit ich das Gesetz gelesen habe, ist nichts darüber enthalten, dass ein Lehrherr diese Möglichkeit eines Lehrvertrages in der weiteren Folge anbieten muss. Dass man das eigentlich gar nicht vorhat, ist ja allein schon daraus ersichtlich, dass die Vorlehre ja nur im Ausmaß von sechs Monaten anerkannt wird und ein daraus resultierender Lehrvertrag dazu führt, dass ein Lehrling in diesem Bereich mindestens vier bis fünf Jahre braucht, um überhaupt zu einem Abschluss zu kommen.

Ist das die Begünstigung derer, die ohnehin schon mit Eintrittsschwierigkeiten in den Arbeitsmarkt zu kämpfen haben? – Ich sehe das nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

Eine zweite Frage: Wer legt denn, bitte, den Kreis derer fest, die in die Vorlehre hineinkommen können? – Bisher war es so, dass der Verwaltungsrat des AMS Österreich – mit einstimmigem Beschluss übrigens – festgelegt hat, wer in die Vorlehre geht. Diese Möglichkeit fällt jetzt weg. Jetzt regelt das nur mehr der Lehrberechtigte: Ist er bereit, einen Lehrvertrag anzubieten, oder ist er dazu nicht bereit? – Wenn er das Auslangen mit Leuten, die angelernt sind, findet, dann kann ich mir schon vorstellen, dass er aus Gründen der Lohnkosteneinsparung und auch aus Gründen der Einsparung von Ausbildungskosten – die gehen bei der Vorlehre gegen null – lieber auf die Vorlehre zurückgreifen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

Wir haben ja diese Manipulation, hätte ich beinahe gesagt – und ich sage es auch –, in den letzten Jahren sehr deutlich gesehen. Ich erinnere mich noch genau: Um die Mitte der neunziger Jahre wurde von der Wirtschaftskammer "Karriere mit Lehre" plakatiert. Ein Jahr, zwei Jahre später war es plötzlich aus. Da gab es Probleme auf dem Lehrstellenmarkt. Warum? – Weil man erreichen wollte, dass die Lehrausbildung durch die öffentliche Hand finanziert wird. Das hat natürlich auch den Steuerzahler eine ganze Menge gekostet. (Abg. Haigermoser: Das habt ja ihr beschlossen, mit deiner Stimme!) In den Jahren 1997 bis 1999 wurden dafür 4 Milliarden Schilling aufgewendet! Das haben wir beschlossen (Abg. Dr. Puttinger: Richtig!), weil es uns nicht egal war, was mit den jungen Leuten passiert (Abg. Dr. Puttinger: Was ist da schlecht dran?), und weil wir alles dafür getan haben, dass die jungen Leute alle in eine Ausbildung kommen, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was ist heute die Folge davon? – Heute haben wir einen riesigen Facharbeiterkräftemangel. Sie lesen es alle Tage, könnte man sagen, in der Tagespresse, dass wir keine Facharbeiter mehr haben. Es hat übrigens der designierte ÖVP-Landesrat für Wirtschaft in Oberösterreich, Herr Fill, eine sehr interessante Bemerkung zu diesem Facharbeitermangel gemacht. Er hat in den "Oberösterreichischen Nachrichten" gemeint, man sollte doch die Zulassung von Facharbeiterkontingenten aus den östlichen und nördlichen Nachbarländern fördern. – Das ist die Strategie, der wir mit Sicherheit nicht zustimmen können, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )


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Eine letzte Anmerkung noch in Ihre Richtung, Herr Bundesminister: Mir ist bekannt, dass drei Bundesländer an Sie ein Schreiben mit der Bitte gerichtet haben, das NAP-Auffangnetz so zu belassen, wie es war, weil ja in diesen Gremien auch die Wirtschaft vertreten ist und es daher ja dort zu entscheiden wäre: Machen wir es mit einem Lehrgang, oder machen wir es mit einer Stiftung? – Nein, in diesem Gesetz wurden die Stiftungen abgeschafft, und bei den Lehrgängen bleibt die Unsicherheit, wer im heurigen Herbst zum Beispiel wirklich drinnen sein wird.

Diese Unsicherheit ist auch ein Grund dafür, warum wir ganz entschieden gegen diese Änderungen stimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.57

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Hohes Haus! Die Debatte um die Vorlehre ist mir nicht neu. Seit fünf Jahren führen wir sie, und ich muss sagen, unsere Vorstellungen über die Vorlehre konnten wir eigentlich erst jetzt mit der FPÖ umsetzen und verwirklichen. (Abg. Öllinger: Schlimm genug!) Ich danke der FPÖ für das Verständnis, das sie der Vorlehre entgegengebracht hat. Das möchte ich ganz ausdrücklich feststellen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pumberger. )

Ich sage Ihnen auch eines: Die Unterstellungen von Seiten der Abgeordneten der Opposition beweisen entweder, dass sie noch nie mit behinderten Menschen, die in einem Lehrverhältnis stehen, zu tun hatten oder dass sie gewisse Vorstellungen haben, die ich schon lange kenne, die natürlich auch von gewissen Seiten des ÖGB vertreten werden und auf Grund derer behauptet wird, der Lehrling in der Vorlehre werde ausgebeutet. – Das ist ganz eindeutig falsch! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Binder und Edlinger. )

Ich lade Sie ein: Wir haben in Vorarlberg – das wissen manche von Ihnen (Abg. Riepl: Vorarlberg ist anders! – Abg. Neudeck: Das ist auch blau-schwarz! – Abg. Dr. Puttinger: Wien ist anders!)  – einige Betriebe eingerichtet, die – und jetzt sage ich Ihnen etwas – gegen die gesetzlichen Bestimmungen die Vorlehre auch über zwei Jahre hinaus bereits eingerichtet haben. Wir haben die bürokratischen Hemmnisse verhindert und beseitigt, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich – alle die hier noch zweifeln –: Kommen Sie im Sommer, ich lade Sie ein! Gehen wir in das Lehrhotel "Viktor" in Viktorsberg, gehen wir in andere Lehrhotels und Lehrbetriebe, in denen Vorlehre praktiziert wird! Dann werden Sie überzeugt sein, dass es die beste Einrichtung ist, um junge Menschen, 15-jährige Buben, 15-jährige Mädchen nicht in eine Hilfsarbeiterfunktion zu drängen. Die Alternative, die viele haben, weil es keine praktikable Vorlehre gibt, ist, Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter zu werden. Ich bedauere es, dass Sie heute von Ihrer Seite wieder dieselben Argumente gebracht haben.

Wir treten für die Vorlehre ein und werden Ihnen beweisen, dass es eine vernünftige, die beste Ausbildungsmöglichkeit (Zwischenruf der Abg. Binder ) für Menschen ist, die eben nicht die vollen Voraussetzungen für ein normales Lehrverhältnis mitbringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.59

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Feurstein! Ich hoffe, dass Sie mir nur gute Absichten unterstellen angesichts der Tatsache, dass ich seit 28 Jahren an einer Berufsschule unterrichte, dass mir sehr viel an der Weiterentwicklung unserer Jugend liegt und dass ich mit vielen Unternehmen sehr gut zusammenarbeite. Das stelle ich einmal voran.


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Aber eines möchte ich Ihnen dazu sagen, was jetzt diese Regelung Ihrerseits betrifft. Es gibt zwei Möglichkeiten, es darzustellen: die eine, so wie Sie es gemacht haben, und die andere, so wie es derjenige getan hat, der in der Vergangenheit der klassische Vertreter des "kleinen" Mannes war, nämlich Kollege Dolinschek. Denn wenn er diese Rede bei mir in einer Schulversammlung gehalten hätte, dann hätte er bei der Tür verkehrt hinausgehen müssen. Das sage ich Ihnen, Herr Kollege: Es war beschämend, was Sie hier vom Rednerpult aus gesagt haben. (Abg. Dolinschek: Du hast ja keine Ahnung!)  – Na, von Ihnen werde ich mir sagen lassen, ob ich eine Ahnung habe! (Beifall bei der SPÖ.) So weit, Herr Kollege Dolinschek, haben wir es noch nicht gebracht!

Zurück zur Vorlehre: Ich weiß nicht, ob Sie sich Gedanken darüber gemacht haben, wie das exekutierbar ist. Ich nenne Ihnen folgendes Beispiel: Da kommt ein Lehrling, der die Vorlehre absolviert, in eine erste Klasse. Das heißt, er wird nur Teile der Unterrichtsgegenstände entsprechend mitmachen können, und das heißt, er wird auch nur Teile positiv abschließen können. Unter der Voraussetzung – was nicht unbedingt glücklich ist – dass Sie diese Vorlehre um ein Jahr verlängern, passiert Folgendes: dass er wieder in einer ersten Klasse sitzt und in dieser ersten Klasse, in der die Masse der Schüler alle Unterrichtsgegenstände angeboten bekommt, von denen er möglicherweise einen Teil absolviert hat, einen anderen Teil erst wieder mit den anderen im Regelunterricht aufzufangen versuchen muss. (Abg. Dr. Feurstein: Wissen Sie ...!)

Jetzt kommen wir zu dem tragischen ... (Abg. Dr. Feurstein: Darf ich Sie unterbrechen?)  – Nein, Herr Kollege, Sie können es mir nachher im Couloir erzählen.

Jetzt kommen wir zu dem tragischen Element: Jetzt hat er zwei Jahre Vorlehre hinter sich, und wenn er positiv einen Lehrvertrag bekommt, sitzt er zum dritten Mal in der ersten Klasse! Jetzt geht die Lehrzeit weiter, und dieser junge Mensch ... (Abg. Dr. Feurstein: Wissen Sie, es geht darum, diese Ausbildung auf dem normalen Weg zu machen ...!) Das sage ich Ihnen: Sie bezeichnen sich als Reformregierung, die den Menschen eine Chance gibt. Aber Sie nehmen den jungen Menschen eine Chance! Denn der wird nie eine Lehrabschlussprüfung schaffen. Das ist das Traurige, das möchte ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein. )  – Nein, Herr Kollege Feurstein!

Daher sage ich Ihnen eines: Nicht nur, dass Sie den jungen Menschen mit dieser Regelung nichts Gutes tun, sondern Sie werden in die Schule ein Chaos hineinbringen. In der Gesamtheit kann ich Ihnen nur sagen, dass wir dieses Gesetz mehr als zu Recht ablehnen. Wir werden – und ich an erster Stelle – den Leuten draußen sehr wohl sagen, was Sie beabsichtigen. Das ist wirklich zu verurteilen! (Abg. Dr. Feurstein: Wir machen gemeinsam ...!)

Einen Satz sage ich Ihnen noch zu den Lehrlingen, die Sie bis 23 Uhr arbeiten lassen. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Unter dem Strich wollen Sie sich nichts anderes sparen als vollwertige Arbeitskräfte! (Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein. ) Sie wollen einen billigen Arbeiter, der länger arbeiten muss, und dieses Geld soll nur der Wirtschaft zugute kommen. Das ist traurig: Ihnen geht Gewinn vor den Chancen der Jugend! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Feurstein: Das sind Unterstellungen! – Abg. Dr. Trinkl: Reine Unterstellungen!)

0.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.03

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Schwemlein! Man kann wirklich alles zerreden. Aber nicht einmal das ist dir gelungen! Diese ewige Klassenkampfgeschichte, diesen wirklich alten Hut herauszuziehen – das alles ist ja schon gescheitert! Lasst euch bitte einmal etwas Neues einfallen! Das ist nicht besonders innovativ, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun zu Dolinschek: Ich bin nicht sein Pflichtverteidiger, aber Dolinschek ist selbst ein hervorragender Ausbilder und hat Dutzende hervorragende Facharbeiter ausgebildet, meine Damen


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und Herren! Da braucht er sich von dir wirklich keine Lehre geben zu lassen, Kollege Schwemlein, was diese Dinge anbelangt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Bekenntnis, das Hohelied des dualen Ausbildungssystems wird ja immer wieder gesungen. Aber wenn es wirklich um eine Weiterentwicklung geht, dann ist die Sozialdemokratie ständig auf der Bremse. Feurstein hat es wirklich auf den Punkt gebracht: Die Vorlehre ist ein sozialer Fortschritt, meine Damen und Herren! Das ist die soziale Handschrift dieser Bundesregierung, nämlich für die Schwächsten der Schwachen in der Gesellschaft praktikabel umgesetzt. Denen wollen wir eine Chance geben, aber nicht quasi die Geschichte mit der Keule des Ausbeuters zusammenhauen. Das sollten Sie nicht tun, meine Damen und Herren, das hilft diesen Schwachen keinen Schritt weiter! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kollege Riepl hat ja ebenfalls in das Posthorn geblasen, und es sind nur gefrorene Töne herausgekommen. Klassenkampf schau oba! Meine Damen und Herren, ich verwahre mich dagegen, dass Sie hier ständig die Ausbildungsbetriebe beschimpfen und sie unisono schlecht machen. Das haben sich diese Betriebe nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Schauen Sie zum Beispiel einmal in einen Betrieb hinein, in dem Zahntechniker ausgebildet werden, um zu sehen, was für eine Mühewaltung über Jahre es ist, einen Lehrling in dieser Präzisionsarbeit auszubilden! Der ist keine billige Arbeitskraft, meine Damen und Herren, sondern der braucht Jahre, bis er überhaupt eine Arbeitskraft im klassischen Sinne ist.

So sollte man diese Dinge einmal sehen. Man sollte positiv an die Dinge herangehen, aber nicht hier den Klassenkampf aus dem alten Zylinder zaubern.

Meine Damen und Herren! Niemand drangsaliert Lehrlinge. Es gibt da und dort, auf allen Ebenen, auf allen Seiten, manche schwarze Schafe. Die Behörden sind dazu angehalten, diese schwarzen Schafe – unter Gänsefüßchen – "aus dem Verkehr zu ziehen".

Meine Damen und Herren! Wir haben vom Facharbeitermangel gehört, er ist von der Sozialdemokratie bejammert worden. Na, da wird wahrscheinlich Ihr Bildungssystem der vergangenen Jahre ein gerüttelt Maß an Schuld an diesem Mangel an Facharbeitern haben. Denn Sie haben es ja in die falschen Bahnen gelenkt. Wir sind jetzt dabei, wieder Ausgewogenheit herzustellen.

Zu guter Letzt, meine Damen und Herren, darf ich Ihnen sagen, dass wir selbstverständlich dazu bereit sind, die Ausbildungsverbünde zu attraktivieren. Da gehört auf Grund der neuen Situation einiges getan. Ein erster Schritt in diese zukunftsorientierte berufliche Bildung ist das heutige Gesetz. Die nächsten Schritte werden von uns mit Begeisterung angegangen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwemlein zu Wort gemeldet. Ich bitte, § 58 Abs. 2 zu beachten.

0.06

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haigermoser hat viel zu Berichtigendes gesagt. Aber er hat unter anderem gesagt, die Sozialdemokratie wäre gegen Verbesserungen im Lehrlingswesen.

Ich berichtige tatsächlich: Gerade die Sozialdemokratie war all die Jahrzehnte hindurch, in denen ich Erfahrung mit dem dualen Ausbildungssystem habe, diejenige, die Verbesserungen herbeigeführt hat.

Eines sage ich Ihnen auch, Herr Kollege Haigermoser: Ihre Schimäre von den wenigen schwarzen Schafen kann ich nicht hören! Es sind viele schwarze Schafe, und es passiert Trauriges mit den Lehrlingen. Ich bin neugierig, wann Sie einen Beitrag zur Verbesserung des dualen Ausbildungssystems leisten.


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32. Sitzung / Seite 283

Tatsache ist, dass die Sozialdemokratie das duale Ausbildungssystem zu jenem guten Level geführt hat, den es heute hat. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Ortlieb zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.07

Abgeordneter Patrick Ortlieb (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einmal mehr wird sich zeigen, dass die Bundesregierung nicht nur Reformen angekündigt hat, sondern sie vor allem auch umsetzen wird. Gerade diese Gesetzesänderung hilft der Wirtschaft und insbesondere unserer Jugend.

Wir diskutieren die Abänderung des Berufsausbildungsgesetzes. Da geht es nicht um eine Verlängerung der Arbeitszeit, sondern allein um eine Verschiebung. Man arbeitet keine Minute länger. (Abg. Parnigoni: 22 Uhr ...!) In einer Ausbildung, die der Gastronomie zugute kommt, darf man von 22 Uhr jetzt endlich bis 23 Uhr arbeiten. Sie wissen genau: die Sommerzeit, das Konsumentenverhalten – wahrscheinlich werden auch einige von Ihnen, wenn sie noch zu späterer Stunde einmal etwas in einem Lokal wollen, froh darüber sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist schon angesprochen worden: Vor der Bar darf man stehen – aber dahinter soll man nicht mehr stehen? – Das ist einfach unverständlich! International erfolgreiche Österreicher insbesondere aus der Branche der Gastronomie, wie wir sie überall sehen, haben einfach auf Praxis gesetzt. Das ist sehr, sehr wichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gerade die Abänderung dieses Gesetzes bringt mehr Nähe zur Praxis. Warum Praxis? – Praxis ist einfach eine Vorrausetzung für Selbstständigkeit, und Selbstständigkeit ist genau das, was die jetzige Bundesregierung will. Wir wollen wieder mehr Unternehmer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kein Österreicher – wahrscheinlich auch Sie nicht, meine Damen und Herren – will nach 22 Uhr ein zweitklassiges Service haben. Ich glaube, ein gutes Service ist gleichzeitig Gastfreundschaft, und Gastfreundschaft ist auch das, was Österreich auszeichnet. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Nürnberger! Sie sprechen in einer Presseaussendung von "Lehrlingsausbeutung". Sogar das Wort "Sklavenarbeit" wurde genannt. Der ÖGB macht eine Presseaussendung: "billige Hilfsarbeiter". – Ich glaube, so darf man Lehrlinge überhaupt nicht bezeichnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Stimmt aber!) Ich werde es Ihnen dann zeigen.

Es geht ausschließlich darum, dass das Ausbildungsziel erreicht wird. Das muss gewährleistet sein, zum Wohle unserer Jugend und auch zum Wohle der Wirtschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deshalb stimmen wir von den Regierungsfraktionen dieser Gesetzesänderung diskussionslos zu. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Bravo!)

0.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Firlinger! (Abg. Mag. Firlinger sitzt in der ersten Reihe auf dem nicht vergebenen Sitz Nr. 12.) Das ist kein Sitzplatz. Ich bitte Sie, zu Ihrem Sitzplatz zurückzugehen. (Abg. Mag. Firlinger verlässt diesen Sitzplatz.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 216 der Beilagen.


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32. Sitzung / Seite 284

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Puttinger, Haigermoser und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein vom Abgeordneten Brosz gestelltes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Schließlich liegt ein ausreichend unterstütztes Verlangen auf namentliche Abstimmung hinsichtlich der dritten Lesung vor.

Ich werde zunächst über die von dem Zusatzantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach, dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes und schließlich, entsprechend dem erwähnten Verlangen, in dritter Lesung über den Gesetzentwurf namentlich abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 3 in der Fassung des Ausschussberichtes. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Puttinger, Haigermoser und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 2 und die dadurch bedingte Änderung der Ziffernbezeichnung in Artikel IV zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja", das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise "Nein", das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, jeweils den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nun die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird Sie später dabei ablösen. – Danke.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Reitsamer beziehungsweise den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.


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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 285

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 0.19 Uhr unterbrochen und um 0.29 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Es wurden 165 Stimmen abgegeben. Davon waren 95 "Ja"-Stimmen und 70 "Nein"-Stimmen.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Knerzl, Kößl, Krüger, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;


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32. Sitzung / Seite 286

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder, Edler, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger;

Maier, Mertel, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht (III-40 der Beilagen) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1998 (194 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 13 der Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich sehe keinen Minister mehr, auch keine Ministerin. Das Thema sollte eigentlich schon auch noch interessant sein für den Herrn Bundesminister, auch wenn ich zur Kenntnis nehme, dass es spät ist. Da wir bereits im Ausschuss diesen Tagesordnungspunkt eigentlich auf das Plenum verlagert haben, finde ich es eher bedauerlich, dass wir dieses Thema, das an und für sich in der allgemeinen Debatte auch immer gern untergeht, erst zu so später Stunde diskutieren.

Herr Präsident! Die Anwesenheit des Herrn Bundesministers erwarte ich mir eigentlich trotzdem. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Herr Minister! Wo ist er? Wo ist der Herr Minister?)


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32. Sitzung / Seite 287

Herr Präsident! Ich ersuche Sie, mein Schweigen nicht als Redezeit zu werten. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Fahren Sie bitte mit Ihren Ausführungen fort! (Rufe bei der SPÖ: Jetzt kommt er!)

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Herr Bundesminister! Danke, dass Sie gekommen sind. Ich werde versuchen, es auf wenige prägnante Punkte zu bringen.

Herr Abgeordneter Haigermoser hat in der Debatte über den letzten Tagesordnungspunkt zum Thema schwarze Schafe bei der Lehrlingsausbildung gemeint, die schwarzen Schafe werden aus dem Verkehr gezogen. (Abg. Haigermoser: Unter Anführungszeichen!)

Wenn ich mir die Entwicklung der Arbeitsinspektion ansehe, die ja die Aufgabe hätte, schwarze Schafe aus dem Verkehr zu ziehen, dann muss ich daran zweifeln. Erklärte Absicht dieser Bundesregierung ist es, die Arbeitsinspektion in ein Organ zur Beratung der Unternehmen umzubauen. Nun meine ich, dass das nicht nur eine Duplizierung wäre, weil im bestehenden System des Arbeitnehmerschutzes die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Beratung der Unternehmen schon innehat (Abg. Haigermoser: Wie viele Lehrlinge haben Sie schon ausgebildet, Herr Öllinger?), während die Arbeitsinspektion eigentlich die Aufgabe hätte, die Kontrolle tatsächlich nicht nur wahrzunehmen, sondern auch auszubauen.

Wenn man jedoch nicht nur die Entwicklung der Arbeitsinspektoren, sondern auch die Entwicklung der Amtshandlungen, die Entwicklung der Strafanzeigen, die Entwicklung der abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren betrachtet, dann kann man überall nur den Abbau bemerken: Die Verwaltungsstrafverfahren gehen zurück, die Strafanzeigen gehen zurück, die Amtshandlungen gehen zurück, und auch die Entwicklung bei den Arbeitsinspektoren ist rückläufig. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sie haben gesagt: auf den Punkt bringen, nicht ausweiten!) – Ja, Herr Abgeordneter Haigermoser! Sie werden trotzdem noch zwei Minuten Zeit haben für dieses Thema.

Das Interessante ist, dass während auf der einen Seite im Bereich des Arbeitnehmerschutzes und der Überprüfung die Kontrolle für die Regierungsparteien immer weniger wichtig ist, wird die Kontrolle der Ausländerbeschäftigung auf der anderen Seite immer wichtiger. Dort, meinen Sie, muss die Kontrolle verstärkt werden. Da habe ich nichts dagegen. Nur wenn schon bei der Ausländerbeschäftigung streng kontrolliert wird, dann erklären Sie mir einmal, warum bei den schwarzen Schafen, von denen es nicht nur im Bereich der jugendlichen Beschäftigung, der Berufsausbildung genügend gibt, sondern die es – wie es im Bericht der Arbeitsinspektion erkennbar ist – auch in anderen Bereichen noch zur Genüge gibt, nicht auf Kontrolle oder auf Strafe gesetzt wird, sondern auf Beratung. (Ruf bei den Freiheitlichen: Haben Sie den Bericht überhaupt gelesen? Sie wissen ja gar nicht, worum es geht! Es geht nur um den öffentlichen Dienst!)

Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass es andere Behörden, andere Einrichtungen gibt, die die Aufgabe der Beratung wahrnehmen sollen.

Zum Bericht der Arbeitsinspektion eine Anmerkung: Der Bericht hat nach wie vor hohe Qualität, gerade durch die Berichte, die von den Arbeitsinspektoren selbst eingebracht werden. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Können Sie Ihr Sprechorgan irgendwie mäßigen? (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Prammer. ) Sie haben genauso die Möglichkeit, sich hier zur Diskussion zu melden. Sie haben die Möglichkeit, hier zu sprechen. Sie sollten diese Möglichkeit ergreifen, wenn Sie so viel zu sagen haben. Aber an und für sich sollten Sie auch die Möglichkeit, zuzuhören, nutzen und das Organ der Wahrnehmung nicht total verkümmern lassen, weil nur das "Herausäußern und Rülpsen" reicht noch nicht aus, um an der Diskussion teilnehmen zu können. (Beifall bei den Grünen. – Empörte Rufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eine Anmerkung lassen Sie mich noch machen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Als Langzeitarbeitsloser über das zu reden, das ist ja ein Wahnsinn! Sie haben ja keine Ahnung!)  – Haben Sie gemeint, als Langzeitarbeitsloser ist es nicht möglich, über das


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32. Sitzung / Seite 288

Thema zu reden? War das wirklich eine qualifizierte Äußerung eines freiheitlichen Abgeordneten? – Das ist ein spannender Debattenbeitrag! (Der freiheitliche Abgeordnete setzt sich in die letzte Reihe.) – Sie sollten hinter die letzte Bank gehen, denke ich. Das wäre angemessen für diesen Zwischenruf. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Eine Anmerkung zu diesem Bericht der Arbeitsinspektion: Aufgefallen ist mir – wahrscheinlich nicht nur mir –, dass die MAK-Werte-Liste, die nach wie vor die krebserzeugenden und gefährlichen Arbeitsstoffe reguliert, aus dem Jahre 1993 stammt, 1995 das letzte Mal veröffentlicht wurde und im Bericht der Arbeitsinspektion von 1998 angemerkt wurde, dass diese MAK-Werte-Liste durch eine Verordnung über Grenzwerte und krebserzeugende Arbeitsstoffe ersetzt werden sollte.

Ich habe versucht, herauszufinden, ob diese Verordnung schon in Kraft ist. Sie ist noch immer nicht erlassen worden. Das heißt, da liegt eindeutig ein Versäumnis vor – auch nach dem, was im Bericht der Arbeitsinspektion zu lesen war –, und ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, sich dazu zu erklären, warum in diesem Bereich, in dem Österreich einen Standard aufweist, der Anfang der neunziger Jahre das letzte Mal festgeschrieben wurde, in dem seit Anfang der neunziger Jahre keine Anstrengungen unternommen wurden, um mit den anderen industriell entwickelten Ländern, vor allem Deutschland, an dem sich dieser Standard meistens orientiert hat, an dem sich die Grenzwerte orientiert haben, mithalten zu können, nicht nachgezogen wurde.

Herr Bundesminister! Ich denke, dass trotz der guten Qualität des Berichtes der Arbeitsinspektion allein die Tatsache, dass wir im Jahr 1999 zum ersten Mal wieder steigende Unfallziffern hatten, ein Indiz dafür ist, dass es im Bereich des Arbeitnehmerschutzes, der nicht nur heute, weil wir so spät darüber diskutieren, sondern generell ein eher unentwickelter und unterentwickelter Bereich für die öffentliche Debatte ist, Grund genug ist, um gegen diesen Bericht der Arbeitsinspektion zu stimmen, obwohl die Grünen nach wie vor die hohe Qualität des Berichtes zu schätzen wissen. Aber im politischen Bereich gibt es noch einiges zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

0.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.39

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für den ausgezeichneten Bericht danke ich den BeamtInnen, besonders Frau Sektionschefin Dr. Szymanski. (Beifall bei der SPÖ. )

Es ist bedauerlich, dass dieser ausgezeichnete Bericht auch im Ausschuss aus Zeitgründen nicht debattiert wurde, weil vorher eine zehnstündige Ausschusssitzung stattgefunden hat. Dass heute, um diese Zeit, mit nur sehr geringem Interesse darüber debattiert wird und dass der Arbeitnehmerschutz die Abgeordneten dieses Hauses nicht mehr interessiert, ist wirklich zu bedauern. Es ist auch zu bedauern, welchen Stellenwert der Arbeitnehmerschutz hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. )

Aus Zeitgründen bringe auch ich nur Stichworte: Einhaltung und Überprüfung der Sicherheitsvorschriften von Jugendlokalen: Bei der Sicherheit war oft keine Gewährleistung gegeben. Strenge Ahndung ist nötig bei Verstößen gegen Kinderarbeit und gegen das Mutterschutzgesetz. Der NichtraucherInnenschutz ist zu überprüfen, und ich wäre sehr froh, wenn Angehörige der Gesundheitsberufe in Erfahrung bringen könnten, welche Berufsgruppen sich mit Hepatitis infizierten, ob Stichverletzungen gemeldet wurden, wo und wie, in welchen Bereichen die Tuberkulose und auch die anderen Infektionskrankheiten übertragen wurden.

Mich verblüffte, dass einmal eine Aids-Erkrankung als Berufskrankheit gemeldet wurde. Bisher wurde eher in Abrede gestellt, dass diese Infektion beruflich erfolgt. Welchen Verletzungsmodus gab es?


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32. Sitzung / Seite 289

Im Jahre 1998 stand das Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen an vierter Stelle der Berufserkrankungen.

Die Arbeitszeit in Krankenanstalten, das haben die erschütternden Berichte der letzten Zeit gezeigt, sind strikt einzuhalten und häufig zu überprüfen. Die Berichte über Verstöße sind geringer als das, was wir in Ärztesitzungen hören. ÄrztInnen bis zur Erschöpfung einzusetzen, ist für PatientInnen, aber auch für ÄrztInnen unzumutbar. In Tirol gibt es die meisten, in Wien die geringsten Verstöße gegen das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz.

Die Forderungen der Wirtschaftskammer nach Verringerung der arbeitsmedizinischen Untersuchungen und des Arbeitnehmerschutzes dürfen nie Gesetz werden. Gesundheitsvorsorge und Schutz sind weiter auszubauen. Bereiten Sie nicht wieder einen Feldzug gegen Menschen vor! Die konstruktive Opposition stimmt diesem Bericht, der unter die Amtszeit von Ministerin Hostasch fällt, zu. (Beifall bei der SPÖ.)

0.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pumberger gemeldet. – Bitte.

0.42

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun wieder etwas mehr Sachlichkeit nach den Debattenbeiträgen von Öllinger und Pittermann: Dass Tirol die geringste Anzahl an Vergehen gegen das Arbeitszeitgesetz in den Spitälern hat, das glaube ich gerne, das stimmt auch, ist es doch kein SPÖ-dominiertes Bundesland so wie Wien, das so ziemlich die meisten Vergehen hat.

Aber nun zum Tätigkeitsbericht. Lob spreche auch ich all jenen aus, die dabei mitgearbeitet haben. Mich als Mediziner und Gesundheitspolitiker interessiert die Statistik über die Arbeitsunfälle und über die berufsbedingten Erkrankungen besonders. Die Zahl der Arbeitsunfälle ist von 1997 auf 1998 gesunken, das freut uns, aber die Berufskrankheiten sind leider angestiegen, es gibt 1 249 anerkannte Berufskrankheitsfälle. Das stimmt etwas traurig.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe auf den Bericht 1999, ich hoffe, dass dieser etwas besser wird. Wir können aber guter Hoffnung sein, dass der Bericht 2000 besser sein wird, denn das wird der erste Bericht unter der neuen Regierung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Na sehr sachlich, Herr Kollege!)

0.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Sophie Bauer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.43

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion von 1995 ist ein sehr guter Bericht, er ist aber nicht nur ein guter Bericht, sondern er gibt auch deutlich wieder, wie sehr die Arbeitsunfälle in den letzten Jahren zurückgegangen sind: Im Jahre 1994 gab es noch 164 469 Arbeitsunfälle, wovon 279 tödlich waren.

Seit dem In-Kraft-Treten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes von 1995 gingen die Arbeitsunfälle um ein Viertel zurück, denn die Aufgaben der Arbeitsinspektion sind ja zu kontrollieren, zu belehren, Mängel zu beanstanden, damit die Gefährdung am Arbeitsplatz für den Beschäftigten vermieden werden kann.

Die Betriebe waren bis jetzt dazu verpflichtet, sich beraten zu lassen, selbstständig Gefahren zu ermitteln, zu dokumentieren, aber auch zu eliminieren. Die Arbeitsunfälle und Krankenstände sind seit 1995 österreichweit um 25 Prozent zurückgegangen, das sind 40 000 Arbeitsunfälle weniger.


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32. Sitzung / Seite 290

Meine Damen und Herren! Jetzt sind eine Zerschlagung des Arbeitnehmerschutzes sowie die Gefährdung der Gesundheit der österreichischen Arbeitnehmer geplant. Geht es nämlich nach dem Regierungsprogramm von Blau-Schwarz, so brauchen Unternehmer Arbeitnehmer nur noch dann zu schützen, wenn es sie nicht zu viel Geld kostet. Gleichzeitig sollen die Arbeitsinspektorate der Interessensphäre der Unternehmer zugeordnet werden. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Haigermoser. )

Meine Damen und Herren! Der Wunschzettel der Wirtschaftskammer ist, dass die Gefahrenermittlung in Zukunft nur noch geheim erfolgen soll. (Abg. Dr. Martin Graf: Wie war das beim "Konsum"?)

De Gipfel ist jedoch, dass der Arbeitgeber, wenn er die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrmals in Gefahr bringt, nur einmal dafür bestraft werden soll, und das in Zeiten, in denen der Druck und der Stress auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer größer wird. Der Arbeitgeber soll nicht einmal dazu verpflichtet werden, die Beschäftigten über eventuelle Gefahren so zu informieren, dass sie auch verstanden werden, denn Gesundheitsrisiken für die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer scheinen ja nicht mehr zu zählen.

Meine Damen und Herren! 51 Prozent der Arbeitgeber halten die Kontrolltätigkeit der Arbeitsinspektion für wichtig, für 49 Prozent der Arbeitgeber ist es kein Anliegen, dass der Schutz sowie der Gesundheitszustand für den arbeitenden Menschen gewährleistet ist. Zu diesen 49 Prozent der Arbeitgeber zählt für mich auch Arbeitgeber Bundesminister Bartenstein, wenn er dieser Demontage der Arbeitsinspektorate die Zustimmung gibt.

Wir Sozialdemokraten wissen sehr wohl, dass die blau-schwarze Regierung sich über unsere Forderungen, was den Schutz und die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft, hinwegsetzt. Meine Damen und Herren von der blau-schwarzen Regierung! Es ist blanker Zynismus, wenn einerseits das Pensionsalter angehoben wird, die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit abgeschafft wird, aber gleichzeitig die Ursachen, die zu einer Invalidität führen, nicht behoben werden.

Herr Bundesminister! Ich stehe als Arbeitnehmerin hier und weiß, wie wichtig die Tätigkeit der Arbeitsinspektion in den Betrieben für die Beschäftigten ist. Verschließen Sie nicht die Augen und lassen Sie Verschlechterungen für die Arbeitnehmer und -nehmerinnen nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)

0.47


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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 291

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

0.47

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete! Es ist zwar nur bedingt aktuell, den Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion aus dem Jahr 1998 jetzt nach zwei Jahren zu diskutieren, aber es handelt sich Gott sei Dank nicht – wie Sie gesagt haben – um den Bericht aus dem Jahr 1995.

Seien Sie unbesorgt, die Tätigkeit der Arbeitsinspektion wird keinesfalls eingeschränkt. Auch wenn wir die Weiterentwicklung des Arbeitsinspektorates in Richtung Dienstleistung und Beratung verfolgen und unterstützen wollen, bleibt die Aufsichtsfunktion des Arbeitsinspektorates und seiner mehr als 300 Arbeitsinspektoren weiter voll aufrecht.

Ich habe mich zu Wort gemeldet, um eine konkrete Frage des Abgeordneten Öllinger zu beantworten, und zwar hinsichtlich der Grenzwertverordnung über die maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen. Mir wurde gesagt, dass Vorarbeiten, die bereits unter der Frau Ministerin Hostasch eingeleitet wurden, leider noch nicht abgeschlossen werden konnten. Es handelt sich dabei um Sozialpartnerschlussgespräche über verschiedene noch offene Punkte, aber die bereits hier im Plenum sehr anerkennend erwähnte Frau Sektionschefin Szymanski geht davon aus, dass diese Verordnung in Kürze erlassen werden wird. Das ist meine Antwort an Herrn Abgeordneten Öllinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit uns Soziales, den vorliegenden Bericht III-40 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (65 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit (248 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (74 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit (249 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (82 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit (250 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (88 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit (251 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (89 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit (252 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (112 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit (253 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 14 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu allen Punkten ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Zum Vorbringen der Druckfehlerberichtigung zum Ausschussbericht 249 der Beilagen erteile ich ihm das Wort.


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32. Sitzung / Seite 292

Berichterstatter Dr. Gottfried Feurstein:
Ich bringe eine Druckfehlerberichtigung zur Kenntnis zum Ausschussbericht 249, und zwar zum Abkommen der Republik Österreich mit dem Staat Israel.

Ich bitte, Folgendes zu berücksichtigen:

Bei der Beschlussfassung im Titel des Ausschussberichtes und im Antrag des Ausschussberichtes sind vor dem Wort "Abkommen" die Worte "Zusatzabkommen zum" einzufügen und jeweils das Wort Soziales mit einem großen "S" zu schreiben.

Ich bitte, diese Druckfehlerberichtigung bei der Beschlussfassung zu berücksichtigen.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Berichterstatter! Ich danke für die Ausführungen.

Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Grabner gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.52

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die hier und heute zu debattierende Regierungsvorlagen über die Abkommen zwischen Österreich auf der einen, der Türkei, Israel, der Internationalen Atomenergie-Organisation, Ungarn, der Tunesischen Republik und der Tschechischen Republik auf der anderen Seite benennen in ihrer Präambel folgende Ansinnen: die gegenseitigen Beziehungen zwischen den genannten Staaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit zu regeln und mit der Rechtsentwicklung in Einklang zu bringen.

Meine Damen und Herren! Diese Forderungen werden eindeutig erfüllt. Es sind daher gelungene Regierungsvorlagen, die eine Fortführung der auf Rechtssicherheit und auf soziale Sicherheit ausgerichteten gelungenen Politik der Vorgängerregierung bedeuten (ironischer Beifall der Abgeordneten Mag. Firlinger, Dr. Martin Graf und Fischl ), egal, ob es sich wie im Falle Israel um ein Zusatzübereinkommen als Erweiterung des im November 1973 geschlossenen Abkommens handelt oder ob es, wie in den restlichen Fällen, neue Abkommen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ebenso wird endlich dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Staatsangehörigen der betreffenden Staaten und der Gebietsgleichstellung hinsichtlich der Gewährung von Geldleistungen Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Die Gleichbehandlung auf Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit und der Aufrechterhaltung der erworbenen Ansprüche sowie Anwartschaften erstreckt sich stets auf unselbstständig oder selbstständig Erwerbstätige. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es werden die Bereiche Pensionen, Krankenversicherung – ich glaube, dass das eine sehr wichtige Angelegenheit ist; du lachst immer, weil du wirklich keine Ahnung hast, Freund Fischl –, Unfallversicherung, Schadenersatz, Arbeitslosigkeit umfasst und auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Besonders in Zeiten steigender gesellschaftlicher Mobilität, die von Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmern und auch von den gut ausgebildeten Fachkräften gefordert wird (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen), ist die Schaffung von Rechtssicherheit auf erworbene soziale Ansprüche unerlässlich und dient ausschließlich dem sozialen Schutz arbeitender Menschen, denn die mutige Bereitschaft zur Mobilität, gerade auf dem internationalen Arbeitsmarkt, darf den Betroffenen in seiner rechtlichen sozialen Position nicht gefährden. (Beifall bei der SPÖ.)


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32. Sitzung / Seite 293

Dies zeigt sich im Artikel Gebietsgleichstellung deutlich. Denn erworbene Ansprüche auf Pensionen, Renten und andere Geldleistungen können auch nicht verloren gehen oder gekürzt werden, wenn der Berechtigte bereits im Gebiet des anderen Vertragsstaates wohnt.

So könnte man sich zum Abschluss nur wünschen, dass auch bei anderen Vorlagen der Regierung auf die Interessen der Betroffenen, vor allem der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so sehr Rücksicht genommen würde wie in diesen Fällen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dem ist generell leider nicht so. Den hier vorliegenden Abkommen kann man im Interesse der Beteiligten nur zustimmen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bravorufe bei den Freiheitlichen.)

0.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet. – Bitte.

0.56

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wenn man den allgemeinen Erläuterungen des Abgeordneten Grabner natürlich nur zustimmen kann, muss man ihm insofern widersprechen beziehungsweise einen Einwurf machen, als zwei der hier zur Verhandlung stehenden Abkommen nur deshalb erwähnt sind, weil sie vor einiger Zeit gekündigt wurden, und zwar durch Österreich: die Abkommen mit der Türkei und mit Tunesien.

Es trifft sich sehr gut, Herr Bundesminister, dass Sie heute hier sind, denn ich kann mich noch genau an Ihre Äußerung erinnern, die vielleicht nicht so auf die Zukunft gerichtet war, aber Sie haben sie damals gemacht. Sie haben damals erklärt: Wenn Sie die Familienbeihilfe für diese Gruppe abschaffen müssen, dann können Sie das nur deshalb vertreten, weil Sie sich sicher sind, dass sie demnächst in irgendeiner Form für diese Menschen, für die türkischen Staatsangehörigen wieder eingeführt wird. – Das haben Sie damals gesagt. Sie bedauern diese Regelung, die aus budgetären Gründen getroffen werden müsse, aber die Situation des Familienlastenausgleichsfonds werde in wenigen Jahren wieder besser sein und dann könnten wir diese Regelung zumindest wieder auf eine ordnungsgemäße Basis stellen.

Ich kann dieses Zitat von Ihnen gerne heraussuchen. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Österreich hat das Abkommen mit der Türkei genauso wie mit Tunesien einseitig aufgekündigt, und zwar aus budgetären Gründen. Jetzt gibt es ein neues Abkommen, in dem natürlich das Element der Familienbeihilfe fehlt. Das ist – auch wenn sie fehlt – trotzdem ein Problem, und zwar nicht nur EU-rechtlich in Bezug auf die Familienbeihilfen, sondern vor allem auch deshalb, weil der Staat Österreich diesen Personen und deren Angehörigen, die hier leben – wenn er ihnen schon die Familienbeihilfe streicht –, den Unterhaltsabsetzbetrag genehmigen müsste. – Und das tut er auch nicht.

Da wird das Problem tatsächlich ein ernstes rechtliches Problem, und das wissen Sie auch, Herr Bundesminister. Sie kennen die rechtliche Lage, die steuerrechtliche Lage. Österreich ist in diesem Bereich nach wie vor gegenüber jenen Menschen und deren Angehörigen säumig, die in Österreich Steuern zahlen. Das betrifft nicht unmittelbar die zwei zur Diskussion stehenden Abkommen, aber in diesem Bereich hat Österreich in der Vergangenheit gesündigt und ist noch nicht bereit, diese Fehler beziehungsweise Versäumnisse aus der Vergangenheit wieder gutzumachen.

Sinn meines Beitrags war, Sie darauf aufmerksam zu machen, auch wenn wir diesen Abkommen zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

1.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.


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32. Sitzung / Seite 294

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit in 65 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den vom Herrn Berichterstatter berichtigten Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit in 74 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit in 82 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit in 88 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit in 89 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit in 112 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 145/A der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (256 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 20 der Tagesordnung.


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32. Sitzung / Seite 295

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.02

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Wir sind, glaube ich – ich spüre es! –, wieder sehr aufmerksam, um uns noch einmal dem Thema Jugend zu widmen.

Nach der Debatte zum Berufsausbildungsgesetz muss ich schon drei Fragen stellen: Wie viel wissen Sie über unsere Jugend? Was haben Sie für diese übrig? Und: Können oder wollen Sie sich überhaupt in die Situation von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen hineinversetzen oder vielleicht ohnedies nicht? – Meine Antworten können Sie sich jedenfalls ausrechnen, auch ohne drei Mal zu raten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Herr Abgeordneter Ortlieb, den ich hier stellvertretend für all die anderen Redner der Regierungsparteien ansprechen möchte, hat gesagt, es hilft der Wirtschaft, und hintennach hat er ganz leise gesagt: und es hilft auch der Jugend. – Das entlarvt ihn natürlich! Und wenn er sagt, vor der Bar dürfen sie stehen und hinter der Bar vielleicht nicht, dann frage ich ihn: Will er vielleicht Lehrmädchen als Barmädchen? – Das passt auch zu ihm! (Widerspruch bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Beifall bei der SPÖ.)

Aber jetzt zum Thema, meine Damen und Herren. Sie reden immer von einem schweren Erbe, das Sie angetreten haben. Auf Grund meiner Herkunft gehöre ich nicht zur Generation der ErbInnen, aber ich würde mich freuen, ein solches Erbe antreten zu können, nämlich ein Erbe, das Wirtschaftsdaten aufweist, wie sie seit den siebziger Jahren nicht mehr vorhanden waren.

Was die Ausbildung von Fachkräften in Österreich betrifft, so setzt diese europäische Standards – das ist uns allen bekannt. Zu diesem Ruf haben aber nicht alle Unternehmen gleich viel beigetragen. Es gibt nämlich solche, die investieren, und solche, die profitieren. Letztere – also die, die profitieren – zu vertreten, entspricht zwar Ihrer Auffassung von Politik – die einen sollen zahlen, und die anderen haben den Ertrag (Abg. Böhacker: Wie war denn das mit dem "Konsum"?) –, das bringt uns aber jetzt, da wir wissen, dass 9 000 Lehrstellen fehlen, nicht weiter. Ich glaube den Presseberichten. Dass 9 000 Lehrstellen fehlen, habe ich heute in der Zeitung gelesen. (Abg. Wattaul: Lehrlinge bildet der Unternehmer aus und nicht die Sozialistische Partei!)

Meine Damen und Herren! Jeder Mensch hat besondere Begabungen. Nach unserer Auffassung von Politik sollte jede und jeder die gleiche Chance haben, diese Begabungen auch herauszuarbeiten. Ich darf vielleicht kurz auf meine berufliche Praxis Bezug nehmen – aber jene, die ihre gesamte berufliche Praxis im geschützten Bereich der FPÖ verbracht haben, werden das wahrscheinlich ohnedies nicht verstehen – und ein Wort zum Thema schwerhörige und gehörlose Jugendliche sagen: Ich kann Ihnen versichern, dass in manchen Bereichen Fähigkeiten entwickelt werden, die uns normal Hörenden verschlossen sind.

Wir bitten Sie daher in diesem Antrag – ich appelliere dringend an Sie –, die Mittel aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht für kurzfristige Budgetkosmetik und Manipulationen des Herrn Finanzministers zu verwenden, sondern den arbeitswilligen und den Arbeit suchenden österreichischen Jugendlichen die Chancen einzuräumen, die sie verdienen.

Wenn Sie zu einer erfolgreichen Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt beitragen wollen, dann werden Sie unserem Antrag zustimmen. Wenn Sie hingegen der Meinung sind, mit fünf oder sechs McJobs können sich diese Jugendlichen ähnlich wie die Zivildiener vor dem Verhungern retten, dann wissen wir, dass Sie dagegen stimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Grünewald und Haidlmayr. )

1.05


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32. Sitzung / Seite 296

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

1.06

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Zur Verbesserung der Situation von Lehrstellen suchenden Jugendlichen wurde im Grunde genommen unter Tagesordnungspunkt 12, Berufsausbildungsgesetz, alles gesagt. Gestatten Sie mir aber doch einige Anmerkungen, insbesondere zu den Kollegen Riepl und Brosz sowie zu Kollegin Heinisch-Hosek.

Wenn sie meint, wir wissen nicht, was wir tun und was wir sagen, dann möchte ich nur darauf hinweisen, dass sogar die "Salzburger Nachrichten" schreiben: "Auffangnetz war ein Flop". Das heißt, dass aus den Stiftungen heraus nur jeder Fünfte eine Lehrstelle fand und aus den Lehrgängen heraus immerhin zumindest jeder Zweite. Wenn es heißt, es gibt so viele Lehrstellen Suchende: Hier sucht ein Lebensmittelkonzern (die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe), der sicher nicht der schlechteste ist – ich möchte den Namen nicht sagen –, verzweifelt Lehrlinge und findet sie noch nicht.

In diesem Sinne meine ich, dass das, was die Regierungsparteien unter Tagesordnungspunkt 12 eingebracht haben, sinnvoll, notwendig und gut ist und dass diesem Antrag von uns nicht zugestimmt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

1.07


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32. Sitzung / Seite 297

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. – Bitte.

1.07

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Kollegin Heinisch-Hosek! Natürlich ist es notwendig, dass man der Wirtschaft auch Anreize bietet, um wieder vermehrt Lehrlinge aufzunehmen (Abg. Heinisch-Hosek: Der Antrag sagt das!), und das ist auch gut so. Es freut mich, dass wir da d’accord gehen, und es freut mich umso mehr, sagen zu können, dass wir nach den neuesten Arbeitsmarktstatistiken, nach den neuesten Zahlen des AMS endlich wieder in der positiven und glücklichen Lage sind, dass es mehr offene Lehrstellen als Lehrstellen Suchende gibt. Das Verhältnis ist mit 2 461 offenen Lehrstellen zu 1 921 Lehrstellen Suchenden ein sehr positives, und es freut mich, das so sagen zu können. (Beifall bei dem Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Trotzdem ist es natürlich notwendig, auch bewährte Instrumente zur Bekämpfung der Lehrlingsarbeitslosigkeit aufrechtzuerhalten. Daher wird es, wie wir ja heute schon beschlossen haben, zur Weiterführung und Beibehaltung von Lehrgängen kommen. Die Stiftungen werden auslaufen, und zwar deshalb, weil sie nach heutigem Wissensstand Gott sei Dank nicht mehr benötigt werden, weil es eben genug reguläre Lehrstellen gibt. Die Gründe sind ja bekannt: Es bietet, wie schon gesagt, die Wirtschaft wieder mehr Lehrstellen an, und geburtenschwächere Jahrgänge drängen nach. Daher wird man hier das Auslangen finden.

Das Berufsausbildungsgesetz bietet eine solide Grundlage für die Ausbildung der Jugendlichen. Darüber hinaus muss es aber selbstverständlich – und ich glaube, darin sind wir uns in diesem Hohen Haus alle einig – weiterhin eine ständige Beobachtung des Lehrstellenmarktes geben. Es gibt ja auch seitens der Bundesregierung den Auftrag an das AMS, ständig die Lehrstellensituation zu beobachten und zu melden. Sollte es, was wir alle nicht hoffen, wieder zu einer Verschlechterung in diesem Bereich kommen, dann wird diese Bundesregierung selbstverständlich alle nötigen Maßnahmen setzen, um wieder Verbesserungen herbeizuführen.

Nach dem heutigen Wissensstand aber werden wir, wie gesagt, mit den derzeitigen Maßnahmen Gott sei Dank auskommen, und das ist, glaube ich, eine positive Situation. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silhavy: Was ist mit den Jugendlichen, die noch immer auf die Lehrstellen warten?)

1.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht in 256 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (6 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (152 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung. (Abg. Dr. Khol: Dritte Lesung! – Präsident Dr. Fasslabend überprüft seine Unterlagen. – Einer der Konzeptbeamten in Richtung des Präsidenten Dr. Fasslabend: Das war ein Bericht, und ein Bericht hat keine dritte Lesung! – Abg. Dr. Fischer  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Das war ein Ausschussbericht! Es ist schon in Ordnung!) Nicht immer ist es das Croquis! (Abg. Grabner: Immer sagt er falsch ein, der Khol!) Ehre, wem Ehre gebührt: Er hat heute auch schon richtig eingesagt! (Ruf bei der SPÖ: Aber nicht der Khol! Das war immer ein anderer!)

Es wird keine Berichterstattung gewünscht.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Fekter: Aber nicht lang, Herr Kollege! Sonst werden wir Salzburgerinnen! – Abg. Dr. Fischer: Eine solide Analyse!)

1.11

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Hohes Haus! Der vorliegenden Regierungsvorlage kann man grundsätzlich zustimmen. Die Aufgaben sind schlüssig formuliert.

Trotzdem erlaube ich mir, auf einen Satz in den Erläuternden Bemerkungen einzugehen, den ich hier zitieren möchte: "Des Weiteren haben die veterinärmedizinischen Bundesanstalten in verstärktem Maße Untersuchungen von Fleisch durchzuführen, die eine wirksame Kontrolle auf den unerlaubten Einsatz beziehungsweise auf unerlaubte Rückstände von Hormonen, Antibiotika und sonstigen Arzneimitteln sicherstellen sollen."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Betonung liegt auf den Worten "in verstärktem Maße". Ich kann es nur nicht glauben.

Warum? – Bundesminister Molterer hat in der Frage der Futtermittelkontrolle und des Einsatzes von Antibiotika in Futtermitteln in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass die Betriebskontrollen zurückgegangen sind, dass die Probenziehungen zurückgegangen sind, und zwar um über 20 Prozent, und damit auch die Beanstandungen und die Anzeigen. – Das wäre der erste Punkt.

Der zweite Punkt sind die Tierärzte, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich vermisse hier die Bauernvertreter der Freiheitlichen Partei. Warum haben sie nicht aufgeschrien? Wo bleiben Frau Aumayr und all diejenigen, die immer dafür eingetreten sind, dass Antibiotika in der Viehzucht nicht verwendet werden? – Die Tierärzte sprechen von einer zunehmenden Behinderung der objektiven Kontrolle von Tierärzten, von Hygieneproblemen, Selbstmedikation und illegalem Einsatz von noch dazu geschmuggelten gefährlichen Medikamenten. – All das nimmt zu.

In der Branche wird davon gesprochen, dass knapp die Hälfte des heimischen Verbrauches illegal gehandelt wird. In Richtung der Bauernvertreter darf ich anmerken, dass beispielsweise


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32. Sitzung / Seite 298

im oberösterreichischen Raum im Juni einmal eine halbe Tonne illegaler Substanzen im Wert von 500 000 S beschlagnahmt wurde. Weiters wurde im Juni ein Tierarzt aus Bayern angetroffen, der 300 Kilogramm Tiermedikamente, verpackt in 24 Kartons, in seinem Wagen transportierte. Er dürfte 70 bis 80 Kunden beliefert haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich hierbei um klare Gesetzesverstöße. Man muss sich fragen: Haut die Vollziehung, die wir in Österreich haben, eigentlich hin?

Da gibt es Frau Bundesministerin Sickl, die für Fleisch zuständig ist. Dann gibt es Bundesminister Molterer, der für die Futtermittel zuständig ist. Eine gemeinsame Kontrolle über den Einsatz illegaler Antibiotika im Bereich der Landwirtschaft gibt es aber nicht.

Abschließend möchte ich hervorheben: Die Weltgesundheitsorganisation hat vor eineinhalb Wochen ihren Bericht zur Antibiotikaresistenz vorgelegt, aus dem ich Ihnen kurz zitieren darf. Darin heißt es: Die Resistenz gegen Antibiotika steigt und die Medizin um Jahrzehnte zurückgeworfen wird. Diese zunehmende Resistenz gefährlicher Bakterien gegen Antibiotika droht den medizinischen Fortschritt um Jahrzehnte zurückzuwerfen. – Das sage nicht ich, das sagt nicht die sozialdemokratische Fraktion, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern das sagt die Weltgesundheitsorganisation!

Weiters sagt sie: Dafür verantwortlich ist der verstärkte Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht und in der Futtermittelproduktion.

Ich frage Sie nun: Wo ist die Landwirtschaftskammer? Ich frage Sie: Wo sind die Funktionäre der Landwirtschaftskammer? Und ich frage Sie: Was passiert im Bereich der Produzenten?

Ich stelle fest, wir haben ein Vollzugsproblem, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie nehmen Gesundheitsschäden für die Konsumentinnen und Konsumenten nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa in Kauf! (Beifall bei der SPÖ.)

Insofern als ich hier in meiner Funktion bei der Arbeiterkammer angesprochen bin, Kollege Schwarzenberger, so sage ich dir, was wir machen: Wir werden verstärkte Kontrollen in diesem Bereich durchführen (Abg. Schwarzenberger: Dazu werden Sie ja bezahlt!) und mit den Namen an die Öffentlichkeit gehen, und wir werden insbesondere jene Fälle aufzeigen, in denen die Interessenvertretung in diesem Bereich versagt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Abschluss: Die sozialdemokratische Fraktion wird dieses Thema weiterverfolgen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen! (Beifall bei der SPÖ.)

1.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte. (Abg. Mag. Mühlbachler: Maier! Wo ist die Arbeiterkammer, die sagt, man soll nur Biofleisch kaufen?)

1.17

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Durch die Novelle des Bundesgesetzes über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten wird die Zusammenlegung der Bundesanstalten Wien und Mödling zur Bundesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen in Mödling auch gesetzlich verankert. Ich glaube, diese Zusammenlegung ist durchaus sinnvoll. Es sind dadurch entsprechende Synergieeffekte zu erwarten, die Personalressourcen werden entsprechend eingesetzt, und es wird dadurch keine Mehrkosten geben.

Durch die Liberalisierung und den damit verbundenen Wegfall von Grenzkontrollen innerhalb der EU kommt den veterinärmedizinischen Anstalten in Österreich eine größere Bedeutung zu. Es ist mir etwas unverständlich, dass Herr Kollege Maier anscheinend Probleme hat, wenn in den Erläuterungen etwas von verschärfter Kontrolle steht.


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32. Sitzung / Seite 299

Auch Herrn Kollegen Maier von der Arbeiterkammer in Salzburg dürfte bekannt sein, dass der Handel keine Einbahnstraße ist. Es ist durchaus kein Problem, wenn Fleischimporte, die es tatsächlich gibt, bezüglich des Einsatzes von Antibiotika und dergleichen verschärft kontrolliert werden. In Österreich haben wir damit kein Problem. Und wenn Fleisch vom Ausland in Österreich entsprechend kontrolliert wird, was ist denn dagegen einzuwenden? Das ist doch durchaus sinnvoll!

Aber auch ein Arbeiterkämmerer aus Salzburg sollte sich überlegen, ob er eine gesamte Berufsgruppe in Österreich, die sich nichts vorzuwerfen hat, verunglimpft. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich glaube, es gäbe durchaus die eine oder andere Möglichkeit, vor der eigenen Haustür zu kehren. – Aber lassen wir es wieder und beruhigen wir die Geschichte. Ich glaube, das ist sinnvoller.

Faktum ist: Durch das Zusammenwirken der Landwirtschaft und des Veterinärbereiches ist es gelungen, dass wir in Österreich wirklich einen ordentlichen Gesundheitsstatus im Bereich der Bekämpfung der Tierkrankheiten haben. Damit haben wir nun in Österreich in der Zukunft die Möglichkeit, ein entsprechendes, auch im internationalen Vergleich sehr hohes Kontrollniveau einzuführen. Es ist damit nicht nur die Kontrolle bei Tier- und Fleischimporten sichergestellt, sondern es ist dies eine weitere Garantie für die hohe Qualität unserer gesunden Lebensmittel durch die bäuerliche Landwirtschaft mit einer artgerechten Tierhaltung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

1.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

1.20

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich glaube, über das Gesetz und seine grundsätzliche Richtigkeit ist vieles gesagt worden. Einiges ist zu den Ausführungen meiner beiden Vorredner aus meiner Sicht schon noch hinzuzufügen.

Erstens: Die Kontrollen werden nicht nur bei Exporten durchgeführt, sondern selbstverständlich auch, Kollege Maier, bei in Österreich produzierten Waren. Es gibt genaue Stichprobenpläne, auf deren Grundlage die österreichischen Fleisch- und Milchprodukte entsprechenden Untersuchungen unterzogen werden, sodass der österreichische Konsument auch sicher sein kann, dass auf Grund dieser Stichprobenpläne (Abg. Mag. Maier: ... etwas ganz anderes gesagt!) in den veterinärmedizinischen Untersuchungsanstalten, aber auch in den Landesanstalten sowie in den Lebensmitteluntersuchungsanstalten der Gemeinde Wien und der Bundesländer entsprechende Untersuchungen stattfinden – zur Beruhigung der Konsumenten, aber auch zur Bekämpfung des Verbrechens der Täuschung, aber auch der vorsätzlichen Gesundheitsgefährdung.

Man sollte auch nicht vergessen, dass mit den Tollwutbekämpfungsprogrammen, mit den Salmonellenbekämpfungsprogrammen sowie mit den TSE-Überwachungsprogrammen, also Überwachung auf BSE und Scrapie, zwei laut Medien für die Gesundheit der Menschen sehr bedrohliche Erkrankungen, die veterinärmedizinischen Anstalten in Österreich nicht nur ein hohes Niveau, sondern auch internationales Know-how haben, um Österreich in den diesbezüglichen Verhandlungen auf europäischer Ebene nicht nur zu vertreten, sondern auch unsere Positionen zu untermauern.

Es muss aber auch klar gesagt werden, dass auf Grund der Haltung des Landes Niederösterreich aus meiner Sicht derzeit schon einiges an Erfolgen in der Tierseuchenbekämpfung in Gefahr ist. Denn eines muss ich auch klar sagen: Die Tierseuchenbekämpfung ist in Österreich nur deshalb so hervorragend, dass wir in unserem Land in sehr vielen Bereichen Tierseuchenfreiheit erreicht haben, weil wir in der Vergangenheit immer an dem Entschluss festgehalten haben, die qualitativ hochwertigsten und auch die analytisch besten Methoden einzusetzen, um auf diesem Gebiet erfolgreich zu sein. (Beifall des Abg. Dr. Khol. )


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32. Sitzung / Seite 300

Ich bitte daher jene Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Land Niederösterreich kommen, auch in ihrem Bundesland dafür zu werben, dass dieser Standard, der in Österreich zu Tierseuchenfreiheit in nahezu allen Bereichen geführt hat, sich auch in Niederösterreich wieder durchsetzt. Denn ich glaube nicht, dass es sich die Bauern verdient haben, dass die Erfolge bei der Bekämpfung der Tierseuchen in Österreich, die durch Aufwendung von Bauerngeldern in Milliardenhöhe bis dato erreicht werden konnten, nunmehr auf Grund der starren Haltung eines einzigen Bundeslandes, nämlich des Bundeslandes Niederösterreich, auf Kosten der anderen, also sowohl der Bauern als auch der Konsumenten, gefährdet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Leere Versprechungen, wie üblich!)

1.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Maier zu Wort gemeldet. – Bitte.

1.23

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Prinz hat behauptet, wir hätten bei Antibiotika kein Problem.

Ich stelle richtig: Anfang Juni wurde von Beamten ein Tierarzt aus Bayern angetroffen, der über 300 Kilogramm Tiermedikamente, verpackt in 24 Kartons, in einem Wagen transportierte. Nach Schätzungen der Zollwache dürfte dieser 70 bis 80 Bauern beliefert haben. Bis Mitte Juni konnte insgesamt rund eine halbe Tonne der illegalen Substanzen im Wert von mehr als 500 000 S beschlagnahmt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein Problem! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das war ein Tierarzt und kein Bauer! – Abg. Dr. Martin Graf: Wieso hat die SPÖ ein Problem?)

1.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

1.24

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Nicht die SPÖ hat ein Problem in diesem Bereich, sondern es geht um ein Problem, Herr Kollege Graf, das auf der einen Seite – wie die Erregtheit durchaus beweist – die Bauern, auf der anderen Seite teilweise auch Tierärzte, vor allem aber den Konsumenten und die Konsumentin betrifft. Denn es hat nicht nur die WHO, sondern auch der Europäische Rat bereits eine Entschließung gefasst, wonach auf Grund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen beziehungsweise der damit in Zusammenhang stehenden Beimengung von Antibiotika zu Futtermitteln auch im Hinblick auf vermehrt auftretende Allergien geeignete Maßnahmen zu treffen sind.

Aus diesem Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Maier, Dipl.-Ing. Pirklhuber und Genossen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (6 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (152 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:


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32. Sitzung / Seite 301

Die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, dem Nationalrat:

1. Ein gemeinsames Maßnahmenpaket zum Verbot von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen als Futtermittelzusatz auf nationaler Ebene vorzulegen, um damit der Erklärung der WHO betreffend die zunehmende Resistenz gefährlicher Bakterien gegen Antibiotika einerseits zu entsprechen und andererseits der Entschließung des Rates vom 8. Juni 1999 zur Antibiotikaresistenz zum Schutz vor Gesundheitsschäden gerecht zu werden.

2. Ein gemeinsames Maßnahmenpaket zur Entschließung des Rates vom 8. Juni 1999 zur Antibiotikaresistenz "eine Strategie gegen die mikrobiologische Bedrohung" vorzulegen.

3. Gemeinsam mit der Interessenvertretung der Bauern (Landwirtschaftskammern) eine Informationskampagne zu starten, die das Ziel hat, die Produzenten und den Handel davon zu überzeugen, dass die Marktchancen österreichischer Produkte mit "garantierter Antibiotikafreiheit" verbessert werden können.

4. Eine gesetzliche Regelung für die zukünftige verstärkte, umfassendere und effizientere gemeinsame Kontrolle und Überwachung des Besitzes, der Lagerung und des Einsatzes von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen (so genannten Tierarzneimitteln) vorzulegen, um den immer wieder aufgedeckten illegalen Handel (insbesondere durch nichtösterreichische Tierärzte) sowie die Beimischung und Verabreichung gesundheitsschädlicher Präparate zu verhindern.

5. Einen Gesetzesvorschlag über den, der Gefahr der Gesundheitsschädigung angemessenen, Strafrahmen für den Besitz illegal eingeführter und in Verkehr gebrachter Präparate vorzulegen.

6. Ein koordiniertes Forschungsprogramm zur Entwicklung und zum stärkeren Einsatz von auf pflanzlicher Basis hergestellten Futtermittelzusatzstoffen vorzulegen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag hat den Sinn und das Ziel, genau das zu erreichen, was hier von diesem Rednerpult aus sehr oft gefordert wurde, nämlich, dass Österreich als Vorzeigebioland zum einen durch verstärkte Forschungs- und Entwicklungsprogramme pflanzliche Futtermittelzusatzstoffe entwickelt und damit auch eine Marktchance wahrnimmt (Abg. Großruck: Und da brauchen wir einen Entschließungsantrag der SPÖ dazu?) – Kollege, du kannst gerne zustimmen; ich ersuche dich sogar darum – und dass zum anderen durch entsprechende Maßnahmen auch von staatlicher Seite antibiotikafreie Produkte aus österreichischer Produktion einfacher nachweisbar werden, was eine Riesenchance auf dem Markt bedeuten würde und damit im Interesse der Produzentinnen und Produzenten, also der Bauern wäre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ist von seinem Inhalt her aber so weit gefasst, dass er sicherlich nur mit Mühe mit dem gegenständlichen Tagesordnungspunkt verknüpft werden kann. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit sollten wir aber, glaube ich, jetzt auf eine längere Debatte darüber verzichten. Ich stelle ihn daher mit zur Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde es kurz machen und möchte an die Ausführungen von Kollegen Gradwohl anschließen. Wir haben uns auf Grund der im Bereich der Veterinärkontrollen bestehenden Defizite gemeinsam zu dieser Entschließung bereit gefunden. Denn es ist ja dokumentiert, sehr geehrte Damen und


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32. Sitzung / Seite 302

Herren, dass die Zahl der Untersuchungen in den letzten Jahren eindeutig rückläufig war. Das ist eine ganz klare Tatsache, daran kommen Sie nicht vorbei.

Wenn wir uns den Einfluss der Entwicklung auf diesem Sektor auf die Lebensmittelqualität in Europa sowie die Gesundheitsrisiken, die mit diesen Leistungsförderern, diesen Antibiotikazusätzen zu Futtermitteln – einige davon wurden, wie Sie wissen, ja in den letzten Jahren verboten – verbunden sind, vor Augen halten, meine Damen und Herren, dann ist es wesentlich und auch für die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft von großer Bedeutung, dass wir im Interesse des Konsumentenschutzes, aber auch im Interesse einer möglichst naturnahen und tiergerechten Fütterung und Haltung rechtzeitig ein neues Programm starten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! In Schweden wird Schweinehaltung und Schweinemast antibiotikafrei und ohne Leistungsförderer auch schon in größeren Beständen durchgeführt. Aber der entscheidende Knackpunkt in dieser Angelegenheit besteht darin, dass eine Massentierhaltung ohne Antibiotika, ohne vorbeugenden Einsatz von Antibiotika und Leistungsförderern, nur sehr schwer beziehungsweise überhaupt nicht möglich ist.

Wir werden morgen noch einmal intensiv über diesen Themenbereich diskutieren, und zwar im Bereich des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Denn mit diesem Gesetz haben Sie wesentlich eine Orientierung vorgegeben, die in Richtung Massentierhaltung geht. Wenn wir das nicht wollen – worauf ja von Bundesminister Molterer und auch von Ihnen, Kollege Schwarzböck, die Bezeigungen immer wieder lauten, zumindest die mündlichen –, wenn wir also die Massentierhaltung nicht wollen, dann brauchen wir auf der anderen Seite eine Qualitätsfütterung. Das bedeutet, entsprechende Alternativen zu entwickeln, in diesem Bereich verstärkt und verschärft zu kontrollieren und dort außerdem Forschung und Entwicklung zu betreiben.

Schließlich gibt es ja eine Produktionsmethode, in der diese Mittel selbstverständlich verboten sind. Im biologischen Landbau werden keine Leistungsförderer eingesetzt, und dort sind keine vorbeugend den Futtermitteln beigefügten Antibiotika erlaubt. Das ist eben Qualitätsproduktion, und daran haben wir uns zu orientieren, Herr Kollege Prinz. Es bedeutet keine Verunglimpfung, wenn man das klar und deutlich anspricht und wenn man einfordert, dass Bundesminister Molterer diese Orientierung hier und auch auf EU-Ebene entschieden vorantreibt.

Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Produktion einerseits von BST – von dem Bovinen Somatropin, dem Wachstumshormon, das in Kundl erzeugt wird – und andererseits von Futtermittel-Zusatzstoffen, die im Burgenland erzeugt werden und nicht mehr zugelassen sind, in Österreich zumindest in Zukunft keinen Platz mehr haben sollte. (Beifall bei den Grünen.)

In dieser Hinsicht ersuche ich Sie, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen. Die grüne Fraktion ist aber grundsätzlich auch für diese Flurbereinigung im veterinärmedizinischen Sektor und wird diesem Antrag auf jeden Fall zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

1.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 6 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist, soweit ich sehe, einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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32. Sitzung / Seite 303

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl, Pirklhuber und Genossen betreffend Antibiotikaverbot.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (182 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (233 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 57/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend bundesweite Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (232 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 93/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Weiterentwicklung des Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplans (ÖKAP/GGP) (234 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 92/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Modell einer zentralen Qualitätssicherung und -kontrolle (153 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 94/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Verbesserung der Qualitätskontrolle in Krankenanstalten (235 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

1.35

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Diese KAG-Novelle bringt redaktionelle Verbesserungen mit sich. Aus dem Begutachtungsentwurf gingen Änderungen betreffend die §§ 29 und 48 verloren. Der Erste entspricht nicht EU-Recht. Sind das vielleicht unsere Sanktionen gegen EU-Bürger? – Der Zweite diente Regressansprüchen. Handelt es sich um einen Computerfehler, oder ist das Absicht?

Zur Gewinnmaximierung müssen Ärzte patientengefährdend nicht ständig in Krankenanstalten in Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums für physikalische Therapie anwesend sein. Gewinnmaximierung, nicht höchste Qualität ist das Ziel.

Sozialdemokratische Gesundheitsminister brachten die Ausbildungskommission in das Ärztegesetz. Jetzt können sie Ausbildungsstellen visitieren. Nicht fakultativ, obligat muss im Ärztegesetz der Ausbildungsassistent an allen Abteilungen festgeschrieben werden. Herr Dr. Hrabcik forderte das als Obmann der Sektion Turnusärzte bereits vor Jahren.


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32. Sitzung / Seite 304

Bessere Ärzteausbildung ist ein unverrückbarer Beitrag zur Qualitätssicherung. Die Wirtschaftskammer will uns zu Handlangern der Privatversicherungen machen, um diesen den Zugang zu höchst sensiblen Patientendaten zu ermöglichen. Für Sozialversicherung und Strukturfonds reichen die LKF-Kodierungen. Nur Privatversicherungen schnüffeln in Patientendaten herum, um ihre Risken zu minimieren. Der Personalaufwand dafür ist beträchtlich. Institutionen mit 18 Prozent Verwaltungsaufwand kümmert das nicht. Den Patienten ist ihre Krankengeschichte zur Weitergabe an Versicherungen auszuhändigen!

Sie entrechten Menschen und machen Schutzbestimmungen rückgängig. Vielleicht werden die dafür bemühten Abgeordneten mit netten Pöstchen belohnt.

Die Qualität der Leistungen nach dem GSVG mag den Privatversicherungen ebenbürtig sein. Ärzte wissen, warum sie ins ASVG streben. Um ihnen das zu ermöglichen, hatte ich nichts gegen die Gleichstellung des GSVG mit der Krankenversorgung von Kammern und Innungen. Die Qualität dieser Versicherung entspricht nie dem ASVG. Für Schwerstkranke, die nicht der Privatversicherung genehm rasch genug sterben, wird keine Leistung mehr erbracht, auch wenn sie dieser Versicherung, wie einer meiner Patienten durch die Versicherung seines Fuhrparks, Millionen brachten.

Röntgenbilder sollten zur Wahrheitsfindung 30 Jahre aufbewahrt werden. Bei ambulanten Behandlungen und allen das Blutspendewesen betreffenden Maßnahmen wäre eine 30-jährige Aufbewahrungsfrist günstig, wie wir bei den HCV-Kranken sehen. Einsparungen ermöglicht der Bezug von Arzneimitteln aus Apotheken im EWR, insbesondere von Anstaltsapotheken. Blut und Blutprodukte müssen günstiger werden. Die durch Berichte über die HCV-Infektionen verunsicherte Bevölkerung muss man zur Blutspende animieren.

Obduktionsniederschriften in Krankengeschichten aufzunehmen, ist eigentlich selbstverständlich.

Kollege Pumberger wünschte die Abschaffung des § 46 KAG. Das vermisse ich.

Dieser KAG-Novelle stimmen wir als kritisch konstruktive Opposition zu. (Beifall bei der SPÖ.)

1.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

1.38

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf diesen Antrag von Frau Kollegin Povysil beziehungsweise auf den Abänderungsantrag Bezug nehmen. Damit wird Frau Ministerin Sickl aufgefordert, bei den LKF-Verhandlungen auf die Länder Einfluss zu nehmen, dass das Ärztearbeitszeitgesetz eingehalten wird. In den privaten Krankenhäusern wird es eingehalten, in den öffentlichen leider nicht.

Ich möchte nur eine Zahl hernehmen, weil ich sie von Oberösterreich her kenne. Dort fehlen extramural 34 Fachärzte, und 50 Fachärzte werden falsch eingesetzt. Es werden nämlich Turnusärzte beziehungsweise in Ausbildung stehende Ärzte als Fachärzte eingesetzt. Dadurch kommt es selbstverständlich zu einem unheimlichen Druck hinsichtlich der Zeitenabfolge und auch der Dienste, die dann natürlich die Fachärzte machen müssen.

Sonneck und Wesiak – Wesiak, der medizinische Psychologe in Innsbruck, und Sonneck in Wien – haben darauf hingewiesen, dass Ärzte eine zwei- bis dreimal höhere Selbstmordrate haben, Psychiater und Frauen eine fünf- bis sechsmal höhere Selbstmordrate. Ich persönlich führe das nicht nur auf die zeitliche Abfolge zurück, sondern auch auf den psychischen Druck, vor allem durch die Erwartungshaltung der Patienten, die ins Krankenhaus kommen und meinen: Wenn wir im Krankenhaus und bei den Ärzten sind, werden wir geheilt. Wir sind dann frei von jedem Übel und von jeder Krankheit.


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Wir Ärzte haben daher einem unheimlichen Erwartungsdruck standzuhalten, denn wir meinen auch, dass wir durch die moderne Medizin jeden heilen können. Das ist aber nicht möglich. Es gibt das Leid, es gibt den Tod, es gibt den Krebs, und es gibt eben Krankheiten, die nicht heilbar sind. Das macht uns psychisch fertig, darauf weisen auch Wesiak und Sonneck hin.

Ich möchte nur sagen, dass wir auf diese Dinge Rücksicht nehmen sollten, durch Supervision oder dadurch, Ärzte in andere, leichtere Abteilungen zu versetzen (Beifall der Abg. Dr. Fekter ) und darauf zu achten, dass die Ärzte nicht allein gelassen werden – weder von den Politikern noch von den entsprechenden psychotherapeutischen Hilfestellungen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

1.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Ein Lichtblick: Er hat nur 13 Minuten! Die schöpft er aus!)

1.41

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Beamte! Man muss sich bei den Beamten bedanken, die um 1 Uhr morgens ins Parlament kommen und dort 10 Minuten zuhören dürfen, wie man ihre jahrelange Arbeit goutiert oder nicht goutiert. Ich finde das sehr respektabel, muss ich sagen.

Aber es spricht dafür, wenn ich jetzt hier herumschaue: Die Gesichter sind müde, das ist verständlich, auch Ihres, meines selbstverständlich auch. Die Arbeitsbedingungen sind nicht ideal. Was mich wundert, ist, dass man derart zentrale Themen, die in allen Zeitungen stehen und bei denen es um Hunderte Milliarden Schilling geht – die Klientel für Gesundheit und Krankheit beträgt in Österreich 8 Millionen, würde ich einmal sagen, da liege ich nicht falsch –, in 5 Minuten abhandelt. Man sollte sich vielleicht etwas einfallen lassen. Ich weiß nicht, ob Sie anderer Meinung sind. (Abg. Dr. Fekter: Die Dringliche Ihrer Fraktion! – Abg. Ing. Westenthaler: Am besten wird sein, die Dringliche Anfrage ...!)

Der erste Punkt waren Verbesserungen des KAG. Ich habe "Verbesserungen" gesagt, weil es Verbesserungen sind. Aber was mich wundert und woran ich mich noch nicht gewöhnen kann: Ich weiß nicht, Herr Khol, das Rednerpult ist in Ihrem Rücken, wenn es Sie nicht irritiert. (Abg. Dr. Khol: Der Präsident auch!) Der Präsident war auch in Ihrem Rücken, Sie haben die Orientierung behalten. (Abg. Dr. Khol: In Ihrem Rücken!) Ja, ich gebe es zu. Darf ich etwas sagen? (Beifall bei den Grünen.)

Im Bundes-KAG ist einiges zu Verbesserungen genutzt worden, einiges aber nicht. Woran ich mich nicht gewöhnen kann, ist, wenn Vorschläge kommen und dann vor den Türen – jetzt rede ich einmal etwas offener – Abgeordnete der Regierungsparteien kommen und sagen: "Du hast Recht" oder "Sie haben Recht, aber ich kann nicht anders, ich darf nicht anders, es geht nicht anders". – Das wäre das eine. (Abg. Kiss: Wer sind die? Keine allgemeinen Feststellungen! Bitte konkret!) Bitte, so klug bin ich schon, dass ich das jetzt nicht sage! (Abg. Ing. Westenthaler: Das nehmen Sie jetzt zurück!) Denn ich weiß, wie streng es in manchen Klubs zugeht, Herr Khol! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das nehmen Sie jetzt zurück!)

Es wurde abgelehnt, dass man in das Bundes-KAG hineinnimmt, dass Sozialarbeitern den Wechsel zwischen stationärer Versorgung und Niedergelassenen- und Wohnortbereich erleichtert wird. (Abg. Kiss: Wer sind sie? Bitte die Namen, nicht allgemein!) Das wurde abgelehnt. Es wurde abgelehnt, barrierefreie Zugänge zu garantieren. (Abg. Dr. Khol: Sogar Fischer und Kostelka! Schaut an, was Fischer und Kostelka tun! Sie stecken ihre Köpfe zusammen!) Es wurde die Transparenz der Information zur kollegialen Führung hin abgelehnt.

Es wurde abgelehnt, dass die kollegiale Führung über Feststellungen des oder der Hygiene-Beauftragten verbindlich informiert wird. Es wurde abgelehnt, dass man vorschlägt, in die Ethikkommission verbindlich Vertreter behinderter Menschen, und zwar autonom gewählter Vertreter, nicht irgendwelche Delegierter von irgendjemandem, zu entsenden. Es wurde abgelehnt, in die Ethikkommission im Klinikbereich tätige klinische Psychologen oder Psychotherapeuten einzubeziehen. Aber es wurde auch abgelehnt, dass Arztbriefe verbindlich an Zuweiser und


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Hausarzt gehen; diese müssen nicht identisch sein. Das alles kann man per Hausverstand voraussetzen. Wenn man das aber voraussetzen kann, frage ich mich, warum muss man das im Gesetz anders oder gar nicht niederschreiben.

Ich gebe aber zu – so offen möchte ich sein –, dass Staatssekretär Waneck sowie auch Leiner und Rasinger einigen Punkten durchaus etwas abgewinnen konnten, aber gemeint haben, das alles sei ja ohnehin schon in Plan und in Arbeit. Auch dann verstehe ich nicht, warum einem ein Zacken aus der Krone fällt, wenn man, da man etwas ohnehin schon macht, zu einem Antrag sagt: Ja, das ist okay. – Das war das eine.

Das Zweite, was unverständlich ist, ist Folgendes: Zentrale Qualitätssicherung ist in aller Munde. Es wäre ganz gut, Herr Klubobmann Khol, auch in der Qualitätssicherung rot-weiß-rote Krawatten zu sehen, nicht aber verschiedenste Landesadler und Landeswappen, und dadurch die Rechtssicherheit des Bürgers in der Republik Österreich aufs Spiel zu setzen. (Abg. Dr. Khol: Edelweiß! Nicht Landeswappen!) Ja, aber ich habe nicht auf Ihr Knopfloch geschaut. (Abg. Dr. Khol: Wohin denn?) Das ist mir auch nicht interessant genug, muss ich sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch über einen Antrag Povysil zur Arbeitszeitgesetz-Umsetzung wurde debattiert. Dem haben wir nur deswegen nicht zugestimmt, weil wir immerhin zur Kenntnis nehmen, dass es ein Bundesministeriengesetz gibt, demgemäß Bartenstein zuständig für die Umsetzung auch des Arbeitszeitgesetzes ist und Sickl und Waneck damit Berührungen haben. Inhaltlich ist dagegen jedoch nichts einzuwenden.

Bei der Qualitätssicherung wäre es etwas Dringliches – das ist wahrscheinlich auch mit Sparpotenzialen verhaftet –, nicht nur Anzahl und Verteilung der Betten in Krankenanstaltenplänen zu bewerten, sondern Bedarf, Qualität und Wirtschaftlichkeit einzubeziehen. Leistungsdaten bezüglich LKF und andere Daten sind vorhanden. Sie müssen vergleichbar gemacht werden.

Ich möchte wirklich appellieren, auch an die Bundesregierung und die Abgeordneten ihrer Parteien, dass, wenn Vorschläge von anderen kommen, die man nachvollziehen kann, nicht partout gesagt wird: Nein, wir machen das später ohnehin selbst. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

1.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger ist der nächste Redner. – Bitte.

1.47

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich werde genau eine Minute reden oder kürzer. (Abg. Mag. Schweitzer: Bravo, Erwin!)

Erster Punkt: Die Qualität, die in der Novelle angesprochen ist, ist entscheidend. Gute Ausbildung, Erfahrenheit machen einen guten Arzt. Genauso wie Sie nicht gerne in ein Flugzeug einsteigen, dessen Pilot keine Erfahrung hat und sich beim ersten Gewitter in die Hosen macht, werden Sie nicht gerne operiert werden wollen, wenn der Arzt keine Erfahrung hat – deshalb Qualitätssicherung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Wir erleben hier jetzt ein Massenexperiment, nämlich wie man reagiert, wenn man müde ist. Deshalb würde ich Ihnen, oder uns allen, dringend raten: Schaffen wir Ärzte, die ausgeruht sind, wenn sie uns operieren! Denn sonst kann das auch für uns lebensgefährlich sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Bravo! Das war eine Rede! – Abg. Mag. Schweitzer: Als Parlamentarier ist er besser als ...! – Abg. Dr. Khol: Aber als Arzt ist er super! Er ist ein Superarzt, der Erwin Rasinger!)


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1.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Dr. Pumberger ist der nächste Redner. – Bitte.

1.48

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Krankenanstaltengesetz-Novelle handelt es sich um eine EU-Rechtsanpassung. Wichtig ist, dass jetzt Arzneimittel für Krankenanstalten-Apotheken auch aus dem EWR-Raum und nicht aus Österreich allein bezogen werden können. Das bringt finanziell manchmal günstigere Einkaufsmöglichkeiten.

Für noch wichtiger halte ich es, dass die Patientenrechte gestärkt werden, indem wir in Erfüllung der Patientencharta jetzt Ausbildungskommissionen auch in die Lehrambulanzen hineinlassen. Sie wurden manchmal abgewiesen und durften in Ausbildungsstätten und Lehrambulanzen nicht kontrollieren. Jetzt darf dort die Qualität der Ausbildung kontrolliert werden. Das führt zu einer echten Qualitätsverbesserung.

Die Vorschläge von Herrn Kollegen Grünewald zur Qualitätsverbesserung sind großteils bereits in Arbeit oder schon erledigt. Was diese Anträge betrifft, sind sie löblich – es freut mich, dass Sie sich mit der Qualitätssicherung und mit der Qualitätskontrolle beschäftigen, das ist lobenswert –, aber der Herr Staatssekretär war etwas schneller. Er ist die Sache forsch angegangen, und daher sind diese Anträge ein bisschen zu spät gekommen. Es tut mir Leid. Nichtsdestoweniger werden wir an der Optimierung der Qualität weiterarbeiten. Qualitätssicherung, Qualitätskontrolle sind uns wichtige Anliegen.

Zum Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das ist eine ganz wichtige Sache. Sie wurde von der rot-schwarzen Regierung schon bei der Beschlussfassung untergraben, weil man zugleich die Rufbereitschaft eingeführt hat, damit man ja nicht mehr Stellen für Fachärzte in den Spitälern braucht. Man hat gesagt, die Fachärzte dürfen weniger arbeiten. Aber zum Ausgleich schickt man sie eben dann, wenn mehr Ärzte notwendig wären, zu Mittag, nach Hause. Derjenige, der nach 12 Uhr mittags krank wurde, hatte Pech. Er wurde und wird vom Turnusarzt betreut. Das ist noch immer so. Wir hoffen, dass wir das bessern. (Abg. Mag. Schweitzer: Genug!)

Abschließend möchte ich wieder einmal reklamieren – das tue ich schon seit ungefähr acht Jahren –, dass gesundheitspolitische Themen eine Debatte zu prominenterer Zeit bekommen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

1.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Mag. Hartinger spricht als Nächste zu uns. – Bitte. (Abg. Öllinger  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Lüften Sie das Geheimnis Ihrer Krawatte!)

1.51

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sowohl die Einhaltung der Dienstzeiten der Ärzte als auch eine optimale Krankenanstaltenplanung sind Voraussetzungen für Qualitätssicherung in unserem intramuralen Gesundheitssystem.

Ich habe eine Rede vorbereitet. Aber zu einer so späten Stunde denke ich an die Gesundheit meiner Kollegen und habe den Inhalt in einem Satz zusammengefasst (demonstrativer Beifall bei der ÖVP):

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Regierung und vor allem unser Staatssekretär im Sinne unserer Patienten arbeitet, die Qualität sichert und sie kontrolliert, und zwar nicht nur in unseren Krankenanstalten, sondern im gesamten Gesundheitssystem. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

1.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fischl. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter: Der letzte Redner des heutigen Abends!)

1.52

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zumindest im Geiste der Kollegin Hartinger anschließen


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und die Kollegenschaft auch nicht über Gebühr strapazieren. (Abg. Grabner: Bei deiner Rede!) Allerdings muss ich mit meinem kurzen Beitrag ein bisschen auf Herrn Kollegen Professor Dr. Grünewald eingehen, weil ich das auch schon im Ausschuss getan habe und weil Sie, Herr Professor, mit Ihren Äußerungen hier, und auch die Kollegin von Ihrer Fraktion, bewusst falsche Angaben machen, was die Begriffe Bauordnung, Barrierefreiheit und dergleichen betrifft.

Ich möchte Ihnen raten, fragen Sie Ihre Kollegin Frau Dr. Lichtenberger. Sie hat im Jahre 1985 das Amt der Baulandesrätin angetreten. (Abg. Dr. Lichtenberger: 1994! So alt bin ich noch nicht!)  – 1994! Sie ist auch angetreten mit der großen Reform der behindertengerechten Bauweise. Aber als sie 1998 gegangen ist, hat ihr der Tiroler ÖVP-Kollege nachgesagt, dass sie in dieser Richtung überhaupt nichts weitergebracht hätte. (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil die ÖVP alles boykottiert hat!)

Eigentlich aber fordern Sie hier etwas, das es schon gibt. Es gibt ein Bundesvergaberecht, das ganz genau auf die behindertengerechte Bauweise eingeht, sicher nicht auf die ÖNORM 1600. (Abg. Haidlmayr: Alles andere ist unwichtig!) Das wissen wir, aber die wäre wirtschaftlich im Moment überhaupt nicht verkraftbar, vor allem, was die alten Anlagen betrifft.

Es gibt Landeskrankenanstalten-Verordnungen und -Gesetze, die das behindertengerechte Bauen vorsehen und auch einhalten. Wie schon gesagt, gibt es ein Bundesvergaberecht; es gibt ein Krankenanstaltenrecht, es gibt Baurechte und Normen, die allesamt auf die Behindertengerechtigkeit eingehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es hat also keinen Sinn. Wenn Sie hier seriös diskutieren wollen, dann müssen Sie auch die Rechtslage berücksichtigen. Es gibt Artikel-15a-Vereinbarungen des Bundes mit den Ländern betreffend das behindertengerechte Bauen. Man geht hier massive Schritte voran.

Ich kann Frau Kollegin Haidlmayr von dieser Stelle aus abschließend sagen: Selbstverständlich wollen wir uns bemühen, für jeden Patienten in Österreich, für jeden Menschen in unserem Land bestmögliche gesundheitspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen. (Abg. Haidlmayr: Da geht’s nicht ums Bemühen! Da geht es ums Umsetzen der bestmöglichen ...!) Dazu gehört natürlich auch die Qualitätssicherung und die Evaluierung der Qualitätsstandards in der Zukunft. Es wird uns eine große Herausforderung sein, diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. – Ich wünsche einen guten Abend und danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

1.54

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Der Herr Vorredner hat in seiner Rede gesagt, ich hätte in der Bauordnung in Bezug auf das Krankenanstaltenwesen nichts weitergebracht. (Abg. Auer: Das ist richtig!)

Tatsache ist, dass ich im Krankenanstaltenwesen weder Budget noch Möglichkeiten hatte, einzugreifen. (Abg. Auer: Warum nicht?) Wenn Sie schon mit der Bauordnung argumentieren, dann müssten Sie sich doch bitte auch mit den Kompetenzen auskennen. (Abg. Auer: ... tatsächliche Berichtigung!)

Tatsache ist weiterhin, dass die ÖVP die wichtigsten behindertenfreundlichen Maßnahmen blockiert hat, einige wichtige, zentrale aber mitgetragen hat. (Beifall bei den Grünen.)

1.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass eine Erklärung darüber, warum etwas geschehen ist, nicht ein Beweis dafür ist, dass die Behauptung falsch ist. Allerdings ist um diese Uhrzeit manches vielleicht verständlicher.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 182 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle noch einmal die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 232 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 18.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 234 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 153 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 235 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte abermals um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

27. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (183 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (236 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Ich eröffne die Debatte. Zu Wort hat sich dazu niemand gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 183 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte nochmals um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


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32. Sitzung / Seite 310

28. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 182/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (1. Ärztegesetz-Novelle) (237 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Ich eröffne dazu die Debatte. Gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Dr. Pittermann. – Ich ersuche um Ihre Ausführungen. (Abg. Dr. Fekter: Frau Primaria, bitte kurz! – Weitere Zwischenrufe.)

1.59

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Ihr Demokratieverständnis ist bei Gott sehr eigenartig! (Beifall bei der SPÖ.) Ihre Minister haben in der Fernsehzeit ununterbrochen geredet, damit sie eine billige Plattform haben. Aber den frei gewählten Abgeordneten wollen Sie das Wort verbieten, weil Sie jetzt schlafen gehen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich physisch nicht in der Lage fühlen, in der Nacht hier zu arbeiten, dann, würde ich sagen, gehen Sie eben in die Invaliditätspension! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Mit Invaliden macht man keine Scherze, Frau Kollegin! Das ist eine Pietätlosigkeit! Mit invaliden Menschen Witze zu machen! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Mit Menschen macht man keine Witze! Das war kein guter Witz! Pietätlos!) Von Ihnen, Herr Staatssekretär, weiß ich, dass Sie in der Nacht arbeiten können, denn wir haben Kammersitzungen bis um 4 Uhr früh gehabt, und wir sind es auch von unserem Beruf gewöhnt, nachts zu arbeiten. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Der Lärmpegel ist so hoch, dass man von hier heroben fast überhaupt nichts versteht.

Ich bitte, der Frau Abgeordneten eine Chance zu geben!

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (fortsetzend): Wenn Sie nicht wollen, dass ich lese, brauche ich viel länger. Ich brauche nämlich für Reden, die ich frei halte, doppelt so lange, als wenn ich sie lese. Also, wenn Sie das wollen, machen wir es eben so.

Dieser Novelle werden wir zustimmen (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), denn sie beseitigt die Rechtsunsicherheit bei der Einhebung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds. Eine große Reform wird unumgänglich sein. Man wird wahrscheinlich den Wohlfahrtsfonds österreichweit zusammenlegen müssen, da die Riskengemeinschaft sehr klein ist. Die Beitragshöhe ist bis zu 18 Prozent des gesamtärztlichen Einkommens möglich, und das zusätzlich zu allen Abgaben, die im Sozialversicherungsbereich bestehen, ohne Limitierung und mit kleineren Leistungen als im ASVG.

Die Jungen zahlen ohne Aussicht auf Leistungen. Von Beiträgen und Leistungen wie im ASVG-Bereich träumen sie. Meine Ärztekammer zieht noch von diesen Pensionseinzahlungen 20 Prozent Altlaststeuer ab. Der Wohlfahrtsfonds vernichtet die Existenz der jungen Ärzte. Die Einzahlungen wären auf die Grundleistungen der österreichischen Ärztekammer zu limitieren. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Nicht nur die Satzung und die Beitragsordnung müssen durch die Aufsichtsbehörde überprüft werden (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), auch die wirtschaftlichen und pensionssichernden Gegebenheiten sind durch die Aufsichtsbehörde zu überprüfen und sollten auch durch den Rechnungshof überprüft werden. Dazu ist eine Gesetzesänderung nötig. (Zwischenrufe des Abg. Kiss. )


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Es kann sein, dass Sie das nicht interessiert, aber das ist Ihr Problem, nicht meines. Sie können schlafen gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierungsparteien bewerten die Beiträge zur Arbeiterkammer als zu hoch. Wir Ärzte können nur von solchen träumen. Denn neben diesen 18 Prozent können uns noch 3 Prozent Umlage abgezogen werden. Da diese Beiträge steuerlich wirksam sind, gehen sie auch der Steuer verloren.

Ein bundeseinheitliches Kammergesetz zu schaffen, das ist jetzt das Gebot der Stunde. Pro Mitglied ist der gleiche Beitrag zu verlangen, gedeckelt bei der Höchstbeitragsgrundlage, für alle österreichischen Kammern. Die Zahl der Funktionäre und Kammerangestellten hat analog der Zahl der Mitglieder zu sein, ebenso deren Honorierung.

Gleichzeitig pragmatisierter höchster Kammerbeamter zu sein und eine Rechtsanwaltskanzlei zu haben, zeigt mangelnde Arbeitsauslastung. Das haben wir jetzt auch gemerkt. Wir mussten neue Ärzteausweise lösen, für die wir auch zahlen mussten. Der "rechtskundige" Herr Kammeramtsdirektor hat eine falsche Auskunft gegeben, daher sind alle Ärzteausweise zum Einstampfen, es fehlt nämlich die Ärztenummer, daher sind sie ungültig.

Ich möchte wissen, wer diese Millionen zahlt. Wieder wir Ärzte! Und zwar dafür, dass der Herr Kammeramtsdirektor für sein Geld nicht einmal in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann brauchen wir eben ein einheitliches Gesetz und die Kontrolle der Kammerbeamten. Diese Kammerangestellten verdienen exorbitante Gehälter, und das ist ungerecht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Wenn Sie dem nicht folgen können, sind Sie wirr, nicht ich. Herr Haigermoser! Ich bin von Ihnen gewöhnt, dass Sie nicht folgen können. Kümmern Sie sich um das, was Sie verstehen, und mischen Sie sich nicht bei anderen ein.

Verblüffung rief auch der Besuch des Herrn Staatssekretär bei der Vollversammlung der Wiener Ärztekammer hervor. Wird es nun üblich sein, dass Regierungsmitglieder Vollversammlungen autonomer Kammern besuchen, um dort ihre Politik zu referieren? – Sehr eigenartig!

Die privaten Krankenanstalten entrichten ihr Geld an die Wirtschaftskammer. Vielleicht wären die angestellten Ärzte besser in der Arbeiterkammer vertreten. Präsident Pjeta vertritt sie sicher nicht. Die Ärztekammer interessiert sich nur für die Kammerumlage der Ärzte. Bei einer Urabstimmung unter den angestellten Ärzten würde wahrscheinliches ein klares Votum für die Arbeiterkammer herauskommen.

Wir werden diesem Gesetz als konstruktive und reformfreudige Opposition zustimmen. Wir fordern aber die wirtschaftliche Überprüfung der Kammer. Wir fordern die Urabstimmung unter den angestellten Ärzten, und wir fordern ein einheitliches österreichisches Kammergesetz in Analogie zum Bezügebegrenzungsgesetz. – Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht. (Beifall bei der SPÖ.)

2.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

2.05

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Hohes Haus! Ich fühle mich ein bisschen für die Gesundheit hier zuständig, und deshalb verrate ich Ihnen kein Geheimnis: Wir werden diesem Gesetz zustimmen. (Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP.)

2.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 237 der Beilagen.


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32. Sitzung / Seite 312

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig, und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle nochmals die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

29. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 159/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten (238 der Beilagen)

30. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 143/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg (239 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 29 und 30 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Annemarie Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Ing. Westenthaler: So knapp vor dem Schlafengehen!)

2.07

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz schnell den folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Elisabeth Pittermann, Heidrun Silhavy, Dr. Kräuter, Anna Huber und GenossInnen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 159/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend Darlehen für MTD-Ausbildung – verbesserte Arbeitsmöglichkeiten (238 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

An die Stelle des bisherigen Entschließungstextes soll folgender Entschließungstext treten:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, unverzüglich Verhandlungen mit den Ländern aufzunehmen, um im Sinne der von den Landesfinanzreferenten aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten eine Regelung zu finden, nach der finanzielle Belastungen für TeilnehmerInnen an einer Ausbildung an einer MTD-Akademie und daher ungleiche Zugangschancen zu diesen Berufen künftig ausgeschlossen sind, und ungeachtet des ,Heimatbundeslandes‘ eine unentgeltliche Ausbildung an einer MTD-Akademie noch im Jahr 2000 sichergestellt ist."

*****


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Meine Damen und Herren! Dieser Text entspricht genau dem, dem Vertreter aller vier Parlamentsparteien in einer Diskussion mit den MTDs zugestimmt haben. Sie von den Regierungsparteien haben eine sehr verwaschene Form eines Antrages eingebracht, womit wieder nur verzögert wird. Sie sind aber den MTDs im Wort, und darum meine ich, sollten Sie gemeinsam mit uns diesem Antrag zustimmen. – Eine angenehme Nacht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

2.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit zur Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

2.09

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zu den MTDs komme, möchte ich noch auf die Wortmeldung von Herrn Fischl eingehen, der gesagt hat: Wir machen schon etwas in Richtung behindertengerechtes Bauen, aber die ÖNORM 1600, die wenden wir halt nicht an. – Das ist dasselbe, wie wenn ich sage: Ich baue schon ein Wohnhaus, aber statt der Fenster mache ich nur Schlitze und statt der Eingangstür mache ich nur einen Auslass von 15 mal 15 Zentimeter. Es ist zwar ein Wohnhaus, aber rein könnt ihr halt nicht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich denke mir, mit solchen Blödheiten – entschuldigen Sie diesen Ausdruck – brauchen Sie sich nicht auszuzeichnen, und Sie brauchen behinderte Menschen wirklich nicht für blöd zu verkaufen, indem Sie sagen: Wir machen etwas, aber die ÖNORM halten wir nicht ein. Im Wohnbaubereich würde Ihnen das sicher nicht einfallen.

Aber jetzt zu den MTDs. Herr Pumberger! Ich kann mich noch erinnern, es war 1999, als wir gemeinsam im AKH bei einer Diskussion der MTDs waren, die ÖVP war damals nicht vertreten. Aber Sie, Herr Pumberger, haben damals sehr vollmundig zugesagt: Wir werden da natürlich etwas tun, je schneller umso lieber, auf uns könnt ihr euch verlassen.

Wenn sich die Menschen, die die MTD-Ausbildung machen wollen, wirklich auf Sie verlassen würden, dann wären sie wirklich verlassen. Denn, Herr Abgeordneter Pumberger, jener Antrag, den Sie eingebracht haben, klingt zwar fürs Erste ganz nett, er hat aber überhaupt keinen Zeithorizont. Einen Entschließungsantrag einzubringen, ohne einer Frist, bis wann ein Gesetz zumindest dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll, solch ein Entschließungsantrag bringt ganz einfach nichts. Der ist nur eine Aussage, die im Grunde genommen keinen Wert hat.

Wir werden deshalb Ihrem Antrag selbstverständlich nicht zustimmen, denn wir wollen, dass die MTDs schon sehr bald die Möglichkeit haben, eine entsprechende Ausbildung zu bekommen, und dass auch – und darum geht es hauptsächlich – die Finanzierung dieser Ausbildung sichergestellt wird.

Deshalb werden wir dem Abänderungsantrag der SPÖ selbstverständlich zustimmen. Denn unser Wort gilt! Und wir wollen, dass es eine Ausbildung und eine Finanzierung gibt, spätestens bis zum Ende des Jahres 2000 und nicht, wie Sie es wollen, bis zum Nimmerleinstag. – Gute Nacht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

2.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 238 der Beilagen beigedruckte Entschließung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 314

Dazu haben die Abgeordneten Reitsamer und Genossen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Abänderungsantrag und sodann über die dem Ausschussbericht 238 der Beilagen beigedruckte Entschließung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Reitsamer und Genossen haben einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Abänderungsantrag aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 238 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und damit angenommen. (E 19.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 239 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbstständigen Anträge 209/A bis 229/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 986/J bis 1013/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 6. Juli 2000, um 9 Uhr – das ist in sechsdreiviertel Stunden – ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 2.14 Uhr