Stenographisches Protokoll

46. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 24. November 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

46. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Freitag, 24. November 2000

Dauer der Sitzung

Freitag, 24. November 2000: 9.00 – 18.49 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), über die

Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden, über den

Entschließungsantrag 25/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Künstlersozialversicherung, über den

Entschließungsantrag 148/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen betreffend Finanzierung der Künstlersozialversicherung und über den

Antrag 214/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend ein KünstlerInnensozialversicherungs-Fondsgesetz (KSVFG)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 304/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 303/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird

4. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2000 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2000 – BÜG 2000)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 269/A der Abgeordneten Mag. Rüdiger Schender, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz)

9. Punkt: Bericht über den Antrag 270/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 307/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Annemarie Reitsamer, Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird

12. Punkt: Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich

13. Punkt: Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger

14. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 310/A (E) der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 9

Ordnungsruf 58

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 10

Ersuchen des Abgeordneten Mag. Werner Kogler, eine Aussage des Abgeordneten Haigermoser auf ihre Ordnungsrufwürdigkeit hin zu überprüfen 49

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 55

Unterbrechung der Sitzung 56

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen betreffend Gegenstände der Tagesordnungspunkte 2 bis 4 84

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 9

Ausschüsse

Zuweisungen 9

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (312 d. B.): Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 3

Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), über die

Regierungsvorlage (313 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden, über den


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag 25/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Künstlersozialversicherung, über den

Entschließungsantrag 148/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen betreffend Finanzierung der Künstlersozialversicherung und über den

Antrag 214/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend ein KünstlerInnensozialversicherungs-Fondsgesetz (KSVFG) (356 d. B.) 10

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 10, 38

Dr. Josef Cap 13, 36

Dr. Andrea Wolfmayr 15

Dr. Brigitte Povysil 17, 36

Staatssekretär Franz Morak 19

Dr. Peter Wittmann 20

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 22

Mag. Karl Schweitzer 23, 41

Mag. Gisela Wurm 25

Dr. Gertrude Brinek 27

Dr. Sylvia Papházy, MBA 28

Dr. Gerhard Kurzmann 30

Ilse Burket 31

Hans Sevignani 32

Reinhart Gaugg 32

Helmut Dietachmayr (tatsächliche Berichtigung) 33

Karl Öllinger 34, 54

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 36

Dr. Michael Krüger 39

Jakob Auer 40

Dr. Evelin Lichtenberger 41

Dr. Alois Pumberger 43

Dr. Peter Pilz 44, 52

Dr. Caspar Einem 46

Dr. Gottfried Feurstein 47

Dr. Andreas Khol 49

Ing. Peter Westenthaler 51

Dr. Peter Kostelka 52

Helmut Haigermoser 53

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) 54

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karl Öllinger und Genossen betreffend umfassendes Künstler-Sozialversicherungsmodell – Ablehnung 14, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen betreffend die Förderung der Errichtung des Musiktheaters in Linz – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 47, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend das Ergebnis der Volksbefragung zum Musiktheater in Linz – Annahme (E 44) 50, 57

Annahme der Gesetzentwürfe in 356 und 313 d. B. 55, 58

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 304/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird (380 d. B.) 58

3. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 303/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird (381 d. B.) 58

4. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (382 d. B.) 58

Redner:

Dr. Günther Kräuter 58

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 61

Karl Öllinger 62

Ing. Peter Westenthaler 64, 81

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 68

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) 68

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigungen) 69, 77

Mag. Werner Kogler 69

Mag. Cordula Frieser 71

Mag. Gilbert Trattner 71, 76

Dr. Ilse Mertel (tatsächliche Berichtigung) 73

Dr. Josef Cap 74

Dieter Brosz 77

Dr. Peter Kostelka 79

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 80

Dr. Peter Pilz 83

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 380, 381 und 382 d. B. 85

5. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (360 d. B.) 86

Redner:

Dr. Peter Wittmann 86

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 87

Staatssekretär Franz Morak 88

Dr. Michael Krüger 89

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 90

Karl Donabauer 91

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 92

Mag. Werner Kogler 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Michael Krüger, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, MMag. Dr. Madeleine Petrovic


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 5

und Genossen betreffend die Schaffung eines einheitlichen Vergaberechts für Bund, Länder und Gemeinden – Annahme (E 45) 87, 93

Annahme des Gesetzentwurfes 93

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (337 d. B.): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2000 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2000 – BÜG 2000) (368 d. B.) 93

7. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (336 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000) (367 d. B.) 94

Berichterstatter: Ernst Fink 95

Redner:

Heinz Gradwohl 94

Jakob Auer 95

Dieter Brosz 96

Reinhart Gaugg 97

Ing. Kurt Gartlehner 98

Ernst Fink 99

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 100

Josef Edler 100

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung von Agrarförderungen durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Ablehnung 94, 102

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 368 und 367 d. B. 101

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 269/A der Abgeordneten Mag. Rüdiger Schender, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (350 d. B.) 102

9. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 270/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (351 d. B.) 102

Redner:

Dieter Brosz 102

Dr. Ilse Mertel 104

Werner Amon, MBA 106

Mag. Rüdiger Schender 107

Gabriele Heinisch-Hosek 109

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 111, 117

Nikolaus Prinz 112

Dr. Martin Graf 114

Franz Riepl 116

Matthias Ellmauer 118

Ing. Wilhelm Weinmeier 119


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 6

Karl Öllinger 119

Ridi Steibl 120

Mag. Johanna Mikl-Leitner 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rüdiger Schender, Werner Amon, MBA, Gabriele Heinisch-Hosek, Dieter Brosz und Genossen betreffend die Förderung von Jugendorganisationen der nach dem Volksgruppengesetz anerkannten Volksgruppen – Annahme (E 46) 108, 123

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 350 und 351 d. B. 122

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 307/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Annemarie Reitsamer, Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972) (344 d. B.) 124


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 7

Redner:

Annemarie Reitsamer 124

Mag. Dr. Josef Trinkl 124

Dr. Michael Krüger 125

Karl Öllinger 126

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 127

Annahme des Gesetzentwurfes 127

11. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (300 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (361 d. B.) 127

Redner:

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 128

Walter Murauer 129

Dr. Peter Pilz 131

Wolfgang Jung 131

Anton Leikam 133

Johann Loos 134

Marianne Hagenhofer 136

Dr. Reinhard Eugen Bösch 140

Bundesminister Herbert Scheibner 141

Ing. Erwin Kaipel 143

Annahme des Gesetzentwurfes 143

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (196 d. B.): Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich (384 d. B.) 144

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (295 d. B.): Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger (385 d. B.) 145

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 310/A (E) der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels (386 d. B.) 145

Redner:

Mag. Walter Posch 145

Dr. Michael Spindelegger 146

Dr. Gerhard Kurzmann 147

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 147

Inge Jäger 148

Mag. Karin Hakl 150

Helmut Haigermoser 151

Wolfgang Großruck 152

Bundesminister Herbert Scheibner 153

Peter Schieder 153

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 196 und 295 d. B. 154

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 196 d. B. 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 386 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Förderung des Fairen Handels mit Entwicklungsländern (E 47) 154

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 9

357: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und sonstigen Ansprüche im Präsenz- und Ausbildungsdienst (Heeresgebührengesetz 2001 – HGG 2001) erlassen sowie das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

Anträge der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen betreffend Jugend-Demokratiepaket "Beteiligung fördern, Wahlalter senken" (327/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Ausgliederung der Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchungen und -kontrolle (328/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird (329/A)

Anfragen der Abgeordneten

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorankündigung einer "Menschenkette um das Parlament am 5. Dezember 2000" (1559/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend interne Untersuchungen der so genannten Soko-Kleindienst (1560/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend illegale Aktenflüsse zu "NEWS" in der Causa "Glock" (1561/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Weitergabe von Aktenmaterial durch die Wirtschaftspolizei (1562/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend gewerbsmäßige Beteiligung am Amtsmissbrauch durch "NEWS", "profil" und "Format" (1563/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 8

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Schulerhaltungs- und Schulentwicklungsprogramm der Bundesregierung (SCHEP 2000) (1564/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Berufsschulunterricht ohne Lehrpläne (1565/J)

Ludmilla Parfuss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparungen bei Sicherheitsexekutive Steiermark (1566/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Zeitbombe BSE und Symptompolitik (1567/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zeitbombe BSE und Symptompolitik (1568/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend seine Zuständigkeit für Frauenpolitik (1569/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Konsequenzen aus den aktuellen BSE-Fällen (1570/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Konsequenzen aus den aktuellen BSE-Fällen (1571/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die EU-Regierungskonferenz und die WTO (1572/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Energieabgabe (1573/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die EU-Regierungskonferenz und die WTO (1574/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Veröffentlichung von internen Telefaxsendungen der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkskommissariat Innere Stadt, Sicherheitswacheabteilung im Internet (1575/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Bewachung des Parlamentsgebäudes am Plenar-Sitzungstag des 18. Oktober 2000 (1576/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Beseitigung der RollstuhlfahrerInnenplätze im Arnold-Schwarzenegger-Stadion für die Champions-League-Spiele (1577/J)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1283/AB zu 1301/J)

 


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer , Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn , Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne zur vorgesehenen Stunde, 24. November, 9 Uhr, die 46. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Achatz, Fischl, Dr. Glawischnig, Mag. Lunacek, Gaál, Grabner, Mag. Sima und Verzetnitsch.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundeskanzler hat von einem Schreiben des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung eines Regierungsmitgliedes Mitteilung gemacht. Demnach wird Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner durch Herrn Bundesminister Scheibner während der heutigen Plenarsitzung vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortung: 1283/AB.

2. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und sonstigen Ansprüche im Präsenz- und Ausbildungsdienst (Heeresgebührengesetz 2001 – HGG 2001) erlassen sowie das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (357 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesverfassungsgesetz über den Verfassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen (387 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird (346 der Beilagen).

*****

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 6 und 7, 8 und 9 sowie 12 bis 14 der Tagesordnung zusammenzufassen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 10

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Vorschläge für Dringliche Anfragen und Ähnliches liegen mir nicht vor.

Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" in Aussicht genommen. Aus dieser würden sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten, Grüne 104 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (312 der Beilagen): Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), über die

Regierungsvorlage (313 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden, über den

Entschließungsantrag 25/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Künstlersozialversicherung, über den

Entschließungsantrag 148/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen betreffend Finanzierung der Künstlersozialversicherung und über den

Antrag 214/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend ein KünstlerInnensozialversicherungs-Fondsgesetz (KSVFG) (356 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Gibt es einen Wunsch nach mündlicher Berichterstattung? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

9.04

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen (Rufe: Morgen!), obwohl ich mir eigentlich einen noch schöneren Morgen hätte vorstellen können, nämlich mit einer besseren Vorlage, die wir beschließen. (Abg. Dr. Khol: Noch besser? – Unbescheiden!) Das, was jetzt vorliegt, ist in unseren Augen zu wenig (Abg. Dr. Khol: Aber ein Schritt in die richtige Richtung!), um ihm als erstem Lösungsschritt zustimmen zu können. (Abg. Dr. Khol: Nicht einmal!)

Um die Zustimmung der Grünen zu erlangen, wäre es notwendig gewesen, zumindest einen Konsens und eine Einigung dahin gehend zu erzielen, dass das bestenfalls ein kleiner, verhaltener erster Schritt ist, dem weitere Maßnahmen folgen müssen, nämlich eine volle KünstlerInnen-Sozialversicherung.

Das, was hier vorliegt, kann nicht als Sozialversicherung, wie sie in unserem Land für die Beschäftigten in den verschiedenen Berufen eine Selbstverständlichkeit geworden ist, angesehen werden. Das, was hier vorliegt, ist lediglich ein Zuschuss zu einer Pensionsversicherung, und


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 11

auch das in einer Art, die, glaube ich, für die Mitglieder dieses Hauses, für viele andere Berufsgruppen als unzumutbar bezeichnet würde.

Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass da immer noch Vorstellungen mitschwingen wie: Nur ein hungriger Künstler, eine hungrige Künstlerin ist eine gute Künstlerin, ein guter Künstler! Kunst muss leiden! Kunst kann nicht eine gesicherte, eine zumindest für den Krankheitsfall, einen Unfall und eben diverse Risken des Lebens abgesicherte Stellung haben. Deshalb haben wir diesem Entwurf im Ausschuss unsere Zustimmung versagt und werden diese auch hier im Plenum nicht geben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Diese Halbherzigkeit ist angesichts der Tatsache, dass die Debatte über eine KünstlerInnen-Sozialversicherung ja nicht gestern oder vorgestern begonnen hat, sondern vor mittlerweile ungefähr 20 Jahren, umso ärgerlicher und unverständlicher. Es ist auch nicht so, wie der Herr Staatssekretär immer behauptet, dass die Umsetzung der Vorschläge, die etwa von Seiten der Grünen von meiner Kollegin Eva Glawischnig eingebracht wurden, unfinanzierbar oder unmöglich wäre.

Herr Staatssekretär! Sie kennen die Berechnungen. Natürlich kostet eine Sozialversicherung, eine echte Sozialversicherung, Geld, aber ich denke, dass die Republik Österreich gerade in dieser Situation angesichts der Vergangenheit und angesichts der Bedeutung des Kunst- und Kulturbereiches gut beraten wäre, dieser Berufsgruppe eine echte soziale Absicherung nicht zu versagen. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser mickrige Zuschuss zur Pensionsversicherung, der die anderen Sparten sozialer Risken außer Acht lässt, bedeutet natürlich, dass für alle Künstlerinnen und Künstler die nicht angesprochenen Risken weiterhin nicht abgedeckt werden. Die Künstler können dafür Sorge tragen, dass sie sich selbst privat irgendwie absichern, aber das wird für sehr, sehr viele angesichts ihrer Einkommenssituation schlicht und einfach unmöglich sein.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas hinzufügen: Wir wissen aus aktuellen europäischen Studien – auch wenn sie Sie offensichtlich nicht sehr interessieren, denn sonst könnte der Geräuschpegel nicht diese Höhe erreichen (Abg. Schieder: Das kann ja Begeisterung sein!), aber das ist vielleicht auch ein beredtes Zeichen dafür, wie dieses Haus mit der Situation der Künstlerinnen und Künstler in Österreich umgeht –, ... (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Fischer spricht mit dem beim Präsidium stehenden Abg. Dr. Kostelka. – Abg. Dr. Khol: Schauen Sie einmal zum Präsidenten hinauf!) Ja, so ist es, Herr Dr. Khol! (Abg. Dr. Khol: Der Van der Bellen ist ja auch nicht da!) Aber zumindest redet er nicht und stört nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Die Ansprüche an Ihren Parteivorsitzenden sind bescheiden: Er ist nicht da, daher stört er Sie nicht! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich würde mich ja sehr freuen, wenn Sie als Fraktionsvorsitzender einer Regierungspartei mir ein wenig Ihr Ohr leihen würden, denn Sie haben ja immer noch die Chance, zumindest in der Zukunft eine echte KünstlerInnensozialversicherung, die diesen Namen auch verdient, vorzuschlagen und in der Folge auch zur Beschlussfassung vorzulegen.

Der Bereich der Kunst-, Medien- und Kulturberufe ist einer jener Bereiche, in denen die Beschäftigung von Frauen in ganz besonderem Maße ansteigt. Es gibt nicht wenige Berufssparten, in denen die Frauen bereits die Mehrheit der BerufsvertreterInnen darstellen. Und es scheint meiner Ansicht nach kein Zufall zu sein, dass diese starke weibliche Präsenz, die wahrscheinlich von allen begrüßt wird, jedoch Hand in Hand geht mit einer wirklich unzulänglichen, einer unterdurchschnittlichen, einer schlechten sozialen Absicherung.

Aus diesem Grund, Herr Staatssekretär, und auch deshalb, weil es insbesondere um die Gleichstellung von Frauen – eine wichtige europäischen Zielsetzung – geht, erscheint diese Vorlage als so unzulänglich und so halbherzig. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Staatssekretär! Sie kennen den Kunst- und Kulturbereich, und mangelndes Wissen und wohl auch mangelndes Interesse kann man Ihnen daher ja nicht nachsagen. Insofern überrascht es mich ganz besonders, dass Sie, der Sie aus dieser Branche kommen, dass Sie


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 12

sehenden Auges eine Lösung vorschlagen und dem Hohen Haus unterbreiten, die sehr vielen Vertreterinnen und Vertretern dieser Berufsgruppen eigentlich überhaupt keine Sicherheit bieten wird. Dazu kommt ja, dass man in den letzten Jahren im Bereich der diversen Anstellungsverhältnisse leider nicht den Vorschlägen der Grünen gefolgt ist, zumindest die Weichen in Richtung eines einheitlichen Arbeits- und Sozialrechtes und einer gewissen Mindestausstattung für alle Dienstverhältnisse zu stellen.

Es ist ein Wildwuchs an prekären, an atypischen Dienst- und Werkverhältnissen eingetreten. Eine große Zahl gerade der Kunst- und Kulturschaffenden ist in dieser Grauzone des Sozialrechts angesiedelt. Es hängt dann wirklich oft von den Zufälligkeiten und auch von der finanziellen Grundausstattung der Organisation, des Trägers, der Trägerin einer Veranstaltung ab, wie das Dienstverhältnis aussieht, ob es überhaupt ein Dienstverhältnis ist, und – in der Folge – welche sozialen Sicherheiten geboten werden. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang möchte ich den Bereich der darstellenden Kunst und des Films besonders erwähnen, denn dort ist es so, dass an sich, würde die rechtliche Situation beachtet, eine Anstellung notwendig und gesetzlich vorgeschrieben ist. Nur, Herr Staatssekretär: Das heißt doch, sich wirklich ein X für ein U vorzumachen. Wir wissen doch, wie es in dieser Branche aussieht, dass gerade angesichts der teilweise drastischen Einschränkungen im Bereich der Förderungen einfach das Geld, das notwendig wäre, um die Nebenkosten einer voll sozialversicherten Beschäftigung zu tragen, nicht vorhanden ist. (Beifall bei den Grünen.)

Daher sind die Angehörigen dieser Sparten keine selbständigen KünstlerInnen. Sie wissen genau, dass allein das IG-Netz, das heißt der soziale Topf für die darstellende Kunst, schon heute einen wesentlich höheren Bedarf hätte – zumindest 8 Millionen Schilling –, der sich in Zukunft noch erhöhen wird. Sie beschließen sehenden Auges eine Regelung, hinsichtlich derer wir sagen müssen: Das Geld dafür ist nicht vorhanden. Es erfolgt nicht einmal eine minimale Aufstockung auf zumindest 5 Millionen Schilling. Das wäre ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

So aber sind wir in der Situation, dass wir wissen, dass dem Gesetz in diesen Bereichen nicht Genüge getan werden kann, dass aber nichtsdestotrotz gerade auch die Republik Österreich gerne auf die Leistungen der KünstlerInnen in diesen Berufssparten verweist. Wenn es jedoch um die Frage geht, wer die soziale Sicherheit abdeckt, herrscht Schweigen, oder man freundet sich mit einer absolut unzulänglichen, heute schon nicht ausreichenden Lösung an. (Beifall bei den Grünen.)

Ich fasse zusammen: Dieser Entwurf ist im Wesentlichen eigentlich eine Mogelpackung, denn die Bezeichnung "KünstlerInnensozialversicherung" kann diesem Gesetzentwurf bei bestem Willen nicht zugebilligt werden. Die große Frage der Kranken- und Unfallversicherung bleibt ausgeklammert. Außerdem stellt diese Lösung einen Kniefall dar vor zahlreichen großen Verwertungseinrichtungen, von denen die Grünen der Meinung waren, sie könnten durchaus einen Beitrag erbringen, denn letztlich profitieren sie ja von den hervorragenden Leistungen der österreichischen Kulturschaffenden. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, nach dem Entwurf der Grünen wären diese großen Verwerter, große Ketten wie Libro, aber auch der ORF und andere, zur Kasse gebeten worden. Bei Ihnen gibt es die Beschränkung auf die Satellitenbetreiber – das ist erklärungsbedürftig. Wieso gehen Sie davon aus, dass diese anderen großen Verwertungseinrichtungen nicht einmal einen kleinen, be-scheidenen, minimalen Beitrag zu leisten haben – die Grünen haben 25 Prozent vorgeschlagen –, obwohl sie ja auch die Nutznießer der Leistungen sind?

Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden, ohne einen letzten Punkt zu erwähnen. Er hat zu tun mit der warnenden, der kritischen Funktion von Kunst und Kultur, mit einer, wenn Sie so wollen, gewissen Brandmeldefunktion. Diese setzt voraus, dass gerade auch Künstlerinnen und Künstler, die nicht alles in dieser Republik als unbedenklich oder völlig ungefährlich empfinden, ihren Mund aufmachen können, und zwar ohne dass sie Gefahr


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 13

laufen, mit Einschränkungen oder Subventionskürzungen bedroht zu werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben auch im Rahmen dieser Debatte bereits in einigen kurzen Nebenausführungen, in Debatten über den Blasphemie-Paragraphen und anderes Gelegenheit gehabt, uns damit auseinander zu setzen. Es kommt immer wieder die Frage: Können wir denn noch Initiativen oder Gruppen fördern, die vielleicht kritisch zu dieser Bundesregierung stehen, die einzelne Aktionen, Handlungen, Aussagen auch verwerflich finden und dazu Stellung nehmen? Können wir die dann noch unterstützen? Ist das legitim? Darf man das? – Herr Staatssekretär! Ich glaube, aus vielen Gründen wäre von Ihrer Seite hier ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin! Der Herr Staatssekretär hat sich für 4 Minuten entschuldigt. Ich bitte, das zu gestatten.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ja. Man wird ihm bestellen, dass ich von ihm eine Stellungnahme zu diesem Bereich der Freiheit von Kunst und Kultur, gerade auch, wenn sie regierungskritisch ist, wenn sie kritisch zu Äußerungen und Handlungen dieser Bundesregierung steht, erwarte. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben gerade in den letzten Tagen und Wochen einige Gedenk- und Bedenkfeiern gehabt, der Novemberpogrome des Jahres 1938 gedenkend, und in diesem Rahmen waren immer auch Äußerungen von KünstlerInnen und Kulturschaffenden. Präsident Fasslabend weiß, dass es auch im Zusammenhang mit derartigen Veranstaltungen zu Meinungsverschiedenheiten, sage ich einmal, über die öffentlichen Beiträge und Finanzierungen dazu gekommen ist. Ich denke an den NS-Fonds.

Herr Präsident! Herr Klubobmann Khol! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien und auch Herr Staatssekretär! Glauben Sie nicht, dass viele Sorgen und Ängste der Künstlerinnen und Künstler notwendig, wichtig sind, im Sinne einer positiven Entwicklung dieses Landes, wenn es möglich ist, dass etwa in Zeitschriften, die nicht von der Regierung herausgegeben werden, aber für deren Titelblatt sich immerhin Regierungsmitglieder zur Verfügung stellen, in denen es um Treffen mit Landesräten wie Stadler, Windholz geht, dass in diesem Blatt unter der Rubrik "Senioren-Gedenktage" der Person Heinrich Himmler mit Anführung der Funktion gedacht wird?

Wie gesagt, ich unterstelle dem Herrn Bundesminister nicht, dass er das gewusst hat, dass er das billigt, aber allein das Umfeld, in dem sich Regierungsmitglieder heute bewegen, gibt Anlass zu größter Sorge, zu größter Kritik. Und wenn KünstlerInnen und Kulturschaffende dann dafür sanktioniert werden, dass sie das aufzeigen, dann gehen Sie noch einmal in sich: Denken Sie nach, ob hier nicht gerade eine besonders gute soziale Absicherung und die größten Förderungen angesagt wären! (Beifall bei den Grünen.)

9.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

9.22

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Dass das Verhältnis zwischen Kunstschaffenden und Regierung nicht das Beste ist, konnten wir ja in den letzten Monaten verfolgen, und das hat natürlich seine Gründe. Wenn man spüren lässt, dass einem lieber wäre, dass Künstler angepasst, konformistisch, wenn es um Förderungen geht, vielleicht bittstellerisch agieren müssen, dann darf man sich angesichts einer selbstbewussten Szene, die sich sehr engagiert und die große Erfolge mit ihrem künstlerischen Schaffen feiern kann, die sich aber zugleich natürlich auch selbstbewusst als Bürger in politische Entwicklungen einbringt mit politischer Kritik, nicht wundern, wenn dieses Verhältnis so ist.

Der berühmte Satz: "Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht!", war nicht gerade ein Vertrauenssignal, mit dem man den Künstlern mitgeteilt hat, wir wünschen, dass ihr mündige, selbständig denkende Bürger seid, sondern das war eigentlich ein ganz anderes Signal, näm


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 14

lich: Wir erwarten von euch Dankbarkeit und dass ihr euch dessen bewusst seid, dass ihr, wenn ihr etwas wollt, ehrerbietig, demütig, wie es eben in den Jahrhunderten davor der Fall war, an uns herantreten müsst. Diese Mentalität ist keine Basis für ein gedeihliches Verhältnis. Das sei einmal vorausgeschickt.

Das Zweite – das wird heute nicht das Thema sein, das wird nächste Woche das Thema sein –: Die Entwicklung im Kunstförderungsbereich beziehungsweise wie man sich überhaupt der materiellen Situation der Kunstschaffenden stellt, das hat ebenfalls nicht zu einem gedeihlichen Verhältnis beigetragen. Das werden Sie auszubaden haben, und das werden viele andere in den Diskussionen ohnehin zu spüren bekommen. Dazu wird der Herr Staatssekretär nächste Woche sicherlich einiges beitragen können.

Heute geht es nicht um die Künstlersozialversicherung. Das ist ein großer Irrtum; die Begrifflichkeit führt nämlich in die Irre. Das, was vorliegt und wir heute zu beschließen haben, ist ein Zuschuss für einen Pensionsfonds, sage ich jetzt einmal. Das trifft es korrekter.

Wir haben seit Jahren die Diskussion über die Frage, wie man die soziale Situation der Kunstschaffenden verbessern kann, wie man hier mehr Sicherheit schaffen kann, mitverfolgt, und ich gebe zu, das war keine einfache Debatte. Allein die Definition dessen, wer in den Kreis der Betroffenen fällt, war nicht einfach. Es war nicht einfach zu erarbeiten, wie die Finanzierungsgrundlagen zu ermöglichen sind. Es hat kontroversielle Debatten dazu gegeben, und es war eine jahrelange Diskussion, die letztlich auch bei den Kunstschaffenden zu einer hohen Unzufriedenheit geführt hat.

Ich möchte hinzufügen, wir wären bereit gewesen, als wir noch in der Regierung waren, da zu einer sehr komfortablen Lösung zu kommen, die die Bezeichnung "Sozialversicherung" auch verdient hätte. Dann wäre nämlich auch die Unfall- und Krankenversicherung dabei gewesen, und das hätte jedenfalls auch materiell eine Besserstellung bedeutet. Aber das ist damals am Widerstand des Koalitionspartners und, wie ich glaube, auch am Widerstand der Interessengruppen, die sich sozusagen lobbyierend beim Koalitionspartner eingebracht haben und das nicht mitfinanzieren wollten, gescheitert.

Trotzdem muss man sich aber die Frage stellen – und da bin ich von vielen Diskussionen mit Kunstschaffenden, mit den Betroffenen geprägt –, ob es nicht besser ist, es gibt einmal diese 1 000 S, diesen Zuschuss zum Pensionsfonds, als gar nichts und wieder eine Verlängerung der Diskussion und Debatte, wo letztlich die betroffenen Kunstschaffenden auf der Strecke bleiben. Aus dieser Sicht ist das heute hier zu diskutieren und zu beurteilen, wobei ich gleich dazusage – das haben wir auch bei unserer Debatte im Ausschuss angemerkt –, dass es natürlich nach wie vor Punkte in dieser Vorlage gibt, die zu kritisieren sind.

Da sage ich gleich dazu, der Hauptkritikpunkt ist natürlich der – das darzustellen habe ich im ersten Teil meiner Rede versucht –, dass das natürlich zu wenig ist. Das ist nichts anderes als der Zuschuss zum Pensionsfonds und nicht mehr. Es muss daher – wir werden gemeinsam mit Herrn Abgeordnetem Öllinger einen diesbezüglichen Entschließungsantrag einbringen – auf Sicht versucht werden, das zu erweitern, damit es eben den Namen Künstlersozialversicherung auch wirklich verdient. Daran muss gearbeitet werden, und da sind wir selbstverständlich auch bereit, konstruktiv an dieser Debatte mitzuwirken und das als Ziel zu formulieren.

Daher bringe ich bei dieser Gelegenheit gleich auch den angesprochenen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Öllinger, Dr. Wittmann und Genossen betreffend die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 15

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, bis Jahresende 2001 einen Entwurf für ein umfassendes Künstlersozialversicherungsmodell, das auch den Bereich der Kranken- und Unfallversicherung miteinbezieht, und einen entsprechenden Finanzierungsplan zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

*****

Eben aus der Erfahrung jahrelanger erfolgloser Diskussion – ich sage das durchaus auch selbstkritisch – wäre es wichtig, eine Frist zu setzen, eben bis Jahresende 2001, um diesbezüglich ein Modell zu erarbeiten – wir sind bereit, das gemeinsam mit Ihnen zu erarbeiten –, für das auch ein Finanzierungsplan vorliegt. Das ist nämlich auch eine der Schwächen der jetzigen Vorlage: dass es überhaupt nicht sicher ist, wie die Finanzierung garantiert werden kann.

Und da irritiert auch ein bisschen die starke Rolle des Bundeskanzlers, die ein wenig das Gefühl vermittelt, dass über die Rolle des Bundeskanzlers versucht werden soll, über diese materielle Gestionierung Einfluss auf die Künstler und ihre Verhaltensweise zu nehmen.

Das ist eben einer der Punkte, die wir kritisch anzumerken haben, neben anderen Punkten wie etwa die Definition, wer Künstler und anspruchsberechtigt ist, der überproportionale Verwaltungsaufwand – das betrifft Kuratorium, Geschäftsführung, Künstler-Kommission et cetera –, die Frage der Valorisierung der Höchstgrenzen, die Frage der jährlichen Untergrenze und viele andere Punkte mehr.

Wir haben diese Kritik schon im Ausschuss in die Debatte eingebracht, wir haben sie bereits im Vorfeld eingebracht, und ich erwarte mir schon – der Herr Staatssekretär hat im Ausschuss angedeutet, dass das auch für ihn nur ein erster Schritt in Richtung Verbesserung der sozialen Sicherheit der Kunstschaffenden sein soll und sein kann –, dass die Gesprächsbereitschaft, die Bereitschaft für das Eingehen auf die Argumente der Opposition größer ist, als das bisher der Fall war, denn es wurde bislang doch ein bisschen sehr eng an diese Sache herangegangen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Sie werden ja auch die Kritik von der Musikergilde und ihrem Obmann Peter Paul Skrepek und die Kritik von der IG-Theater im "Kurier" gelesen haben. Das ist alles fein säuberlich in einem Artikel angeführt – und diese Kritik ist berechtigt. Ich glaube, es fühlen sich hier nach wie vor einige Kunstschaffende nicht wirklich berücksichtigt und nicht wirklich in ihren Interessen angesprochen. Und daher wird da noch sehr, sehr viel an Verbesserungen und an zusätzlichen Überlegungen notwendig sein.

Aber ich glaube, dass das ein erster richtiger Schritt ist, den man jetzt einfach einmal setzen sollte – bei aller Kritik an einzelnen Punkten. Ich sage Ihnen aber gleich, Herr Staatssekretär: Wir werden in den nächsten Monaten nicht lockerlassen! Wir werden im nächsten Jahr nicht lockerlassen! Es wird nicht so sein, dass man heute sagt, der Zuschuss ist jetzt beschlossen, und die nächsten drei Jahre wird nicht mehr darüber gesprochen. Da werden Sie uns kennen lernen! Wir werden nicht lockerlassen und werden gemeinsam mit den Kunstschaffenden den Druck ausüben, der notwendig ist, damit es auch wirklich zu dieser Erweiterung in diesem Bereich der sozialen Absicherung kommen wird. Darauf können Sie trotz unserer heutigen Zustimmung wirklich Gift nehmen, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ.)

9.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Dr. Cap verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

9.32

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Mai dieses Jahres habe ich hier eine Rede zum Thema Kunst


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 16

gehalten, in der ich meiner Hoffnung Ausdruck verliehen habe, dass auch die Opposition unserem Gesetz zur Buchpreisbindung zustimmen möge. Ich habe auf bereits durchgeführte Verbesserungen für Künstler und Künstlerinnen hingewiesen, zum Beispiel auf die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit ihrer Einnahmen über einen längeren Zeitraum. Entgegen den Unkenrufen – so sagte ich damals – habe sich die Situation für Künstler und Künstlerinnen während dieser neuen Regierungsära keineswegs zum Schlechteren entwickelt, freilich in eine andere und in eine neue Richtung.

Zuletzt habe ich Ihnen versichert, wir würden auch die Künstlersozialversicherung angehen, und zwar bald. Wie Sie sehen: Dieses Wort haben wir gehalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich höre jetzt die Einwände – beziehungsweise habe ich sie teilweise schon gehört – und möchte diesen Einwänden auch nicht ausweichen, aber ich möchte selbstverständlich in erster Linie hier die Vorteile und Vorzüge dieses Gesetzentwurfes, der zur Abstimmung kommen wird, betonen. Es gibt diese Vorteile, und es sind nicht wenige, abgesehen vom ersten und wichtigsten – ich zitiere hier Herrn Staatssekretär Franz Morak –: dass es ihn gibt. Zweitens ist er rasch durchsetzbar und vor allem realisierbar, finanzierbar, und drittens besteht Rechtsanspruch der Künstler und Künstlerinnen auf diese Beitragsleistung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Mittel werden erbracht durch einen beim Bundeskanzler eingerichteten Fonds, der der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, und unter anderem durch die Neueinführung von Beiträgen im Kunstförderungsbeitragsgesetz, weiters durch Bundesmittel, die im Voraus jährlich angepasst werden. Höchstwahrscheinlich werden zirka 50 Prozent – wahrscheinlich etwas mehr – der in Betracht kommenden Kunstschaffenden Anspruch auf einen Beitragszuschuss haben, dessen Höchstgrenze bei 12 000 S im Jahr liegt, was bei den unteren Einkommen immerhin den vollen Pensionsbeitrag abdeckt.

Der Zuschuss wird auf Ansuchen gewährt, wenn das Einkommen in einem bestimmten Bereich liegt, nämlich zwischen jährlichen Einnahmen von etwa 47 000 S aus künstlerischer Tätigkeit und 270 000 S Gesamteinnahmen pro Jahr, und wenn Künstlertätigkeit nachgewiesen wird. Dieser Nachweis ist natürlich auch ein Diskussionspunkt. Der Nachweis muss erbracht werden. Einerseits sind es Absolventen von Kunsthochschulen, einschlägigen Schulen, Personen mit einschlägiger Ausbildung, andererseits wird die Künstlereigenschaft eben von einer Künstlerkommission, die sich aus Kurien für die jeweiligen Fachbereiche zusammensetzt, festgestellt. Es gibt für die einzelnen Kunstsparten Kurien, zusammengesetzt aus Künstlern. Das ist auch sehr wesentlich: Künstler stellen Künstlereigenschaft fest. Und wenn es zu einer Ablehnung kommt, gibt es immer noch die Möglichkeit, sich an eine Berufungskurie zu wenden.

Dass der Beitrag zur Künstlersozialversicherung streng genommen – da hat Herr Cap natürlich Recht – ein Beitrag zur Pensionsversicherung ist, wird aber unter dem Strich für die Nutznießer letztlich wenig ausmachen, was Gesamteinkommen beziehungsweise zu erbringende Versicherungsleistung des Einzelnen betrifft.

Insbesondere diese Klärung des Künstlerbegriffs ist neu, wird vielleicht Schwierigkeiten machen, und es gibt in diesem Zusammenhang einiges, womit man sich auseinander setzen und worüber man diskutieren kann. Ich möchte da jetzt wirklich einmal Tacheles reden: Es kann sein, dass mich als Künstler, als Künstlerin meine Kunst nicht erhält und mich nicht trägt. Das ist unter Umständen traurig, und das macht mein Leben schwierig. Es kann sein, dass ich ein verkanntes Genie bin, oder vielleicht verkenne ich auch meine eigene Begabung, oder vielleicht ist die Zeit nicht reif für mich – es gibt viele Möglichkeiten. Aber ich kann aus der nicht zu leugnenden Tatsache, dass ich von meiner Kunst eben nicht leben kann, nicht die Pflicht des Staates ableiten, mich zu erhalten, mir Sozial-, Kranken- und Pensionsversicherung zu bezahlen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Also ich sehe das eher pragmatisch: Wenn ich von etwas nicht leben kann, muss ich mich eben nach etwas anderem umsehen, einem Brotberuf, unabhängig von meiner künstlerischen Tätig


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 17

keit, der nachzugehen mir selbstverständlich weiter freisteht. Ich meine das absolut nicht zynisch und weiß ganz genau um die Schwierigkeiten, um das Zeit- und Energieproblem der Künstler. Ich kann das ewig bedauern und beklagen, helfen wird mir das aber momentan sehr wenig. Was sich manche Künstler und Künstlerinnen wünschen oder erwarten, nämlich ein Ausgehalten-Werden, ein Erhalten-Werden vom Vater Staat ohne Eingriffs- und Einflussmöglichkeit, das ist wirklich reines Wunschdenken, aber nicht einmal meines und auch nicht das vieler Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte mich von meiner Arbeit selbst erhalten können, möchte also selbständig sein. Das heißt wieder, ich muss bei den Produktionsbedingungen ansetzen und versuchen, diese zu ändern. Für eine wirklich ausreichende Kunstförderung, wie sie da teilweise gewünscht wird, wäre ein so enormer Geldfluss notwendig, über den wir nicht verfügen. Darüber brauchen wir also nicht zu reden.

Wenn mich aber meine künstlerische Tätigkeit sehr wohl erhält und wenn sie in einem bestimmten Rahmen liegt, wie ich es vorher skizziert habe, besteht für mich jetzt – und das ist der wesentliche und wichtige Schritt – eine Möglichkeit, um Zuschuss zu meiner Versicherungsleistung anzusuchen. Da muss ich wirklich betonen: Keine andere Bevölkerungsgruppe sonst hat diese Möglichkeit. Man hat diese Möglichkeit eingerichtet, weil eben die Situation der Künstler eine schwierige und eigene ist und weil die Künstler von dem, was sie aus ihrem Kopf, aus ihrem Hirn schöpfen, leben und das mit anderen Produktionsbedingungen eigentlich nicht zu vergleichen ist.

Der Fonds – ich habe das schon erwähnt – lukriert sich durch verschiedene Beiträge. Ich kann jetzt nicht genauer auf einzelne Details eingehen, es hat ja im Bereich der Wirtschaft auch im Vorfeld durchaus Debatten gegeben, wie man den Medien entnehmen konnte – ich erwähne die Kabel-, Sat-Betreiber, die Beiträge leisten. Ich bitte aber, vor allem den von uns nachträglich eingebrachten Abänderungsantrag betreffend die Beiträge aus den Mitteln der Literarischen Verwertungsgesellschaft zu beachten. Es gibt nämlich in Hinkunft eine gesetzliche Verankerung der Förderung durch die staatlich genehmigte Literarische Verwertungsgesellschaft, die ja bereits bisher Zuschüsse für sozial bedürftige Autorinnen und Autoren unter gewissen Voraussetzungen vergeben hat.

Die Vorteile dieses Entwurfes zum Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz noch einmal zusammengefasst: Es gibt Beiträge zur gesetzlichen Pensionsversicherung mit einer festgesetzten Maximalhöhe. Ansuchen kann jeder, der Künstler oder Künstlerin ist und dessen Einkommen innerhalb eines bestimmten Bereiches liegt. Es kommt zu einer Klärung der Strukturen, zu einer klaren Definition der Förderungsbeiträge, zu einer Transparenz der Vergaberichtlinien.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dieses Gesetz kann man als einen ersten Schritt bezeichnen, nur als einen ersten Schritt. Ich behaupte aber und betone, es ist der maßgebliche erste Schritt (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und es ist ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ein weiterer Schritt weg vom Planungsstadium, das lange genug gedauert hat.

Deshalb schließe ich meine Rede genau so, wie ich sie begonnen habe, nämlich mit einem Appell: Auch diesmal hoffe ich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, unserem Entwurf zustimmen können – im klaren Bewusstsein dessen, dass noch immer genug zu tun bleibt, auch von Seiten der Politik, für die Kunst schaffenden und Kunst ausübenden Menschen in unserem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Sie hat das Wort.

9.41

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit 3. Februar 2000 übernahm nach 30 Jahren sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung und Regierungsverantwortung eine blau-schwarze


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 18

Koalition zum ersten Mal in dieser Republik die Regierungsgeschäfte. Seit rund 20 Jahren sind nun jede Form der Künstlersozialversicherung und die existenzielle Absicherung der Künstler ein heiß umkämpftes Diskussionsthema. 20 Jahre lang gab es keine Einigung dazu.

Zu diesem Thema sagte zum Beispiel der ehemalige Kunst-Staatssekretär Dr. Wittmann: nur heiße Luft und viel Lärm um nichts. Die grüne EU-Abgeordnete Echerer sagte, eine Künstlersozialversicherung müsse umgehend kommen, Künstler dürften nicht noch einmal 18 Jahre lang warten müssen. Herr Dr. Cap von den Sozialdemokraten sagte in einer Presseaussendung: Künstlersozialversicherungsgesetz ist eine Notwendigkeit!

Meine Damen und Herren! Was soll ich sagen? – Es ist vollbracht, wir haben eine Künstlersozialversicherung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir haben einen Zuschuss zur Pension im Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz!

Und außerdem: Freies Schaffen von Künstlern ohne grundlegende Existenzängste wurde erst durch diese blau-schwarze Regierung ermöglicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Keine Vereinnahmung mittels Ideologien, sondern wirkliche existenzielle Absicherung, die freies Kunstschaffen möglich macht. (Abg. Ing. Westenthaler: Da kann er sehr lernen, der Cap!)

Das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz existiert. Es existiert zum ersten Mal, es kam zustande unter unserer Regierung. – Und das ist der positive und vorläufig erste Schritt eines lange, eines 20 Jahre lang heiß diskutierten Gesetzes, das für die Kunstschaffenden in Österreich eine bessere Basis für die Ausübung ihres Berufes und eine grundsätzliche Absicherung ihrer Lebensumstände bildet.

Voraussetzung, um den Beitragszuschuss zur Pensionsversicherung zu bekommen, ist die Erzielung eines Einkommens aus künstlerischer Tätigkeit von 3 977 S im Monat. Was heißt das? 3 977 S im Monat, welche Künstler treffen wir mit dieser Regelung? Nicht jene, die es nicht notwendig haben, sondern genau jene, die es brauchen: die nicht etablierten, die jungen, jene, die einen Zuschuss brauchen, jene, die nur dann leben können, die nur dann arbeiten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas: Wir gewähren diesen Zuschuss völlig unabhängig von jeder parteipolitischen Vereinnahmung der Definition des Künstlerbegriffes (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), denn dies erfolgt durch ein eigenes Gremium, bestimmt von den Künstlern. Die Festlegung dieses Begriffes erfolgt durch Kurien der diversen Sparten: bildende Kunst, darstellende Kunst, Literatur, ohne eine ihrer zeitgenössischen Ausformungen zu vergessen, nämlich: die Fotografie, die Filmkunst, die Multimediakunst, die literarische Übersetzung, die Tonkunst und so weiter. Das heißt, der Begriff "Künstler" bleibt für sämtliche neue Sparten, für sämtliche neue Medien offen.

Dotiert ist dieser Fonds mit 84,2 Millionen Schilling, die durch Neueinführung von Beiträgen aus dem Kunstförderungsgesetz, aber auch aus den Mitteln des Bundes aufgebracht werden.

Und noch etwas, meine Damen und Herren: Sie können uns niemals vorwerfen, dass wir uns der Kontrolle entziehen, denn dieser Fonds ist rechnungshofpflichtig, und somit haben Sie – alle Abgeordneten hier im Nationalrat – die Kontrollkompetenz. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir haben damit einen Meilenstein in der existenziellen und sozialen Absicherung von Künstlern gesetzt, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Ablehnung dieses Gesetzes durch die Grünen werden diese natürlich selbst vor ihren Wählern verantworten müssen. – Schauen wir uns doch einmal an, was die Grünen in letzter Zeit im Vergleich zur blau-schwarzen Regierungskoalition wirklich an kulturpolitischen Maßnahmen gesetzt haben. (Zwischenruf des Abg. Brosz. )

Ich habe hier ein Programm von einer Veranstaltung, die sich "Opposition bilden" nennt. Diese Veranstaltung fand von 10. bis 12. November statt, und zwar im Künstlerhaus, in der Kunsthalle, in der Sezession, im Depot und in Zusammenarbeit mit dem ÖGB, in Zusammenarbeit mit FSG,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 19

mit GPA und mit der Grünen Bildungswerkstatt. Und welchen Zweck hat diese Veranstaltung? (Abg. Öllinger: Sagen Sie es!)  – Protest, Widerstand, zivilen Ungehorsam in demokratischen Gesellschaften, und man lehrt dort die Techniken, die Formen, die Instrumente. Das, meine Damen und Herren, ist Ihre kulturpolitische Tätigkeit mit diesem Programm! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das war Aufklärung!)

Meine Damen und Herren! Was haben wir, gegen die diese Opposition gerichtet ist, in der Zwischenzeit getan? – Wir haben gearbeitet. Wir haben im Gegensatz zu Ihnen gearbeitet. Wir haben das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz durchgebracht. Wir haben ein vorausschauendes Buchpreisbindungsgesetz verabschiedet, das sogar bei der Frankfurter Buchmesse als vorbildlich für Europa gelobt wurde und das am Rande des Kulturministerrates in Brüssel von der Wettbewerbsbehörde die volle Unterstützung erhielt. Wir haben den Wegfall der Ausstellungsvergütung beschlossen und haben dadurch die Präsentationsmöglichkeiten für junge Künstler wieder erhöht. Und wir haben eine steuerliche Entlastung der Einkünfte der Künstler aus dem Verkauf ihrer Werke herbeigeführt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann dazu nur sagen – und das liegt so klar und offen auf der Hand, dass es keiner großartigen Argumentation bedarf –: Sie treiben die Leute auf die Straße, und wir sorgen für ihre grundlegende Existenz (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) und schaffen dadurch die Möglichkeit – was Sie uns immer wieder absprechen, was aber die einzige Lösung in diesem Fall ist – eines freien, von der Ideologie unabhängigen, entpolitisierten Kunstschaffens! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

9.49

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Frauen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ab 1. Jänner 2001 werden alle selbständig künstlerisch tätigen Personen von der Versicherung der gewerblichen Wirtschaft erfasst. Der erfasste Personenkreis ist dabei durchaus inhomogen – es ist heute schon angeklungen –, ist aber auch durch extreme Einkommensschwankungen gekennzeichnet. Diese haben auch in anderen Ländern zur Einführung einer Unterstützung dieser Versicherung aus öffentlichen Mitteln geführt.

Die hier in Diskussion stehende Regierungsvorlage zur Einrichtung eines Fonds zur Förderung der Pensionsversicherung von Künstlerinnen und Künstlern, die in intensiver Arbeit unter großer Akzeptanz der in die Gespräche eingebundenen Künstlerschaft innerhalb kürzester Zeit vorgelegt werden konnte, trägt diesem Umstand Rechnung und versucht, durch Aufteilung der Verantwortlichkeiten wie durch Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Kuratorium für die Mittelverwendung und Künstlerkurien für die Aufnahme in den Fonds sowie ein rechtsstaatliches Verfahren den Ausgleich zwischen den Interessen des Bundes und den Interessen der Künstlerschaft zu erreichen.

In diesem Zusammenhang möchte ich am Ende von sehr schweren Verhandlungen, von sehr substantiellen Verhandlungen die Arbeit meiner Beamtenschaft loben, die in sehr, sehr aufopferungsvollen Debatten, in selbstverleugnenden Debatten hier eine Lösung gefunden hat. Ebenso möchte ich mich bedanken bei den Vertretern der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft und bei den Vertretern der Künstlerinnen und Künstler. Es war ein harter Fight, es war ein guter Fight, und ich glaube, er hat gut geendet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auf Basis dieser Gespräche konnten in der Zeit von der Begutachtung bis zur Regierungsvorlage einige Vorschläge eingearbeitet werden, die dieses Gesetz substanziell verbessert haben. Der wesentlichste Forderungspunkt der Künstlerinnen und Künstler war der Entfall oder jedenfalls das Absenken der im Entwurf vorgesehenen unteren Einkommensgrenze von 88 800 S pro Jahr. Ich habe diese Untergrenze auf die Geringfügigkeitsgrenze nach ASVG, das sind gegenwärtig 3 977 S pro Monat, abgesenkt, wobei es sich dabei um Einkünfte auf Grund der nachgewiesenen Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit handeln muss.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 20

Ich habe weiters 12 000 S Beitragszuschuss pro Jahr gesetzlich festgeschrieben, der die Pensionsbeitragslast der unteren Einkommensschichten der Künstler voll kompensiert. Der Deckungsgrad dieses Beitragszuschusses liegt selbst bei der oberen Einkommensgrenze in diesem Gesetz noch immer bei knapp 30 Prozent und beträgt bei den unteren Einkommensgrenzen 100 Prozent.

Weiters wurde der dynamische Kunst- und Künstlerbegriff eingeführt; es wurde heute schon darauf eingegangen. Dieser fußt darauf, dass künstlerische Befähigung einerseits mit einschlägigem Hochschulstudium jedenfalls gegeben ist und dass andererseits künstlerische Tätigkeit und das Schaffen von Werken der Kunst durch eine Kommission beziehungsweise durch eine Berufungskommission festgestellt wurde.

Darüber hinaus – und das ist mir eine besondere Freude, muss ich sagen – ist es nach beinahe 30 Jahren gelungen, den Sozialfonds der Literaten auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Nach 30 Jahren! Ich möchte hier ein Zitat, weil es mich sehr freut, dass es vom Vertreter der LVG abgegeben wurde, und, wie ich meine, eine Autorität und ein Vorbild, was Künstleranliegen und die Verwaltung von Künstlergeldern betrifft, ist, vortragen.

"Die LVG wertet das neue Gesetz als Erfolg bei der sozialen Absicherung der Künstler und zugleich als Notwendigkeit angesichts der damit verbundenen Belastung durch die Versicherungsbeiträge und bezeichnet es weiter als logischen Schlussstrich unter eine Entwicklung, die mit der Sinowatz-Doktrin ,Kulturpolitik ist Fortsetzung der Sozialpolitik mit anderen Mitteln‘ vor 25 Jahren" – vor 25 Jahren! – "eingeleitet wurde."

Ich ersuche Sie daher, meine Damen und Herren Abgeordneten, diesem wichtigen sozialen Fortschritt für die Künstlerschaft Ihre Zustimmung zu geben, damit die mittlerweile Jahrzehnte andauernden Bestrebungen, ein finanzierbares Modell einer Künstlersozialversicherung zu entwerfen, erstmals einer Lösung, die den Betroffenen vor allem in den unteren Einkommensbereichen wirksam zu helfen in der Lage ist, zugeführt werden können. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Na das wird wieder was werden! – Abg. Schwarzenberger: Der neue Staatssekretär ist wesentlich erfolgreicher! – Abg. Haigermoser: Herr Kollege! Die Frage steht im Raum: Wie wird das Pickerl? Die Frage ist noch nicht beantwortet! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bitte keine so großen "Vorschusslorbeeren", jeder muss die gleichen Chancen haben. – Herr Ex-Staatssekretär, bitte.

9.54

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Haigermoser! Ihre Bemerkungen aus der Bankreihe sind naiv wie immer, und ich werde mich nicht darauf einlassen, sie jemals zu beantworten. (Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist ja unerhört! – Abg. Ing. Westenthaler: Der Kragen steht Ihnen bis zum Hals!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, haben Sie im Ausschuss betont, und da kann ich Ihnen beipflichten. Sie haben diesen Schritt mit Realismus gesehen, und es ist wirklich ein Schritt in die richtige Richtung. Das ist eine positive Entwicklung, die man anerkennen muss. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Und ich stehe nicht an, dies auch hier von diesem Platz aus zuzugestehen.

Sie haben aber jenen Realismus bewiesen, der Ihnen als Staatssekretär zukommt (Abg. Kiss: Den du nicht gehabt hast!), der sich wohltuend von den unrealistischen Ausführungen der Vorsitzenden des Kulturausschusses unterschieden hat. Zu behaupten, dass mit 1 000 S Pensionszuschuss die Existenz der Künstler abgesichert ist, ist eine Anmaßung, denn mit 1 000 S kann keine Existenz abgesichert werden – geschweige denn in irgendeiner Form eine


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 21

Sicherung einer existentiellen Grundlage stattfinden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Es ist ein Beitrag zu der sehr schwierigen Situation der Künstler, die im Normalfall wirklich mit einem Minimaleinkommen auskommen müssen, aber es ist keine existentielle Absicherung. (Abg. Mag. Schweitzer: Es tut schon weh, dass du nichts weitergebracht hast!) Lassen wir es bei dem, was es ist. (Abg. Edlinger: Schweitzer! Sitz!) Es ist auch keine Künstlersozialversicherung. Es ist ein Beitrag zur Pensionsversicherung und nicht mehr! (Abg. Großruck: Wieso haben Sie das nicht gemacht?) Es ist keine Künstlersozialversicherung! Es ist kein Künstlersozialversicherungsgesetz. Es ist ein erster Schritt in diese Richtung. Es ist ein Beitrag zur Pensionsversicherung, aber es ist kein Künstlersozialversicherungsgesetz, und es ist schon gar keine existentielle Absicherung der Künstler. (Abg. Kiss: Frage: Warum ist das nicht vom Wittmann gekommen? Was hat der Wittmann in seiner Funktion als Staatssekretär gemacht?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist genau jene Arroganz, die von den Freiheitlichen in diese Diskussion eingebracht wird: zu behaupten, mit einem Zuschuss von 1 000 S sei der Künstler existentiell abgesichert. Damit desavouiert man diesen gesamten Berufsstand, meine Damen und Herren! (Abg. Kiss: Der Künstler unter deiner Ägide ...!) Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen, dass nämlich die Künstler als Almosenbezieher dann noch danke sagen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist eine selbstbewusste Berufsgruppe, die gewisse Schwierigkeiten in diesem Gesellschaftsbild hat und die meiner Ansicht nach unterstützenswert ist. 1 000 S – das ist für manche Künstler viel Geld. Das berücksichtige ich auch, und ich glaube auch, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber die Anmaßung, zu behaupten, dadurch existentielle Absicherung zu gewährleisten, finde ich absurd! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Waren Sie nicht einmal Staatssekretär?)

Ich glaube, dass es wichtig ist, diesen Schritt zu setzen. Ich gehe aber konform mit der Erstrednerin zu diesem Antrag: Warum hat man die Verwertungsgesellschaften ausgelassen? Warum sucht man sich nicht auch Beiträge der multinationalen Konzerne? (Abg. Dr. Stummvoll: Warum haben Sie das nicht gemacht?)  – Ich habe Ihnen diesen Entwurf vorgelegt, Sie waren dagegen, weil Sie der Lobbyist dieser multinationalen Konzerne sind. Sie sind der Lobbyist der Reichen, Herr Stummvoll! Sie, der Sie 120 000 S Staatssekretär-Pension bekommen, der Sie von der Industriellenvereinigung noch einmal dasselbe bekommen, sagen auch zu den Pensionisten, sie müssten sparen. (Abg. Dr. Stummvoll: Hätten Sie auch 20 Jahre einbezahlt!) Komischerweise waren Sie, als wir gesagt haben, dass man die multinationalen Konzerne einspannen soll, dagegen. Sie haben das torpediert, Sie haben verhindert, dass hier eine wirkliche Lösung zustande kommt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Ich glaube trotzdem, dass wir auf einem richtigen Weg sind.

Die Verwertungsgesellschaften aus der Finanzierung eines derartigen Gesetzes auszulassen, finde ich absurd. Ich finde es auch absurd, dass man Künstler, die auf der internationalen Ebene eine große Rolle spielen und daher auch hohe Verkaufszahlen an CDs in Österreich erreichen, nicht zu einem kleinen Beitrag zur Absicherung der Existenz der nicht so gut verdienenden österreichischen Künstler heranziehen kann. Leider ist eine derartige Regelung nicht zustande gekommen. Aber wir wissen alle, dass Sie mittlerweile zu den Lobbyisten der Großkonzerne, der Reichen, der Stifter geworden sind und den "kleinen Mann" auf der Strecke lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Gerade Ihnen, Herr Abgeordneter Gaugg, glaube ich, war die Abstimmung über die Budgetbegleitgesetze gestern wirklich peinlich. Wieso haben Sie denn nicht mitgestimmt? – Weil Sie draufgekommen sind, dass Ihr soziales Gewissen das nicht zulässt, wenn man den Stiftern das Geld noch hinten nachträgt und die Reichen reicher macht und die Armen ärmer macht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ihre Reichen sitzen in der ÖMV!) Dann behauptet man auch noch, dass man mit einem Zuschuss von 1 000 S eine Existenz absichert.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 22

Das ist Anmaßung pur. Sie sind die Vertreter des "kleinen Mannes" – und Ihr "kleiner Mann" soll mit 1 000 S leben! (Abg. Dr. Povysil: Was haben Sie als Staatssekretär für den "kleinen Mann" gemacht? Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?) Das halte ich für eine Anmaßung. Ich glaube, dass Sie diesen Weg von den Bürgern quittiert bekommen werden, genau so wie Sie ihn von den Künstlern quittiert bekommen werden.

Aber nichtsdestotrotz ist es ein Schritt in die richtige Richtung und wird unsere Zustimmung finden, weil 1 000 S mehr sind als nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Wittmann! Eine kurze Frage: Ist Wittmann reich? – Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Wittmann nimmt sich nicht einmal mehr selbst ernst!) – Am Wort ist Kollegin Baumgartner!

10.01

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Herrn Staatssekretär von dieser Stelle aus ausdrücklich zu seiner Entschlossenheit und zu seiner Beharrlichkeit gratulieren, denn endlich liegt ein Antrag zu einem Sozialversicherungsgesetz der Künstler vor. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der wesentliche und vor allem der qualitativ hochwertige Unterschied zu meinem Vorredner, der zwar sehr viel geredet, sehr viele Analysen, sehr viele Studien – ich habe in seinen Unterlagen gelesen, dass er allein vier Studien zu diesem Thema bestellt hat – gemacht und sehr viele Absichtserklärungen hier vorgelegt hat, aber es ist ihm nie gelungen, einen Antrag darüber hier in diesem Haus tatsächlich beschließen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hinzu kommt, dass dies in Zeiten der Budgetkonsolidierung passiert. Trotz Budgetkonsolidierung ist es dieser Bundesregierung wichtig, nach 30 Jahren einen ersten Schritt zu einer Absicherung der Künstler zu setzen. Das ist wieder ein wesentlicher Unterschied zu meinem Vorredner, dem ich entgegenhalten muss, dass die Künstler nicht danke sagen müssen, sondern dass die Künstler mit diesem Gesetz einen Rechtsanspruch auf eine Sozialversicherung haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Bei den Roten haben die Künstler danke sagen müssen!)

Es ist auch nicht so, Herr Abgeordneter Wittmann, dass es eine Anmaßung ist, zu behaupten, die 1 000 S wären eine Absicherung. Diese 1 000 S sind insoferne eine Absicherung, als sie die Situation der Künstler im Alter sichern, als sie Beitragszeiten sichern. Und das ist wesentlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Folgendes möchte ich auch noch erwähnen: Frau Abgeordnete Petrovic hat gemeint, es sei nicht einmal ein erster kleiner Schritt. – Ich meine, es ist ein Riesenschritt, weil es endlich ein Schritt ist, und es ist endlich Bewegung in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Cap hat uns mitgeteilt, dass Sie die Situation der Künstler immer mitverfolgt haben. Das haben wir auch gesehen, dass sie immer mitverfolgt wurde – aber aus dem Lehnstuhl heraus! Gemacht wurde leider nichts, Herr Abgeordneter!

Die Vorlage kann man natürlich kritisieren. Selbstverständlich ist der Künstlerbegriff ein engerer als in den ursprünglichen Vorlagen, aber es ist ein dynamischer Künstlerbegriff. Entscheidend ist – das möchte ich auch hervorstreichen –: Über den Künstlerbegriff entscheiden Künstler und nicht Beamte. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Kritik an der Verwaltung würde ich meinen, man sollte einmal den Fonds Wirklichkeit werden lassen, sich die Verwaltung anschauen, und danach kann man Kritik an der Verwaltung äußern, aber man sollte nicht einen Versuch, eine ernsthafte Absicherung für die Künstler zu


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 23

schaffen, bereits vorweg ersticken, indem man die Verwaltung als zu groß und zu unbeweglich bezeichnet. (Abg. Dr. Cap: Was ist eigentlich ein "dynamischer Künstlerbegriff"?)

Natürlich können mit diesem Gesetz nicht alle Wünsche befriedigt werden – das ist selbstverständlich –, aber es ist Konkretes formuliert, und es liegt ein Antrag vor. Ich bin froh, dass der Herr Staatssekretär innerhalb eines Jahres einen entsprechenden Entwurf vorgelegt hat. Ich bin auch froh, dass sich die SPÖ in letzter Sekunde besonnen hat und diesem Gesetz zustimmen wird. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde ich mir eigentlich auch von den Grünen erwarten. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen, dass ich dem Herrn Staatssekretär nochmals zu seiner Beharrlichkeit gratuliere. Wir werden diesem Gesetzesantrag gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Ich erteile ihm das Wort. (Abg. Dr. Cap: Schweitzer! Was ist ein "dynamischer Künstlerbegriff"? – Abg. Mag. Schweitzer  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das musst du die Kollegin fragen!)

10.06

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist schon bemerkenswert, wie ehemalige Regierungsmitglieder der SPÖ jetzt, da sie sich in Opposition befinden, hier auftreten.

Ich erinnere mich an den gestrigen Auftritt von Kollegin Prammer. Ich habe sie mehrfach gefragt, wie sie jetzt, da sie nicht mehr Ministerin ist, ihre Zeit als Ministerin beurteilt, und ich habe sie auch gefragt, was sie tatsächlich an Leistungsnachweisen erbringen kann. – Die Antwort war kurz: Sie hat nichts aufzählen können, was auf ihre Ära als Ministerin zurückzuführen ist.

Als ich heute Peter Wittmann hier hörte, hätte ich mir erwartet, dass er sagt: Freunde, als ich noch Staatssekretär für Kunst und Kultur war, da ist das, das, das und das passiert. Wir haben für eine Absicherung der Künstler gesorgt, wir haben ein hervorragendes Gesetz gemacht, das auch den Lebensabend der Künstler sichert.

Kollege Peter Wittmann! Was hast du als Staatssekretär gemacht? Wie schaut dein Tätigkeitsbericht aus? Was ist in den letzten vier Jahren von dir ausgegangen, umgesetzt und beschlossen worden? – Peter Wittmann! Keine Minute hast du verwenden können, um auf deine Erfolge zu verweisen.

Peter Wittmann! Ich habe mir die Erfolgslisten angeschaut. Peter Wittmann! Deine Erfolgsliste ist (Abg. Kiss: Weiß!) ein weißes Blatt, da steht nichts darauf. (Abg. Kiss: Unbeschrieben!) Angesichts dessen kritisiert du eine Regierung, die innerhalb kürzester Zeit das zustande gebracht hat, woran du herumgedoktert und nichts zuwege gebracht hast?! – Peter Wittmann! Mir sind 1 000 S lieber als nichts! Das ist Faktum: Für jeden müssen 1 000 S wesentlich mehr sein als nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei dieser Regierung gibt es 1 000 S, bei Peter Wittmann gab es nichts. Das ist der große Unterschied. Die FPÖ musste in die Regierung kommen, damit Künstler sozial abgesichert werden, damit zumindest einmal ein Beginn einer sozialen Absicherung für Künstler gemacht wird. (Abg. Dr. Khol: So einfach ist die Welt!)

Aber du bist damit nicht alleine, da hat es noch Frau Kollegin Hawlicek gegeben, da hat es den sehr erfolglosen Rudi Scholten gegeben, und dann hat es natürlich auch noch – als würdigen Nachfolger dieser beiden – Peter Wittmann gegeben: Generationen roter Kulturpolitiker haben nichts zustande gebracht.

Die so oft und gerade von Ihnen als künstlerfeindlich gescholtene FPÖ hat in neun Monaten das zustande gebracht, wovon Sie immer nur gesprochen haben. (Abg.  Öllinger: Die FPÖ – oder wer?) Ich kann mich daran erinnern, dass Sie den Staatssekretär im Ausschuss gefragt haben,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 24

was der Unterschied zwischen dem SPÖ-Vorschlag und dem FPÖ/ÖVP-Vorschlag ist. Darauf hat er gesagt: Der kleine, aber feine Unterschied ist der, dass diese Regierung nicht geredet, sondern rasch gehandelt hat. – Das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz existiert! Das ist der kleine, aber feine Unterschied.

Nun möchte ich mich Kollegen Cap und seinen Freunden widmen, auch wenn er es vorzieht, hinauszugehen. (Abg. Schwemlein: Es ist ja wirklich nicht sehr spannend, was du sagst!) Kollegin Muttonen war auch bei dieser netten Diskussion dabei, bei der sich herausgestellt hat, dass einerseits eine sehr intensive Beziehung zwischen Public Netbase und der SPÖ besteht, andererseits aber auch – das habe ich inzwischen festgestellt – eine sehr intensive Beziehung zwischen Public Netbase und den Grünen. Schlussendlich wird jetzt eine der Mitarbeiterinnen bei Ihnen auf der Wiener Liste kandidieren und wahrscheinlich auch in den Gemeinderat einziehen.

Und da ist es auch um die Frage gegangen: Müssen Künstler nun angepasst – das war in dieser ... (Rufe bei den Grünen: "Und"? – Abg. Mag. Muttonen: Was heißt das? "Und"?) – Moment! Hören Sie mir zu! – Müssen Künstler jetzt unter dieser Regierung angepasst agieren? Müssen Künstler dankbar und demütig auftreten, damit sie gefördert werden? – Mitnichten, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Muttonen: Das hat der Herr Landeshauptmann gesagt!) Es muss nur einmal geschaut werden, ob das, was unter dem Deckmantel "Kunst" passiert, noch Kunst ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schauen wir uns das einmal an! Schauen wir uns das an, und beurteilen Sie selbst, ob das Kunst ist! Ihre Freunde, Frau Kollegin Muttonen, von der Public Netbase beschweren sich und sagen:

",Wir sind ein gutes Beispiel für den Weg von Diffamierung über Kriminalisierung und Schickanierung zur Ruinierung", resümiert Becker." – Das war im "Standard" vom 19. September dieses Jahres zu lesen. Schauen wir uns Ihren Freund Becker an, und schauen wir uns an, was er macht! (Abg. Mag. Muttonen: Was hat das mit Kunst zu tun?)

Ich habe mir das herausgesucht. Public Netbase, Internetprovider: "Austrian Web Resistance Awards 2000: 50.000,- für die besten Widerstandsaktivitäten im Netz". Die Jury bestand aus: Gabriele Gerbasits, Gerald Matt, Eva Rossmann, Georg Schöllhammer und Franz Schuh. (Abg. Mag. Wurm: Was hat das mit Kunst zu tun?) Hintergründe:

"In den vergangenen Wochen ist Public Netbase t0 in arge politische Bedrängnis geraten, die das renommierte und international viel beachtete Netzkunst-Projekt in seiner gesamten Existenz gefährdet. Die Kündigung im Museumsquartier, vor allem aber der repressive Umgang der neuen Bundesregierung mit der kritischen Institution, die durch ihre Tätigkeit sowohl als Non-Profit-Provider als auch durch ihre künstlerische Produktion einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsvielfalt leistet, ..." und so weiter. Public Netbase fühlt sich also durch diese Regierung in ihrer Existenz bedroht.

Jetzt schauen wir uns einmal diese künstlerische Arbeit von Public Netbase an, die nach den besten Ideen sucht und einen Preis aussetzt für jene, die das Beste vorlegen, mit dem diese Regierung zu Fall gebracht werden kann. Was kommt dabei heraus, wenn sie aufrufen zum

"Weitertorten – Widerstand! Kein ruhiges Hinterland! Klassenkampf! Privat oder öffentlich, wir kriegen euch – keinE PolitikerIn kann sich vor der nächsten Torte sicher fühlen!" – Public Netbase. Das ist aber noch die "feinere", die nicht so schlimme Geschichte.

"Das oesterreichische Migrationsregime, das jedes Jahr Hunderten das Leben kostet, wird von der Bevoelkerung mitgetragen und unterstuetzt. Im Unterschied zu Deutschland braucht es in diesem Land keine Neonazis, die MigrantInnen ermorden." – Public Netbase.

Und es erfolgt der Aufruf: "Kein Frieden mit Oesterreich! No Holidays in Naziland!" – Das sind die Freunde von Public Netbase, Kollegin Muttonen! (Abg. Murauer: Bravo!) Soll ich es wieder


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 25

holen? (Rufe bei den Freiheitlichen: Ja!) – "Kein Frieden mit Österreich! No Holidays in Naziland!" – Ist das Kunst im Net? (Abg. Jung: Schöne Freunde haben Sie!)

Zu guter Letzt: Kollege Rumpelstilz, der Schnüffler, wenn es um Daten geht, ist leider nicht da. Kollege Pilz könnte einmal nachfragen, wie Public Netbase zu internen Daten der Bundespolizeidirektion Wien kommt, wenn es beispielsweise darum geht, die Kollegen über die Demonsttrationen, über die Verläufe der Demonstrationen zu informieren. Wie kommt Public Netbase zu all diesen Daten, die sofort im Netz veröffentlicht werden, sodass die Demonstranten wissen, auf welche Art und Weise die Polizei versucht, mit den Demonstrationen fertig zu werden? – Es gibt laufend Berichterstattung darüber, was an interner Kommunikation in der Bundespolizeidirektion Wien, im Bezirkskommissariat Innere Stadt und in der Sicherheitswacheabteilung gelaufen ist. Es gibt laufende Informationen über den Provider Public Netbase. Kollege Pilz hat Arbeit genug, zu recherchieren, wie seine Freunde zu diesen internen Informationen kommen.

Liebe Frau Kollegin Muttonen! Mit Kultur, mit kultureller Arbeit hat es nicht zu tun, wenn man diese Regierung mit aller Gewalt stürzen will (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), wenn man das Land, von dem man 8,5 Millionen Schilling an Förderungen bekommt, als "Naziland" bezeichnet, und wenn man behauptet, hier braucht es keine Neonazis, denn die Regierung bringt die MigrantInnen um.

Das ist "Kultur", wie Sie es verstehen. – Wir verstehen darunter etwas anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Was ihr unter Kultur versteht, hat uns Gudenus schon mitgeteilt!)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Ich erteile ihr das Wort. (Abg. Haigermoser: Was sagen Sie zur Kultur? Heraus mit der Farbe!)

10.15

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Die Farbe ist wie immer rot, Herr Abgeordneter Haigermoser! (Abg. Haigermoser: Aber hoffentlich sind kein Hammer und keine Sichel in der Farbe!) – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Nun wieder zurück zur Künstlersozialversicherung: Ich bin froh – das möchte ich eingangs sagen –, dass in diesem Gesetz (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie zwei Sätze dazu!) – Sie haben dazu länger geredet, lieber Herr Kollege Schweitzer – festgelegt ist, dass der Künstlerbegriff von einer Art Kurie, die aus Künstlern und nicht aus Politikern besteht, beurteilt wird. Das ist, so glaube ich, eine gute Sache. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Einen Satz! – Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. )

Dieses Bundesgesetz heißt "Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung". Das klingt sperrig, ist sperrig und kompliziert. Genauso sollte der Kurztitel, Künstler-Sozialversicherungsgesetz, meiner Meinung nach noch treffender – jetzt wird es noch komplizierter – als "Künstler-Sozialversicherungseinstiegsgesetz" bezeichnet werden, denn mehr als ein Einstieg ist es noch nicht.

Nachdem wir hier im Parlament – es wurde auch im Ausschuss schon erwähnt – bereits 15 Jahre darüber diskutiert haben, ist die nun vorgeschlagene Einrichtung eines Fonds ein erster wichtiger Schritt, aber eben nur ein erster Schritt und nicht mehr.

Wir Sozialdemokraten werden dieser Gesetzesvorlage zustimmen, auch wenn wir viele der Kritikpunkte, die im Vorfeld geäußert wurden, teilen. Das beginnt bereits mit der Feststellung, dass dieser Fonds natürlich dem Projekt einer Künstlersozialversicherung nicht entspricht, sondern hauptsächlich ein Pensionszuschussmodell darstellt, und eine Künstlersozialversicherung somit weiterhin im Raum steht. Wie viele Künstler anspruchsberechtigt sind und wie viele diesen Fonds in Anspruch nehmen werden, ist ebenfalls noch unklar. Die Annahmen in der Vorlage und die Berechnungen, die das Finanzministerium in der Begutachtung angestellt hat, liegen meilenweit voneinander entfernt. Daher, so glaube ich, wäre es gut und wichtig, dass dieser Entschließungsantrag von Ihnen allen unterstützt wird, damit wir dann Ende 2001, wenn


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 26

wir die Zahlen zur Verfügung haben, noch einmal über dieses Gesetz diskutieren und es evaluieren können.

Ein Problem ist auch, dass es nicht nur eine Obergrenze, die übrigens sehr knapp bemessen ist, gibt, sondern es wird auch eine Untergrenze eingeführt, unter die ein Künstler ebenfalls nicht fallen sollte, sonst bekommt er nämlich nichts. Es wird interessant werden, wie der Künstlerbegriff in der Praxis ausgelegt werden wird. Das wird man sich anschauen müssen. Die Befürchtung von Verbänden, dass dann wieder Büchsenmacher als Künstler geführt werden, weil der alte Künstlerhilfsfonds integriert werden soll, während ganz neue Kunstformen nicht anerkannt würden, ist nicht ganz ausgeräumt. Man wird sich anschauen müssen, wie sich das in der Praxis bewährt.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Berufstätigen Studierenden wurde es ermöglicht, für die Studienendphase um ein eigenes Stipendium anzusuchen, damit sie für ihre Diplomarbeit ihren Job unterbrechen können. Für den Topf dieses Stipendiums stand allerdings damals sehr wenig Geld zur Verfügung, und so wurde das Gesetz dazu ziemlich rigoros formuliert, damit nicht allzu viele ansuchen. Wenn ich mich recht erinnere, waren das aber im Vergleich zu diesem Gesetzeswerk relativ wenige Zeilen. Ich frage mich: Ist es nicht ungewöhnlich, für maximal 12 000 S, die ein Künstler pro Jahr bekommen kann, und für 75,6 Millionen Schilling Fondsdotierung ein solch großes Regelwerk mit 31 Paragraphen und 15 Seiten exklusive Erläuterungen zu verfassen? Sind Befürchtungen, dass sich Künstler oder vermeintliche Künstler Gelder erschleichen könnten, der Grund dafür, oder ist es der Amtsschimmel, der den Berg kreißen lässt und eine Maus gebiert?

Der Fonds verwaltet – ich erwähnte es gerade – 75,6 Millionen Schilling. Für die Fondsverwaltung werden 7,3 Millionen Schilling veranschlagt. Das würde bedeuten, dass der Verwaltungsaufwand fast 10 Prozent betragen würde. Er könnte, wenn man dem Bundesministerium für Finanzen glauben darf, sogar bis zu 20 Prozent betragen. Auf alle Fälle wird der Verwaltungsaufwand sehr hoch sein.

Ich wundere mich darüber, dass sich die Herren und Damen von der FPÖ da nicht auch wundern und dass sie das nicht stört. – Als Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, noch in der Opposition waren, hat Sie immer ein zu hoher Verwaltungsaufwand der Sozialversicherungsträger gestört, und Sie haben sich über die 28 parallel arbeitenden Sozialversicherungsanstalten gewundert und haben massiv Kritik daran geübt und darüber gewettert. Der Verwaltungsaufwand dieser Sozialversicherungen liegt im Durchschnitt aber nur bei 5 bis 6 Prozent. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hat zum Beispiel sogar nur 4 Prozent Verwaltungsaufwand.

Mir ist schon klar, dass der Verwaltungsaufwand umso höher ist, je kleiner eine Versicherungsanstalt ist – und dieser Fonds ist ein sehr kleiner. Ich frage mich nur, ob bei einer Kooperation mit einer anderen staatlichen Versicherung durch Synergieeffekte nicht beträchtliche Einsparungen erzielt werden hätten können. Alles, was man in der Verwaltung einsparen kann, sehr geehrte Damen und Herren, kommt direkt den Künstlern und Künstlerinnen zugute, und das ist wichtig, denn das sollte ja eigentlich der Zweck dieser Regelung sein.

Mit diesem Gesetz, sehr geehrte Damen und Herren, werden Kunstschaffende bei ihrer Pensionsvorsorge unterstützt, und das ist etwas, was auch wir Sozialdemokraten schon seit langem wollen. Dieses Gesetz kann aber, wie schon gesagt, nur ein Anfang sein. In Deutschland gibt es bereits eine weiterreichende Künstlersozialversicherung, die den Namen "Versicherung" auch verdient.

Trotz vieler Bedenken und mancher Ablehnung in den Gutachten werden wir SozialdemokratInnen dem Gesetz zustimmen. Wir betrachten das, wie gesagt, als Einstiegsgesetz zu einer umfassenden Künstlersozialversicherung, und in diesem Sinne stimmen wir zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 27

10.23

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein paar Bemerkungen zu meinen VorrednerInnen, zunächst zu Kollegin Wurm: Das Studienabschlussstipendium ist ausgeweitet und aufgestockt worden. Wir haben also eine Verbesserung zuwege gebracht.

Zu Kollegen Schweitzer, betreffend Public Netbase: Ich habe auch den letzten Auftritt in der "Zukunftswerkstatt" verfolgen können. Ich möchte mich da nicht einmischen, maße mir auch nicht an, sein Schaffen als Kunst oder nicht Kunst zu bewerten, aber sein Auftritt war, meine ich, kein Punkt für ihn, und die Art und Weise, wie er seinen Anspruch gegenüber dem Direktor des Museumsquartiers verteidigt hat, war nicht so, dass man überzeugt weggehen konnte. (Abg. Kiss: Wer? – Abg. Mag. Schweitzer: Becker, von Public Netbase!)

Ich konnte damals die Haltung der Volkspartei darstellen: Die so genannten Drittnutzer werden sich mit neuen, alten, zwischen aufgetretenen und etablierten, natürlich international renommierten und ausgewiesenen Künstlern in eine Linie stellen müssen, wenn es darum gehen wird, wer als Drittnutzer, als neuer Medienkünstler, als neue Medienkünstlereinrichtung in dieses Museumsquartier einziehen soll. Es wird also keine Bevorzugung geben. – So viel zu diesem Punkt.

Auch zum Vorredner Ex-Staatssekretär Wittmann noch eine Anmerkung: Natürlich können Sie sagen, der "kleine Mann" ist auf der Strecke geblieben. Sie haben offenbar für den "großen Mann" so lange gekämpft, bis Sie mit Ihrem Vorschlag auf der Strecke geblieben sind und sich in die Opposition zurückziehen mussten. (Beifall der Abgeordneten Prinz, Mag. Frieser und Dr. Wolfmayr. ) Ich meine schon, dass es ein Fortschritt ist, dass wir diese Regelung für die Künstler haben, und das sollten wir auch würdigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu Kollegin Petrovic – aber wahrscheinlich ist sie ohnedies nicht so sehr daran interessiert –: "IG Netzaufstockung" bedeutet: a) Es hängt am Vertragstext, b) es sollte nicht darin wieder eine neue Theatersubventionierung anstatt einer Künstlersubventionierung gesehen werden können.

Dann doch noch zu einer politischen Bemerkung: Vielfach ist davon gesprochen worden, dass Künstler so etwas wie eine "Brandmelderfunktion" haben und dass Kunstschaffende und Regierung ein Problemverhältnis auszeichnen würde.

Ich habe in letzter Zeit viele Künstler getroffen, die gesagt haben: Mir reicht jetzt diese "Pflicht zum Widerstand"! Ich habe genug! Ich möchte mich aus dieser Sozialisation lösen!

Und noch eine weitere Bemerkung zum "Brandmelden": Das kommt mir ein bisschen so vor, wie wenn ein Kind zwei-, drei-, viermal ruft: "Es brennt, es brennt!", und jedes Mal kommt die Feuerwehr. Wenn es dann aber wirklich brennt, dann hört es keiner mehr. – Ich will mir die echte Brandmelderfunktion als eine letzte und sensible Funktion der KünstlerInnen bewahren, aber nicht als eine laut schreiende. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Povysil. )

Meine Damen und Herren! Es ist auch schnell geklärt, was ein dynamischer Künstlerbegriff ist: das Gegenteil vom statischen. Lesen Sie nach in der Emanzipationsphilosophie! Da können Sie diese Polaritäten sehen. – Also nichts Neues. (Abg. Dr. Cap: Was heißt hier "dynamisch"?)  – Das Gegenteil von statisch! Damit können Sie die Offenheit des Begriffs und den Anspruch nachvollziehen! (Abg. Dr. Cap: " Dynamischer Künstlerbegriff" – was heißt das jetzt?)  – Das können wir in einem Symposion klären. Sie können dazu Vorschläge machen. Jedenfalls ist es ein Fortschritt gegenüber dem statischen. (Abg. Dr. Cap: Das ist doch keine Erklärung!)

Meine Damen und Herren! Eine wichtige Ergänzung noch, weil Kabel-/Sat-Betreiber und Literarische Verwertungsgesellschaft angesprochen wurden: Wenn sie die Künstler als existentielle Anbieter von Kunst- und Kulturprodukten, als Sendeprodukt nicht hätten, dann könnten sie auch nicht senden. Insofern, glaube ich, ist es gut, dass man trotz aller ursprünglichen Bedenken bei dieser Lösung der Künstlersozialversicherung geblieben ist.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 28

Aus aktuellem Anlass noch eine wichtige Feststellung von hier aus – und ich hoffe, dass mich dabei viele Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates unterstützen –: Am Sonntag entscheiden die Oberösterreicher, besonders die Linzer, ob sie ein Musiktheater haben wollen oder nicht. Ich hoffe, dass sie gut, dass sie richtig entscheiden, dass sie hingehen und ja zum Musiktheater sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Bravo! Sehr gut!) Das ist der dynamische Kunstbegriff, der nicht besagt: entweder Brücke oder Kultur, sondern vielmehr: Das ist die Kultur, die sich als Kultur und Theater – und meinetwegen, wenn notwendig, auch als Brücke versteht! (Abg. Öllinger: Der "dynamische Kunstbegriff" ist, dass die Freiheitlichen dagegen sind!) Wir arbeiten für diese Überzeugung, und ich unterstütze Linz und sein Theater! Das ist mir ein Anliegen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: "Kultur und Straße" heißt die Devise!)

Ich bedanke mich von dieser Stelle aus auch bei Staatssekretär Morak für die Initiative zu dieser Künstler-Sozialversicherung. (Abg. Dr. Pumberger: Das ist wirklich nicht notwendig, was Sie da machen! Das ist wirklich unerhört!) Mir ist lieber ein kleiner Schritt und noch ein kleiner Schritt, als 30 Jahre lang auf eine Lösung zu warten, die nicht kommt.

In Anlehnung an ein Wort von Michael Scharang sage ich (Abg. Dr. Pumberger: Das wäre nicht notwendig gewesen!): Herr Staatssekretär, Sie haben damit eine glückliche Hand bewiesen! Sie und Ihr Team mögen leben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pumberger: Das wäre nicht not-wendig gewesen, Frau Brinek! Sie stellt sich heraus als Koalitionspartner ... – das ist nicht notwendig! Frau Brinek, das war nicht in Ordnung! Sie sind auch keine Oberösterreicherin, Sie brauchen es auch nicht zu finanzieren! – Abg. Dr. Fekter: Das Musiktheater – da sind wir schon dafür!)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

10.28

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! (Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap  – in Richtung der Freiheitlichen –: Wieso hört ihr nicht zu von der Regierungspartei? – Abg. Dr. Mertel: Das ist unwahrscheinlich!)

Genug des Linzer Musiktheaters, sehr geehrte Damen und Herren, zurück zur Künstler-Sozialversicherung! (Abg. Dietachmayr: Das wäre aber ein interessantes Thema!)

Die Regierungskoalition hat sich ein enormes Arbeitsprogramm vorgenommen, hat die Ärmel hochgekrempelt, und es ist viel geschehen, insbesondere im Kunst- und Kulturbereich. Es gibt, wie man sieht, in diesem Bereich immer wieder – und zum Nutzen dieser Bereiche – Diskussionen.

Eine befreundete Künstlerin hat mir gestern zur Künstlersozialversicherung gesagt: Ihr tut endlich was, nicht nur Schönwetterreden halten! – Ende des Zitats. (Abg. Schwemlein: Ja, eine, die mit Ihnen befreundet ist!)

Die Regierungsvorlage zum Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz stellt unter Beweis, wie wichtig heutzutage Kunst und künstlerisches Schaffen ist. Selbständige Künstler werden innerhalb einer bestimmten Einkommensbandbreite eine Förderung der Pensionsbeiträge erhalten. Soziale Ausgewogenheit ist dadurch garantiert, dass die 1 000 S pro Monat, die als Zuschuss gewährt werden, am unteren Ende der Einkommensbandbreite die volle Pensionsbeitragslast abdecken. Größtmögliche Objektivität ist dadurch gewährleistet, dass Künstler über Künstler in fachspezifisch besetzten Kurien entscheiden.

Über den dynamischen Künstlerbegriff in der Regierungsvorlage haben wir gehört. Die Regierungskoalition ist offen für neue Entwicklungen in der Kunst und wünscht diese auch. (Abg. Dr. Cap: Was ist "dynamisch"?)

Es gibt keinen Ermessensspielraum. Wenn die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, dann besteht ein Rechtsanspruch des Künstlers auf Zuschuss aus dem Fonds. Die Berufungskurie in


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 29

der Künstlerkommission stellt sicher, dass alle Anspruchsberechtigten auch den Zuschuss bekommen. – In diesem Zusammenhang, Herr Dr. Cap, möchte ich anmerken: Ich habe mich sehr über die konstruktive Diskussion im Ausschuss gefreut, und ich freue mich auch sehr darüber, dass Sie und Ihre Fraktion diese Regierungsvorlage mittragen. (Abg. Kiss: Aber der Wittmann hat das Gegenteil gesagt!)

Sehr wichtig, wenngleich weniger beachtet, ist auch die Regierungsvorlage zur Änderung des Kunstförderungsgesetzes. Es ist wichtig für junge Künstler in Österreich, dass der Bund den Ankauf von Kunstwerken durch Landes- und Gemeindegalerien durch Zuschüsse unterstützt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus Gesprächen mit Künstlern weiß ich, dass sich Künstler in Österreich ein Mäzenatentum neuer Art wünschen, durch das sich viele Österreicher auch als kleine Sponsoren angesprochen fühlen können und bei dem viele Österreicher mittun können, auch mit kleinen Beträgen.

Künstler wünschen sich, dass Kunstsponsoring in Österreich durch Erweiterung der steuerlichen Möglichkeiten für Private und für Unternehmer attraktiver wird. Ich persönlich bin d'accord mit Frau Dr. Wolfmayr, ich wünsche mir dies auch.

Als Wienerin einige Worte zu den Museen: Es tut sich viel. Frau Dr. Povysil, die Vorsitzende des Kulturausschusses, hat über die Ausgliederung der Bundesmuseen gesprochen, über erhoffte und erwartete Synergien aus dem Zusammenwirken von KHM, Theatermuseum und Völkerkundemuseum.

Im Wiener Gemeinderat ist am Mittwoch ein Grundsatzbeschluss über die Ausgliederung der Museen der Stadt Wien gefallen. Der Titel: "Museen der Stadt Wien – Neu", das Ziel:

Synergien in der Betriebsführung. Ich bin einer Meinung mit der freiheitlichen Kultursprecherin in Wien, Mag. Heidi Unterreiner: Die Zielvorgaben müssen klar definiert, klar quantifiziert und im Nachhinein evaluiert werden. Daraus müssen auch Rückschlüsse für allfällige Kurskorrekturen gezogen werden.

Im Lichte der jüngsten Äußerungen von Professor Seipel zum Finanzbedarf des KHM muss auch dieses Zusammenwirken von KHM, Völkerkundemuseum und Theatermuseum entsprechend evaluiert werden.

Ich bin sehr für die Ausgliederung und für die Schaffung von Synergien. Es darf allerdings nicht zu Lasten der wissenschaftlichen Aufgaben der Museen gehen, diese müssen in vollem Umfang gewährleistet sein. Forschung und Grundlagenforschung müssen garantiert sein, insbesondere auch bei den naturwissenschaftlichen Museen.

Kunst braucht Publikum. Es ist wichtig, dass die Museen sich als Dienstleister verstehen. Museen müssen dem Publikum entgegenkommen. Museen können dem Publikum nicht physisch entgegenkommen. Museen als Dienstleister müssen Hemmschwellen abbauen und den Zutritt erleichtern. In diesem Zusammenhang denke ich auch ganz besonders an das Museumsquartier, an das geplante moderne Ticketingsystem, das der Chef Wolfgang Waldner einführen will. Als Wienerin trifft es mich sehr, dass die Chefin der Kunsthalle, Mag. Leidl, in für mich kleinkrämerischer Art und Weise die Idee eines gemeinsamen Ticketingsystems des Museumsquartiers konterkariert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist viel zu tun im Kunst- und Kulturbereich, und es ist in den letzten zehn Monaten der Regierungskoalition viel geschehen. Setzen wir alle unsere gemeinsame erfolgreiche Arbeit fort: zum Nutzen der Kultur, zum Nutzen der Kunst und zum Nutzen der Künstler in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Gleiche Redezeit: 5 Minuten.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 30

10.35

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Bundesregierung hat einen neuen Kurs der Sparsamkeit und der nachhaltigen Budgetkonsolidierung eingeschlagen. Es wird nicht mehr so sein wie in der Vergangenheit unter sozialdemokratischen Finanzministern, dass auf der einen Seite ein Belastungspaket nach dem anderen geschnürt wird, auf der anderen Seite aber die Staatsschulden trotzdem weiter explodieren.

Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das neue Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz zu sehen. Es ist, wie heute schon mehrfach betont worden ist, ein erster Schritt, nachdem durch viele Jahre hindurch erfolglos verhandelt wurde. Ein unverdächtiger Zeuge, Professor Brunner, hat diese Situation ja auch im "Standard" vom 6. September wie folgt beschrieben – ich zitiere –:

"Ich hatte durch viele Jahre Gelegenheit, in staatsbudgetär durchaus einfacheren Zeiten die vielen fruchtlosen Debatten über eine Künstlersozialversicherung zwischen Künstlervertretern und dem Sozial- und Finanzministerium zu verfolgen. Es wurde endlos gesessen und geredet, letztlich scheiterten alle Versuche daran, dass die Zahler nie gefunden wurden. Die erfolglosen Anläufe von Morak-Vorgänger Wittmann sind sicher auch noch in Erinnerung." – Zitatende.

Das war die Lage, bevor diese Regierung ... (Ruf bei der SPÖ: Das ist doch Unsinn!) Das ist kein Unsinn, Herr Kollege! Lesen Sie nach, informieren Sie sich, dann wissen Sie, was gelaufen ist, bevor diese Regierung sich entschlossen hat, auch in diesem Bereich einen Neubeginn zu setzen!

Die Lage des Staatshaushaltes lässt ein Modell nach bundesdeutschem Vorbild, wie wir alle wissen, nicht zu. Das wäre nicht finanzierbar.

Ich möchte aber noch kurz auf ein anderes Thema eingehen, nämlich auf die angeblich so kritische Haltung von Künstlern gegen die neue Bundesregierung, die auch Kollege Cap angesprochen hat. Sie alle wissen, dass es vor einiger Zeit auch in Kärnten Diskussionen gegeben hat, wie man auf einen Landeshauptmann Dr. Haider reagieren soll. Da gab es einige, die sogar auswandern wollten. Dann hat es wieder einige gegeben, die im Land bleiben und Widerstand leisten wollten – was immer das in einer funktionierenden Demokratie heißen mag. – Von einem Massenauszug von Künstlern oder Nichtkünstlern aus Kärnten ist aber seither nichts bekannt.

Ähnliche Überlegungen hat es in bestimmten Kreisen dann auch gegeben, als im Februar dieses Jahres die neue Bundesregierung gebildet wurde. Heute wissen wir, dass sich der Sturm im Wasserglas gelegt hat und dass man mit Shakespeare sagen könnte: Viel Lärm um nichts.

Dass einzelne Reaktionen maßlos überzogen waren, kritisieren sogar Künstler. Als eine Autorin, die Sie sicher alle kennen, etwa die Aufführung ihrer Stücke in Österreich verboten hat, um so ihren Protest auszudrücken, hat ihr ein anderer Schriftsteller – und man könnte sagen, vielleicht stellvertretend für die Mehrheit in Österreich – nachdrücklich widersprochen.

In der "FAZ" vom 9. September war folgendes Zitat zu lesen (Ruf bei der SPÖ: Wer war das?)  – ich sage es Ihnen gleich, hören Sie mir noch eine halbe Minute zu! –:

"Man muss schon eine gehörige Portion Eitelkeit aufbringen, um ankündigen zu können, man verbiete die Aufführung seiner Stücke im Land, wie es eine der Hauptaktivistinnen getan hat, ohne sich zu fragen, was eine solche Ankündigung bedeutet, wie weit man dafür gekommen sein muss in seinem erstarrten Selbstbewusstsein als Repräsentantin wovon auch immer, nicht mit der Möglichkeit zu rechnen, dass das vielleicht keinen Menschen interessiert ..." – Zitatende. (Demonstrativer Beifall der Abg. Burket. )

Der, der das so deutlich gesagt hat und damit, meine ich, auf den Punkt gebracht hat, ist der bekannte Schriftsteller Norbert Gstrein. (Abg. Mag. Posch: Was hat der geschrieben?) Seine Stellungnahme erschien unter dem bezeichnenden Titel "Die feurigen Feuermelder – Eine österreichische Autoren-Farce". – Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 31

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Burket. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Burket –: Wie legen Sie die Debatte an? Am Beispiel des "Musikanten-Stadls"? – Abg. Burket: Lassen Sie sich überraschen, Herr Kollege! – Abg. Dr. Khol: Je weiter er von der ... weggeht, desto primitiver werden seine Zwischenrufe!)

10.39

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Frau Glawischnig in einer Aussendung als "halbherzige Lösung" bezeichnet hat, ist ein Meilenstein auf dem Weg zur sozialen Absicherung von Künstlern und Kulturschaffenden – ein Meilenstein! –, wobei die Konkurrenz nicht groß war, denn bisher ist auf diesem Gebiet, wie wir heute schon hinlänglich gehört haben, ja nichts passiert.

Dieser Künstler-Sozialversicherungsfondsbeitrag ist ein Meilenstein im Kulturbereich und zeigt das Bild einer Regierung, die eine Politik macht, die von einem unverantwortbaren Schuldenberg auf dem Weg zu einem modernen, schlanken, innovativen Staat ist, der für alle seine Bürger gleichermaßen soziale Sicherheit bietet.

Auch im Bereich der Künstler und der Kunst, ja gerade dort, regelt letztlich der Markt Angebot und Nachfrage. Ein Stück, das niemand sehen will, wird kein Publikum finden, mag sich der Künstler auch noch so bemüht haben. (Abg. Schwemlein: Glauben Sie, dass das früher anders war?) Bilder, die niemand kauft, werden dem Künstler überbleiben, und er wird überdenken müssen, was er mit seinen Bildern tut. Genauso ist es mit Filmen, die keiner sehen will.

Kollegin Wolfmayr hat mir heute aus der Seele gesprochen, als sie gesagt hat: Auch wenn man der Kunst alle Freiheit lässt und nicht wagt – und das tue auch ich nicht aus viel zu großem Respekt vor Kunst und Kultur –, sie zu bewerten, so muss doch jeder Künstler so weit realistisch sein, zu beurteilen, ob er von seiner Kunst leben kann oder nicht. (Abg. Öllinger: Das ist doch unvorstellbar! Wenn es so zugegangen wäre, gäbe es kaum Kunst!) Und ganz sicher ist es nicht Aufgabe des Staates, einen Künstler zu erhalten, der nicht fähig ist, von seiner Kunst zu leben. Der wird halt dafür sorgen müssen, dass er auch noch andere Einnahmequellen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist einfach die Realität! Und dass Sie mit Realitäten nicht viel am Hut haben, das ist ja sattsam bekannt, nicht wahr? (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Ein Staat, der seine Bürger nicht mit Parteibuchpolitik, Freunderlwirtschaft und unverantwortlichen Subventionsvergaben in unmoralischen Abhängigkeiten hält, das ist das, was wir uns vorstellen (Beifall bei den Freiheitlichen); ein Staat, der die Voraussetzungen für freie, mündige Bürger schafft, die ihre Lebensentscheidungen auf Grund der ihnen gebotenen Voraussetzungen und ihrer Leistungen treffen. Hilfe, wo notwendig, ja, aber nicht nach der bisherigen Gepflogenheit des belohnten Wohlverhaltens. Alles, was Sie uns unterstellen, ist doch letztlich von den Sozialdemokraten all die Jahre gepflogen worden – das muss man schon einmal ganz klar sagen. (Abg. Dr. Niederwieser: Nennen Sie ein Beispiel!)

Das geschah unter dem Motto: FPÖ-Feinde bevorzugt oder Österreichbeschimpfer besonders willkommen. Dazu fällt mir gerade ein, dass ein Herr Peymann, der ein besonders gehegter Freund der Sozialdemokraten war, seine Genialität im Moment mit Werbung für österreichischen Kaffee verschwendet. (Abg. Dr. Niederwieser: Fällt Ihnen das jetzt gerade ein, oder haben Sie sich das aufgeschrieben gehabt?)  – Nein, das habe ich hinzugefügt, weil es mir gerade eingefallen ist. – Wer einem Herrn Mortier ob seiner Aussagen gegen unser Land und seine Bürger nicht den Sessel vor die Tür stellt, sollte sich hier nicht als Sachverständiger in Sachen Kultur gerieren.

Wir schaffen eine Basis zur Unterstützung und zur sozialen Sicherheit der Künstler, die diese Unterstützung brauchen, ohne aus ihnen Staatskünstler zu machen, die abhängig und sich wohl verhaltend dem Staat auf der Tasche liegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 32

Frau Kollegin Stoisits – sie ist leider nicht da –: Nicht der § 188 behindert oder knebelt Künstler, wie Sie das befürchten, sondern Abhängigkeiten sind es, die Künstler knebeln. Es fesselt den Künstler, nicht frei in seinen Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu sein.

Das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz ist noch nicht perfekt, das wissen auch wir. Aber es ist einmal eine Basis, auf der weitergearbeitet werden kann. Und es ist im Gegensatz zu Ihrer jahrelangen Untätigkeit ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sind daher zu Recht stolz, dass in so kurzer Zeit eine brauchbare Grundlage geschaffen werden konnte, samt Finanzierung und Umsetzungsmöglichkeit. Dass es Ihnen immer noch zu wenig ist, wird uns nicht weiter stören, denn wir handeln mit Verantwortung für alle Bürger dieses Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sevignani. Ich erteile ihm das Wort.

10.45

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich beginne meine Ausführungen mit einem Zitat von Giorgio Strehler, dem Direktor des Piccolo Teatro in Mailand, der 1993 gesagt hat:

Eine Gesellschaft, die ihre Künstler nicht liebt und zu schätzen weiß, ist krank!

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wovon die Künstler Österreichs jahrelang unter Verantwortlichkeit der SPÖ und des Staatssekretärs Wittmann nur geträumt haben, das wird nun von der FPÖ/ÖVP-Koalition realisiert. Im nächsten Jahr werden die selbständigen Kunstschaffenden in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert. Die bisher unendliche Geschichte "Künstlersozialversicherung" findet endlich einen guten Abschluss. Über das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz gibt es Zuschüsse. Dadurch wird eine sozial verträgliche Lösung getroffen. Meine Damen und Herren, das heißt, dass sich die österreichischen Künstler, vor allem aber die nicht etablierten Künstler die Versicherung auch leisten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ab 1. Jänner 2001 werden die selbstständigen Kunstschaffenden in die Pflichtversicherung einbezogen. Sie erhalten einen staatlichen Beitragszuschuss bis zu 12 000 S jährlich. Vorausgesetzt wird ein Mindesteinkommen aus künstlerischer Tätigkeit von rund 47 000 S, und Zuschüsse gibt es bis zu ein Höchsteinkommen von 270 000 S jährlich. Man rechnet mit rund 12 000 hiefür in Frage kommenden Künstlern. Im Gegensatz zu den rot-grünen Vorschlägen ist unser Vorhaben finanzierbar und administrierbar. Wir beweisen mit diesem Gesetz, dass wir uns zum hohen gesellschaftlichen Stellenwert der Kunst und der Kunstschaffenden in unserem Land bekennen und uns ihrer Bedeutung bewusst sind.

Meine Damen und Herren! Pflege und Erhaltung der Kunst sind ein Gut, für das es keinen Marktpreis gibt. Natürlich wissen wir, dass der rot-grünen Opposition unser Bekenntnis zu den Künstlern nicht in den Kram passt; war es doch Rot-Grün, die die Künstler über Jahre politisch vereinnahmt und als ideologische Speerspitze gegen die Freiheitlichen aufgeheizt und missbraucht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Heute, meine Damen und Herren, werden die Künstler und Kunstschaffenden Österreichs eines anderen belehrt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.48

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein paar Worte zu Kollegin Brinek, die auch etwas zum Theater in Linz zum Besten gegeben hat. Wir diskutieren heute über das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz. Da gibt es Redebeiträge aus allen Reihen, es sei der erste


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 33

richtige Schritt. Es passe schon, aber es sei zu wenig. Ein paar können überhaupt nicht mitgehen. – Die Künstler bekommen jetzt also 1000 S Zuschuss. Angesichts dessen stellen Sie sich hier heraus und sagen: Jeder soll hingehen und das Volksbegehren unterschreiben und befürworten – in Kenntnis dessen, dass für dieses Theater mit 1 000 Sitzplätzen 2 Milliarden Schilling an Steuermitteln notwendig sind und es in Zukunft einen täglichen Abgang von 700 000 S verursachen wird. (Abg. Murauer: Das stimmt nicht! – Abg. Großruck : 1,3 Milliarden Schilling!)

Liebe Frau Kollegin Brinek! So locker würde ich es nicht nehmen, und auch nicht sagen: Das ist alles a gmahte Wiesn. Es ist schon ein Skandal, dass Vorarbeiten geleistet wurden, obwohl es eine Unterschriftenaktion gibt und rund 40 000 Oberösterreicher eine Volksbefragung darüber wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Brinek: Das wurde im Landtag beschlossen! – Abg. Dr. Fekter: Einstimmig!)

Natürlich gibt es einstimmige Beschlüsse. Aber die Frage von Investitionen im Kulturbereich ist sehr sensibel, und wir kennen internationale Beispiele, bei denen es auch ohne Steuergeld geht, nämlich mit Sponsoring, dass Kultur sich erhält.

Nunmehr zur Vorlage: Kollegin Petrovic wünscht sich eine bessere Vorlage. Es ist ihr zu wenig und Ähnliches mehr. Sie meint, Kunst müsse leiden, es sei unzumutbar für sie und Ähnliches mehr. Ich frage mich nur, wie es sein kein, dass es unter einer rot-grünen Vorherrschaft im Künstlerbereich zu sagenhaften, schlummernden Skandalen kommt.

Kollegin Reitsamer hat gestern etwas von Weihnachten und Märchen erzählt. (Abg. Silhavy: Das war vorgestern!)  – Vorgestern war es schon.

Es war einmal ein Radiosprecher in purpurroter Wolle gefärbt, der fristete sein karges Dasein als "Ö3-Wecker"-Spezialist. (Abg. Dr. Wittmann: Ist das jetzt die Krampusgeschichte? – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Mit der Zeit ging er den Hörern gewaltig auf den Wecker, und so musste man ihn versorgen beziehungsweise entsorgen. Man brauchte Ersatz. Wie gut, dass es Freunde, Beziehungen und Lobbyismus gibt, Protektion und Ähnliches mehr. Ex-Staatssekretär Wittmann, der für die Künstler keine Sozialversicherung zustande gebracht hat, hat geschwiegen. Es hat Herr Vranitzky geschwiegen. Es hat Herr Klima geschwiegen. Aber Gott sei Dank schweigen die Medien nicht.

Rudi Klausnitzer, bis dahin bekannt als Radiosprecher, wurde Theaterdirektor in Wien. – So weit, so gut! Die einzige Qualifikation, die er mitgebracht hat, war, glaube ich, dass er ein Protektionskind war. Mehr kann ich ihm nicht nachsagen. Fachliche Qualifikation bis heute nicht erkennbar. (Abg. Dr. Kostelka: Ach nicht?) Dafür zahlt man ihm eine sagenhafte Gage von 9,3 Millionen Schilling jährlich. 9,3 Millionen Schilling, Herr Kostelka! Sie müssen ja vor Ärger versinken, wenn Sie Ihren Gehaltszettel sehen! (Abg. Dr. Kostelka: Kulturbanause!) Klausnitzer bekommt in zwei Monaten so viel, wie Sie das ganze Jahr über. Aber wahrscheinlich passt das Größenverhältnis. Das ist der wahre Skandal! Die einen, die in Künstlerbereichen protektionistisch unterwegs sind, bekommen Gehälter von 9,3 Millionen Schilling, und jene Künstler, die Sie zu vertreten hätten oder gehabt haben, null. Das ist nicht anständig! (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann. )

Herr Ex-Staatssekretär, Sie können noch so schimpfen! Haben Sie gegenüber dem Staatsbürger jedes Schamgefühl verloren, dass Sie jährlich 254 Millionen Schilling Steuergeld in die Vereinigten Bühnen Wien stecken und damit gleichzeitig einen Geschäftsführer mit einer Jahresgage von 9,3 Millionen Schilling vergolden? (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.53

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Abgeordneter Gaugg hat soeben behauptet, dass für das Linzer Musiktheater 2 Milliarden Schilling an Steuergeldern "vergeudet" würden.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 34

Ich berichtige tatsächlich, dass die errechneten Kosten für dieses Musiktheater 1,2 Milliarden Schilling betragen. Auf Grund von Nachrechnungen, da diese Kostenberechnung drei Jahre alt ist, betragen die Kosten laut jüngster und neuester Kostenberechnung 1,5 Milliarden Schilling. Das sind 1,5 Prozent von einem Budget von 100 Milliarden Schilling, die in den nächsten fünf Jahren vom Land Oberösterreich für Investitionen, unter anderem auch für Infrastrukturmaßnahmen, ausgegeben werden. Fünf Jahre beträgt die Bauzeit. 1,5 Milliarden Schilling an Kosten, 1,5 Prozent, das muss uns dieses Musiktheater wert sein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

10.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg, manchmal können Ihre Beiträge doch auch zum Thema sein. Wenn Sie aber über die Gagen von einigen Kulturmanagern sprechen und wir eigentlich über die Armut von Künstlerinnen und Künstlern diskutieren sollten, dann, muss ich sagen, hätte ich mir von einem Sozialsprecher der Freiheitlichen Partei, von dem ich zum Beispiel annehmen würde, dass er mehr für die Künstler und Künstlerinnen in unserem Land einfordert, schon mehr erwartet. Wo war dieser Beitrag, Kollege Gaugg? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaugg: Im Ausschuss!)

Frau Dr. Wolfmayr! Ich weiß nicht, ob Sie mit einer Rede, wie sie Abgeordnete Burket von den Freiheitlichen gehalten hat, noch etwas anfangen können. Es kann doch nicht sein – und das gilt auch für Sie, Herr Staatssekretär –, dass man auch noch glaubt – sagen darf man es ja –, dass es notwendig ist – und das hat Kollegin Burket doch behauptet –, dass jeder Künstler seine Kunst so ausrichten muss, dass er davon leben kann, oder sich sonst um andere Einkommen kümmern muss, damit er seine Kunst produzieren kann. (Abg. Jung: No na!) Sie wissen doch, Herr Staatssekretär, Frau Dr. Wolfmayr, dass es nach diesem Verständnis die ganze Kunst der letzten Jahrhunderte nur zu einem Fünftel gegeben hätte, weil die Künstlerinnen und Künstler ihre Kunst, ihr Einkommen nicht danach ausrichten konnten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Wovon haben sie denn gelebt, wenn nicht von ihrem Einkommen?)  – Von Mäzenen beispielsweise. Gott sei Dank gibt es in einer modernen, demokratischen Kunst das Mäzenatentum nicht mehr! Gott sei Dank sind wir nicht mehr davon abhängig, dass Mäzene und Sponsoren sich die Kunst nach ihren Interessen ausrichten. Da stünde es schlecht um die Kunst. Mit Sicherheit kann man sagen, dass es ein Fortschritt ist, dass wir über die mittelalterliche Form der Kunstförderung hinaus sind. (Beifall bei den Grünen.)

Aber, Frau Dr. Wolfmayr, Sie kennen die Situation von Autorinnen und Autoren in Österreich besser als ich, nehme ich an. Ich nenne nur einen Namen: Frau Marianne Fritz – ich glaube, sie ist eine steirische Künstlerin –, eine große Literatin, die, soweit ich informiert bin, in völliger Armut lebt. Sie lebt in völliger Armut, ist eine der größten österreichischen Literatinnen, was man wahrscheinlich so sagen kann, ohne dass da gleich die Keule von irgendeiner Partei kommt. Natürlich wird dieses KünstlerInnen-Sozialversicherungsfondsgesetz für diese Frau eine Verbesserung bringen. Aber ich frage mich, ob es wirklich das ist, was es Frau Marianne Fritz – und da könnten x Namen für sie stehen! – ermöglicht, unter lebenswürdigen Bedingungen ihre Arbeit zu produzieren und darüber hinaus auch noch ein Minimum an sozialer Absicherung zu erfahren.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz müsste eigentlich "KünstlerInnen-Pensionsversicherungsbeitragsförderungsfondsgesetz‘‘ heißen. Das wäre der korrekte Name für dieses Gesetz. Es ist bezeichnend, dass bei diesem Gesetz auch wieder die weibliche Form, obwohl die Frauen eher diejenigen sind, die, egal, in welcher Sparte der Kunst, die Schlechtverdienenden sind, bereits im Titel des Gesetzes wegfällt. Das ist aber kein Zufall, sondern es ist so, dass die Männer – und dafür steht das Beispiel, das Kollege Gaugg gebracht hat, durchaus auch – auch in der Kunst diejenigen sind, die an den Töpfen hängen, wenn es überhaupt Töpfe gibt, die zu den Besserverdienenden gehören, während Frauen im Kunstbereich in der Regel zu den Schlechtverdienenden, wenn man da überhaupt noch von Verdienst sprechen kann, gehören. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 35

Meine Damen und Herren! Das "KünstlerInnen-Pensionsversicherungsbeitragsförderungsfondsgesetz" würde nicht gut ausschauen, wenn man es so nennen würde. Darum nennen Sie es anders: Sozialversicherungsfondsgesetz. Das ist, gelinde gesagt, ein Euphemismus. Ich bestreite gar nicht, Herr Staatssekretär, dass es für wichtige Gruppen von Kunstschaffenden eine Verbesserung bringt, einen Einstieg zumindest in einen Teilbereich der Sozialversicherung. Aber Sie wissen genauso gut wie ich – Frau Kollegin Brinek, da meine ich auch Sie! –, dass bei diesem dynamischen Kunstbegriff, den Sie im Gesetz verankert haben, noch immer große Gruppen von Kulturschaffenden herausfallen. (Abg. Dr. Brinek: Zuvor sind überhaupt alle herausgefallen!)

Das sind alle Personen, die im Theaterbereich arbeiten, die Filmschaffenden, die eigentlich angestellt sein müssten, aber von den Theatern nicht angestellt werden, weil die kein Geld haben, um sie anzustellen, weil einige große Bühnen das ganze Geld kriegen und die kleinen Bühnen fast nichts mehr, obwohl sie einen wesentlichen Beitrag für die Kunst und Kultur in diesem Land leisten. Die fallen heraus, die kriegen kein Geld. Das kann es doch nicht sein, dass sich der dynamische Kunstbegriff darin äußert, dass wichtige Gruppen in diesem Land durch dieses Gesetz nicht erfasst werden und dadurch selbst von diesem minimalen Einstieg ausgeschlossen bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Mindestanforderung – und daran, Herr Staatssekretär, werden Sie zu messen sein – ist, dass ein KünstlerInnen-Sozialversicherungsfondsgesetz auch Krankenversicherung und Unfallversicherung miteinschließt. In bestimmten Branchen müsste es – Sie wissen das genauso gut wie ich – für bestimmte Gruppen auch die Arbeitslosenversicherung enthalten – nicht für alle, das ist schon klar und soll auch nicht so sein, aber das, was jetzt vorgesehen ist, ist zu wenig. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Daher werden wir auch den Antrag des Kollegen Cap, in welchem genau diese Forderung an Sie gestellt wird, mit unterstützen und auch mittragen, weil wir der Meinung sind, dass hier noch nicht einmal ein Anfang für eine echte Debatte über soziale Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geleistet wurde.

Zum Schluss meiner Ausführungen eine Bemerkung zu Abgeordnetem Schweitzer. Ich finde es schon spannend, Herr Abgeordneter und Kollege Schweitzer, dass du hier hergehst und irgendwelche Zettel in die Höhe hältst, mit welchen du beweisen willst, dass Public Netbase in welcher Form auch immer Zugang zu Polizeidaten hat – das ist irgendwie suggeriert worden –, und das zu einem Zeitpunkt, zu welchem nachweislich die Debatte auch vor Gericht beziehungsweise von den ermittelnden Behörden geführt wird, ob sich nicht Kollege Schweitzer einen Zugang zu Polizeidaten auf eine Art und Weise verschafft hat, die nicht mehr erträglich ist. (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Schweitzer! Ich kann nur so viel dazu sagen: Man muss mit Public Netbase nicht übereinstimmen ... (Abg. Mag. Schweitzer überreicht dem Redner ein Schriftstück.) Ich nehme das gerne zur Kenntnis. – Public Netbase ist – man muss mit dieser Gruppe nicht übereinstimmen – ein wichtiger Kulturverein. (Abg. Mag. Schweitzer: Lies oben! Lies!) Ich lese links oben nur: "Aus dem Polizeiakt zu den Donnerstag-Demos." – Ich wundere mich, dass ich von Kollegen Schweitzer einen Polizeiakt zu den Donnerstag-Demos bekomme. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Tragen wir das lieber nicht nach außen! (Abg. Mag. Schweitzer: Oja!) Kollege Schweitzer, ich packe das gleich wieder ein, sonst ist das gar noch belastendes Material. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Der Redner gibt das Schriftstück Abg. Mag. Schweitzer zurück.)

Ich habe von Kollegen Schweitzer einen Polizeiakt erhalten. Das darf doch nicht wahr sein! Kollege Schweitzer! Das war nicht gerade günstig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Wer hat gegen wen demonstriert?) Ich würde dir raten, Kollege Schweitzer, im Umgang mit Polizeiakten, die du mir hier auf den Tisch legst, etwas vorsichtiger zu sein. So offen soll man das nicht zur Schau tragen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das hättest du gern!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 36

Zur Debatte um Public Netbase nur noch eine kurze Anmerkung; darauf wird meine Kollegin Lichtenberger noch genauer eingehen. Die von dir angesprochene Kollegin, die für die Grünen kandidiert, ist nicht mehr bei Public Netbase, sondern hat sich, als sie die Kandidatur bei den Grünen angestrebt hat, klar und sauber von Public Netbase getrennt. – Punkt eins.

Punkt zwei: Der von Kollegen Schweitzer angesprochene Preis von Public Netbase ist, soweit ich informiert bin, ein nicht aus öffentlichen Mitteln, sondern von privater Seite geförderter Preis. Die Geschichte dazu ist schon interessant: Dieser Preis wurde beim Prix Ars Electronica von einer Gruppe gewonnen, die ihn aus Protest gegen die ÖVP/FPÖ-Bundesregierung an Public Netbase wegen der Umstände, unter denen Public Netbase die materielle Grundlage entzogen wird, weitergegeben hat. Public Netbase stiftet diesen Preis weiter. Eine ziemlich saubere Geschichte, Kollege Schweitzer. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.04

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Es wird Kollegen Öllinger jetzt schon peinlich, denn er hat behauptet, ich hätte mir Polizeiakte besorgt. (Abg. Öllinger: Ich habe das nicht behauptet!) Dem ist nicht so!

Public Netbase hat sich Polizeiakte besorgt und diese im Internet publiziert. (Abg. Ing. Westenthaler: Ach so!)

Das entspricht den Tatsachen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

11.05

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ja, ja, es gibt ein Medium, das nennt sich Internet, da kann man verschiedene Dinge nachschauen, da stellen manche Leute etwas ins Netz.

Weil zuvor der "dynamische Künstlerbegriff" in Diskussion gewesen ist: Ich verstehe schon, dass der Begriff "dynamisch" für manche schwer verständlich ist, dass der Begriff "statisch", das Nichtbewegen, geläufiger ist. Das mag schon sein, aber unser kulturpolitisches Verständnis sieht nicht den Künstler losgelöst von seinem Publikum und losgelöst von den Menschen, die an Kunst und an ihm interessiert sind, sondern es soll eine Identifikation zwischen Künstler und kunstinteressierten Menschen, zwischen Kunstschaffenden und Publikum geben.

Daher sollten gerade bei großen und auch noch unfinanzierten und nicht finanziell gesicherten Kulturprojekten unserem kulturpolitischen Verständnis nach Menschen mitentscheiden, und zwar jene Menschen, die an diesem Projekt interessiert sind. Das, meine Damen und Herren, ist Demokratie!

Demokratie ist Mitentscheidung, auch in kulturpolitischen Fragen, und wir erwarten, dass diese Entscheidung, wie auch immer sie ausfällt, von den zuständigen Politikern umgesetzt und mitgetragen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.07

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Abgeordnete Povysil! Wenn eine Kampagne gegen das Musiktheater Linz mit dem Slogan "Kleiner Mann zahlt große Oper" geführt wird, dann hat das mit dem, was Sie vorhin gesagt haben, nämlich dass das bloß eine Befragung des Bürgers


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 37

ist, überhaupt nichts zu tun. Dabei soll versucht werden, eine Grundstimmung in Bewegung zu bringen, damit dieses Musiktheater nicht Wirklichkeit wird. Doch das ist kein demokratisches Befragen, sondern ein populistisches Spiel, das da getrieben wird, bei dem dann noch gesagt wird: Was wollt ihr lieber: eine Brücke über die Donau oder eine Oper? – Aber das, was da gemacht werden soll, ist nicht einmal eine Oper, sondern ein Musiktheater. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall des Abg. Ellmauer. )

Ich hatte mir von der Vorsitzenden des Kulturausschusses eigentlich eine andere Stellungnahme erwartet. Das muss ich schon sagen! Ich erwarte mir eigentlich auch von Abgeordneter Wolfmayr oder von Staatssekretär Morak, dass sie beziehungsweise er in dieser Konfliktauseinandersetzung um das Musiktheater in Linz dazu auch eindeutig Stellung bezieht, denn das ist wirklich eine kulturelle Streitfrage. Da geht es wirklich darum, zu signalisieren, auf welcher Seite man steht.

Es kann zum Beispiel auch sein, dass man auf der Seite des Publikums steht, das dann darüber abstimmt, wie gut die Produktionen dann in diesem Musiktheater sind. Daher ist es notwendig, dass es gebaut wird, und daher ist es notwendig, dass Ihr populistisches Spiel in dieser Frage nicht zum Tragen kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber vielleicht ist das bereits der dynamische Kunstbegriff, mit dem wir hier konfrontiert werden: dass ein Teil der Regierungskoalition für dieses Musiktheater ist und der andere Teil es mit populistischen Methoden bekämpft. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist Demokratie!) Vielleicht ist diese Dynamik ein wesentlicher Bestandteil Ihres Kunstverständnisses. Wir sind daher sehr gespannt darauf, wie das weitergehen wird.

Nächster Punkt: Ich habe geglaubt, dass wir heute hier die Frage der sozialen Absicherung der Kunstschaffenden diskutieren, aber ich habe mich anscheinend getäuscht. Ich habe bei der Rede von Staatssekretär Morak sehr genau hingehört, als er aufgezählt hat, wer an dieser Vorlage mitgewirkt hat. Da sind viele Namen gefallen, aber es ist kein Name einer Person aus der FPÖ vorgekommen. Die FPÖ hat in Wirklichkeit auch keinen Beitrag dazu geleistet. Aber die FPÖ hat heute hier in der Person des Abgeordneten Kurzmann, der Abgeordneten Burket und des Abgeordneten Gaugg eine Künstlerbeschimpfung durchgeführt. Es ist unfassbar, was sich heute hier abgespielt hat. Unfassbar ist das! (Abg. Gaugg: Seit wann ist Klausnitzer ein Künstler? Ein Künstler der SPÖ!)

Frau Abgeordnete Burket hat sich heute hier hergestellt und hat die zeitgenössischen Künstler quasi beschimpft und verhöhnt, indem sie sinngemäß sagte, es gebe natürlich bildende Künstler, deren Bilder nicht gekauft werden, es gebe natürlich Filmschaffende, deren Filme nicht gesehen werden, es gebe natürlich Theaterproduzenten, wo niemand ins Theater geht, und die solle man am besten verhungern lassen, die sollen nicht einmal eine Chance bekommen, das interessiere sie alles nicht. – Das wird in einer Kunst- und Kulturdebatte gesagt. Das ist unfassbar! Aber das ist in Wirklichkeit Ihr wahres Bestreben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Doch der Höhepunkt der Künstlerbeschimpfung war, als Sie sagten, es wurden Künstler durch Kunstförderung jahrelang für Wohlverhalten belohnt. Sie sagen damit nichts anderes, als dass die Bezieher von Kunstförderung gekaufte Künstler sind. (Ruf bei den Freiheitlichen: Jawohl! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist eine Kriegserklärung an die Kunstschaffenden, die dieses Geld dringend gebraucht haben, um ihre Kunst überhaupt weiterentwickeln zu können. Das ist Ihr Verständnis von Kunst!

Mich wundert es eigentlich überhaupt nicht, dass sich Frau Abgeordnete Burket genau in dieser Debatte hier zu Wort meldete, denn das, was sie sagte, ist der offizielle Standpunkt der FPÖ. Und Frau Abgeordneter Povysil, der Vorsitzenden des Kulturausschusses, die dann auch noch hier Stellung bezog, fiel zur Rede von Abgeordneter Burket nichts ein. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Man kann zu international renommierten Künstlern stehen, wie man will, aber man kann eines nicht sagen: dass Peymann und Mortier nicht bedeutende Persönlichkeiten sind. Mich würde


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 38

interessieren, was Sie, Frau Abgeordnete Brinek, Frau Abgeordnete Wolfmayr, Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, dazu sagen. Sie sind doch mit denen in einer Koalition! Sie haben sich ja heute schon zu Wort gemeldet. Sie sollten doch eigentlich hier heraus kommen und sich von diesen Aussagen distanzieren! (Abg. Gaugg: Seit wann ist der Klausnitzer ein Künstler?)

Ihre Wortmeldung zum Musiktheater Linz war auch ein Skandal, aber für Sie ist es egal, denn Sie gehen ja ohnehin in kein Theater, da ist es wahrscheinlich ohnehin gleichgültig. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Aber Sie von der ÖVP sollten hier heraus kommen!

Es wurde dann gesagt, sie wurden als ideologische Speerspitze gegen die FPÖ missbraucht. – Übrigens gab es nur schwachen Applaus, und zwar die ganze Zeit, ich weiß nicht, was Sie heute haben, Bleihände oder sonstwas. – Es wurde also dann noch unterstellt, sie seien eine ideologische Speerspitze. Sie haben jedoch nichts anderes getan – auch nicht alle, sondern nur manche, und zwar in unterschiedlicher Stärke –, als sich als Staatsbürger kritisch zu äußern. Mich wundert es nicht, wenn sich Kunstschaffende zu Ihren Plakataktionen gegen Künstler kritisch äußern, wenn Kunstschaffende sagen: Na ja, das ist eine Partei, die sagt, die Hand, die einen füttert, beißt man nicht. Mich wundert es nicht, wenn die sich nicht vertreten fühlen, wenn die kritisch sind. "Eine Hand, die einen füttert, beißt man nicht": Das ist ja eine unfassbare Vorgabe für die Kunstförderungspolitik! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Mag. Schender. )

Das ist eine Aufforderung zu Staatskünstlertum! Das ist eine Aufforderung zu Wohlverhalten! Das ist in Wahrheit eine Aufforderung zu Unterordnung! Damit soll der Künstler zum Bittsteller gemacht werden. (Abg. Mag. Schender: Das hat Herr Wittmann über seinen Schreibtisch gehängt!)

Doch dann wollen Sie noch haben, dass diese Leute dankbar sind. Dann gehen Sie, obwohl Sie an dieser Vorlage überhaupt nicht mitgewirkt haben, noch her und verlangen, dass diese Leute sagen: Ah, ab heute ist das Bild der FPÖ ein anderes, wir kriegen 1 000 S im Monat Zuschuss für unseren Pensionsfonds. Die Freiheitlichen sind in Wirklichkeit liberal, unglaublich liberal. Sogar mir, dem staatszersetzenden zeitgenössischen Künstler geben sie 1 000 S, wenn ich einmal aufs Altenteil gehe. Danke FPÖ! Danke FPÖ für diese Wohltat! (Abg. Gaugg: Kürzen Sie dem Klausnitzer die Gage! Dann haben wir mehr Geld!)  – Das wollen Sie haben! Das ist tiefster Feudalismus, sonst gar nichts. Herumkriechende Künstler wollen Sie haben. Dafür sollten Sie sich schämen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Regen Sie sich nur auf! Mit Recht!

Ihre Politik ist in Wahrheit eine Politik der Denunziation, eine Politik des Neides und das Mobilmachen gegen Künstler, gegen die zeitgenössische Kunst, gegen entscheidende, wichtige Persönlichkeiten in der Kunstszene. (Abg. Gaugg: Solch ein Blödsinn!) Für Sie ist ein guter Künstler nur jener Künstler, der "Heil, Gaugg!" und "Heil, Burket!" sagt. Doch die können Sie behalten, aber die gibt es Gott sei Dank ohnehin nicht.

Das ist Ihr Kunstverständnis! Aber das wird in Österreich nicht mehrheitsfähig sein und hat hier auch keinen Platz. Das sei Ihnen endlich einmal ins Stammbuch geschrieben. Sie von der ÖVP würde ich ersuchen, dass Sie denen für diese ihre Aussagen endlich einmal die Leviten lesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Gaugg: Wir haben schon größere Zwerge springen sehen!)

11.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. (Abg. Dr. Krüger, der als übernächster Redner zu Wort gemeldet ist, hat sich versehentlich zu früh zum Rednerpult begeben, bemerkt diesen Irrtum und kehrt auf seinen Platz zurück. – Ironische Heiterkeit und Rufe bei der SPÖ: Und tschüss! Wiedersehen! Setzen! – Abg. Nürnberger  – in Richtung des Abg. Dr. Krüger –: Genauso lang warst du Minister!) – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.15

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine Art Galgenhumor, der diese Debatte begleitet, und ich möchte einfach nicht, dass dieses


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 39

Haus zum nächsten Tagesordnungspunkt übergeht, bevor nicht doch eine Klärung hinsichtlich des Redebeitrages von Abgeordnetem Schweitzer herbeigeführt ist.

Das ist nämlich ganz genau jene Taktik und Praxis der freiheitlichen Regierungspartei, die wir sattsam kennen: Da wird rund um bestimmte Namen oder Gruppen ein sehr nebuloser Vorwurf der Unredlichkeit, ein quasi verschwörerisches Komplott konstruiert, da werden irgendwelche Drogengerüchte, Hochverrat, Vernaderung, all diese Dinge in den Raum gestellt, dann wird mit irgendwelchen Papieren gewachelt und gesagt, das seien graue, dunkle Elemente.

Herr Abgeordneter Schweitzer, ich fordere Sie auf: Übergeben Sie diese Unterlagen den Sicherheitsbediensteten in diesem Haus – es gibt genug hier –, falls Sie behaupten wollen, dass irgendwelche Rechtswidrigkeiten vorgefallen sind, oder reden Sie nicht mehr so! Und dieses Haus fordere ich auf, diese Praktiken nicht mehr zu dulden. Auch der Staatssekretär sollte sich dazu zu Wort melden. (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie das dem Pilz!)

Herr Abgeordneter! Nicht Gerüchte, nicht Anschuldigungen, wenn Sie irgendetwas ... (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie das dem Pilz einmal!) Ich brauche nicht irgendwem etwas zu sagen, geben Sie die Unterlagen den zuständigen Behörden!

Und das Haus und vor allem die ÖVP fordere ich auf: Wenn Sie das nicht dauernd haben wollen, dann setzen Sie einen Untersuchungsausschuss über die politische Verantwortung in der sogenannten Spitzel-Causa ein, ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete, den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend):  ... damit diese Papierwachelei ein für alle Mal aufhört! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das muss einmal dem "Rumpel-Pilz" gesagt werden!)

11.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

11.17

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeigt schon ein eigenartiges Verständnis des Kollegen Öllinger vom Zugang zu neuen Medien: Kollege Karl Schweitzer geht hierher, übergibt Kollegen Öllinger Ausdrucke aus dem Internet, die für jedermann, der sich nur einigermaßen mit dem Internet befasst und nur einmal hineingeschaut hat, sofort als Internet-Ausdrucke erkennbar sind, aber für Kollegen Öllinger ist das ein Polizeiakt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Für eine Partei, die den Fortschritt auf ihre Fahnen schreibt, die immer sagt, man müsse neue Medien unterstützen, ist das schon ein eigenartiges Verständnis, wenn man Internetausdrucke – Homepages nennt man das auch, Kollege Öllinger – nicht auf den ersten Blick erkennt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem Kollegen Cap möchte ich sagen: Wenn sich hier einer schämen sollte, Herr Kollege Cap – und Sie waren es, der Schamgefühl eingemahnt hat –, dann eigentlich Sie, denn mit welcher Verächtlichmachung gegenüber der FPÖ Sie hier ans Rednerpult getreten sind und in welcher Art und Weise Sie Ihre Rede gehalten haben, ist wirklich unglaublich und ein Tiefpunkt des heutigen Tages, ein erster vorläufiger Tiefpunkt. Es ist wirklich ein Tiefpunkt, wenn Sie sagen "Sie mit denen". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kenne Sie lange genug, Herr Kollege Cap: Es gibt politische Bereiche, wo wir uns treffen, und auch dann, wenn wir außerhalb eines Publikums beraten und sprechen, habe ich durchaus Momente, in welchen ich eine gewisse Sympathie für Sie nicht verhehlen kann – das gebe ich zu –, aber sobald irgendjemand oder mehr als drei oder vier Leute zuhören, geht es Ihnen einzig und allein darum, Leute, die hier ehrliche Politik machen, die sich für Künstler einsetzen, verächtlich zu machen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 40

Ich kenne genauestens Ihre Diktion, die Sie immer wieder – auch in der vergangenen Legislaturperiode – hier an den Tag gelegt haben: "Sie mit denen". – Sie sind nicht einmal in der Lage, eine ordnungsgemäße Anrede für Politiker der FPÖ zu finden, und dafür sollten Sie sich eigentlich schämen, Herr Kollege, das muss ich Ihnen schon sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! Sie haben gesagt, es sei ein unglaublicher Populismus, wenn man sagt: Kleiner Mann zahlt große Oper! – Natürlich kann man sagen, es ist ein unvollständiges Zitat, weil jeder Steuerzahler naturgemäß einen Beitrag zu leisten hat. Aber Sie werden doch, bitte, nicht verkennen, dass dann, wenn 2 Milliarden Schilling für eine Prestigeoper verbaut werden, dieses Geld natürlich im Landesbudget abhanden kommt – das ist doch keine Frage! – und dass dann in diesem Ausmaß natürlich weniger Investitionsmittel für andere Dinge vorhanden sind. Gegenteiliges wird hier doch niemand ernstlich behaupten.

Wenn Sie sagen, dass mit Donaubrücken und so weiter aufgerechnet wird, dann frage ich Sie: Ja wie war denn die gestrige Debatte? Ist nicht aus Ihren Reihen und aus den Reihen der Grünen immer wieder gefragt worden, wieso man teure Abfangjäger kauft, während man Studiengebühren einführt? – Das ist halt so in einer Demokratie: Jede öffentliche Ausgabe muss sich rechtfertigen, das ist überhaupt keine Frage. Wenn Sie ein Diskussionsverbot erlassen wollen, dann zeigt das einen eigenartigen Umgang mit der Demokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Cap! Ich sage Ihnen offen, dass ich mich heute gewundert habe, als Sie Ihren ersten Redebeitrag brachten, weil Sie nämlich einen gemäßigten – einen unerwartet gemäßigten – Eindruck hinterlassen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Da war er noch nicht munter!) Sie haben dann die Debatte verfolgt, und auf einmal haben Sie gemerkt: Um Gottes willen! Was ist da geschehen? Haben da nicht die Regierungsparteien, hat nicht mit die FPÖ jetzt endlich den Reformstau in der Künstler-Sozialversicherung, in der Buchpreisbindung aufgelöst?

Wer hat denn die Reformen gemacht? – Sie haben dreißig Jahre lang Zeit gehabt, Sie haben nichts getan für die Künstler. Die Künstler waren mit Ihnen höchst unzufrieden. Sie haben keine Künstler-Sozialversicherung eingeführt, Sie haben immer nur diskutiert. Sie wollten das Thema Kunst nur als Kampfmittel gegen die FPÖ missbrauchen – so schaut es nämlich aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend noch einige Gedanken zur Volksbefragung, die am Sonntag in Oberösterreich stattfinden wird. Ich glaube, es ist wichtig, dass diese erste Volksbefragung auf oberösterreichischer Ebene stattfinden wird. Es wird sicher eine Sternstunde der direkten Demokratie, und ich glaube, dass diese Volksbefragung auch all jene Lügen strafen wird, die sagen: Kulturthemen blenden wir aus der direkten Demokratie aus. Kulturthemen – wie es hier immer diskutiert wurde – sind nichts für den "kleinen Bürger", da hat er nichts mitzureden.

Meine Damen und Herren! In einer Demokratie gibt es keinen Bereich, in dem nicht der Bürger ein Wort mitzureden hat. Das sei Ihnen hinter die Ohren geschrieben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

11.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.22

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte diese Debatte zwar nicht verlängern, aber eines klarstellen: Ich bedauere zutiefst, dass das Musiktheater in Oberösterreich hier und heute in Frage gestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte dringend darum: Wir sollten uns zur Kultur bekennen, ob in Wien, in Salzburg, in Graz, in Innsbruck – in welcher Landeshauptstadt auch immer –, egal, in welcher Gemeinde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Dazu gehört auch ein modernes Musiktheater in Oberösterreich. (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Ich möchte noch um etwas bitten. Es gibt zu diesem Bau einen einstimmigen Beschluss des oberösterreichischen Landtages. Ich darf einigen Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung rufen, was Landesrat Achatz 1992 in der Budgetdebatte im oberösterreichischen Landtag zum Kapitel Kultur sagte. Er würdigte in Zusammenhang mit dem Kulturbereich das moderne Musikschulwesen in Oberösterreich und sagte dann wörtlich:

Wir haben es bisher verabsäumt, dieser positiven Kulturarbeit auch die Krone aufzusetzen. Das wäre ein zeitgemäßes Musiktheater, meine Damen und Herren. – Originalzitat.

Präsident Bodingbauer von Seiten der FPÖ – auch kein Unbekannter und Unbedeutender, sondern ein Mann, den ich sehr schätze – führte wörtlich aus:

Ein so reiches Bundesland kann es sich nicht leisten, auf dieses dringend notwendige Musiktheater noch länger zu verzichten! – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das sollten genug Fakten sein! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.25

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Wittmann: Sind Sie auch dafür? – Abg. Schieder: Was ist mit dem Musiktheater?) Für Frau Kollegin Petrovic im Besonderen, für Herrn Kollegen Öllinger im Besonderen:

"Die Seite www.no-racism.net befindet sich auf dem Server von Public Netbase." – Ist ein Projekt von Public Netbase. Das steht hier, Herr Kollege Öllinger.

Es heißt weiter: "Durch die Streichung der Subventionen und die Kündigung von Public Netbase im Museumsquartier ist auch dieses Projekt" – no-racism.net, unser Projekt, jenes von Public Netbase – "bedroht. Aus Solidarität mit den bedrohten Projekten" – in Klammern – "(das unsrige eingeschlossen)" – also: no-racism-net; "unsrige" bezieht sich auf Public Netbase –, veröffentlichen wir hier folgende Stellungnahmen ... (Unruhe im Saal.)

Es ist ganz klar: Da werden aus der Bundespolizeidirektion Wien, aus dem Bezirkskommissariat Innere Stadt und aus der Sicherheitswacheabteilung eindeutig geheime Daten im Zusammenhang mit den Donnerstag-Demos von Public Netbase in das Internet gestellt, Herr Kollege Öllinger! (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Na hallo!)

Frau Kollegin Petrovic! Damit Sie beruhigt sind: Es wird noch heute all das entsprechend zusammengefasst und der Staatsanwaltschaft zur Untersuchung übergeben. Es wird eine entsprechende Anzeige geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgendes möchte ich abschließend feststellen: Es handelt sich dabei um jenen Verein, den Kollege Cap immer wieder so wortreich verteidigt; es ist der Verein, aus dem Sie Ihre Kandidaten für den Wiener Landtag rekrutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja unglaublich!)

11.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 42

(Abg. Haigermoser: Die Kurzform für "Stalin Öllinger" ist "Stöllinger"!)

11.28

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Darf ich das bitte fürs Protokoll laut wiederholen, bevor ich zum Thema zurückkomme: Kurzform für "Stalin Öllinger" ist "Stöllinger". (Abg. Haigermoser: Die Kurzform für "Stalin Öllinger" ist "Stöllinger", richtig!) Herr Abgeordneter! Ich möchte das bitte im Protokoll festgehalten haben und verlange einen Ordnungsruf.

Zum Thema: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war ja nicht anders zu erwarten, als dass im Rahmen der Debatte um die Künstler-Pensionsversicherungsbeiträge auch eine Kulturdebatte losbricht. Allerdings war für mich schon überraschend, auf welchem Niveau sich das Ganze abspielt.

Herr Schweitzer! Kurz noch einmal zu Public Netbase, wir werden darüber noch Genaueres hören. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Für den Fall, dass es Ihnen nicht aufgefallen sein sollte – das ist natürlich auf Grund der Komplexität des Internets und der Provider, der Organisationen und Kulturtreibenden im Internet eine schwierige Angelegenheit –, liegt eine Seite, aus der Sie zitiert haben, auf dem Server von Public Netbase. (Abg. Mag. Schweitzer: Public Netbase sagt selber, dass es "unser Projekt" ist!)

Ich beurteile jetzt nicht in Unkenntnis, was wer wann wie angestellt hat, aber ich stelle Folgendes fest: Wenn etwas auf dem Server liegt, ist es offensichtlich eine Überforderung, den Unterschied erkennen zu können. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist "unser Projekt"! Haben Sie nicht zugehört?)

Herr Kollege Schweitzer! Wir haben ja schon ein bisserl weiter recherchiert, um nachzuschauen und Ihnen eine Hilfeleistung dahin gehend zu geben, wer denn zu diesen Bösen gehört, die angeblich diese fürchterlichen Dinge im Internet veröffentlichen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das sind Ihre Kandidaten!) Die Spuren führen in den Umkreis der Österreichischen Volkspartei – als kleine Hilfe bei der Recherche. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Jung: Ach so!)

Damit möchte ich aber dieses Thema abschließen und noch ganz kurz auf den Rest der Kulturdebatte eingehen, die heute hier gelaufen ist.

Folgendes fällt mir schon auf: Das Verständnis von Kulturtreibenden und von Kunst wagen die Freiheitlichen mehr als leichtfertig zu definieren. Sie maßen sich locker an, mit Hilfe von Beispielen und Definitionen festzustellen, was Kunst ist und was Kultur ist – nämlich ganz klar das, was weder die Freiheitlichen kritisiert noch irgendeinem Abgeordneten aus dieser Hälfte des Parlaments jemals zu nahe getreten ist. – Das ist eine traurige Angelegenheit und ein trauriges Kulturverständnis! Ich muss Ihnen das ganz ehrlich sagen. (Abg. Kiss: Das ist ja ungeheuerlich!)

Schauen Sie in die Kultur- und Kunstgeschichte, und Sie werden wenige kulturelle Leistungen finden, die zustande gekommen wären, wenn Parteien wie Sie in den letzten Jahren die Möglichkeit gehabt hätten, rigoros einzugreifen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit komme ich noch einmal auf die Frage von Public Netbase und der neuen Kultur im Internet zurück. Sie haben natürlich sehr selektiv zitiert, als Sie sich die kulturellen Leistungen von Public Netbase zu Gemüte geführt haben. Ich würde Ihnen empfehlen, sich auch zum Beispiel die für Brüssel konzipierte Ausstellung, die die neuen Gegebenheiten des Internets auf einer sehr fundierten Basis reflektiert, zu Gemüte zu führen. Vielleicht würden Sie dann solchen Irrtümern, denen Sie in Bezug auf das Internet aufgesessen sind, nicht mehr so leicht aufsitzen. (Abg. Mag. Schweitzer: Bitte welche "Irrtümer"?)

Es geht da um Themen wie die Informationsgesellschaft, wie das Thema Privatheit. Es gibt Expertendiskussionen. (Abg. Mag. Schweitzer: Welcher Irrtum?) Es geht um den Zugang der Dritten Welt zum Internet und darum, welche neuen gesellschaftlichen Unterschiede in Informationseliten aufgerissen werden. Schauen Sie sich das an! Das entspricht vielleicht nicht Ihrem Kulturverständnis, würde Sie aber sicher Kilometer nach vorne reißen!

Zum Thema Oberösterreich muss ich natürlich auch etwas sagen. Die Polemik, die da von den Freiheitlichen gestartet wird, mit: "Kleiner Mann zahlt große Oper", wo dann auf den Plakaten interessanterweise – und das wäre ja auch eine wichtige Geschichte für parteiinterne Fortbil


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 43

dung – eine Putzfrau und eine Kassiererin abgebildet sind, zeigt an ihrer Tiefe schon fast Unübertrefflichkeit. Sie reden von Oper, um sozusagen ein Feindbild kreieren zu können. Es handelt sich um ein Musiktheater, und dieses würde in Oberösterreich ein ganz wichtiges Element in der zukünftigen Kulturpolitik sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich hoffe, dass es den Freiheitlichen nicht gelingt, durch diese Polemik das zu verhindern.

Sie haben sich ganz am Anfang der Debatte auch mit der Buchpreisbindung auseinander gesetzt und festgestellt, welch großartige Leistung von Seiten der Freiheitlichen es sei, dass es diese Buchpreisbindung nun gebe. Ich möchte Sie aber schon daran erinnern, dass es die Abgeordnete Echerer im Europaparlament war, die gemeinsam mit einem SPD-Abgeordneten und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels eine Gesetzesvorlage vorbereitet hat, zu einer Zeit, als es in Österreich noch politischen Tiefschlaf zu diesem Thema gab. Ich meine, dass diese Leistung mindestens genauso mit anerkannt werden muss wie das, was Sie jetzt glauben geleistet zu haben. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Es ist jedenfalls noch festzuhalten, warum wir unsere Zustimmung nicht geben können. Es wäre sehr leicht gewesen, auch unsere Zustimmung zu diesem Gesetz zu bekommen, wäre der Herr Staatssekretär bereit gewesen, eine klare Vorgabe für ein Modell der Weiterführung der Regelung für Künstlerinnen und Künstler in Richtung einer Krankenversicherung, einer Unfallversicherung zu akzeptieren – etwas, was dringend notwendig ist, gerade in Kulturbereichen, die unter der derzeitigen Regelung mehr Nachteile als Vorteile zu erwarten haben.

Ich spreche ja auch ein bisschen für die Kultur von kleinen Theatern, weil die Anstellungsverpflichtung dort zum Riesenproblem wird. Das ist für mich der nächste und allernotwendigste Schritt, und das war für mich auch ein wesentlicher Grund, zuzustimmen oder nicht zuzustimmen.

Ich hoffe, dass Sie den Weg weitergehen und den entscheidenden Schritt setzen. Wenn er gut ist, werden Sie auch unsere Zustimmung haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Pumi!)

11.35

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Tag, an dem ein Gesetz beschlossen wird, bei dem es um die soziale Absicherung der Künstler geht, ein Gesetz, das wir alle wollen, verdient es nicht, dass diese Debatte umfunktioniert wird und für ein Landesthema geworben wird (Abg. Dr. Kostelka: Musiktheater!), nämlich für den Bau des Musiktheaters in Linz – ich sage absichtlich: Musiktheater.

In einer Zeit, in der wir wie zum Beispiel gestern Budgetbegleitgesetze beschließen, in der wir zur Budgetkonsolidierung schwere Eingriffe, Einschnitte unternehmen – alle Bürger müssen Opfer bringen (Abg. Edlinger: Ach so?!)  –, in dieser Zeit stimmt die SPÖ gegen die "Behindertenmilliarde", gegen das "Karenzgeld für alle" (heftige Zwischenrufe bei der SPÖ), aber für die Oper in Linz, für das Musiktheater in Linz haben wir das Geld. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Der Finanzminister hat schon gesagt: Vom Bund gibt es kein Geld für das Linzer Musiktheater! Das ist Landessache! Die oberösterreichischen Landesbürger haben die Kosten zu begleichen. – Daher sehe ich nicht ein, dass der Landeshauptmann von Oberösterreich, Pühringer von der ÖVP, allein für die Werbung für die Oper zum Schluss 25 Millionen Schilling locker gemacht hat. – Steuergeld, nicht Parteigeld! 25 Millionen Schilling! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 44

Sagt dem Landesrat Achatz: Schnallen Sie sich fest an! Ich haue 25 Millionen Schilling in die Werbung für die Oper – eine Art Gehirnwäsche für die oberösterreichischen Bürger, damit sie für die Oper stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: He!)

Die ÖVP-Abgeordneten im Parlament lassen sich als Handlanger des oberösterreichischen Landeshauptmannes missbrauchen. Das finde ich auch für das politische Koalitionsklima hier in diesem Hause gar nicht gut. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

11.38

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei hat das Internet entdeckt und wird auf die Österreichische Volkspartei stoßen. (Heiterkeit der Abg. Mag. Prammer. ) Ja von mir aus. Wozu Sie Public Netbase brauchen, um dann einen schwarzen Schuldigen zu finden, ist mir bis jetzt verborgen geblieben.

Das Einzige, was ich noch anmerken möchte, ist: Alle Informationen, die hier enthüllt wurden, stammen aus Akten, die den am Verfahren Beteiligten rechtmäßig zugänglich sind. Ich kann die Forderung der Freiheitlichen daher nur so verstehen, dass das Recht auf Akteneinsicht in Zukunft abgeschafft werden soll. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Da geht es um etwas anderes!)

Das ist das freiheitliche gerichtliche Verfahren (Abg. Neudeck: Sie verteidigen etwas, das Sie gar nicht kennen!), das mich eher an die Standgerichtsbarkeit als an die Rechtsstaatlichkeit erinnert. (Abg. Gaugg: Um Subventionen, um Steuergelder geht es!) Aber ich glaube kaum, dass Sie auch nur beim Koalitionspartner Verständnis dafür finden werden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Wenn Sie aber den Tagesordnungspunkt mit Zustimmung des Präsidenten dazu nützen, weiteres Licht in die Spitzelaffäre zu bringen, dann möchte ich das gerne aufgreifen – das ist ja überhaupt kein Problem – und Ihnen zweierlei mitteilen:

Erstens: Den Fall Schweitzer werden wir nicht heute behandeln, sondern nächsten Dienstag um diese Zeit in diesem Haus, und ich empfehle Ihnen, sich gut darauf vorzubereiten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Soll das eine Drohung sein?)

Zweitens: Wenn Sie schon weitere Informationen verlangen, dann bringe ich gerne weiteres Licht ins Dunkel. Es hat sich nämlich auf Grund einer Zeugenaussage des damaligen Klubobmannes Mag. Stadler herausgestellt, dass die Rechtfertigungen Stadler und Böhmdorfer in Bezug auf die Spitzelaffäre nicht länger haltbar sind. (Abg. Gaugg: Woher haben Sie das?)

Auf die Frage, woher ich das habe, sage ich Ihnen: von Rechtsanwalt Dr. Vana, der das seinem eigenen Akt entnommen hat.

Wir von den Grünen haben da überhaupt nichts zu verbergen. Wir brauchen keinen Spitzelring – wir bedienen uns schlicht und einfach ganz legal unserer hoch qualifizierten Anwälte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Nicht zur Sache!)

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Stadler ist befragt worden, woher er illegal beschaffte Akten hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Es geht um die Künstler-Sozialversicherung!) Er erklärte dazu Folgendes vor Gericht und unter Wahrheitspflicht:

"Ich weiß auswendig nicht, ob ich im Zeitpunkt dieser Pressekonferenz Haiders die heute schon erwähnte Anzeige des LGK" – Landesgendarmeriekommandos – "schon kannte" – die Ebergassing-Anzeige –, "weil ich auch nicht weiß, wann ich sie bekam. Sie ging nämlich im Büro Haider ein und kam erst von dort zu mir, wie viele Unterlagen." – Da möchte man natürlich gerne wissen, was die anderen Unterlagen sind.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 45

Stadler fährt fort: "Ich selbst kannte im Zeitpunkt der Genehmigung der Presseaussendung nur das, was von der Anzeige bis dahin in den Medien erschienen war."

Jetzt fragte sich das Gericht, wer die unbekannten Teile gekannt habe, die illegal von der Polizei beschafft worden sind. Und darauf antwortet Stadler auch und erklärt: "Nach Vorhalt durch seinen Vertreter:

Es stimmt, daß wir dabei auf eigene Recherchen und nicht auf die Anzeige zurückgriffen."

Weiters führt er dann aus ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Dr. Pilz! Die Hälfte Ihrer Redezeit ist erschöpft, vielleicht kommen Sie wieder zur Sache zurück!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich danke dafür, dass jetzt auch schon über die Hälfte der Redezeit vom Präsidenten informiert wird.

Ich bleibe kurz bei der Sache, Herr Präsident, und bin gleich damit fertig und kann mich dann wieder etwas allgemeiner der Kultur widmen.

Weiters erklärte Stadler: "Auf die Frage, ob die bisherige Aussage auf den verschiedenen dem Beklagten zugänglichen Medien oder (auch) auf persönlichen Mitteilungen einzelner Informanten beruhen:

Beides. Wir bekommen auch eine Reihe von Mitteilungen (auch mit dem von mir erwähnten Inhalt)."

Dann wird gefragt, wer die illegal beschafften Informationen dann bezogen und pressemäßig verwertet hat. Und da erklärt er:

"Daß im vorliegenden Verfahren mir (auch) die Äußerung unterlegt wird, das Auto von Ebergassing sei wohl nicht zufällig in der gleichen Straße sichergestellt, in der K ... wohne, ist mir schon beim Lesen der EV" – Einstweiligen Verfügung – "aufgefallen. Ich habe Westenthaler als den Leiter unserer Presseabteilung darauf aufmerksam gemacht." – Zitatende.

Unsere Presseleute kümmern sich schon seit längerer Zeit um verschiedene Personen aus dem Kreis des Kirchweger-Hauses sowie der Medien "TATblatt" ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Dr. Pilz, es sind nun 80 Prozent Ihrer Redezeit erschöpft. Vielleicht kommen Sie jetzt wirklich zur Sache! (Rufe bei der SPÖ: Er hat noch 20 Prozent!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Wunderbar, dass der Präsident mitzählt! Danke, Herr Präsident (Beifall bei den Grünen), das ist eine neue Qualität der Zeitökonomie vom Vorsitz aus. Sie helfen uns damit, diese Sitzung in geordneten Bahnen durchzuführen.

Jetzt wissen wir: Illegales Material beschafft Büro Dr. Haider, illegales Material weitergegeben an Büro Ing. Westenthaler, illegales Material verwertet Büro Ing. Westenthaler unter Führung von Westenthaler.

Endlich verstehen wir, warum Westenthaler immer sagt: Ich will keinen Untersuchungsausschuss! – Klubobmann Westenthaler möchte nicht haben, dass ein Zeuge Westenthaler unter Wahrheitspflicht aussagen muss. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren. Ich frage mich, wie lange die Österreichische Volkspartei noch dabei mittut, den Klubobmann der Freiheitlichen Partei vor einer zeugenschaftlichen Aussage in einem Untersuchungsausschuss zu schützen.

Jetzt komme ich noch einmal allgemeiner zum Thema Kultur zurück. Sowohl die Kultur des österreichischen Rechtsstaates als auch die österreichische Kunst- und Kulturpolitik müssen wir mit einer möglichst großen Mehrheit vor freiheitlichen Angriffen schützen. Und ich sage bewusst "Mehrheit", weil ich weiß, dass gerade auch in den Reihen der Österreichischen Volkspartei


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 46

nicht wenige Abgeordnete gerade in der Frage der Kunst- und Kulturpolitik bereit sind, andere Mehrheiten zu bilden, so dieses möglich ist.

Deshalb unser sehr, sehr ernstes Angebot, meine Damen und Herren von der Volkspartei: Lassen Sie uns in Fragen der Kultur des Rechtsstaates, der Kunst- und Kulturpolitik ausnahmsweise koalitionsfreie Mehrheiten bilden, die für diese Grundinteressen der Republik Österreich einen wirksamen Schutz darstellen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.45

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Darf ich insbesondere Herrn Abgeordneten Krüger, der sich darüber beklagt hat, dass wir nicht in der Lage sind, seinesgleichen ordnungsgemäß anzusprechen, auch noch geordnet ansprechen: Exzellenz, es freut mich, auch zu Ihnen sprechen zu dürfen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Hohes Haus! Wir reden heute über einen ersten Schritt zu einer sozialen Absicherung von Künstlern im Alter. Aus diesem Anlass führen wir hier eine Diskussion, die zum Teil auch eine Kulturdiskussion ist. Aus diesem Anlass meldet sich unter anderem Frau Abgeordnete Burket zu Wort und findet es notwendig, auch ihr Verständnis von demokratischer Kultur hier offen zu legen, ihr Verständnis von demokratischer Kultur, das darin besteht, zu sagen, wenn sich jemand, wie etwa Mortier oder andere, kritisch mit der Politik in Österreich auseinander zu setzen wagt, dann müsse man ihm den Sessel vor die Tür stellen. Oder andersrum hat sie gesagt: Leute, die solchen Menschen den Sessel nicht vor die Tür stellen, sollten nicht über Kulturpolitik reden.

Frau Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie haben ein Kulturverständnis, das wir nur bekannt machen sollten, denn dann wäre klar, dass Sie für Kunst und Kultur gar keinen Sinn haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war überrascht, aber ich war zugleich auch glücklich, muss ich sagen, als sich Herr Abgeordneter Auer von der ÖVP gemeldet hat. Mich hat es gewundert, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch von der ÖVP, weil Sie eine Partei sind und gewesen sind, die immer für Kunst- und Kulturpolitik in diesem Lande gestanden ist. Es war nicht immer derselbe Kunst- und Kulturbegriff, den wir gehabt haben, aber es hat doch eine lange Tradition vieler ausgewiesener Politiker, auch der ÖVP, in Sachen der Kunst- und Kulturförderung in diesem Lande gegeben. Und ich hätte mich sehr gewundert, wenn niemand von Ihrer Fraktion heute hier das Wort ergriffen hätte. (Abgeordnete der ÖVP und der Freiheitlichen versammeln sich in den ersten Reihen und halten dort eine Besprechung ab. – Abg. Nürnberger: Die sollen rausgehen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Präsident! Darf ich Sie ersuchen, dafür Sorge zu tragen, dass Strategiebesprechungen nicht gerade in der ersten Reihe stattfinden. Es gibt ja auch im Foyer dieses Saales Möglichkeiten für Besprechungen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie sind an Ihrer Rede nicht gehindert. Setzen Sie bitte fort! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie auch ein merkwürdiges Verständnis von der Kultur in diesem Hause haben. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Hier finden Besprechungen der beiden Regierungsfraktionen statt, die natürlich die Rede und die Chance des Redners, gehört zu werden, beeinträchtigen. Sie finden das keiner Bemerkung wert. Ich nehme auch das zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 47

Hohes Haus! Ich möchte abschließend noch einmal sagen: Ich habe mich gefreut, dass Abgeordneter Auer hier klare Worte gesprochen hat (Abg. Schieder: Sie sollen rausgehen!), und ich denke, das entspricht auch der Linie seiner Partei.

Wir sind der Auffassung, dass die Investition in ein Musiktheater in Linz keine Verschwendung von Landesmitteln, sondern eine angemessene Investition in die Infrastruktur des Landes, in die kulturelle Infrastruktur dieses Landes, in die Chancen der Menschen in Linz ist, auch an der Kultur teilzuhaben.

Da wir das so sehen, erlaube ich mir, namens meiner Fraktion folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen betreffend die Förderung der Errichtung des Musiktheaters in Linz

Der Nationalrat möge beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht,

1. den Bau des neues Musiktheaters in Linz ausdrücklich zu befürworten,

2. sich auf politischem und medialem Wege für den Bau des Musiktheaters einzusetzen und

3. die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung von Bundesseite zu überprüfen.

*****

Wir unterstützen dieses Projekt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Jäger und Genossen, eingebracht von Abgeordnetem Dr. Einem, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.51

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Dr. Einem! Ich meine, dass die Position unserer Partei zur Frage des Musiktheaters durch Abgeordneten Auer eindeutig dargelegt worden ist. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Dem, was Kollege Jakob Auer hier bereits gesagt hat, gibt es nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP. – Die Abgeordneten der SPÖ versammeln sich vor der ersten Bankreihe.)

Wir stehen eindeutig zu diesem Musiktheater, das in Linz geplant und gebaut werden soll. Ich bin überzeugt davon, dass es gebaut werden wird, meine Damen und Herren!

Aber lassen Sie mich zum Thema zurückkommen. Ich habe diese heutige Diskussion verfolgt und meine, dass manche nicht verstanden haben, worum es bei diesem Gesetz im Grunde geht. Herr Dr. Wittmann, Sie müssten eigentlich wissen, worum es bei diesem Gesetz geht. Es geht darum, dass ein Schlussstrich unter eine lange Entwicklung der Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen und aller Berufsgruppen in die gesetzliche Sozialversicherung gezogen wird.

Wir haben einen Weg beschritten, begonnen mit Minister Hums, dann fortgesetzt von Ministerin Hostasch, wo wir gemeint haben, es sollte nicht so sein, dass bestimmte Berufsgruppen außerhalb der gesetzlichen Sozialversicherung sind und bleiben. Das hat begonnen – ich gebe zu, von manchen heftig kritisiert –, als es darum ging, die Werkvertragsregelung neu zu formu


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 48

lieren. Die Werkvertragsregelung hatte nur den Sinn, dass alle, die erwerbstätig sind oder Erwerbseinkommen haben, sozialversicherungspflichtig werden. Wir haben das im Jahre 1998 in Kraft gesetzt, wie Sie wissen.

Aber wir haben damals auch gesagt, gewisse Berufsgruppen sollten die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob sie in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen werden wollen oder nicht. Wir haben damals eine so genannte Phase des Opting-out festgelegt, und Sie wissen, dass eine ganze Reihe von Berufsgruppen gesagt hat, dass sie in die gesetzliche Sozialversicherung hinein wollen, zum Beispiel die Wirtschaftstreuhänder. Dazu gehörten damals auch die Apotheker und die Skilehrer. Ich möchte Ihnen jetzt nicht alle Berufsgruppen aufzählen. Dazu gehörten zum Beispiel auch die Nebenerwerbsbauern. Auch die Nebenerwerbsbauern sind damals mit einbezogen worden und leisten seit 1. Jänner 2000, wie Sie wissen, Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere in die Krankenversicherung, aber auch in die Pensionsversicherung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass diese grundsätzliche Überlegung richtig war.

Die Künstler haben eigentlich nie klar entschieden, ob sie aus der gesetzlichen Sozialversicherung heraußen sein oder in diese hinein wollen. Wenn man mit den Künstlerinnen und Künstlern geredet hat, war immer klar, dass sie eigentlich hinein wollen, damit sie auch einen Pensionsanspruch erhalten und krankenversichert sind, anstatt freiwillig krankenversichert zu sein. Es war aber dann auch ganz klar, meine Damen und Herren, dass die Künstlerinnen und Künstler uns gesagt haben, dass sie sich das nicht leisten können und die Sozialversicherungsbeiträge, die in die Krankenversicherung und Pensionsversicherung zu zahlen sind, nicht aus Eigenem tragen können.

Jetzt spreche ich Herrn Staatssekretär außer Dienst Dr. Wittmann an. Wir haben dann auch Gespräche darüber geführt, wie wir dieses Problem lösen können. Sie wissen – Sie haben mir das damals in persönlichen Gesprächen auch gesagt –, es fehlt einfach an den finanziellen Mitteln. Es stellte sich die Frage, wie wir das finanzieren können, dass die Künstler eben in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen werden. Wir haben damals gemeinsam einen Antrag eingebracht, wodurch die Frist verlängert wurde. Zunächst war die Fallfrist schon früher, aber dann kam die Fallfrist 31. Dezember 1999. Wir haben dann gemeinsam einen Antrag eingebracht und gesagt, wir verlängern diese Frist bis Ende dieses Jahres.

Ich möchte sagen, dass es wirklich dann Herr Staatssekretär Morak war, der eine Lösung gefunden hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Auch er war mit der Schwierigkeit konfrontiert, aus dem Budget, genauso wie es bei Ihnen der Fall war, Herr Dr. Wittmann, diese finanziellen Mittel nicht zu bekommen.

Ich meine, dass die Lösung, die jetzt gefunden wurde, eine gute Lösung ist. Wir haben festgelegt, dass für die Künstler, die in die gewerbliche Sozialversicherung einbezogen werden – natürlich nicht als gewerblich Selbständige, sondern unter dem Titel "Neue Selbständige" –, ein finanzieller Beitrag in der Größenordnung von 1 000 S geleistet wird.

Und wenn heute jemand gesagt hat, es sei eigentlich nicht ein Künstler-Sozialversicherungsgesetz, sondern ein Sozialversicherungsgesetz ... (Abg. Mag. Stoisits: Herr Präsident! Wie viel Prozent der Redezeit sind erschöpft?) Frau Abgeordnete Petrovic! Nein, ich habe mehr Zeit. Meine Redezeit ist nicht begrenzt. Ich habe so wie Sie, Frau Dr. Petrovic, eine längere Redezeit, und ich kann meine Redezeit so gestalten, wie ich will, und ich lasse sie mir auch nicht von Ihnen beschränken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stoisits: Eine Prozentangabe zu den 20 Minuten! – Zwischenrufe der Abg. Dr. Petrovic. )

Aber lassen Sie mich noch einen Satz dazu sagen, Frau Abgeordnete Petrovic. Die Situation ist so, dass nun die Künstler in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen werden. Allerdings bekommen sie eine finanzielle Unterstützung in der Größenordnung von 1 000 S, wobei klar ist, dass Künstler, die sich die Sozialversicherung selbst leisten können, diese 1 000 S natürlich nicht erhalten werden. Ich meine, dass es eine gute Lösung ist.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 49

Ich freue mich, dass eigentlich alle bei dieser Lösung mitgehen, ausgenommen die Grünen, und ich bedauere es, dass die Grünen nicht den Weg gefunden haben, hier mitzumachen. Ich schätze es, dass die SPÖ gesagt hat: Jawohl, das ist eine Lösung, zu der wir uns bekennen. In diesem Sinne, glaube ich, ist es ein wichtiger Schritt, der die Maßnahmen, die wir 1997 eingeleitet haben, nun zu einem vernünftigen Abschluss bringt. (Beifall bei der ÖVP.)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.59

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, ich ersuche Sie, sich das Protokoll der vorangegangenen Debatte kommen zu lassen und die Aussage, die Abgeordnete Lichtenberger hier wiedergegeben hat, dass Abgeordneter Haigermoser nämlich behauptet hätte, "Kurzform für Stalin Öllinger ist Stöllinger", auf ihre Ordnungsrufwürdigkeit hin zu überprüfen. – Danke. (Abg. Dr. Martin Graf: Der Öllinger ist kein Stalinist, sondern ein Marxist!)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie waren schon bei mir am Präsidium und haben mir das schon mitgeteilt, und ich habe Ihnen gleich zugesagt, dass ich das sofort in die Wege leiten werde.

Ich komme daher zur nächsten Wortmeldung, nämlich zu jener des Herrn Abgeordneten Dr. Khol. – Bitte.

12.00

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren, die Sie das Geschehen irgendwie weiterverfolgen können! Ich möchte in dieser Frage Transparenz in dieses Hohe Haus bringen (Beifall bei der ÖVP), denn was hat sich da jetzt abgespielt? Warum, meine Damen und Herren, huscht ein Klubsekretär eilfertig durch die Reihen der SPÖ? Warum? (Abg. Ing. Westenthaler: Wie von einer Tarantel gestochen!) "Wer reitet so schnell durch Nacht und Wind" – ja. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das war der Klubsekretär, der schnell einen Antrag vorbereitete, einen Antrag, der den einzigen Zweck hatte, einen Spalt zwischen die beiden Koalitionsparteinen hineinzubringen. Das war der einzige Zweck! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Oje-Rufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie oft gestern von der größeren Oppositionspartei gerügt wurde (Abg. Edlinger: Bitte, weinen Sie ein bisschen!), dass wir allenfalls durch den 63. Redner einen Antrag einbringen – bei 90 Rednern –, weil man da nicht genügend Zeit habe, den Antrag zu prüfen. Das würde dem § 53 der Geschäftsordnung widersprechen, Herr Kollege Kostelka, weil man nicht Zeit habe, sich ordentlich vorzubereiten und weil Anträge durch Ausschüsse vorbereitet werden müssen. (Abg. Silhavy: Zwischen politischer Willenskundgebung und parlamentarischer Behandlung ist ein Unterschied! – Abg. Edlinger: Drei Zeilen, Herr Khol! Drei Zeilen!)

Ich kann immer wieder nur sagen: Hier wird ganz einfach jeder Grundsatz, den man gestern vom anderen gefordert hat, heute, wenn es einem nützt, über Bord geworfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Gestern war die Opposition dem psychischen Zusammenbruch nahe, weil wir einen Abänderungsantrag einbrachten, für den sie drei Stunden Zeit hatte, ihn zu lesen. Heute hat der letzte Abgeordnete – hätten wir nicht den eilfertigen Klubsekretär huschen gesehen, wären wir unvorbereitet gewesen (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  – im letzten Satz einen Antrag eingebracht (Abg. Edlinger: Drei Zeilen, Herr Khol!), meine Damen und Herren, der mit der Künstler-Sozialversicherung aber schon überhaupt nichts, aber schon gar nichts zu tun hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in der Sache nicht über jene Frage äußern, die man hier instrumentalisieren wollte, um uns, die neue Regierung, im Abstimmungsverhalten zu spal


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 50

ten, denn das ist ausschließlich eine Sache der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher. (Abg. Dr. Wittmann: Haben Sie mit dem Abgeordneten Auer gesprochen? Der hat eine interessante Rede gehalten!) Wie sie sich entscheiden, ist ihre Angelegenheit. Das ist keine Bundesangelegenheit, das ist eine Landesangelegenheit. Wir haben hier Argumente für beide Seiten gehört. Die Wählerinnen und Wähler mögen entscheiden, und wir sollen das respektieren, wie sie entscheiden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bringe daher einen Entschließungsantrag ein (Abg. Edler: So spät?), der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler betreffend das Ergebnis der Volksbefragung zum Musiktheater in Linz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, das Ergebnis der Volksbefragung zum Musiktheater in Linz zu respektieren.

*****

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Lebhafte ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ich würde mich freuen, wenn auch Sie die Volksbefragung respektieren würden, denn Ihre Einstellung zur Volksbefragung war ja nicht immer eine reine Freude. (Abg. Dr. Wittmann: Nehmen Sie sich ein Beispiel am Abgeordneten Auer!) Als es darum ging, dass wir auf Bundesebene eine Volksbefragung zu lebenswichtigen Fragen der Weiterentwicklung der Europäischen Union vorgeschlagen haben, da haben Ihre Cheflegisten sich aller Tricks und Mittel bedient, um uns zu sagen: Ha, ha! Verfassungswidrig ist es, rechtswidrig ist es, es schadet! Und das Volk? – Was weiß denn das Volk dazu!

Meine Damen und Herren! Das, was ich den Sozialdemokraten hier vorwerfe, ist dieser Kurs: einmal so und dann am anderen Tag wieder anders. Einmal sind Sie für die Volksbefragung, dann sind Sie sogar für eine Volksabstimmung zu Finanzgesetzen, wo Ihre eigenen Leute, wo Ihr Präsident Fischer – nein, stellvertretender Parteivorsitzender war er damals – festgestellt hatte, er wolle eine Volksabstimmung zu bundesfinanzgesetzlichen Regelungen, jener Fischer, der Jahrzehnte hindurch immer gegen jede Volksabstimmung eingetreten ist. Gegen jede Volksabstimmung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Ja, so ist es!)

Ein Kollege hat gestern etwas sehr Richtiges gesagt. Ich möchte das betonen, Herr Kollege Kostelka – Ihr Parteiobmann ist ja bei wichtigen Fragen nie im Haus, daher wende ich mich an Sie –, und würde schon anregen: Passen Sie auf, wahren Sie den Ruf der Sozialdemokratie, denn sie könnte zu einer linkspopulistischen Partei degenerieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Ein linkspopulistisches Musiktheater!)

Es ist daher wichtig, dass die Regierungsmehrheit wieder einmal den richtigen Weg weist. Direkte Demokratie ist auf jeder Ebene wichtig, und wir sind auf jeder Ebene dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 51

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Nürnberger  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Westenthaler –: Nur sitzen kann er! – Abg. Edlinger: Sitz!)

12.06

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist ja wirklich ganz lustig, was sich da abgespielt hätte. Wahrscheinlich wäre uns gar nicht aufgefallen, was da passiert, wenn nicht der arme Klubsekretär hier beim Herrn Kollegen Kostelka, der plötzlich diese zündende Idee gehabt hat, dem ein Licht aufgegangen ist, so aufgeschreckt gewesen wäre, dass es ihn fast aufgeblattelt hätte. Und da ich beim Aufblatteln besonders sensibel bin (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), habe ich gleich gesehen, was da geschieht. Der "arme" Klubsekretär ist in einer wirklich verräterischen Art und Weise über sich selbst gestolpert, und jetzt stolpert die SPÖ bei diesem Antrag über sich selbst. Und das ist das Interessante, was da passiert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber das eigentlich Schöne an diesem Politschauspiel, das wir hier seitens der SPÖ erleben, ist ja, dass sie sich innerhalb nur weniger Stunden derart entlarvt hat und wieder einmal ihre doppelbödige Politik unter Beweis gestellt hat, für die sie am 3. Oktober abgewählt worden ist. (Abg. Edlinger: Die zwei, Westenthaler und Khol, passen so klass zusammen!) Sie liefern ein unglaubliches Schauspiel, wie schnell Sie Ihre Meinungen ändern. Zickzack! Zickzack! Ich sage Ihnen, ein Weltcupriesentorlauf ist eine gerade Linie gegen Ihre Politik, wenn man das in Vergleich setzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Wuff! Wuff! Westenthaler, sitz!)

Meine Damen und Herren! Gestern noch gab es hier die Abstimmung: Wir brauchen eine Volksentscheidung über das Budget. Die Bevölkerung muss unbedingt mitstimmen. Das ist uns wichtig. Sogar der Verteidiger der repräsentativen Demokratie und Ablehner der direkten Demokratie Fischer setzt sich plötzlich für eine Volksentscheidung ein, und nur wenige Stunden danach erleben wir hier alle live – mit Publikum und, wie ich hoffe, auch mit Medien –, wie die SPÖ 48 Stunden vor einer Volksentscheidung einen Antrag einbringt (Abg. Nürnberger: Sitz! Sitz!), mit dem sie selbst das Ergebnis schon vorwegnehmen will. Ihnen ist völlig Wurscht, wie die Bevölkerung denkt, Sie wollen nur Ihre Parteipolitik durchsetzen. Sie verachten die Meinung der Bevölkerung. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Der Auer sieht das nicht so!)

Ich bin wirklich froh, denn 24 Stunden nach Ihrem Antrag auf Volksentscheidung bringen Sie einen Antrag ein, in dem Sie das Ergebnis einer Volksentscheidung, die in 48 Stunden stattfinden soll, vorwegnehmen. Das Ganze eine Woche vor der Landtagswahl im Burgenland. Ich hoffe, dass die Burgenländerinnen und Burgenländer zumindest einen Bruchteil Ihrer heutigen Blamage mitbekommen und merken, dass Sie überhaupt nicht glaubwürdig sind und dass Sie in Wirklichkeit die Bürger nicht ernst nehmen und überhaupt nicht ernst nehmen wollen.

Herr Kollege Kostelka, einmal mehr gilt das Sprichwort: Wer anderen eine Grube fällt (lebhafte Heiterkeit – Abg. Edlinger: Na das war ein freudscher Versprecher!), gräbt, fällt selbst hinein! Herr Kollege Kostelka! Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Heute macht es über das Haus hinaus, quer durch ganz Österreich in dieser Grube für Sie ganz laut "platsch"! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Sitz! Wuff!) Er hat es wieder einmal versucht, und er ist wieder einmal gescheitert, der glücklose Herr Kostelka. Deswegen ist er ja auch nur mehr der zweite Klubobmann, weil solche Aktionen immer schief gehen.

Aber ein ernstes Wort zum Ende, und das ist schon entscheidend. Heute hat sich gezeigt: Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ und ihre Abgeordneten, wir sind Demokraten und akzeptieren Volksentscheidungen. Sie haben sich heute bis auf die Knochen blamiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 52

12.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz gemeldet. (Oje-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.10

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Klubobmann Westenthaler! Es ist halt ein Kreuz mit den Sprichwörtern. "Wer anderen eine Grube fällt, gräbt selbst hinein!" (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Na gut. Wahrscheinlich wassert der Krug so lange zum Brechen, bis er brunnt. (Neuerliche lebhafte Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Und das in einer Kulturdebatte!)

Herr Kollege Westenthaler! Verschonen Sie die deutsche Sprache! Sie ist wehrlos, sie ist hilflos, aber sie ist ein wertvolles Kulturgut, und sie verdient es nicht, von Kollegen Westenthaler benützt zu werden. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Zweiten – Herr Präsident, ich schwöre, dass ich in diesem Zusammenhang alle Tierlaute vermeiden werde (neuerliche Heiterkeit – Abg. Dr. Pumberger: Wer anderen eine Grube gräbt, hat Gold im Mund!)  –: Es geht nicht um direkte Demokratie, es geht schlicht und einfach um eine Frage, die die Österreichische Volkspartei beantworten muss, aber vielleicht nicht kann, nämlich: Wenn sie schon nicht in der Lage ist, sich gegen ihren Koalitionspartner für rechtsstaatliche Prinzipien einzusetzen, für schonungslose Aufklärung einzusetzen, für faire Verfahren einzusetzen, für die Integrität von Beamten einzusetzen (Widerspruch bei der ÖVP), dann sollte sie sich doch wenigstens für ein Musiktheater einsetzen können; für ein Musiktheater, meine Damen und Herren von der ÖVP. Ist das Koalition-neu, dass eine ehemalige Kulturpartei nicht einmal mehr im Parlament offen sagen kann: Ja, wir sind für ein Musiktheater!? (Lebhafte Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ, da der Redner mit schüchtern-weinerlicher Stimme spricht.)

Welche freiheitliche Sanktion droht auf ein ÖVP-Bekenntnis zu einem Musiktheater? – Heißt das freier Abgeordneter oder freie Abgeordnete, dass man zum Musiktheater nur mehr "Volksbefragung" sagen darf und keine eigene Meinung mehr haben kann?

Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir eine Kulturdebatte führen. Die größte Unkultur in dieser Republik und in diesem Haus am heutigen Tag ist es wahrscheinlich, dass sich kein Mandatar und keine Mandatarin der Österreichischen Volkspartei mehr zu einem Musiktheater bekennen kann. (Abg. Nürnberger: Der Auer schon! Der Auer steht dazu! Der Auer ist klass! Der Auer ist super!)

Wie gesagt: Der Westenthaler geht bekanntlich so lange zum Khol, bis er bricht. Und irgendwann werden wir das noch erleben. – Ich danke Ihnen. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

12.13

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Kollege Westenthaler! Ich verstehe schon, dass man in dieser Situation nervös wird und sich verspricht, weil das, was hier in wenigen Minuten geschehen wird, ja nicht sehr einfach zu erklären ist. Meine Damen und Herren, Ihr Stimmverhalten in den nächsten Minuten – das muss man sich vergegenwärtigen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie werden, da bin ich sicher, in den nächsten Minuten unseren Entschließungsantrag ablehnen. Sie lehnen damit Folgendes ab: erstens ein klares Bekenntnis zum Musiktheater. Sie bekennen nicht, ob Sie für Kultur sind oder nicht. Das ist im Grunde genommen die erste Aussage, die Sie machen, und die Kulturschaffenden werden das zu würdigen wissen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie lehnen sogar die Aussage ab, dass es eine politische Tugend ist, sich als Politiker in einer solchen Auseinandersetzung zu deklarieren. Meine Damen und Herren, was vorhin gesagt


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 53

wurde, stimmt schon: Zum Musiktheater darf nur mehr "Volksbefragung" gesagt werden. Das ist Ihr kulturelles Selbstverständnis, aber auch Ihr demokratiepolitisches. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Eines, meine Damen und Herren, wird die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher in ihrer direktdemokratischen Entscheidung am Sonntag ganz besonders interessieren, nämlich Ihr deklariertes Nein zu einer finanziellen Unterstützung für dieses Musiktheater von Bundesseite. Diese lehnen Sie in diesem Zusammenhang auch ab.

Meine Damen und Herren! Sie deklarieren damit letztendlich, was jetzt auch beschlossen werden soll: 1 000 S als Almosen – ja; auf der anderen Seite: Schaffung von entsprechenden Möglichkeiten, Kultur auszuüben – nein.

Wir haben Ihnen genau zugehört. Vom Herrn Bürgermeister Auer, der gewohnt ist, Verantwortung zu tragen, bis zum Herrn Klubobmann Khol hat sich ein Bekenntnis zum Musiktheater, wie es von Kollegen Auer zum Ausdruck gebracht wurde, verniedlicht zu dem, was in einer Demokratie selbstverständlich ist, nämlich zu einem Bekenntnis zum Ergebnis einer Volksbefragung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie stehen Sie zur Demokratie, und zwar zur direkten Demokratie?)

Meine Damen und Herren! Mir tut in diesem Zusammenhang nur einer Leid: der "Linkspopulist" und oberösterreichische Landeshauptmann, der mit Beschluss von Ihnen daran erinnert werden muss, dass eine entsprechende Entscheidung der Bevölkerung auch ernst zu nehmen ist. So weit haben Sie es gebracht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.17

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kostelka, dieser politische Zappelphilipp, den Sie da gespielt haben, ist durchschaut. (Abg. Mag. Kogler: Ist das zur Kulturdebatte, Haigermoser?) Nein, ich habe mich auch deswegen zu Wort gemeldet, weil mich das Hohngelächter getroffen hat, Hohngelächter nicht gegen die Regierungsparteien, sondern als es darum ging, sich für einen Volksentscheid, für den Bürgerwillen einzusetzen, meine Damen und Herren. (Abg. Edlinger: Und deswegen haben Sie gestern dagegen gestimmt, Kollege Haigermoser!) Das ist eine der traurigsten Minuten, die ich jetzt nach 17 Jahren im Parlament hier erleben musste. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn nämlich Ihr Vizekapo Dr. Fischer vor wenigen Tagen, vor wenigen Stunden noch eingemahnt hat, Volksentscheide in Sachen Steuern durchzuführen, und Sie dann im gleichen Atemzug, wenn es darum geht, einen Volksentscheid in Oberösterreich, in einem Bundesland anzuerkennen, in Hohngelächter ausbrechen, dann wage ich zu behaupten, dass Sie keine Demokraten sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Weil es eine Selbstverständlichkeit sein muss! Eine Selbstverständlichkeit!)

Das Theater, das Sie heute aufgeführt haben, nahtlos anschließend an die Champagnerreisen Ihres Parteivorsitzenden, der wieder einmal vermeint hat, sich mit verschmitztem Lächeln über seine Vernaderungsreisen in Gesamteuropa hinwegturnen zu können, hat mich nachdenklich gemacht. (Abg. Dr. Petrovic  – dem Redner ein Taschentuch aufs Rednerpult legend –: Weil es so traurig ist!) Uns ist auch klar geworden, dass die vereinigte Linke, bestehend aus Grünen und Sozialdemokraten – Khol hat es richtig angesprochen; passen Sie auf, dass Sie nicht zu einer Sektierergruppe werden (Abg. Dr.  Gusenbauer: So wie der Pühringer!)  –, eigentlich das Unvermögen leitet, anzuerkennen, dass eine demokratische Regierung in diesem Lande, demokratisch gewählt, Weichenstellungen vornimmt, die keine linken mehr sind, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 54

Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, so erkennt man, er geht eindeutig in die Richtung, Volksentscheide zu negieren. Vor der sonntäglichen Entscheidung sagen Sie, die Bundesregierung wird ersucht, den Bau des neuen Musiktheaters in Linz ausdrücklich zu befürworten (Abg. Dr. Khol: Ja, das ist ihnen völlig egal, was der Bürger sagt!), Wurscht, was die Österreicher sagen, egal, was die Bürger sagen, egal, was der mündige Bürger in der Wahlzelle entscheidet. So, wie Sie die Ergebnisse der Nationalratswahlen nicht anerkannt haben, wollen Sie das heute auch beim oberösterreichischen Ergebnis nicht tun, meine Damen und Herren. Und das ist undemokratisch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe es schon einmal formuliert: Als ich Gelegenheit hatte, mit der Sozialdemokratischen Partei als damaliger Koalitionsabgeordneter hier in diesem Hause sein zu dürfen – noch etwas jünger damals, vielleicht weniger erfahren –, haben Sie sich noch Sozialistische Partei genannt und waren Sozialdemokraten; heute nennen Sie sich Sozialdemokraten und sind Sozialisten schlimmsten Zustandes, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

Ich darf Ihnen zum Abschluss – auch an die Grünen gewandt, insbesondere an Herrn Pilz und seine Konsorten – mit Arthur Schnitzler antworten, meine Damen und Herren: Wenn der Haß feige wird, geht er maskiert in Gesellschaft und nennt sich Gerechtigkeit. – Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Herr Präsident! "Konsorten"! – Abg. Dr. Fischer: Ins Stammbuch, aber mit Orthographiefehler!)

12.20


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete Moser, seien Sie so lieb und beachten Sie § 58 Abs. 2 GOG: Beginnen Sie mit der Wiedergabe des zu berichtigenden Sachverhaltes!

12.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haigermoser hat in seinen Ausführungen dargelegt, dass es sich im Zusammenhang mit dem Musiktheater in Oberösterreich um eine Volksentscheidung handle.

Ich berichtige tatsächlich: In Oberösterreich gibt es am Sonntag eine Volksbefragung, und diese Volksbefragung hat auf Grund der oberösterreichischen Rechtsverhältnisse keinerlei politisch verbindlich-rechtliche Relevanz. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Martin Graf: Das ist eine tatsächliche Berichtigung? – Abg. Mag. Schweitzer: Mein Gott, ist das peinlich!) Sie hat eine politische Gewichtung, aber sie ist rechtlich im Land Oberösterreich nicht von Belang. Das sei nur ganz klipp und klar in den Raum gestellt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Peinlich! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einem zweiten Redebeitrag hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Anmerkung zu der etwas heuchlerischen Wortmeldung von Herrn Kollegen Haigermoser. (Abg. Böhacker: "Heuchlerisch", aha!)

Im Zusammenhang mit dem Thema "Volksabstimmung" erinnere ich Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daran, dass wir eine Volksabstimmung zum Thema EU-Beitritt hatten, und sie wurde auch in diesem Haus nachvollzogen und akzeptiert. (Abg. Mag. Schweitzer: Nachvollzogen, aber nicht vorvollzogen!)  – Das Problem, Herr Kollege Schweitzer, ist, dass es im Burgenland Politiker der Freiheitlichen gibt, die über ein Volksbegehren den Austritt aus der EU verlangen. (Abg. Dr. Martin Graf: Ist das verboten?)  – So viel zum Thema Akzeptanz von Volksabstimmungen. (Beifall bei den Grünen.)

12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.22

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Haigermoser hat hier von dieser Stelle aus unrichtigerweise behauptet, dass die österreichische Bundesregierung demokratisch gewählt wurde.

Ich berichtige ihn dahin gehend, dass laut österreichischer Verfassung nicht die Bundesregierung, sondern der Nationalrat gewählt wird, Herr Abgeordneter Haigermoser! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Danke! – Abg. Mag. Schweitzer: Aber geh! – Abg. Haigermoser  – in Richtung des Abg. Gradwohl –: Wärst du doch Agrarsprecher geblieben!)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz samt Titel und Eingang in 356 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Öllinger und Genossen betreffend umfassendes Künstlersozialversicherungs-Modell.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jäger und Genossen betreffend die Förderung und Errichtung des Musiktheaters in Linz.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja"  – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein"  – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, ihren Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag der Abgeordneten Jäger und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 56

Ich bitte nun Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird ihn später dabei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Schweitzer und Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne. – Lebhafte Zwischenrufe begleiten das Abstimmungsverhalten von Abgeordneten der ÖVP. – Die Abgeordneten Großruck und Mag. Kukacka halten bei ihrem Urnengang ein gelbes Spruchband mit dem Aufdruck "www.jazummusiktheater.at" in die Höhe.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 12.31 Uhr unterbrochen und um 12.36 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 166, davon: 67 "Ja" - Stimmen und 99 "Nein" - Stimmen.

Der Antrag der Abgeordneten Jäger und Genossen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Hannes, Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gartlehner, Gaßner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Leikam, Lichtenberger;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 57

Schasching, Schieder, Schwemlein, Silhavy;

Van der Bellen;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Hetzl, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Loos;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Scheuch, Schoettel-Delacher, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Stadler, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler und Genossen betreffend das Ergebnis der Volksbefragung zum Musiktheater in Linz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. (Lebhafte Ah- und Oh-Rufe bei den Freiheitlichen über das zeitlich etwas verzögerte Abstimmungsverhalten der SPÖ.)  – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein! – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 44.) (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Das ist das Misstrauen ...! ... Misstrauensantrag gegen die Regierung! – Weitere lebhafte Zwischenrufe. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 58

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz und das Kunstförderungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 313 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Denn sie wissen nicht, was sie tun! – Abg. Edlinger: Sitz!)  – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

Bevor wir in der Tagesordnung fortsetzen, erteile ich Herrn Abgeordnetem Haigermoser einen Ordnungsruf.

Herr Abgeordneter, Sie haben in der Debatte einen Zwischenruf gemacht und haben dabei gesagt: "Die Kurzform für ,Stalin und Öllinger‘ ist ,Stöllinger‘." (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)  – Dafür erhalten Sie einen Ordnungsruf.

2. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 304/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird (380 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 303/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird (381 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (382 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.39

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es war schon bemerkenswert, und das ist etwas Neues in der österreichischen Innenpolitik: Da stellen sich ÖVP-Politiker hin und werben mit der einen Hand mit einem Transparent für ein bestimmtes Projekt – und zeitgleich stimmen diese ÖVP-Politiker mit der anderen Hand gegen dieses Projekt. Dieses Bild, meine Damen und Herren von der ÖVP, wird sich die österreichische Öffentlichkeit sehr, sehr gut einprägen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Zuchtmeister Khol!)

Aber es war auch noch etwas anderes in der Hitze dieses Kulturgefechtes sehr interessant: Herr Kollege Pumberger hat gemeint, alle Bürger müssten große Opfer bringen. Herr Kollege!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 59

Gestern hat sich das bei der Debatte zu den Budgetbegleitgesetzen ganz anders angehört. Aber es ist halt so: Wenn Sie Ihre Stehsätze vergessen, wenn Sie Ihre Contenance verlieren, dann kommt die Wahrheit ans Tageslicht.

Meine Damen und Herren! Betreffend Opfer: Welche Opfer muss eigentlich der Bürger Michael Schmid bringen? – Der Fall Schmid spielt heute eine große Rolle in den Tageszeitungen. (Der Redner hält eine Ausgabe der "Kleinen Zeitung" in die Höhe.) "Wegen Ministerpension: Schmid vor Parteigericht". Der Fall Schmid im doppelten Sinn. Er selbst sagt im Kleingedruckten, er habe "alles ins Verdienen zu bringen, was möglich ist." (Abg. Rosemarie Bauer: Wie war das bei Vranitzky?)

Meine Damen und Herren! Ich kündige vorweg an, die SPÖ wird den Pensionsbeitragserhöhungen zustimmen. Mitstimmen ändert aber nichts daran, dass wir es für frivol halten, für neun Monate Amtszeit eine Ministerpension zu kassieren, wenn auf der anderen Seite eine gigantische Belastungswelle auf die ältere Generation zukommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Bei einer 3-prozentigen Preissteigerung, bei extremen Steuer- und Gebührenerhöhungen wird von Ihnen ein lächerlicher Ausgleich geboten. Was sagte eigentlich der ÖVP-Obmann des Österreichischen Seniorenbundes, Herr Knafl, gestern dazu?

"Knafl unmißverständlich: ‚Wir werden diese Diskriminierung gegenüber den österreichischen Senioren nicht hinnehmen und nötigenfalls auch den Weg zum Verfassungsgerichtshof nicht scheuen!‘" – Das sagte Herr Knafl, Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes.

Meine Damen und Herren! Es ist ganz klar, was Sie mit dem heutigen Beschluss bewirken wollen. Das ist ein Ablenkungsmanöver. Sie wollen sagen: Schaut her, wir sparen auch bei uns. – Aber das ist längst durchschaut. Und morgen werden die Zeitungsleser und die Kommentatoren sich fragen: Wovon will denn die Bundesregierung heute ablenken? Ist es die Belastung der kleinen und mittleren Einkommen? Will die Regierung von der Kürzung der Arbeitslosengelder ablenken? Oder von der Einführung der Ambulanzgebühren? Will die Bundesregierung vom Schulgeld, von den Studiengebühren ablenken? Will die Bundesregierung gerade heute von den allgemeinen Steuer- und Gebührenerhöhungen ablenken? Wovon will die Bundesregierung mit diesem billigen Manöver ablenken? Etwa von der Verschleuderung österreichischen Grund und Bodens? Oder will sie von der Auslieferung von 106 000 Familien in die Schutzlosigkeit im Wohnbereich ablenken?

Meine Damen und Herren! Werden sich die Leser morgen fragen: Will diese Bundesregierung vom Telekom-Debakel ablenken? Oder vom tollpatschigen Vorgehen bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen? – Das, meine Damen und Herren, war das Gesellenstück des Herrn Ministers Michael Schmid.

Was hat eigentlich Minister Schmid in neun Monaten geleistet? Oder – besser gesagt – was hat er sich geleistet? – Er hat erstens viele wichtige Verkehrsprojekte zu Fall gebracht. Er hat weiters, total überfordert, mit Kraftausdrücken das Amt herabgewürdigt, und er hat dieses Mega-Debakel bei den UMTS-Lizenzen zu verantworten. Das ist ein Milliardenschaden für die österreichische Bevölkerung! Das war das Gesellenstück von Minister Schmid. Und was ist sein Meisterstück, meine Damen und Herren? – Die sofortige Optionserklärung für die alte Ministerpension, gleich nach Amtsantritt.

Meine Damen und Herren auf der Zuschauergalerie! 125 000 S zusätzlich zu den 49 000 S Pension als Landesrat! Was hat denn Dr. Haider in solchen Fällen immer gemeint? – 1998 hielt Jörg Haider fest:

"Ich habe klar gemacht, dass es" – passen Sie auf, Kollegen von der FPÖ! – "für freiheitliche Politiker keine Optionsmöglichkeit gibt."

Haider meinte: "Es wird keinen freiheitlichen Politiker geben, der auch nur einen Schilling an Begünstigung durch das alte Pensionssystem kassieren wird. Sonst ist er nicht mehr bei uns."


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 60

Meine Damen und Herren! Viele erinnern sich hier mit Schaudern an Herrn Klubobmann Mag. Stadler. Ihm war es vorbehalten, die demokratische Kultur in diesem Haus ein beträchtliches Stück nach unten zu bringen. Was hat denn eigentlich Herr Stadler immer zu Politikerpensionen gemeint? – Er hat doch von einer "ehrenwerten Gesellschaft" von Rot und Schwarz im Parlament gesprochen, die sich das Geld der Pensionisten in die Taschen stopft, und die kleinen Rentner müssen für die bezahlten Bonzen herhalten. Begeistert hat Kollegin Haller immer wieder zu diesen Tiraden applaudiert. Es ist geradezu ein Treppenwitz, meine Damen und Herren, dass ausgerechnet dieser Herr Mag. Stadler für das alte System optiert hat, so wie unter anderen beispielsweise auch Frau Kollegin Haller.

Wie hat doch Dr. Haider gemeint? – "Es wird keinen freiheitlichen Politiker geben, der auch nur einen Schilling an Begünstigung durch das alte Pensionssystem kassieren wird. Sonst ist er nicht mehr bei uns."

Meine Damen und Herren! Wenn man so liest, dann wird Herr Stadler jetzt Chefverdreher im Spitzelskandal der FPÖ. Also das ist eine Doppelbödigkeit, die durch nichts zu überbieten ist!

Meine Damen und Herren! Dipl.-Ing. Schmid befindet sich als Pensionist in der Steiermark natürlich in bester Gesellschaft mit seinem alten Kameraden Alexander Götz, dem Ehrenobmann der FPÖ. Durch welche zwei Umstände ist Herr Götz so berühmt und so berüchtigt geworden? – Das ist zum einen die Grazer Messe, die Messeskandale, die Vetternwirtschaft und der Kartenbetrug, und Herr Götz ist zum anderen deswegen so berühmt und berüchtigt, weil er die Republik Österreich, den Steuerzahler, den "kleinen Mann" in diesem Land, auf Politiker-Pensionsnachzahlungen verklagt hat. Er konnte sich vor kurzem die Hände reiben, er hat ein großartiges Ergebnis erzielt, aber er will mehr.

Meine Damen und Herren! Ich zitiere aus der "Kleinen Zeitung" vom 9. September 2000:

"Pensions-Millionäre. Drei wollen noch mehr. Ausgerechnet jene drei Pensions-Millionäre, die den Löwenanteil der 21-Millionen-Zahlung eingesackt haben, wollen nun noch zehn Millionen herausschlagen: Ex-Stadtrat Scherer, Altbürgermeister Götz und Vize Stöffler. Und so wurden die rund 21 Millionen S ausgezahlt:

Karl Ludwig Scherer (VP): rund 8,6 Millionen Schilling

Alexander Götz (FP): rund 7,7 Millionen Schilling

Josef Stöffler (VP): 2,3 Millionen Schilling". –

Alles eingesackt.

Meine Damen und Herren! Aber das ist nicht alles. Ich bitte Sie alle sehr um Aufmerksamkeit. Im Raum steht noch eine andere Variante. Man kann ja mit den Herren reden, dass ab sofort eine Pensionserhöhung herausschaut: für Herrn Scherer von der ÖVP um 54 000 S, für Herrn Götz von der FPÖ um 44 000 S, für Herrn Stöffler von der ÖVP zusätzlich 19 000 S zu der bisherigen Politikerpension.

Meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der man Mindestrentnern, die Probleme haben, ihre Heizkosten zu berappen, zumutet, dass sie unter der Inflationsrate abgespeist werden, verlangen diese Herrschaften aber diese Gelder – das ist schlichtweg ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Was, meine Damen und Herren, hat die FPÖ in den letzten Jahren versprochen? – Steuersenkungen, Schluss mit der Freunderlwirtschaft (Zwischenruf des Abg. Jung ), weg mit den Politikerprivilegien. Es gibt Steuererhöhungen in erdrückendem Ausmaß, Freunderlwirtschaft bis hin zum Justizminister und Politikerprivilegien, meine Damen und Herren. Es gibt Politikerpensionskassierer bei Ihnen, Herr Westenthaler, wohin man schaut: von Haller bis Ofner, von Stadler bis Haupt und von Götz bis Haider.

Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, predigen Wasser und trinken Wein. Und die Zeche für diesen Wein werden Sie bei den nächsten beiden Wahlgängen zu bezahlen haben. Das


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 61

versichere ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Kein Satz zum Thema! – Abg. Mag. Trattner: Der Applaus ist dünn! – Abg. Ing. Westenthaler: Der Edlinger kann nicht klatschen mit Millionenpensionen! Er hat so schwere Taschen! – Abg. Dr. Khol: Der größte Politikerpensionär dieses Landes heißt Vranitzky!)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Edlinger und Ing. Westenthaler. )

12.48

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gestern hier im Hohen Haus nach stundenlanger Diskussion das Budgetbegleitgesetz 2001 beschlossen, die Basis dafür, dass wir in den nächsten Jahren einen Sparkurs fahren, dass wir Schluss machen mit den Jahren der Schuldenpolitik.

Die Akzeptanz in der Bevölkerung für diesen Kurs ist zweifellos nur dadurch gegeben, dass sie damit verbunden ist, dass die Mehrheit den sicheren Eindruck hat, es zahlt sich aus, es hat einen Sinn und es wird auch "da oben" gespart, Herr Kollege Wittmann. Sparen, sparen bei Parteien, in der Politik, bei der Gesetzgebung, bei der Verwaltung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann. )  – Ich komme schon darauf zurück, keine Sorge, Herr Kollege! Ich werde auf Ihre Glaubwürdigkeit noch zurückkommen, Herr Kollege Wittmann! (Abg. Dr. Wittmann: Ich bin im neuen System!) Ihre Glaubwürdigkeit steht nämlich auch zur Diskussion.

Meine Damen und Herren! Diese drei Gesetzesinitiativen, die wir jetzt debattieren, haben genau diese Zielsetzung: dass wir dort einsparen, wo der kleine Staatsbürger sagt, die "da oben". (Abg. Dr. Mertel: Staatssekretär-Amnesie!)

Wir sparen dadurch ein, meine Damen und Herren, dass wir die Pensionsbeiträge für Politiker, in dem Fall für Bundespolitiker, auf rund ein Viertel des Einkommens erhöhen. Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns ruhig sagen: Es gibt keine Bevölkerungsgruppe, die ein Viertel ihres Einkommens nur für ihre Pension bezahlt. Es gibt keine andere Bevölkerungsgruppe. (Abg. Öllinger: Mir kommen die Tränen!) Damit werden 20 Millionen Schilling mehr eingebracht, ohne dass die Pensionen deshalb höher werden. – Erste Maßnahme.

Zweite Maßnahme: Wir kürzen, so glaube ich, zu Recht jene Zuwendungen und Förderungen, die heute die politischen Akademien bekommen. Einsparung pro Jahr: 5 Millionen Schilling.

Wir kürzen gemäß Parteiengesetz die Zuwendungen. Wir kürzen sie in dem Sinne, dass wir sagen, das, was sich durch das Ausscheiden des Liberalen Forums oder auch durch das Nichtvorhandensein der DU-Bewegung im Parlament mehr an Geld zur Verteilung an die anderen Fraktionen ergeben hätte, wird nicht aufgeteilt, sondern diese 9 Millionen Schilling werden einspart.

Wir werden bei der Budgetdebatte auch ein Sparbudget für dieses Haus beschließen. Ich weiß schon, dem Herrn Präsidenten hat das nicht gefallen. 25 Millionen Schilling weniger für die Bundesgesetzgebung! Das lässt sich einsparen, es gibt auch da Sparpotentiale, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Insgesamt ein Sparpaket von 100 Millionen Schilling – das erwartet der Bürger, meine Damen und Herren! 100 Millionen als Sparpaket im Bereich der Verwaltung. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber lassen Sie mich eines sagen, da ja heute auch das Bezügegesetz zur Diskussion steht. Herr Präsident! Ich bin jetzt in meiner Wortwahl sehr vorsichtig. Ich bin seit 20 Jahren im Parlament und habe noch nie einen Ordnungsruf kassiert. Ich werde auch heute keinen kassieren, obwohl ich Ausdrücke wie "Scheinheiligkeit" und "Verlogenheit" verwenden werde. Aber ich werde diese Ausdrücke nicht auf Personen beziehen, sondern auf Verhaltensweisen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 62

Ich halte jene Verhaltensweise für verlogen, scheinheilig und unglaubwürdig, nämlich hier vor drei Jahren ein Bezügebegrenzungsgesetz zu beschließen, das Pensionen begrenzt, Bezüge kürzt, Beiträge erhöht, und wenn dann jemand Leistungen beantragt, mit dem Finger auf ihn zu zeigen und "pfui" zu sagen. Das ist unglaubwürdig, das ist scheinheilig, und es ist der Würde dieses Hauses nicht angepasst, Herr Kollege Wittmann! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sage ich vor allem zu jenen, die vor drei Jahren dieses Gesetz in einem Vier-Parteien-Antrag eingebracht und beschlossen haben und die selbst in einigen Jahren Nutznießer sein werden. (Abg. Dr. Wittmann: Nein!) Ich nenne jetzt keine Namen, aber es hat gestern hier am Rednerpult von Ihrer Fraktion Redner gegeben, die das kritisiert haben, was sie vor drei Jahren beschlossen haben und was sie selbst in Anspruch nehmen werden. Das ist eine Verhaltensweise, die ich für scheinheilig, unglaubwürdig und verlogen halte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten uns dazu bekennen, dass wir, wenn wir etwas beschließen, dann auch nicht mit den Fingern auf jene zeigen, die auf Grund geltender Gesetze Leistungen in Anspruch nehmen.

Eines sage ich gerne, Herr Kollege Wittmann: Ich bin sofort dazu bereit, auf meine beantragte Pension zu verzichten, wenn ich das zurückbekomme, was ich 20 Jahre lang an Beiträgen und Zwangsabgaben eingezahlt habe. Ich bin gerne dazu bereit.

Aber ich glaube, wir sollten wissen, was wir tun: Entweder beschließen wir etwas nach bestem Wissen und Gewissen und halten uns daran, oder wir verändern es. Ich bin gerne dazu bereit, auf die Pension zu verzichten, wenn ich das Geld zurückbekomme, das ich 20 Jahre lang an Beiträgen, Abgaben und Steuern bezahlt habe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich knüpfe gleich dort an, wo Kollege Stummvoll aufgehört hat: bei scheinheiligen, verlogenen und populistischen Verhaltensweisen. Darf ich Ihnen ein Zitat bringen? – Es ist nicht von Ihnen. Aber von Ihnen kommt auch noch eines.

"Warum hat ein Minister nach vier Jahren bereits einen Pensionsanspruch in der Tasche? Jene Minister, die diese Regierungsvorlage" – für Politikerbezüge! – "beschlossen haben, sind dieselben, die hier im Parlament verlangen, dass die Pensionsanwartschaften erhöht werden müssen, etwa für Frauen, damit sie nicht zu früh in Pension geschickt werden." – Zitatende, Jörg Haider hier im Plenum, und zwar am 9. Juli 1996.

Es sind aber jene Minister und Abgeordneten, auch der Freiheitlichen, die mit nicht einmal vier Jahren Ministertätigkeit – das beste Beispiel ist Minister Schmid; auch ein gutes Beispiel ist der ehemalige Minister Ofner – zweimal die Hand aufhalten! Herr Minister Schmid nur einmal, aber das waren ja auch nur neun Monate Ministertätigkeit.

Aber Ex-Minister Ofner kassiert eine Ministerpension, obwohl er nicht einmal vier Jahre lang Minister war, also nicht die Mindestvoraussetzung für eine Politikerpension nach der alten Regelung erfüllt. Im alten Bezügegesetz gibt es eine Sonderregelung, von der wir auch gerne hätten, Herr Abgeordneter Stummvoll, dass sie verschwindet, denn diese privilegiert auch Sie. Da gibt es eine Regelung, die einzigartig auf der ganzen Welt ist. Das gibt es in keinem anderen Pensionssystem, in keinem anderen Land, das gibt es nur in Österreich für Politiker, dass man nämlich, wenn man nicht einmal die Mindestanwartschaft als Staatssekretär oder Minister erfüllt, gleich zweimal zulangen darf, weil einem auch die Zeit als Abgeordneter angerechnet wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie beschlossen!) Das ist doch un


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 63

glaublich, das ist doch verlogen (Abg. Mag. Trattner: Wir waren dagegen! – Abg. Dr. Stummvoll: Sie haben es beschlossen!), scheinheilig und populistisch! (Beifall bei den Grünen.)

Verlogen, scheinheilig und populistisch ist eine Verhaltensweise aber auch, Herr Abgeordneter Stummvoll, wenn man sagt, ich bin mir sicher, dass die Mehrheit der Österreicher die Absicherung dieser Pensionsprivilegien als völlig unangemessen ablehnt – das bezieht sich auf die Eisenbahner; Sie waren es nämlich, der das gesagt hat –, und es gleichzeitig aber diese weltweit einzigartige Sonderregelung gibt, dass man für dreieinhalb Jahre – ungefähr so lang war das bei Ihnen – Staatssekretärstätigkeit eine Staatssekretärspension beantragen kann (Abg. Dr. Stummvoll: 20 Jahre!), eine Abgeordnetenpension beantragen kann. Vom Bezügebegrenzungsgesetz sind diese zwei Pensionen zwar erfasst (die Abgeordneten Dr. Stummvoll und Ing. Westenthaler: Das haben Sie alles beschlossen!), aber darüber hinaus kommt natürlich eine ASVG-Pension – die steht Ihnen auch zu, das ist nicht Gegenstand der Kritik – dazu und gleichzeitig auch eine Zusatzpension, soweit ich weiß, bei Ihnen nicht von der Wirtschaftskammer, sondern von der Industriellenvereinigung.

Ah ja! Damit sind Sie, Herr Abgeordneter Stummvoll, wenn ich das zusammenrechne, einkommensmäßig in einer Pensionskategorie, die Sie nicht mehr sehr viel von Herrn Vranitzky unterscheidet. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Und Sie haben sich hergestellt und die Pensionsprivilegien der Eisenbahner kritisiert! Ist das eine Verhaltensweise, die scheinheilig und populistisch ist – ja oder nein? (Beifall bei den Grünen.)

Sie kritisierten bei den Eisenbahnern, dass sie nach dem alten, jetzt inzwischen auch dort ersetzten System mit 53 Jahren in Pension gehen konnten, obwohl es für Politiker damals, als Sie das bei den Eisenbahnern kritisiert haben, ein Pensionssystem gab, nach dem diese mit 55 Jahren in Pension gehen konnten. Mit 55! (Abg. Dr. Khol: 60! Haben wir damals schon auf 60 erhöht!)

Meine Damen und Herren! Man sollte sich in aller Bescheidenheit selbst an der Nase nehmen, Herr Abgeordneter Stummvoll! (Abg. Dr. Stummvoll: Tun Sie es!) Man sollte sich selbst an der Nase nehmen, wenn man auf die Privilegien von anderen losgeht. Das geht im Besonderen an die Adresse der Freiheitlichen. Ist es ein Zitat des Herrn Ex-Abgeordneten Haider, das ich Ihnen vorgelesen habe? (Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben dagegen gestimmt! Sie haben es beschlossen!) Hat es Gültigkeit für Sie? – Nein, es hat keine Gültigkeit!

Herr Abgeordneter Ofner kassiert Doppelbezüge: eine Pension, ein Abgeordnetengehalt. (Abg. Ing. Westenthaler: Alles falsch!) Der ehemalige Abgeordnete Bauer, auch nicht einmal vier Jahre lang Staatssekretär, kassiert eine Staatssekretärspension und eine Abgeordnetenpension bis zur Höhe der Bezügebegrenzung. Finden Sie das angemessen?

Ich habe kein Problem damit, dass Politiker auch in der Pension angemessen entlohnt werden. Aber bitte: nicht für dieselbe Zeit zweimal kassieren! Das ist unerträglich, meine Damen und Herren! Das gibt es sonst nirgendwo auf der Welt: Für dieselbe Zeit zweimal kassieren, Herr Abgeordneter Feurstein! (Abg. Dr. Feurstein: Was sagen Sie zu den Herren Rünzler und ... im Vorarlberger Landtag? Die haben sich eine Landtagsabgeordneten-Pension erworben!)  – Ich kenne die Situation im Vorarlberger Landtag nicht, aber ich habe genügend Beispiele hier aus dem Nationalrat, bei denen man dazusagen muss, es genügt nicht, die Pensionsbeiträge für jene Politiker, die im alten Pensionssystem verblieben sind, zu erhöhen.

Herr Abgeordneter Westenthaler! Ich erinnere mich mit Genuss an die Debatte über die letzte Bezügebegrenzungsreform, als darüber diskutiert wurde, ob einem Antrag der Grünen nähergetreten werden könnte, der genau diese Doppelverrechnungsmöglichkeit bei Pensionen nicht mehr vorgesehen hätte. Es handelt sich dabei um einen Entschließungsantrag, den wir auch im Verfassungsausschuss zu behandeln haben werden.

Ich erinnere mich deshalb mit Genuss daran, Herr Abgeordneter Westenthaler, weil Sie auf einmal klein abgebogen haben, nachdem Herr Kollege Khol das Kommando ausgegeben hatte: Das steht jetzt nicht zur Debatte! – Wann steht es zur Debatte, Herr Abgeordneter Westenthaler? Wann wird diese einzigartige Regelung, wonach man für Monate als Minister auch Mo


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 64

nate und Jahre als Abgeordneter doppelt verrechnen kann, also zwei Pensionen aus derselben Zeit kassieren kann, aufgehoben? (Abg. Dr. Stummvoll: ... doppelte Beiträge!)  – Nicht mit doppelten Beiträgen, Herr Abgeordneter Stummvoll! Sie haben immer nur einmal Beiträge gezahlt. Sie könnten keine Pension als Staatssekretär beanspruchen, denn Sie haben die erforderlichen vier Jahre nicht erfüllt – darin sind wir uns doch einig. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Sie können keine vier Jahre aufweisen, das heißt: Sie erfüllen nicht die Mindestvoraussetzungen! Ihnen werden die Monate oder Jahre als Abgeordneter angerechnet, damit Sie die Mindestvoraussetzungen für die Staatssekretärspension erfüllen. (Abg. Dr. Stummvoll: Pro Monat 200 000 S gezahlt!) Gleichzeitig aber werden Ihnen diese Abgeordnetenmonate, die für die Staatssekretärspension angerechnet werden, für den Bezug der Politikerpension nicht weggerechnet, sondern bilden noch einmal die Grundlage für den Bezug einer Abgeordnetenpension! (Beifall bei den Grünen.)

Ich erinnere Sie, Herr Abgeordneter Stummvoll, an eine Debatte beziehungsweise eine öffentliche Berichterstattung, die im Frühjahr stattgefunden hat. Ich weiß es, denn ich habe dieses Thema der Doppelverrechnung damals in die Debatte hier im Haus, aber auch in die Öffentlichkeit getragen. Sie sind von einem Journalisten von "täglich Alles" angerufen worden und waren bass erstaunt, dass es überhaupt zwei Pensionen aus derselben Tätigkeit geben kann. Dann haben Sie gesagt: Sollte es so sein, so verzichte ich vor einem Notar auf meine Nationalratspension! – Sie haben sehr schnell dazugelernt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Das habe ich auch heute gesagt!)

13.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon wieder einmal bezeichnend für Kollegen Öllinger, aber auch für die SPÖ und für deren Vorredner, dass sie hier Regelungen, gesetzlichen Bestand kritisieren, den sie selbst – Grüne und SPÖ – mit ihren Stimmen im Jahre 1997 mit dem Beschluss der Bezügepyramide festgeschrieben haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.  – Abg. Dr. Van der Bellen: Da geht es um die alte Regelung!)

Sie tragen die Verantwortung für diese Missstände! Wir haben dagegen gestimmt, Herr Kollege Öllinger, und zwar als einzige Partei! (Abg. Öllinger: Stimmt nicht! – Abg. Dr. Mertel: Kassieren tut ihr es!) Sie können es sich daher nicht so leicht machen! Sie gehen einfach heraus und kritisieren das, was Sie damals verschlechtert haben, etwa dass es Einkommensverbesserungen für Politiker gibt, dass es keine Abschaffung der üppigen Pensionsregelungen, dass es keine Beseitigung der Abfertigungsregelungen gegeben hat, dass es weiterhin üppige Spesenmöglichkeiten gibt sowie unzureichende Ruhensbestimmungen beziehungsweise Bezugsobergrenzen.

All das haben Sie in der Bezügepyramide beschlossen. Wir haben Sie bereits damals, 1997, darauf hingewiesen. (Abg. Dr. Mertel: Und der Schmid kassiert!) Deshalb tun wir uns nun auch sehr leicht, denn meine Fraktion kann heute als einzige sagen: Wir haben diesbezüglich eine blütenweiße Weste, weil wir Ihnen schon damals gesagt haben, dass Sie dieses Gesetz damit verschlechtern und dass das die Menschen nicht verstehen werden. Und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, haben wir es damals abgelehnt. (Abg. Dr. Kräuter: Sagen Sie etwas zu Minister Schmid!)

Es wurde noch etwas hineingeschrieben, was wir ebenfalls schon damals kritisiert haben, nämlich dass es, obwohl Sie jetzt Kritik daran üben, nach dem Bezügegesetz – und das müssten Sie, Herr Kollege Öllinger, wissen! – gesetzlich nicht einmal möglich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten. Auch diese von uns geforderte Änderung haben Sie damals unterlassen. Sie haben nicht einmal die Möglichkeit geschaffen, dass jemand, der das gar nicht will, darauf verzichten kann. (Abg. Dr. Kräuter: Der Schmid hat optiert!) Deswegen ist es zum Beispiel bei


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 65

Abgeordnetem Harald Ofner so, dass er seine Ministerpension seit Jahren karitativen Zwecken spendet, und ich begrüße das außerordentlich! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll.  – Abg. Dr. Kräuter: Schmid und Stadler haben ja optiert!)

Ich könnte jetzt natürlich in diesen kindischen Streit mit dem Aufrechnen der verschiedensten Pensionen und Abfertigungen eintreten. (Abg. Dr. Mertel: Burgenland-Fonds der FPÖ!) Sie wissen, dass die Freiheitlichen eine selbst auferlegte Gehaltsobergrenze von 66 000 S beschlossen haben und dass kein freiheitlicher Politiker darüber hinaus Bezüge aus öffentlichen Geldern bezieht, Sie alle jedoch wesentlich mehr darüber hinaus beziehen. (Abg. Öllinger: Reden Sie nicht so einen ..., sonst muss ich noch eine tatsächliche Berichtigung machen!)

Und diese Selbstbeschränkung, die wir uns auferlegt haben, ist richtig, wenn man weiß, dass etwa ein nicht einmal ein halbes Jahr im Amt gewesener Staatssekretär Ruttenstorfer Abfertigungen in der Höhe von 500 000 S kassiert hat und mittlerweile Pensionsberechtigungen hat. Auch Herr Klima ist ja bereits ein Experte – er übertrifft fast schon Vranitzky –, er hat sich nämlich entsprechend diesem Gesetz einen Abfertigungsanspruch in der Höhe von 3,5 Millionen Schilling – zwölf Monatsbezüge plus anteilige Sonderzahlungen – gesichert.

All das sind Dinge, da stellt es einem die Haare auf! (Abg. Mag. Kogler: Das zeigen Sie uns aber!) Und das ist nicht vergleichbar mit Politikern, die sich ... – Ich zeige es Ihnen gerne (Abg. Mag. Kogler: Mit dem Föhn?), es ist ja auch in allen Zeitungen ganz schön publiziert, ich empfehle Ihnen "FORMAT" Nr. 10 vom 6. März 2000, Seite 42 – ich zitiere –:

"Die letzten goldenen Nasen. Mit der Bezügepyramide wurden vor drei Jahren scheinbar alle Politikerprivilegien abgeschafft." – Scheinbar! Sie haben wahrscheinlich auch geglaubt, dass das alles abgeschafft wird. Dann steht aber, dem ist nicht so, denn:

"Alle Ex-Minister haben Anspruch auf Abfertigung von bis zu einer Jahresgage ... auch Kurzzeitminister ..."

Und weiters ist zu lesen: "Nicht nur Ex-Bundeskanzler Klima, sondern auch Ex-Wissenschaftsminister ... Einem, Ex-Finanzminister ... Edlinger, Ex-Innenminister ... Schlögl, die ehemalige Sozialministerin ... Hostasch, Ex-Frauenministerin ... Prammer, Ex-Staatssekretär ... Wittmann ..." – Wo ist er? – A ja, sie sitzen eh beieinander, die beiden wirklich Anspruchsberechtigten Wittmann und Edlinger! – "... sowie die" anderen "ehemaligen ... Minister ..." Sie alle bekommen "eine Gehaltsfortzahlung von bis zu einem Jahr", "und zwar unabhängig davon, ob sie nach ihrem Ausscheiden wieder einen Job annehmen oder nicht." – Zitatende.

Jetzt werden Sie sagen: Aber wir bekommen das ja nicht, denn wir sitzen ja hier im Parlament! – (Abg. Dr. Wittmann begibt sich zum Präsidium.)  – Kollege Wittmann geht schon hin und will das richtig stellen. Das geht aber daneben, denn wenn Sie aus dem Nationalrat ausscheiden, geht diese Gehaltsfortzahlung ja weiter. (Abg. Edlinger: Auch dann nicht!) Das müssen Sie den Menschen aber auch sagen! Jetzt kriegen Sie das nicht. Solange es so ist, ruht das – aber es kann weitergehen.

Herr Kollege Edlinger, ich habe es schon lange einmal mitteilen wollen, wie es um Sie so bestellt ist. Es braucht sich nämlich niemand Sorgen zu machen, wenn sich Herr Kollege Edlinger bald in die Pension verabschiedet. (Abg. Edlinger: Das täte dir gefallen!)  – Herr Kollege Edlinger, Sie haben mir vorhin, als ich Ihnen all das so vorgerechnet habe, in einem Zwischenruf – es haben nicht alle gehört – zugeschrien: "Ich sitze hier umsonst!" – Ich würde nie behaupten, Herr Kollege Edlinger, dass Sie hier umsonst sitzen, aber wenn Sie dieser Meinung sind, tut mir das wirklich Leid. Ich würde nie behaupten, dass Sie hier umsonst sitzen, Sie sollten Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, Sie sitzen nicht umsonst hier, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben mittlerweile als Bundesminister einen Pensionsanspruch über 139 691 S und als langjähriger Stadtrat von Wien einen Pensionsanspruch über 122 220 S. (Abg. Dr. Mertel: Er ist noch in der Pubertät! Sein Hirn ist noch ...!) Gemäß § 5 Bezügebegrenzungsgesetz darf er aber nicht beide in voller Höhe kassieren, sondern "nur" einen Betrag bis zur Obergrenze von


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 66

161 070 S. – Das muss man sich einmal vorstellen: Der Pensionsmillionär Edlinger sitzt da und erklärt uns, dass wir angeblich die kleinen Leute belasten, hat sich aber selbst bereits eine fette Pension in Millionenhöhe gesichert!

Daher sind Sie so unglaubwürdig, und daher glaubt Ihnen auch niemand, dass Sie diesbezüglich entsprechende Signale setzen können! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Ich will aber zum Thema kommen, denn es geht ja heute um etwas ganz anderes als um die Aufrechnung irgendwelcher Pensionsansprüche und Ihre fetten Privilegien. Es weiß ohnehin schon jeder, dass sich die SPÖ reichlich bedient hat. (Abg. Öllinger: Ihr habt euch aber auch ordentlich bedient, eure Partei!) In Wirklichkeit ist es ganz anders. Wir werden – und darum geht es heute in diesen Anträgen – von den Menschen angesprochen, es wird die berechtigte Frage gestellt (Abg. Dr. Wittmann: Was ist jetzt mit Schmid? Erklären Sie uns das!): Was tun denn die Politiker eigentlich, wenn es zu sparen gilt, wenn es entsprechende Budgetmaßnahmen gibt? Und: Warum geht es so weiter, wie während der SPÖ-Regierung in den Jahren 1996 und 1997, als Milliarden-Sparpakete beschlossen wurden, die Politiker aber trotzdem weiterhin immer mehr Geld bekommen haben? Da fragen die Menschen: Was tut ihr bei den Einkommen von denen "da oben"? Was tut ihr dafür, dass auch bei den Politikern gespart wird? Welches Signal gebt ihr, dass auch ihr bereit seid, zu sparen?

Darauf gibt es nun verschiedene Antworten. – Die SPÖ wird sich bei solchen Fragen aus der Bevölkerung eher wegdrehen, ausgenommen Herr Cap, denn der ist ja sehr offensiv und sagt überhaupt, die Politiker seien so arm! Er hat mehrmals von diesem Rednerpult aus behauptet, wie arm die Politiker sind, dass sie zu wenig Geld verdienen. Und deswegen werfe ich Ihnen vor, dass Sie diesbezüglich kein Unrechtsbewusstsein haben. Sie meinen, die Politiker seien ohnehin so "arm bestallt"!

Wir aber sagen: Wenn die Bundesregierung Sparmaßnahmen beschließt, um zu diesem Ziel – Nulldefizit, Schluss mit den Schulden – zu kommen, ein Ziel, das auf Jahrzehnte hinaus wichtig ist für dieses Land, dann – jawohl! – müssen auch die Politiker ihren Beitrag dazu leisten.

Mit der heutigen Gesetzesvorlage sagen wir das auch! Wir sagen: Jawohl, die Politiker leisten ihren Beitrag, auch bei den Politikern gibt es Sparmaßnahmen – und die nicht zu gering, denn das Gesamtpaket, das wir heute auf zwei Jahre gerechnet, sozusagen als Doppelbudget, beschließen, würde 100 Millionen Schilling an Einsparungen bei den Politikern bedeuten! Daher leisten wir, die Politiker, diesen Beitrag. Dieses Signal haben die Regierungsparteien sichergestellt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Insgesamt sind dies 100 Millionen Schilling, und das ist richtig so, das ist wichtig so. Es ist ein Schritt, der auch als Signal gedacht ist! Und es ist auch richtig und wichtig, dass wir, wenn wir über diese Systeme der Politikerfinanzierungen und Parteifinanzen sprechen, auch nicht vergessen, dass öffentliche Gelder in die Parteien fließen und dass es in diesem Haus eine Partei gibt, die, wenn wir bei der Parteienfinanzierung weitere Abstriche gemacht hätten, zum Sozialfall, zum parteipolitischen Sozialfall in Österreich geworden wäre. So gesehen sind sogar die Einsparungen bei den Politikern und bei den Parteien sozial gerecht. (Abg. Öllinger: Was ist mit den Schwarzgeldern, die in andere Parteien hineingegangen sind?) Wenn wir da nämlich noch ein paar Millionen Schilling mehr eingespart hätten (Abg. Dr. Mertel: Turnauer!)  – und wir überlegen, ob wir das noch tun, denn es wäre richtig –, dann würden Sie von der SPÖ mit jenen 350 Millionen Schilling, mit denen Sie in der Kreide stehen, zum ersten parteipolitischen Konkursfall in diesem Land werden und müssten Ihre Partei zusperren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das sagen Ihre eigenen Leute, meine Damen und Herren von der SPÖ! Laut "Der Standard" vom 2., 3. September:

",Wenn der Finanzminister seine Pläne wahr macht," – und die Parteienförderung weiter kürzt – "müssen wir zum Konkursrichter‘", sagt ein SPÖ-Funktionär. ... Der aktuelle Schuldenstand der


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 67

Bundespartei", der SPÖ, "beläuft sich auf 349 Millionen Schilling." Die Geschäftsführerin Bures sagt: "Die SPÖ wäre von einer Kürzung der Parteienförderung schwer getroffen." – Zitatende.

Das ist die Wahrheit! Auch "FORMAT" schreibt: "Die SPÖ ist pleite – und sie weiß weder ganz genau, wie pleite sie ist, noch, wie es dazu kam, und schon gar nicht, wie sie diesen Zustand ändern könnte." – Zitatende.

Das ist Ihr persönlicher Sündenfall, den wir immer wieder aufgreifen werden, denn auch das sind öffentliche Gelder. Ich bin sehr dafür, dass wir uns alle einmal Gedanken darüber machen, welches bessere Controlling wir einführen können, damit öffentliche Gelder nicht von einem Parteiapparat, der sich selbst nicht im Griff hat, verschleudert werden. Ein solches Controlling sollten wir uns einmal überlegen, meine Damen und Herren, damit so etwas nicht mehr möglich ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Dann kontrollieren wir die Papiersackerl vom Turnauer!)

Aber es ist ohnehin seltsam still geworden um diese 350 Millionen Schilling. Man hört nicht mehr so viel darüber. Das ist seltsam genug. (Abg. Gaugg: Da reden sie nicht so gerne!) Aber noch seltsamer ist, dass gleichzeitig damit, dass es um dieses Debakel stiller wird, erste Hinweise darauf auftauchen, dass es im Skandal um die Bank Burgenland zu Parteienfinanzierung, zu Bestechungsgeldern gekommen ist und zu entsprechenden Konten der SPÖ offenbar Geldflüsse gegeben hat. (Abg. Edlinger: Das ist mit Frantsits über die Industriellenvereinigung in die FPÖ gegangen!) Das ist auch sehr interessant – sehr interessant: auf der einen Seite 350 Millionen Parteipleite, auf der anderen Seite Gelder, Parteienfinanzierung aus einem Skandal. (Abg. Edlinger: FPÖ-Finanzierungsagentur Industriellenvereinigung!)

Auch das werden wir uns noch genauer anschauen, genauso wie die ganze Angelegenheit rund um Ihre Mieten. (Abg. Edlinger: ... und in einem gelben Kuvert beim Böhmdorfer!) Sie von der SPÖ, die sich gestern von diesem Rednerpult aus doch allen Ernstes zum Verteidiger der Mieter aufgeschwungen haben, Sie, die Sie seit dem Jahre 1945 eine Parteizentrale in der Löwelstraße haben, dort auf 1 800 Quadratmetern logieren und dafür – und jetzt ganz genau zuhören! – pro Quadratmeter 58 S Miete bezahlen! (Abg. Mag. Trattner: Das ist aber "viel"!) 58 S Miete pro Quadratmeter!

Warum wir uns so gut auskennen, ist ganz einfach erklärt: Wir haben ebenfalls in der Innenstadt, allerdings ein bisschen am Rande, eine neue Parteizentrale angemietet. Ich habe mich bei unserem Bundesgeschäftsführer erkundigt: Wir zahlen dort komischerweise pro Quadratmeter 170 S netto, und das noch ohne Mehrwertsteuer und ohne Umsatzsteuer! (Abg. Dr. Mertel: Mit dem Geld aus dem Kuvert?) Und, meine Damen und Herren von der SPÖ, wenn man sich bei Ihren Nachbarn in der Löwelstraße danach erkundigt, was diese pro Quadratmeter zahlen, dann hören Sie Preise zwischen 200 und 250 S. (Abg. Edlinger: Das gehört der Landwirtschaftskammer! Haben Sie die gemeint?)

Sie, die SPÖ als Partei, zahlen 58 S! Das ist ein besonderer Privilegienskandal. Sie haben überhaupt keine Glaubwürdigkeit mehr dafür, noch irgendwelche Mieter zu verteidigen – bei diesem Skandal! Sie sollten da einmal für Ordnung sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das ist Ihr persönlicher Sündenfall, und deshalb sind Sie auch so unglaubwürdig: Sie wollen sich für die Mieter einsetzen, aber selbst sind Sie in Wirklichkeit einer der privilegiertesten Billigstmieter in Österreich. Sie kritisieren die Sanierung des Staatshaushaltes, aber Sie scheitern an der eigenen Sanierung in der Kassa. Sie regen sich übers Sparen auf, aber selbst langen Sie kräftig zu, wenn es um Pensionen und Einkünfte geht. Sie sind gegen eine Pensionsreform, aber Sie sind für die Pensionsmillionäre in den eigenen Reihen.

Nur auf einem beharren Sie konsequent, davon lassen Sie sich nicht abbringen: Schulden machen! Schulden machen beim Staatshaushalt, das Schulden-machen-Beenden verschieben, wenn es um die Regierung geht, Schulden machen in der eigenen Kassa! Und da können Sie


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 68

mit uns nicht rechnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Pubertät!)

13.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Da wir nun drei tatsächliche Berichtigungen vor uns haben, möchte ich ganz kurz auf die entsprechende Textstelle in der Geschäftsordnung eingehen:

"Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen."

Ich bitte daher auch die folgenden Redner, dieser Bestimmung des § 58 der Geschäftsordnung Rechnung zu tragen.

Als Erster hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Martin Graf: Die SPÖ ist in den roten Zahlen! Öllinger, Karl Marx und Engels!)

13.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Westenthaler hat in seiner Rede behauptet, dass wir das alte Bezügegesetz mitbeschlossen hätten. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Das alte Politikerbezügegesetz wurde in den siebziger Jahren beschlossen, und zwar mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und auch – der Freiheitlichen! (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Khol und Dr. Stummvoll. ) Die Freiheitlichen haben also das Politikerbezügegesetz mitgetragen. (Abg. Dr. Khol: Er meinte das Bezügebegrenzungsgesetz! Das ist ein Taschenspielertrick!)

Die zweite unrichtige Behauptung von Herrn Westenthaler war, dass es einen Automatismus bei den Politikerpensionen gäbe, das heißt, dass jeder Politiker die Pensionen, auch wenn es Doppelpensionen sind, annehmen muss . – Auch diese Behauptung von Abgeordnetem Westenthaler entspricht nicht den Tatsachen!

Man muss die Pension nicht annehmen, sondern, wie auch Herr Kollege Stummvoll aus eigener Erfahrung weiß, man muss sie beantragen. Hat man sie beantragt, dann muss man sie auch annehmen – das erscheint nur logisch, aber vielleicht nicht für jedermann. (Abg. Dr. Mertel: Die wird nicht aufgedrängt?)  – Sie wird nicht aufgedrängt! (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Dr. Mertel –: Sie brauchen nur Klima zu fragen, der kennt sich aus mit Pensionen!)

13.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der Nächste ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann, ebenfalls zu einer tatsächlichen Berichtigung. (Abg. Dr. Wittmann stellt sich ans Rednerpult. – Abg. Dr. Martin Graf: Auch ein Politiker ... kann nicht mit null dastehen, oder? – Abg. Öllinger  – in Richtung Freiheitliche –: Jetzt kennt ihr euch aus! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Grünen sowie der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Der Wittmann sagt schon wieder nichts, wie immer!)

13.18

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Ich wollte nur die Diskussion, die Herr Abgeordneter Graf gerade führt, nicht stören. (Abg. Dr. Khol: Steht am Rednerpult und sagt nichts!) Ich bitte, dass der Herr Präsident mir das Wort erteilt und den beiden vielleicht klar macht, dass sie jetzt keine Diskussion führen können.

Herr Abgeordneter Westenthaler hat behauptet, dass ich eine Abfertigung erhalten und einen Pensionsanspruch aus meiner Tätigkeit als Staatssekretär erworben hätte.

Ich stelle richtig: Ich habe keine Abfertigung erhalten!

Ich stelle weiters richtig, dass ich keinen Anspruch auf eine Staatssekretärspension erworben habe. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. ) Ich falle in die ASVG-Regelung mit Pensionskassen


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 69

regelung, wie sie im Bezügegesetz beschlossen wurde. Aber unrichtige Behauptungen werden nicht wahrer, wenn man sie öfter wiederholt.

Ich stelle außerdem fest und richtig für Herrn Kollegen Ruttenstorfer: Auch er hat keinen Pensionsanspruch aus seiner Tätigkeit als Staatssekretär erworben, sondern fällt in dieselbe Regelung, nämlich in den ASVG-Bereich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kräuter  – in Richtung Freiheitliche –: ... nicht die Wahrheit gesagt!)

13.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.19

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Westenthaler hat behauptet, ich hätte mir eine Pension verschafft.

Ich stelle fest, dass ich mir keine Pension verschafft habe (Abg. Ing. Westenthaler: Ersessen! Entschuldigung!), sondern dass ich auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und meiner 32-jährigen politischen Tätigkeit auf Basis des Bezügegesetzes und der entsprechenden Bezahlung von Pensionsbeiträgen die nach der damaligen Regelung für Politiker fixierte Pension erworben habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Pensionsmillionär!) Diese beträgt 80 Prozent eines Ministergehaltes.

Für mich musste keine Ausnahmeregelung beschlossen werden wie für Ihre Freunde Ofner und Holger Bauer. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch ist Ihre Pension?) Insgesamt arbeite ich seit 46 Jahren (Abg. Neudeck: Man sieht es am Budget!) und möchte ergänzend bemerken, dass ich im Unterschied zu Ihnen hier in diesem Hause ehrenamtlich tätig bin (Abg. Ing. Westenthaler: Weil sonst nichts mehr hineinpasst in Ihre Taschen!), während Sie neben Ihrem Abgeordnetenbezug wahrscheinlich noch gewaltige Beträge aus Ihrer sonstigen Tätigkeit beziehen.

Meine Pension beträgt 80 Prozent eines Ministergehaltes, und ich glaube, dass mir das, auch weil ich aufgrund meines Alters gar keine Chance mehr hatte, in die neue Regelung zu optieren, wie Sie wissen, auch zusteht. Ich glaube, dass Sie sich für diese Polemik eigentlich schämen sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Sie sitzen wirklich umsonst da! – Abg. Edlinger: Und Sie sitzen wirklich sinnlos da!)

13.21

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Westenthaler! (Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Kogler! – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Kollege Westenthaler! Als ich politisch sozialisiert worden bin – das war in der Steiermark, das war in Graz –, hatte ich, was Privilegienritterei betrifft, einen Urahn in dieser Sache vor Augen. Ein Uhrahn der Privilegienritterei in Sachen Politikerpensionen ist das Noch-immer-oder-schon-wieder-FPÖ-Mitglied Alexander Götz. Der hat eine breite Bresche geschlagen, wenn es nicht vorher bereits andere waren, aber Götz ist mir gut in Erinnerung. Mit dem haben wir sehr viel zu tun gehabt.

Kollege Westenthaler! Götz war bannbrechend für das. Und ich weiß gar nicht, warum Sie sich da so aufspielen mit Ihren 66 000 oder 60 000 S, wo Sie doch nie in der Lage sind, die Sache effektiv nachzuweisen. Jedenfalls würde es im Burgenland, wo bekanntlich Wahlen anstehen, Kollegen Rauter auch gut anstehen, das hinzubringen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 70

Aber man muss ja gar nicht so weit gehen. Es hat ja der Kollege Stadler noch für das alte System optiert. Also, warum gerade Sie (zu den Freiheitlichen gewandt) sich da so produzieren, ist für mich wirklich nicht nachvollziehbar.

Und noch etwas, Herr Kollege Westenthaler: Sie haben betont, die Politiker sparen bei sich selbst, die Regierung spart bei sich selbst. Das war die Parole. Ihr Slogan vom "Neu regieren" bedeutet in diesem Zusammenhang meist neue Sprachschöpfungen. "Die Regierung spart bei sich selbst" – so ein Blödsinn! So ein Blödsinn! (Abg. Ing. Westenthaler: Was haben Sie dagegen? – Abg. Dr. Martin Graf: Die Politiker!) Sie haben offensichtlich Politikerpensionen und Ähnliches gemeint. (Abg. Dr. Martin Graf: Ja!) Ja. Diese 3 Prozent für ein System, das an sich hinterfragungswürdig ist, sind ja wohl nicht das Gelbe vom Ei.

Aber kommen wir wirklich zur Regierung. Kommen wir zu dem, wovon Sie dauernd reden: Die Regierung spart bei sich selbst. – Schauen wir uns das näher an.

Sie erklären uns: 100 Millionen Doppelbudget in den nächsten zwei Jahren, 50 Millionen pro Jahr. Gut. Punkt. Abhaken. 50 Millionen. – Der gleiche Betrag wurde als neu geschaffene Budgetpost beim Bundeskanzleramt unter dem Titel "Ressortübergreifende Öffentlichkeitsarbeit" eingeführt. (Abg. Öllinger: Interessant!) Super! Bravo! Und was ist das? Was machen Sie damit? (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel?) 50 Millionen!

"Die Regierung spart bei sich selbst": Wenn irgendwo behauptet wird, dass etwas eingespart wird, wird jedenfalls, wenn es überhaupt so weit kommt, gleich einmal beim Bundeskanzleramt budgetiert, sozusagen gegenverbucht, und damit ist es wieder bei null. (Beifall bei den Grünen.) Da ist die Nullrechnung jedenfalls einmal erfüllt.

Zur Nullrechnung komme ich jetzt gleich. Was soll damit eigentlich finanziert werden? Da geht es nämlich nicht nur darum, dass die Regierung bei sich selbst spart. Das wird einem klar, wenn man sich die Verwendungswünsche für diese Beträge anschaut.

Die Regierung geht nämlich her und finanziert damit Regierungspropaganda. Es ist schon die Frage, ob das mit Steuermitteln geschehen soll. Nichts, Kollege Westenthaler, nichts, Herr Kollege Khol, dagegen, dass Parteien für ihre Standpunkte werben, in diesem Fall für das Nulldefizit. Das gelingt Ihnen auch ganz gut. Hervorragende Inszenierung! Aber warum das noch mit Steuergeldern bezahlt werden soll, ist wirklich nicht mehr nachvollziehbar. Das ist demokratiepolitischer Unfug, ja mehr noch, das ist demokratiepolitisch schlimm. Das muss getrennt werden. Die Parteien sollen für ihre Positionen werben, und dafür bekommen sie auch ihr Geld. – Sie ja zusätzlich, wie wir wissen.

Dass die Regierung jetzt diese Summe hernimmt, um ein Nulldefizit zu propagieren, ist meines Erachtens unzulässig. Aber Sie sollten sich vielleicht mehr Mühe geben, das in Brüssel anzubringen. Vielleicht sollen Sie dorthin Ihre Kampagne kanalisieren, denn dort glauben sie Ihnen nicht, wenn man die Berichte der EU-Kommission und die Stellungnahmen aus Brüssel der letzten Tage vergleicht. Das wäre ein Aufwand, der sich lohnen würde. Es würde allerdings weniger Geld kosten, braucht aber mehr politische Seriosität und Transparenz im Vorgehen. (Abg. Edlinger: Die ist nicht vorhanden!) Das ist ja das Problem.

Stichwort Transparenz: Meines Erachtens ist die Sache der öffentlichen Parteienfinanzierung nur die eine. Herr Kollege Westenthaler, wenn Sie da auf die SPÖ hinzeigen: Mit voller Hose ist leicht stinken. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber jetzt knapp ...! – Abg. Dr. Mertel: Das bezieht sich auf Babies!) Wenn Sie nicht endlich dazu übergehen, Ihre Parteispenden offen zu legen – auch die ÖVP! –, bleibt die Sache völlig unglaubwürdig. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. )

Nein, es ist um die öffentliche Parteienfinanzierung gegangen (Abg. Edlinger: ... die Schenkungssteuer im gelben Kuvert! Damit werden wahrscheinlich dem Haider seine Autos bezahlt!), und wenn Sie da so in Richtung SPÖ meinen, die bluten sonst aus, und das ist geradezu eine Sozialmaßnahme, dann ist das nicht so "halbwitzig", wie Sie das in gewohnter Weise sonst immer präsentieren, sondern das ist in einer Demokratie schon bedenklich, wenn da die


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 71

Philosophie dahinter steckt: Öffentliche Förderungen senken – wer weiß, wohin –, während gleichzeitig wenige oder ausgewählte Parteien von bestimmten Interessengruppen, die selbstverständlich Interessen verfolgen, finanziert werden – und andere nicht.

Das ist in der Demokratie das Problem, und deshalb müssen Parteispenden auch offen gelegt werden. Da haben Sie dringend Handlungsbedarf, und deshalb sollten Sie da nicht so großspurig herumreden. Abgesehen davon stimmt das gar nicht, was Sie sagen: 50 Millionen Schilling im Jahr eingespart! Ich sage: 50 Millionen für Regierungspropaganda hinausgeschmissen! Das wissen Sie ganz genau. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Mertel.  – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt haben Sie sogar Applaus von der Frau Mertel gekriegt, weil Sie so anständig die Pleite der SPÖ verteidigt haben!)

13.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

13.27

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich an dieser Debatte nicht beteiligen, weil ich das gegenseitige Anwerfen nicht nur für degoutant, sondern auch für politisch unintelligent halte. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bringe daher lediglich einen Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Frieser, Dr. Krüger und Kollegen zum Antrag 304/A der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes 380 der Beilagen wird wie folgt geändert:

Z 6 lautet:

"6. Dem § 45 wird folgender Abs. 18 angefügt:

,(18) § 12 Abs. 2 und 3, § 23g Abs. 2 und 3 und § 44n Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I XXX/2000 treten mit 1. Jänner 2001 in Kraft.‘"

*****

Dieser Abänderungsantrag war notwendig, weil es sich hier um eine Korrektur der Frist gehandelt hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der Abänderungsantrag, der von Frau Abgeordneter Mag. Frieser gerade vorgetragen wurde, ist ausreichend unterstützt und steht auch in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang, sodass er auch mit in Verhandlung genommen wird.

Nächster und zurzeit gleichzeitig letzter Redner hiezu auf der Rednerliste, weil sich einige haben streichen lassen, ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

13.29

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Kogler, herzlichen Dank für die 50 Millionen. Ich darf in Erinnerung bringen, dass wir damals eine Anfrage an sämtliche Ressorts bezüglich


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 72

Werbeeinschaltungen der Bundesregierung 1998 gestellt haben. Das hat zu folgendem Ergebnis geführt:

Insgesamt waren es 163 Millionen Schilling. Spitzenreiter war das Bundeskanzleramt mit 71 Millionen Schilling. (Abg. Edlinger: Das war aber die EU-Präsidentschaft, das wissen Sie, Herr Trattner! Das ist lächerlich!) Für Sie ist das alles lächerlich. Alles, was Ihnen unangenehm ist, ist für Sie lächerlich. Sie können hier herauskommen und das tatsächlich berichtigen, aber führen Sie sich hier im Hohen Haus nicht so auf! Hören Sie bitte auch einem Redner zu! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das war die EU-Präsidentschaft, das wissen Sie! Seien Sie ein bisschen seriöser! Das ist ja unglaublich!)

Ich kann Ihnen einmal ein Buch schenken, den "Knigge". Das würde für Sie gut passen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Sie sind ertappt! – Abg. Edlinger: Von Ihnen werde ich nicht ertappt! Ein Wadlbeißer kann mich nicht ertappen!) Oder vielleicht sollte man Ihnen ein Video zeigen, damit Sie sehen, wie Sie sich hier im Hohen Haus benehmen, Kollege Edlinger. Das ist eines Ex-Ministers wirklich nicht würdig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Zweite in dieser Reihe war der Minister für Wissenschaft und Verkehr, Herr Kollege Einem. "Schiene statt Verkehrslawine!" – 37 Millionen Schilling! "Nett"! Für diesen Slogan 37 Millionen Schilling?

Finanzministerium: 11 Millionen Schilling. Da steht dabei "Euro-Kampagne". Ist in Ordnung. Euro-Kampagne: 11 Millionen.

Und dann folgt Arbeit, Gesundheit, Soziales mit über 10 Millionen Schilling. Wenn man genauer hinsieht, wer da gefüttert worden ist, ist es auch ganz interessant. Einen großen Kuchen bekam das "NEWS", damit man immer gut vorkommt. Das (der Redner weist eine entsprechende Graphik vor) ist das sozialdemokratisch regierte Ressort, und das war das ÖVP-Ressort, also ein kleines Torteneckerl. Die Sozialisten haben "NEWS" über 10 Millionen Schilling hingegeben, damit sie immer gut vorkommen.

Im "FORMAT" nur sozialistische Einschaltungen aus den sozialistischen Ressorts.

Im "Standard" kommt die ÖVP zumindest mit einem Viertel vor, aber drei Viertel kommen von sozialistischen Ressorts.

Im "profil": 90 Prozent sozialistische Ressorts.

"TV-Media" – Bundeskanzleramt, sozialistische Ressorts.

So sind Sie mit dem Geld umgegangen! Das heißt, für Kampagnen 163 Millionen Schilling. – Das einmal zum einen.

Zum Zweiten: Diese Gesetze haben Sie hier herinnen beschlossen, und der Anlass für diese Gesetze waren keine freiheitlichen Politiker, sondern das waren in erster Linie auch Politiker der sozialdemokratischen Fraktion, und da in erster Linie auch solche, die hier ein arbeitsloses Einkommen in einer Art und Weise bezogen haben, die einfach unanständig ist. Da ist auch Präsident Fischer zu nennen, der immerhin jahrelang ein monatliches arbeitloses Einkommen in der Größenordnung von 52 000 S bezogen hat. Das ist nach wie vor unwidersprochen geblieben. Er hat sich nie davon distanziert, also ist es wahr.

Auch Kollege Kostelka hat ein arbeitsloses Einkommen bezogen. Und so geht das weiter.

Und jetzt wollen Sie sich da herstellen und sagen, das ist unanständig? Wären Sie damals der freiheitlichen Intention gefolgt, hätten Sie den freiheitlichen Vorschlägen damals Ihre Zustimmung gegeben, hätten wir diese Probleme alle nicht mehr. Damals wollten wir die Abfertigungen abschaffen, damals wollten wir die Pensionen abschaffen. Aber nein. Was haben Sie gemacht? (Abg. Dr. Mertel: Sie wollten die Abfertigung abschaffen, nachdem der Haider sie schon kassiert hat!) Da haben genau diejenigen das Pensionssystem geregelt, die es sich gerichtet haben, und zwar diejenigen, die schon zehn Jahre hier im Hohen Haus gesessen sind. Die haben sich das


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 73

gerichtet. Die anderen hatten ja nicht einmal die Möglichkeit, auf das zu verzichten. Viele unserer freiheitlichen Abgeordneten, die schon zehn Jahre hier herinnen gesessen sind, wollten auf diese Leistungen verzichten, aber sie konnten es nicht. (Abg. Dr. Mertel: Sie brauchen keinen Antrag stellen!)

Wir haben auch einen entsprechenden Antrag gestellt und haben die Mitteilung bekommen, wir können auf diese Geldleistungen nach dem Bundesbezügegesetz leider nicht verzichten. (Abg. Dr. Mertel: Erzählen Sie hier keine Märchen! Erst beantragen und dann beschließen!)

Wie Sie selbst mit dem Geld umgehen, sieht man ja bei Ihnen auch im eigenen Haus. Da muss man sich einen eigenen geschäftsführenden Klubobmann leisten, weil der eine Klubobmannposten besetzt ist mit Kollegen Kostelka, der eben die 170 000 S bekommt. Damit man Herrn Gusenbauer halt auch noch ein entsprechendes Salär zur Verfügung stellen kann, gibt man dann zum Abgeordnetengehalt noch 70 000 S dazu.

Das Gleiche macht man mit den beiden Geschäftsführern: Zu 100 000 S Abgeordnetengehalt jeweils noch 50 000 S dazu.

Ist ja alles gut, recht und schön. Sie können ja mit Ihrem Geld tun, was Sie wollen (Abg. Dr. Mertel: Eben!), aber vor dem Hintergrund einer schweren Millionenschuld in dreistelliger Größenordnung sieht das ein wenig anders aus. Frau Kollegin Mertel, Sie haben ja auch lange genug einen Schreibtisch in Kärnten gehabt und haben auch nie das Büro gesehen. Sie haben das ja auch lange genug gehabt. Sie brauchen sich hier überhaupt nicht aufzuregen, Sie sind eine Vorreiterin für dieses System gewesen, so wie viele in Ihrem Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wenn ich den sachlichen und geldlichen Zusammenhang herstelle: Alleine dieses Paket kostet Ihnen jährlich 2,5 Millionen Schilling, nur aus den zusätzlichen Gehaltsbezügen, die Sie an Ihre Funktionsträger auszahlen. Im Hintergrund haben Sie aber 350 Millionen Schilling Schulden. Das ist nicht lustig! Das verstehe ich. Aber gerade wenn ich in einer solchen Situation bin, will ich eine gewisse Vorbildwirkung erzielen und spare ich im eigenen Haus, aber schmeiße nicht mit dem Geld um und hoffe nicht immer wieder, dass das Parteienfinanzierungsgesetz entsprechende Finanzzuweisungen bringen wird.

Deswegen sind Sie ja so strikt dagegen, dass wir die Parteienfinanzierung reduzieren. Sie sind ja wirklich in Ihrer ganzen Argumentation doppelbödig. Man hat es gestern ganz klar gesehen, Kollege Westenthaler hat es ganz klar aufgezeigt. Wenn die Freiheitlichen gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei einen Antrag einbringen, mit dem man die Möglichkeit schafft, BUWOG-Wohnungen zum Kauf anzubieten, und zwar jedem einzelnen Mieter zum Kauf anzubieten – und er kann sich innerhalb einer gewissen Frist entscheiden: Will ich Eigentum schaffen oder nicht? –, dann kann man da doch nicht dagegen sein!

Dann regen Sie sich auf, dass unter Umständen – was aber überhaupt nicht zutrifft – die Mieten erhöht werden können. Sie haben Mieträumlichkeiten in der Löwelstraße in der Größenordnung von 1 800 Quadratmetern und zahlen dort einen Mietpreis, der nur einem Viertel des tatsächlichen Mietpreises entspricht. Seien Sie so anständig und zahlen Sie den Mietpreis, der dort ortsüblich ist, nämlich mindestens 200 bis 250 S, dann sind Sie in Ihrer Argumentation wieder glaubwürdig! Aber so haben Sie jegliche Glaubwürdigkeit verloren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: "Ich habe keinen Schreibtisch!")

13.36

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Trattner hat, wie so viele aus seiner Fraktion, heute wieder behauptet, ich hätte in Klagenfurt keinen Schreibtisch beim Amt der Kärntner Landesregierung gehabt und sei eine Vorreiterin dieses Systems.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 74

Ich berichtige tatächlich, dass ich immer einen Schreibtisch gehabt habe (lebhafte ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), ein Büro gehabt habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Eine tatsächliche Bestätigung!) Als Beweis führe ich an, dass ich den jetzigen Bundesminister Haupt vor meiner Bürotüre getroffen habe – da war er als Kindergartenreferent Spittal/Drau in der Abteilung unterwegs – und ihn gebeten habe: Herr Kollege! Wollen Sie mein Büro betreten und meinen Schreibtisch kontrollieren? – Da hat er lachend gesagt: Nein, ich weiß eh, wo Sie sitzen, weil ich seit Jahren immer in dieser Abteilung zu tun habe und immer an Ihrem Zimmer vorbeigehe und Ihr Name auf der Türe steht.

Fragen Sie Herrn Haupt! Er ist Zeuge dieses Gespräches. Er verzichtete darauf, mein Büro zu inspizieren, weil er es gekannt hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Eine tatsächliche Bestätigung!)

Und noch eine Bemerkung zur tatsächlichen Berichtigung, dass ich nicht eine Vorreiterin des alten Systems bin: Ich habe beim Amt der Kärntner Landesregierung ein Zeitüberprüfungsgerät, das ich – was auch von Ihrem Parteiführer Haider bestätigt wird – ausführlich benütze, und ich halte meine Dienstzeit ein. (Beifall bei der SPÖ.)

13.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich finde es immer wieder beachtlich, wie die Kollegen von der Freiheitlichen Partei diese Debatte über Parteienförderung, Bezüge und diese Dinge hier führen. Ich finde es deswegen beachtlich, weil sie zu verdrängen scheinen, was in ihren Reihen vor nicht allzu langer Zeit passierte, als der berühmte Herr Rosenstingl, ein Ex-Abgeordneter von ihnen, der hier herinnen saß, verantwortlich dafür war, dass Hunderte Millionen verschwunden sind. Herr Trattner! Sie müssen das doch wissen, Sie waren doch in diesem Feuerwehrsanierungskomitee drinnen. Sie haben sich doch Tag und Nacht mit der Sache beschäftigen müssen. Da ging es um Hunderte Millionen!

Da hat es ja sogar in der "Kleinen Zeitung" am 30. August in einer der vielen, vielen Zeitungskommentare und Berichte über diesen Mega-Skandal eine ganz interessante Kommentierung gegeben – weil Sie da immer zusammenbrechen, wenn es um 100, 200, 300, 400 Millionen Schilling in anderen Bereichen geht –: Für Haider war das nichts – gar nichts! 30. August, "Kleine Zeitung"; da heißt es: "300 Millionen FP-Schulden sind für Haider ,Spatzen‘". Man hat einfach auf "Spatzen" geschossen, wenn man 300 Millionen Schilling Schulden, 300 Millionen Schilling, die verschwunden sind bei der niederösterreichischen Freiheitlichen Partei, in der Öffentlichkeit kritisiert hat. Nichts ist das für Sie! Was sind schon 300 Millionen Schilling? Gar nichts ist das! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist Ihre Einstellung dazu.

Was ist schon dabei, wenn der Verantwortliche mit seiner Freundin nach Brasilien abpascht? – Nichts. Ist das Bestandteil der politischen Kultur in Ihrer Partei, oder was ist das? – Sie aber kommen hier heraus und halten solche Reden! Das ist ja unfassbar!

Sie sollten in Ihren Klubräumen ein Bild von Rosenstingl aufhängen, damit Sie demütiger sind, wenn Sie an diese Frage herangehen. (Beifall bei der SPÖ.) "Rosenstingl nicht vergessen", muss beim Eingang des FPÖ-Klubs stehen, "Unser Mann ist Rosenstingl!" – Ich möchte haben, dass Sie das machen und nicht immer so leichtfertig darüber hinweggehen.

Nächster Punkt: Wieso wehren Sie sich eigentlich dagegen, dass die Parteispenden generell – auch die, die Sie bekommen – offen gelegt werden? Wieso wehren Sie sich dagegen? Wieder muss ich Sie, Herr Kollege Trattner, ansprechen: Ist es vielleicht so, dass irgendjemand von einem Konzern bei Ihnen anklopft und sagt: Mein Gott, jetzt habe ich in die Kassa geschaut, und 5 Millionen Schilling sind mir übrig geblieben. Ich weiß nicht, was ich damit tun soll, ich schenke sie euch, da habt ihr sie. Nehmt die 5 Millionen Schilling. Gegenleistung möchte ich gar keine haben. Einfach so. Ich möchte sie euch so geben, ohne jede Art von Gegenleistung!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 75

Jeder Hubschrauber, den Haider bekommen hat und mit dem er herumgeflogen ist – ohne jede Gegenleistung. All das, was Sie an Millionen und Abermillionen bekommen haben – ohne jede Gegenleistung. – Da lachen doch die Hühner!

Plötzlich kommt einer in einen Aufsichtsrat – "zufällig" hat er gewisse Zeit vorher eine Parteispende abgeliefert. Keine Gegenleistung, denn es ist ja nur zufällig in dem Aufsichtsrat der Platz frei geworden, und nun sitzt er eben dort. Das ist keine Parteibuchwirtschaft – überhaupt nicht. Eine Freunderlwirtschaft schon gar nicht. Und mit der Parteispende, die man bekommen hat, hat das schon überhaupt nichts zu tun. Das ist die Art Pharisäerpolitik, die Sie machen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler hält eine Zeitung in die Höhe.) – Nicht auf Spatzen schießen, würde Haider sagen, wenn Sie das in die Höhe halten. "Spatzen" sind 300 Millionen Schilling, das wollen wir nicht vergessen! Das ist etwas, was Sie immer hier eingebracht und vertreten haben.

Kollege Trattner, Sie verdrehen die Fakten, wenn Sie sagen, 70 Millionen Schilling waren es beim BKA. Sie wissen ganz genau, dass diese Summe im Zuge der EU-Präsidentschaft ausgegeben wurde; übrigens vom Außenministerium, das der ÖVP zuzuordnen ist. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, sollten sich wehren. Kollege Trattner hat gerade gesagt, Ihr Außenminister hat während der EU-Präsidentschaft 70 Millionen "verblasen". Das gibt wieder Stoff für Diskussionen zwischen Ihnen.

Sie wissen außerdem ganz genau, dass es eine Euro-Information gegeben hat, zugeordnet dem Finanzministerium, die 11 Millionen Schilling gekostet hat. Dieser Betrag ist also auch nicht einfach rausgeschmissen worden. Das war eine wichtige Informationsarbeit. Für Sie ist das natürlich eine Verschwendung von Steuergeld (Abg. Haigermoser: Der Euro wird genauso hart wie der Schilling, ist da dringestanden!), im Gegensatz zur Informationsarbeit, welche die jetzige Regierung Ihrer Meinung nach macht. Jetzt ist es in Ordnung. Jetzt sind Sie in der Regierung, jetzt ist es in Ordnung, wenn die Ministerien Millionen für so genannte Informationsarbeit ausgeben, die in Wirklichkeit Regierungspropaganda ist.

EU-Präsidentschaft, Information zum Euro, zur Euro-Einführung, das war wirklich Information. Sie aber sparen Geld in Ihren Parteikassen, indem der Steuerzahler für die Werbekampagnen der Regierungsmitglieder zahlen muss. Sie trauen sich jedoch nicht mit dieser Tatsache vor die Wählerinnen und Wähler hinzutreten. Ich halte Ihr Verhalten für einen Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas – da ist uns ja fast etwas entgangen, muss ich sagen –: Herr Westenthaler tritt hier ans Rednerpult und sagt: Das Oberlimit ist 66 000 S netto! – Das ist eine 10-prozentige Erhöhung, denn soweit ich mich erinnere, waren es 60 000 S netto. Jetzt sind es plötzlich 66 000 S. Das ist die erste Korrektur, das hätten Sie hier sagen sollen, denn Sie haben nicht immer schon 66 000 S gehabt.

Im Übrigen ist das mit den 66 000 S überhaupt ein Schmäh. Gilt das auch für die Freiberufler unter Ihnen (Abg. Ing. Westenthaler: Öffentliche Gelder! – Abg. Mag. Trattner  – in Richtung des Redners –: Passt nie auf!), die Fabrikanten, die Immobilienmakler, all die Unternehmer? Wer hält sich daran? Höchstens Frau Partik-Pablé – wenn das wirklich streng kontrolliert wird – zahlt etwas in den Hilflosenfonds, den Sie in der FPÖ eingerichtet haben; vielleicht Frau Partik-Pablé. Aber fragen Sie einmal, ob die Freiberufler, all jene, die gut verdienen, das zahlen? Zahlt Herr Pumberger, der Arzt, der Freiberufler, das? Alles, was er darüber hinaus als Arzt verdient, geht sofort in die FPÖ-Kassa? – Da lachen doch die oberösterreichischen Hühner! Das ist doch lächerlich. Das, was Sie da machen, ist in Wirklichkeit Wählertäuschung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )

Minister Schmid betreffend muss ich sagen: Das wundert mich überhaupt nicht. Das ist auch nichts Besonderes. Diese Methode kennen wir: zuerst scheinbar eine Obergrenze einhalten, dann sich aus der Politik verabschieden und sagen: Jetzt ist es mir egal, ob ihr mich ausschließt oder nicht, ich kann euch sowieso nicht mehr sehen, und kassieren möchte ich außerdem! – Das ist eine Geisteshaltung von Minister Schmid, die ich verstehe. Er kann Sie nicht mehr


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 76

sehen, er möchte mit Ihnen nichts mehr zu tun haben, und im Übrigen möchte er das verdienen, worauf er sich schon die ganze Zeit gefreut hat. Und das, was er vorher gesagt hat, gilt nicht mehr.

Sie widersprechen damit auch dem alten germanischen Recht – und das sollte für Sie von besonderer Bedeutung sein –: Ein Mann – ein Wort. – Das gilt bei Ihnen nicht!

Wir werden all jene, die jetzt herumrennen und sagen: 66 000 sind die Obergrenze!, danach zu beurteilen haben, ob es wirklich so ist. Mittlerweile ist die Einzige, die sich momentan wahrscheinlich an die 66 000-S-Grenze hält, Abgeordnete Partik-Pablé, eingetroffen. Ich begrüße Sie recht herzlich! Dick wird Ihr Hilflosenfonds in der FPÖ nicht, wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé allein einzahlt – vielleicht noch der Gemischtwarenhändler Haigermoser –, aber alle anderen interessiert das anscheinend nicht. Und das ist Wählertäuschung.

Fragen wir doch Patrick Ortlieb und seine vielen Stiftungen. Patrick, armer Patrick, musst du wirklich so viel einzahlen, ist das wirklich so bitter? – Nein, natürlich nicht, denn du hast ja zwei Ebenen: die Ebene als Abgeordneter hier und auch noch deine andere lukrative Ebene. Olympiasieger – Respekt, verdienstvoll, aber erzählen Sie dann nicht, dass Patrick Ortlieb bei 66 000 S aufhört. (Abg. Jung: Haben Sie eigentlich einen richtigen Beruf ausgeübt?) Bitte, erzählen Sie nicht diesen Schmäh, das glaubt einfach niemand, der die Einkommen von Schistars kennt. Das ist doch lächerlich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: Herr Abgeordneter Westenthaler, mittlerweile hat sich Ihr Verhältnis zu Kollegen Haider schon so verschlechtert – zumindest schaut es so aus –, dass Sie gar nicht mehr davor zurückscheuen müssen, § 18 Einkommensteuergesetz endlich einmal zu relevieren; § 18, von dem nämlich der Bärentaler so herrlich lebt, indem er das Wort "Bärental" in Verbindung mit dem Steuerzahlen gar nicht kennt. Diese Verbindung gibt es im Wortschatz von Landeshauptmann Haider nicht. Man sollte da die Steuerprivilegien einmal beseitigen, damit sich nicht derjenige, der ständig von diesen 66 000 S spricht, dieser Grenze dauernd entzieht, indem er solche Steuerprivilegien hat. Seien Sie doch mutig, kommen Sie hier heraus und sagen Sie: Ich möchte da eine Änderung haben, damit Haider endlich auch Steuer bezahlen muss! – Das wäre eine innerparteiliche Dynamik, die mir gefiele. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss: Wenn Sie in dieser Diskussion schon der Meinung sind, dass Abgeordnete nichts wert sind – wahrscheinlich geprägt, ich möchte Sie nicht gegen Ihren Klubobmann aufhussen, durch Ihren eigenen Klub –, dann belassen Sie es dabei. Wir sind der Meinung, wir sind etwas wert, und wir wollen (Abg. Ing. Westenthaler: Abkassieren!) das gegenüber den Wählern auch durch unsere Arbeit nachweisen, durch eine leistungsgerecht entlohnte Arbeit, und nicht durch permanentes Aufhetzen und Neid. Das schadet der Demokratie. – Möglicherweise ist Ihnen auch das egal, Herr Kollege Westenthaler. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Wähler sind anderer Meinung!)

13.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte. (Abg. Jung: Der Cap redet wie der Blinde von der Farbe, wenn er von Arbeit redet! – Abg. Wenitsch: Der Cap hat noch nie etwas gearbeitet!)

13.48

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Cap, das kommt davon: Sie hören sich so gerne reden, reden sich in einen Wirbel und hören einfach nicht zu, worum es geht!

Worum geht es bei den 66 000 S? – Es geht um Einkommen aus öffentlichen Institutionen. Ist das Einkommen eines Immobilienhändlers, eines Unternehmers (Abg. Dr. Cap: Das sage ich ja!), eines Geschäftseigentümers öffentliches Einkommen? (Abg. Dr. Mertel: Das hat er ja gesagt!) Das ist alles privat. Sämtliche Einkommen aus öffentlichen Institutionen sind gedeckelt mit 66 000 S. – Das ist der erste Punkt.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 77

Zweiter Punkt: Sie haben im Hinblick auf die Werbekampagne im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft gesagt, dass das Außenministerium auch so viel gebraucht hat. – Ist ja schrecklich. Der Vergleich macht uns sicher: Bundeskanzleramt: 71 Millionen Schilling, Außenministerium: 1,7 Millionen Schilling. (Abg. Edlinger: Die EU-Kampagne war beim Bundeskanzleramt!) Sie sagen, das Außenministerium habe so viel verbraucht – aber: 1,7 Millionen, Bundeskanzleramt: 71 Millionen Schilling.

Sie haben weiters gesagt, dass die niederösterreichische Freiheitliche Partei mit 300 Millionen Schilling in der Malaise ist. – Sie müssen alles lesen! Und das ist Ihr Problem.

Genauso handeln Sie aber auch im Umgang mit Geld. Man sieht es bei der Bank Burgenland: ein Schaden in der Größenordnung von 4,6 Milliarden – sozialistische Herrschaft. Man sieht es bei der Sozialistischen Partei: 350 Millionen Schilling, weil Sie eben nicht zwischen Aktiva und Passiva unterscheiden können.

Die 300 Millionen Schilling sind keine schöne Sache gewesen, das sage ich ganz ehrlich. Das hat uns sehr beschäftigt, und wir haben das in Ordnung gebracht. Aber diesem Betrag ist eine Anzahl von Wohnungen, Grundstücken gegenübergestanden (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ), die verwertet wurden, sodass der Schaden, der herausgekommen ist, nur noch zweistellig war. Das ist auch nicht erfreulich, steht aber in keiner Relation zur Höhe jener Schulden, die Sie verursacht haben.

Dritter Punkt: Das mit den Büroräumlichkeiten ist einfach sensationell. Ich muss mich entschuldigen, ich habe mich zuerst beim Quadratmeterpreis geirrt. Ich habe gesagt: 58 S. Bitte um Entschuldigung: Sie zahlen nur 56 S. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Abgeordnete, der umsonst da sitzt!)

13.51

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mag. Trattner hat vor wenigen Augenblicken hier behauptet, dass die 70 Millionen Schilling vom Bundeskanzleramt ausgegeben wurden. (Rufe: 71 Millionen!)

Wahr ist vielmehr, dass dies die Globalsumme für die europäische Präsidentschaft war, über die primär der Ratspräsident verfügt hat. Der Ratspräsident ist der Vorsitzende des Allgemeinen Rates, das ist der Außenminister. Daher hat über die 70 Millionen Schilling primär Herr Außenminister Dr. Schüssel verfügt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Mag. Trattner: Wie üblich sagen Sie die Unwahrheit! – Ruf bei den Freiheitlichen: Sie begreifen nichts! – Abg. Mag. Trattner: Sie glauben, mit der Unwahrheit kommen Sie durch! – Ruf bei den Freiheitlichen: Der Ratspräsident ist der Regierungschef! – Abg. Ing. Westenthaler: Er glaubt heute noch, das Budgetloch ist 20 Milliarden Schilling! – Weitere Zwischenrufe.)

13.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein weiteres Gesetz in diesem Paket enthalten, zu dem ich nur kurz etwas sagen möchte, und zwar geht es um das Gesetz betreffend die politische Bildungsarbeit. Auch da soll gespart werden. Es ist grundsätzlich zu sagen, bei den politischen Akademien ist in den letzten Jahren immer gespart worden, denn die waren am einfachsten angreifbar, weil politische Bildung in diesem Land offenbar einen Stellenwert hat, der nicht so hoch ist. Aber lassen wir das dahingestellt.

Ich möchte die Begründung dieses Antrages vorlesen, denn die finde ich schon sehr originell. Der Antrag wurde so begründet: Durch die Reduzierung des Prozentsatzes soll für die Dauer der


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 78

Jahre 2001 und 2002 eine Reduktion der Aufwendungen um 5 Millionen Schilling erreicht werden. Es wird ein Gesetz betreffend politische Bildung mit einigermaßen weitreichenden Auswirkungen abgeändert, und in der Begründung steht einzig und allein: Das spart Geld ein. Ich meine, dass politische Bildung speziell in den Fraktionen der Regierungsparteien einen außerordentlich hohen Stellenwert haben sollte und nicht nur jenen, den sie bislang hatte.

Der zweite Punkt – jetzt komme ich zur FPÖ zurück – ist diese ominöse 60 000-S-Grenze. Es gibt in diesem Zusammenhang ein paar ganz interessante Zahlen. "FORMAT" vom 21. Februar 2000: ein Bericht über den Sozialfonds der FPÖ. Es gibt in der FPÖ jede Menge Leute, die ziemlich hohe Gagen beziehen, und dann gibt es eine Abrechnung, die besagt, dass die FPÖ monatlich 52 000 S in diesen Sozialfonds abführt. 52 000 S für – schätzen wir es einmal; 1999 waren es Gott sei Dank nur ungefähr 40 Abgeordnete zum Nationalrat, noch nicht 52 – etwa 40 Abgeordnete zum Nationalrat, etliche Landesräte, etliche Abgeordnete zu Landtagen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Und jetzt komme ich zurück zu den Ausführungen von Kollegen Trattner, der gesagt hat, dass sich das ja nur auf die Bezüge aus öffentlichen Ämtern beziehe. Okay, reduzieren wir es darauf, das ist ein Angebot, und schauen wir, was dabei herauskommt:

Ewald Stadler, Landesrat in Niederösterreich, hat zwar nicht aufgelistet, wie er dazu kommt, aber er gibt bekannt, dass er bei seinem Bruttobezug von 180 000 S auf einen Nettobezug von 63 551 S kommt. Es wäre daher durchaus interessant, diese Aufstellung zu sehen, aber ich glaube, man kann es auch so aufklären, denn Herr Kabas aus Wien hat sich die Mühe gemacht und aufgeschlüsselt, wie er wirklich den Betrag errechnet, und das ist ja nicht uninteressant.

Kollege Kabas ist ein vorsorgender Mensch, das muss man feststellen. Er hat eine extrem hohe Pensionsabsicherung, die er ja in den nächsten Wochen und Monaten auch gut brauchen können wird. Er dürfte dafür also sehr gut vorsorgen. (Abg. Edlinger: Die Freudenhausinspektionen kosten auch viel Geld!)

Der Parteiobmann der Wiener FPÖ Kabas hat einen Bruttobezug von 140 000 S im Monat, und er gibt an, dass sich dieser auf Grund der angeführten Abzüge auf einen Betrag von 48 598 S reduziert, was insofern nicht uninteressant ist, als jeder Abgeordnete in diesem Haus, der ein normales Abgeordnetenentgelt bezieht, selbst wenn er die Pensionskassenregelung in Anspruch nimmt, bei einem Betrag von ungefähr 100 000 S brutto etwa 52 000 S auf seinem Konto findet. Herr Kabas hat 140 000 S. (Abg. Neudeck: Wie schaffen Sie denn das? Rechnen Sie mir das einmal vor! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Abgeordneter! 39 000 S! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß nicht, ob Sie da auch Ihre Klubbeiträge berücksichtigen, aber ich würde nicht sagen, dass das öffentliche Abgaben sind. Wie viel Sie Ihrem Parlamentsklub zahlen, ist mir ziemlich egal. (Abg. Dr. Partik-Pablé: 39 000 S!) Wenn Sie 39 000 S auf Ihrem Kontoauszug vorfinden, dann lassen Sie das – das würde ich Ihnen raten –, von der Parlamentsdirektion nachrechnen, denn dann dürfte der Herr Klubobmann schon einen Teil abgeschöpft haben, da das bei diesem Betrag einfach nicht herauskommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

39 000 S? – Rechnen Sie mir vor, wie Sie darauf kommen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich zeige es Ihnen!) Das würde ich gerne sehen, und dann gehen wir in die Parlamentsdirektion und fragen, wie es möglich ist, dass da offenbar völlig unterschiedliche Politikergehälter gezahlt werden. Das ist interessant. Vielleicht genießen wir in diesem Haus ein besonderes Ansehen, dass wir mehr bezahlt bekommen als die Freiheitlichen.

Zurück zu Herrn Kabas: 140 000 S. (Abg. Haigermoser: Für das Freigeben von Rauschgift!) – Herr Haigermoser, Sie und Ihre unqualifizierten Zwischenrufe! Das Rauschgift hat Herr Kabas möglicherweise bei seinen Abrechnungen irgendwo dazwischen bekommen.

140 000 S rechnen sich auf 59 000 S folgendermaßen: Er zahlt 8 221 S Klubbeitrag. Ich finde es ja nicht uninteressant, dass der Klubbeitrag bei den Abgaben eingerechnet wird. Aber man sollte


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 79

wohl dazusagen, dass der Klubbeitrag steuerabzugsfähig ist – wie bei allen. Das heißt, die Hälfte davon bekommt er zurück. Erste Unrichtigkeit in der Abrechnung des Herrn Kabas.

Er gibt an, 48 000 S Lohnsteuer zu zahlen. Okay, das ist das, was er monatlich zahlt. Es sei einmal dahingestellt, wie viel er wirklich zahlt, aber ich möchte jetzt nicht auch noch auf seinen Steuerausgleich zu sprechen kommen.

Interessant wird es, wenn man sich die Pensionsabschläge anschaut. Herr Kabas zahlt 24 937 S an Sozialversicherung – das ist ja nicht gerade wenig –, und zahlt extra noch einmal 11 000 S in seine Pensionsversicherung aus seinem Zivilberuf ein. Wenn man das zusammenrechnet, kommt Herr Kabas auf eine monatliche Pensionsabsicherung von über 30 000 S, die er selbst einzahlt.

Jetzt frage ich Sie – das können Sie ja einmal aufrechnen –: Wie lange muss Herr Kabas Pension einzahlen – er könnte eigentlich schon lange aufgehört haben –, wenn er sowieso nur 66 000 S bekommen darf? Mehr kann er ja gar nicht bekommen. Rechnen Sie einmal aus, wie viel jemand herausbekommt, wenn er 30 000 S monatlich allein für die Pensionsabsicherung zahlt! Und dann sagen Sie, das ist eine Politik für die "kleinen Leute". Offenbar ist es in der Pension dann einfacher, denn dann braucht man nicht mehr Mitglied zu sein, da steht man nicht mehr so in der Öffentlichkeit, da ist es dann nicht mehr notwendig, sich daran zu halten.

Kollege Westenthaler! Ich stelle noch eine Behauptung auf, Sie können sie ja in einer tatsächlichen Berichtigung korrigieren. Wie schaut es eigentlich mit den Sonderzahlungen aus? Gelten die Zahlen, die Sie da nennen, auch für die Sonderzahlungen? Wenn Sie sagen, sie gelten, dann gehen Sie hier heraus und behaupten Sie das. Ich sage, die Sonderzahlungen werden bei diesem Betrag nicht berücksichtigt. Sie können sich ausrechnen, wie viel übrig bleibt, wenn jemand ein Salär von 180 000 S im Monat erhält und der begünstigte Steuersatz für Sonderzahlungen zur Anwendung kommt. Rechnen Sie das um auf das gesamte Jahresgehalt, dann werden Sie darauf kommen, dass es nicht 66 000 S sind, sondern eine Größenordnung von 100 000 S netto ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo liegt Ihre Obergrenze? Haben Sie eine Obergrenze? Ihr seid Vollkassierer! Das beste Beispiel ist die Abgeordnete Lichtenberger!)

Es ist das eine Politik, die äußerst unglaubwürdig ist. Gehen Sie heraus und widerlegen Sie es! Ich behaupte, Sie haben wesentlich mehr als diese 66 000 S! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

14.00

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Trattner, es bezweifelt niemand, dass Sie eine Regelung veröffentlicht haben, der zufolge Einkommen aus öffentlichen Kassen Sozialfonds zuzuführen wäre. Was wir bezweifeln, ist, dass dieses Geld über 66 000 S dort jemals hingelangt und dort auch verbleibt. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber Sie kassieren dafür!) Und Beweise liegen auf dem Tisch. Erstens einmal ist im Burgenland nachvollziehbar, dass das nicht der Fall ist, sondern der Sozialfonds vor allem ein Sozialfonds für burgenländische Abgeordnete und Politiker der FPÖ ist, und in Wien eben für Wiener FPÖ-Politiker und in Niederösterreich für niederösterreichische FPÖ-Politiker. Das Zweite ist, dass es da Mittelrückflüsse gibt, die rein in den privaten Bereich gehen. Meine Damen und Herren! Das ist eine Chimäre und nichts anderes! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: In welche Bereiche?)

Herr Kollege Trattner! Sie sind ja in diesem Zusammenhang durchaus professionell geschult. (Abg. Mag. Trattner: Sie haben sich schon einmal entschuldigen müssen! Können Sie sich erinnern?) Sie haben eine doppelte Buchhaltung: eine Buchhaltung, die Sie in der Öffentlichkeit herzeigen können, und eine zweite Buchhaltung, die Sie in der Öffentlichkeit nicht herzeigen können, und dazu gehören die Sozialfonds und jene Spendenkonten, über die wir in den letzten Wochen mehrfach gehört haben.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 80

Meine Damen und Herren! Ich habe mich aber wegen einer jüngsten Pressemeldung zu Wort gemeldet, die ich dem Haus nicht vorenthalten möchte. Vor einer Dreiviertelstunde wurde über die APA veröffentlicht, dass die Staatsanwaltschaft gegen Justizminister Böhmdorfer ermittelt. Ich möchte jetzt mit den Worten in diesem Zusammenhang sehr vorsichtig umgehen und möchte zitieren (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat das mit dem Bezügegesetz zu tun?), was über einen Empfänger von Bezügen nach dem Bezügegesetz in der APA gesagt wird (Abg. Ing. Westenthaler: So einfach geht es aber nicht!)  – wörtlich –: Die Anzeigen werden derzeit geprüft. Es gibt noch keine Vorerhebung, bestätigt der Erste Staatsanwalt Dr. Kellner. (Abg. Dr. Khol: Also! – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist das Problem?)

Und weiters: "Wann eine Entscheidung über Vorerhebungen fallen werde, könne er nicht sagen, es werde sich wohl maximal um ,wenige Wochen‘ handeln, so der Erste Staatsanwalt."

Das heißt in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren (Abg. Ing. Westenthaler: Das heißt gar nichts!): Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob eine Voruntersuchung einzuleiten ist, und es wird eine formelle Entscheidung geben. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt blamieren Sie sich!) Herr Kollege Westenthaler, ich finde das nicht zum Lachen. In jedem demokratischen Staat wäre das ein Grund für den Rücktritt des Justizministers. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber Sie mögen dies lächerlich finden. Das ist Ihr Selbstverständnis von Rechtsstaat.

Das heißt nämlich nicht weniger und nicht mehr, meine Damen und Herren, als dass Untersuchungsbehörden bei aufrechtem Weisungsrecht, bei aufrechten Berichtspflichten gegen den obersten Chef zu erheben haben.

Meine Damen und Herren! Ich habe sowohl Kollegen Westenthaler als auch Khol als auch Van der Bellen, aber auch meinen Stellvertretern im Verfassungsausschuss vor einer Viertelstunde einen Brief geschrieben, in dem ich sie dringend auffordere, unverzüglich in gesetzliche Beratungen einzutreten, damit diese für eine Demokratie, ja für einen Rechtsstaat unerträgliche Situation in Zukunft nicht mehr eintreten kann. Das, was wir wollen, ist, dass eine Justizbehörde unbeeinflusst und ohne Berichtspflicht an den obersten Chef ermitteln kann und ermitteln wird. Und, meine Damen und Herren, ich lade Sie daher ein ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Wir behandeln das Bezügegesetz. Ich bitte, zur Sache zu sprechen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ich lade Sie daher ein, eine rechtliche Bestimmung zu schaffen, die einen Bezieher des Bezügegesetzes in die Lage versetzt (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), jener Verpflichtung, die er mit seinem Amtseid übernommen hat, auch tatsächlich nachzukommen.

Herr Präsident! Ich würde Sie ernsthaft ersuchen, eine Debatte zu einem so wichtigen demokratiepolitischen, rechtsstaatlichen Thema nicht zu unterbinden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich lade Sie ein, meine Damen und Herren, sicherzustellen – und da können wir über jeden Bezieher nach dem Bezügegesetz diskutieren –, dass ein oberstes Organ der Bundesvollziehung wie ein Justizminister in eigener Sache keine Weisung geben kann, in eigener Sache nicht informiert wird, um damit seinem Anwalt keine Informationen geben zu können, und eine Rechtssituation herzustellen, wie sie für jeden Rechtsstaat und jede Demokratie selbstverständlich ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Trattner zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Kostelka, Sie haben behauptet, die Freiheitliche Partei hätte eine doppelte Buchhaltung: eine, die wir herzeigen, und eine, die die Spenden auflistet.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 81

Ich widerspreche Ihnen ganz klar: Die Freiheitliche Partei hat nur einen Buchhaltungskreis, wo sämtliche Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß verbucht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Legen Sie offen!)

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich auch Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Eine Wortmeldung war das!)  – Aha, okay.

Dann kommt der Nächste in der Rednerreihenfolge zu Wort: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Entschuldigung, das war ein Missverständnis. Ich dachte, es handelt sich um eine tatsächliche Berichtigung, aber es handelt sich um einen normalen Redebeitrag. (Abg. Ing. Westenthaler  – zu dem in Rednerpultnähe stehenden Abg. Dr. Pilz –: Pilz, sitz! – Abg. Dr. Pilz: Wuff! Wuff! – Heiterkeit.)  – Bitte, Herr Abgeordneter Westenthaler.

14.07

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Kollege Kostelka lässt wirklich kaum eine Chance aus, um sich bloßzustellen. Es ist ja auch jedem selbst überlassen, auf welche Art und Weise er sich hier heraußen bloßstellt, jedenfalls lässt er keine Chance aus. Es gibt eine neue Qualität in diesem fürchterlichen, die Welt erschütternden Datenmissbrauchs- und Spitzelskandal, den die Oppositionsparteien seit Wochen verzweifelt zu konstruieren versuchen und der täglich immer mehr zusammenbricht, weil jetzt eine Suspendierung nach der anderen aufgehoben wird und sich auch noch andere Dinge in diesem Zusammenhang zeigen werden. (Abg. Schwemlein: Aber die Ermittlungen gehen weiter!)

Aber bis jetzt war es so, dass Herr Kollege Kostelka und seine Kollegen immer den Rücktritt gefordert haben. Sie haben gesagt: Wenn da etwas dran ist, ist das fürchterlich! Und wenn da etwas auf dem Tisch liegt, wenn die Ermittlungen, Vorerhebungen etwas ergeben, muss das Konsequenzen haben! – Heute haben wir eine neue Qualität: Heute hat Kostelka erstmals den Rücktritt des Bundesministers Dieter Böhmdorfer gefordert, weil keine Vorerhebungen eingeleitet worden sind. Das hat er uns vorhin erklärt. Er hat zuerst zitiert, dass bisher keine Vorerhebungen eingeleitet worden sind, und hat danach Böhmdorfers Rücktritt gefordert. Dass Sie das tun, ist wirklich auch unter Ihrem Niveau, Herr Kollege Kostelka. Glauben Sie mir das wirklich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ein Drahdiwaberl!)

Das Problem ist, dass das bei Ihnen Methode hat, und das ist das Verwerfliche daran: Es hat bei Ihnen Methode, dass Sie einfach hergehen, Behauptungen in den Raum stellen, sie dann nicht zurücknehmen oder nur dann zurücknehmen, wenn Ihnen das ein Gericht aufträgt, wie das in der Causa des Bundesgeschäftsführers der FPÖ Trattner der Fall war, bei dem Sie sich schon einmal entschuldigen mussten, weil Sie etwas Falsches über ihn behauptet haben. Und das werden Sie auch bei Bundesminister Böhmdorfer tun müssen – das werde ich immer wieder einmahnen –, dem Sie in einer Pressekonferenz vorgeworfen haben, dass die Telefone in seinem Büro und im Justizministerium auf rechtswidrige Art und Weise auf bestimmte Signale abgehört werden. Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf, zeigt aber, welche Geisteshaltung da dahintersteckt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Vernaderer!)

Mit solchen "Argumenten", die Sie dann überhaupt nicht aufrechterhalten können, schütten Sie den Justizminister an, attackieren und diffamieren Sie ihn. Am Schluss werden aber immer wieder Sie überbleiben, weil die Wahrheit letztlich siegt, Herr Kollege Kostelka. Merken Sie sich das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und deswegen brauchen wir hier auch keine Inszenierungen von irgendwelchen Aktionen, die Sie da jetzt noch schnell unterbringen wollen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 82

Was mir fehlt, sind die Antworten Ihrer Partei auf die heute aufgeworfenen skandalösen Missstände, die es bei Ihnen gibt, die Antwort auf die Frage, wie es denn sein kann, dass Sie für Ihre SPÖ-Parteizentrale mit 1 800 Quadratmetern in der Innenstadt, in bester Lage, wo normalerweise jeder zwischen 200 und 250 S pro Quadratmeter Miete zahlt, nur 56 S Miete zahlen – oder maximal 58 S, so klar ist das nicht, aber diese 2 S sind hier auch nicht mehr erheblich. Wieso zahlen Sie nur ein Viertel dessen, was ein Normalbürger oder eine Firma, die sich dort einmieten, bezahlen müssten?

Das ist in Wirklichkeit ein evidenter Mietskandal, der hier vorliegt, und Sie gehen überhaupt nicht darauf ein! Das ist ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Statt dessen reiten Sie irgendwelche Attacken gegen den Justizminister, bringen irgendwelche Behauptungen vor, die Sie dann wirklich nicht beweisen können!

Sagen Sie uns, warum? Warum gehen Sie nicht her, sind Sie nicht ehrlich und sagen: Jawohl, wir sind Vertreter von Mietern, daher setzen auch wir unsere Miete hinauf und zahlen 250 S pro Quadratmeter!? Dann sind Sie glaubwürdig. Solange das nicht der Fall ist, so lange werden Sie nie mehr als Vertreter von Mietern auftreten können, Herr Kollege Kostelka! Das können Sie nicht, weil Ihnen die Glaubwürdigkeit dazu fehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Da unterbrechen Sie nicht, Herr Präsident?!)

Sie haben uns auch noch nicht erklärt, wie das mit Ihren Parteifinanzen weitergeht, mit 350 Millionen Schilling ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Doch, Herr Abgeordneter Schieder! Ich habe noch auf den nächsten Satz, der kommt, gewartet.

Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir zum Bezügegesetz reden. Ich bitte, zur Sache zu kommen!

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): Ich bin schon dabei: Bezügegesetz, Parteienförderung. Sie haben zu Beginn des Jahres angekündigt, dass Sie am 26. April ein Sanierungskonzept für Ihre Parteikasse vorlegen werden. Bis heute gibt es das nicht. Bis heute wissen wir nicht, wie es weitergeht (Zwischenrufe bei der SPÖ), außer dass mittlerweile immer mehr Indizien beim Skandal der Bank Burgenland dafür auftauchen, dass es sich dort um Parteienförderung, Parteienfinanzierung und möglicherweise auch um Bestechung handelt. Der Zusammenhang wird noch sehr interessant sein. (Abg. Dr. Keppelmüller: Haben wir das niederösterreichische Finanzierungskonzept gekriegt?)

Sie haben uns bis heute nicht erklären können, Herr Kollege Kostelka, wie Sie es vor der Öffentlichkeit verantworten, dass sich die SPÖ den Luxus leistet, zwei Klubobmänner voll zu bezahlen: Der eine wird nach dem Bezügegesetz des Hauses mit 170 000 S entlohnt, und der zweite Klubobmann bekommt als normaler Abgeordneter 100 000 S, und die Partei zahlt ihm, damit er gleich viel verdient wie der erste Klubobmann, noch einmal einen "Siebziger" pro Monat drauf. Sie haben also zwei Klubobmänner mit einem Bezug von jeweils 170 000 S.

Und weil die SPÖ noch zwei zwar relativ unbekannte, aber auch hier im Raum oft herumlaufende Bundesgeschäftsführerinnen hat (Abg. Dr. Keppelmüller: Sehr charmant! Jetzt ist er wieder im Bierzelt!), die auch jeweils 100 000 S als Mandatarinnen bekommen, zahlt die Partei je Bundesgeschäftsführerin noch einmal 50 000 S drauf, sodass Bures und Kuntzl je 150 000 S abkassieren. Das allein macht für die Partei, die aus öffentlichen Mitteln subventioniert wird, 2,8 Millionen Schilling aus, die Sie pro Jahr für Herrn Gusenbauer, für Kuntzl und Bures aus öffentlichen Geldern finanzieren. (Abg. Hagenhofer: Was geht Sie das an?) Und das bei einer Pleite von 350 Millionen Schilling! Sie werfen das Geld der Steuerzahler mit beiden Händen aus dem Fenster, und wir ertappen Sie immer wieder erneut dabei! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 83

14.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz.

14.13

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe am 10. November dieses Jahres eine Sachverhaltsdarstellung gegen Justizminister Dr. Böhmdorfer eingebracht, und heute hat der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien bestätigt, dass die Ermittlungen gegen den Justizminister im Gange sind. (Rufe bei der ÖVP: Zum Bezügegesetz! Zum Bezügegesetz!)

Der Bericht über die Ermittlungen und die notwendige Entscheidung über das gerichtliche Verfahren wird auf dem Tisch von Justizminister Böhmdorfer landen. Und dann wird Justizminister Böhmdorfer darüber entscheiden müssen, was mit dem Anwalt Böhmdorfer im gerichtlichen Verfahren geschehen soll. Und das, meine Damen und Herren, ist schlicht und einfach nicht nur für die Justiz unerträglich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Das macht der Untersuchungsrichter! – Abg. Dr. Fekter: Das macht der weisungsfreie Untersuchungsrichter! – Abg. Mag. Kukacka: Sie sagen die Unwahrheit!)

Jetzt geht es darum, einmal in diesem Parlament darüber zu reden, welche Bedeutung Rechtsanwalt Dr. Böhmdorfer für das System der Parteienfinanzierung in Österreich hat. Das eine Verfahren, über das die APA heute berichtet, die Ermittlungen gegen den Justizminister, das ist die Spitzelaffäre, das ist die Affäre Haider, Westenthaler, Böhmdorfer und, und, und. Bei der zweiten Affäre, beim zweiten Verfahren (Abg. Dr. Fekter: Pilz!), worüber die APA noch nicht berichtet hat und worüber ich kurz berichten möchte, geht es um Parteienfinanzierung, um den Bruch des Parteiengesetzes.

Ich habe am 10. November eine zweite Sachverhaltsdarstellung erstattet, ebenfalls an die Staatsanwaltschaft Wien, wegen Verdachtes auf Steuerhinterziehung; sie richtet sich gegen Herrn Dr. Jörg Haider. Die Begründung ist sehr einfach: Ein ehemaliger Konzipient und heutiger Rechtsanwalt, der seine Konzipientenjahre in der Kanzlei Böhmdorfer verbracht hat, hat auch mir gegenüber persönlich detailliert seinen Vorwurf wiederholt, 5 Millionen an Geldern seien unter Bruch des Gesetzes über die Parteienfinanzierung vom Klubdirektor der Freiheitlichen Partei an Herrn Dr. Böhmdorfer in dessen Kanzlei überbracht worden. (Abg. Dr. Fekter: Ist schon alles in der Zeitung gestanden!) Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Anzeige an die Finanzstrafbehörden abgetreten, und auch hier finden Ermittlungen statt, auch hier ist bereits das Verfahren eingeleitet worden. (Ruf bei der ÖVP: Woher wissen Sie das alles?) Dieses Verfahren läuft gegen Dr. Jörg Haider, und ich bin darüber als Anzeiger ganz offiziell von der Staatsanwaltschaft Wien informiert worden. Ich bin ganz offiziell informiert worden.

Und jetzt stellt sich die Frage, Herr Abgeordneter Trattner: Wo finden wir die 5 Millionen Schwarzgeld des Industriellen Turnauer in Ihrer Buchhaltung? Wo finden wir im Trattner/Westenthaler-Buchhaltungsregelkreis diese 5 Millionen? Sie müssten in den Veröffentlichungen der "Wiener Zeitung" ausgewiesen sein. Dort sind sie nicht ausgewiesen! Wo sind die Millionen, Herr Abgeordneter Westenthaler? Wo sind sie geflossen? Wer hat sie verbucht? Wo wird darüber Rechnung gelegt, und wofür sind sie verwendet worden?

Wir kennen das System Kohl zur Genüge. Was wir jetzt gerade kennen lernen, ist das System Haider/Trattner/Westenthaler ...

14.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Pilz! Ich habe Ihre zwei Vorredner darauf aufmerksam gemacht, dass wir jetzt zum Bezügegesetz verhandeln. (Abg. Ing. Westenthaler: Pilz, sitz!) Ich gebe zu, dass die Frage von Parteienfinanzierungen so naheliegend ist, dass man den einen oder anderen Ausflug in diese Richtung unternehmen kann, aber jetzt sozusagen von einem Justizfall, den Sie ansprechen, auszugehen und sich ausschließlich darauf zu konzentrieren, das, glaube ich, hängt nicht mit dem Verhandlungsgegenstand zusammen. (Abg. Dr. Petrovic: Stimmt nicht: Tagesordnungspunkt 4! – Abg. Mag. Kogler: Wir sprechen auch über das Parteiengesetz! – Abg. Silhavy: Bitte, die Tagesordnung zu lesen, Herr Präsident!)

Ich ersuche Sie daher, jetzt Ihre Ausführungen auf das Bezügegesetz zu konzentrieren. (Abg. Dr. Van der Bellen: Zur Geschäftsordnung!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 84

Bitte, Herr Klubobmann Van der Bellen, zur Geschäftsordnung. (Abg. Ing. Westenthaler: Während einer Rede gibt es doch keine Geschäftsordnungsdebatte, Herr Präsident!)

14.18

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ganz kurz: TOP 2: Bezügegesetz, TOP 3: Förderung politischer Bildungsarbeit und so weiter, TOP 4: Parteiengesetz. Das wird alles unter einem verhandelt. Das ist eindeutig Tagesordnung. Wir reden nicht nur über das Bezügegesetz, sondern auch über das Parteiengesetz.

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der Einwand hat eine Berechtigung, Herr Abgeordneter Van der Bellen. Das muss ich zugeben.

Bitte, Herr Abgeordneter Pilz, setzen Sie Ihre Ausführungen fort, und konzentrieren Sie sich auf den Gegenstand der Tagesordnung mit all seinen Punkten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! Ich weiß das durchaus zu schätzen, dass Sie das klargestellt haben, weil das in diesem Hause leider nicht immer und nicht jederzeit üblich ist. – Danke schön!

Ich setze meine Rede fort zum Parteiengesetz und zum Verdacht, dass Bestimmungen des Parteiengesetzes durch Dr. Haider, Dr. Böhmdorfer und andere verletzt worden sind.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht egal, ob das Gesetz über Parteienfinanzierung gebrochen worden ist. Es ist nicht egal, ob der Haupttatverdächtige der Kärntner Landeshauptmann ist, und es ist nicht egal, ob ein Mitverdächtiger der derzeitige Justizminister der Republik Österreich ist. Und die einzige Ausrede, die einzige freiheitliche Ausrede, das Parteiengesetz sehe keine Sanktionen dafür vor, ist keine Ausrede, sondern ein Hinweis darauf, dass Reformbedarf besteht.

Meine Damen und Herren! Was ist das für eine Gesetzeslage, wo im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland bei Verletzung des Parteiengesetzes, bei illegaler Parteienfinanzierung keine Strafbestimmungen zum Zuge kommen? Ein völlig sanktionsloses Gesetz! (Beifall bei den Grünen.) Dieses Gesetz in seiner jetzigen Form ist eine Einladung an Politiker der Art des Kollegen Westenthaler oder des Kollegen Trattner, einen zweiten Buchhaltungskreis, um das vorsichtig zu formulieren, einzuführen.

Sie haben kein System Kohl gebraucht, um ein System Haider zu erfinden, Sie sind erfinderisch genug. Aber ich verspreche Ihnen: Von der Bank Austria über die Raiffeisenbank zur Landeshypobank Klagenfurt, zur RBB Wolfsberg, zur Grazer Wechselseitigen und vielen anderen werden die Bücher nicht mehr geschlossen werden können und werden die Spuren der Zahlungsflüsse nicht mehr getilgt werden können. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir über das System Haider-Westenthaler-Trattner genauso viel wissen wie über das System Kohl. Die einzige Frage, die sich stellt, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, ist: Wie lange helfen Sie noch dabei, die illegale Parteienfinanzierung der Freiheitlichen Partei parlamentarisch zu decken? Welches Interesse haben Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, den Koalitionspartner zu decken, zu decken und weiter zu decken? (Abg. Brix: Schüssel!)

Damit komme ich zum Schluss. Jeder einigermaßen zivilisierte Demokrat und jede Demokratin wissen doch längst, dass Justizminister Böhmdorfer in seiner Funktion untragbar geworden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber ich nenne Ihnen jetzt den letzten Grund dafür, warum es für ein paar Tage in der nächsten Woche Herrn Böhmdorfer in seiner Funktion als Justizminister wahrscheinlich noch geben wird: weil er der Rechtsanwalt ist, der am meisten über die illegale Parteienfinanzierung und die schwarz-blauen Konten der Freiheitlichen Partei weiß!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 85

Er steht als Mitwisser an der Spitze des Ressorts. – Das ist der einzige Grund, warum er heute noch Justizminister ist. Und diesen Zustand können nur gerichtliche Untersuchungen, polizeiliche Untersuchungen und parlamentarische Untersuchungen beenden!

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ich weiß nicht, wann, aber ich weiß, dass es Ihnen früher oder später unmöglich sein wird, all das, was bei Ihrem Koalitionspartner auftaucht, unter den schwarz-blauen Teppich zu kehren. Dieser Teppich hat Fransen bekommen, dieser Teppich reißt. Die Causa Haider-Westenthaler-Trattner-Böhmdorfer wird untersucht werden, und keine Koalition dieser Republik kann das auf Dauer verhindern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz geändert wird, in 380 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Frieser, Dr. Krüger und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 6 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 380 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Frieser, Dr. Krüger und Genossen abstimmen, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Damit ist der Antrag angenommen. (Abg. Dr. Khol: Zuerst wird so gestritten, und dann ist es einstimmig! – Abg. Ing. Westenthaler: Aber ohne Gusenbauer!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber ohne Gusenbauer, weil der fehlt wieder!)

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird, samt Titel und Eingang in 381 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 382 der Beilagen abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 86

5. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (360 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

14.26

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Mag. Schweitzer: Der redet schon wieder! Jetzt sag einmal, was du vier Jahre gemacht hast!) Es geht jetzt um einen Vier-Parteien-Antrag, daher wird wahrscheinlich Ruhe und Ausgeglichenheit auch bei den Regierungsparteien einkehren, wenn ich ans Rednerpult trete.

Es geht jetzt um ein Thema, das die Sozialdemokratie schon vor langem aufgegriffen hat und das im Wesentlichen die Kernforderung der Sozialdemokraten enthält, nämlich: dass die uneinheitlichen Regelungen auf den verschiedenen Ebenen unserer staatlichen Verfassung – Bundesebene, Länderebene und zum Teil noch Gemeindevergabeordnungen auf Gemeindeebene – vereinheitlicht werden sollen und in ein einheitliches Bundesvergabegesetz übergeführt werden sollen.

Man darf nicht vergessen, dass der Bund beziehungsweise die öffentliche Hand im Allgemeinen der größte Investor in Österreich ist und dass mehr als 200 Milliarden Schilling an Investitionsvolumen pro Jahr über die verschiedenen Vergabeordnungen verteilt werden. Es ist daher nicht einzusehen, dass wir auf Bundesebene eine Regelung haben, auf neun verschiedenen Landesebenen neun verschiedene Vergaberegelungen aufrechterhalten, die auch noch in der Abwicklung und in der Organisation unterschiedlich sind und in der Konstruktion der verschiedenen administrativen Behörden ebenfalls unterschiedlich sind und nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes teilweise nicht verfassungskonform waren. Daher wurde diese Neuregelung notwendig.

Da man sich aber mit dieser Neufassung intensiv auseinander setzen muss, um eine vernünftige Regelung auch für die Zukunft herbeiführen zu können, ist ein Antrag eingebracht worden, der uns nunmehr zur Abstimmung vorliegt, den alle vier Parteien unterstützen und der nichts anderes sagt als: Bis zur Lösung des Problems einheitliche Bundesvergabeordnung sollte der Status quo verfassungsrechtlich abgesichert werden, damit auch die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern verfassungsrechtlich abgesichert werden.

Ich sehe das als einen Erfolg unserer langjährigen Bemühungen an. Es wurde nunmehr eine Frist bis 31. August 2002 gesetzt, bis dahin sollte eine mögliche Vereinheitlichung in Verhandlungen mit den Ländern herbeigeführt werden.

Das ist ein sinnvoller Weg, es ist ein konstruktiver Weg, und solche Vorgangsweisen zeigen auch, dass wir sehr wohl zu einer konstruktiven Opposition bereit sind, wenn man nicht über uns "drüberfährt", wenn man uns in Verhandlungen einbindet und wenn man versucht, auch mit uns Lösungen zu finden. Dann sind wir auch bereit, an diesen Lösungen konstruktiv mitzuarbeiten. Wir bringen immer wieder Alternativvorschläge auch zu anderen Gesetzesmaterien ein, und es wäre durchaus angebracht und würde den Regierungsparteien gut anstehen, uns eben auch in anderen Bereichen in die konstruktive Arbeit miteinzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sehe hier eine Möglichkeit, auf einem interessanten Gebiet, auf einem Gebiet, das nicht ideologisch umstritten ist, auf einem sehr praktikablen Gebiet eine Vereinheitlichung einer Regelung, damit eine Verwaltungsvereinfachung, eine Reform der Verwaltung in diesem Bereich durchzuführen und letztendlich einen Beitrag zu einem vereinfachten Zugang der Bürger, insbesondere der Wirtschaft zu unseren Verwaltungsmechanismen zu leisten.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 87

Es wäre durchaus angebracht, der Wirtschaft entsprechend einfache Regelungen zur Verfügung zu stellen, um eine Beschleunigung des Verfahrens, eine Vereinfachung des Verfahrens und eine möglichst effiziente Ausgestaltung des Verwaltungsapparates, der diese Verfahren begleitet, zu erreichen.

In diesem Sinne werden wir diesem Antrag auch unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

14.30

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners anschließen. Es ist eine wichtige Rechtsmaterie, und es ist vor allem für die Wirtschaft von erheblicher Bedeutung. Nur muss ich im Gegensatz zu meinem Vorredner feststellen, dass es nicht die Sozialdemokraten waren, die die Vereinheitlichung dieser Rechtsmaterie immer gefordert haben, sondern das ist eine langjährige Forderung der Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Forderung nach einer Vereinheitlichung des Vergaberechtes haben sich dann nach langer Zeit auch die Wissenschaft und vor allem auch die Bürokratie angeschlossen. Wir glauben, diesen Forderungen nachkommen zu können, indem wir uns im kommenden Frühjahr, im kommenden Halbjahr bemühen werden, konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten zu führen, um dies zu einem guten Ende zu führen.

Der Inhalt der Vorlage – mein Vorredner hat das kurz skizziert – ist im Wesentlichen nur eine Verlängerung der derzeitigen Rechtslage, notwendig geworden sowohl durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes als auch durch eine Änderung – die auch im Gesetzentwurf vorgesehen ist –, die durch ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes notwendig geworden war.

Ich möchte noch betonen: Es gab im Vorfeld zu diesem Gesetzesantrag Vier-Parteien-Verhandlungen, die in einem außerordentlich konstruktiven Klima geführt wurden, die auch zu einem guten Ergebnis geführt haben, wobei das Ergebnis letztlich noch kein endgültiges Ergebnis ist, sondern ein vorläufiges, denn: Einfach die derzeitige Rechtslage verfassungsrechtlich zu verlängern, ist als solches noch keine wirkliche Leistung.

Das Bundeskanzleramt hat in Vorbereitung zu diesem Gesetzesantrag auch zwei Vorlagen in Begutachtung geschickt. Zunächst einmal eine, die vorsah, in einer Art – wie den unabhängigen Bundesasylsenat – Modulsystem eine neue Behörde im Rahmen des Artikels 129c B-VG, eine unabhängige Behörde zu schaffen. Das hat leider nicht jene Zustimmung im Begutachtungsverfahren gefunden, die wir uns gewünscht hätten, daher ist ein Zweitentwurf in Begutachtung gegangen, der eine verfassungsrechtliche Absicherung einer Sonderkonstruktion mit hauptberuflich tätigen Senatsvorsitzenden mit richterlichen Garantien vorgesehen hat. Das hat wiederum nicht die Zustimmung der Opposition gefunden, und daher haben wir uns in diesen Parteivorgesprächen dazu entschlossen, die derzeitige Rechtslage bis 31.8.2002 zu verlängern.

Ich möchte in diesem Zusammenhang, weil wir uns auch vorgenommen haben, einige Linien in diese Verhandlungen miteinzubringen, folgenden Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Krüger, Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Petrovic und Kollegen betreffend die Schaffung eines einheitlichen Vergaberechts für Bund, Länder und Gemeinden


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 88

Die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber ist nicht zuletzt wegen des enormen Auftragsvolumens von besonderer Bedeutung für die Wirtschaft. Vergaberechtliche Normen sind daher zur Objektivierung des öffentlichen Auftragswesens und somit der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen von größter Wichtigkeit. Die österreichische Rechtslage ist diesbezüglich nicht zufriedenstellend, da die vergaberechtlichen Normen des Bundes und der Länder in materiellen Bereichen sowie im Bereich der Rechtskontrolle unterschiedliche Regelungen aufweisen und sich dadurch die Auftragnehmer unterschiedlichsten Anforderungen beim Vergabeverfahren gegenübersehen.

Dieser Umstand stößt in zunehmendem Maß auf Kritik und ist geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu behindern und dadurch negative Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich hervorzurufen. Ein einheitliches Vergaberecht könnte diese unbefriedigende Situation beenden.

Im Wege des Vergabeverfahrens werden große Summen von öffentlichen Geldern ausgegeben, die von den Steuerzahlern aufgebracht werden. Es ist daher gerechtfertigt, im Rahmen der Zielsetzungen des Vergabeverfahrens auch sonstige öffentliche Interessen zu verfolgen, soweit dies nicht den fairen Wettbewerb und eine sachliche Auftragsvergabe behindert und mit dem europäischen Recht in Einklang steht.

Weiters hat der vom Rechnungshof herausgegebene Bericht der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption im Vergabewesen auch im Bereich des Vergaberechts Forderungen zur Verhinderung von Preisabsprachen aufgestellt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, in Abstimmung mit den im Nationalrat vertretenen Parteien in Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden mit dem Ziel einzutreten, bis längstens 1. September 2002 ein zeitgemäßes einheitliches Vergabegesetz in Kraft setzen zu können.

Bei der Erarbeitung dieses einheitlichen Vergabegesetzes sollen in Einklang mit dem EU-Recht insbesondere auch folgende Anliegen geprüft werden:

Berücksichtigung von frauenpolitischen Belangen, insbesondere zur Förderung von Frauen

Berücksichtigung behindertenpolitischer Belange, insbesondere das behindertengerechte Bauen

Berücksichtigung von sonstigen Sozialbeschäftigungs- und umweltpolitischen Belangen

Berücksichtigung der Forderung des Rechnungshofes zur Verhinderung von Preisabsprachen

Einrichtung eines bundesweiten Auftragnehmerkatasters

strenge Regelungen der Möglichkeiten der Beauftragung von Subunternehmern.

*****

Ich freue mich, dass es diesbezüglich eine Vier-Parteien-Einigung gibt und wünsche mir mehrere derartige konstruktive Gespräche. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

14.36

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung unterstützt ausdrücklich die Bestrebungen in


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 89

Richtung einer Vereinheitlichung des österreichischen Vergaberechts. Wir begrüßen insbesondere den diesbezüglich von allen vier Parlamentsparteien getragenen und eingebrachten Entschließungsantrag. Dieser hebt auch, wie wir jetzt gehört haben, jene Bedeutung hervor, die sonstigen öffentlichen Interessen wie Behinderten-, Sozial-, Beschäftigungs- und Umweltpolitik, aber auch Verhinderung von Preisabsprachen und Frauen im Einklang mit dem EU-Recht in diesem Zusammenhang zukommt.

Es ist uns natürlich bewusst, dass dieses große Reformprojekt nicht von heute auf morgen realisiert werden kann; da jedoch das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes mit Jahresende in Kraft tritt, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf. Ähnliches gilt für die Umsetzung des erwähnten Erkenntnisses des Europäischen Gerichtshofes.

Die Bundesregierung begrüßt daher den heute vorliegenden Selbständigen Antrag des Verfassungsausschusses sehr. Durch diesen wird das bestehende Rechtsschutzsystem im Vergaberecht sowohl im Bund als auch in den Ländern bis zum 1. September 2002 befristet verfassungsrechtlich abgesichert. Innerhalb dieser Zeit sollte die erwähnte Gesamtreform des Vergabewesens möglich sein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner, Herrn Abgeordnetem Dr. Krüger, das Wort erteile, stelle ich noch fest, dass der von Frau Abgeordneter Dr. Baumgartner-Gabitzer vorgetragene Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist, in einem sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie steht und daher auch mit in Verhandlung genommen wird.

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Krüger.

14.38

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wir verhandeln zur Abwechslung einmal eine Konsensmaterie, und es ist ungewöhnlich ruhig in diesem Hohen Haus. – Es ist etwas eigenartig, aber es ist Ausdruck der gesamten politischen Dynamik: Man kann zwar endlos darüber diskutieren, ob irgendein Polizist ein Kfz-Kennzeichen abgefragt hat, aber Bereiche, die so wichtig sind wie die Wirtschaft, wie das Vergabewesen, werden nur mit untergeordnetem Stellenwert diskutiert.

Ich darf darauf hinweisen, dass diese Vorlage auf Grund des so genannten Ökopunkte-Erkenntnisses erarbeitet wurde. In diesem Ökopunkte-Erkenntnis entschied der Verfassungsgerichtshof über Beschwerdeführer gegen den Zuschlag des Ökopunkte-Auftrages des Verkehrsministeriums an die Firma Kapsch AG. Dabei ging es um einen Auftrag in zweistelliger Milliardenhöhe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeigt doch die gesamte Dynamik, das zeigt doch die wirtschaftliche Tragweite, die Reichweite des Bundesvergabewesens, des Vergabewesens überhaupt. Vollkommen zu Recht wurde davon gesprochen, dass wir mehrere Vergaberechte in Österreich haben. Wir haben ein Bundesvergaberecht, und wir haben neun individuell verschiedene Ländervergaberechte. Darüber hinaus gibt es selbstverständlich das EU-Vergaberecht, und Sie kennen ja den allgemeinen Rechtsgrundsatz: dass das unmittelbar anwendbare Recht der Europäischen Union dem nationalen Recht bevorgeht; so nach dem Motto: Ober schlägt Unter!

Jetzt ist es für die einzelnen Firmen und Firmengruppen schon unzumutbar, sich durch dieses ganze Vergabedickicht durchzuschlagen. Ich denke, ich weiß, wovon ich rede: Als Anwalt bekomme ich jeden zweiten Tag irgendwelche Einladungen zu Fortbildungsseminaren ausschließlich im Vergabewesen. Da hat sich eine eigene Vergabewesen-Beratungsindustrie oder -Dienstleistungsindustrie herausentwickelt. Das mag zwar für die beratenden Berufe, die auch davon leben, ganz nett sein, aber diese Rechtszersplitterung ist sicherlich nicht im Interesse der Unternehmen, die an der Vergabe interessiert sind. Darum ist es sehr wichtig, dass wir dieses einheitliche Vergaberecht bekommen, und das wurde auch von allen beschworen. Im Ausschuss gab es auch diesbezüglich größtmögliche Übereinstimmung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 90

Eines darf ich noch sagen: Die Bestimmung, die wir heute hier verabschieden, nämlich eine Ergänzung unserer Bundesverfassung, ist aus meiner Sicht nicht unbedingt eine legistische Glanzleistung. Das bekenne ich auch in aller Offenheit ein. Aber alle Parteien in diesem Hohen Hause, inklusive der grünen Fraktion, haben die wirtschaftliche Notwendigkeit erkannt. Der Verfassungsgerichtshof hat bekanntlich eine Verbesserungsfrist bis Ende dieses Jahres eingeräumt. Alle Parteien haben erkannt, dass es dringend notwendig ist, ein Provisorium bis 31. August des nächsten Jahres zu schaffen, aber dann sollte wirklich in Zusammenarbeit aller Parteien und unter Mitwirkung der Länder ein großer Wurf in Richtung eines einheitlichen Vergaberechtes gelingen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist in der Tat so, dass das Überstimmen des Verfassungsgerichtshofes mittels einer Verfassungsmehrheit demokratiepolitisch nicht unproblematisch ist. Die andere Lösung würde aber Rechtsunsicherheit bedeuten und vor allem signalisieren, dass der Bund, das Parlament, auch nicht in der Lage ist, einen einheitlichen Verhandlungsstandpunkt zu formulieren.

Gleichzeitig wissen wir, dass nicht nur im Vergaberecht, sondern auch in etlichen anderen Materien – ich sage gerne dazu: Gott sei Dank! – ein Fortschritt des Rechtsbestandes der Europäischen Union erkennbar ist, und zwar in den Fragen der Gleichstellung von Frauen, der Nicht-Diskriminierung behinderter Menschen und der Nicht-Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer ethnischen Abstammung und Religion. In all diesen Materien werden wir einen gewaltigen Anpassungsbedarf auf einfachgesetzlicher Ebene in Österreich haben.

Auf Grund des historisch gewachsenen Föderalismus und der Ausprägungen des Föderalismus bedeutet das etwa im Arbeits- und Sozialrecht oder auch im Vergaberecht die Notwendigkeit der Anpassung von zahllosen Materiengesetzen – mit der Unsicherheit, dass diese Anpassung nicht zum gleichen Zeitpunkt erfolgen kann, da die Tagungsperioden, die Abstimmungserfordernisse in allen Ländern, in den Städten mit eigenem Statut unterschiedlich sind. Das heißt, wir laufen auf der einen Seite Gefahr, dass auf der einen oder anderen Ebene Gebietskörperschaften verurteilt werden, weil sie mit der Anpassung zu langsam sind, und auf der anderen Seite – das ist das besonders Gefährliche – besteht für die Bürgerinnen und Bürger die Gefahr, dass ihr Rechtsschutz unterschiedlich ist.

Daher ist diese Vorgangsweise unschön, aber auch ich habe in der gegenwärtigen Situation keine bessere Lösung erkannt, und ich sehe unsere, die grünen Anliegen durchaus auch insofern gewahrt, als es einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag gibt, der besagt, in welche Zielrichtung die künftigen Verhandlungen zu führen sind. Ich glaube, wenn wir mit den Ländern ernsthafte Verhandlungen führen, den Ländern auch Zeit geben, ihre Gegenforderungen zu stellen, dann kann ein sehr modernes, ein vernünftiges neues Vergaberecht herauskommen. Ich würde mir sehr wünschen, dass darin in verfassungskonformer Art und Weise auch jene Unternehmungen und Betriebe belohnt werden, die es mit der Gleichstellung von Frauen und mit dem Abbau aller Barrieren ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne stimmen wir sowohl diesem Verfassungsgesetz als auch dem Vier-Parteien-Entschließungsantrag zu.

Ich betone zuletzt, dass ich auch das Verhandlungsklima, das wir bei den Gesprächen um künftige Verfassungsreformen trotz aller Gegensätzlichkeiten in diesem Haus bisher bewahren konnten, sehr zu schätzen weiß, und ich hoffe, dass wir etwa auch in der Frage der Massenverfahren zu einem ähnlich konstruktiven Ergebnis und in der Folge zu einer guten Legistik kommen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 91

14.46


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 92

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

14.46

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Hohes Haus! Es ist schon erwähnt worden, dass es sich um eine Sachmaterie handelt. Der unmittelbare Anlass ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, aus dem hervorgeht, dass das Parlament Handlungsbedarf hat.

Wenn Dr. Wittmann sagt, dass ein Bundesvergabegesetz immer schon die Intention der Sozialdemokratischen Partei war, dann muss ich ein bisschen auf das Pult schlagen und kann dazu nur sagen: Ich kann mich nicht daran erinnern. – Ich war bei den Verhandlungen im Jahr 1997 dabei, daher weiß ich, dass die Sache nicht so klar war, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Edler. ) – Sie waren nicht dabei, Herr Kollege! Ich war dabei, darum weiß ich es. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Ich war bei der Begutachtung!)

Eines ist allerdings schon wichtig: Wir sollten uns heute dahin gehend verstehen, dass es sich hiebei um eine rechtlich äußerst sensible Materie handelt, dass es darum geht – das hat die Regierung mehrmals erklärt –, den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern, dass die Regierung Verwaltungsmaßnahmen zurücknehmen und endlich einmal alle Kraft, aber auch alle Intelligenz und innere Bereitschaft aufbieten möchte, damit wir österreichweit ein einziges Bundesvergabegesetz schaffen können, das natürlich für alle Gebietskörperschaften Gültigkeit hat.

Ich erachte diese Intention deshalb für ganz wichtig, weil ich erstens glaube, dass damit ein irrsinniger Verwaltungsaufwand reduziert werden könnte – obgleich er nie abgestellt werden kann –, weil damit zweitens auch der Wirtschaftsstandort Österreich in seiner Attraktivität verbessert werden würde, weil unsere Unternehmungen einen besseren Zugang hätten und vielleicht auch mit weniger Aufwand zu Leistungen kommen könnten, und es somit drittens eine richtige Maßnahme im Sinne der Beschäftigungspolitik ist. Alles, was unsere Unternehmungen besser, schneller machen kann, sodass sie eher zu Aufträgen kommen können, sichert auch Arbeitsplätze, Beschäftigung im Land und somit auch Ertrag für uns alle. – Ich meine, das ist eine ganz vernünftige Sache, die wir gemeinsam aufarbeiten sollten.

Aus meiner Erfahrung möchte ich auf einige Dinge kurz Bezug nehmen. Ich lobe außerordentlich das Engagement unserer Kollegin Baumgartner-Gabitzer. Sie hat sich in diesem Zusammenhang sehr bemüht, und ich weiß, dass es hierbei jede Menge von Gruppeninteressen in allen Bereichen gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin der Ansicht, dass es Sinn macht, zuerst einmal auch über im Vergaberecht festgelegte Grenzen zu reden. Beispielsweise müssen wir überlegen, ob es richtig ist, dass wir auch jetzt noch für alle Zukunft die Grenze von 200 000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungen und die Grenze von 5 Millionen Euro bei Bauaufträgen haben. Weiters glaube ich, dass es auch wichtig ist, dass wir aus der gesamten Entwicklung gerade im Bereich der Berichtspflicht und der Berichtskultur lernen. Wenn ein Unternehmen ein Angebot abgibt, dann möchte es relativ bald wissen, wie das Ganze letzten Endes abläuft, und es möchte auch wissen, warum es den Zuschlag bekommt – das ist okay – und warum der andere nicht zum Zug kommt. Diese Berichtssache ist eine ebenfalls äußerst strittige Materie, und wenn wir diese im neuen Gesetz besser lösen könnten, als sie bisher gelöst ist, dann, so glaube ich, sind wir auf einem guten Weg.

Das Gesetz ist auch so anzulegen, dass es österreichweit gleich wirkt und mit dem EU-Recht auch kompatibel ist. – Wenn wir all das schaffen, dann haben wir gute Arbeit geleistet.

Der heutige Gesetzesantrag ist – auch hinsichtlich der Verlängerung – auf Grund der Verfassungsbestimmung nicht unproblematisch. Das wissen wir, aber es ist, wie schon gesagt, der wahrscheinlich einzig richtige Weg. Der Entschließungsantrag ist jener Schritt, den wir gemeinsam, alle vier Parteien, zu setzen haben, damit wir möglichst bald eine taugliche Lösung im Interesse der Wirtschaft und damit im Interesse von uns allen finden werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

14.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde von den Vorrednern schon erwähnt, dass es sich um eine Konsensmaterie handelt. Die heutige Beschlussfassung ist eine Reparatur, um auch nach dem 1. Jänner 2002 Rechtssicherheit zu gewährleisten. Ich bin froh darüber, dass es sich um einen Beschluss handelt, der eine Befristung bis zum 1. August 2002 vorsieht. Während dieser Zeit haben wir die Möglichkeit, auch inhaltlich diesem Gesetz das zu geben, was seitens der einzelnen Fraktionen dieses Hauses auch eingefordert wurde. Wir werden darüber diskutieren und dies dann gegebenenfalls einer entsprechenden Beschlussfassung zuführen.

Es scheint mir wesentlich zu sein, dass eine Prüfung der restriktiven Subunternehmer-Regelung erfolgt, dass bestmögliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Preisabsprachen hintanzuhalten. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, sehr wesentlich erscheint mir auch die Notwendigkeit, dass im Rahmen der Reform dieses Gesetzes Maßnahmen getroffen werden, die hintanhalten, dass in Ausschreibungen – durch eine Festlegung nicht nachvollziehbarer Kriterien – eine Bevorzugung ganz bestimmter Bieter erfolgt. Es scheint mir wesentlich zu sein, dass eine Chancengleichheit der Bieter gewährleistet ist.

Es ist der berechtigte Wunsch der Wirtschaft und auch Ziel dieses Hauses, ein Bundesvergabegesetz in bundeseinheitlicher Form zu schaffen, das eine rasche und rechtsstaatliche Auftragsvergabe nach objektiven Kriterien ermöglicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

14.53

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer ist, wie wir meinen, zu Recht für ihre Bemühungen gelobt und belobigt worden. Es geht aber hinkünftig auch darum, dass wir die Zeit, die ausverhandelt worden ist, nutzen, damit materiell hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen im Sinne einer einheitlichen Bundesvergabe etwas weitergeht. Deshalb möchte ich noch einmal auf den schon erwähnten Bericht der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption im Vergabewesen verweisen.

In diesem Zusammenhang ist es mir ein außerordentliches Anliegen, noch jemanden zu belobigen – zumal wir schon bei diesem einheitlichen Entschließungsantrag angelangt sind –, nämlich Herrn Sektionschef Keller vom Rechnungshof, der sich, so glaube ich, in dieser Arbeitsgruppe sehr bemüht hat. (Beifall bei den Grünen.)

Wesentlich scheint mir jetzt aber zu sein, dass das Erarbeitete in den Verhandlungen auch seinen Niederschlag findet, und ich glaube, da kann es noch anständig knirschen im Gebälk.

Ich bin eigentlich auch schon wieder am Ende meiner Ausführungen: Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass die Vorschläge, die in diesem Bericht gemacht wurden, auch tatsächlich umgesetzt werden, weil durch die Verhinderung von Preisabsprachen nicht nur im Einzelfall ein paar Millionen, sondern insgesamt für die Republik Österreich Milliarden pro Jahr eingespart werden könnten. Ich sage das deshalb, weil ich es schon ein bisschen leid bin, mir ständig – vor allem via Fernsehen, aber auch hier im Haus – vom Herrn Finanzminister ausrichten zu lassen, dass er bei diversen Gipfeln ständig mit der Opposition rede, sich auch sonst mit den Mitgliedern der Oppositionsparteien treffe und sozusagen Gegenvorschläge erwarte, die aber nicht kämen. – Das ist absoluter Blödsinn.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 93

Die Vorschläge der Opposition oder jedenfalls der Grünen würden in diesem Bereich (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz ) – zur Bekämpfung der Korruption im Vergabewesen, Herr Staatssekretär! – jährlich Milliardenbeträge einzusparen helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Das beginnt beim U-Bahn-Baukartell in Wien und reicht über das Baukartell in der Steiermark bis zu den kleinen Gemeinden, wo sich auch die Anbieter absprechen. Dort formieren sich dann so genannte Asphalt-Kartelle, wie es in Salzburg und der Steiermark der Fall ist. Dazu gibt es gerichtliche Verfahren, die entsprechende Nachweise gebracht haben. Bis in die kleinste Gemeinde ist das zu verfolgen. Daher sollten endlich die Bestimmungen verschärft und auch die Möglichkeiten der Behörde verbessert werden, damit sie sich gegen die Praktiken der Anbieter besser wehren kann. Deshalb sind in dieser Arbeitsgruppe auch Vorschläge erarbeitet worden, die die Sphäre der staatlichen Auftraggeber und die Sphäre der Unternehmer betreffen. Das ist eine durchaus schlaue Sache. Ich bin schon gespannt, wie sich die Fraktionen bei diesen Verhandlungen dann verhalten werden.

Fest steht, dass damit auch die Vorschläge der Opposition, die wir hiemit übermittelt haben, im Raum stehen und über die Legislaturperiode hinweg viele Milliarden Schilling einsparen helfen würden. Das sollte man dem Finanzminister ausrichten. – Herr Staatssekretär! Sie wissen genau Bescheid. Sie kommen aus dem Rechnungshof. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 360 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der GO die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen damit sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich fest, dass Einstimmigkeit vorliegt. Das Gesetz ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Krüger, Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Petrovic und Genossen betreffend Schaffung eines einheitlichen Vergaberechts für Bund, Länder und Gemeinden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 45.)

6. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (337 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2000 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2000 – BÜG 2000) (368 der Beilagen)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 94

7. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (336 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000) (367 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Ich erteile es ihm.

14.58

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn es eines beredten Beweises dafür bedürfte, wie diese Bundesregierung Budgetpolitik betreibt, so können wir davon ausgehen, dass wir heute einen geliefert bekommen haben.

Damit im Budget 2001 eine Erhöhung im Agrarbereich nicht über die 3 Milliarden-Schilling-Grenze hinausgeht, hat man sich dazu entschlossen, ein Budgetüberschreitungsgesetz, das von der Mehrheit auch beschlossen werden wird, einzubringen, mit dem dem Ressort 700 Millionen Schilling mehr zur Verfügung gestellt werden.

Wofür, geschätzte Damen und Herren? – Angeblich, Herr Kollege Mitterlehner, um EU-Gelder abzuholen. Diese EU-Gelder sind in einem 5-jährigen Programm vorgesehen, das heißt, man hat eigentlich vor fünf Jahren bereits gewusst, wie das Ganze abgewickelt wird, was damit finanziert werden soll, und man hätte durchaus beurteilen können, welche Gelder erforderlich sind. Geschätzte Damen und Herren! Hätte man Prioritäten gesetzt, hätte man sich zur Entscheidung durchgerungen, prioritär diese Mittel aus dem Ressort einzusetzen, dann wären diese 700 Millionen Schilling nicht notwendig gewesen – und schon gar nicht, um EU-Gelder abzuholen. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die sozialdemokratische Fraktion diesem Entwurf, diesem Antrag auch nicht zustimmen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Lassen Sie mich aber noch auf Folgendes hinweisen: Hätte die ÖVP-Fraktion die Zusammenarbeit in den letzten Jahren ernst genommen und hätte sie in den letzten Jahren konstruktive Vorschläge im Bereich der Agrarförderungen angenommen und hätte auch, Herr Kollege Auer, der Herr Landwirtschaftsminister nach einem Entschließungsantrag der Abgeordneten Schwarzenberger und Gradwohl, eingebracht im Jahre 1996 (Abg. Haigermoser: Daran kann ich mich noch erinnern!) und unterstützt von der SPÖ, von der ÖVP, von den Liberalen und auch von den Grünen, der sich damit beschäftigt hat, das österreichische Agrarfördersystem gerechter und sozialer zu gestalten und im Hinblick auf die Arbeitsplatzförderung umzustellen, gehandelt, dann wäre es jetzt nicht notwendig, dass wir ein Budgetüberschreitungsgesetz von 700 Millionen Schilling für das Jahr 2000 – und zwar nur aus kosmetischen und taktischen Überlegungen: um diese nicht im Jahre 2001 im Budget vorzufinden – beschließen beziehungsweise zur Beschlussfassung vorgelegt bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe daher, um Ihnen noch einmal eine Eselsbrücke bauen zu können, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Sophie Bauer, Brix, Mag. Gaßner, Dipl.-Ing. Kummerer, Ludmilla Parfuss, Schwemlein, Wimmer betreffend Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung von Agrarförderungen durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 95

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, eine soziale Staffelung von Agrarfördermitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien, zur gerechteren Verteilung im Sinne einer inneragrarischen Solidarität einzuführen. Dazu ist dem Nationalrat bis 15. Dezember 2000 ein entsprechender schriftlicher Vorschlag zur Beratung vorzulegen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, aber auch von der Freiheitlichen Partei! Sie haben die Möglichkeit, solche Fauxpas wie diesen – 700 Millionen Schilling mehr ins abgelaufene Jahr mit einem Budgetüberschreitungsgesetz hineinzubekommen – in Zukunft zu verhindern, indem Sie diesem Entschließungsantrag beitreten. (Beifall bei der SPÖ.)

15.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Herr Kollege Fink, darf ich Sie als Berichterstatter bitten, eine Druckfehlerberichtigung vorzutragen.

15.03

Berichterstatter Ernst Fink: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe zum schriftlich verteilten Ausschussbericht 367 der Beilagen eine Druckfehlerberichtigung vorzubringen:

In Ziffer 3. betreffend Artikel X Abs. 1 Z 2 ist nach dem Voranschlagssatz 1/51818 der Voranschlagsansatz 1/53297 einzufügen.

Danke, Herr Präsident.

15.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

15.04

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese beiden zusammengefassten Punkte 6 und 7 der heutigen Tagesordnung behandeln das Budgetüberschreitungsgesetz 2000 sowie die zweite BFG-Novelle 2000.

Ich halte fest: Durch beide Punkte wird sowohl dem Finanzminister als auch seinem Staatssekretär ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt. Es ist ein positives Zeugnis einer sehr guten Finanzpolitik und ein klares Signal, Herr Kollege Gradwohl – ich erblicke ihn momentan nicht –, für vorausschauende Budgetpolitik und Budgetwahrheit. In diesem Zusammenhang ist klar festzuhalten: Da in der Regierungsvorlage 337 der Beilagen ein Überschreitungsbetrag zum Budget von 327 Millionen angeführt ist, der noch dazu durch die Einsparungen und Rücklagen beziehungsweise Mehreinnahmen bedeckt werden kann, müssen wir von einer Punktlandung des Budgets sprechen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit der Vorlage der Novelle zum Bundesfinanzgesetz in 336 der Beilagen – jenem Bereich, zu dem hier kritische Anmerkungen gemacht worden sind – wird die Voraussetzung geschaffen, in verschiedensten Voranschlagsansätzen die Mehreinnahmen des heurigen Jahres sowie auch die Mehrausgaben, die nur stichwortartig angeführt werden – Lawinenkatastropheneinsatz Galtür, dringende Fahrzeugbeschaffung in Wien, mobile Wach


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 96

zimmer, Heizungszuschuss an die Länder und daher über die Länder an die Bedürftigen –, zu berücksichtigen, aber auch die EU-Kofinanzierungsmittel – die offensichtlich einer besonders kritischen Bewertung durch den Kollegen Gradwohl unterzogen wurden –, um nämlich jene EU-Förderungsmittel, die im Rahmen der 5a- und der 5b-Programme zur Verfügung gestellt werden, abzuholen. Es kann damit also eine gerade auch für den ländlichen Bereich wichtige Maßnahme abgesichert werden.

Damit zur kritischen Bemerkung meines Vorredners: Meine Damen und Herren! Ja, es sind 700 Millionen Schilling notwendig, um die EU-Kofinanzierungsmittel für die Finanzperiode 1995 bis 1999 zu sichern. Mein Vorredner, der durchaus geschätzte Kollege Gradwohl, meinte: Hätte die ÖVP die Zusammenarbeit ernst genommen und hätte man seinen beziehungsweise den gemeinsam eingebrachten Entschließungsantrag ernst genommen beziehungsweise umgesetzt, dann wäre das nicht notwendig.

Offensichtlich hat er hier etwas vergessen: Erstens einmal behaupte ich allen Ernstes, dass die ÖVP die Zusammenarbeit mit der SPÖ immer ernst genommen hat. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dies auf der gegenüberliegenden Seite auch immer so gewesen ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Dr. Mertel. )

Zum Zweiten: Meine Damen und Herren! Es ist schon sonderbar, wenn dem jetzigen Finanzminister oder der jetzigen Regierung vorgeworfen wird, dass man so quasi Mittel für eine bereits vergangene Periode bräuchte. – Da wäre die Frage zu stellen, ob nicht der vorherige Finanzminister die Sache nicht ganz ernst genommen hat, nämlich in dem Sinne, dass er nicht bereit war, die notwendigen und auch zugesagten Mittel immer zeitgerecht zur Verfügung zu stellen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Huber. )

Meine Damen und Herren! Gerade aus der Sicht eines Oberösterreichers, in dessen Bundesland 2 050 genehmigte 5b-Projekte mit 30 000 Projektbeteiligten, von denen zwei Drittel aus der Landwirtschaft und 10 000 Beteiligte aus anderen Berufen in benachteiligten Regionen kommen – das ist nun eben einmal eine Ausgleichs- und Förderungsmaßnahme für benachteiligte Regionen –, positive Aspekte und Initiativen ermöglichen, bin ich etwas überrascht, Herr Kollege Gradwohl, dass man diese Maßnahmen jetzt in Frage stellt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend Folgendes feststellen: "Der Budget-erstellung liegen realistische Annahmen zugrunde, die sich an den Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und Wifo orientieren", führte Herr Bundesminister Mag. Grasser am 21. März 2000 bei seiner Budgetrede aus, und sein Schlusssatz lautete: "Einen effizienten Einsatz und die bestmögliche Verteilung von Steuergeld – dafür wollen wir stehen!" – Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Die gewünschte Redezeit beträgt 3 Minuten – ist das richtig? (Ruf: ... besser einteilen!) – Nun, Sekundenzeiger habe ich keinen! (Abg. Brosz: Das macht nichts! – Abg. Mag. Kogler: Kurz und prägnant sind die Grünen, wie immer!)

15.09

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich werde mich bemühen, meine Redezeit einzuhalten, sodass wir den Sekundenzeiger nicht brauchen werden.

Es geht mir um einen konkreten Punkt in diesem Gesetzentwurf, und zwar um die Förderungen im Bildungsbereich. Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie mir dazu auch eine Antwort geben. Bei diesen Förderungen ging es auch um Förderungen für die Waldorfschulen. Wir haben gemeinsam mit der SPÖ einen Abänderungsantrag zum Budget eingebracht, nachdem die Regierung geplant hat, das Budget für die Waldorfschulen im Jahre 2000 von 18 Millionen auf 9,9 Millionen Schilling zu kürzen. Wir waren damals der Meinung, dass diese Kürzung nicht gerechtfertigt ist. Die Oppositionsparteien haben diesem Abänderungsantrag zugestimmt, die


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 97

Regierungsparteien haben ihn abgelehnt, sodass das Budget nun um etwas mehr als 8 Millionen Schilling reduziert wurde.

Jetzt kommt ein Budgetüberschreitungsgesetz daher, in dem wir den Punkt "Förderung im Bildungsbereich" mit einem Ansatz von 9 Millionen Schilling finden, und – siehe da! – diese 9 Millionen Schilling sind die Förderungen im Waldorfbereich! Da es offenbar erfolgreiche Verhandlungen der Waldorfschulen mit dem Herrn Finanzminister gegeben hat, ist dieser Posten jetzt nachträglich doch budgetiert worden. (Abg. Böhacker: Das ist ja doch ein Erfolg!)

Jetzt kann man natürlich sagen, das ist ein Erfolg. (Abg. Böhacker: Wieso regen Sie sich dann auf?) Warum ich mich aufrege, das werde ich Ihnen gleich sagen: Schauen Sie einmal in das Budget 2001! Wissen Sie, was da drinnen steht? – 9 Millionen Schilling! Es ist also wieder die gleiche Situation.

Ich habe Frau Ministerin Gehrer im Ausschuss diesbezüglich gefragt, und sie hat angekündigt: Nun gut, dann machen wir eben wieder ein Budgetüberschreitungsgesetz. Da frage ich mich dann schon, was da eigentlich dahinter steht.

Das Ganze hat aber auch eine politische Dimension: Wenn Förderungen so vergeben werden, dass die Organisationen beim Minister antanzen müssen und dort irgendwie in schweren Verhandlungen ihr Budget herausschinden müssen, dann hat man natürlich eine schöne Möglichkeit, genehmes oder nicht genehmes Verhalten entsprechend zu sanktionieren. Dagegen sprechen wir uns aus. Wir denken, ein Budget soll den budgetären Grundsätzen entsprechen. Einen Fehler, den man einmal begangen hat, jetzt wieder zu machen, das ist doch völlig absurd. Wir würden darum ersuchen, das zu budgetieren, was offenbar auch notwendig ist.

Eine zweite Anmerkung, zu einem anderen Gebiet: Auch der Erhöhung bei der Suchtprävention würden wir gerne zustimmen. Da Herr Staatssekretär Waneck aber gemeint hat, er werde sich hinkünftig die Institutionen, die gefördert werden, ganz genau aussuchen und sie nur mehr nach seinem Interesse fördern, sehen wir uns auch hier nicht in der Lage, dem zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Redezeit: 240 Sekunden. – Bitte.

15.12

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Brosz! Was ist daran unanständig, dass jemand, der sich um Förderungen bemüht, Gespräche mit dem Förderungsgeber, der letztlich Steuergelder zu verwalten hat, führt? (Zwischenruf des Abg. Brosz. ) Das gilt nicht nur für die Waldorfschule, das gilt auch für alle anderen Förderungswerber. Wir werden auch für das Jahr 2001 eine erfreuliche Lösung finden, so wie wir sie auch für das Jahr 2000 gefunden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. )

Wenn Sie sich die Detailförderungen der vergangenen Jahre in den Sozialministerien anschauen, dann werden Sie sehen, dass der ÖGB und die Arbeiterkammer – die es nicht unbedingt so notwendig haben – allein in den letzten fünf Jahren für die europäische Integration rund 150 Millionen Schilling an Förderung erhalten haben. (Abg. Schwemlein: Schau einmal nach bei der Landwirtschaftskammer!) Was die Waldorfschulen betrifft, so ist ihre Aufrechterhaltung – da bin ich schon bei Ihnen – eine unserer politischen Forderungen und Inhalte. Darauf werden wir auch in den kommenden Jahren schauen. Dieser Punkt ist ja deshalb auch Bestandteil des Budgetüberschreitungsgesetzes 2000.

Es sind aber auch andere positive Maßnahmen darin enthalten, die hier zu vermerken sind. Es wurde schon erwähnt – ich will mich nicht in die politischen Nachwehen der Alt-Koalition einmengen, aber Kollegen Auer gebe ich in diesem Punkt durchaus Recht –, dass natürlich gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Förderungen, aber auch in anderen Bereichen Versäumnisse des Alt-Finanzministers Edlinger spürbar sind.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 98

Ansonsten, muss ich sagen, zeigt die Größenordnung der Überschreitung die finanzielle Treffsicherheit des Budgets 2000 und auch der folgenden: Es werden rund 100 Millionen Schilling für Forschung und Entwicklung zusätzlich ausgegeben. Es werden für strukturpolitische Maßnahmen 100 Millionen Schilling verwendet, 5 Millionen Schilling für den Umweltschutz – ein Expertenteam unter Leitung Österreichs in der Frage Mochovce – und weitere 2 Millionen Schilling für EU-Projekte. Zusätzliche 41 Millionen Schilling werden für die Fachhochschulen verwendet, 7 Millionen Schilling, wie bereits gesagt, für die Waldorfschulen – eine erfreuliche Tatsache.

Und schließlich ist auch das, was uns am Vormittag so mächtig erregt hat, nämlich der Künstler-Sozialversicherungsfonds, Bestandteil des Budgetüberschreitungsgesetzes. Für das Jahr 2000 sind dafür 3,4 Millionen Schilling vorgesehen, und wir hoffen, dass wir diesem ersten Schritt einen zweiten folgen lassen können.

Wenn Sie mit dazu beitragen, dass jene, die derzeit über Gebühr gefördert werden, in Hinkunft weniger bekommen, dann werden wir für jene Bereiche, die jetzt zu wenig bekommen, in den Jahren 2001, 2002 genügend Mittel zur Verfügung haben, sodass auch diese eine höhere und bessere Förderung in Anspruch nehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gartlehner. – Bitte.

15.14

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es nicht so, dass der Herr Finanzminister daran schuld ist, dass die Regionen in den letzten Jahren unter Umständen zu wenig an Förderungsmitteln lukrieren konnten, sondern – das weiß ich aus Oberösterreich, und es wird in anderen Bundesländern wahrscheinlich ebenso sein – Ideen und Projekte in den Regionen selbst sind in den letzten Jahren Mangelware gewesen. Das war der Grund dafür, dass diese europäischen Fördermittel nicht wirklich optimal genutzt werden konnten.

Das wage ich hier zu behaupten, und Kollege Murauer von der ÖVP-Fraktion wird mir Recht geben. Wir sind gemeinsam in einem Regionalforum unserer Region vertreten, und wir haben in der letzten Planungsperiode des 5b-Gebietes dort mit Abstand die meisten Förderungen in Oberösterreich lukriert, weil in unserer Region eben genug Projekte und genug Ideen und Innovationen – von den Landwirten über den Tourismus bis hin zu technologischen Projekten – gelaufen sind und auch in der nächsten Periode wieder laufen werden. – Das dazu. (Abg. Böhacker: Hervorragend gearbeitet!) Natürlich! Danke schön, Herr Kollege!

Ich darf aber schon sagen, dass dieses Budgetüberschreitungsgesetz natürlich noch den strukturellen Nutzen der sozialdemokratischen Koalition in sich birgt und daher diese Überschreitungsmaßnahmen hier sehr locker gesetzt werden können. Grundsätzlich glaube ich, dass durch diese neue Sparpaketnovelle, die Sie mit gestrigem Abend fixiert und beschlossen haben, das im nächsten Jahr zu Ende sein wird.

Ich möchte die gestern bereits diskutierten näheren Details über die Politik, die in Zukunft stattfinden wird, hier aus zeitökonomischen Gründen nicht weiter ausführen, weiß aber natürlich, dass die Art, in der hier Politik gemacht wird, auch im nächsten Jahr ganz eigenartig sein wird: Die Pensionisten werden 1,5 Prozent mehr bekommen, der Herr Finanzminister und der Herr Staatssekretär hingegen genehmigen sich und den anderen Regierungsmitgliedern 4,5 Prozent Mehrausgaben im nächsten Budget. Auch das zeugt wieder davon, dass nicht wirklich gespart wird, sondern dass dort Geld geholt wird, wo man sein Klientel nicht vermutet, und dort ausgegeben wird, wo man das Klientel hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 99

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Fink –: Reden Sie bitte nicht über so etwas Intimes wie das Rauchen, so wie gestern!)

15.17

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Dr. Mertel, über das Rauchen könnte ich wieder reden (Abg. Dr. Mertel: Aber Khol sagt, das ist etwas Intimes!), ich könnte Ihnen aber auch etwas über Ihren ehemaligen Finanzminister erzählen, wenn Sie wollen. Ich kann das wiederholen. Wollen Sie das, dass ich das tue? (Abg. Dr. Mertel: Ohne weiteres!) Mich wundert es ja, dass Sie das verstehen, denn als Sie das letzte Mal hier heraußen gestanden sind, haben Sie gesagt, dass Sie es nicht verstehen. Es freut mich daher, dass Sie es jetzt verstehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Herr Khol hat gesagt, das ist etwas Intimes! Ihr Klubobmann sagt, das ist etwas Intimes!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich melde mich zur 2. Novelle zum Bundesfinanzgesetz 2000 zu Wort, und zwar genau zu Punkt 23. Dieser betrifft die Stadt Graz, die für das Jahr 2003 zur Kulturhauptstadt erklärt wurde. Natürlich ist diese Erklärung zur Kulturhauptstadt mit bestimmten Kosten verbunden. Die Vorbereitung und Abwicklung kostet eine bestimme Summe Geldes. Dafür sind 200 Millionen Schilling vorgesehen. Die Stadt Graz ist im Jahre 2003 die einzige Stadt in Europa, die zur Kulturhauptstadt erklärt wurde. Im Jahre 2000 waren es noch 13 Städte, die zu Kulturhauptstädten erklärt wurden. Ich darf, um diesbezügliche Unklarheiten gleich vorweg auszuschließen, dazusagen, dass sämtliche Parteien in Graz sich für die Erklärung zur Kulturhauptstadt ausgesprochen haben. (Der Redner hält ein Blatt mit Unterschriften in die Höhe.) Sie sind alle damit einverstanden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich bei allen, auch beim Herrn Bundeskanzler, bei der Frau Außenministerin und bei Staatssekretär Morak, recht herzlich für die Unterstützung.

In diesem Zusammenhang darf ich aber nicht unerwähnt lassen, dass auch die UNESCO die Hauptstadt Graz ausgezeichnet hat. Graz hat die größte zusammenhängende Altstadt, und dies wurde von der UNESCO gewürdigt. Diese Altstadt ist ein Kulturdenkmal, das besonders zu schützen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitte der siebziger Jahre hat der damalige Landeshauptmann Dr. Josef Krainer die Idee geboren, ein Trigon-Museum zu errichten. Damals hat es einen Plan gegeben, der Standort war fixiert, und die Finanzierung war durch Rücklagen gesichert.

Leider hat die Österreichische Volkspartei im Jahre 1995 die Landtagswahlen verloren, gewaltig verloren. Dies wurde jetzt wieder korrigiert, aber auf Grund der Verluste der ÖVP im Jahre 1995 hat die SPÖ das Kulturressort beansprucht und hat es auch übernommen. Kulturchef wurde der Herr Generaldirektor außer Dienst, Landeshauptmann-Stellvertreter Universitätsprofessor DDr. Schachner-Blazizek.

Mit dieser Übernahme des Kulturressorts wurden auch die Rücklagen sukzessive aufgelöst. Das Geld wurde für andere kulturelle Veranstaltungen ausgegeben und nicht mehr für das Trigon-Haus zurückgehalten. Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Blazizek war der Meinung, dass der Standort nicht passt, dass das Geld nicht dafür ausgegeben werden soll. Aber jetzt wird ein Kulturhaus gebaut, ohne die Mittel dafür vorgesehen zu haben. Jetzt brauchen wir Geld für das Kunsthaus, und dieses Kunsthaus im Zentrum von Graz, an der Mur, muss natürlich finanziert werden.

In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei meiner Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic, dass sie es in den Verhandlungen mit der neuen Bundesregierung zu Stande gebracht beziehungsweise erreicht hat, dass die Anteile des Bundes an der Flughafenbetriebsges.m.b.H. veräußert werden und der zu erlösende Betrag für den Bau des Kunsthauses zur Verfügung gestellt wird. Dafür ein recht herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich noch darauf aufmerksam machen, dass im Jahr 2003 nicht nur in Graz viel los sein wird, sondern in ganz Österreich. Es wird im Jahr 2003 wieder eine Nationalratswahl, in Graz Gemeinderatswahlen und die Eröffnung dieses Kunsthauses geben.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 100

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche Sie und bitte Sie und lade Sie ein, im Jahre 2003 bei der Eröffnung dieses Kunsthauses dabei zu sein und die Kulturhauptstadt Graz zu besuchen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

15.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Brosz hat gefragt, warum die Förderung für das allgemeinbildende Schulwesen im Bereich der Waldorfschulen um 9 Millionen Schilling erhöht wird. Ich darf ihm sagen: Es sind nicht 9 Millionen Schilling, sondern nur 7 Millionen Schilling, weil 2 Millionen Schilling für den Integrationsfonds der katholischen Privatschulen aufgewendet werden.

Wir müssen aber dazusagen, dass, als wir am 4. Februar angetreten sind, ein Budgetprovisorium in Kraft war und dass zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beamtenverhandlungen, die sonst üblicherweise vorgenommen werden und die einen Zeitraum zwischen zwei und drei Monaten einnehmen, stattfanden. Wir mussten daher innerhalb kürzester Zeit das alles nachholen. Dadurch bedingt kam es manchmal zu Ungenauigkeiten – das gebe ich ohne weiteres zu –, aber wir sind in der Lage, und zwar auch auf Grund der guten Wirtschaftsentwicklung, diese Ungenauigkeiten zu bereinigen. Ich kann Ihnen versichern: Der Budgetvollzug liegt voll im Plan. Wir werden, so wie die Ziffern jetzt stehen, ein ordnungsgemäßes Budget abliefern. Wir werden auf keinen Fall ein höheres Defizit abliefern, und das ist wichtig.

Herr Abgeordneter Gartlehner! Sie haben gemeint, dass wir gewisse Ausgaben übermäßig steigern, während wir andere Ausgaben, zum Beispiel Ausgaben für Pensionserhöhungen, unterdurchschnittlich ansteigen lassen. Wenn wir die Gesetze so gelassen hätten, wie sie waren, dann wäre in den Jahren 2001 und 2002 die Ausgabensumme um insgesamt 72 Milliarden Schilling gestiegen. Auf Grund unserer budgetären Maßnahmen steigen die Ausgaben nur um 12 Milliarden Schilling. Selbst aus EU-Unterlagen lässt sich ableiten, dass wir ausgabenseitig wesentlich mehr sparen.

Im Zeitraum von 1999 bis zum Jahre 2002 wird die öffentliche Ausgabenquote um 4,6 Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes sinken. Die Einnahmenquote wird im selben Zeitraum hingegen nur um 2,1 Prozentpunkte sinken. Das beweist, dass wir wirklich ausgabenseitig wesentlich mehr sparen als einnahmenseitig. Das ist also ein ausgabenseitiger Ansatz. Im Übrigen können wir auch belegen, dass im Gegensatz zu vielen Behauptungen die Steuerquote in diesem Zeitraum sinken wird, und zwar um 0,3 Prozentpunkte. Also der Vorwurf, dass die Regierung nicht spart, ist nicht gerechtfertigt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

15.25

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zur 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle 2000 Stellung nehmen. Ich bedauere es, dass heute der Bundesfinanzminister nicht anwesend ist. Vielleicht hat er von den Entscheidungen von gestern, vor allem was die Wohnungsgemeinnützigkeit betrifft, noch Bauchweh. (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, Sie werden heute wahrscheinlich auch die Information betreffend die Bundeswohnungen – Stichwort: Mietensenkungen – erhalten haben, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Die Kolleginnen und die Kollegen sind sehr verunsichert. Hunderte Kolleginnen und Kollegen haben bei uns in den Gewerkschaften angerufen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Kollege Gaugg, ich bin sehr interessiert daran, wie deine Position dann vor Ort sein wird.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 101

Meine Damen und Herren! Diese Regierung kann nun schon Milliarden verteilen. Wenn die Budgets von Rudolf Edlinger so schlecht waren, dass Sie unsoziale Sparpakete beschließen müssen, so ist mir eigentlich unverständlich, dass Sie jetzt schon Milliarden verteilen können. Dabei gibt es, wie mein Kollege Gradwohl bereits gesagt hat, überhaupt keine soziale Staffelung, vor allem was den Bereich Landwirtschaft betrifft. Was den großen Nachholbedarf bei der Kofinanzierung innerhalb der EU betrifft, gehen Sie manchmal sehr schlampig vor.

Meine Damen und Herren! Es geht mir vor allem um eine Position, und die ist in dieser Gesetzesvorlage sehr verschlüsselt enthalten. Man spricht davon, dass insgesamt 1 Milliarde Schilling für Galtür flüssig gemacht wird. Ich unterstütze das, überhaupt keine Frage, aber es werden Millionenbeträge, ja bis zu einer Milliarde Schilling für die Landesverteidigung freigemacht, und das in einer Zeit, in der bei den Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen und bei den Pensionisten gespart wird. Das ist mir einfach unverständlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Punkt möchte ich noch anführen, meine Damen und Herren: Ich begrüße und hoffe auch, dass die Exekutive, was die Verkehrssicherheit betrifft, entsprechend ausgerüstet wird, vor allem im Hinblick auf LKW. Es wurde gestern im Rahmen der Diskussion über Gewichtslagen auch gesagt, dass meistens überladen wird. Wenn die Exekutive dafür mehr Geld erhält, dass entsprechende Waagen angeschafft werden können, dann kann ich das nur begrüßen.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich sagen: Manche Maßnahmen, die mit diesem Gesetz beschlossen werden, sind unsozial und unverständlich. Sie fahren also mit Ihrer unsozialen Politik fort. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Wenn wir der Eisenbahn Geld geben, ist das dann auch unsozial?)

15.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen daher sogleich zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Zunächst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend das Budgetüberschreitungsgesetz 2000.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Öllinger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage abstimmen lassen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über § 1 Voranschlagsansatz 1/02108 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Voranschlagsansatz zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung durchgeführt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 102

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dieser Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, dass diese Vorlage auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen ist.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung von Agrarförderung durch den Landwirtschaftsminister.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend die 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle 2000 samt Titel und Eingang in 367 der Beilagen.

Auch da darf ich bitten, dass jene Damen und Herren, die dieser Vorlage ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Dies ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dieser Vorlage zustimmen, ein entsprechendes Zeichen geben. – Dies ist die Mehrheit. Die Vorlage ist daher auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

8. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 269/A der Abgeordneten Mag. Rüdiger Schender, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (350 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 270/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (351 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun gelangen wir zu den Punkten 8 und 9 der heutigen Tagesordnung. Die Debatte über diese beiden Punkte wird unter einem abgeführt.

Eine Berichterstattung wird nicht gewünscht. Daher können wir sogleich in die Beratungen eingehen.

Erster Kontraredner ist Herr Abgeordneter Brosz. Gemäß seinem Wunsch habe ich die Uhr auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

15.32

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst kurz zum Bundes-Jugendvertretungsgesetz. Wir werden diesem Gesetzesantrag letzten Endes doch zustimmen, zumal ein


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 103

Abänderungsantrag eingebracht worden ist, der von seiner Richtung her von uns mitgetragen werden kann. In diesem Abänderungsantrag, den die Koalitionspartner vorgelegt haben, geht es darum, dass die Vertreter der Jugendlichen auch Jugendliche sein sollen. Ich möchte diesen Umstand noch verstärken und werde daher einen eigenen Abänderungsantrag einbringen, obwohl wir, wie ich schon sagte, diesem Gesetzentwurf zustimmen werden. Ich glaube aber, dass man da doch noch ein Zeichen setzen sollte.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freude

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 3 Abs. 1 soll wie folgt geändert werden:

Zur Vertretung der Anliegen der Jugend gegenüber den politischen Entscheidungsträgern auf Bundesebene ist eine Bundes-Jugendvertretung einzurichten. Die Mitglieder der Bundes-Jugendvertretung dürfen das 30. Lebensjahr nicht überschreiten und werden von den nach §§ 4 und 5 nominierungsberechtigten Organisationen entsandt.

*****

So weit zum Jugendvertretungsgesetz.

Ich komme nun zum Bundes-Jugendförderungsgesetz. Dabei handelt es sich um eine Materie, bei der wir uns auch in der Vergangenheit durchaus dazu bekannt haben, dass wir einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Es gab auch Gespräche zwischen den Jugendsprechern. Letztlich ist der Gesetzentwurf so ausgefallen, dass es für uns, obwohl noch mittels Abänderungsanträgen Dinge, die wir befürworten, hineingenommen wurden, nicht möglich ist, zuzustimmen, weil einige für uns wichtige Punkte noch fehlen. Ich möchte in ein paar Punkten erläutern, warum.

Die finanziellen Auswirkungen des Bundes-Jugendförderungsgesetzes schauen so aus, dass Parteijugendorganisationen nicht unbeträchtlich mehr Geld bekommen werden. Bislang waren es 8 Millionen Schilling für die beiden Organisationen, die berechtigt waren, nämlich für die "Junge ÖVP" und die "Sozialistische Jugend". Jetzt werden es etwas mehr als 15 Millionen Schilling sein. Davon muss man natürlich die Kosten für die Projekte noch wegrechnen. Auf jeden Fall ist das eine Erhöhung der Förderungen im Bereich der Parteijugendförderung von mindestens 5 Millionen Schilling. Ich finde das ganz interessant im Zusammenhang mit den Einsparungen, die wir vor einer Stunde diskutiert haben. Wenn es um andere Dinge geht, sind Erhöhungen offenbar auf einmal möglich. Also ums Einsparen allein geht es nicht, sondern es muss nur entsprechend verkaufbar sein.

Wenigstens sichergestellt worden ist – das muss ich Ihnen zugestehen, sofern das jetzt im Budget entsprechend verändert wird –, dass die Träger der verbandlichen Jugendarbeit durch eine Budgetveränderung nicht schlechter gestellt werden, was ja zunächst zu befürchten war. Dennoch muss man feststellen, dass die Parteijugendorganisationen von nun an mehr bekommen, während die verbandliche Jugendarbeit gleich viel bekommt.

Leider – und das war auch ein Punkt, der für uns ganz wesentlich war – war es nicht möglich, den Bereich offene Jugendarbeit auch im Gesetz zu verankern. Wir hätten uns vorgestellt, dass auch für die offene Jugendarbeit, für die ARGE Jugendzentren ganz spezifisch eine klare Regelung getroffen wird. Das ist eine Vereinigung, die die Koordination für die österreichischen Jugendzentren vornimmt. Es war nicht möglich, das explizit zu nennen, weil es nach Meinung der Koalitionsregierung einfach nicht in das Konzept des Gesetzes gepasst hätte. Ich glaube, dass man so flexibel hätte sein sollen, zu sehen, dass offene Jugendarbeit ein anderes Konzept als verbandliche Jugendarbeit ist, und da hätte man halt denken müssen, dass ein Konzept möglicherweise nicht einfach über alles drüberzulegen ist. Wenn man so viel Weitblick gehabt hätte, zu sagen, dass man nicht alles miteinander vergleichen kann, dann wäre es möglich gewesen, auch dafür explizit eine Förderung festzulegen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme nun zu einem Punkt, bei welchem es für mich nach wie vor wirklich schwer vorstellbar ist, wie die Regelung in der Praxis funktionieren soll. Der Bemessungswert für die Gelder der Jugendförderung wird nach Mitgliederzahlen der Organisationen festgelegt. Es gibt eine Bestimmung – das wurde schon zugestanden –, dass die Mitgliederlisten nicht offen gelegt


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 104

werden. Das kann doch wohl nicht passieren, denn dazu gibt es ja einen Datenschutz. Das wird also nicht passieren. Es gibt eine Regelung, in welcher drinnensteht, dass die Mitglieder glaubhaft gemacht werden müssen. Dazu soll es Ausführungsbestimmungen geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es angesichts der Notwendigkeit von Transparenz gerade auch bei Jugendförderungen – bei Parteijugendförderungen, aber auch bei den anderen Organisationen – sinnvoll ist, eine Regelung zu schaffen, bei welcher schon jetzt absehbar ist, dass es einfach nicht möglich sein wird, klar festzustellen, wie viele Mitglieder welche Organisation hat. Aber das ist das entscheidende Kriterium, nach welchem die Höhe der Förderung bemessen wird.

Es gab bislang Kritik des Rechnungshofes an der Praxis der Förderungsvergabe, und ich kann mir nicht vorstellen, das diese Maßnahme jetzt vom Rechnungshof wirklich gutgeheißen wird, zumal es nicht möglich ist, die Organisationsdichte einigermaßen korrekt nachzuvollziehen. Da hätte man sich mehr einfallen lassen müssen.

Ich möchte abschließend noch auf meine abweichende Stellungnahme aufmerksam machen, in der noch einige andere wichtige Punkte enthalten sind. Diese kann ich jetzt hier nicht mehr ausführen.

Eigentlich tut es mir Leid, dass wir einem Gesetz über die Bundes-Jugendförderung nicht zustimmen können. Wir waren an sich der Meinung – dies sei noch einmal vermerkt –, eine solche Regelung sollte gesetzlich erfolgen. Aber das Gesetz ist nicht so beschaffen, dass eine Zustimmung dazu für uns möglich war. (Beifall bei den Grünen.)

15.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Brosz zum § 3 Abs. 1 referiert hat, ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Mertel –: Wie gefällt Ihnen meine Krawatte heute? – Abg. Dr. Mertel: Ich habe schon schönere gesehen, wirklich! Aber ich habe heute gehört, dass Sie ja eigentlich Lebensmittelhändler sind, ich habe immer geglaubt, Sie verkaufen Krawatten!)

15.38

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie die Jugendsprecherin der SPÖ?) Der Herr Westfal meldet sich wieder zu Wort. Jedes Mal, wenn ich mich herstelle, spricht mich der Herr Westfal an. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind die Jungendsprecherin der SPÖ?) Oder heißt er Westerwelle?! Nein, "Westerwelle" ist kultivierter, aber es muss ein deutscher Name sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Abgeordnete, das gehört nicht zur Sache, warum Sie Westenthaler anspricht! – Sie sind am Wort.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Ein Rückblick in die Legislaturperiode zu diesem Förderungsgesetz ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sie geben eine so "tolle" Jugendsprecherin ab!) Vielleicht heißt er Westerwald. Ein deutscher Name muss es sein. Aber Herr Klubobmann Khol hat ja in der Debatte um das Namensrecht bewiesen, wie wichtig ihm Namen sind, als er gesagt hat, das sei ein "Orchideenthema". Es spielt daher keine Rolle, ob man Westerwald, Westerwelle, Westfal oder gar Westenthaler heißt, das ist egal. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Jugend sprecherin! Herrlich!)

Ich möchte gerne zur Entwicklung dieser beiden Gesetze, zum Jugendförderungs- und zum Jugendvertretungsgesetz, etwas sagen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Die beste Jugendsprecherin, die ihr je hattet! Da lachen ja die Hühner!) Ein kurzer Rückblick in die Legislaturperiode: Die wichtigen Vorarbeiten zu diesem Gesetz wurden hier im Hohen Hause geleistet. Die Jugendförderung ist seit Jahren ein Streitpunkt. Die Mittel dafür wurden bisher nach dem so genannten Bundesjugendplan vergeben.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 105

Am 17. März 1999 wurde dem Nationalrat der Dritte Bericht zur Lage der Jugend vorgelegt, und zwar vom vorvormaligen Familienminister. Darin wurden die Grundlagen von Kinder- und Jugendarbeit in Österreich auf einem breiten Spektrum reflektiert, um daraus die erforderlichen Kriterien jugendpolitischen Handelns und Folgerungen für eine ziel- und bedarfsgerechte Verwendung öffentlicher Mittel ableiten zu können.

Analysiert wurden Bedingungen, unter denen Kinder- und Jugendarbeit stattfindet, und der Bedarf an Kinder- und Jugendarbeit wurde anhand der Beschreibung der Freizeitsituation und der aktuellen Angebote dazu skizziert. Das wurde gegenübergestellt.

Gleichzeitig wurde die Frage der politischen Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sowie deren Auswirkungen erforscht. Darüber hinaus wurde ein internationaler Vergleich des Jugendförderungsgesetzes, des Rechtes, angestellt. Wir haben uns damals im Familienausschuss dazu entschlossen, diesen Bericht in einem Unterausschuss ausführlich zu diskutieren, selbstverständlich unter Einbeziehung von Experten und den Vertretern der Jugendorganisationen.

Ich möchte daher ausdrücklich betonen, dass es für die SPÖ und ihre Jugendorganisationen ein großes Anliegen war, die Jugendbeteiligung und Jugendmitbestimmung auszubauen und die Bundes-Jugendförderung auch auf eine neue Basis zu bringen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Petition verweisen, die bereits im April 1998 von der Sozialistischen Jugend Schwertberg eingebracht worden ist und von der damaligen Jugendsprecherin, Abgeordneter Brigitte Tegischer, und von den SPÖ-Abgeordneten Gabriele Binder und Kurt Gaßner an den Nationalrat gerichtet wurde. Darin wurde gefordert, dass die Jugendbeteiligung und Jugendmitbestimmungsmodelle gefördert werden. Außerdem – und das ist ganz wichtig – wurden bundesweit einheitliche Jugendförderungsbestimmungen gefordert.

Das war auch die Grundlage für die Arbeit im damaligen Unterausschuss und dann im Familienausschuss. Das führte zu dem umfassenden Entschließungsantrag der SPÖ und der ÖVP. Wesentliche Punkte darin – ich möchte einige davon zitieren – waren:

die verbandliche Jugendförderung und -vertretung als auch die offene Jugendarbeit zu fördern, und zwar zukünftig auf Basis eines Jugendförderungsgesetzes;

dass Jugendorganisationen folgende Voraussetzungen erfüllen müssen: das Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich und zu den Grundwerten des Friedens, der Freiheit und der parlamentarischen Demokratie, der Menschenrechte, des Rechtsstaates, und zwar in den Verbandsrichtlinien wie auch in den täglichen Aktivitäten des Verbandes. Ich meine, das ist eine wichtige Forderung – gerade in Zeiten wie diesen.

Eine weitere Forderung war, dass die verbandliche Jugendarbeit einen einheitlichen qualitativen Ansatz umfassen muss und nicht nur einen Teilbereich und dass demokratische Verbandstrukturen auf Jugendliche, mit Jugendlichen und für Jugendliche ausgerichtet sein müssen.

Wesentlich und erwähnenswert ist noch, dass die Vorgespräche unter Einbeziehung der Vertreter der Jugendorganisationen erfolgten. Für die SPÖ war es auch wichtig, dass die offene Jugendarbeit entsprechend gefördert wird und in der Jugendvertretung verankert ist. Entscheidend für die SPÖ ist ebenfalls, dass Vereine ohne eigene Rechtspersönlichkeit – allen voran die Österreichische Gewerkschaftsjugend – in die Förderung miteinbezogen sind und dass die Budgetmittel nun durch einen Abänderungsantrag im Ausschuss auf 93 Millionen Schilling Förderung angehoben wurden.

Erfreulich ist – und das möchte ich abschließend betonen –, dass die Bundes-Jugendvertretung nun eine Stellung erhält wie alle anderen Interessenvertretungen, also den anderen Interessenvertretungen mit Begutachtungsrecht gleichgestellt ist. Die SPÖ kann daher diesen beiden Gesetzentwürfen ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 106

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

15.44

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben zwei Vorlagen zur Beschlussfassung vorliegen. Es sind dies zwei Initiativanträge, die sich mit dem Bundes-Jugendvertretungsgesetz und dem Bundes-Jugendförderungsgesetz beschäftigen.

Ich möchte zunächst darauf eingehen, warum wir nunmehr die Jugendförderung und die Jugendvertretung in zwei Gesetze gießen. Ich denke, dass das zum einen ein Mehr an Rechtssicherheit für die Jugendorganisationen und die Jugendarbeit insgesamt bringt, und glaube, dass das zum anderen vor allem auch das Ergebnis einer langen und intensiven Debatte ist, die wir eigentlich seit mehreren Jahren führen.

Die Situation, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, dass nämlich im Grunde genommen die Jugendförderung, insbesondere jene, die sich auf die verbandliche Jugendarbeit bezogen hat, über den Österreichischen Bundesjugendring erfolgt ist, mag zwar in den früheren Jahren eine gewisse Sinnhaftigkeit gehabt haben, ist jedoch auf Grund der diversen Situationen, wie wir sie bei den Jugendorganisationen haben, einfach nicht mehr zeitgemäß.

Es kann ja wohl nicht so sein, dass die Mitgliedschaft in einem Verein quasi Voraussetzung dafür ist, dass man eine Förderung als verbandliche Jugendorganisation erhält. Dem erklären wir mit diesem neuen Jugendförderungsgesetz eine Absage.

Kollege Brosz hat kritisiert, dass die Mitgliederzahlen ein nicht ausreichendes Kriterium für die Vergabe von Mitteln sind; das ist richtig. Es ist auch nicht das einzige Kriterium, aber es ist ein wesentliches Kriterium für die Frage, ob verbandliche Jugendorganisationen gefördert werden sollen oder nicht, denn das Wesen eines Verbandes ist ja, dass es in irgendeiner Form eine Verbindung gibt – und das ist ja der große Unterschied zur offenen Jugendarbeit.

Sie kritisieren, dass wir mit diesem Förderungsgesetz den Dachverbänden der offenen Jugendarbeit keine Basisförderung zugestehen. – Das liegt ganz einfach in der Natur der Sache, dass wir auf diese Art und Weise nicht bestimmen können, wie viele derartige Dachorganisationen sich dann begründen, dass kein Wildwuchs entsteht. Wir müssten dann jeder dieser neu entstehenden Dachorganisation eine Basisförderung zugestehen.

Aber selbstverständlich ist in diesem Jugendförderungsgesetz auch vorgesehen, dass die offene Jugendarbeit gefördert wird. Entsprechende Richtlinien befinden sich bereits in Ausarbeitung. Ich möchte dem Herrn Bundesminister dafür danken, dass er auch die Mittel für die offene Jugendarbeit, für die Jugendarbeit nach der freien Förderung extra erhöht hat, damit da auch ein gewisser Druck weggenommen ist. Das ist gerade in Zeiten, wo man sehr sorgsam mit Geldern umgehen muss, eine wirklich großartige Sache. – Danke, Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Wir haben Mitte der neunziger Jahre bereits eine Debatte geführt, in der wir gesagt haben, dass gerade für verbandliche Jugendorganisationen und Jugendarbeit die Struktur auch entsprechend abgesichert werden muss. Das war auch ein wichtiger Punkt, den wir in der Entschließung des Nationalrates aus der vergangenen Legislaturperiode forderten.

Wir legen nun fest, dass es eine Basisförderung für die Jugendarbeit von 50 Prozent gibt, dass aber darüber hinaus Projekte finanziert werden können – und das ohne Deckelung. Ich glaube, dass wir damit den Wünschen zahlreicher Jugendorganisationen, mit denen wir verhandelt haben – unabhängig davon, ob es sich um die Katholische Jugend, um Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs oder die Alpenvereinsjugend handelt –, tatsächlich auch Rechnung tragen.

Mit dem Bundes-Jugendvertretungsgesetz, das wir heute beschließen werden, schaffen wir etwas, was auch international einzigartig ist, nämlich eine Jugendvertretung auf gesetzlicher


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 107

Basis. Diese Jugendvertretung wird in den Anliegen, die die jungen Menschen in unserem Land betreffen, den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, der Wirtschaftstreibenden, der Bauern und der Senioren gleichgestellt, ist also in Jugendangelegenheiten Sozialpartner – und das ist ein Quantensprung. Das ist ein Quantensprung im Zusammenhang mit dem Ernstnehmen von Partizipation junger Menschen, der Beteiligung an politischen Entscheidungen. Ich glaube, dass das auch immer wichtiger wird.

Wenn man sich die demographische Entwicklung anschaut, wenn man sich die Debatten rund um die Pensionsreformen anschaut, dann kann man erkennen, dass eine ernsthafte Interessenvertretung der österreichischen Jugend immer wichtiger wird.

Ich habe im Sommer 1998 die Forderung nach einem solchen Bundes-Jugendvertretungs- und Bundes-Jugendförderungsgesetz erhoben, und da hat Wolfgang Fasching, ein eher der Sozialdemokratie zuzurechnender Journalist, im "Standard" einen interessanten Kommentar geschrieben. Unter dem Titel "Lobby dringend gesucht" schreibt Wolfgang Fasching, der, glaube ich, auch einmal für die Kinderfreunde im Bundesjugendring tätig war:

"Gerade in dieser Situation" – er bezieht sich darauf, dass Jugendvertretung immer wichtiger wird – "wäre eine starke Jugendlobby äußerst wichtig, um ihre Anliegen in die Politik einzubringen. Diese hätte der Bundesjugendring auch sein können, weil er von links bis rechts, von religiös bis weltlich, von bieder bis ausgelassen ein breites Spektrum an Organisationen und Vereinen abdeckt. Allein er ist es nicht."

Dann schreibt er weiter: "Ihn abzuschaffen und gemeinsam mit der Hochschülerschaft, der Schülervertretung und anderen jugendrelevanten Gruppierungen eine starke Lobby für alle Jugendliche zu gründen, ist daher sinnvoll. Selbst eine Reform könnte den Bundesjugendring nicht mehr retten. Zu oft ist schon über Veränderungen geredet worden, ohne dass sie mehr waren als kosmetische Korrekturen. Eine neue Jugendvertretung soll aber aufpassen, dass sie nicht dasselbe Schicksal erleidet."

Ich glaube, es ist gut, dass wir heute dieses Gesetz mit zumindest drei Parteien beschließen. Ich bedauere sehr, dass die Grünen nicht mitgehen, aber wahrscheinlich tun sie dies mangels eigener Jugendorganisationen. Es freut mich, dass wir eine Drei-Parteien-Einigung zu Stande bringen können. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass diese österreichische Jugendvertretung im Sinne der österreichischen Jugend ihre Aufgaben wahrnimmt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. – Bitte.

15.52

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon interessant, welche Probleme und welche Sorgen die Frau Vorsitzende des Familienausschusses plagen, wenn sie hier vor dem Hohen Haus über Jugendthemen spricht. Sie befindet es für nötig, sich über irgendwelche Namensspielereien Gedanken zu machen. Das möchte ich gar nicht weiter kommentieren. Das Hohe Haus wird sich selbst ein Bild über ihre Qualifikationen in diesem Bereich machen. (Abg. Dr. Mertel: Na, na, na!)

Aber was mich interessieren würde – weil ich ihn gerade da oben sitze sehe, Robert Pichler von der Sozialistischen Jugend –, ist: Was sagst du eigentlich zu solch einer Jugendsprecherin deiner Partei im Hohen Haus? Ich bin ja dafür, dass die Frau Jugendsprecherin der SPÖ öfters als solche auftritt, die Frau Mörtel oder Martel – egal, mit "M" beginnt ihr Name, glaube ich. (Abg. Brosz: Ist das lustig?)

Aber zurück zum Gesetz, zu den beiden Gesetzentwürfen. Ich glaube, dass es sich bei diesen beiden Gesetzen um einen Meilenstein in der Jugendarbeit handelt. Wir beschließen heute das Bundes-Jugendförderungsgesetz und das Bundes-Jugendvertretungsgesetz, und damit werden


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 108

Missstände, die es jahrzehntelang rund um den Österreichischen Bundesjugendring gegeben hat, endlich behoben.

Was den Bundesjugendring betrifft, so hat ein Dachverband eine Subvention in der Höhe von 50, 60 Millionen Schilling und mehr bekommen und hat dann diese Gelder wahllos in Wildwestmanier an seine Mitglieder verteilt, hat dort ein paar Millionen hingeschoben, ein paar 100 000 S da, hat selbst bestimmt, wer was bekommt, wieviel wer bekommt, wer nichts bekommt, wer seine Mitglieder sind. Das ist eine Tatsache, die einfach nicht mehr haltbar ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.) In Jahrzehnten sozialistischer Regierungspolitik haben Sie diesen skandalösen Zustand aufrechterhalten. Auch der Rechnungshof hat das ja immer wieder deutlich kritisiert.

Durch das neue Bundes-Jugendförderungsgesetz werden wir eine transparente, eine nachvollziehbare, eine gerechte, eine faire Lösung erreichen. Es wird eine faire Förderung der Jugendarbeit geben, es wird eine Förderung der verbandlichen Jugendarbeit geben. Das ist, glaube ich, etwas, das die Jugendorganisationen quer durch das gesamte Spektrum wirklich verdient haben.

Uns ist aber auch wichtig – das ist in den Parteiengesprächen und auch in den Gesprächen mit den Jugendorganisationen deutlich als Wunsch artikuliert worden –, dass wir ein Bekenntnis zur Förderung der Jugendorganisationen von Volksgruppen abgeben möchten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schender, Amon MBA, Heinisch-Hosek, Brosz und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, dass Jugendorganisationen von den nach dem Volksgruppengesetz (BGBl. 396/1976) anerkannten Volksgruppen in den zu erlassenden Förderungsrichtlinien gemäß § 8 Abs. 1 bis 5 Bundes-Jugendförderungsgesetz berücksichtigt werden."

*****

Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute zwei Gesetze von Jugendlichen und für Jugendliche. Es sind zwei Gesetze, die von den Vertretern der verschiedenen Jugendorganisationen verhandelt wurden. Daher gilt mein Dank auch ausdrücklich den verhandelnden Jugendorganisationen. Ich stehe auch nicht an, mich hier für die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit der Sozialistischen Jugend aber auch mit der Gewerkschaftsjugend zu bedanken. Ich glaube, wir haben mit allen Gesprächspartnern ein sehr konstruktives Gesprächsklima gehabt. Wir haben es wirklich geschafft, ein Gesetz von Jugendlichen für Jugendliche zu verfassen. Daher glaube ich, dass das ein wirklich gutes Ergebnis und ein guter Tag für die Jugendarbeit in Österreich ist.

Meine Damen und Herren! Ich darf zum Schluss meiner Ausführungen noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Amon MBA, Mag. Schender und Kollegen zum Antrag 270/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (351 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 109

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 1 lautet:

"§ 3. (1) Zur Vertretung der Anliegen der Jugend gegenüber den politischen Entscheidungsträgern auf Bundesebene ist eine Bundes-Jugendvertretung einzurichten. Die Mitglieder der Bundes-Jugendvertretung sollen das 30. Lebensjahr nicht überschreiten und von den nach §§ 4 und 5 nominierungsberechtigten Organisationen entsandt werden."

Die Änderungen, die nun folgen, sind reine legistische Maßnahmen, die inhaltlich nichts verändern:

2. § 6 Z 3 lautet:

"3. Die Erstattung von Stellungnahmen zu allen Gesetz- und Verordnungsentwürfen, die der Bundes-Jugendvertretung relevant erscheinen,"

3. § 10 Abs. 2 Z 1 lautet:

"(2) Im Vertrag gemäß Abs. 1 ist insbesondere festzulegen:

1. Der Ersatz der Kosten für die Führung der Bürogeschäfte der Bundes-Jugendvertretung und für die Mitglieder des Präsidiums die Abgeltung der Reise- und Aufenthaltskosten unter sinngemäßer Anwendung der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955,"

4. Im 3. Abschnitt Schlussbestimmungen wird im Titel zu § 13 das Wort ‚Übergangsbestimmungen‘ gestrichen.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schender und Kollegen und der jetzt verlesene, vorhin schon angekündigte Abänderungsantrag des Abgeordneten Amon sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

15.58

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Schender, anstatt hier herumzupolemisieren solltest du dich über die beiden Gesetze freuen, die wir beschließen werden.

Meine Damen und Herren! Von den gestrigen 90 Gesetzesänderungen zum Sozialabbau können wir uns an einer Hand abzählen, welche Verschlechterungen nicht auch Kinder und Jugendliche betreffen. Jede politische Entscheidung – vom Bau einer Straße bis zur Lohnpolitik – beeinflusst auch das Leben von Kindern und Jugendlichen.

Mit den gestern beschlossenen Grauslichkeiten streichen Sie einen Grundwert in Ihrem Vokabular: den Grundwert der Gleichheit. Wie entwickeln wir die Talente und Begabungen von allen, wenn nicht in einer Gesellschaft, die auch uns gleich behandelt?

Es geht nicht um einheitliche Lebensstile oder einheitliche Kulturen, sondern um wirkliche Gleichheit. Es geht um gleiche Wertschätzung, um gleiche Chancen auf erfülltes Leben. Ich habe das Gefühl, Sie haben das gestern vorsätzlich getan. Sie haben sich vorsätzlich von diesem Grundwert verabschiedet. (Beifall bei der SPÖ.)

Das macht mich sehr betroffen. Ein kleiner Lichtblick hingegen sind die beiden Jugendgesetze, die wir heute beschließen werden. Nach intensiven Vorarbeiten der SozialdemokratInnen –


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 110

Kollegin Mertel hat das vorher schon ausreichend erörtert, es liegt ja schon einige Zeit zurück – haben nun auch Sie, Kollege Amon, Kollege Schender, erkannt, dass die Jugend eine gesetzliche Vertretung und neu geregelte finanzielle Grundlagen für ihre tägliche Arbeit braucht.

Jetzt komme ich zum Vertretungsgesetz. Mit dem Bundes-Jugendvertretungsgesetz bekommen nun auch die Jugendlichen in Österreich – so wie die Senioren – endlich eine eigene Interessenvertretung, die in allen jugendrelevanten Angelegenheiten den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, der Wirtschaft und der Landwirtschaft gleichgestellt ist.

Wahrgenommen werden diese Interessen von einer so genannten Bundes-Jugendvertretung. Darin finden sich Vertreter von verbandlich organisierten Jugendorganisationen, der ÖH, der Bundesschülervertretung, der Landesjugendbeiräte und auf unser massives Drängen hin auch Vertreter der gesetzlich anerkannten Volksgruppen Österreichs und Vertreter der Einrichtungen der offenen Jugendarbeit.

Für diese Bundesjugend-Vertretung gibt es eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen. Sie kann die Regierung in jugendrelevanten Fragen beraten. Sie kann zu Gesetz- und Verordnungsentwürfen Stellung nehmen und selbst Vorschläge, zum Beispiel bei bildungspolitischen Maßnahmen, machen. In den Verhandlungen – dafür bedanke ich mich auch, dass diese so konstruktiv ausgefallen sind – konnte auch erreicht werden, dass eine Altersgrenze von 30 Jahren nicht überschritten werden soll, denn Berufsjugendliche sind so eine eigene Sache, und dass die Vertreter der offenen Jugendarbeit, was uns auch schon immer ein großes Anliegen war, zumindest in der Vollversammlung vertreten sein können.

Diese bundesweite Plattform der unterschiedlichsten Jugendorganisationen ist wirklich eine erste echte Chance für die Jugendlichen, ihre Zukunft selbst mitzugestalten, sofern auch die schwarz-blaue Regierung generell wieder mehr Wert auf Gesetzesbegutachtung und Stellungnahmen der Interessenvertretungen legt und nicht, wie in letzter Zeit, ruck, zuck drüberfährt und Husch-Pfusch-Gesetze erlässt.

Hier setzt auch meine Kritik an: Leider hat es zu diesen beiden Gesetzentwürfen keinerlei Begutachtung gegeben. (Abg. Steibl: Das ist jahrelang diskutiert worden!) Nein, nein – trotzdem hätte man dies machen können. Wenn dieser Stil weiter beibehalten würde, würde sich vielleicht die Schaffung dieser Bundes-Jugendvertretung als jugendpolitisches Feigenblatt herausstellen. Aber das soll ja nicht passieren. Sie werden sicher dafür sorgen, und wir werden darauf schauen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir SozialdemokratInnen bekennen uns zu Interessenvertretungen jeglicher Art, und wir nehmen deren Meinung zu Gesetzentwürfen ernst und lassen sie immer in unsere Überlegungen mit einfließen. Die gesetzliche Grundlage zum Mitreden und Mitbestimmen schaffen wir heute, wenngleich das für die umfassende Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen noch nicht genug ist. Da komme ich am Schluss noch ganz kurz darauf zu sprechen.

Jetzt zur Jugendförderung, meine Damen und Herren. Der Tatsache wird natürlich Rechnung getragen – das wurde heute auch schon gesagt –, dass der traditionelle Bundesjugendplan mit seiner starren Geldaufteilung nicht mehr aufrechtzuerhalten war, und auch der Rechnungshof – das wurde auch schon gesagt – hat dies schon in der vergangenen Legislaturperiode kritisiert, was damals zu unserem Entschließungsantrag, der ja ein gemeinsamer war, geführt hat. Förderungsempfänger können dem Gesetz zufolge sowohl verbandliche Jugendorganisationen als auch Jugendgruppen, Jugendinitiativen und Einzelpersonen und natürlich Einrichtungen der offenen Jugendarbeit sein.

Wichtig war uns – das hat Kollegin Mertel auch schon gesagt – das Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich, zum Rechtsstaat und zu den Menschenrechten. Es ist gelungen – danke, Robert! (in Richtung eines auf der Galerie sitzenden Vertreters der Gewerkschaftsjugend)  –, die Österreichische Gewerkschaftsjugend hier mit einzubeziehen, die vorher nicht bedacht war, und auch Jugendorganisationen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Wir finden es wichtig, dass die Abkoppelung der Parteijugendorganisationen sowie der Gewerkschaftsjugend


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 111

durch klar definierte Subventionen geschehen ist. Sie müssen ja ohnehin 50 Prozent der Fördermittel über Projekte abrechnen.

Die verbandlichen Jugendorganisationen erhalten unter gewissen Bedingungen nun eine Basisförderung. Bei der Projektförderung bedauern wir, dass aus einer Ist- eine Kann-Bestimmung geworden ist. Wir hätten gerne gehabt, dass diesen auch Projektförderung zuzugestehen ist. Das ist jetzt eine Kann-Bestimmung geworden. Wir haben dann verhandelt, und es ist zumindest zu einer Ausschussfeststellung gekommen, in der festgehalten wurde, dass sich die Projektförderung an der Höhe der Basisförderung orientieren soll.

Die Vergabe der Projektförderung erfolgt nach Richtlinien. Ich bedanke mich, dass wir Jugendsprecher und -sprecherinnen auch bei der Erstellung dieser Richtlinien, wie mir gesagt wurde, dabei sein können. Leider ist es uns nicht gelungen, den Bundesjugendring da auch mit einzubeziehen, aber vielleicht geht das noch. Vertreter der Länder können auch dabei sein. Diese Richtlinien werden nämlich für die Vergabe der Projektförderung entscheidend sein. Natürlich werden wir genau darauf achten, dass diese auch entsprechend eingehalten werden.

Ein großes Anliegen – das möchte ich zum Schluss noch festhalten – ist uns echte Jugendmitbestimmung und Jugendbeteiligung. Es wird einen Jugenddemokratiepaket-Antrag der SPÖ geben, in welchem viele Bereiche zusammengefasst sind, die wir im Familienausschuss diskutieren können. Ich glaube, wir SozialdemokratInnen haben durch unsere Vorarbeit Grundlagen für die heute zu beschließenden Gesetze gelegt, aber nur auf Grund dieser beiden Gesetze ist das Ziel noch lange nicht erreicht, nämlich Kinder und Jugendliche gleichberechtigt mitbestimmen und mitentscheiden zu lassen, und zwar in der Gemeinde wie im Bund. Ich freue mich schon auf die Diskussionen im Familienausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.06

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin als Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen durchaus zufrieden damit, dass heute hier im Nationalrat ein breiter Konsens für die Verabschiedung des Bundes-Jugendvertretungsgesetzes und Bundes-Jugendförderungsgesetzes gefunden werden kann. Ich glaube, dass es einem Staatswesen wichtig sein muss, auch die Jugend von Anfang an ordnungsgemäß und umfassend und auch im Bewusstsein, dass Jugendproblematik keine Einbahnstraße, sondern eine Querschnittsmaterie ist, einzubinden.

Ich danke allen Jugendsprecherinnen und -sprechern, die mir gedankt haben, dass ich für die freie Jugendförderung Umschichtungsmaßnahmen in meinem Ressort gegenüber dem ursprünglichen Plan für das Budget 2001/2002 durchgeführt habe. Ich weiß, dass nur etwa 10 Prozent aller Jugendlichen in Organisationen tätig werden und die überwiegende Zahl der Jugendlichen nur bei einzelnen Projekten mitmachen, sich nur temporär im Sinne einer tatsächlichen Mitbeteiligung an der Gesellschaft einbringen und eher in der freien Jugendszene zu finden sind. Daher war es mir ein Anliegen, diesen Bereich in gleichem Ausmaß wie 1999 zu fördern und entgegen den sonstigen Richtlinien, nämlich zunächst durchschnittlich 10 Prozent und dann nochmals 3 Prozent in den Ministerien einzusparen, in diesem Bereich nicht einzusparen, sondern die Förderungsmittel zur Verfügung zu stellen.

Den demographischen Entwicklungen zufolge ist es leider eine Tatsache, dass der Jugendanteil an unserer Bevölkerungspyramide immer geringer und der Altersüberhang immer größer wird. Es ist daher ein wichtiges Anliegen, die junge, immer kleiner werdende tragfähige Schicht unserer Gesellschaft in Zukunft stärker einzubinden und zu fördern. Auch in meiner Position als Minister betrachte ich es als durchaus erfreulich, dass mein Heimatbundesland Kärnten und auch andere Bundesländer das Wahlalter für Jugendliche bei den Gemeinderatswahlen senken und so einen weiteren Schritt dahin gehend setzen, junge Menschen frühzeitig in die politische Bildung einzubeziehen, ihr Sensorium zu schärfen und sie auch verantwortlich einzubinden.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 112

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute die Meinungsumfragen, abgedruckt in einer österreichischen Zeitung, betrachten, dann meine ich, dass wir Politiker auf die Ergebnisse nicht stolz zu sein brauchen, sondern uns den Kopf darüber zerbrechen sollten, warum in der Öffentlichkeit immer die Meinung vertreten wird, dass junge Menschen an Politik eigentlich nicht interessiert sind und nicht teilhaben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Ihnen hier aus der Shell-Studie aus Deutschland und dem Dritten österreichischen Jugendbericht ein kurzes Zitat bringen:

"Nicht die Jugendlichen sind an der Politik desinteressiert, sondern sie unterstellen im Gegenteil, dass die Politik an ihnen nicht interessiert ist. (Jugend 97, Opladen 1997, Seite 17) Die Jugendlichen sehen ihre Interessen in der Erwachsenenpolitik nicht genügend vertreten – mehr noch, sie denken, dass sich diese gar nicht für sie interessiert!"

Sehr geehrte Damen und Herren! Das sollte uns zu denken geben, und das sollte uns auch dazu bewegen, in diesem Bereich die Geldmittel, die Projekte und die Förderungsmaßnahmen auch in Zukunft so umzusetzen, dass es uns besser gelingt, die Jugend in den Kreis der Politik und in die Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft einzubinden.

Ich bin auch durchaus zufrieden, dass im Bundes-Jugendförderungsgesetz sehr viele Maßnahmen gesetzt sind, die mir als Sozialminister auch am Herzen liegen. Ich darf im Besonderen dazu ausführen, dass die Forschung, die Jugendinformation, die Präventionsstellen im Gesetz mit berücksichtigt sind, und darf im Besonderen auch darauf hinweisen, dass ich besonders stolz darauf bin, dass nunmehr auch expressis verbis die Behindertenintegration im Bundes-Jugendförderungsgesetz aufscheint.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine neue, zukunftsträchtige Gesellschaft wird daran gemessen werden, wie sie von der Jugend bis ins Alter mit behinderten Menschen umgeht. Verehrte Frau Vorrednerin! Ich glaube nicht, dass sich diese Bundesregierung vom Gleichheitsprinzip verabschiedet hat. Gerade die beiden heutigen Initiativanträge und der breite Konsens, der hier im Parlament zwischen Opposition und Regierungsparteien gefunden wurde und hoffentlich dann auch bei der Abstimmung umgesetzt wird, sind ein Beweis dafür, dass sich das gesamte österreichische Parlament der Wertschätzung, der Gleichstellung und den sozialen Anliegen dieser Gesellschaft auch in Zukunft widmen wird.

Als Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen denke ich, dass wir stolz darauf sein können, dass wir unseren Jugendlichen und den Jugendorganisationen eine Basisförderung zur Verfügung stellen, die die Jugendarbeit österreichweit auf eine neue, zukunftsträchtige Basis stellt, und dass wir der Jugend in Österreich in den Interessenvertretungen gleichrangig mit den anderen Generationen ein Mitspracherecht geben, beginnend mit der Einbeziehung in Begutachtungsverfahren über die Vertretung in Gemeinden in manchen Bundesländern und an den Universitäten bis hin zur Einbindung in gesellschaftlich wichtige und relevante Gremien der Sozialpartnerschaft.

Die Jugend wird in Zukunft in Österreich ein besser bestelltes Feld vorfinden als die Jugend vieler anderer europäischer Nationen, wie ich zu meinem Bedauern bei der Jugendministerkonferenz in Brüssel feststellen konnte, um sich finanziell zuverlässig abgesichert weiterhin für die Zukunft unserer Gesellschaft einzusetzen. Ich glaube, dass dieser Tag für die Jugendförderung in Österreich ein guter Tag ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

16.12

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Vorweg eine kurze Bemerkung zur Rede von Kollegin Heinisch-Hosek. Für mich war es etwas verwunderlich, dass man Kollegen Schender der Polemik bezichtigt und dann eine eigene Rede abliefert, die vor Polemik strotzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 113

Ich möchte nun folgende Anträge einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Amon MBA, Mag. Schender und Kollegen zum Antrag 270/A der Abgeordneten Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (351 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In § 5 wird in Z 1 und Z 2 der Ausdruck "gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft" durch "gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgemeinschaft" ersetzt.

*****

Der zweite Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schender, Amon MBA und Kollegen zum Antrag 269/A der Abgeordneten Mag. Schender, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (350 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. § 3 Z 10 lautet:

"10. Förderung der

lebensführungs- und gesundheitsbezogenen Bildung,

berufs- und karriereorientierten Bildung,

generationsbezogenen Bildung,

Entfaltung von kreativen Kräften junger Menschen, um eine aktive Beteiligung am kulturellen Leben zu ermöglichen,

Gleichberechtigung beider Geschlechter und

Behindertenintegration."

2. In § 4 Abs. 1 Z 2 lit b wird das Wort "und" gestrichen und durch einen Beistrich

ersetzt.

3. Erster und zweiter Satz in § 7 Abs. 2 lauten:

"(2) Als Förderung der verbandlichen und projektbezogenen Jugendarbeit von politischen Jugendorganisationen ist höchstens einer parteipolitischen Jugendorganisation jeder zum jeweils 1. Jänner des Antragsjahres im Nationalrat vertretenen Parteien eine Förderung in der Höhe von 700 000 S pro angefangenen zehn Abgeordneten der Partei, der die Jugendorgani


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 114

sation zuzurechnen ist, zu gewähren. Zusätzlich sind pro angefangenen 10 000 Mitgliedern der Jugendorganisation je 100 000 S zu gewähren."

4. § 8 Abs. 2 Z 1 lautet:

"1. Zielsetzung, Gegenstand und Zweck einer Förderung,"

*****

Meine Damen und Herren! Mit den heutigen Beschlüssen zum Bundes-Jugendvertretungsgesetz und Bundes-Jugendförderungsgesetz nehmen wir die Anliegen der Jugend ernst. Einerseits wird ihrer Meinung bei politischen Entscheidungen Rechnung getragen, und andererseits wird die Förderung auf objektive, kontrollierbare und nachvollziehbare Kriterien abgestellt.

Ich darf an einem konkreten Beispiel erfolgreiche Jugendarbeit einer Jugendorganisation aufzeigen, die durch die heutigen Beschlüsse in Zukunft gerechter behandelt werden wird. Die Österreichische Landjugend zeichnet sich durch Engagement im kulturellen, sozialen, bildnerischen Bereich und bei der Mitgestaltung des ländlichen Raumes aus. Die Österreichische Landjugend mit rund 1 100 Ortsgruppen hatte im Jahre 1998 26 000 Veranstaltungen mit mehr als einer halben Million, also mit über 500 000 Besuchern abgehalten. In Oberösterreich wurden zum Beispiel im letzten Jahr, im Jahre 1999 von den 200 Ortsgruppen über 10 000 Veranstaltungen mit rund 133 000 Besuchern durchgeführt. Dies ist die Jugendarbeit, die die Anliegen und Interessen junger Menschen fördert.

Mit den heutigen Entscheidungen nehmen wir den Satz "Jugend ist unser aller Zukunft" ernst. Und vor allem: Wir setzen Taten! Ich bedanke mich bei all jenen, die mit ihrer Arbeit dazu beigetragen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich würde Sie bitten, bei dem Abänderungsantrag noch zu prüfen, ob es wirklich heißen soll "Kirche und Religionsgemeinschaft" oder "Kirche oder Religionsgemeinschaft".

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

16.16

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Wir haben heute eine Gesetzesmaterie zu verhandeln, über die die Debatte bis dato nach meinem Dafürhalten gar nicht besonders polemisch war. Weil mich die Jugendarbeit auch auf Grund meiner bisherigen Tätigkeit im Nationalrat begleitet hat, versuche ich an dieser Stelle noch einmal, auch die Kollegen von den Grünen zu überzeugen. Ich bin Gott sei Dank nicht mehr Jugendvertreter – nicht, weil ich es nicht gerne gemacht hätte, aber es muss letztlich auch eine Frage des Alters sein, ob man noch wirklich glaubwürdig Jugendarbeit machen kann. Ich bin sehr froh, dass wir junge Abgeordnete haben, die das übernommen haben, und ich das mit 38 Jahren dann endlich abgeben konnte.

Aber nichtsdestotrotz habe ich mich deswegen zu Wort gemeldet – ähnlich wie Kollegin Mertel –, weil wir uns doch damit sehr viel beschäftigt haben und in der Vergangenheit einiges passiert ist. Ich werde den Versuch unternehmen, die Kollegen von der grünen Fraktion zu überzeugen, dass man das mittragen sollte und könnte. Ich glaube, wir liegen nicht allzu weit auseinander. Ich habe Ihre Stellungnahme sehr aufmerksam gelesen und teile durchaus viele Bedenken, die Sie darin äußern. Wenn Sie meinen seinerzeitigen Initiativantrag aus dem Jahre 1998 und die bereits davor immer wieder erklärten Punktationen dazu lesen, werden Sie bemerken, dass ich mich auch mit genau diesen Problemen auseinandergesetzt habe. Aber man muss auch Realitäten erkennen, und ich glaube, wenn man sich die beiden Vorlagen von heute ansieht, muss man sich auch die Frage stellen: Was wäre denn die Alternative dazu gewesen oder was ist die Alternative dazu?


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 115

Die reale Alternative heute ist der Ist-Stand. Der Ist-Stand ist in meinen Augen jedoch keine Alternative, weil der Ist-Stand nicht das verkörpert, was ich mir demokratiepolitisch, rechtsstaatlich vorstelle. Der Ist-Stand hat auf der einen Seite auf die Ausgrenzung beziehungsweise auf den Ausschluss aus der demokratiepolitischen Willensbildung aufgebaut, und zwar in hohem Maße motiviert durch finanzielle Überlegungen, und auf der anderen Seite wurde Jugendarbeit immer nur zusammen mit dem Verteilungskampf um das vielleicht zu wenig vorhandene Geld gesehen. Angesichts dessen ist es schon ein Quantensprung, wenn man zumindest einmal eine gesetzliche Basis dafür schafft, dass es auf gesetzlichem Wege beziehungsweise durch niedergeschriebene Normen nicht zu einer Ausgrenzung kommt, sondern dass nunmehr Teilnahme und Mitarbeit anstelle von Ausgrenzung zum Prinzip erhoben wurden, dass Jugendarbeit insofern Rechtsstaatlichkeit, aber auch eine Demokratisierung erfährt. Das alleine ist schon ein ganz wichtiger Schritt!

Als ich hörte, dass man viele Jahre intensiv daran gearbeitet hat, musste ich etwas lachen. Man hat zwar vielleicht auch auf Grund der Mehrheitsverhältnisse politisch immer viel darüber debattiert, auch hier im Hohen Haus, aber man hat nicht wirklich gearbeitet oder Umsetzungen erreicht. Auch die Jugendorganisationen widmeten sich eher den Verteilungskämpfen und der Frage, wie man sich die Konkurrenz vom Leib hält, damit man den Kuchen nicht mit mehreren teilen muss. In diesem Zusammenhang war Ausgrenzung durchaus ein probates Mittel und spielte da mit. Man hat also eigentlich auch nicht das Animo gehabt, wirklich Änderungen herbeizuführen, weil dies doch unter Umständen zu einer Schmälerung der eigenen finanziellen Basis hätte führen können. Das war doch immer da, und das war der Ist-Stand, und diesen haben wir mit diesen beiden Gesetzen zumindest einmal in wesentlichen Teilen, so sage ich, beendet.

Die Demokratisierung ist mir wichtig, sie ist ein ungemein hohes Gut. Auch die Rechtsansprüche, die in diesen beiden Gesetzen verankert sind, sind ein hohes Gut. Ich bin zwar kein Freund der Basisförderung, doch gab es realistischerweise keine Alternative, denn sonst hätte es hier im Hohen Hause überhaupt keine Mehrheiten gegeben.

Aber freiheitliche Handschrift konnte insofern verwirklicht werden, als auch bei der Basisförderung ein zwingend vorgeschriebener Teil der Projektförderung vorgesehen ist und damit zumindest in diese Richtung der richtige Weg gegangen wird. Viele andere gute Anregungen sind noch gekommen, die man durchaus alle einzubauen versucht hat.

Ich glaube, dass das ein Quantensprung in der Jugendarbeit ist, und den haben wir geschafft. Wer heute nicht mit an Bord ist, der hätte eigentlich nur eines gewollt, nämlich den Ist-Zustand fortschreiben, oder er hätte eine ganz utopische Forderung aufgestellt in dem Wissen, dass man hier in diesem Hohen Haus keine Mehrheit dafür findet.

Ich meine, man muss sich jetzt einmal die Jugendvertretung und die Jugendförderung im nächsten Jahr genau anschauen, um zu sehen, wie sich das entwickelt, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Die Jugendvertretung baut ja auch in ihren gesetzlichen Bestimmungen da- rauf, dass man miteinander etwas machen muss und nicht gegeneinander oder in ausgrenzender Weise vorgeht, etwa durch rotierende Vorsitztätigkeit und so weiter und so fort, und sie verleiht der Jugend vielleicht erstmalig ein Sprachrohr, sodass man dann weitere Dinge, die für die Jugendarbeit durchaus notwendig sind – der Herr Sozialminister hat es ja auch schon gesagt; es gibt dort und da auch gute Ansätze –, besser durchsetzen kann.

Ich bin immer ein Anhänger einer Senkung des Wahlalters gewesen, weil ich die höchstpersönliche Erfahrung gemacht habe, dass man nur dann wirklich gehört wird, wenn man auch Stimme hat. Das ist das einzige Mittel, dass man gehört wird, also muss man demjenigen, den man hören möchte, Stimme verleihen.

Ich bin enttäuscht von vielen Jugendorganisationen, die sich permanent gegen eine Senkung des Wahlalters aussprechen. Zum Teil tut dies auch die Jugendorganisation in unserer Partei. Daher müssen wir jetzt Überzeugungsarbeit leisten – alle miteinander –, denn es sind immer die gleichen Argumente, wenn es darum geht, irgendeine Bevölkerungsgruppe vom Wahlrecht aus


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 116

zuschließen. Das war so, als die Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, als das Wahlalter noch relativ hoch war, egal, ob das jetzt ein Steuerwahlrecht war, ob das Wahlrechtsalter relativ hoch war: Die Leute, die wählen durften, haben immer bestimmt, warum die anderen zu dumm sind, zu wenig Erfahrung und so weiter haben, um das Wahlrecht ausüben zu dürfen.

Das ist der verkehrte Ansatz, und ich glaube, hier muss man jetzt einmal den Jugendorganisationen auch die Möglichkeit einräumen, dass sie eine wirklich repräsentative Willensbildung in diese Richtung schaffen. Dann wird man in einem zweiten Schritt auf jeden Fall gesetzliche Änderungen in diesen Belangen herbeiführen. Das Geld ist sekundär in dieser Frage. Die Mitbestimmung und das Mitreden sind das Primäre.

Wenn wir es mit diesem Gesetzesantrag vielleicht schaffen, mit reinen Verteilungskämpfen, mit falsch verstandenem Konkurrenzdenken Schluss zu machen, dann ist es wirklich ein Meilenstein. Daher bitte ich, dass die Grünen auch dabei sind, denn es soll auch bei diesem Gesetz jetzt das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Abänderungsanträge der Abgeordneten Amon und Schender zu 270 der Beilagen und zu 269 der Beilagen sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

16.24

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn wir heute die Jugendvertretung und die Jugendförderung bundesgesetzlich regeln, so ist das, meine ich, eines der wenigen positiven Signale der Politik dieser Tage. Wir schaffen damit eine zeitgemäße und umfassende Mitsprachemöglichkeit der Jugendorganisationen und gleichzeitig eine Anerkennung deren Jugendarbeit für unsere Gesellschaft und insbesondere natürlich für unsere Jugend.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir garantieren mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss, dass den Anliegen der Jugend künftig in verstärktem Maße Beachtung geschenkt wird, und ich denke, das ist gut so. So gesehen stehe ich nicht im Widerspruch zum Herrn Bundesminister, der gemeint hat, bei diesem Tagesordnungspunkt hätten wir heute einen guten Tag für Österreich. Deshalb unterstützt auch meine Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion, diese beiden Gesetzesvorlagen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Mitbestimmung der Jugend ist in allen Bereichen der Gesellschaft wichtig, insbesondere auch im Arbeitsleben. Als einer, der schon Jugendvertreter war, als es beispielsweise noch kein Jugendvertrauensrätegesetz gegeben hat, weiß ich, wovon ich spreche, sind doch seit der Schaffung des Jugendvertrauensrätegesetzes im Jahre 1973 Zehntausende Jugendvertreter bemüht gewesen – und viele sind es heute noch –, die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und der Lehrlinge im Besonderen wahrzunehmen.

Wenn nunmehr per Gesetz die Österreichische Gewerkschaftsjugend als Vertretung der arbeitenden Jugend und der Lehrlinge im neuen Präsidium der Bundes-Jugendvertretung mit Sitz und Stimme – neben anderen auch – vertreten ist, so wird damit die Wichtigkeit der gewerkschaftlichen Interessenvertretung der Jugend im ÖGB gewürdigt. Ich denke, auch das ist gut so, sehr verehrte Damen und Herren.

Jugendarbeit braucht aber Unterstützung – nicht nur geistige Unterstützung, nicht nur Unterstützung vom Rednerpult des Hohen Hauses aus, sondern auch finanzielle. Deshalb findet auch die zweite Gesetzesvorlage, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, die Zustimmung meiner Fraktion, der Sozialdemokraten hier im Haus.

Sehr verehrte Damen Herren! Wenn nun dieses Gesetz mit 1. Jänner 2001 in Kraft treten soll, so wäre es gut, Herr Bundesminister, wenn die im § 8 beschriebenen Förderungsrichtlinien bis


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 117

dahin auch vorlägen. Werden Sie das schaffen? – Ich gehe davon aus, denn die Vorbereitungsarbeiten sind, wie wir gehört haben, schon im Laufen. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Sind Sie bereit, bei deren Erstellung auch Vertreter des Österreichischen Bundesjugendringes einzubinden, wie diese es in einem Schreiben an Sie vor kurzem verlangt haben? – Ich würde Sie bitten, vielleicht dazu noch kurz Ihre Meinung zu äußern.

Sie haben zwei Möglichkeiten: Sie könnten nämlich fertige Richtlinien vorlegen und sagen: So ist es!, oder Sie könnten die Kompetenz und das Wissen des Österreichischen Bundesjugendringes, wie es dieser eben verlangt hat, in die Beratung und in die Gestaltung mit einbeziehen und dann eine abgestimmte Richtlinie vorlegen.

Ich ersuche Sie, sehr verehrter Herr Bundesminister, uns über den Weg, den Sie zu gehen vorhaben, nicht im Unklaren zu lassen. Ich hoffe, dass Sie sich für den zweiten Weg, nämlich für die Einbindung des Österreichischen Bundesjugendringes bei der Richtliniengestaltung, entscheiden werden. Das würde zumindest Ihren Aussagen, die Sie insbesondere auch am Beginn Ihrer Amtszeit als Bundesminister getroffen haben, dass Sie am Dialog und an der Zusammenarbeit mit Interessengruppen interessiert seien, Rechnung tragen, und wir könnten dann erkennen, dass Sie es damals ernst gemeint haben.

Ich möchte abschließend, sehr verehrte Damen und Herren, noch einen Satz zu den Ausführungen des Kollegen Amon sagen, der hier seitens der Volkspartei gesagt hat, warum die Volkspartei mit diesen Gesetzesvorschlägen zufrieden ist. Ich kann es nur gutheißen, dass in einem der Abänderungsanträge auch noch klargestellt wurde, dass es bei den Jugendvertretern in der neuen Vertretung auch ein Alterslimit geben soll, also dass sie unter 30 Jahren sein sollen. Ich erinnere mich noch an die Diskussion im Ausschuss, wo Sie diesbezüglich vorerst einige Bedenken gehabt haben, als der Herr Bundesminister diese Altersgrenze von 30 Jahren als sinnvoll angesehen hat. Ich freue mich, dass es gelungen ist, diese Lösung zu finden. Sie schreibt zwar nicht vor, dass es so sein soll, aber ich gehe davon aus, dass Sie, wenn Ihr Name auf dem Antrag steht, auch garantieren werden, dass das dann von Ihrer Seite her, von Ihren Jugendorganisationen her ernst genommen wird.

Ich danke insgesamt für die Bereitschaft, uns die Möglichkeit der Mitarbeit im Rahmen der Gesetzwerdung und des Gesetzesvorschlages zu geben, und ich bitte den Herrn Bundesminister zum Schluss nochmals, zum Thema Richtlinie noch eine Bemerkung zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich noch einmal der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.29

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf Herrn Kollegen Riepl hier mitteilen, dass ich gerade den heute unterfertigten Brief an die Frau Generalsekretärin des Österreichischen Bundesjugendringes in der Hand habe, wonach sie für nächste Woche zur Sitzung eingeladen wird. Ich komme also damit dem Wunsche nach.

Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Fachabteilung haben sämtliche derzeit bestehenden Richtlinien durchforstet, haben auch das Jugendwohlfahrtsgesetz mit eingearbeitet und werden das, was sie nunmehr erarbeitet haben, nächste Woche dann dem eingeladenen Österreichischen Bundesjugendring und auch allen anderen relevanten Jugendorganisationen vorstellen, damit diese auch ihren Erfahrungsschatz aus ihrer Sicht und von der Seite der Jugendarbeit her mit einbringen können. So wird es uns, glaube ich, gelingen, die Richtlinien für die Förderung zeitgerecht mit 1. Jänner 2001 zu verabschieden.

Herr Kollege Riepl! Uns beiden ist das in unserem heutigen Alter vermutlich auch schmerzlich bewusst, dass wir irgendwann einmal mit 18 Jahren kein Verständnis dafür gehabt haben, dass 35-Jährige uns vertreten sollen. Daher halte ich an meiner Meinung fest, dass junge Menschen auch am besten und am kompetentesten von jungen Menschen vertreten werden. (Beifall bei


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 118

den Freiheitlichen und der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr gut! – Abg. Dr. Martin Graf: Der Herr Jugendminister ist brillant!)

16.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

16.31

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe erwachsene Jugendvertreter! (Abg. Dr. Mertel: Sie sind als Vorsitzender des Ausschusses ein hohes Opfer geworden!) So ist es, Frau Vorsitzende. Danke schön.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der heutigen Jugend wird häufig der Vorwurf gemacht, politikverdrossen beziehungsweise insgesamt gesellschaftspolitisch desinteressiert zu sein. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Dabei zeigt sich immer öfter und deutlicher in Studien, aber auch in persönlichen Gesprächen, dass dem nicht so ist. Allerdings wünschen sich Jugendliche immer häufiger ein aktives Mitspracherecht, sie wollen an ihrer eigenen Zukunft mitbauen dürfen und nicht nur die passiven Adressaten von Gesetzen und politischen Entscheidungen sein müssen, denn in Wirklichkeit sind es ja besonders die Jugendlichen, die von den Gesetzen und allen anderen staatlichen Maßnahmen besonders betroffen sind, und in Wahrheit sind es ja die Jugendlichen, die zur Sicherung unserer Zukunft den größten Beitrag leisten werden. Also muss es doch geradezu eine Selbstverständlichkeit sein, den Jugendlichen die Chance der Mitbestimmung zu geben.

Dass es ein offenes Verlangen nach einer Interessenvertretung der Jugend gibt, werte ich als positives Zeichen. Es bedeutet für mich, dass viele Jugendliche bereit sind, sich in Politik und Gemeinschaft zu engagieren. Es bedeutet, dass die Jugend sich nicht fremdbestimmen lassen will, sondern konkrete Vorstellungen von der eigenen Zukunft und von dem Zusammenleben mit älteren und kommenden Generationen hat und dies auch umsetzen und gestalten will.

Es ist tatsächlich dringend an der Zeit, eine effiziente, repräsentative und handlungsfähige Mitsprachemöglichkeit zu schaffen. Diese Forderung wird mit dem Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend erfüllt. Es wird die Vertretung der Anliegen der jungen Menschen sowie die Beratung von politischen Entscheidungsträgern in allen jugendrelevanten Bereichen sichergestellt. Dies ist die erste formelle und bundesgesetzlich verankerte Interessenvertretung für die Jugend. Sie ist zur Sicherung des Generationenvertrages von großer Bedeutung. Ich erhoffe mir, dass damit ein Prozess in Bewegung gesetzt wird, dass nämlich die Jugendlichen diese neue Chance nützen und von ihrem Recht Gebrauch machen, ihre eigene Zukunft mitzugestalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das könnte bei so manchen den bisher eingeschränkten Blickwinkel der Gesetzgeber, Kolleginnen und Kollegen, und auch der Vollziehenden für die Anliegen der Jugendlichen öffnen und eine Gleichberechtigung zwischen den Generationen bewirken. Das könnte aber auch so manchen bisher politikverdrossenen Jungen dazu bringen, am politischen Prozess teilzunehmen, die Rolle innerhalb der Gesellschaft ein- und wahrzunehmen und damit wiederum zu mehr Verantwortung und Rücksichtnahme zwischen den Generationen zu kommen.

Dieser Prozess wird wesentlich von Jugendvereinen und Jugendorganisationen gefördert, begleitet, und oft wird von dort aus auch der Anstoß gegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Jugendvereine übernehmen also eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, indem sie die außerschulische Jugenderziehung und Jugendarbeit maßgeblich gestalten. Insofern sehe ich die Neuregelung der Bundes-Jugendförderung als wichtiges Element. Endlich werden damit klare, transparente und nachvollziehbare Richtlinien zur Förderung einer kontinuierlichen Jugendarbeit geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass es bisher immer wieder Schwierigkeiten bei der Verteilung der Fördergelder gegeben hat, ist hinlänglich bekannt. Endlich wird hier Abhilfe geschaffen. Jugendarbeit im Rahmen dafür eigens geschaffener Organisationen und Einrich


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 119

tungen sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich ist eine wertvolle Stütze unserer Gesellschaft.

Abschließend betone ich noch einmal, dass ich beide Gesetze, und zwar das Bundes-Jugendvertretungsgesetz und das Bundes-Jugendförderungsgesetz, als ein Signal sehe, als ein Zeichen für die Jugend, die sich für Demokratie, Eigenständigkeit und Grundrechte einsetzt und ihre Verantwortung innerhalb der Gesellschaft wahrnimmt, aber auch als Zeichen dafür, dass Politik und Staat die Wichtigkeit der Anliegen der Jugend erkennen und diesen auch Rechnung tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es gab im gesellschaftlichen Spektrum bisher zwei Bereiche, für die es keine gesetzliche Interessenvertretung gab, nämlich für die Senioren und für die Jugend. Für die Senioren wurde im heurigen Jahr mit dem Bundesseniorenbeirat bereits eine gesetzliche Grundlage geschaffen, und nun wird mit dem vorliegenden Bundes-Jugendvertretungsgesetz auch für die Jugend eine gesetzliche Grundlage für ihre Interessenvertretung geschaffen, damit sie, wie die anderen Gesellschaftsgruppen auch – die Arbeitnehmer, die Wirtschafstreibenden, die Bauern oder eben auch die Senioren –, bei jugendrelevanten Fragen ihre Interessen wahrnehmen kann. Ich glaube, dass das für das Miteinander der Generationen sehr wichtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Besonders erfreulich dabei ist – und das wurde heute ja schon öfter gesagt –, dass es auch gelungen ist, die Zustimmung der größeren Oppositionspartei für diese Gesetzesvorlage zu bekommen. Das zeigt, dass es bei sachlicher Zusammenarbeit möglich ist, sehr viel zu erreichen.

Mein besonderer Dank gilt in dieser Beziehung den beiden Hauptakteuren, die es ermöglicht haben, dass diese Gesetzesvorlage heute im Parlament ist, nämlich Herrn Abgeordnetem Amon und Herrn Abgeordnetem Schender. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber es ist nicht nur weitgehender parlamentarischer Konsens erzielt worden, sondern es ist auch gelungen, dass alle Jugendorganisationen ihre Zustimmung zu diesem Gesetz gegeben haben. Die Jugend kann jetzt die Durchsetzung ihrer Interessen selbst in die Hand nehmen. Damit ist auch eine langjährige Forderung der Freiheitlichen sehr rasch verwirklicht worden.

Ich sage aber sehr deutlich, dass es der nächste Schritt wird sein müssen, dass wir uns bemühen, das Interesse der Jugend für die Politik wiederzugewinnen, und ich sage auch ganz deutlich, dass das keine Holschuld der Jugend ist, sondern eine Bringschuld der Politik, wie das auch der Herr Bundesminister schon gemeint hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man wird auch nicht darum herumkommen, die Diskussion über eine Senkung des Wahlalters auf kommunaler Ebene, auf Landesebene und auch auf Bundesebene zu führen.

Der Beschluss dieser beiden Gesetze, des Bundes-Jugendvertretungsgesetzes und des Bundes-Jugendförderungsgesetzes, macht den heutigen Tag sicher zu einem positiven Tag für die Jugend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

16.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Antrag auf getrennte Abstimmung gestellt, und zwar deswegen, Herr Bundesminister, weil uns im Bundes-Jugendvertretungsgesetz nach wie vor


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 120

eine Bestimmung als problematisch erscheint. Sie betrifft die Österreichische Hochschülerschaft.

Die Österreichische Hochschülerschaft ist nicht nur eine Jugendvertretung – eigentlich ist sie überhaupt keine Jugendvertretung –, sondern die Interessenvertretung der Studierenden, und das sind nicht nur Jugendliche.

Okay, es macht einen Sinn, die ÖH auch in eine Bundes-Jugendvertretung hineinzunehmen. Aber, Punkt zwei: Die Österreichische Hochschülerschaft ist schon von sich aus eine gesetzliche Interessenvertretung, die jetzt in eine weitere gesetzliche Interessenvertretung entsandt wird. Das macht nicht unbedingt einen schlanken Fuß. Das wäre ungefähr so, wie wenn der Bundesrat in den Nationalrat entsandt würde, weil beide die Aufgabe haben, Interessenvertretung auf allgemein parlamentarischer Ebene vorzunehmen.

Eine Anmerkung sei mir aber noch zur Rede von Kollegen Graf gestattet. – Kollege Graf, wir haben überhaupt keinen Punkt in Ihrer Rede gefunden, in dem wir Ihnen hätten widersprechen müssen. Wir wollten schon klatschen (Heiterkeit bei den Grünen), aber dann gab es doch eine Erinnerung daran, dass das, was Sie gesagt haben, irgendwie unvollständig ist.

Sie haben nämlich völlig richtig gesagt, es werden von Jugendorganisationen, aber nicht nur von diesen, Ausreden gebraucht, um Jugendlichen die Mitbestimmungsmöglichkeit, das Wahlrecht und so weiter, zu verwehren. – Völlig richtig! Auch Kollege Ellmauer hat gesagt, die Jugendlichen sollen nicht nur passive Adressaten sein.

Jetzt denken Sie sich diese Ausreden, die Sie in Bezug auf die Jugendlichen und auf die Frauen zu Recht erwähnt haben, hinzu in Bezug auf die ausländischen Menschen, die hier in diesem Land leben! Werden da nicht auch Ausreden gebraucht, um sie am Wahlrecht zu hindern? – Da gäbe es die Möglichkeit zu einer konsequenten Weiterentwicklung nicht nur freiheitlicher Positionen, sondern auch jener der Volkspartei, und ich würde mir wünschen, dass Sie auch diese Menschen nicht nur als passive Adressaten sehen, sondern ihnen dieselben Rechte geben, die allen anderen betroffenen Gruppen bisher mit Ausreden verwehrt worden sind. (Beifall bei den Grünen.)

16.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

16.42

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass ich nicht zu alt bin für eine Wortmeldung zu diesem Bundes-Jugendförderungsgesetz (lebhafter Widerspruch bei der ÖVP), ich war aber vor zirka 30 Jahren Jungscharführerin der Katholischen Jugend und habe daher zumindest einen Zugang zu dieser Thematik.

Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede zum Redebeitrag von Kollegen Riepl etwas anmerken: Er hat bezüglich der Altersgrenze gemeint, dass sei ein guter Schritt. – Das wissen wir auch. Die Junge ÖVP hat das immer vorgelebt, und die Vertreter der Jungen ÖVP im Bundesjugendring sind jünger als die der Sozialdemokratischen Partei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Viel Wichtiges ist betreffend das Bundes-Jugendförderungsgesetz und das Bundes-Jugendvertretungsgesetz bereits gesagt worden. Ich möchte diesbezüglich – ich freue mich, dass sich der Saal jetzt füllt – an unsere jungen Abgeordneten Amon und Schender und auch an die jungen Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei wie auch von den Grünen, vor allem aber den Kollegen Amon und Schender ein herzliches Dankeschön dafür sagen, dass sie diese Gesetzesmaterie so exzellent vorbereitet haben! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte kurz auf die wesentlichen Punkte dieser beiden Gesetzentwürfe hinweisen:


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 121

Erstens: Das Bundes-Jugendförderungsgesetz bezweckt, die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Es wird dadurch Transparenz, Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit der gewährten Förderungen bieten.

Zweitens: Das Bundes-Jugendvertretungsgesetz schreibt eine effiziente, repräsentative und handlungsfähige Mitsprachemöglichkeit fest. So kann einerseits die Vertretung der Anliegen von jungen Menschen sichergestellt werden, und andererseits wird es möglich, dass politische Entscheidungsträger in allen jugendrelevanten Bereichen beraten werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf den Jugendbericht zurückgreifen. Dieser spricht davon, dass die traditionelle Jugendarbeit in der Gemeinde oft die Bedürfnisse der Jugendlichen verfehlt. Ich denke, dass man in diesem Bereich auch mit diesen beiden Gesetzen weiterarbeiten soll. Die Jugendarbeit in den Gemeinden ist eher vereinsorientiert und bewegt sich in traditionellen Bahnen. Ich meine, dass die Jugendlichen die Chance haben, mit diesen beiden Gesetzen weiterzukommen. Ich denke dabei an Jugendbeauftragte, die einiges dazu beitragen könnten. Darüber hinaus finde ich, dass auch wir weiter daran arbeiten müssen. Weiters könnten Foren einen wichtigen Beitrag leisten, um hier weiterzukommen.

Zusammenfassend möchte ich auf einige mir besonders wichtig erscheinende Punkte hinweisen.

Erstens: Die politische Jugendbeteiligung soll durch rechtliche Ansprüche auf Mitbestimmung unterstützt werden.

Zweitens: Es sollten möglichst vielfältige Formen der Jugendbeteiligung gefördert werden, zum Beispiel, wie ich es schon erwähnt habe, Jugendforen, Jugendgemeinderäte und projektorientierte Beteiligungsformen; weiters parteipolitisch unabhängige Jugendbeauftragte als Vermittlungspersonen für den generationenübergreifenden Dialog zwischen Jugendlichen, Älteren, aber auch Politikern.

Es werden das Bundes-Jugendförderungsgesetz und das Bundes-Jugendvertretungsgesetz in Zukunft eine effizientere und handlungsfähige Jugendarbeit ermöglichen. Der ÖVP ist die Meinung der Kinder und Jugendlichen wichtig, und deren Förderung wird jetzt auf eine gesetzliche Basis gestellt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikl-Leitner. – Bitte.

16.46

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mein Kollege Nikolaus Prinz hat heute den sehr weisen Satz gesagt: "Jugend ist unser aller Zukunft." – Auch ich bin der Meinung: Die Jugend ist unser Kapital für die Zukunft, und die Jugend ist es wert, dass wir uns voll und ganz für sie einsetzen und dass wir in sie investieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist an dieser Stelle heute schon sehr viel über die Entstehungsgeschichte und über den Inhalt der beiden vorliegenden Gesetze, das Bundes-Jugendförderungsgesetz und das Bundes-Jugendvertretungsgesetz, gesagt worden. Ich möchte nur betonen, dass diese zwei Gesetze für mich im wahrsten Sinne des Wortes einen Meilenstein in der Jugendpolitik darstellen. Ich darf mich bei allen, insbesondere aber bei Werner Amon, herzlich dafür bedanken. Danke, Werner Amon, dass du dich dieser Thematik mit vollem Elan und Engagement angenommen hast! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Und der Schender!)

Einen wichtigen Anstoß zu dieser Gesetzesinitiative hat aber auch der Jugendbericht aus dem Jahr 1999 gegeben. Gerade dieser Jugendbericht hat besonders die Wichtigkeit der Jugendorganisationen und der Jugendvereine hervorgestrichen.

Erlauben Sie mir, auf Grund der Wichtigkeit darauf kurz einzugehen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf eine niederösterreichische Statistik verweisen, die besagt, dass sich 60 Prozent


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 122

der niederösterreichischen Jugendlichen in Vereinen engagieren, das heißt, mindestens in einem Verein engagiert sind. Ich finde das gut und richtig, weil gerade viele Jugendliche dadurch eine zweite Heimat finden und weil es ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Kreativität zu entfalten und sich dort sinnvoll zu beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Sie werden mir Recht geben, wenn ich die Meinung vertrete, dass man diesen Trend hin zu Vereinen nur unterstützen kann. Mir ist es hundertmal lieber, die Jugendlichen engagieren sich in Vereinen, als sie lümmeln irgendwo an Straßenecken herum und widmen sich dem Drogenkonsum. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Oder wollen Sie an jeder Ecke einen "Karlsplatz" finden? – Ich nicht! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler. )

Daher bin ich auch sehr glücklich darüber, dass uns heute diese zwei Anträge vorliegen und dass diese zwei Anträge auch eine breite Zustimmung hier im Nationalrat finden. Ich bin auch sehr glücklich darüber, dass vor allem bei der SPÖ im Jahr 1999 diesbezüglich im wahrsten Sinne des Wortes eine Kehrtwendung eingetreten ist. (Abg. Schwemlein: Sie haben einen "Tiefgang" wie ein Luftkissenboot!)

Ich möchte an die SPÖ hier im Nationalrat und an die gesamte SPÖ appellieren, eine Kehrtwendung im Bereich ihrer Pro-Drogen-Politik zu machen! Ich darf auf Grund der Aktualität auf die in dieser Woche durchgeführte Aktion der Sozialistischen Jugend in Niederösterreich hinweisen, bei der eine Mitglieder-Werbeaktion gestartet worden ist, der ein Konzept zur Pro-Drogen-Politik beigelegt wurde. (Die Rednerin hält eine Unterlage in die Höhe.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das können Sie nicht ernst meinen! Das können Sie wahrlich nicht unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kann Sie nur auffordern, von Ihrer Pro-Drogen-Politik abzugehen – hin zu einer Anti-Drogen-Politik! – Danke. Vielleicht finden wir auch in diesem Bereich einen Konsens! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Anträge getrennt durchgeführt werden.

Als Erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend das Bundes-Jugendförderungsgesetz in 350 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schender, Amon und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die §§ 3, 4, 7 und 8 bezieht.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich, wenn kein Einwand erhoben wird, über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung dieses Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Schender, Amon und Genossen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die zweite Lesung ist beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 123

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den im Laufe der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag der Abgeordneten Schender, Amon, Heinisch-Hosek, Brosz und Genossen zur Förderung von Jugendorganisationen, die nach dem Volksgruppengesetz anerkannt sind.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vier-Parteien-Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen. (E 46.)

Nun kommen wir zur Abstimmung über den nächsten Gesetzentwurf, über die Vorlage in 351 der Beilagen betreffend das Bundes-Jugendvertretungsgesetz.

Dazu gibt es zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Amon, Mag. Schender und Genossen und weiters einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Brosz und Genossen.

Ferner hat Herr Abgeordneter Brosz ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Brosz und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 3 Abs. 1 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Amon, Mag. Schender und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf § 3 Abs. 1 bezieht.

Im Falle der Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über § 3 Abs. 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die § 3 Abs. 2 in der Fassung des Ausschussberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Amon, Mag. Schender und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 5 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Diese Abänderung hat das Hohe Haus einstimmig beschlossen.

Die Abgeordneten Amon, Mag. Schender und Genossen haben auch einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die §§ 6 und 10 sowie auf den Titel zu § 13 bezieht.

Im Falle der Zustimmung darf ich ebenfalls um ein Zeichen ersuchen. – Dieser Abänderungsantrag findet die einstimmige Zustimmung im Hohen Haus.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Im Falle der Bejahung bitte ich um ein Zeichen. – Diese restlichen Teile sind einstimmig angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 124

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig beschlossen.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 307/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Annemarie Reitsamer, Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972) (344 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Gibt es einen Wunsch auf Berichterstattung? – Dies ist nicht der Fall.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

16.56

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz die Situation bezüglich der Novelle zum Notariatsversicherungsgesetz schildern. Es geht dabei um eine sehr kleine Versicherung. Sie hat per 30. Juni 2000 779 Versicherte gehabt, und sie bekommt keinen Bundesbeitrag. Die Vertreter der Notariatsversicherung sind wegen einer Verschlechterung ihrer Finanzlage an alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien herangetreten und haben in Zusammenarbeit mit einem Versicherungsmathematiker Lösungsvorschläge erarbeitet. Diese Lösungsvorschläge liegen dem Vier-Parteien-Antrag zugrunde.

Die Versicherung hatte auch mit Folgendem zu kämpfen: Notare gehen ja bekanntlich erst mit 70 Jahren oder knapp darunter in Pension, und zehn bis zwölf Versicherte pro Jahr haben eine vorzeitige Pension in Anspruch genommen. Diese Zahl ist in letzter Zeit rasant gestiegen, nämlich auf 32 Personen.

Die Notarversicherung umfasst drei Pensionsteile: einen Grundbetrag, dann einen festen Schillingbetrag pro Versicherungsmonat, weiters eine variable Zusatzpension, die das Durchschnittseinkommen des Notariats widerspiegelt. Es war wichtig, in diesen drei Gruppen eine Verhältnismäßigkeit herzustellen.

Der monatliche Steigerungsbetrag wird nun von 29 S auf 32 S erhöht. Bei der einkommensorientierten Zusatzpension kommt es zu einer Senkung: erstens durch eine Verlängerung des Berechnungszeitraumes von 18 Jahren auf 30 Jahre, zweitens durch eine Reduktion von 19 auf 16 Prozent des Durchschnittseinkommens. Das alles erfolgt in Dreijahresschritten. Der Beitragssatz wurde rückwirkend mit 1. Jänner 2000 von 13 Prozent auf 15 Prozent angehoben. Die Pensionsdynamisierung soll für drei bis fünf Jahre ausgesetzt werden, und es wird auch einen befristeten Solidaritätsbeitrag der schon in Pension befindlichen Personen geben.

All diesen Maßnahmen liegen einstimmige Beschlüsse der Gremien der Notare zugrunde. Damit glaubt man, die Finanzierungsprobleme innerhalb von sechs Jahren in den Griff zu bekommen.

Wir stimmen dieser Novelle sehr gerne zu und freuen uns auch über das konsensuale Vorgehen in dieser Materie. Wir würden uns das auch im ASVG wünschen, denn so, wie man hier die Notare gehört hat, sollte man vielleicht im Zusammenhang mit den Pensionen auch die Pensionisten- und Seniorenvertreter hören! (Beifall bei der SPÖ.)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

16.59

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat darauf hingewiesen, dass es


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 125

sich hier um eine Konsensmaterie handelt. Es handelt sich um einen Vier-Parteien-Antrag, und ich darf mich vor allem auch bei unserem Kollegen Dr. Feurstein sehr herzlich bedanken, der sich immer wieder bemüht, möglichst alle Parteien in Sozialrechtsmaterien einzubinden. In diesem Fall ist es gelungen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie schon gesagt, es ist vielleicht kein sehr spektakuläres Gesetz, aber gerade deshalb, weil es sich da um eine kleine Gruppe handelt, seien mir einige interessante Anmerkungen erlaubt. Diese gesetzliche Änderung kommt auf Wunsch der Versicherten zustande, weil sie sich eine Einmischung von außen eigentlich nicht wünschen, weil die Notare und die Notariatsanwärter die einzige Gruppe in Österreich sind, die ohne Bundesbeitrag auskommen und auskommen wollen.

Ich glaube, dieser Wille und dieses Wollen regen auch uns zum Nachdenken an. Frau Kollegin Reitsamer! Wenn wir überlegen, wie wir knapp vor dem Sommer um die Pensionsreform gerittert und gerungen haben, wie wir uns bemüht und wie wir uns geplagt haben, hier geringe Modifikationen in der Struktur der Sozialversicherung zu erreichen, so sollte uns diese heutige Vorlage tatsächlich zum Nachdenken anregen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Für Sie, meine Damen und Herren, die Sie sich nicht so intensiv mit dieser Vorlage beschäftigt haben, darf ich Folgendes sagen: Das normale Antrittsalter von Notaren ist? (Abg. Dr. Martin Graf: 69!)  – 70 Jahre und im Durchschnitt das 69. Lebensjahr. Das Antrittsalter ist das 70. Lebensjahr. Man sollte sich hier wirklich etwas überlegen. Notare kommen ohne Bundesbeitrag aus, und ich bin wirklich froh darüber, dass es einen Berufsstand gibt, der stolz und auch die Probleme der Zeit richtig zu deuten in der Lage ist. (Abg. Dr. Martin Graf: Es gibt mehrere!)

Es gibt auch eine frühzeitige Alterspension ab 65 – Sie haben Recht –, aber nur sehr wenige nehmen diese in Anspruch. Zwischen 65 und 70 gibt es bereits Abschläge. Unser Auftrag, unser Beitrag ist es, die Bemühungen der Versicherten, auch in Zukunft eine ausgeglichene Gebarung sicherzustellen, entsprechend zu unterstützen. Es ging uns in den Verhandlungen vor allem auch darum, den Vertrauensschutz der älteren Versicherten durch entsprechende Übergangsbestimmungen sicherzustellen.

Insgesamt, so meine ich, ist diese Vorlage tatsächlich dazu geeignet, uns als Beispiel für andere zu dienen, erstens weil sie in Konsens verhandelt werden konnte und zweitens weil sie auch sehr interessante Ansatzpunkte für andere Bereiche enthält. In diesem Sinne darf ich Sie bitten und einladen, dieser Vorlage Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Wunschgemäß ist die Uhr auf 2 Minuten gestellt. – Bitte.

17.03

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Kostelka hat heute eine Rede begonnen, indem er – nach seinen Worten – die neueste APA-Meldung über die angebliche Zensur- und Spitzelaffäre zitierte. Herr Kollege Kostelka! Ich darf Ihnen auch die neueste APA-Meldung über eine Zensuraffäre zur Kenntnis bringen: "Martin wirft SP-Kollegen im EU-Parlament ‚Zensur‘ vor."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe natürlich sofort gedacht, als ich das gelesen habe, von der Schärfe her kann es sich nur um einen FPÖ-Abgeordneten handeln, der die SPÖ-Abgeordneten kritisiert. (Ruf bei der SPÖ: Notariatsversicherung!) Dann habe ich überlegt: Ja welcher Martin kann denn das sein? (Abg. Schieder: Parteifrei!) Wir haben einen Peter, wir haben einen Gerhard, wir haben einen Wolfgang, aber wir haben keinen Martin. Und dann bin ich draufgekommen, dann ist der Groschen gefallen: Es handelt sich um Ihren Hans-Peter Martin.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 126

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber das, was er Ihnen wirklich vorwirft, ist etwas ganz Arges. Er wirft Ihnen nichts anderes als Zensur vor. Er hat einen Artikel für Ihre Zeitschrift "EuroPanorama" geschrieben, und dieser ist einfach gestrichen worden. (Rufe bei der SPÖ: Thema!) Auch sein Name als Mitherausgeber im Impressum des Magazins ist gestrichen worden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich lese Ihnen jetzt dazu vor. – Bitte, das hat doch etwas mit dem Thema zu tun. Es geht doch um Zensur. Zensur hat etwas mit freier Meinungsäußerung zu tun, und freie Meinungsäußerung ist dazu da, dass ich auch zur Notarversicherung spreche. (Abg. Dr. Khol: Das hat nichts damit zu tun!)

Darf ich Ihnen das noch kurz zitieren: "Martin nennt ‚dies untragbare Aktionen von Delegationsmitgliedern‘" der SPÖ und meint: "Welch eine peinliche politische Zensur durch SPÖ-Mandatare im EU-Parlament. Wenn nicht einmal die Chance eingeräumt wird, den Artikel der Delegation persönlich zu erläutern und (...) ich einfach zu einer Unperson erklärt werden soll". (Abg. Dr. Khol: Zur Sache!)

Nun zum Thema im engeren Sinn, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin natürlich auch dafür, dass wir dieser Novelle unsere Zustimmung geben. Kollege Trinkl hat das schon sehr zutreffend ausgeführt, hat einiges vorweggenommen. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter, wie bereits erwähnt, ist 69. Die Schlussfolgerung daraus sollte aber auch die sein, dass man dann nicht sagt, dass die "soziale Kälte" über die Republik Österreich hereinbricht, wenn man das Frühpensionsantrittsalter um eineinhalb Jahre erhöht.

Das kann man wirklich sagen: Eine Berufsgruppe, die selbst ein Pensionsantrittsalter von 69 hat, ist dafür, so glaube ich, wirklich vorbildhaft, wobei es durchaus nicht im Sinne der sozialen Gesetzgebung ist, dieses an 69 heranzuführen. Das sei damit nicht gesagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich kann mich dem Wunsch meines Vorredners gerne anschließen und alle Fraktionen dazu einladen, der vorliegenden Gesetzesnovelle die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.06


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 127

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Für Sie sind ebenfalls 2 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

17.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir stimmen der Novelle zu (Aha-Rufe bei der ÖVP), aber ich sage Ihnen, es sind da schon einige Punkte zu beachten, die in der Debatte vor allem Kollege Krüger, aber auch die ÖVP vergessen haben. Vergleichen Sie bitte nicht Äpfel mit Birnen! Natürlich sind wir sehr froh darüber – man sollte das auch bei den anderen Sozialversicherungen beachten –, dass sich die Interessengemeinschaft der Notare das in Selbstverwaltung geregelt hat. Ich bitte Sie, Herr Minister, die Selbstverwaltung auch bei den anderen Sozialversicherungen ernst zu nehmen.

Aber der Punkt ist doch Folgender: Notare verdienen erst sehr spät selbständig Geld – selbständig! –, von daher erklärt sich auch das späte Pensionsantrittsalter. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist: Gerade von Ihrer Seite kommt doch immer die Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten. Na, die Notare würden sich ordentlich bedanken, wenn sie jetzt zusammengelegt würden. Trotzdem meine ich, irgendwann wird man vom Prinzip ständischer Sozialversicherungs- oder Pensionsversicherungsanstalten abgehen müssen (Abg. Dr. Fekter: Nein, das glaube ich nicht! Wenn sie erfolgreich sind?), weil es nicht mehr adäquat ist. Aber diese Änderung sollte – damit bin ich wieder bei Punkt 1 – in Übereinstimmung mit den Gremien der Selbstverwaltung, soweit das möglich ist, beziehungsweise mit den Interessengemeinschaften der Versicherten erfolgen.

Wenn das als Prinzip in der Politik etwas ernster genommen würde, dann wären wir vermutlich in der politischen Debatte auch woanders – ein bisschen woanders, als wir es heute sind. (Beifall bei den Grünen.)

17.08


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 128

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

17.08

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte den Worten vom Kollegen Öllinger schon noch einiges hinzufügen. Herr Kollege Öllinger! Sie haben sicher Recht, dass sich die Notariatsversicherung derzeit in der Selbstverwaltung befindet. Ich darf Sie aber schon darauf aufmerksam machen, dass es im Rahmen des Gesetzwerdungsprozesses durchaus gut war, dass bei der vorliegenden Gesetzesmaterie auch die Politik mit eingebunden war. Folgendes muss auch klar gesagt werden – das ist auch im Vorwort zum vorliegenden Gesetzestext aus den Parlamentarischen Materialien ersichtlich –:

Der ursprüngliche Plan der Selbstverwaltung hat so ausgesehen, dass für die in Pension befindlichen Notare ausschließlich und alleine als Beitrag in der Solidaritätsgemeinschaft ein Jahr lang eine Nulllohnrunde vorgesehen gewesen wäre, während die gesamte Last dieser Umstellung von jenen zu tragen gewesen wäre, die in den nächsten fünf Jahren in Pension gehen.

Ich glaube daher, wir waren durchaus gut beraten, dass hier die Politik insgesamt und alle vier parlamentarischen Parteien in diesem Gesetzwerdungsprozess auch die Selbstverwaltung dazu gezwungen haben, nunmehr ein Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, das gleichmäßig die jungen Notare, die knapp vor der Pensionierung stehenden und die bereits in Pension befindlichen Notare in die Selbstverwaltung und auch in die Solidaritätsgemeinschaft hineinbringt.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass nunmehr die Einführung eines zeitlich begrenzten Bezuges in Form einer Solidaritätsabgabe von den Pensionisten durchaus die Leistung dieses Gesetzwerdungsprozesses ist. Ich glaube, dass einschließlich der langen Übergangsfristen, die gefunden werden können, das vorliegende Gesetzeswerk nun so ausgereift ist, dass wir ihm mit Ruhe und mit reinem Gewissen zustimmen können, weil auch die Belastung innerhalb dieser kleinen Solidaritätsgemeinschaft gleichmäßig getragen wird.

Ich möchte allen Fraktionen danken, dass es hier zu einem Vier-Parteien-Konsens gekommen ist, und glaube, dass wir daraus lernen können, dass dort, wo alle im Parlament mitarbeiten, auch ein gutes Stück Arbeit geleistet wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 344 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

11. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (300 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (361 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus!

"Es gibt keine ‚rote‘, ‚schwarze‘, ‚blaue‘ oder ‚grüne‘ Sicherheitspolitik, sondern es kann nur eine Sicherheitspolitik geben, eine Sicherheitspolitik, mit der die Sicherheit und Unabhängigkeit unseres Landes und seiner Bevölkerung bestmöglich geschützt und garantiert werden kann. Aus diesem Grund wird es mir als Verteidigungsminister ein besonderes Anliegen sein, mit Ihnen hier im Parlament einen offenen Dialog zu führen, Sie rechtzeitig zu informieren über Maßnahmen – das sage ich auch in Ihre Richtung, Herr Kollege Gaál –, die mein Ressort plant, sodass wir die Zukunft unserer Sicherheitspolitik gemeinsam gestalten können." – Bundesminister Scheibner am 9. Februar dieses Jahres hier im Hause.

Herr Bundesminister! Was ist von dieser Ankündigung übrig geblieben? – Beim Militärbefugnisgesetz konnten wir diese Intentionen nicht erkennen. Wir können auch beim Wehrgesetz keine Ansätze sehen, diesen Konsens, den Sie einmal versprochen haben, zu finden. Das Wehrgesetz ist meiner Ansicht nach schon ein wesentlicher Teil der Sicherheitspolitik und sollte demnach konsensfähig sein.

Die vorliegende Regierungsvorlage beschäftigt sich mit gravierenden Dingen. Eines davon ist die Umformulierung des § 2, des zentralen Bereiches, des Kernes des Wehrgesetzes, der Aufgaben des Bundesheeres. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem bekanntlich eine Expertenkommission tagt. Diese Expertenkommission soll laut Ihren eigenen Aussagen, Herr Minister, Ende dieses Jahres Bericht erstatten. Zwischenberichte sind uns bisher nicht bekannt. Und gerade zu diesem Zeitpunkt wird § 2 neu definiert. Ich behaupte, es wird demnächst nötig sein, über § 2 neuerlich zu sprechen.

Aber eines in aller Klarheit an die Damen und Herren der Koalitionsparteien: Diese Regierungsvorlage hat schon einen gewaltigen Vorteil. Man braucht sich nur im Besonderen Teil auf Seite 21 diesen § 2 anzuschauen: Hier ist die Geschichte dieses Wehrgesetzes ganz klar dargelegt. Es stehen die Highlights, die Meilensteine drinnen, zum Beispiel die verfassungsrechtliche Grundlage aus dem Jahre 1975, die Verteidigungsdoktrin aus demselben Jahr, anschließend der Landesverteidigungsplan – all das aus einer Zeit, als es eine sozialdemokratische absolute Mehrheit mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler gab.

Ich glaube, mit dieser Regierungsvorlage erübrigt sich die Frage, ob sich die Sozialdemokratie für das Bundesheer einsetzt. Das ist somit lückenlos nachgewiesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sehen aber in dieser Regierungsvorlage auch den neuen Weg, das "neue Regieren". Ich spreche den Landesverteidigungsrat an. Dieser Landesverteidigungsrat ist eigentlich auch jahrzehntelang in Konsens gestanden, jetzt wird er im Sinne des "neuen Regierens" neu gestaltet: Was kann man tun, um die stärkste Partei hier in diesem Haus zu schwächen?

Während der Begutachtung war noch von der Zahl zwölf die Rede. Hinsichtlich der Regierungsvorlage wurde dann nachgedacht: Was kann man tun, um diese Zahl zu ändern? – Man hat ein System gefunden: Man nimmt das d’hondtsche System. Jeder von uns kennt dessen Gerechtigkeiten, Ungerechtigkeiten und auch dessen Möglichkeiten. Bei diesem d’hondtschen System wird jene Zahl herausgesucht, die den Koalitionsparteien am besten passt. Das ist die Zahl sechs, denn mit der Zahl sechs ergibt sich die einzige Möglichkeit, dass die Sozialdemo


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 129

kratie ein Mitglied im Landesverteidigungsrat verliert. Und diese Zahl werden Sie zum Gesetz erheben.

Was uns an dieser Vorlage auch stört, ist, dass es damit zu keiner Entrümpelung gekommen ist. Es wurden alte Bestimmungen, die früher durchaus Sinn gemacht haben, auch in das neue Gesetz übernommen, zum Beispiel bei den Pflichten der Wehrpflichtigen, siehe § 17. Da wäre Handlungsbedarf gewesen.

Ein Beispiel: Nach der Ableistung des Präsenzdienstes darf der Präsenzdienstpflichtige sechs Monate lang nicht länger als drei Tage ins Ausland fahren. Diese Bestimmung macht heute keinen Sinn mehr. Es hat der Herr Minister im Ausschuss versucht, das noch mit wohlgesetzten Worten zu erklären. Gelungen ist es ihm nicht. (Abg. Jung: Haben Sie nicht aufgepasst?!) Man hat hier die Europäische Union vergessen: Mit einem verlängerten Wochenende in Berchtesgaden oder in Passau wird man straffällig.

Jetzt komme ich zum letzten Punkt meiner Ausführungen, nämlich zu den Strafen. Können Sie mir erklären, meine Damen und Herren der Koalition, warum Sie die Strafen verdreifachen müssen (Abg. Jung: Das werde ich Ihnen erklären!), warum ein Wehrdienstpflichtiger, der nach seinem abgeleisteten Wehrdienst für vier Tage ins Ausland fährt und keine Meldung darüber macht, mit einer Strafe von 19 264 S bestraft werden kann? Wo ist da der Sinn? Warum haben Sie das verdreifacht?

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, und aus einigen Gründen, die die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion noch darlegen werden, glauben wir, dass es sich bei dieser Regierungsvorlage um eine Beschneidung der Meinungsvielfalt im Landesverteidigungsrat handelt, dass die Jugend bei Rechtsübertretungen leicht in hohe Strafen hineinkommen kann – das wurde nicht korrigiert – und dass diese extreme Verschärfung der Strafen eine Peitsche darstellt, die unsere Jugend nicht notwendig hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zum Abschluss an dieser Stelle bei unserer Jugend, die trotz der Prügel, die ihr von der Koalition vor die Füße geworfen werden, herzlich bedanken, dass sie den Wehrdienst für unsere Republik ableistet. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegende Regierungsvorlage, mit der wir das Wehrgesetz novellieren und ändern, ist meines Erachtens ein gutes Beispiel dafür, dass man im Verteidigungsministerium dazu bereit ist, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, gesetzliche Vorlagen zu ändern sowie schlankere Bestimmungen vorzulegen und beschließen zu lassen.

Es geht darum, dass die Gesetzestexte reduziert werden, dass Vereinfachungen und Klarstellungen gemacht werden und dass Zweigleisigkeiten vermieden werden, wenn also schon ein Gesetz besteht, dass man sich nicht noch einmal in einer besonderen Gesetzgebung damit befassen muss. Es gibt das grundlegende Bemühen, entsprechend schlankere Bestimmungen zu treffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Edler hat darauf aufmerksam gemacht – so wie andere führende Mitglieder der Sozialdemokraten (Abg. Dr. Trinkl: Edler von der Eisenbahn?)  –, dass das Wehrbudget zu hoch ist, dass man Milliarden – hat der Herr Ex-Finanzminister gesagt – einsparen kann. Herr Edlinger meinte, gerade beim Wehrbudget könnte man noch sparen. Wie das gehen soll, wissen die Betroffenen jedoch nicht mehr.

Dann hat sich auch der Bundesobmann der Jungsozialisten gemeldet, der selbstverständlich für das Abschaffen des Bundesheeres ist, das wundert mich nicht, das ist ein alte Forderung der Jungsozialisten und der ganz linken Seite! Aber dass auch Sie, Herr Edler, sagen, dass das


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 130

Geld für das Budget der Landesverteidigung den Kleinen weggenommen wird (Abg. Edler: Na sicher!), dann ist das, ich möchte nicht sagen, letzte Klasse, aber die ganz hohe Klasse ist es auch nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edler: Geh, hör auf!)

Ich glaube, darauf könnten wir uns einigen, denn sonst könnte man auch sagen: Warum verdienen die Frühpensionisten der Österreichischen Bundesbahnen so viel und die Mindestrentner so wenig? (Abg. Edler: Das ist ja armselig! Peinlich!) So geht das einfach nicht! Ich denke, wir sollten das auch nicht mit dem Verteidigungsbudget machen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auf der anderen Seite kommen die Kollegen Gaál und Leikam mit einem Forderungskatalog, der sich sehen lassen kann: was alles noch für das Bundesheer notwendig wäre, zu tun wäre – aber mit noch weniger Geld! Also das ist die Quadratur des Kreises, die in diesem Haus dann und wann durchaus Einzug hält. Und wenn an unsere Soldaten, an die Präsenzdiener wieder einmal ein Dank ausgesprochen wird, dann muss man auch daran denken, dass sie für uns in der Assistenz bei Katastrophen dabei sind und wir ihnen entsprechend sicheres und kompetentes Gerät zur Verfügung stellen müssen. Und das, Kollege Edler, geht bitte auch nicht mit weniger Geld. (Abg. Edler: Nehmt es nicht den kleinen Leuten weg!) Wir müssen da also mit unseren Aussagen etwas vorsichtiger sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Natürlich basiert diese Gesetzesnovelle auf der Beschreibung der Aufgaben des Bundesheeres. Ich bin – im Unterschied zu Herrn Kollegen Kummerer – froh, dass die militärische Landesverteidigung, der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen dezidiert angeführt sind, dass das Bundesheer auch bei Elementarereignissen im Inland beziehungsweise für Hilfsleistungen bei Katastrophen im Ausland zur Verfügung steht und sich auch immer bewährt hat! Dafür selbstverständlich unseren Dank, den Dank der Regierungsparteien, den Dank dieses Hauses! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, nun zu einigen wichtigen Positionen in diesem neuen Gesetz. Kollegin Prammer hat, als sie noch Ministerin war, immer darauf aufmerksam gemacht, dass die Gleichberechtigung der Frauen etwas ganz Wichtiges sei. Wenn es um die Gleichberechtigung der Frauen beim Bundesheer ging, war sie dann nicht mehr so dafür. Wir machen jetzt aber eine Änderung, die sehr wichtig ist, wir machen nämlich Schluss mit der Diskriminierung der Frauen: Es steht ihnen die Milizlaufbahn selbstverständlich offen, es gibt nun keine Bevorzugungen der Männer mehr, und sie können darüber hinaus auch Waffenübungen immer ablehnen.

Der Freiwilligkeit wurde Rechnung getragen bis zur letzten Konsequenz. Die Laufbahn als Soldatin kann, wird sie abgebrochen, geht also die Frau etwa in die Privatwirtschaft, nachher fortgesetzt werden, die Ausbildung zum Unteroffizier beziehungsweise zum Offizier absolviert werden. Auch die weitere Verwendung bei Auslandsassistenzeinsätzen in führenden Positionen ist möglich. Die Frauen können den Ausbildungsdienst auch von zwölf auf 18 Monate verlängern, um eine entsprechende Planstelle zu erhalten.

In aller Kürze, meine Damen und Herren: ein besonders dotiertes Frauenpaket in der Wehrgesetznovelle! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein wesentlicher Punkt ist für mich auch, dass der UNO-Konvention gegen Kindersoldaten entsprochen wird und wir dem Übereinkommen bezüglich der Rechte der Kinder entsprechen. Kein Jugendlicher unter 18 Jahren, heißt es darin, darf zu militärischen Kampfeinsätzen einberufen werden. Dies ist also – wir haben ja heute schon über das Kapitel Jugend diskutiert – eine Konsequenz im Rahmen der UNO-Konvention. Und mit der Änderung, dass auch Piloten mit einem Alter von über 50 Jahren noch Dienst versehen dürfen, wird der beruflichen Praxis Rechnung getragen. Piloten über 50 Jahre werden ihren Beruf weiter ausüben können, wenn ihre Flugtauglichkeit überprüft ist.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 131

Meine Damen und Herren! Dies sind die wesentlichen Punkte dieser heute vorliegenden Wehrgesetznovelle. Ich darf zum Abschluss in einem Satz zusammenfassen: eine Gesetzesänderung der Vereinfachungen, der Klarstellung, mit einer besonderen Frauenkomponente. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Kukacka  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Pilz –: Wehrgesetz-Brecher!)

17.26

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die UNO-Konvention ist okay, alles andere nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.27

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Pilz scheint k. o. zu sein, weil ihm heute nichts mehr eingefallen ist zu dieser Materie. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.  – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Giftspritze ist leer!) Da mir nur wenig Zeit zur Verfügung steht, bringe ich im Eilzugstempo folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jung, Murauer und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend den Entwurf einer Novelle zum Wehrgesetz 1990 (300 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzentwurf in der Fassung des Berichts des Landesverteidigungsausschusses (361 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

"6a. Im § 6 Abs. 4 werden die ersten beiden Sätze durch folgende Sätze ersetzt:

,Die Beschwerdekommission hat unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden von Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterziehen oder sich freiwillig zum Ausbildungsdienst gemeldet haben, von Stellungspflichtigen, von Soldaten sowie von Wehrpflichtigen des Milizstandes und Wehrpflichtigen des Reservestandes, die Präsenzdienst geleistet haben, entgegenzunehmen, und – es sei denn, die Beschwerdekommission erkennt die Geringfügigkeit des behaupteten Beschwerdegrundes – zu prüfen und über ihre Erledigungen Empfehlungen zu beschließen. Dies gilt auch für Beschwerden, die durch Soldatenvertreter eingebracht werden; sofern diese nur für einen einzelnen Soldaten eingebracht werden, bedarf es der Zustimmung des Betroffenen. Das Recht zur Einbringung einer Beschwerde erlischt ein Jahr nach Kenntnis des Beschwerdegrundes durch den Beschwerdeführer, jedenfalls aber zwei Jahre nach Wegfall des Beschwerdegrundes.‘"

2. In Z 61 wird im § 68 Abs. 3i die Zitierung ,§ 6 Abs. 10‘ durch die Zitierung ,§ 6 Abs. 4 und 10‘ ersetzt.

*****

Diese Korrektur wurde gemäß einem Wunsch der Beschwerdekommission eingebracht, ist an sich unproblematisch und, wie wir gehört haben, unbestritten.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 132

Wie mir zur Kenntnis gebracht wurde, beabsichtigt die Sozialdemokratische Partei, hiezu einen Abänderungsantrag einzubringen, den wir aber leider erst um 16 Uhr erhalten haben. Da er relativ umfangreich ist – es sind über fünf Seiten – und auf an die 20 verschiedene Gesetzesblätter Bezug nimmt, ist es leider unmöglich, diesen Antrag in der zur Verfügung stehenden Zeit durchzuarbeiten, obwohl wir beim einen oder anderen Punkt durchaus gesprächsbereit sind, vor allem was Ihr, glaube ich, wichtigstes Anliegen betrifft, nämlich die Frage der parlamentarischen Zuordnung der Beschwerdekommission. Es ist dies ein Punkt, über den wir noch reden werden müssen. Es war mir in der kurzen Zeit nicht einmal möglich, den Verhandler unserer Partei in dieser Sache, nämlich Herrn Abgeordneten Ofner, der wegen seines Beins auf Kur ist, zu erreichen.

Wir sind hier für Verhandlungen offen, man wird das allerdings grundsätzlich lösen müssen, denn wenn man diesbezüglich eine Institution ähnlich der Volksanwaltschaft schaffen will – was ja diskutiert werden kann –, dann wird man dafür auch ein entsprechendes Budget und verschiedene andere Sachen zur Verfügung stellen müssen, und das können wir hier seriöserweise wirklich nicht übers Knie brechen. Man wird darüber reden müssen.

Kollege Kummerer hat vorhin bei den übrigen Änderungen des Wehrgesetzes, auf die ich auch noch kurz zu sprechen kommen möchte, gesagt, dass die verschiedenen Korrekturen deswegen erfolgen, weil man versucht, die SPÖ zu entmachten. – Herr Kollege, wenn Sie sich die vorherige Zusammensetzung des Landesverteidigungsrates anschauen, nämlich 4 : 3 : 1 : 1, mit dem wir auf das Niveau der Grünen hinuntergedrückt worden sind, dann kann man wohl nur sagen, dass das nun vielleicht die Herbeiführung eines etwas gerechteren Zustandes als des vorherigen ungerechten ist.

Solang Sie die absolute Macht gehabt haben, Herr Kollege, so lange war dieser Zustand, diese Ungerechtigkeit kein Problem. In jenem Moment, in dem Ihre Macht ein bisschen beschnitten wird, schreien Sie "Au!" und sind wehleidig. Ich glaube, an dem kann so etwas nicht scheitern, vor allem auch deswegen, weil das ein Rat ist, der also eine beratende Aufgabe und nicht eine beschließende Aufgabe hat, und daher die Wichtigkeit des Stimmverhältnisses nicht das unbedingt zentrale Moment dieser Kommission ist.

Noch schnell, weil eben wenig Zeit dafür ist, zu den Änderungen des Wehrgesetzes, die keineswegs so gravierend sind, wie Sie sie dargestellt haben. Es ist nur eine neue Zusammenfassung, die in den wichtigsten Punkten schon vorhin von Kollegen Murauer besprochen wurde.

Herr Kollege Kummerer, Sie haben das Strafausmaß kritisiert. – Sie wissen aber selbst ganz gut, dass ein beträchtlicher Teil dieser Strafen seit dem Jahr 1962 – in Worten: zweiundsechzig! –, also seit 38 Jahren, nicht mehr angepasst, nicht mehr adaptiert worden ist. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn endlich einmal eine entsprechende Anhebung durchgeführt wird. Es ist unseriös zu argumentieren, das sei so furchtbar und so grausam.

Die Frage Landesverteidigungsrat habe ich bereits angesprochen, aber auch die Frage Wehrgesetzänderung ... (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Halten Sie diese ...formulierung für gerechtfertigt?)  – Ich habe leider nicht so viel Zeit.

§ 2 des Wehrgesetzes wird sich kaum ändern. Im § 2 des Wehrgesetzes werden die grundsätzlichen Aufgaben des Bundesheeres geregelt und nicht die konkreten Einsatzaufgaben, wie sie als Folge einer Bedrohungsanalyse vielleicht in einen Landesverteidigungsplan hineinkommen. Sie vermischen da bewusst zwei ganz verschiedene Bereiche. Das ist in dieser Situation nicht ganz seriös, Herr Kollege Kummerer.

Im Prinzip – wir haben es schon gesagt – folgt der Abänderungsantrag eigentlich nur einem Wunsch der Beschwerdekommission, ist das Wehrgesetz eigentlich nur eine Korrektur und neue Zusammenfassung der alten Bestimmungen, bis auf den einen Punkt, nämlich die Zusammensetzung des Landesverteidigungsrates.

Eigentlich könnten Sie dem problemlos zustimmen. Es würde keine Änderung des bisherigen Zustandes zum Negativen hin bringen. Sie haben natürlich in der Praxis Probleme damit, das zu


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 133

tun. Dafür habe ich Verständnis. Aber abschließend noch einmal: Unsere Bereitschaft, über die Frage der Zuordnung der Kommission zu verhandeln, ist gegeben. Wir werden das allerdings in Ruhe und nicht unter Zeitdruck machen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Jung eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Was? 7 Minuten? – Abg. Leikam  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Muss nicht sein!)

17.33

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute die Premiere des neuen Wehrsprechers der Österreichischen Volkspartei erlebt. (Rufe bei der ÖVP: Gute Premiere! Sehr gute Premiere! – Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Ich habe vor wenigen Tagen im Budgetausschuss noch gemeint, na ja, das war vielleicht noch nicht ganz das, was wir uns vom Wehrsprecher der Österreichischen Volkspartei eigentlich erwarten – sein Vorgänger, Kollege Platter, hat doch eine gewisse Qualität in dieser Funktion bewiesen! Heute, muss ich sagen, bin ich wieder enttäuscht, Herr Kollege Murauer, vor allen Dingen aber ein bisschen irritiert.

Sie haben die Novelle zum Wehrgesetz so dargestellt, als wäre das jetzt wirklich die Erfindung, alles wäre jetzt bestens und wunderbar und klar. Kollege Jung, der Wehrsprecher der Freiheitlichen Partei, hat gesagt: Na ja, eigentlich ist in diesem Gesetz überhaupt nichts geändert worden (Rufe bei den Freiheitlichen: Das hat er nicht gesagt!), es ist fast nichts geschehen, da könnte eigentlich ohnehin jeder mitgehen, da ist praktisch nichts drinnen! Es gebe zwar Überschriften, aber es stehe eigentlich nichts drinnen. Das haben Sie zum Beispiel zum § 2, Aufgabenbereich des Bundesheeres, wörtlich gesagt.

Aber, meine Damen und Herren, wir sind vom neuen Wehrsprecher der Österreichischen Volkspartei auch mit ein paar Begriffen konfrontiert worden, die ich ihn bitten möchte, vielleicht zu erklären. Oder vielleicht kann uns auch der Herr Bundesminister sagen, was er gemeint hat. Was, Herr Kollege Murauer, ist ein "kompetentes Gerät"? Kollege Murauer hat gesagt, man müsse dem Bundesheer ein "kompetentes Gerät" zur Verfügung stellen. Genau das werde durch dieses Wehrgesetz möglich.

Ich habe alles durchgelesen, ich habe mir wirklich den Kopf darüber zerbrochen. Ein "kompetentes Gerät" – da bin ich ein bisschen überfordert, da fällt mir nichts ein (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nicht unser Problem!), was man darunter verstehen könnte. Oder: "schlankere Bestimmungen". (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Vielleicht sagt es mir der Herr Minister: Was ist ein "kompetentes Gerät" beim österreichischen Bundesheer? Ich habe da ein bisschen meine Probleme. (Abg. Dr. Trinkl: Eine Stechuhr ist ein "kompetentes Gerät"!)  – Damit haben Sie völlig Recht! Nur kennen Sie auch hier den Zusammenhang nicht. Das ist leider Gottes Ihr Problem. Auch da lesen Sie nur die Überschriften. Das ist aber Ihr Problem. (Abg. Dr. Trinkl: Die Frau Kollegin Mertel kann ... sehr gut!)

Meine Damen und Herren! Kollege Jung hat auch gemeint – oder ich glaube, es war Kollege Murauer –, dass die Abgeordneten Gaál und Leikam im Ausschuss einen Forderungskatalog aufgestellt hätten. Ich bekenne mich dazu, ich stehe auch dazu. Und ich habe schon im Ausschuss gesagt, dass das Problem dieses Verteidigungsministers ist, dass er von seinem Vorgänger eine Vorbelastung in Höhe eines Jahresverteidigungsbudgets übernehmen musste – ein ganzes Jahresbudget an Vorbelastungen!

Das ist das Problem, das Herr Verteidigungsminister Scheibner hat. Fasslabend hatte in seinem Ressort überhaupt keine Übersicht mehr (Widerspruch bei der ÖVP) und war im Beschaffungswesen – und das hat sich ja wie ein roter Faden durch die Ära Fasslabend gezogen – einfach heillos überfordert. (Abg. Murauer: Der Edlinger hat gesagt, das ist noch immer zu viel!) Und Fasslabend hat diesem Minister eine Vorbelastung in Höhe eines ganzen Jahresbudgets


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 134

übergeben. Jetzt haben wir natürlich im Beschaffungswesen und bei der notwendigsten Ausrüstung des österreichischen Bundesheeres Probleme. (Abg. Dr. Trinkl: Der Edler hat gesagt, eine Milliarde zu viel! – Abg. Edler: Untersuchungsausschuss!) Aber darüber zu reden werden wir, meine Damen und Herren, in der Budgetdebatte beim Kapitel Landesverteidigung noch genügend Gelegenheit haben.

Zur Wehrgesetznovelle, Herr Bundesminister. Gestern gab es in diesem Haus eine Fragestunde, und auch ich habe Sie gefragt, wie das Ganze nun eigentlich aussieht. Sie haben in Ihrem Ressort eine Expertenkommission eingerichtet, die an einer neuen Verteidigungsdoktrin arbeitet. Mein Kollege Kummerer hat schon darauf hingewiesen. Sie haben mir gestern hier geantwortet, die Kommission sei eingesetzt, sie arbeite, es gebe aber noch keine Ergebnisse. Ich akzeptiere das, selbstverständlich! Sie haben noch dazugesagt, man sollte diese Kommission jetzt einmal in Ruhe arbeiten lassen, und wenn es dann ein Ergebnis gibt, dann werden selbstverständlich auch das Parlament, der Landesverteidigungsrat und alle, die eingebunden sind, diese Ergebnisse bekommen, und wir werden ausreichend Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. – Okay, einverstanden!

Aber dann frage ich Sie, Herr Bundesminister und verehrte Damen und Herren der Koalitionsparteien: Warum ausgerechnet jetzt eine Novelle zum Wehrgesetz? Der Zeitpunkt ist schlicht und einfach der falsche! Warum bemühen wir uns jetzt, reden, schreiben über eine neue Aufgabenstellung des österreichischen Bundesheeres, wenn die wirklich neuen Bereiche, die in einer solchen Verteidigungsdoktrin zweifellos anzusprechen sein werden, etwa: Wie schaut es aus mit dem NATO-Beitritt? Wie ist die Situation ... (Abg. Jung: Das gehört aber nicht ins Wehrgesetz, Herr Kollege!)  – Aber das war ja immer ein Thema! (Bundesminister Scheibner: Aber nicht im Wehrgesetz!) Nicht im Wehrgesetz, aber im Zusammenhang mit der Verteidigungsdoktrin wird man über all diese Dinge reden müssen, und in weiterer Folge wird das natürlich auch in irgendeiner Weise einfließen.

Was ist mit dem Berufsheer? Fragen über Fragen, die nun von der Bildfläche verschwunden sind. Man kann dazu stehen, wie man will, aber sie werden in der Diskussion einen breiten Raum einnehmen. Ich merke also an, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt diese Novelle nicht gebraucht hätten – noch dazu, da Kollege Jung eigentlich auch der Meinung ist, dass mit dieser Wehrgesetznovelle ohnehin nicht viel verändert wird. Ich glaube, es war der falsche Zeitpunkt. (Abg. Jung: Einige wichtige Korrekturen!)

Ich kann auch diese Modernisierung in dieser Novelle, von der hier gesprochen worden ist, nicht erkennen und schon gar nicht diese "schlankeren Bestimmungen", von denen Herr Abgeordneter Murauer gesprochen hat. (Abg. Murauer: Dann hast du es dir nicht angeschaut ...!) Meine Damen und Herren! All das ist in dieser Novelle nicht erkennbar, im Gegenteil, Kollege Kummerer hat diesbezüglich auf einige Bereiche hingewiesen.

In Summe, ohne im Detail noch näher darauf einzugehen, da es die Zeit nicht mehr erlaubt, stelle ich fest: Wir hätten sehr gerne noch ein bisschen mehr Zeit gehabt, um wichtige Punkte, an denen gerade gearbeitet wird, abzuwarten. Dann hätten wir uns zusammensetzen und vielleicht das Ganze auf einer breiteren Basis diskutieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Loos zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.40

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Bürgermeister muss ich sagen, es haben da alle Recht: Die einen, die sagen, dass das Gesetz schlanker geworden ist – es ist wirklich wesentlich übersichtlicher geworden, muss ich feststellen –, und es haben auch diejenigen Recht, die sagen, dass es wichtige Änderungen gegeben hat, und zwar vor allem positive Änderungen, was die Frauen im Bundesheer betrifft.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 135

Ich glaube, dagegen kann man nichts Negatives sagen. Hier wurde nur Positives gemacht. Sogar Herr Abgeordneter Pilz hat Positives daran entdeckt, obwohl er gestern nur "Wuff, wuff!" gesagt hat. Heute hat er wenigstens einen Satz gesagt: Dass das mit den unter 18 Jahren eine gute Sache in diesem Gesetz ist. Also alle haben etwas Gutes gefunden, und das ist ja an und für sich nicht schlecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Landesverteidigungsrat. Es ist bereits sehr ausführlich erläutert worden: Es wurde nach dem d‘hondtschen Verfahren vorgegangen, sodass es im Landesverteidigungsrat 3 : 3 : 3 : 1 steht. Das ist demokratisch in Ordnung, und wer das ungerecht findet, versteht meiner Meinung nach Demokratie nicht so ganz recht.

Zwei Dinge möchte ich anführen, weil auch die Aufgaben des Bundesheeres in diesem § 2 des Wehrgesetzes genau enthalten sind. Und weil heute schon einige APA-Meldungen – meist aber im negativen Sinne – genannt wurden, möchte ich Ihnen nun eine besonders positive APA-Meldung zu Gehör bringen, und zwar eine von Herrn Innenminister Strasser. Ich zitiere:

"Eisenstadt (APA) – Für eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres an der Ostgrenze Österreichs um ein weiteres Jahr sprach sich heute, Freitag, Innenminister Ernst Strasser anlässlich eines Besuchs im Burgenland aus. Er werde am Dienstag einen entsprechenden Antrag im Ministerrat stellen, sagte Strasser bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt."

Und weiters: "Er stehe derzeit in ,intensiven Verhandlungen mit dem Verteidigungsminister‘. Der Einsatz der Soldaten für die Sicherung der Bevölkerung sei ,wichtig und notwendig‘, sagte Strasser, der auch den Verantwortlichen des Bundesheeres dankte: ,Ich glaube, dass sich dieses System sehr bewährt hat.‘ Die burgenländische Bevölkerung nehme die Soldaten hervorragend auf, die Zusammenarbeit mit der Exekutive sei ausgezeichnet." – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass das heute ausgesandt wurde. Ich danke schon im Vorhinein auch unserem Verteidigungsminister, von dem ich weiß, dass er sich sehr für diese Sache einsetzt, dass er sich auch sehr darum kümmert, dass im Burgenland der entsprechende Assistenzeinsatz geleistet werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe aber die Bitte – und da möchte ich unseren Verteidigungsminister ausdrücklich unterstützen –, dass für solche Sondereinsätze doch auch schön langsam im Budget entsprechend Vorsorge getroffen wird. Wir wollen das sozusagen nicht vom Innenministerium her haben. Nach § 2 Wehrgesetz, Aufgaben des Bundesheeres, ist das eine Aufgabe des Bundesheeres. Aber für derartige Sondereinsätze sollte man auch entsprechend vorsorgen, um dem Heer nicht anderswo zu schaden.

Eine zweite Sache – und da bin ich auch dem Verteidigungsminister sehr dankbar –: Er hat jetzt die Krisenreaktionstruppe nach Brüssel gemeldet. Es werden 3 500 Soldaten dazu ausgebildet, 2 000 werden ständig in Bereitschaft sein. Ich glaube, das ist eine wichtige und richtige Aufgabe, die unser Staat dem Ausland gegenüber zu leisten hat. Es ist dies übrigens auch in § 2 Wehrgesetz enthalten. Ich möchte auch diesbezüglich ersuchen, dass für diese Angelegenheit entsprechend Vorsorge getroffen wird. Ich glaube, da sind wir einer Meinung, und da könnten uns beispielsweise auch die SPÖ und die Grünen unterstützen. Dieser Einsatz ist wichtig für den Frieden in Europa, und wir sollten alles tun, um hier auch entsprechend Vorsorge zu treffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was unseren Wehrsprecher betrifft: Ich selbst bin, wie Sie wissen, schon sehr lange Soldat, und ich muss sagen, ich bin wirklich angenehm überrascht, wie er sich in die Sache hineingelesen hat, wie er mit der Sache umgeht. Ich freue mich sehr, dass wir ihn als Wehrsprecher seitens der ÖVP bekommen haben. Ich gratuliere dir dazu und wünsche dir auch im Sinne des Bundesheeres für deine wichtige Aufgabe alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.44


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 136

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.44

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Jung! Sie haben gesagt, der Abänderungsantrag der Regierungsparteien folgt dem Wunsch der Beschwerdekommission. (Abg. Kiss: Frau Hagenhofer, wo haben Sie gedient?) Da haben Sie nur die halbe Wahrheit gesagt. Die ganze Wahrheit wäre die, dass Sie dem Wunsch der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission, nämlich das Wort "parlamentarisch" bei dieser Veränderung des Wehrgesetzes festzuschreiben, nicht nachgekommen sind. (Abg. Jung: Frau Kollegin, Sie haben nicht zugehört!) Warum festzuschreiben? – Weil es laufend – und ich werde darauf noch eingehen – Probleme mit diesem nicht festgeschriebenen Wort "parlamentarisch" gibt.

Sie haben außerdem gesagt, Sie können deswegen dem Antrag der SPÖ-Fraktion nicht näher treten, weil Sie ihn so kurzfristig bekommen haben. (Abg. Jung: 16 Uhr!) Sie haben ja auch diesen Abänderungsantrag, den Sie eingebracht haben, schon besprochen. (Abg. Jung: Gestern übergeben!) Dann hätten Sie aber auch fairerweise mit Ihrem Kollegen Ofner schon gestern telefonieren können oder versuchen können, als Sie den Antrag fabriziert haben, festzustellen, ob das der Wunsch der Beschwerdekommission ist, Herr Kollege Jung. (Abg. Jung: Gestern habe ich ja nicht gewusst, was Sie wollen!) Der Wunsch der Beschwerdekommission wurde am 30. August in einer Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren abgegeben. (Abg. Jung: An wen?) – An den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner ist es gegangen. Also fragen Sie mich nicht, an wen das gegangen ist! Wenn Sie das nicht wissen, dann tut es mir Leid. Sie spielen sich da als Experte auf, und dann fragen Sie, an wen eine Begutachtung geht! (Abg. Böhacker: Kennen Sie die Gewaltentrennung nicht?)

Das, was Sie hier festschreiben, sind zwei kleine Wünsche, ist bestenfalls eine Festschreibung einer Geschäftsordnung. Dem wichtigsten Wunsch, die "Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission" endlich im Wehrgesetz festzuschreiben, folgen Sie nicht. (Abg. Jung: Ein bisschen sollten Sie sich schon auskennen!)

Und wenn Sie sagen, budgetär muss man das auch noch überdenken (Abg. Jung: Richtig!), dann sage ich Ihnen: Geltendes Recht ist jetzt: Das Bundesministerium für Landesverteidigung hat der Beschwerdekommission das notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und den erforderlichen Sachaufwand abzugelten. – Also bitte, hören Sie mir mit dem Budget auf! Sie wollen nicht! (Abg. Jung: Ja, dass Sie mit dem Geld nicht umgehen können, das wissen wir!)

Ich habe Sie ganz anders eingeschätzt. Ich habe gedacht, Sie sind einer, der das Militär wirklich nach allen Richtungen fördert. (Abg. Jung: Wer? Ich?) Ja. Genau in diesem Bereich, wo das Heer von der Beschwerdekommission bis dato, denke ich, immer profitieren konnte, weil die Bundesheer-Beschwerdekommission sehr im Stillen und sehr sachlich – ich denke, da sind wir alle einer Meinung – gearbeitet hat, scheint das aber nicht der Fall zu sein. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. ) Na selbstverständlich, Herr Kollege, dazu war sie ja da, und das macht sie auch.

Genau diese Arbeit, diese Weiterentwicklung – so kann man die Ergebnisse der Beschwerdekommission ja auch sehen: als Weiterentwicklung für die Landesverteidigung – bringt Probleme, bringt Friktionen, bringt Spannungen zwischen der Bundesheer-Beschwerdekommission und dem Ministerium (Abg. Jung: Dann muss man sie herauslösen!), weil es unter Minister Fasslabend offensichtlich in einem Bericht eingerissen ist, dass er gemeint hat, die parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission sei ein Hilfsorgan des Ministeriums.

Das kann es ja wohl nicht sein. Warum werden die Vorsitzenden vom Parlament bestellt, wenn es auf der anderen Seite ein Hilfsapparat des Verteidigungsministeriums sein soll? So ist es nicht, und so war es auch nie gemeint. Aus diesem Grunde wollte die Bundesheer-Beschwerdekommission den Namen "Parlamentarische Beschwerdekommission" tragen. (Abg. Jung: Dann hätte sie sich auch ans Parlament wenden sollen!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 137

Das war damals ein Fehler, da haben Sie schon Recht. Aber man hat geglaubt – wie es immer verkehrt ist, wenn man nur glaubt und nicht festschreibt –, man kommt mit dieser Bundesheer-Beschwerdekommission zu Rande. Man kommt nicht zu Rande, weil die Begehrlichkeiten oder Befindlichkeiten sich natürlich immer wieder ändern. Für Personen, die im Bereich der Bundesheer-Beschwerdekommission arbeiten, ist es denkbar ungut, aber auch für die Bediensteten des Verteidigungsministeriums ist es nicht gut, wenn die klare Bezeichnung "Parlamentarische Beschwerdekommission" hier nicht eingeflochten wird.

Das war der Wunsch. Dazu gab es eine Aussprache beim Minister; das weiß auch Ihr Kollege, es war ein Anliegen Ihres Kollegen Ofner. Und wir stehen heute vor einem Antrag, der bestenfalls eine Geschäftsordnung festschreibt, aber nicht das, was der Wunsch der Beschwerdekommission war.

Ich bringe deshalb einen Abänderungsantrag ein, der mittlerweile schriftlich vorliegt. Mit dieser Gesetzesänderung soll der von der Bundesheer-Beschwerdekommission erarbeitete Vorschlag umgesetzt werden. Ich bitte Sie wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Antrag zu, erleichtern Sie einerseits der Bundesheer-Beschwerdekommission und andererseits den Bediensteten des Ministeriums – ich bin kein Pflichtverteidiger – ihre Arbeit im Sinne eines funktionierenden Heeres, im Sinne eines Heeres, das in der Öffentlichkeit einen guten Ruf genießen kann! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Dann lassen Sie diesen Antrag wenigstens verteilen!)

17.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen.

Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DI Kummerer, Hagenhofer und Genossen zur Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (300 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsausschusses (361 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Z 7 entfällt betreffend § 6 Abs. 10 entfällt.

Die neue Z 7 lautet:

"7. § 6 lautet:

"(1) (Verfassungsbestimmung) Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission ist ein außerhalb des Bundesministeriums für Landesverteidigung und unabhängig von diesem tätiges parlamentarisches Kontrollorgan in militärischen Angelegenheiten. Ihr gehören drei einander gem. Abs. 10 in der Amtsführung abwechselnde Vorsitzende sowie sechs weitere Mitglieder an. Die Vorsitzenden werden vom Nationalrat gemäß Abs. 9 bestellt, die übrigen Mitglieder entsenden die politischen Parteien im Verhältnis ihrer Mandatsstärke im Hauptausschuß des Nationalrates. Die politischen Parteien haben weiters für jedes Mitglied und jeden von ihnen vorgeschlagenen Vorsitzenden ein Ersatzmitglied zu nominieren. Bei der Berechnung der Zahl der von den politischen Parteien zu bestellenden Mitglieder sind die von ihnen vorgeschlagenen


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 138

Vorsitzenden zu berücksichtigen. Jede im Hauptausschuß des Nationalrates vertretene politische Partei hat Anspruch, in der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission vertreten zu sein. Die drei Vorsitzenden bilden gemeinsam das Präsidium der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission.

Die Funktionsperiode der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission beträgt sechs Jahre. (BGBl. Nr. 457/1984, Art. I Z 1, ab 1.1.1985; BGBl. Nr. 690/1992, Z 3, ab 1.1.1993)

(2) Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Vorsitzende und drei weitere Mitglieder anwesend sind. Zur Beschlussfassung ist die Mehrheit der Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. (BGBl. Nr. 342/1988, Art. I Z 5, ab 1.7.1988).

Die Vorsitzenden, die weiteren Mitglieder und die Ersatzmitglieder der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission sowie die Angehörigen des Büros der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

(3) Der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission sind als beratende Organe der Generaltruppeninspektor und ein vom Bundesminister für Landesverteidigung zu bestimmender hiefür geeigneter Beamter beigegeben.

(4) Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission hat unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden von Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterziehen oder sich freiwillig zum Ausbildungsdienst gemeldet haben, von Stellungspflichtigen, von Soldaten sowie von Wehrpflichtigen des Milizstandes und Wehrpflichtigen des Reservestandes, die Präsenzdienst geleistet haben, entgegenzunehmen, zu prüfen und über ihre Erledigung Empfehlungen zu beschließen. Dies gilt auch für Beschwerden, die durch Soldatenvertreter eingebracht werden; sofern diese nur für einen einzelnen Soldaten eingebracht werden, bedarf es der Zustimmung des Betroffenen. Darüber hinaus ist die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission berechtigt, von ihr vermutete Mängel und Überstände im militärischen Dienstbereich von Amts wegen zu prüfen. Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission kann die für ihre Tätigkeit erforderlichen Erhebungen nötigenfalls an Ort und Stelle durchführen und von den zuständigen Organen alle einschlägigen Auskünfte einholen. (BGBl. Nr. 342/1988, Art. I Z 6, ab 1.7.1988; BGBl. Nr. 690/1992, Z 4, ab 1.1.1993; BGBl. I Nr. 30/1998, Art. 3 Z 7, ab 1.1.1998)

Das Recht zur Einbringung einer Beschwerde erlischt ein Jahr nach Kenntnis des Beschwerdegrundes durch den Beschwerdeführer.

Die Entscheidung, ob die Überprüfung eines Beschwerdevorbringens geboten erscheint oder das Anbringen seinem Inhalt nach unterhalb der beschwerderechtlichen Relevanzschwelle liegt, trifft die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission.

(5) Der jährlich von der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission bis zum 1. März zu verfassende Bericht über die Tätigkeit im jeweils abgelaufenen Jahr und über ihre Empfehlungen sowie die von ihr aus gegebenem Anlass erstellten Zwischenberichte sind von ihr dem Nationalrat vorzulegen. Diese Berichte sind auch dem Bundesminister für Landesverteidigung zur Kenntnis zu bringen.

Der Bundesminister für Landesverteidigung hat zu den Berichten der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission dem Nationalrat Stellungnahmen vorzulegen.

(6) Den Vorsitzenden und den übrigen Mitgliedern der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission sind die notwendigen Aufwendungen, die ihnen aus ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission erwachsen, einschließlich der notwendigen Fahrtkosten zu ersetzen. Diese Aufwendungen sind nach den Bestimmungen der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, für Beamte der Allgemeinen Verwaltung in der Dienstklasse VIII abzugelten. Dem amtsführenden Vorsitzenden gebührt überdies für seine Tätigkeit in


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 139

der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission eine Entschädigung im Ausmaß von 20 vH des Gehaltes eines Bundesbeamten des Dienststandes der Allgemeinen Verwaltung in der höchsten Gehaltsstufe der Dienstklasse IX, den anderen Vorsitzenden gebührt diese Entschädigung im Ausmaß von 10 vH des bezeichneten Gehaltes. Den Vorsitzenden gebührt diese Entschädigung nicht, wenn sie Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages oder Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung sind. (BGBl. Nr. 342/1988, Art. I Z 7, 1.7.1988)

(7) (Verfassungsbestimmung) Das Bundesministerium für Landesverteidigung hat der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission das zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und den nach Beschluss des Präsidiums der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission erforderlichen Sachaufwand zu tragen. Das zur Verfügung gestellte Personal ist bei Tätigkeiten in Angelegenheiten der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission ausschließlich an die Weisungen des amtsführenden Vorsitzenden gebunden. (BGBl. Nr. 690/1992, Z 5, ab 1.1.1993)

(8) Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission hat sich eine Geschäftsordnung zu geben, die mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen ist.

(9) (Verfassungsbestimmung) Die Vorsitzenden der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission werden vom Nationalrat auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt. Bei der Erstellung des Gesamtvorschlages hat jede der drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht, je ein Mitglied namhaft zu machen. Bei Mandatsgleichheit gibt die Zahl der bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen den Ausschlag. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines Vorsitzenden hat jene im Nationalrat vertretene Partei, die das ausgeschiedene Mitglied vorgeschlagen hat, ein neues Mitglied namhaft zu machen. Auf Grund dieses Vorschlages erfolgt die Ergänzungswahl durch den Nationalrat für den Rest der Funktionsperiode. (BGBl. Nr. 457/1984, Art. I Z 2, ab 1.1.1985)

(10) Die drei Vorsitzenden wechseln einander in der Amtsführung jeweils nach zwei Jahren in der Reihenfolge der Mandatsstärke der sie namhaft machenden politischen Partei ab; bei Mandatsgleichheit gibt die Zahl der bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen den Ausschlag. Der jeweils amtsführende Vorsitzende der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission führt deren Geschäfte, die übrigen Vorsitzenden nehmen in der genannten Reihenfolge die Funktionen von stellvertretenden Vorsitzenden wahr. (BGBl. Nr. 457/1984, Art. I Z 2, ab 1.1.1985)

3. Nach Z 20 wird Z 20a eingefügt:

,Z 20a. § 29 Abs. 8 lautet:

›(8) Die Auswahl der Wehrpflichtigen, die nach Abs. 7 zur Leistung von Kaderübungen bis zum jeweiligen Gesamtausmaß nach Abs. 1 Z 1 oder 2 verpflichtet sind, ist vom zuständigen Militärkommando mit Bescheid (Auswahlbescheid) innerhalb von zwei Jahren nach Entlassung aus dem Grundwehrdienst vorzunehmen. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat vor der abweisenden Entscheidung über eine Berufung gegen den Auswahlbescheid eine Stellungnahme der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission einzuholen, wenn es der Berufungswerber verlangt. Auf Grund dieses Bescheides können die Wehrpflichtigen nach Eintritt der Rechtskraft entsprechend den militärischen Erfordernissen bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres zu den einzelnen Kaderübungen einberufen werden.‘

4. Nach Z 59 wird folgende Z 59a eingefügt:

,59a. § 65d lautet:

›(1) Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Besorgung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Die Beschwerdemöglichkeit besteht nicht, sofern


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 140

1. die Verletzung durch einen Bescheid oder durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erfolgt ist, oder

2. die Person in dieser Angelegenheit Beschwerde bei der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission erheben kann.

(2) Über die Beschwerden nach Abs. 1 entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Die §§ 67c bis 67g sowie § 79a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, über die besonderen Bestimmungen für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sind anzuwenden. Ist für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates die Frage der Rechtmäßigkeit der Verwendung personenbezogener Daten maßgeblich, so hat der unabhängige Verwaltungssenat nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen über Beschwerden an die Datenschutzkommission vorzugehen.

(3) Eine Besorgung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung nach Abs. 1 ist hinsichtlich eines Verfahrens zur Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit dem Bundesminister für Landesverteidigung zuzurechnen.

(4) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden nach Abs. 1 Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Diese Beschwerdemöglichkeit kann sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Betroffenen ausgeübt werden. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung.‹‘"

*****


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 141

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Wehrgesetz 1990 muss auf Grund verschiedenster Notwendigkeiten novelliert werden. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die SPÖ nicht nur gegen eine Neugestaltung des Landesverteidigungsrates ist, sondern dass sie auch gegen eine Präzisierung der Aufgaben der militärischen Landesverteidigung ist, dass sie gegen eine Vereinfachung und Neugestaltung der Dienstgrade ist, dass sie gegen die Modifizierung hinsichtlich der Meldepflicht und der Stellung im Rahmen der Wehrpflicht ist, dass sie gegen die Öffnung der Milizlaufbahn für Frauen eintritt, dass sie gegen den Ausschluss der Heranziehung von Jugendlichen zu militärischen Kampfeinsätzen ist, dass sie gegen die Neuregelung der Soldatenvertretung von Zeitsoldaten ist und dass sie gegen sprachliche, systematische und legistische Verbesserungen dieses neuen Gesetzes eintritt.

Meine Damen und Herren der SPÖ! Dass das d’hondtsche System ein anerkanntes System zur Aufteilung von Plätzen in Räten nach Wahlergebnissen ist, ist, glaube ich, von unserer Seite nicht mehr zu argumentieren. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Man kann es sich richten, wie man’s braucht!) Dass die Meldepflicht, Herr Kollege Kummerer, für Beorderte notwendig ist, um eine annähernde Planbarkeit sicherzustellen, brauche ich auch nicht zu erwähnen. Und dass wir bereit sind, über die Bundesheer-Beschwerdekommission mit Ihnen zu debattieren, hat Herr Kollege Jung in seinem Debattenbeitrag schon deutlich gesagt. Wir konnten das nicht tun, weil wir Ihren Antrag um 16 Uhr bekommen haben, und wenn wir ihn seriös prüfen wollen, dann müssen Sie uns hiefür mehr Zeit geben.

Insgesamt, meine Damen und Herren, kann festgestellt werden, dass diese Novelle in vielen Bereichen zu einer Verfahrensvereinfachung und gleichzeitig auch zu einem erheblichen Gewinn an Übersichtlichkeit führt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte.

17.53

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kummerer hat in seinen Ausführungen den von mir gewünschten möglichst breiten Konsens in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik angesprochen. Er hat dann den Vorwurf erhoben, dass mit dieser Vorlage dieser breite Konsens verlassen wird, und zwar von Seiten des Verteidigungsministeriums beziehungsweise von Seiten der Regierungsparteien, weil in diesem Wehrgesetz umfassende Änderungen vorgenommen werden, und man sollte eigentlich – auch Abgeordneter Leikam hat das angesprochen – die Ergebnisse der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin-Diskussionen abwarten und dann das Wehrgesetz ändern.

Meine Damen und Herren! Wenn das so wäre, dass man nur dann das Wehrgesetz ändern darf, wenn sich der § 2, nämlich die Aufgaben, die an das Bundesheer gestellt werden, grundlegend ändern, dann hätte man sehr viele Änderungen des Wehrgesetzes – und letztlich auch den Beschluss des Wehrgesetzes, denn das stammt ja in dieser Form aus dem Jahre 1990; 1998 sind auch Änderungen vorgenommen worden – nicht vornehmen dürfen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Der § 2 Wehrgesetz ist in seinem Gehalt gleich geblieben. Er ist nur, so wie auch andere Bestimmungen, klarer gefasst worden, und es sind auch vom Sprachlichen her Verbesserungen eingeführt worden. Es sind Adaptierungen vorgenommen worden, aber grundlegende Änderungen hat es in einigen wenigen, aber, wie ich meine, sehr wichtigen Bereichen gegeben, die aber von Ihnen überhaupt nicht angesprochen worden sind.

Das verstehe ich nicht, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten. Selbst Abgeordneter Pilz hat auf einen dieser Punkte hingewiesen, nämlich dass wir eine ganz wichtige Konvention letztlich in das Wehrgesetz mit aufnehmen, dass das Verbot, Kindersoldaten, also Jugendliche unter 18 Jahren, in militärische Einsätze einzubinden, jetzt für Österreich umgesetzt wird. Ich verstehe nicht, dass Ihnen das nicht eine Zustimmung wert ist, dass wir jetzt klar zum Ausdruck bringen – und Sie wissen es: Auf freiwilliger Basis können junge Österreicher schon mit dem 17. Lebensjahr ihren Wehrdienst ableisten; das wollen wir auch so beibehalten –, dass unter 18-Jährige nicht in einen militärischen Einsatz entsendet werden. Das ist ein ganz wichtiges Signal auch im Sinne der internationalen Vorgaben.

Der zweite Punkt ist – und auch dazu habe ich kein einziges Wort von Ihnen gehört, meine Damen und Herren –, dass wir den Zugang von Frauen im Rahmen des Wehrdienstes, im Rahmen eines freiwilligen Wehrdienstes auch für Milizfunktionen öffnen, dass das eine wichtige Weiterentwicklung zu einem klaren und eindeutigen freien und gleichen Zugang zu wichtigen Aufgaben im Bundesheer für Frauen eröffnet, dass man sich jetzt nicht dazu entscheiden muss, das gesamte berufliche Leben als Soldatin zu verbringen, und einem nur dann die Möglichkeit eines freiwilligen Wehrdienstes eröffnet wird, sondern dass man auch neben einer normalen beruflichen Tätigkeit in Form von freiwilligen Waffenübungen den Zugang findet und damit auch die Möglichkeit hat, in Auslandseinsätze zu gehen.

Meine Damen und Herren! Letzteres kann ja auch von der Einkommenssituation her, aber auch im Sinne der beruflichen Erfahrung für viele Frauen interessant und wichtig sein. Es ist Ihnen also diese für die Frauen ganz wichtige Maßnahme kein Wort des Kommentars wert gewesen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten.

Wenn hier die Mitglieder des Landesverteidigungsrates angesprochen worden sind: Bei einem Verteilungsschlüssel, den man nach dem d’hondtschen System festsetzt, ist es natürlich unbefriedigend, dass es bei relativ gleichen Stärkeverhältnissen keine Differenzierung zwischen der stärksten und der zweitstärksten Fraktion gibt. Das gebe ich durchaus zu. Aber es war ein Kompromiss, auf der einen Seite – und da habe ich von Ihnen nie gehört, dass das ungerecht ist – die derzeitige Aufteilung zu verändern, wo die drittstärkste Partei – wer immer das ist; das


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 142

kann sich ja sehr rasch ändern, wie wir in der Vergangenheit gesehen haben – unabhängig von ihrem Stärkeverhältnis nur einen Vertreter im Landesverteidigungsrat sitzen hat, und auf der anderen Seite selbstverständlich darauf zu achten, dass dieses Gremium handlungsfähig ist und von seiner Größenordnung her nicht zu groß gestaltet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben den nationalen Konsens in der Verteidigungspolitik angesprochen. Ich bekenne mich dazu, und Sie wissen, dass ich alles dazu tun werde, dass wir einen breiten Konsens in grundlegenden Fragen der Sicherheit und der Verteidigung hier erzielen können. Aber dazu gehört auch der politische Wille – ich sage noch einmal: der politische Wille – von allen Vertretern, von allen Fraktionen. Ich hätte mir zumindest vorgestellt, dass man, wenn man in Einzelpositionen dagegen ist, zumindest in einer getrennten Abstimmung zu verschiedenen Grundsatzpositionen, die hier mit umfasst sind, Zustimmung signalisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein Letztes noch zur Bundesheer-Beschwerdekommission, weil das hier auch von Frau Abgeordneter Hagenhofer angesprochen worden ist. Sie wissen es – und wir haben ja vor kurzem ein Gespräch mit der gesamten Beschwerdekommission gehabt –, dass ich mich zur Bundesheer-Beschwerdekommission und ihren Aufgaben bekenne und dass ich sie auch bestmöglich unterstütze. Es wurden dort entsprechende Wünsche deponiert, und ich habe mich auch klar dazu bekannt, dass ich sie, soweit es geht, unterstützen werde, diese ihre Wünsche umzusetzen. Sie haben Abgeordneten Ofner quasi beauftragt, mit mir die Details abzustimmen. In einigen Bereichen habe ich den Wünschen bereits entsprochen, und es war auch vereinbart, diese zwei Punkte, die man von Seiten der Kommission noch in das Wehrgesetz mit einfließen lassen wollte, auch in einen Abänderungsantrag zu kleiden.

Der dritte Punkt, die Bezeichnung als "Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission", war noch eine offene Frage. Soweit ich weiß, soll ein Gutachten erarbeitet werden. Nach meinem Informationsstand gibt es derzeit eine Übereinstimmung in diesen beiden Punkten, und die sind auch von diesem Abänderungsantrag, den Abgeordneter Jung eingebracht hat, mit umfasst.

Was den Abänderungsantrag, den Sie hier eingebracht haben, angeht, Frau Abgeordnete, habe ich nur per Telefon davon erfahren, dass ein solcher geplant ist. Den Inhalt kenne ich bis jetzt nicht.

Ich glaube, dass wir doch dazu kommen sollten, diese Dinge zu besprechen, Herr Abgeordneter Kummerer. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Weil Sie Ihre eigenen Briefe nicht lesen!) Ich sage Ihnen noch einmal, ich kann nicht mehr tun, als wirklich alles dazu zu tun, dass wir ein gutes Verhältnis haben, dass auch die Arbeit zwischen der Bundesheer-Beschwerdekommission und den Vertretern im Bundesministerium für Landesverteidigung eine gedeihliche ist. Es müssen aber beide Seiten das Ihrige dazu tun, damit eine gute Zusammenarbeit, eine gute Möglichkeit vorhanden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass das keine Gesamtreform des Wehrgesetzes ist. Deshalb besteht hier auch kein Anlass, auf irgendetwas zu warten. Wir werden noch eine umfassende und grundlegende Diskussion über die Aufgaben der militärischen Landesverteidigung in Österreich und des österreichischen Bundesheeres zu führen haben. Jetzt ist es darum gegangen, neben Adaptierungen, die sinnvoll sind, Regelungen für wichtige Bereiche – wie etwa das Verbot von militärischen Einsätzen von Jugendlichen und den freiwilligen Zugang für Frauen in einer Milizverwendung – zu schaffen.

Ich glaube, dass das hier keinen Aufschub erfordert hat, und ich würde mich freuen, würde die Opposition ihre negative Haltung zu dieser Reform doch noch überdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 143

18.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.01

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, die Freiheitliche Partei hat den Abänderungsantrag bekommen, und die Stellungnahme der Beschwerdekommission ist Ihnen am 30. August zugegangen.

Wir Sozialdemokraten lehnen diese Novelle des Wehrgesetzes 1990 nicht grundsätzlich ab. Wir begrüßen die weitere Verbesserung der Karrierechancen für Frauen im Bundesheer, wir begrüßen die Neuregelung der Vertretung der Zeitsoldaten mit zumindest einem Verpflichtungsjahr, und wir begrüßen den stärkeren Schutz von Kindern und Jugendlichen in Kriegen sowie die Verschlankung von Verwaltungsverfahren. Den Rest lehnen wir aus schon mehrfach erklärten Gründen ab.

Lassen Sie mich noch auf einen Punkt hinweisen, nämlich auf das Thema Kindersoldaten. Die Kindersoldaten im Sinne der Konvention der Vereinten Nationen gibt es bei uns auch jetzt schon nicht. Die gültige Regelung sieht die Wehrpflicht mit 18 vor. Allerdings war bis jetzt auch die Freiwilligkeit unter 18 möglich, wobei mit Antritt alle Rechte und Pflichten entstanden sind und wobei auch voller Kampfeinsatz möglich war.

Die neue Regelung sieht vor, dass unter 18 zwar die volle Ausbildung möglich ist, jedoch kein Kampfeinsatz erfolgen darf. Da diese Regelung weit über die Konvention hinausgeht, werden wir dazu auch eine getrennte Abstimmung verlangen. Wir werden § 47 Abs. 2 zustimmen und den Rest ablehnen.

Abschließend darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Neuformulierung des Wehrgesetzes ohne Wehrkonzept eine vertane Chance für unser Heer ist. Schade! (Beifall bei der SPÖ.)

18.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 361 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Jung, Murauer und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der Verfassungsbestimmungen enthält.

Ferner hat der Abgeordnete Dipl.-Ing. Kummerer ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen und vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Jung, Murauer und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 6a bezieht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Z 7 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 144

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 7 bezieht.

Da dieser Abänderungsantrag Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich lasse nunmehr über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen betreffend Z 7 abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Z 7 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 20a bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Z 48 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 59a bezieht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Jung, Murauer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 61 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetz auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (196 der Beilagen): Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich (384 der Beilagen)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 145

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (295 der Beilagen): Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger (385 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 310/A (E) der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels (386 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage 196 der Beilagen stellt einen wichtigen Schritt in der Bekämpfung von internationalem Verbrechen dar, nämlich das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, der zur Ergänzung der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit errichtet wurde und die Gerichtsbarkeit über Personen wegen schwerster Verbrechen ausübt, nämlich wegen Völkermordes, Verbrechens gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechens.

Er hat insofern eine gewisse Schwäche, als es hinsichtlich von Kriegsverbrechen den Staaten möglich ist, die Jurisdiktion des Gerichtshofes für sieben Jahre auszuschließen, wenn der Verdacht auf eigene Staatsangehörige fällt oder das Verbrechen auf dem jeweils eigenen Territorium verübt wurde. Trotzdem ist dieser Internationale Strafgerichtshof ein großer Fortschritt: Er legt fest, wann der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit ausüben kann: nämlich dann, wenn ein Vertragsstaat dem Ankläger unterbreitet wird oder wenn der Sicherheitsrat der UNO tätig wird oder wenn der Ankläger selbst auf eigene Initiative Ermittlungen einleitet.

Das ist der entscheidende Punkt: Die Anklagebehörde ist ein selbständiges Organ des Gerichtshofes, sie ist völlig weisungsfrei.

Das vorliegende Statut gilt auch in vollem Umfang für Personen in öffentlichen Ämtern. Das heißt, die Tätigkeit als Staats- oder Regierungschef, als Mitglied einer Regierung oder eines Parlaments ist fortan kein Hinderungsgrund mehr für die Strafverfolgung durch den Gerichtshof.

Unterzeichnet wurde dieses Statut bisher von 115 Staaten. Bisher haben 23 Staaten das Statut ratifiziert, davon 6 EU-Staaten. Bei 60 Ratifikationen tritt dieses Regelwerk in Kraft.

Dieser Internationale Strafgerichtshof wurde 1998 in Rom gegründet. Es haben 162 Staaten daran teilgenommen, wobei 120 Staaten dafür, und nur 7 dagegen stimmten, darunter die USA, China und Israel. 21 Staaten enthielten sich der Stimme. Positiv ist, dass dieses Statut mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen angenommen wurde, wobei die EU-Staaten einheitlich dafür waren.

Dieser Gerichtshof hat sicherlich eine neue Qualität der Autorität. Bisher gab es nämlich nur zwei Ad-hoc-Gerichtshöfe, die 1993 vom UN-Sicherheitsrat geschaffen wurden. Diese Gremien arbeiten nur von Fall zu Fall, und daher besteht sicherlich eine gewisse Gefahr der Politisierung.

Positiv ist deshalb auch, dass sich die USA mit ihrer Hauptforderung nicht durchsetzen konnten, nämlich einem Ankläger an der Leine des UN-Sicherheitsrates, sodass dessen Mitglieder je nach politischer Opportunität Anklagen zulassen oder per Veto verhindern hätten können. Mit


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 146

der Schaffung des Internationalen Gerichtshofes verliert der Sicherheitsrat sein Monopol in der Feststellung einer Aggression.

Das ist also eine außerordentlich wichtige Maßnahme: Schreibtischtäter können in Zukunft vor internationaler Strafverfolgung nicht mehr sicher sein.

Die USA haben sich, obwohl sie nicht Vertragspartei des ICC sind, an den Verhandlungen beteiligt und sind auch weiterhin in die Verhandlungen eingebunden. Das ist ein wichtiger Punkt, weil dieser Strafgerichtshof ohne die USA längerfristig kein wirksames Rechtsorgan sein könnte.

Dort, wo der Strafgerichtshof in Zukunft zuständig sein wird, wird der Schutz der Menschenrechte, also die Verfolgung von Verletzungen der Menschenrechte, außerhalb der internationalen Interessenpolitik der Staaten liegen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Daher sei auch "amnesty international" für das große Engagement bei der Schaffung des ICC gedankt.

Ein Punkt sei meinerseits noch erwähnt, der nicht auf der Tagesordnung steht, aber eigentlich auf der Tagesordnung stehen sollte. Herr Abgeordneter Schieder wird dazu noch Stellung nehmen (Abg. Schieder: Nein!), nämlich zu der Tatsache, dass die EU-Beobachtungsstelle gegen Rassismus beziehungsweise die Implementierung des Amtssitzübereinkommens nicht verabschiedet werden konnte. Bedauerlicherweise konnte das bis jetzt noch nicht verhandelt werden. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr das Amtssitzübereinkommen ratifizieren werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Redezeitbeschränkung auf eigenen Wunsch: 8 Minuten. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich auch ganz kurz mit dieser Frage des Römischen Statuts auseinander setzen. Ich denke, das ist eine wirklich fundamentale Grundlage zur internationalen Verfolgung von Kapitalverbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen Menschen, die in Konflikten oft in einer Weise verfolgt werden, die wir einfach nicht akzeptieren können.

Ich halte es auch für einen wirklichen inhaltlichen Fortschritt, dass man nicht ad hoc ein Tribunal bilden muss, sondern dass es damit ganz automatisch eine Behörde gibt, die eine unabhängige Verfolgung – ganz egal, wer hier Verbrechen begangen hat – gewährleisten wird, die diese Verfolgung gleichgültig, ob jemand im nationalen Recht Immunität genießt, durchführen wird und die auch, so glaube ich, eine gewisse Prävention, sprich, eine Abschreckung für alle, die solche Befehle vielleicht geben wollen, darstellen wird. Es ist tatsächlich das erste Mal ein Durchbruch, dass eine solche Möglichkeit auf internationaler Ebene geschaffen wird. Wir stehen voll dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit fasse ich mich kurz. Lassen Sie mich nur noch eine Bemerkung zu Herrn Kollegen Posch machen. Wir haben die Frage der Tagesordnung des Außenpolitischen Ausschusses wirklich ausgiebig diskutiert, und wir haben auch Schritte gesetzt. Wir haben heute in den Rundlauf der Präsidiale den Vorschlag geschickt, dass dieser Tagesordnungspunkt mit 1. Dezember im Außenpolitischen Ausschuss behandelt werden kann.

Wir stehen auch dazu, dass wir eine offene Diskussion mit der Leiterin dieser Geschäftsstelle in Wien führen werden. Einiges ist aufzuklären, auch dazu stehen wir nach wie vor. Wir lassen uns aber von niemandem unter Druck setzen, dass wir als Parlamentarier einfach auf Zuruf abzustimmen haben. Das Recht, solche internationalen Abkommen hier im Parlament zu beraten und dann zu beschließen, wann wir es wollen, wird ungeschmälert bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 147

In diesem Sinn, denke ich, können wir diese Angelegenheit für alle Beteiligten sehr rasch einem Ende zuführen. Ich möchte mich im Hinblick auf das, was ich mit Herrn Kollegen Schieder besprochen habe, nicht weiter dazu äußern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzmann zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einige Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die Produktionsphase der ARIANE-Trägerraketen machen.

Es handelt sich dabei um die kommerzielle Vermarktung der im Rahmen der europäischen Weltraumorganisation ESA konzipierten Trägerrakete durch die Firma Arianespace. Die Erläuterungen der europäischen Regierungen zur Produktionsphase haben lediglich bis Ende dieses Jahres Gültigkeit. Das soll nun um ein Jahr verlängert werden, damit danach ein zehn Jahre gültiger Vertrag ausgehandelt werden kann.

Die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich und auf die Beschäftigung in unserem Land sind durchaus positiv zu sehen. Die Annahme der Regierungsvorlage ermöglicht die Auftragsvergabe von Arianespace an mehrere österreichische Unternehmen und entspricht damit der bisherigen erfolgreichen Schwerpunktsetzung unseres Landes und unserer Wirtschaft bei weltraumtechnischen Projekten.

Das zweite wichtige Thema ist die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs, den schon meine Vorredner angesprochen haben. Dieser Gerichtshof soll Recht sprechen bei schwersten internationalen Verbrechen, eben bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und bei Kriegsverbrechen.

Obwohl es sich dabei wieder um die Abgabe nationaler Souveränitätsrechte handelt, tragen wir Freiheitlichen diese Vorlage selbstverständlich mit, denn dieser Gerichtshof könnte weltweit zu mehr Frieden und einer stärkeren Durchsetzung der Menschenrechte führen. – Ich habe mit "könnte" bewusst den Konjunktiv gewählt, weil heute noch nicht ganz absehbar ist, ob dieser Gerichtshof in Zukunft jene Rolle spielen wird, die sich die Unterzeichnerstaaten von ihm erhoffen.

Ein altes Sprichwort sagt: Macht geht vor Recht. – Die Machtpolitik folgt bekanntlich eigenen Regeln, wie wir das auch bei Abstimmungen in der UNO immer wieder sehen müssen. Solange Staaten wie die USA, China, Indien oder auch Frankreich sich nicht ganz an die Spielregeln eines solchen Gerichtshofes halten wollen und sich diesen Spielregeln nicht unterwerfen, muss an der Durchsetzbarkeit dieser Institution gezweifelt werden.

Meine Damen und Herren! Das soll aber kein Vorwand sein, die grundsätzlichen Bestrebungen zu einheitlichen internationalen Rechtsnormen nicht zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Restliche Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

18.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es freut mich heute besonders, dass ich hier Frau Kollegin Lunacek vertreten darf – sie befindet sich bei einem wichtigen Treffen im Ausland –, und zwar zu einem Antrag, den sie bereits vor einem Jahr eingebracht hat und der heute in einer etwas abgeänderten Form hier Gott sei Dank in einer Vier-Parteien-Vorlage beschlossen werden wird. Es geht dabei um den Fairen Handel, um den Nord-Süd-Handel und um neue Perspektiven für Solidarität im internationalen Zusammenhang.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 148

Meine Damen und Herren! Fair Trade ist ja nicht etwas, was erst neu erfunden wurde, sondern ist eine Bewegung, die seit 25 Jahren weltweit und europaweit versucht, die Bemühungen um Solidarität durch praktisches Handeln umzusetzen. Diese Bewegung umfasst inzwischen 3 000 Läden und an die 50 000 Mitarbeiter, die sich dafür einsetzen, dass der Handel mit Waren bester Qualität – inzwischen Premium-Qualität, das ist das Ergebnis dieser fairen Handelsbeziehung – gleichzeitig mit sozialen und ökologischen Kriterien verknüpft ist.

Meine Damen und Herren! TransFair-Kriterien im Handel beinhalten eben Mindestpreise für die Existenzsicherung kleinbäuerlicher Strukturen in diesen Ländern. Das bedeutet auch die Durchsetzung von fairen Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen und gerade für Bäuerinnen, für Frauen in der Dritten Welt eine Chance, auch zu Einkommen und sozialer Anerkennung zu kommen, sowie auf der anderen Seite selbstverständlich ökologische Produktion, soweit das möglich ist, bis hin zu biologischen Anbaumethoden. Sie kennen sicher alle inzwischen auch TransFair-Kaffee und TransFair-Tee aus biologischer Erzeugung.

Die Erfolge dieser Politik, dieser praktischen Politik von so vielen Menschen sind nachvollziehbar. Das ist praktisches Handeln, mit dem die Konsumenten die Lebensbedingungen in diesen Ländern entscheidend verbessern können. Die weltweite gezielte Förderung von Bioanbau durch Preisaufschläge führt auch zu einem Schutz des Regenwaldes. Das muss uns ein Anliegen sein, gerade jetzt, in dieser Woche des Klimaschutzes. TransFair ist ein Beitrag für den Klimaschutz: weltweit, in Europa, in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Vergessen wir nicht, dass sich gerade auf politischer Ebene die Grünen wirklich seit Jahrzehnten aktiv dafür einsetzen, aktiv diese Bewegung unterstützen und auch versuchen, die politischen Rahmenbedingungen zu verbessern! Ich erinnere an den Grünen-Antrag, der im Jänner 1994 im Europaparlament beschlossen wurde, jenen Antrag, in dem es darum ging, die Fairness und die Solidarität im Nord-Süd-Handel zu verbessern, zu verstärken und weiter zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Diese praktische Solidarität ist eine Herausforderung auch im öffentlichen Sektor. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag kommen wir einen Schritt weiter, würde ich meinen, einen Schritt weiter insofern, als in diesem Entschließungsantrag auch inkludiert ist, dass immerhin ein Bericht bis 2001 erstellt werden soll, ein Bericht, in dem ausgelotet werden soll, in welchen Bereichen der Budgetpolitik, der Gesetzgebung und vor allem des öffentlichen Beschaffungswesens Möglichkeiten bestehen, TransFair-Beziehungen herzustellen und durch praktische Entscheidungsfindung den Nord-Süd-Dialog zu führen.

Ich möchte abschließend ein positives Beispiel heranziehen. Kollegin Glawischnig hat sich im Wiener Landtag sehr intensiv darum bemüht, und als Ergebnis gibt es jetzt das Klimaschutzprogramm Wien. Darin ist festgehalten – ich hoffe, das wird auch zielgerecht umgesetzt –, dass sämtliche öffentlichen Einrichtungen der Stadt Wien ihren Bedarf an Kaffee und Tee schrittweise auf Produkte aus Fairem Handel umstellen. Ich glaube, das sind Signale, die wir nur unterstützen können – ich hoffe, auf bundeseinheitlicher Linie, in allen öffentlichen Einrichtungen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

18.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger zu Wort gemeldet. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.23

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: Die Welt hat genug für alle, aber nicht genug für die Gier von wenigen.

Ich hätte dieses Zitat auf das Verhältnis der Industrieländer zu den Entwicklungsländern angewendet. Aber wenn ich mir die Debatte dieser Woche anschaue und das, was die Regierungsparteien in dieser Woche an Grausamkeiten beschlossen haben, dann kann man sagen: Das


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 149

kann man durchaus auch auf Österreich anwenden. Die Regierung nimmt nämlich jetzt den Ärmsten weg, den Arbeitslosen, den Alleinerziehenden, den Pensionisten, und gibt es den Immobilienmaklern, den Großgrundbesitzern und den Unternehmern. (Abg. Böhacker: Das ist ja unglaublich!) Das ist sehr kurzsichtig, denn das zerstört den Sozialstaat und schadet nachhaltig unserer Volkswirtschaft.

Ich freue mich aber trotz allem, was in dieser Woche hier passiert ist, dass wir heute einen Vier-Parteien-Antrag einbringen, der den Fairen Handel unterstützt. Das heißt, der Antrag beinhaltet, dass die Bundesregierung in den nächsten Jahren Maßnahmen setzen muss, um den Fairen Handel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch im Bereich des Handels besser zu unterstützen.

Meiner Meinung nach zeigt der Faire Handel einfach, dass es in einer Welt der Kapitalakkumulation und eines ungezügelten Welthandels, der sehr oft zum Nachteil der Dritte-Welt-Länder funktioniert, doch möglich ist, die Utopie einer gerechten wirtschaftlichen Beziehung zu verwirklichen. Sehr geehrte Damen und Herren, deshalb gehört der Faire Handel unterstützt. Er gehört auch hier in Österreich einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt, damit sie diese Produkte kaufen kann.

Fairer Handel heißt, den Kaffeebauern einen festen Preis zu garantieren. 1997 waren das zum Beispiel 126 Dollar für einen Sack Kaffee statt 30 oder 40 Dollar, wie ihn die Zwischenhändler zahlen. Auf der anderen Seite zahlt der Konsument hier in Österreich ein bisschen mehr. Aber wir wissen dafür, dass in den Entwicklungsländern faire Löhne gezahlt werden, dass es dort faire Arbeitsbedingungen gibt, dass es keine Kinderarbeit gibt, dass damit vor allem eine ganze Reihe von stabilen sozialen Projekten unterstützt werden, dass es Schulbesuch für Kinder in den Entwicklungsländern gibt, dass dort die Wasserqualität verbessert wird und dass soziale Projekte entstehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es einfach notwendig, dass der Faire Handel zu einem sehr stabilen Projekt im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird.

Ein zweiter Aspekt ist – das hat Kollege Pirklhuber schon angesprochen –, dass die Bauern nur dann in den Bereich des Fairen Handels aufgenommen werden, wenn sie garantieren, dass die Produkte ökologisch sorgfältig produziert werden. Das heißt: Umstellung auf organischen Anbau, Wiederaufforstung als Erosionsschutz oder Durchführung von Biogasprojekten als alternative Energieprojekte.

Unser Anliegen muss es einfach sein, dass sich der Faire Handel im Verhältnis zum Welthandel ausweitet, der eben nicht fair gestaltet ist und in dem wir noch immer Arbeits- und Lebensbedingungen vorfinden, die für die Menschen unwürdig sind. Wir wissen auch alle, dass die Armut seit den neunziger Jahren weltweit zunimmt. Das ist auf der anderen Seite wirklich eine Schande, wenn man weiß, dass die drei reichsten Millionäre der Welt mehr Vermögen haben, als das Bruttoinlandsprodukt von 48 Entwicklungsländern ausmacht! Das muss man sich einmal vorstellen, die Dimensionen, die in diesem Bereich entstehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher bin ich wirklich sehr froh darüber, dass die Grundlage dafür schon ein EU-Antrag war, der 1998 eingebracht wurde und in dem auch die EU sagt, dass der Faire Handel längerfristig darauf abzielt, das internationale Handelssystem gerechter zu gestalten, indem er mit gutem Beispiel vorangeht und auf Regierungen, internationale Organisationen und Unternehmen Druck ausübt, seine wichtigsten Aspekte anzuerkennen und zu übernehmen.

Ich hoffe – und darüber hat es im Entwicklungspolitischen Unterausschuss eigentlich bei allen vier Parteien Einigkeit gegeben –, dass im Jahre 2001 von Seiten der Sektion VII, von Seiten der Regierung alles gemacht werden wird, um zu prüfen, wie unser Beschaffungswesen aussieht, wie unsere Gesetzgebung ist, wie auch von österreichischer Seite die Werbung für den


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 150

Fairen Handel besser unterstützt werden kann und wie wir die Menschen besser über diese Produkte informieren können.

Ich darf Sie alle darauf hinweisen und herzlich dazu einladen: Am 5. Dezember werden hier im Parlament um halb neun Uhr der Faire Handel und die Organisationen vorgestellt und eine Ausstellung der Produkte gezeigt. Herr Präsident Fischer wird diese Veranstaltung eröffnen. Es wird auch Kaffee zum Verkosten geben. Dabei wird man auch sehen, dass diese Produkte mindestens so gut sind wie jene aus nicht fair gehandelten Bereichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.29

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Weltordnung befindet sich in einem Umbruch. Wenn wir uns anschauen, wie wir in zwanzig Jahren leben werden, dann werden wir feststellen, dass die Bevölkerungszahlen Westeuropas immer weiter schrumpfen und die Bevölkerungszahlen in den Entwicklungsländern stetig ansteigen werden.

Im Jahre 2020 werden auf dieser Welt 7,7 Milliarden Menschen leben – um 1,8 Milliarden mehr als heute. Von diesen 1,8 Milliarden Menschen werden nur 60 Millionen Europäer sein. Die Industrieländer werden in 20 Jahren nur noch knapp 12 Prozent der Weltbevölkerung stellen. Das sollte uns zeigen, dass Entwicklungspolitik für jeden Einzelnen von uns immer wichtiger wird und heute schon sehr wichtig ist.

Das zentralste Anliegen der österreichischen Entwicklungspolitik ist jedenfalls die Armutsbekämpfung, sie muss es sein!

Umweltbelastungen sind längst – wir können jetzt nach Den Haag schauen – zu einem weltweiten Problem geworden. Dazu trägt einerseits die ressourcenintensive Wirtschaftsweise der Industrieländer bei, aber eben auch die armutsbedingte Raubbaupolitik in den Entwicklungsländern. Letzterem können wir nur dadurch begegnen, dass wir die Ursachen der Armut bekämpfen. Wir gewinnen überhaupt nichts damit, dass wir in der Welthandelsordnung Wohlverhaltensregeln festlegen, wenn wir die Entwicklungsländer nicht in die Lage versetzen, höhere Einkommen zu erzielen. Fairer Handel mit den ärmsten Ländern bekämpft die Armut ganz unmittelbar und an der Wurzel. (Beifall bei der ÖVP.)

Vom EU-Ausschuss für Entwicklung und Außenwirtschaft wurde der Faire Handel als die effizienteste Entwicklungsförderung bezeichnet, und die österreichische Bundesregierung hat erreicht, dass die EU- und die AKP-Staaten dem Prinzip des Fairen Handels Aufnahme in das Lomé-Nachfolgeabkommen gewährt haben.

Fair gehandelte Produkte werden direkt, ohne Zwischenhändler, gekauft. Damit wird Kleinbauern der direkte Zugang zu den Märkten verschafft, und dadurch werden von ihnen höhere Preise erzielt. Soziale und ökologische Mindeststandards werden bei fair gehandelten Produkten eingehalten. Der europäische Fair-Trade-Sektor importiert von 800 000 Erzeugerfamilien aus 45 verschiedenen Ländern der Erde Produkte und verkauft sie in den hoch industrialisierten Staaten.

Meine Damen und Herren! Wir hier sind Meinungsmacher! Deswegen ersuche ich Sie, bei Ihrem Einkauf in Zukunft auch auf dieses Gütesiegel Bedacht zu nehmen. (Die Rednerin hält ein Plakat mit dem Schriftzug "TRANSFAIR" sowie einem Logo in die Höhe.) Dieses Gütesiegel kennzeichnet Produkte, die fair gehandelt werden. Ich ersuche Sie hier, wenngleich nicht immer, so doch immer öfter zu solchen Produkten zu greifen. Es handelt sich hierbei insbesondere um Tee, Kaffee, um Schokolade und um Bananen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 151

Ich hoffe, dass wir in unseren Klubs, in unseren Unternehmen, zu Hause in unseren Haushalten und hier im Parlament immer öfter zu diesen Produkten greifen – nicht nur aus Solidarität mit den Ärmsten, sondern jeweils als gelebter Akt von Entwicklungspolitik. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.34

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich darf festhalten, dass Frau Kollegin Hakl das Thema "Fairer Handel" etwas charmanter vorgetragen hat als Frau Kollegin Jäger. – Aber nun gut. (Abg. Schieder: Das war aber sehr uncharmant!)

Sie hat es nicht nur etwas charmanter, sondern auch etwas ernsthafter vorgetragen, denn, Frau Kollegin Jäger, Sie kommen ohne Feindbilder offensichtlich überhaupt nicht aus: die Unternehmer, die Immobilienmakler, die Hausherren, die Großgrundbesitzer – überall lauert ein derartiges Feindbild. – Sie müssen da irgendein Problem haben, aber das ist nicht meines. Werden Sie damit fertig, meine Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Gerade die Unternehmer sollten Sie in die Problemlösung einbeziehen, wie es Frau Kollegin Hakl getan hat, denn mit Feindbildern werden Sie allemal nichts lösen. Wenn Sie schon so gegen die Unternehmer sind und wettern, dann müssten Sie auch gegen die Stadt Wien sein, denn die Stadt Wien ist eines der größten Unternehmen in Österreich: Die Stadt Wien betreibt zum Beispiel das größte Leichenbestattungsunternehmen der gesamten Republik, meine Damen und Herren! – Aber das nur am Rande.

Fairer Handel – ja, wir bekennen uns dazu, und es ist ja auch im Ausschuss gemeinsame Sache gewesen, aber wenn wir uns zu diesem Fairen Handel in den Entwicklungsländern bekennen, dann müssen wir uns im gleichen Atemzug auch zu einem Fairen Handel für die österreichische Landwirtschaft bekennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) Auch die österreichische Landwirtschaft, die besonders – in der Mehrheit – ökologisch produziert (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber ), muss in der Europäischen Union unterstützt werden. Für diese Fairness, finde ich, müssen wir im selben Atemzug – ohne etwas gegeneinander aufrechnen oder aufwiegen zu wollen – auch eintreten, meine Damen und Herren!

Noch eine letzte Anmerkung zu Ihnen, Frau Kollegin Jäger: Sie haben auch – im Jargon der Sozialdemokratie der dreißiger Jahre – gegen die Zwischenhändler gewettert. Es wäre Ihnen ja unbenommen gewesen, in Ihrem "Konsum", der ja unter anderem auch gegründet wurde, um den Zwischenhandel zu umgehen, für Ordnung zu sorgen. Wo dieses Modell gelandet ist, das brauche ich Ihnen hoffentlich nicht zu erklären, meine Damen und Herren. Das war das totale Desaster, was den fairen Handel und die Abschaffung des Zwischenhandels mit fairen Preisen für die Konsumenten anbelangt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: ... dann vor Gericht!)

Zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs nur eine Kurzanmerkung – das Wesentliche wurde bereits ausgeführt –: Wir Freiheitlichen stimmen zu, selbstverständlich, weil es einen wichtigen Schritt hin zu einer Neudefinition einer Wertegemeinschaft darstellt. Bedauerlich ist es, meine Damen und Herren – es wurde schon kurz angesprochen –, dass in den bevölkerungsreichsten Staaten – in den Vereinigten Staaten, Pakistan, China und Indien, welche immerhin mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentieren – hinhaltender Widerstand dagegen vorherrscht.

Meine Damen und Herren! Eine letzte Anmerkung zum Amtssitzabkommen: Herr Kollege Posch! Die Diskussion ist wohl mit eine der wesentlichen Zielsetzungen und einer der wesentlichsten Werte der Demokratie. Wenn Frau Dr. Beate Winkler in ihrem Schreiben – Sie kennen


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 152

dieses Schreiben – Folgendes ausführt: "Ich bedauere, dass ich diesen Termin leider nicht wahrnehmen kann, und hoffe sehr, dass wir gemeinsam einen Termin finden werden", und dieser Termin jetzt gefunden wurde, dann finde ich es eher komisch, dass Sie hier gegen diese Aussprache auftreten. Ich glaube, diese Diskussion ist wünschenswert, und daher werden wir selbstverständlich dieses Amtssitzabkommen entsprechend beschließen und ratifizieren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.38


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 153

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.38

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn die Abgeordneten am Ende einer dreitägigen heißen Diskussion jetzt durch ganz intensives Einläuten zur Abstimmung gerufen werden, dann kann es sich nur um eine Verfassungsabstimmung handeln. Es geht, wie wir alle wissen, um den Staatsvertrag: Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofes.

Es sind einige Interpretationen und Informationen gekommen, aber für mich ist interessant, dass – nach dem, was in diesem Bericht zu lesen ist – dieser in Rom gefasste Beschluss eigentlich ins "Guinness-Buch der Rekorde" kommen müsste. Nach dem Motto "Gut Ding braucht Weile" wurde bereits im 15. Jahrhundert, also vor 600 Jahren, darangegangen und versucht, einen internationalen Strafgerichtshof einzurichten.

Wir wissen: Was gut ist, dauert lange. – Jetzt sind wir soweit, dass wir heute mit der Ratifizierung dieses Staatsvertrags auch diesem Internationalen Strafgerichtshof beitreten können. Es hat sich, wie immer, wenn es sich irgendwo spießt, um Definitionen gehandelt: Man hat sich nicht darüber einigen können, was Aggression ist oder was ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und so weiter. Erst in den siebziger Jahren hat die Generalversammlung der UNO in einer Resolution die Definitionen vorgelegt und angenommen. Dann ist die Diskussion wieder in Gang gekommen, und es ist, wie schon erwähnt wurde, am 17. Juli 1998 mit 120 Pro-Stimmen, 7 Gegenstimmen und 21 Enthaltungen dieses Römische Statut beschlossen worden.

Wir werden es natürlich – und das ist erfreulich – hier im Hohen Haus alle gemeinsam beschließen, denn es geht letzten Endes darum, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit, dass Deportationen, Vergewaltigungen, erzwungene Schwangerschaften, Apartheid, Mord, Versklavung und Folter international geahndet werden können, dass Kriegsverbrechen, das heißt, schwere Verstöße gegen die Genfer Konvention, ebenfalls vor einen internationalen Gerichtshof kommen können.

Bisher wurde jeder Anlassfall in gesonderter Weise behandelt. Ich erinnere an den Gerichtshof, der im Falle Ruandas oder Jugoslawiens installiert wurde. So etwas wird also der Vergangenheit angehören. Es wird einen einheitlichen Strafgerichtshof geben, der diese Verbrechen ahnden soll.

Ich möchte noch kurz auf den Beitrag von Kollegen Haigermoser betreffend das Amtssitzabkommen eingehen: Auch wir sind dafür, dass es beschlossen wird, nur glauben wir, dass eine Aussprache, eine Diskussion mit der Leiterin, Frau Dr. Winkler, notwendig ist, um vielleicht diverse Meinungsverschiedenheiten, die zwischen der einen und der anderen Seite bestehen mögen, im Gespräch ausräumen zu können, nach dem Motto: "Durch das Reden kommen die Leute zusammen".

Das wollen wir, und dazu haben wir – ich glaube, am 1. Dezember – einen Termin festgelegt. Dann sollte einer Ratifizierung hier im Parlament nichts mehr im Wege stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte.

18.41

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ich vertrete heute die Frau Außenministerin, die an der Balkankonferenz in Zagreb teilnimmt. Ich wollte nur kurz einige Worte zu den Vorlagen, die heute zur Debatte stehen, sagen.

Ich glaube, dass es ein sehr schönes Signal des Parlaments, und damit auch Gesamtösterreichs ist, dass hier vor allem in zwei wichtigen Bereichen, betreffend den Internationalen Strafgerichtshof und den Fairen Handel, klare Zeichen gesetzt werden. Sie haben – dies kann ich aus meiner Sicht als Verteidigungsminister sagen – auch vom sicherheitspolitischen Aspekt her Bedeutung, nämlich dann, wenn man den Begriff der Sicherheit umfassend sieht.

Den Fairen Handel betreffend: Uns ist klar, dass Hunger, dass soziales Ungleichgewicht auch in den Entwicklungsländern oft Ursache von Krisen und auch von militärischen Auseinandersetzungen sind. Es muss daher unsere Verantwortung und auch unser Interesse sein, alles zu tun, um den Menschen in ihren Heimatländern die Möglichkeit einer entsprechenden Gestaltung ihres Lebens und ihrer Lebensumstände zu geben. Dazu kann diese Idee des Fairen Handels sicherlich ein Beitrag sein. Man sollte aber dabei auch ganz konsequent an die Umsetzung gehen. Ich glaube, dies ist nicht der Zeitpunkt, um hier innenpolitische Debatten zu führen oder ideologische Begründungen mit einzubringen.

Zum Zweiten: Der Internationale Strafgerichtshof. Auch das ist ein Signal. Es ist ein Signal an Diktatoren, an Kriegsverbrecher, dass sich derartige Verbrechen nicht lohnen, dass die Täter irgendwann einmal, wo immer es geht, letztlich zur Verantwortung gezogen werden. Wo immer Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begangen werden, muss es ein klares Signal der demokratischen Staatengemeinschaft geben, dass man mit allen möglichen Mitteln gegen derartige Verbrechen zu Felde ziehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der ÖVP.)

Nur, meine Damen und Herren: Gerade angesichts der schrecklichen Verbrechen, die wir nicht weit von uns, am Balkan, im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien, gesehen haben und zu deren Ahndung es einen internationalen Gerichtshof, einen Ad-hoc-Gerichtshof, nach wie vor gibt, müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass Signale zu wenig sind. Es muss über das Setzen von Signalen und die Schaffung von Instrumentarien hinaus dann auch zur Setzung von konkreten Handlungen kommen. Es darf nicht der Fall sein, dass man aus irgendwelchen politischen Überlegungen heraus genau diese Instrumentarien nicht oder nur wenig konsequent zur Anwendung bringt.

Es darf keinen Kompromiss geben, wenn es darum geht, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch zur Ahndung zu bringen. Es ist ein Signal, es ist ein Rahmen, aber es wird wichtig und eine klare Notwendigkeit sein, dass die gesamte Staatengemeinschaft mit derselben Konsequenz, mit der man derartige Gesetze beschließt und Abkommen ratifiziert, dann letztlich auch den Inhalt dieser Abkommen in die Tat, in die Realität umsetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der ÖVP.)

18.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

18.45

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur eine Minute zur Klarstellung – und auch damit die Regierung nicht das letzte Wort hat.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 154

Zur Klarstellung: Der 1. Dezember ist tatsächlich zwischen den Fraktionen vereinbart. Die Zusage von Frau Dr. Winkler liegt noch nicht vor, weil sie erst in diesen Stunden nach Wien ins Büro zurückkehrt. Wir werden also erst heute am Abend oder am Montag in der Früh erfahren, ob sie zu diesem Termin zur Verfügung stehen kann oder nicht.

Ich halte es auch für gescheit, Frau Dr. Winkler für ihre Stelle Gelegenheit zu geben, im Außenpolitischen Ausschuss aufzutreten. Was ich nicht für gescheit gehalten habe, war die Verknüpfung zwischen der Ratifizierung dieses Amtssitzabkommens und dem Auftreten von Frau Dr. Winkler, weil nicht einzusehen ist, warum die Beschäftigten dieser Stelle, zum Beispiel in den Fragen ihrer Sicherheit und so weiter, auf das Abkommen warten sollten, nur weil noch kein Termin gefunden werden konnte, zu dem Frau Dr. Winkler Zeit hat, dem Nationalrat Rede und Antwort zu stehen.

Das scheint mir nicht ganz fair zu sein. Daher war ich gegen eine Verknüpfung. Ich hoffe aber, dass am 1. Dezember diese Sache gelöst ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich, dessen Artikel 27 und 89 Abs. 1 und 3 verfassungsändernd sind, in 196 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass dieser Staatsvertrag hinsichtlich der authentischen Texte des Statutes in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen ist, dass diese zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger in 295 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 386 der Beilagen beigedruckte Entschließung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
46. Sitzung / Seite 155

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig der Fall und damit angenommen. (E 47.)

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Einlauf

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 327/A bis 329/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1559/J bis 1577/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Dienstag, den 28. November 2000, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.49 Uhr