Stenographisches Protokoll

68. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 4. April 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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68. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 4. April 2001

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 4. April 2001: 9.01 – 19.05 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen

Beratungsgruppe VII: Soziale Sicherheit und Generationen; Sozialversicherung; Gesundheit; Jugend, Familie und Senioren

Beratungsgruppe XI: Finanzverwaltung; Kassenverwaltung; Öffentliche Abgaben; Finanzausgleich; Bundesvermögen; Pensionen; Finanzschuld, Währungstauschverträge

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan

2. Punkt: Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Friedrich Verzetnitsch

3. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 E Vr 664/00, 32 E Hv 44/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 9

Ordnungsrufe 25, 38

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen 10

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 10


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68. Sitzung / Seite 2

Redner:

Mag. Brunhilde Plank 97

Helmut Dietachmayr 100

Dr. Gerhart Bruckmann 101

Dr. Alois Pumberger 102

Karl Öllinger 103

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 105

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 10

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler betreffend die Praxis bei der Erteilung von Ordnungsrufen 27

Unterbrechung der Sitzung 97

Feststellung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn im Zusammenhang mit einer tatsächlichen Berichtigung des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler 163

Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler betreffend seine von Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn nicht zugelassene tatsächliche Berichtigung 164

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 9

Ausschüsse

Zuweisungen 9

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Peter Pilz 9

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (540 d. B.) 11

Beratungsgruppe VII: Kapitel 15: Soziale Sicherheit und Generationen, Kapitel 16: Sozialversicherung, Kapitel 17: Gesundheit, Kapitel 19: Jugend, Familie und Senioren 11

Redner:

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 11, 15, 23, 42, 57, 58, 62, 64

Rudolf Nürnberger 12

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigungen) 16, 37

Dr. Gottfried Feurstein 16

Karl Öllinger 18, 116

Sigisbert Dolinschek 24

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigungen) 26, 106

Heidrun Silhavy 27

Dr. Günther Leiner 28

Dr. Kurt Grünewald 30

Dr. Alois Pumberger 32

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) 34


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68. Sitzung / Seite 3

Manfred Lackner 34

Dr. Gottfried Feurstein (tatsächliche Berichtigung) 36

Dr. Alois Pumberger (tatsächliche Berichtigung) 37

Ridi Steibl 38

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 39

Edith Haller 44, 105

Dr. Ilse Mertel 45

Edith Haller (tatsächliche Berichtigung) 48

Rosemarie Bauer 48

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 50

Mag. Ulrike Lunacek 50

Dr. Ilse Mertel (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 53

Theresia Zierler 53

Mag. Barbara Prammer 55

Mag. Barbara Prammer (tatsächliche Berichtigung) 58

Dr. Reinhold Mitterlehner 58

Theresia Haidlmayr 60

Norbert Staffaneller 62

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) 63

Mag. Brunhilde Plank 64

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 65

Dr. Erwin Rasinger 65

Mag. Rüdiger Schender 67

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) 69

Dr. Elisabeth Hlavac 69

Dr. Gerhart Bruckmann 70

Gabriele Binder 71

Evelyn Freigaßner 73

Karl Dobnigg 74

Edeltraud Gatterer 76

Mag. Johann Maier 77

Mag. Beate Hartinger 78

Franz Riepl 79

Mag. Martina Pecher 81

Gabriele Heinisch-Hosek 83

Ilse Burket 84

Ing. Erwin Kaipel 85

Karl Donabauer 87

Arnold Grabner 89

Ing. Wilhelm Weinmeier 90

Mag. Walter Tancsits (tatsächliche Berichtigung) 91

Mag. Gisela Wurm 91

Nikolaus Prinz 94

Anton Knerzl 95

Edeltraud Lentsch 96, 114

Mag. Ulrike Lunacek (tatsächliche Berichtigung) 96

Dr. Ilse Mertel (tatsächliche Berichtigung) 97

Mag. Gisela Wurm (tatsächliche Berichtigung) 106

Anna Elisabeth Achatz 107

Franz Kampichler 108

Inge Jäger (tatsächliche Berichtigung) 109

Jutta Wochesländer 109

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigung) 112

Dieter Brosz 112

Dr. Brigitte Povysil 115

Otmar Brix 116

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 118


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68. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Rücknahme der Taschengeldkürzung von PflegegeldbezieherInnen bei Spital- oder Heimaufenthalt – Ablehnung 60, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird – Ablehnung 93, 119

Annahme der Beratungsgruppe VII 118

Beratungsgruppe XI: Kapitel 50: Finanzverwaltung, Kapitel 51: Kassenverwaltung, Kapitel 52: Öffentliche Abgaben, Kapitel 53: Finanzausgleich, Kapitel 54: Bundesvermögen, Kapitel 55: Pensionen, Kapitel 58: Finanzschuld, Währungstauschverträge 119

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan 119

Redner:

Dr. Kurt Heindl 119

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 122, 156

Mag. Werner Kogler 124, 14


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68. Sitzung / Seite 5

3

Hermann Böhacker 125

Anna Huber 127

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 129

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 130

Hans Müller 133

Marianne Hagenhofer 133

Jakob Auer 135

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 137

Josef Edler 138

Erwin Hornek 139

Mag. Christine Muttonen 141

Ernst Fink 142

Rudolf Edlinger 144

Helmut Haigermoser 157

Dr. Alfred Gusenbauer 158

Mag. Gilbert Trattner 159

Dr. Andreas Khol 160

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigungen) 161, 163

Ing. Peter Westenthaler 161

Doris Bures (tatsächliche Berichtigung) 162

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) 163

Dr. Alexander Van der Bellen 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Alternativen zur Budgetpolitik der Bundesregierung – Ablehnung 146, 165

Annahme der Beratungsgruppe XI 164

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2002 samt Anlagen 164

2. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Friedrich Verzetnitsch (550 d. B.) 165

Annahme des Ausschussantrages 165

3. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 E Vr 664/00, 32 E Hv 44/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger (551 d. B.) 166

Annahme des Ausschussantrages 166

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Fortsetzung der Integration von SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ab der 9. Schulstufe (424/A) (E)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (425/A)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (426/A)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Navigationssysteme und Verkehrssicherheit (427/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend den besseren Schutz insbesondere nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer bei Verkehrsunfällen (428/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend mangelnde Umsetzung von Natura 2000 in Österreich (429/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Inge Jäger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Regelung beim Übergang vom Karenzgeldmodell zum Kindergeldmodell (2285/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Drogensituation in Österreich (2286/J)

Günter Kiermaier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparungen bei der Sicherheit (2287/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Schließung von Gendarmerieposten in Niederösterreich mit weniger als sechs Beamten und Personalabbaumaßnahmen im Bereich BPD St. Pölten (2288/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Zwangspragmatisierung von FPÖ-Abgeordneten (2289/J)

Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf bundeseigener Wohnungen (2290/J)


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68. Sitzung / Seite 6

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verurteilung (§ 178 StGB) trotz Befolgung der Safer-Sex-Regeln im Zusammenhang mit HIV und Aids (2291/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform (2292/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verurteilung (§ 178 StGB) trotz Befolgung der Safer-Sex-Regeln im Zusammenhang mit HIV und Aids (2293/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Börsengang der Telekom Austria (2294/J)

Ing. Erwin Kaipel und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend notwendige Maßnahmen zur Verringerung der Ozonbelastung in Österreich (2295/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Intensivierung der Lärmschutzpolitik (2296/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Luftreinhaltepolitik (2297/J)

Ing. Erwin Kaipel und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Einwegverpackungen (2298/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend den Vollzugsstandort (im Rahmen der Bundessozialämter) für das Insolvenzentgeltsicherungsgesetz Wiener Neustadt (2299/J)


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68. Sitzung / Seite 7

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2300/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2301/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2302/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2303/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2304/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2305/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2306/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2307/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2308/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2309/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2310/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend MitarbeiterInnen in Ministerbüros (2311/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2312/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2313/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2314/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2315/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2316/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2317/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2318/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2319/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2320/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2321/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aufwendungen für Dienstreisen und Veranstaltungen im Jahr 2000 (2322/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Abweisung von SchülerInnen bei der Aufnahme an Gymnasien in Niederösterreich (2323/J)

Dr. Günther Leiner und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Autoschleuse Böckstein–Mallnitz (2324/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bundesbahnfernschreibstelle und Vermittlung (2325/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Autobahnabfahrt Innsbruck-Mitte (2326/J)


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68. Sitzung / Seite 8

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Umstellung auf den Euro (2327/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Umstellung auf den Euro (2328/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Konkurs der Rieger-Bank (2329/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend mangelnde Umsetzung von Natura 2000 in Österreich (2330/J)

 

 


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68. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie einladen, die Plätze einzunehmen, und ich eröffne die für heute, 9 Uhr, anberaumte 68. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 66. Sitzung vom 2. April ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben. Es gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Ing. Bauer, Ortlieb, Dr. Pilz, Gaugg, Dr. Moser, Amon und Schieder.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung ist laut Mitteilung des Bundeskanzlers Frau Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner durch Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer vertreten.

Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich auf eine schriftliche Mitteilung, die an alle Mitglieder des Hohen Hauses verteilt wurde.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 114/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 301 StGB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 423/A (E) der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen betreffend Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 417/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend "Verrechtlichung" der Bundesbetreuung für Asylsuchende;


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Justizausschuss:

Antrag 415/A der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten (Unterbringungsgesetz – UbG) sowie das Bundesgesetz über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) geändert werden,

Antrag 421/A der Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt in eine Kapitalgesellschaft,

Antrag 422/A (E) der Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend gesellschaftsrechtliche Bestimmungen zur Erleichterung von Ausgliederungen im Bereich der Länder und Gemeinden;

Umweltausschuss:

Antrag 418/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend des Zustandes der Wasserversorgung bäuerlicher Betriebe in Österreich;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 416/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Maß-nahmen für die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen;

Verfassungsausschuss:

Antrag 419/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungs-gesetzes über die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen geändert werden,

Antrag 420/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 geändert wird.

*****

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Plank beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird, eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt auch ein Verlangen vor, darüber eine Debatte durchzuführen.

Dieses Verlangen ist ausreichend unterstützt, daher wird die Debatte für 15 Uhr anberaumt. Im Anschluss daran findet die Abstimmung statt.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der heutigen Debatte wie folgt erzielt: Es ist eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich im einzelnen folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116, Grüne 92 Minuten.

Im Rahmen der Budgetdebatte gilt darüber hinaus die Vereinbarung, dass die Redezeit des für die Beratungsgruppe zuständigen Regierungsmitgliedes, die 20 Minuten überschreiten sollte,


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68. Sitzung / Seite 11

der jeweils zugehörigen Fraktion abgezogen wird beziehungsweise auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet wird.

Ferner soll die Redezeit ressortfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staatssekretäre von Beginn an auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet werden.

Über dieses Procedere hat das Hohe Haus zu befinden, und ich frage daher, ob es dagegen Einwendungen gibt. – Da das nicht der Fall ist, gilt das als einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (540 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 1. Punkt der heutigen Tagesordnung.

Beratungsgruppe VII

Kapitel 15: Soziale Sicherheit und Generationen

Kapitel 16: Sozialversicherung

Kapitel 17: Gesundheit

Kapitel 19: Jugend, Familie und Senioren

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir verhandeln zuerst über die Beratungsgruppe VII – Soziale Sicherheit und Generationen des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

9.05

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ehe wir in die heutige Debatte zur Beratungsgruppe VII und den Kapiteln 15, 16, 17 und 19 eingehen, möchte ich eine Mitteilung bezüglich der Kündigung meiner Büroleiterin im Bundesministerium für Soziales und Generationen, also in meinem Büro, abgeben.

Ich wurde letzten Sonntag, am 1. April, im Rahmen einer Geburtstagsfeier eines bekannten österreichischen Journalisten in der Steiermark vom Grazer Universitätsprofessor Dr. Bernd Schilcher darauf angesprochen, dass einem Gerücht im Juridicum Graz zufolge meine Büroleiterin vermutlich ihr akademisches Studium nicht abgeschlossen hat und daher zu Unrecht den akademischen Titel Magistra führt.

Ich habe daraufhin am nächsten Tag, dem 2. April dieses Jahres, meine Mitarbeiterin mit dieser Feststellung des Herrn Professors Schilcher konfrontiert und sie gebeten, um diesem Gerücht entgegentreten zu können, mir ihre Sponsionsurkunde zu übermitteln, damit ich, wenn dieses Gerücht neuerlich auftreten sollte, im Besitz der Urkunde über ihre Sponsion diesem sofort und erfolgreich gegenübertreten kann. Das wurde mir von meiner Mitarbeiterin in einem persönlichen Gespräch in Aussicht gestellt und die Überreichung für Dienstag, den 3. April vereinbart.

Am Dienstag, dem 3. April, in der Früh, als ich um etwa 7.10 Uhr ins Büro gekommen bin, lag ein Mail vom Zeitpunkt 3. April, 6.25 Uhr, mit der persönlichen Kündigung meiner Mitarbeiterin vor, die etwa um 7.20 Uhr in meinem Büro erschienen ist, um ihren Arbeitsplatz zu räumen.


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In einem persönlichen Gespräch mir gegenüber hat sie zunächst persönliche Gründe für ihre Kündigung genannt, dass sie den Wiener Boden und die Wiener Verhältnisse unterschätzt hätte und sich daher genötigt sehe zu kündigen. Auf meine Frage, ob etwa die Nichtübermittlung der Urkunde ihrer Sponsion und das Gerücht, das mir Professor Schilcher zugetragen hat, Grund ihrer Kündigung seien, hat sie mir mitgeteilt, dass ihr eine Prüfung für ihr akademisches Studium als Juristin fehlt.

Ich habe daraufhin sofort ihre Kündigung angenommen, die Innenrevision mit den Erhebungen in dieser Angelegenheit betraut und den Leiter der Innenrevision, Herrn Holzmann, gebeten, gemeinsam mit der Rechtsabteilung und der Präsidialabteilung meines Hauses die entsprechenden rechtlichen Schritte in die Wege zu leiten.

Im Laufe des gestrigen Tages sind die rechtlichen Bewertungen durchgeführt worden, und ich habe mehrere Gespräche mit meiner Personalabteilung und heute in der Früh auch mit dem Leiter meiner Präsidialsektion geführt, um die weitere Vorgangsweise zu veranlassen.

Ich habe die Mitarbeiterin ursprünglich in Kärnten kennen und schätzen gelernt, wo sie wichtige Vorhaben im Amt der Kärntner Landesregierung verhandelt und betreut hat. Das war auch mit der Grund, warum ich sie am 19. Dezember 2000 mit einem Dienstvertrag, mit einem Überlassungsvertrag als Mitarbeiterin, der mit 15. März 2001 endete, in meinem Büro angestellt habe, um bei mir als juristisch kundige Person tätig zu sein.

Die Mitarbeiterin wurde in der Folge am 16. März 2001 als Vertragsbedienstete in das Bundesministerium für Soziales und Generationen übernommen. Sie wurde dort durch einen Dienstvertrag angestellt und schloss diesen ab. Durch die Mitarbeiter meiner Präsidialabteilung wurden ihr dann die für die Aufnahme in den Stand einer Vertragsbediensteten, wie bei Neuaufnahmen üblich, notwendigen Unterlagen für die Neuaufnahme ausgefolgt und der notwendige Bewerbungsbogen umgehend zur Ausfertigung übermittelt.

Bei den gestrigen Nachforschungen in meiner Personalabteilung hat es sich herausgestellt, dass die Unterlagen für diesen Akt bis zum gestrigen Tage nicht eingetroffen sind und die Mitarbeiterin den Herren der Personalabteilung mitgeteilt hat, in der Osterwoche, wenn sie sich in ihrem Heimatbundesland befindet, die notwendigen Unterlagen, von der Geburtsurkunde beginnend, nachzureichen. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass die Dame, die bis zum gestrigen Tage meinem Ministerbüro angehört hat, auch auf der Adressenseite des Amtes der Kärntner Landesregierung als Magistra geführt wurde und auch in anderen Aussendungen eines Gerichtes als Magistra, als verpflichtete Partei in einer Klage geführt wurde. (Abg. Dr. Khol: Armes Mädel!)

Ich war bis zum gestrigen Tage der tiefen Überzeugung und habe das daher auch mit meinem damaligen Wissensstand im Parlament so ausgedrückt, dass sie eine gelernte Juristin mit einer abgeschlossenen juristischen Ausbildung ist. Ich muss nunmehr auf Grund der Hinweise, die ich von Herrn Professor Schilcher erhalten habe, und auf Grund der Erhebungen, die die Beamten in meinem Hause getätigt haben, am heutigen Tage zur Kenntnis nehmen, dass meiner Mitarbeiterin offensichtlich eine und, wenn ich den Zeitungsberichten Glauben schenke, vermutlich sogar zwei entscheidende Prüfungen für ihr Studium fehlen. (Abg. Faul: Peinlich!)

Die weiteren Erhebungen sind im Laufe der nächsten Tage zu erwarten. Die Innenrevision ist gemeinsam mit der Rechtsabteilung und der Präsidialsektion meines Hauses beauftragt, den gesamten Vorgang umfassend zu überprüfen und mir in allen Punkten eine endgültige Rechtsbewertung zu übermitteln. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Faul: Peinlich!)

9.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

9.12

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen! Am 20. März,


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bei der Sondersitzung des Nationalrates, habe ich Sie, Herr Bundesminister, von dieser Stelle aus gefragt, welche Qualifikation Ihre Büroleiterin für einen Job, wie dem "FORMAT" zu entnehmen ist, mit 200 000 S inklusive Überstunden hat (Abg. Edlinger: Pro Monat!) – pro Monat!

Ich hatte kaum ausgesprochen, da sind Sie in Ihrem Redebeitrag auf mich losgegangen. Sie haben mich bezichtigt, dass das eine Schande sei, und haben mich gefragt, ob es eine Schande sei, wenn man eine Arbeitslose einstellt. Ich halte nochmals fest: Ich habe das nie gesagt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Oja! Oja! Oja!) – Hören Sie zu! Ich komme noch darauf zu sprechen.

Ich habe das nie gesagt, sondern ich habe Fakten aufgezeigt und habe folgende Frage gestellt (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben es gewusst! Sie haben es gewusst! Sie haben es gewusst!): Wenn man laut "FORMAT" 149 S Taggeld bekommt, muss ich fragen, was man vorher verdient hat. Welche Funktion muss man gehabt haben?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich auf die Beamten des AMS, des Arbeitsmarktservice, verlassen, denn sie haben die Fakten vorher geprüft und haben ihr auf Grund ihrer Qualifikation nur 149 S ausbezahlt. Das heißt, auf das Arbeitsamt ist eben Verlass. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf nun aus dem Protokoll zitieren. Herr Bundesminister! Ich darf wörtlich zitieren, was Sie weiters zu mir gesagt haben:

"Zum Zweiten darf ich feststellen, dass meine Mitarbeiterin, die jetzt bei mir als Kabinettschefin tätig ist, nicht eine mangelnde Qualifikation hat, wie Sie es ausgedrückt haben, sondern aus einer Beschäftigung zu mir gekommen ist, nämlich beim Amt der Kärntner Landesregierung, wo sie eine gleiche Funktion gehabt hat" – das stimmt nicht, weil sie nicht Kabinettschefin war –, "und dass sie zum Dritten ein akademisches Studium absolviert hat, was Sie auch" – gemeint bin ich – "geflissentlich übersehen."

Herr Bundesminister! Ich halte fest, ich habe nichts übersehen. Sie haben von der Regierungsbank aus die Unwahrheit gesagt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich darf weiters aus der Sitzung vom 20. März zitieren (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Stil!), als Ihnen Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer – ich weiß, dass Sie nervös sind – das Chaos vorgehalten hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind das Letzte vom Untersten! Sie sind das Letzte vom Untersten! Sie wollen ein Arbeitnehmervertreter sein?! – Heftige Gegenrufe bei der SPÖ.)

Er hat darauf hingewiesen, dass Justizminister Krüger der am kürzesten im Amt gewesene Minister war, nur einen Jaguar bestellt hat (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Skandal! Das soll ein Arbeitnehmervertreter sein?! Das ist ein Stil! Letzte Schublade sind Sie!), dass uns Frau Sickl von der Regierungsbank aus erklärt hat, welch handwerkliches Geschick sie hat. Verkehrsminister Schmid vergessen wir. Ich erinnere an Frau Ministerin Forstinger, die eine Verordnung unterschreibt, ohne sie zu lesen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ein echter Proletarier! Ein echter Proletarier!) Und Herr Minister Haupt ordnet sich in diese Reihe sehr gut ein. (Abg. Ing. Westenthaler: ... weil ihm zum Sozialbudget nichts einfällt!) – Chaos bei der Unfallrentenbesteuerung. Chaos bei den Ambulanzgebühren. Sie nehmen eine Büroleiterin auf, ohne ihre Qualifikation, ohne ihre Ausbildung zu kontrollieren.

Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Gusenbauer hat Ihnen daraufhin einen Erste-Hilfe-Koffer mit Inhalt überreicht: drei Initiativanträge. (Abg. Dr. Ofner: Aber leere!) – Drei Initiativanträge waren darin. Aber Sie haben geglaubt, Sie verfügen über Zauberkräfte und haben sie geschwind herausgenommen. Nur haben all das Journalisten beobachtet und auch wahrheitsgetreu berichtet. Diese Ihre Aktion – so würde Ihr Regierungskollege Scheibner sagen – war ein richtiger Rohrkrepierer, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben dann in einer sehr überheblichen Art erklärt, Sie brauchen keinen Erste-Hilfe-Koffer, sondern die Sozialdemokratie in Wien wird am Abend des 25. März einen Erste-Hilfe-Koffer


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brauchen. – Herr Sozialminister! Ich gebe Ihnen Recht, Sie brauchen tatsächlich keinen Erste-Hilfe-Koffer. Mittlerweile brauchen Sie ja eine ganze Spitalsambulanz, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist ein hoffnungsloser Fall!)

Herr Bundesminister! Sie haben heute und auch in der "Presse" erklärt, Sie haben die Innenrevision beauftragt. Ich hoffe nur, Sie haben sie nicht beauftragt, einen schuldigen Beamten zu finden – vielleicht noch einen, von dem man weiß, dass er sogar ein Naheverhältnis zur SPÖ hat. (Abg. Mag. Trattner: Haben Sie einen Komplex?) Für Ihre Büroleiterin, Herr Bundesminister, sind Sie persönlich verantwortlich. Sie persönlich haften für Ihre Büromitarbeiter und sonst niemand! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Geschätzter Herr Bundesminister! Ich darf sagen, dass folgende Fragen die Öffentlichkeit sicherlich interessieren und auch die anderen Fraktionen hier in diesem Hause sehr gerne eine Antwort darauf hätten:

Wie war es denn möglich, dass Ihnen der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender eine Nichtjuristin als Juristin zum Leihentgelt von ATS 200 000 verliehen hat? – Wir kennen Herrn Haigermoser, der immer sehr aufgeregt Reden hält, er war dort einmal Obmann. Jetzt ist es Herr Hofmann, ebenfalls Abgeordneter. Sehr geehrter Herr Minister! Haben Sie den Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender vielleicht absichtlich begünstigt? – Beantworten Sie diese Frage!

Haben Sie schon Rückforderungsansprüche an den Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender für den entstandenen Schaden gestellt? (Abg. Edler: Rosenstingl!) Werden Sie und, wenn ja, wann werden Sie Rückforderungen an Frau Ute Fabel stellen? Haben Sie schon eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft eingebracht, sehr verehrter Herr Bundesminister? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Man muss sich nur anschauen, was Sie für Ihre anderen Ministersekretäre ausgeben. Das sind auch bald 600 000 S oder noch mehr. Gibt es vielleicht weitere "Leichen" im Keller Ihres Ministerbüros? Lassen Sie vielleicht im Rahmen der nun gesetzten Handlungen auch die Rolle Ihrer ehemaligen Frau Büroleiterin überprüfen, wie man einer Kärntner Tageszeitung entnehmen kann, da es einen Zusammenhang mit einer Kindergruppe gegeben hat? – Es wäre auch interessant, wenn Sie das der Öffentlichkeit präsentieren würden.

Ich appelliere daher mit Nachdruck an Sie, sehr geehrter Herr Minister: Bedenken Sie bei Ihren Antworten, dass es sich nach dem Strafgesetzbuch um den Verdacht auf Betrug handelt! (Abg. Mag. Schweitzer: Hostasch im Zusammenhang mit "Euroteam"! Da ist bis heute noch nichts geklärt!) 

Immerhin hat Frau Fabel durch Ihre Hilfe und die Hilfe des Herrn Dr. Haider und des Herrn Reichhold – Sie selbst haben das bestätigt, und der Auszug aus dem Büro des Herrn Reichhold bestätigt den Titel Magister auch (Abg. Mag. Schweitzer: Hostasch! "Euroteam"! Jarolim! Stuhlpfarrer! – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen)  – über einige Jahre 100 000 S Gehalt auf Kosten der Steuerzahler bezogen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Das wahre Gesicht der FPÖ!)

Für diesen unfassbaren finanziellen Schaden für die Steuerzahler – es ist bekannt, Sie nehmen Unfallrentnern 1 000 S weg, Sie verlangen von einem Behinderten 250 S, wenn er in die Ambulanz gehen muss – haften Sie! Für diesen Schaden, den Sie der Republik Österreich zugefügt haben, haften Sie persönlich, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Da müssen Sie aber viel nachzahlen!)

Meine Damen und Herren! Sie werden sich erinnern können, dass das einfache Parteimitglied aus dem Bärental, Landeshauptmann Jörg Haider, in der Sendung "Betrifft" vier- oder fünfmal von "das Handwerk legen" gesprochen hat.

Ich würde dem einfachen Parteimitglied empfehlen, nicht jemandem das Handwerk zu legen, sondern endlich einmal den Sumpf der blauen Freunderlwirtschaft trockenzulegen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Eine Frage kann ich mir natürlich auch nicht verkneifen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was sagt der größte Schweiger der Nation zu diesem Skandal, nämlich der Herr Bundeskanzler? – Nichts! Wie immer! Der Herr Bundeskanzler nimmt diese Verantwortung nicht wahr! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie nochmals auf: Bringen Sie diesen Skandal in Ordnung! Sorgen Sie für Schadenersatz! Wenn nicht durch Frau Fabel, dann zahlen Sie es meinetwegen aus der Klubkasse der FPÖ! (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! Sagen Sie mir einen Satz, den er zum Sozialbudget gesprochen hat! – Abg. Mag. Schweitzer: Nürnberger hat keine Ahnung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen eines ganz ehrlich: Ich habe mein ganzes Leben lang noch nie Schadenfreude empfunden. (Rufe bei den Freiheitlichen: Na geh!) Ich habe auch schon 18 Jahre lang viele Reden gehalten. (Abg. Ing. Westenthaler: Große Leere im Kopf! Sie haben eine große Leere im Kopf!) Aber ich war immer ehrlich! Ich sage Ihnen auch heute ehrlich, diese Rede jetzt habe ich am liebsten gehalten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich eh! Sie haben eine große Leere im Kopf!) Herr Bundesminister! Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Kein Wort zum Sozialbudget fällt ihm ein, dem Gewerkschafter!)

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich will nicht gleich in aller Früh mit Ordnungsrufen beginnen, aber den Zuruf an einen Redner "Sie sind das Letzte!" weise ich mit aller Entschiedenheit zurück, Herr Klubobmann Westenthaler! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Nein, es gibt eine Art von Diktion, die man bei aller Heftigkeit der politischen Auseinandersetzung nicht akzeptieren kann! (Abg. Neudeck  – auf das Rednerpult deutend –: Dann müssen Sie ihn auch zurückweisen!)

Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Außerdem habe ich gesagt, er ist das Letzte vom Untersten!)

9.22

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Nürnberger! Wenn Sie in Ihrer Rede vor dem Parlament auf Grund der Überprüfung durch Mitarbeiter des AMS, so wie Sie es eben ausgeführt haben, gewusst haben, dass meine Mitarbeiterin offensichtlich keine Akademikerin ist, dann frage ich mich, warum Sie das auf Grund meiner Ausführungen, aus denen meine Rechtsposition und meine Rechtsauffassung deutlich und klar ersichtlich waren, nicht in einer tatsächlichen Berichtigung korrigiert haben, wie Sie es in anderen Fällen im Laufe Ihrer langjährigen parlamentarischen Erfahrung immer getan haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Polemisieren Sie nicht von der Regierungsbank! – Abg. Mag. Posch: Na bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Sie des Weiteren darauf aufmerksam, dass selbstverständlich – im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben – die Frau Magistra auf der Webseite des Amtes der Kärntner Landesregierung mit ihrem akademischen Titel zu finden war, und zwar als Referentin für Kindergärten, Hortwesen, Jugend – jene Bereiche, die in meinem Ressort hauptsächlich von ihr behandelt wurden, die sie aber erst nach Beginn ihrer Arbeit im Dezember des Jahres 2000 durchgeführt hat.

Die rechtlichen Angelegenheiten, die Sie, Herr Kollege Nürnberger, releviert haben, werden von meinen Beamten der Innenrevision, der Rechtsabteilung und der Präsidialsektion bewertet und überprüft werden. Ich mache es mir nicht so leicht, dass ich prima vista Rechtsbehauptungen in den Raum stelle, deren Grundlagen und Überlegungen ich in dieser komplizierten Rechtsangelegenheit nicht ordnungsgemäß überprüft habe. (Abg. Mag. Posch: Und wie ist es mit deiner Menschenkenntnis, Herbert? Wie ist es mit deiner Menschenkenntnis?)

Ich verlasse mich übrigens auf die gleichen Beamten, die bei meinen Amtsvorgängerinnen und -vorvorgängerinnen in den gleichen Funktionen tätig gewesen sind, weil ich weiß, dass sie im


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mer gute Arbeit geleistet haben und das auch in der Zeit, in der sie meinem Ministerium als Beamte angehören werden, machen werden. (Abg. Mag. Posch  – auf dem Platz des Abg. Dr. Fischer sitzend –: Herbert! Wie ist es mit deiner Menschenkenntnis? – Abg. Ing. Westenthaler: Ist das Ihr Platz, Herr "Präsident"? – Abg. Mag. Posch: Haben Sie ein Problem, Herr Westenthaler? – Abg. Ing. Westenthaler: Geh zurück in die Reihe, wo du hingehörst! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Posch und Ing. Westenthaler. )

Die rechtliche Beurteilung und die rechtliche Bewertung der von Ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen werden wir dann entscheiden, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, wenn die umfassenden Arbeiten meiner Beamten vorliegen.

Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass wir uns hier in einem Rechtsbereich befinden, der mit großer Wahrscheinlichkeit im Verwaltungsrecht zu ahnden ist. Ich darf Sie daher auch ersuchen, in der Debatte auch auf das Rücksicht zu nehmen, was hier im Hohen Hause immer Standard war, nämlich auf jene Leute, die sich selbst nicht verteidigen können, sowie deren Rechtspersönlichkeit in unserem Rechtsstaat.

Eines sage ich Ihnen in aller Klarheit, Herr Kollege Nürnberger: Ich bin nach wie vor nicht der Meinung, dass Menschen, die arbeitslos sind, keine Chance bekommen sollten, auch in gut dotierte Positionen dieser Republik zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. Bitte den zu berichtigenden und anschließend den tatsächlichen Sachverhalt anzuführen!

9.24

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Haupt hat soeben behauptet, ich hätte gewusst, dass Frau Fabel nicht Magister ist. (Abg. Haigermoser: Nein, das hat er nicht gesagt! – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat er nicht gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich stelle richtig: Das habe ich nicht behauptet. Es liegt die Vermutung nahe, dass das Arbeitsmarktservice das kontrolliert haben muss, sonst hätte es nicht 149 S Tagsatz bezahlt. (Beifall bei der SPÖ.)

9.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Achatz  – in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Dr. Fischer –: Jede Berichtigung ist erlaubt, wenn sie von der SPÖ ist!)

9.25

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist zweifellos bedauerlich, so wie das der Minister selbst festgestellt hat, dass es diesen Vorfall gegeben hat. Allerdings, Herr Abgeordneter Nürnberger, hat der Minister heute hier korrekt geantwortet und gestern auf diesen Vorfall korrekt reagiert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihm Unwahrheit vorzuwerfen, ist schärfstens zurückzuweisen! (Abg. Mag. Posch: Das tut keiner! Das tut keiner!) So wie Sie Ehrlichkeit für sich beanspruchen, beansprucht auch der Minister für sich Ehrlichkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich kenne Herbert Haupt schon seit vielen Jahren, aber ihm Unwahrheit zu unterstellen, Unehrlichkeit vorzuwerfen, das lehne ich ab. (Abg. Mag. Posch: Das hat keiner getan! Das tut keiner!) Ich weiß, dass er immer wieder ehrlich handelt und uns ehrlich gegenübertritt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Noch etwas hat mich überrascht, nämlich dass ein Gewerkschafter ein menschliches Drama in dieser Form für politisches Spektakel missbraucht. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Genau das ist es! Genau das ist es! Genau das ist es!)

Ich meine, so etwas ist eines Gewerkschaftsfunktionärs unwürdig, meine Damen und Herren! Das ist unwürdig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich hätte von Ihnen, Herr Nürnberger, nie erwartet, dass Sie auf diese Art und Weise auf Menschen herumtrampeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Jetzt ist der Nürnberger noch schuld!) – Jawohl, Sie haben auf dieser Dame herumgetrampelt! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, ich nehme niemanden in Schutz, aber so kann man mit Menschen nicht umgehen und Vorverurteilungen vornehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Gegensatz zum Kollegen Nürnberger möchte ich zur Sozialpolitik sprechen. (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist eh schon davongelaufen! – Abg. Schasching: Vor Ihnen nicht! – Abg. Mag. Posch: Vor Ihnen fürchtet sich die ganze Republik! Die ganze Republik zittert vor Ihnen! – Abg. Ing. Westenthaler: Gehen Sie in die Intelligenzquotientenreihen!)

Es ist richtig: In den letzten zehn, fünfzehn Jahren, in denen wir mit der SPÖ gemeinsam in der Regierung waren, gab es keinen Bereich, bei dem wir uns in Grundsatzpositionen so sehr unterschieden haben wie im Bereich der Sozialpolitik, meine Damen und Herren! Es gab keinen anderen Bereich, bei dem die Unterschiede zwischen unseren beiden Regierungsparteien bis 1999, bis 2000 so deutlich zum Ausdruck gekommen sind.

Ich nenne Ihnen diese Unterschiede in den Grundsatzpositionen zwischen SPÖ und ÖVP. Unsere Grundposition ist eindeutig: nicht jedem das Gleiche, sondern jedem das Seine! Wir traten und treten immer dafür ein, dass jede soziale Gerechtigkeit auf eine möglichst gerechte Verteilung der Lebenschancen abzuzielen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir treten für eine möglichst gerechte Verteilung der Lebenschancen ein. (Abg. Silhavy: Sie machen aber eine andere Politik, Herr Feurstein!) Es wird beispielsweise nicht jeder das gleiche Bildungsniveau erreichen, aber es muss jeder die gleichen Bildungschancen haben. Es wird nicht jeder den gleichen Zugang zu Gütern und Leistungen haben, aber die gleichen Chancen für den Zugang müssen gewährleistet werden.

Wir verlangen daher auch Bildung von Eigentum. Eigentum ist für uns in der Sozialpolitik eine ganz wichtige Komponente, meine Damen und Herren! Wir unterscheiden uns von Ihnen und haben uns von Ihnen unterschieden. Was Sie bisher gesagt haben, bestätigt dies.

Ich sage Ihnen – auch in Richtung Kollege Nürnberger –: Jawohl, für uns sind in der Sozialpolitik auch die Sozialpartner eine ganz wichtige Komponente! Ich bin sehr froh, meine Damen und Herren vom ÖGB und von der Arbeiterkammer, dass es zunächst zu einer vorläufigen Einigung über die Änderung des Arbeitnehmerschutzgesetzes gekommen ist.

Herr Klubobmann Dr. Kostelka! Ich betrachte das als ein deutliches Zeichen in Richtung Zukunft, wie man im Bereich der Sozialpartnerschaft zusammenarbeiten kann. Es ist wichtig. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen in der Sozialpolitik zusammenarbeiten. Das ist der erste Punkt. Unterschiedliche Standpunkte, aber gemeinsames Zusammenarbeiten ist ganz wichtig.

Zweiter wichtiger Punkt, in dem wir uns immer unterschieden haben und auch heute noch unterscheiden: Wir verlangen die Beachtung der Subsidiarität in unserem Sozialsystem, also nicht nur Solidarität, sondern primär Subsidiarität!

Meine Damen und Herren! Wir vertreten die Meinung, dass jeder Verantwortung für sich selbst und den andern hat. Und es ist unser primäres Anliegen in der Sozialpolitik, dass wir die Verantwortung des Einzelnen für sich selber und für die Mitmenschen sichtbar machen. Es geht nicht an, es kann nicht ausreichen, dass der Staat überall als Lückenbüßer einspringt. Was bedeutet das konkret? – Jawohl, wir sind dafür eingetreten, beispielsweise im Arbeitslosenrecht die An


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wartschaftsbestimmungen für den Bezug von Arbeitslosenunterstützung zu ändern. Dazu stehen wir!

Wir halten es für notwendig, dass derjenige, der Arbeitsplätze angeboten bekommt, die Verpflichtung hat, einen solchen Arbeitsplatz auch anzunehmen. Das war in der Vergangenheit nämlich nicht immer der Fall. Man hat Menschen in der Arbeitslosigkeit belassen, und das war falsch. Wir müssen versuchen, die Menschen aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: 200 000 ... Arbeitsplätze ...!)

Ich sage Ihnen, Frau Silhavy: Wenn Arbeitsplätze für Saisonbeschäftigte angeboten werden, so haben die Saisonbeschäftigten diese Arbeitsplätze anzunehmen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und ich bin sehr froh darüber, dass es zu einer grundsätzlichen Einigung darüber mit dem ÖGB gekommen ist.

Letzter Punkt, meine Damen und Herren: Wir stehen zu Reformen! – Wer Reformen in der Sozialpolitik ablehnt, ruiniert langfristig unser Sozialsystem, das muss allen klar sein. Ohne Reformen gibt es keine Sicherung unseres Sozialsystems. Meine Damen und Herren! Es ist für die Betroffenen sicher nicht leicht, dass sie nun eineinhalb Jahre länger im Arbeitsleben bleiben müssen. Täten sie das jedoch nicht, dann wäre unser Pensionssystem gefährdet, und zwar massiv gefährdet!

Deshalb sind wir für Reformen, auch für Reformen wie beispielsweise jene vom vergangenen Montag. Meine Damen und Herren! Ich halte fest: Ich bin bewusst für die Ambulanzgebühr eingetreten, ich habe sie mitverhandelt, weil ich meine, dass dies zur Sanierung der Krankenversicherung und zur Sicherung der Krankenanstaltenfinanzierung ein wichtiger Schritt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Abschließend sei noch ein besonders wichtiger Punkt der Sozialpolitik erwähnt: Es stehen, wie Sie wissen, im Jahre 2002 650 Milliarden Schilling für die Sozialpolitik zur Verfügung. Rund zwei Drittel davon werden über die Sozialversicherung an die betroffenen Menschen weitergeleitet. Aus diesem Grunde treten wir auch für eine starke Selbstverwaltung in der Sozialversicherung ein. Wir geben, wie wir das auch in Alpbach gesagt haben, ein klares Bekenntnis zur Selbstverwaltung in der Sozialversicherung ab. Dies verlangt allerdings, dass die Organe der Sozialversicherung ihrer Verantwortung, mit den Beiträgen der Versicherten sparsam umzugehen, auch nachkommen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir verlangen von der verantwortlichen Organen einen sparsamen Umgang mit diesen rund 400 Milliarden Schilling!

Mit diesem Budget, mit den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, werden wir meiner Überzeugung nach die soziale Sicherheit für das Jahr 2002 gewährleisten. Stehen wir dazu! Und versuchen wir gemeinsam, dieses Budget umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte.

9.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich habe Sie bis jetzt als einen politischen Gegner mit einer Redlichkeit, die ich nicht bei jedem politischen Gegner (Abg. Böhacker: Mitbewerber!)  – Gegner, das darf man auch sagen! – kenne, kennen und schätzen gelernt.

Aber, Herr Bundesminister, ich muss Ihnen schon sagen: Der Fall Fabel und alles, was rundherum geschah – und ich erkläre Ihnen, was rundherum geschah! –, ist ein Sittenbild dieser blau-schwarzen Regierungsübernahme und im Besonderen Ihres Ressorts. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe wie auch Kollege Kostelka eine Reihe von parlamentarischen Anfragen gestellt, in denen es darum gegangen wäre, von den Ministern – auch von Ihnen! – zu


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erfahren, was die im jeweiligen Kabinett beschäftigten Ministersekretäre und -sekretärinnen verdienen. Welche Auskünfte haben wir darauf erhalten, Herr Bundesminister? (Abg. Böhacker: Was haben Sie denn ... Edlinger ...? Schauen Sie sich diese Anfrage an!)

Das muss man sich einmal vorstellen: Herr Bundesminister Haupt erklärte, dass mit Stichtag 1. Dezember 2000 in seinem Kabinett 12 Ministersekretäre beschäftigt seien, drei würden mit 15. Dezember 2000 gekündigt werden. Wie wir jetzt erfahren haben, ist gleichzeitig eine Person neu hinzugekommen, nämlich Frau Fabel. Gleichzeitig erklärt uns Herr Minister Haupt, das sich der als Sachaufwand für die überlassenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgewiesene Personalaufwand für die KabinettsmitarbeiterInnen für das ganze Jahr 2000 auf Grund der bisher vorliegenden Abrechnungen auf 2,7 Millionen Schilling beläuft.

Herr Bundesminister! Frau Haupt hat ... (Präsident Dr. Fischer: Frau Fabel!)  – Frau Fabel hat in einem Monat 200 000 S verdient! Allein im Dezember haben sich 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Kabinett getummelt, dazu noch sechs Mitarbeiter beim Herrn Staatssekretär. Eine derart gigantische Aufblähung von Kabinettsmitarbeitern hat es noch nie gegeben! (Abg. Ing. Westenthaler: Ist ja gar nicht wahr! Das ist ein Blödsinn!) 21 MitarbeiterInnen in einem Ministerkabinett! 21 MitarbeiterInnen! (Abg. Mag. Trattner: Was pudeln Sie sich so auf?) Stellen Sie sich das einmal vor! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Noch dazu mit diesen Gagen!

Aber nicht genug damit, meine Damen und Herren! Es gibt auch noch andere Anfragebeantwortungen, in denen über die Personalkosten im Ministerbüro Haupt völlig unterschiedliche Auskünfte gegeben werden. So heißt es etwa in der Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten Kostelka:

"Die Gesamtpersonalkosten ... für den Zeitraum 1. April 2000 ... bis 31. Dezember 2000" – also sowohl für die in Arbeitsleihe und im Beamtenstatus beschäftigten MitarbeiterInnen als auch die Vertragsbediensteten des Kabinetts – "betrugen ... ATS 11,836.129,21."

Ein paar Monate später erklärt uns Minister Haupt, dass er noch nicht einmal alle Rechnungen für das Jahr 2000 zusammen hat! – Ja, Herr Bundesminister, wo bleibt denn Ihre Redlichkeit beziehungsweise die Redlichkeit Ihres Ressorts bei der Auskunfterteilung an die Abgeordneten? – Das frage ich Sie schon!

Herr Bundesminister! Das, was Sie uns über Frau Fabel erzählt haben, ist nur ein knapper Teil dessen, was wir wissen wollen, ein knapper Teil dessen, was uns hier im Parlament zu beschäftigen hat.

Ich erzähle Ihnen auch etwas über Frau Fabel. Frau Fabel ist offensichtlich im Dezember 1999 – zumindest nach den Unterlagen; auch wir können die Homepage der Kärntner Landesregierung anschauen – als Mitarbeiterin des Landeshauptmannstellvertreters Reichhold in die Kärntner Landesregierung aufgenommen worden und war dort zuständig für Kindergärten und Kinderhorte – und auch für das berühmte Kärntner Kindergeld; darauf komme ich noch, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, damit man sehen kann, wie das abläuft. (Abg. Mag. Trattner: Kommen Sie ... etwas Konkretes!)

Zu jenem Zeitpunkt, als Frau Fabel bei Herrn Reichhold für Kindergärten und Kinderhorte zuständig war, war sie gleichzeitig auch ehrenamtliche Vorsitzende eines Kindergartens. – Schön und gut, aber diese ehrenamtliche Vorsitzende dieses Kindergartens (Abg. Ing. Westenthaler: Hauen Sie hin auf Beamte und Mitarbeiter! Hauen Sie fest hin!)  – wollen Sie etwas hören, Herr Westentaler? – hat sich (Abg. Dr. Petrovic: Da redet der Richtige!), während sie referatsmäßig für die Subventionen an diese Kindergärten zuständig war, von diesem Kindergarten bezahlen lassen! (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unglaublich!) Sie war in diesem Kindergarten geringfügig beschäftigt (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine politische ...!), sie hat Geld dafür kassiert – und war gleichzeitig referatsmäßig zuständig für die Subventionen! (Abg. Ing. Westenthaler: Hauen Sie hin! Fest!)


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Da kann man schon einmal darüber diskutieren, Herr Kollege Westenthaler, ob das nicht unvereinbar ist, vor allem, wenn man weiß, dass sich Fabel, bevor sie bei Herrn Reichhold war, entgegen allen Usancen bei Subventionsansuchen an die Kärntner Landesregierung von diesem Kindergarten für ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Jahre 1999 offensichtlich pro Monat 13 000 S brutto auszahlen hat lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Hauen Sie ihr eine aufs Dach!)

Stellen Sie sich das einmal vor: 13 000 S brutto als ehrenamtliche Vorsitzende! – Herr Haupt wird sagen: Das weiß ich nicht, darüber kann ich nichts sagen! (Abg. Mag. Trattner: 13 000 brutto ist brutal! – Abg. Ing. Westenthaler: Hauen Sie ihr eine fest aufs Dach!)

Aber die Geschichte geht weiter, Herr Abgeordneter Westenthaler. (Abg. Ing. Westenthaler: Fest eine aufs Dach!) Während Frau Fabel ressortmäßig für Subventionen an diese Kindergärten und Kinderhorte und auch für das Kindergeld zuständig war, ist der Verein, dessen ehrenamtliche Vorsitzende Frau Fabel war – und sich dafür bezahlen hat lassen! – nicht mehr fähig gewesen, die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner auszubezahlen. (Abg. Dr. Petrovic: Demaskierend! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie ist nur eine Frau, hauen Sie ihr fest aufs Dach!) Im November, Dezember haben die KindergärtnerInnen die Rechnung, die Frau Fabel dem Kindergarten gelegt hat, bezahlen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Fest hineinbohren!) Die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner haben nämlich kein Geld mehr erhalten und den vorzeitigen Austritt aus dem Kindergarten erklären müssen (Abg. Ing. Westenthaler: Was kann der Minister dafür?), weil sie seit Monaten von Frau Fabel kein Geld mehr erhalten haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ist ja völlig daneben! Auf welchem Trip sind Sie?) Sie sind dann zum Arbeit- und Sozialgericht gegangen, haben aber nach wie vor ihre Ansprüche vom Kindergarten nicht entgolten bekommen. Was hat das mit dem zu tun? (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat das mit dem Minister zu tun?)

Ich erkläre Ihnen, was das mit dem Herrn Minister zu tun hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Bitte!) Der Dienstvorgesetzte von Frau Fabel war jener Landeshauptmannstellvertreter Reichhold, der sich jetzt vertschüsst hat, der ausgeschieden ist. (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Herr Reichhold hat sich vertschüsst! (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat das mit Minister Haupt zu tun? – Abg. Dr. Cap: Deswegen ist er zurückgetreten!) Vorher hat er noch eines gemacht, und zwar hat er offensichtlich Frau Fabel, die einen Kindergarten fast in den Konkurs getrieben hat (Abg. Ing. Westenthaler: Ist der Minister der Herr Reichhold?), dem Herrn Haupt empfohlen, weil sie ja so gut beim Kärntner Kindergeld war. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Präsident macht das große Ohr!)

Während Frau Fabel und Herr Reichhold das Kärntner Kindergeld propagiert haben – eine Geldleistung für jeden Kärntner, was aber so nicht stimmt, und das wissen Sie auch! –, haben sie fleißig daran mitgewirkt, dass jener Kindergarten, dem Frau Fabel vorgestanden ist, seine Kindergärtnerinnen nicht mehr auszahlen konnte. Das ist die Realität von Kärnten! So schaut es aus, meine Damen und Herren! So schaut es aus in Kärnten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Kindergärtnerinnen stehen ohne Geld da. Die monatlichen Lohnforderungen der Kindergärtnerinnen – und sie leisten eine sehr verantwortungsvolle Arbeit (Abg. Ing. Westenthaler: Wegen der Frau Fabel müssen jetzt alle Minister zurücktreten! Misstrauensantrag an die Regierung!)  – belaufen sich auf zirka 6 000 S, das nur zur Bezahlung! (Abg. Dr. Cap: Kein Herz für Kindergärtnerinnen!) Von wegen adäquate Bezahlung, Herr Westenthaler: 6 000 S! Gleichzeitig kassiert Frau Fabel 200 000 S! Das muss man sich vorstellen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Pfui Deibel!)

Es geht aber noch weiter. Interessant wird es dann (Abg. Ing. Westenthaler: Wann wird es interessant?), als Frau Fabel ins Ministerium kommt. (Abg. Dr. Cap: Wie tief ist der Sumpf?) Wie kommt sie ins Ministerium? Durch wen kommt sie ins Ministerium? – Durch einen Arbeitsleihvertrag, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie auch etwas zum Sozialbudget? Fällt Ihnen dazu etwas ein?) Und wer ist der Überlasser? – Der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender! (Ruf bei der SPÖ: Skandalös!)


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Meine Damen und Herren! Frau Fabel war doch vorher im Amt der Kärntner Landesregierung beschäftigt?! Oder habe ich mich da verhört, Herr Westenthaler? Wie kommt Frau Fabel über einen Arbeitsleihvertrag vom Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender in das Ministerium, Herr Westenthaler? Wenn Sie investigativ tätig sein wollen, wenn Sie die Wahrheit hier auf den Tisch legen wollen, dann erklären Sie das doch dem Hohen Haus! Wie kommt es zu einer Arbeitsleihe durch den Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Braucht sich denn der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender nichts anzusehen? Ist dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender die Qualifikation der Frau Fabel auch nur einen Blick auf die Homepage wert, auf der man sieht, sie ist Magistra? (Abg. Dr. Petrovic: Das ist eine Offenbarung!) Oder sind da andere Vorgänge im Laufen? (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Warum kommt Frau Fabel über einen Überlassungsvertrag des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender in das Bundesministerium? (Abg. Eder: Kassieren wollen sie alle!) Herr Bundesminister, beantworten Sie mir diese Frage! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum kommt Frau Fabel über so einen Vertrag ins Ministerium? Warum prüft im Ministerium niemand diesen Überlassungsvertrag? Warum sind viele andere Personen nicht nur über den Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender, sondern wie etwa freiheitliche Funktionäre, Gemeinderäte auch über das Bildungswerk der Industrie an das Ministerium verliehen worden? Was ist denn die Ursache dafür? (Abg. Eder: Subventionen!) Können Sie mir das erklären?

Warum wird dann, wenn sich herausstellt, dass ein Teil dieser Funktionäre vom neuen Minister nicht mehr gewünscht wird, versucht, diese Funktionäre – freiheitliche Funktionäre, überlassene Arbeitskräfte – in irgendwelchen Funktionen des Ministeriums – nicht im Ministerbüro, sondern in den Abteilungen! – unterzubringen? Soll ich Ihnen die Namen vorlesen? Nicht nur Herr Berchtold, der Vorgänger, nicht nur Frau Brunner, die freiheitliche Gemeinderätin in Klagenfurt war, auch Ihre Sekretärin, Herr Westenthaler, ist im Sozialministerium untergebracht, Ihre frühere Sekretärin. (Rufe bei der SPÖ: Da schau her! – Abg. Ing. Westenthaler: Wer? Wer ist das? Meine Sekretärin?) Ich kann Ihnen schon den Namen ... (Der Redner sucht in seinen Unterlagen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie müssen einmal ein bisschen recherchieren! Jetzt wird es interessant! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich habe jetzt sehr viele Zettel und nur wenig Zeit, aber ich liefere Ihnen gern den Namen nach. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Neudeck: Zuerst behaupten, aber dann ...!) Ich liefere Ihnen gern den Namen nach. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer ist meine Sekretärin? Welche Sekretärin von mir ...?)

Interessieren würde mich, Herr Abgeordneter Westenthaler und Herr Bundesminister Haupt, interessieren (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Abg. Ing. Westenthaler: So ein Unsinn, was Sie da verzapfen!)  – ich liefere Ihnen den Namen nach – würde mich, da Sie so genau prüfen, da Sie sogar die Revisionsabteilung, die Sie übrigens aus der Präsidialabteilung herausgenommen und sich selbst unterstellt haben (anhaltende heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen – Abg. Haigermoser: Öllinger, du warst ja auch schon arbeitslos! – Abg. Ing. Westenthaler: ... Petrovic ...! Den möchte ich einmal wissen!), interessieren würde mich, Herr Bundesminister, warum Sie zwar auf die Abteilung von Frau Dr. Sigrid Pilz, die sich kein Vergehen zuschulden hat kommen lassen, zweimal die Revisionsabteilung angesetzt haben – weil Sie wissen, dass Frau Sigrid Pilz für die Grünen im Wiener Gemeinderat kandidiert hat –, obwohl da nichts zu finden war, während dort, wo es offensichtlich etliches zu finden gäbe, die Revisionsabteilung von Ihnen nicht beauftragt wird, etwas zu finden.

Herr Bundesminister, können Sie mir das auch noch beantworten? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sumpf!)

Können Sie mir beantworten, Herr Bundesminister, warum in Ihrem Ministerbüro offensichtlich Methoden existieren, die allem spotten ... (Abg. Haigermoser: Du warst ja auch schon arbeitslos! Jetzt gehst du auf die Arbeitslosen los!)  – Ich bin jetzt überhaupt nicht auf die Arbeitslosen losgegangen, Herr Kollege Haigermoser! Der einzige Verein, auf den ich losgegangen bin, ist der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender, weil der offensichtlich in Geschäfte mit dem Mi


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nisterium verwickelt ist, bei denen es nicht sauber zugeht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Worüber wir jetzt diskutieren, Herr Abgeordneter Haigermoser, ist zum zweiten Mal ein vermutlicher Kriminalfall im Zusammenhang mit dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender, falls das Ihrem Gedächtnis entfallen sein sollte. (Abg. Haigermoser: Öllinger, Sie ...! Alter Stalinist!) Nach dem Fall Rosenstingl haben wir jetzt Frau Fabel, und beide stehen in einem Konnex mit dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Öllinger, setzen!)

Der Unterschied ist nur, dass Frau Fabel ganz offensichtlich nicht die Einzige ist, bei der es sich lohnt, nachzusehen, warum und unter welchen Konditionen sie verliehen wurde. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) So sehr uns der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender interessiert, Herr Abgeordneter Haigermoser, so sehr interessiert uns auch, warum freiheitliche Funktionäre über das Bildungswerk der Industrie, eine Einrichtung der Industriellenvereinigung, an das Ministerbüro verliehen werden, so sehr interessiert uns, warum die Gagen, die diese Mitarbeiter im Ministerbüro erhalten, offensichtlich überhöht sind!

Vielleicht kassiert der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender auch noch ein bisschen mit bei der Überlassung von Arbeitskräften (Abg. Haigermoser: Stöllinger!), vielleicht fallen da auch ein paar Prozente an den Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender ab (Abg. Haigermoser: Fahrrad, Peking!), vielleicht verdient auch das Bildungswerk der Industrie etwas mit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Schelm ist, wie er denkt! – Abg. Ing. Westenthaler: Fahrrad, Peking!)  – Das sind die Fragen, werte Funktionäre der Freiheitlichen Partei, die in diesem Zusammenhang von Ihnen, aber auch von Ihnen, Herr Bundesminister, zu beantworten sind.

Ich sage Ihnen, das sind nicht die einzigen Fragen! Es gibt noch genug zu klären. Was wir inzwischen wissen, meine Damen und Herren, ist ... (Abg. Ing. Westenthaler: ... in den Kaszetteln net drinsteht! Welche Sekretärin war das jetzt von mir?)  – Ich erzähle es Ihnen dann schon! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Was wir inzwischen wissen, ist, dass die Vorgänge um Frau Fabel ganz offensichtlich oder allem Anschein nach ein Kriminalfall sind – ein Kriminalfall (Abg. Dr. Ofner: ... sagt, dass das so ...!), der im Fall des Ministeriums den Verdacht des Betrugs bedeutet und den Minister verpflichten würde, falls er diesen Verdacht hat, sofort Strafanzeige zu erstatten. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Präsident lässt alles zu! ...!) Es ist nicht damit getan, dass eine Kündigung durch Frau Fabel erfolgt. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben das Sozialbudget zu beraten! Ich hoffe, Sie wissen es!) Das ist Ihnen wohl klar, Herr Haigermoser! (Abg. Ing. Westenthaler: Ein Satz zum Sozialbudget!)

Wenn das so ist ... (Abg. Haigermoser: Ich bin nicht einmal aufgeregt!)  – Herr Westenthaler, Sie machen es einem aber auch sehr schwer, einen Satz zum Budget zu sagen. Die Erklärung zu Frau Fabel ist ja durch den Herrn Minister erfolgt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Sehr nervös sind sie heute!) Ich kann nichts dafür, dass es im Ministerium so zugeht. Ich kann nichts dafür, dass im Ministerium nicht nur der eine oder andere in irgendwelche Abteilungen verschoben wird, sondern dass dort ganz offensichtlich auch kriminelle Vorgänge stattfinden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Traurig, ein Sittenbild! Ein Sittenbild (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) der Freiheitlichen Partei, das sich da am Beispiel der Zustände im Ministerbüro bietet.

Letzte Frage, Herr Minister: Es würde mich auch noch interessieren, ob es richtig ist (Zwischenruf des Abg. Neudeck ), dass in Ihrem Ministerbüro aus Anlass des Erscheinens eines Artikels in der Zeitschrift "FORMAT" über irgendeine Dienstleistungsaktion an einen früheren liberalen Funktionär von Seiten Ihrer Kabinettsmitarbeiter – sie stehen ja da hinten (der Redner deutet auf die Beamtenbank), nur dürfen sie nicht sprechen – versucht wurde, eine Rufdatenerfassung durchzuführen, um herauszubekommen, wer von den MitarbeiterInnen Ihres Büros beziehungsweise des Ministeriums mit der Zeitschrift "FORMAT" Kontakt aufgenommen hat.


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Es würde mich interessieren, ob es richtig ist, dass damals ein Telefontechniker der Bundesgebäudeverwaltung in Ihr Ministerium bestellt wurde, und zwar mit dem Auftrag, nachträglich eine Rufdatenerfassung vorzunehmen (Ruf bei den Freiheitlichen: Wie lange redet der eigentlich noch?), und ob es richtig ist, dass dieser Fernmeldetechniker der Bundesgebäudeverwaltung aufrichtig genug, Manns genug war, zu sagen, das mache ich nicht, weil ich mir von Mitarbeitern des Ministeriums nicht solche Sachen befehlen lasse.

Das würde mich interessieren, Herr Bundesminister, damit man einmal sieht, wie es in Ihrem Ministerbüro zugeht, nicht nur im Fall Fabel, sondern auch in anderen Fällen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Da sich der Herr Bundesminister jetzt noch einmal zu Wort gemeldet hat – was ihm zusteht –, stelle ich Folgendes klar:

Der Herr Bundesminister hat keine Erklärung abgegeben, die einen eigenen Tagesordnungspunkt plus Debatte darstellt, sondern er hat sich im Rahmen des Budgetkapitels Soziales zur Causa Fabel, also zu einer Person, die im Sozialministerium beschäftigt war, geäußert. (Abg. Dolinschek  – in Richtung Grüne –: Das haben die noch nicht gecheckt!) Daher steht es allen anderen Rednern zu, zu diesem Diskussionsbeitrag, den der Herr Bundesminister über ein Spezialthema in seinem Ressort abgegeben hat, ebenfalls Stellung zu nehmen.

Nun erhält der ... (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat das mit meiner Sekretärin zu tun, Herr Präsident? Darf ich das wissen?)  – Herr Abgeordneter Westenthaler! Das hat so viel damit zu tun wie Ihre Wortmeldung beim Kapitel Inneres über Beamte oder andere Personen, die Sie kritisiert haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Sind dort keine Beamte in den Ministerien? Meine Sekretärin ist ...! – Abg. Dr. Petrovic  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Er ist ein bisschen nervös!)

Am Wort ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

9.55

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die ich wie folgt beantworten möchte. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Öllinger! Als ich das Ministerium übernommen habe, war Herr Dr. Berchtold bereits im Stande eines Vertragsbediensteten und nicht mit einem Überlassungsvertrag beschäftigt.

Zum Zweiten: Der Rechnungshof hat nie bezweifelt, dass Überlassungsverträge als solche ex lege möglich sind, hat aber in diesem Zusammenhang die Frage der Kosten für Überlassungsverträge im Vergleich zu anderen Beschäftigungsverhältnissen in Ministerbüros releviert.

Zum Dritten, zur Anfragebeantwortung: Betreffend Zahlen aus meinem Ministerium darf ich Sie darauf hinweisen, dass es sehr unterschiedliche Anfragen gegeben hat und daher auch die Beantwortung jeweils eingehend auf die unterschiedlichen Anfragen aus meiner Sicht in korrekter Form erfolgt ist. Wenn Sie mich nach meinem Büro und nach dem von mir zu verantwortenden Zeitraum fragen, werden Sie das eine bekommen. Wenn Sie mich nach dem ganzen Jahr fragen und die Kosten auch meiner Amtsvorgängerinnen in dieser Zeit mit berücksichtigt haben wollen, werden Sie etwas anderes als Antwort bekommen.

Ich gehe also davon aus, dass die mir übermittelten und von mir unterschriebenen Anfragebeantwortungen und die Zahlen, die mir zur Verfügung gestellt worden sind, korrekt waren.

Bezüglich Amtsverschwiegenheit, Herr Kollege Öllinger, darf ich Ihnen mitteilen, dass selbstverständlich die Verletzung der Amtsverschwiegenheit ein riesiges Problem in unserer Republik darstellt. Die Bürgerinnen und Bürger haben beim Amtsverkehr selbstverständlich ein Recht darauf, dass Beamte unter Amtsverschwiegenheit mit ihren Tätigkeiten befasst sind. Es ist da


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her nicht einzusehen, dass Dinge, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, österreichischen Tageszeitungen übermittelt werden. Ich glaube auch, dass es nicht im Interesse eines Rechtsstaates ist, wenn die Amtsverschwiegenheit laufend gebrochen wird. (Abg. Öllinger: Das heißt, Sie bestätigen das!?)

Weiters, Herr Kollege Öllinger: Die Abteilung der Kollegin Pilz ist nicht deswegen überprüft worden, weil sie für die Grünen in Wien kandidiert hat, sondern aus zwei Gründen: erstens, weil die Abteilung von der Innenrevision noch nie überprüft worden ist und daher so wie andere Abteilungen, die meinem Hause neu eingegliedert worden sind beziehungsweise noch nicht überprüft worden sind, gemäß Jahresplanung der Innenrevision überprüft werden (Abg. Öllinger: Zwei Mal überprüft!), und zum Zweiten hat eine besondere Vergabe dieser Abteilung, die unter den Fachbeamten strittig war, zu einer Überprüfung der Innenrevision geführt.

Daher gab es zwei Überprüfungen – eine regelmäßige Überprüfung für noch nicht überprüfte Abteilungen im Jahresplan sowie eine Spezialüberprüfung im Zusammenhang mit einer Vergabe, die unter den Fachbeamten strittig war.

Ich hoffe, damit die wichtigsten Ihrer Fragen aufgeklärt zu haben.

Der Tatbestand im Zusammenhang mit jener Kindergruppe in Klagenfurt ist mir so weit bekannt, als dass auf Grund eines Prüfungsauftrages des Landeshauptmannstellvertreters Reichhold die Vorgänge in der Kindergruppe durch die Revisionsabteilung überprüft worden sind und keine Beanstandungen für Frau Kollegin Fabel ergeben haben – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich darüber informiert worden bin.

Ich werde mir aber auch in dieser Angelegenheit weitere Informationen besorgen, um mich auf jenen Kenntnisstand zu bringen, den offensichtlich oder vermutlich Sie haben, denn andernfalls könnten Sie diese Behauptungen, so hoffe ich zumindest, nicht in den Raum stellen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Ich erteile ihm das Wort.

9.58


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Abgeordneter Sigisbert Dolinschek
(Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Was sagen Sie zum Sumpf?)  – Was ich sage? Wir behandeln jetzt das Kapitel Soziale Sicherheit und Generationen! Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass bisher nur ein Redner von diesem Rednerpult aus dazu Stellung genommen hat, nämlich Kollege Feurstein von der ÖVP. (Abg. Silhavy: Der Haupt hat ja damit "nichts" zu tun! Wo ist eigentlich Kollege Gaugg?) Die Kollegen Nürnberger und Öllinger haben heute das Thema verfehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich finde es zwar ebenfalls sehr bedauerlich, dass jemand einen akademischen Titel vortäuscht und unter Vortäuschung falscher Tatsachen in eine Position kommt, die ihm eigentlich sonst nicht zusteht, möchte aber darauf verweisen, dass ein akademischer Grad für diesen Job nicht maßgeblich ist (Abg. Schasching: Also alles in Ordnung?), und Frau Fabel in Kärnten einen B-Posten bekleidet hat. Das möchte ich nur dazu sagen. Sponsionsurkunden werden eigentlich recht selten vorgelegt.

Und wenn ich mir hier im Hohen Haus die Biographien der einzelnen Abgeordneten ansehe: Ich glaube, dass diese Biographien stimmen und ich mich darauf verlassen kann. Dass Frau Dr. Mertel ihren Doktortitel hat, das glaube ich ihr. Das ist so, ich nehme es zur Kenntnis. Herrn Dr. Kostelka glaube ich es ebenfalls. Herr Öllinger scheint auch "Mag." zu sein: Er hat anscheinend ein Diplom von Menschenverhetzern (lebhafter Widerspruch bei den Grünen und der SPÖ), er hat offensichtlich eine akademische Ausbildung in Frauendiskriminierung ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was war das, Herr Kollege?

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): ... und in Spitzelkunde. Ich selbst bespitzle keinen Menschen, bin auch noch nie am EKIS-Computer gesessen, so wie viele aus der roten Reichshälfte, die unsere Leute bespitzeln. So etwas liegt mir fern.

Ich glaube auch Herrn Cap oder Herrn Gusenbauer, dass sie einen akademischen Titel haben, wie in ihren Biographien steht. 15 Jahre auf der Uni, dann über die Partei hier ins Hohe Haus. – Na ja, so geht’s auch, so ist es auch möglich! Ihre Sponsionsurkunde haben sie wahrscheinlich nirgends vorlegen müssen, weil sie sonst noch nirgends gearbeitet haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ja unerhört!) Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Und es ist eine große Frechheit, wenn Herr Kollege Nürnberger hier dem Herrn Bundesminister die Unwahrheit unterstellt und ein Opfer zum Täter macht! Er hat ein Opfer zum Täter gemacht, und das halte ich für eine Frechheit! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ.) Eine Frechheit von einem ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Sie haben momentan nicht das Wort! (Abg. Ing. Westenthaler: Da greift er gleich ein, der Herr Präsident!)  – Ja, da greife ich ein, wenn Sie einem Abgeordneten unterstellen, er habe ein Diplom in "Menschenverhetzung". Das ist unakzeptabel, Herr Abgeordneter! (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit den unwahren Behauptungen ...?)

Setzen Sie Ihre Rede fort!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme es zur Kenntnis. (Abg. Mag. Schweitzer: Beim Öllinger greift er nicht ein!) Vielleicht habe ich mich da etwas drastisch ausgedrückt, aber Herr Kollege Öllinger hat eben diesen Eindruck erweckt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Trattner: Da passt alles, Herr Präsident! Da ist alles in Ordnung! – Abg. Mag. Schweitzer: Eine parteiliche Vorsitzführung!)

Zurück zum Gewerkschaftsboss Nürnberger. – Herr Kollege Nürnberger, Sie haben ein Opfer ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schweitzer! Für den Vorwurf der Parteilichkeit an den Präsidenten erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Bitte setzen Sie fort, Herr Abgeordneter Dolinschek!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Herr Kollege Nürnberger! Sie sind schon lange kein Arbeitnehmervertreter im herkömmlichen Sinne mehr! Sie sind abgehoben und verachten die Arbeitnehmer: Das wird deutlich daran, wie Sie sich hier ausdrücken. Sie sind ja den Arbeitnehmern, den Arbeitslosen neidig um ein Einkommen, wie man Ihren Worten entnehmen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn wir schon von Verantwortlichkeit reden, Herr Kollege Nürnberger: Wo bleibt die Verantwortlichkeit der ehemaligen Bundesministerin Hostasch – die ich sehr schätze, das muss ich sagen – bei der "Euroteam"-Geschichte? Wo bleibt dort die Verantwortlichkeit? Sämtliche Beamte des Sozialministeriums haben dort mitgearbeitet und waren eigentlich mit darin verwickelt. Wo bleibt da die Verantwortlichkeit? Und Sie unterstellen unserem Bundesminister, der vorbildhaft sofort reagiert hat, als er von der betreffenden Tatsache in Kenntnis gesetzt wurde, und für reinen Tisch gesorgt hat, dass er nicht verantwortlich gehandelt habe! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist die Tatsache! Es wurden Millionen in den Sand gesetzt bei der "Euroteam"-Geschichte, aber das ist alles Wurscht! Da aber geht es um eine Einzelperson, und Sie machen so einen Zinnober und verlieren überhaupt kein Wort zum Sozialbudget. Kein Wort verlieren Sie als Boss der Metallergewerkschaft zum Sozialbudget! Kein Wort! Kein Wort haben Sie dazu gesagt, und Kollege Öllinger ebenfalls nicht. – Was bist du denn für ein Vertreter? Wen vertrittst du eigentlich da herinnen? Kein Wort habt ihr auf das Sozialbudget verwendet!


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Ich aber werde jetzt zum Sozialbudget kommen und muss feststellen: Dieses Sozialbudget muss ein sehr gutes sein, weil Sie kein Wort dazu verloren haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und Positives dazu sagen, das wollten Sie ja nicht.

Ein paar Worte noch zur Ambulanzgebühr und zu den Selbstbehalten. Ich wünschte mir – und ich glaube, es ist der Wunsch vieler Abgeordneter hier –, jeder österreichische Bürger würde ohne Beiträge, ohne Selbstbehalte auskommen und alle Leistungen zum Nulltarif erhalten. Aber so ist es eben nicht. Es gibt heute schon Selbstbehalte, es sind heute schon Beiträge zu leisten. Beamte, Eisenbahner, Selbstständige, Bauern – insgesamt zwei Millionen Österreicher – zahlen bereits heute Selbstbehalte; es gibt eben Unterschiede in den einzelnen Systemen.

Im Prinzip wissen wir, dass gehandelt werden muss. Wir haben einen Abgang von 4 Milliarden Schilling, und es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, diesen Abgang zu kompensieren.

Die eine Möglichkeit, die die SPÖ vorschlägt, ist, den Beitragssatz um 0,3 Prozent zu erhöhen. Das bedeutet, dass sozial Schwache, die 10 000 S im Monat verdienen, monatlich 30 S mehr an Krankenversicherungsbeiträgen zu zahlen hätten; das würde bei einem Monatseinkommen von 10 000 S im Jahr 420 S ausmachen. Die Ambulanzgebühr beträgt bei einem Ambulanzbesuch 250 S und ist im Jahr mit 1 000 S gedeckelt. Wenn man weiß, dass der durchschnittliche Österreicher ein Mal in fünf Jahren einen Ambulanzbesuch macht – ja was kommt dann billiger?

Sie würden mit Ihren Maßnahmen die sozial Schwachen schröpfen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Reheis: Das ist die soziale Politik der FPÖ! Ein "toller" Sozialpolitiker!)

Ich habe Ihnen ja gesagt, mir wäre es auch lieber, wir bräuchten in diesem Zusammenhang nicht derartige Maßnahmen zu setzen, aber Sie haben ja diesen Abgang verschuldet. Wir brauchen einen Lenkungseffekt, und da ist mir dieser Selbstbehalt noch wesentlich lieber. (Abg. Verzetnitsch: Redezeit!) Wir haben ohnehin eine ganze Reihe von Ausnahmen geschaffen: Kinder sind ausgenommen, Schwangere sind ausgenommen, Rezeptgebührbefreite sind ausgenommen, Ausgleichszulagenempfänger sind ausgenommen – die Sie sonst schröpfen würden, weil die Ausgleichszulage bei Familien oft mehr ausmacht als diese 10 000 S –, medizinische Notfälle sind ausgenommen bei Lebensgefahr oder bei stationären Aufenthalten hinterher, es sind ausgenommen Personen, die Dialyse, Strahlen- und Chemotherapie brauchen, und es sind mehrere Ambulanzbesuche in verschiedenen Fachambulanzen ebenfalls ausgenommen. Das möchte ich Ihnen noch auf den Weg mitgeben. (Abg. Verzetnitsch: Redezeit!)

Außerdem ist in diesem Budget die Behinderten-Milliarde für 2001 und 2002 enthalten – mit jeweils 1 Milliarde Schilling. 40 000 behinderte Menschen, die beim AMS vorgemerkt sind, werden davon profitieren. Es wird damit eine Beschäftigungsoffensive für begünstigte Behinderte finanziert, ebenso eine Berufsbegleitung und eine Arbeitsassistenz. So ist den Behinderten, den Ärmsten der Armen, geholfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.07


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte zunächst den zu berichtigenden und dann den tatsächlichen Sachverhalt vorzutragen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist eh egal! Bei den Grünen und Roten darf eh jeder machen, was er will, da herinnen!)

10.07

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Dolinschek hat in seiner Rede behauptet, dass zwar Herr Abgeordneter Kostelka seinen Doktor-Titel und auch Frau Dr. Mertel ihren Doktor-Titel zu Recht habe, aber ich meinen Magister, mein Diplom als "Menschenverhetzer" erhalten habe. (Abg. Dolinschek: Ich habe den Eindruck, habe ich gesagt!)

Ich stelle tatsächlich richtig: Ich habe keinen Magister-Titel, ich habe kein Diplom. Ich brauche das auch nicht, weil ich nicht in einem Kabinett beschäftigt bin – und auch nicht bei den Freiheitlichen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor: Kollege Kogler, bitte.

10.08

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist nicht das Ansinnen der grünen Fraktion, regelmäßig Ordnungsrufe zu reklamieren, allerdings ist bei der Praxis der Erteilung von Ordnungsrufen doch Rücksicht auf die Relationen zu nehmen. Ich meine, im Verhältnis zu dem, wofür bis jetzt schon Ordnungsrufe erteilt worden sind, wäre der Ausdruck "Diplom als Menschenverhetzer" jedenfalls ordnungsrufwürdig.

10.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe den Herrn Abgeordneten gebeten, diesen Ausdruck zu vermeiden, und er hat gesagt, dass er einsieht, dass er sich hier in der Diktion vergriffen hat. Daher habe ich keinen Ordnungsruf erteilt. (Abg. Dolinschek: So bin ich!)

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Silhavy. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

10.09

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Kollege Dolinschek, war ein Beweis dafür, wie schwierig es ist, eine Unrechtspolitik zu verteidigen. (Beifall bei der SPÖ.) Er hat hier nach dem Motto "Untergriffige Angriffe sind die beste Verteidigung" agiert, und das erklärt alles, meine Damen und Herren. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Feurstein, von Ihnen bin ich sehr schwer enttäuscht. Ist Ihnen Ihr Unrechtsempfinden gänzlich abhanden gekommen? (Abg. Böhacker: Das ist ja unerträglich! Die dürfen alles sagen!) Sie sprechen im Zusammenhang damit, dass sich jemand einen 200 000-S-Job durch Freunderlwirtschaft erschlichen hat, von einem "menschlichen Drama", und zugleich kassieren Sie bei den Unfallrentnern (Abg. Böhacker: Das ist unerträglich!), und zugleich kassieren Sie durch die Ambulanzgebühren, und zugleich schaffen Sie die beitragsfreie Mitversicherung ab?

Herr Kollege Feurstein, wissen Sie, was ein Drama ist? – Diese Politik ist ein menschliches Drama! (Beifall bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Es ist mir klar, warum Sie so nervös sind. Das verstehe ich. In Ihrer Politik herrschen Freunderlwirtschaft und Günstlingswirtschaft, und Sie haben ja diese Politik auch bestens ausgebaut. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: "Euroteam"! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Da gibt es einerseits die Freunde von Prinzhorn, auf der anderen Seite gibt es die Günstlinge des Herbert Haupt. Eine tolle Politik! Es ist mir ganz klar, warum Sie immer von "Verfilzungen" und von "Sümpfen" und von "Morast" gesprochen haben – weil das immer schon Ihre Vorstellung von Ihrer Politik war. Ist mir alles klar! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Schneller sprechen, bitte!)

Frau Dr. Partik-Pablé! Solche unqualifizierten Zwischenrufe helfen Ihnen auch nichts.

Wenn wir schon bei der intellektuellen Redlichkeit sind, Herr Bundesminister: Herr Abgeordneter Nürnberger hat zu Recht gesagt: Was kann jemand vorher für eine Arbeit gemacht haben, wenn er 149 S Arbeitslosengeld bezieht? Sie, Herr Minister, müssten das eigentlich wissen. Ich meine, als Sozialminister kann man Ihnen das doch zutrauen, dass Sie das zumindest ungefähr wissen. Das hoffe ich schon sehr.

Und was war bei der letzten Diskussion dann der Punkt? – Frau Dr. Partik-Pablé schreit herein: Das ist eine Diskriminierung der Arbeitnehmer! Sie war geradezu fassungslos: Wie kann man nur mit Menschen so umgehen?! Das ist ja wirklich furchtbar!, meinte sie.

Herr Haigermoser hat ebenfalls einen Zwischenruf getätigt: Diskriminierung der Arbeitslosen! Sie diskriminieren die Arbeitslosen! Sie kürzen die Familienzuschläge bei der Arbeitslosigkeit! Das ist eine Diskriminierung der Arbeitslosen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist der neue Fernsehstar der SPÖ!)


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Herr Bundesminister, es ist natürlich schon klar: Wenn man eine Günstlings- und Freunderlwirtschaft betreibt, dann können eben solche Fehler, wie sie Ihnen da passiert sind, ganz offensichtlich passieren.

Herr Kollege Feurstein! Wenn Sie von der Verpflichtung, Arbeit anzunehmen, sprechen, dann meinen Sie offenbar, dass die Arbeiterin, der Arbeiter, wenn sie keinen gleich guten Job wie vorher bekommen, jeden Job annehmen müssen. Das heißt Zwangsarbeit, ja? – Sehr gut! (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich nicht gesagt!)  – Sie haben gesagt: Verpflichtung, jede Arbeit anzunehmen, Herr Kollege Feurstein! (Abg. Dr. Feurstein: Sie wissen das ganz genau! Ich habe hingewiesen auf die Saisonarbeitsplätze!) Diese Verpflichtung, jede Arbeit anzunehmen, stellen Sie dem gegenüber, was sich da im Kabinett, im gesamten Sozialministerium unter Führung eines freiheitlichen Ministers abspielt. Da gibt es ja nicht nur Frau Fabel, Herr Kollege Feurstein! Da gibt es zum Beispiel auch noch einen hoch bezahlten Haupt-Mitarbeiter, der auf ein persönliches Vorleben zurückblickt, das ziemlich bewegt war: den persönlichen Sekretär von Frau Fabel. Den gibt es ja auch noch, und auch ihn möchte ich hier nicht vergessen. (Abg. Edlinger: Ein "Fabel-Wesen"!)

Und was glauben Sie, wessen Sohn dieser persönliche Sekretär der Frau Fabel ganz zufällig ist? – Er ist der Sohn des freiheitlichen Bürgermeisters von Gurk. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Ein großer "Zufall"!

Meine Damen und Herren! Das ist die Politik, die Sie machen: Sie fahren drüber, Sie kassieren ab, Sie betreiben eine menschenverachtende Politik, wenn es um die Sorgen und Ängste der Menschen in diesem Lande geht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Dem Edlinger seine Tochter ...!) Sie wischen die Sorgen und Ängste von 5 Millionen Menschen bezüglich der Ambulanzgebühren vom Tisch. Sie fahren drüber! Sie schaffen die beitragsfreie Mitversicherung ab. Sie bestrafen die Menschen, die arbeiten, um einige Begünstigte, die den Blauen angehören, zu begünstigen, um ihnen das Geld hineinzuschieben. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und was macht die ÖVP? – Die ÖVP schweigt. Nur Herr Kollege Feurstein geht herunter, redet von einem "menschlichen Drama" und hat kein Schamgefühl mehr dafür, dass er in Wirklichkeit eine Politik betreibt, die den Menschen das Geld aus der Tasche zieht – noch dazu denjenigen, die es am meisten brauchen. Sie sollten sich schämen für diese Politik! Von Herz und Hirn hat diese Politik noch nie etwas gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

10.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

10.14

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Manchmal habe ich schon ganz große Bedenken, weil man sich in diesem Hohen Haus gegenseitig und auch den Beamten nur mehr Ganoventum vorwirft. Was muss davon eigentlich die Bevölkerung halten? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist das ja sicherlich ein menschliches Schicksal, das heute hier zur Diskussion steht. Und weil gestern und vorgestern immer wieder das christliche Moment in die Debatte gebracht wurde, möchte ich Sie in diesem Zusammenhang an den Spruch vom Steine-Werfen und vom Splitter im Auge des anderen und dem großen Balken im eigenen Auge erinnern. Ich halte es wirklich für menschenunwürdig, was Öllinger hier geboten hat, für menschenunwürdig, jemanden hier so fertig zu machen! Ich halte das nicht für richtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Sophie Bauer: Eine Bewerbung ohne Unterlagen?!) Ich darf ja sagen, was ich nicht für richtig halte.

Wissen Sie, was mich persönlich bei der Sozialdemokratischen Partei so betroffen gemacht hat? Wissen Sie, was das war? – Nicht, dass es in einer Partei Leute gibt, die auf Abwegen


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sind – solche gibt es in jeder Partei –, sondern dass es bei Ihnen Menschen gibt, die einen siebenfachen Mord verschleiert und sogar verhindert haben, dass er aufgedeckt wird! Dass die bei Ihnen noch Ehrenposten haben, das erschüttert mich als Mensch zutiefst! Das möchte ich schon sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt möchte ich aber auf die Gesundheitspolitik eingehen. Dort steht der Mensch und das Leben im Vordergrund, und die Politik hat Vorsorge zu ... (Zwischenrufe der Abg. Sophie Bauer. )  – Sie können den Mund ruhig wieder zumachen, sonst zieht es, gnädige Frau! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Die Politik hat Vorsorge dafür zu treffen, das Leben der Menschen so weit als möglich mit allen Mitteln der modernen Medizin zu erhalten, zu stützen, zu fördern, vom Beginn des Lebens an – vom Beginn des Lebens an; das möchte ich gerade in Ihre Richtung (der Redner wendet sich Richtung SPÖ) sagen (Beifall bei der ÖVP) – bis zum Ende – auch das wieder in Ihre Richtung (neuerlich in Richtung SPÖ) – des Lebens. Die patientennahe, flächendeckende Versorgung verlangt neue Strukturen, die von den niedergelassenen Ärzten und von den Gesundheitsberufen in der Peripherie getragen werden müssen. Dafür sind rechtliche, finanzielle, organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, und diese wurden in dieser Legislaturperiode bereits in Angriff genommen.

Die Spitäler sind die Träger der stationären Versorgung bei Schwerkranken, bei der Notfall- und Intensivmedizin, sind Träger der wissenschaftlichen Arbeit und der Ausbildung der Ärzte. Kommunikation, Koordination und Zusammenarbeit zwischen Spitälern und niedergelassenen Ärzten sind durch den Einsatz moderner Techniken und klarer Regelungen sicherzustellen. Auch dies wurde bereits durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen in Angriff genommen.

Unter gewissen Prämissen sind Einsparungspotenziale wahrzunehmen. Qualität und Qualitätssicherung müssen aber ebenso wie eine flächendeckende Versorgung gewährleistet sein. Die Finanzierung soll solidarisch geregelt sein, nach dem Prinzip der Pflichtversicherung und der entsprechenden steuerlichen Maßnahmen. Patientenrechte sind Grundrechte – auch dieses Prinzip sollte in die Politik Eingang finden.

Wir haben zwei ganz große Einsparungspotenziale: Da ist erstens die Entlastung der Spitalsambulanzen zu nennen. Darüber wurde bereits genügend gesprochen; diesbezüglich gibt es unterschiedliche Meinungen. Einige sagen, es gebe überhaupt kein Einsparungspotenzial, wobei ich meine, dass es ein Strukturpotenzial ist, ein entsprechendes Element, die Patienten hinauszuverlagern. Es ist das aber auch ein entsprechendes Einsparungspotenzial; manche sprechen sogar von 2,2 Milliarden Schilling.

Das Zweite ist die Auslagerung und nicht Einlagerung in den stationären Bereich. Dazu ist natürlich unbedingt notwendig, ist eine dringende Voraussetzung der Aufbau entsprechender Praxisstrukturen im extramuralen Bereich – Gruppenpraxen, Tageskliniken und Ausbau der Gesundheitsberufe, Neuerstellung eines Leistungskatalogs für niedergelassene Ärzte –, damit die Leistungen, die in der Ambulanz erbracht werden – Diagnose und Therapie –, auch in der Peripherie durchgeführt werden können, und man muss auch die Anzahl der Vertragsärzte erhöhen.

Die Auslagerung aus dem stationären Bereich könnte in erster Linie dadurch erfolgen, dass man Spitalsaufnahmen durch Barrieren in Form der Ambulanzen vermeidet, und auch durch eine bessere Organisation im stationären Bereich. Es ist ganz wichtig, ein Management zu installieren, das auch befähigt ist, die Patienten möglichst rasch zur Diagnose und zur Therapie zu bringen.

Daher ist es wichtig, dass es nicht so viele ambulante Patienten gibt, die eben die Einrichtungen in der Station doch blockieren. Es muss eine konsequente Dezentralisierung der Verantwortung in den Krankenhäusern geben, eine konsequente Einführung von Abteilungsbudgets in den Krankenhäusern, und die Motivation muss durch vernünftige Leistungsprofile in den Stationen gesteigert werden. – In möchte darauf hinweisen, dass es bereits durch diese Maßnahmen zu einem Einsparungspotenzial von ungefähr 1 Milliarde Schilling kommt. Wenn ich den extramu


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ralen Bereich ausklammere, sind es ungefähr 0,7 Milliarden Schilling, die dadurch eingespart werden können.

Aber auch die Verbesserung der Altenbetreuung im extramuralen Bereich, in den einzelnen Altersheimen ist notwendig. Es muss auch dort die medizinische Versorgung entsprechend etabliert werden, nämlich eine geriatrische Versorgung, damit man die Menschen vom Krankenhaus hinaus verlagern kann, wodurch wieder ein entsprechendes Potenzial eingespart werden kann, nämlich insgesamt ungefähr 1,8 Milliarden Schilling. Ich habe jetzt nicht mehr die Zeit, das näher auszuführen, aber ich habe errechnet, dass damit insgesamt 6,2 Milliarden Schilling ohne Qualitätsverminderung, ohne Verschlechterung der flächendeckenden Versorgung eingespart werden können.

Ich möchte darauf hinweisen, dass jene Kureinrichtungen, die auch von den einzelnen Versicherungen selbst betrieben werden, laut Rechnungshofbericht um 100 bis 200 Prozent teurer sind als die privaten Kureinrichtungen. In diesem Bereich kann man weitere rund 2 Milliarden Schilling einsparen.

Ich habe versucht, nur ganz kurz darzulegen, dass es Einsparungspotenziale gibt. Im Vordergrund muss der Menschen stehen – mit seiner Psyche, mit seiner Lebensgeschichte und mit seinem Recht auf Behandlung nach ethischen Grundsätzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ich erteile ihm das Wort.

10.23

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Leiner! Natürlich hat Kollege Öllinger Recht, wenn er das Skandal nennt, was Skandal ist.

Ich würde jetzt aber doch ganz gern zur Gesundheitspolitik kommen, und das ist ein gutes Beispiel dafür, wie fehlbar auch Akademikerinnen und Akademiker sein können. Wenn ich mir die Debatte über Gesundheitspolitik anhöre und notiere, was du und was Abgeordnete aus der FPÖ dazu gesagt haben, wird es zur absoluten Groteske. (Abg. Dr. Leiner: Das sind ja objektive Zahlen, die habe ja nicht ich berechnet!) Du weißt genau, was man mir aus euren Kreisen vor den Türen dieses Saales erzählt, welche Papiere ich von euch dort bekomme, in der Hoffnung, dass ich hier etwas sage, was euch anscheinend zu sagen verboten wurde. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Ungeheuerlich! Wer?)  – Natürlich! So ist es!

Ich würde mir erwarten, dass eine vernünftige Gesundheitspolitik nicht laufend an Oberflächen kratzt, sondern einmal in die Tiefe geht, und zwar dort in die Tiefe geht, wo Menschen wirklich schwerstens betroffen sind, wo Menschen ohnmächtig sind, sich nicht wehren können und einer Gesetzgebung ausgeliefert sind, die sich letztlich zum Hüter der Menschenrechte und ihrer Bedürfnisse machen sollte – und zu nichts anderem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wurde hier jemals diskutiert, ob Gesundheitspolitik nur aus finanziellen, fiskalischen oder budgetären Überlegungen anzugehen ist (Abg. Dr. Leiner: Das stimmt nicht!), ob es nicht andere, nicht-monetäre Elemente gibt? Wie lässt sich das in Schilling rechnen, was Leid, Verzweiflung, Ohnmacht bedeutet? Wie lässt sich berechnen, wenn durch Erkrankungen soziale Kontakte reduziert werden, Partnerschaftskrisen entstehen, die Arbeitsfähigkeit darunter leidet, die Erwerbstätigkeit reduziert wird? Wie lässt sich messen, wenn innerhalb und außerhalb der Familie teilweise mehr gemacht wird, als die öffentliche Hand nunmehr zu geben bereit ist? – Das alles scheint im Budget nicht auf!

Mit diesem Märchen von der Kostenexplosion die Leute so zu verängstigen, dass sie meinen, es würden ihnen in Kürze Leistungen, wesentliche, essentielle Leistungen in der Gesundheitsbehandlung vorenthalten werden, ist einfach unredlich und unwahr, weil jeder weiß, dass wir exakt


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im Mittelfeld der Ausgaben liegen, aber im Leistungsangebot an vorderster Front der Welt, bei den besten Staaten, zu finden sind. Das heißt, unser System ist relativ günstig, es ist nicht zu teuer.

Aber was machen Sie mit den Ambulanzgebühren? Wie hat die Vergangenheit ausgeschaut? Jetzt lese ich Ihnen wirklich – obwohl ich kein guter Vorleser bin – einmal vor, Herr Minister Haupt, was in einem bis heute unbeantworteten Brief des Hauptverbandes vom 18. Dezember darüber zu lesen ist, was alles gemacht werden musste – im Einverständnis dreier Beamter Ihres Ressorts, die dann dabei waren –, um diese Ambulanzgebühren zu administrieren. Und dann sage mir einer hier, dass das etwas Vernünftiges ist, oder er beweise mir, dass es mit Ihrem neuen Gesetz ganz anders geworden ist.

Fangen wir an. – Was ist zu erheben? – Verarbeitungssatzart, Vertragspartnernummer, Aufnahmezahl, Fallnummer, Kostenträger, zahlungszuständiger Versicherungsträger, Kommentarsatz, Versicherungsnummer, akademischer Grad, Geschlecht, Versicherungsgruppe, Kategorie, Fehlercode, Kostenstellennummer, Bestandsbezeichnung, Abteilung, Funktionscode, Staatsbürgerschaftsschlüssel, Art des Betreuungsscheins, Versionsnummer, Ersatzstruktur, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, medizinischer Notfall, Lebensgefahr, Befundung, Begutachtung, Leistung aus Mutterschaft, Rezeptgebührenbefreiung, Spende von Körperteilen, Untersuchungs- beziehungsweise Behandlungsmethode, offensichtliche Trunkenheit, Suchtgiftmissbrauch, Verdacht auf Raufhandel. – Sehr "einfach", sehr "kostensparend", sehr "unbürokratisch", sehr "zukunftsweisend"! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dolinschek hat hier gesagt, dass – glaube ich – nur jeder fünfte Österreicher einmal im Jahr Ambulanzen aufsucht. – Das ist absolut unrichtig! Da braucht man nicht Akademiker zu sein, da braucht man nur etwas zu haben: Wir reden vom Herz, aber da gibt es noch ein zweites Organ, das etwas höher sitzt, und es genügt, wenn man sich auf dieses zweite Organ, den Sitz der Vernunft, besinnt und nur die statistischen Daten liest, die die Sozialversicherungsträger und das Ressort veröffentlichen. Pro Jahr suchen 5,7 Millionen Menschen Ambulanzen auf, und dort werden über 17,6 Millionen Leistungen erbracht. Was heißt da, jeder fünfte Österreicher und nur alle paar Jahre? – Das ist einfach Unsinn! (Abg. Murauer: Sie reden immer dasselbe!)  – Nein, ich rede nicht immer dasselbe. Aber wissen Sie, warum ich oft dasselbe reden muss? – Weil Sie so lange brauchen, um es zu verstehen. Das ist der Punkt! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie wollen den niedergelassenen Bereich stärken und wissen doch gleichzeitig, im niedergelassenen Bereich gibt es Öffnungszeiten, die einmal ihr Ende haben. Es gibt auch in der Nacht schwer erreichbare Ärzte. Es gibt am Wochenende, an Sonn- und Feiertagen schwer erreichbare Ärzte. Und wie – bitte erkläre mir das, lieber Günther! – soll der niedergelassene Bereich Leistungen von Ambulanzen übernehmen, wenn die Regierung behauptet – das ist in der Zeitung nachzulesen –, sie will bei eben diesen Ärzten 1,5 Milliarden Schilling einsparen? Wie soll denn das funktionieren? Wie soll das funktionieren? (Abg. Dr. Leiner: Das ist richtig! Da hat er Recht!)  – Du nickst; da bin ich froh.

Es ist auch bekannt, dass es keine Leistungsangebotsplanung in ausreichendem Maße in der Peripherie gibt, dass in der Peripherie teilweise eine Verdünnung von ganz wesentlichen Spezialfächern und ihren Fachärzten gegeben ist, dass es ein Stadt-Land-Gefälle gibt, und dass gewisse Leistungen mit hoher Qualitätssicherung nur im ambulanten Bereich erbracht werden können. Wie ist es denn da mit dem Mitleid mit den Patienten, mit dem Wunsch nach ihrer sachgerechten, dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Versorgung? Wie ist es denn da? Zählt da wirklich das Geld mehr? Ist die Gesundheit dieser PatientInnen wirklich dieses Geld der Bundesregierung nicht wert? Ich finde das wirklich ganz, ganz arg!

Und jetzt zum Gesundheitssprecher der ÖVP, Rasinger. Kollege Rasinger wurde von mir hier immer geschont. Ich habe vieles nicht erzählt, was er mir vor den Türen erzählt hat, und werde es auch heute nur zu einem kleinen Teil tun.


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Aber ich finde es unerträglich, dass der Gesundheitssprecher der ÖVP gestern in einer APA-Meldung die Grünen und die zweite Oppositionspartei beschuldigt hat, dafür zu sein, dass Krebskranke und Dialysepatienten Ambulanzgebühren zahlen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr habt dagegen gestimmt! Ihr hättet dafür stimmen können!)

Kollege Rasinger weiß, dass ich aus diesem Fach stamme. Ich habe in meinem Leben mehr Krebskranke gesehen und bis zu ihrer letzten Minute begleitet, als ihm das je lieb sein kann. Wenn wir gegen ein Gesetz sind, das Patientinnen und Patienten belastet, das ökonomisch zu hinterfragen sinnvoll, gesundheitspolitisch zu hinterfragen sinnvoll wäre – und diese Fragen, das sage ich gleich, können jeweils mit einem Nein beantwortet werden –, und Sie völlig unkritisch sind, wenn wir gegen so ein Gesetz sind, weil wir allen Patientinnen und Patienten diese Gebühren, weil sie eben Unsinn sind, ersparen wollen, uns dann zu unterstellen, dass wir auf Kosten der wirklich Ärmsten und Belasteten ... (Abg. Dr. Leiner: Wir haben ja getrennt abgestimmt!)  – Eine getrennte Abstimmung ist, wenn man die Vernunft benützt, dann sinnlos, wenn eine Partei oder zwei Parteien das Gesetz in toto ablehnen. Es ist unsinnig, bei einer Abstimmung mitzutun, wenn wir die Gebühren allen Patienten erlassen wollen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist beschlossen worden und danach ...!)

Schauen Sie: Rasinger weiß genau, was er sagt und er weiß genau, dass niemand von uns so denkt. Jetzt kommt einmal etwas anderes. Rasinger beklagt sich – und das ist vielleicht sein Motiv –, dass er kein Gehör findet, weil die Wirtschaft und andere Schüssel das einflüstern, was er nicht hören will und wo er sich nicht durchsetzen kann.

Wenn ein Gesundheitspolitiker, der Spitzengesundheitspolitiker der ÖVP, zu solchen Mitteln der Denunziation greifen muss, weil ihm andere Themen gesundheitspolitisch verboten werden oder ausgehen, ist das ein Armutszeugnis der Extraklasse, kann ich nur sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich weiß, dass Rasinger in anderen Bereichen Vorstellungen hat, die sich mit meinen decken, aber er setzt sich bei Ihnen nicht durch. Ich würde auch ganz gerne einmal den Leuten auf der Galerie vermitteln, wie doppelbödig – und das ist der freundlichere Ausdruck – Politik sein kann. Des doppelten Bodens der Sicherheit bedürfen jedoch Kranke und nicht Politiker, wenn sie sozusagen nicht den Mumm haben, das zu sagen, das auszusprechen, was sie denken, dafür auch einzustehen und dafür zu kämpfen.

Bei den Grünen haben wir das nie so gemacht. Wir haben uns teilweise blutige Nasen geholt. Das ist richtig. Aber Rasinger sollte endlich einmal mit offenen Karten spielen. Auch du (in Richtung des Abg. Dr. Leiner), lieber Günther, weißt oft, was gut und richtig ist. Ich kann dir nur viel Glück mit deiner anständigen Meinung wünschen und dass du es schaffst, dich auch einmal in deiner Fraktion durchzusetzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Ich erteile ihm das Wort.

10.33

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Es ist gut, dass Sie (in Richtung der Abg. Silhavy) da bleiben, Frau Sozialsprecherin. (Abg. Silhavy: Das glaube ich nicht! Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, Ihre Wortspende zu hören, bei der Politik, die Sie machen! – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr "demokratisch"!) Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Sozialsprecherin Silhavy! Ich habe Ihren Redebeitrag und den des Kollegen Nürnberger gehört. Ich kann es aber nicht nur auf die vielen Tage zurückführen, die wir hier auf engstem Raum beisammen sind (Abg. Rosemarie Bauer: Sitzungskoller ist das!), dass uns so viel Hass entgegengebracht wird. Ihren Reden wohnt der blanke Hass inne. Ich würde Ihnen empfehlen: Kaufen Sie sich die CD eines bekannten Liedermachers, die da heißt: "Ich bin so hässlich, so grässlich hässlich, ich bin der Hass." (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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Herr Kollege Grünewald, ich muss Sie tatsächlich berichtigen. Sie haben, obwohl wir Ihnen die Chance gegeben haben, das nicht zu tun, namentlich dagegen gestimmt, dass krebskranke Patienten, die einer Strahlentherapie unterzogen werden, die eine Chemotherapie brauchen, und dass nierenkranke Patienten, die einer Dialysebehandlung unterzogen werden müssen, von der Ambulanzgebühr befreit werden. (Abg. Brosz: Wir wollen die Ambulanzgebühr überhaupt nicht!) Sie, Ihre Fraktion und die gesamte SPÖ-Fraktion haben dagegen gestimmt, dass wir diese bedauernswerten Patienten ausnehmen. (Abg. Dr. Grünewald: Gegen die Ambulanzgebühr!)

Das muss schon gesagt werden: Sie haben höchstens einen Antrag auf Abschaffung einer Krankensteuer eingebracht, die es, wie Herr Präsident Fischer Ihnen gesagt hat, gar nicht gibt. Das ist Ihr Beitrag zur Gesundheitspolitik, Herr Kollege Grünewald! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nürnberger ist nicht mehr im Saal, wenn ich das richtig sehe. Nürnberger hat heute als renommierter, bekannter Sozialpolitiker der SPÖ, wie er sich selbst nennt, mit keinem einzigen Wort die Sozialpolitik erwähnt. Das Einzige, was er gemacht hat (Abg. Ing. Westenthaler: Der Präsident hat es auch zugelassen! – Abg. Dr. Mertel: Ihre Sozialpolitik ist nicht erwähnenswert!), war, dass er einfach wilde Hasstiraden von sich gegeben hat. Zur Sozialpolitik, einer Sozialpolitik, die nach 30 Jahren Verantwortung durch die SPÖ wirklich im Argen liegt, hat er überhaupt nichts zu sagen gehabt (Abg. Dr. Mertel: Haben Sie die Wortmeldung des Herrn Ministers gehört?)  – er, der hauptverantwortlich und mitverantwortlich für das Desaster der Wiener Gebietskrankenkasse ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran: Es gibt Krankenkassen wie zum Beispiel die Gebietskrankenkasse Oberösterreich, die es durch vernünftige Sparmaßnahmen geschafft hat, sogar 113 Millionen Schilling Überschuss im Jahr 2000 zu erwirtschaften. Die Wiener Gebietskrankenkasse, dessen Vorstandsmitglied Herr Abgeordneter und Gewerkschaftsboss Nürnberger ist, hat 1,13 Milliarden Schilling minus – 1 130 Millionen Schilling minus!  – bei gleichen Beiträgen produziert. (Abg. Nürnberger: Falsch!) Er, das Vorstandsmitglied Nürnberger, ist laut Satzung und aufgrund des Gesetzes vereidigt, er haftet für die Geschäftsführung der Wiener Gebietskrankenkasse. Er haftet somit auch mit seinem eigenen Vermögen für die Abgänge der Wiener Gebietskrankenkasse.

Herr Kollege Nürnberger! – Da ist er ja. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist er wieder in Deckung gegangen!) Aber es macht ihm nichts aus. – Sie wissen genau, dass Ihr Vermögen für die Abgänge der Wiener Gebietskrankenkasse, für die Sie mitverantwortlich sind, nicht herhalten muss: Wir Oberösterreicher haben Ihnen gezeigt, dass es auch anders geht (Zwischenruf des Abg. Nürnberger ), dass die Pflichtversicherten der Gebietskrankenkasse Oberösterreich zu ihren Leistungen kommen, dass mit ihren Beiträgen etwas gemacht wird und keine Abgänge erwirtschaftet werden.

Die Wiener Gebietskrankenkasse hat beispielsweise das Geld dafür, Frau Vranitzky mit 420 000 S auszustatten, damit sie nicht in Österreich – nein! –, sondern in Hannover behandelt wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Wahnsinn! Das zahlt er nicht, der Herr Nürnberger!) Auch die Flugreise mit Begleitperson dorthin hat ihr die Wiener Gebietskrankenkasse noch bezahlt.

Wenn sich ein Wiener Gebietskrankenkassenversicherter, ein kleiner Pflichtversicherter der Wiener Gebietskrankenkasse in Klosterneuburg behandeln lassen muss, dann muss er die Fahrtkosten schon selbst zahlen. Frau Vranitzky aber wird mit dem Flieger nach Hannover geflogen, und dort wird die ganze Behandlung mit 420 000 S bar, cash, ersetzt, Herr Kollege Nürnberger! (Abg. Ing. Westenthaler: Angeblich war der Nürnberger auch dort! – Abg. Haigermoser: Das ist ein Skandal!) Kommen Sie her und machen Sie eine tatsächliche Berichtigung, wenn das nicht stimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht auch nicht an, dass bei den Gebietskrankenkassen – damit ich wieder zum Budget komme – immer jene das Sagen haben, die von der Sache des Krankenversicherungswesens eigentlich überhaupt keine Ahnung haben. Der Gewerkschaftsboss Druck und Papier, Bittner, ist


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zum Beispiel der oberste Verantwortliche der Wiener Gebietskrankenkasse. Was befähigt diesen Mann dazu, dass er für ein Milliardenbudget verantwortlich zeichnet, wenn er Papiergewerkschaftsboss ist? Ich verstehe das nicht, und die Pflichtversicherten verstehen das auch nicht. (Abg. Großruck: Vielleicht druckt er die Krankenscheine! – Abg. Ing. Westenthaler: Je tiefer, desto höher!)

Und detto: Herr Präsident Sallmutter steht überhaupt einem 140-Milliarden-Budget vor. Er verantwortet ein 140-Milliarden-Budget und er ist Gewerkschaftspräsident der Privatangestellten, GPA-Boss. Vielleicht ist er ein guter Gewerkschafter und setzt sich manchmal für seine Gewerkschaftsmitglieder ein – nicht sehr oft, ich habe das noch nicht oft gehört –, aber was befähigt ihn bitte dazu, mit einem 140-Milliarden-Schilling-Vermögen der Krankenkassen umzugehen?

Wir sehen es, wie er damit umgehen kann: Verluste schreibt er, Reformen blockiert er, und das werden wir ihm noch austreiben. Sallmutters Tage müssen gezählt sein! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Haigermoser: So schaut es aus!) Jawohl, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Abschließend sage ich Ihnen noch, dass die Maßnahmen der Regierung, die bisher getroffen wurden, nicht zu einer Be lastung der Krankenkassen geführt haben. Laut einer Aufstellung der Sektion II/Abteilung 8 des Sozialministeriums, die mir vorliegt, haben die Belastungen für die Krankenkassen, die im Jahre 2000 durchgeführt wurden, 2 800 Millionen Schilling ausgemacht und die Ent lastungen 4 100 Millionen. Somit wurden die Krankenkassen durch die Maßnahmen der Regierung um 1,3 Milliarden Schilling ent lastet! Das ist eine Aufstellung des Sozialministeriums, der Sektion II.

Daher ist endlich auch einmal mit dem Gerücht aufzuräumen, dass die Maßnahmen der Regierung dazu beitragen, dass die Krankenkassen Defizite schreiben. Genau das Gegenteil ist der Fall! Das möchte ich Ihnen abschließend noch gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. Ich habe heute schon einmal gesagt, wie dies zu erfolgen hat. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Achatz: Wo ist der Herr Nürnberger? – Abg. Haigermoser: Der ruft jetzt die Frau Vranitzky an!)

10.42

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Den Zwischenruf, ich rufe die Frau Vranitzky an, kann ich unmöglich ausführen, weil ich auf meinem Platz kein Telefon habe. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. – Gut. Kommen wir zur Sache!

Kollege Pumberger hat über die Abgänge der Krankenkassen gesprochen und gesagt, die positive Bilanz der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse sei durch Einsparungen von Medikamenten bedingt. (Abg. Dr. Pumberger: Na! Na!)

Wahr ist vielmehr, dass die Abgänge der Gebietkrankenkassen durch unterschiedliche Einnahmenstrukturen und nicht durch die Ausgabenstrukturen festgelegt sind. Das ist Faktum. (Abg. Neudeck: Das stimmt nicht!) Die Zahl der Pensionisten und der Mutterschaftsleistungen sowie die Höhe der Einkommen der Mitglieder bestimmen über die Abgänge und nicht die Ausgaben. Das ist wissenschaftlich erwiesen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Haben Sie einen Beweis?)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das ist das Ende der tatsächlichen Berichtigung. Ich danke vielmals.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lackner zu Wort. (Abg. Dr. Pumberger: Das war wieder einmal typisch Grünewald! – Abg. Haigermoser  – in Richtung Grüne –: So ein Nonsens!)

10.43

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pumberger, Herr Bittner hat als Gewerkschafter mehr sozialpolitischen und


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gesundheitspolitischen Sachverstand, als Sie je in Ihrem Leben erlangen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben als gesundheitspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion heute ein Armutszeugnis geliefert, aber wir wissen das. Wir wissen schon seit Jahren, dass Sie gar nicht in der Lage sind, zum Themenbereich Gesundheit überhaupt etwas Konstruktives beizutragen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Pumberger! Wenn Sie hier schon einen Prüfbericht zitieren, dann sollten Sie auch sagen, dass es genau diese Bundesregierung war, die der Wiener Gebietskrankenkasse 100 Millionen Schilling mehr an Abgang beschert hat. Im Übrigen hat dieser Prüfbericht auch ausgesagt, dass die Wiener Gebietskrankenkasse ausgezeichnet gewirtschaftet hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Position Österreichs ist, was die Gesundheitspolitik betrifft, verglichen mit anderen Staaten ausgezeichnet. Dies bestätigen mehrere Studien, in denen Österreich einen Spitzenplatz im Bereich des Gesundheitswesens einnimmt. In der aktuellen WHO-Studie liegt Österreich an neunter Stelle, in einem EU-Ranking sogar an zweiter Stelle, und zwar was die Zufriedenheit mit diesem Gesundheitssystem betrifft. Dies auch deshalb – nun hören Sie zu, Herr Dr. Pumberger! –, weil die Sozialdemokratie bisher Garant dafür war, dass der freie Zugang zu den Gesundheitsgütern und auch zu den Dienstleistungen gewährleistet war.

Niemand war von medizinischen Behandlungen ausgeschlossen, nur weil er sich die medizinische Versorgung nicht leisten konnte oder anderwärtige Barrieren dies verhinderten. Wie gesagt, meine Damen und Herren von der Koalition, bisher! Nach einem Jahr der Stagnation setzte die Bundesregierung am Montag einen "wahren Meilenstein" in der Gesundheitspolitik, den bisher einzigen übrigens. Es blieb Ihnen, Herr Minister, vorbehalten, den Österreicherinnen und Österreichern Ambulanzstrafgebühren zu verordnen.

Herr Minister! Das ist eine Medizin, die den Österreicherinnen und Österreichern sicherlich nicht schmeckt und natürlich auch nicht hilft. Sie wird weder den erhofften Lenkungseffekt in den extramuralen Bereich auslösen, noch sonstige, durch die Koalitionsparteien so beschworene Wunderdinge hervorrufen. Nein, meine Damen und Herren der Koalition! Diese Ambulanzstrafgebühren bauen Barrieren auf, sind unsozial und treffen in erster Linie die Ärmsten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Die Ärmsten sind ausgenommen!)

Herr Kollege! Gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag werden ungefähr fünf Mal so viele Leute Ambulanzgebühren bezahlen müssen. (Abg. Dr. Khol: Alle Rezeptgebührbefreiten sind ausgenommen!) Herr Dr. Khol! Sie können sich doch nicht aus Ihrer Verantwortung schleichen. Sie persönlich haben am Montag dafür gestimmt, dass es künftig Ambulanzgebühren in Österreich geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Rasinger hat das auch sehr eindrucksvoll in der "ZiB2" am Montag bestätigt. Die Interessen der Menschen, meine Damen und Herren von der ÖVP, kamen in seinen Statements überhaupt nicht vor. Lobbyismus, auf den er offensichtlich auch noch stolz war, war wohl die Triebfeder dieser gesundheitspolitischen Großtat.

Noch etwas, Herr Kollege Rasinger! Sie können Presseerklärungen aussenden, so viele Sie wollen, Sie können uns bezichtigen, dass wir für einen Skandal verantwortlich sind, aber: Der wahre Skandal bleibt bei Ihnen! Sie und Ihre Fraktion sind es, die Ambulanzgebühren eingeführt haben.

Noch etwas, Herr Dr. Pumberger: Erst wir waren es, die Sie bezüglich Ihrer Erstvorlage darauf aufmerksam gemacht haben, dass es bei den Ausnahmen für Behandlungen in Dialyse- und Onkologieambulanzen ein Ungleichgewicht gab. Wir waren es, die Sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass es zu einer Ungleichbehandlung kommen würde, denn nicht in allen Krankenhäusern gibt es Ambulanzen für Onkologie. So hätten zum Beispiel Leute in Wien nichts bezahlt, in meinem Wohnort Bludenz hätten diese Leute aber bezahlen müssen. Erst daraufhin haben Sie Ihren Abänderungsantrag eingebracht.


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Wir wissen schon, dass Ihre Vergesslichkeit sehr groß ist, dass diese aber bereits nach so kurzer Zeit eintritt, das ist eine völlig neue Version dieser Vergesslichkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Das ist massiv unter der Gürtellinie!)

Damit sind allerdings die gesundheitspolitischen Großtaten dieser Koalition bereits erschöpfend aufgezählt. – Entschuldigung! Eine hätte ich beinahe vergessen, sie ist heute schon mehrmals diskutiert worden, und zwar der Skandal um die Kabinettchefin von Minister Haupt.

Herr Minister! Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, dieser Skandal bleibt bei Ihnen. Diese Kabinettchefin ist nicht irgendeine Mitarbeiterin des Ministeriums, es handelt sich hiebei um Ihre persönliche Mitarbeiterin. Sie war Kabinettchefin in Ihrem Kabinett. Es ist normalerweise üblich, Herr Minister, dass man nicht erst durch Dritte darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass diese Dame offensichtlich ihr Studium noch nicht abgeschlossen hat, sondern es ist durchaus üblich, dass man, bevor jemand einen Job antrifft, überprüft, ob die entsprechenden Formalitäten auch erledigt sind, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Wenitsch.  – Abg. Neudeck: Die Kredite überprüft ihr nicht?!)

Herr Kollege! Ich weiß, dass Sie immer so nervös werden, wenn Sie einen Fehler machen. Ich weiß schon, dass sich die Fehler in letzter Zeit häufen und dass das für Sie unangenehm ist, aber das bleibt natürlich schon bei Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Noch kurz einige Bemerkungen zur Gesundheitspolitik. Wo bleibt Ihr klares Bekenntnis zu einer solidarischen Gesundheitsvorsorge, wie sie bei sozialdemokratischen Ministern und Ministerinnen immer selbstverständlich war? Stattdessen basteln Sie an einem Wechsel von der Sozialversicherung hin zur Privatversicherung und verschweigen den Menschen, dass damit von dieser Bundesregierung der Weg in die Zweiklassenmedizin konsequent weitergegangen wird.

Wo, Herr Minister, ist Ihre längst fällige Antwort zur Sicherung der Finanzierungsbasis des Gesundheitssystems, zum Beispiel durch Vereinbarung von durchsetzbaren Qualitäts- und Ökonomiezielgrößen nach dem Vorbild der Spitalsfinanzierung? Ist Ihre Antwort auf diese Frage einfach eine weitere Verstärkung von Selbstbehalten im Gesundheitswesen?

Herr Dr. Mitterlehner hat das ja kürzlich gefordert. Er fordert generell einen 20-prozentigen Selbstbehalt bei Arztbesuchen, meine Damen und Herren. (Abg. Rosemarie Bauer: Das haben wir ja schon! – Abg. Kößl: Wir haben das schon bei den Beamten, den Bauern, den Eisenbahnern, den Selbständigen!)  – Ich habe von "generell" gesprochen. Vielleicht sind Sie der deutschen Sprache nicht ganz mächtig, meine Damen und Herren. Ich habe von generellen Selbstbehalten gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lobbyismus und Dilettantismus sind wohl die ständigen Begleiter von "neu Regieren". Gestaltungswille und Visionen sind im Bereich der Gesundheitspolitik bei Ihnen nicht wahrnehmbar. Das Ergebnis ist klar erkennbar: Stagnation und Rückschritt auch in der Gesundheitspolitik – sehr zum Schaden der Menschen in diesem Land! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Feurstein zu Wort gemeldet. – Bitte zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt und dann den tatsächlichen Sachverhalt!

10.52

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lackner hat hier behauptet, dass vom Behandlungsbeitrag Ambulanz auf Grund des Initiativantrages, den wir am vergangenen Montag beschlossen haben, die Ärmsten betroffen wären. – Das ist unrichtig!

Erstens sind all jene Personen ausgenommen, die von der Rezeptgebühr befreit sind – und damit alle Ausgleichszulagenempfänger.


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Zweitens sind – das haben wir neu als eine weitere soziale Komponente eingefügt – sozial Bedürftige auf Grund einer Richtlinienkompetenz, die der Hauptverband als Richtlinienkompetenz 16b bekommt, ausgenommen. Ich zitiere hier ganz genau. Der Hauptverband hat festzustellen, welche weiteren sozial Bedürftigen, also über die Rezeptgebührenbefreiten und Ausgleichszulagenempfänger hinaus, vom Behandlungsbeitrag Ambulanz zu befreien sind.

Die Aussage des Abgeordneten Lackner war also unrichtig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Pumberger hat ebenfalls das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung gewünscht. Bitte die GO-Bestimmungen zu beachten!

10.53

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lackner hat, wie schon Kollege Feurstein richtig gestellt hat, behauptet, der Behandlungsbeitrag Ambulanz sei unsozial und treffe in erster Linie die Ärmsten.

Ich stelle, so wie Kollege Feurstein, tatsächlich richtig, dass gerade die Ärmsten vom Behandlungsbeitrag Ambulanz ausgenommen sind, und zwar all jene, die von der Rezeptgebühr befreit sind, alle Kinder und durch die Sozialklausel alle sozial Bedürftigen. Außerdem wurde eine Obergrenze von 1 000 S pro Jahr eingeführt.

Ich stelle also tatsächlich richtig, dass es vielmehr richtig ist, dass die SPÖ ...

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, das ist nicht Bestandteil einer tatsächlichen Berichtigung! Die tatsächliche Berichtigung ist beendet, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Pumberger. )

Eine weitere Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung liegt von Herrn Abgeordnetem Nürnberger vor. Bitte um Beachtung der GO-Bestimmungen!

10.54

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Pumberger hat behauptet, die Wiener Gebietskrankenkasse hätte für die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Franz Vranitzky Flugkosten und Ähnliches übernommen. – Dies ist unrichtig! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist richtig!)

Richtig ist: Abgeordneter Pumberger hat bereits am 11. Mai des Vorjahres diese Behauptung aufgestellt. Es liegt diesbezüglich ein Schreiben des ehemaligen Bundeskanzlers vor. Ich zitiere (Abg. Ing. Westenthaler: Was sagt die Kasse dazu? Nicht der Kanzler!):

Der Vollständigkeit und der guten Ordnung halber teile ich mit, dass ich über eine schriftliche Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse verfüge, derzufolge sie keine Kosten für Flugtransporte meiner Frau getragen hat. – Zitatende.

Dieses Schreiben war Gegenstand einer Besprechung in der Präsidiale. Daher müssen Sie das wissen. (Abg. Grabner: Das ist unerhört!) Sie gehen auf jemanden los ...


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10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke für die tatsächliche Berichtigung. (Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Nürnberger.  – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Freiheitlichen und SPÖ. – Abg. Dr. Kostelka: So sind sie halt! – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat die WestLB gezahlt! Das hat die Bank gezahlt! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Steibl vor. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Leikam  – in Richtung der Freiheitlichen –: Nehmerpartie! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist keine Art!)

10.55

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Die Rednerin stellt ein Buch mit dem Titel "Macht und Sprache" vor sich auf das Rednerpult.) Ich möchte erstens auf meinen Vorredner, Herrn Abgeordneten Lackner von der SPÖ, eingehen. Wo ist er? Ich möchte ihm sagen: Macht und Sprache! Ich wünsche mir mehr Verantwortung im Umgang mit der Sprache. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Leikam –: Du kriegst einen Kurs für Zeiterfassung!)

Zweitens: Mein Kollege Dr. Leiner, Doktor der gesamten Heilkunde, hat in seiner Rede gesagt (Zwischenruf des Abg. Schwemlein )  – hören Sie bitte zu, Herr Kollege von der SPÖ –: "Wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein!"

Und ich sage Ihnen: Lassen Sie die Steine ruhen! Sie erinnern sich vielleicht daran, dass es auch in Ihren Reihen einen Abgeordneten gegeben hat, nämlich Herrn Dr. Tull, seines Zeichens Obmann des Finanzausschusses, bei dem plötzlich festgestellt wurde, dass dieser Dr. Tull – "Tante Tull" genannt – kein Doktor war. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Hahaha!) Er war lange Zeit Obmann des Finanzausschusses und wurde erst später "wilder" Abgeordneter. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja was war denn da los?)

Drittens möchte ich sagen, dass Ihre Frau Abgeordnete Gabrielle Traxler als Abgeordnete Arbeitslosengeld bezogen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Aha!) Wie lässt sich das alles vereinbaren? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Nun aber zu den wichtigsten Dingen des Lebens, nämlich zum Thema Familie. (Abg. Ing. Westenthaler: Den Fischer haben Sie vergessen! 4,5 Millionen hat er abkassiert, der Herr Präsident!)  – Ja, so ist es. Das macht nichts, wenn man in Opposition ist, kann man polemisieren. Macht der Sprache!

Nun aber zum Thema Familie. Die Bundesregierung hat sich im Interesse der künftigen Generationen Ziele gesetzt, nämlich die budgetpolitischen Versäumnisse der Vergangenheit wie Inkaufnahme hoher Budgetdefizite zu reduzieren. Dieser Weg soll unter anderem Österreich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Steibl! Ich muss Sie unterbrechen, weil Kollege Leikam den Raum verlässt.

Kollege Leikam! Haben Sie in Richtung Freiheitliche Partei "Nehmerpartie" gesagt? (Ja-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, das habe ich gehört! – Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Herr Abgeordneter! Ich erteile Ihnen für diesen Ausdruck einen Ordnungsruf, denn man kann nicht eine ganze Fraktion als "Nehmerpartie" bezeichnen. Bitte das zu beachten! (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Leikam –: Genieren Sie sich! Stellen Sie sich ins Winkerl und genieren Sie sich!)

Frau Abgeordnete Steibl! Setzen Sie bitte Ihre Rede fort!

Abgeordnete Ridi Steibl (fortsetzend): Ich wollte sagen: Österreichs Zukunft sind die Jugend, die Familien und die Senioren. Dafür sind, um jetzt beim Budget zu bleiben, Beitragsleistungen an Sozialversicherungsträger zu leisten. Wir leisten für Schülerunfallversicherungen, Pensionsbeiträge für Pflegepersonen, Wochengeld und Betriebshilfe Beiträge in der Höhe von – Sie hören richtig – 227 206 Millionen j oder für Untersuchungen nach dem Mutter-Kind-Pass, die kostenlos sind, über 30 Millionen j , für Elternbildungsmaßnahmen über 2,1 Millionen j und für Unterhaltsvorschüsse – auch das sollten Sie bitte nachvollziehen – 86,125 Millionen j .

Sehr geehrte Damen und Herren Erlauben Sie mir auf eine Idee der SPÖ-Frauen-Vorsitzenden Prammer einzugehen. Sie will in Zeiten wie diesen, in denen Schulden der sozialistischen Ära abgebaut werden müssen (Abg. Dr. Mertel: Und der ÖVP!)  – Sie hören richtig –, dass die Alimente direkt vom Staat bezahlt werden sollen. Direkt vom Staat! Dieses SPÖ-Modell würde zusätzlich zu diesen 86 Millionen j noch 3 bis 4 Milliarden Schilling pro Jahr kosten.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass Vater Staat immer häufiger an Stelle der leiblichen Väter die finanzielle Verantwortung für die Kinder übernimmt. Wir von der ÖVP, von der Regierungskoalition wollen Mütter als Bezieherinnen der Unterhaltszahlungen schützen und bei Vätern, die sich hinausschwindeln, die finanzielle Verantwortung durch vorhandene Möglichkeiten effizienter einfordern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es sind nämlich nicht alle, die sich der Unterhaltspflicht entziehen, auch mittellos! Das muss man wissen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die hervorragende Arbeit von 331 Familienberatungsstellen – davon 26 im Jahr 2000 neu eingerichtet! – hinweisen. Im Hinblick auf die Problematik "Gewalt in der Familie" werden im Rahmen dieser Familienberatungsstellen noch zusätzlich elf Kinderschutzzentren gefördert, um eben Beratung im Fall familiärer Gewalt anbieten zu können. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Nun aber ganz konkret zur Familienförderung, zum Kinderbetreuungsgeld und zur Erhöhung der Familienbeihilfe. Die Punktation – ich muss das heute noch einmal anmerken, obwohl wir schon tagelang darüber diskutieren – seitens des Ministerrates und die zeitgerechte Vorlage für eine Begutachtung werden starke Impulse setzen und eine echte Wahlfreiheit für Familien bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Modell der Familienförderung setzt Impulse und Ziele, um vor allem ganz bewusst die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – darauf werden meine Kolleginnen und Kollegen noch eingehen – zu verbessern. Das österreichische Modell geht in die richtige Richtung und wird eine wesentliche, eine positive Veränderung in der Familienpolitik herbeiführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abschließend sage ich Ihnen, wir werden in Zukunft einen Diskurs über eine integrative Familienpolitik anstreben müssen, die die Bedürfnisse in allen Familienformen berücksichtigt. Familienpolitik ist zum Beispiel Infrastrukturpolitik, Wohnungspolitik, und Familienpolitik soll auch darüber befinden: Wie verträglich sind die Entscheidungen für die jeweiligen Generationen, insbesondere für die Kinder? – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.03

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben zu Beginn dieser Sitzung die Vorgänge rund um die Kündigung Ihrer Kabinettschefin dargestellt, und etliche Rednerinnen und Redner der Regierungsparteien haben an Fairness in diesem Zusammenhang appelliert.

Ein paar sehr klare Worte dazu, Herr Bundesminister: Selbstverständlich sind Sie als Behördenleiter für die Vorgänge in Ihrem Ressort, und zwar für alle Amtsvorgänge, was die Personalverwaltung betrifft, verantwortlich. Es stellt sich für mich aber die Frage, ob Sie diese Ihre Verantwortung in allen Vollzugsbereichen mit dem gleichen Maß an Sorgfalt ausgeübt haben.

Ich kann mich gut daran erinnern, Herr Bundesminister: Es war eine Sitzung, die im Budgetsaal stattfand und in der Sie auch gegenüber MitarbeiterInnen Ihres Hauses, gegenüber BeamtInnen der Sektion für Frauenangelegenheiten sehr heftige Worte der Kritik im Zusammenhang mit der vergangenen Förderungspraxis ausgeteilt haben. Sie haben damals sinngemäß gesagt: So wird das in Zukunft nicht funktionieren, dass Förderungsansuchen praktisch nur blanko eingereicht werden und den Rest dann die BeamtInnen des Ressorts erledigen, dass die förderungswerbenden Institutionen sich darauf verlassen können, dass das ohnehin im Ministerium gemacht wird!

Das heißt, dort haben Sie – sicherlich zu Recht! – großen Wert darauf gelegt, dass alle Akte der Vollziehung peinlich genau kontrolliert und überprüft werden und nichts einfach nach dem Prinzip von Treu und Glauben geschieht! – Das ist klar. Es geht dabei um öffentliche Mittel, und


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da haben Sie gesagt: Es müssen Belege her, es müssen Ansuchen und Anträge her, das muss begründbar sein.

Jetzt frage ich Sie in aller Form: Gilt dieses Sorgfalts- und Kontrollprinzip nur für Einrichtungen, Vereine und so weiter, die Sie gesellschaftspolitisch eher nicht im Bereich der SympathisantInnen dieser Regierung einstufen, oder gilt das auch für Ihren eigenen Bereich? – Diese Frage müssen Sie beantworten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Derzeit läuft auch ein Untersuchungsausschuss – auch einer, der sich gesellschaftspolitisch offenbar nur in eine Richtung wendet –, und in diesem Zusammenhang möchte ich sagen: Es war der ÖVP-Klub, der Unterlagen und Belege von 257 Vereinen angefordert hat, die er in irgendeinem Bereich der SPÖ oder jedenfalls der Opposition zugehörig oder damit sympathisierend eingestuft hat. Jeden einzelnen Beleg aus den Akten wollten Sie haben, meine Damen und Herren von der ÖVP!

Meine Damen und Herren! Auf der einen Seite müssen Belege über 50 S, über 100 S vorgelegt werden, muss alles minutiös nachgewiesen werden, aber auf der anderen Seite, wenn es um 200 000 S im Monat geht, geht offenbar alles ohne Papiere, ohne Belege und ohne Nachweise! Wie ist denn das möglich? Wenn es um vermutete GesinnungsfreundInnen geht, gilt das Kontrollprinzip nicht – und das ist der harte Vorwurf, der Sie voll trifft! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Es kann ja auch jemand arbeiten, der nicht Akademiker ist!)  – Selbstverständlich kann jemand arbeiten, der nicht Akademikerin oder Akademiker ist, aber Grundlage für die Einstufung – der Herr Bundesminister hat gerade vorhin hier vor dem Hohen Haus dargestellt, dass für die Bewertung dieses Dienstvertrages der akademische Rang ein maßgeblicher Umstand war – war die behauptete Tatsache eines abgeschlossenen akademischen Studiums. (Abg. Neudeck: Das stimmt nicht! Sie ist ja keine Bundesbedienstete!) Und ganz offenbar ist diese Tatsache im Gegensatz zu den 50-S-Belegen bei den Roten Falken oder sonst irgendwo nicht überprüft worden. – Das ist ein unterschiedliches Maß in der Sorgfaltspflicht, und das geht nicht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist selektiv, aber nicht richtig!)

Herr Bundesminister! Sie haben vorhin gesagt, Sie haben die interne Revision mit der Angelegenheit befasst, aber ich glaube, Ihre Ministerverantwortung geht doch darüber hinaus! Ich persönlich habe mich immer sehr stark für die Ministerverantwortlichkeit, auch für das Weisungsrecht des Bundesministers oder der Bundesministerin ausgesprochen. Die Ministerien sind monokratische Behörden, und das bedeutet viele Rechte, viel Macht, aber auch viel Verantwortung. Und diese Verantwortung findet ihren Niederschlag auch in der Strafprozessordnung – das wissen Sie –, nämlich in § 84. Es trifft nicht irgendeinen Beamten oder irgendeine Beamtin, sondern den Leiter einer monokratischen Behörde, die entsprechenden Schritte zu setzen. Es gilt nicht: Wenn ein Nachweis erbracht ist oder Sicherheit vorliegt, dann muss auch nichts mehr recherchiert werden! Die Verpflichtung, auch die Organe der Strafbehörden zu verständigen, trifft Sie als Behördenleiter höchstpersönlich, und zwar nach § 84 StPO. – Sie kennen diese Bestimmung, denn bei anderen haben Sie sie auch gekannt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zu dem Maß, mit dem Sie messen, muss ich sagen, da waren auch die Zwischenrufe sehr, sehr aufschlussreich. Keine Fraktion und niemand in der Politik ist davor gefeit, dass es Vertrauensbrüche gibt, dass Personen unrichtig informieren, dass man auch persönlich enttäuscht werden kann, auch von engen MitarbeiterInnen, von Freunden und Freundinnen. Nur: Die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Umstand verborgen bleibt, hängt schon auch davon ab, ob ich auf beiden Augen und allerorts gleich scharf sehe und kontrolliere oder ob ich dem einen einen Vertrauensvorschuss entgegenbringe und dem anderen kategorisch einen Misstrauensvorschuss! Und das scheint hier der Fall gewesen zu sein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Heute und hier geht es nicht um irgendwelche Personen in der Vergangenheit, die ein rechtlich oder politisch möglicherweise problematisches Verhalten gesetzt haben, sondern heute geht es um diese Causa, und die Erklärung des Ministers war in einem anderen Ton gehalten als die Zwischenrufe aus den Reihen der freiheitlichen Fraktion. Herr Bundesminister! Vielleicht haben Ihnen auch manche dieser Zwischenrufe zu denken gegeben, ob nicht diese Stimmung, dieses Klima,


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nämlich: Wir teilen aus, aber wir stecken nichts ein! (Abg. Steibl: Seitens der SPÖ, seitens der Grünen!), dazu beigetragen haben, dass solche Zustände wie im Amt der Kärntner Landesregierung entstehen konnten. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich komme noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen – auch das haben wir seit vielen, vielen Jahren aufgezeigt, und auch da gäbe es großen Handlungsbedarf der gesamten Bundesregierung, vor allem des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin –: Wir haben nicht nur in dieser Legislaturperiode gegenüber dieser Regierung, sondern schon oftmals, etwa auch im Wahlkampf des amtierenden Bundespräsidenten, das Bestehen von Personalleihverträgen aufgezeigt. Wir waren damals schon der Meinung, dass das eine Umgehung des öffentlichen Dienstrechtes ist.

Es ist ja oftmals behauptet worden, man brauche Ausgliederungen, man brauche Privatisierungen, weil das öffentliche Dienstrecht so rigide sei. Ich behaupte: Ja, das öffentliche Dienstrecht ist rigide, das soll und muss es auch sein, um einen gleichen Vollzug gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern sicherzustellen, um Verantwortlichkeiten und Haftungen sicherzustellen und um nicht irgendwelche Blüten an Sonderverträgen hervorzubringen! Es gibt die Möglichkeit von Personalzuteilungen, es gibt die Möglichkeit von Karenzierungen mit und ohne Bezüge, und es gibt die Möglichkeit einer besonderen Remunerierung für besondere, über das normale Maß hinausgehende Leistungen. Bedienen Sie sich dieser taxativen Handlungsformen, und Sie werden nicht immer ein derart böses Erwachen erleben wie bei diesen wirklich dubiosen Personalleihverträgen zu exzessiven Konditionen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Noch ein Wort – auch meine Vorrednerin hat das angesprochen – zum Kapitel Frauen, Familie. Sie werden – so hört man – in Zukunft vor allem die "Errungenschaft" – unter Anführungszeichen – des Kinderbetreuungsgeldes in den Mittelpunkt Ihrer Argumentation stellen. Frau Steibl! Ich gebe Ihnen zu bedenken, dass eben diese Mitarbeiterin im Büro des Herrn Bundesministers, diese Kabinettschefin, in einem Monat das verdient hat, was in Zukunft für die Frauen – und es sind überwiegend Frauen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen wollen oder werden – als Einkommensgrenze für ein ganzes Jahr gelten soll: 200 000 S – die eine für ein Monat, andere für ein Jahr! (Abg. Ellmauer: Das Vierfache von früher!)

Das sind andere Systeme! Im System der Arbeitslosenversicherung ist es klar, dass der "Tatbestand Arbeitslosigkeit" – unter Anführungszeichen – oder Nichttätigkeit eine Voraussetzung ist; ich fand das nicht richtig, aber es ist systemkonform. Jetzt machen Sie ein Familienmodell, das nur und ausschließlich zu Lasten der Frauen derart niedrig angesetzte Einkommensgrenzen vorsieht. Eine Sekretärin, eine Lehrerin, eine unselbständig Beschäftigte, die tatsächlich Wahlfreiheit im Sinne von Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausüben wird, wird ohne Einschleifregelung kein Kinderbetreuungsgeld bekommen. Die Frauen, die monatlich über 15 000 S brutto –15 000 brutto! – verdienen, beispielsweise weil sie Alleinverdienerinnen sind oder weil der Partner noch studiert oder ein sehr geringes Einkommen hat, werden gar nichts bekommen! Das finden Sie gerecht? Da sage ich: Bravo zu dieser blau-schwarzen Frauenpolitik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Leikam: Skandal! – Abg. Grabner: Wieder einer!)

Noch etwas: Der Herr Bundesminister schreibt am 27. März dieses Jahres – weil wir ihn gefragt haben – in Hinblick auf die Teilzeitkarenz: Die Teilzeitkarenz war das einzige Modell im Bereich der Kinderbetreuung, wo es zumindest gelungen ist, etwas mehr Männer anzusprechen; ganz offenbar, weil die Teilzeitkarenz ein Modell war, das tatsächlich ermöglicht hat, einen Fuß im Beruf zu lassen, nicht ganz auszusteigen. Meiner Meinung nach ein richtungweisendes Modell für Mütter und Väter, für Frauen und Männer.

Was passiert mit diesem Modell, das zumindest von etwa 10 Prozent der Männer bereits gewählt worden ist, während im Bereich der Totalkarenz der Anteil der Männer unter 2 Prozent liegt? – Der Herr Bundesminister schrieb dazu vor wenigen Tagen: Wie die ab 1. Jänner 2002 geltenden Regelungen für jene, die das Kinderbetreuungsgeld neu beziehen werden, aussehen, steht derzeit noch nicht fest. Das heißt, den jungen Familien, den Müttern und Vätern, die sagen: Wir wollen uns die Aufgaben teilen, wir wollen eigentlich dem Modell entsprechen, das in der Öffentlichkeit immer propagiert wird: gleiche Rechte für die Frauen im Beruf und auch


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gleiche Möglichkeiten für die Männer, für die Väter im Bereich der Privatsphäre!, können Sie offenbar noch nicht sagen, wie und ob dieses Modell weitergehen soll!

Ganz offenbar ist das nicht erwünscht. Die Frauen werden in Zukunft mit diesem Kinderbetreuungsmodell über einen langen Zeitraum in die Vollkarenz gehen können, ja dies in vielen Fällen auch tun müssen. Und das heißt: Die traditionelle Aufgabenteilung wird einzementiert, und die Männer, die das auch nicht mehr wollen, vielleicht auch nicht mehr aushalten, dürfen sich dann an die Klagemauer Ihrer Männerabteilung wenden. – Das sagt alles über die Politik Ihres Hauses! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.17

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind in der Diskussion bis jetzt einige Fragen aufgeworfen worden, die ich nun beantworten möchte.

Frau Kollegin Petrovic! Es ist mir bewusst, dass mein Ministerium ein monokratisches Ministerium ist (Abg. Dr. Mertel: Jedes Ministerium ist monokratisch!) und daher die Verantwortung bei mir und bei sonst niemandem liegt, auch nicht bei meinen Beamten oder sonst jemandem. Ich hoffe, ich habe auch in meinem Bericht vorhin darüber keinen Zweifel gelassen.

Ich darf Sie aber auch darauf aufmerksam machen, dass ich in meinem Bericht ausgeführt habe, dass auf Grund der ursprünglichen Tätigkeit, der ursprünglichen Bekanntgabe der akademische Titel als solcher für mich vorhanden war. Das habe ich angenommen. Es ist sicherlich mein Fehler, dass ich nicht überprüft habe, ob der akademische Titel tatsächlich vorhanden ist, aber ich muss auch klar sagen, dass diese Tätigkeit auch ohne akademischen Titel ausgeführt werden kann und könnte. Um die rechtliche Bewertung, ob ich im Sinne der Strafprozessordnung Anzeige zu erstatten habe oder nicht, habe ich – da ich, wie Sie wissen, Tierarzt bin – meine Beamten gebeten, diese Rechtsposition zu überprüfen, damit ich dann tätig werde oder in Entsprechung des Gutachtens nicht tätig werde. Ich sage das hier so klar, um keine Zweifel aufkommen zu lassen!

Sie haben angemerkt, dass ich im Ausschuss zu Recht – wie Sie Gott sei Dank gesagt haben – angeführt habe, dass die Überprüfung von Förderungsvorgaben in meinem Ministerium ordnungsgemäß und korrekt durchzuführen ist. Ich gehe davon aus, dass auch in der Vergangenheit meine Amtsvorgängerinnen und Amtsvorgänger und die Beamten in meinem Hause die Überprüfungen korrekt und unparteiisch durchgeführt haben – ganz egal in welchem politischen Lager sie sitzen.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass die von der heutigen Diskussion betroffene Frau meiner Partei nicht angehört! Sie haben Mutmaßungen angestellt, es könnte sich um ein Parteimitglied handeln – das ist nach meinem Wissensstand nicht der Fall! (Abg. Leikam: Kindesweglegung!) In meinem Büro befindet sich eine Reihe von Persönlichkeiten, die anderen Parteien – wie ich auf Grund ihrer Kandidaturen weiß – angehören und nicht meiner. Ich bitte, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass ich in meinem Büro nicht auf Parteizugehörigkeit, sondern auf Leistung und Arbeit Wert lege! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sollte Ihnen und vielen anderen bekannt sein, zumal ja vielleicht noch die Kandidatenlisten für die Wiener Wahlen in Erinnerung sind, die sich der eine oder andere vielleicht angesehen hat und daher weiß, wer von den Kandidaten in meinem Büro und wer nicht in meinem Büro tätig ist, um auch das klar zu sagen. (Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung SPÖ –: Das könnt ihr euch nicht vorstellen, dass man Mitarbeiter hat, die nicht der Partei angehören!)

Ich darf daher einige Positionen, die getätigt wurden, relativieren. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, Frau Kollegin Petrovic, dass mir, auch wenn ich hier auf der Regierungsbank sitze, bekannt ist, dass Mitglieder Ihrer Fraktion Pressekonferenzen geben, in denen sie Mut


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maßungen anstellen über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, die in meinem Haus mit Leihverträgen beziehungsweise mit Überlassungsverträgen tätig sind. Ich darf Sie und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Klubs bitten, in der Öffentlichkeit bei den Tatsachen zu bleiben und nur jene Positionen zu behaupten, die tatsächlich bekleidet werden. Der Amtskalender und entsprechende Nachfragen in meinem Ministerium stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung, um sich über den korrekten Stand der Dinge zu informieren.

Ich glaube, wir sollten im Rahmen dieser Diskussion nicht übersehen – Sie haben gesagt, dass Sie durchaus Verständnis haben, dass ich persönliche Betroffenheit formuliert habe; das ist tatsächlich so –, wir sollten nicht vergessen, dass es sich bei jenen Damen und Herren, die jetzt ohne ihr Zutun in die Diskussion, in die Debatte mit eingebracht worden sind, auch um Menschen handelt, die ein Recht darauf haben, auf Grund ihrer Tätigkeiten, ihrer Leistungen und ihres Arbeitsumfanges bewertet zu werden, und daher nicht als Unterpfand in einer parteipolitischen Diskussion verwendet werden sollen.

Wenn Sie mich auf Grund meiner Verantwortung, meiner politischen Position, die ich als Minister habe, in die Diskussion einbringen, so habe ich das zur Kenntnis zu nehmen, weil das mit meiner Funktion als Leiter eines monokratischen Amtes, einer monokratischen Behörde eo ipso zusammenhängt. Das ist so, aber ich bitte Sie, sehr geehrte Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Büros, egal welcher politischen Gesinnung sie sind, aus dieser Debatte auszuschließen, denn ich glaube, sie haben es sich nicht verdient, hier als Prügelknabe für jemanden zu dienen, so nach dem alten Motto: Man schlägt den Sack und meint den Esel!

Wir sollten auch die Zahlen, die im Zusammenhang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem und im Büro des Staatssekretärs angeführt worden sind, etwas relativieren. Sie wissen, dass sich auf Grund der Zusammenlegung einzelner Ministerien nunmehr Abteilungen von insgesamt drei Ministerien in meinem Ministerium wiederfinden. Wenn man die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser drei Ministerien in der Vergangenheit, in der letzten Legislaturperiode, auf Grund des Amtskalenders mit der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute für diese Bereiche zuständig sind, vergleicht, so sieht man, dass wir in meinem Ministerium derzeit 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, samt Presseabteilung, und dass die alten Ministerien, mit den gleichen Aufgaben betraut, 47 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehabt haben. – Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass man in der Diskussion auch das einmal berücksichtigen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Rechtsproblematiken mit den Überlassungsverträgen hat ja der Rechnungshof in einem Rechnungshofbericht Stellung genommen. Es erübrigt sich daher aus meiner Sicht eine weitere Interpretation des Rechnungshofberichtes. Sie und Ihre Fraktion haben immer die Position eingenommen, die Sie heute einnehmen, meine Fraktion und andere Fraktionen im Hohen Haus haben bezüglich Überlassungsverträge eine andere Position eingenommen und daher auch in der Vergangenheit und in der Gegenwart so gehandelt, wie es der Rechnungshof als rechtskonform, aber aus Sparsamkeitsgründen als überdenkenswert betrachtet hat.

Ich darf Sie weiters darauf aufmerksam machen, sehr verehrte Frau Kollegin Petrovic, dass ich mir selbstverständlich über die Mehrbeschäftigung von Männern im Zusammenhang mit Kindererziehung und Erziehungsarbeit innerhalb der Familien den Kopf zerbrochen habe. Ich glaube, sehr geehrte Frau Kollegin Petrovic, dass die Aussage über die 200 000 S, die Sie betreffend die Zahlung an meine ehemalige Büroleiterin getätigt haben, auch relativiert werden sollte. Sie wissen, dass sich diese Zahlung aus mehreren Teilen zusammensetzt, nämlich aus einem Grundgehalt und aus Überstundenzahlungen über mehrere Monate. Ich glaube daher, dass diese Zahl im Detail durchaus anders zu betrachten wäre als im Gesamten. Ich habe schon gestern betont und betone das auch hier, dass ich mit der Arbeitsleistung meiner Mitarbeiterin, mit den von ihr erbrachten Leistungen bis zum Bekanntwerden der anderen Tatsachen durchaus zufrieden gewesen bin. Unabhängig davon, ob sie jetzt Akademikerin ist oder ob sie ihr Studium nur zu etwa zwei Drittel absolviert hat – ihre Leistungen waren entsprechend! Es macht für mich keinen Unterschied, ob jemand Akademiker ist oder nicht Akademiker ist, entscheidend ist, welche Leistung er erbringt und ob die Leistung seiner Position entspricht; dann wird auch die Bezahlung entsprechend sein.


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Kollege Lackner hat sich mit den Ambulanzgebühren und der Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung auseinander gesetzt. Sie, Herr Kollege Lackner, haben bedauert, dass die Gesundheitspolitik in Österreich den Solidareffekt vermissen lässt. Ich frage Sie, sehr geehrter Herr Kollege Lackner, warum die vorherige Bundesregierung und sehr viele Länder – indem sie keine einheitlichen Finanzierungstöpfe in der Gesundheitspolitik für die Krankenanstalten geschaffen haben – die Solidaritätsleistung von In- und Ausländern schon lange verlassen haben. Für die erbrachten medizinischen Leistungen für inländische Patienten werden die Vollkosten angerechnet, für die gleichen Leistungen für Patientinnen und Patienten aus dem Ausland werden auf Grund der unterschiedlichen Konstruktionen der Finanzierungstöpfe oftmals nur bis zu 40 Prozent bezahlt, während 60 Prozent der Leistungen in unsolidarischer Weise nicht abgegolten werden können.

Ich glaube, dass dieses Problem der Gesundheitspolitik in Österreich viel zu wenig angesprochen wird. Ich glaube, dass bei fast 200 000 stationären Patienten aus dem Ausland in Österreich durchaus auch Mittel zur Verfügung zu stellen wären, die derzeit nicht zur Verfügung gestellt werden; Mittel, die innerhalb des Systems sicher hilfreich wären, um den Abgang von 3,8 Milliarden Schilling in der Krankenversicherung abzudecken. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.26

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gehöre jetzt seit über zehn Jahren diesem Haus an, und es fällt mir heute wirklich schwer, "Hohes Haus" dazu zu sagen. (Abg. Mag. Kogler: Ausgerechnet heute!) Meine Schmerzgrenze wurde nämlich heute in der Debatte, die von Seiten der Opposition geboten wurde, überschritten!

Da kommt eine Sozialsprecherin der Sozialdemokraten ans Rednerpult und wirft uns Freiheitlichen Begünstigung und Freunderlwirtschaft vor, und das vor dem Hintergrund: "Euroteam" – SPÖ, Klima – Todesfall Praschak – SPÖ und last but not least "Lucona". Bitte nicht vergessen: SPÖ! (Abg. Parfuss: Rosenstingl! – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Ein ganz kleines Detail am Rande, Frau Kollegin Mertel, weil Sie immer zwischenrufen: Es hat einmal eine Familiensprecherin in den Reihen der SPÖ, eine Vorgängerin von Ihnen, gegeben, die zurücktreten musste, weil sie als Erste und in ganz gravierender Weise gegen das parlamentarische Mitarbeitergesetz verstoßen hat. Wir alle wissen, dass man mit Mitarbeitern Schwierigkeiten haben kann, aber es kann doch nicht so sein, dass man kriminalisiert, und zwar das Opfer kriminalisiert und nicht den Täter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und der Täter war im vorliegenden Fall nicht der Herr Bundesminister, das steht fest!

Wenn Herr Öllinger und auch die Sozialdemokraten einen Kriminalfall daraus konstruieren wollen und den Herrn Minister kriminalisieren wollen, dann muss ich sagen, Sie sind einfach fehl am Platz! Aber das ist ganz typisch für Ihre Vorgangsweise.

Ich möchte eigentlich noch zu einem anderen Thema Stellung nehmen, und zwar zum Bereich Frauenpolitik, der ja auch nicht gerade ein sehr helles Kapitel in der Geschichte der Sozialdemokratie darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich habe hier einen Artikel vom 23. Mai 1998 mit dem Titel "Frauen stehen auf der Verliererseite", und das war noch zu Zeiten der sozialdemokratischen Verantwortung für die Frauenpolitik. Es hat eine Studie, eine Untersuchung der Tiroler Arbeiterkammer gegeben, die der Präsident der Arbeiterkammer in gewohnt kerniger Manier so präsentiert hat: "Weit weg vom Mittelalter sind wir nicht. Denn wir haben moderne Knechte geschaffen". Damit hat er die Frauen gemeint.

Faktum ist, dass 81 Prozent der Frauen damals angegeben haben, dass die "feminine Doppelbelastung von Haushalt und Beruf" kaum mehr zu schaffen ist.


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68. Sitzung / Seite 45

Ich zitiere weiter: "Vier von fünf Frauen arbeiten nicht, um sich zu verwirklichen, sondern weil sie das Geld benötigen."

"Frauen kämpfen zudem mit mangelnder Anerkennung der Hausarbeit, eingeschränkten Möglichkeiten der Berufsausübung trotz Kindern und der finanziellen Ungleichstellung am Arbeitsmarkt."

Das sind Ergebnisse, die in einer Zeit, als die Sozialdemokratie dafür verantwortlich war, offenkundig wurden. Deshalb sage ich: Die SPÖ-Frauenpolitik ist antiquiert, sie ist wie eine Platte mit Rillen, die immer wieder hängen bleibt, denn es kommt von Ihrer Seite immer wieder dasselbe. (Beifall der Abg. Steibl.  – Zwischenruf des Abg. Reheis. ) All die Quotenregelungen und das andere haben nicht geholfen.

Ich sage Ihnen Folgendes: Ihnen ist es im Bereich der Politik und vor allem im Bereich der Frauenpolitik nie um die Frauen und um die Menschen gegangen, sondern um Ideologie! Denn: Wohin hat denn der SPÖ-Einsatz die Frauen in Österreich wirklich gebracht? Wo sind denn die gut bezahlten, adäquaten Frauenarbeitsplätze, wo Frauen Freude an der Arbeit haben? Wo haben Sie für die Frauen die Wahlmöglichkeit zwischen einer anerkannten Familienarbeit und einer befriedigenden außerhäuslichen Arbeit geschaffen? – Ich nehme da Bezug auf diese Studie der Tiroler Arbeiterkammer. Wo haben Sie von der SPÖ und Frau Ministerin a. D. Prammer dafür gesorgt, dass fleißige Mütter keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen? – Sie haben sie ihnen aufoktroyiert, weil sie "nur" Hausfrauen sind. Andere Frauen hingegen haben das Burn-out-Syndrom wegen der Doppel- und Dreifachbelastung – Beweis: Studie der Arbeiterkammer Tirol, die durchgeführt wurde, als Sie dafür die Verantwortung hatten.

Sie haben auch nicht dagegen opponiert – ich habe Ihre Stimme nicht vernommen! –, als die Leistungen für Frauen durch die Sparpakete um 25 Prozent gekürzt wurden.

Sie führen immer wieder das CEDAW-Komitee an und die Missstände, die von diesem aufgezeigt wurden. Aber diese Missstände sind in Ihrer Regierungszeit aufgetreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Opposition, von der Sozialdemokratie! Feminismus pur ist einfach out. Das müssen Sie endlich einmal anerkennen!

Ich bitte Sie um Folgendes: Bewerten Sie die freiheitliche Frauenpolitik und die Frauenpolitik dieser Regierung nach den Jahrzehnten, in denen Sie in der Regierung waren und nichts zusammengebracht haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wovon reden Sie?)

11.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

11.33

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Haller, hat gemeint, dass die SPÖ-Frauenpolitik stecken geblieben und antiquiert ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie haben nie eine gehabt!) Frau Haller, ich muss sagen: Sie von Seiten der FPÖ haben nie eine Frauenpolitik betrieben, in der Vergangenheit nicht und auch gegenwärtig nicht. Sie konnten nicht stecken bleiben, weil Sie die Höhle der fünfziger Jahre nie verlassen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Haller hat auch gesagt, dass wir von der SPÖ den Herrn Bundesminister kriminalisieren wollen. – Einen anderen Sprachgebrauch hat die FPÖ einfach nicht, das ist klar. (Abg. Haigermoser: Aber "die Höhle der fünfziger Jahre" ist eine besonders ... Aussage!) Wenn man einen freiheitlichen Führer hat, der will, dass Andersdenkende eingesperrt werden, kann man nur von "kriminalisieren" sprechen.


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68. Sitzung / Seite 46

Ich halte fest: Meine Fraktion und ich haben nicht die Absicht, den Herrn Bundesminister zu kriminalisieren. Wir möchten aber eines aufzeigen: dass der Herr Bundesminister, wie er selbst gesagt hat, einem monokratisch aufgebauten Ministerium vorsteht und als Behördenleiter und Dienstgeber die Verantwortung für Dienstgeberangelegenheiten trägt. – Er nickt zustimmend. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Haben Sie etwas Neues auch?)

In seiner Verantwortung liegt es, Originaldokumente und Urkunden zu überprüfen, zu überprüfen, ob die Einstufung der Bediensteten richtig oder falsch ist und ob sie 200 000 S verdienen kann.

Herr Minister, Sie haben am 20. März in Ihrer Antwort hier von der Regierungsbank aus gesagt – Sie haben es wahrscheinlich nicht besser gewusst –, dass Frau Fabel die Qualifikation hat, dass sie beim Amt der Kärntner Landesregierung in der gleichen Beschäftigung tätig war und ein akademisches Studium hat. – Dass sich jetzt herausstellt, dass das nicht stimmt, mag auf Grund der Untreue der Bediensteten so sein, das gestehe ich zu. Das, was wir betonen, ist, dass Sie eine mangelnde Sorgfaltspflicht ausgeübt haben.

Und wenn Herr Dolinschek in seinem Debattenbeitrag auf mich verweist und sagt: Na ja, ich glaube schon, dass Frau Mertel ein Doktorat hat! – er glaubt (Zwischenruf des Abg. Dolinschek )  –, kann ich nur sagen: Wie bei jeder Reinigungsfrau beim Amt der Kärntner Landesregierung sind auch meine Dokumente in Originalform überprüft worden, und ich habe Zeugnisse und die Promotionsurkunde vorlegen müssen. Ich nehme an, dass man das Gleiche bei der Beschäftigung von Frau Fabel Ihrerseits auch verlangt hat, denn sonst ist der Vorwurf der mangelnden Sorgfaltspflicht richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Parteizugehörigkeit von Frau Fabel betrifft, kann ich nur das sagen, was ich in der "Kleinen Zeitung" gelesen habe: Sie ist nicht Mitglied der Freiheitlichen Partei, sie stammt aus einem freiheitlichen Elternhaus, und ihr Vater war sogar bei den Burschenschaften. – Das ist zur Freiheitlichen Partei zu sagen. Mehr will ich auch gar nicht sagen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Eines möchte ich aber festhalten: Das bisherige Vorgehen, das Kennzeichen dieser Wenderegierung ist Dilettantismus. Diese Wenderegierung sollte einmal ein Ranking ihrer dilettantischen Fehler und eine Liste ihrer Pannen und Peinlichkeiten machen. Genau in die Reihe dieser Pannen und Peinlichkeiten fügt sich doch nahtlos die Geschichte Fabel ein.

Und wenn große Pannen passieren – in letzter Zeit gab es ja einige: die Ambulanzgebühren, die Unfallrentenbesteuerung (Ruf bei den Freiheitlichen: Früher hat es keine Pannen gegeben?)  –, melden sich plötzlich Ihre Leute, die wahren Lenker dieser Partei, der FPÖ, und versuchen, einzulenken und die Kurve zu kratzen, und die Kritik der SPÖ, die es seit 13 Monaten gibt, wird plötzlich bestätigt.

Wir haben die Budgets und die Treffsicherheitsprogramme dieser SPÖ-, bitte um Entschuldigung, dieser ÖVP/FPÖ-Regierung kritisiert. (Abg. Dr. Ofner: Macht der Gewohnheit!) Wir haben die Treffsicherheitsprogramme kritisiert – und wir werden bestätigt. (Abg. Neudeck: Haben Sie zum Thema auch etwas?) Wir haben von zu hoher Geschwindigkeit – "speed kills" – gesprochen, und wer bestätigt das plötzlich? – Herr Haider und die Frau Vizekanzler. Es heißt: Tempo zurücknehmen. Wer spricht denn jetzt vom Drüberfahren? – Herr Haider. Der Aufwand für die Inserate für Eigenwerbung wurde von uns kritisiert. Und wer bezeichnet sie denn jetzt als "schwachsinnig"? – Herr Haider. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Nicht alles dem Nulldefizit opfern, sagt die SPÖ seit 13 Monaten – Herrn Gaugg ist jetzt der Kragen geplatzt. Er sagt: Nicht alles den schwarzen Nullen unterordnen! – Ich weiß nicht, wen er damit gemeint hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben die unsozialen Belastungen kritisiert. Gaugg meint plötzlich – wörtlich –: Die Grenze der Belastungen für die Bevölkerung und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist erreicht.


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68. Sitzung / Seite 47

Wir sehen uns in unserer Kritik bestätigt, dass die Gesundheitspolitik, die von Ihnen gemacht wird (Abg. Dr. Ofner: Das Urteil des Haider ist Ihnen schon wichtig!), dass die Arbeitsmarktpolitik zu Lasten der Kinder und der Familien geht.

Wir haben noch eine Unterstützung von unerwarteter Seite erhalten, Herr Ofner und Frau Haller und Frau Achatz. (Abg. Dr. Ofner: Bitte, ich habe eine Doktoratsurkunde, die ich herzeigen kann! So viel Zeit muss sein!) Die Besteuerung der Unfallrenten betreffend spricht Haider von einem "unsozialen Ausreißer". Den Regierungskurs bezeichnet er als "falschen Pfad" (Abg. Dr. Ofner: Er ist der Maßstab für Sie, ich weiß es!), und die Familienpolitik – das interessiert mich natürlich auch, Frau Haller – bezeichnet er als "chaotisch". – Leider findet nicht jeder in der Fraktion der FPÖ so deutliche, so offene Worte.

Es war zu lesen, dass Frau Haller dem Kinderbetreuungsgeld, dem Modell der Regierung, nicht zustimmen wird. Heute hätte sie Gelegenheit gehabt, ihre Kritikpunkte und Bedenken zu äußern. Sie hat es nicht getan – aber ich werde es tun.

Das Budget 2002 liegt zwar vor, Herr Minister, aber die Finanzierung des Kinderbetreuungsgeldes ist nach wie vor offen. Die steht noch immer in den Sternen. (Abg. Rosemarie Bauer: Seit wann?) Wir könnten natürlich sagen, berufen wir uns auf astronomische Kenntnisse, aber wir wissen nicht: Ist es ein Familienwürfelspiel, etwa zwischen "Monopoly" und "Mensch ärgere dich nicht"? – Die Kosten sind ein spanisches Dorf. Sie bewegen sich zwischen 13 Milliarden und 24 Milliarden Schilling. Herr Schüssel hat am 6. März gesagt: 16 Milliarden Schilling. Herr Haupt hat am 27. März von 12,7 Milliarden beziehungsweise 16,8 Milliarden geschrieben. Herr Finanzminister Grasser hat am 29. März hier von der Regierungsbank aus gesagt: 16 Milliarden. Die Arbeiterkammer schätzt es auf 24 Milliarden. (Ruf bei den Freiheitlichen: Die Arbeiterkammer!)

Tatsache ist, dass wir noch keinen detaillierten Gesetzentwurf vorliegen haben und wir nicht wissen, wie viele Menschen das in Anspruch nehmen werden. (Abg. Rosemarie Bauer: Sehr viele!) Daher können Sie auch noch gar keine Zahlen haben, und das, was im Budget steht, ist ein Kuckucksei, ein Buch mit sieben Siegeln. Sie haben uns versprochen, dass wir diesen detaillierten Gesetzentwurf bis nach Ostern haben werden.

Aber da fällt mir ein, Sie haben uns schon einmal etwas versprochen: Im November hat der Herr Minister gesagt, dass wir bis zum Jänner den Begutachtungsentwurf haben werden. Herr Minister, es ist schon April. Es sind immerhin drei Monate vergangen, und wir haben noch immer nichts.

Sie sind sich ja selbst noch nicht klar darüber, wie es inhaltlich ausschauen soll. In den Medien und Pressemeldungen sind ständig irgendwelche Zurufe zu verfolgen: einmal von den FPÖ-Ministern, dann von den ÖVP-Ministern – immer unterschiedliche Vorschläge zum Kinderbetreuungsgeld! (Abg. Dr. Spindelegger: Sie sind ja dagegen, Frau Mertel! Sie sind prinzipiell dagegen!) Herr Minister, das ist ein Verwirrspiel! Sie verunsichern die jungen Väter und Mütter. Die wissen nicht, woran sie sind und was ihnen zusteht. (Abg. Böhacker: Sie lassen sie im Regen stehen!)

Sie haben bisher alles einer einzigen – einer einzigen! – familienpolitischen Idee, die Sie seit – das ist auch eine unendliche Geschichte – drei Jahren beherrscht, untergeordnet: dem Kinderbetreuungsscheck! (Abg. Steibl: Sie reden immer vom "Scheck", das heißt "Kinderbetreuungsgeld"!) Die Kinderbetreuung, die Kinderbetreuungseinrichtungen, die ja der wesentliche Faktor für die Vereinbarung von Beruf und Familie sind, lassen Sie austrocknen.

Herr Minister, Sie haben im Budgetausschuss gesagt: Die Vergabe der Mittel aus der Kindergartenmilliarde wurde im Jahr 2000 abgeschlossen, und in meinem Ressort gibt es für das Jahr 2002 keine Ansätze für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Im Klartext: Für Sie ist das Kapitel Kinderbetreuung abgeschlossen, kein Thema mehr, denn Sie wollen in Wirklichkeit weder Kinderbetreuungsplätze noch Vorschuleinrichtungen finanzieren. Sie kürzen bei den Bildungsausgaben, bei der Schule, bei den LehrerInnen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner. ) Sie brummen StudentInnen Studiengebühren auf, nur damit Sie auch


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68. Sitzung / Seite 48

jenen Kindergeld zahlen können, die es auf Grund ihrer ökonomischen und sozialen Lage gar nicht brauchen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein Schlagwort von Ihnen: Das ist "neu regieren"! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Richtig!)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber. (Abg. Haller  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werde mich daran halten, Herr Präsident!)

11.43

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Mertel, hat behauptet, sie hätte gelesen, dass ich gesagt hätte, ich würde dem Kinderbetreuungsgeld nicht zustimmen. (Abg. Dr. Mertel: In "NEWS"!) – Das ist nicht richtig. Das kann sie nicht gelesen haben, weil ich das nie gesagt habe. (Beifall bei den Freiheitlichen.  – Abg. Dr. Mertel: In "NEWS"!)

Ich habe vielmehr gesagt – und nur das ist Faktum! –, dass ich auf bestimmte Knackpunkte, auf bestimmte Schwierigkeiten hinweisen möchte, die noch abzuklären sind. Und das geschieht derzeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

11.43

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Mertel, stellenweise habe ich echt Angst gehabt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Nachdem Sie so große Übereinstimmung mit Dr. Haider aus Kärnten hier geäußert haben (Abg. Dr. Mertel: Um Gottes willen, wobei!? Klären Sie mich auf!), habe ich mir gedacht: Sie werden wahrscheinlich nicht die Letzte sein – Sie sind es ja auch nicht –, die mit fliegenden Fahnen zu Dr. Haider überläuft. In Kärnten gibt es ja schon einige Beispiele dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Was meinen Sie? Was meinen Sie?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Petrovic hat sich über die 200 000-S-Grenze beim "Karenzgeld für alle" mokiert. Herr Kollege Leikam hat geschrien, das wäre ein schwarz-blauer Skandal. Er ist jetzt nicht im Saal, aber er hat dabei natürlich mit dem milden Ohr des Herrn Präsidenten gerechnet, der ihm hiefür keinen Ordnungsruf erteilt hat.

Ich darf Ihnen nur sagen, ich verstehe nicht ganz, Frau Kollegin Petrovic – man möge es ihr ausrichten –, wieso Sie das in all den Jahren nie kritisiert haben, da die bisherige Zuverdienstgrenze bei lediglich einem Viertel lag und viele allein verdienende Frauen stark davon betroffen waren, weil sie oft arbeiten gehen und auf das Karenzgeld verzichten mussten. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Wenn man etwas skandalisiert, sollte man vielleicht ein bisschen längerfristig denken und nachvollziehbarer sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Richtig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die größten Erfolge für die Frauen und in der Frauenpolitik konnten wir immer dann erzielen – und das müssen, glaube ich, alle zugeben, die schon länger hier im Hause sind –, wenn wir geschlossen für etwas eingetreten sind. In der Vergangenheit war das sehr oft der Fall. Ich kritisiere daher auch nicht die Politik, die wir gemeinsam mit den Sozialdemokraten gemacht haben. Aber es hat sich gerade in den letzten Jahren der Regierung herausgestellt, dass die Wege und die Vorstellungen – die Ziele selbst sind gar nicht so sehr voneinander abgewichen – durch ideologische Barrieren nicht gemeinsam bewältigbar waren. Es hat daher vieles gegeben, das wir nicht in Angriff nehmen konnten.


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68. Sitzung / Seite 49

Es waren nicht die bürgerlichen Frauen, die auf die Straße gegangen sind, die das Frauen-Volksbegehren initiiert haben und gegen die sozialistische Politik, gegen die sozialistische Frauenpolitik (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm )  – denn in Ihrer Verantwortung war sie, angefangen von Dohnal bis zur Kollegin Prammer – protestiert haben, sie in Grund und Boden verdammt haben.

Wir haben immer gesagt, es war vieles nicht umsetzbar, aber man darf nicht vergessen, dass auch viel geschehen ist. – Das dazu.

Es hat mich daher mit besonderer Freude erfüllt, als ich gestern in einer heutigen Tageszeitung ein Foto und eine Aktion der SPÖ-Frauen gefunden habe, die heißt: "Hürden abbauen".

Liebe Kolleginnen der SPÖ-Fraktion! Am 25. Mai 1991 wurde ich in Innsbruck zur Vorsitzenden der ÖVP-Frauen gewählt. (Abg. Dr. Mertel: Gratuliere!) Das Motto damals: "Hürden abbauen". (Abg. Dr. Mertel: Noch besser!) Ich darf Ihnen eine Reihe von Anträgen zeigen, die wir damals als "Hürden" bezeichnet haben. – Nur keinen Neid, ihr seid nur ein bisschen spät dran, möchte ich euch sagen. (Beifall bei der ÖVP.) Aber: Willkommen im Club! Ihr braucht halt länger. Wir haben das zu spät erkannt, Frau Kollegin Mertel. (Abg. Dr. Mertel: "Schau mir in die Augen", Kleiner!) Ihr habt nur zu wenig auf uns gehört, und das ist jetzt auch noch so, da ihr manches einfach gar nicht anschaut (Abg. Dr. Mertel: "Schau mir in die Augen", Kleiner!), bis hin zum Kollegen Maier, der noch immer nicht gelesen hat, was wir beschlossen haben, und Unwahrheiten behauptet. Es ist notwendig, einander zuzuhören – gerade in der Frauenpolitik!

Ich freue mich, auch wenn ihr zehn Jahre gebraucht habt, dass ihr jetzt so weit seid. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen Unterschied muss ich aber schon herausstreichen: Wir als Politikerinnen haben uns dazu verstanden, Hürden wegzuräumen  – ich glaube, das ist unsere Aufgabe. Ihr überspringt sie, habe ich gesehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Aber es ist eine falsche Annahme, zu meinen, dass Hürden überspringbar sind. Ich möchte diese Hürden nicht mehr sehen. Das heißt also, wir müssen sie wegräumen.

Ich verstehe, es ist das eine tolle Aktion – ich habe sie ja schon gemacht, daher muss ich sie ja loben. (Beifall bei der ÖVP.) Und bei dieser Aktion sieht man, dass die Sportlerin Graf die gläserne Decke überspringt. – Bitte, das ist sachlich falsch. Die gläserne Decke, nämlich die Decke, die verhindert, dass Frauen trotz gleicher Qualifikation aufsteigen können, kann man nicht überspringen, sondern die muss man zertrümmern! Aber vielleicht bin ich, weil ich Lehrerin bin, ein bisschen kleinlich, und es kann schon einmal passieren, dass solch ein kleiner Fehler gemacht wird. Aber ich freue mich: Ihr seid auf einem guten Weg! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, welche Hürden wir damals abbauen wollten. Forderungen, die wir mit Ihnen von der SPÖ nicht verwirklichen konnten, waren: Anrechnung der Kindererziehungszeiten pensionsbegründend (Abg. Steibl: Das machen wir!); Anrechnung der Pflegezeiten für die Pension bei kranken Angehörigen (Abg. Steibl: Das haben wir schon beschlossen!); "Karenzgeld für alle" aus der sozialen Gerechtigkeit heraus (Abg. Steibl: Das kommt!), für Hausfrauen, Studentinnen, Selbständige und Bäuerinnen – da waren wir unmittelbar vor einer Initiative –; Abbau von Hürden betreffend den Wiedereinstieg; Lockerung des Arbeitszeitkorsetts und Dazuverdienst während der Karenzzeit. – Sprengt also die Ketten, wenn wir Hürden wegräumen und beseitigen wollen!

Wir hatten eine Menge solcher Punkte: besserer Zugang zur Eigenpension. Das ist ein Quantensprung gegenüber all dem, was wir in der alten Regierung ausverhandeln konnten. Das heißt, wir haben lange gebraucht, dorthin zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Reheis. )

Bildung und Ausbildung, Verbesserung des Zugangs zu Bildung und Ausbildung, um die Einkommensschere zu schließen und auch eine bessere Altersabsicherung zu haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe natürlich bewusst diese Punkte herausgesucht, die bisher nicht lösbar waren.


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68. Sitzung / Seite 50

Jetzt werden all die Punkte, die ich vorgelesen habe, auch einer Lösung zugeführt, nämlich mit dem "Karenzgeld für alle", der Pensionssicherung, Eigenpension. (Abg. Reheis: Ambulanzgebühr! Unfallrentenbesteuerung!) Im Gegensatz zu Frau Prammer – das muss ich Ihnen auch sagen –, die sogar die Witwenpension abschaffen wollte, stehen wir für eine Verbesserung der Altersvorsorge für die Frauen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Sie lesen keine Zeitungen oder auch die falschen, wie man jetzt gesehen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir hier – zugegeben: aus bürgerlicher Sicht – einen Quantensprung in der Frauenpolitik vor uns haben und machen werden. Sie werden sehen, die betroffenen Frauen werden begeistert sein! Es fragen ja jetzt schon viele, wann das für sie in Frage kommt. Die Erweiterung des Karenzgeldes von einem Jahr auf zwei Jahre war schon der Hit – das wissen Sie alle. An den Ärger, den es gab, an die Empörung, als wir ein halbes Jahr zurücknehmen mussten, erinnern wir uns heute noch. Das sitzt mir heute noch tief in den Knochen.

Ich glaube, dass diese Politik auf dem richtigen Weg ist und dass wir mit "neu regieren", mit dieser neuen Politik, mit dem neuen Koalitionspartner diese Dinge auch durchsetzen werden und wollen, die wir bürgerliche Frauen schon vor zehn Jahren moniert haben und einer Lösung zuführen wollten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber.

11.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Frau Abgeordnete Bauer hat in ihren Ausführungen behauptet, dass die Grünen oder ich am bisherigen Karenzgeld, was die Zuverdienstmöglichkeiten für Frauen betrifft, keine Kritik geübt hätten. – Dies ist unrichtig!

Unsere Kritik am bestehenden Modell war sogar so stark, dass wir ein ganz anderes und in sich konsistentes Modell der Grundsicherung, das insbesondere Frauen und Studierenden zugute käme, entwickelt haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.52

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren auf der Galerie und hier im Plenum! Herr Minister Haupt, Sie haben zuvor die Höhe des Gehalts – inklusive Überstunden – Ihrer Kabinettschefin verteidigt, und zwar mit dem Argument, die Bezahlung wäre der Leistung entsprechend sehr wohl gerechtfertigt. Das, was Sie hier wieder nicht – wie auch schon das letzte Mal, als das hier im Plenum thematisiert wurde – zur Kenntnis genommen haben, ist: dass es einen Unterschied gibt, ob jemand über einen Leihvertrag beschäftigt wird zur Umgehung des Dienstrechts, weil im Rahmen des üblichen Schemas diese Gehälter nicht zu zahlen sind, oder eben aus einer anderen Institution in das Kabinett übernommen wird. Da ist wohl ein Unterschied! Und bei Ihrer Mitarbeiterin, die jetzt noch dazu nicht einmal den angegebenen akademischen Grad hat, war das, um das Dienstrecht zu umgehen und ein solch hohes Gehalt zahlen zu können. Das hat mit der Leistung vorrangig einmal nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Kollegin Bauer! Sie haben gemeint, vom Frauen-Volksbegehren wurde zwar nicht alles, aber doch sehr vieles in diesem Haus umgesetzt. (Abg. Rosemarie Bauer: Nein!) Was ist denn das? – Sie haben gesagt, es wurde vieles umgesetzt; vielleicht habe ich Sie falsch verstanden.


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68. Sitzung / Seite 51

Das Einzige, das umgesetzt wurde, ist eine viel zu weiche Bestimmung in der Verfassung, aber sonst ist nichts davon umgesetzt worden – weder von Ihnen noch von der SPÖ, die damals ja gemeinsam mit Ihnen in der Regierung war.

Da Sie jetzt so toll gesagt haben, was Sie alles getan haben, um in diesem Bereich Hürden abzubauen, und das schon vor zehn Jahren: Das, was Sie jetzt gemeinsam mit der FPÖ machen, ist, neue Hürden für Frauen aufzubauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wo denn?) Sie machen nämlich Frauenpolitik nur für den Bereich, wo Frauen als Mütter und Betreuungspersonen angesprochen werden, aber nicht dort, wo es um eine unabhängige Lebens- und Existenzsicherung für Frauen geht.

Die gemeinsame Obsorge, das Kindergeld, die Abschaffung der Mitversicherung von Frauen ohne Kinder, all das sind Bereiche, womit Sie Frauen ansprechen, die Mütter sind oder Betreuungspflichten haben, wo es aber nicht um die Sicherung der Eigenständigkeit geht. Und das ist genau das, was vom Komitee in New York, vom CEDAW-Komitee, das die Umsetzung der Frauenrechtskonvention überprüft, an Österreich kritisiert wurde. (Zwischenruf der Abg. Haller. – Ja, aber die ÖVP war gemeinsam mit der SPÖ in der Regierung, und Sie setzen diese Politik jetzt fort beziehungsweise verschärfen sie sogar. (Abg. Böhacker: Das ist eine irrige Ansicht!)

Dieses Komitee hat damals gesagt: Eines der größten Hindernisse ist – und das war vor einem Jahr (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Haller –, dass die Umsetzung der Frauenkonvention vor allem dadurch behindert ist, dass in Österreich dieses traditionelle, stereotype Klischee von Frauen als Hausfrauen und Betreuungspersonen immer noch vorherrscht. Und das verschärfen Sie jetzt noch mit den Maßnahmen, die Sie setzen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Silhavy. )

Aber nun zu einigen konkreten Punkten, die auch das Budget betreffen.

Herr Minister Haupt! Sie haben vor wenigen Wochen einen Entwurf betreffend Kriterien zur Vergabe von Förderungen von Frauenprojekten herausgegeben. Es ist ja grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass die Frauen- und Mädcheneinrichtungen in Österreich endlich einmal etwas haben und wissen, worauf sie sich verlassen können, was sie beantragen können und welche die Kriterien für eine Förderung sind. (Abg. Böhacker: Klarheit und Transparenz!) Klarheit und Transparenz, das ist ja grundsätzlich in Ordnung, aber lassen Sie mich auf einzelne der Punkte, die enthalten sind, eingehen, wo ich denke, dass Sie da irgendetwas nicht ganz richtig verstanden haben. Es geht in eine Richtung, die ich auf keinen Fall begrüßen kann.

Zum Beispiel steht da zu lesen: Förderungen werden insbesondere gemeinnützigen Organisationen, privaten Rechtsträgern gewährt. Diese haben das Gleichbehandlungsgesetz zu beachten und den Anordnungen der Gleichbehandlungskommission nachzukommen. – Was soll das bei Kriterien zur Vergabe von Förderung von Frauenprojekten heißen?

Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, dass in den meisten frauen- und mädchenspezifischen Einrichtungen ausschließlich Frauen tätig sind? Heißt das jetzt vielleicht, dass Sie diesen Einrichtungen vorschreiben wollen, dass sie nur noch Männer anstellen dürfen, zum Beispiel im Frauenhaus zur Betreuung von Frauen, die wegen Männergewalt in das Frauenhaus gegangen sind? Heißt das etwa, wenn Sie sagen, dass das Gleichbehandlungsgesetz zu beachten ist, dass das Ihr nächster Schritt ist? Oder soll vielleicht auch diese frauenspezifische Arbeit anderen Organisationen übertragen werden und nicht mehr denen, die schon seit Jahren in diesem Bereich tätig sind?

Ich denke, den bestehenden Einrichtungen, die seit Jahren und teilweise Jahrzehnten in diesem Bereich ganz wichtige Arbeit leisten, braucht man nicht mehr zu sagen, dass sie das Gleichbehandlungsgesetz einhalten sollen. Wem das allerdings schon zu sagen wäre – und da fehlt mir von Ihnen eine Aussage oder ein Kriterium in diese Richtung –, sind Firmen und Unternehmen, die Förderungsmittel des Bundes erhalten und vielleicht auch überprüft werden sollten dahin gehend, ob sie das Gleichbehandlungsgesetz beachten.


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68. Sitzung / Seite 52

Herr Minister! Sie haben übrigens in einer Anfragebeantwortung – auf eine Anfrage meiner Kollegin Petrovic – am 24. Jänner gesagt, dass es Ihnen sehr wohl sinnvoll erscheint, "wenn der Bund zur Verfolgung gesellschaftspolitischer Ziele auch seine wirtschaftliche Kaufkraft einsetzt", und dass Sie Anreize für Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen wollen, Frauenförderungsmaßnahmen in den Betrieben zu setzen.

Sie haben auch geschrieben, dass Sie Ihre Ressortkollegen ersucht haben, für die Umsetzung dieser Richtlinien Sorge zu tragen. – Herr Minister, ich frage Sie heute: Haben Sie von Ihren Kollegen schon eine Antwort bekommen? Und was werden Sie tun, wenn diese sagen, dass ihnen das kein Anliegen ist? In welcher Richtung werden Sie dann tätig sein?

Ein weiterer Punkt: Bei den förderbaren Kosten in Ihren Kriterien steht: Es werden Kostenzuschüsse zu den Projekten gewährt, dies nur insoweit, als die Werber oder Werberinnen nicht in der Lage sind, das Vorhaben aus Eigenmitteln beziehungsweise aus Kostenbeiträgen der Projektteilnehmerinnen durchzuführen.

Herr Minister! Sie sagen, Sie sind Frauenminister. Die Zielsetzung bei der Förderung von Fraueneinrichtungen muss doch die Sicherung einer Sockelfinanzierung sein. Diese Frauen- und Mädcheneinrichtungen müssen doch die Garantie haben, dass es dann, wenn andere Fördergeber ausfallen, wenn die EU zum Beispiel nicht zahlt, eine Minimalausstattung gibt, die zur Verfügung steht. Dazu hat sich auch Österreich mit der Ratifizierung der UNO-Frauenrechtskonvention verpflichtet.

Außerdem steht da drinnen, dass Lohn- und Sachkosten, die nur der Aufrechterhaltung des Vereines und der Organisation dienen, also reine Verwaltungstätigkeit, nicht finanziert werden können. – Herr Minister, ist Ihnen bewusst, dass ein großer Teil des Verwaltungsaufwandes darin besteht, die Unterlagen zu beschaffen und all die Formulare et cetera auszufüllen, damit man überhaupt in den Genuss solch einer Förderung, zum Beispiel Ihres Ministeriums, kommt?

Wenn Sie nicht bereit sind, Herr Bundesminister, solche Basisarbeiten auch zu finanzieren, dann bedeutet das, dass Sie damit indirekt die Fraueneinrichtungen aushungern, denn diese Basisarbeit muss geleistet werden. (Beifall bei den Grünen.) Das wäre so, als ob man einem Ministerium sagen würde, der Verwaltungsaufwand werde nicht mehr finanziert. Das geht in die falsche Richtung!

Ein weiterer Punkt: In diesem Kriterienkatalog steht auch drinnen, dass es für die so genannten spezifischen Einrichtungen Bestimmungen gibt, in welchen es heißt, dass der Zweck dieser Einrichtung die Frauenförderung, die Information, die Beratung und die Betreuung sind.

Herr Minister! Was ist mit den Frauen-Kulturzentren? Was ist mit den Frauen-Gesundheitszentren? Was ist mit den Organisationen von Migrantinnen, die gerade in Österreich kein leichtes Leben haben? Was ist mit frauenspezifischen Medien? Diese kommen in dem ganzen Entwurf nicht vor.

Nächster Punkt: In diesem Kriterienkatalog steht auch drinnen, es müsse bei den spezifischen Einrichtungen der Bedarf gegeben sein! Aber es wird nicht gesagt, Herr Minister, wer das beurteilen soll. Die Bedarfsfeststellung oder deren glaubhafte Darlegung muss doch den Fraueneinrichtungen obliegen. Oder haben Sie etwa vor, Unternehmensberatungsfirmen damit zu beauftragen, das zu überprüfen? Herr Minister! Das müssen die Frauenorganisationen selbst tun können!

In diesem Papier gibt es viele Unklarheiten und viele Fragen. Ich fordere Sie auf, dass Sie diese Richtlinien gemeinsam mit den Frauenorganisationen ausarbeiten, denn auch das wäre genau im Sinne dessen, was das Komitee zur Überprüfung der Umsetzung der Frauenrechtskonvention letztes Jahr gefordert hat, nämlich dass die Regierung verstärkt mit den Einrichtungen der Frauenförderung, mit den diversen Fraueninstitutionen zusammenarbeiten soll.


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Ein letzter Punkt: In den Empfehlungen zur Konvention steht drinnen: Eine regelmäßige Evaluierung der geschlechterbezogenen Auswirkungen staatlicher budgetärer Mittel ist zu gewährleisten, und zwar vor allem auch dann, wenn sie Frauen betreffen.

Herr Minister! Wie sieht es aus mit einem Gender Impact Assessment des Budgets? "Frauenverträglichkeitsprüfung" ist vielleicht nicht die gelungenste Übersetzung, aber dort kommt es in etwa hin. – Wenn das Budget der in Zahlen gegossene politische Wille ist, dann müsste er doch auch gemäß Ihrer Regierungserklärung der in Zahlen gegossene Wille zur Gleichstellung der Geschlechter sein! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Bis wann haben Sie vor, die Auswirkungen des jetzigen Budgets, das heute beschlossen werden wird, auf Frauen, all das, was das im Gesamten bedeutet, vorzulegen? Auch das ist nämlich eine Aufforderung, die von Seiten der UNO an Österreich ergangen ist. Auch ich fordere Sie auf, diesem Hohen Haus eine derartige Auswertung so bald wie möglich vorzulegen! (Beifall bei den Grünen.)

12.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, ich gebe Ihrem Wunsch statt, da Sie hier persönlich einbezogen wurden und ich davon ausgehe, dass Sie sich dem Vorwurf der Unwahrheit widersetzen wollen. – Bitte.

12.03

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Haller hat in ihrem Redebeitrag behauptet, dass ich die Unwahrheit gesagt habe, als ich zitierte, dass sie, nämlich Frau Haller, dem Regierungsmodell des Kinderbetreuungsgeldes im Parlament nicht zustimmen will.

Ich stelle richtig und verweise auf das "profil" vom 2. April 2001, Seite 27. Da kann man Folgendes nachlesen:

"Neben Reinhart Gaugg und anderen probte auch die freiheitliche Familiensprecherin Edith Haller den Aufstand und drohte an, dem Regierungsmodell des Kindergeldes im Plenum nicht zuzustimmen." (Beifall bei der SPÖ.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zierler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.04

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Mertel, was Ihr Zitat aus dem "profil" betrifft, darf ich Ihnen mitteilen, dass Kollegin Haller mit "profil" nie gesprochen hat. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang auch sagen, dass es einen Unterschied zwischen veröffentlichter Meinung und der wirklichen Meinung gibt. Sie sollten sich die APA-Aussendung beziehungsweise das APA-Interview von Frau Kollegin Haller anschauen, dann wüssten Sie, was wirklich Fakt ist und was wirklich gesagt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das passt natürlich wunderbar in das Bild, das Sie uns heute Vormittag hier wieder einmal bieten. Ich muss sagen, ich habe wirklich den Eindruck, mich hier in einer Märchenstunde zu befinden. Das könnten Grimms Märchen oder Andersens Märchen sein, oder das könnte vielleicht etwas Zeitgenössisches, zum Beispiel Werke von Tegetthoff, sein, aber auf jeden Fall ist es eine Märchenstunde – mit einer großen Erkenntnis: Frau Kollegin Mertel, ich gratuliere zu Ihrer Erkenntnis, dass auch für die SPÖ mittlerweile Jörg Haider zum Maßstab geworden ist. Herzliche Gratulation! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier das Kapitel "Soziales" auf dem Programm. Ich frage mich wirklich: Was hätten Sie heute hier getan, was hätten Sie heute hier gesagt, gäbe es den Fall Fabel nicht? Haben Sie sich mit den Inhalten dessen, worüber wir heu


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te hier diskutieren wollen, überhaupt auseinander gesetzt? Oder haben Sie erkannt, dass es für die Opposition, noch dazu für eine Opposition, die vielleicht das Handwerk noch nicht so richtig beherrscht, eigentlich ohnehin keine Einwände gibt, und lenken Sie deswegen von den Inhalten, die am Programm stehen, ab? Meine Damen und Herren von der SPÖ, das ist Ihnen nicht gelungen!

Ich halte nicht sehr viel davon, dass wir eine Debatte zu einem so wichtigen Thema, wie wir es heute zu diskutieren haben, noch dazu, wo es sich um eine Budgetdebatte handelt, ausschließlich zum Polemisieren verwenden, sondern ich bin dafür, dass wir wirklich über die Inhalte sprechen. Ich möchte mich jetzt mit der Frauenpolitik auseinander setzen.

Meine Damen und Herren! Jahrzehntelang war die Frauenpolitik in ein Ghetto eingesperrt, in welchem Frauen hauptsächlich als Sozialwesen mit Sonderwesencharakter behandelt wurden. Man hat gesehen, dass diese sozialistische Sichtweise eindeutig zu einem Scheitern der Frauenpolitik geführt hat. Die sozialistische Frauenpolitik hat wenig bis gar nichts erreicht, nach wie vor klafft die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern weit auseinander, nach wie vor ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen ein sehr großes Problem.

Ich frage mich auch wirklich: Wo haben Sie Handlungen gesetzt? – Wenn ich mir zum Beispiel anschaue, in welchen Führungsetagen es Frauen gibt oder wie viele Frauen es in Führungsetagen gibt, dann muss ich Sie fragen: Was haben Sie eigentlich getan?

Schauen wir uns zum Beispiel den Bereich der Medien an, weil Frau Kollegin Lunacek frauenspezifische Medien angesprochen hat! – Ich weiß schon, dass sie es anders gemeint hat, denn das wäre wieder das Kasterl-Denken: Nur für Frauen eine Zeitung, von Frauen gemacht. – Aber ich frage mich wirklich: Warum gibt es im Bereich der Medien, zum Beispiel im Bereich des ORF, kaum Frauen in Führungspositionen? Es ist doch allgemein bekannt – nicht nur mir, einer ehemaligen ORF-Mitarbeiterin, die das 15 Jahre lang gesehen hat –, dass Sie für die Besetzung dieser Posten maßgeblich verantwortlich waren. Warum gibt es nur eine Landesintendantin? Warum gibt es nur eine Programmintendantin?

Oder schauen wir in den Bereich der Printmedien! – Es gibt zahlreiche Journalistinnen und Redakteurinnen, aber schauen wir auf die hohe Ebene, schauen wir einmal, wie viele Herausgeberinnen es gibt, wie viele weibliche Chefredakteure es in Österreich gibt! Nennen Sie einmal die Namen der "zahlreichen" Frauen in den Führungsetagen im Medienbereich! Das war für Sie nie ein Thema! Aber jetzt meinen Sie plötzlich, sagen zu müssen, dass alles, was jetzt gemacht wird, nicht mehr in Ordnung sei.

In diesem Zusammenhang weise ich nur auf die Besetzung der Regierungsämter hin: Vizekanzlerin und gleichzeitig auch Ministerin ist eine Frau, nämlich Dr. Susanne Riess-Passer. Wir haben immer gesagt, wir brauchen keine Frauenquote, trotzdem sieht es bei uns, was die Frauenquote betrifft, hervorragend aus. So sind 40 Prozent der Funktionen auf Führungsebene im Ressort der Vizekanzlerin mit Frauen besetzt, und insgesamt haben 60 Prozent der Stellen in ihrem Ressort Frauen inne. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Ziel unserer Frauenpolitik ist es, jene Rahmenbedingungen zu realisieren, die Frauen ein eigenes, ein freies und ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das heißt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss verwirklicht werden: durch neue, durch flexible Arbeitszeitmodelle (Abg. Mag. Lunacek: Auch für Männer?), durch das Kinderbetreuungsgeld, durch flexible und bedarfsgerechte Kinderbetreuungseinrichtungen, durch die Schaffung eines qualifizierten Berufsbildes der Tagesmütter und der Tagesväter und durch die Aufwertung der Familienkompetenz.

Die Rückkehr der Frauen in die Berufswelt muss reibungsloser funktionieren. Frauen müssen auch im Alter oder bei Trennung eine finanzielle Absicherung haben, sie müssen auch Möglichkeiten zum Wiedereinstieg in den Beruf haben. Gewalt an Frauen und an Kindern muss bedingungslos bekämpft werden. Auch diesbezüglich hat unser Justizminister schon einige Handlungen gesetzt.


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Meine Damen und Herren! Das verstehen wir unter Frauenpolitik!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie heute hier auf der Galerie anwesend sind, die Sie heute hier zuhören, ich glaube, Sie können sich ein eigenes Bild davon machen, was hier Polemik ist und was im Gegensatz dazu Inhalte sind, und zwar Inhalte, deren Umsetzung sich diese schwarz-blaue Bundesregierung vorgenommen hat und die diese Bundesregierung auch umsetzen wird.

Folgendes ist mir heute noch aufgefallen: dass erstaunlicherweise keine Kritik mehr an unserem männlichen Frauenminister Haupt kommt! Auch dazu darf ich Ihnen gratulieren. Offensichtlich teilen Sie die Erkenntnis von Alice Schwarzer, die gesagt hat, dass ein kluger, integrer Mann die Agenden des anderen Geschlechts besser wahrnehmen könne als eine dumme reaktionäre Frau. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: So wie Sie!)

12.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.10

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich schließe nahtlos an die Rede von Frau Abgeordneter Zierler an und sage: Dort, wo keine Frauenpolitik gemacht wird, kann es auch keinen Frauenminister geben! – So viel zur Kritik an einem nicht vorhandenen Frauenminister. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Bauer! Wir streiten nicht um Hürden, sondern wir versuchen, sie zu beseitigen. Das ist offensichtlich der Unterschied zu Ihnen. Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihren Redebeitrag, denn endlich haben Sie klargestellt, wer in 13 Jahren unserer Koalitionszeit wirklich die Frauenpolitik verhindert hat. Ich habe es noch nie so deutlich von einem Rednerpult aus sagen gehört. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt, meine Damen und Herren, fabuliere ich nicht, sondern stelle fest: Österreich hat in den letzten Tagen sehr viel gelernt. Erstens: Schuld haben immer die anderen, und zweitens: Das Wort "Verantwortung" wird grundsätzlich aus dem Sprachgebrauch der Regierungsparteien verbannt, und zwar Verantwortung der Minister, Verantwortung vor allen Dingen auch eines Frauenministers, so er vorhanden wäre – Verantwortung gibt es ganz einfach nicht, Verantwortung wird abgelegt. Verantwortung haben andere zu tragen, von den Oppositionsparteien bis hin zu angeblich roten Verfassungsrichtern, nur selbst will man nicht schuld sein. Das zieht sich sehr deutlich auch durch die Politik, die Sie in diesem Bereich betreiben und die man wahrlich nicht als Frauenpolitik bezeichnen kann. (Ruf bei den Freiheitlichen: Man soll nie von sich auf andere schließen!)

Vor ungefähr einem Monat, am 8. März – das wissen wir ja alle –, gab es den Frauentag, und da hat es überraschenderweise – eigentlich nicht überraschenderweise, wenn man ganz ehrlich ist – viele, viele Aussendungen von Seiten der Regierungsparteien gegeben. Da ist alles Mögliche auf den Tisch gekommen, angekündigt und versprochen worden. Jetzt ist es ein Monat später, und es ist nichts mehr von all dem zu hören. Damals ist von "Gender Mainstreaming" und "Halbe-halbe" bis zu bezahlter Weiterbildung und Absicherung der Frauenprojekte gesprochen worden.

Jetzt, wo das Budget vorliegt, wo die Rahmenbedingungen vorliegen, sehen wir, dass genau das Gegenteil passiert ist. Es ist mehrfach gesagt worden, und zwar nicht nur heute, sondern auch in den letzten Tagen, dass es Ihnen nicht einmal in gut einem Jahr, in fünf Viertel Jahren, gelungen ist, einen Kindergeldentwurf vorzulegen, um wenigstens Klarheit für die Eltern zustande zu bringen. Nicht einmal das schaffen Sie für die betroffenen Menschen.

Aber dafür richten Sie eine Männerabteilung ein, um offensichtlich das Geld, das sehr dringend für Frauenanliegen notwendig wäre, dorthin umzuschichten. Geld und Ressourcen werden in die Männerabteilung umgeleitet. Den Frauen aber wird es rundherum fehlen.


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Sie geben den Frauen keine Bildungschancen. Sie brechen gegen Frauen unsere Verfassung. Ich bin mir sicher, dass auch die Verfassungsrichter eindeutig entscheiden werden, was das Pensionsalter der Frauen betrifft. Sie belasten die Schwächeren. Sie haben das auch in dieser Woche wieder hervorragend unter Beweis gestellt. Sie haben gezeigt, wie toll Sie es bewerkstelligen können, bei den Ambulanzgebühren in einer zweiten Fassung mit Husch-Pfusch drüberzufahren und damit vor allen Dingen den Frauen eine weitere Hürde – um von den Hürden zu reden, Frau Bauer – aufzuerlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie schaffen ein Gesetz betreffend die gemeinsame Obsorge. Sie reagieren zynisch auf mögliche Antworten auf ein derartiges Gesetz, nämlich auf eine Antwort bezüglich eines neuen Unterhaltsrechtes.

Frau Abgeordnete Steibl, Sie haben – und das finde ich schon sehr eigenartig – offensichtlich überhaupt kein Problem damit, dass man den Frauen auch in Zukunft, noch dazu mit diesem Obsorgerecht, den Rucksack umgehängt lässt, wo sie Monat für Monat oft nicht wissen: Wird der Mann jetzt überweisen, oder wird er nicht überweisen? Der Vorschlag, das Ganze von Staats wegen zu machen, wäre nur die logische und konsequente Antwort, aber dazu sind Sie ja nicht bereit. Das haben wir ganz eindeutig erkannt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie drücken durch die Regierung das Objektivierungsgesetz durch – etwas entschärft, das mag schon sein –, und in diesem Objektivierungsgesetz, das Sie jetzt durch den Ministerrat gejagt haben, geben Sie wiederum große Verantwortung ab. Das heißt, mit einem derartigen Objektivierungsgesetz möchten Sie genau eine solche Situation, wie Sie sie heute hatten, vermeiden, damit Sie für Entscheidungen ja nicht verantwortlich sein müssen, nach dem Motto: Dazu haben wir dann irgendwelche Senate und Kommissionen, und dann können wir als Regierung ungeniert alles tun, denn Verantwortung tragen auch da dann wieder andere. – So werden Sie es mit uns nicht spielen können, meine Damen und Herren!

Was das Objektivierungsgesetz betrifft: Da geht es um eine ganz klare Benachteiligung und Aushöhlung und Unterwanderung des Gleichbehandlungsgesetzes.

Zur Frauenförderung: Frau Abgeordnete Lunacek hat schon auf die Richtlinien für die Frauenförderung hingewiesen. Auch ich habe sie mir genau angeschaut. Wissen Sie, das ist halt der Unterschied: Frühere Frauenministerinnen haben sich immer dazu verstanden, die Ersten zu sein, die Sprecherinnen zu sein, es wirklich zu ermöglichen, dass zum Beispiel auch Länder nachziehen, auch Druck in den Bundesländern zu erzeugen, damit Frauenförderungen gegeben wurden. Sie hingegen schreiben in diese Förderkriterien hinein: Alle anderen müssen zunächst zugesagt haben. Und dann überlegt es sich vielleicht der Minister, ob er auch eine Förderung gibt. Das heißt im Klartext, dass ein Projekt nach dem anderen ins Strudeln kommen wird. Einige haben genau aus dieser Situation heraus schon zusperren müssen, die Ersten im Westen Österreichs. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur Höhe der Förderungen mag ich schon gar nichts mehr sagen. Ich habe es jetzt ganz genau nachgerechnet, Herr Minister, und Sie können es mir nicht widerlegen: Sie haben auch heuer wieder weniger Geldmittel zur Verfügung, als ich zuletzt im Jahr 1999 hatte. Das heißt, Sie haben es nicht einmal in drei Budgets zustande gebracht, über diese Höhe, die absolut nicht ausreichend war – das habe ich immer gesagt –, zu kommen. Es reicht Ihnen viel weniger. Sie geben den Frauen einfach die Chancen, die sie bräuchten, nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein paar Worte noch zum geplanten Kinderbetreuungsgeld. Wir werden ja noch sehr viel Zeit haben, darüber zu diskutieren. Es ist die Vorgangsweise schon ganz eigenartig, was die Kostenschätzung betrifft. Darauf, wie Kostenschätzungen zustande kommen, will ich noch ganz kurz eingehen. Ich vermute ja sehr, dass, was das Kinderbetreuungsgeld betrifft, jene Recht haben werden, die die Kostenschätzung sehr niedrig ansetzen, denn Sie schließen ja viele Frauen, viele betroffene Väter und Mütter aus. Sie schichten ja nur um. Sie wollen einer bestimmten Gruppe das Geld mit der Gießkanne drübergeben, und jenen, die es brauchen, werden Sie es wegnehmen. Aus diesem Grund wird wahrscheinlich die Berechnung eher unten angesiedelt


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sein und nicht in die absoluten Höhen steigen. Davon gehe ich aus. (Abg. Steibl: Das ist sozialer, weil es Studentinnen, Bäuerinnen und Vollhausfrauen bekommen! Da kann man von einer Gießkanne nicht reden!)

Es fehlen Wiedereinstiegsprogramme, es fehlen jegliche Aktivitäten zur Kinderbetreuung. Der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich Pühringer hat bereits via Presseaussendung mitgeteilt: Jetzt braucht er keine Einrichtungen mehr für die unter 3-Jährigen. So unter dem Motto: Hurra, wir haben gewonnen!

Aber gar so traurig bin ich ja nicht über Ihre Politik, denn es ist nämlich für mich, Frau Abgeordnete Zierler – sie ist ohnedies nicht mehr da –, schon ganz klar: Die von Ihnen immer so zitierten "überemanzipierten" und "frustrierten" Frauen haben Ihnen bereits in Wien die Rechnung präsentiert, und sie werden es auch weiterhin tun. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

12.18

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Diskussion um das Kindergeld und zu den Kosten des Kindergeldes und zu der Behauptung, dass Frauen angeblich etwas weggenommen wird, darf ich klar sagen: Die geringsten Schätzungen, die bis dato von Seiten der Opposition hier in der Diskussion genannt wurden, lagen zwischen 16 Milliarden Schilling und 24 Milliarden Schilling an zusätzlichen Kosten. Wie jemandem etwas weggenommen werden kann, wenn 16 Milliarden Schilling oder 24 Milliarden Schilling an Mehrkosten anfallen, ist mir nicht klar. Vielleicht können das dann die Vertreterinnen oder die Vertreter der Opposition aufklären, die nach mir das Wort ergreifen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Zum Zweiten: Frau Kollegin Prammer, die Formulare, die derzeit verwendet werden und die Grundlage der Förderungen sind, waren schon zu der Zeit, als Sie Frauenministerin waren, Grundlage der Förderungen. Ich gebe Kollegin Lunacek Recht, wenn sie sagt, dass zu überlegen wäre, da einiges an Verwaltungsaufwand einzusparen, aber grundsätzlich sollte man sagen, dass die Formulare bis dato wie eh und je sind. Wir sollten uns natürlich überlegen, da weniger an Verwaltungsaufwand zu produzieren. Das habe ich aber in dieser Form übernommen.

Frau Kollegin Prammer! "Gender Mainstreaming" wurde durch diese Bundesregierung eingeführt, und es befindet sich jetzt in der Umsetzungsphase. Sie hätten die Zeit dazu gehabt, haben es aber nicht gemacht.

Bezüglich des Beschlusses der Bundesregierung aus dem Jahre 1977, wonach für Förderungen auch Eigenmittel vorhanden zu sein haben, brauche ich Sie ja nicht aufzuklären, weil dieser Beschluss auch zu der Zeit, als Sie selbst der Bundesregierung angehört haben, gültig war. Daher gehe ich davon aus, dass Sie das berücksichtigt haben, auch wenn es in Ihrer Rede vorhin anders geklungen hat.

Was die Beachtung des Gleichbehandlungsgesetzes als Kriterium im Rahmen der Förderungsrichtlinien, die Sie, Frau Kollegin Lunacek, hier angesprochen haben, betrifft, so darf ich Ihnen sagen: Dies wurde vom Finanzministerium in der vorangegangenen Regierungsperiode als Grundlage für alle Förderungsansuchen reklamiert. Es ist von mir in der gleichen Form, wie es bei der vorhergehenden Bundesregierung bestanden hat, übernommen worden.

Bezüglich der Frauenförderungsmaßnahmen darf ich Ihnen sagen: Es liegen bis dato Antworten über die Umsetzung von Frauenförderungsmaßnahmen und -plänen aus dem Bundesministerium für Äußeres und aus dem Bundesministerium für Finanzen vor, und zwar weisen diese jenen Umfang auf, wie wir uns das vorstellen.


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Des Weiteren darf ich zu den Förderungskriterien und zu den Frauenprojekten mitteilen, dass die Frauenprojekte entsprechend den Vorschlägen des Frauennetzwerkes, aber auch entsprechend den Ansuchen der Bundesländer gefördert worden sind. Diese Vorschläge gelten als Grundlage für die Förderungen.

Wir haben ein Bundesland dazubekommen, und zwar das Bundesland Vorarlberg, wo nunmehr auch Frauenprojekte entsprechend gefördert werden können, und zwar mit 600 000 S. Damit sind nunmehr erstmalig alle Bundesländer mit diesen Einrichtungen flächendeckend ausgestattet. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Prammer zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen den § 58 Abs. 2 GOG. – Bitte.

12.21

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Minister Haupt hat behauptet, dass es diese Kriterien zur Vergabe von Förderungen von Frauenprojekten schon während meiner Zeit gegeben habe. – Das ist falsch!

Richtig ist: Es gab natürlich allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (Abg. Böhacker: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), und danach ist auch vorgegangen worden, weil natürlich jede Förderung eine ordnungsgemäße Abrechnung gebraucht hat. Das (die Rednerin hält ein Exemplar der "Kriterien zur Vergabe von Förderungen von Frauenprojekten" in die Höhe) ist kein Projekt aus meiner Zeit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Auer: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

12.22

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Kollegin Prammer! Vielleicht haben Sie es überhört: Ich habe von den Formularen, die als Grundlage für die Ansuchen dienen, gesprochen, und diese sind die gleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an die "fabelhaften" Ausführungen meiner Vorrednerin nicht anschließen und dasselbe Thema ergreifen (Abg. Mag. Wurm: "Fabelhaft"! Ja!), sondern ich möchte zu zwei anderen, an sich sehr spannenden Themen Stellung nehmen, die heute auch schon angesprochen worden sind.

Das erste Thema betrifft die Pensionsversicherung. Wenn man sich die Budgetzahlen anschaut, dann kann man sehen, dass es im Jahr 2003 schon wieder einen zusätzlichen Staatszuschuss in einer Größenordnung von 15 Milliarden Schilling geben wird. Daher war es ganz richtig, die Pensionsreform jetzt zu machen, und wir haben sie letztes Jahr auch beschlossen.

Es ist wirklich Zynismus Ihrerseits, wenn Sie angesichts eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, das Formalfehler als Begründung für die Gesetzesaufhebung anführt, so tun, als wäre die Pensionsreform nicht notwendig gewesen. Genau das Gegenteil ist der Fall! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ähnliches sehe ich auch beim Themenbereich Krankenversicherung beziehungsweise überhaupt bei der übergeordneten Frage des Gesundheitssystems. An sich ist


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das eine der wichtigsten Fragen, die wir in den nächsten Jahren lösen müssen. Was mir heute aufgefallen ist, ist der Umstand, dass wir uns hier eher in gegenseitigen Schuldzuweisungen ergehen: Der eine bringt Kärnten als Beispiel, der andere bringt die Wiener Gebietskrankenkasse als Beispiel, und beide sagen, da sei Misswirtschaft betrieben worden.

Tatsache ist, dass wir im Gesundheitsbereich folgende Problematik haben: dass die Einnahmen um rund 3 Prozent steigen, dass aber die Ausgaben im letzten Jahr um zirka 6,4 Prozent gestiegen sind. Daher ist es keine Frage des Managements, die Dinge ins richtige Lot zu rücken, sondern eine Frage der Strukturen, eine Frage der Leistungen, möglicherweise auch eine Frage der Einnahmen.

Weil hier vom Kollegen Pumberger, der jetzt leider nicht da ist, die Wiener Gebietskrankenkasse angesprochen worden ist, möchte ich auch dazu etwas sagen: Die schlechte Situation im Bereich der Wiener Gebietskrankenkasse ist nicht deshalb entstanden, weil dort Missmanagement im großen Ausmaß betrieben worden ist, sondern deswegen, weil man in Wien ganz einfach andere Strukturen hat (demonstrativer Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz ) als beispielsweise in Oberösterreich oder in Vorarlberg. Der richtige Vergleich wäre der gewesen, wenn man Wien mit Frankfurt oder Zürich verglichen hätte und nicht mit Oberösterreich oder einem anderen Bundesland.

Genauso wenig wäre es fair, wenn ich jetzt hergehen und sagen würde, ich vergleiche mit der Gebietskrankenkasse Kärnten. Diese weist nämlich relativ schlechte Zahlen auf, weil sie bei der Spitalspauschale hohe Beiträge zahlt, da man hohe Honorare hat und so fort.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen da – darauf möchte ich hinkommen – eine sachorientierte Diskussion ohne Schuldzuweisungen. Wir sollten uns vielleicht einmal über Standards unterhalten. Wir sollten uns die Frage stellen: Welche Standards brauchen wir im System der Gebietskrankenkassen? Wie viele Ärzte sind im Facharztbereich, wie viele Ärzte sind im niedergelassenen Bereich notwendig, um ein System entsprechend aufrechterhalten und vor allem auch ausbauen zu können? (Beifall bei der ÖVP.)

Die von Abgeordnetem Lackner gestellte Frage, ob wir in Richtung eines Zweiklassensystems gehen, ist meines Erachtens die falsche Fragestellung. Ich muss Ihnen dazu auch sagen: Ich habe in diesem Zusammenhang nie öffentlich einen Selbstbehalt verlangt, weil wir uns mit den Partnern der Arbeitnehmerseite darauf geeinigt haben, dass das in unserem Sanierungsprogramm nicht vorkommt. Ich sage Ihnen aber, dass ich persönlich sehr wohl zu einem Selbstbehalt stehe. Warum soll die Gewerbeversicherung, wo das üblich ist, wo das gut funktioniert, nicht ein Beispiel für andere sein? Hätten wir das bei allen Krankenversicherungen durchgezogen, hätten wir ganz einfach der Wahrheit die Ehre gegeben, dann hätten wir 3,5 oder 4 Milliarden Schilling zur Sanierung des gesamten Krankenkassensystems und bräuchten uns nicht mit Ausnahmen und Sonstigem so herumzudrücken.

Die wirkliche Frage im Gesundheitsbereich, meine Damen und Herren, betrifft etwas ganz anderes. Die wirkliche Frage ist die: Gehen wir in Richtung eines staatlichen Gesundheitssystems, mit einheitlichen Beiträgen, mit einheitlichen Leistungen, vermutlich auch mit Rationierungen wie in England, mit Wartezeiten und dergleichen mehr, also in Richtung eines Systems, das dann gar nicht mehr funktioniert, oder bleiben wir bei einem System, wie wir es haben, nämlich einem System der Selbstverwaltung? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen: Dieses System ist bürgernäher, es ist kontinuierlicher, es ist kostenorientierter – aber wir haben da Reformbedarf. Ich glaube, die Reform muss in die Richtung gehen, dass wir neu bestimmen müssen, was der Hauptverband zu tun hat. Der Hauptverband soll nicht hauptsächlich eine politische Instanz sein, sondern er soll hauptsächlich Management- und Koordinierungsfunktionen übernehmen. Dann kann es nicht passieren, wie das jetzt der Fall ist, dass wir jetzt, im April, noch immer nicht wissen, wie der tatsächliche Voranschlag der Gebietskrankenkassen ausschaut. Es haben einige offensichtlich noch immer nicht begriffen, dass wir die Angleichung bei den Arbeitern und Angestellten per Gesetz beschlossen haben und dass keine


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Krankengelderstattungen bei Arbeitern mehr durch die Krankenkassen erfolgen. Budgetiert wurden aber Steigerungsraten zwischen 3 Prozent und 4 Prozent.

Diese Koordinationsfunktion sollte der Hauptverband wahrnehmen. Wenn all das und einige andere Strukturveränderungen, deren Notwendigkeit wir durchaus sehen, gemacht werden, dann brauchen wir nicht mehr über die Frage zu diskutieren, ob wir ein Zweiklassensystem im Gesundheitsbereich haben, denn dann haben wir eine funktionierende, höchst vernünftige Selbstverwaltung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.29

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, gerade in den letzten Wochen wurde verstärkt, speziell von Ihrer Fraktion, mit Recht immer wieder kritisiert, dass im Jahre 1996 von der SPÖ/ÖVP-Regierung behinderten Menschen, die in Heimen leben oder im Krankenhaus sind, das Taschengeld gekürzt worden ist, nämlich auf 569 S.

Diese Kritik haben Sie mehrmals geübt – zu Recht! –, diese Kritik ist auch im Wiener Wahlkampf von Ihrer Spitzenkandidatin Partik-Pablé gekommen, und diese Kritik wurde in der Sendung "Betrifft" am Sonntag auch von Ihrem Landeshauptmann Haider zum Ausdruck gebracht, ebenso wie von Ihrer Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer.

Wir, Herr Sozialminister, haben diese Kritik immer geübt und üben sie auch weiter. Für mich ist es schon sehr unverständlich, Herr Minister, warum diese Regelung nicht zurückgenommen wird, obwohl Sie jetzt in der Regierung sind, obwohl die Freiheitlichen jetzt in der Regierung sind, warum also dieser Taschengeldraub – so wurde er von Ihnen ja bezeichnet – nach wie vor nicht rückgängig gemacht wird. (Abg. Neudeck: Also Raub war es keiner!)

Herr Minister! Sie sagen ganz einfach die Unwahrheit und treiben ein doppelbödiges Spiel, wenn Sie einerseits mit Recht diesen Raub kritisieren, andererseits aber dieses Geld, das den Menschen geraubt wurde, nicht zurückgegeben wird. Sie haben heute wiederum die Chance dazu, und ich hoffe, Sie sind diesmal dabei und machen Ernst mit dem, was Sie seit Jahren kritisieren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Rücknahme der Taschengeldkürzung von PflegegeldbezieherInnen bei Spital- oder Heimaufenthalt

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, bis 31.7.2001 alle Schritte zur gesetzlichen Rücknahme der 50prozentigen Taschengeldkürzung von PflegegeldbezieherInnen bei Spital- und Heimaufenthalt in die Wege zu leiten."

*****

Herr Minister! Wir werden sehen, wie weit Ihr Wort, wie weit das Wort Ihrer Spitzenkandidatin, Ihres Landeshauptmannes, Ihrer Fraktion und Ihrer Vizekanzlerin tatsächlich Wahrheitsgehalt haben, oder ob es nur Taktik ist, die Sie auf Kosten von behinderten Menschen betreiben. (Beifall bei den Grünen.)


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Herr Minister! Auch bezüglich der unsäglichen Geschichte mit der Unfallrente haben Sie erklärt, die Besteuerung würde geändert beziehungsweise zurückgenommen. Ich frage Sie, Herr Minister: Wer hindert Sie ernsthaft daran, diese Unfallrentenbesteuerung sofort zurückzunehmen? Es sind in den letzten Wochen, wie ich meine, zehn bis fünfzehn Anträge eingebracht worden, in denen es um diese Rücknahme der Unfallrentenbesteuerung ging.

Herr Minister! Sie sagen dazu kein Wort. Ihr Landeshauptmann, Ihre Vizekanzlerin, Ihre Spitzenkandidatin in Wien – ja, Herr Schweitzer, da können Sie schon große Augen machen –, sie alle haben gesagt, dass diese Unfallrentenbesteuerung zurückgenommen wird. Aber wo ist denn diese Rücknahme? Nichts ist passiert! (Abg. Mag. Schweitzer: Entschuldigung! – Abg. Böhacker: Sie meinen, er hat große Augen?)

Herr Minister! Wir glauben Ihnen einfach nicht mehr, dass Sie im Interesse der behinderten Menschen handeln. Sie zeigen in den letzten Monaten, im letzten Jahr, genau das Gegenteil. Genau das Gegenteil machen Sie auch, wenn es um die Einstellung behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt geht.

Herr Minister! Sie waren es, Ihre Fraktion war es, die sich mit mir, mit den Grünen für eine drastische Anhebung der Ausgleichstaxe stark gemacht hat. Inzwischen sind wir Grünen mit dieser Forderung allein. Die FPÖ hat sich von ihrer Behindertenpolitik, von ihrer Politik im Interesse der behinderten Menschen, verabschiedet. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Auch die so genannte Behinderten-Milliarde wird ein Desaster werden. Sie wissen es bereits, denn Sie sind schon mittendrin in diesem Desaster. Es wurde gesagt, die Behindertenmilliarde werde ausschließlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt verwendet. – Dann frage ich Sie aber allen Ernstes: Warum bekommt dann zum Beispiel die Lebenshilfe Tirol 68 Prozent von jenen Mitteln, die Tirol zugeteilt werden, obwohl die Lebenshilfe eine reine Aussonderungsmaßnahme ist und mit Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt überhaupt nichts zu tun hat?

Sie geben das Geld vor allem traditionellen Vereinen, die den behinderten Menschen Beschäftigungstherapie und keine Arbeitsplätze anbieten. Und für die Integration in den ersten Arbeitsmarkt, Herr Minister, bleibt kein Geld übrig. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Haupt geht kurz zu seinen Mitarbeitern, kehrt aber gleich darauf wieder zur Regierungsbank zurück.)  – Herr Minister, bitte bleiben Sie da, ich bin gleich fertig!

Herr Minister! Sie haben heute am Anfang Ihrer Rede mehrfach darauf hingewiesen, welches Schicksal Sie, Ihre Fraktion und Ihr Ministerium jetzt mit der schwierigen Causa des Titelschwindels haben, in deren Zusammenhang auch immer wieder hervorgehoben wird, dass Ihre Ressortchefin 200 000 S pro Monat bekommen hat.

Herr Minister! Dieses Schicksal würden gerne Hunderte von behinderten Menschen teilen, wenn sie von 4 500 S Arbeitslosengeld, das sie bis jetzt bekommen, auf ein Einkommen von 200 000 S kämen. Herr Minister! Da wären viele froh, wenn sie an diesem Schicksal teilhaben könnten!

Aber so ist es nicht. Es ist nicht einmal Ihre ernste Absicht, Herr Minister, dafür zu sorgen, dass in den Ministerien, auch in Ihren Ministerien – nicht in Ihrem Ministerium, sondern in den Ministerien der freiheitlichen Minister –, die Behinderteneinstellungspflicht erfüllt wird. Ganz im Gegenteil: Es ist ein massiver Rückschritt passiert. Und diesen Rückschritt, Herr Minister, unterstützen Sie mit, und zwar mit Ihren Arbeitsleihverträgen. Sie borgen sich Personal aus anderen Bereichen der Freiheitlichen aus, setzen die Kosten als Betriebsausgaben ab und müssen dabei nicht einmal die Behinderteneinstellungspflicht erfüllen.

Herr Minister! Das hätte ich mir persönlich von Ihnen nicht erwartet. Es ist aber so, und ich muss wahrscheinlich noch mit mehr Dingen dieser Art rechnen, die noch alle kommen werden und mit denen wir auch nicht gerechnet haben.


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Ich hätte auch nicht mit den Aussagen gerechnet, die Herr Kollege Rasinger gemacht hat. – Herr Dr. Rasinger! Wir von den Grünen sind es, die sich vom ersten Tag an gegen die Ambulanzgebühren gestellt haben! Wir sind es, Herr Dr. Rasinger, die nicht einsehen, dass gehbehinderte Menschen, dass Menschen mit geringem Einkommen, dass Menschen, die chronisch krank sind, dass Menschen, die psychisch krank sind, Ambulanzgebühren bezahlen müssen. Das ist ganz einfach nicht fair!

Lieber Erwin, ich hätte es mir von dir nicht erwartet, dass du mit dem, was du in deiner eigenen Fraktion nicht vertreten kannst, aber vertreten musst, dann an die Öffentlichkeit gehst und sagst: Die Grünen sind so böse, die möchten, dass alle Ambulanzgebühr zahlen müssen. – So ist es nicht! Ihr habt dieses Gesetz beschlossen. Du bist der Gesundheitssprecher, und du bist dafür mitverantwortlich. (Beifall bei den Grünen.)

12.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

12.38

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte nur schnell etwas korrigieren: Frau Kollegin Haidlmayr hat gemeint, dass in meinem Ministerium die Behinderteneinstellung nicht ordnungsgemäß über die Bühne gehe. (Abg. Haidlmayr: In den Ministerien, habe ich gesagt!)

Ich darf Ihnen mitteilen: Wir haben 389 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zu über 50 Prozent behindert sind. 89 wäre die Pflichtanzahl, die wir zu erfüllen hätten. Wir haben es also vierfach erfüllt. Und in meinem Büro befinden sich drei Personen, die an schweren Erkrankungen leiden, sodass ich glaube, Frau Kollegin, dass Ihre Kritik an die falsche Adresse gerichtet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Staffaneller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.39

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit Schaudern denke ich an die heutige Wahlkampfrede des Herrn Abgeordneten Nürnberger hier im Hohen Hause. Es war eine Wahlkampfrede, wie man sie vor Betriebsräten hält. Ein Beitrag für Soziales war das nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit Schaudern, sehr geehrte Damen und Herren, denke ich aber auch an die Streichung der Förderungsmaßnahmen zur Arbeitsvermittlung für Behinderte im Wahlkampfjahr 1999. Die Mittel wurden nämlich nicht für Arbeitsplätze für Behinderte ausgegeben, wie das vorgesehen war, sondern die vorgesehenen Mittel wurden kurzfristig umfunktioniert, um den Visionen des Herrn Klima entgegenzukommen und sehr zweifelhafte Projekte zu fördern – sehr zweifelhafte Jugendprojekte, die kaum Arbeitsplätze gebracht haben. Ich denke dabei an das Projekt "Euroteam".

Sehr geehrte Damen und Herren! Ähnliche Projekte sind ja noch weitergelaufen, wurden anderen Trägern übertragen, und diese Projekte werden sicher in Zukunft noch zu untersuchen sein.

Was hat das Ganze bewirkt? – Über 40 000 arbeitslose Behinderte haben sich angesammelt, ohne dass die damalige Sozialministerin dagegen etwas unternommen hätte. Und warum hat sie nichts unternommen? – Weil Herr Bundeskanzler Klima es ihr verboten hatte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Glauben Sie, dass das eine sinnvolle Sozialpolitik war?


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Die verstärkte berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt ist Ziel und Schwerpunkt dieses Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen, auch wenn Sie, Frau Haidlmayr, das nicht wahrhaben wollen. Sie wollen es nicht wahrhaben, damit Sie etwas anderes sagen können. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Diese Regierung hat daher eine Beschäftigungsoffensive für behinderte Mitbürger und Mitbürgerinnen angesagt und gestartet. (Abg. Haidlmayr: Wenn Sie länger im Parlament sind, werden Sie das auch zur Kenntnis nehmen müssen!)  – Ich kann Sie leider nicht hören!

Die jahrelangen Versäumnisse der alten Regierung, insbesondere die Versäumnisse der sozialdemokratischen Sozialminister und Frauenministerinnen sind gutzumachen, sind wettzumachen, und Herr Bundesminister Herbert Haupt ist dabei, das vorzüglich zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Mit der Männerabteilung!)

Den jahrelang ständig steigenden Zahlen der arbeitsuchenden Behinderten, insbesondere der behinderten Frauen – bitte schauen Sie in den Statistiken nach! –, der behinderten Jugendlichen sowie der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger wird diese Regierung ein besonderes Programm entgegensetzen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! Ihrem ehemaligen Schlendrian ist der Kampf angesagt, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit der in den Budgets 2001 und 2002 enthaltenen Behindertenmilliarde ist erstmals eine Beschäftigungsoffensive zur Eingliederung von behinderten Menschen in den ersten Arbeitsmarkt gestartet worden. Soziale Wärme ist nach Jahren der sozialen Kälte für unsere behinderten Menschen wieder angesagt – ich betone: soziale Wärme, und nicht der Aufbau eines sozialen Eisberges, wie Sie es getan haben.

Wir wollen diesen Personenkreis nicht – so wie Sie in den vergangenen Jahren – in sozialen Kühlfächern warten lassen. Wir wollen jetzt aktiv etwas tun! Wir wollen diesen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe gewähren und damit auch dazu beitragen, dass diesen unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen jene Achtung und jener Stellenwert zukommt, die sie verdienen und die Sie, als Sie Regierungspartei waren, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, vermissen ließen.

Die Zielgruppen dieser Aktivitäten – ich habe es schon erwähnt – sind Jugendliche mit sozialpädagogischem Förderungsbedarf, Menschen mit Behinderung höheren Alters sowie behinderte Menschen mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt.

Im Rahmen der territorialen Beschäftigungspakte werden nun von den Bundessozialämtern besonders Unternehmer, das jeweilige Bundesland, das AMS, Sozialversicherungen, Sozialpartner, Behindertenvertreter, Projektträger und die Schulbehörden zur Zusammenarbeit eingeladen. Eine breite Zusammenarbeit aller maßgeblichen Stellen, auch der Lebenshilfe, Frau Haidlmayr, wird maßgeblich sein, um zu Problemlösungen beizutragen beziehungsweise die Probleme zu lösen.

Das ist "neu regieren", Frau Dr. Mertel! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Zweytick. )

12.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, ich darf Sie ersuchen, mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen.

12.45

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Sozialminister Haupt hat behauptet, ich hätte gesagt, in seinem Ministerium wäre die Behinderteneinstellungspflicht nicht erfüllt. – Diese Behauptung ist unrichtig, Herr Haupt!


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Ich habe behauptet – und mit Recht behauptet –, dass in den Ministerien der FPÖ die Behinderteneinstellungspflicht nicht erfüllt ist. Dass Ihr Ministerium davon ausgenommen ist, resultiert daraus, dass Frau Ministerin Hostasch eine Übererfüllung gehabt hat und diese Menschen noch immer – jetzt in Ihrem Ministerium – tätig sind. (Beifall bei den Grünen.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

12.46

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Kollegin Haidlmayr hat mich gerade daran erinnert, dass sie im Zusammenhang mit der Lebenshilfe Tirol die Behauptung aufgestellt hat, dass die Lebenshilfe Tirol 68 Prozent der Tirol zugeteilten Förderungsmittel aus der Behindertenmilliarde bekommen hätte und dass diese nicht für Projekte des ersten Arbeitsmarktes verwendet würden.

Tirol hat 90 Millionen Schilling dafür regional zur Verfügung. Davon sind derzeit von der Lebenshilfe Tirol vier Projekte mit einem Umfang von rund 10 Millionen Schilling geplant. Zwei Projekte davon sind Qualifizierungsprojekte im Gastronomiebereich zur Vorbereitung auf den ersten Arbeitsmarkt, weiters gibt es ein Job-Coaching-Projekt und ein Bildungsassistenzprojekt. – Ich bitte Sie, Frau Kollegin Haidlmayr, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.47

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Kapitel 15 ist eines der Kapitel, die heute auf der Tagesordnung stehen: Soziale Sicherheit und Generationen. Was ist mit sozialer Sicherheit gemeint – mit dieser Bundesregierung, mit Ihnen, Herr Bundesminister, und im Licht der aktuellen Ereignisse? Wie sicher, Herr Bundesminister, ist das Wort "sozial" gemeint, und wie sozial ist das Wort "sicher" noch gemeint?

Heißt "sicher", leben können? Heißt "sicher", sich verlassen können? Heißt "sicher", Rechte einfordern zu dürfen? Heißt "sicher", sich auf Versprechen verlassen zu können?

Ja? Wenn Sie es bejahen, dann heißt das vielleicht soziale Sicherheit für SchwindlerInnen, soziale Sicherheit für Günstlinge, soziale Sicherheit für Protegés und soziale Sicherheit der Freunderlwirtschaft, aber keine soziale Sicherheit für Arbeitslose, keine soziale Sicherheit für Kranke, keine soziale Sicherheit für behinderte Menschen, keine soziale Sicherheit für UnfallrentnerInnen. – Ist das Ihr "neu regieren", das Herr Staffaneller mit Worthülsen gerade gelobt hat?

Der ehemalige Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herbert Krejci, hat in einem bemerkenswerten Interview unter anderem Folgendes gesagt:

Dieses Wort vom neuen Regieren ist einer der größten Schmähs, die mir je untergekommen sind. Da ist eine maßlose Arroganz vorhanden. – Zitatende.

Ja, das ist eine maßlose Arroganz des globalisierungsverliebten Finanzministers, der gesagt hat: Für meine Generation ist die Globalisierung eine Chance! – Und für die UnfallrentnerInnen in Österreich? – "Einfach ehrlich, einfach Karl-Heinz!", sage ich dazu.

Eine maßlose Arroganz ist aber auch bei Herrn Bundesminister Haupt zu spüren. Auf meine Budgetanfrage, ob das Pflegegeld endlich valorisiert würde, sagte er kurz und kalt: Im Bundesvoranschlag 2002 ist für eine Anpassung des Pflegegeldes keine budgetäre Bedeckung vorgesehen. – Ich nenne das: "Einfach ehrlich, einfach Herbert!"


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Gleichzeitig arbeiten in einem einzigen Kabinett mit beeindruckenden Gehältern 18 MitarbeiterInnen. Ich wiederhole: 18 MitarbeiterInnen. Dazu eine Wortspende der Frau Vizekanzlerin: Wir wollen einen schlanken Staat, wir sparen bei uns selbst. – Dazu kann ich nur sagen: "Einfach ehrlich, einfach Susanne!"

Ich frage Sie: Warum zahlen für den schlanken Staat unter dieser Bundesregierung die Arbeitslosen? Familienzuschuss gestrichen, Anwartschaft verlängert, AMS ausgeräumt. – Was sagen Sie dazu, Herr Schender? (Abg. Mag. Schender: Einfach Plank!)

Warum zahlen für den schlanken Staat unter dieser Bundesregierung Kranke? Ambulanzgebühr festgesetzt und verschärft – und die Kranken müssen sich noch von einem Staatssekretär Waneck beleidigen lassen, der ihnen vorwirft, das liebste Wohnzimmer der Österreicher sei die Spitalsambulanz. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Warum zahlen für den schlanken Staat unter dieser Bundesregierung die Unfallrentner und Unfallrentnerinnen, denen man unter dem Schlagwort "Überversorgung" zum Beispiel von 14 000 S brutto noch einmal 3 000 S wegnimmt? Sie sollen das finanzieren, was heute hier schon wieder so gelobt wurde und was Sie, Herr Bundesminister, "Behinderten-Milliarde" nennen.

Warum zahlen für den schlanken Staat pflegebedürftige Menschen, die Jahr für Jahr verlieren? Warum zahlen für den schlanken Staat bisher kostenlos mitversicherte EhepartnerInnen?

Herr Krejci – kein Sozialdemokrat, wie Sie wissen –, ehemaliger Generalsekretär der Industriellenvereinigung, sagt: Es gibt auch Menschen, die mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen kämpfen.

Herr Bundesminister! Wir haben ja auch Vorschläge – Sie hätten sie schon hören können –: Erhöhen Sie die Zahlungen in den Ausgleichstaxfonds! Lassen Sie Stiftungsmilliardäre ein bisschen mehr beitragen zum österreichischen Budget, und durchforsten Sie die Steuerbedingungen und Schlupflöcher für die Großkonzerne!

Herr Bundesminister! Werte Bundesregierung! Sie degradieren Menschen zu Budgetsanierern und belohnen Günstlinge und Schwindlerinnen. (Beifall bei der SPÖ.) Einfach ehrlich – einfach FPÖ! Fabel-haft, fabelhaft! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

12.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

12.52

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich gestatte mir eine tatsächliche Berichtigung zur Aussage, dass ich gesagt haben soll, dass das Spital der beliebteste Aufenthaltsort des Österreichers sei.

Ich habe das nicht gesagt, sondern ich habe gesagt, dass Frau Dr. Moritz, Vorsitzende des ÖBIG und durchaus den Oppositionsparteien zurechenbar, gesagt hat, dass man auf Grund der Zahlen, die belegen, dass wir in Europa in Bezug auf die Krankenhausaufenthalte an der Spitze stehen, den Eindruck haben könnte, dass das Spital der beliebteste Zweitwohnsitz des Österreichers wäre.

Das ist also nicht meine Aussage, sondern ein Zitat von Frau Dr. Moritz. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Ist das alles?)

12.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich heute in meiner Rede mit Macht und Ohnmacht


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68. Sitzung / Seite 66

von Kassen und Ministern beschäftigen. (Abg. Silhavy hält während der Rede des Abg. Rasinger zwei Tafeln in die Höhe. Auf der einen Tafel steht: "Ordination: Montag: 4 Std., Dienstag: 3 Std., Mittwoch: 2 Std., Donnerstag und Freitag: 3 Std. – 15 Std./Woche", auf der anderen ist das Wort "Ambulanzgebühr" durchgestrichen.)

Ich hatte da vor Jahren ein einschlägiges Erlebnis. Als in Wien in der Drogenbehandlung ambulant nichts weitergegangen ist, wurde von der Krankenkasse immer gesagt: Das geht nicht, das zahlen wir nicht, das soll der zuständige Gesundheitsstadtrat bezahlen! Plötzlich ist ein neuer Obmann gekommen, und über Nacht ist plötzlich alles anders geworden. Tatsache ist, dass die Drogenpatienten, die wirklich in Scharen abgewiesen worden waren, plötzlich betreut wurden und wir jetzt in Wien, kann ich sagen, zumindest was das Methadon-Programm anlangt, ein sehr gutes Versorgungsangebot haben. Es zeigt mir nur, wie sehr wir uns damit befassen müssen, welche Leistungsangebote wir im Spital haben und welche Leistungen wir außerhalb des Spitals anbieten sollten. (Abg. Öllinger: Stimmt das mit den Ordinationszeiten?)

Nehmen wir ein zweites Beispiel her: die psychiatrische Versorgung. Da gibt es einen Rechnungshofbericht, der von 180 Stellen redet, die in Österreich notwendig wären. Als der neue Chef der Salzburger Psychiatrie nach Salzburg gekommen ist, hat es einen einzigen niedergelassenen Psychiater gegeben, der auf Kassenkosten zu konsultieren war. Und er konnte dann erreichen, dass es wenigstens pro Gau – Tennengau und so weiter – einen niedergelassenen Psychiater gab.

Wenn seitens einer Krankenkasse so gearbeitet wird, dann hat diese Kasse, in diesem Fall diese Salzburger, natürlich eine hohe Rücklage, weil sie wie eine Sparkasse geführt wird. Für die Versorgung ist das natürlich verheerend, weil die ganze Versorgung entweder vom Spital wahrgenommen werden muss oder überhaupt nicht wahrgenommen werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das ist ein wahrer "Enthusiasmus", den Sie da auslösen in Ihrer Fraktion!)

Ich bekenne mich dazu, dass zum Beispiel diese neuen Antidepressiva ein Segen sind. Es heißt, sie kosten 1 Milliarde Schilling. – Jawohl, es ist 1 Milliarde, aber wir schaffen damit zufriedenere und vielleicht weniger depressive Menschen. Nur: Wir wissen heute, dass es ein Kunstfehler ist, nur Antidepressiva zu geben und auf die Psychotherapie zu vergessen oder sie nicht anzubieten.

Wenn manche Krankenkassen sich weigern, Psychotherapie anzubieten, weil sie sagen, das ist zu teuer, dann muss ich sagen, das ist seit nunmehr neun Jahren ein Gesetzesauftrag. Natürlich schafft das Kosten. Wenn die Salzburger Gebietskrankenkasse die Wiener Krankenkasse angreift und sagt, Wien zahlt Psychotherapie, Tirol zahlt Psychotherapie, Salzburg zahlt sie nicht, Niederösterreich zahlt sie nicht, dann heißt das für die Patienten 1 000 S für eine Stunde Psychotherapie, 300 S Rückersatz, was einen Selbstbehalt von 70 Prozent darstellt. So ehrlich sollte man sein, das zu sagen. (Abg. Dr. Kostelka: Wie ist das jetzt mit Ihren Ordinationszeiten, Herr Kollege?)

Drittes Beispiel: Kinderpsychiatrie. In Deutschland behandeln 500 Kinderpsychiater auf Krankenkassenkosten. In Österreich haben Sie keinen einzigen im ambulanten Bereich, weil Sie das so gerne wissen wollten, Herr Kostelka. (Abg. Dr. Kostelka: Nein, ich möchte Ihre Ordinationszeiten wissen!) Das heißt, in Österreich muss es sehr gesunde Kinder geben. Wir wissen aber, dass es sehr viele Eltern gibt, die große Probleme haben, weil ihre Kinder depressiv sind, Migräne haben, hyperaktiv sind, vielleicht sogar sexuell missbraucht wurden oder schlicht und einfach unter dem Trennungserlebnis einer Scheidung leiden.

Es wäre meiner Meinung nach schon längst Aufgabe der Krankenkassen gewesen zu sagen: Jawohl, wir brauchen in diesem Bereich ein Versorgungsangebot! – Aber nein, es wurde immer gemauert. (Abg. Dr. Grünewald: Sie wollen es nicht zahlen!)

Oder die Schmerztherapie: In Österreich gibt es 500 000 Schmerzpatienten. Laut Professor Kress sind davon maximal 250 000 versorgt. Es ist in den letzten Jahren besser geworden, aber


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nach wie vor fehlt jegliches Angebot im ambulanten Bereich. Wir müssen uns dazu bekennen. (Abg. Dr. Grünewald: Dafür Ambulanzgebühren!)

Auch wenn Sie dieses Taferl noch so lange halten: Es ist falsch. Ich ordiniere nämlich länger (Abg. Silhavy: Wie lange?), nur waren Sie noch nie bei mir. Sie kennen sich nicht aus, das ist Unwissenheit. (Abg. Silhavy: Arztbesuch ist eine Vertrauenssache, Herr Dr. Rasinger!)

Die Conclusio aus diesen Beispielen ist: Wir brauchen dringend ein Benchmarking. Wir müssen wissen, wie viele Ärzte wir ambulant überhaupt brauchen, welche Versorgung die Ärzte drau-ßen gewährleisten sollen, welche Leistung sie erbringen sollen. So nützt mir etwa ein Internist nichts, wenn er zum Beispiel keine Leistungsposition für Hämatologie oder Diabetes abrechnen kann, aber sehr wohl eine Ergometrie. Das heißt, wir müssen wissen, wie viele Ärzte und welche Leistungen wir brauchen.

Wenn das ÖBIG sagt, in Österreich ist eine gute Versorgung gegeben (Abg. Dr. Grünewald: Die Ärztekammer sagt es auch!), und gleichzeitig 309 Fachärzte in Oberösterreich fehlen und angeblich in Wien 20 Prozent zu viel an Fachärzten sind, dann empfinde ich das wirklich als eine gefährliche Drohung, denn dann haben wir eine Versorgung wie in Burundi.

Räumen wir daher auf mit den Lebenslügen der vergangenen 30 Jahre der Sozialdemokratie, die immer gesagt hat, es ist alles so gut, alles leinwand; das habe ich immer gehört. Wir müssen sagen, welchen Bedarf wir haben und welche Reformen wir brauchen, im Gegensatz zum Schulterklopfen der vergangenen Zeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.59

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich muss sagen, ich bin schon fast amüsiert über die unglaublichen und geradezu lächerlichen Skandalisierungsversuche, die von Seiten der Opposition gestartet wurden (Abg. Dr. Kostelka: Ein bisschen Realitätsverlust, der junge Mann!), mit einer Angelegenheit, die nüchtern betrachtet, Herr Kollege Kostelka, nicht mehr ist als die schlichte Täuschung eines Ministers durch eine seiner MitarbeiterInnen. Es ist nicht mehr. (Abg. Dr. Kostelka: Schlicht war vielleicht der Herr Bundesminister, nicht die Opposition!)

Herr Kollege Kostelka, ich muss Ihnen noch etwas sagen: Umso mehr amüsiert mich diese Tatsache nach 30 Jahren Sozialismus, die eine Blütezeit der Freunderlwirtschaft und des Bonzentums darstellen. Das war eine Zeit, die Sie mit Ihren Genossen zu vertreten haben. (Abg. Dr. Kostelka: Die Prüfungen können wir nicht für die Frau Fabel machen! Das ist nicht sozialistische Aufgabe!)

Um hier nur ein Beispiel zu nennen: "Euroteam", das "Euroteam"-Geflecht des Herrn Stuhlpfarrer. (Abg. Dr. Kostelka: Zumindest scheint er einen akademischen Grad gehabt zu haben!) Mehr als 100 Millionen, Herr Kollege Kostelka, sind hier in den Sand gesetzt worden, mehr als 100 Millionen Schilling für äußerst kleine Ergebnisse, von Ihrer Sozialministerin! Meine Damen und Herren, das ist ja mehr oder weniger schon nachgewiesen, und das wird auch ein gerichtliches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt ja schon. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ihre roten Parteifreunde in Ihren Ministerien haben einander in unglaublicher Art und Weise Steuergelder zugeschoben. Das müssen Sie den Menschen erklären! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Sie müssen den Menschen erklären, warum ein Herr Stuhlpfarrer mit beinahe null Qualifikation mehr als 100 Millionen Schilling bekommen hat, von Ihren Helfern, von Ihren roten Bonzen in Ihren roten Ministerien. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Ist der Schüssel in einem roten Ministerium gewesen? – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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Ministersekretäre haben da Millionen auf Zuruf verschoben. Mit Eilvermerken wurde die Innenrevision ausgeschaltet, wurde jegliche Kontrolle ausgeschaltet. Es wurde sofort entschieden, ohne eine Überprüfung zuzulassen. So haben Sie Ihren Freunden, darunter auch der Sohn des Herrn Ex-Bundeskanzlers Klima, der ja auch in dieses Geflecht von Firmen verwickelt war, diese Millionen zugeschoben, so haben Sie Ihren Bussi-Bussi-Freunderln kräftig unter die Arme gegriffen.

Das ist ein Skandal, der noch Folgen haben wird, der noch ein Nachspiel haben wird und den wir auch noch den Menschen aufzeigen werden.

Der Fall Fabel – und das wissen Sie auch ganz genau ... (Abg. Öllinger: Da haben wir nicht Sie dafür gebraucht, das haben wir gemacht!)  – Ja, Herr Kollege Öllinger, ich gebe Ihnen durchaus Recht, Sie haben da auch sehr große Verdienste. Aber dann gehen Sie auch herunter, und sagen Sie, wie hier die Relationen sind, um welchen Skandal es sich hier handelt, in den die rote Maschinerie verwickelt war, und dass der Fall Fabel im Vergleich dazu gänzlich anders gelagert ist. Und das wissen Sie auch, denn hier wurde der Herr Bundesminister getäuscht, das ist unbestritten. Nur hat es hier keine Vorsätzlichkeit gegeben, wie das bei den roten Geldverteilungsaktionen der Fall war. (Abg. Silhavy: Das ist ja ungeheuerlich, was Sie da behaupten!)

Haupt hat außerdem sofort  – sofort, noch am selben Tag! – alle notwendigen Maßnahmen getroffen, er hat sofort die Konsequenzen gezogen und das Dienstverhältnis gelöst. (Abg. Silhavy: Sie hat das Dienstverhältnis gelöst, nicht er!) Er hat sofort die Innenrevision beauftragt, er wird rechtliche Schritte, soweit notwendig, einleiten und hat sofort das Parlament informiert, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Ja, weil wir ihn gezwungen haben dazu!)

Sie, Herr Kollege Kostelka, Sie ganz an vorderster Front, und Ihre Genossen haben, als der Fall "Euroteam" ruchbar geworden ist, gemauert (Abg. Dr. Wittmann: Was sagen Sie zur Frau Fabel?), Sie haben gemauert, haben versucht zu vertuschen und haben noch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen versucht. (Abg. Dr. Kostelka: ... Sie sind offensichtlich so in Schwierigkeiten, dass Sie nicht wissen, was Sie reden!) Und erst als das nicht mehr gegangen ist, weil Ihre Versäumnisse ganz offensichtlich wurden, erst dann sind Sie in die Offensive gegangen und haben mit der Einschaltung des Rechnungshofes noch versucht, das Schlimmste abzuwehren. (Abg. Dr. Wittmann: Was sagen Sie zur Frau Fabel?) Aber das wird Ihnen nicht gelingen, weil die Leute das durchschauen.

Herr Kollege Wittmann, Sie waren da in den Regierungssitzungen ganz vorne dabei, als Staatssekretär, der zwar nichts getan hat, aber den roten Parteigenossen und den roten Freunden Gelder zugeschoben hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf aber trotzdem noch kurz meiner Freude Ausdruck verleihen, dass im Bereich der Familienpolitik, im Bereich der Jugendpolitik zwei ganz wesentliche Meilensteine gelungen sind. (Abg. Dr. Wittmann: Was sagen Sie zur Frau Fabel?) Zum einen mit dem Bundes-Jugendförderungsgesetz, das die Sicherung der verbandlichen Jugendarbeit gewährleistet, das sicherstellt, dass die Jugendorganisationen unabhängig und arbeitsfähig bleiben, das aber auch die projektbezogene Jugendarbeit sicherstellt und das erstmals eine faire, eine gerechte und eine objektive Förderung gewährleistet, die transparent und nachvollziehbar ist.

Der zweite Meilenstein, der bereits in diesem einen Jahr gesetzt wurde, ist das Bundes-Jugendvertretungsgesetz, mit dem erstmals eine gesetzliche Interessenvertretung der Jugend entsteht und das unter anderem das Recht auf Stellungnahme der Jugendvertretung zu Gesetzentwürfen vorsieht. Herr Kollege Wittmann, auch in diesem Bereich haben Ihre Genossen versagt. Erstmals gibt es durch dieses Gesetz eine echte Vertretung der österreichischen Jugend als Beratungsorgan der Bundesregierung. Das ist mit Sicherheit ein Meilenstein in der Jugendpolitik, den es hervorzuheben gilt, den es jetzt aber auch konsequent umzusetzen gilt, damit diese wichtigen Gesetze der Jugendpolitik den Erfolg verzeichnen können, der ihnen gebührt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.05


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68. Sitzung / Seite 69

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.05

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Dr. Schender hat zum Besten gegeben, dass ich als Staatssekretär roten Parteigenossen Geld zugeschoben hätte.

Ich berichtige: Ich habe während meiner Tätigkeit als Staatssekretär weder roten Parteigenossen noch anderen Geld zugeschoben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte. (Abg. Mag. Schender: Herr Präsident, persönliche Erwiderung, bitte!) Ist in diesem Fall leider nicht möglich, tut mir Leid! (Abg. Mag. Schender: Ich stelle in einem Zwischenruf somit fest, dass ich nicht Doktor bin, sondern nur Magister!)

Bitte, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort!

13.06

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt gar nicht auf Herrn Schwender (Heiterkeit bei der SPÖ) eingehen, der über "Euroteam" geredet und damit versucht hat, von einem ganz konkreten, sehr unschönen Fall abzulenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Thema, mit dem wir uns heute befassen, ist das Sozialbudget, und hier gibt es einiges zu bemängeln, und gerade beim Frauenkapitel gibt es sehr viel, das uns Sorgen macht.

Es wird von Rednerinnen und Rednern der Regierungsparteien immer wieder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angesprochen. Leider schaut aber die Praxis anders aus. Man kann zwar noch schwer sagen, wie das Kindergeld wirklich gestaltet wird – darüber gibt es ja offensichtlich Streit in der Regierung –, aber eines ist schon deutlich erkennbar: Es ist eindeutig gegen die Frauen gerichtet. Es ist ein Versuch, die Frauen aus dem Beruf zu verdrängen, es ist ein Versuch, sie auf alte, traditionelle Rollen festzulegen. Und daher gibt es bei uns sehr, sehr große Distanz dazu. Wir wollen, dass Beruf und Familie tatsächlich vereinbar sind, und treten dafür ein, dass sich die Frauen im Beruf entfalten können und auch entsprechende Chancen bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was tun Sie? – Sie schaffen die Teilzeitkarenz ab, eine Regelung, die für die Familien wirklich gut ist. Sie schaffen wichtige Wiedereinstiegshilfen für die Frauen ab. Es ist jetzt plötzlich kein Geld mehr da für Qualifikationsmaßnahmen.

Es wird immer wieder beklagt, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen auch heute noch so groß sind. Wir wissen, warum sie bestehen, warum die Frauen trotz des hohen Bildungsniveaus im Berufsleben nach wie vor benachteiligt sind: eben weil sie durch die Kinderpause Schwierigkeiten haben, dann wieder voll in den Beruf einzusteigen. Die Qualifikationen gehen dann oft verloren. Die meisten Frauen müssen sich mit einer niedriger eingestuften Tätigkeit und damit auch mit weniger Geld zufrieden geben.

Die "working poor" sind sehr oft Frauen mit Betreuungspflichten, und daher sind Wiedereinstiegshilfen so wahnsinnig wichtig.

Meine Damen und Herren! Wir bedauern daher, dass in diesem Bereich so gespart wird und so viele wirklich wertvolle Kurse beseitigt worden sind.

Ein Problem wurde von Frau Zierler angesprochen, die allerdings auch nicht mehr hier ist. Ich würde eigentlich gerne mit dem Herrn Bundesminister über diese wichtigen Themen und Fragen diskutieren. (Abg. Mag. Trattner: Er ist bis jetzt dagesessen! Er wird auch einmal zum Mittagessen gehen dürfen!) Auch wenn mir bewusst ist, dass der Herr Staatssekretär als seine par


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lamentarische Vertretung nun anwesend ist, muss ich doch sagen, ich habe das Gefühl, dass es gerade die Frauenangelegenheiten sind, die den Herrn Bundesminister am allerwenigsten interessieren.

Frau Zierler hat also angesprochen, dass Frauen in Führungsetagen nach wie vor nicht sehr stark vertreten sind. Ich weiß eigentlich nicht, wie sie sich das im Detail vorstellt. Dass der Staat in verschiedene private Unternehmen eingreifen soll? Aber es gibt sehr wohl Bereiche, wo es möglich wäre, tätig zu werden. Darauf wollte ich auch den Herrn Minister ansprechen. Es sind nämlich jetzt zum Beispiel im Bundeskanzleramt acht Abteilungsleiterposten zu besetzen. Und wir werden sehr genau beobachten, wie diese Posten besetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.) Ich weiß und wir alle hier wissen, dass es genügend qualifizierte Frauen dafür gibt, und ich erwarte mir daher, dass Frauen auch tatsächlich zum Zug kommen.

Eine andere Sache, die auch vom Herrn Minister angesprochen worden ist: Er kündigt immer wieder an, unter anderem am Frauentag, zusätzliche Frauenförderstellen einzurichten. Wie schaut das in der Praxis aus? – In Vorarlberg ist die Stelle, die es gegeben hat, praktisch zugrunde gerichtet worden dadurch, dass es keine Förderungen mehr gibt. In Oberösterreich hat es Projektvorbereitungen für Servicestellen gegeben. Auch diese sind abgebrochen worden.

Das heißt also, das, was bereits im Laufen war, was sich bewährt hat, wird abgeschafft, und man versucht dann, etwas anderes, offensichtlich Genehmeres einzurichten. Und das ist Zensur! Ich hätte das gerne dem Herrn Bundesminister persönlich gesagt.

Es gibt überhaupt immer wieder das Problem, dass die Bundesregierung Frauenpolitik mit Familienpolitik verwechselt. Ich frage Sie, Herr Staatssekretär: Was geschieht im Bereich der Gleichbehandlung? Wo ist das privatwirtschaftliche Gleichbehandlungsgesetz, das angekündigt ist? Was tun Sie im öffentlichen Dienst – Stichwort: Objektivierungsgesetz, Ausgliederungen? Es gibt so viele Aufgaben im Bereich der Frauenpolitik, die aber leider nicht erfüllt werden.

Das, was ich bei der letzten Gelegenheit gesagt habe, muss ich leider wiederholen: Es gibt keine wirkliche Frauenpolitik dieser Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte.

13.12

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte es meiner Vorrednerin gleichtun und zum eigentlichen Thema dieses Vormittags, zum Budgetkapitel Soziales, zurückkehren.

Es gibt den schönen englischen Spruch "There is no such thing as a free lunch". – Ein Gratismittagessen gibt es nicht. Entweder es zahlen andere, oder ich selbst muss auf Umwegen teuer dafür bezahlen – siehe die berüchtigten Busfahrten mit Gratisjause.

Genau dies, Hohes Haus, ist es aber, was die SPÖ seit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung der Bevölkerung weismachen will: dass für jede sozialpolitische Wohltat niemand zu zahlen braucht, vom so genannten Gratisstudium angefangen.

Hohes Haus! Das ist keine ehrliche Politik. Eine ehrliche Politik verschließt vielmehr nicht die Augen vor der Tatsache, dass es jeweils bestimmte Solidargemeinschaften gibt, innerhalb derer der finanzielle Ausgleich dann erfolgen muss. Abgeordneter Nürnberger – er ist im Augenblick nicht da – war vor einiger Zeit bitterböse auf mich, als ich gewagt hatte, von dieser Stelle aus die Binsenwahrheit in Erinnerung zu rufen, dass jeder Schilling, den ein Pensionist mehr erhält, innerhalb der durch das Umlageverfahren vorgegebenen Solidargemeinschaft gleichzeitig einem Aktiven weggenommen werden muss. Analoges gilt bezüglich der Solidargemeinschaft der Gesunden und der Kranken im Rahmen unserer Krankenversicherung: Kein Ambulanzbesuch ist gratis. Leiste nicht ich selbst einen Beitrag zur Inanspruchnahme einer Leistung, so müssen andere für mich bezahlen – oder ich selbst, allenfalls über den Umweg allgemeiner höherer


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Krankenversicherungsbeiträge. Dies kam auch in der vorgestrigen Debatte klar zum Ausdruck, und dies, Hohes Haus, ist auch der Hintergrund, von dem ausgehend eine sachadäquate Lösung bezüglich der Besteuerung der Unfallrenten zu finden sein wird.

Hohes Haus! Die Problematik liegt aber tiefer. Sie liegt darin, dass in diesem System ein Rückkopplungseffekt gegeben ist. Der Mensch neigt nun einmal dazu, mit etwas, das scheinbar nichts kostet, achtloser umzugehen. Ein gewisser Kostenbeitrag – in welcher Form auch immer, sei es als Selbstbehalt, sei es als Gebühr – hat demnach eine doppelt heilsame Wirkung: Er macht bewusst, dass ich eine teure Leistung in Anspruch nehme, und er reduziert die Bereitschaft, diese Leistung leichtfertig in Anspruch zu nehmen. Er hat also, wie man heute sagt, einen Lenkungseffekt. Damit reduziert dieser Beitrag aber die Gesamtkosten des Systems, was nicht nur im Interesse aller Mitglieder dieser Solidargemeinschaft liegt, sondern auch das jeweilige Budget entlastet.

Eine ehrliche Oppositionspolitik sollte daher eigentlich alle Schritte der Bundesregierung, Solidargemeinschaften zu entlasten, befürworten. Stattdessen erleben wir in allen Oppositionsreden seit Monaten ein tagtägliches gigantisches Sand-in-die-Augen-Streuen, das Erheben einer Forderung nach Gratisleistung oder erhöhter Zuwendung für irgendeine soziale Gruppe nach der anderen, ohne dass je hinzugefügt wird, dass dadurch die Allgemeinheit insgesamt nur noch stärker belastet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Lassen Sie mich abschließend als Seniorenvertreter noch ein Wort zur vielleicht wichtigsten Solidargemeinschaft sagen, der Solidargemeinschaft zwischen den Generationen. Auch diese Solidargemeinschaft darf nicht statisch gesehen werden, sondern dynamisch. Im Sinne dieser dynamischen Sichtweise fühlt sich der Österreichische Seniorenbund nicht nur verantwortlich für die Senioren von heute, sondern auch für die Senioren von morgen – die Jugend, die in großer Zahl die Galerie bevölkert.

Der Seniorenbund tritt daher für ein langfristig tragfähiges Pensionssystem ein, das auch dem heute Aktiven und der heutigen Jugend dereinst im Alter eine achtbare Pension sichern soll.

Auch ist es erforderlich, klarzumachen, dass die ältere Generation keineswegs nur Empfänger und Verbraucher von Leistungen ist, sondern in hohem Ausmaß auch Leistungen erbringt, die wesentlich zum Zusammenhalt zwischen den Generationen beitragen.

Eine verantwortungsvolle Politik muss bemüht sein, nicht Gräben aufzureißen, sondern solche zu überwinden, indem innerhalb der Solidargemeinschaften mit Vernunft Brücken geschlagen werden, über die sich dann die Partner finden können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

13.18

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Bruckmann, das Verständnis des Solidarprinzips und der Solidargemeinschaft unterscheidet uns tatsächlich voneinander. Wenn man Ihren Ausführungen folgte, musste man zu der Ansicht gelangen, es hätte mit Solidarität zu tun, wenn Kranke für Kranke Beiträge leisten. – Mein Verständnis ist ein anderes.

Zum Zweiten: Sie haben die Kostenlosigkeit in Frage gestellt, Kollege Bruckmann. – Es geht um faire Chancen, und es geht darum, dass Menschen, denen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, zum Beispiel auch den freien Zugang zu Bildung haben. Das sind jene fairen Chancen, die ich meine. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun zu den Ausführungen von Kollegen Schender, der leider nicht mehr da ist. (Abg. Mag. Schender: Da bin ich!)  – Oh, er ist da, sehr gut! – Ich drehe einmal den Spieß um und rede von


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blauen Bonzen, von der blauen Freunderlwirtschaft und von den blauen Kameraden. – Kollege Schender! Diese Diktion und diese Worthülsen sind eigentlich unerträglich, wirklich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nun dem eigentlichen Thema der heutigen Tagesordnung zuwenden. Politik und Wirtschaft verändern sich rasant und somit auch die gesellschaftlichen Bedingungen und Lebensformen. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmte weitgehend die Geburt über die gesellschaftliche Stellung und damit über Lebenschancen. Arbeit, Wohngegend, Alltagskultur, Lebensverläufe waren erstens durch Klasse und zweitens durch Geschlecht bestimmt. Vieles hat sich seitdem verändert: Männer und Frauen müssen eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, die das eigene Leben bestimmen, die in der Vergangenheit durch die gesellschaftliche Stellung automatisch vorgegeben waren.

Die Individualisierung der Menschen führt nicht automatisch zu mehr Freiheit und Gleichheit. Neue Risken bestimmen das gesellschaftliche Leben. Das Selbstverständnis der Frauen hat sich verändert. Die Bildungschancen der Frauen haben sich weitgehend jenen der Männer angenähert. Auswirkungen der kommenden Studiengebühren werden aller Voraussicht nach wieder einen Rückschritt für die Frauen bedeuten.

Auch in Politik und Wirtschaft rücken Frauen nachweislich in Schlüsselpositionen auf. Trotzdem verdienen Frauen für gleiche Arbeit weniger als Männer. Und trotz alledem tragen vor allen Dingen im privaten Bereich die Frauen die Verantwortung für die gesamte Versorgungsarbeit für Kinder und Haushalt.

Festzustellen ist aber auch, dass Väter vor allen Dingen sehr viel Frei zeit mit Kindern verbringen. Mehr Engagement für Kinder durch Männer bedeutet auch für diese Erschwernisse auf dem Arbeitsmarkt und einen Kampf gegen männliche Rollenklischees. Es wäre eine Aufgabe für den Herrn Frauenminister, dies zu analysieren. Neue Lebensformen bringen der Familie tatsächlich mehr Freiheit und Spielraum. Diese Formen des partnerschaftlichen Miteinander müssen gesellschaftlich akzeptiert und staatlich unterstützt werden. Die jetzige Politik muss sich dieser Realität stellen und darf nicht einer Biedermeierzeit nachhängen.

Familienförderung muss den geänderten Lebensbedingungen angepasst werden. Und gerade für die optimale Unterstützung und Förderung von Kindern sind finanzielle Zuwendungen, Sachleistungen, kostenlose Infrastrukturmaßnahmen und der Ausbau des Dienstleistungsservice unverzichtbar. Die Antwort dieser Regierung ist das Kindergeld. Nach der heutigen Debatte, meine Damen und Herren, ist meine Sorge bestätigt und auch der Umstand, dass ich kein Vertrauen in diesen Weg, nämlich in den Weg des Kindergeldes, gehabt habe.

Frau Fabel war in die Vorbereitung mit einbezogen. Nicht nur dass sie mehr Schein als Sein gehabt hat, nicht nur dass sie unsozial und beinhart ihren Mitarbeiterinnen gegenüber agiert hat – sie ist nämlich noch einen Lohn schuldig –, sie ist auch noch salopp und unverantwortlich bei der Verantwortung für Kinder. Nachdem das Personal in ihrem Projekt Kindergruppe davongelaufen ist, da es nicht mehr bezahlt wurde, hat sie statt den ausgebildeten Kindergärtnerinnen Leihomas beschäftigt. Ich denke mir: Na fabelhaft! Eine Frage an den Herrn Minister, der mir abhanden gekommen ist: Spiegelt dieses Szenario die Zukunft der Kinderbetreuung in Österreich wider? Sind das die Qualitätsmerkmale, die dann Gültigkeit haben? – Ich bedanke mich schön, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vielfalt der Lebensformen braucht vielfältige Förderungen und Schutzmaßnahmen, denn nur so können Männer und Frauen ein qualitativ hochwertiges Zusammenleben in Verantwortung mit Kindern und für Kinder bestens meistern und gestalten.

Der Weg dieser Bundesregierung ist ein anderer: Einfalt statt Vielfalt, mehr Privat statt tatsächliche Unterstützung und ein Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, lassen die Menschen allein mit ihren Sorgen und Problemen.


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Ich erinnere an einen Artikel in den gestrigen "Oberösterreichischen Nachrichten", worin von Seiten der Caritas festgestellt wurde: Seit diese Regierung im Amt ist, gibt es eine Zunahme der Zahl der Hilfesuchenden.

Auf unterschiedliche Bedürfnisse muss Rücksicht genommen werden. Mein Weg, der Weg der Sozialdemokratinnen ist ein anderer. Berufstätigkeit, die Verantwortung für Kinder, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie können und dürfen nicht nur ein Privileg der Männer sein. Auch Frauen haben ein Recht auf diese Vereinbarkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Bessere Bedingungen in unserer Gesellschaft, bessere Bedingungen in Wirtschaft und Arbeitswelt und in der Partnerschaft sind gefragt, denn es geht um die Menschen, um Kinder, Frauen und Männer. Ihre Devise, die Devise der Regierung ist: Vorwärts in die Vergangenheit. Mein Motto heißt: Zukunft leben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Zurück in die Zukunft!)

13.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Freigaßner. – Bitte.

13.25

Abgeordnete Evelyn Freigaßner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Viele Frauen in unserem Land sind täglich Gewalt ausgesetzt. Zumeist ist es der eigene Partner, der die Frau psychisch demütigt, indem er sie beschimpft, wenn sie sich nicht seinen Vorstellungen entsprechend verhält. Sie ist unkontrollierten Wutausbrüchen und körperlichen Misshandlungen ausgesetzt. Sie ist also in Angst und Schrecken versetzt.

Will sich die Frau in ihrer Verzweiflung von ihrem Partner trennen, wird ihr gedroht, dass ihr die Kinder weggenommen werden, was sie weiter unter Druck setzt. Finanzielle Abhängigkeiten schüren Existenzängste, die eine Trennung unmöglich erscheinen lassen.

Infolgedessen müssen wir es den Frauen ermöglichen, ihren Lebensunterhalt so zu bestreiten, dass sie nicht unter die Armutsgrenze fallen. Finanzielle Sicherheit muss sowohl in ihrer momentanen Situation als auch im Hinblick auf ihre Pension garantiert sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Einerseits stellt der Bund Mittel aus der Frauenförderung und den neuen Kinderbetreuungsscheck zur Verfügung, andererseits müssen wir Wiedereinsteigerinnen zukunftsorientierte Schulungsmaßnahmen und Ausbildungen anbieten, um den Frauen finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen. Da sind auch die Länder und das AMS in die Pflicht zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In der Steiermark wurde die Initiative "Job 2000" gestartet, und es wurden insgesamt 300 Millionen Schilling dafür zur Verfügung gestellt. Das Problem dabei ist nur, dass sämtliche Gelder wiederum in standardisierte Maßnahmen flossen. Obwohl bei der Vergabe jene Projekte bevorzugt wurden, die eine kommunale Einbindung aufweisen sollten, ließ Landesrätin Rieder die Chance, frauenspezifische Maßnahmen im IT-Bereich zu starten, ungenutzt.

Eine speziell den regionalen Bedürfnissen der Frauen entsprechende Maßnahme, die den Frauen eine höhere Qualifikation ermöglicht, ist für Steirerinnen nur ein Wunschdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frauen, die zum AMS kommen, haben so gut wie keine Chance, eine Ausbildung zu erwerben, für die einerseits ein erhöhter Bedarf auf dem Arbeitsmarkt besteht und die andererseits ein überdurchschnittliches Einkommen ermöglicht. Das AMS gibt zwar wunderschöne kostspielige Broschüren heraus, die allerhand versprechen, die Realität sieht in der Obersteiermark jedoch ganz anders aus.

Dazu möchte ich Ihnen sagen: Das AMS ist sowieso ein roter Betrieb, und ich verstehe nicht, warum Sie sich aufregen, dass für Frauen, überhaupt für Wiedereinsteigerinnen so wenig getan


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wird, denn schließlich und endlich hatte das AMS schon mehr als 30 Jahre lang Zeit, für die Frauen endlich einmal etwas zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Frauen, die im zweiten Bildungsweg um eine höhere Qualifizierung ansuchen, werden nur in ganz wenigen Fällen vom AMS zu einer solchen Maßnahme zugelassen. Solange auf dem freien Arbeitsmarkt Stellen für Anlernkräfte im Produktionsbereich, in der Gastronomie oder im Handel frei sind, so lange haben Wiedereinsteigerinnen in den seltensten Fällen eine Chance, eine höher qualifizierte Ausbildung zu bekommen. Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und das AMS sind gefordert, mehr für Wiedereinsteigerinnen zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir Freiheitlichen werden jedenfalls im steirischen Landtag einen Antrag zur Förderung frauenspezifischer IT-Ausbildung einbringen. Wenn man von Frauenförderung spricht, so sollte diese nicht nur vom Bund, sondern auch vom Land umgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

13.29

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon verwunderlich, mit welcher Arroganz und Überheblichkeit sich heute hier FPÖ-Abgeordnete an das Rednerpult gestellt und politisch Andersdenkende untergriffigst beleidigt haben.

Lautstärke, wie sie Kollege Dolinschek gezeigt hat, ändert nichts an der Tatsache, dass sich bei der FPÖ eine Panne an die andere reiht. Ein Sprichwort heißt auch: "Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht." – Und Sie von der FPÖ stehen nun vor einem Scherbenhaufen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur politischen Verantwortung – der Herr Bundesminister ist leider nicht hier (Abg. Achatz: Der Herr Staatssekretär ist hier!)  –: Wenn sich ein Facharbeiter, ein Schlosser, ein Elektriker in einer Firma bewirbt, muss er sein Facharbeiterzeugnis vorlegen. Bei uns werden im Ministerbüro, wenn man einen Sektionschef oder eine Sektionschefin einstellt, nicht einmal Zeugnisse verlangt.


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(Abg. Mag. Schweitzer: Welchen Sektionschef meinen Sie? Nennen Sie den Namen!) Also, Herr Minister, in diesem Fall können Sie Ihre politische Verantwortung nicht ablegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme schon zum Thema, und zwar zur unsozialen Belastung der Unfallrentner. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer Ihnen das aufgeschrieben hat, hat sich nicht ausgekannt!) Da wird unter dem Vorwand der Budgetsanierung eine zynische Politik der sozialen Ungerechtigkeit gegen jene Menschen gemacht, welche entweder eine Berufskrankheit haben oder einen Arbeitsunfall erlitten haben. Es handelt sich bei den Unfallrentnern um eine Personengruppe, die in ihrem Leben vom Schicksal besonders hart getroffen wurde. (Abg. Mag. Schweitzer: Man kann die Rede auch abgeben, ohne sie zu verlesen!)

Wenn Sie, Herr Bundesminister, gestern gesagt haben, Sie werden nun die Grenze für Härtefälle auf rund 20 000 S anheben, so frage ich mich natürlich: Endet ein Härtefall bei 20 000 S? Ist die Frage, ob jemand ein Härtefall ist oder nicht, nur von der Höhe des Einkommens und der Unfallrente abhängig oder nicht auch von der Art der Gesundheitsbeeinträchtigung? (Abg. Mag. Schweitzer: Lies wieder weiter!)

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Sie hätten mit den Betroffenen öfters reden und diskutieren müssen, dann hätten Sie deren berechtigte Sorgen und Anliegen kennen, vielleicht auch verstehen gelernt. Diese Mühe wollten Sie sich natürlich sparen, dafür gibt es Ihrer Meinung nach ja die Experten.

Um diese Probleme zu erkennen, braucht man sicherlich kein Experte zu sein. Man hätte auch mit dem normalen Menschenverstand erkennen müssen, dass diese Maßnahme unsozial ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Umblättern!) Ich unterstelle Ihnen, Sie sind gar nicht mehr in der Lage, die Probleme und Sorgen der "kleinen Menschen" zu erkennen. Sie sind von der Basis schon so weit entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun Folgendes an die Adresse der ÖVP: Sie wollen sich christlich-soziale Partei nennen. Weder das Wort "christlich" und schon gar nicht das Wort "sozial" dürfen Sie auf Grund dieser Belastungen der Bevölkerung für sich in Anspruch nehmen. Wenn nun von Seiten der Bundesregierung, vor allem von der FPÖ-Fraktion davon gesprochen wird, dass Härtefälle von der unsozialen Besteuerung der Unfallrente ausgenommen werden sollen, dann möchte ich schon die Frage stellen: Beginnt bei Ihnen nun nach den neuesten Aussagen ein Härtefall zum Beispiel bei 20 000 S, oder hängt dies auch vom Grad der körperlichen Einschränkung, wie bereits erwähnt, ab?

Ich möchte zwei Beispiele anführen. Ein gewisser Herr Kurt Aumayr schrieb:

Betrifft: Kürzung meiner Unfallrente. – Ich wurde im Fahrzeugbau als Werkmeister angestellt, Spezialgebiet Fahrzeugmusterbau und Arbeitsvorbereitung. Bezahlung: Fixum und Gewinnbeteiligung. Nach einem Jahr wurde ich wegen Beeinträchtigung meiner vollen Arbeitskraft durch den Verlust meiner vier Finger an der rechten Hand von der Gewinnbeteiligung ausgeschlossen, mit der Bemerkung: Sie sind nicht mehr hundertprozentig einsatzfähig, aber beziehen dafür eine Unfallrente.

Nach Aussage von Herrn Peter Westenthaler, FPÖ, werden Besserverdienende mit der Rentenkürzung bestraft. Die Ironie dabei ist, dass ich als Alleinverdiener mit einer monatlichen Pension von 14 912,50 S zu den Besserverdienern zähle. Da ich durch meine geminderte Arbeitsfähigkeit weniger verdiene, sehe ich die Unfallrente – 5 284,40 S – als Aufrechterhaltung meines ohnehin bescheidenen Lebensstandards. Auf Grund meiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung im Fahrzeugbau wäre ich ein Besserverdiener, wenn ich nicht den Arbeitsunfall gehabt hätte. Durch die Unfallrentenbesteuerung bekomme ich monatlich um 2 023 S weniger Unfallrente.

Fall zwei: Ein 50-jähriger Meisterkollege fährt mit dem Fahrrad von Trofaiach nach Donawitz und wird von einem Auto niedergefahren. Er erleidet schwerste Kopfverletzungen. Es ist nur der Kunst der Ärzte zu verdanken, dass er diesen tragischen Unfall überhaupt überlebt. Sein Kopf musste angebohrt werden, und dabei traten 2 Zentimeter seines Gehirnes heraus, welche entfernt werden mussten.

Nach einem langen Krankenhausaufenthalt folgte ein Jahr Rehab in Meidling. Dabei möchte ich besonders hervorheben, dass ihn seine Gattin täglich besuchte und auch täglich die Strapazen von fast 400 Kilometer An- und Rückreise in Kauf nahm. Leider ist mein Kollege ein Pflegefall geblieben. Ein geregeltes Familienleben ist somit nicht möglich. Sein Einkommen hätte sich auf Grund seiner Fähigkeiten, seines Wissens und Könnens bis zu seiner Pensionierung natürlich noch erhöht. Für seine Unfallrente bezahlt mein Kollege nun 14 583 S monatlich an Steuern. (Abg. Achatz: 14 000 S monatlich?) 14 583 S monatlich, das kann ich Ihnen zeigen! Er hat nämlich eine hohe Unfallrente von 34 000 S, weil er ein Pflegefall rund um die Uhr ist. Da müssen Sie nur hinausgehen und sich bei den Menschen erkundigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage Sie nun, Herr Staatssekretär: Wer ist nun bei diesen Fällen ein Härtefall? – Der zweite Fall auf Grund seines Einkommens aus Ihrer Sicht wahrscheinlich nicht. Deshalb sind wir Sozialdemokraten für eine restlose Beseitigung dieses Aktes der Herzlosigkeit gegenüber den 107 818 österreichischen Unfallrentnern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fordere Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, auf: Zeigen Sie Ihr angebliches Herz, und stimmen Sie dem SPÖ-Antrag zu, um eine sofortige rückwirkende Aufhebung der unsozialsten aller unsozialen Maßnahmen dieser Bundesregierung zu ermöglichen! Machen Sie bei den Unfallrentnern eine Politik mit Hirn und Herz und nicht mit Schmerz! (Beifall bei der SPÖ.)

13.36


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

13.37

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte die Prioritätenliste dieser Bundesregierung im Bereich der Sozialpolitik nochmals unterstreichen. Erste Priorität hat für uns die Vollbeschäftigung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Erhalten von Arbeitsplätzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte hier aus einer Zeitung von heute zitieren: Österreich ist Nummer drei in der EU, was Arbeitsplätze betrifft. Die Arbeitslosenquote nach EU-Kriterien sank von 3,9 auf 3,7 Prozent nach nationaler Berechnung. Die Zahl der einen Job suchenden Frauen ist um 5,9 Prozent zurückgegangen und die der über 50-jährigen Job Suchenden – wo wir ja immer große Sorgen hatten – um fast 12 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Mit der Quote von 3,7 Prozent liegt Österreich EU-weit an dritter Stelle hinter Luxemburg und den Niederlanden. Im Durchschnitt beträgt die Arbeitslosigkeit in der EU 8 Prozent. – Ich glaube, das ist Sozialpolitik, das ist gelebte Sozialpolitik und die wichtigste Form von Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte hier doch einen Vergleich mit Deutschland bringen, wo es immerhin seit drei Jahren eine rot-grüne Regierung gibt. Ich kann mich erinnern, Bundeskanzler Schröder ist angetreten und hat gesagt: Mein Hauptaugenmerk, mein Hauptziel ist die Reduzierung der Zahl der Arbeitslosen. – Das hat er nicht geschafft. Die Zahl der Arbeitslosen beträgt in Deutschland noch immer über 4 Millionen. Die Arbeitslosenrate während der Rot-Grün-Regierung in Deutschland beträgt 7,8 Prozent, ist also fast doppelt so hoch wie in Österreich. Das möchte ich in diesem Zusammenhang schon unterstreichen. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Das zweite Ziel der Sozialpolitik dieser Regierung ist – und das zieht sich im Grunde genommen wie ein roter Faden, oder besser gesagt, wie ein schwarz-blauer Faden, durch die gesamten Budgetberatungen –: Wir wollen keine neuen Schulden mehr. Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, wie hoch die Zinsenbelastung ist. Ich glaube, es ist auch interessant für die Zuschauer auf der Galerie, wenn ich sage: Wir zahlen täglich 300 Millionen Schilling an Zinsen zurück! Wenn ich die Sozialquote mit ungefähr einem Drittel nehme, dann könnten wir, wenn wir diese Überschuldung nicht hätten, 100 Millionen pro Tag für Sozialprojekte, für Behindertenprojekte, für Frauenförderungsprojekte ausgeben. 100 Millionen Schilling am Tag! – Das muss man einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen meines Vorredners Dobnigg betreffend Unfallrenten: Wir bekennen uns dazu – auch das heißt "Regieren neu" –, dass man, wenn man einen Fehler gemacht hat, nicht ewig auf diesem Fehler beharrt, sondern sagt, wir werden ihn schnellstens ausmerzen. Es gibt bei uns eine Härteklausel.

Ich bin sehr froh darüber, dass er auch ein zweites Fallbeispiel gebracht hat, in dem man gesehen hat, dass dieser bedauernswerte Mann nicht nur ein Einkommen hat, nicht nur über eine sehr hohe Unfallrente verfügt, sondern auch Pflegegeld bekommt. Und ich glaube, das ist etwas, was man in diesem ganzen Bereich immer außer Acht lässt. Ich bin sehr froh, dass es das gibt, ich glaube, das ist eine große sozialpolitische Leistung, die wir in Zukunft auch sichern müssen. Ich möchte aber auch in diesem Zusammenhang sagen, dass das Pflegegeld sehr wohl nicht versteuert wird und nicht zum Einkommen dazugerechnet wird. Man muss so fair sein und auch immer die positiven Dinge, die unangetastet sind, unterstreichen. Das möchte ich hiermit tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber es gibt natürlich auch von Seiten der ÖVP-Frauen viele Wünsche an das Gesundheits- und Sozialressort. Ich möchte einen Wunsch wiederholen, und ich glaube, vom Frauen- und Sozialminister ist der Vorschlag der ÖVP-Frauen, den wir bereits im Jahr 1997 eingebracht haben, hinsichtlich Versorgungsausgleich, Teilung der Pension positiv aufgenommen worden. Wir sind da sehr zuversichtlich, wir hoffen, dass da etwas weitergeht.


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Die ÖVP-Frauen bekennen sich dazu und meinen, dass das Familiengeld auch den Frauen helfen wird, weil wir wissen, dass gute Familienpolitik nicht Frauenpolitik ist, aber den Frauen enorm bei ihren Entscheidungen hilft. Ich glaube, das ist ein sehr guter Ansatz.

Ich möchte auch noch einen dritten Punkt ansprechen. Ich bin sehr froh, dass Sie, Herr Staatssekretär Waneck, hier sind. Sie wissen, ich setze mich sehr im Bereich Hospiz und Palliativmedizin ein. Ich bin auch morgen in Holland zu einer Diskussion zum Thema "Sterbehilfe" eingeladen. (Abg. Parfuss: Gute Reise!)  – Danke. – Ich möchte, dass wir auch im Zusammenhang mit diesem Themenbereich in der Regierung vielleicht noch etwas an Tempo zulegen. Ich bin sehr froh darüber, dass am 29. Mai 2001 im Parlament eine Enquete zum Thema "Sterbebegleitung" stattfindet. Ich glaube, auch in dieser Frage kann Österreich mit der "Regierung neu" Vorbild für ganz Europa werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte. (Abg. Steibl: Die falschen Fakten! – Abg. Freund: Seriös bleiben!)

13.43

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegin Gatterer! Ich sehe keine Prioritätenliste dieser Art, die Sie dargestellt haben. Ich sehe "Pleiten, Pech & Pannen" (der Redner stellt eine Tafel mit dieser Aufschrift auf das Rednerpult) dieser Bundesregierung. Nehmen Sie das zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

"Neu regieren" heißt Pleiten, Pech und Pannen, eine unsoziale Unfallrentenbesteuerung, eine verfassungswidrige Ambulanzgebühr, eine Sozialversicherungsreform, die keine ist und die man nicht zustande bringt, Studiengebühren, die eingehoben werden, eine Überwachungsverordnung, die überarbeitet werden muss, und eine Ministerin, die irrtümlich eine Verordnung unterschreibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gibt es dafür einen anderen Ausdruck als "Pleiten, Pech & Pannen"? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun ist diese Pleite bei Herrn Bundesminister Haupt gelandet. In der Tradition eines Felix Krull, eines Hauptmannes von Köpenick war Frau Fabel die Haupt-Frau, die Haupt-Akademikerin im Ressort von Bundesminister Haupt. Als Ute Fabel vom Stubenring wird sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, in die Parlamentsgeschichte eingehen.

Aber so einfach ist es nicht, Herr Staatssekretär. Die politische Verantwortung – und das möchte ich mit aller Deutlichkeit festhalten – trägt in dieser Frage Bundesminister Haupt. Wir von der Opposition werden genau schauen, ob es nicht vielleicht noch andere "Verfabelungen" in den Ministerbüros gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Die nächste Fabel ist jene, die uns diese Bundesregierung unterbreitet hat: der Entwurf für eine Ernährungsagentur, die Lebensmittelsicherheit garantieren sollte. Herr Staatssekretär! Da wurden Sie von der Landwirtschaft wieder einmal über den Tisch gezogen. (Abg. Achatz: Das stimmt nicht!) Die nächste Pleite ist vorhersehbar. Der vorliegende Entwurf bleibt eine Farce. (Abg. Achatz: Sie wissen, dass das nicht stimmt, Kollege Maier!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Problem der mittelbaren Bundesverwaltung ist nicht gelöst. Die Länder sollten im Zuge der Verwaltungsreform ihre Zustimmung erklären. Herr Staatssekretär! Ich garantiere Ihnen: die nächste Totgeburt dieser Bundesregierung.

Was sind nun die Kritikpunkte? – Keine Kompetenzverteilung und die Landwirtschaft kontrolliert sich wieder selbst. (Abg. Schwarzenberger: Die AK kontrolliert sich auch selbst!) Der Landwirtschaftsminister ist wiederum in zweiter Instanz bei Einspruch gegen die Bescheide der Agentur zuständig. Der Landwirtschaftsminister bringt nicht alle seine Kompetenzen ein. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was an diesem Entwurf unerträglich ist, ist die Tatsache, dass er vorsieht, dass die Codexkommission vom Wissenschaftlichen Rat, dessen Qualifikation gar


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nicht definiert ist, an die Kandare genommen wird. Es gibt keine Sachverständigengutachten der Codexkommission mehr, und dem Wissenschaftlichen Rat könnte auch – nach dem Gesetzestext – ein Nichtakademiker, ein Büroleiter – und wir wissen jetzt: auch Nichtakademiker können Büroleiter sein – angehören.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sehen die Unabhängigkeit gefährdet. Wir sehen keine gesicherte Finanzierung. Wir sehen zusätzliche Kosten, insbesondere Overhead-Kosten in diesem Bereich. Die sozialdemokratische Fraktion wird daher den Entwurf, sollte er nicht geändert werden, denn auch uns liegt die Lebensmittelsicherheit sehr am Herzen, in der vorliegenden Form ablehnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein zweiter Punkt ist der Bereich der Drogenpolitik. Ich mache es ganz kurz. Wir stellen fest: Therapie statt Strafe wird durch ein Kriminalisierungsmodell insbesondere jugendlicher Drogenkranker abgelehnt. (Abg. Auer: Das ist das Beste, was passieren kann!) Was mich besonders nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass wir unterschiedliche Meinungen aus den Ressorts hören. Das Projekt "Check it" wird gelobt. Von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wird es verteufelt.

Ich frage Sie: Warum wird dieses Projekt verteufelt?, nachdem es europaweit ein Herzeigeprojekt gewesen ist, nachdem ein Bericht von der Kommission eingefordert worden ist. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sind diese Antwort schuldig geblieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher den Antrag der Abgeordneten Mag. Maier, Schasching, Mag. Wurm und GenossInnen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe geändert wird, ein.

Wir sind der Auffassung, dass nur eine umfassende Dokumentation über Suchterkrankungen Anhaltspunkte für eine mögliche Reform liefern könnte. Wir sind der Meinung, dass aktuelle epidemiologische Daten zur Situation der Suchtkrankheiten und Suchterkrankungen in Österreich vorgelegt werden sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie einladen, hier zuzustimmen.

Abschließend noch eines: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Sie in den letzten Monaten geliefert haben, sind "Pleiten, Pech & Pannen". (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Eine Frage: Ist das das "Konsum"-Plakat?)

13.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. – Bitte.

13.49

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Kollege Maier, ich hätte gerne Ihr Plakat bitte. Könnten Sie mir Ihr Plakat borgen? – Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich wollte das Plakat nehmen, denn was steht als Erstes oben: Pleiten. – Da kann ich nur sagen: Pleiten wie beim "Konsum". Pech. – Pech mit Ihrem Herrn Klima und seinem Nachfolger Gusenbauer. Pannen. – Meine Damen und Herren Kollegen von der SPÖ! Ich erinnere an die Dringliche, mit der Sie Steuersenkung wollten und Steuererhöhung gefordert haben.

Meine Damen und Herren! Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie uns Freiheitliche mit Ihren unqualifizierten, unmenschlichen und charakterlosen Bemerkungen einschüchtern wollen, dann täuschen Sie sich gewaltig. Ein Sprichwort sagt: Was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Je mehr Sie uns angreifen, desto stärker werden wir. Das verspreche ich Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Trotz aller Polemik und trotz unangemessener Vorwürfe der Opposition, beispielsweise in Bezug darauf, dass auch ein Mann Frauenminister sein kann, lässt sich unser Minister Haupt nicht beirren (Abg. Mag. Wurm: Berchtold fällt mir dazu ein!) und setzt in kurzer Zeit – Frau Kollegin, hören Sie zu! – mehr frauenpolitische Initiativen durch, als Sie in langjähriger Regierungszeit, während der Sie das Frauenministerium innegehabt haben, durchzusetzen vermochten. (Abg. Mag. Wurm: Sie haben das Frauenministerium abgeschafft! Eine Männerabteilung haben Sie daraus gemacht!)

Mein Damen und Herren! Allein das Frauenbudget wurde um 1,2 Millionen Schilling erhöht. (Abg. Mag. Wurm: Frau Prammer hat nachgewiesen, dass es weniger geworden ist!) Für die Vergabe von Fördermitteln für das Jahr 2001 wurden spezielle frauenpolitische Schwerpunkte gesetzt – und nicht wie Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, es immer gemacht haben: da ein bisschen und da ein bisschen, aber nur nach politischem Gutdünken und nicht nach objektivierbaren Kriterien. (Abg. Mag. Wurm: So wie der Berchtold ausgeschrieben wurde, so besetzen Sie!) Unser Minister setzt Schwerpunkte zur Förderung von Vereinen und Projekten und hilft damit mehr, als Sie es je getan haben.

Es werden Arbeitskreise gegen Gewalt an Frauen und Kindern eingesetzt. Hier geht es vor allem um den Opferschutz. (Abg. Mag. Wurm: Ihre Partei hat dagegen gestimmt vor zwei Jahren!) Es werden Maßnahmen zur Hilfestellung für Migranten gesetzt. (Abg. Mag. Wurm: Vor zwei Jahren haben Sie dagegen gestimmt! Gegen das Opferschutzgesetz haben Sie gestimmt!) Es werden Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit gesetzt, von denen Sie immer nur gesprochen haben. (Abg. Mag. Wurm: Sie waren dagegen!) Wir setzen sie um!

Der Herr Minister hat ein spezielles Technologieprogramm in die Wege geleitet, damit Frauen in einer männerdominierten Domäne endlich Fuß fassen können. Ein weiterer – (Abg. Mag. Wurm: Sie haben gegen das Opferschutzgesetz gestimmt!)  – Frau Kollegin, Sie können sich nachher gerne zu Wort melden! (Abg. Mag. Wurm: Sie haben gegen das Opferschutzgesetz gestimmt!)  –, mir persönlich wichtiger Schwerpunkt ist die Einrichtung eines Referates für Frauen und Gesundheit, und das sage ich natürlich auch speziell als Gesundheitspolitikerin.

Wichtige frauenspezifische Themen in der Gesundheit sollen dabei abgedeckt werden. Fragestellungen von der Vorsorge bei bestimmten Krebserkrankungen über AIDS-Prävention, Suchterkrankungen, Verbesserung der Gesundheitsvorsorge, Prävention von Essstörungen bis hin zu den Schwerpunkten in der Pränatal-Diagnostik, der medizinisch unterstützten Fortpflanzung sowie den Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt stehen dabei im Mittelpunkt.

Die Dunkelziffer bei familiärer Gewalt ist, wie Sie wissen, sehr hoch. Jährlich werden etwa 150 000 bis 300 000 Frauen misshandelt. (Abg. Mag. Wurm: Deswegen brauchen wir eine Männerabteilung!) 90 Prozent der Gewalttaten werden nach Schätzungen der Polizei in der Familie und im sozialen Nahbereich verübt. Bekämpfung von sexuellem Missbrauch und Gewalt bei Frauen und Mädchen stellt demnach ein wichtiges gesundheitspolitisches Thema dar. Die Betreuung und neue Konzepte für die Prävention sind daher unumgänglich, und das setzt unser Herr Minister um.

Weiters haben internationale Studien gezeigt, dass Frauen im höchsten Ausmaß zur Tablettensucht neigen, mehr als Männer nämlich. Detaillierte Studien zur Erhebung von Tablettensucht bei Frauen sind leider noch ausständig, und auch dieses Vorhaben, die Durchführung entsprechender Studien in diesem Bereich, wird unter unserem Herrn Minister umgesetzt.

Meine Damen und Herren der Opposition! Einen Vorsprung im Leben hat nur der, der nicht nur redet, sondern anpackt, und das tun wir! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Tancsits. )

13.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

13.53

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein Wort zu meiner Vorrednerin, Kollegin Beate Hartinger. – Sie haben gemeint, Frau Kollegin: "Je mehr


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Sie uns angreifen, desto stärker werden wir" – mit "wir" haben Sie die Freiheitlichen gemeint. Sie zeigen mir jetzt, dass Sie das wirklich ehrlich gemeint haben. (Abg. Mag. Hartinger: Ich meine, was ich sage!)

Ja, Sie meinen das, das ist schon richtig. Aber wie ist denn das in Wien bei der Wiener Wahl gewesen? (Abg. Böhacker: Wie war das bei euch in der Steiermark? Da habt ihr die Wahl verloren!) Wie war denn das? Ihr Klubobmann hat in Simmering minus 10 Prozent erreicht! – "Mister 10 Prozent" ist jetzt nicht da. – Bei minus 10 Prozent in Simmering sagen Sie, Sie seien in Wien stärker geworden? Die Damen und Herren auf der Galerie werden sich wundern, wenn Sie hier behaupten, Sie werden stärker, wenn Sie angegriffen werden. (Abg. Brix: Kollege Riepl, ich muss dich korrigieren: Simmering minus 11,3 Prozent!)  – Danke, Kollege Brix. Also sogar minus 11,3 Prozent in Simmering!

Sehr verehrte Frau Kollegin Hartinger! Sie sind mit Ihrer Fraktion, den Freiheitlichen, so stark, dass Frau Partik-Pablé vom Rathaus gleich wieder zurück ins Parlament geflüchtet ist, gar nicht dort geblieben ist, und sich hier in der Diskussion über soziale Fragen jetzt versteckt. Ich habe sie schon längere Zeit nicht gesehen. – Dass das ein starker Abgang war, das ist richtig, aber nicht, dass Sie stark geworden wären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Aber in der Steiermark war die SPÖ ja auch nicht sehr glorreich!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Fragen der sozialen Sicherheit, der Sozialversicherung und der Situation von Familien und von Frauen stehen in diesem Budgetkapitel zur Diskussion. Viele Menschen fragen sich mittlerweile immer häufiger: Geht es mir heute, nach einem Jahr Wende-Regierung, eigentlich besser oder schlechter? Und wie wird es in einem Jahr sein, wenn die belastenden Maßnahmen dieser Regierung und auch die Belastungen des Budgets 2002, das wir jetzt diskutieren, dann letztendlich "treffsicher" die Menschen treffen?

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich rede nicht über jene Menschen, die schlecht schlafen, weil sie die Aktienkurse des nächsten Tages noch nicht kennen. Ich rede über die Menschen, vor allem Frauen und Pensionisten, die deshalb schlecht schlafen, weil sie befürchten, dass ihnen die soziale Unterstützung, auf die sie Anspruch haben, weiter gekürzt oder gestrichen wird. Das ist das Problem, sehr verehrte Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Das Behinderten-Taschengeld, das hat die SPÖ gekürzt! Das haben Sie gekürzt!)

Ihre Sparmaßnahmen, Herr Kollege, die Sparmaßnahmen der Freiheitlichen und der Volkspartei, treffen nämlich nicht jene, denen es gut geht, sondern sie treffen jene – und besonders jene –, denen es in unserem Land nicht gut geht: Langzeitarbeitslose, Erwerbslose, geschiedene Menschen, Alleinerzieherinnen, Behinderte und Kranke. Die Vorrednerinnen und Vorredner aus meiner Fraktion haben ja darauf schon hingewiesen.

"Österreich neu regieren" bedeutet immer häufiger Existenzgefährdung für arme Menschen in unserem Land, Herr Dr. Pumberger. Das ist das Problem, und das drängen Sie in Ihrer Argumentation weg, von dem wollen Sie nichts wissen. Sie gefährden mit Ihrer Politik die Existenz armer Menschen! Das ist das Problem. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Was haben Sie gesagt? Können Sie es noch einmal wiederholen?)

Ich wiederhole es sehr gerne, wenn Sie das wollen, und ich beweise Ihnen auch, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine dastehe. In der gestrigen Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" konnte man zum Beispiel lesen – ich zitiere –:

"Caritas schlägt Alarm: ,Mehr Armut als je zuvor im Land‘: Mehr Landsleute als je zuvor haben sich heuer hilfesuchend an die Beratungsstellen der Caritas gewandt. Direktor Josef Mayr führt dies auf ,die verfehlte soziale Treffsicherheit‘ der Sparmaßnahmen der Regierung zurück." – Zitatende. (Abg. Dietachmayr: Das ist aber kein SPÖ-Blatt!)

Ein Naheverhältnis der Sozialdemokratie zur Caritas, zu dieser wichtigen Einrichtung in unserem Land, können Sie wohl nicht unterstellen. Es sagen also schon andere, wie es in Wirklichkeit zugeht, und ich frage mich, was die Christlich-Sozialen in diesem Land eigentlich dazu sagen. (Abg. Dietachmayr: Sie schweigen!) Wie immer: Nichts. Den Bundeskanzler findet man nicht


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auf der Regierungsbank, und wenn er da ist, dann sagt er sehr wenig – jedenfalls inhaltlich nicht sehr viel.

Eine von der Caritas beklagte Steigerung der Hilfe Suchenden von fast 50 Prozent sollte uns doch allen zu denken geben. Herr Klubobmann Khol! Herr Feurstein! Sie argumentieren immer christlich-sozial. Herr Feurstein hat heute gesagt: "Jedem das Seine". Heißt "jedem das Seine" für Sie, den Kleinen etwas wegzunehmen? Ist das Ihre Position, Herr Feurstein?

Die Caritas beweist es Ihnen hier. Hier haben Sie den Beweis dafür, dass Unabhängige, die sich Sorgen um die Menschen, um Junge und um Alte machen, sich öffentlich über Ihre Politik beklagen, und Sie stellen sich her und sagen: "Jedem das Seine" – und daher auch dem Armen das Seine: wir nehmen ihm die Unterstützung weg! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie verteidigen noch diese Politik. Steuer- und Abgabenerhöhungen, Energieabgabe, Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung sind Teile Ihrer Politik, die einfach nicht sozial und nicht gerecht ist. Sie sagen immer, die "Kleinen", Fleißigen und Anständigen werden nicht getroffen. Sagen Sie doch einmal, wo mit Ihrem Budget die Reichen in unserem Land belastet werden! Sagen Sie das einmal! – Keiner von Ihnen sagt das.

Die Aktionäre, die Stiftungsräte, die Industriellen, die Millionäre (Abg. Böhacker: Die Stiftungen wieder einmal! Hoffentlich hat die Gewerkschaft keine Stiftung!) und die Arbeitgeber, die ihre Sozialversicherungsbeiträge oft nicht zeitgerecht an die Krankenkassen abliefern: Wo werden die belastet? – Nirgends! Im Gegenteil: Sie werden entlastet.

Sehr verehrte Damen und Herren! Soziale Kompetenz ist nicht Schwerpunkt, sondern Schwachpunkt dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. – Bitte.

14.00

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Maier, ein Wort zur Lebensmittelagentur – es ist zwar nicht Thema des heutigen Tages, aber wir werden noch sehr viel darüber diskutieren –: Sie haben gesagt, dass es Sie stört, dass die Codexkommission so stark an den Weisenrat angebunden wird. Uns von der Lebensmittelwirtschaft stört das auch, aber aus einem ganz anderen Grund, weil nämlich die Codexkommission jenes Organ war, in welchem bisher die österreichische Lebensmittelwirtschaft sehr objektiv einbringen konnte, was lebensmittelrechtlich und technisch tatsächlich im Lebensmittelbereich möglich war.

So, wie Sie die Codexkommission darstellen – mein Vater hat dort jahrzehntelang mitgearbeitet –, haben Sie sichtlich ihren Sinn, so wie er in der Vergangenheit war, verkannt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Thema des heutigen Tages kommen. Ich würde sehr gerne noch einmal erklären, warum auch ich glaube, dass die neue Kindergeld-Regelung eine dramatische Verbesserung für die Frauen darstellt, die sich immer mehr die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wünschen.

Natürlich ist es keine Ideallösung. Was ist eine Ideallösung für die Frauen? – Die wäre theoretisch dann gegeben, wenn man den Frauen alle Sorgen abnähme, die sie mit dem Kinderkriegen haben, und wenn wir auf eine 50-zu-50-Beteilung der Männer hinkäme. Das wäre aus meiner Sicht eine Ideallösung. Von einer solchen Lösung waren wir in der Vergangenheit Lichtjahre entfernt. Die neue Regelung führt allemal zu einer Verbesserung des Ist-Zustandes. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Burket. )

Drei Punkte möchte ich aufzählen, warum ich dieser Überzeugung bin:


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Bisher gab es kein Karenzgeld für jene, die sich auf einen Beruf vorbereitet haben. Schülerinnen und Studentinnen haben praktisch nichts dergleichen bekommen. Meine Damen und Herren! Wenn wir heute diese tragischen Fälle hören, wo junge Frauen mit 16, 17 Jahren eine Schwangerschaft vor ihrer Familie verheimlichten und ein Kind im Mistkübel landete, dann meine ich: Das ist auch ein Ergebnis einer herzlosen Politik, so wie Sie sie in der Vergangenheit betrieben haben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Burket.  – Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Dietachmayr. )

Natürlich kommt zum psychologischen Druck, der auf so einer jungen Frau lastet, auch noch der finanzielle Druck. Wenn diese junge Frau in Zukunft 6 000 S Kindergeld im Monat bekommt, dann wird die Situation für diese Frau leichter werden. Wenn wir es mit dieser Regelung auch nur einem einzigen Kind ersparen können, im Mistkübel zu landen, dann war dieses Gesetz schon wert, hier in diesem Hohen Haus verabschiedet zu werden. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Burket sowie Bravo-Ruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dass kleine Gewerbetreibende, die ihr eigenes Geschäft haben – zum Beispiel irgendwo in Wien ein kleines Lebensmittelgeschäft, ein Nahversorgergeschäft –, dass Bäuerinnen bisher nur das halbe Karenzgeld bekommen haben, wenn sie ein Kind bekommen haben, war genauso unsozial.

Aber ich komme nun zum eigentlichen Thema, nämlich zur Zuverdienstgrenze. Bisher war die Regelung so, dass eine Frau, wenn sie das volle Karenzgeld, also die 5 800 S, beziehen wollte, völlig zu arbeiten aufhören musste. Sie musste zurück an den Herd. – Das, was Sie uns immer polemisch vorwerfen, das war bisher die Regelung. (Abg. Mag. Wurm: Was ist nach drei Jahren? Gibt es eine Teilzeitkarenz? Was ist mit Teilzeitkarenz?)

Heute – ich komme dann gleich ausführlich darauf zu sprechen – können Frauen 200 000 S im Jahr dazuverdienen (Abg. Eder: Was zahlen Sie den Frauen in Ihrer Firma?) und werden trotzdem das volle Karenzgeld bekommen. (Abg. Mag. Wurm: Was ist nach dem dritten Jahr?)

Ich möchte da ein Beispiel anführen, das die Arbeiterkammer Oberösterreich angegeben hat (Abg. Mag. Wurm: Was ist nach dem dritten Jahr?), wonach eine Frau P. mit einer jetzigen Teilzeitregelung – halbes Karenzgeld, 2 800 S – mit der neuen Lösung angeblich alles verliert: das Gehalt verliert, den Job verliert und irgendwie in ein Nirwana fällt.

Meine Damen und Herren! Ich habe mir das genau durchgerechnet. Diese Frau muss nach alter Regelung (Abg. Mag. Wurm: Was ist nach dem dritten Jahr?)  – horchen Sie doch einmal kurz zu! – von einer Vollbeschäftigung auf 23 Stunden reduzieren. Damit sie – in diesem von der Arbeiterkammer angeführten Fall – die Grenze nicht überschreitet, muss sie in der neuen Regelung auf 21 Stunden reduzieren. Es geht also um eine Differenz von genau zwei Wochenstunden. Aber jetzt kommt es: Dieselbe Frau verdient nach der alten Regelung 250 000 S im Jahr, weil sie bisher ja nur dieses lächerliche Karenzgeld von 2 800 S bekommen hat (Abg. Verzetnitsch: Wer war denn gegen die Erhöhung?); nach der neuen Regelung bekommt sie um 20 000 S im Jahr mehr (Abg. Mag. Wurm: Wie lange kriegt sie es?) und muss zwei Wochenstunden weniger arbeiten. Den Arbeitgeber zeigen Sie mir, der nicht eine tüchtige Kraft genauso gerne für 21 Wochenstunden einstellt wie für 23! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Noch ein abschließendes Wort: Wenn man will, dass die Frauen Karriere machen, dann muss man ihnen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Dann ist es undenkbar, dass eine Au-pair-Regelung im luftleeren Raum herumschwebt und jede zweite Frau, die Karriere gemacht hat, sich schwarz ein Au-pair-Mädel nehmen muss, weil es keine Regelung gibt. (Abg. Silhavy: Zeigen Sie mir "jede zweite Frau", bitte!)

Wir werden die Regelung wieder schaffen. Ab April wird es wieder eine Regelung geben, und das ist sehr erfreulich. Irgendwann einmal wird sich auch durchsetzen, dass es einen Absetzbetrag und eine verwaltungstechnische Erleichterung für im Haushalt Angestellte gibt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: ... leisten können! Ist ja unglaub


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lich: Jede zweite Frau hat ein Au-pair-Mädchen?! – Abg. Mag. Wurm: Sie haben die "Kindergarten-Milliarde" abgeschafft!)

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

14.06

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das Niveau, auf das sich Kollegin Pecher teilweise begeben hat, ist es nicht wert, dass man darauf eingeht – Stichwort: Mistkübel. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das waren ihre Worte, nicht meine! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Kinder- und Jugendpolitik, meine Damen und Herren, ist eine Materie, die in dieser Budgetdebatte nicht losgelöst und nicht partiell behandelt werden kann. Daher soll mein Redebeitrag heute dazu dienen, daran zu erinnern, zu bekräftigen und zu bestärken, dass Kinder und Jugendliche mit ihren Stärken und Schwächen weitab von alibihaften Redebeiträgen und Lippenbekenntnissen den Stellenwert bekommen müssen, den sie verdienen.

Budgetrelevant sind kinder- und jugendpolitische Themen in allen Bereichen, die wir bis jetzt diskutiert haben. Ihre Beschlüsse, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wirken sich mitunter sehr negativ auf das Leben der Kinder und Jugendlichen in Österreich aus. Ich werde Ihnen diesbezüglich gleich einen Überblick geben.

Gestatten Sie mir aber zuvor noch, Sie daran zu erinnern, wie oft die Begriffe Jugend und Zukunft – nach dem Motto: "alles für unsere Jugend!" – herhalten mussten und zum Teil überstrapaziert wurden, was ich vor allem feststellen kann, wenn ich mir Ihr Abstimmungsverhalten vor Augen führe. Ist Ihnen das nicht wirklich peinlich, dass Sie für Kinder und Jugendliche völlig unglaubwürdig geworden sind? – Es ist Ihnen, glaube ich, nicht peinlich. (Abg. Wattaul: 100 Milliarden zahlen wir Zinsen ...!)

Nun zur angekündigten Minusliste, meine Damen und Herren. Beginnen wir bei den Kleinsten in unserer Gesellschaft: Wo sind die fehlenden finanziellen Mittel zum Beispiel für die vielen Kinderbetreuungseinrichtungen, die wir nicht haben? Wir haben kaum Einrichtungen für unter Dreijährige, wir haben aber auch kaum Einrichtungen für unsere Schulkinder.

Meine Damen und Herren! Das Kindergeld wird diese Einrichtungen nicht ersetzen, zumal die verdienenden Mütter und Väter ihre Kinder ja auch irgendwo unterbringen müssen. (Abg. Achatz: "Irgendwo"!)

Gehen wir weiter, und da kommen wir zum Bereich Schule: Wo sind die fehlenden finanziellen Mittel für unsere Schulkinder? Jetzt gibt es weniger LehrerInnen für mehr SchülerInnen, und Sie wissen genau, dass die Qualität leiden wird, nämlich die Qualität des Unterrichts, die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen in der Schule. (Abg. Wattaul: 30 Jahre sozialistisches Versagen, ja!) Das Angebot für Österreichs Schulkinder wird sinken, die Lust auf Schule wird sinken. Ist es das, was Sie wollen? – Das ist zu vermuten, meine Damen und Herren, sonst hätten Sie nämlich nicht vorgeschlagen, Disziplinierungs-Eingreiftruppen zu installieren.

Seit Sie an der Regierung sind, sind Lehrlinge – wir gehen eine Stufe weiter – schlechter gestellt. (Abg. Wattaul: Für die habt ihr auch nichts übrig gehabt!) Abgesehen davon zahlen Lehrlinge die Ambulanzgebühren, wie wir schon diskutiert haben, und Vorlehrlinge können jetzt als billige Hilfskräfte eingesetzt werden.

In diesem Bereich ist auch die Frage zu stellen: Wie steht es eigentlich mit den Berufschancen von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen? – Viel war davon noch nicht zu hören.

Gehen wir wieder eine Stufe weiter: Die StudentInnen-Strafsteuer verringert Chancengleichheit und schafft den freien Zugang zur Bildung ab.


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Das waren nur einige Beispiele dafür, was Sie unter dem Motto "Alles für die Zukunft unserer Jugend" verstehen. (Abg. Wattaul: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? – Abg. Binder  – in Richtung des Abg. Wattaul –: Wie der Schelm denkt, so ist er!) – Nein, wir befinden uns nicht im Reich der Fabel, meine Damen und Herren, sondern wir befinden uns in der nüchternen Realität, die auf Zahlen und nicht auf Menschen setzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Jenseits Ihres Zahlenfetischismus erwähne ich noch die gemeinsame Obsorge und stelle die Frage: Wie geht es den Kindern (Abg. Haller: Den Kindern, die Sie "irgendwo" unterbringen wollen!), wenn sie rechtlich verordneter Spielball verletzter und sich streitender Elternteile sind? Oder wie geht es den jungen Menschen mit Ihrer repressiven Drogenpolitik, meine Damen und Herren, wenn plötzlich "Therapie statt Strafe" nicht mehr gilt? – Etliche Beispiele könnten folgen, positive Ansätze Ihrerseits fehlen zur Gänze.

Meine Damen und Herren! Das Budget, das heute beschlossen wird – und das wissen Sie auch (Abg. Wattaul: Ein gutes Budget!)  –, ist nicht eines, das für die heutige Jugend gemacht wird, sondern eines, woran Sie die heutige Jugend messen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Burket. – Bitte.

14.10

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe mir an sich das Thema Frauen vorgenommen, wiewohl man unschwer an dem Beginn unseres heutigen Plenartages vorbeigehen kann: "Staatsanwalt", "Leichen im Keller", "unfassbarer finanzieller Schaden" bei einer Beschäftigung – ohne jetzt zu werten – von 19.12. bis 3.4. – Da kann ich nur an den "Konsum" denken und den Kopf schütteln über den "unermesslichen" Schaden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Was hat das mit der Kabinettschefin Ihres Ministers zu tun? – Abg. Öllinger: Müder Applaus!)

Mehr brauche ich auch nicht. – Eigentlich wollte ich gerade Sie, Kollege Öllinger, jetzt loben, weil Sie heute in Ihrer Rede zumindest den Anstand besessen haben, dem Herrn Minister Haupt persönliche Integrität zu attestieren, wiewohl Sie ja durchaus auch sehr unerfreuliche Dinge gesagt haben. Aber zumindest ihm persönlich haben Sie attestiert, dass Sie ihn für einen anständigen und integren Menschen halten (Abg. Öllinger: Ihr Kollege hat mich als Verhetzer bezeichnet!)  – während da drüben (die Rednerin weist in Richtung SPÖ) nicht einmal so viel Benehmen existiert, dass man zur Kenntnis nimmt, dass der Herr Staatssekretär hier in Vertretung des Ministers sitzt. Zu diesem kann ich Ihnen eines sagen: Dessen Promotion und Habilitation und alle seine anderen Ausbildungen sind wirklich echt. Die hat er! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Na hoffentlich! – Abg. Silhavy: Jetzt sind wir aber schon sehr tief unten! Das ist ja unwahrscheinlich!)

Nun ja, so wie Sie uns das vorgeben, liebe Frau Kollegin – gerade Sie, Frau Kollegin Silhavy! Ihre Stimme ist mir eher unangenehm, muss ich sagen. (Abg. Silhavy: Das ist aber Ihr Problem!)

Was "Pleiten, Pech und Pannen" betrifft, so darf ich Ihnen Folgendes sagen: Als Sie die Geringfügigkeit eingeführt haben, das war eine Tragödie in Fortsetzungen! (Abg. Binder: Frau Kollegin, dürfen nur mehr die reden, die Ihnen angenehm sind? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner  – in Richtung SPÖ –: Bitte nicht alle gleichzeitig! Ich verstehe euch nicht!) Das war lauter Mist, das war eine Katastrophe! (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Sie haben es wirklich nicht notwendig, über Fehler zu sprechen, denn wir bessern unsere Fehler aus, Ihr aber erhebt sie in Verfassungsrang, damit nichts passieren kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte jetzt eigentlich doch zu dem Aspekt der Frauenpolitik kommen, der heute – trotz Aufzählung aller technischen Einzelheiten der Maßnahmen, die für die Frauen gesetzt worden sind – einfach nicht erwähnt wurde, der mir aber sehr wichtig erscheint, nämlich zum gestaltenden Element in der Frauenpolitik: Unsere Schwerpunkte in der Frauenpolitik sind darauf ausgerichtet, einerseits den neuen Herausforderungen, denen die Frau in unserer modernen, techni


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sierten und automatisierten Welt gegenübersteht, gerecht zu werden. Durch spezielle Ausbildung und berufsbegleitende Weiterbildung sollen Frauen für die Anforderungen des Arbeitsmarktes der Zukunft gerüstet werden. Gerade im Themenbereich Gender Mainstreaming – wo man uns vorige Woche von Seiten der Grünen unterstellt hat, wir wüssten ja nicht einmal, was das bedeutet – haben wir bereits ein Schwerpunktprogramm ausgearbeitet, das sich sehen lassen kann. Theresia Zierler hat das ja schon punktuell angeführt.

Es ist ja schön, wenn sich verschiedene politische Gruppierungen dieses Themas annehmen. Sie sollten nur nicht so überheblich sein, zu meinen, dass einzig und allein sie die Kompetenz haben, zukunftsweisende Ideen zum Wohle der Frauen zu haben. Eines muss man schon einmal in aller Deutlichkeit sagen: So viel Fälle von Alkoholsucht, Tablettensucht, Essstörungen und Borderline-Syndrom bei Frauen wie heute gab es noch nie! Daran ist zu einem ganz erheblichen Teil die äußerst aggressive Frauenpolitik schuld, die von Ihnen betrieben wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Binder: Es wird immer schlimmer: "Aus dem Reich der Fabel"!)

Na, selbstverständlich! Es ist dies eine Politik, die zwar von der Absicht her richtig, aber von der Ausführung her völlig einseitig und polarisierend ist. Frauen werden in die Identitätskrise gestürzt, vor allem auch junge Frauen, die einerseits einem modernen Frauenbild entsprechen wollen und andererseits mit ihren natürlichen Empfindungen und Sehnsüchten nicht zu Rande kommen.

Sie vermitteln in Ihrem Bemühen um die Frauen nicht das partnerschaftliche Miteinander. Ihre Devise lautet: Männer raus, Frauen rein! Sich nicht unterdrücken lassen, sich nicht ausbeuten lassen, die eigenen Rechte einfordern (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!), Selbstbestimmung! (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Es ist ja gut und schön, nur: Die wirkliche Emanzipation, die Selbstachtung, der Selbstwert und daher ein völlig natürliches Empfinden der eigenen Persönlichkeit (Abg. Dr. Mertel: "Natürlich"? Wie "natürlich"? – Abg. Silhavy: Was ist das: "natürliches Empfinden"?), das, meine Damen, speziell jene von den Grünen – die sind aber leider fast nie da –, wird einem kleinen Mädchen von seinen Eltern schon beigebracht und vorgelebt. Die Achtung und wertmäßige Gleichstellung wird den Kleinen beigebracht. Wenn keine kleinen Paschas und keine kleinen Prinzesschen erzogen werden, dann lernt schon das Kind, dass Buben weinen dürfen und Mädchen pfeifen dürfen. (Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm. )

Trotzdem ist es wohl eine unleugbare Tatsache, dass die Frauen schon aus biologischen Gründen bestimmte Aufgaben haben und auch eine spezifisch weibliche Gefühlswelt. Genau dort beginnt dann die Krise bei Frauen, die von Ihren radikalen und aggressiven Dogmen in ein Rollenbild gedrängt werden, das aus Frauen aggressive Männerhasserinnen macht. (Die Rednerin hustet stark und nimmt einen Schluck Wasser. – Abg. Schwemlein: Wenn ich das erzählen würde, was Sie jetzt gesagt haben, dann würde mir auch die Stimme wegbleiben! – Aber lassen Sie sich nicht vom Pumberger helfen!) So wird den Frauen nicht geholfen! Eine Frau, die ihre natürlichen Anlagen ausleben kann, die sich ihrer Weiblichkeit bewusst ist und selbstbestimmt lebt – wobei "selbstbestimmt" das Schlüsselwort ist –, die ist auch fähig, partnerschaftlich zu leben. Darum sind unsere Ansätze zur Frauenpolitik unterstützend, zukunftsorientiert und fördernd ausgelegt.

Ich darf Ihnen zum Abschluss noch einen Satz einer amerikanischen Frauenrechtlerin zitieren: Der erste Schritt der Frauenbewegung ist nicht die Versöhnung der Frauen mit den Männern, sondern die Versöhnung der Frauen mit den Frauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Die Rednerin hustet neuerlich. – Abg. Schwemlein: Bitte helft der Frau Kollegin – aber nicht der Pumberger!)

14.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

14.17

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es überkommt einen schon ein gewisses Maß an Unbehagen, wenn einerseits die Länder sich bemühen, die Reformbestrebungen im Gesundheitsbereich voranzutreiben, wenn täglich viele Tausende


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Mitarbeiter in den Krankenanstalten sich bemühen, das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten, oft mit einem Einsatz, der über das normale Maß hinausgeht, oft mit einem Einsatz, der auch unentgeltlich geleistet wird, und andererseits das Gesundheitsministerium zu einem Selbstbedienungsladen verkommt und auch die Regierung sich nicht zu schade ist, Millionen für Werbung auszugeben, mit der sie ihre unsoziale Politik verkaufen will. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine Zumutung und eine Frechheit gleichermaßen, wenn es stimmt, dass Sie heute noch einmal 50 Millionen Schilling für Ihre Werbemaßnahmen beschließen wollen. (Abg. Silhavy: Das ist ein Skandal!)

Es waren die sozialdemokratischen Gesundheitsminister, die dafür gesorgt haben, dass das österreichische Gesundheitssystem das effizienteste in Europa geworden ist. Das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in dieses Gesundheitssystem ist noch sehr hoch. Ich betone: noch!, denn genau durch Ihre Politik, die Sie immer gerne mit dem Argument der Notwendigkeit von Sparmaßnahmen überdecken – tatsächlich handelt es sich dabei um ein ganz massives ideologisches Umverteilungsprogramm (Abg. Wattaul: Geh! Das glaubst du aber selbst nicht! – Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Umverteilung von der Soll- auf die Haben-Seite!)  –, gerät unser Gesundheitssystem in Gefahr.

Ein herausragendes Beispiel dafür ist zweifellos Ihre "Ambulanz-Strafgebühr", mit der Sie sich wieder ein Stück weiter vom Solidarsystem entfernen (Abg. Wattaul: Schulden machen und Zinsen zahlen ist unsozial!), mit der Sie wieder ein Stück mehr die kranken Menschen mit ihren Problemen alleine lassen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bin nur sehr froh, dass im Bereich der Anstalten Ihre Chaospolitik auf Grund der Artikel-15a-Vereinbarung nicht eingreifen kann.

Das Ziel, eine qualitativ hochwertige, effektive, frei zugängliche und gleichwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen, erfordert zweifellos ein hohes Maß an Disziplin, wie die finanziellen Ressourcen nur durch mehr Kooperation und verstärkten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie verwendet werden können.

Es gilt, Versorgungslücken zu schließen, es gilt, Parallelstrukturen abzubauen, Rahmenbedingungen für den Austausch von Gesundheitsdaten und Information zu schaffen, wie es auch notwendig ist, sicherzustellen, dass ein nahtloser Übergang der Patientenversorgung zwischen den Leistungsanbietern möglich ist.

Das bedarf zweier Voraussetzungen: zum einen, dass alle Beteiligten diese Herausforderung annehmen, und zum anderen auch geeigneter Strukturen, und zwar Strukturen, die die Möglichkeit eines einzelnen Akteurs bei weitem übersteigen. Daher sind Sie, Herr Staatssekretär, in dieser Frage gefordert, doch bis heute haben wir davon nichts gehört, gesehen und gemerkt.

Daher wundert es mich, dass der Herr Finanzminister immer vom klugen Vorbereiten spricht. Ich denke, wenn da überhaupt etwas vorbereitet wird, dann zweifellos nicht klug. Als Beispiel dafür darf ich Ihnen die Ambulanzgebühr und die Besteuerung der Unfallrenten anführen.

Sie verfolgen ein Ziel, nämlich einen Vier-Stufen-Plan.

Stufe eins: Schröpfen der Schwachen. – Sie werden den Lohnabhängigen 36 Milliarden Schilling mehr an Lohnsteuer wegnehmen. Sie werden die Menschen mit insgesamt 111 Milliarden Schilling an neuen Steuern belasten. Der Bundesvoranschlag 2002 wird eine weitere Belastung von 31 Milliarden Schilling mit sich bringen, und Sie werden auch die Staatsschulden täglich um 30 Millionen Schilling erhöhen. Also Ihr Märchen vom Nulldefizit im Bundesbudget bleibt ein Märchen! (Abg. Haller: Das zu beurteilen, überlassen wir doch gerne der Bevölkerung!)  – Diese Stufe werden Sie heute mit dem Beschluss des Budgets 2002 abschließen.

Stufe zwei: Personalumbau. Stichworte: ÖIAG, Bundesbahnen, Hauptverband der Sozialversicherungsträger und einiges mehr. Da lautet die Devise: Rot raus, blau rein!

Stufe drei: Geschenkphase. Die werden Sie nächstes Jahr starten. (Abg. Haller: Wir müssen Ihre Schulden abarbeiten!) Sie werden die Milliarden, die Sie jetzt den Schwachen in Österreich


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wegnehmen, beginnend ab dem nächsten Jahr Ihrer Klientel, nämlich all jenen, die es nicht brauchen, geben.

Stufe vier: die Zerschlagung Österreichs. Für diese Stufe haben Sie jetzt den Startschuss gegeben mit Ihrer Verwaltungsreform, die nichts anderes bedeutet als abschaffen, ausgliedern und privatisieren ohne Konzept, sparen bei der Sicherheit, bei den Arbeitsämtern, bei den Gerichten, bei den Finanzämtern. – Das ist ein falsches Signal, meine Damen und Herren!

Die infrastrukturelle Aushungerung der Regionen kommt für uns nicht in Frage. Dagegen werden wir uns entschieden wehren. Ebenso wenig können wir Ihrer geplanten Schwächung der Gemeinden folgen. Was die Menschen brauchen und wollen, das sind der nähere Zugang zu den Behörden, das sind konkrete Unterstützungen, und die gibt es sehr effizient, auf kurzem Wege und in unbürokratischer Weise nur auf der Gemeindeebene.

Ich befürchte, meine Damen und Herren, dass diese Regierung zunehmend nicht mehr Herr ihrer Handlungen ist, und ich fürchte, dass Sie das, was Sie tun, selbst auch nicht verantworten können. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich sage Ihnen, Herr Staatssekretär: Passen Sie auf, dass Sie das, was Sie lostreten, irgendwann später noch einfangen können! (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

14.23

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren, die Sie uns Ihr Augenmerk schenken! Hohes Haus! Wir befinden uns nach wie vor in einem Land, nämlich in Österreich, auf das wir stolz sein können, wo wir alle Kräfte aufzubieten haben, dass sich dieses Land günstig und vernünftig in die Zukunft entwickelt und wir all die auf uns zukommenden Fragen gemeinsam lösen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da hat die Regierung eine große Aufgabe, da kann sich aber eine Opposition, bitte, auch nicht ihrer Pflicht entledigen und zurücklehnen. (Abg. Silhavy: Nein, die Opposition wird sich nicht entledigen!) Auch die Opposition hat zu allen Zeiten eine Verpflichtung, konstruktiv mitzuarbeiten.

Meine Damen und Herren! Ihre heutigen Debattenbeiträge haben mir einiges Nachdenken verursacht. (Abg. Silhavy: Das ist etwas ganz Neues bei Ihnen, Herr Kollege Donabauer!)  – Hören Sie mir zu! (Abg. Silhavy: Der Donabauer denkt nach!) Ich sagen Ihnen Folgendes: Die Sozialdebatte in diesem Haus ist jene Debatte, die in Wahrheit in allen Bereichen auf jene Dinge zugeht, die jeden Einzelnen betreffen. Doch wenn Sie heute als Vertreter einer sozial kompetenten politischen Gruppe beziehungsweise Partei an dieses Rednerpult treten und so agieren wie Herr Nürnberger, der hier nichts anderes getan hat, als zehn Minuten lang hasserfüllt zu brüllen, dann muss ich Ihnen sagen: Das habe nicht nur ich als störend empfunden. Fragen Sie die Menschen draußen, wie sie unser Agieren hier im Hohen Hause sehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben nun einmal die Pflicht, in diesem Hohen Haus auch wieder hohe politische Kultur an den Tag zu legen. (Abg. Dietachmayr: Fangen Sie bei Ihnen an!) Wir haben die Pflicht, bei unterschiedlichen Meinungen die Konflikte – bei aller Deftigkeit – in der entsprechenden Form und nicht in gegenseitigen Angriffen und gegenseitigem Niedermachen auszutragen. Das macht keinen Sinn! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich meine, es gibt Themen genug, meine Damen und Herren, die hier zu behandeln sind, denn dieses Land Österreich war in der Vergangenheit, in der Sie 30 Jahre lang in der Regierung waren, sozial nicht so entwickelt, dass es keine Probleme mehr gäbe. (Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)


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Lesen Sie den Sozialbericht des Ministeriums! Da steht drinnen, dass wir in Österreich noch immer sehr viele arme Menschen haben, Menschen, die unter der Einkommensgrenze aller anderen liegen. (Abg. Silhavy: Kein Wunder, da war die ÖVP in der Regierung! – Abg. Schwarzenberger: Wer hat die Sozialminister gestellt?), und jetzt haben wir Aufgaben sonder Zahl, das aufzuarbeiten.

Ich sage Ihnen als Vertreter einer Regierungspartei Folgendes auch ganz offen: Dieses Land bewegt sich nicht in das soziale Chaos (Abg. Silhavy: Nein, in ein allgemeines Chaos! – Abg. Schwemlein: In ein gesellschaftliches Chaos!), sondern dieses Land bewegt sich in eine ganz vernünftige neue Entwicklung. (Beifall bei der ÖVP.)

Sozialpolitik kann nicht sein, Frau Silhavy, alles auszuführen, ohne zu wissen, wer es zahlt. Denken Sie bitte an unsere Kinder, denken Sie an die jungen Leute, von denen einige heute hier sind! (Abg. Schwemlein  – auf die Galerie weisend –: Das ist der Pensionistenverband da oben!) Die haben auch das Recht, einmal eine Sozialpolitik in Anspruch nehmen zu können, die noch finanzierbar ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie noch immer nicht begriffen haben, wo die Probleme liegen, sage ich es Ihnen: Schauen Sie sich einmal an, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt! Schauen Sie sich einmal an, dass uns junge Menschen fehlen! Wir haben eine demographische Entwicklung, auf die wir reagieren müssen. Wir können das nicht weiter verschleppen, wir müssen da Handlungen setzen. (Abg. Mag. Wurm: Sie setzen die falschen Handlungen!)

Wenn wir in der Krankenversicherung heute Kummer und Sorgen haben, dann, bitte, verdient sich die Krankenversicherung Österreichs mit ihren Sozialversicherungen – und ich bin ein Vertreter der Sozialversicherungen – mehr als nur ein einziges Papier, in welchem der Hauptverband – dem auch ich angehöre – mitteilt, dass es im heurigen Jahr Abgänge in der Höhe von 5,1 Milliarden Schilling gibt.

Leute, wir müssen nun nachdenken, wie wir das finanzieren, wir müssen nun nachdenken, wie wir diese Dinge abdecken, wir müssen nun nachdenken, wie wir die Leistungen auch noch morgen bezahlen können! (Abg. Silhavy: Da fangen Sie jetzt erst an mit dem Nachdenken?) Das ist, bitte, eine Herausforderung!

Wenn in diesem Papier steht, dass der Hauptverband nichts anderes tun möchte, als den Ausgleichsfonds in unselbständige und selbständige Gruppen zu teilen, dann ist das eine Sozialpolitik der Entsolidarisierung. Die werden wir nicht billigen und auch nicht mittragen! (Abg. Silhavy: Was machen Sie seit Jahren bei der Krankenversicherung? Was machen Sie da?)

Damit Sie sich vielleicht in Zukunft leichter tun: Meine Partei hat eine Charta für soziale Gerechtigkeit ausgearbeitet und diskutiert (Abg. Silhavy: Oje! Oje! – weitere Oje-Rufe bei der SPÖ), und wir halten uns daran. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Ihre Politik schaut anders aus!)

In dieser Charta steht unter anderem sinngemäß Folgendes – Frau Silhavy, für Sie wäre es ganz wichtig, das zu lesen –: Auf Grund der rasanten Veränderungen wie Globalisierung und auf Grund der demographischen Entwicklung und der veränderten Erwerbsbiographien ist der Sozialstaat mehr denn je gefordert, er hat sich diesen Entwicklungen anzupassen.

Es steht des weiteren darin: Wir, die Volkspartei, vertreten den Standpunkt, dass es zum Wesen einer sozialen Gesellschaft gehört, denjenigen zu helfen, die unzureichend oder gar nicht zur Selbsthilfe fähig sind, jenen Menschen, die uns brauchen, und dass es nicht vernünftig ist, nur phantasielos umzuverteilen. (Abg. Schwemlein: Tun Sie es! Tun Sie es, aber nicht das Gegenteil!)

Da steht auch noch drinnen: Wir stehen daher für ein leistungsfähiges und für ein gerechtes Sozialsystem, das Benachteiligte und Bedürftige schützt und auch fördert. (Abg. Schwemlein: Merken Sie nicht, dass Sie an sich selber Appelle richten?)


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Außerdem steht da drinnen, meine Damen und Herren: Wir, die Volkspartei, werden mit unserem Koalitionspartner diesen österreichischen Weg weitergehen und die Erneuerungsfähigkeit des Sozialsystems tagtäglich neu unter Beweis stellen.

Das ist Sozialpolitik, zu der wir stehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: So eine Latte von Appellen!)

14.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte.

14.29

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, wir haben nicht an Ihrem Doktorat gezweifelt, sondern das ist von Ihrer eigenen Partei gekommen.

Herr Kollege Donabauer! Da Sie hier davon gesprochen haben, dass wir an unsere Kinder denken sollen: Wir denken an unsere Kinder. Aber gegen das, was Sie, die Koalition, derzeit in dieser Regierung machen, sind wir, nämlich gegen eine Umverteilung, um die Ärmsten der Armen noch ärmer zu machen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Wir verteilen von oben nach unten!)

Weil Sie heute hier den Kollegen Nürnberger kritisierten: Vielleicht ist die Opposition, vielleicht sind die Journalisten, vielleicht ist die Bevölkerung schuld, dass diese unangenehme Sache beim Herrn Bundesminister Haupt passiert ist. Die kritisieren, dass die vermeintliche Frau Magister 200 000 S bekommen hat, während den Ärmsten der Armen noch mehr weggenommen wird. (Abg. Dolinschek: Das ist ja lächerlich!)  – Ja, für Sie ist das lächerlich. Herr Pumberger hat das heute ja auch schon gesagt.

Meine Damen und Herren! Ich sage es noch einmal: Die schwarz-blaue Regierungspolitik würde zu technokratisch betrieben, beim Sparkurs nicht an den kleinen Mann denken. (Abg. Schwemlein: Wer hat das gesagt?) Wer hat das gesagt? – Das hat ein gewisser Landeshauptmann Haider gesagt. (Abg. Dr. Ofner: Der ist für dich maßgeblich?)

Er hat darüber hinaus gesagt, Finanzminister Grasser habe falsche Gewichtungen vorgenommen und die Regierung habe schwachsinnige Inserate geschaltet. – Heute sollen wir für diese Inserate noch einen Beschluss fassen! (Abg. Dr. Ofner: Das ist dein Haider! Was soll ich machen? Dein Haider!) Aber Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und von den Freiheitlichen, haben im Budgetbegleitgesetz 2001 den Zusatzbeitrag für bisher mitversicherte Angehörige sowie einen Krankenversicherungsbeitrag für Zusatzpensionen eingeführt. Sie nehmen das mit 1 150 Millionen Schilling an. 100 000 Ehepaare in Österreich werden damit belastet. Das, meine Damen und Herren, betrifft in erster Linie Frauen, die über 50 Jahre alt sind.

Dazu zwei Beispiele: Für einen Pensionistenhaushalt mit einer Pension von 16 500 S brutto bedeutet der Zusatzbeitrag – und das muss man der Bevölkerung sagen – Mehrkosten von 7 900 S. (Abg. Schwemlein: So ist es! Wahnsinn!) Für einen Alleinverdiener, Arbeiterhaushalt, mit 20 000 S brutto sind es 10 000 S Belastung. (Abg. Schwemlein: Unvorstellbar!) Doppelt getroffen werden die arbeitslosen Frauen, die auf Grund der Anrechnung des Einkommens des Lebenspartners keine Notstandshilfe mehr bekommen. Auch für sie fällt die beitragsfreie Mitversicherung weg. (Abg. Silhavy: Donabauer ist da auch beteiligt!)

Noch ein Beispiel für Ihre soziale Treffsicherheit: Wenn eine Frau einen Ehepartner pflegt, bleibt sie mitversichert, pflegt sie aber ihre Mutter, ist sie nicht versichert. (Abg. Schwemlein: Unerhört!)

Meine Damen und Herren! Die letzten Gesetze, die Sie hier beschlossen haben, bedeuten nicht nur eine Mehrbelastung für die Bevölkerung, sondern auch einen Entgang von 4 Milliarden Schilling für die Krankenkassen und die Pensionsversicherungsanstalten.


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Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wird Ihnen nach all den Zahlen nicht schwindlig? – Das wäre nur natürlich, weil Sie das verantworten müssen. Alles in allem gesehen belastet das die Krankenversicherung mit über 4 Milliarden Schilling.

Herr Bundesminister! Beenden Sie die Belastung für die Bevölkerung und für die Krankenversicherung! Sie gefährden ein über Jahrzehnte erprobtes und erfolgreiches Modell. Denken Sie nicht über Personalentscheidungen nach, sondern über Ihre Maßnahmen! Teilen Sie der Öffentlichkeit mit, dass Ihre Gesetzesbeschlüsse zu einem großen Teil schuld sind am Defizit der Krankenkasse und nicht das Präsidium des Hauptverbandes! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Richtig! – Abg. Neudeck: Das ist aber sehr weit hergeholt! Sogar von einem Sportler verlange ich mehr Fachwissen! – Abg. Grabner  – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Bei dir spielen ein paar Millionen oder Milliarden keine Rolle, aber bei den Leuten, bei der Bevölkerung!)

14.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Weinmeier. – Bitte.

14.34

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts dieser heutigen Debatte über Familienpolitik und angesichts der Redebeiträge, die von den Oppositionsparteien dazu gehalten worden sind, insbesondere jener der Sozialdemokraten, möchte ich Ihnen nur eines sagen: Klassenkampf ist out, und Klassenkampf hat in der Familienpolitik nichts verloren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man als 60. Redner an der Reihe ist, wird es für diesen selbst wahrscheinlich nicht mehr viele Themen geben, über die noch nicht gesprochen wurde. Doch ein Thema wurde heute meines Wissens bisher noch nicht angesprochen, was ich jetzt zu tun gedenke, und dieses Thema ist auch von familienpolitischer Bedeutung.

Es gibt in Österreich sehr viele Paare, die ungewollt kinderlos sind. Man spricht in etwa von bis zu 30 000 Paaren, die sich Kinder wünschen, aber solche aus verschiedenen Gründen nicht beziehungsweise nur mit medizinischer Hilfe bekommen können. Leider steigt diese Zahl weiter an, und die Ursachen sind verschiedenster Natur. Die Experten rätseln darüber und fragen sich: Sind es Umwelteinflüsse, ist es Stress, ist es falsche Ernährung, ist es Bewegungsmangel, oder ist es einfach nur die Tatsache, dass sehr viele Frauen mit der Familienplanung aus beruflichen Gründen immer länger zuwarten? Auf jeden Fall ist das eine sehr negative Erscheinung unserer Wohlstandswelt.

Meine Damen und Herren! Medizinische Behandlungen solcher Paare kosten sehr viel Geld. So kostet zum Beispiel die In-vitro-Fertilisation pro Behandlung zwischen 50 000 und 100 000 S. Diese Kosten mussten bis Ende 1999 von den betroffenen Paaren selbst bezahlt werden, weil so eine Behandlung nach der gültigen Rechtslage beziehungsweise nach der Rechtsprechung nicht als Therapie einer Krankheit galt.

Mit 1. Jänner 2000 wurde dann erfreulicherweise (Abg. Dr. Hannes Bauer: Das habt aber nicht ihr gemacht!) von der vorherigen Regierung der so genannte IVF-Fonds zur Finanzierung von In-vitro-Fertilisations-Behandlungen eingeführt. Dieser Fonds war ursprünglich mit 31. März 2001 limitiert und ist erfreulicherweise jetzt wieder verlängert worden. Das heißt, die Geltungsdauer der Vereinbarung über die Finanzierung wurde verlängert: 35 Prozent zahlen die Sozialversicherungen, 35 Prozent das Gesundheitsministerium und 30 Prozent die betroffenen Paare selbst.

Man kann nach einem Jahr des Bestehens dieses IVF-Fonds auf jeden Fall eine positive Bilanz ziehen. Es gab im Jahr 2000 etwa 3 000 Paare, die Behandlungsversuche finanziell unterstützt bekommen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Rosemarie Bauer. ) Dadurch konnte erfreulicherweise 200 Kindern das Leben geschenkt werden. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Die Geburtenrate betrug etwa 15 Prozent, und der Fonds hat dafür etwa 99 Millionen Schilling aufgewendet. Erfreulich ist auch, dass im Budget 2002 die Mittel dafür wieder sichergestellt sind, nämlich jene 50 Millionen Schilling, die den Anteil des Bundes dafür darstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Rosemarie Bauer. )

Meine Damen und Herren! Es gab im Fonds natürlich auch Anlaufschwierigkeiten, diese sind aber inzwischen großteils beseitigt. Ich möchte nur einen einzigen Verbesserungsvorschlag dazu anbringen: Könnte man für diese Behandlung nicht doch die Altersgrenze von Frauen, die derzeit mit 40 Jahren festgelegt ist, auf 41 oder 42 Jahre anheben, weil Frauen über 40 Jahre bei einer solchen Behandlung durchaus noch gute Chancen haben?

Meine Damen und Herren! Angesichts der dramatischen Entwicklung der Geburtenrate – sie ist auf unglaubliche 1,34 im Jahre 1998 gesunken; Kollege Donabauer hat das vor mir schon angesprochen – ist diese Verlängerung der Geltungsdauer des IVF-Fonds neben der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes sicherlich eine sehr wichtige familienpolitische Maßnahme. Die Regierung zeigt damit, dass sie weiß, was uns Kinder wert sind, dass sie weiß, dass Kinder das Fundament unserer Zukunft sind, und dass sie in Österreich vor allem keine Zweiklassenmedizin zulässt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Tancsits zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.39

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grabner hat in seinen Ausführungen gesagt, dass bei einem Bezug von 16 500 S für die mitversicherte, keine Kinder habende Ehefrau ein Betrag von 7 900 S zu entrichten wäre. – Das ist unrichtig! (Abg. Grabner: Das ist wahr!)

Das ist deshalb unrichtig, weil bei einem Jahresbezug von 16 500 S selbstverständlich, da das deutlich unter der Ausgleichszulage läge, überhaupt nichts zu entrichten wäre. Handelt es sich um einen Monatsbezug, dann ist es unrichtig, dass dafür 7 900 S im Monat zu bezahlen sind. Er hat aber den Jahresbezug genommen.

Dass das Gegenüberstellen von Monatsbezügen und Jahresgebühren und -abgaben an sich unrichtig ist, müsste sogar Kollege Grabner verstehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein  – auf die Galerie deutend –: Das beeindruckt die da oben überhaupt nicht! – Abg. Grabner: Berichtigung! Das war keine Berichtigung! Was ist mit dem Präsidenten da oben? Das war doch keine Berichtigung!)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte. (Abg. Grabner: Das war keine Berichtigung! Das weiß der Generalsekretär da oben nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Grabner, ich verwarne Sie, bitte! (Abg. Grabner: Sie können verwarnen, wie Sie wollen! Führen Sie lieber den Vorsitz richtig!) Herr Abgeordneter Grabner! Wir befinden uns im österreichischen Parlament. Ein derartiges Benehmen ist ja unerhört! Ich weise Sie zurecht! Ich weise Sie zurecht, und fordere Sie auf, sofort davon abzulassen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Am Wort ist nun Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

14.41

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs eine Ergänzung zum Entschließungsantrag des Kollegen Maier anbringen.

Es geht dabei um eine Änderung des Suchtmittelgesetzes. Es soll ein Drogenbericht eingefordert werden. Die wesentlichen Punkte sind: aktuelle epidemiologische Daten zur Situation der


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Suchtkranken und Suchterkrankungen in Österreich, den Umfang der Abgabe von Suchtmitteln durch Apotheken, eine Darstellung und Analyse aller gesundheitsbezogenen Maßnahmen.

Ich bitte, diesen Antrag zu verteilen. (Präsident Dr. Fasslabend: Das wird veranlasst!)  – Danke.

Doch nun zum Hauptteil meiner Rede, und das sind die Frauenangelegenheiten. Frau Mag. Hartinger – ich sehe, sie ist noch im Haus – hat vor kurzem darüber Klage geführt, dass in der Familie sehr viel Gewalt passiert. Das stimmt. Doch, Frau Kollegin Hartinger, es ist vor drei Jahren hier im Parlament ein wirklich vorbildliches Gesetz beschlossen worden. Leider war Ihre Partei, war Ihre Fraktion, die FPÖ, damals nicht bereit, diesem Gewaltschutzgesetz hier in diesem Hohen Haus zuzustimmen. Das tut mir Leid. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Ich schon! Ich schon!)

Der Großteil der Kollegen war nicht bereit. Ich kann mich noch gut erinnern. Ich bin froh, dass Sie jetzt eines Besseren belehrt wurden, denn dieses Gewaltschutzgesetz hilft den Frauen massiv. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass Kollege Ofner damals gesagt hat, das Eigentumsrecht gehöre geschützt, bevor sozusagen die Integrität der Person geschützt gehöre. Wenn Sie jetzt klüger geworden sind – den Frauen wird es helfen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat die offizielle Frauenpolitik in Österreich abgeschafft. Die Maßnahmen dieser Regierung in diesem Bereich sind reaktionär. Die Frau gilt für sie – wenn man sich Ihre Maßnahmen ansieht, so hat man diesen Eindruck – als Verschubmasse, die nach Ansicht der Regierungsparteien ihren Standort vorrangig zu Hause hat. Dort soll sie Kinder gebären und großziehen. Höchstens dann, wenn die Wirtschaft besonderen Mangel an billigen Arbeitskräften hat, sollen die Frauen temporär auf den Arbeitsmarkt, um dort vornehmlich einfache Tätigkeiten zu verrichten. Verschlechtert sich das wirtschaftliche Klima, dann sollen die Frauen wieder zurück zu Kindern, Kirche, Küche, Herd. (Abg. Achatz: Wollen Sie den Kindern die Mütter vorenthalten?) In vielen Ländern Europas wird durch steuerungspolitische Maßnahmen versucht, Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Die Politik dieser Regierung läuft darauf hinaus, Frauen vom Beruf wegzulocken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen das auch beweisen. Unsere Regierung hat die Kindergartenmilliarde eingeführt. Das war eine wichtige Maßnahme, das hat geholfen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Damals wurden 32 000 Kinderbetreuungsplätze geschaffen. (Abg. Haller: Wir haben zugestimmt!)  – Wenn Sie ab und zu zustimmen, Frau Kollegin Haller, wieso haben Sie es dann nicht in Ihrer Partei, in Ihrer Fraktion durchgesetzt? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Nein, da haben alle mitgestimmt! Sie sind nicht informiert!)

Diese Regierung hat die Kindergarten-Milliarde leider abgeschafft. Das ist Faktum! Doch genau diese Maßnahme hat den Frauen geholfen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das wurde von Ihrer Regierung leider abgeschafft und gestrichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurden vor allen Dingen für jene Kinder Kinderbetreuungsplätze geschaffen, für deren Betreuung in den Ländern nach wie vor keine entsprechenden Plätze vorhanden sind. (Zwischenruf der Abg. Haller. ) Ich rede von den Kindern, die zwischen drei und vier Jahre alt sind, Frau Kollegin Haller. Diesbezüglich fehlt es nach wie vor an Plätzen, in Tirol zum Beispiel, auch in Vorarlberg, auch in Kärnten. Ich rede von Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Da ist weit und breit nichts vorhanden. Ich rede außerdem von Hortplätzen. (Abg. Wattaul: 30 Jahre sozialistische Politik!) Wo können Kinder nach der Schule hingehen? Wo gibt es denn die Kinderbetreuung mit Mittagstisch? All das ist nicht im ausreichenden Maße vorhanden.

Besonders betroffen macht mich auch, dass wirklich neue Maßnahmen, die von der damaligen Frauenministerin Prammer gesetzt wurden, nicht mehr ausreichend dotiert werden. Da gab es ein Pilotprojekt, an dem Kinder, Eltern und die Bürgermeister der verschiedenen Regionen mitgearbeitet haben, damit man auch dort, wo es nicht so viele Kinder in einem Dorf gibt, bedarfsgerechte Kinderbetreuungseinrichtungen schafft. Das war eine wichtige Maßnahme, die damals


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gesetzt wurde. Damit wurde bedarfsgerecht, kinderorientiert dafür gesorgt, dass die Kinder ihren Platz finden.

Nicht einmal 500 000 S haben Sie dafür ausgegeben – der Herr Bundesminister ist ja heute leider nicht hier oder nicht mehr hier –, und das ist ein großes Problem für die Eltern, vor allen Dingen für die Mütter, denn sie werden damit zurück an den Herd "getrieben", sage ich jetzt einmal. Das ist ein Problem vor allen Dingen für die Frauen.

Ich sage Ihnen eines, sehr geehrte Damen und Herren: Die Frauen werden Ihnen die Rechnung dafür präsentieren. (Abg. Haller: Sie werden sich wundern!) Die Frauen werden Ihnen die Rechnung präsentieren für eine Politik, die vorgestrig ist (Abg. Wattaul: Sie werden sich bedanken für den Kinderscheck!) und die mit den wirklichen Bedürfnissen überhaupt nichts mehr zu tun hat. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

14.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Änderung des Suchtmittelgesetzes ist schriftlich überreicht und auch verteilt worden. Er ist genügend unterstützt, steht in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang und steht somit auch mit zur Verhandlung. Er wird selbstverständlich dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Beate Schasching, Mag. Gisela Wurm und GenossInnen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird

eingebracht im Zuge der Debatte zum Budget 2002, Beratungsgruppe VII, Soziale Sicherheit und Generationen, Sozialversicherung, Gesundheit, Jugend und Familie

Entschließung:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird

Das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) wird wie folgt geändert:

Nach § 24 wird folgender § 24a eingefügt:

,24a (1) Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Justiz und dem Bundesminister für Inneres jährlich einen umfassenden Drogenbericht zu erstellen und dem Nationalrat vorzulegen.

(2) Dieser Drogenbericht hat insbesondere:

a) aktuelle epidemiologische Daten zur Situation der Suchtkrankheiten und Suchterkrankungen in Österreich

b) den Umfang der Abgabe von Suchtmitteln durch Apotheken (§ 7 SMG)

c) eine Darstellung und Analyse aller gesundheitsbezogenen Maßnahmen (§§ 11 ff SMG)


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d) einen Tätigkeits- und Finanzbericht über die gemäß § 15 SMG anerkannten Einrichtungen und Vereinigungen mit Betreuungsangebot für Personen im Hinblick auf Suchtgiftmissbrauch (§§ 15 ff SMG)

e) einen Tätigkeitsbericht über die besondere Verwaltungsdienststelle des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen (§ 23 SMG)

f) die nach § 24 SMG zu erstattenden Meldungen und Mitteilungen

g) Darstellung aller Informationsmaßnahmen auf dem Gebiet der Suchtprävention einschließlich der Informationen über Beratungs- und Betreuungseinrichtungen

h) Bedarf und Einsatz öffentlicher Mittel des Bundes, der Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen für Suchtprävention sowie Beratung und Behandlung von Suchtkranken

i) Maßnahmen der Europäischen Union zur Sucht- und Drogenproblematik sowie deren Umsetzung in Österreich

j) Darstellung der internationalen Diskussion und Entwicklung in Sucht- und Drogenangelegenheiten

zu beinhalten.‘"

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

14.48

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Kinderbetreuungsgeld ist eine europaweit vorbildhafte Errungenschaft, ein Meilenstein in der Familienpolitik, auch wenn sich die Gegner des Kinderbetreuungsgeldes noch so bemühen, es schlecht zu machen. Das "Kinderbetreuungsgeld für alle" ist eine gesellschaftspolitische Weichenstellung für die Zukunft dieses Landes, denn es ist keine Versicherungsleistung, sondern eine Leistung, die für die Kinderbetreuungsarbeit bezahlt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Gegensatz zur Meinung einiger Damen von der Opposition (Abg. Mag. Prammer: Auch Herren!) wird hier im Hohen Haus die Kinderbetreuung sehr wohl als eine verantwortungsvolle und vor allem gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe gesehen, und zwar auch dann, wenn diese Arbeit von der eigenen Mutter des Kindes erbracht wird. Bei den von mir vorhin angesprochenen Damen hat man ja oft den Eindruck, dass die Arbeit der Kinderbetreuung nur dann etwas zählt, wenn sie von fremden Personen, zum Beispiel von einer Kindergärtnerin oder von einer Tagesmutter, ausgeübt wird. (Abg. Dr. Khol: So ist es!) Erziehen die Mütter ihre Kinder selbst, sind sie in den Augen dieser Herrschaften eigentlich höchstens zu dumm für eine andere Arbeit.

Man wird wirklich den Eindruck nicht los, dass es sehr vielen in der linken Opposition am liebsten wäre, würden die Kinder sofort nach der Geburt in den Hort, vom Hort in den Ganztagskindergarten und vom Ganztagskindergarten in die Ganztagsschule kommen, am besten möglichst weit weg von den Eltern. Die Kinder unter staatlicher Aufsicht, die Mutter in der Gewerkschaft – dann ist die linke Ideologie und Weltanschauung in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Man hat den Eindruck, dass für nicht wenige Damen und Herren von der linken Reichshälfte in diesem Hohen Hause eine Frau, wenn sie schon Kinder hat, am besten möglichst nur eines haben sollte. Hat sie ein zweites Kind, dann war dies wohl ein Betriebsunfall zu viel. Hat eine Frau gar drei Kinder oder mehr, dann ist ihr eigentlich sowieso nicht zu helfen, wenn sie Kinder und Familie über Geld und Karriere stellt.


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Davon abgesehen erfasst das Kinderbetreuungsgeld erstmals wirklich sozial schwächere Gruppen, wie zum Beispiel Schülerinnen, Studentinnen, Hausfrauen und Bäuerinnen, also all jene, die es sich nicht richten können oder in der Vergangenheit nicht richten konnten und durch den sozialen Rost gefallen sind.

Die Situation der Alleinerzieherinnen wird sich ebenfalls verbessern, nämlich von 18 Monaten Karenzgeld auf 30 Monate Kinderbetreuungsgeld. (Abg. Öllinger: Warum nicht 36 Monate? Erklären Sie das!) Das Kinderbetreuungsgeld bedeutet eine gesellschaftspolitische Wende für die Familien. Erstmals steht das Kind mit seinem Bedarf an Betreuung im Mittelpunkt und nicht wie bisher die Kompensation von Einkommensverlusten durch die Betreuungspflicht. Das Kinderbetreuungsgeld ist daher eine Familienleistung anstelle einer Versicherungsleistung auf Einkommenentgang der Mutter und anerkennt somit die Erziehungs- und Betreuungsleistung für unsere Kinder. (Abg. Öllinger: Auch das stimmt nicht!)

Wer in die Kinder und Familien investiert, meine Damen und Herren, der investiert in die Zukunft! Wie positiv die Österreicherinnen und Österreicher dieses Angebot aufnehmen werden, lässt sich anhand einiger Zahlen aus Oberösterreich beweisen: Im Jahr 2000 haben in Oberösterreich 14 600 Personen Karenzgeld bezogen. Diese Zahl wird sich im nächsten Jahr erhöhen, und zwar werden dort im Jahre 2002 insgesamt rund 22 000 Personen Kinderbetreuungsgeld erhalten, ein Jahr später, im Jahre 2003, wird es eine weitere Erhöhung auf 31 000 Personen geben. Das ausbezahlte Kinderbetreuungsgeld in Oberösterreich wird dann 2,2 Milliarden Schilling betragen, das entspricht einer Erhöhung von 1,3 Milliarden Schilling oder 140 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. (Abg. Öllinger: Und wie finanzieren Sie das nach 2004?)

Allein diese Zahlen beweisen: Wir stehen für eine kinder- und familienfreundliche Politik, und wir stehen für die Wahlmöglichkeiten unserer Familien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Und wie steht es nach der Wahl?)

14.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Knerzl. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Aus Öblarn! – Abg. Knerzl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: So ist es!)

14.52

Abgeordneter Anton Knerzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Sophie Bauer hat in einem Artikel der "Weststeirischen Zeitung" ausgeführt, der Kinderscheck gehe auf Kosten der Frauen.

Geschätzte Frau Bauer! Dazu müssten Sie mir etwas erklären. Wenn ich bedenke, dass damit jede Frau bis zum dritten Lebensjahr des Kindes 6 000 S erhalten kann, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass dies nicht der Familienpolitik unserer Zeit entsprechen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Zweite, was Frau Abgeordnete Bauer in diesem Artikel angeführt hat, ist: Der Kinderscheck fördert nur das Kriegen von Kindern. – Wenn sie dies meint, dann ist der Kinderscheck bei ihr auch richtig eingetroffen.

Wenn ich bedenke, dass, wie aus dem Familienbericht der alten Bundesregierung hervorgeht, die Zahl der kinderlosen Ehepaare weiterhin steigt, dann muss ich sagen: Es ist die Einführung des Kinderbetreuungsschecks sehr wohl der richtige Schritt. (Ruf bei der ÖVP: Das Kinderbetreuungsgeld!) Die Einführung des Kinderbetreuungsschecks ist eine Familienförderung der Sonderklasse. (Abg. Dr. Cap: Eine Erfolgsprämie!)  – Das bestätigen Sie mir auch, Herr Dr. Cap. Danke schön! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haller  – in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Das ist ein Tiefpunkt! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen.)

Wie man weiß, sind in diese Maßnahme Gruppen von Familien einbezogen worden, die bis dato noch nie derartiges bekommen haben. Ich führe als Beispiele dafür Bäuerinnen, Selbstständige, Studentinnen, Freiberuflerinnen und Künstlerinnen an. Auch für diese Gesellschaftsgruppen ist


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diesmal von uns etwas getan worden. So sieht es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weiters darf ich Ihnen noch berichten, dass man damit auch Pensionsansprüche erwerben kann. Kinderbetreuung ist eine Leistung von unschätzbarem Wert, und zwar nicht nur im Kindergarten, sondern auch in der Familie. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut! – Abg. Dr. Cap: Absolut richtig!) Allerdings müsste man das auch von Ihrer Seite ein bisschen mehr schätzen. Bis dato haben Sie sich immer sehr abfällig gegenüber diesem Projekt verhalten. Ich meine, Sie haben dazu noch zu wenig von uns präsentiert bekommen. (Abg. Öllinger: Das stimmt! Da gebe ich Ihnen Recht!) Ich denke, wir müssen darauf noch etwas inniger, näher eingehen. Das gilt auch für Sie, Herr Öllinger: Sie wissen ganz genau, mit der Kinderbetreuung halten es die Grünen wahrscheinlich nicht so, wie wir das voraussetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie beschäftigen sich viel mehr mit Dingen wie Frau Lunacek und so weiter, die sie uns hier gestern vorgetragen hat. (Abg. Dr. Mertel: Ist Frau Lunacek ein Ding?) Wir setzen unsere Energie in die Kinder, in die Zukunft unseres Landes. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Frau Dr. Mertel! Sie haben uns in Kärnten sehr viel weitergeholfen, Sie haben natürlich beim Kinderbetreuungsgeld auch zugestimmt. (Abg. Dr. Mertel: Ich habe dem niemals zugestimmt!) Nur: Hier tun Sie so, als ob Sie davon nichts wüssten. (Abg. Dr. Mertel: Sie müssen träumen!) Na selbstverständlich, das ist ja ganz klar! Wir haben doch die vollständigen Unterlagen aus Kärnten. Da haben Sie gesagt, das Projekt sei in Ordnung und Sie fänden es auch sehr gut. (Abg. Dr. Mertel: Verrückt!) Ihre Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich, na klar! Doch jetzt tun Sie so, als wüssten Sie es nicht. Aber ich kann Sie gerne noch daran erinnern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Mertel. )

Das Gesetz, mit dem der Kinderscheck am 1. Jänner 2002 in Österreich eingeführt wird, wird natürlich gegen den Widerstand der Grünen und wahrscheinlich auch gegen den Widerstand der SPÖ in Kraft treten. Wir haben da keine Berührungsängste mit Ihnen. Natürlich: Diese Familienpolitik ist eine Politik, die Sie vielleicht bis heute noch nicht ganz kapiert haben, aber wir werden es Ihnen immer wieder und neu erläutern.

Geschätzte Damen und Herren! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir diese Verhandlungen um 15 Uhr unterbrechen müssen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.57

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Kollegin Wurm! – Sie ist inzwischen abhanden gekommen. – Die eingemahnten Kinderbetreuungsplätze, Frau Kollegin Wurm, fehlen doch um Gottes Willen nicht erst seit einem Jahr, die fehlen doch schon wesentlich länger. Dazu sage ich Ihnen nur eines: Im Burgenland gibt es ein flächendeckendes Kinderbetreuungsprogramm, und zwar aus folgendem Grund: Das diesbezügliche Referat ist in der Hand der ÖVP. – Ich danke und setze meine Rede später fort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: In Tirol schaut es aber anders aus! – Abg. Lentsch  – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Man darf nicht generalisieren!)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Lunacek hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.58

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Knerzl hat zu meinem Kollegen Öllinger gemeint, er beschäftige sich lieber mit "Dingen" wie Frau Lunacek. Ich


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möchte hiermit feststellen, dass ich mich nicht mit Dingen beschäftige – und auch keines bin. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich weiters Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.58

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Knerzl von der Freiheitlichen Partei hat gesagt, ich hätte der FPÖ in Kärnten sehr geholfen, weil ich, wie jeder wisse, dem Kinderbetreuungsscheck in Kärnten zugestimmt hätte und hier nicht. – Das ist nicht richtig!

Richtig ist Folgendes: Ich habe in Kärnten nie einem Kinderbetreuungsscheck zugestimmt, nie und nimmer, und ich werde es auch nicht tun! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Aber die SPÖ in Kärnten! Ein schwerer Konflikt! Es geht ein Riss durch die SPÖ Kärnten!)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: So, wir stehen jetzt vor der Tatsache, dass wir nur mehr eine Minute bis 15 Uhr haben. Ich unterbreche kurz die Sitzung bis 15 Uhr; dann folgt die Kurzdebatte über den Fristsetzungsantrag.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme jetzt, um 15 Uhr, die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Verhandlung des Fristsetzungsantrages im Rahmen einer Kurzdebatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Frau Abgeordneten Mag. Plank, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Wir werden jetzt in die Debatte eingehen und nach Ende der Debatte die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag durchführen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass der Erstredner oder die Erstrednerin zur Begründung des Antrages über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Anschließend gelangt jede Fraktion mit einer Stellungnahme von 5 Minuten zu Wort.

In diesem Sinne erteile ich Frau Abgeordneter Plank als Erstantragstellerin das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Das Unfallrentenbesteuerungsspiel der Bundesregierung ist aus. Sie wissen es, Sie spielen aber weiter. Sie haben verloren, und Sie spielen weiter das kleine Pingpong-Spiel mit Blinden und Gelähmten.

In der "ZiB 1" von gestern sagte Herr Bundesminister Haupt sinngemäß: Wir haben nicht gewusst, dass so viele so massiv von der Unfallrentenbesteuerung betroffen sind. – Herr Bundesminister! Sie haben gewusst, Sie hätten wissen können, Sie hätten wissen müssen!

Der Mazal-Bericht zur sozialen Treffsicherheit wurde vorgelegt, die Worte "Überversorgungen bei Unfallrenten" kamen vor, Betroffene haben reagiert, die Opposition hat reagiert, die SozialdemokratInnen haben reagiert. Ich habe mich informiert. Herr Dr. Feurstein! Ich habe mit betroffenen Menschen gesprochen. (Abg. Haidlmayr: Ich auch!) Sie hätten wissen können!


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Ich zitiere Ihnen dazu aus meinem Debattenbeitrag vom 23. November 2000:

"Unfallrenten ermöglichen kein Leben in Luxus, in Saus und Braus und ohne Arbeit, eine Unfallrente ist eine Versicherungsleistung, ist Schadenersatz, ist Schmerzensgeld, ist Abgeltung für in der Arbeit Erlittenes."

Herr Dr. Feurstein! Etwas mehr als 108 000 ÖsterreicherInnen beziehen Unfallrenten, zwei Drittel davon haben 15 000 S zum Leben – nicht Unfallrente, sondern insgesamt zum Leben! Doch diesen Menschen, habe ich damals gesagt, nehmen Sie noch ein Drittel weg.

Abgeordneter Böhacker hat damals folgenden "bemerkenswerten" Zwischenruf gemacht: "Sie" – also ich – "haben keine Ahnung!" – Dazu möchte ich sagen: Die Realität hat Sie sehr schnell eingeholt! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie hätten wissen können, Sie hätten wissen müssen! (Abg. Dr. Pumberger: Was hat das mit der Fristsetzung zu tun?) Vorigen Freitag habe ich Ihnen noch einmal vorgeworfen, dass die Bundesregierung blind und taub ist für Sachargumente der Opposition und blind und taub ist für Schicksale von Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie hatten nur Ihr Budgetziel im Auge und nicht die Menschen. Ich habe Ihnen gesagt:

"Den Behinderten nehmen Sie 2 Milliarden Schilling weg. Eine versprechen Sie in Behindertenarbeitsplätze zu stecken – und die andere stecken Sie überhaupt sofort dem Finanzminister zu." – Das war von Anfang an Ihre Absicht! (Abg. Dr. Pumberger: Kommen Sie endlich zur Fristsetzung, zum Thema!) Das Thema, Herr Kollege, ist die Unfallrentenbesteuerung. Sie haben das offensichtlich noch nicht mitbekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der FPÖ-Reflex, auf Überversorgung, auf vermeintliche Überversorgung, auf vermeintliches Sozialschmarotzertum hat damals zugeschlagen. Nunmehr ist plötzlich Bewegung in die Debatte gekommen, ich würde das allerdings Zickzackkurs nennen. (Abg. Steibl: Sie fahren einen Zickzackkurs beim Kinderbetreuungsgeld!) Finanzminister Grasser sagt laut der heutigen Ausgabe des "Kurier", finanziell bringe das nichts mehr. – Ich sage: Es bringt aber nach wie vor Schmerzen, Leid und Existenzangst für viele Betroffene und auch Ungerechtigkeiten, Herr Dr. Feurstein.

Ich habe von dieser Stelle aus immer wieder darauf hingewiesen, die Besteuerung der Unfallrenten sei un sozial, un gerecht und un gesetzlich. Die Unfallrente – Sie wissen es – ist fiktiv, vor Zuerkennung bereits mit 33 Prozent besteuert. Die Unfallrente ist ein Schadenersatz aus einer gesetzlichen Unfallversicherung. Das wissen Sie! Sie ist Abdeckung eines Risikos, das der Arbeitgeber trägt. Das wissen Sie, Herr Dr. Feurstein!

Im der heutigen Ausgabe des "Kurier" liest sich das so: "Die Besteuerung ist längst auch politisch ein Verlustgeschäft. Soziale Treffsicherheit nur noch ein Spottwort. Und ob sie juristisch hält, wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden."

Da Sie keinem einzigen unserer Anträge zugestimmt haben, blieb der SPÖ als einziger Ausweg, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen.

Ich zitiere weiter: "Diese Rente ist nach Ansicht vieler Experten" – Herr Dr. Feurstein, hören Sie zu! – "ein Schadensersatz und damit (anders als die Invalidenpension) nicht besteuerbar." – Zitatende. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, auch politisch ist sie ein Verlustgeschäft. Ihr Spiel ist aus! Ihr "neu Regieren" schaut alt aus, sehr alt schaut es aus. Das zynische Spiel mit dem Lebensschicksal von Menschen haben Sie verloren.

Einige Fakten zur Auffrischung: Am Faschingsonntag forderte Haider eine Rücknahme der Unfallrentenbesteuerung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Rauch-Kallat sagte dazu: Nein! Haider sagte, die Spieler säßen ganz woanders. Klubobmann Khol sagte noch am selben Abend, das


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werde noch in dieser Woche erledigt. – Erledigt wurde nichts! "Speed kills"! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Im Ministerrat am Faschingsmontag wurde gesagt, es bestünde kein Spielraum im Budget. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer war das? Wer denn?) Ich sage: Fetisch "Nulldefizit" und "speed kills".

Dann folgte das zynische Spiel um die Härtefälle. Was ist ein Härtefall? – Bis 20 000 S? Ein Abgeordneter aus der ÖVP sagte, es wisse schon der Mediziner, was ein Härtefall ist. Im Budgetausschuss fragte ein anderer ÖVP-Abgeordneter: Ist alles, was Geld verliert, schon ein Härtefall? Am 1. April liest sich das in der "Kleinen Zeitung" so – wahrscheinlich wieder ein Aprilscherz von Dr. Haider (Abg. Dr. Ofner: Das muss der Obmann der SPÖ sein!)  –: "Konkret erwartet sich Haider, dass die Unfallrentenbesteuerung repariert wird." – Was nun eigentlich? Chaos pur auf dem Rücken der Menschen! Speed kills!

Am selben Abend Frau Ministerin Gehrer in der Sendung "Betrifft": Professor Mazal wird in den nächsten 14 Tagen ein Gutachten vorlegen, und da ist es dann ganz wichtig, dass wir Härtefälle wirklich abfedern! Haider, unmittelbar darauf antwortend: Das kann nicht nur eine Härtefallregelung sein! (Abg. Dr. Ofner: Und wieder einmal Haider!)

Ich frage mich: Was geht in dieser Chaos-Truppe, die sich Bundesregierung nennt, eigentlich vor? – Mir fällt ein: Denn sie wissen nicht, was sie tun! Das fällt mir ein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Dr. Ofner: Häupl, ein 30-Prozent-Bürgermeister!)

"Die Presse" von heute schreibt: "Koalition erwägt breiten Ausgleich für Härtefälle." – Ich betone: "breiten Ausgleich"! Haupt sagte am Dienstag, es seien erheblich mehr Menschen, als ursprünglich angenommen wurde, als Härtefälle anzusehen.

Herr Bundesminister! Sie hätten wissen können, Sie hätten wissen müssen! Begreifen Sie vielleicht jetzt endlich, was Sie mit Ihrem Verstecken von Menschenschicksalen hinter Zahlen und Fakten angerichtet haben? Und Sie wissen, das ist kalt, sehr kalt, sehr unsozial.

Die "Oberösterreichischen Nachrichten" ... (Abg. Dr. Ofner: Courths-Mahler! – Abg. Dr. Khol: Rosamunde Pilcher!) Das Einzige, was Sie können, in Reaktion auf das, was Sie gestern hier Auseinandersetzung und Dialog genannt haben, Herr Kollege Ofner, ist, jemanden persönlich zu diffamieren. (Abg. Dr. Ofner: Was ist daran beleidigend?) Ich darf richtigstellen: Ich habe noch keine einzige Courths-Mahler gelesen, und ich zitiere hier ganz bewusst Aussagen von FP-Parteipolitikern und von Bundesregierungsmitgliedern, damit Sie mich nicht zeihen können, ich erzählte Unwahres. Ich zitiere ganz gezielt das, was Sie gesagt haben (auf die Regierungsbank und auf die Bänke der Regierungsfraktionen deutend), was von da kam und was von dort kam. Das wissen Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.  – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In der heutigen Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" ist zu lesen (Abg. Dr. Ofner: Die Hybris ...!): "Verschlussakte Unfallrente: Wer ist nun ein ‚Härtefall‘?" – Ich sage: Diese Bundesregierung ist ein Härtefall (Abg. Mag. Trattner: Ist "diffamieren" erlaubt, Herr Präsident?)  – nämlich für alle UnfallrentnerInnen, für alle Behinderten und für alle Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Ist der Ausdruck "diffamieren" erlaubt?)

Im gleichen Artikel lese ich: "Haupt hofft, der Osterfriede möge die Umsetzung ermöglichen." – Herr Bundesminister, hoffen Sie nicht! Gestern ließ Ihnen der Minus-10-Prozent-Mann von Simmering in der "Kronen Zeitung" ausrichten, was er dazu meint. Unter der Überschrift "Unfallrenten: Besteuerung noch diese Woche repariert" heißt es da: "Noch diese Woche wird ein Reparaturmodell präsentiert, versichert FPÖ-Clubchef Westenthaler."

Der Herr Finanzminister weiß es auch. Er sagt enttäuscht: Der Finanzminister kann nicht immer gewinnen. Auch er hat es begriffen: Das Spiel ist aus, Sie haben verloren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Jetzt geht’s schon wieder in Courths-Mahler!)


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Lesen Sie, bevor Sie Ihre Maßnahmen ergreifen, noch einmal nach im "Kurier" unter dem Titel "Experten warnen vor Flop". Herr Bundesminister, die Zahlen, die Sie nicht gekannt haben wollen, werden dort noch einmal deutlich gemacht. Schauen Sie sich diese Zahlen an, und reagieren Sie darauf!

Denken Sie dabei auch an das Polit-Motivationsseminar mit Landeshauptmann Haider vom vergangenen Wochenende. (Abg. Dr. Ofner: Sie haben es besucht, wir nicht!) – Das Spiel ist aus! Lassen Sie sich aus dem Dilemma helfen, Herr Bundesminister! (Abg. Dr. Ofner: Ich habe keine Zeit gehabt, aber Sie waren da!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie sich aus dem Dilemma helfen (Zwischenruf des Abg. Knerzl )  – auch du, Toni! –, und stimmen Sie heute diesem Fristsetzungsantrag der SPÖ zu! Stimmen Sie ihm zu, und Sie haben Ihr Dilemma weg! Verloren haben Sie ohnehin schon! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Ofner: Courths-Mahler!)

15.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der nun folgenden Debatte hat jeder Redner eine Redezeit von 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

15.12

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend für diese Debatte: Wir machen uns Sorgen um eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, es werden hier Beispiele zitiert und Zitate gebracht – und eine ganze Anzahl von Abgeordneten lächelt nur darüber und findet das lustig. Wir finden das nicht lustig, wenn man den Ärmsten der Armen in diesem Land das Geld aus der Tasche zieht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Jahr hatte kaum begonnen – es war am 2. oder 3. Jänner –, da bekam ich in meinem Büro einen Anruf, der, wie sich dann herausstellte, von einer besorgten Unfallrentenbezieherin kam. Sie sagte: Was soll ich machen? Ich habe eine kleine Eigenpension von knapp 8 000 S und eine Unfallrente in der gleichen Höhe. Plötzlich muss ich jetzt beides versteuern.

Diese Frau wusste noch gar nicht, wie sich das auswirken wird. Sie sagte mir dann, dass sie, weil sie eine so niedrige Pension hatte, bisher keine Lohnsteuer zahlen musste, und weil bis jetzt auch die Unfallrente steuerfrei war, hatte sie ungefähr 16 000 S brutto. Jetzt muss sie plötzlich 3 000 S Steuer pro Monat zahlen. Wissen Sie, was das für diese Frau bedeutet? – Das sind im Jahr mehr als 40 000 S weniger – einfach weniger! Das sind die Fakten, meine Damen und Herren. Darüber können Sie lachen? Ich kann darüber nicht lachen, mich hat das sehr betroffen gemacht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Liste solcher Beispiele könnte man fortsetzen. Es hat – auch in meinem Bezirk – eine Reihe von Informationsveranstaltungen gegeben. Dort hat sich zum Beispiel ein Trauner Pensionist beschwert, der jetzt im Monat 7 000 S weniger Geld zur Verfügung hat. Oder ein pensionierter Eisenbahner aus Haag am Hausruck, dem bei einem Arbeitsunfall bei Verschubarbeiten ein Bein abgetrennt wurde und der auch sonstige schwere Verletzungen erlitten hatte, bekommt jetzt statt 18 400 S nur noch 11 200 S netto. (Abg. Silhavy: Das ist Kälte!)

Meine Damen und Herren! Das sind Fakten, und darüber gehen Sie einfach so hinweg! Ich erinnere Sie daran, meine Damen und Herren, wir brauchen gar nicht ... (Abg. Dr. Pumberger: ... Schwerstversehrten die Zulage nehmen!) Wir beschäftigen uns jetzt mit dem Budget 2002, aber bereits beim Budget 2001 haben Sie sich demaskiert. Denken Sie zurück an die Zahlen, die Sie für dieses Jahr beschlossen haben! Sie haben beschlossen – das ist im Budget nachzulesen –, dass Sie aus der Unfallrentenbesteuerung 2 Milliarden Schilling lukrieren wollen. (Abg. Dr. Ofner: Für was brauchen wir dieses Geld?) 2 Milliarden Schilling!

Im selben Atemzug kann ich Ihnen sagen, dass Sie für die kleine Änderung der Besteuerung der Privatstiftungen 500 Millionen Schilling für dieses Jahr budgetiert haben. Für die 108 000 Un


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fallrentenbezieher budgetieren Sie 2 Milliarden Schilling (Abg. Dr. Ofner: Das ist ein bisschen mehr!), und für die reichen Stiftungsnutzer haben Sie 500 Millionen Schilling mehr budgetiert. Daran sieht man ganz eindeutig die Gewichtung, meine Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Das ist Umverteilung von unten nach oben!)

Es kommt noch hinzu, dass die Unfallrentenbezieher meistens auch Behinderungen haben und auf Grund Ihrer Behinderung ohnehin schon einen höheren Lebensaufwand führen müssen. Denen nehmen Sie das Geld noch weg! Ich möchte im Detail auf die Zahlen gar nicht mehr eingehen, weil meine Vorrednerin das schon gesagt hat. Wenn man weiß, dass die durchschnittliche Unfallrente gut 3 000 S ausmacht, dann weiß man, wovon wir reden. Von diesen Personen wollen Sie sich 2 Milliarden Schilling holen.

Aber es kommen jetzt schon die interessantesten Stellungnahmen aus Kärnten. Darin heißt es, der Kärntner Landeshauptmann wolle eine Lösung bis Ostern. Na, recht viel Zeit wird ihm da nicht mehr bleiben. Auch Klubobmann Khol bestätigte, dass koalitionsintern schon über Abfederungen gesprochen werde. – Wir hören davon noch nichts.

Wie schon erwähnt, wird der Herr Bundesminister heute in den "Oberösterreichischen Nachrichten" mit folgenden Worten zitiert: Dieses Programm "zählt zu den derzeit bestgehüteten Geheimnissen der Republik". Das ist wie eine "Verschlussakte".

Aber er widerspricht sich schon wieder im morgen erscheinenden "NEWS", indem er sagt: "Eine befristete Solidarabgabe, um das Budgetdefizit abzusenken, wäre viel besser gewesen als die vielen kleinen Maßnahmen, die wir machten." Das meint Haupt selbstkritisch. – Wie gesagt, im morgen erscheinenden "NEWS" nachzulesen, meine Damen und Herren!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (fortsetzend): Abschließend: Meine Damen und Herren! Es ist für jene Menschen in Österreich, die sich einen Regierungswechsel in Österreich gewünscht haben, überraschend, dass die schwarz-blaue Regierung so rasch das vorauseilende Misstrauen gerechtfertigt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. Die Redezeit beträgt ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.

15.17

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Angesichts der Tatsache, dass diese Problematik hier im Hohen Hause bereits wochenlang intensivst diskutiert worden ist, kann und muss ich mich innerhalb der mir zur Verfügung stehenden 5 Minuten darauf beschränken, stichwortartig zusammenzufassen.

Darüber, dass die Problematik außerordentlich komplex ist, dürften wohl alle vier Parteien übereinstimmen. (Abg. Öllinger: Nein, es ist sehr einfach! – Abg. Mag. Plank: Sehr einfach!) Es ist eine Komplexität, der 1988 auch schon Ihr Finanzminister Lacina Tribut zollen musste. Ich fasse das in den folgenden zwei Aspekten zusammen:

Erster Aspekt: Die Unfallrenten haben vier Aufgaben. Sie sollen eine Schadenersatzfunktion wahrnehmen, eine Schmerzensgeldfunktion erfüllen, die Abgeltung einer Einbuße an Integrität bewirken und Einkommensersatz sein. Diese vier Komponenten sollten unterschiedlich gesehen werden. In Analogie zu den Invalidenrenten sieht es anders aus als in Analogie zu anderen rechtlichen Aspekten, daher wäre eine unterschiedliche Betrachtungsweise richtig.

Zweiter Aspekt: Generelle Steuerfreiheit ist zweifellos nicht der Weisheit letzter Schluss. Nehmen Sie das bereits mehrfach zitierte Beispiel eines leitenden Angestellten her, der am Dienstort durch einen Unfall den linken Arm verloren hat. Das ist eine körperliche Einbuße, durch die er weder eine Einbuße an Einkommen noch eine solche an Karrieremöglichkeit noch eine solche hinsichtlich seiner Pension erleidet. Er bezieht aber lebenslänglich eine hohe Unfallrente. Ich


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habe heute Vormittag schon Gelegenheit gehabt, zu sagen, dass jeder Schilling, den innerhalb unseres Sozialsystems jemand bezieht, der diesen Schilling nicht unbedingt braucht, gleichzeitig an anderer Stelle fehlt.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie können mir glauben, dass wir selbstverständlich die Erarbeitung – und zwar eine rascheste Erarbeitung! – einer sachadäquaten Lösung bejahen. Die Gespräche darüber werden in den allernächsten Tagen, und zwar nach Vorliegen des Expertenberichtes, beginnen, und es ist klar, dass auch wir an einem raschen Abschluss dieser Gespräche interessiert sind. Wenn Sie uns aber "speed kills" vorwerfen, dann ist die Festsetzung eines festen Termins zweifellos kontraproduktiv. (Abg. Grabner: Da braucht ihr jetzt schon Monate! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden uns bemühen, eine Lösung herbeizuführen, die womöglich schon vor dem von Ihnen gewünschten Termin erreichbar ist. Wir lehnen daher die Festsetzung einer Frist für diesen Zweck ab. Uns ist es wichtig, eine inhaltlich gute, nicht aber terminlich gebundene Lösung zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Die Uhr ist ebenfalls auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

15.21

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir Freiheitlichen lehnen den Antrag auf Fristsetzung bis 9. Mai ab, weil wir, nachdem wir erkannt hatten, dass die Unfallrentenbesteuerung Härtefälle schafft, in einer Entschließung des Nationalrates bereits beschlossen haben, dass alle Härtefälle – auch die von Ihnen, Frau Kollegin Plank und Herr Kollege Dietachmayr, zitierten Härtefälle – entschärft werden. Wir haben gleichzeitig auch dafür gesorgt, dass die Behindertenmilliarde trotzdem erhalten bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Mühlbachler. )

Würden wir die völlige Rücknahme der Unfallrentenbesteuerung beschließen, dann – das muss Ihnen klar sein – wäre auch die Behinderten-Milliarde weg. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie auch offiziell dafür eintreten! (Abg. Verzetnitsch: Wer sagt das, dass sie weg wäre?) Sie müssen auch wissen, dass dann die Anhebung des Zuschlags zur Versehrtenrente von 20 auf 50 Prozent für die Schwerstversehrten wegfallen würde. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das müssten Sie verantworten, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Herr Haider will das auch!)

Ich weise auch darauf hin, dass die Idee der Unfallrentenbesteuerung nicht neu ist. (Abg. Leikam: Der Herr Haider will das auch!) Sie wurde heute nicht erwähnt, weder von den Grünen – die kommen noch dran ... (Abg. Öllinger: Kommt erst!) Ja, Sie werden das sicher machen, Herr Kollege Öllinger.

Aber von den Sozialdemokraten hat niemand erwähnt, dass bereits im Jahre 1988 die Unfallrenten einmal besteuert wurden, und zwar mit In-Kraft-Treten per 1. Jänner 1989. Die Begründung lautete: Wir haben bisher schon die steuerliche Ungleichbehandlung von Unfallrentnern, von Invalidenrentnern gehabt, je nachdem, ob es Arbeitsunfälle oder Freizeitunfälle waren, Unfälle, die sich nicht während der Arbeitszeit oder auf dem Weg zur Arbeit ereignet haben. Es war die Auffassung und Zielsetzung, durch die Besteuerung beider zu einer Gleichbehandlung beizutragen. – Das wurde schon einmal gesagt. (Abg. Böhacker: Wer war das? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wer das war? (Abg. Böhacker: Wer hat das gesagt?) Da muss ich gar nicht scharf nachdenken. (Abg. Dietachmayr: Und wieder zurückgenommen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Herr Kollege Dietachmayr, wer war das? – Der sozialdemokratische Finanzminister Lacina (Abg. Dietachmayr: Das ist auch inhaltlich falsch!), mit starker Unterstützung des sozialdemokratischen Sozialministers Geppert! Na, da schau her! (Abg. Dietachmayr: Falsch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Wo waren Sie da? – Sie waren damals noch Landesrätin in Oberösterreich, Frau Kollegin Prammer, Sie konnten hier noch nicht dagegen auftreten. Aber auch aus Oberösterreich hätten Sie Ihre Stimme dagegen erheben können. Sie haben es aber nicht getan! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kollege Dietachmayr war damals schon im Hohen Haus, als Abgeordneter aus Oberösterreich war er schon hier. (Abg. Dietachmayr: Nein!) Er hat den Mund gegen diese Besteuerung der Unfallrente nicht geöffnet. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer?) Dietachmayr war schon da. (Abg. Mag. Schweitzer: Der?) Er hat auch nichts gesagt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann Sie jedoch beruhigen: Die von Ihnen angesprochenen Härtefälle werden bereits – das alles ist jetzt schon im Fluss – durch die Entschließung des Nationalrates vom 1. März 2001 in Angriff genommen. Wir haben damals die Entschließung getroffen, dass eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die beauftragt wird, das genau zu untersuchen. Diese Arbeitsgruppe hat ihren Bericht fertig gestellt, der Herr Sozialminister hat bereits diesen Bericht. Das ist in Ausarbeitung, da wird eine Durchsicht vorgenommen, und es wird jetzt ein Verhandlungsteam beauftragt werden, das die Vorschläge der Arbeitsgruppe zur politischen Umsetzung empfehlen wird. Dann werden wir Politiker daran arbeiten, was zu tun ist, damit alle sozialen Härtefälle ausgeglichen werden. Dafür stehen wir gerade! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen auf keinen Fall die Zurücknahme der Behinderten-Milliarde. Das ist eine soziale Errungenschaft, für die diese schwarz-blaue Koalitionsregierung steht. Wir lassen von Ihnen an der Behindertenmilliarde nicht rütteln, die lassen wir den Behinderten nicht wegnehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) 8 000 Behinderte, die jetzt keinen Arbeitsplatz finden, werden mittels dieser Behinderten-Milliarde vermittelbar werden. Das lassen wir uns durch Sie nicht zerstören.

Wir haben auch Rücklagen, damit wir diese sozialen Härtefälle ausgleichen können. Allein bei der AUVA sind von 8,6 Milliarden Schilling sofort 1,6 Milliarden Schilling verfügbar, das ist also überhaupt kein Problem. 1 Milliarde Schilling von diesen insgesamt 2 Milliarden Schilling bleibt für die Behinderten-Milliarde übrig, und 1 Milliarde Schilling wird zum Ausgleich für die sozialen Härtefälle rückerstattet. Das ist die Politik der neuen Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

15.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dietachmayr: Herr Pumberger! 1989 saß ich noch nicht in diesem Haus!)

15.26

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Pumberger, wenn Sie schon die geistige Wiederkäuerei wirklich bis zum Erbrechen betreiben und immer wieder dasselbe zitieren (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen)  – immer wieder darauf hinweisen, was vor zehn Jahren, vor zwölf Jahren war (Abg. Mag. Trattner: "Erbrechen" kannst sagen, "diffamieren" kannst sagen!)  –, dann sollten Sie dafür auch in Kauf nehmen, dass wir vielleicht einmal damit anfangen, das zu zitieren, was Ihre Parteifreunde vor 40, 50 Jahren hier in diesem Haus erzählt haben. Dann schauen Sie nicht mehr so gut aus! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie schon zitieren – und Sie zitieren aus demselben Schriftstück, nämlich dem Entschließungsantrag, den Sie eingebracht haben –, dann sollten Sie auch zitieren, was Herr Finanzminister Lacina damals noch gesagt hat, und zwar Folgendes: Es ist diese Begleitmaßnahme zur Steuerreform im Sozialrecht nicht geschehen, und ich habe es daher befürwortet, dass wir heute diesen Schritt – nämlich die Rückgängigmachung – setzen, der zu einer Entlastung der Besteuerung der Unfallrentner führt. – Herr Kollege Pumberger, sonst bleibt es eine Halbwahrheit, was Sie hier immer wieder erzählen, wenn Sie das nicht dazusagen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Herr Kollege Pumberger! Ich komme auch zum Kern der Sache. Was Sie hier versucht haben, war nichts anderes, als dem Parlament zu erzählen, dass eigentlich alles in Ordnung sei. Nur die kleinen Rentner – das ist der Gegenstand Ihres Entschließungsantrags, auf den Sie immer wieder so stolz verweisen, nämlich der Antrag der beiden Regierungsfraktionen – erhalten in Zukunft durch eine Regelung, die wir uns noch genau ansehen werden, irgendeine Entlastung.

Herr Kollege Pumberger! Ihnen ist doch auch bekannt, was inzwischen alle diskutieren, was der Herr Sozialminister weiß, was auch der Herr Finanzminister weiß, was sogar Herr Haider weiß, nämlich, dass es nicht nur darum geht, bei den Einkommen bis 20 000 S – Einkommen gemeint als anderes Einkommen plus Unfallrente – eine Entlastung zu schaffen, sondern dass es selbstverständlich auch darum geht, dass Sie bei hohen Unfallrenten und niedrigem Einkommen, die in der Summe aber 20 000 S übersteigen und wo es zu gravierenden Belastungen durch Ihre Regelung, durch das, was Sie beschlossen haben, kommt, mit diesem Entschließungsantrag überhaupt keine Abhilfe schaffen wollen.

Es haben sogar der Herr Sozialminister, Herr Haider und alle anderen damit befassten Personen verstanden, dass querfeldein, quer durch Ihre Besteuerungsregelung Ungerechtigkeiten entstehen, ein Problem, dem Sie mit dieser Entlastungsregelung in keiner Weise gerecht werden. Das ist ein Schönfärbungsversuch, ein miserabel gelungener Schönfärbungsversuch von Ihrer Seite! Man kann es nicht anders bezeichnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Kollege Pumberger! Lassen Sie mich auch eines zur Behindertenmilliarde sagen: Das ist doch ein unglaublicher Zynismus, den Sie diesbezüglich hier verbreiten. (Abg. Wenitsch: Von Ihnen aber!) Wenn hier den Oppositionsparteien vorgeworfen wird, dass durch eine Generalaufhebung der Unfallrentenbesteuerung die Behindertenmilliarde gefährdet wird (Abg. Dr. Pumberger: Jawohl!), dann ist das deshalb ein Zynismus, weil Sie genauso wie ich wissen, dass diese Behindertenmilliarde ein Mal, für ein Jahr, gegeben wird. Den Unfallrentnern aber wird dauernd genommen, jedes Jahr wollen Sie 2 Milliarden Schilling kassieren. Ein Mal geben Sie 1 Milliarde Schilling, und dann stellen Sie sich her und brüsten sich: Was tun wir nicht alles für die Behinderten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Denselben Behinderten gegenüber, denen Sie vorher 2 Milliarden Schilling wegnehmen, wollen Sie versichern: Wir sind toll, wir geben euch 1 Milliarde Schilling! – Ein Mal machen Sie das, aber das sagen Sie nicht dazu! Auch das ist eine Halbwahrheit! (Abg. Dr. Khol: Das stimmt ja nicht!) Wiederum eine jener Halbwahrheiten, die zu verbreiten Sie nicht müde werden.

Ich sage Ihnen nur eines: Auch dann, wenn der Herr Sozialminister versucht, hier mit irgendwelchen Vorschlägen des Herrn Mazal – der nicht einmal in Ihren Kreisen als Experte geschätzt wird – etwas zu korrigieren, kann wieder nur eines herauskommen, Herr Kollege Pumberger, nämlich eine verfassungswidrige Korrektur dieser Unfallrentenbesteuerung. Sie kennen die Gründe dafür! Sogar Herr Professor Bruckmann hat die Gründe genannt, aus denen jeder Versuch einer Korrektur wiederum verfassungswidrig sein wird. Ich könnte Ihnen – wie schon in der Vergangenheit – noch weitere Gründe dafür aufführen, zum Beispiel, dass Sie Ausnahmen im Bereich der Heeresversorgungsunfallrenten machen.

Meine Damen und Herren, alles das ist verfassungswidrig! Sie wissen es, zumindest haben Sie es gehört – auch wenn es manchmal länger dauert, bis es bei Ihnen durchkommt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Es hat ja auch die Korrektur oder die Andeutung einer Korrektur drei Monate gedauert. Aber Sie wollen nicht lernen! Sie sind unbarmherzig gegenüber denjenigen (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident!), die es tatsächlich betrifft. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über das Budget wieder auf.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.32

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, Sie sind falsch informiert. Sie haben soeben behauptet, dass diese Behinderten-Milliarde eine einmalige Maßnahme wäre. Darf ich Sie darüber aufklären (Abg. Öllinger spricht mit anderen Abgeordneten der Grünen)  – aber er hört nicht zu, die Wahrheit will er ja nicht wissen (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Öllinger –: Hören Sie einmal zu ...!)  –, dass diese Behinderten-Milliarde eine ständige Einrichtung sein wird! Sie ist eine Strukturmaßnahme, die der ständigen Sicherung von Behindertenarbeitsplätzen dient. Sie haben hier vor kurzem etwas anderes behauptet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Sie wissen nicht, was Sie sagen!)

Nun aber noch einmal zurück zur Familienpolitik. – Sozialpolitik und Familienpolitik sollen Generationenpolitik sein. Dazu bekennen wir uns, und ich meine, dazu bekennt sich auch die ÖVP. Vor allem soll Familienpolitik nicht Tagespolitik sein. Wenn Familienpolitik Anspruch auf Rationalität erhebt, dann sollte sie sich ein möglichst klares Bild von und über Familien sowie über die Probleme von Familien machen.

Wir Freiheitliche haben das schon vor vielen Jahren getan und sind auf das Modell des Kinderbetreuungsschecks gekommen, und zwar als eine Maßnahme, die auch der Motivation zur Elternschaft dient, wobei diese Motivation nicht mit der Geburt der Kinder zu enden hat, denn eines ist sicher: Kinder braucht das Land, und Kinder sollten nicht, wie Kollegin Heinisch-Hosek gesagt hat, nur "irgendwo untergebracht" werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir bekennen uns immer noch dazu – und wir werden uns immer dazu bekennen –, dass die beste Betreuung für Kinder immer noch in der Familie stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Kinderbetreuungsscheck soll aber auch insgesamt die Handlungsspielräume von Familien absichern und erweitern, und er soll flexibler als bisher auf familienspezifische Ausrichtung eingehen. Er soll natürlich nicht nur als Einzelmaßnahme gesehen, sondern in ein Maßnahmenbündel eingebettet werden.

Es sind heute gerade von dieser Stelle aus wieder eine Menge Falschmeldungen, Unwahrheiten – wie von Kollegin Wurm; darauf möchte ich gar nicht eingehen – und Halbwahrheiten erzählt worden oder einfach Vermutungen im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld als Tatsachen hingestellt worden. (Abg. Mag. Wurm: Was denn? Wo haben Sie Unwahrheit gesehen? Wo denn?) Frau Kollegin Wurm, das war katastrophal, was Sie hier erzählt haben! (Abg. Mag. Wurm: Wo denn?) Darauf gehe ich gar nicht ein. (Abg. Mag. Wurm: Sie können keine Argumentation führen, weil Sie keine Argumentationsgründe haben! Das ist das Problem!)

Ich möchte auf eines hinweisen: Es steht einfach fest, dass das Kinderbetreuungsgeld als Weiterentwicklung des Karenzgeldes das Karenzgeld sicherlich in drei ganz wichtigen Punkten übertrifft. Diese sind: Es wird kein Erwerbsverbot wie bisher geben, das Kinderbetreuungsgeld kommt allen Müttern und Vätern zugute, und es verlängert die Spanne der Wahlfreiheit, ob man


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teilweise zu Hause bleibt oder gleich wieder in den Beruf einsteigt. Es ist doch so, dass wirklich die ganze Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf das zentrale Thema der Familienpolitik der letzten Jahre ist. Ich denke, das wird sogar in den Reihen der SPÖ und der Grünen nicht bestritten.

Einerseits werden jetzt von den Oppositionsparteien die "High speed"-Reformmaßnahmen der Regierung kritisiert, andererseits beklagt man sich aber wieder darüber – das hat Kollegin Prammer wieder getan –, dass noch keine konkreten Vorschläge für dieses Maßnahmenbündel vorliegen. Da muss ich schon einmal fragen: Was wollen Sie wirklich? – Sie kritisieren "High speed", wollen aber andererseits der Regierung nicht die Zeit lassen, ein möglichst treffsicheres Maßnahmenbündel zum Kinderbetreuungsgeld in Ruhe auszuarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir wollen es mit 1. Jänner 2002 einführen. Jetzt haben wir April 2001, es ist noch ein Dreivierteljahr Zeit, um dieses Maßnahmenbündel zu fixieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben bis 1. Jänner 2002 Zeit, und wir werden uns sehr wohl und sehr gut Gedanken darüber machen, dass dieses Maßnahmenbündel zum Kinderbetreuungsgeld zielsicher und treffsicher wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte. (Abg. Dr. Grollitsch: Er hat ja nicht einmal zugehört, der Herr Öllinger!)

15.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Haller hat in ihrer Rede behauptet, dass die Behinderten-Milliarde eine ständige Einrichtung sei. – Nach meinen Informationen und nach den Auskünften ist das unrichtig! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Richtig ist: Finanziert wird die Behinderten-Milliarde für 2001 beziehungsweise 2002. Zu erwähnen vergessen wird, dass alle anderen Behindertenförderungen gestrichen sind beziehungsweise da integriert werden. (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist die Wahrheit! Von einer Finanzierung über ... (Abg. Dr. Grollitsch: Was ist das für eine tatsächliche Berichtigung?)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte keine weiteren Zusätze zur Gegenüberstellung der zu berichtigenden Behauptung mit dem tatsächlichen Sachverhalt. Die Berichtigung ist erfolgt! – Danke.

(Beifall bei den Grünen und der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Öllinger.  – Abg. Mag. Schweitzer: Schlechte Information war das!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Schlechte Information kann nicht Grundlage für eine tatsächliche Berichtigung sein!)

Es ist dies eine tatsächliche Berichtigung.  – Frau Abgeordnete, es stehen maximal 2 Minuten Redezeit zur Verfügung, und es gilt die gleiche Spielregel. Wir haben das ja schon an alle Mitglieder des Hohen Hauses in schriftlicher Form ausgeschickt. – Bitte.

15.39

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Lentsch hat in ihrem Redebeitrag behauptet, dass in Österreich keine Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen würden.

Ich berichtige tatsächlich, dass laut Österreichischem Statistischem Zentralamt immer noch 100 000 Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen. (Abg. Böhacker: 100 000?)


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Weiters hat Frau Abgeordnete Lentsch behauptet, die Regierung Klima hätte lange genug Zeit gehabt, für die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen zu sorgen. (Abg. Haller: Wo, Frau Abgeordnete? Wo bitte? Sagen Sie, wo die fehlen!)

Ich berichtige tatsächlich, dass gemäß Artikel 15 Bundes-Verfassungsgesetz das Kindergartenwesen in die Kompetenz der Länder fällt, das heißt, dass die ÖVP-Landeshauptleute schon längst Gelegenheit gehabt hätten, dafür zu sorgen, dass ein bedarfsgerechtes Kinderbetreuungsnetz ausgebaut wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haller: Wo fehlen sie?)

15.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

15.41

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Öllinger, das war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine tatsächliche Bestätigung Ihrer Uninformiertheit, das möchte ich Ihnen nur sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: So ist es!)

Das Gleiche gilt für Sie, Frau Kollegin Wurm. Außerdem: Sie haben meine Kollegin Haller gefragt, worüber sie in Ihrem Debattenbeitrag so entsetzt war. Ich werde Ihnen in Erinnerung rufen, was Sie gesagt haben.

Sie haben in Ihrem Debattenbeitrag klar und deutlich das Kinderbetreuungsgeld als eine Maßnahme "zurück an den Herd" bezeichnet. (Abg. Huber: Na, was denn?) Sie, Frau Kollegin, setzen damit – und das dürfte Allgemeingut in der SPÖ sein – das Wertvollste, das diese Gesellschaft hat, nämlich unsere Kinder, mit einem Herd gleich. (Abg. Edlinger: Das kann sich nicht ausgehen! Ich habe nur einen Herd, aber drei Kinder!) Das ist der eigentliche Skandal in Ihren Ausführungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kind ist gleich Herd, Kind ist gleich Küche! (Abg. Edlinger: So ein Blödsinn!) Also wenn das kein Skandal ist, dann weiß ich nicht, was einer ist! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber jetzt meine grundsätzlichen Überlegungen dazu ausführen. Man kann beobachten, dass in den hoch entwickelten, industrialisierten und vor allem reichen Ländern eine Entwicklung stattfindet, die mich wirklich erschreckt: Je reicher, je wohlhabender eine Gesellschaft ist, umso früher werden die Babys und die Kleinkinder abgegeben, von den Müttern getrennt.

Darunter leiden die Mütter, darunter leiden die Kinder. Die Kinder, die Babies können sich noch nicht artikulieren, aber wenn sie die Möglichkeit dazu hätten, dann wären wir, glaube ich, alle zutiefst betroffen. (Abg. Leikam: Und die Väter?)

Die Politik ist einfach verpflichtet, den Schwächsten in der Gesellschaft Unterstützung zu gewähren. Mütter brauchen Schutz und Sicherheit – und die Kinder ganz im Besonderen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine persönliche Meinung ist – und die werde ich mir, ganz gleich, woher der Zeitgeist weht, niemals nehmen lassen (Abg. Leikam: Wo bleibt der Vater?), und ich werde mir auch niemals das Wort verbieten lassen! –: Der beste Platz für ein Kleinkind ist bei der Mutter und in der Familie! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das war immer so, und das wird immer so sein – ganz gleich, welcher Ideologie die verschiedenen Parteien anhängen. Lesen Sie nach bei Ringel, lesen Sie nach bei allen Experten, das ist eine Tatsache, an der sich nichts ändern wird. (Abg. Leikam: Wo ist der Vater?)

Jetzt noch ein paar kurze Bemerkungen zum Konsumentenschutz und zu den Aussagen des Kollegen Maier. Er ist leider Gottes nicht anwesend (Abg. Haigermoser: Gott sei Dank ist er nicht da!), daher darf ich Sie bitten, ihm Folgendes auszurichten: Er hat vor kurzem in einem seiner Debattenbeiträge über die Lebensmittelagentur gesprochen und dabei Details erwähnt,


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68. Sitzung / Seite 108

die noch nirgends zu finden sind. Der Entwurf über die Lebensmittelagentur befindet sich weder in Begutachtung, noch wurde sie irgendwann einmal zwischen den Parteien verhandelt. Ich frage mich daher: Woher hat Jacky Maier diese falschen Detailinformationen? Das würde mich wirklich interessieren!

Wenn sich Herr Mag. Maier schon solche Sorgen über die Lebensmittelsicherheit, über die genaue und vor allem über die ehrliche Kennzeichnung macht, dann frage ich mich, warum der Herr Arbeiterkammerchef und Konsumentenschützer Jacky Maier nach wie vor in dem Verein "Made in Austria" dafür steht, dass auf importierten Mastschweinen, die in Österreich geschlachtet werden, das "Austria"-Gütesiegel drauf ist. (Abg. Haigermoser: Wer war das?)  – Es ist die Arbeiterkammer, die diesen Verein mitbegründet hat und bis heute an dieser Konsumententäuschung festhält. (Abg. Haigermoser: Das ist aber lustig!)

Beste Grüße an Jacky Maier! Er soll sich darum kümmern, dass diese Konsumententäuscherei endlich beendet wird, und aufhören, die österreichischen Bauern zu kriminalisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. – Bitte.

15.46

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist im Laufe der heutigen Debatte bereits sehr viel über das Kindergeld gesprochen worden. Da ich mich aber seit 15 Jahren mit dieser Materie beschäftige, erlaube ich mir, doch ein paar Sätze zu dieser Thematik anzufügen.

Seit 15 Jahren bin ich der Überzeugung, dass dieses Kindergeld beziehungsweise ein Erziehungsgeld dringend notwendig ist, mein Engagement ist immer in diese Richtung gegangen. Obwohl ich eher ein Optimist bin, musste ich doch sehr oft daran zweifeln, dass wir diese epochale Maßnahme irgendwann einmal in die Realität werden umsetzen können.

Nun aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht ein Kinderbetreuungsgeld, das sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Kinder orientiert, vor der Realisierung. Für mich ist es ein Augenblick der Genugtuung und Freude, es ist ein besonderes Erlebnis, das man leider Gottes im politischen Leben nicht allzu oft hat.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben ein Modell gefunden, mit dem die Förderung besonders jenen zugute kommt, die diese am dringendsten brauchen, nämlich die geringfügig Beschäftigten, die Studentinnen und noch andere Personengruppen. Die Erziehung eines Kindes wird plötzlich als wertvolle Tätigkeit anerkannt und auch finanziell abgegolten.

Eltern haben nun wirklich eine echte Wahlfreiheit zwischen Erziehung oder Berufstätigkeit. Mit dieser neuen Regelung entsprechen wir auch den Anregungen der Familienorganisationen. Immer wieder wird von den Interessenvertretungen der Familien aufgezeigt, wie wichtig es ist, dass Kinder in den besonders sensiblen ersten Lebensjahren eine ganz spezielle Zuwendung und viel Aufmerksamkeit erfahren. Wir können mit dem Kinderbetreuungsgeld jetzt den Altersbereich von 0 bis 3 Jahren, also bis zum Eintritt in den Kindergarten, in wunderbarer Weise abdecken.

Meine sehr geehrten Damen Vorrednerinnen! Sie haben immer wieder beklagt, dass es bei den Kindergärten noch ein Defizit gibt. Ich möchte Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir derzeit ein flächendeckendes Angebot haben und in Kürze vielleicht sogar ein Überangebot haben werden. (Abg. Gradwohl: Das glauben Sie aber nur, dass das ausreicht!)  – Das glaube ich und das weiß ich. Ich bin Bürgermeister von Edlitz, ich kenne die Situation dort, und ich kenne die Situation in Niederösterreich sehr gut. (Abg. Gradwohl: Niederösterreich ist ganz Österreich?)  – Niederösterreich ist anders, das gebe ich schon zu, aber wenn sich Wien an Niederösterreich ein Vorbild nehmen möchte, dann soll es uns auch recht sein. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Eltern werden sich in zunehmendem Maße dessen bewusst, dass Kinder in den ersten Lebensjahren eine besondere Aufmerksamkeit und Betreuung brauchen. Sie werden dieses Kindergeld, das ihnen in Zukunft zur Verfügung steht, mit sehr großer Freude und mit Genugtuung entgegennehmen, und sie werden diese Gelder auch gut einsetzen, je nach ihren Bedürfnissen und Vorstellungen.

Von den positiven Auswirkungen werden wir alle in hohem Maße profitieren, denn Kinder, die in geordneten Verhältnissen groß werden, entwickeln sich – das ist nachgewiesen – zu wertvollen Mitgliedern der Gesellschaft. Sie sind einfach erfolgreiche, belastbare Menschen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Kindergeld wird aber neben diesen positiven familienpolitischen Auswirkungen auch gewaltige Auswirkungen im Wirtschafts- und Budgetbereich haben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Es werden dadurch sehr wesentliche Impulse ausgelöst. Familien werden diese zusätzlichen Geldmittel sehr rasch der Wirtschaft zuführen. 8 Milliarden Schilling werden in die Wirtschaft fließen, 2 Milliarden Schilling in Form der Verbrauchssteuern zurück in den Steuertopf. Ein sehr hoher Anteil fließt in den ländlichen Raum, wo Gott sei Dank die Geburtenrate noch deutlich höher ist als in Städten. Damit werden wir auch dort wesentliche Impulse auslösen.

Das Kindergeld bewirkt Synergieeffekte in sehr vielen Bereichen, und ich bin sehr froh darüber, dass es derzeit im Parlament dafür eine Mehrheit gibt. Endlich fließen die Familiengelder wirklich in die Familien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das nicht immer so war, wissen wir alle. Dass es bei einer Änderung der Mehrheitsverhältnisse wieder anders sein könnte, ist uns auch klar, denn der stellvertretende SPÖ-Vorsitzende hat am vergangenen Sonntag in der "Pressestunde" festgestellt, er würde mit den FLAF-Mitteln die Budgetlöcher stopfen. Er würde sie also wieder zweckentfremden, so wie das früher öfters der Fall war. (Abg. Edlinger: Was heißt früher? 2000 auch!)

Unsere Regierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, denkt Gott sei Dank an die zukünftigen Generationen. Die Familien werden diese Politik zu schätzen wissen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Jäger zu Wort gemeldet. – Bitte um Einhaltung der Geschäftsordnung!

15.51

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kampichler hat gesagt, dass es in Österreich genügend Betreuungsplätze gäbe. – Das ist unrichtig! (Abg. Kampichler: Zwischen drei und sechs Jahren!)

Ich berichtige: Wahr ist vielmehr, dass 100 000 Betreuungsplätze in Österreich fehlen (Rufe bei der ÖVP: Wo? Wo? – Abg. Edlinger: In Niederösterreich!), im Gegensatz zu Ländern wie Schweden. 100 000 Betreuungsplätze fehlen, vor allem im Bereich der unter Dreijährigen (Beifall der Abgeordneten Dr. Petrovic und Öllinger.  – Abg. Dr. Khol: Das ist eine Rede!), im Bereich der Schulkinder ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte keine Zusätze zu den berichtigten Feststellungen!

Abgeordnete Inge Jäger (fortsetzend): Gut! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei den Freiheitlichen: "Jäger-Latein"!)

15.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer. – Bitte.

15.52

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Aus Zeitgründen wird sich mein Debattenbeitrag mit den beiden Kapiteln Frauen und


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68. Sitzung / Seite 110

Gesundheit beschäftigen. Es fällt mir, obwohl das natürlich verschiedene Materien sind, nicht sehr schwer, das zusammenzufassen, aber angesichts der Politik der Opposition kann ich nur sagen: Sie behandeln diese Kapitel gleich, nämlich in der Art und Weise einer Politik der Worthülsen! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Schwacher Applaus! – Abg. Dietachmayr: "Starkes" Argument!)

Oder, meine Damen und Herren von der Opposition, wie würden Sie diese Aktion der sozialdemokratischen Frauen Österreichs, "Zukunft ohne Hürden" nennen? Welche Hürden sehen Sie, bitte, Frau Prammer? Wenn Sie nicht mitarbeiten und nur aufwiegeln und die Menschen aufhetzen, damit sie sich gegen solche Maßnahmen wehren, werden diese Hürden natürlich größer werden. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Edlinger: Ganz subversiv, Frau Prammer!) Sie versuchen mit Schlagworten eine Problematik herbeizureden, die es überhaupt nicht gibt.

Ich bin durchaus bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass für eine absolute Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen noch viel zu tun ist. Ich bin auch bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass es ständiger Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, Beratung und Prävention in puncto Gewalt gegen Frauen und Kinder bedarf. Ich bin auch bei Ihnen, wenn Sie die Meinung vertreten, dass Frauen nach der Babypause der Wiedereinstieg ins Berufsleben, die Weiterbildung während der Babypause und die freie Wahl des Lebenszieles auch auf beruflicher Ebene und vieles andere mehr ermöglicht werden muss.

Aber das ist nicht nur meine Einstellung als Frau, sondern das ist auch die Einstellung unseres Bundesministers Haupt, der sehr wohl gewissenhaft mit diesen Dingen umgeht und auf keinen Fall so agiert, wie Sie es gerne haben möchten. (Abg. Mag. Mainoni: Gott sei Dank nicht!)

Ich bin sicher, dass es trotz der enormen Schuldenlast das Bestmögliche für Frauen in diesem Land geben wird, ebenso für die Immigrantinnen. Minister Haupt wird das durchsetzen und umsetzen.

Frau Ex-Minister Prammer, es ist zwar unbestritten, dass Ihre Vorkämpferin Dohnal vollen Einsatz für die Frauen geleistet hat, Sie selbst aber haben sich schon damals in Oberösterreich gewehrt, Landesrätin für Frauenangelegenheiten zu werden, Sie haben nicht mitgestimmt, sondern haben den Kollegen von der schwarzen Fraktion – einen Mann! – weiter Frauenlandesrat sein lassen. Also: Wo ist die Zwiespältigkeit? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nach der von mir sehr geschätzten Frau Dohnal ging es nur sehr holprig in Ihrer Frauenpolitik weiter. Zur "Halbe/halbe"-Geschichte der Frau Konrad muss ich sagen: Na so einen Mann möchte ich nicht zu Hause haben! (Abg. Grabner: Aber der Minister will es ja auch! – Abg. Edlinger: Na so ein Macho!) Ihre Aktivitäten als Frauenministerin, Frau Prammer, kann man zwar auch nicht negieren, nur: Gefruchtet haben sie nicht, und das ist das Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Ex-Minister Prammer, bitte hören Sie doch zu! Denken Sie nach und vertiefen Sie sich in diese Materie! Trotz der Stärke der SPÖ-Frauen in der Gewerkschaft ist es Ihnen nämlich im Bereich Kollektivverträge niemals gelungen, die Einkommensschere wirklich zu schließen. Es sind der Forderung "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ganz einfach keine Taten gefolgt! Sie hätten viel bessere Ergebnisse und Lohnabschlüsse erreichen können.

Sie versteigen sich jetzt zu Behauptungen wie jener, die derzeitige Bundesregierung stelle den Frauen zusätzliche Hürden auf. – Ja, das ist schon richtig: Die größte Hürde, die es für diese Bundesregierung und damit natürlich auch für die Frauenpolitik gibt, ist nämlich der gigantische Schuldenberg! (Abg. Edlinger: Eije! Das ist mir schon abgegangen!) Rund 7 000 S, Herr Edlinger, könnte jede Frau mehr im Taschl haben, wenn Sie nicht so eine Misswirtschaft betrieben hätten, auf Grund welcher wir über 100 Milliarden Schilling an Zinsen zurückzahlen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: "Schuldenminister Edlinger"! – Abg. Edlinger: Besser als "Minus-10-Prozent-Mann"!)


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Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis, und schütteln Sie nicht nur das Haupt, auch wenn es heute keinen roten Streifen mehr trägt!

Trotzdem ist in dieser Bundesregierung keine Rede von Projekteinstellungen, vielmehr gibt es massives Bemühen in Sachen Abbau von Einkommensunterschieden, Förderung von Frauen in neuen Berufsfeldern, Kindergärten mit bedarfsorientierten Öffnungszeiten – also nicht einfach mehr Kindergärten, sondern bedarfsorientierte Öffnungszeiten, das ist der Knackpunkt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen)  –, Frauenförderpläne für Betriebe (Abg. Bures: Wo?), Wiedereinstiegshilfen nach der Kinderpause (Abg. Bures: Wo denn?) und Pensionssplitting!

Was haben Sie denn verbrochen, Frau Ex-Minister Prammer? – 70 Prozent der österreichischen Frauen haben keine eigenständige Altersversorgung (Abg. Brix: Was heißt "verbrochen"?), weil natürlich keine ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Frau Kollegin Wochesländer! Wie war der Satz jetzt? Die Frau Minister hat etwas verbrochen?

Abgeordnete Jutta Wochesländer (fortsetzend): Ich entschuldige mich für den Ausdruck "verbrochen", Verzeihung! (Abg. Haigermoser: Angestellt hat sie etwas!)  – Angestellt! Danke fürs Aushelfen! (Zwischenruf der Abg. Bures. )

Sie werfen uns vor, dass wir die Frau wieder an Heim und Herd zurückbeordern wollen. Im Gegenteil! Bei Ihrer Karenzgeldregelung musste sie zu Hause bleiben, weil sie ja fast nichts dazuverdienen hat dürfen. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Prammer: Sie werden es nie verstehen!)

Frau Abgeordnete Prammer! Ihre Forderung nach einer "Zukunft ohne Hürden" ist ein kläglicher Versuch, die Regierungspolitik in falschem Licht erscheinen zu lassen, die Betroffenen zu verunsichern und jene davon abzuhalten, sich wohl zu fühlen, die das Handeln dieser Regierung keineswegs als Angriff auf ihre individuelle Lebensplanung sehen.

Die Stellungnahmen unserer Vizekanzlerin Riess-Passer zeigen diesbezüglich weit mehr Weitblick, denn sie plädiert ebenso wie Minister Haupt dafür, dass Frauen politik keinesfalls Partei politik sein darf. Das ist wiederum der Knackpunkt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Ganz kurz noch zum Budgetkapitel Gesundheit – obwohl noch sehr viel zum Thema Frauen anzumerken wäre –: Ich glaube, das größte Problem liegt darin, dass Sie nicht erkannt haben, dass Strukturmaßnahmen notwendig sind, und dass Sie jene Menschen, die davon betroffen sind, nämlich Ärzte, Gesundheitsfachleute, einfach nie in die Diskussion einbezogen haben. Stattdessen haben Sie einfach systematisch versucht, das österreichische Gesundheitssystem durch Ihre Unwissenheit und Unfähigkeit kaputtzumachen – durch Postenschacher, Parteibuchwirtschaft, Funktionärsblindheit und Misswirtschaft, insbesondere bei den Krankenkassen, woran wir heute noch zu tragen haben!

Sogar Ihr Rentenkaiser beziehungsweise Abfertigungskaiser oder wie immer man ihn nennen mag, Herr Ex-Bundeskanzler Klima, hat schon einmal, und zwar um 1996 herum gesagt, dass die Krankenkassen knapp vor dem Bankrott stünden. Das hat Sie aber überhaupt nicht gestört. – Im Gegenteil!

Ich muss Ihnen ehrlich gestanden sagen: Dass Sie von der SPÖ – und mit Ihnen natürlich ein Großteil der grünen Fraktion – jetzt, bei all den Bemühungen, der österreichischen Bevölkerung ein funktionierendes und gutes Gesundheitssystem zu erhalten, Zeter und Mordio schreien, ist – das muss ich wirklich sagen – schon eine arge Sache. Angesichts Ihrer Argumentation in puncto Ambulanzgebühren wäre noch etwas hinzuzufügen, und zwar ein einfaches Wort: Schämen Sie sich! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bravo-Rufe des Abg. Ing. Westenthaler. )

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.00

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Wochenländer hat behauptet (Abg. Wochesländer: Wochesländer, nicht Wochenende! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen), es sei uns nicht gelungen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu erreichen.

Ich stelle richtig, dass es keinen Kollektivvertrag in Österreich gibt, der einen Unterschied zwischen den Geschlechtern macht. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist seit Jahren erledigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wochesländer: Warum sprechen Sie dann dagegen? – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Er hat das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.01

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Leider ist Minister Haupt jetzt nicht da. Ich mache ihm keinen Vorwurf daraus, ich hätte nur einige konkrete Fragen an ihn gehabt bezüglich des neuen Jugendförderungsgesetzes. (Abg. Böhacker: Es ist aber keine Fragestunde jetzt!) Das mag schon sein, dass das keine Fragestunde ist, aber nachdem er heute viele Fragen beantwortet hat, habe ich mir gedacht, vielleicht beantwortet er mir auch etwas. (Beifall bei den Grünen.)

Dieses Jugendförderungsgesetz, das wir – ich glaube, gut begründet – abgelehnt haben, ist nämlich in eine Phase getreten, wo es jetzt zwar keine besonderen Schwierigkeiten im Ministerium gibt, wo es aber inhaltlich wieder einmal zu Verzögerungen kommt, die sich auch entsprechend auf dieses Gesetz auswirken werden.

In diesem Gesetz steht drinnen, dass in einer Verordnung klargelegt werden soll, wie die genauen Rahmenbedingungen der Fördervergabe ausschauen. Wir haben dann einen recht intensiven Dialog mit den Ministerien geführt, und es wurde zunächst sogar der Anschein vermittelt, dass die Opposition gehört werden soll. Das hat man dann nachher zwar wieder reduziert, und die Opposition sollte auch nicht mehr gehört werden.

Es ist natürlich das Recht der Regierungsparteien, das so auszulegen, aber nichtsdestotrotz haben wir mittlerweile April – und wir haben keine Ausführungsbestimmungen für dieses Jugendförderungsgesetz. Die Verordnung ist nach wie vor nicht erlassen, und ich hätte Minister Haupt diesbezüglich gerne befragt. Er hat auf meine schriftlichen Anfragen im Budgetausschuss geantwortet, es werde keine Auswirkungen haben. Aber ich würde ihn schon gerne fragen, wie das eigentlich laufen soll, wenn im Gesetz geregelt ist, dass in der Verordnung zum Beispiel steht, wie die Mitglieder nachgewiesen werden sollen. Das liegt nach wie vor nicht vor, und es ist bereits April. Wenn diese Verordnung vorliegt, dann wird es einige Zeit dauern, bis eingereicht wird und bis dann auch überprüft werden kann (Abg. Haigermoser: Wie ist das mit der Freigabe von Rauschgift?), und das wird auch massive Auswirkungen auf die Förderwerber haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie ist das mit dem "Schweinestall Österreich"?)

Ich denke, da kommt die nächste inhaltliche Schwierigkeit auf das Ministerium zu. Es wird nicht lange dauern, und die Jugendorganisationen werden klarmachen, dass sie unter diesen Rahmenbedingungen nicht arbeiten können. Sie sind um drei Monate hinterher. Sie haben wieder einmal verzögert – aus einer inhaltlichen Begründung, die ich nicht nachvollziehen kann. Das hätte schon seit Monaten vorliegen können.

Ich sage es auch hier noch einmal ganz klar – wir werden uns das in den nächsten Wochen anschauen –: Bislang dürfte nach dem Gesetz heuer keine Jugendorganisation Fördermittel bekommen haben. Es wird bis zur Verlautbarung der Einreichung und der Überprüfung noch Wo


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chen beziehungsweise Monate dauern, und wie das bei Organisationen, die auch über Angestellte verfügen, über Mitarbeiter verfügen, gehandhabt werden soll, würde mich interessieren.

Herr Minister Haupt! Ich würde Sie ersuchen – wenn auch nicht jetzt; Sie sind ja nicht da –, das zumindest im Auge zu behalten und klarzustellen, was Sie tun werden, um die nächsten Probleme in diesem Bereich zu verhindern. (Beifall bei den Grünen.)

Aber nachdem da schon wieder ein "guter" Zwischenruf von der FPÖ kam, komme ich auch noch auf das Thema Drogen zu sprechen. Wir sind ja beim Gesundheitskapitel, und ich würde Sie ... (Abg. Haigermoser: Wie ist das mit dem "Schweinestall"? Sie haben ja behauptet – oder Ihr Kollege –, Österreich ist ein "Schweinestall"!)

Ich weiß nicht, Kollege Haigermoser: Offenbar haben Sie Schwierigkeiten damit, zuzuordnen, wer da was gesagt hat; aber lassen wir das auch so stehen. Faktum ist, es gibt eine höchst interessante Anfragebeantwortung aus dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zu einer Anfrage über die Drogensituation in Österreich. (Abg. Haigermoser: Distanzieren Sie sich vom "Schweinestall Österreich"! Und gleichzeitig auch vom Herrn Joschka Fischer, der auf Polizisten eingeprügelt hat! – Abg. Ing. Westenthaler: Das gefällt nur dem Edlinger, das vom "Schweinestall"!)

Bevor Sie da lange herumschreien, Herr Kollege Westenthaler, würde ich Ihnen empfehlen: Lesen Sie einmal etwas Interessantes! Lesen Sie die Anfragebeantwortung des Ministers Haupt, der etliche Dinge in einer Offenheit klargelegt hat, die mir in diesem Ministerium neu war. (Abg. Ing. Westenthaler: Distanzieren Sie sich einmal vom "Schweinestall Österreich"! Das wäre viel gescheiter! Wenn Sie sich distanzieren, reden wir weiter, vorher nicht!) Ich möchte mich dafür auch bedanken. Diese Anfragebeantwortung könnte Grundlage für ein wirkliches Überdenken Ihrer Drogenpolitik sein, Herr Kollege Westenthaler. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schauen Sie einmal hinein! Sie werden äußerst interessante Zahlen darin finden. Minister Haupt legt auf die Anfrage, wie das bei Drogen in Österreich bezüglich der Todesstatistik ausschaut, die Zahl jener dar, die unter illegalen Drogen auch in der offiziellen Statistik aufscheinen – 170 war die Größenordnung in den letzten Jahren –, und stellt dem die Todesfälle auf Grund von Alkoholkonsum und Tabakkonsum gegenüber. – Jetzt hören Sie nicht mehr zu, das denke ich mir. Jetzt ist es mit den Zwischenrufen vorbei.

Es gibt in Österreich – geschätzt – jährlich 16 000 Todesfälle auf Grund von Alkoholmissbrauch und 12 000 bis 14 000 Todesfälle infolge von Tabakkonsum. Das sind jährlich nach Schätzung des Ministers Haupt 30 000 Todesfälle im Bereich der legalen Drogen in Österreich. 30 000 gegenüber 170 Todesfällen: Jeder zu viel, keine Frage, aber der Anteil der Todesfälle auf Grund von illegalen Drogen liegt bei etwa 0,5 Prozent, und jener im Bereich der legalen Drogen bei 99,5 Prozent. Ich würde mir erwarten, dass Sie diese Antwort des Ministeriums einmal zur Kenntnis nehmen und Ihre Politik darauf abstellen. Das wäre eine Aufgabe, die Sie wirklich wahrnehmen könnten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In dieser Anfragebeantwortung wurde auch die Größenordnung der Beratungen und Informationen zu diesen Themen dargestellt: Für Information und Beratung im Bereich illegale Drogen gab es in den Jahren 1997 bis 2000 im Schnitt 30 Millionen Schilling jährlich, im Bereich legale Drogen – abgesehen vom Jahr 2000 mit einer höheren Sonderförderung – gab es 1,2 Millionen Schilling Förderung des Ministeriums – für den Bereich also, in dem es 99,5 Prozent der Todesfälle durch Drogen in Österreich gab.

Daran sieht man, dass nicht wir, die Opposition, laufend, wie Sie behaupten, Verunsicherung betreiben, sondern dass Sie die wahren Probleme einfach laufend negieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser sitzt neben Abg. Ing. Westenthaler und spricht mit diesem.)  – Kollege Haigermoser, jetzt wäre es Zeit, aufpassen, aber jetzt tun Sie es logischerweise nicht!

Aber – und das hat mich besonders erfreut; ich hoffe, ich bereite dem Minister Haupt beziehungsweise den Beamten jetzt keine Schwierigkeiten – es gibt noch etwas höchst Interessantes


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in dieser Anfragebeantwortung. Dabei geht es um ein Projekt, das Sie uns immer fest an den Kopf werfen, nämlich über die Frage einer kontrollierten Abgabe von Heroin an Süchtige, an schwer Süchtige. Ich zitiere Ihnen aus der Beantwortung der Frage durch Minister Haupt. (Abg. Haigermoser: Sie wollen die Freigabe von Marihuana auch für Kinder!) Sie könnten jetzt zuhören und sollten nicht dazwischenrufen, Herr Haigermoser, das wäre besser!

"Eine Auseinandersetzung mit den Pro- und Kontraargumenten bezüglich Heroinabgabe und Gesundheitsräumen auf wissenschaftlicher und fachlicher Ebene ist, wie jegliche Diskussion über Möglichkeiten der Gesundheitsprophylaxe und der Lebens- und Gesundheitsbedingungen Suchtkranker, jedoch gesundheitspolitisch zu befürworten. Den Erfahrungen, die mit solchen Maßnahmen im europäischen Raum nunmehr gewonnen werden, wird daher entgegenzusehen sein."

Kollegen von der FPÖ und von der ÖVP! Ich würde Ihnen raten: Nehmen Sie diese Anfragebeantwortung Ihres Gesundheitsministers ernst! Dann werden Sie vielleicht dazu kommen, über eine sinnvollere Drogenpolitik in Österreich nachzudenken. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein weiterer Wunsch auf eine tatsächliche Berichtigung vor. Ich verlege diese und allfällige weitere tatsächliche Berichtigungen an den Schluss der Debatte.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Edeltraud Lentsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.08

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Finanzstaatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich freue mich ganz besonders, dass diese Budgetsanierung Hand in Hand mit Maßnahmen geht, die es den Frauen leichter machen. Endlich gibt es für Mütter und Väter eine Absicherung, bis ihr Kind drei Jahre alt ist. Das hat es bis jetzt noch nie gegeben. Endlich gibt es diese Leistung für alle Frauen und für alle Männer. Auch das hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Und endlich werden 18 Monate der Kindererziehungszeiten als pensionsbegründend angerechnet.

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Österreich zum familienfreundlichsten Land der Welt werden wird. Deswegen bin ich auch einigermaßen darüber erstaunt, dass die SPÖ und die Grünen gegen diese Verbesserungen sind. Die SPÖ-GewerkschafterInnen haben ja überhaupt ein lohnabhängiges Karenzgeld statt des Kinderbetreuungsgeldes gefordert. – Das sind übrigens diejenigen, die immer behaupten, dass für sie alle gleich sind. (Abg. Silhavy: Sie hat keine Ahnung!)

Geschätzte Damen und Herren! Wir werden uns dennoch nicht beirren lassen, denn nur die Frauen, die auch finanziell abgesichert sind, haben eine wirkliche Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf, wobei in der Praxis der Übergang zwischen Beruf und Familie ja oft gleitend beziehungsweise fließend ist.

Geschätzte Damen und Herren! Wir wissen natürlich von sehr vielen Frauen und von den Rückmeldungen draußen, dass sie zwar ihre Kinder sehr gerne selber betreuen, aber nach Möglichkeit natürlich auch mit ihrem Beruf beziehungsweise mit ihrem Betrieb weiterhin in Verbindung bleiben möchten. Je älter die Kinder werden, umso leichter ist das; das wissen wir doch alle aus eigener Erfahrung.

Viele Firmen nützen gerne die Erfahrung junger Mütter mit Teilzeitangeboten und Urlaubsvertretungen. Mit der neuen, höheren Zuverdienstgrenze haben wir eine Möglichkeit geschaffen, den Frauen diesen Übergang zu erleichtern.

Bislang gab es ja eigentlich ein Berufsverbot für junge Mütter. Mit dieser neuen Regelung endet dieser unwürdige Zustand endlich, ebenso wie die Benachteiligung von Studentinnen, Hausfrau


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en, Bäuerinnen, Minderbeschäftigten und selbständig Erwerbstätigen. Würden die Kolleginnen von Rot und Grün endlich über ihren ideologischen Tellerrand hinausschauen, dann würden sie das auch einsehen.

Nicht zu vergessen ist dabei auch die um 1 200 S höhere Familienbeihilfe pro Jahr für Kinder ab dem vierten Lebensjahr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Allen Skeptikern, die unbedingt noch ein Haar in der Suppe finden wollen, möchte ich sagen: Dieses Kinderbetreuungsgeld bringt für sehr viele einen Vorteil, aber für niemanden einen Nachteil. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Alles in allem ist dieses Paket sicherlich ein Meilenstein für die Zukunft, ein Meilenstein für unsere Familie und auch ein Meilenstein in der Frauenpolitik, weil wir endlich von Ihrem Aktionismus wegkommen und uns konkreten Aktionen für die Frauen zuwenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Sie hat das Wort.

16.12

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eine alte Weisheit sagt: Da flehen die Menschen die Götter an um Gesundheit und wissen nicht, dass sie die Macht darüber selbst besitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Für die Gesundheit, die ja als körperliches und seelisches Wohlbefinden definiert wird, hat wirklich primär jeder selbst sein Scherflein beizutragen. Gesundheitspolitik heißt, alle Ressourcen, die für die Gesundheit notwendig sind, in dem Ausmaß, in dem es die Menschen für wichtig erachten, zur Verfügung zu stellen.

Begleiten Sie mich auf eine kleine Zeitreise durch die Gesundheitspolitik: In unserem, aber auch in allen anderen europäischen Gesundheitssystemen stiegen die Möglichkeiten der medizinischen Hilfeleistungen, damit aber auch die medizinischen Kosten in den letzten Jahren überproportional an. Was haben nun die Regierungen in den letzten Jahren als Maßnahmen ergriffen?

Er wurden die Beiträge erhöht. Es wurden Selbstbehalte eingeführt, und diese wurden ebenfalls erhöht. Fazit: Die Kostenlawine schwoll und schwoll und schwoll weiter an. Was passierte? – Logische Schlussfolgerung: Man zog eine Kostendecke ein, und zwar zog man die Kostendecke dort ein, wo die Regierenden am wenigsten Verantwortung für die Kosten hatten, nämlich im Spitalsbereich, in dem von den Versicherungen am wenigsten Verantwortung übernommen wurde. Hilflosigkeit machte sich breit, und der Bürger wurde getäuscht.

Es hieß: Das Gesundheitssystem ist gratis. – Falsch! Es hieß: Alle Leistungen sind jederzeit für jeden verfügbar. – Falsch und unmöglich! Es hieß vor allem: Das wird immer und ewig so bleiben!, aber das ist nicht nur falsch, das ist dumm.

Dann ging die damalige Regierung in die Opposition und entzog sich der Verantwortung. Aber nicht nur das: Aus dieser Position der Verantwortungslosigkeit heraus versucht sie nun, durch reines Sichklammern an die verlorene Macht jede Systemänderung zu verhindern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In der Gesundheitspolitik der gesamten Welt muss ein Umdenken stattfinden. Da helfen auch keine beschönigenden Ziffern aus der EU und keine beschönigenden Statistiken aus dem ÖSTAT. Es muss eine Bewusstseinsbildung in der Richtung erfolgen, dass jeder Einzelne für den Erhalt seiner Gesundheit vermehrt vorsorgen muss. Daher ist auch die Vorsorgemedizin wesentlich höher dotiert als im Vorjahr.


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Auf Grund der zunehmenden Kleinheit der Welt müssen wir auf neue Krankheiten vorbereitet sein: BSE, Maul- und Klauenseuche, AIDS, Hepatitis. Wissen Sie, wie viele Millionen Menschen bis 2000 an AIDS gestorben sind? – 21,8 Millionen Menschen in der ganzen Welt, meine Damen und Herren!

Unsere Spitäler müssen sinnvoll über ganz Österreich verteilt sein. Dort sollte für eine qualitativ hoch stehende Medizin gesorgt werden, mit gut ausgebildeten, aber auch gut bezahlten medizinischen Mitarbeitern. Doch da sind die Länder ganz eindeutig in die Verantwortung zu nehmen.

Ein gut funktionierender niedergelassener Bereich mit Gruppenpraxen und eine gute Facharztdichte auch im ländlichen Bereich müssen die ambulante Versorgung abdecken. Auch die Patienten müssen sinnvoll gelenkt werden: was möglich ist, in den ambulanten Bereich, was notwendig ist, in den stationären Bereich.

Meine Damen und Herren! Schließlich und endlich brauchen wir ein solidarisches Versicherungssystem, sodass kein Bürger Angst davor haben muss, krank und unversorgt zu sein. Aber der Erhalt der Machtstrukturen und von medizinischen Einrichtungen, die keinen Versorgungsauftrag mehr haben, ist nicht notwendig. Das ist unsere Auffassung von einer gesunden Politik.

Meine Damen und Herren! Sowohl im Leben als auch in der Politik erwirbt man das Gefühl der Gesundheit meist erst nach einer schweren Krankheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Wurm! Nebenbei noch eine Berichtigung: Sie haben gesagt, wir bräuchten 100 000 Kindergartenplätze in Österreich. (Widerspruch bei der SPÖ.) Da Sie ja wissen, dass wir 4 000 Gemeinden haben, würde das heißen, 25 Kindergärten pro Gemeinde. – Wollen Sie das? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Öllinger. Die restliche Redezeit beträgt eine Minute. – Bitte.

16.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Frau Abgeordnete Wochesländer, Sie haben von Postenschacher und Parteibuchwirtschaft gesprochen. So viel Postenschacher und Parteibuchwirtschaft, wie Sie in einem Jahr zustande gebracht haben, haben die Sozialdemokraten nicht einmal in 50 Jahren Regierung zusammengebracht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin Sickl hat allein in ihrer kurzen Regentschaft sieben Pressesprecher verbraucht und über 20 MitarbeiterInnen ausgetauscht. Der Herr Berchtold, Kabinettschef, hat eine eigene Abteilung erhalten, die Abteilung VI/6. Der Herr Arnold, Kabinettschef, ist Nachfolger des objektivierten Kulturamtsleiters in Kärnten geworden. Die Frau Vogl, Mitarbeiterin – und jetzt ist der Name da – des Herrn Westenthaler, sitzt im Ministerbüro Haupt mit einem Sondervertrag als Sekretärin! Der Herr Hudelist, Behindertensprecher im Kabinett von Frau Sickl, ist "entsorgt" worden in die Revisionsabteilung. – Und so weiter und so fort. Fortsetzung folgt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Wer soll im Ministerbüro sitzen? Lauter Kommunisten? Wäre das in Ordnung? Bei den freiheitlichen Ministern lauter Sozialisten und Grüne?)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.19

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal zum Beginn des heutigen Tages zurückkommen, denn man kann das nicht einfach so im Raum stehen lassen. Man kann nicht einfach so oberflächlich, wie es der Herr Bundesminister getan hat, die Öffentlichkeit informieren, nämlich von der Regierungsbank


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aus einfach sagen, es sei ihm eben passiert und er sei erst jetzt draufgekommen, dass die Frau Fabel keinen akademischen Grad habe.

Er braucht ja überhaupt nicht darauf einzugehen, dass diese Vorkommnisse in Wirklichkeit viel tiefgründiger sind, als er sie dargestellt hat, und er braucht überhaupt nicht darauf einzugehen, dass hier mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher sorglos umgegangen wird – genauso sorglos, wie Sie mit dem Steuergeld der Unfallrentner, der Arbeitslosen und von anderen umgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Regierung und vor allem der freiheitliche Sozialminister haben die Geldbörsen der Menschen zu offenen Selbstbedienungsläden der Regierung erklärt, bei denen sich die Regierung bedient. (Beifall bei der SPÖ.) Sie greifen in die Geldbörsen hinein, als ob Sie in einem Selbstbedienungsladen wären.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist heute nicht gesagt worden, dass Minister Haupt hier nicht einmal auf eine Kritik des Rechnungshofpräsidenten Fiedler Bezug genommen hat, der gesagt hat, es gehöre alles abgeschafft, es gehöre ein eigenes Schema gemacht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Man ist nicht darauf eingegangen, Kollege Ofner, dass Minister Haupt ganz einfach die Geldausgaben für diese Arbeitsleihverträge statt als Personalkosten als Sachaufwand tituliert hat. Da wurde Geld für Angestellte genauso behandelt wie Geld für Sachausgaben, zum Beispiel für Bleistifte. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein Skandal in dieser Republik! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir, die Sozialdemokraten, haben in mehreren Anfragen feststellen müssen, wie in den einzelnen Ministerbüros mit diesen Dingen umgegangen wird. (Abg. Böhacker: Wie war das beim Edlinger?) Morgen tritt ein Unterausschuss zusammen. Wir wollten das in diesem Unterausschuss untersuchen, da gibt es aber nicht nur den Schweiger Bundeskanzler Schüssel, der dazu auch wieder nichts sagt, sondern es gibt auch die ÖVP, die uns signalisiert, sie werde unseren Antrag niederstimmen. Sie wollen nicht, dass in dieser Republik untersucht wird. Das ist ein noch größerer Skandal: Sie wollen uns den Mund verbieten! Aber wir werden uns das nicht gefallen lassen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Hohes Haus! Zu diesem Sachaufwand hat Herr Minister Haupt ... (Abg. Dr. Partik-Pablé:  ... in Simmering!)  – Frau Dr. Partik-Pablé, Sie bleiben ja im Nationalrat, Sie können sich damit befassen, wie Minister Haupt mit Personalkosten umgeht, nämlich genauso, als wenn er Bleistifte verrechnen würde. Er hat uns erst am 9. März 2001 eine genauere Auskunft über seine sieben Arbeitsleihverträge gegeben. Sieben Arbeitsleihverträge sind das, nicht nur der von Frau Fabel. (Abg. Öllinger: Kollege Brix! 15 waren es!) Diese sieben Arbeitsleihverträge machen monatliche Kosten von 930 000 S aus. Diese 930 000 S machen pro Kopf 133 000 S aus. Wissen Sie, wie sich zum Beispiel die Unfallrentner freuen würden, wenn sie einen kleinen Teil davon erhielten? – Sie aber sagen: Nein! Denen nehmen Sie es brutal weg, das wollen Sie nicht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Von diesen sieben Leihverträgen gehen vier über das Bildungswerk der Industrie, die noch von der österreichischen Industriellenvereinigung sind. Da sind Lobbyisten der Industrie in diesem Haus, die wahrscheinlich berechnen, wie man mit den Arbeitern und Angestellten wirklich zu verfahren hat und wo man noch mehr abkassieren kann. Da wird Lobbyismus betrieben, den die Republik Österreich für die Industriellenvereinigung zahlt. – Meine Damen und Herren! Das wollen wir nicht, und dagegen werden wir auftreten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Minister! Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wir werden uns das genau anschauen, denn ich werde folgenden Verdacht nicht los: Wie kann eine – unter Anführungszeichen – "ordentliche Partei", bei der 66 000 S das oberste Limit sind, einer Angestellten 200 000 S zahlen? Muss diese vielleicht einen Teil davon als Parteispende der FPÖ geben? Könnte es sein, dass mit diesem Geld eine Finanzierung der FPÖ erfolgt? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich frage das alles: Wollen die Österreicherinnen und Österreicher, dass die


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FPÖ finanziert wird? – Wir wollen nicht, dass die FPÖ finanziert wird. Wir wollen unser Geld selbst behalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Interessant ist auch, welche Rolle der freiheitliche Abgeordnete Ing. Hofmann aus Vöcklabruck dabei spielt. Dieser Ing. Hofmann verleiht als Vorsitzender des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender Leute. Wahrscheinlich verleiht er sie auf der einen Seite, und auf der anderen Seite bittet er sie zur Kassa und holt sie zurück. Das ist eigentlich das Thema, meine Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Das ist aber Praxis Ihrer Partei!)

Das ist noch lange nicht erledigt. Sollten Sie morgen im Unterausschuss den Antrag der Sozialdemokraten niederstimmen, dann werden die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass Sie nicht für Kontrolle sind (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl ), sondern sich in den eigenen Sack bedienen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Daher kommen wir zur tatsächlichen Berichtigung des Herrn Abgeordneten Mag. Maier, die ich an das Ende dieser Debatte verlegt habe. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Fekter: Hoffentlich stimmt das, was du sagst! Nicht, dass ich rauskommen und das berichtigen muss!)

16.26

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens: Frau Abgeordnete Achatz hat in ihrem Redebeitrag behauptet, ich beziehungsweise die Arbeiterkammer Salzburg, wir hätten uns nie gegen das Gütesiegel "Ja zu A" ausgesprochen, es mitgetragen und uns nicht öffentlich dagegen erklärt. – Das ist falsch!

Meine Damen und Herren! Richtig ist vielmehr, dass die Arbeiterkammer Salzburg seit Jahren dieses Zeichen bekämpft hat, zuletzt um die Jahreswende in einer Inseratenkampagne gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Salzburg. Ich habe mich als Abgeordneter mehrmals gegen dieses Zeichen ausgesprochen. (Abg. Dr. Ofner: Das ist eine tatsächliche Bestätigung!)

Zweitens, Frau Abgeordnete Achatz: Ich berichtige: Ich bin nicht Salzburger AK-Chef, sondern seit 13 Jahren Abteilungsleiter.

Drittens, weil es besonders sensibel ist: Ich bin auch kein Doktor, mir genügt der akademische Grad eines Magisters. Für die Debattenbeiträge hier herinnen gegenüber Ihrer Regierungspolitik ist allerdings überhaupt kein akademischer Grad notwendig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Debatte ist geschlossen. (Unruhe im Saal.) Wünscht der Herr Spezialberichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VII des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese Beratungsgruppe umfasst die Kapitel 15, 16, 17 und 19 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 540 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass diese Beratungsgruppe mit Mehrheit abgestimmt und angenommen wurde.

Ich schlage vor, dass wir auch gleich über die Entschließungen abstimmen. Dazu gibt es sicher keinen Einwand.


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Ich komme daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haidlmayr betreffend Rücknahme der Taschengeldkürzung von PflegegeldbezieherInnen bei Spitals- oder Heimaufenthalt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Haidlmayr stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das habt ihr eingefädelt! Sie haben es eingeführt! – Weitere Zwischenrufe. – Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Es ist nicht üblich, dass bei Abstimmungen ein derart hoher Lärmpegel herrscht. (Abg. Steibl: Wir haben uns beleidigen lassen müssen!)

Wir haben über noch einen Entschließungsantrag abzustimmen, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Abgeordneten Mag. Maier betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz-Novelle) geändert werden soll. (Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung SPÖ –: Euer Rückgrat möchte ich haben! Eine Spirale ist dagegen ein Stecken!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Beratungsgruppe XI

Kapitel 50: Finanzverwaltung

Kapitel 51: Kassenverwaltung

Kapitel 52: Öffentliche Abgaben

Kapitel 53: Finanzausgleich

Kapitel 54: Bundesvermögen

Kapitel 55: Pensionen

Kapitel 58: Finanzschuld, Währungstauschverträge

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur gemeinsamen Verhandlung über die Beratungsgruppe XI: Finanzen des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002 sowie über den Text des Bundesfinanzgesetzes und alle Anlagen, soweit sie noch nicht in Verhandlung gestanden sind.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der erste Kontraredner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

16.30

.Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Heute wird – so nehme ich an – mit den Stimmen der Koalitionsparteien das Budget 2002 beschlossen. Das sehe ich natürlich in Verbindung – Sie sagen es ja auch – mit dem Budget 2001.

Beginnend mit der Budgetrede des Finanzministers bis zu den Debattenbeiträgen im Plenum war eines während der gesamten, tagelangen Diskussionen klar und deutlich sichtbar: das Auseinanderklaffen zwischen Eigenlob und Realität.


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Meine Damen und Herren! Mit der Zielvorgabe des Nulldefizits wurde in der Bevölkerung insbesondere der Eindruck erweckt, als bedeute Nulldefizit auch Abbau der Staatsverschuldung. Über die wahren Zielsetzungen der blau-schwarzen Regierung wurde hinweggeredet – wurde hinweggetäuscht, sage ich sogar –, nämlich über das Ausmaß der Belastungen und deren Konsequenzen  für  den  Einzelnen. Allein 44 Gebühren- und Steuererhöhungen beziehungsweise -änderungen werden in den Jahren 2001 bis 2003 das sagenhafte Ausmaß von zirka (Abg. Böhacker: Aber wir haben schon das Budget 2002?!)  – hören Sie zu und reden Sie dann, wenn Sie am Wort sind! – 134 Milliarden Schilling erreichen. Der Grund, warum ich das erwähne, ist Folgender: Wenn man sich anschaut, woher diese 134 Milliarden Schilling kommen, dann stellt man fest: Zirka 117 Milliarden Schilling kommen aus dem Arbeitnehmer- und dem Pensionistenbereich. Die restlichen 17 Milliarden Schilling kommen aus dem selbstständigen Bereich, dem Unternehmensbereich.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Schieflage! Das ist der eindeutige Beweis dafür, dass von einer gleichmäßigen Verteilung der Lasten keine Rede sein kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum ersten Mal, meine Damen und Herren, hat die Wiener Bevölkerung auf diese Politik eindeutig reagiert. Der überwiegende Teil der Wienerinnen und Wiener hat registriert, was diese Politik bedeutet und wohin sie führt; da ist gar keine oppositionelle Kritik notwendig. Die Leute spüren es im Geldbörsel, und das war die erste Reaktion, das haben Sie in Wien jetzt erlebt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das budgetpolitische Programm dieser Regierung zeigt ein klares parteipolitisches Profil, wie ich schon kurz vorher darlegen konnte. Weite Teile der eigenen Klientel werden begünstigt, die Einkommensschwächeren, insbesondere Kranke und Pensionisten, werden extrem belastet. Mit den Budgets 2001/2002 werden auch symbolische Maßnahmen gesetzt, um eine Basis für das immer deutlicher zu Tage tretende Projekt dieser Regierung zu schaffen, das nämlich den Umbau des Wohlfahrtsstaates in einen Wettbewerbsstaat vorsieht – mit allen unmenschlichen, manchmal brutalen Konsequenzen. Das ist die Wahrheit, die diese 2001/2002-Budgets zum Ausdruck bringen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Von einer gleichmäßigen Belastung gemäß der Leistungsfähigkeit, wie es immer wieder von Seiten der Regierungsparteien betont wird, kann keine Rede sein. Die Konzentration der Budgetsanierungsmaßnahmen auf der Einnahmenseite führt zur überproportionalen Belastung schwächerer Einkommensschichten.

Es ist ganz offenkundig, dass die Budgetkonsolidierung dieser Regierung zum deutlich größeren Teil nicht ausgabenseitig, sondern einnahmenseitig erfolgt. Diese Feststellung treffen nicht nur wir. Da würden Sie ja sagen, das kommt von der Opposition. Diese Feststellung, meine Damen und Herren, wird auch von der EU-Kommission getroffen. Gestern hat auch der Präsident des IWF, des Internationalen Währungsfonds – ich habe die Presseaussendung hier, Sie können sie sich besorgen –, Folgendes gesagt: Einige Schwachstellen und Unsicherheitsfaktoren sind unkalkulierbare Kosten des erhöhten Kindergeldes et cetera. – Aber entscheidend ist: "Ohne Einmaleffekte und Konjunkturfaktor sei der Primärsaldo aber schon das dritte Jahr fast ohne Veränderung geblieben. Es habe also ‚keinen Fortschritt für die Konsolidierung‘ gegeben, so der IWF-Vertreter."

Meine Damen und Herren! Wenn Sie unsere Kritik schon nicht hören wollen, dann nehmen Sie wenigstens die Kritik von dieser Seite entgegen!

Es wurde ja vieles im Budgethearing ausgeführt, aber ich möchte jetzt das vortragen – nämlich in Richtung ÖVP –, was das Leugnen der gemeinsamen Vergangenheit betrifft, weil es interessant ist. Ein Wirtschaftsexperte hat im Budgethearing – einige Kolleginnen und Kollegen waren ja dabei – Folgendes ausgeführt:

Das Tempo der Budgetkonsolidierung hat sich, verglichen mit der alten Bundesregierung, überhaupt nicht geändert, sondern nur die Rhetorik und die soziale Ausgewogenheit. Die letzte Regierung hat das Defizit der öffentlichen Haushalte zwischen 1995 und 1999 von 5,1 auf 2,1 Pro


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zent des BIP verringert, also um 3 Prozentpunkte in vier Jahren, das heißt genau einen Dreiviertel-Prozentpunkt pro Jahr. – Zitatende.

Von ÖVP-Seite wurden früher ständig die so genannten Punktlandungen des Kollegen Edlinger gelobt. Jetzt aber wird so getan, als sei das alles keine gute Politik gewesen. Laut Budgetexperten liegt die große Wende in der Politik darin, dass die SP-VP-Regierung den Konsens mit den Sozialpartnern gesucht hat, die neue Regierung dagegen das soziale Netz zerreißt und über die Köpfe der Betroffenen weg regiert – kein Wunder daher, dass sich entsprechende Unruhe in der Bevölkerung, vor allem auch über die so genannte soziale Treffsicherheit, breit macht.

Nochmals zur EU-Kommission. Sehr kurz und deutlich sagt sie hinsichtlich der Steuereinnahmen: Allein diese Maßnahmen – gemeint sind damit die Sparmaßnahmen – haben zur Folge, dass 2001 die Steuereinnahmen, verglichen mit der Lage 1999, um 0,9 Prozent des Inlandsproduktes höher ausfielen. – Zitatende.

Was heißt das zusammengefasst? – Die Steuereinnahmen, meine Damen und Herren, auch wenn Sie tausendmal das Gegenteil sagen, werden im kommenden Jahr um 31 Milliarden Schilling steigen. Die Steuereinnahmen werden damit in nur drei Jahren um 111 Milliarden Schilling, also um fast 17 Prozent gestiegen sein. Die Lohnsteuer explodiert um 18 Prozent in nur zwei Jahren. Die Lohnsteuerquote ist mit 12,5 Prozent vom Masseneinkommen so hoch wie nie zuvor. Die Einnahmen stiegen seit 1999 fünfmal so stark wie die Ausgaben.

Meine Damen und Herren! Selbst der Staatssekretär hat während der Budgetdebatte im Ausschuss zugegeben, dass die Steuerquote auch im internationalen Wettbewerb ein äußerst hohes und bedenkliches Maß erreicht hat.

Ich lese und höre immer wieder, die so genannte Lohnsteuerreform – die angesichts der Zahlen, die ich gerade genannt habe, notwendig wäre –, der momentane Kurs werde zu Besserungen führen. Das wird aber eindeutig dahin führen, meine Damen und Herren, dass Sie eine wirkliche Lohnsteuerreform, nämlich Lohnnebenkosten-, Lohnsteuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen entweder nicht griffig machen oder wieder weggehen von dem Kurs, der jetzt eingeschlagen worden ist. Das ist die Realität, wenn man über die Lohnsteuerreform diskutiert!

Die wirtschaftliche Entwicklung ist ein weiteres Problem, meine Damen und Herren. Wenn man sich ansieht, was diese Einkommens- und Steuerpolitik bedeutet – ich habe mir das ausrechnen lassen –, dann stellt man fest, die Pensionen sinken real, meine Damen und Herren, auch wenn Sie es nicht glauben wollen. Damit ist gerade jener Teil der Bevölkerung, bei dem Einkommensverlust automatisch Konsumverlust bedeutet, benachteiligt. Das ist natürlich eine Gefahr für die wirtschaftliche, innerösterreichische Entwicklung. Sie wollen das nicht hören, aber das ist neben der sozialen Komponente ein großes Problem.

Eine weitere Problematik ist überhaupt die Frage: Hält dieses Nulldefizit? Da werden von verschiedener Seite Fragen gestellt. Unsicher ist, ob die Gesetze vor dem Verfassungsgerichtshof halten werden. Unsicherheiten bestehen auch bei der Konjunktur. Sie wissen, was ich meine. Unsicherheit besteht auch bezüglich der budgetären Auswirkungen der Verwaltungsreform. Dabei geht es um Milliarden.

Sie werden uns in vielen Bereichen brauchen. Ich kann Ihnen nur den Rat geben: Wenn Sie eine echte Reform wollen, die sowohl regional als auch bezüglich der betroffenen Personen wirklich griffig sein soll, dann werden Sie mit uns reden müssen, aber bitte nicht so, wie Sie es bisher gemacht haben, also drei Tage oder drei Stunden vor der Beschlussfassung, sondern Wochen und Monate vorher, um ein vernünftiges Konzept zustande zu bringen.

Meine Damen und Herren! Das Gravierendste ist: Die Schulden steigen weiter. Ihr ständiges Gerede, dass die Schulden abnehmen, stimmt nicht! Sie brauchen ja nur den Bericht des Finanzministers zu lesen. Die Schuldenquote liegt nämlich nun über dem EU-Durchschnitt. Bis 1999 – das wissen Sie – lag die Schuldenquote unter dem EU-Durchschnitt.


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Das so genannte historische Budget von Finanzminister Grasser bedeutet also: einsamer Rekord bei der Steuerlast, Rekord bei den Staatsausgaben, weiterhin Neuverschuldung und steigender Schuldenstand, EU-Schlusslicht bei der Einkommensentwicklung und unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum.

Meine Damen und Herren! Sie geben Geld für Inserate aus. Ich würde so einen Ausdruck gar nicht verwenden, aber Haider nannte das – ich sage es nochmals: ich würde das nicht sagen – "schwachsinnige Inserate". (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. ) Unrecht hat er damit wahrscheinlich nicht, meine Damen und Herren!

Wenn Sie schon unsere Kritik nicht hören wollen, dann hören Sie, was einer der renommiertesten Männer in diesem Lande – ich verehre den Mann –, nämlich Professor Krejci, in einem Interview – lesen Sie besser nach und denken Sie darüber nach! – gesagt hat:

"Was wir derzeit erleben, ist eine unösterreichische Dimension des Regierens. Dieses Drüberfahren, dieses Nicht-reden-Wollen, Nicht-reden-Können, all das entspricht nicht dem österreichischen Stil. Wenn das Wort ,speed kills‘ verwendet wird, eines der dümmsten Worte" – so Krejci –, "zeigt das ja, in welchem Geist heute regiert wird." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch vieles zu sagen. Ich schließe mit zwei Kommentatoren aus der "Presse": Der eine bezeichnet dieses Budget als "unspektakulär", der andere schreibt: "Was bleibt, ist Steuertrug!" – Wundern Sie sich daher nicht, dass wir diesem Budget nicht zustimmen können! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. )

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, nach einer rund dreiwöchigen Budgetdebatte in Ausschuss und Plenum gewisse Schlussfolgerungen aus dieser Debatte zu ziehen, und werde zehn Punkte als Schlussfolgerung dieser Debatte anführen.

Erster Punkt: Dieses Budget 2002 ist in der Tat eine epochale Wende in der Budgetpolitik. Die Budgetpolitik wird wieder das, was sie sein soll, nämlich Zukunftssicherung statt Schuldenpolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir und diese Regierung tun das nicht aus Jux und Tollerei und nicht aus Saldenfetischismus, Herr Altminister Edlinger, sondern aus Verantwortung für die Zukunft des Landes (Abg. Edlinger: Danke, Herr Alt -Staatssekretär Stummvoll!), denn Budgetpolitik sollte Zukunftsgestaltung sein und nicht Schuldenpolitik, meine Damen und Herren!

Das tut Ihnen weh, wenn wir das so deutlich sagen. Ich weiß es, und ich verstehe es. Aber wir wollen dem Land ein "Konsum"-Schicksal ersparen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir wollen dem Land ein Schicksal wie das der verstaatlichten Industrie ersparen, und wir wollen dem Land ein Schicksal gleich dem Ihrer Parteifinanzen ersparen, meine Damen und Herren!

Zweiter Punkt: Wir haben auch sehr deutlich gesehen, dass dieses Budget 2002 nicht nur eine Wende in der Budgetpolitik darstellt, sondern in der Tat auch entsprechende Flexibilität aufweist. Wir sind sehr froh darüber, dass der Finanzminister in der Budgetdebatte sehr klar und deutlich gesagt hat: Trotz revidierter Wirtschaftsprognosen wird dieses Budget halten! – Herr Finanzminister, danke für diese vorsichtige, flexible Budgetgestaltung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dritter Punkt, meine Damen und Herren: Wir haben dieses Budget so erstellt, dass trotz Sparkurs auch offensive Strategien möglich sind. Ich nenne Ihnen drei Beispiele. Forschung und Ent


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wicklung: plus 7 Milliarden Schilling, Bildung: plus 7 Milliarden Schilling, Infrastruktur: plus 8 Milliarden Schilling im Vergleich zu jenem Budget, Herr Kollege Edlinger, das wir gemeinsam mit Ihnen zustande gebracht haben. Da waren auch gute Budgets dabei, aber die Schuldenpolitik war halt immanent in dieser Budgetpolitik. Wir brechen jetzt mit dieser Tradition! Genauer gesagt: Wir brechen mit dieser Tradition der Schuldenpolitik!

Meine Damen und Herren! Eine offensive Strategie ist deshalb notwendig, weil, wie wir natürlich wissen, Sparen allein zu wenig ist. Wir brauchen Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung. (Abg. Brosz: Da gibt es Kürzungen!) Das ist der Reformkurs dieser Bundesregierung: Budgetkonsolidierung und gleichzeitig Vollbeschäftigung und Investition in die Zukunft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt: Wir haben bei den Budgetberatungen hier in diesem Haus bewusst gesagt: Wir wollen als Parlament mit gutem Beispiel vorangehen! Wir haben das Budget des Parlaments neuerlich um 25 Millionen Schilling gekürzt. Ich glaube, wir sind es dem Bürger schuldig, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen und bei uns selbst zu sparen beginnen, Herr Kollege Kogler. (Abg. Edlinger: Die schwachsinnigen Inserate um 50 Millionen Schilling ...!) Es wäre schön, wenn die Opposition hier mitgegangen wäre. Ich bedauere, dass die Opposition diese Spargesinnung nicht hat. (Abg. Mag. Kogler: Budgetkapitel "oberste Organe" – zugestimmt, Kollege Stummvoll!)

Fünfter Punkt: Sie haben den 7,5 Millionen Schilling für die EDV-Ausstattung der Abgeordneten zugestimmt. Wir haben gesagt: Wir wollen einen Schritt in Richtung papierloses Parlament in den nächsten Jahren setzen! – Das ist sehr wohl auch eine Zukunftsinvestition, trotzdem hat die Spargesinnung auch bei uns als Parlamentariern zu überwiegen, meine Damen und Herren! Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sechster Punkt: Wir waren auch so ehrlich, zu sagen: Wenn wir einen Fehler machen, dann werden wir ihn korrigieren! Wir haben den Fehler bei den Ambulanzgebühren sehr rasch korrigiert. (Abg. Dietachmayr: Sie haben ihn verschärft!) Dazu gehört Mut zur Wahrheit, dazu gehört Ehrlichkeit, Herr Kollege. Wir haben diesen Fehler korrigiert und haben Argumenten, die aus der Praxis gekommen sind, Rechnung getragen.

Siebenter Punkt: Die Debatte heute hat gezeigt ... (Abg. Edler: Warum habt ihr es so beschlossen? Der Beschluss ist ja die Schande!) Wir werden auch bei den Unfallrenten – das haben heute alle Redner der Regierungsparteien gesagt – dort, wo wir Fehler gemacht haben, dort, wo es soziale Härten gibt, korrigieren. (Abg. Dietachmayr: Bewusst einen Fehler machen, ist tödlich!) Wir haben diese Sachlichkeit und diese Ehrlichkeit. Wir verfolgen die Politik, die Wahrheit zu sagen: Wenn wir einen Fehler machen, dann werden wir ihn korrigieren, meine Damen und Herren! Sie sollten sich an dieser Politik ein Beispiel nehmen!

Achter Punkt: Ich sage Ihnen noch etwas: Wir sind auch so ehrlich, einzugestehen, dass die Nachhaltigkeit der Budgetkonsolidierung natürlich in hohem Maße davon abhängt, was uns auf der Ausgabenseite im Rahmen der Bundesstaatsreform, im Rahmen der Verwaltungsreform gelingt. Ich weiß nicht, ich habe nicht mitgezählt, wie viele Regierungen an dem Thema Bundesstaatsreform, Verwaltungsreform schon gescheitert sind. Wir unternehmen einen neuen Anlauf, und ich bin sehr zuversichtlich, meine Damen und Herren, dass wir diese gigantische Herausforderung – aber nur dadurch werden wir Ausgabenspielräume schaffen –, dass wir die Aufgabe "Verwaltungsreform, Bundesstaatsreform" mit jenem Reformschwung bewältigen werden, den diese Regierung bisher gezeigt hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes als neunten Punkt sagen: Diese Debatte hat letztlich auch gezeigt, dass es im Grunde genommen keine Alternative zu dieser Strategie gibt. Es war bezeichnend, dass wir heute, am letzten Tag der Budgetdebatte, wenige Stunden vor der Beschlussfassung, über ein Pressegespräch des Herrn Kollegen Edlinger erstmals gewisse Alternativvorschläge erhalten haben, diese aber nicht als Abänderungsantrag, den man beschließen könnte, sondern als allgemeinen Entschließungsantrag. Als Entschließungsantrag war das


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formuliert, meine Damen und Herren, als Entschließungsantrag wenige Stunden vor Ende der Debatte! (Abg. Edlinger: Sie sind derart ...! Das ist ein Wahnsinn!) Das sind keine Alternativen, Herr Kollege Edlinger! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Im Grunde gibt es keine Alternativen zu diesem Budgetkurs.

Mein zehnter Punkt, meine Damen und Herren, lautet: Wir wären sehr dankbar – und hier greife ich das auf, was mein Vorredner Kurt Eder gesagt hat –, wir wären sehr dankbar dafür, wenn die Opposition bei künftigen Beratungen uns nicht nur erklärte, wie es nicht geht, sondern auch rechtzeitig konstruktive Vorschläge einbrächte. Stellen wir doch bitte das Interesse des Landes vor parteipolitische Interessen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Er hat das Wort.

16.47

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Zu den "zehn Punkten" des Kollegen Stummvoll (Abg. Zweytick: Mindestens!): Ich weiß nicht, was alles beim Kollegen Stummvoll ein Punkt ist, aber dass die Opposition irgendetwas erklären soll, ist nicht unbedingt ein Punkt von ihm. Auch bei gutem Willen sind das keine zehn Punkte gewesen. Trotzdem will ich dazu Stellung nehmen.

Erstens: Zukunftssicherung. – Wenn Sie das so resümieren, dann muss ich Ihnen sagen – diese Begriffe sind, glaube ich, mittlerweile durchaus auch oppositionell nachhaltig eingeführt –: Sie sind überführt worden, dass Sie einen Götzentanz um die Null aufführen. Aber der Lack blättert ab, denn in Wirklichkeit geht es politisch um viel mehr als eben um jenen Tanz.

Zweitens: Flexibilität. Das Budget werde halten, trotz Krise. – Wir haben nicht bezweifelt, dass das Nulldefizit erreichbar ist, auch wenn die Wirtschaftsprognosen jetzt ein bisschen düsterer werden, aber das heißt umgekehrt nur, dass man rechtzeitig genügend Spielraum oder – ein anderer Begriff dafür – Körberlgeld parat gehalten hat, was ja nicht grundsätzlich illegitim ist, allerdings ab einer bestimmten Dimension mit dem Grundsatz der Budgetklarheit kollidieren dürfte.

Drittens: Offensive Schwerpunkte seien gesetzt worden. – Wiederum haben Sie die Bereiche Forschung, Entwicklung und Bildung strapaziert. Sie sind, glaube ich, ein paar Mal dessen überführt worden, dass Österreich diesbezüglich, zumindest nach OECD-Zahlen und -Daten, in seinen budgetären Festlegungen nicht zugelegt hat.

Viertens – das ist überhaupt das Witzigste –: das Budget des Parlaments. Wir sparen bei uns selbst! – Wenn die Politik bei sich selbst spart, dann muss man aber viel mehr berücksichtigen als das Parlament, zum Beispiel, wenn Sie dort, wo es um die Regierung geht – Beispiel: Mitarbeiter in den Kabinetten, Beispiel: Werbekampagnen der Regierung –, zu prassen anfangen. Wir haben – und ich darf das vorziehen – einen Abänderungsantrag der Kollegen Mühlbachler und Trattner vorliegen, wonach beim Voranschlagsansatz 1/10008 3,63 Millionen j zusätzlich veranschlagt werden sollen, just bei jenem Ansatz, der die ressortübergreifende Informationsarbeit des Bundeskanzlers beinhaltet.

Genau mit jenem Geld ist diese unsägliche Regierungskampagne finanziert worden, über die wir jetzt schon ein paar Mal geredet haben. Mittlerweile hat der ebenso Unsägliche aus Kärnten ausrichten lassen, was das für ein Schwachsinn sei – wortwörtlich.

Genau die gleiche Zahl, 3,63 Millionen j , findet sich im Budgetvoranschlag 2001. Das ist also jene Summe, die offensichtlich diese Inseratenkampagne finanziert, und diese Summe soll auch im nächsten Jahr bereitstehen. Was heißt da: "Wir sparen bei uns selbst!"? – Sie sparen dort, wo Sie die Opposition treffen wollen, und prassen dort, wo die Regierung sitzt. So einfach ist das! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Fünftens: Es sei ein Fehler korrigiert worden, nämlich jener bei der Ambulanzgebühr. – Möglicherweise ist das aus Ihrer Sicht eine Korrektur, in der Sache haben Sie sie verschärft.


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Bei den Unfallrenten wurde auch nachjustiert, sagen Sie. (Abg. Dr. Stummvoll: Wird! Wird!) Sie müssen sich jetzt auf etwas verständigen: Entweder es bleibt der alte Vorwurf aufrecht, dass soziale Treffsicherheit bedeutet, dass Sie jene treffen, die es ganz gut brauchen können, oder die Ausnahmebestimmungen in Ihrer Nachjustierung werden so heftig, dass der Finanzminister zerknirscht zugeben muss, dass dann halt an Einnahmen nichts übrig bleibt. Aber die Maßnahme wird halt doch so gestaltet, dass Sie – und diesem Problem müssen Sie sich in Wahrheit stellen – die Regierung irgendwie aus dem Schlamassel herausretten. In der Sache selbst hätten Sie dann darauf verzichten können, wenn kaum mehr etwas von den ursprünglichen Einnahmendotierungen übrig bleibt.

Sie haben diesen Punkt erwähnt, und ich muss sagen, das ist nicht wirklich ein Lehrbeispiel oder ein Prunkstück eines 10-Punkte-Programms, mit dem die Regierung sich noch vor den Vorhang trauen sollte.

Die weiteren Punkte – 7, 8, 9 – haben sich jedenfalls für mich irgendwo verlaufen. Erwähnt wurde die Bundesstaatsreform. Dazu kann ich nur sagen: Darauf sind wir gespannt! Wenn das das gleiche tollpatschige Theater wird, das Sie bis jetzt in diesen Fragen geboten haben – na, ich weiß nicht!

Nach wie vor ist die Frage offen, wie die Länder ihre 23 Milliarden Schilling im Zuge des Finanzausgleichs beibringen sollen. Das wird nicht nur von uns so gesehen, sondern die Landeshauptleute selbst stehen schon auf der Bremse. (Abg. Böhacker: Sie unterschätzen die Länder!) Wir unterschätzen nicht die Länder, sondern wir hören, was die Landeshauptleute sagen, und die haben möglicherweise mehr zu reden als die Abgeordneten der FPÖ, wenn man die Regierungspolitik anschaut. (Beifall bei den Grünen.)

Was sagen die Landeshauptleute? – Wenn das genauso ist wie bei der Getränkesteuer oder den Berechnungen, die Maastricht-konform akzeptiert werden sollen, dann haben sie Probleme, dann sei das trotz der Vereinbarungen, trotz des innerösterreichischen Stabilitätspaktes zu überdenken. Die Länder – ich habe es Ihnen schon einmal gesagt – fühlen sich zumindest teilweise hinters Licht geführt. Auch mit dieser Aussage stehe ich nicht alleine, aber das werden Sie selbst auszubaden haben.

Warum die Opposition irgendetwas erklärt oder nicht, ist meines Erachtens Sache der Opposition. Darauf werde ich nicht näher eingehen. Kollege Stummvoll! Das 10-Punkte-Programm war wirklich eine magere Erkenntnis. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das war kein Programm! Das waren zehn Schlussfolgerungen!)

16.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Er hat das Wort.

16.53

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Abg. Auer: Er hat zwar darüber geredet, aber er hatte nichts zu sagen! – Abg. Dr. Khol: Der Kogler ist schon gut! – Abg. Mag. Kogler: Das ist eine gefährliche Drohung, wenn das von Ihnen kommt!)  – Wenn die bilateralen Gespräche sozusagen vorbei sind, dann werde ich mit meiner Rede beginnen. (Abg. Mag. Kogler: Bitte!) Danke schön, Herr Kollege Kogler!

Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich meine Redezeit auf jene steuerlichen Mehrbelastungen abstimmen, die sich auf Grund des Budgets 2002 beziehungsweise des Budgetbegleitgesetzes ergeben. Das heißt, ich müsste eigentlich schon zum Schlusssatz kommen, denn es gibt in diesem Budget 2002 und im Budgetbegleitgesetz keine neuen steuerlichen Belastungen, auch wenn Sie sie immer wieder herbeireden möchten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Ich möchte an dieser Stelle den Damen und Herren von der Steuersektion im Finanzministerium danken. Sie haben ein Heimspiel gehabt, sie haben relativ wenig Arbeit gehabt, daher gibt es auch keine steuerlichen Mehrbelastungen.

Die Aussagen der Oppositionsredner, aber auch die heutige Pressekonferenz des Ex-Finanzministers Edlinger veranlassen mich, haben mich geradezu provoziert, doch einige Worte zum Budget beziehungsweise zu den Alternativen der SPÖ zu sagen.

Edlinger spricht in seiner Pressekonferenz von einer "Fortsetzung der Belastungspolitik". – Falsch! Ich habe gerade erklärt, es gibt keine neuen steuerlichen Belastungen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Edlinger spricht von einem "Ansteigen der Steuerquote". (Abg. Edlinger: Die Steuern steigen, habe ich gesagt! Ich habe nicht von Quote gesprochen!) APA-Aussendung von heute, Herr Kollege Edlinger: "Ansteigen der Steuerquote". – Falsch! 1997: 44,8 Prozent, 2002: 44,3 Prozent. Das ist kein Ansteigen, sondern ein Sinken!

Kollege Edlinger meint, Mehreinnahmen könnten sich durch die Besteuerung von Privatstiftungen mit 25 Prozent ergeben. Herr Kollege Edlinger! Sie haben ein sehr schlechtes Kurzzeitgedächtnis. Können Sie sich noch an Ihre damalige schriftliche Anfragebeantwortung erinnern, daran, was Sie zur Besteuerung der Stiftungen gesagt haben? Ich zitiere:

"Die steuerliche Behandlung der Privatstiftungen und ihrer Begünstigten ist systematisch so geregelt, daß das Gesamtbesteuerungsniveau ... jenes einer natürlichen Person ... nicht unterschreitet."

Sie haben weiters gesagt, Originalzitat Edlinger: "Von einem Privileg der Stiftungsbegünstigten kann also nicht gesprochen werden, und der in der Literatur zum österreichischen Stiftungssteuerrecht diesbezüglich angesprochene Mausefalleneffekt ist nicht ganz unberechtigt." – Sie warnen sogar davor, dass es vielleicht in der Stiftung ein bisschen schlechter zugehen kann.

Oder, Herr Kollege Edlinger, Originalzitat zu Frage 2: "Die Gleichstellung von Begünstigten einer Privatstiftung mit Steuerpflichtigen, die Sparbuchzinsen, Wertpapiererträge oder Dividenden erzielen, ist schon derzeit gegeben. Weitere Schritte sind daher nicht erforderlich." – Originalzitat Finanzminister Edlinger.

Er setzt noch eines drauf, um das Ganze abzurunden: "Ich sehe im Zusammenhang" – ich, Edlinger, Finanzminister Edlinger – "mit der angesprochenen Gesamtregelung des Privatstiftungssteuerrechtes keinen ... Änderungsbedarf." – Die sozialistische Schutzmantelmadonna der Stiftungsmilliardäre namens Rudolf Edlinger!

Rudolf Edlinger, der Verteidiger der Stiftungsmilliardäre, geht heute hierher und glaubt, er könne 140 Milliarden Schilling Manövriermasse mit der stärkeren Besteuerung beim Privatstiftungsrecht erzielen. – Herr Kollege Edlinger! Das ist doppelbödig! Sie haben ein sehr, sehr schlechtes Kurzzeitgedächtnis. (Abg. Edlinger: Das ist Unsinn!)

Sie sind ja überhaupt die Schutzmantelmadonna der Reichen. Darf ich Sie an eine rückwirkende Änderung des Umsatzsteuergesetzes zum 1. Jänner 1995 bei den Kreditkartenunternehmen erinnern? Sie haben dadurch Hunderte Millionen Schilling der Bank Austria und dem Raiffeisenverband in den Rachen geworfen! Wissen Sie, wie das begründet wurde? – Mit der durch das Abgabenänderungsgesetz 1997 rückwirkend geschaffenen Optionsmöglichkeit wurde ein Rechtsstreit in dieser Frage vermieden.

Ein Rechtsstreit wurde vermieden! – Ich stelle mir Folgendes vor: Ein "kleiner Angestellter" fährt auf Kur und kann dann seine Kurkosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung geltend machen, weil die Finanz anderer Meinung ist. Er bedient sich eines Rechtsmittels, und dann würde der Finanzminister das Gesetz ändern, um einen Rechtsstreit mit einem "kleinen Arbeiter" zu vermeiden. – Das wäre eine schöne Geschichte.


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Aber, meine Damen und Herren, es ist ja nichts Neues, dass Sie auf der Seite der Großen stehen, auf der Seite der Reichen, und die Kleinen sollen zahlen. (Abg. Edlinger: Stellen Sie einen Antrag, und wir stimmen ihm zu!) Das war Ihre sozialdemokratische Finanz- und Steuerpolitik!

Sie sagen auch, Sie wehren sich gegen den Ausverkauf des österreichischen Waldes. – Selbstverständlich wollen auch wir nicht den Ausverkauf des österreichischen Waldes. (Abg. Dr. Hannes Bauer: Warum verkaufen Sie ihn dann?) Aber was sagt sogar Herr Präsident Fischer als Präsident der "Naturfreunde" – so heißt das, glaube ich – in der "Kronen-Zeitung" von heute? – 10 Prozent des Waldes werden verkauft. – Herr Präsident! Das ist ein Irrtum, 1 Prozent des Waldes soll verkauft werden, soll vom staatlichen Besitz in Privatbesitz übergehen, und somit hätten wir statt 80 Prozent Privatwald 81 Prozent. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie nach dem Schlusssatz rufen, es ist eine freiwillige Redezeitbeschränkung! Ich darf daher noch einige Worte zum Budget selbst sagen.

Kollege Stummvoll hat es ja bereits in groben Zügen dargestellt: Das Budget 2002 ist wirklich in mehrfacher Hinsicht ein historisches Budget. (Abg. Eder: Das kann man wohl sagen!) Erstmals, nach nahezu drei Jahrzehnten, wurde der sozialistischen Schuldenpolitik ein Ende bereitet. Es gibt im Jahre 2002 keine gesamtstaatliche Neuverschuldung. Diese Regierung macht Schluss mit der SPÖ-Schuldenpolitik.

Das Budget 2002 bringt keine neuen steuerlichen Belastungen. Der Belastungsstopp, den die Bundesregierung versprochen hat, wird damit realisiert.

Das Budget 2002 ist das erste Budget in Euro.

Das Budget 2002 enthält mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes in der Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrages aber auch einen Meilenstein in der Frauen- und Familienpolitik. Das wird ohne Steuererhöhungen finanziert!

Das Budget 2002 weist die niedrigsten Staatsausgaben seit 1993 auf, insbesondere auf Grund einer Senkung der Personalausgaben.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Budget 2002 wird ein weiteres Kapitel in der Erfolgsstory Budgetsanierung unter dem freiheitlichen Finanzminister geschrieben. Mit diesem Budget 2002 wird vieles von dem, was Sie in 30 Jahren sozialistischer Finanz- und Steuerpolitik angerichtet haben, wieder saniert. Leider war in der Kürze der Zeit noch keine komplette Sanierung möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Vom Budget oder von der Rede? – Abg. Böhacker – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Vom Erbe, das ihr hinterlassen habt!)

17.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich denke, es erübrigt sich, auf die Aussagen meines Vorredners zu replizieren. Er hat uns sehr erheitert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das berühmte Nulldefizit, das, wie wir wissen, eigentlich kein Nulldefizit ist, kommt ... (Abg. Böhacker: Die Schutzmantelmadonna Edlinger für die Stiftungsmilliardäre! Das gefällt Ihnen, das weiß ich!) – Die Schutzengelmadonna, Böhacker, also ... (Abg. Böhacker: Schutzmantelmadonna! – Abg. Edlinger: Stellt einen Antrag, wir stimmen zu, ich verbürge mich!)

Das berühmte Nulldefizit, das, wie wir alle wissen, kein Nulldefizit ist, kommt zu zwei Dritteln auf Grund von Einnahmenerhöhungen zustande. Zu diesen Einschätzungen kommen alle Wirtschaftsexperten, auch zum Beispiel der Experte der Regierungsparteien Lehner vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Im ersten Schritt, so meint er, werden große Beträge einnahmenseitig


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lukriert – er räumt das immerhin in einem Interview mit dem "Kurier" ein –, und er spricht von einem "Tal der Tränen", das durchschritten werden muss. – Das ist schon sehr interessant. Ich habe es im Ohr: Das Budget wird ausgabenseitig saniert! – Das haben Sie Hunderte Male gesagt.

Der Bundeskanzler, die Vizekanzlerin, der Finanzminister und jeder einzelne andere Minister haben das unentwegt beteuert und gesagt: Wir werden bei uns selbst sparen! – Jetzt frage ich mich: Was soll dann dieser Abänderungsantrag? Kollege Edlinger hat schon darauf hingewiesen. Herr Finanzminister, ich frage Sie wirklich: Braucht die Bundesregierung wieder eine Propaganda, um dieses Budget, das ein sehr unsoziales Budget ist, wie einen Ladenhüter den Österreicherinnen und Österreichern als etwas ganz Besonderes anzubieten und – ich würde es sogar so sagen – anzudrehen?

Bei sich selbst sparen, war die Devise. Was ist herausgekommen? – Eine Belastungswelle, die auf die Österreicherinnen und Österreicher niedergeprasselt ist, eine Belastungswelle, die sich gewaschen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ganz bedenklich ist: Dieses Belastungspaket 2000 trifft das untere Drittel der Einkommensbezieher unverhältnismäßig stark. Durch die Änderung des Einkommensteuerrechtes ab 2001 büßen sowohl aktive Arbeitnehmer als auch die Pensionisten der mittleren Einkommenskategorien – bis etwa 42 000 S pro Monat – am meisten ein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Der ominösen schwarzen Null – "schwarze Nullen" hat es Kollege Gaugg genannt; was oder wen immer er damit gemeint haben mag – wird alles, und zwar wirklich alles, untergeordnet. (Abg. Dr. Khol: Sie hat er nicht gemeint!) – Das glaube ich auch nicht.

Ich halte es für Zynismus – ich meine, dass man darüber wirklich nicht witzeln sollte –, wenn Sie, Herr Finanzminister, in Ihrer Budgetrede dann noch von einem Belastungsstopp reden. Den Unfallrentnern, den Kranken, die die Ambulanz aufsuchen müssen, den Studenten, den bisher mitversicherten Ehefrauen wird Geld aus der Tasche gezogen – wo, Herr Finanzminister, gibt es den Belastungsstopp? – Ganz sicher nicht bei den Arbeitnehmern dieses Landes, nicht bei den Pensionisten, denn die zahlen für die schwarze Null. Wir werden sicher nicht müde werden, diese absolute Schieflage in der Verteilungswirkung aufzuzeigen, diese – ich möchte es fast so sagen – himmelschreiende Ungerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Die höhere Wertschöpfung, die sich auf Grund des Wirtschaftswachstums ergibt, kommt eben nicht den unselbständig Erwerbstätigen zugute, denn die Nettoeinkommen einschließlich Pensionen werden im Jahre 2001 nur um 0,7 Prozent steigen. Das Nettorealeinkommen je Arbeiter wird sogar nur um 0,4 Prozent steigen. Lächerliche 0,4 Prozent für jene Menschen, die mit ihrer Hände Arbeit und mit der Arbeit ihres Gehirns an diesem Wirtschaftswachstum wohl sehr wesentlich beteiligt sind!

Sie wissen ganz genau, dass sich dieser Rückgang der Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher auch auf das Wirtschaftswachstum bremsend auswirkt, weil die Inlandsnachfrage sinkt. Das Wirtschaftsforschungsinstitut nennt eben neben der Abschwächung des Wirtschaftswachstums wichtiger Handelspartner das stark gebremste Wachstum der Realeinkommen durch massive Steuererhöhungen als Grund.

Herr Finanzminister! Auch andere europäische Länder haben ihr Budget saniert und erwirtschaften sogar Überschüsse. Sie haben zwar, als Sie angetreten sind, ein Bench-Marking versprochen, aber geschaut haben Sie offensichtlich nicht, wie es die anderen gemacht haben, denn alle EU-Länder, die Budgetüberschüsse haben, haben höhere Gewinnsteuern. Dänemark, Irland, Luxemburg, Niederlande, Finnland, Schweden und Großbritannien weisen, wie die OECD-Statistik zeigt, einen höheren Anteil an Gewinnsteuern der Kapitalgesellschaften gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf als Österreich. Österreich nimmt 2,1 Prozent an Gewinnsteuern ein, der EU-Durchschnitt beträgt 4,1 Prozent, also beinahe das Doppelte.


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Herr Finanzminister! Ich frage Sie daher: Wann werden Sie aufhören, die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, Pensionisten, Kranke, Studenten, Unfallrentner und so weiter zu belasten, und stattdessen die Gewinnsteuern auf Europaniveau anheben? (Beifall bei der SPÖ.)

17.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich hatte bisher zweimal die Möglichkeit, mit einer Delegation des Internationalen Währungsfonds über das Budget des Bundes zu diskutieren – das erste Mal voriges Jahr unmittelbar nach der Erstellung des ersten Budgets durch die neue Regierung respektive durch Herrn Bundesfinanzminister Grasser, das zweite Mal vorige Woche.

Ich kann Ihnen mitteilen: Das erste Gespräch ist durchaus in einer gewissen Skepsis gegenüber den Budgetzielen der "Bundesregierung neu" verlaufen. Im zweiten Gespräch allerdings gab es bereits Anerkennung dafür, dass die Budgetsanierung so rasch vorangeht beziehungsweise vorangegangen ist. Man hatte den Eindruck, dass der "Regierung neu" die Budgetsanierung in dieser Qualität nicht zugetraut wurde.

Ich glaube, Herr Dr. Heindl hat ein anderes Interview vor sich liegen, als ich es hier bei mir habe. Ich habe den Bericht von Dr. Flickenschild vom IWF, und dieser Bericht ist durchaus als eine positive Stellungnahme zu werten. Natürlich sind noch Anmerkungen in diesem Bericht enthalten darüber, welche Sanierungsschritte in Zukunft noch zu setzen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass gerade die Zahlen beziehungsweise der Vergleich der Zahlen von 1999, 2000, 2001 und 2002 genau erkennen lässt, dass wir zu einer ganz anderen Qualität der Budgeterstellung durch Finanzminister Grasser und Staatssekretär Finz gekommen sind, als das bisher der Fall war. 1999: 68,2 Milliarden Schilling Defizit; 2000 – ein Jahr später –: nur noch 39,3 Milliarden Schilling Defizit; im Jahre 2001: 32,8 Milliarden Schilling Defizit; im Jahre 2002: 11,4 Milliarden Schilling Defizit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können den Österreicherinnen und Österreichern nicht verschweigen, dass 30 Milliarden Schilling Budgetdefizit bedeuten, dass irgendeiner Bevölkerungsgruppe wieder 2 Milliarden Schilling genommen werden müssen, denn diese 2 Milliarden Schilling fallen bei einem Defizit von 30 Milliarden Schilling allein an Verzinsung an. Ja bitte, sind Sie etwa tatsächlich der Meinung, dass es der Regierung angenehm ist, über die Besteuerung von Unfallrenten zu reden? Denken Sie denn wirklich, dass es angenehm ist, über die Einführung von Studiengebühren zu reden? (Abg. Edler: Wieso habt ihr es dann gemacht?)

Herr Kollege! Ich sage Ihnen Folgendes: Es gibt im Budgetbericht 2001 eine Seite 49, und diese Seite 49 sollten Sie sich ansehen!

Lieber Kollege! In den Budgets der Jahre 1999, 2000, 2001 und 2002 gibt es eine Position, die die höchste von allen ist, und das sind die Zinsen. Ja wissen Sie denn nicht, dass wir weniger für Bildung und Kultur ausgeben als für die Verzinsung der Staatsschuld? (Abg. Edler: Keine Begründung, die Unfallrenten zu besteuern! Das ist unsozial!) Ja wissen Sie denn nicht, dass wir weniger für die Pensionen ausgeben als für die Verzinsung der Staatsschuld? (Abg. Edler: ÖVP-Schulden!) Darin liegt ja das Grundübel, und dieses Grundübel muss jetzt endlich behoben werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da müssen wir leider Gottes an die Bevölkerung herantreten und die Bevölkerung bitten, uns bei dieser Sanierung Hilfe zu leisten. Das ist unser Problem! Aber Sie verweigern! (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann. ) Sie haben in der Vergangenheit verweigert und verweigern auch jetzt, und das ist das Fatale!


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Herr Kollege Wittmann! Wenn Sie als Staatssekretär so wortreich gewesen wären wie jetzt als Abgeordneter, dann hätte sich im Kulturleben anderes abspielen und ereignen müssen! Leider haben Sie das vermissen lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Eine Steigerung ist immer möglich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Budgetdebatte hat mich enttäuscht (Abg. Mag. Schweitzer: Peter, eine große Leuchte warst du nicht ...!), enttäuscht deswegen, weil einfach von Seiten der Opposition nur Stereotype gekommen sind, Stereotype, die halbwahr, teilwahr, nicht wahr gewesen sind, aber immer wiederholt wurden und damit zu Stehsätzen oppositioneller Argumentation wurden. Ich hatte mir eigentlich doch erwartet, dass in dieser Situation tatsächlich gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet werden können. Das wurde allerdings verweigert! (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Verweigerung setzt sich natürlich fort. Glauben Sie mir: Wir haben nicht erwartet, dass Sie dem Budget 2002 zustimmen, auch wenn es tatsächlich ein richtiges Signal für die Zukunft ist.

Ich bedanke mich beim Herrn Finanzminister, beim Herrn Staatssekretär und bei den Beamtinnen und Beamten für die professionelle Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (500 und Zu 500 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (540 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im Artikel VI Abs. 1 wird nach der Z 6 folgende Z 7 eingefügt:

"7. beim Voranschlagsansatz 1/10008 bis zu einem Betrag von 3,63 Millionen Euro für Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen von Strukturreformen, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;"

2. Im Artikel VI Abs. 1 erhalten die bisherigen Z 7 bis 19 die Bezeichnung "8 bis 20".

3. Artikel IX Abs. 3 lautet:

"(3) Auf Haftungen gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 6 ist § 66 Abs. 2 Z 3 BHG, auf Haftungen gemäß Abs. 1 Z 1 ist darüber hinaus § 66 Abs. 2 Z 2 BHG nicht anzuwenden."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich erwartet, dass das Budget zu qualifizierteren Auseinandersetzungen Anlass gewesen wäre. Bedauerlicherweise war es das nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der durch den Abgeordneten Mag. Mühlbachler soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst möchte ich auf einige meiner Vorredner eingehen,


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weil ich meine, dass der zuletzt gestellte Antrag direkt eine Art Verhöhnung des Parlaments ist, wenn ich mir dazu die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Stummvoll in Erinnerung rufe.

Herr Abgeordneter Stummvoll, den ich ja von früher sehr gut kenne, hat gemeint, dass wir 25 Millionen Schilling sparen sollten, bei uns im Parlament soll das eingespart werden. Herr Abgeordneter, als Sie gesagt haben, dass wir bei uns zu sparen beginnen sollen – wogegen ich gar nichts habe –, wussten Sie ganz genau, dass bereits ein Antrag vorbereitet ist, der 50 Millionen Schilling für Regierungspropaganda vorsehen soll! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. )

Es ist ungeheuerlich, dass man einerseits sozusagen hier im Parlament Beschränkungen macht und sagt: Ich hatte mir erwartet, dass die Opposition dazu ja sagt, obwohl gerade hier ihre Möglichkeiten, ihre Instrumente sind!, und dass andererseits die Regierung zusätzliche 50 Millionen Schilling zu dem ohnehin schon sehr hohen propagandistischen Aufwand haben möchte! – Das ist für mich unverständlich, weil Sie gewusst haben, dass dieser Antrag kommt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. )

Herr Abgeordneter Stummvoll! Bei allem Verständnis für gewisse Verrenkungen und Wendungen, aber es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass Sie einerseits hier jetzt mit diesem Antrag kommen, andererseits aber von uns die Zustimmung zu Einsparungen im Parlament erwarten.

Sie haben gesagt, in der Budgetpolitik sei eine epochale Wende eingetreten. Ich meine, dass tatsächlich eine epochale Wende eingetreten ist, aber nicht in der Budgetpolitik, sondern im Verhalten; im Verhalten, das im gesellschaftspolitischen Sinne als sehr kritisch zu bezeichnen ist.

Sie schätzen sicher genauso wie viele von uns Herrn Professor Krejci. Er bringt das Wort "degoutant" als Überschrift eines Artikels; es wurde heute aus seinen Überlegungen schon zitiert. Eines muss man aber schon klarstellen, nämlich dass vieles, was früher nicht mehr salonfähig war, nicht mehr Sprachgebrauch war, plötzlich wieder Sprachgebrauch wird. So sagt Krejci zum Beispiel, die Aussage "Das rote Gesindel muss wieder weg!" sei heute in bürgerlichen Kreisen sozusagen wieder salonfähig geworden. – Wie gesagt, ich zitierte Krejci.

Ich glaube, dass die Ausdrucksweise, die hier immer wieder zu hören ist, und auch die Art der Auseinandersetzung, die man hier verspürt, nicht jener Weg sind, der in eine gute Zukunft führt. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Bauer!)

Professor Krejci hat etwas Wesentliches klargestellt, und auch dazu möchte ich hier Stellung nehmen. Herr Krejci teilt mit mir und mit vielen von uns die Auffassung, dass ein Nulldefizit zwar gut ist und es erfreulich ist, wenn man es hat, aber kein Staatsziel an sich darstellt. – Das ist das Entscheidende! Man muss nämlich einmal wissen, dass Staatsziele in einem politischen Sinne zu verstehen sind, und nicht in dem Sinne, dass man das eine über alles andere – nämlich über das politische Handeln – stellt. Das ist das Entscheidende! (Abg. Mag. Schweitzer: Erinnern Sie sich, wie Herr Kollege Nürnberger die Debatte heute begonnen hat? Weil Sie den Stil beklagen!)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Ich möchte Ihnen dazu Folgendes sagen: Herr Kollege Nürnberger ist im Formulieren nie beleidigend, sondern klar, unmissverständlich, manchmal vielleicht etwas hart, aber nicht beleidigend. Das ist ein wesentlicher Unterschied, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich möchte auf etwas ganz Anderes hinweisen. In Wirklichkeit wissen wir alle, dass diese Art des politischen Handelns, nämlich das Agieren mit einem so klaren Übergewicht eines Zieles, doch nicht wirklich zu einer erfolgreichen Gesamtpolitik führen kann. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass, wie dies der Finanzminister auch in seiner Budgetrede getan hat, dauernd vom Belastungsstopp gesprochen wird, letztlich werden aber öffentliche Abgaben um 31 Milliarden Schilling im Jahre 2002 erhöht. Das heißt, dass Aussage und Inhalt da überhaupt nicht übereinstimmen. Das ist bedauerlich!


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68. Sitzung / Seite 132

Wenn man sagt, die unteren Einkommensschichten werden schwächer getroffen, so muss ich sagen: Es sieht doch ein jeder, dass das Gegenteil der Fall ist. In Wirklichkeit werden die sozial Schwächeren stärker getroffen.

Wenn man sich die Realeinkommensentwicklung anschaut, meine sehr geschätzten Damen und Herren, so stellt man fest, dass sie überhaupt nicht erfreulich ist. Weil die Belastungen für die Menschen so groß sind, gibt es nicht mehr jene Konsumkraft und jene realen Einkommenszuwächse, die in Verbindung mit einem abgeschwächten Wirtschaftswachstum notwendig wären. Das abgeschwächte Wirtschaftswachstum in Amerika und auch in Japan, wo es praktisch um Null pendelt, und die Auswirkungen Ihrer Belastungen werden zusammen mit einem abgeschwächten Weltwirtschaftswachstum natürlich auch Folgen für die österreichische Wirtschaft noch in diesem Jahr haben. Deshalb erfolgt nicht zufällig die Rücknahme aller Prognosen in den letzten Tagen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir sind dabei, durch diese Budgetpolitik Österreich zum europäischen Schlusslicht bei der Einkommensentwicklung zu machen. Das ist auch etwas ganz Neues, das ist auch sozusagen etwas Epochales, denn früher lagen wir bei der Einkommensentwicklung immer vor den europäischen Staaten, aber jetzt rangieren wir bei der realen Einkommensentwicklung am Ende der Liste der EU-Staaten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich könnte hier noch Vieles anführen, aber ich möchte, weil die Lampe bereits leuchtet, nur noch eines hinzufügen: Es wird immer wieder zitiert, welche Pleiten wir sozusagen erlebt haben. In diesem Zusammenhang wird immer das Beispiel "Konsum" gebracht. Das ist eine Sache, die sehr, sehr unangenehm ist und die von der Größenordnung her tatsächlich auch epochal war. Aber vergessen wir nicht, dass es in Österreich jährlich rund 5 000 Insolvenzfälle mit einem Abwicklungsvolumen von rund 40 Milliarden Schilling gibt.

Das heißt, unfehlbar ist, wie man sieht, niemand in der Wirtschaft. Ich wiederhole: Bei 5 000 Insolvenzfällen, von denen 2 700 Fälle mangels Masse überhaupt abgewiesen wurden, wird immerhin ein Volumen in der Höhe von 40 Milliarden Schilling jährlich abgewickelt. Das ist relativ viel. – Das nur einmal dazu.

Das Letzte, was ich zu den Schulden noch sagen möchte, ist Folgendes: Die Kritik, die SPÖ habe Schuldenpolitik betrieben, zieht sich wie ein blau-schwarzer Faden durch alle Ihre Argumentationen. Es wird dabei immer auf die Ära Kreisky hingewiesen.

Dazu muss ich als einer, der aus der Finanzwelt kommt, einmal sagen: Sie wissen ganz genau, dass die mittlere Laufzeit für die Rückzahlung dieser Schulden rund acht Jahre beträgt. Das sieht nun folgendermaßen aus: Kreisky ist 1983 aus der Regierung ausgeschieden, und Österreich hat zu dieser Zeit einen Schuldenstand von rund 350 Milliarden Schilling aufgewiesen. Wenn nicht neue Schulden, nämlich ab 1983, in der kleinen Koalition mit den Freiheitlichen und in der großen Koalition mit der ÖVP gemacht worden wären, dann wären diese 350 Milliarden Schilling Schulden schon zweimal zurückgezahlt worden. Aber Tatsache ist, dass der Schuldenstand in der Zeit von 1983 bis 1999/2000 in Wirklichkeit auf 1 700 Milliarden Schilling angeschwollen ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. )

Dazu möchte ich sagen: Sich bei einer durchschnittlichen Laufzeit der Rückzahlung von acht Jahren auf eine Ära von 1983 auszureden, ist ein finanzpolitischer Schwachsinn, meine sehr geschätzten Damen und Herren – und nichts Anderes! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schulden, die wir heute zurückzuzahlen haben, sind jene Schulden, die wir mit den Freiheitlichen und der ÖVP gemeinsam gemacht haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das glauben sie dir nicht einmal in der eigenen Familie!)


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68. Sitzung / Seite 133

17.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister für Finanzen! Meine Damen und Herren! Das Budget 2002, welches uns zur Beschlussfassung vorliegt, heißt nicht nur, dass wir erstmals nach 28 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt haben werden, sondern heißt auch ein Ja zur Familie und zum Kind, heißt auch ein Ja zum Beruf und somit auch ein Ja zur Vollbeschäftigung und heißt auch ein Ja zum erweiterten Bildungssystem. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes ab dem 1. Jänner 2002 erreichen wir eine deutliche Verbesserung für unsere Familien und für unsere Kinder. 19 000 Mütter, Hausfrauen und Studentinnen, die bisher keinen Anspruch auf Karenzgeld hatten, werden das Kinderbetreuungsgeld nun erhalten. Es wird jährlich 72 000 S betragen und damit der österreichischen Bevölkerung insgesamt rund 3 Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Was den Beruf und die damit verbundene Vollbeschäftigung betrifft, so ist feststellbar, dass unsere vielen österreichischen Unternehmen – das Rückgrat unserer Wirtschaft – ihren Erfolgsweg fortsetzen. Sie werden mit einem geschätzten Investitionsvolumen von rund 670 Milliarden Schilling Hunderttausende Arbeitsplätze sichern und auch viele neue schaffen. Damit wird auch das Vertrauen zur Finanz- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung am besten unter Beweis gestellt.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich die drittniedrigste Arbeitslosigkeit und die viertniedrigste Inflation in Europa. Im letzten Jahr wurden rund 24 000 neue Unternehmen in Österreich gegründet, und über 50 000 Menschen sind jetzt mehr in Beschäftigung, als es unter der alten Bundesregierung der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den besten Beweis für diese positive Entwicklung liefert jetzt die Firma Grundig, die ihre gesamte Produktion von Deutschland nach Österreich verlegen wird.

Meine Damen und Herren! Die neue Qualität der Finanzen ist am deutlichsten an unserer offensiven Politik für Bildung, Forschung, Entwicklung und Infrastruktur ablesbar. Plus 8 Milliarden j im Jahre 2002 beweisen, dass wir unsere Schulen und Universitäten noch besser international positionieren wollen, sodass Österreich ein gesuchter und anerkannter Lehr- und Studienstandort wird, was wiederum als Zukunftssicherung unseres Landes angesehen werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Leider Gottes ist Kollege Edlinger hinausgegangen. Er stellte in seinem letzten Debattenbeitrag fest, die SPÖ habe Österreich auf die "Überholspur" gebracht, die jetzige Regierung jedoch auf die "Kriechspur". – Ich möchte Herrn Kollegen Edlinger widersprechen und sagen: Österreich befand sich 1999 nicht mehr auf der Überholspur, sondern bereits mit einem Motorschaden auf dem Pannenstreifen, und die "Klima-Anlage" funktionierte auch nicht mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die neue blau-schwarze Bundesregierung hat nun diesen Schaden behoben, und nun befinden wir uns wieder sehr zügig Richtung keine Neuverschuldung, Richtung Vollbeschäftigung und somit Richtung Stärkung des Unternehmerlandes Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Diese Regierung bringt Österreich in eine Richtung oder auf einen Weg oder in ein Ziel ohne Schulden, hat mein Vorgänger soeben gesagt. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Jawohl, das sage ich auch! Aber unter welchen Bedingungen und mit welchen Belas


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68. Sitzung / Seite 134

tungen für bestimmte Personengruppen, das sagen Sie nicht dazu! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Herr Kollege Böhacker! Sie haben hier versucht, uns mit großen Worten weiszumachen, dass es heuer keine neuerliche Belastung gäbe, und haben das hochgelobt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass das Budget 2001 fortgeschrieben wird, und dort – und das sagt Professor Schneider in der heutigen Ausgabe des "Kurier" sehr klar; das haben Sie sicher auch schon gelesen – wird das Budget zu zwei Drittel über Steuern- und Gebührenerhöhungen konsolidiert.

Professor Schneider sagt auch, mit diesem Vorgang, den dieser Finanzminister in dieser Regierung wählt, überträfe man alle vorangegangenen Finanzminister der Zweiten Republik.

Wenn der Kollege Stummvoll von einer "epochalen Wende" gesprochen hat, dann muss ich sagen: Es ist tatsächlich eine "epochale Wende", die Sie da machen. (Abg. Böhacker: Nennen Sie mir eine Steuererhöhung!) Die Besteuerung der Unfallrenten ist nicht nur eine "epochale Wende", sondern sie ist menschlich und politisch, Herr Böhacker, längst ein Verlustgeschäft. Das wissen Sie ganz genau!

Herr Finanzminister! Wenn das stimmt, was in der heutigen Ausgabe des "Kurier" steht, nämlich dass Sie meinen, ein Finanzminister könne nicht immer gewinnen, dann denke ich mir: Es kann so, wie es da drinnen steht, nicht stimmen, denn sonst sehen Sie die Menschen wie bei einem Lotteriespiel: Geht’s, ist es recht, geht’s nicht, habe ich Pech gehabt! – Also das kann es doch wohl nicht sein, Herr Finanzminister. Das sind doch nicht Ihre Worte! Vielleicht stimmt es. Hoffentlich nicht!

Ich würde sagen, diese Art von Aussagen sind schon eine Verhöhnung, vor allem eine Verhöhnung jener Menschen, denen bei 8 600 S an Unfallrente 50 Prozent weggekürzt werden, die also dann nicht mehr als 4 296 S herausbekommen. Wenn man dann sagt: Na, dann eben nicht!, dann halte ich das schon für eine Verhöhnung dieser Personen.

Aber auch die "soziale Treffsicherheit" dieser Regierung ist eine "epochale Wende". Das muss auch ganz klar gesagt werden. Es sagt auch Christoph Kotanko im "Kurier" – und der ist kein SPÖ-Mitglied (Ruf bei den Freiheitlichen: No na!)  –, dass "soziale Treffsicherheit" nur noch ein "Spottwort" sei.

Meine Damen und Herren von der FPÖ, die Sie vorgeben, sich immer für den kleinen Mann einzusetzen ... (Abg. Knerzl: Tun wir auch!) Ja, das machen Sie aber auf dem verkehrten Weg, das haben Sie dann nur noch nicht kapiert.

Christoph Kotanko sagt in der heutigen Ausgabe des "Kurier" auch noch Folgendes – ich zitiere –: "Als Stimmungsmacher ist Schwarz-Blau Spitze. Aber als Macher?" – Zitatende.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der FPÖ: Menschlich – kein Gefühl! Politisch – auch kein Gefühl!

Wenn heute Vormittag Minister Haupt gemeint hat, die Sache Ute Fabel sei ein menschliches Drama (Abg. Knerzl: So ist es!), dann sage ich dazu: Das ist, bitte schön, ein hochstaplerisches Drama. Ein menschliches Drama ist in meinen Augen die Nacht-und-Nebel-Aktion der Pensionsreform. Das ist für viele ein menschliches Drama! (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Den Brief von einem Herrn Herbert Fritz haben garantiert auch Sie bekommen und nicht nur wir. Dieser Herr schreibt, dass er auf Grund einer unheilbaren Krankheit und wegen schwerer Behinderung am 25. April 2000 um Versetzung in den Ruhestand angesucht hat. (Abg. Böhacker: Der Fall wird schon überprüft!) Die Erledigung wird überprüft, das ist gut.

Zu dem Zeitpunkt, als er angesucht hat, war er der Meinung – und die gesetzliche Regelung galt in dieser Richtung –, dass 80 Prozent seines Letztgehaltes die Ruhegenussbemessungsgrundlage sei, aber zwischenzeitlich – auf Grund von "speed kills" der Regierung – wurde am 5. Juli


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68. Sitzung / Seite 135

2000, sofern ich mich richtig erinnere, die Pensionsreform mit Inkrafttreten per 1. Oktober 2000 beschlossen.

Was ist das Ende dieses Falles? – Das Ende dieses Falls ist, dass dieser Mann, der nunmehr an seine Wohnung gefesselt ist, jetzt nicht mehr 80 Prozent, sondern nur mehr 62 Prozent als Ruhegenussbemessungsgrundlage hat. (Abg. Böhacker: Der Fall ist nicht neu! Der wird überprüft!)

Meine Damen und Herren! Das ist die "epochale Wende"! Das ist bei Ihnen "Zukunftssicherung"! Das nennen Sie "Zukunftssicherung für die Menschen". – Wir von der SPÖ sehen das nicht so!

Wenn schon eine Pensionsreform gemacht werden muss, meine Damen und Herren, dann hätte ich mir – vor allem von der ÖVP – erwartet, dass zumindest auf die Lebensplanung der Menschen Rücksicht genommen wird. Aber in diesem Falle – das sehen Sie ganz genau – ist darauf nicht Rücksicht genommen worden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt ist die Telekom. – Herr Finanzminister, da bitte ich Sie, sich ganz persönlich darum zu kümmern. Die Telekom ist ein ausgegliedertes Unternehmen, das ist völlig klar, allerdings hält der Staat meiner Information nach noch ungefähr 47,5 Prozent der Anteile.

Herr Finanzminister! Ich bitte Sie als Eigentümervertreter, dort einmal nachzusehen, was denn dort los ist. Gestern hat die Kollegin Dr. Moser der Frau Ministerin Forstinger diese Sache erzählt, und ich sage es jetzt auch Ihnen, weil ja Sie schlussendlich als Eigentümervertreter da auch Verantwortung haben: 12 000 Posten müssen dort binnen kürzester Zeit abgebaut werden. Dabei gibt es aber keine geordneten Übergänge, sondern die Leute erhalten am Mittwoch einen Anruf, sie bräuchten am Donnerstag nicht mehr zur Arbeit zu kommen. Sie müssen sich aber an den Folgetagen – keiner weiß, wie lange – bis 12 Uhr Mittag zu Hause bereithalten für den Fall, dass jemand ausfällt, damit sie dann einspringen können.

Herr Finanzminister, das ist doch keine Zukunftsvision! Ich bitte Sie, setzen Sie sich da ein! Wenn das auch noch stimmt, was Frau Kollegin Dr. Moser gestern gesagt hat, dass es bereits fünf Selbstmorde gegeben hat, dann bitte ich Sie wirklich, dort einmal nachzusehen, ob denn da der Eigentümervertreter wirklich nicht auch eingreifen muss und nicht nur sagen kann, das ginge ihn nichts mehr an. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe diese Dinge jetzt deshalb so eingehend angeführt, weil ja Pensionsreform und Verwaltungsreform Kernpunkte des Budgets sind.

Herr Finanzminister! Zur Verwaltungsreform ein Ja, aber nicht in jedem Fall. Zum Beispiel: Wenn versprochen wird – jetzt ein konkreter Fall aus der Region Braunau –, der Zoll und die Zollverwaltung würden nach Suben verlegt, weil dort mehr Aufkommen und weil es so rationeller und wirtschaftlicher ist, dann ist das okay. Das hat diese Region auch zur Kenntnis genommen. Es ist aber auch versprochen worden, dass die Zollabfertigung nach wie vor in Braunau verbleibt. Dem ist aber nicht so! Folgendes ist geschehen: Mit 1. Jänner des heurigen Jahres ist die Zollverwaltung zum Zollamt Suben gekommen, und jetzt – und ich habe heute einen Brief von einer Firma mit 50 Beschäftigten erhalten, die in die Drittländer der EU exportiert und dort eigene Firmen hat – heißt es, mit 11. April werde diese Zollabfertigung aufgelassen.

Herr Minister! Da glaubt keiner mehr an die Nichtverödung der Regionen, und da glaubt auch keiner mehr an die Aussagen, dass Verwaltungsreform im Sinne von Bürgernähe geschehen müsse. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir die Ausführungen der Redner von den Oppositionsparteien ein


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wenig zu Gemüte geführt und auch diesen Entschließungsantrag (der Redner hält diesen Antrag in die Höhe) genau gelesen. Darin kann man unter anderem Folgendes lesen:

"Eine Budgetpolitik, die unser Land kaputtspart, anstatt in die Zukunft zu investieren", "Geldgeschenke nach dem Gießkannenprinzip wie zum Beispiel eine Lohnnebenkostensenkung für alle".

Man kann diesem Entschließungsantrag weiters entnehmen: "Die Ausgaben für die Landwirtschaft steigen ins Unermessliche" und und und. Außerdem würde die Arbeitsplatzsicherheit gefährdet und die Wirtschaftskraft reduziert, heißt es da.

Wenn man sich dann einige Zeitungen ansieht, dann liest man dort: "Arbeitslosigkeit weiter im Sinkflug begriffen" (Abg. Knerzl: So ist es!), "Drittbester Wert in der EU: Österreich: 3,7 Prozent". – Das ist ein Wert, den sich viele Länder Europas und der Welt erträumen und wünschen würden, sie wären froh, wenn sie nur in die Nähe dieses Wertes kommen würden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiters kann man hier in dieser Zeitung lesen, dass Österreich bei der Jugendarbeitslosigkeit Spitzenreiter ist, was das niedrigste Niveau betrifft. "Ein Jahr der Rekorde für Österreichs Außenhandel" lautet eine weitere Schlagzeile. Hier steht auch: "Erfolgsstory – Mittel- und Osteuropa bei den Exporten".

Meine Damen und Herren! Angesichts dessen frage ich mich: Hat man hier die Bühne verwechselt? – Offensichtlich kann man einfach aus einem bestimmten Ritual nicht heraus, man muss dauernd sagen: Das, was die Regierung macht, ist schlecht! – Aber die dürftigen Vorschläge der Opposition halten Sie für gut. (Abg. Haigermoser: Das ist eine Milchmädchenrechnung!)

Meine Damen und Herren! Das ist tatsächlich eine Milchmädchenrechnung.

Meine Damen und Herren! Es ist doch eindeutig nachgewiesen, dass Österreich eine positive Standortpolitik betreibt, und es ist doch noch immer klar gewesen, dass nicht derjenige einen Betrieb, eine Institution, ein Land oder einen Staat gefährdet, der keine Schulden macht, sondern für die Zukunft Mittel und Reserven anspart, sondern dass immer nur derjenige Betrieb zugrunde geht, der überschuldet ist, der nicht in der Lage ist, die Zinsen zu finanzieren, der nicht in der Lage ist, die Kreditraten zu finanzieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Genau!)

Die Budgetdefizite der letzten Jahre waren nicht positiv, das müssen wir doch zugeben (Abg. Schwemlein: Wieviel habt ihr dazu beigetragen?), auch wir als ÖVP, meine Damen und Herren. Es ist daher klar, dass die neue Regierung bei der Finanzpolitik, bei der Wirtschaftspolitik einen Wechsel einzuleiten gehabt hat, der für die Zukunft positiv ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Edler und Schwemlein. ) Mag sein, dass es leichte Versuche auch schon früher gegeben hat, lieber Kollege Schwemlein, das will ich ja gar nicht in Abrede stellen, aber Faktum ist, dass die entscheidenden Schritte jetzt gesetzt wurden, meine Damen und Herren, und das kann niemand bestreiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Motto dieser Regierung lautet – und wenn es noch so weh tut –: Zuerst sanieren, dann reformieren und dann investieren! – Das tun wir auch: Wir reformieren die Verwaltung, das System des Miteinander, und wir investieren in die Bildung, in die Forschung und in die Infrastruktur. (Abg. Edlinger: Wo? Wo investiert diese Regierung in die Infrastruktur?)

Meine Damen und Herren! Ich habe aber auch eine Bitte an den Herrn Finanzminister, an die Budgetpolitiker dieses Landes, weil ich meine, dass es notwendig wäre, dass alle Gebietskörperschaften, also Bund, Länder und Gemeinden, und da insbesondere der ländliche Bereich nicht vernachlässigt oder nicht weiter geschwächt werden. Wir haben auf dem Land zwar den Vorteil der unberührten Natur, des Wassers (Abg. Dr. Einem: Überdüngung!), der schützenswerten Bereiche, der Erholungslandschaft und so weiter, gar keine Frage, aber wir haben wesentliche Nachteile, was den öffentlichen Verkehr betrifft, wir haben wesentliche Nachteile in


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der Schülerbeförderung, wir haben den Nachteil des Fachärztemangels im ländlichen Bereich (Abg. Schwemlein: Dann löst es! Tu was!), und wir haben Probleme bei der Nahversorgung, und zwar entscheidende Probleme. Von 445 Gemeinden in Oberösterreich sind 39 ohne Nahversorger, 95 ohne Veranstaltungssaal, 120 ohne Arzt und 238 ohne Tankstelle.

Meine Damen und Herren! Es wird daher in Zukunft notwendig sein, wenn dieses Budget saniert ist, sehr geehrter Herr Bundesminister, gerade auch für den ländlichen Bereich gewisse Schwerpunkte zu setzen. Ich mache nochmals darauf aufmerksam: Es wird nicht möglich sein, dass man die Gemeinden bei der Frage der Getränkesteuer-Rückzahlung alleine lässt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Dein Mödlhammer ist der schnellste Umfaller in Österreich!)

17.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

17.43

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Budget 2002 ist eine ganz wichtige und positive Weichenstellung für unser Land, es ist die Zukunftsgestaltung für Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erstmals geben wir nicht mehr Geld aus, als wir einnehmen. Erstmals gibt es jetzt auch keine neuen Belastungen. Das ist eine grundvernünftige Finanzpolitik, das ist ein guter und kluger Umgang mit dem Steuergeld unserer Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In welcher Situation konsolidieren wir den Haushalt? – Es wurden im letzten Jahr von der österreichischen Wirtschaft Investitionen mit einem Volumen von 667 Milliarden Schilling getätigt. Das ist ein Rekordwert an Investitionen: 667 Milliarden Schilling! Wir haben in Österreich 24 000 neu gegründete Unternehmen, wir haben 25 800 Menschen mehr in Beschäftigung, davon 23 700 Frauen.

Wir haben bei den Exporten Rekordwerte, was die Steigerung betrifft, wir sind die Dritt- beziehungsweise Viertbesten in Europa hinsichtlich der Inflation, und wir sind die Drittbesten bei den Arbeitsmarktindikatoren. Das heißt, wir haben eine hervorragende ökonomische Situation. Ich kann Ihnen daher versichern: Das Timing unserer Konsolidierung ist richtig, es ist nicht zu schnell, sondern wir sind mit dem Jahr 2002 im guten Mittelfeld, wir sind die Nummer zehn, die Nummer elf, die Nummer neun in Europa, je nachdem, was andere Länder tun. Aber ich sage Ihnen voller Überzeugung: Österreich hat keinen Platz hinter Griechenland, hinter Portugal, hinter Spanien. Da gehören wir nicht hin, sondern wir brauchen eine grundvernünftige Finanzpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Daher war diese – wie es Pedro Solbes, der Währungskommissär der Europäischen Union ausdrückte – spektakuläre Verbesserung unserer Finanzpolitik notwendig. Es ist gelungen, Schwerpunkte zu setzen, und zwar in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung sowie bei der Infrastruktur, was wichtig ist, wenn wir unsere Beschäftigungssituation noch weiter verbessern und Vollbeschäftigung erreichen wollen. (Abg. Eder: Das ist eine reine Fata Morgana!)

Wir haben darüber hinaus in der Sozial- und Familienpolitik Schwerpunkte gesetzt, zum Beispiel mit dem Kinderbetreuungsgeld, wodurch es zu einer massiven Verbesserung der Kaufkraft kommt, weil es mehrere Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft für unsere Familien und für unsere Kinder geben wird. Das ist eine wichtige Schwerpunktsetzung, die dieses Land zukunftsfähig machen wird und die uns auch eine Perspektive gibt, wie wir in den nächsten Jahren die Rahmenbedingungen weiter verbessern können, damit der Wirtschaftsstandort noch attraktiver wird und die Beschäftigung weiterhin gesteigert werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte noch kurz auf einige Argumente eingehen, die von einigen Abgeordneten gekommen sind.


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Frau Abgeordnete Huber, Sie haben gesagt, diejenigen Länder in Europa, die Überschüsse haben, haben wesentlich höhere Gewinnsteuern. – Erstens ist dazu zu sagen: Das ist nicht richtig! Sehen Sie sich Dänemark an, sehen Sie sich Finnland an, sehen Sie sich Irland an, sehen Sie sich Luxemburg an! Dort sind die Gewinnsteuersätze teilweise niedriger, als wir sie in Österreich haben, und trotzdem machen diese Länder Überschüsse. Zweitens darf ich Ihnen grundsätzlich sagen: Wir sind nicht dafür, die Gewinnsteuern in Österreich zu erhöhen, sondern wir sind für eine Perspektive, die heißen muss: Senkung und Entlastung! Das ist die zweite Phase nach der Sanierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Da kann der Edlinger noch was lernen! So wird es gemacht!)

Frau Abgeordnete Hagenhofer! Sie haben die Besteuerung der Unfallrente nochmals angesprochen, und, wie ich glaube, auch sehr fair angesprochen. Ich bedanke mich dafür. Nichts liegt mir ferner, als hier einen Vergleich mit Lotterie- oder Gewinnspielen zu ziehen, wie Sie dankenswerterweise auch nicht angenommen haben, sondern klar ist für mich: Finanzmittel sind dort einzusetzen – am Beispiel der Unfallrente –, wo es gilt, Härten auszugleichen, und wo es notwendig ist, soziale Gerechtigkeit wieder herzustellen. Daher werden wir das auch tun, und wir haben uns dazu auch bekannt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was die Telekom anbelangt, so kann ich Ihnen versichern, dass ich der von Ihnen geschilderten Sache gerne nachgehen werde. Ich habe vor, Gespräche mit den verantwortlichen Organen zu führen. Es ist auch für mich ein Umgang mit Mitarbeitern, wie Sie ihn geschildert haben, nicht akzeptabel. Ich bin einfach der Überzeugung, dass in allen Bereichen, in denen wir arbeiten, die Motivation der Mitarbeiter eine ursächliche Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens ist. Daher muss man mit den Mitarbeitern gemeinsam vorgehen, eine Motivation der Mitarbeiter erreichen, damit sie mit Freude bei der Arbeit sind, und dann wird es auch gelingen, das Unternehmen zu einem erfolgreichen Unternehmen zu machen, was auch zu einem Erfolg der Aktionäre führen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben drei Budgets innerhalb eines Jahres gemacht: das Budget 2000, das Budget 2001, und heute auch das Budget 2002. Wir haben im Zuge dieses Jahres einen Finanzausgleich ausverhandelt. Außerdem sind wir gerade dabei – in dieser Stunde ist Herr Staatssekretär Alfred Finz mit den Landeshauptleuten am Werk –, zum Finanzausgleich den Stabilitätspakt auszuverhandeln.

Das war eine riesige Kraftanstrengung, das bedeutete einen massiven Arbeitseinsatz für die Mitarbeiter meines Hauses und für die Mitarbeiter der anderen Ministerien. Ich danke den Mitarbeitern für ihre große Unterstützung, ich danke auch den Mitarbeitern hier im Parlament für diesen intensiven Fahrplan, und ich möchte mich auch bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr herzlich für die umfassende Diskussion des Bundesvoranschlages und der Budgets in diesem Jahr bedanken.

Vor allem möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie mit Ihrem Beschluss – davon darf ich als Optimist ausgehen – es heute ermöglichen, dass wir eine zukunftsorientierte und positive Finanzpolitik in Österreich auch umsetzen können. Damit darf ich sagen: Ein guter Tag, meine Damen und Herren, eine gute Diskussion endet mit einem sanierten Budget. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Ihre Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Dieses Niveau wird er nicht erreichen, der kommende Redner, das kann er gar nicht erreichen!)

17.50

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich finde, diese blau-schwarze Regierung ist nach knapp einem Jahr sehr blass geworden. (Heiterkeit.) Meine Damen und Herren! Auch der Herr Finanzminister ist ja sehr blass. Sie stecken mitten im Wüstensand und spüren den Bärentaler Föhnwind. Das ist die derzeitige Situation dieser Bundesregierung. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Herr Bundesminister! Sie sprechen von Zukunftsgestaltung. Ihre Rede, die Sie schon drei Mal wiederholt haben, ist immer die gleiche. Sie sparen im Wesentlichen bei der Bildung, Sie sparen bei der Zukunft. Sie können daher eigentlich sehr wenig von Zukunftsgestaltung sprechen.

Eines ist heute schon wiederholt angesprochen worden, und das betrifft die Schulden. Die letzte Regierung hat schon wesentliche Schuldenbeträge abgebaut. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo denn? Pleiteminister Edlinger!) Das Budgetdefizit wurde unter Edlinger schon halbiert. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren! Wir waren schon auf dem besten Weg zum Nulldefizit, wir bekennen uns auch dazu, aber bei uns wäre es ein anderer Weg gewesen, nicht der Weg, den Sie gegangen sind, denn dieser ist brutal, ist ein Weg des Sozialabbaus, und das ist abzulehnen.

Sie werden ja von Ihren Fehlern eingeholt. Sie müssen Ihre Gesetze praktisch tagtäglich reparieren, und das ist eigentlich ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen von Reformen, aber wenn Sie von Reformen sprechen, müssen die Menschen Angst haben. Was bedeuten Ihre Reformen? Reformen bedeuten bei Ihnen Politik ohne Herz, Ihre Reformen bedeuten, dass die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. Sie haben den österreichischen Weg der Konsenspolitik verlassen, Sie suchen Konflikte, aber Sie müssen dafür auch die politische Verantwortung tragen, meine Damen und Herren!

Herr Bundesminister! Wenn Sie den Beamten gedankt haben, dann ist das zu unterstreichen, zumal wir heute auch die Finanzverwaltung anzusprechen haben. Es ist zu begrüßen, was den Kolleginnen und Kollegen dort gelungen ist. Sie haben über die Fahndung und durch strengere Kontrollen 3 Milliarden Schilling mehr eingenommen. Als Sie Ihr Amt übernommen haben, Herr Bundesminister, haben Sie zu den Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern ein eher gestörtes Verhältnis gehabt. Ich sage okay, das hat sich geändert. Sie haben offenbar zur Kenntnis genommen, dass motivierte Mitarbeiter mehr herausholen.

Es gäbe diesbezüglich sehr viel zu tun! Es wäre sehr viel Geld, ja es wären viele Milliarden zu holen. Ich denke da etwa an die Schwarzarbeit oder daran, was wir bei der Verkehrsdebatte angesprochen haben, insbesondere was das LKW-Gewerbe betrifft, weil besonders aus den Ostländern umfangreiche Schwarzleistungen erbracht werden. In diesem Bereich könnten wir wirklich Milliardenbeträge einnehmen! Dann bräuchten wir keine Ambulanzgebühr und keine Besteuerung der Unfallrenten, meine Damen und Herren!

Herr Finanzminister! Wenn Sie neue Einnahmequellen erschließen wollen, dann hoffe ich, dass Sie dabei doch einen Konsensweg suchen werden. Es wurde hier zum Beispiel angesprochen, dass Sie die Arbeiterkammerbeiträge senken wollen, aber ich möchte betonen, dass das ja keine Einnahme für den Staat, für den Finanzminister ist, sondern dass das Beiträge der Kolleginnen und Kollegen für ihre gesetzliche Interessenvertretung sind. Oder wollen Sie die Arbeiterkammer mundtot machen? – Das wird sich die Arbeiterkammer und das wird sich die Gewerkschaftsbewegung sicherlich nicht gefallen lassen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss: Ich erinnere Sie daran, was ich zum Einstieg gesagt habe, und die Wiener Wahl hat das gezeigt: Sie haben in Österreich keine Mehrheit mehr. Sie haben davon gesprochen, dass Sie von der österreichischen Bevölkerung so sehr unterstützt werden. Aber reden Sie heute draußen in den Städten, in den Dörfern einmal mit den Menschen! Die Politik, wie Sie sie heute gestalten, wird von der Bevölkerung abgelehnt! Und Sie haben ein Ablaufdatum, Ihre Zeit läuft ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Hornek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Edler, mir ist ein blasses,


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nobles Gesicht lieber als rot gefärbte Haare am und rote Zahlen im Kopf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Am ersten März 2001 wurde diesem Hohen Haus das Herzstück des neuen Regierens präsentiert, und zwar das historische Budget 2002 – ein historisches Budget zum einen, weil es das erste Budget in Euro ist, zum anderen, weil es das erste Budget ohne gesamtstaatliches Defizit ist.

Die gute Wirtschaftslage des letzten Jahres ermöglicht eine zügige Budgetsanierung, die notwendig ist. Zur nachhaltigen Absicherung des Konsolidierungsprozesses ist jedoch eine längst überfällige Verwaltungsreform unabdingbar, die sowohl beim Bund als auch bei den Ländern anzusetzen ist. Jede zeitliche Verzögerung würde bedeuten, dass zu einem späteren Zeitpunkt unangenehmere Maßnahmen gesetzt werden müssten.

In Zukunft muss es die oberste Prämisse sein, mehr denn je sparsam und klug – sprich: effizient – mit dem Geld des Steuerzahlers umzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Verwaltungsaufgaben sollen auf jener Ebene erledigt werden, wo dies am besten und am schnellsten erfolgt. Schneller zum Bürger, schneller zur Sache, muss die Vorgabe sein. Eine Dezentralisierung hin zu Bezirksbehörden, ergänzt durch das virtuelle Amtshaus, ist anzustreben.

Verwaltungsreform kann aber nicht bedeuten, dass gut funktionierende, leistungsorientierte, aber kleinere Einrichtungen auf dem Land geschlossen und Zentralverwaltungen zugeordnet werden. Die Größe einer Struktur sagt nicht unbedingt etwas über ihre Leistungsfähigkeit aus. Kostenwahrheit und Synergien sind bedeutsam. In der Privatwirtschaft wurde das längst erkannt. Ein großer Versicherungskonzern verlagerte seine Softwareentwicklung etwa vom Ballungsraum hinaus aufs Land, und zwar nach Raabs an der Thaya, weil dort die Gesamtkostenstruktur eine wesentlich günstigere ist; sprich: günstigere Raummieten und hochmotiviertes Personal.

In der Vergangenheit war im Verwaltungsbereich das genaue Gegenteil der Fall. Auch hiezu ein Beispiel: Planposten wurden vom Finanzamt Waidhofen an der Thaya abgezogen. Im Gegenzug bekamen die Landgemeinden Finanzamtbescheide aus dem 23. Bezirk in Wien zugestellt, und das, obwohl die Stadt Waidhofen an der Thaya der Bundesverwaltung ein Gebäude um einen einzigen Schilling zur Verfügung gestellt hatte. Derartige Fehlentwicklungen der Vergangenheit sind in Zukunft hintanzuhalten.

Ein positives Beispiel, wie Synergien im Verwaltungsbereich genutzt werden können, ist das Dienstleistungszentrum Waidhofen an der Thaya, wo unter einem Dach Gendarmerie, Bauernkammer, Bezirksgericht, Vermessungsbüro und ähnliche Einrichtungen untergebracht sind. Der Bürger hat eine Anlaufstelle in seinem unmittelbaren Nahbereich, und Einrichtungen wie ein Veranstaltungssaal und die technische Infrastruktur können gemeinsam genutzt werden. Somit ist eine optimale Nutzung von Raum und Technikressourcen möglich, und damit ist eine günstige Kostenstruktur gegeben.

Am heutigen Tag wurde unter dem Kapitel 15 der bedeutsamste Budgetposten, Soziales, diskutiert, ein Bereich, der aufgrund seiner unmittelbaren Auswirkungen auf die Menschen ein sehr sensibles Thema ist. Aber auch da gilt, dass zur Absicherung unseres guten Sozialsystems eine Neuausrichtung unumgänglich ist. Es muss alles darangesetzt werden, um in Zukunft aus Milliarden für den Zinsendienst Milliarden für die Attraktivierung des Lebens- und Wirtschaftsstandortes Österreich zu machen (Beifall bei der ÖVP) und um diese Milliarden in Zukunft für die Bildung und für eine moderne Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sinnlose Schulden- und Zinsendienste reduzieren die Zukunftschancen der Jugend. Daher beschließen wir heute dieses innovative und historische Budget. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Was bringt eine solche Zusammenfassung der Budgetverhandlungen, und was hat das letzte Jahr gebracht? – Es hat eine Jagd nach dem Nulldefizit gebracht. Es hat die Besteuerung von sozial schwachen Gruppen gebracht, und zwar nur von diesen. Es hat eine "Strukturbereinigung" – unter Anführungszeichen – gebracht, das heißt, eine Personalreduktion in Bereichen, wo es wirklich schmerzt. Es hat Zivildiener, Kranke, Unfallrentner, Pensionisten und Frauen sozusagen zu Opfern gemacht. Außerdem hat es gebracht, dass wir – das können Sie feststellen, wenn Sie die morgige Ausgabe des "Kurier" lesen – in der EU das Schlusslicht beim realen Einkommenszuwachs im Jahr 2002 sind. Diesbezüglich sind wir das absolute Schlusslicht in der Europäischen Union!

Mit dem Budget 2002 wird der eingeschlagene Weg fortgesetzt, auch wenn Sie von den derzeitigen Regierungsparteien bereits an sich selbst und an der Sinnhaftigkeit Ihrer Maßnahmen zu zweifeln beginnen, wie das in den Zeitungen ja schon zu lesen war.

Auffällig – das kann nicht oft genug betont werden – ist Ihr bildungspolitisches Null-Interesse und Ihre Null-Schwerpunktsetzung. Belastungen und Budgetkürzungen gibt es ganz besonders bei der Bildung, und das nennen Sie dann "zukunftsorientiert". Ankündigungen gibt es zwar genug, zum Beispiel die so genannte IT-Initiative und IT-Offensive oder das Jahr der Sprachen, aber passen Sie auf, sehr geehrte Damen und Herren, dass das Jahr nicht vorbei ist, bevor Sie aufwachen! Geschehen ist nämlich bis jetzt nichts.

Wie sollen zum Beispiel Sprachen in Größtklassen unterrichtet werden, wenn die Zahl der LehrerInnen reduziert wird? Ein Beispiel aus dem heutigen "Standard": In einem Wiener Gymnasium wurden früher 24 Klassen im Sprachunterricht geteilt. Heute sind es nur mehr sieben.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, werfen unserer Jugend Prügel vor die Füße, vor allem im Wettbewerb innerhalb der EU. (Beifall bei der SPÖ.)

Das bundespolitische Trauma des letzten Jahres in Bezug auf das Ressort Wissenschaft waren sicher die Studiengebühren, eine neue Bildungssteuer: 10 000 S pro Kopf und Jahr auf der "nach oben offenen Skala", wie Rektoren, Professoren und Vertreter unterschiedlicher Bildungsinstitutionen befürchten. Es gibt ja Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten, wo das freie Spiel der Kräfte schlimme Auswirkungen zeigt – Erfahrungen, sehr geehrte Damen und Herren, die wir hier in Österreich nicht machen wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Die Freigabe der Studiengebühren statt eines freien Zugangs zur Bildung, das Hinaufschnellen der Gebühren und damit weniger Studentinnen und Studenten – auch das kann man ja als "Strukturbereinigung" bezeichnen. Weniger Studierende im Verhältnis zu den Lehrenden – eine "wunderbare" Statistik auf dem Papier! Der Regierung ist geholfen, sie braucht kein neues Konzept zu entwickeln, sie braucht das Konzept nicht zu verantworten, und sie braucht sich auch keine Gedanken zum Beispiel über das Anmeldungschaos an den Universitäten zu machen. "Mann" wird sich wieder problemlos anmelden können, denn es wird eben weniger Studenten geben. Und hier ist die männliche Form "Mann" und "Student" durchaus gerechtfertigt, denn diese Besteuerung erweist sich als äußerst frauenfeindlich, wie eben die Haltung der Regierungsparteien zu den Frauen im Allgemeinen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wen werden denn die Familien studieren lassen, wenn sie zwei Kinder haben und es sich dabei um ein Mädchen und einen Buben handelt? – (Abg. Schwarzenberger: Das Mädchen wahrscheinlich! Wir haben mehr Studentinnen als Studenten!)

Es gibt auch viele Frauen, die endlich versäumte Bildungschancen wahrnehmen könnten. Das sind nicht wenige. Das sind Frauen, die vor 20 Jahren keine Möglichkeit in Richtung höhere Bildung hatten. Das sind Frauen, deren Kinder jetzt größer sind und die sich selbständig machen wollen. Es gibt davon sehr viele! Ich kenne in Klagenfurt etliche Frauen, die ihr Studium abbre-chen werden müssen oder es gar nicht beginnen können, weil sie 10 000 S an Bildungssteuer pro Jahr nicht zahlen können. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie zer


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stören die Lebensplanung von Frauen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner.  – Abg. Steibl: Das geht zu weit! Was haben Sie 30 Jahre lang gemacht?!)

Sie zerstören die Lebensplanung von Frauen, und Sie halten Frauen in der Abhängigkeit. Sie halten sie fern von höherer Bildung. Und das nennen Sie dann wieder "Strukturbereinigung".

Meine Damen und Herren! Ihr Budget ist sozial unausgewogen und schadet dem Land. Die SPÖ hat andere Ziele und andere Inhalte. Wir können diesem Budget nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – bitte.

18.05

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mich wundert es, dass kein einziger Abgeordneter der SPÖ den Entschließungsantrag erwähnt hat. Ich frage mich, warum nicht. Darin heißt es: Verzicht auf Mehrausgaben 2002: 50,6 Milliarden Schilling, Einnahmenverzicht 2002: 50,6 Milliarden Schilling. Saldo: Null. – Verzicht auf Mehrausgaben 2003: 73,6 Milliarden Schilling, Einnahmenverzicht 2003: 73,6 Milliarden Schilling. Saldo: Null. – Ich glaube, Sie haben Angst vor dieser "Edlinger"-Punktlandung. Diese Punktlandung ist Ihnen zu genau, und Sie getrauen sich gar nicht mehr, das zu erwähnen.

Was wollen wir? Wir wollen einen Schuldenabbau – die Opposition will das nicht. Wir wollen die Schulden nicht erhöhen – die Opposition will das nicht. Die Schulden von heute belasten die Jugend und produzieren die Arbeitslosen von morgen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )  – Ist schon recht, Herr Klubobmann. Sie werden das auch öfter machen, dass Sie die gleiche Rede herausziehen. Wie ich Sie kenne, ist das so bei Ihnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Eigentlich nicht!)

Man muss es euch ja immer wieder sagen: Die Schuldenpolitik der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass sich ein Schuldenberg von 2 250 Milliarden Schilling angehäuft hat. Herr Klubobmann! Sie wissen, was das bedeutet. Allein die Zinsen, die wir dafür zahlen, betragen 274 Millionen Schilling pro Tag! Wenn ich das auf eine vierköpfige Familie umrechne, dann ergibt das im Monat 4000 S für diese Familie.

Herr Klubobmann! Ich möchte auch betonen: Unsere Minister, die ÖVP-Bundesminister, die ÖVP-Finanzminister haben sich immer zu ihren Ressorts bekannt und haben auch die Verantwortung dafür übernommen. Sie von der SPÖ übernehmen nicht die Verantwortung!

Wir haben im Jahre 1970 43 Milliarden Schilling an Schulden übergeben. Sie haben uns jetzt 2 250 Milliarden Schilling an Schulden übergeben! Mich wundert es ja gar nicht, dass sich Herr Finanzminister a. D. Edlinger, der Vorgänger unseres Finanzministers Karl-Heinz Grasser, vor einer persönlichen Amtsübergabe gefürchtet hat. Er hat sich für das geniert, was er zu übergeben hatte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Er hat sich geschlichen!)

Mit dem Budget 2002 wird das Ende der Schuldenpolitik in Österreich eingeleitet. Es ist dies ein sozial ausgewogenes und nachhaltiges Budget und bildet die Grundlage für einen modernen und wettbewerbsfähigen Staat. Das Budget 2002 ist ein historisches Budget, weil es mit der jahrzehntelangen Tradition der Schuldenpolitik bricht. Österreich wechselt wieder auf die Überholspur. Der Wirtschaftsstandort Österreich wird gefestigt. Dieses Budget eröffnet einen Spielraum für Zukunftsinvestitionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstmals seit 30 Jahren wird es ein Nulldefizit für den Gesamtstaat geben. Darüber hinaus ist dieses Budget das erste Budget, welches gänzlich in Euro erstellt wurde.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niemand kann auf Dauer mehr Geld ausgeben, als er einnimmt – Sie von der SPÖ wollen das aber! –, das gilt für den Staat, das gilt für die Familien, und das gilt auch für jeden Einzelnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die meisten EU-Länder können bereits darüber nachdenken, wie sie die erzielten Überschüsse verwenden. Und was denken wir? Wir und Sie von der Opposition denken über die Schulden nach.

Der jetzige Zeitpunkt ist der richtige für eine dauerhafte Sanierung. Die Wirtschaftsdaten sind in Ordnung: großes Wirtschaftswachstum, steigender Export, steigende Industrieproduktion, 25 000 neue Arbeitsplätze, 27 000 weniger Arbeitslose. Wir haben den Zustand der Vollbeschäftigung erreicht. Diese positiven wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind eine ausgezeichnete Grundlage für das Budget 2002.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Budgetkonsolidierung ist Dienst an den Kindern, ist Dienst an der Zukunft. Wir wollen keinen ständig wachsenden Schuldenberg hinterlassen, der die Zukunftschancen unserer Jugend belastet. Das ist neu Regieren! Schulden machen ist unsozial. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Nach dem das x-te Mal vorgetragenen Credo der ÖVP sei Ihnen von der ÖVP einmal mehr ins Stammbuch geschrieben, dass die Ausgabenüberschreitungen, die der Rechnungshof für die neunziger Jahre festgestellt hat, in erster Linie von den ÖVP-Ressorts zu verantworten sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Von der Heiligkeit zur Scheinheiligkeit ist es also in diesem Zusammenhang nicht mehr ganz so weit.

Ich möchte mich aber dem Entschließungsantrag zuwenden, da moniert wurde, dass dazu noch nichts gesagt wurde. Die grüne Fraktion wird diesem Entschließungsantrag zustimmen, weil er einen groben Fahrplan für einen Zeitraum beinhaltet, der diese Legislaturperiode umfasst. Ich möchte aber hinzufügen – deshalb habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet –, dass wir nicht mit allen Punkten im Detail konform gehen.

Bei der ausgabenseitigen Sanierung könnte man, Stichwort: Verwaltungsreform, sicher noch das eine oder andere phantasievoller gestalten. Es wird sicher auch mit unserer Fraktion darüber zu reden sein, was die Reformkommission auf den Tisch gelegt hat. Meines Erachtens ist es auch nicht der Weisheit letzter Schluss, dass wir zum Beispiel neun Bundesstraßenverwaltungen haben müssen, in Tirol, in Vorarlberg, überall eine eigene, die bekanntermaßen auch anfällig für bestimmte unliebsame Vorgänge im Beschaffungsbereich sind. Hier könnten wir mit mehr bundesstaatlicher Steuerung viel mehr erreichen. Aber man kann mit uns darüber reden, das wird nicht der Punkt sein, und es sind Maßnahmen dabei, die auch die nächsten Jahre betreffen werden.

Viel wesentlicher scheint mir der Hinweis zu sein, was den militärischen Bereich betrifft. Wir würden viel weiter gehen, Kollege Edlinger. Aber vielleicht haben Sie einen guten Grund dafür, warum Sie die Abfangjägerbeschaffung nicht mit hineingenommen haben. Im alten Koalitionsabkommen, das ja dann nicht zum Tragen gekommen ist, war ja auch eine so genannte außerbudgetäre Finanzierung von Kollegen Fasslabend mit ausverhandelt worden. Wir meinen, ein Abfangjägerkauf hat in dieser Legislaturperiode und in der nächsten Legislaturperiode nichts verloren. Wir würden uns damit nur Belastungen für die Zukunft, von der so viel geredet wurde, aufhalsen. Das können wir uns schenken. Es wäre also noch wesentlich mehr Spielraum in diesem Sanierungsprogramm vorhanden.


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Letzter Punkt. Aus grüner Sicht anders zu beurteilen ist die Frage der Lohnnebenkostensenkung. Da kann man unseres Erachtens dann sinnvoll nachgeben, wenn auch der Punkt umgesetzt wird, den Sie mit drinnen haben, nämlich den der Energiebesteuerung. Eine Energiebesteuerung im Gegenzug dazu und aufkommensneutral gestaltet wäre sicherlich eine sinnvolle Maßnahme. Sie kennen das ökosoziale Steuerreformprogramm unserer Fraktion. Es wäre wirklich sinnvoll, über Lohnnebenkostensenkung und Energiebesteuerung gemeinsam nachzudenken. Ich füge aber hinzu, dass das dann natürlich nichts zur Sanierung beiträgt, weil es in sich ein Nullsummenspiel ist und aufkommensneutral sein soll.

Das wären die Unterschiede. Das soll nur vermerkt werden, damit uns der fleißige Kollege Westenthaler da nicht ständig verfolgt. Es ist nun angemerkt.

Ich glaube, die Zukunft, was das Budgetprogramm an sich betrifft, Herr Kollege Grasser, ist einfach daran zu messen, wie man in dem Bereich vorgeht, der entscheidend ist, und das ist eben die Frage der sozialen Treffsicherheit. Positiv formuliert: Gibt es ein Programm zur Armutsbekämpfung? Werden Klientelen beteiligt oder nicht? – Deshalb ein klares Nein von unserer Seite im Militärbereich. Und letztlich eben die Frage: Hat der Begriff Umwelt im Zusammenhang mit Wirtschaft und Budget noch eine Bedeutung oder nicht? – Diese haben Sie ausradiert. Deshalb haben Sie auch in diesem Punkt, wie in einigen anderen auch schon, abgedankt.

Das waren unsere Anmerkungen, und damit, glaube ich, kann man ganz beruhigt aufhören. (Beifall bei den Grünen.)

18.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Edlinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.15

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Die Debatte zum Budget 2002 geht dem Ende zu, und es ist natürlich überhaupt keine Überraschung, dass die Parteien der Regierungskoalition dieses Budget auch beschließen werden, aber ich glaube, unter Begleitumständen, mit denen der Finanzminister bei seiner Budgetrede, in der er von einem historischen Budget gesprochen hat, sicher nicht gerechnet hat. Die Debatte war nämlich von einer Reihe von Irritationen begleitet, die in erster Linie ihre Ursachen in der Regierungspolitik hatten. Höchstgerichtliche Entscheidungen bewiesen den Pfusch und das Chaos, das diese Regierung verursacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wienerinnen und Wiener zeigten ihre mangelnde Wertschätzung gegenüber dieser Regierung und haben auf Grund der exzellenten Wiener Kommunalpolitik (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) und dieser Regierungspolitik der blau-schwarzen Koalition im wahrsten Sinne des Wortes die gelbe Karte gezeigt, und das mit Recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Und das finde ich besonders bemerkenswert: Als politisches Begleitsyndrom musste die halbe Regierung am Faaker See antreten, um sich eine Abreibung zu holen, die sich im wahrsten Sinne des Wortes gewaschen hat, wie den Medien zu entnehmen war.

Man kann in den "Salzburger Nachrichten" nachlesen: Als die FPÖ-Spitze nach der Krisensitzung am Faaker See das Tagungshotel verließ, hatte man den Eindruck, hier sei eine Gehirnwäsche vonstatten gegangen. Und das ist sehr bemerkenswert, denn das sind die Rahmenbedingungen, die letztendlich auch dieses Budget politisch begleitet haben.

Die dort ausgegebene Sprachregelung war nämlich auch interessant und ist ein Punkt, der, wie ich glaube, doch auch das politische Klima in diesem Lande ganz massiv bestimmt: Statt in sich zu gehen und Kurskorrekturen vorzunehmen, holen Sie zum Rundumschlag gegen die Kritiker und natürlich auch gegen die Opposition aus. Statt den Dialog zu suchen, drohen Sie, den Kritikern das Handwerk zu legen. (Abg. Haigermoser: Dialogspezialist!)

Sie bezichtigen die Betroffenen des subversiven Verhaltens, wie das mehrfach in den Medien zu lesen war. Und das ist schon sehr interessant, wenn man sich Ihre Budgetpolitik anschaut: sub


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versive Verfassungsrichter offensichtlich, weil sie Ihre chaotischen Gesetze aufheben, subversive Beamte, weil sie angeblich arme Regierungsmitglieder in die Irre führen, subversive Lehrer, weil sie sich wie etwa in Vorarlberg zu gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen entschließen, subversive Wissenschafter, weil sie die Regierung falsch beraten, subversive Unfallrentner, weil sie sich vor Ihnen fürchten, subversive Studenten, weil sie ganz einfach gegen die Studiengebühren sind, subversive Landeshauptleute, weil sie auch nicht so springen, wie Sie das gerne hätten. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Demonstranten haben Sie vergessen!)

Das sind die Rahmenbedingungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, unter denen diese Budgetpolitik stattgefunden hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem Budget 2002 setzen Sie die Politik der sozialen Umverteilung fort. Und wenn Sie, Herr Böhacker, gesagt haben: keine einzige neue Maßnahme, dann mögen Sie Recht haben, aber es sind die Maßnahmen, die Sie bisher beschlossen haben, in ihrer fortwährenden Wirkung so grausam zu den Menschen in diesem Lande, dass man nicht darüber hinweggehen kann.

Der Herr Finanzminister und auch Sie stellen sich hin und sagen: Die Steuern steigen nicht! Wahr ist vielmehr, dass selbstverständlich die Steuern steigen.

Wenn Sie sich den "Kurier" von morgen anschauen (der Redner hält eine Seite des "Kurier" in die Höhe), dann werden Sie eine Graphik finden, die zeigt, dass die Steuern steigen. Sie werden gleichzeitig sehen, dass sich das Realeinkommen in Österreich an letzter Stelle in Europa entwickelt. Sie betreiben von verschiedenen Seiten her eine Umverteilung, die ganz einfach zu dem Ergebnis führt, dass es immer kälter wird in diesem Staate, kälter für jene Menschen, die auf die Hilfe des Staates angewiesen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen in aller Kürze fünf Punkte argumentieren, warum wir gegen das Budget sind, es gäbe viel mehr.

Die Belastungspolitik der Regierung geht weiter – 111 Milliarden Schilling mehr an Steuern als 1999.

Die Lohnsteuer explodiert und steigt um 18 Prozent. – Die Arbeiter, die Angestellten, die Pensionisten in diesem Lande zahlen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ein selektiver Wahrnehmer sind Sie!)

Die Einnahmen steigen seit 1995 fünfmal so hoch wie die Ausgaben. – Das ist Ausgabenkonsolidierung?

Österreich ist Schlusslicht in der Einkommensentwicklung. Sie haben uns von der Überholspur auf die Kriechspur katapultiert. Das ist Ergebnis Ihrer Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage nach der sozialen Treffsicherheit ist eine, die wir Ihnen in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder vorhalten werden. Ja was heißt denn das, welche Menschenverachtung kommt denn da zum Ausdruck, wenn Sie den Unfallrentnern bis zu einem Drittel ihres Geldes wegnehmen und der Finanzminister in der Zeitung sagt: Eigentlich bringt das überhaupt nichts!, wenn Studenten Probleme haben, Studiengebühren zu zahlen, und sich der Finanzminister darüber amüsiert, wenn Sie bei den Ambulanzgebühren hin und her überlegen, in welcher Weise man in diesem Bereich angeblich soziale Treffsicherheit herbeiführen kann und wie man möglicherweise verhindert, dass das Kranksein in Österreich immer teurer wird? – Das ist die Politik, die Sie zu verantworten haben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie von sozialer Treffsicherheit sprechen, dann denken Sie darüber nach, welche Maßnahmen Sie setzen, um sozial Schwache besonders zu treffen! Und wenn Klubobmann Khol immer vom Abfedern spricht: "Abfedern" steht in der Wortwahl dem Rupfen sehr nahe, und Rupfen kommt bekanntlich vor dem Kochtopf. – Das ist die Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie den Österreichern letztendlich verordnen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn Sie sagen, an all dem sind die 30 Jahre sozialdemokratischer Regierungspolitik schuld, weil nichts als Schulden hinterlassen wurden, dann übersehen Sie, dass in diesen 30 Jahren Österreich zu einem der führenden Industriestaaten Europas und der Welt entwickelt worden ist (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP), dass wir ein Gesundheitssystem haben, um das uns fast alle Staaten der Welt beneiden, ein Sozialsystem, in dem sich niemand fürchten muss und das Sie jetzt demolieren. Soziale Sicherheit war eines der Grundprinzipien dieser sozialdemokratischen Politik. Dazu stehen wir auch, und das ist auch jene Politik, die vor Ihnen zu verteidigen wir die Absicht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben heute einen umfassenden Entschließungsantrag eingebracht, der auch verteilt worden ist. Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, damit da kein Missverständnis entsteht: Das ist kein alternativer Budgetantrag, sondern das ist der Versuch einer Darstellung – unter Anerkenntnis des Nulldefizits, obwohl man auch darüber diskutieren kann – eines anderen Weges bis zum Jahr 2002 als jenen, den Sie als alternativlos bezeichnen. (Abg. Dr. Pumberger: Sie wollen das Bundesheer abschaffen!)

Wir wollen einen Verzicht der zusätzlichen Ausgaben, wie das im Regierungsprogramm steht, nämlich für jene Klientel, die Sie offenbar mit Geschenken beteilen wollen. (Abg. Dr. Pumberger: Sie wollen das Bundesheer abschaffen!) Wir wollen EU-konforme steuerliche Maßnahmen, auch im Vermögens- und Unternehmensbereich. Es sollen nicht nur die Kleinen "eingeladen" werden zu zahlen, sondern auch die Großen. Wir wollen Entlastungsmaßnahmen für die Kleinen. Wir wollen eine Steuerreform in zwei Etappen für die Arbeiter und Angestellten, für das unterste Einkommensdrittel, denn die Effekte der Steuerreform des Jahres 2000 haben Sie den Menschen schon lange wieder weggenommen.

Wir wollen die soziale Treffsicherheit stärken. Wir wollen für Forschung und Entwicklung tatsächlich jene Mittel aufwenden, die es uns ermöglichen, die 2,5 Prozent zu erreichen. Und wir wollen keinen Ausverkauf des Waldes. Dabei geht es nämlich nicht nur um ein paar Flächen, sondern darum, dass sich Großindustrielle und andere Jagden und sonstige exklusive Waldstücke in Österreich zu Lasten der österreichischen Bevölkerung zulegen. Und das wollen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Entschließungsantrag zeigt einen alternativen Weg auf. Es ist nicht so, wie Sie das letzte Mal so schnoddrig gesagt haben: 2 Jahre später und minus 20 Prozent, sondern das ist eine Politik der sozialen Verantwortung. Nicht neoliberaler Zahlenfetischismus prägt uns, sondern Politik mit Herz. Österreich, meine sehr verehrten Damen und Herren, soll das wohnliche Haus für alle Menschen bleiben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Alternativen zur Budgetpolitik der Bundesregierung ist schriftlich überreicht worden und genügend unterstützt. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages habe ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung bereits vervielfältigen und verteilen lassen.

Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Silhavy, Mag. Kubitschek und GenossInnen betreffend Alternativen zur Budgetpolitik der Bundesregierung, eingebracht im Zusammenhang mit dem Bericht des Budgetausschusses (540 d. B.) über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 d. B.): Bundesfinanzgesetz 2002 samt Anlagen


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Die SPÖ lehnt die Budgetpolitik dieser Koalitionsregierung grundsätzlich ab. Das Budgetbegleitgesetz 2002 und der BVAE 2002 sind vorläufige Schlußpunkte einer grundlegend falschen Budget-, Sozial-, Verteilungs- und Gesellschaftspolitik. Die Österreicherinnen und Österreicher werden mit den Budgets 2000, 2001 und 2002 völlig unnötigen Belastungen ausgesetzt, die überdies negative wirtschaftspolitische Konsequenzen haben und Wachstum wie Beschäftigung in Österreich extrem gefährden.

ÖVP und FPÖ erzählen der Bevölkerung Österreichs seit Monaten, daß die SozialdemokratInnen in Österreich nichts anderes als Schulden hinterlassen hätten. Das ist natürlich absolut falsch – wer mit offenen Augen und unvoreingenommen dieses Land beurteilt, wird erkennen, wieviel Positives in den letzten 30 Jahren aufgrund der Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten geschehen ist. Das Schlechtmachen der Arbeit der SozialdemokratInnen durch ÖVP und FPÖ ist bloß ein Ablenkungsmanöver. Es sollen damit auch eine ganze Reihe von Belastungsmaßnahmen gerechtfertigt werden, die nicht zur notwendigen weiteren Budgetkonsolidierung beitragen, sondern im Windschatten massiv von unten nach oben umverteilen. Ein objektiver Blick auf die Zahlen beweist das.

Tatsache ist, daß mit der Budgetkonsolidierung nicht erst jetzt, sondern schon 1996 durch die SozialdemokratInnen begonnen wurde. Tatsache ist, daß die SozialdemokratInnen die Staatsschuldenquote Österreichs zwischen 1996 bis 1999 um mehr als 3 % verringert haben. Tatsache ist, daß die Staatsverschuldung Österreichs 1999 deutlich UNTER dem EU-Durchschnitt und im Bereich der meisten anderen modernen Industriestaaten lag, während sie jetzt – 2001 – knapp ÜBER dem EU-Durchschnitt liegt.

Tatsache ist weiters, daß die SozialdemokratInnen das Budgetdefizit zwischen 1996 und 1999 um rund 3 % abgesenkt haben und einen ausgeglichenen Haushalt, aber ohne Sozialabbau angestrebt haben.

Was jetzt passiert, ist

eine Budgetpolitik, die nicht wachstumsorientiert ist sondern restriktiv,

eine Budgetpolitik, die unser Land kaputtspart, anstatt in die Zukunft zu investieren,

und eine Budgetpolitik, die zu massiven ungerechten Einkommensverteilungen weg von den Kleinen hin zu den Großen führt.

Wenn die Regierung von Reformen redet, dann müssen die Menschen Angst haben, daß ihnen wieder etwas weggenommen wird.

Wenn die Regierung von sozialer Treffsicherheit redet, bedeutet das für die Kranken, Invaliden, Unfallrentner, Pensionisten, Arbeitslosen oder Studenten, daß ihnen Leistungen weggenommen werden.

Wenn die Regierung von einem Belastungsstopp redet, dann müssen die Bürger damit rechnen, daß weitere Belastungen auf sie zukommen.

Wenn die Regierung von ausgabenseitiger Budgetsanierung redet, dann bedeutet das, daß sie einnahmenseitige Budgetsanierung macht.

Wenn die Regierung behauptet, daß Menschen mit weniger als 30.000 Schilling von der Belastungspolitik nicht betroffen wären, dann ist genau das Gegenteil der Fall.

Und all diese Täuschungen müssen die Bürger auch noch selber mit ihren Steuergeldern für eine sündteure PR-Kampagne bezahlen.

Die SozialdemokratInnen lehnen insbesondere das überhastete Tempo und die unsozialen Opfer ab, unter denen ein "Nulldefizit" erreicht werden soll. Eine Politik nach dem Motto "speed kills" haben sich die Österreicherinnen und Österreicher einfach nicht verdient.


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Anstelle von sozial kalter "Quotenjagd" und übereifrigem "Saldenfetischismus" müssen die Interessen der Menschen, ihre finanzielle Leistungskraft, müssen die soziale Sicherheit und Gerechtigkeit und vor allem die Wahrnehmung der Zukunftschancen unseres Landes im Vordergrund der Budgetpolitik stehen.

Das heißt: kein Kaputtsparen des Landes, wie ÖVP und FPÖ es tun, sondern in die Zukunft investieren, also

mehr Geld für Bildung statt mehr für’s Heer,

gezielte Erhöhung der Forschungsausgaben anstelle von unfinanzierbaren Geldgeschenken nach dem Gießkannenprinzip an Unternehmer (wie z.B. eine Lohnnebenkostensenkung für alle),

Investitionen in eine Kinderbetreuung, die Frauen tatsächlich die Berufsausübung ermöglicht, anstelle eines undifferenziert verlängerten Karenzgeldes für alle, und

Sicherung eines leistungsfähigen und leistbaren Gesundheitssystems anstelle höherer Förderungen für Großbauern.

Die SozialdemokratInnen lehnen die Budgetpolitik der derzeitigen Bundesregierung auch ab, weil sie nicht nachhaltig ist. Das Jahr 2000 hat bewiesen, daß die Regierung weder eine dauerhafte Trendwende in der Budgetpolitik, noch irgendwelche tatsächlichen Reformen eingeleitet bzw. zustandegebracht hat.

Faktum dagegen ist, daß die Steuerlast 2002 um 111 Milliarden Schilling höher sein wird als 1999. Das heißt, daß im Durchschnitt jeder Steuerzahler 2002 jeden Tag um 55 Schilling mehr Steuern an den Finanzminister abliefern wird als 1999. Das sind 2002 um 1.650 Schilling monatlich oder 19.800,- Schilling jährlich mehr Steuern als 1999. Am stärksten wird die Lohnsteuer erhöht, die ArbeitnehmerInnen werden daher am stärksten belastet.

Ein gutes Jahr war das Jahr 2000 daher nur für den Finanzminister, aber nicht für die SteuerzahlerInnen. Ihnen wurden die Vorteile der von einem sozialdemokratischen Finanzminister sozial gerecht ausgestaltete Steuerreform von der neuen Regierung mehr als egalisiert.

Die Staatseinnahmen stiegen im Vorjahr auf ein Rekordniveau von über 760 Milliarden Schilling. Auch die Staatsausgaben stiegen um 18,5 Milliarden Schilling. Und der Staatsschuldenstand wird im Jahr 2002 um 83 Milliarden Schilling höher sein als Ende 1999.

Auch 2001 ist kein gutes Jahr für die SteuerzahlerInnen, denn

die Steuereinnahmen steigen weiter,

die Steuerquote steigt um ein Prozent,

auch die Staatsausgaben steigen weiter,

und schließlich wird auch der Schuldenstand der Republik neuerlich – um voraussichtlich rund 30 Milliarden Schilling – ansteigen.

Österreich hat nach einem Jahr ÖVP-FPÖ-Regierung eine Steuer- und Abgabenquote, die um 3% über dem EU-Schnitt liegt und das Niveau noch übersteigt, das vor der von Sozialdemokraten initiierten Steuerreform 2000 übersteigt. Das stellt auch die EU-Kommission in ihrem "Austria’s Stability Programme Update" vom 22. Jänner 2001 fest. – Und trotzdem haben die Bürger Österreichs weniger vom Staat als dies unter den SozialdemokratInnen der Fall war. Diese Koalition bemüht sich redlich nach dem Motto "Steuern erhöhen, Leistungen senken".

Die Regierung hat mit schönen Worten den Budgetentwurf für 2002 gelobt. Selten waren Eigenlob und Wahrheit so weit auseinander. Die Regierung täuscht die Bevölkerung über die wahren Belastungen und über die Fehler in der Budgetpolitik.


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Die Fakten sind:

1. Die Belastungspolitik der Regierung geht auch 2002 weiter. Die Steuereinnahmen werden im kommenden weiter stark – um 31 Milliarden Schilling – steigen. Sie werden damit in nur drei Jahren um 111 Milliarden Schilling (oder fast 17 %) steigen. 1 % der gesamten Wirtschaftsleistung wird den Menschen im nächsten Jahr zusätzlich weggesteuert. Dadurch wird Österreich die höchste Steuer- und Abgabenquote der Geschichte bekommen.

2. Die Lohnsteuer explodiert um 18 % in nur 2 Jahren. Vor allem die Lohnsteuereinnahmen explodieren. Gegenüber 2000 – dem Jahr, in dem die Steuerreform der früheren Bundesregierung wirksam wurde – wird die Lohnsteuer, also die Steuer der unselbständig Erwerbstätigen, von 199 auf 235 Mrd.S explodieren. Das sind plus 18 % in nur 2 Jahren oder je Arbeitnehmer und Monat 1.000 Schilling mehr Lohnsteuer! Die Lohnsteuerquote ist (mit 12,5 % der Masseneinkommen) so hoch wie nie zuvor. Zum Vergleich: Die Vermögenssteuern machen nur 0,36 % des BIP aus.

3. Die Einnahmen stiegen seit 1999 fünfmal so stark wie die Ausgaben. Von "ausgabenseitiger Budgetkonsolidierung" kann daher keine Rede sein, denn die Zahlen beweisen einnahmenseitige Schwerpunktsetzungen.

4. Österreich EU-Schlußlicht bei der Einkommensentwicklung. Eine Folge dieser Belastungspolitik ist, daß Österreich im kommenden Jahr zum absoluten EU-Schlußlicht bei der Einkommensentwicklung werden wird. Die realen Einkommen der ÖsterreicherInnen werden 2002 lt. EU-Kommission trotz Lohnerhöhungen aufgrund der Belastungen der Regierung um kaum merkbare 0,2 % wachsen.

5. Österreich beim Wirtschaftswachstum bald EU-Schlußlicht. Eine weitere Folge dieser Belastungspolitik ist, daß Österreichs Wirtschaftswachstum UNTER den EU-Durchschnitt sinken wird. Im Gegensatz zu früheren Jahren wechselt Österreich von der wirtschaftlichen Überholspur auf die Kriechspur.

6. Das "Nulldefizit" wird verfehlt – täglich 31 Millionen Schilling neue Schulden. Trotzdem aller Belastungsmaßnahmen wird die Regierung das selbstgesteckte Ziel eines "Nulldefizits" im kommenden Jahr verfehlen. Der Finanzminister wird auch 2002 11,4 Mrd.S Defizit oder umgerechnet täglich über 31 Millionen Schilling neue Schulden machen. Ohne den höchst fraglichen Konsolidierungsbeitrag, der Ländern und Gemeinden in Höhe von 0,75% des BIP verordnet wurde, wird das Nulldefizit nicht erreicht werden. Dieses Faktum zeigt auch die Beliebigkeit des Nulldefizit-Ziels.

7. Die preistreiberische Politik dieser Koalitionsregierung kostete die Österreicherinnen und Österreichern mindestens 0,5% des BIP oder rund 15 Milliarden Schilling. – Ein Schaden, der nie wieder aufgeholt werden kann. Auch die für 2001 beschlossenen Gebühren- und Abgabenerhöhungen werden zu einer weiteren hausgemachten Steigerung der Inflation beitragen.

8. Die Schulden steigen weiter. Die Bundesregierung erhöht daher auch den Schuldenstand des Bundes weiter. Dieser betrug Ende 1999 – laut Staatsschuldenbericht – 1.623 Mrd.S und er wird laut Angaben des Finanzministers Ende 2002 um voraussichtlich 83 Mrd.S höher sein und damit 1.706 Mrd.S erreichen. (siehe Grafik 6)

9. Die Schuldenquote liegt nun über dem EU-Durchschnitt. Bis 1999 lag die Staatsschuldenquote Österreichs 2 bis 3 % UNTER dem EU-Durchschnitt. Seit 2000 liegt sie etwa 2 bis 3 % ÜBER dem EU-Durchschnitt.

10. Der Budgetkurs ist sozial ungerecht, weil einseitig BezieherInnen von kleinen und mittleren Einkommen am stärksten belastet werden. Am Ende dieser Legislaturperiode werden die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen Österreichs um jährlich rund 43 Mrd. Schilling weniger Einkommen haben werden als heute, UnternehmerInnen und Selbständige hingegen jährlich um 3,4 Mrd. Schilling mehr als heute.


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11. Die Behauptung der Bundesregierung, daß 75 Prozent der EinkommensbezieherInnen nicht betroffen wäre, ist falsch. Alleine die Anhebung der Verbrauchssteuern und Gebühren oder die Verringerung der Absetzbeträge machen einen Teil der 1999 beschlossenen Steuerreform 2000 und das 1998 beschlossene Familienpaket rückgängig, die insbesondere dem unteren Einkommensdrittel große Vorteile gebracht haben. Dazu kommen noch Ambulanzgebühren, Besteuerung von Unfallrenten, Verteuerungen beim Heizen und Autofahren, usw.

12. Die Pensionisten, die überwiegend zum unteren Einkommensdrittel zu zählen sind, sind von den steuerlichen Konsolidierungsmaßnahmen auch in höchstem Maß betroffen. Pensionisten mit einem Einkommen von über 25.000 Schilling brutto zahlen heute bereits mehr Lohnsteuer als vor der Steuerreform. Damit wurde entgegen aller Wahlversprechen in bestehende Pensionen massiv eingegriffen und netto gekürzt. Dazu kommen noch die Belastung mit höheren Verbrauchssteuern und Gebühren, der Selbstbehalt in der Krankenversicherung, das Streichen der Mitversicherung usw.

13. Die Situation für die Frauen verschlechtert sich massiv. Die Einsparung treffen alle Frauen, besonders Studentinnen, junge Mütter, ältere Arbeitnehmerinnen, Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kürzt in all jenen Bereichen, die vor allem frauenrelevanten Bezug haben. Damit wird die Armutsgefährdung von Frauen, also auch ihre Abhängigkeit gegenüber dem Partner und Ehemann erhöht. Die Situation des Mannes wird gestärkt, jene der Frau systematisch verschlechtert. Für die Verschlechterung der Frauen stehen – nur exemplarisch aufgelistet – u.a.: Die Kürzung des Familienzuschlages, die Einschnitte bei der beitragsfreien Mitversicherung, die Einführung der Studiengebühren.

14. Umverteilt wird auch im großen Stil von den Arbeitnehmern zu den Unternehmern durch die geplante Lohnnebenkostensenkung. – Die darüber hinaus in Zeiten guter Konjunktur wirtschaftlich weder notwendig noch sinnvoll ist. Durch die Absenkung von Sozialbeiträgen der Unternehmer sollen gemäß Regierungsprogramm bis 2003 jährlich 3,5 Milliarden im Bereich der Arbeitslosenversicherung, 3,2 Milliarden im Bereich des Entgelt-Sicherungsfonds, 1,7 Milliarden im Bereich der Unfallversicherung sowie 1 Milliarde durch die bereits erfolgten Maßnahmen im Be-reich der Krankenversicherung, also insgesamt jährlich mehr als 9 Milliarden Schilling den Arbeitnehmern weggenommen werden.

Das "historische Budget" von Finanzminister Grasser bedeutet also:

einsamer Rekord bei der Steuerlast

Rekord bei den Staatsausgaben

weiterhin Neuverschuldung und steigender Schuldenstand

EU-Schlußlicht bei der Einkommensentwicklung

und unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum

Nur weil das Budget und die Steuererhöhungen künftig in Euro ausgewiesen werden, sind die Steuerbelastungen oder Schulden deswegen nicht niedriger – im Gegenteil.

Die neue Bundesregierung verlagert lediglich das staatliche Defizit in die Taschen der Bürger. Das ist kein Meisterstück. Anstelle eines Budgetdefizits besteht nun

ein Defizit in den Geldbörsen der Bürger,

ein Defizit an Leistungen des Staates für seine Bürger,

ein Defizit an sozialer Gerechtigkeit und Treffsicherheit,

ein Defizit an Ehrlichkeit und Dialog,

ein Defizit bei der Bildung und bei der Forschung.


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68. Sitzung / Seite 151

Die Sozialausgaben werden im kommenden Jahr um 1,31 Mrd.S geringer sein als 1999. (1999 222,73 Mrd.S; 2002 221,42 Mrd.S)

Die Ausgaben für die Landwirtschaft werden dagegen im kommenden Jahr um 811 Mio.S höher sein als 1999, (1999: 22,06 Mrd.S; 2002: 22,87 Mrd.S), nachdem bereits 2000 und 2001 insgesamt 3,91 Mrd.S mehr ausgegeben wurden als 1999!

Die Ausgaben für das Heer werden 2002 um 83 Mio.S höher sein als 1999, nachdem auch hier bereits 2000 und 2001 insgesamt 1,032 Mrd.S mehr ausgegeben wurden als 1999.

Die Ausgaben für Erziehung und Unterricht werden im kommenden Jahr dagegen um 1,51 Mrd.S geringer sein als heuer. (2001: 77,40 Mrd.S; 2002: 75,89 Mrd.S). Geplant ist die Einsparung von 3.500 Planstellen, das sind insgesamt etwa 5.000 bis 6.000 LehrerInnen. Skandalös ist, daß 2001 im Ministerium selbst überhaupt nicht gespart wird und im Gegensatz zu den Schulen und Lehrern Mehrausgaben von 198 Mio.S (!) gegenüber heuer vorgesehen sind, während die Gehälter der LandeslehrerInnen um 1,1 Mrd.S gekürzt werden sollen!

Die Ausgaben für Forschung und Wissenschaft werden im kommenden Jahr sogar um 6,68 Mrd.S geringer sein als heuer (2001: 40,41 Mrd.S; 2002: 33,73 Mrd.S). Die gewerbliche Technologie- und Forschungsförderung wurde gegenüber 1999 um mehr als ein Drittel (oder 344 Mio.S) gekürzt (1999: 922 Mio.S; 2002: 578 Mio.S).

Die Ausgaben für Kunst und Kultur werden im kommenden Jahr gegenüber 1999 um 702 Mio.S geringer sein.

Die Ausgaben für den Wohnungsbau werden um 96 Mio.S geringer sein als 1999.

Auch bei den Ausgaben für die Staats- und Rechtssicherheit wird gespart. Die Ausgaben sanken seit 1999 und werden 2002 um 770 Mio.S geringer sein als 1999. Allein bei Polizei und Gendarmerie wurden in den Budgets 2000 bis 2002 gegenüber 1999 insgesamt 784 Mio.S eingespart.

Und das, obwohl die Personalausgaben des Bundes im kommenden Jahr um 4,58 Mrd.S höher sein werden als 1999. Die Ankündigung, "der Staat spart bei sich selbst", wird damit nicht erfüllt.

Auch die EU kritisiert die österreichische Budgetpolitik. Die Hauptvorwürfe des EU-Finanzministerrates (ECOFIN) vom 12. Februar 2001 waren:

stark einnahmenseitige Defizitverringerung,

starkes Steigen der Steuerquote, wodurch die Wirkung der Steuerreform 2000 aufgehoben wird,

Unsicherheit, ob die geplanten Spareffekte bei den Pensionen und im öffentlichen Dienst eintreten werden, und

Warnung vor neuen Staatsausgaben.

Auch die harte Kritik der EU-Kommission vom 22. Jänner geht in diese Richtung.

Die SPÖ schlägt daher als Alternative zur Belastungs- und Umverteilungspolitik von ÖVP und FPÖ vor:

Belastungsstopp und Entlastungsprogramm für Österreich

1. Entlastungsmaßnahmen für die sozial Schwächeren zu setzen und damit den sozialen Zusammenhalt in Österreich auch künftig zu sichern, Rücknahme der schlimmsten und unsinnigsten Belastungsmaßnahmen (wie Besteuerung der Unfallrenten, Ambulanzgebühren, Studiengebühren, Kürzungen bei Bildung und Forschung)


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2. für soziale Verteilungsgerechtigkeit in Österreich zu sorgen und keine Abkehr vom Sozialstaat vorzunehmen

4. Sozialstaat und Gesundheitssystem zu sichern statt abzubauen

5. unsere Umwelt, Wald, Wasser, unseren Lebens- und Wirtschaftsraum nachhaltig zu sichern und unsere Zukunftschancen wahrzunehmen

6. Infrastruktur zur Standortsicherung und Beschäftigung in Österreich zu modernisieren und auszubauen.

7. bei Förderungen von Großbauern und Heeresausgaben zu sparen

8. Positive Akzente für Konjunktur, Einkommen und Beschäftigungsentwicklung zu setzen. Im vergangenen Jahr hat der Finanzminister um 15 Milliarden Schilling mehr Geld eingenommen als geplant. Die SPÖ verlangt die Zurückgabe des Geldes an die Steuerzahler in Form einer Steuersenkung für die Arbeitnehmer und Pensionisten.

Der Effekt einer Steuerentlastung und einer Rücknahme der unsozialsten Belastungen wäre eine deutliche Verbesserung der Einkommen, ein Kaufkraftimpuls und somit auch stärkeres Wirtschaftswachstum. Und mit einer maßvollen Ausgabenpolitik anstelle neuer zusätzlicher Ausgaben wäre das Budgetdefizit nur vorübergehend – wenn überhaupt – höher als derzeit. Der Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt würde also nicht verlassen.

Die untenstehenden Forderungen berücksichtigen im Ergebnis, dass bei einem Verzicht auf die Absenkung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber (Lohnnebenkosten) nur ein Teil unmittelbar budgetwirksam werden kann.

Sie lassen darüber hinaus noch Spielraum offen. – Spielraum, der für jene Bereiche erforderlich ist, in denen die Regierung den echten Dialog mit den Sozialpartnern und anderen gesellschaftlichen Gruppen bisher verweigert und einer autistischen bzw. autoritären Haltung den Vorzug gegeben hat. Die Koalition soll wie bisher zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher im Dialog mit den Sozialpartnern einen sozial ausgewogenen Konsens in der Frage der Pensionen, der Sozial-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung erzielen.

Darüber hinaus lassen sie auch Spielraum, für eine offensive Standortpolitik, die dem internationalen Wettbewerb und den Neuen Technologien durch entsprechende Investitionen nicht nur in Bildung, Forschung und Entwicklung Rechnung trägt, sondern auch durch Investitionen in moderne, ökologisch ausgerichtete Infrastruktur und geeignete Förderpolitik für Unternehmen-Start-ups im Bereich der New Economy.

Die SPÖ will mit konkreten Vorschlägen für Maßnahmen die ärgsten sozialen Ungerechtigkeiten beseitigen und beispielhaft Wege aufzeigen, auch weiterhin Wachstum, Beschäftigung und soziale Sicherheit zu gewährleisten. Mit den folgenden Vorschlägen könnten kumulativ in den Jahren 2001 bis 2003 mehr als 140 Milliarden Schilling gerechter verteilt werden. Dabei wird das Ziel Nulldefizits im Jahr 2002 nicht gefährdet. Die Sozialdemokratie beweist damit, dass der Budgetkurs der Bundesregierung nicht "alternativlos" ist und dass es machbare sozialere Alternativen zur Budgetpolitik der Koalitionsregierung gibt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihr Budgetprogramm für die laufende Legislaturperiode auf eine sozial und verteilungspolitisch gerechte Basis zu stellen und das insbesondere durch die folgenden Maßnahmen sicherzustellen:


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68. Sitzung / Seite 153

1. Verzicht auf die im Regierungsprogramm vorgesehenen Mehrausgaben:

Verzicht auf die geplante Erhöhung der Heeresausgaben – bringt einen Spielraum von rund 6 Milliarden Schilling im Jahr 2003

Verzicht auf die weitere Absenkung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber (Lohnnebenkosten) – bringt einen Spielraum von rund 5 Milliarden Schilling 2002 (Verzicht auf Senkung IESG-Beitrag und Beitrag zur UV) und rund 8 Milliarden Schilling im Jahr 2003 (Verzicht auch auf zusätzliche Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung); (nur teilweise unmittelbar budgetwirksam)

Verzicht auf die geplante Anhebung der Agrarsubventionen und die Steuergeschenke im Agrarbereich, die primär Großbauern zugute kommen und damit dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit Hohn sprechen; statt dessen soziale Staffelung von Agrarfördermitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien und Forcierung des Biolandbaus in Österreich, Aufhebung der Förderkürzungen im Bereich der Biobauern, die vor dem Hintergrund der BSE-Krise den Biobauern schweren schaden zufügt – bringt einen Spielraum von rund 5 Milliarden Schilling im Jahr 2003 und rund 1 Milliarde 2002

Summe der Minderausgaben bzw. der Einnahmen: 6 Milliarden Schilling im Jahr 2002 und 19 Milliarden Schilling p.a. ab dem Jahr 2003

2. Erschließung von Mehreinnahmen durch die folgenden Maßnahmen

Sofortige Besteuerung der Erträge und Veräußerungen von Privatstiftungen mit 25% ab 2002 – bedeutet einen Spielraum von rund 2 Milliarden Schilling 2001 und rund 4 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Sofortige Beseitigung der Befreiungsbestimmungen bei der KESt für Devisenausländer – bringt rund 0,4 Milliarden Schilling 2001 und rund 0,8 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Sofortige Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer – bringt rund 0,4 Milliarden Schilling 2001 und rund 0,9 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Rücknahme der Beitragsenkung für Arbeitgeber in der Krankenversicherung – bedeutet einen Spielraum in der KV von 0,9 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Erhöhung der Ausgleichstaxe – bedeutet netto einen Spielraum von rund 1 Milliarde Schilling p.a. ab 2002, der zur Finanzierung einer "Behindertenmilliarde" herangezogen wird, d.h.per Saldo 0

Sofortige Durchführung der Aktion "Schwarzunternehmer" – bedeutet einen Spielraum von rund 1,5 Milliarden Schilling 2001 und rund 3 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Anhebung der Unternehmens- und Vermögensbesteuerung an das EU-Niveau schrittweise ab Mitte 2001 – bedeutet mindestens einen Spielraum von rund 5 Milliarden Schilling 2001, rund 20 Milliarden Schilling 2002 und rund 30 Milliarden Schilling p.a. ab 2003

Summe der Mehreinnahmen: 9,3 Milliarden Schilling 2001; 29,6 Milliarden Schilling p.a. ab 2002 und 39,6 Milliarden Schilling p.a. ab 2003

3. Nutzung des Spielraumes durch die überzogenen Steuererhöhungen, der im Jahr 2000 in Höhe von rund 15 Milliarden Schilling angefallen ist – und der aufgrund der Einheit bzw. einheitlichen Berechnungsgrundlage der Budgets 2000 bis 2002 auch in den Folgejahren anfallen wird.

Summe: 15 Milliarden Schilling p.a. (2001-2003)

Gesamtsumme Pkte. 1-3: 24,3 Milliarden 2001; 50,6 Milliarden 2002; 73,6 Milliarden 2003

4. Maßnahmen zur Entlastung in jenen Bereichen, in denen Einkommensbezieher unter 30.000,- brutto/Monat besonders massiv betroffen sind:


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68. Sitzung / Seite 154

Rücknahme der Erhöhung der Energiesteuer – Mindereinnahme 3,5 Milliarden ab 2002

Rücknahme der Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer – Mindereinnahme von 4,5 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Rücknahme der Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages – Mindereinnahme von 1,6 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Rücknahme der Maßnahmen im Bereich des Absetzbetrages für Pensionisten – Mindereinnahme von 1,9 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Rücknahme der Vollbesteuerung der Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen – Mindereinnahme von rund 4 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten – Mindereinnahme von rund 2 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Sofortige Abschaffung der Studiengebühren – Mindereinnahme von rund 1 Milliarde Schilling p.a. ab 2001

Rücknahme der Streichung der ORF-Grundgebührenbefreiung und der Kürzungen bei der Telefon-Grundgebühren-Befreiung (durch entsprechende Kostenersätze für die betroffenen Unternehmen) – Mehrausgabe von rund 1 Milliarde Schilling p.a. ab 2001

Rücknahme der Streichung der Gemeinnützigkeitsbefreiungen im Werbeabgabegesetz – geringfügige Mindereinnahmen für die Länder und Gemeinden

Rücknahme der steuerlichen Belastung für unsere Grenzgänger, beispielsweise in Vorarlberg – keine relevante Größenordnung als Mindereinnahme

Summe der Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben: rund 2 Milliarden Schilling im Jahr 2001, rund 19,5 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

5. Steuerreform zur weiteren Entlastung der Arbeitnehmer und Pensionisten: deutliche Senkung der Steuern insbesondere für das untere Einkommensdrittel zur Hebung der realen Masseneinkommen und als Wachstumsimpuls, sowie für ökologische Anreizsysteme – in zwei Etappen:

Sofortige Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher durch Erhöhung des Arbeitnehmer- und des Pensionistenabsetzbetrages (bzw. durch negative Absetzbeträge) um 3.500,- Schilling p.a., für die BezieherInnen kleiner Einkünfte soll der Höchstbetrag der Entlastung 4.240,- Schilling p.a. betragen; d.h. insgesamt entgehen den Budgets 2001 und 2002 rund 12 Milliarden Schilling;

2003 eine zweite Etappe um weitere 13 Milliarden Schilling, d.h. insgesamt rund 25 Milliarden Schilling

Summe der Mindereinnahmen: rund 12 Milliarden in den Jahren 2001 und 2002, und rund 25 Milliarden p.a. ab 2003

6. Maßnahmen zur Sicherung des Sozialstaates und der Netze sozialer Sicherheit:

Verzicht auf die Einführung der Ambulanzgebühren – Mindereinnahmen für die KV von rd. 2 Milliarden Schilling p.a. ab 2001 (Bedeckung durch geringere ALV-Abschöpfung)

Rücknahme der Selbstbehalte in der KV – Mindereinnahme für die KV ab 2001 mit rund 2 Milliarden Schilling p.a. (Bedeckung durch geringere ALV-Abschöpfung)

Rücknahme der Leistungsverschlechterungen in der Arbeitslosenversicherung (Rücknahme der Kürzung der Familienzuschläge, Rücknahme der Erschwerung des Anspruchserwerbs, etc.) – Mindereinnahme von rund 0,8 Milliarden Schilling p.a. ab 2001


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Rücknahme weiterer Einschränkungen im Bereich "Soziale Treffsicherheit", wie zum Beispiel die Abschaffung der Mitversicherung von Familienangehörigen – Mindereinnahme von rund 0,8 Milliarden Schilling p.a. ab 2001

Summe der Mindereinnahmen rund 5,6 Milliarden Schilling p.a. ab 2001

7. Offensive für Forschung, Entwicklung und Bildung:

stufenweise Anhebung der F&E-Quote um 1% BIP im Jahr 2003 (rund 1/3 davon im privaten Sektor ausgelöst) – belastet das Budget 2002 mit rund 10 Milliarden Schilling (selbe Dotierung wie 2001 aus dem Erlös der UMTS-Lizenzen) und das Budget 2003 mit rund 20 Milliarden Schilling

Beibehaltung des derzeitigen Betreuungsverhältnisses Lehrer-Schüler im Interesse der Qualität des Unterrichts und zur Hebung der Ausbildungsqualität im berufsbildenden Schulwesen und zur Deckung des Sonderbedarfs im Bereich der Integration von Schülern mit besonderen Förder-Erfordernissen – belastet das Budget mit rund 1,5 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Mehr Schulraum, Lehrer, Werteinheiten und Klassen im Bereich der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen durch Umschichtungen im Bereich des Unterrichtsressorts, insbesondere der Administration – budgetneutral

Sondermaßnahmenpaket zur Ausbildung von zusätzlich 10.000 IT-Experten – belastet das Budget mit rund 1 Milliarde Schilling 2001 und rund 2 Milliarden Schilling p.a. ab 2002

Summe der Mehrausgaben: rund 1 Milliarde Schilling im Jahr 2001, rund 13,5 Milliarden Schilling im Jahr 2002 und rund 23,5 Milliarden Schilling 2003

8. Kein Ausverkauf des österreichischen Waldes

Verzicht auf den Ausverkauf des österreichischen Waldes und der darin befindlichen Grundwasserquellen an jene, die das nötige Kapital haben – bringt dem Budget 2001 rund 3 Milliarden Schilling weniger

Gesamtsumme der Pkte 4 bis 8: 23,6 Milliarden Schilling 2001; 50,6 Milliarden Schilling 2002 und 73,6 Milliarden Schilling 2003

 

2001

2002

2003

2001-2003

Verzicht auf Mehrausgaben;

Mehreinnahmen;

Nutzung des Spielraums durch überzogene Steuererhöhungen

(Summe Pkte. 1-3)

 

24,3 Mrd. ATS

 

50,6 Mrd.
ATS

 

73,6 Mrd. ATS

 

148,5 Mrd. ATS

Einnahmenverzicht;

Mehrausgaben

(Summe Pkte. 4-8)

 

23,6 Mrd.ATS

 

50,6 Mrd.
ATS

 

73,6 Mrd. ATS

 

147,8 Mrd. ATS

Saldo

+ 0,7 Mrd. ATS

0

0

+ 0,7 Mrd. ATS

*****


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68. Sitzung / Seite 156

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.25

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf dem Weg zum Rednerpult habe ich von meinem Klubobmann Dr. Khol vernommen, wenn ich richtig gehört habe, dass er gemeint hat: Wenn man dem Herrn Alt-Minister Edlinger so zuhört, weiß man, warum die Staatsfinanzen so zerrüttet waren. – Habe ich das richtig verstanden? (Abg. Dr. Khol: Ja! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Edlinger! Bei all der brillanten Rhetorik, die Sie beherrschen (Abg. Ing. Westenthaler: Na ja, so gut ist das nicht!), und bei allem heute noch erkennbaren Schauspielunterricht, den Sie in Ihrer Jugend genossen haben: Sie können gewisse Fakten und Daten auch mit der besten Rhetorik einfach nicht wegwischen.

Faktum Nummer eins: Wir werden in wenigen Minuten ein europäisches Budget beschließen, nicht weil es in Euro ist, sondern weil wir endlich die rote Laterne in der Budgetpolitik abgeben. Die Roten sind aus der Regierung, und die rote Laterne ist weg! – Ausspruch eines Wiener Taxifahrers vor drei Wochen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist ein europäisches Budget, weil Europa sagt, durch diese Bundesregierung gibt es spektakuläre Verbesserungen in der Budgetpolitik. – Fakten und Daten, meine Damen und Herren, statt guter Rhetorik, Herr Kollege Edlinger!

Wir beschließen zweitens ein Budget, das den Stempel Zukunft, Zukunftssicherung trägt. (Ruf bei der SPÖ: Sie reden immer dasselbe!) Herr Kollege Eder, Sie kennen meine Definition: Schulden sind verbrauchte Zukunft. – Wir beschließen hier ein Budget der Zukunftssicherung. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Punze Zukunftssicherung ist eine wichtige Punze für die Budgetpolitik dieser Bundesregierung, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Und auch noch so laute Zwischenrufe können diese Daten und Fakten nicht verheimlichen.

Die Zukunft unserer Kinder, die Zukunft der Pensionen ist uns so viel wert, dass wir diesen Weg einschlagen. Wir könnten es uns viel angenehmer machen: fortwursteln wie bisher und immer mehr Schulden machen. Wir gehen bewusst nicht diesen Weg, und wir wissen, es ist ein schwieriger Weg, denn Budgetkonsolidierung ohne Schmerz ist nicht möglich, meine Damen und Herren.

Und deshalb ist dieses Budget drittens auch ein Budget der Wahrheit. Diese Regierung hat den Mut zur Wahrheit. Es wäre viel angenehmer gewesen, einfach zu sagen: Es ist uns bisher recht gut gegangen, wenden wir halt in Zukunft nicht jeden fünften, sondern jeden vierten Schilling nur für die Zinsen der Staatsschuld auf. Wir glauben und sind überzeugt davon, dass es verantwortungslos wäre gegenüber der Zukunft dieses Landes, wenn wir diesen Weg fortgesetzt hätten.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eines auch sagen: Letztlich ist diese neue Regierung zustande gekommen wegen genau diesem Thema Budgetkonsolidierung. Wir haben seinerzeit nach einem Jahr die Koalition aufgekündigt, weil wir gesehen haben, wir bringen mit der Sozialdemokratie eine Budgetkonsolidierung nicht zustande. Dann haben wir es noch einmal versucht. Nach zwei Jahren hat es wieder begonnen. Haupthindernis – ich schaue Herrn Präsidenten Verzetnitsch an – war natürlich das, was Klubobmann Khol in seinem Buch geschrieben hat, nämlich dass die Sozialdemokratie in Geiselhaft ihrer Gewerkschaften ist, die ein Drittel des SPÖ-Klubs stellen. Sie sind in Geiselhaft der Gewerkschaften, und Sie müssen sich davon emanzipieren, Herr Kollege Gusenbauer, dann haben Sie wieder eine Chance. Wenn Sie aus der Geiselhaft entkommen, dann haben Sie wieder eine Chance für eine moderne Politik für Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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68. Sitzung / Seite 157

Es ist aber dieses Budget nicht nur ein europäisches Budget, ein Budget der Wahrheit, ein Budget der Zukunft, es ist auch ein Budget der Vollbeschäftigung, meine Damen und Herren. Einige Vorredner meiner Fraktion haben das schon betont: Europa beneidet uns, beneidet uns um die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Die heutigen Zeitungen schreiben: drittniedrigste Arbeitslosenrate in Europa. (Abg. Edlinger: Das haben wir immer gehabt!) Herr Kollege Edlinger, das haben wir nicht immer gehabt!

Und wenn Sie beklagen, dass auch die Lohnsteuer steigt, dann lassen Sie mich bitte eines sagen: Wenn wir mehr Jobs haben, 26 000 Jobs mehr, 27 000 Arbeitslose weniger, wenn wir gleichzeitig eine Lohnsteigerung haben, die ganz beachtlich ist, ein dreistelliger Milliardenbetrag, dann ist es doch klar, dass wir auch mehr Lohnsteuer zahlen. Seien wir doch froh, meine Damen und Herren, dass wir diese positive Entwicklung der Wirtschaft und der Löhne und Einkommen in unserem Lande haben! Auch ein Ergebnis des Vertrauens der Wirtschaft und der Mitarbeiter in diese Bundesregierung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese vier Fakten: ein Budget für Europa, ein Budget der Wahrheit, ein Budget der Zukunft, ein Budget der Vollbeschäftigung, diese vier Fakten kann man weder durch lautstarke Zwischenrufe, Herr Kollege Eder, noch durch ein Lächeln, Herr Präsident Verzetnitsch, noch durch gute Rhetorik, Herr Kollege Edlinger, wegwischen. – Wir sind auf dem richtigen Weg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Redezeit: wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte.

18.30

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Gezählte 18 Mal hat Kollege Edlinger in seiner heutigen Rede das Wort "Chaos" verwendet. (Abg. Edlinger: Sicher nicht!) Herr Kollege Edlinger! Ein 19. Mal von mir: Das einzige Chaos, welches hinterlassen wurde, ist jenes, das Sie hinterlassen haben, nämlich Ihr Budget, das Sie den Österreichern vorgesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und ein weiteres Chaos haben Sie hinterlassen, eine Peinlichkeit, eine Einmaligkeit in der österreichischen Demokratie, bei der "Amtsübergabe" – unter Gänsefüßchen – Finanzminister Edlinger an Grasser. Sie sollten sich heute noch dafür schämen und den Mund nicht zu voll nehmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Edlinger spielt sich hier – der Schauspielunterricht sei heute noch erkennbar, hat Stummvoll gesagt – als Retter der Staatsfinanzen auf. Und wir werden es Ihnen nicht ersparen, immer wieder aus dem Stenographischen Protokoll der 175. Sitzung vom 17. Juni 1999 zu zitieren (Abg. Dr. Khol: Genau!), Herr Edlinger – Originalzitat –:

"Sie brauchen sich daher auch gar nicht zu bemühen, im kommenden Wahlkampf eine Argumentationslinie zu verfolgen, die die Frage stellt, wie hoch das Budgetloch ist. Es ist nämlich keines vorhanden." – Edlinger, meine Damen und Herren! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das glaubt er heute noch!)

Die Wahrheit ist, dass Sie ein Defizitloch in Milliardenhöhe hinterlassen haben, meine Damen und Herren! Frage: Wer ist der Chaot – wir oder andere? – Die Antwort fällt einem leicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben vermeint, mit Ihren Beispielen vom Rupfen die Österreicherinnen und Österreicher als Kochmasse bezeichnen zu können. Meine Damen und Herren! Mit Ihrem zweifelhaften Schmäh werden Sie die österreichischen Bürger nicht einkochen können. Sie werden sie deswegen nicht einkochen können, weil die Wahrheit eine deutliche ist. Sie sprachen vom besten Gesundheitssystem, im selben Atemzug haben Sie das gleiche Gesundheitssystem bejammert. Sie müssen sich entscheiden, wofür Sie sind, Herr Edlinger! (Abg. Dr. Fischer: Minus 10 Prozent in Simmering!)


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68. Sitzung / Seite 158

Meine Damen und Herren! Es stellt sich die Frage, ob Sie die Oppositionsrolle gebraucht haben, um das Schießpulver, das Feuermachen und das Rad gleichermaßen erfinden zu können. Es war heute ein untauglicher Versuch, das Budget zu zerpflücken. Sie haben keine einzige Alternative auf den Tisch gelegt (Abg. Leikam: Also bitte!), nur die eine, dass Sie heute gegen die eigene Untat gestimmt haben und die Abschaffung der Besteuerung des Pflegegeldes beziehungsweise des Taschengeldes bei den Behinderten eingemahnt haben. Sie haben das noch vor wenigen Monaten beschlossen, meine Damen und Herren, und heute haben Sie die Stirn, im selben Atemzug, in dem Sie Einsparungen verlangen, auch das noch hier einzumahnen.

Wir werden die soziale Kälte, die Sie in das Land gebracht haben – Sie haben uns 1 Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben, übergeben –, mit Bestemm in dieser Reformkoalition abbauen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden es nicht zulassen, meine Damen und Herren, ... (Abg. Ing. Westenthaler: Du forderst sie heraus!) Ich weiß schon, dass es eine Herausforderung ist, aber diesen Fehdehandschuh nehmen wir schon auf, Herr Edlinger. Und ich sage Ihnen: Ein Häupl macht noch keinen Sommer! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Daher ist es mehr als peinlich, wenn Sie hier versucht haben, die sozialistischen Versäumnisse unter den roten Teppich zu kehren.

Ich darf aus dem Buch "Konkurs einer Kaste" des nicht unbekannten Klaus Emmerich, 1997 geschrieben, aufgelegt, zitieren:

"Der Staat ist pleite, schwächliche Strukturen zerfallen, versäumte Bereinigungen rächen sich, Perspektiven fehlen, ... Perspektiven sind gefragt. Ein weiteres Mal in diesem Jahrhundert geht es um die Funktion des Landes und um den Beweis, daß dahinter mehr steckt als Proporz, Parteiendemokratie in schöner Landschaft oder in museumsähnlichem kulturgetränktem Umfeld." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wir arbeiten für dieses Land, weil wir die Verantwortung haben, nämlich dergestalt – weiteres Zitat von Klaus Emmerich –:

"Von gestandenen Politikern ist zu erwarten, daß sie sich auch bei Rückschlägen ihre Vertrauenswürdigkeit erhalten, also genügend Ansehen gebildet haben, um es im Bedarfsfall einsetzen und/oder riskieren zu können."

Diese Regierung ist Garant dafür, dass dieses Ansehen auch für Österreich eingesetzt wird, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Cap und Leikam. )

Ich sage Ihnen noch einmal zu guter Letzt: Mit Ihren Sprechblasen werden Sie in Hinkunft keinen Österreicher hinter dem Ofen hervorlocken. Ich sage Ihnen, dieses Kabinett Schüssel/Riess-Passer ist mir allemal lieber als das drohende Ungemach: Bundeskanzler Gusenbauer, Peter Pilz als Innenminister und der Rauschgiftpreisgeber Brosz als Sportminister. Meine Damen und Herren! Nein, danke. – Diese Regierung ist auf dem richtigen Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Restliche Redezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das auf dem Salzburger Parteitag?)

18.36

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allem der Redebeitrag des Kollegen Stummvoll fordert dazu heraus, einige Zitate aus der Vergangenheit zu bringen:

Das Budget 1998 und das damit verbundene Budget 1999 setzen einen Schlusspunkt. Die Schuldenpolitik ist beendet, der Stabilitätskurs ist endgültig und gesichert. – Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt? – Von Klubobmann Dr. Andreas Khol, das muss man in aller Wahr


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heit einmal dazusagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der SPÖ: Bravo, Khol!)

Am 25. März 1998 spricht Herr ÖVP-Finanzsprecher Stummvoll in Bezug auf das Budget 1999 von der Fortsetzung des Konsolidierungs- und Stabilitätskurses, und Herr Klubobmann Khol fügt wieder hinzu, dass das Budget 1999 den Konsolidierungskurs zum Höhepunkt und zum Endpunkt bringt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leikam: Bravo!)

Was die ÖVP hier seit Tagen und Wochen betreibt, ist eine fundamentale Kindesweglegung für die gesamte Politik der letzten 14 Jahre, und das wissen die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir über die Mitverantwortung Agierender reden, dann soll man vielleicht hinzufügen, dass seit April 1989 der heutige Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel als Mitglied der Bundesregierung natürlich allen Budgets seit 1989 zugestimmt hat, weil sie immer einstimmig beschlossen wurden, und der Schuldenstand in keiner Zeit mehr erhöht wurde als in der Zeit, als Dr. Wolfgang Schüssel der Bundesregierung angehört hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Haigermoser darauf hinweist, dass die Regierung auf dem richtigen Weg sein soll, dann muss man eines deutlich sagen: Die Budgets des heutigen Finanzministers führen dazu, dass Österreich hinsichtlich der Entwicklung der Nettolöhne in Europa das Schlusslicht geworden ist. Und das kann nicht der richtige Weg sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Verantwortung für die Vergangenheit ablegen, Herr Stummvoll, wie Sie das in jeder Rede tun, und gleichzeitig polemisieren über die Zukunft, das hat nichts mit Politik zu tun, das ist verantwortungslos, und das lehnen wir ab. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Restliche Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Edlinger, ich glaube, ich muss Sie wieder ein bisschen zurückholen. Sie haben sehr viel von dem, was Sie als Finanzminister gemacht haben, vergessen. Ihre soziale Gerechtigkeit beziehungsweise Ihr Sinn für die kleinen und mittleren Einkommen manifestiert sich ja in geradezu erklecklichen Maßnahmen Ihrerseits.

Ich nenne jetzt ein paar Beispiele. Da kommt die Bank Austria zu Ihnen, nachdem die Visa Card geprüft worden ist und eine Umsatzsteuerforderung in der Größenordnung von 500 bis 600 Millionen Schilling angelaufen ist, und Sie bringen eine Gesetzesvorlage hier im Nationalrat ein, wonach das Umsatzsteuergesetz 1994 rückwirkend zum 1. Jänner 1995 geändert wird, damit die Bank Austria nicht 500 bis 600 Millionen Schilling aus der Visa Card nachzahlen muss. – Punkt eins. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja unglaublich, so etwas! Das ist ein echter Skandal!)

Herr Alt-Finanzminister Edlinger! Im gleichen Atemzug haben Sie die Steuerabsetzbeträge für steuerpflichtige Einkommen zwischen 200 000 und 500 000 S eingeschliffen. Die Sonderausgaben wurden von 50 Prozent auf 25 Prozent reduziert. Sie haben nur mehr fünf Überstunden steuerfrei belassen in der Größenordnung bis zu 590 S monatlich. Sie haben die Sozialversicherungsbeiträge, und zwar bei den 13. und 14. Monatsgehältern, nicht mehr begünstigt anrechnen lassen. Vor allen Dingen haben Sie auch die Verlustabzüge nicht mehr gelten lassen.

Jetzt geht es um das eine, und das ist auch etwas, was Sie als Alt-Finanzminister und jetzigen Oppositionspolitiker Edlinger einfach unglaubwürdig macht – aber das ist bedauerlich –: Als Finanzminister wurden Sie eigentlich ganz ernst genommen, aber als Oppositionspolitiker können


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Sie nicht mehr ernst genommen werden, weil jeder draußen sagt: Um Gottes willen, was ist denn hier los? Welche Gräueltaten zelebriert denn da Herr Abgeordneter Edlinger? – Sie sagen, es ist alles fürchterlich.

Ich nenne Ihnen jetzt ein paar Daten, die vielleicht für Sie ganz interessant sind, damit Sie nicht so angst- und hasserfüllt hier herumgehen.

Erstens hat Österreich die drittniedrigste Arbeitslosenrate in Europa. Wir haben 3,5 Millionen Erwerbstätige. Wir haben einen Anstieg von 25 800. Wir haben einen Anstieg bei der Frauenbeschäftigung von 23 700. Wir haben um 27 000 Arbeitslose weniger, und bei den Langzeitarbeitslosen betrug der Rückgang 40 Prozent. Ist das so schlecht? – Ich glaube, das ist recht gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben die viertniedrigste Inflationsrate in der EU. Vor allem hat diese Regierungspolitik, speziell die Absicht, ein Nulldefizit zu erreichen, bei den Unternehmern Optimismus hervorgerufen, und zwar dahin gehend, dass private Unternehmen in Österreich noch nie so viel investiert haben wie im Jahre 2000 beziehungsweise 2001. Die Unternehmer werden im Jahre 2001 667 Milliarden Schilling investieren. 667 Milliarden Schilling sind 22,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Damit sind wir einsamer Spitzenreiter in Europa. – Das ist etwas, was sich sehen lassen kann, und nicht diese miese Politik, die Sie machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei den Exporten ist eine Steigerung von 15,9 Prozent zu verzeichnen, und wir werden heuer erstmals bei den Exporten die 1 000-Milliarden-Schilling-Schwelle überschreiten. Das auf Grund des Optimismus der österreichischen Wirtschaft, der Produkte, die in Österreich hergestellt werden, und des Interesses ausländischer Abnehmer, österreichische Produkte zu kaufen. All das sind Daten, die den Wirtschaftsstandort Österreich, ein gedeihliches Wachstum und Vollbeschäftigung sichern.

Herr Kollege Edlinger! Mit der Politik, die Sie hier machen, werden Sie nicht weiterkommen. Sie sind als Oppositionspolitiker für viele Österreicher eigentlich eine große Enttäuschung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Restliche Redezeit: 6 Minuten. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Halleluja!)

18.44

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Kollege Edlinger! Herr Kollege Gusenbauer! Ich habe es Ihnen schon oft erklärt, ich erkläre es Ihnen gerne heute noch einmal. Die Zitate, die Sie gebracht haben, stimmen alle. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber es stimmt auch alles, was mein Kollege Stummvoll gesagt hat.

Vielleicht darf ich Sie ganz kurz ins Jahr 1994 – da waren Sie, Herr Kollege Edlinger, noch Wiener Stadtrat – zurückführen. Da haben wir eine Regierung mit den Sozialdemokraten gemacht – Vranitzky, Busek. Und wir haben damals ein Regierungsprogramm gehabt mit der Zielsetzung, das Budget überwiegend ausgabenseitig zu sanieren. Vranitzky verließ der Mut. Er scheiterte an der Gewerkschaft. Herr Kollege Verzetnitsch! Wir beide saßen gemeinsam im Büro von Leo Maderthaner (Zwischenrufe) – Nürnberger, ja –, und es hat keine Möglichkeit gegeben, ein Budget zu machen, weil Sie nicht den Mut hatten, jene Strukturreformen mit uns mitzutragen, die absolut notwendig waren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben dann im Herbst 1995 Neuwahlen gemacht. Es kam zu einer neuerlichen Regierungsbildung. Es waren Schüssel, Ditz, die damals den Sanierungskurs vertreten haben. Es gab ein Komitee bestehend aus Sausgruber, Ditz, Stix, Klima. Wir haben ein Budgetkonsolidierungsprogramm gemacht, und wir hatten in der Tat für die Budgets 1996, 1997, 1998 Konsolidierungen, die allerdings zum Teil auf Sparpaketen beruhten, zum Teil aber auch auf Einmaleffekten. (Abg. Edlinger: Das sind die, die der Trattner kritisiert!)


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Herr Kollege Edlinger! Daher war das ganz richtig. Ich habe damals gesagt, das sind Budgets, womit wir konsolidieren. Womit wir aber nicht gerechnet haben, Herr Edlinger, ist Folgendes: Als Sie die Finanzverantwortung vom ehemaligen Finanzminister Klima übernommen haben, haben Sie den Gaul nicht mehr geritten, sondern Ihnen ist das Budget 1999 geplatzt. Sie haben selbst gesagt, Sie können es sich aussuchen, ob Sie es nicht gewusst haben oder ob Sie es nicht sagen wollten. (Abg. Edlinger: Überhaupt nicht!) – Herr Kollege Edlinger! Sie erinnern sich?

Ich kann Ihnen sagen, genau diese 175. Sitzung werde ich auch nicht vergessen, wo Sie gesagt haben, es gibt kein Budgetloch. Noch während der Sondierungsgespräche haben Sie uns nicht die Wahrheit gesagt. (Abg. Edlinger: Absurd!) Sie haben uns das nicht gesagt!

Ich erinnere mich daran, dass ich bei Präsidenten Fischer saß und sagte: Wir erfahren nicht, was die wirklichen Budgetzahlen sind! Präsident Fischer sagte: Wir sind in Sondierungsgesprächen, wir wissen ja nicht, ob wir mit euch eine Regierung bilden können, wir können euch noch nicht die Zahlen sagen!

Erst im Dezember haben wir langsam die Wahrheit erfahren, nämlich dass wir einen Konsolidierungsbedarf von 165 Milliarden Schilling haben werden. Das ist die Wahrheit! (Abg. Bures: Mein Name ist Hase!)

Herr Kollege Edlinger! Ich sage Ihnen, Sie werden darüber nicht hinweg eskamotieren können. Sie haben den Mut nicht aufgebracht, 1998 und 1999 die notwendigen Strukturreformen zu machen. Wir bringen diesen Mut auf! Es wäre für uns auch angenehmer, weiter Schulden zu machen und Geld zu verteilen. Es ist süß im Mund, und es vergeht die Zeit, hat der Herr Karl gesagt.

Das ist das Vorbild Ihrer Budgetpolitik: Es ist süß im Mund, und es vergeht die Zeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Und die jungen Leute müssen nicht 100 Milliarden im Jahr an Zinsen und Kapital zurückzahlen, sondern jedes Jahr 10 Milliarden mehr. Es bleibt kein Geld mehr für die Bildung. Es bleibt kein Geld mehr für die Investitionen. Diesen verantwortungslosen Weg gehen wir nicht weiter, und zwar aus Verantwortung für unsere älteren Menschen und für unsere Jugend. Wir machen ein Budget mit Herz, Hirn und Verantwortung! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter! Ich möchte Sie auf § 58 (2) aufmerksam machen. Bitte, beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung, und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber.

18.49

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Klubobmann Dr. Khol hat vor wenigen Minuten hier gemeint (Abg. Dr. Martin Graf: "Gemeint" ist keine tatsächliche Berichtigung!), dass niemand seitens der ÖVP im Jahre 1999 den Zustand des Budgets und der Situation der Staatsfinanzen kannte. – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass im "Kurier" im Oktober 1999 – das genaue Datum kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen – sowohl Herr Farnleitner, mein Gesprächspartner, als auch der von mir sehr geschätzte Vorarlberger Landeshauptmann Sausgruber in einem Interview erklärten: Jeder, der es wissen wollte, kannte den Zustand der österreichischen Staatsfinanzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Verbleibende Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

18.50

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Kollege Edlinger! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon unglaublich, wie Herr Kollege Edlinger nach wie vor


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versucht, hier falsche Informationen zu liefern, so wie er das jahrelang als Politiker, als Finanzminister getan hat. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er hat die Österreicherinnen und Österreicher, die Öffentlichkeit, das Hohe Haus, das Parlament einfach falsch informiert, und er glaubt heute noch (weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), dass es kein Budgetdefizit gibt, und er will heute noch nicht wahrhaben, dass er die Verantwortung für die Pleiten und Schulden der vergangenen Jahre trägt. – Die tragen Sie ganz allein, Herr Kollege Edlinger, und sonst niemand! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie hören auch nicht auf damit. Sie wollen nicht hören, dass Sie einer der größten Sozialabbauer der Geschichte Österreichs waren (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), weil Sie das Pflegegeld gestrichen haben, das Pflegetaschengeld gekürzt haben, das Karenzgeld gekürzt haben, Steuererhöhungen eingeführt haben.

Sie haben zeit Ihres Lebens als Finanzminister den Menschen das Geld aus den Taschen genommen, und deshalb werden Sie nicht als großer Finanzminister in die Geschichte eingehen, sondern als Pleiteminister! Das kriegen Sie nicht weg, Herr Kollege Edlinger, das bleibt Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Selbst jetzt können Sie es nicht lassen. Nicht einmal Ihr Antrag besteht den Wahrheitstest, den "Elchtest"! Ich habe mir dieses Papier sehr genau angeschaut: Selbst hier ist Herr Edlinger nicht einmal zu sich selbst ehrlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Edlinger! Wo ist denn Ihre Alternative zur Sanierung des Gesundheitssystems? Wo ist in diesem Antrag die Forderung, die Sozialversicherungsbeiträge für alle zu erhöhen? Ihre Forderung steht hier überhaupt nicht drinnen! Sie wollen alle Menschen zur Kasse bitten, wenn es um die Sanierung des Gesundheitssystems geht, das Sie ins Defizit geführt haben, trauen sich aber nicht, das in den Antrag zu schreiben! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie trauen sich nicht, Sie haben nicht den Mut zur Wahrheit! Auch in Ihren Oppositionsanträgen, in Ihren Schmäh-Anträgen, die Sie hier auf den Tisch legen, haben Sie nicht den Mut zur Wahrheit. Auch jetzt als Oppositionspolitiker informieren Sie die Österreicher falsch! Sie haben sich mit der Forderung der Erhöhung der Beiträge entlarvt: Sie wollen den Menschen weiterhin das Geld aus den Taschen ziehen!


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Die Redezeit ist erschöpft, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): Diese Regierung saniert, diese Regierung sorgt für eine bessere Zukunft in unserem Lande! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete! Auch Sie möchte ich bitten, § 58 Abs. 2 zu beachten und mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen.

18.52

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Herr Bundesminister! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja keine tatsächliche Berichtigung!) Herr Abgeordneter Westenthaler hat hier behauptet, der ehemalige Finanzminister würde allein die Verantwortung für die Bundesfinanzen tragen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass immer die gesamte Bundesregierung die Verantwortung für das Budget trägt und damit auch der heutige Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ.)

18.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Bures: Der kann ja nicht schon wieder eine tatsächliche Berichtigung machen!)

18.53

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Bures hat behauptet (heftige Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Bures: Das gilt nicht!), ich hätte mehrere Personen für das Desaster ...

18.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Westenthaler! Das ist keine tatsächliche Berichtigung, und es ist auch keine persönliche Erwiderung, weil Sie in die tatsächliche Berichtigung nicht persönlich einbezogen waren. Daher kann ich Ihnen dazu nicht das Wort erteilen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler  – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Herr Präsident! Ich verweise auf ein Präjudiz von vorgestern, wo ebenfalls auf eine tatsächliche Berichtigung eine tatsächliche Berichtigung erlaubt worden ist, und ich sage es in einem Satz: Schuld ist allein der Kollege Edlinger! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Restliche Redezeit: 11 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Van der Bellen  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Herr Präsident, wie viele Minuten waren das?) Meine Uhr sagt: 11 Minuten. Wenn Sie weniger wollen, dann müssen Sie es mir bitte sagen.

18.55

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Es scheint in diesem Haus zwei Rituale zu geben (Abg. Dr. Khol: Mindestens zwei!)  – mindestens zwei, sehr richtig, Herr Kollege Khol! Das eine Ritual ist das Budgetritual, bei dem über unsäglich viele Stunden das Gleiche und Gleiche wiederholt wird – natürlich von allen Fraktionen.

Das zweite Ritual, das ich in meiner Zeit in diesem Hohen Haus kennen gelernt habe, ist, sich über das erste Ritual zu beschweren. Ich habe noch keinen getroffen, der bestritten hat, dass es auch dieses zweite Ritual gibt.

Das dritte Ritual habe ich heute Abend kennen lernen dürfen, nämlich dass es offenbar zum Abschluss des Budgetrituals gehört, ein Spiel zu inszenieren, bei dem es darum geht, wer der letzte Redner ist. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Wenn ich mich nicht sehr täusche, dann haben die Grünen dieses Spiel gewonnen (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ)  – es sei denn, es gibt jetzt persönliche Erwiderungen oder tatsächliche Berichtigungen zu meiner Rede, was ich mir schwer vorstellen kann. (Abg. Dr. Khol: Wir haben noch Zeit!) Vorsicht! Haben Sie noch Sekunden? (Allgemeine Heiterkeit.) Ich gönne Ihnen das, Herr Khol! Es sei Ihnen vergönnt.

Ich werde meine 11 Minuten nicht ausnützen. Ich hoffe, dass wir heute Abend noch zu einer Abstimmung kommen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Ich bitte Sie, Herr Abgeordneter, entsprechend Ihrer letzten tatsächlichen Berichtigung vorzugehen.

18.56

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Klubobmann Westenthaler hat vor wenigen Minuten behauptet, ich hätte die Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen verlangt. – Das ist natürlich falsch! (Abg. Ing. Westenthaler: Geh!)

Ich habe eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge bei gleichzeitiger Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge verlangt. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist etwas anderes, und es ist mir wichtig, dass dies so dargestellt wird.


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Eine Bemerkung (Abg. Dr. Khol: Nein, diese Bemerkung gibt es nicht!): Krankenkassenbeiträge sind nicht Bestandteil des Budgets. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! Das lassen Sie ...? – Na bravo!) Vielleicht können Sie sich informieren! (Beifall bei der SPÖ.)

18.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der letzte Teil war doch wieder keine tatsächliche Berichtigung, aber der erste Teil, Herr Abgeordneter, ist eine solche gewesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.57

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich verweise in Bezug auf die tatsächliche Berichtigung auf eine tatsächliche Berichtigung, auf ein Präjudiz vom 2. April dieses Jahres – das war also erst vor wenigen Tagen –, an dem um 15 Uhr unter Vorsitzführung des Präsidenten Fasslabend Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek von der SPÖ eine tatsächliche Berichtigung zu einer tatsächlichen Berichtigung von mir von diesem Rednerpult aus durchgeführt hat, diese auch durchführen konnte (Zwischenrufe bei der SPÖ) und diese auch nicht als falsch festgestellt worden ist.

Ich werde das daher selbstverständlich in der nächsten Präsidialsitzung thematisieren, da es seit diesem Zeitpunkt, ab 2. April, offenbar möglich ist, eine tatsächliche Berichtigung zu einer tatsächlichen Berichtigung durchzuführen.

Ich bin ein bisschen erstaunt darüber, dass das offensichtlich auch an manchen in der SPÖ vorübergegangen ist und das Kurzzeitgedächtnis auch nicht mehr hält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie können das gerne tun, aber Sie kennen die Geschäftsordnung ausreichend: Es gibt eine persönliche Erwiderung auf tatsächliche Berichtigungen, aber keine tatsächliche Berichtigung auf tatsächliche Berichtigungen. (Abg. Edlinger: Das hat sich der Fasslabend nicht verdient!)

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Spezialberichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beratungsgruppe XI des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst die Kapitel 50 bis 55 und 58 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 540 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes samt Titel und Eingang in 500 der Beilagen in der Fassung (Unruhe im Saal – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt neuerlich das Glockenzeichen) des Ausschussberichtes in 540 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 7 in Artikel VI Abs. 1 samt der dadurch bedingten Änderung der Ziffernbezeichnungen sowie auf Artikel IX Abs. 3 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, komme ich sogleich zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes samt Titel und Eingang in 500 und 540 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Genossen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über den bei der Verhandlung über den Text des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsantrag sogleich vorzunehmen.

Gibt es dagegen Einwände? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Alternativen zur Budgetpolitik der Bundesregierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die zum Bundesfinanzgesetz gehörenden Anlagen, soweit über diese noch nicht abgestimmt wurde.

Es sind dies:

die Zusammenfassung nach Gruppen und Kapiteln der Anlage I und die Anlagen Ia bis Ic (Gesamtübersichten) unter Berücksichtigung der sich aus den Spezialberichten in 540 der Beilagen ergebenden Abänderungen,

weiters die Anlage II – Stellenplan – in der Fassung des Ausschussberichtes 540 der Beilagen,

ferner die Anlage III – Fahrzeugplan – in der Fassung des Ausschussberichtes 540 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung über das Bundesfinanzgesetz 2002 samt Anlagen beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Damit ist das Budget für das Jahr 2002 verabschiedet. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler begeben sich zur Regierungsbank, um Bundeskanzler Dr. Schüssel und Bundesminister Mag. Grasser ihre Glückwünsche auszudrücken. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

2. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Friedrich Verzetnitsch (550 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort ist niemand gemeldet.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 550 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens der Bundes-Wertpapieraufsicht vom 12. März 2001 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Fritz Verzetnitsch wird im


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Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der von der Bundes-Wertpapieraufsicht beschriebenen strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Fritz Verzetnitsch besteht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ... (Zwischenrufe.) Das ist mit Mehrheit angenommen.

3. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 E Vr 664/00, 32 E Hv 44/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger (551 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wortmeldungen dazu liegen keine vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 551 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes St. Pölten vom 13. März 2001, 32 E Vr 664/00, 32 E Hv 44/00, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Edlinger wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 424/A bis 429/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2285/J bis 2330/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Donnerstag, den 10. Mai 2001, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.05 Uhr