V-1 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des

 Ständigen Unterausschusses des

 Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Donnerstag, 13. April 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Ständigen
Unterausschusses des
Hauptausschusses

in Angelegenheiten

der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XXI. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 13. April 2000

Tagesordnung

1. Wasserrahmenrichtlinie

SON ENV/00/35
Wasserrahmenrichtlinie
(7430/EU XXI.GP)

SON ENV/00/35 ADD 1
Wasserrahmenrichtlinie
(7436/EU XXI.GP)

SON ENV/00/42
Wasserrahmenrichtlinie
(7993/EU XXI.GP)

2. Futtermittel

COM SEK (99) 2035 endg.
Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrollen
(4878/EU XXI.GP)

COM KOM (99) 744 endg.
Verkehr mit Mischfuttermitteln
(5336/EU XXI.GP)

Beginn der Sitzung: 15.07 Uhr

Obmann Dr. Werner Fasslabend eröffnet die Sitzung des Unterausschusses und gibt be­kannt, dass die beiden Punkte der Tagesordnung betreffend Wasserrahmenrichtlinie und Futter­mittel getrennt abgehandelt werden.

1. Punkt

Wasserrahmenrichtlinie

SON ENV/00/35 (7430/EU XXI.GP), SON ENV/00/35 ADD 1 (7436/EU XXI.GP), SON ENV/00/42 (7993/EU XXI.GP)

Obmann Dr. Werner Fasslabend erteilt Bundesminister Mag. Molterer das Wort zu einer einlei­tenden Stellungnahme.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft) erläutert zunächst, dass das Europäische Parlament auf Grund der mangelnden Kon­sistenz der Wasserrichtlinien der Gemeinschaft seit längerer Zeit auf eine einheitliche EU-Was­serrahmenrichtlinie drängt. Nach einer längeren Diskussion darüber habe man sich im Oktober vergangenen Jahres im EU-Rat für Umwelt auf einen diesbezüglichen Vorschlag geeinigt, dessen generelle Zielsetzung es sei, die Gewässer in der Europäischen Union innerhalb einer bestimmten Frist in einen guten Zustand zu bringen.

Das interessante Kernelement dieser Wasserrahmenrichtlinie sei, dass darin für die Betrach­tung, Planung und etwaige Maßnahmen in Wassereinzugsgebieten so genannte “Bewirtschaf­tungs­pläne” vorgesehen seien. Dies bedeute eine neue Qualität, da mit diesem Prinzip nicht auf nationale, politische Grenzen, sondern auf faktische – etwa Flussgebietseinheiten – Rücksicht genommen werde.

Das Europäische Parlament beschäftige sich derzeit intensiv mit dieser Wasserrahmenrichtlinie. In der zweiten Lesung am 16. Februar dieses Jahres seien insgesamt 60 Abänderungsanträge be­schlossen worden, die sich im Wesentlichen auf die Frage der Fristenläufe, der prioritären Stoffe, der Grundwasserproblematik und der Kostenrelevanz bezogen.

Aus Sicht der österreichischen Bundesregierung sei es besonders wichtig, dass diese Wasser­rahmenrichtlinie rasch verabschiedet werde. Der derzeitige Verfahrensstand sei, dass gemäß den Regeln der Union ein Trilog aufgenommen worden sei, in dem nun die portugiesische Präsi­dent­schaft versuche, innerhalb der in diesen Spielregeln vorgesehenen Fristen eine Einigung zu errei­chen. Wie diese aussehen werde, könne man derzeit noch nicht sagen, da dieser Trilog erst begonnen worden sei. Politisches Ziel der Präsidentschaft sei es, bis zum Sommer eine Eini­gung herbeizuführen.

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) stellt fest, dass der zur Diskussion stehende Entwurf einer EU-Wasserrahmenrichtlinie aus Sicht seiner Fraktion in die richtige Richtung weise. Aller­dings werde es im Zusammenhang damit zu einigen, für österreichische Verhältnisse durchaus tief greifenden Veränderungen kommen müssen. Insbesondere sei der Ansatz, dass der Wert des Wassers künftig über einen kostendeckenden Preis zum Ausdruck kommen solle, sehr vernünftig.

Die SPÖ halte die vom Europäischen Parlament gewünschte Verkürzung der Übergangsfrist auf zehn Jahre für sinnvoll, da es dabei neben der Qualität des Wassers als wesentliche Lebens­grundlage auch um die Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU, etwa für die stark wasser­ver­brauchende Industrie, gehe. Und die Einführung kostendeckender Preise müsste vor allem in der Landwirtschaft als dem größten Wasserverbraucher zu Änderungen führen. Bundesminister Mag. Mol­terer möge darlegen, welche Position er zu diesen beiden Punkten im EU-Rat ein­nehme.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) kündigt an, dass seine Fraktion den Beschluss einer Wasserrahmenrichtlinie unterstützen werde. Auch im österreichischen Wasserrechts­ge­setz sei die Zielsetzung verankert, dass bei allen Wasserreserven – inklusive des Grund­was­sers – Trinkwasserqualität anzustreben sei. Österreich nutze nur rund 3 Prozent seiner Wasser­vor­kommen und sei sogar in der Lage, die gesamte EU-Bevölkerung alleine mit Trinkwasser zu ver­sorgen. Dies sei ein Reichtum für die Zukunft, daher gebe es – wie etwa beim letzten EU-Gipfel in Lissabon – immer wieder Bestrebungen, analog zu Strom und Gas auch Wasser gleichsam zu liberalisieren.

Dagegen erwarte er sich jedoch namens seiner Fraktion entschiedenen Widerstand Österreichs und bringe daher gemeinsam mit dem Abgeordneten Mag. Schweitzer und Kollegen gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG einen Antrag auf Stellungnahme betreffend Wasserrahmenrichtlinie der Euro­päischen Union ein, der folgendermaßen lautet:

“Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, in den zuständigen EU-Gremien in Bezug­nah­me auf die derzeit laufenden Verhandlungen zur Verabschiedung einer europäischen Wasser­rahmen­richtlinie entsprechend der bisherigen Verhandlungslinie der Bundesregierung auch in Hinkunft bei etwaigen Forderungen betreffend Änderungen des Art. 175 Abs. 2 (bisher 130s Abs. 2) EG-Vertrages zum Schutz der österreichischen Wasserressourcen an der Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen festzuhalten.”

Das gegenständliche Vorhaben sei durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzu­setzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Ange­le­genheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

Abgeordneter Schwarzenberger ersucht alle Mitglieder des Unterausschusses, diesem Antrag auf Stellungnahme zuzustimmen.

Nach Ansicht des Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) zeigt die Diskussion um die EU-Wasserrahmenrichtlinie, wie dynamisch, aber auch wie langsam die Mühlen der EU mah­len. Die ersten Vorschläge dazu stammten noch aus den achtziger Jahren. Die Fülle von Ände­­rungsvorschlägen des Europäischen Parlaments zeige jedoch, dass zwischen den Vor­schlägen des Rates und den Erwartungen des Parlaments noch beträchtliche Unterschiede be­stün­den. Auch für die Grünen stelle sich daher die Frage, welche Position Bundesminister Mag. Mo­l­te­rer vor dem Hintergrund der derzeitigen österreichischen Rechtslage zu diesem Thema, speziell zu den Qualitätszielen, im EU-Rat einnehme.

Im vorliegenden Entwurf des Rates, dem Österreich – wie der Minister bestätigte – im Okto­ber 1999 zugestimmt habe, sei von einem “guten chemischen Zustand” als Qualitätsziel die Re­de. Damit werde die Qualität des Wassers auf technologische Weise neu definiert. Demgegen­über spreche man in Österreich von Trinkwasserqualität als oberstem Ziel, auch in den gesetzli­chen Bestimmungen. Die Definition des Rates würde einen gravierenden Einschnitt in der “Was­ser­philosophie” Europas bedeuten, denn ein “guter chemischer Zustand” sei in den meisten europäischen Grundwasserkörpern schon jetzt erreicht, wie von Experten – und auch in EU-Unterlagen – bestätigt werde.

Im Europäischen Parlament werde hingegen die Auffassung vertreten, dass man sich dabei an der Trinkwasser-, Pestizid- oder Biozidrichtlinie, vor allem aber an der bestehenden Grundwas­ser­richtlinie orientieren solle. Es wäre interessant zu erfahren, wie Minister Molterer im Rat die derzeitige österreichische Rechtslage argumentiere, in der eindeutig verankert sei, dass für das Wasser im gesamten Landesgebiet die höchste Güte, nämlich Trinkwasserqualität, zu sichern sei. Dieser Grundsatz, sozusagen das Vorsorgeprinzip, werde auch vom Europäischen Parla­ment präferiert und müsse in Europa langfristig das Ziel sein.

Ein Teil des Konfliktes zwischen Rat und Parlament basiere auf diesen beiden unterschiedlichen Qualitätszielen. Der Rat bevorzuge auf Grund des Vorhandenseins von Problemregionen die leichtere “technische” Vorgangsweise, nämlich die regionale Differenzierung. Demnach könnten die einzelnen Regionen je nach Schwerpunkt unterschiedlich bewirtschaftet werden. Nach An­sicht der Grünen sei dies sehr problematisch, gerade unter dem Gesichtspunkt der Landwirt­schaft. Die Grundwasservorkommen seien das Schlüsselthema für die Ökologisierung Europas, denn es werde in den nächsten Jahrzehnten, in denen es enorme Kosten im Bereich des Bo­den­­schutzes und der Bodensanierung geben werde, auch die Frage der Trinkwasserqualität zu be­handeln sein. Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber fragt, ob auch Bundesminister Mag. Mol­terer im Rat in Richtung flächendeckende Sicherstellung der Trinkwasserqualität argumentieren wer­de.

Die zweite Frage der Grünen beziehe sich auf den Handlungsbedarf in puncto Sanierung, konkret auf Artikel 4, Änderungswunsch Nummer 25 des Europäischen Parlaments. Gemäß dem Standpunkt des Parlaments sei bereits Handlungsbedarf gegeben, wenn gewisse Quali­täts­parameter, etwa durch Erreichen von 50 Prozent bestimmter Qualitätsnormen, in Frage ge­stellt werden, und nicht erst dann, wenn sie überschritten wurden. In diesem Sinne solle der ge­samte Grundwasserkörper unter Beobachtung stehen. Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber er­sucht Bundesminister Mag. Molterer, kurz zu erläutern, welche Anpassungen im derzeitigen öster­rei­chischen Wasserrechtsgesetz auf Grund dieser Wasserrahmenrichtlinie vorgenommen wer­den müssten.

Ein weiterer zentraler und sehr wichtiger Streitpunkt zwischen Parlament und Rat sei die Frage der Einleitung von gefährlichen Substanzen. Gemäß der Oslo-Paris-Vereinbarung laufe die Frist dafür im Jahre 2020 aus. Es stelle sich nun die Frage, wie verbindlich die entsprechende Rege­lung sein werde, ob es bei jener nicht sehr deutlichen Aussage im Vorschlag des Rates bleibe oder ob es eher in Richtung des Parlamentsvorschlages, der ab 2020 eine Nullemission gefähr­li­cher Substanzen vorsehe, gehe. Vielleicht wäre es möglich, die diesbezügliche Rechtslage in Öster­reich verstärkt in diese Diskussion einzubringen, denn gemäß § 33b Abs. 2 Wasser­rechts­gesetz können gefährliche Stoffe nur befristet genehmigt werden und müssen ersetzt wer­den, sobald sie in den jeweiligen Produktionsprozessen durch ungefährlichere Stoffe substituierbar sind. Dies könne ein Vorschlag für eine Kompromisslösung sein.

Abschließend stellt Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber die Frage, welche Kriterien der Preisbil­dung Bundesminister Mag. Molterer im Rat im Hinblick auf Eigentumsfragen im Wasserbereich for­ciert habe.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) äußert zunächst Verständnis für die Sorge des Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber um die Wasserqualität angesichts des Umstandes, dass im Vorschlag des Rates von einem “guten chemischen Zustand” die Rede sei. Da Österreich kaum Wasserzuflüsse habe, sondern fast nur abfließendes Gewässer, trage es für den Zustand seines Wassers in erster Linie selbst die Verantwortung und habe diese bisher sehr gut wahr­ge­nom­men. In diesem Zusammenhang halte er es daher für wesentlich, dass alle im Ausschuss vertre­tenen Parteien dem Antrag der Regierungsparteien auf Beibehaltung des Einstimmig­keitsprinzips bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen zustimmen, denn Österreich müsse auch in Hinkunft über seine Wasserbewirtschaftung selbst entscheiden können.

Die Freiheitlichen seien zwar wegen ihrer Sorge über mögliche Begehrlichkeiten in Bezug auf die zukünftige Wasserbewirtschaftung innerhalb der EU des Öfteren belächelt worden, ein dies­be­züg­li­cher Vorstoß Großbritanniens in Lissabon habe jedoch allen klar und deutlich gezeigt, dass diese Sorge berechtigt sei. Er ersuche daher nochmals alle, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

Abgeordneter Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ) hält zunächst fest, dass seine Fraktion dem vor­lie­genden Antrag auf Stellungnahme zustimmen könne, stellt aber auch die Frage, wie sich die­ser Antrag mit der Tatsache vertrage, dass gemäß der geplanten Richtlinie die Bewirtschaftung nach Flusseinzugsgebieten – also grenzüberschreitend – erfolgen solle, womit zwar in erster Linie das Grundwasser gemeint sei, die Oberflächengewässer aber nicht ausgeschlossen seien. Dies werfe die Frage auf, ob Österreich dadurch von der EU auch abverlangt werden könne, be­stimmte Wassermengen auf den Flüssen zu liefern, und welche Auswirkungen das etwa ange­sichts der Flussstauanlagen an der Donau auf Österreichs Kraftwerke haben könnte.

Weiters erkundigt er sich über die zeitlichen und inhaltlichen Planungen des Ministeriums im Hin­blick auf diese Wasserrahmenrichtlinie – vor allem in Richtung der Novellierung des österrei­chi­schen Wasserrechtes, der Inangriffnahme der Grundwassersanierung, der schon seit langem in Arbeit befindlichen Immissionsverordnung –, und ob es nach In-Kraft-Treten dieser Wasser­rah­men­richtlinie bei den branchenspezifischen Emissionsregelungen bleiben werde.

Aus Sicht der österreichischen Industrie sei auch er für eine wesentliche Verkürzung der Fristen, denn er komme aus einer Branche, die darunter leide, dass für die Konkurrenz-Unternehmen aus dem Süden der EU noch völlig andere Grenzwerte erlaubt seien. Mailand und sogar die EU-Haupt­stadt Brüssel haben seines Wissens noch immer keine Abwasserentsorgung.

Er erbitte Auskunft über die angepeilten Grenzwerte und darüber, welche Meinung der Minister bezüglich der Liste der prioritären Stoffe und Stoffgruppen auch aus umweltpolitischer Sicht habe.

Ein wichtiger Punkt sei auch noch der Umstand, dass im Gegensatz zu anderen Staaten in Öster­reich ein großer Teil des Grundwassers, der Trinkwasserreserven, nicht öffentliches Gut, sondern Privateigentum sei. Und man müsse auch einmal über die möglichen Auswirkungen von kostendeckenden Preisen auf die Landwirtschaft sprechen, etwa angesichts einer Anlage wie dem Marchfeldkanal, der doch unter anderem den dortigen Landwirten Wasser zu sehr günsti­gen Konditionen sichern soll. Es stelle sich die Frage, welche Konsequenzen diese Fakto­ren auf eine entsprechende Regelung haben können.

Für Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ) scheint einer der Hauptstreitpunkte bei der Wasser­rahmenrichtlinie die Fristen zu deren Umsetzung zu sein. Sie begehrt Auskunft über den bisheri­gen Standpunkt Österreichs in dieser Frage, weiters darüber, ob Bundesminister Mag. Molte­rer die Regelungen zum Schutz der Feuchtgebiete in der Wasserrahmenrichtlinie für ausreichend hal­te und welche Maßnahmen Österreich setzen werde, um die Ziele der Nitratrichtlinie zu errei­chen und das schon angedrohte Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft) stellt zunächst fest, dass die zur Diskussion stehende Richtlinie im Umweltausschuss be­­­han­delt wird, einem Gremium, dem er erst seit kurzem angehöre. Daraus könne man auch er­ken­­nen, dass es durch die Koppelung von Landwirtschaft und Umwelt durchaus Synergie­effekte gibt. Zweitens sei die Wasserrahmenrichtlinie eine der umstrittensten politischen Ziel­setzun­­gen innerhalb der Union. Dies schicke er voraus, weil es einerseits gänzlich unterschied­liche Interessenlagen, andererseits völlig unterschiedliche Fakten gebe.

Abgeordnetem Dr. Einem könne zugestimmt werden, dass in Europa Wasser insgesamt als knappes Gut gelte. Die Situation Österreichs, das nur 3 Prozent des Dargebotes nutze, sei im euro­päischen Kontext eine Ausnahme. Kostendeckende Preise solle es gemäß dieser Richtlinie bei Wasserdienstleistungen, also im Wesentlichen bei der Wasservorsorge und der Wasserent­sor­gung geben. Diesem Wunsch des Parlaments stehen die Mitgliedstaaten und die Kom­mission überwiegend positiv gegenüber. Irland trete dezidiert dagegen auf, da dort die Trink­wasser­versorgung zur Gänze kostenlos sei, die südlichen Mitgliedstaaten Griechenland und Spanien lehnten das deshalb ab, weil dort die Landwirtschaft bei der Bewässerung – einem sehr wich­ti­gen Faktor – bezuschusst werde. In Österreich gebe es im Unterschied dazu keine Sub­ventionie­rung von Bewässerung, nach deren wasserrechtlicher Bewilligung erfolge sowohl Anla­ge als auch Betrieb auf eigene Kosten.

Bundesminister Mag. Molterer tritt für Kostentransparenz bei der Ver- und Entsorgung ein, da Was­ser eben ein knappes Gut sei. Eine direkte Auswirkung auf die Eigentumsstrukturen von Was­ser sehe er nicht, kostendeckende Tarife seien unabhängig davon ein Ziel.

Eine Verkürzung der von Kommission und Rat vorgeschlagenen Fristen von 16 Jahren erachte er für möglich. Allerdings hielte seiner Einschätzung nach die überwiegende Anzahl der Mitglied­staaten die vom Europäischen Parlament angestrebte Verkürzung auf zehn Jahre für irreal. Österreich sei – nicht nur in der Frage der Fristen – tendenziell auf der Seite des Parlaments. Es sei jedoch zu bedenken, dass, sollte es in diesem Trilog zu keiner Einigung kommen, die ge­samte Richtlinie gefallen sei. Daher gebe es von beiden Seiten einen Zwang zur Einigung inner­halb sehr kurzer Zeit.

Abgeordnetem Schwarzenberger sei er dankbar dafür, dass die Beibehaltung des Einstimmig­keits­prinzips bezüglich der Wassernutzung neuerlich bestätigt werden solle; er werde darauf im Zusammenhang mit den Fragen des Abgeordneten Dr. Keppelmüller noch zu sprechen kom­men.

Zur vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber angesprochenen Frage betreffend Grundwasser und Trinkwasser stellt Bundesminister Mag. Molterer fest, dass Österreich das diesbezügliche An­lie­gen des Parlaments im Kern unterstütze, da er es für richtig halte, dass sämtliches Grund­was­ser nicht nur besagten “chemischen Zustand” haben solle, sondern tendenziell auch Trink­was­ser­qualität. Das Problem dabei sei jedoch, dass diese Strategie und diese Zielsetzung eigent­lich nur von Österreich getragen werde. Das Vereinigte Königreich beispielsweise sei der Mei­nung, dass nur das zum Trinken verwendete Wasser diesen Kriterien entsprechen solle – und lehne die Position des Parlaments dezidiert ab. Es sei von den südlichen Mitgliedstaaten – im Wesentlichen Spanien und Griechenland –, vom Vereinigten Königreich sowie von den Nie­derlanden noch massiver Widerstand dagegen zu erwarten.

Österreich unterstütze die Position des Europäischen Parlaments auch hinsichtlich der Ober­flächen­gewässer, denn mit der im schon angesprochenen Artikel 4 Änderungswunsch 25 vorge­sehenen geringstmöglichen Aufbereitung könnte ebenfalls eine Verbesserung erzielt werden.

Auf die Frage nach dem wasserrechtlichen Handlungsbedarf teilt Bundesminister Mag. Molterer mit, dass der Inhalt der Wasserrahmenrichtlinie gemäß dem derzeitigen Stand zurzeit im Mini­ste­rium analysiert werde. Er sei noch nicht in der Lage, die Konsequenzen für das Wasser­rechts­gesetz im Detail darzulegen, da er zuerst die im Moment von Kommission, Rat und Parla­ment diskutierten Änderungen, die ja substanziell seien, kennen möchte. Der Zeitplan müsse jedenfalls vor dem Sommer fertig gestellt sein.

Bei der Preisbildungsfrage gehe es nicht um das Eigentum, sondern um den angemessenen Bei­trag aller Sektoren auf dem Niveau der relevanten Kosten, die sich durch Trinkwasser­versor­gung und Abwasserentsorgung ergeben. Dies habe keinen Einfluss auf die Eigentumsstruktur, da diese Kosten unabhängig davon entstünden und auch bedeckt werden müssten.

Auch in der Frage des Handlungsbedarfes bei der Trendumkehr unterstütze er die Anregung des Europäischen Parlaments, da sie in die Richtung dessen gehe, was auch in Österreich an­lässlich der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes zu § 33f diskutiert werde, und dafür wolle er die Rückendeckung durch die Wasserrahmenrichtlinie. Zum derzeitigen Stand der Diskussion sei jedoch auf Grund der schon erwähnten völlig unterschiedlichen Einschätzung einiger Länder die Kluft zwischen der Position des Rates und jener des Parlaments noch relativ groß. Beide Seiten müssten, betont Bundesminister Mag. Molterer, aufeinander zugehen, da ansonsten die Richtlinie nicht zustande komme.

Der Antrag des Abgeordneten Schwarzenberger stehe nicht in Widerspruch zur geplanten Was­ser­rahmenrichtlinie, da es darin um die Sicherung der österreichischen Entscheidungsgewalt hinsichtlich der Nutzung seiner Gewässer gehe. Mit der Wasserrahmenrichtlinie hingegen solle die Wasserbewirtschaftung auf einem Niveau sichergestellt werden, das den guten Zustand aller Gewässer in Europa gewährleistet. Dies bedeute einen wesentlichen Fortschritt für Europa, und zwar auch dann, wenn nicht alle Zielsetzungen Österreichs darin erfüllt werden, da die anderen jedenfalls massiv nachziehen.

Zum Thema Änderungen des Wasserrechtsgesetzes sei zum einen derzeit eine Novelle zum Wasserrechts- und Altlastensanierungsgesetz in Begutachtung, die sich auf die offene Deponie­frage beziehe. Ein zweiter Teil seiner Wasserrechtsstrategie betreffe die Überprüfung des § 33f hinsichtlich der Effizienz der Schon- und Schutzgebiete in Abstimmung mit den Ländern. Sollte sich ein Handlungsbedarf, der allenfalls über § 33f hinausgeht, ergeben, werde man eine Über­ar­bei­tung des Wasserrechtsgesetzes vorlegen.

Zur Immissionsregelung sei zu sagen, dass in der Wasserrahmenrichtlinie neben dem schon an­gesprochenen “guten chemischen Zustand” auch der “gute ökologische Zustand” verankert sei. Das Problem bestehe darin, dass gemeinschaftsrechtliche Vorgaben erst nach Verabschie­dung der Richtlinie abgestimmt werden. Diese dann zu vereinbarenden EU-Immissionsregelun­gen müssten aber nicht nur die chemischen Parameter, etwa hinsichtlich der Nährstoffe, son­dern auch andere Parameter hinsichtlich verschmutzungsrelevanter Stoffe aufweisen. Diesbe­züglich habe man also abzuwarten, welche gemeinschaftsrechtlichen Regelungen auf Basis der Rahmenrichtlinie kämen.

In der Wasserrahmenrichtlinie sei dafür der kombinierte Ansatz, das heißt die Begrenzung der Emis­sionen auf Basis der BAT, also der “best available techniques” vorgesehen. Dieser Maß­stab sei sehr sinnvoll, daher werde diese Maßnahme auch von Österreich unterstützt, das auch in dieser Frage klar jener Linie verpflichtet sei, wonach ein möglichst hohes Niveau in Europa anzu­streben ist.

Laut einem Bericht der Kommission sollten folgende Fristen gelten: Bis drei Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie sollen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Um­setzung erlassen werden, ebenfalls bis drei Jahre danach solle ein Verzeichnis jener Orte, die das Interkalibrierungsnetz der Mitgliedstaaten bilden sollen, erstellt werden; nach dreieinhalb Jah­ren folge eine Liste der zuständigen Behörden und der internationalen Einrichtungen an die Euro­päische Kommission, vier Jahre später müsse das endgültige Verzeichnis der Orte erstellt und veröffentlicht werden, danach liefen die Fristen entsprechend weiter. Dies sei die derzeitige Planung, die endgültige Version hänge jedoch vom Ausgang des Trilogs ab.

Die Frage der Nitratrichtlinie werde von der Wasserrahmenrichtlinie nicht berührt; die Nitrat-richt­­linie gelte. Österreich sei der Meinung, die Nitratrichtlinie umgesetzt zu haben, die Kom­mission sei offensichtlich nicht ganz dieser Meinung. Man führe mit der Kommission zurzeit Ge­spräche, die letztendlich ergeben würden, wer Recht habe.

Bundesminister Mag. Molterer hält die Frage der Nitratrichtlinie deshalb für wichtig, weil sie über die Wasserrahmenrichtlinie hinaus einen spezifischen Ansatz, nämlich die Grund­wasserbe­lastung, zum Ziel habe. Daher sei es aus seiner Sicht auch nicht klug, wenn die Wasserrahmen­richtlinie eine Diskussion über die Notwendigkeit der Nitratrichtlinie zur Folge hätte, da diese Nitrat­richtlinie letztendlich auch ein Faktor der Kostenbeeinflussung und Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Arten der Landwirtschaft sei, etwa was die Viehbesatzdichte betrifft. Die Um­setzung der Nitratrichtlinie in allen Ländern verbessere die Position der eher nachhaltig wirt­schaftenden Landwirtschaft.

In der Wasserrahmenrichtlinie sei auch die Einbeziehung von Feuchtgebieten hinsichtlich der FFH-Richtlinie  und der Vogelschutzrichtlinie in die Schutzgebiete vorgesehen, soweit sie direkt im Zusammenhang mit Wasser stünden. Eine gute Wasserqualität müsste zur Erhaltung dieser Gebiete beitragen und daher einen grundsätzlich positiven Einfluss haben. Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie würden jedoch nicht durch die Wasserrahmenrichtlinie ersetzt. Es sei klar, dass in jenen Gebieten, in denen die FFH-Richtlinie umgesetzt worden sei, die Ver­pflichtungen daraus weiter gelten.

Zur Frage des Abgeordneten Dr. Keppelmüller betreffend grenzüberschreitende Gewässer äußert Bundesminister Mag. Molterer die Ansicht, dass es schon eine Verpflichtung gebe, in Fluss­ein­zugsgebieten Schutzmaßnahmen, die zum gemeinsamen Ziel führen, umzusetzen. Dies sei aber nicht die Nutzung des Wassers.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) bedankt sich einleitend für die zum Teil ausführliche Beantwortung und schließt noch eine grundsätzliche Frage zu der von Bundes­mini­ster Mag. Molterer aufgeschobenen Beurteilung der Richtlinie in Hinblick auf dadurch notwen­dige Änderungen in der österreichischen Wasserrechtsgesetzgebung an. Im Koalitionsüberein­kommen sei nämlich unter anderem die Formulierung zu finden, dass EU-Richtlinien in Zukunft nur auf Mindestniveau umzusetzen seien. Das erscheine ihm jedoch gerade in diesem Bereich sehr problematisch, denn angesichts dessen, dass, wie Bundesminister Mag. Molterer soeben ge­schildert habe, eine schrittweise Annäherung der Standpunkte von Rat, Parlament und Kom­mission, also ein Kompromiss, Voraussetzung für eine Einigung auf eine Wasserrahmen­richt­linie sei, die dann aber sicherlich nicht ganz dem hohen Niveau des derzeitigen österreichischen Wasserrechtsgesetzes verpflichtet sein werde, sei das eine entscheidende und grundlegende Frage. Die Grünen verstünden jedenfalls nicht, wie das mit dem Koalitionsübereinkommen ver­ein­bar sei.

Zum Thema Preisbildung sei zu ergänzen, dass der Preis gerade in einem derart sensiblen Be­reich wie Wasser neben der vom Minister angesprochenen Kostendeckung auch noch eine Sig­nal­funktion im Hinblick auf einen sparsamen Umgang haben könne. Es gebe im Parlament Über­le­gungen dahin gehend, vor allem bei einem so sensiblen Gut für unterschiedliche Nutzer unterschiedliche Preiskategorien vorzusehen. Er hätte nun gerne gewusst, wie der Minister konkret dazu stehe.

Zum vorliegenden Antrag auf Stellungnahme stellt Abgeordneter Pirklhuber fest, dass die darin thematisierte Bewirtschaftung nicht Teil der Wasserrahmenrichtlinie ist, außerdem erscheine es ihm sehr wichtig, dass auch in Zukunft sämtliche, auf Grund innerstaatlicher Überlegungen ver­ord­nete zusätzliche Auflagen auf nationaler Ebene möglich seien, sofern sie nicht EU-Recht wider­sprächen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber hält Folgendes in Zukunft für wichtig: Im Sinne einer euro­päischen Solidarität in Grundfragen, nämlich in Grundrechtsfragen, aber auch in Grundfragen der Ökologie und der Umweltpolitik, werde es auch in Hinkunft notwendig sein, für einzelne Län­der immer wieder auch über ihre Schatten zu springen. Es sei klar, warum gerade die Nie­der­lande, wie Minister Molterer erwähnt habe, gegen diese Verschärfungen eintrete, da eben die­s­er Staat, wie jeder wisse, durch seine exportorientierte Intensivlandwirtschaft die größten Probleme in Europa verursache.

Seiner Überzeugung nach wäre es sehr problematisch, wenn man in Anbetracht der von den Niederlanden bisher und auch in Hinkunft exportierten Umweltverschmutzung- und zerstörung Einstimmigkeit in allen Punkten fordere. Sinnvoller sei es, diese Fragestellung breiter zu disku­tie­ren und sich den gesamten Umweltbereich anzuschauen. Wasser und Wasserbewirtschaf­tung stehen nun einmal im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Vorgängen, daher halte er es langfristig für durchaus überlegenswert, Entscheidungsprozesse zu entwickeln, mit denen ge­samt­wirt­schaftliche Überlegungen und Umweltnotwendigkeiten im Sinne der Gesamt­ökologisierung in Europa berücksichtigt werden könnten.

Abgeordneter Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ) vermutet, dass ihn Bundesminister Mag. Molte­rer bezüglich der in der Vorlage genannten “Bewirtschaftung von Flussgebietseinheitem” miss­ver­stan­den habe. Er werde es nochmals anhand eines inländischen Beispiels zu erklären versu­chen.

Die Ager fließe aus dem Attersee ab und münde dann in die Traun. An der Abflussstelle gebe es ein Stauwerk, ein Klauswehr mit einer Klauswehrordnung. Die unterliegende Industrie habe das Recht darauf, mindestens sieben Kubikmeter Wasser pro Sekunde zu bekommen. Dies bedeu­te, dass das Wehr auch dann, wenn es dadurch unter Umständen oben am See Probleme ge­be, aufgemacht werden müsse. Seiner Ansicht nach könne durch die vorgesehene Bewirt­schaf­tung von Flusseinzugsgebieten auf Österreich Ähnliches zukommen, dass also Österreich etwa einen Stau ablassen oder mehr Wasser ablassen müsse, obwohl es dadurch Nachteile hätte.

Wie solle in diesem Zusammenhang der Änderungswunsch des Europäischen Parlaments hin­sichtlich Artikel 11, Abs. 3d) interpretiert werden, in dem es heißt: “Begrenzung der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser sowie der Aufstauung von Oberflächensüß­was­ser”?

In weiterer Folge sei unter diesem Punkt auch noch folgender Text zu finden: “sofern eine ange­messene Versorgung mit gesundem Trinkwasser nicht gewährleistet werden kann, das Erfor­der­nis, die zuständigen örtlichen Behörden zu ermächtigen, Wasser zwecks Nutzung in anderen Wassernutzungsbereichen umzuverteilen”.

Die Fachleute seien um eine Erklärung dieser Formulierung zu ersuchen. Es könne damit zwar auch die lokale Ebene gemeint sein, man sollte es aber jedenfalls genau überprüfen, falls es dazu im Moment keine Erklärung gebe.

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) äußert in Bezug auf den Antrag der Abgeordneten Schwar­zenberger und Mag. Schweitzer die Ansicht, dass man diesen Antrag nicht unbedingt brauche, da er für die konkrete, zur Entscheidung anstehende Frage nicht unmittelbar relevant sei. Er, Einem, denke in diesem Punkt ähnlich wie die Grünen.

In der Sache selbst stünde die SPÖ ebenfalls auf dem Standpunkt, dass Wasser – im Übrigen ebenso wie andere nutzbare Gegebenheiten – nicht ohne weiteres von der EU disponiert wer­den könne. Aber mit dem gleichen Recht, mit dem andere etwa österreichisches Wasser fordern könnten für den Fall, dass sie es brauchen, wäre es natürlich auch Österreich möglich, deren Bo­denschätze zu verlangen für den Fall, dass es diese brauche, oder den ungehinderten Zu­gang zum Meer als Nicht-Meeranliegerstaat oder eben auch die Nutzung der Sonne in Ländern, in denen die Sonneneinstrahlung die wirtschaftliche Nutzung zum Zwecke der Erzeugung von Energie erlaube. Es sei daher eine klare Linie notwendig, wonach es für die Nutzung all dieser Gegebenheiten – vom Wasser über die Bodenschätze und die Sonne bis zum Zugang zum Meer, um nur vier Beispiele dafür zu nennen – gleiche Rechte geben müsse.

Er könne sich nicht vorstellen, dass Österreich auf die Bewirtschaftung seines Wassers ver­zichte, solange die EU ein Verbund von Staaten sei. Allerdings könne er sich auch nicht vor­stellen, dass Österreich gänzlich egoistisch bleibe, falls die EU weitere Schritte der Integration setze. Man würde sich auch innerhalb Österreichs schwer tun, einzelne Bundesländer von der Versorgung mit anderen notwendigen Gütern abzuschneiden, sollte sich diese Frage im Land stellen.

Seine Fraktion halte zwar diesen Antrag nicht wirklich für nützlich und notwendig, werde ihm aber dennoch zustimmen. Der Ausschuss sollte jedoch nicht jedes Mal mit Anträgen konfrontiert werden, die primär zu keinem anderen Zweck als für die mediale Verarbeitung gut seien.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft) präzisiert, dass die angesprochene Passage des Regierungsübereinkommens bezüglich der Umsetzung von EU-Richtlinien so zu verstehen sei, dass darauf geachtet werden solle, dass nicht infolge von Austriazismen die Relation zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten nicht mehr stimme. Der Hintergrund dieses “golden platings” sei, dass bei der Umsetzung so mancher Richtlinien die eine oder andere bürokratische Idee, die mit der jeweiligen Richtlinie selber nichts zu tun gehabt habe, mittransportiert worden sei, und das halte er für einen Unsinn.

Betont werden müsse, dass dies nicht bedeute, dass die Regierung die Frage der Schutzziele oder den vorhandenen Schutzstandard im Bereich der Umweltgesetzgebung in Zweifel ziehe. Ganz im Gegenteil dazu sei es das Ziel der Regierung, die anderen Mitgliedstaaten – plastisch ausgedrückt – auf den österreichischen Standard zu bringen.

Bezüglich der Preisbildung sei er natürlich ebenfalls der Ansicht des Parlaments, dass kosten­deckende Preise für Wasserdienstleistungen letztendlich auch eine strategische Zielsetzung ha­ben, also nicht nur zu Kostendeckung führen, sondern auch zur – unter Anführungszeichen – “nach­haltigen Nutzung” anregen beziehungsweise – anders ausgedrückt – durch den Kosten­faktor negativ anreizen sollen. Er halte es aber gleichzeitig auch für sinnvoll und möglich, dass es, wie es das Parlament weiters fordere, dabei eine gewisse Differenzierungsmöglichkeit ge­ben soll, etwa nach sozialen oder regionalen Unterschieden.

Zur Wortmeldung des Abgeordneten Keppelmüller stellt Bundesminister Mag. Molterer zunächst fest, dass grundsätzlich quantitative Elemente in der Wasserrahmenrichtlinie ausgeklammert sei­en, da dieser Aspekt in ihrer Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 175 Abs. 1, nicht vorgesehen sei beziehungsweise sogar im Widerspruch dazu stünde. Im angesprochenen Artikel 11 werde ledig­lich die Bewilligungspflicht für Entnahmen und Aufstauungen von Wasser im Sinne der Er­hal­tung eines ökologischen Zustandes geregelt. Allerdings werde in Österreich bei Geneh­mi­gungen ohnehin genau darauf geachtet. Er sehe also kein Problem in diesem Artikel, gehe aber der Anregung gerne nach, diesbezüglich wachsam zu sein. In dieser Hinsicht werde der Ände­rungs­wunsch des Europäischen Parlaments auf Grund eben dieser möglichen Auswirkungen von Österreich ja auch nicht unterstützt. Man vertrete einen differenzierten Standpunkt, demzu­folge grundsätzlich die Linie des Europäischen Parlaments befürwortet, die Ablehnung jenes Änderungswunsches durch die Kommission jedoch für richtig gehalten werde, da er mit der Rechts­grundlage Artikel 175 Abs. 1 nicht vereinbar wäre.

Was die Frage der Nutzung betreffe, schließe er sich der Darstellung des Abgeordneten Dr. Einem vollinhaltlich an.

Obmann Dr. Werner Fasslabend stellt fest, dass keine weiteren Wortmeldungen zum ersten Tagesordnungspunkt vorliegen, schließt diese Debatte und leitet über zur Abstimmung.

Der von Abgeordnetem Schwarzenberger gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG eingebrachte Antrag auf Stellungnahme betreffend Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union wird mit der Mehr­heit von SPÖ, FPÖ und ÖVP angenommen.

2. Punkt

Futtermittel

COM SEK (99) 2035 endg., Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrollen (4878/EU XXI. GP)
COM KOM (99) 744 endg., Verkehr mit Mischfuttermitteln (5336/EU XXI. GP)

Obmann Dr. Werner Fasslabend leitet zum Tagesordnungspunkt 2 betreffend amtliche Futter­mittelkontrollen und Verkehr mit Mischfuttermitteln über und bittet Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer um einige einleitende Bemerkungen.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft) spricht eingangs über die Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrollen. Diese Kontrol­len zielen darauf ab, in Fällen, in denen eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch, Tier oder für die Umwelt bestehe, die Einfuhr von Futtermitteln aus Drittstaaten einzuschränken be­ziehungsweise auszusetzen. Doch solle es der Europäischen Kommission auch ermöglicht wer­d­en, in den EU-Mitgliedstaaten Kontrollen durchzuführen. Hinsichtlich des Vorschlages der Kom­mission habe es eine substantielle Änderung von Seiten des Rates gegeben, und zwar dahin gehend, dass vor Kontrollen Konsultationen mit den Mitgliedstaaten erfolgen sollten. Aller­dings habe diese vorgeschlagene Änderung nicht die Zustimmung des Europäischen Parla­ments gefunden. Dieses wolle, dass die Kommission auch ohne Konsultation mit den Mitglied­staaten Kontrollen vor Ort durchführen darf.

Diesbezüglich sei noch eine Aussprache zwischen Rat, Kommission und Parlament zu erwarten. Bundesminister Mag. Molterer geht davon aus, über den Stand der Dinge in einer der nächsten Ratssitzungen informiert zu werden.

Bezüglich Verkehr mit Mischfuttermitteln sei der zentrale Diskussionspunkt die Kennzeichnung der Kategorien von Bestandteilen von Mischfutter. Die Kommission vertrete die Meinung, dass es eine so genannte offene Deklaration geben solle, was bedeute, dass bei Mischfutter alle Bestandteile sowie deren Gewichtsanteile in Prozent angeführt werden. Die Mitgliedstaaten seien jedoch der Auffassung, dass diese offene Deklaration nicht praktikabel sei, was er, Molterer, aus folgenden Gründen auch so sehe:

Erstens sei die tatsächliche Situation in der Praxis dermaßen, dass kleinere Mischfutter­her­stel­ler, von denen es in Österreich viele gebe, die Rezeptur beziehungsweise die Zusammen­setzung des Mischfutters daran orientieren, wie gerade die Preiswürdigkeit einzelner Kompo­nen­­ten sei. Daraus können sich Unterschiede ergeben, die aber keinen Einfluss auf die Futter­mit­telqualität haben. Dies werde jedoch für den jeweiligen Hersteller, der auf der Basis eines ge­nehmigten Mischfutters für einen längeren Zeitraum ein Etikett bekommt, kaum anwendbar sein.

Zweitens solle die Kontrolle verbessert werden. Am Beispiel Kaolinit war zu sehen, dass alleine aus der Angabe “Kaolinit” nicht darauf geschlossen werden konnte, dass genau diese Kompo­nente die Dioxinkontamination in Belgien verursacht habe. Man erhalte also aus der reinen Prozentangabe keine Information über die Ursache einer etwaigen Kontaminierung.

Drittens wisse, führt der Minister weiters aus, die Behörde bei der Kontrolle aus dem Genehmi­gungs­tatbestand, welche Bestandteile enthalten seien. Deswegen sei er gegenüber dem Vor­schlag der Kommission skeptisch eingestellt.

In der Zwischenzeit seien dazu eine Reihe von Diskussionspunkten aufgetreten, recht interes­san­te Vorschläge seien im Zuge der Verhandlungen gemacht worden. Die Frage sei aufge­taucht, ob diese Deklaration auch für Heimtierfutter gelte; das sei aber nicht vorgesehen, obwohl die Niederlande dennoch dafür eintreten. Er persönlich sei dagegen, weil ein Heimtier in der Re­gel nicht zur Nutzung dient. Weiters sei der Vorschlag gekommen, dass an Stelle der detaillier­ten Prozentangaben eine Deklaration der Bestandteile und nicht wie bisher der Bestandteilgrup­pen erfolge. Eine andere Idee betreffe die fakultative offene Deklaration beziehungsweise könnte deklariert werden, was gefährliche Bestandteile seien.

Nach Ansicht von Bundesminister Molterer wisse man aber nicht, was genau ein gefährlicher Be­standteil sei. Betreffend Kaolinit habe man ja auch nicht gewusst, dass es sich im speziellen Fall um kontaminiertes Kaolinit gehandelt habe. Zusätzlich gebe es die Idee, dass die Deklara­tion auf Nachfrage des Verbrauchers beim Kauf selbst vom Futtermittelhersteller veröffentlicht wird.

Zusammenfassend hält der Minister fest, dass es noch Verbesserungsmöglichkeiten gebe. Den Vorschlag der Kommission für eine exakte Prozentangabe halte er aber nicht für praktikabel. Das sei inadäquat, wenn man das Problem, das im Zusammenhang mit der BSE-Krise und dem Dioxinskandal aufgetaucht sei, betrachte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ) führt aus, dass betreffend Futtermittelkontrollrichtlinie ein Disput zwischen Rat und Kommission bestehe, da das Parlament in erster Lesung den Vor­schlag der Kommission ohne Änderung beschlossen habe, was ein bemerkenswerter Umstand sei. Bundesminister Molterer möge daher hier darlegen, welche Position er diesbezüglich in Brüs­sel vertreten habe. Das Eingriffsrecht der Kommission, ohne vorher die Mitgliedstaaten in einem komplizierten Konsultationsmechanismus zu befragen, beziehe sich ihrem Verständnis nach nur auf dringende Fälle mit Gefahr in Verzug, was sie auch für sinnvoll halte. Manchmal gehe es wirklich um Stunden, wenn nicht gar um Minuten. Beim Dioxinproblem habe man ja gesehen, wohin diese Verschleppungen geführt haben.

Hinsichtlich der Richtlinie betreffend Verkehr mit Mischfuttermitteln kann sich Abgeordnete Sima der Meinung des Ministers nicht ganz anschließen. Sie persönlich halte den Vorschlag der Kom­mission, dass man möglichst detailliert die verschiedenen Bestandteile der Futtermittel auflistet, für recht vernünftig. Die Kommission begründe das sehr gut: Je genauer man über die Be­stand­teile Bescheid wisse, desto leichter sei auch die Rückverfolgbarkeit. Bei der Dioxinkrise habe es Wochen gedauert, die einzelnen Bestandteile herauszufinden und teilweise wisse man bis heute nicht, wodurch es zu dieser extrem hohen Kontamination gekommen sei. Es gebe zwar einige Theorien, die in Richtung Speisefette wiesen, aber den wahren Grund kenne bis heute niemand mit hundertprozentiger Sicherheit. Deswegen: je höher die Transparenz, desto besser.

Weiters stellt Abgeordnete Sima die Frage, ob daran gedacht sei, endlich einen Grenzwert für Dioxin in Futtermitteln einzuführen.

Außerdem sei es geradezu schmerzvoll, dass es bei Mischfuttermitteln keine Gentechnik-Kenn­zeichnungsbestimmungen gebe. Die Kommission verweise zwar immer auf die Novel-Feed-Verordnung – auf diese warte man allerdings bereits seit vier Jahren. Im September komme an­geb­lich ein Entwurf dazu heraus. Sie persönlich sehe dem mit großer Skepsis entgegen.

Abschließend möchte Abgeordnete Sima wissen, wie es aussehe in Bezug auf Umsetzung einer EU-Verbotsliste für Futtermittelbestandteile, die ja eine Zeit lang im Gespräch gewesen sei.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) geht zu Beginn seiner Ausführungen darauf ein, dass 1993/94, also im Vorfeld des EU-Beitritts, die Anpassung des österreichischen Futter­mittelrechts an EU-Recht erfolgt sei. “Stand der Technik und der Praxis” in Österreich war damals, dass es eine sehr genaue Zulassung und Kontrolle von Futtermitteln gegeben habe, was heute zwar noch, zumindest sehr kursorisch, geschehe, aber nicht mit der damaligen Schär­fe. Das sei seiner Meinung nach erneut ein Zeichen dafür, wie schrittweise gewisse ge­wachsene Notwendigkeiten und Sinnhaftigkeiten in Frage gestellt werden und man heute gera­de im Futtermittelbereich in Europa vor enormen Problemen stehe. Letztlich baue ein wesentli­cher Teil der Futtermittelindustrie auf Soja-Extraktionsschrot auf; der andere Teil baue auf Stär­ke­rohstoffen auf, die heute international bezogen werden.

Im Futtermittelbereich gehe es daher nicht nur um Mischungen von Komponenten, sondern die Politik spiele eine große Rolle, da Welthandelsagrarströme betroffen seien. Es gehe um sehr hohe Importmengen an Futtermitteln; Europa importiere Tapioka, Maniok und Stärke aus Thailand, Indien und den Philippinen. Sojaprodukte kämen aus Brasilien, Chile und den USA. Bei Futtermitteln sei dieser Umstand hochspannend, weil die Bewirtschaftungsregeln in diesen Regionen der Erde nicht dem Europäischen Recht unterliegen. Bekanntermaßen werden in diesen Ländern nach wie vor Pestizide eingesetzt, die in Österreich und in Europa schon lange verboten seien. Dieser Themenbereich biete daher eine gewisse Sprengkraft, weil langfristig die Frage der Verschleppung von Pestizidrückständen direkt damit zusammenhänge.

Aus diesem Grund sei es sehr wichtig, auf europäischer Ebene eine genaue Deklaration einzu­führen – nicht nur im Interesse der Konsumenten, sondern auch im Interesse der Bauern und Bäuerinnen. Wenn ein Rohstoff auf dem internationalen Markt durch einen billigeren substituiert werden könne, was eine Frage der Kosten sei, dann stünden meist wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund. Wenn aber unter Umständen auch nur schleichende Rückstände von Pestizi­den in einem bäuerlichen Betrieb im Stall auftreten, führe das zu Problemen bei den Produkten im Lebensmittelsektor selbst.

Aus Sicht der Grünen stelle sich die Frage, ob Bundesminister Molterer für die obligatorische offene Deklaration sei. Dazu gebe es übrigens einen Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG betreffend obligatorische offene Deklaration aller Bestandteile von Futtermitteln.

Damit könnte eine mittelfristige Entlastung der Agrarmärkte ins Auge gefasst werden. Europa sei eine der größten Agrarimportregionen der Welt. Trotz Überschüssen würden enorme Men­gen an pflanzlichen Rohstoffen importiert, Europa sei Nettoimporteur. Deswegen sei es sehr wichtig, bezüglich Futtermittel auch auf WTO-Ebene endlich klarzulegen, dass man kein Hor­monfleisch und keine gentechnisch veränderten Futtermittel wolle. Es sei daher ein spannender Teilaspekt, dass heuer zum ersten Mal in den USA ein Rückgang beim Anbau von gentechnisch veränderten Sorten von Mais und Soja festzustellen sei. Das sei ein Ergebnis europäischer Diskussionen betreffend Gentechnikfreiheit. Es wäre wünschenswert, mit Urgenz darauf hinzu­weisen, dass die österreichischen Bauern auch gentechnikfrei füttern können.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) vertritt bezüglich Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrollen die Meinung, dass bei EU-Kontrollen die Mitgliedstaaten auch einge­bun­den beziehungsweise informiert werden sollten, weil das Kontrollergebnis wesentlich genau­er sei, wenn die Hintergründe bekannt seien. Es bestehe in diesem Punkt Uneinigkeit zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission.

Zum Antrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber sei anzumerken, dass sich dieser auf 5336/EU und nicht auf 4878/EU beziehen müsse, da er den Verkehr mit Mischfuttermitteln behandle und nicht die amtliche Kontrolle von Futtermitteln auf europäischer Ebene – worauf Ab­ge­ordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) meint, dass dieser Fehler berichtigt ge­hört.

Weiters weist Abgeordneter Schwarzenberger darauf hin, dass, bevor Österreich der EU beige­tre­ten sei, Getreideschrot, Maisschrot, Gerstenschrot und Weizenschrot in der Deklaration ent­hal­ten gewesen seien, aber der genaue Prozentsatz nicht angegeben gewesen sei. Mischfutter­betriebe in kleineren Regionen wie zum Beispiel im Waldviertel seien, wenn nicht die genaue Rezeptur angeben sei, bei einer sehr guten Roggenernte, aber bei einer schlechten Gerste­ernte, durchaus in der Lage, in einem Jahr einen höheren Roggenanteil und einen geringeren Gerstenanteil zu verpacken, um die Ernte aus der eigenen Region wieder als Futtermittel verar­beiten zu können. Die quantitative Deklaration würde also Schwierigkeiten bereiten, denn diese würde zu einer Monopolstellung großer, länderübergreifender Mischfutterbetriebe führen. Kleine­re Betriebe sollten nicht zusätzlich belastet werden.

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ) betont ebenfalls die Interessen der kleinen Mischfutter­betriebe, doch es gehe auch um Konsumenteninteressen, wie man beim Dioxinskandal ge­sehen habe. Man sollte ernsthaft Lösungen finden, mit denen sowohl die Konsumenten als auch die Bauern geschützet werden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) dankt für die Berichtigung seines Antra­ges und gibt die korrigierte Nummer 5336/EU an. Seiner Ansicht nach sollten auch für die Klei­nen auf dem globalen Markt strenge Richtlinien gelten; nur dann hätten sie überhaupt eine Chan­ce, weil sie vor Ort, in der jeweiligen Region, ihren Standortvorteil nützen könnten. Der beste Schutz sei daher sicher nicht jener, dass einer Verschleppungstaktik wie jener beim BSE-Skan­dal und beim Dioxinskandal Vorschub geleistet werde. Bei zentralen Fragen der Gemein­schaft sollte es ein Durchgriffsrecht geben, um Schlagkraft zu beweisen – auch im Sinne der Bäuerinnen und Bauern. Ein bereits entstandener Schaden könne sich über Jahre hinweg ziehen, was man ja am Beispiel Großbritannien gesehen habe.

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche) ist ebenfalls der Ansicht, dass eine genaue De­kla­ration von Produkten, die in Futtermitteln enthalten sind, notwendig sei. Das habe aber nichts mit der Quantität zu tun; der Konsument könne keinen Schaden erleiden – egal, ob 50 Prozent Weizenanteil oder 50 Prozent Gerstenanteil in einem Produkt enthalten seien.

Man solle die Vorschläge der Kommission beziehungsweise des Rates abwarten und erst dann einem der beiden Vorschläge die Zustimmung erteilen. Jedenfalls müsse verhindert werden, dass kleine Mischfutterwerke durch Preisgabe der quantitativen Inhalte ihrer Futtermittel mehr oder weniger den Großen geopfert werden.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft) führt zu den amtlichen Futtermittelkontrollen Folgendes aus: Er sei dafür, dass die Kom­mission kontrollieren dürfe, weil gerade am Beispiel Belgien klar ersichtlich war, dass eine sol­che Kontrolle sinnvoll sei. Es solle trotzdem eine Konsultation mit den Mitgliedstaaten geben, jed­och kein kompliziertes Konsultationsverfahren. Bisher laufe es so ab, dass die Union den Standard vorgebe und die Mitgliedstaaten dementsprechend kontrollieren sollen, was auch ge­schehe. Die Kommission wolle jetzt aber eine Überkontrolle, was auch noch legitim sei. Als Mini­ster für Land- und Forstwirtschaft sei er Kontrollbehörde, finde es aber unpraktikabel, wenn er im Internet lesen müsse, dass es ein bestimmtes Kontrollergebnis gebe, wobei er nicht einmal wisse, dass überhaupt kontrolliert worden sei.

Weiters müssten dann wohl Kommissionsorgane zur Kontrolle von Futtermitteln nach Österreich kommen. Diese bräuchten die Kooperation von nationalen Stellen, weil sie ja teilweise nicht einmal wüssten, wohin sie überhaupt fahren sollen. Daher müsse es eine Art der Konsultation mit dem Mitgliedstaat geben. Das sei keine Verhinderung der Überkontrolle, sondern ein Mecha­nis­mus der Kooperation mit österreichischen Einrichtungen und Behörden.

Betreffend Kontamination respektive offene Deklaration hält der Minister noch einmal fest, dass klar sein solle, welche Bestandteile im Futtermittel enthalten sind. Es sei gesagt worden, aus der An­gabe des Prozentsatzes könne man das Risiko einschätzen. Das sei aber falsch, was der Minister anhand des vorher gebrachten Beispiels Kaolinit erläutert. Wäre am Sackanhänger die Angabe “Prozent X” gestanden, hätte daraus niemand eine Schlussfolgerung über ein etwaiges Risiko ziehen können, außer dass Kaolinit enthalten ist. Es sei ja nicht bekannt gewesen, dass genau das der kontaminierte Bestandteil war.

Wenn man Angaben bis zum Zehntelprozent mache, sei das zwar transparent, aber nicht effektiv. Er könne sich daher vorstellen, dass die Frage der jeweiligen Bestandteile ein Thema sei. In diesem Zusammenhang mache er quasi in einem Nebensatz darauf aufmerksam, dass er – wie jeder andere auch – Konsument ist und im Lebensmittelrecht offensichtlich ein Standard ausreiche, der im Futtermittelrecht nicht ausreicht. Da beginne aus seiner Sicht das Grundsatzproblem. Bei Lebensmitteln sei es ausreichend, dass auf der Verpackung Strichcodes und Angaben über irgendwelche Emulgatoren stehen, beim Futtermittel jedoch müsse bis zum letzten Zehntelprozent angegeben sein, was genau enthalten ist. Da solle man die Verhältnis­mäßig­keit nicht außer Acht lassen.

Die für die Kontrolle zuständige Lebensmittelbehörde kenne die Rezeptur aus dem Genehmi­gungs­v­erfahren und überprüfe diese auch. Bundesminister Mag. Molterer sagt, er könne sich daher eine Deklaration hinsichtlich der Bestandteile vorstellen, bezweifle aber, ob die detaillierte Prozentangabe auch tatsächlich etwas bringe.

Seit November letzten Jahres gebe es einen Grenzwert für Dioxin, der EU-weit bei 500 Piko­gramm je Kilogramm liege. Die aktuelle Diskussion drehe sich darum, entweder einen Grenz­wert bei den Einzelkomponenten im Mischfutter einzuführen oder einen Grenzwert für das End­pro­dukt festzulegen. Er persönlich sei für Grenzwerte bei den Einzelkomponenten, damit es nicht zu Verdünnungseffekten komme.

Was die Novel-Feed-Verordnung angehe, wurde angekündigt, dass es im September einen ent­sprechenden Entwurf von der Kommission geben werde.

Betreffend Verbotsliste bemerkt der Minister, dass es verbotene Stoffe hinsichtlich klärschlamm­hältiger Produkte gebe. Diese wurde im Ständigen Futtermittelausschuss vor einem Monat verabschiedet und werde demnächst veröffentlicht.

Auf die Ausführungen des Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber eingehend, meint der Minister, dass sich die Überschusssituation anders darstellen würde, wenn man den Eiweiß- und Stärke­bedarf aus eigener Produktion stärker abdecken würde, was seit der Marktordnungsreform 1992 im­mer öfter der Fall sei. Das, was er aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada höre, sei, dass dort die Gentechnikdiskussion jetzt beginne und manche aus der Branche der Meinung seien, dass die eindimensionale Debatte, die in Nordamerika stattgefunden hat, dem Problem nicht gerecht wurde.

Was die kleinen Futtermittelbetriebe angehe, handle es sich nicht um die Frage klein oder groß, sondern um die Praktikabilität. Ein großes Mischfutterwerk tue sich praktisch leichter, Futter­mittel­komponenten über das Jahr in einem bestimmten Mischungsverhältnis zu beziehen. Ein kleiner Betrieb, der regional auf dem Markt kauft, werde zum Beispiel, wenn im Waldviertel die Roggenernte in Ordnung war, keinen Roggen bekommen, da dieser in der Bäckerei zu Brot verarbeitet werde. So gesehen gebe es einen praktischen Bezug, der zu beachten sei.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne) legt den Standpunkt der Kommission dar, der klar besage, dass das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrollen – eine Ratsfeststellung – mit den zuständigen Behörden erörtert werden müsse, bevor ein Abschlussbericht ausgearbeitet und ver­breitet werde. Dem stimme die Kommission grundsätzlich zu, sie sei der Auffassung, dass die Vorschriften in dringenden Fällen vor allem gegenüber Drittländern, wo Bestandteile tech­nisch aufbereitet werden, verunreinigt sein können, qualitativ weit unter dem europäischen Stand­ard liegen und Gefahr in Verzug ist, verschärft werden sollten. Das sei gut für die österreichischen Bauern und Konsumenten. Der Kommission müsse die Möglichkeit gegeben werden, in diesen dringenden Fällen zu handeln, das Ergebnis müsse ohnehin mit den Mit­glied­staaten abgestimmt werden. Das sei unter dem Titel “Standpunkte der Kommission in Bezug auf den gemeinsamen Standpunkt des Rates” nachzulesen.

Das Europäische Parlament gehe sogar noch weiter. Nicht unbedingt die exakte Prozentangabe sei wichtig, sondern die Tatsache, dass die qualitative Deklaration nicht länger mit dem Argu­ment hintangehalten werde, dass die quantitative Deklaration so schwierig sei. Man solle zügig vorgehen, sich nicht mit Prozentangaben aufhalten, sondern eindeutig diese qualitative Dekla­ration in den Vordergrund stellen. Der quantitative Spielraum könne der Futtermittelindustrie erhalten bleiben, wenn der Ursprung der einzelnen Bestandteile und deren Zusammensetzung klar deklariert sei. Das sei der Hauptpunkt des Antrages der Grünen und entspreche dem, was sich auch das Parlament vorstelle.

Obmann Dr. Werner Fasslabend lässt die Abstimmung über den eingebrachten Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG des Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber be­treffend obligatorische offene Deklaration aller Bestandteile von Futtermitteln vornehmen. Die­ser bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

Obmann Fasslabend stellt fest, dass die Tagesordnung erschöpft ist und schließt die Sitzung.

Schluss der Sitzung: 16.32 Uhr

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