„Mobilfunk-Petition“



 

 

 

 

Parlamentarische Enquete

Dienstag, 20. Juni 2000

 

(Stenographisches Protokoll)

 

 

 

 

 

 

 


Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier


Parlamentarische Enquete

Dienstag, 20. Juni 2000

(XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Mobilfunk-Petition“




Dauer der Enquete

Dienstag, 20. Juni 2000: 13.14 – 19.25 Uhr

*****

Tagesordnung

Referenten:

DDr. Joachim Röschke, Universität Mainz (Psychiatrische Klinik)

Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi, Universität Wien (Institut für Umwelthygiene)

Dr. Wolfgang Jankowitsch, Amt der Wiener Landesregierung (nominiert von der Verbindungsstelle der Bundesländer)

Bürgermeister Hermann Kröll (nominiert vom Städte- und Gemeindebund)

Sektionschef Dr. Hermann Weber (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie)

Dr. Marc Seguinot (Administrator, Europäische Kommission)

*****

Referate

Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke .............................................................. 4

Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi ................................................................... 10

Dr. Wolfgang Jankowitsch ........................................................................ 14

Bürgermeister Hermann Kröll ................................................................... 17

Sektionschef Dr. Hermann Weber ............................................................. 18

Dr. Marc Seguinot .................................................................................... 21

Diskussion

Eva Maršálek .....................................................................................  23, 61

Dr. Gerd Oberfeld ...............................................................................  27, 65

Stadtrat Johann Padutsch ......................................................................... 29

Abg. Mag. Johann Maier ....................................................................  30, 63

Abg. Mag. Reinhard Firlinger ................................................................... 32

Abg. Johann Kurzbauer ............................................................................ 33

Abg. Dr. Gabriela Moser .....................................................................  33, 60

Bundesrat Ing. Walter Grasberger ............................................................. 34

Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner ...................................................  35, 60

Dr. Barnabas Kunsch ..........................................................................  37, 70

Dr. Marc Seguinot .................................................................................... 38

Abg. Mag. Helmut Kukacka ...................................................................... 39

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Norbert Leitgeb ............................................  40, 58

Abg. Edeltraud Gatterer ............................................................................ 43

Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter ...........................................................  44, 67

Dr. Martin Panosch ................................................................................... 46

Dipl.-Ing. Peter Pelzmann .......................................................................... 47

Mag. Harald Pfannhauser .......................................................................... 49

Michaela Reeh ...................................................................................  50, 69

Bürgermeister Hermann Kröll ................................................................... 52

Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke ...................................................... ..... 52

Sektionschef Dr. Hermann Weber ....................................................... ..... 54

Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi ............................................................. ..... 56

Dr. Wolfgang Jankowitsch .................................................................. ..... 58

Abg. Mag. Gisela Wurm ........................................................................... 64

Abg. Ing. Wilhelm Weinmeier ................................................................... 68

Dr. Georg Kathrein .................................................................................... 68

Dr. Klaus Radunsky .................................................................................. 71

Min.-Rat Dipl.-Ing. Johann-Klaus Hohenberg ............................................. 72

Schlussworte

Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi ............................................................. ..... 74

Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke ............................................................ 74

Sektionschef Dr. Hermann Weber ............................................................. 75

Dr. Wolfgang Jankowitsch ........................................................................ 75

Dr. Gerd Oberfeld ...............................................................................  76, 77

Eva Maršálek ............................................................................................ 76

Geschäftsbehandlung

Antrag im Sinne des § 98a Abs. 5 GOG, das Stenographische Protokoll dieser Enquete dem Nationalrat als Verhandlungsgegenstand vorzulegen ................................................................. 77

Debatte:

Abg. Mag. Reinhard Firlinger .......................................................  77, 78, 78

Abg. Mag. Johann Maier ....................................................................  77, 78

Abg. Dr. Gabriela Moser ........................................................................... 77

Ablehnung des Antrages .................................................................................. 79

 

 

Beginn der Enquete: 13.14 Uhr

Vorsitzende: Abgeordnete Mag. Gisela Wurm, Abgeordnete Edeltraud Gatterer, Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann.

*****


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich und eröffne die Enquete.

Der Hauptausschuss des Nationalrates hat die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema „Mobilfunk-Petition“ beschlossen. Es soll allen Beteiligten die Möglichkeit geboten werden, ihre Vorstellungen zu diesem wichtigen Thema vorzubringen. Schriftliche Äußerungen können im Stenographischen Protokoll nicht berücksichtigt werden.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte sagen, wie es zu dieser Enquete gekommen ist. Dass wir vom Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen eine Enquete veranstalten, ist erstmalig. Ich möchte betonen, dass wir uns als Verbindungsstelle zwischen dem Parlament und den Bür­gerin­nen und Bürgern verstehen. Es sind uns all die Besorgnisse und Befürchtungen der Bürger und Bürgerinnen in Bezug auf die Problematik bei Handy-Masten zu Ohren gekommen. Und so sind wir gleich in der ersten Sitzung des Ausschusses zu der Übereinkunft gekommen, die Ab­haltung einer Enquete zu initiieren, um dieses Thema umfassend diskutieren zu können. Dass dann ein Vier-Parteien-Antrag zur Abhaltung dieser Enquete im Hauptausschuss einstimmig be­schlossen wurde, darauf sind wir sehr stolz.

Zum Termin noch kurz gesagt: Wir haben uns den Termin gut überlegt. Wir wollten die inter­na­tionale Konferenz in Salzburg am 6. und 7. Juni abwarten, damit auch deren Ergebnisse ein­fließen können. Außerdem werden ja jetzt auch noch andere Fachtagungen veranstaltet, ich erin­nere an jene in München und an eine – ganz neu jetzt, das hat mir Frau Maršálek be­richtet – kritische Konferenz der EU zu diesem Thema am 29. Juni. Also wir sind mit unserer Enquete sicherlich auf der Höhe der Zeit, und ich glaube, dass es notwendig und wichtig ist, eine umfassende Diskussion zu diesem Thema heute zu führen.

Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen hat ja auch verschiedene Stellungnahmen eingeholt, und in nahezu jeder Stellungnahme von den verschiedenen Institutionen und Minis­terien wurde es begrüßt, dass wir eine parlamentarische Enquete zu diesem Thema abhalten. Insofern sind wir froh darüber, dass wir diesen Weg gegangen sind.

Es freut mich auch sehr, dass Herr Minister Schmid in einer Pressemeldung bekannt gegeben hat, dass er den Erlass einer Verordnung gemäß § 67 des Telekommunikationsgesetzes, die auch die Grenzwerte der Endgeräte zum Inhalt hat, vom Ergebnis der Enquete abhängig macht, sodass ich glaube, dass diese Enquete am Ende nicht nur neue Erkenntnisse bringen, sondern auch ihren guten Sinn gehabt haben wird.

Ich möchte Ihnen jetzt noch kurz den Ablauf der Enquete schildern.

Vorerst bedanke ich mich noch einmal ganz besonders für Ihr Erscheinen und hoffe, dass die heutige Diskussion einen Beitrag zur Lösung dieser Frage leisten wird.

Es liegen auf allen Plätzen Zettel für die Ihnen zur Verfügung stehenden zwei Wortmeldungen in der ersten und zweiten Diskussionsrunde auf. Ich ersuche Sie, diese auszufüllen, aber nicht abzugeben. Die Bediensteten der Parlamentsdirektion werden diese dann einsammeln.

Die erste Runde soll in erster Linie zur Diskussion der Referate dienen, die zweite Runde vor al­len Dingen dem Meinungsaustausch unter den Teilnehmern.

Der zweite Debattenbeitrag ist daher erst möglich, wenn die erste Diskussionsrunde abge­schlossen ist. Diese zweiten Wortmeldungen geben Sie bitte dann am Präsidium ab.

Ferner ersuche ich Sie wegen der begrenzten Zeit darum, Ihre Beiträge kurz zu halten. Be­denken Sie bitte die große Teilnehmerzahl. Es sollen ja möglichst alle zu Wort kommen.

Herr Dr. Marc Seguinot von der Europäischen Kommission hat mitgeteilt, dass er erst ab etwa 14.30 Uhr an der Enquete teilnehmen kann. Er kommt mit dem Flugzeug um 12.30 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat an und muss um etwa 16.30 Uhr die Enquete wieder verlassen, um sein Flugzeug zu erreichen. Da er sein Referat in englischer Sprache halten wird, wird dieses sowie seine allfälligen Diskussionsbeiträge von Dolmetschern übersetzt.

Die ebenfalls eingeladenen Referenten Dr. Michael Repacholi und Universitätsprofessor Dr. Jiri Silny sind an der Teilnahme leider verhindert.

Damit sind meine Ausführungen zum Organisatorischen auch schon beendet. Falls einzelne Anwesende noch Fragen oder Wünsche äußern möchten, bitte ich Sie, diese an die Parla­ments­beamten zu richten, die rechts – von Ihnen aus gesehen links – neben mir beim Präsi­dium sitzen.

Wenn Sie mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, gehe ich jetzt so vor.

Ich bitte nunmehr den ersten Referenten, Herrn DDr. Joachim Röschke, das Wort zu ergreifen.

Referate

13.20


Referent Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke¦ (Universität Mainz, Psychiatrische Klinik): Zu­nächst einmal vielen Dank, Frau Vorsitzende, für die Einladung und grüß Gott an alle im Saale. Ich freue mich, dass ich zu dieser Enquete heute eingeladen bin, und werde die Gelegenheit nutzen, Ihnen die Studien, die wir zu diesem Thema in der Psychiatrischen Klinik in Mainz in der Vergangenheit durchgeführt haben, vorzustellen. Sie können mich jederzeit unterbrechen, wenn ich irgendetwas Unverständliches sage – ich will es gerne erklären. Es kommt mir darauf an, dass Sie das, was ich mitzuteilen habe, gut verstehen. Deswegen scheuen Sie bitte nicht davor zurück, mich auch zu unterbrechen. (Der Referent zeigt in weiterer Folge Abbildungen, auf die er sich in seinen Ausführungen bezieht.)

Grundsätzlich ist es so, dass wir zwei unterschiedliche Formen der Untersuchungen des Ein­flusses digitaler Funktelefone, dieser GSM-Systeme, auf das Zentralnervensystem, sprich das EEG, bei gesunden Probanden durchgeführt haben. Die eine Form war die Unter­su­chung der Auswirkungen auf das Wach-EEG, und die zweite die Untersuchung der Auswir­kun­gen auf den Schlaf.

Lassen Sie mich die Überlegungen und die Studien, die wir zu diesem Thema durchgeführt ha­ben, zunächst auf das Wach-EEG konzentrieren. Das ist eine Studie, die wir vor, glaube ich, drei oder vier Jahren durchgeführt haben, mit einem völlig naturalistischen Design: Wir haben ein handelsübliches Funktelefon benutzt, dieses wur­de 40 cm neben dem Kopf der Probanden positioniert. Es wurde, wie das bei im D-Netz handelsüblichen Geräten der Fall ist, mit 900 MHz und mit all den weiteren Spezifikationen, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte, be­trieben. Die geschätzte Leistungsflussdichte betrug damals 0,05 Milliwatt pro Quadratzentimeter. Das Design beinhaltete die Untersuchung von 34 gesunden männlichen Probanden im Alter zwischen 21 und 35 Jahren. Das Design war ein einfach blindes cross-over Design. Das be­deutet, dass wir zufällig verteilt erstbefeldet haben und dann den Kontrollversuch gemacht haben beziehungsweise umgekehrt.

Grundsätzlich muss man bei solchen EEG-Untersuchungen – und das ist eine Kritik, die man an einigen Studien anbringen muss, die danach durchgeführt worden sind – immer beachten, dass man die Versuchsbedingungen so einhält, dass jederzeit eine Kontrolle möglich ist. Das heißt, Sie müssen darauf achten, dass es eine Vigilanz-Kontrolle gibt, denn das EEG ändert sich, wenn die Vigilanz nachlässt, dramatisch. Und solche Effekte können im Prinzip den Beobach­tungs­parameter überschatten.

Ich will die Ergebnisse gleich vorwegnehmen – ich zeige Ihnen nachher noch eine Abbildung, damit Sie sehen, wie das genau gewesen ist –: Wir haben im Endeffekt unter dieser Versuchs­konstellation, nämlich dreieinhalb Minuten intensive Befeldung, keine Änderung der elektrischen Aktivität des Zentralnervensystems gesehen, weder im Alpha-, Beta-, Delta- noch im Theta-Band. Wir haben natürlich die Vigilanz kontrolliert. Ich sagte Ihnen schon: es ist dies eine ganz ele­mentare Bedingung bei solchen Untersuchungen. Eine Vigilanzänderung war nicht nach­weisbar – Gott sei Dank, muss man sagen, sonst hätte man das Experiment erst einmal bei­seite räumen müssen –, und vor allen Dingen ist es uns – und diese Frage war uns zu Beginn wichtig – nicht gelungen zu differenzieren nach diesen neurophysiologischen Parametern, nach Probanden, die Feld-sensitiv beziehungsweise -insensitiv sind.

Die nächste Abbildung zeigt Ihnen, wie so eine Untersuchung ausschaut. Ich zeige Ihnen einmal die spektralen Leistungsdichten von einem einzelnen Probanden. Sie sehen oben die Kontroll­situation und unten die Situation, als das Feld an war. Diese Spektren, die Sie hier sehen – sie haben so einen „Hubbel“ um 10 Hz, das ist das, was man üblicherweise misst, wenn man wach ist, die Augen geschlossen hat und nicht einschläft –, zeigen, dass sich über einen Zeitraum von ungefähr 10, 12 Minuten diese Situation, diese dominante Alpha-, im 10-Hz-Bereich liegende Frequenz stabil abbildet. Das würde man üblicherweise auch erwarten. Und das Feld, also das eigentliche Experiment – es ist im unteren Bild dargestellt –, war immer nur im mittleren Drittel eingeschaltet. Das heißt, das erste Drittel dieser Situation und das letzte Drit­tel sind eigentlich eine Kontrollbedingung, die schon erwähnte Vigilanz-Kontrolle. Sie sehen, dass in diesem indivi­duellen Fall keine Veränderung feststellbar ist.

Nun muss man diese Ergebnisse – Einzelfallbetrachtung hilft nicht weiter – natürlich statistisch bearbeiten und zusammenfassen. Ich habe das aus Zeitgründen jetzt alles weggelassen und habe Ihnen das Ergebnis im Prinzip schon dargestellt. Ich will deswegen auch diesen Effekt kurz interpretieren, denn letztendlich haben wir überhaupt keine Veränderung der spontanen Wach-EEGs während dieser Befeldung von etwa dreieinhalb Minuten durch ein aktives han­dels­übliches Funktelefon, das mit 0,05 Milliwatt pro Quadratzentimeter betrieben wurde, fest­gestellt. Bitte beachten Sie, dass diese Untersuchung durchgeführt wurde an gesunden Probanden zwischen 21 und 35 Jahren und dass sich die Aussage dieser Untersuchung grund­sätzlich auf dieses Kollektiv beschränkt. Das heißt, wir wissen nicht, ob möglicherweise bei älteren Patien­ten, bei psychisch Erkrankten – Sie wissen, dass ich aus der Psychiatrischen Klinik komme und mir diese Patienten besonders am Herzen liegen – andere Ergebnisse zu beobachten wären.

Diese Untersuchung, die ich Ihnen vorgestellt habe, ist mittlerweile von vier oder fünf anderen Laboratorien wiederholt worden, und alle kommen im Endeffekt zu exakt dem gleichen Ergeb­nis, nämlich dass es, was das Wach-EEG angeht, keine Veränderungen durch die Befel­dung gibt.

Ich komme jetzt zum zweiten Teil, zum ausführlicher und deutlich intensiver untersuchten Teil, nämlich dem Schlaf-EEG.

Sie wissen – und das hat auch ein Kollege aus der Neurologie, Herr Zeitlhofer, vor einem hal­ben oder einem Jahr für Österreich publiziert –, dass 20 bis 30 Prozent aller Bürger über einen gestörten Schlaf berichten. 75 Prozent der psychiatrischen Patienten klagen über Ein- und Durch­schlafstörungen. Mit anderen Worten: Das ist ein Phänomen, das sehr ubiquitär auftritt und das in vielen Variationen von den Patienten als ungeheuer belastend geschildert wird. Die Ursachen können sehr mannigfaltig sein. Neben internistischen oder neurologischen Erkran­kungen kommen natürlich auch Medikamente, Drogenabusus, jegliche psychische Störung, Stress, Schichtarbeit et cetera in Frage. Der Schlaf ist deswegen so interessant und wichtig, weil er ein physiologischer Prozess ist, der eben, wie Sie aus dem, was da unter „Ursachen“ subsumiert ist, erkennen können, sehr leicht gestört wird und der darüber hinaus einer elek­trophysiologischen, neurophysiologischen Untersuchung exzellent zugänglich ist.

Der Schlaf ist letztendlich ein sehr empfindlicher Indikator für latente oder gar manifeste patho­physiologische Prozesse, und das war auch die Frage, die am Anfang dahinter stand: Wenn es durch diese Handys, durch diese Funktelefone, durch diese elektromagnetischen Felder Ein­flüsse gibt, dann ist eigentlich zu erwarten, dass sie im Schlaf besonders in Erscheinung treten. Wie lässt sich die Schlafqualität, wie lässt sich eine Schlafstörung objektivieren und beurteilen?

Zum einen mittels Selbstbeurteilungs-Fragebögen, zum anderen durch die objektive Polysom­nographie, ein relativ aufwendiges Verfahren, in dem über einen Zeitraum von mindestens acht Stunden mehrere Bio-Signale gemessen werden. Elementar notwendig ist, dass Sie das EEG – also die Hirnströme –, das EOG – die Bewegung der Augen –, das EMG – den Muskeltonus –, das EKG, den Atemfluss durch Mund und Nase, die Sauerstoffsättigung und andere Parameter erfassen.

Ausgewertet wird diese sehr aufwendige Untersuchung nach einer Vorschrift – Sie werden es kaum für möglich halten, aber es ist eine Tatsache – aus dem Jahre 1968. Diese Vorschrift von Rechtschaffen und Kales – das ist internationaler Standard, auch heute noch – ist nichts ande­res als eine Vorschrift, wie Grapho-Elemente – also verschiedene Formen von Schwingungen – zu interpretieren sind. Es werden je nach Beschaffenheit dieser Grapho-Elemente fünf ver­schie­dene Schlafstadien unterschieden. Das ist eine Aufgabe, die sich nur dann erfolgreich absol­vieren lässt, wenn man ständig damit beschäftigt ist. In guten Schlaflaboratorien gibt es einen Stamm von qualifizierten Ratern, die nichts anderes tun, als solche Schwingungsmuster zu sta­gen, zu scoren und reliable Schlafprofile zu erstellen.

Verfeinerte Methoden, die sozusagen noch viel objektiver sind, sind unter anderem die Spek­tral­analyse, aber auch Elemente der nicht-linearen Dynamik et cetera – das braucht Sie im Moment nicht zu interessieren, darauf möchte ich auch nicht weiter eingehen.

Ich will jetzt dazu übergehen, Ihnen noch ein bisschen zu vermitteln, warum man die einzelnen Bio-Signale so dringend benötigt. Sie sehen sie in dieser Abbildung noch einmal auf­gezeichnet: Die beiden oberen Kanäle sind die Augenbewegungen, dann kommt das EMG und dann unten beispielhaft ein EEG-Kanal.

Dazu müssen Sie wissen, dass man beispielsweise den so genannten paradoxen Schlaf – auch REM-Schlaf genannt – als charakteristische Phase identifiziert. Der heißt deswegen so, weil „Rapid Eye Movement“ – also schnelle Augenbewegungen – in diesem Stadium vorkommen und es ganz spezifisch charakterisieren. Diese schnellen Augenbewegungen gibt es eben nur im REM-Schlaf, und zwar in Kombination mit einem deutlich nachlassenden Muskeltonus. Um diese Schlafphase nach dieser relativ alten Vorschrift, nach Rechtschaffen und Kales beurteilen zu können, müssen Sie die entsprechenden Signale aufzeichnen.

Nehmen wir an, Sie hätten jemanden zur Verfügung, der ein Schlaf-EEG auswerten kann. Da­raus würde ein Schlafprofil erstellt, das über die Qualität des Schlafes Auskunft gibt. Auf dieser Abbildung finden Sie dazu zwei geradezu typische Schlafprofile wiedergegeben: Im oberen Teil sehen Sie das Schlafprofil einer etwas älteren Patientin und unten das einer etwas jüngeren Patientin. Die dicken, grau unterlegten Bereiche repräsentieren den REM-Anteil. Auf der vertika­len Achse ist die Schlaftiefe dargestellt. Bleiben wir zunächst bei der oberen Graphik: Sie fängt an – der Patient braucht eine Weile, bis er einschläft – mit dem Wachzustand, und dann steigt der Patient die erste Schlaftreppe hinab in das so genannte leichte Schlafstadium 1, und nach einer Weile steigt er noch ein Stück hinab in die Phase 2, um dann wieder kurz zu erwachen; dann steigt er die Kaskade wieder hinunter und erreicht schließlich Schlafstadium 3, um aus Schlafstadium 3 sofort in den REM-Schlaf zu wechseln. Nach dem REM-Schlaf wird er sich eine Weile in Schlafstadium 2 befinden, wieder REM-Schlaf und so weiter. – Das ist geradezu typisch für einen älteren Menschen.

In der unteren Graphik sehen Sie einen kleinen Unterschied – im Prinzip ist es nicht viel anders, aber Sie sehen, dass der jüngere Proband ein deutlich tieferes Schlafstadium erreicht. Das heißt, er erreicht nicht nur das Schlafstadium 3, sondern das Stadium 4, den so genannten „echten Tiefschlaf“, und es ist physiologisch völlig normal, dass Jüngere im Unterschied zu Älteren dieses Schlafstadium erreichen. Die Erholsamkeit des Schlafes, die physiologische Funktion ist deswegen nicht anders.

Sie sehen – auch das typisch –, dass der REM-Anteil verteilt auf vier oder in der Regel fünf Por­tionen auftritt, dass die ersten immer ganz wenig, ganz kurz ausgeprägt sind, dass sie sich insbesondere in der zweiten Hälfte der Nacht kumulieren – auch das ist ein physiologisch völlig normaler Vorgang.

Es gilt letztendlich herauszubekommen, ob, wenn ein Schlafprofil gestört ist, es innerhalb der Variationsbreite bleibt oder dramatische Auffälligkeiten zeigt. Dazu müssen Sie wissen, dass üblicherweise – natürlich in Abhängigkeit vom Alter, aber über den Daumen kommt das immer hin – etwa 50 Prozent der Nacht im Stadium 2 verbracht werden, 20 Prozent im Stadium REM und ebenfalls 20 Prozent im eigentlichen Tiefschlaf. Wenn die Verteilung davon abweicht, wenn sie sich außerhalb des Normbereichs bewegt, dann liegt auch eine entsprechende Schlaf­störung, wie auch immer sie genannt werden mag, vor.

So viel zu den Grundlagen. Nunmehr zu den eigentlichen Messungen: Was bewirkt ein digitales Funktelefon? – Es war wieder das gleiche wie bei der ersten, bereits im Wachzustand durchge­führten Untersuchung – ich glaube, es war ein Motorola-Gerät, das mit 8 Watt Sende­leistung betrieben wurde.

Die allererste Untersuchung des Schlaf-EEGs war – wie auch die bereits zuvor vorgestellte – eine naturalistische Studie. Das bedeutet, dass wir die Studien-Randbedingungen nicht weiter kontrollieren konnten und auch nicht weiter kontrolliert haben, außer dass es wieder ein blindes cross-over Design war. Wir konnten aber keine Aussage – weil sie nicht gemessen worden ist – über die effektive Feldstärke machen; sie wurde auf die bereits erwähnten 0,05 Milliwatt pro Quadratzentimeter geschätzt.

Untersucht wurden 14 gesunde Probanden. Es gab keine Hypothese, weswegen man eine solche Untersuchung auch explorativ nennt. Die Ergebnisse waren folgende:

Von den vielen Parametern, die wir untersucht haben – ungefähr 20 oder 25 – gab es eine reduzierte sleep-on-set-latency – SOL. Das bedeutet, die Probanden sind unter Einfluss des Feldes signifikant schneller eingeschlafen. Der REM-Anteil, dieser paradoxe Schlaf, dieses „Rapid Eye Movement“, war reduziert – gerade noch statistisch signifikant –, die REM-Latenz, das heißt, die Zeit zwischen dem Einschlafen und dem Auftreten der ersten REM-Phase, war verlängert, die Leistungsdichte im Alpha-Band war erhöht, und die Selbstbeurteilungs-Frage­bögen, die ich anfangs erwähnt hatte, ergaben, dass sich die Probanden unter Einfluss des Feldes am nächsten Morgen erholter, ausgeruhter und energiereicher fühlten.

Wie hat man das zu interpretieren? – Zunächst einmal muss man mit der Interpretation sehr vorsichtig sein, weil es ein exploratives Studiendesign war. Das heißt, es wurde keine Hypo­these geprüft. Es wurden viele Parameter gemessen, und von den vielen Parametern, die wir ge­messen haben, haben sich die, die aufgezählt wurden, als statistisch signifikant erwiesen. Insgesamt deutet das im Prinzip auf einen antidepressiven Effekt hin – so kann man es zusammenfassen, weil auch die meisten Präparate, die wir heute zur Behandlung der affektiven Störung Depression einsetzen würden, genau die gleichen Veränderungen verursachen. Dieser – in einem Schlagwort zusammengefasst – antidepressive oder hypnotische Effekt, der festgestellt wurde, berechtigt dazu, die Hypothese zu generieren, dass die Funktelefone genau das bewirken. – Zu mehr ist diese Untersuchung, das muss man ganz klar sagen, aus wissen­schaftlicher Sicht nicht zu gebrauchen.

Das heißt, wir hatten nunmehr im Gegensatz zur Zeit davor eine Hypothese, nämlich die, dass möglicherweise – und das gilt es in der Folge zu überprüfen – Funktelefone diesen hypnoti­schen und antidepressiven, REM-supprimierenden Effekt haben.

Wir haben eine weitere Studie durchgeführt, eine Folgeuntersuchung, die hierauf aufgebaut hat. Bei dieser Folgeuntersuchung hatten wir Wert darauf gelegt, dass wir die Untersuchungsbedin­gungen exakt kontrollieren können, mit dem Ziel, dass diese Untersuchung auch in jeder ande­ren Einrichtung wiederholt, repliziert werden kann. Es ist eine elementare Bedingung für gutes wissenschaftliches Arbeiten, die Versuchs­bedingungen so präzise zu formulieren, dass andere das Experiment nachmachen können.

Für das Studien-Design wurde wieder die gleiche physikalische Qualität verwendet. Diesmal wurde allerdings kein handelsübliches Telefon im Abstand von 40 cm neben dem Kopf der Pro­banden positioniert, sondern es war diesmal so, dass eine zirkular polarisierende Anten­ne – also praktisch eine Kreis-Antenne – unterhalb des Kopfkissens lag, die sicherstellen sollte, dass die Feldstärke homogen und möglichst gleichmäßig über die Nacht verteilt mit gemes­se­nen 0,02 Milliwatt pro Quadratzentimeter konstant gehalten wird.

Wir haben also bei dieser Studie viel mehr Wert darauf gelegt, die Untersuchungsbedingungen wirklich präzise zu beschreiben. Zu diesem Zweck wurde extra eine kleine Schlafkajüte gebaut – es mussten ja viele Randbedingungen eingehalten werden, es musste reflexionsfrei sein et cetera, et cetera. Und wieder wurden 26 gesunde männliche Probanden mit einem ent­sprechenden einfach blinden cross-over Design untersucht. Neben der eigentlichen Polysom­nographie, die ich Ihnen schon vorgestellt habe, hatten wir diesmal auch die Möglichkeit ge­nutzt, nächtliche Hormonprofile zu erfassen. Dies mit dem Hintergrund: Wenn sich unsere Hypothese bestätigen lässt – davon waren wir ausgegangen –, dann wissen wir über einen korrelativen Zusammenhang hinaus noch nichts. Die Kausalität würde uns verborgen bleiben. Deswegen haben wir in dieser Studie die Möglichkeit genutzt, die nächtlichen Hormonprofile zu erfassen, um – wenn sich das denn auch bestätigt – möglicherweise an diesen Hormonprofilen eine Veränderung zu sehen. Wir haben das Wachstumshormon, das Cortisol, das Melatonin gemes­sen – das heißt im Klartext, alle 20 Minuten entsprechende Blutproben genommen.

Die Ergebnisse waren kurz zusammengefasst folgendermaßen: Die – Sie erinnern sich viel­leicht – sleep-on-set-latency, die Zeit bis zum Einschlafen, war in der ersten Studie als relativ hochsignifikant in Erscheinung getreten. Das ließ sich nicht replizieren. Der REM-Schlaf war zwar irgendwie reduziert, aber nicht statistisch signifikant, und die REM-Latenz war zwar ver­längert, aber ebenfalls nicht statistisch signifikant. Das heißt, eine Replikation ist uns nicht ge­glückt. Wissenschaftlich erwiesen ist der vermutete Zusammenhang durch diese Studie nicht!

Wir haben gefunden, dass das Wachstumshormon und das Melatonin zwar erhöht, aber nicht signifikant erhöht sind. Und wir haben gefunden, dass der Cortisolgehalt zu Beginn der Befel­dung ein bisschen erhöht war, aber ebenfalls nicht signifikant.

Ich zeige Ihnen einmal – damit Sie einen Eindruck gewinnen, wie so ein Hormonprofil aus­schaut – die als gemittelte Profile dargestellten Ergebnisse – Melatonin unten und Wachstums­hormon oben. Die schwarzen Kurven sind die Kontrollwerte, also ohne Feld, und die rot darge­stellten Kurven sind die Ergebnisse, die unter Befeldung gemessen wurden.

Fangen wir bei der oberen Graphik an: Typischerweise tritt der „Pik“, das Maximum des Wachs­tumshormons ungefähr eine Stunde bis 1,5 Stunden nach Schlafbeginn auf. Er fällt üblicher­weise exakt mit dem Erreichen des Tiefschlafs, der eigentlichen Tiefschlafphase zusammen. Das ist auch der Grund, warum einige Kollegen Vorläufer dieses Wachstumshormons als Schlaf­mittel benutzen, das übrigens sehr gut wirkt. Sie sehen, dass es am Ende der Nacht supprimiert – auf null abfällt.

Sie sehen, dass das Melatonin, von dem Sie – denke ich – alle wissen, dass es ausgeschüttet wird, wenn Dunkelheit herrscht, also wenn kein Reiz über die Retina das zentrale Nerven­system erreicht. Daher finden sich üblicherweise in der Nacht hohe Werte, und in dem Moment, in dem Sie Licht einschalten, fällt es eben aus. Wenn Messungen dieses Hormons vorge­nommen werden, muss daher natürlich darauf geachtet werden, dass selbst kleinste Irrita­tionen – es braucht nur einmal zwischendurch das Licht eingeschaltet zu werden und für eine Sekunde zu leuchten – die ganze Melatoninproduktion dramatisch stören. Im Tierexperiment ist gezeigt worden, dass Sie mit winzigsten Blitzen im Millisekundenbereich die Melatoninpro­duktion sofort blockieren können – das heißt, es ist ein ganz empfindlicher Parameter dafür, ob eine Beeinflussung des zirkadianen Systems besteht oder nicht.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass für beide Hormone die roten Kurven deutlich höhere Werte annehmen – das ist auch so –, aber statistisch signifikant ist es in keinem Fall.

Die nächste Abbildung zeigt Ihnen das Gleiche für das Cortisol. Auch hier der typi­sche Verlauf: Das Maximum an Cortisolausschüttung – also der maximale Stress, wenn Sie so wollen – findet sich in den frühen Morgenstunden kurz vor dem Aufstehen und das Minimum in der Nacht um 1.00 Uhr, 2.00 Uhr. Sie sehen auch, dass die Kurven, insbesondere am Anfang, in der ersten Stunde etwas differieren. Wenn man nur die erste Stunde betrachtete, bekäme man sogar eine statistische Signifikanz heraus. Das heißt, es gibt wohl einige, die mit einer ent­sprechend hohen Cortisolausschüttung reagieren. Über die gesamte Nacht hinweg lässt sich dieses Ergebnis jedoch statistisch nicht nachweisen.

In der nächsten Abbildung zeige ich Ihnen, wie es sich mit der REM-Latenz beziehungsweise mit dem Stadium REM absolut und in Prozenten verhält. Sie sehen, dass es eigentlich keine großen Unterschiede zwischen den blauen Säulen (Feld aus) und den roten Säulen (Feld an) gibt. Das Gleiche gilt für die anderen Schlafstadien. Schlafstadium 2 und Slow-Wave-Sleep sind auf dieser Abbildung noch einmal dargestellt.

Da unser zweiter Versuch, der die aufgestellte Hypothese hätte bestätigen sollen, fehlge­schla­gen war, haben wir uns lange darüber Gedanken gemacht: Woran hat es gelegen? Was könnte der Hintergrund gewesen sein? An Argumenten blieben im Wesentlichen zwei: Erstens, die Feldstärke war nicht die gleiche. Sie war gemessen ungefähr die Hälfte von dem, was wir vor­her geschätzt hatten. Es hätte also an der Feldstärke liegen können. Wir haben also gesagt: Wenn es daran liegt, dann müssen wir jetzt Nägel mit Köpfen machen, wir müssen Feldstärken nehmen, die gerade noch akzeptabel sind.

Wir haben den Versuch mit 5 Milliwatt pro Quadratzentimeter wiederholt; am Anfang hatten wir 0,05 geschätzt – das bedeutet um einen Faktor 100 mehr. Das heißt, wir sind also an die Gren­ze dessen gegangen, was man noch machen kann, und haben das gleiche Experiment noch einmal gemacht. Dabei hatten wir eine noch bessere Schlafkammer und verwendeten eine noch bessere Antenne, um die Homogenität zu sichern. Die Ergebnisse sind auf der Abbildung kurz zusammengefasst: Wir haben wiederum an den eigentlichen Zielparametern, die uns als Hypo­these, als Referenzwerte dienten, keine signifikanten Unterschiede gefunden.

Für all jene, die es interessiert, finden sich auf der nächsten Abbildung alle Parameter tabella­risch zusammengefasst, die wir in diesem Zusammenhang untersucht haben. Es bleibt nichts übrig, was auch nur in der Nähe einer statistischen Signifikanz wäre.

Damit komme ich zum Schluss. Ich habe für den REM-Schlaf noch einmal die beiden wichtigen Parameter in einer Abbildung dargestellt: die REM-Latenz und den REM-Anteil. In der Mitte sehen Sie jene Untersuchung, die von uns zuerst durchgeführt worden ist, also zur Ge­nerierung der Hypothesen diente. Da war es so, dass wir einen verringerten REM-Anteil hat­ten – die blaue Säule ist kleiner als 100 Prozent – und dass wir eine verlängerte REM-Latenz hatten – die rote Säule ist größer als 100 Prozent. Das war die Generierung der Hypothese. In der nächsten Studie – sie ist links dargestellt – ist es zwar im Trend genauso, aber statistisch nicht gesichert. Bei der letzten Untersuchung – ganz rechts dargestellt – bei der wir im Prin­zip – unter Anfüh­rungszeichen – „Vollgas“ gegeben haben, ist praktisch gar nichts mehr nach­weisbar. So weit die Untersuchung aus unserem Labor. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall.)

13.49


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Herr DDr. Röschke, ich danke Ihnen für das Referat.

Ich möchte gleich auch Herrn Dr. Marc Seguinot begrüßen, der aus Luxemburg zu uns ge­kommen ist. – Ein herzliches Grüßgott!

Als Nächsten bitte ich Herrn Prof. Dr. Michael Kundi zum Rednerpult.

13.50


Referent Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi¦ (Universität Wien, Institut für Umwelthygiene): Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Einladung, an dieser Enquete teilzunehmen. Da wir uns im Parlament befinden, dachte ich mir, dass es vielleicht angebracht wäre, zunächst ein paar allgemeine Worte über Wissenschaft und Politik zu verlieren. (Der Referent zeigt be­gleitend zu seinen Ausführungen mehrere Abbildungen auf Overheadfolien.)

Was ist die Aufgabe der Wissenschaft? (Projektion der Overheadfolie „Wissenschaft und Politik“.) – Die Wissenschaft beschäftigt sich mit der Analyse von Sachverhalten. Sie hat die Aufgabe, Hypothesen methodisch zu prüfen, und sie hat die Aufgabe, Sachverhalte zu erklären und Prognosen auf der Basis von Theorien und von Randbedingungen zu erstellen.

Demgegenüber ist die Aufgabe der Politik – so wie ich sie sehe – die Deutung von Sachver­halten, die Untersuchung, ob ein Handlungsbedarf besteht, und die Ableitung von dem, was sein soll; insgesamt also die Planung von Handlungen, die auf ein Ziel orientiert sind.

Dazwischen gibt es sozusagen einen Graubereich, der weder der Wissenschaft noch der Politik zugeordnet werden kann. Es sind jedoch Elemente, die in alle Entscheidungen sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft einfließen. Wir haben in gewissem Sinn Konventionen anzu­wenden. Zum Beispiel haben Sie vorhin vom Kollegen Röschke den Begriff „Signifikanz“ ge­hört – das ist so eine Konvention: Wir haben festzulegen, ab wann, ab welcher Irrtums­wahr­scheinlichkeit wir ein Resultat für bedeutsam halten. Bei widersprüchlicher Faktenlage ist ein dis­kursiver Ausgleich erforderlich. Auch diesen kennen wir sowohl in der Wissenschaft als auch – so hoffe ich – in der Politik. Und schließlich geht es immer auch um die Bewertung von Fakten. Wir können nie aus Prinzipien den Wert eines Ergebnisses ableiten. Es fließen auch andere Momente mit ein, in diesem Zusammenhang eben Werthaltungen.

Wenn Sie die Mobilfunk-Petition betrachten, geht es um die Frage des Vorsorgeprinzips. Man muss ganz klar sagen: Das Vorsorgeprinzip ist ein politisches Prinzip, es hat nichts mit Wis­senschaft zu tun. Die Wissenschaft kann in gewissen Phasen Stellungnahmen einbringen. Ich werde Ihnen später zeigen, an welchen Punkten meiner Ansicht nach die Wissenschaft gefor­dert ist.

Es gibt zahlreiche Formulierungen des Vorsorgeprinzips. (Projektion der Overheadfolie „Das Vor­sorgeprinzip“.) Ich habe nur zwei angeführt, die die ganze Bandbreite zeigen zwischen einer Formulierung wie der ersten (sie lautet gemäß Overheadfolie: „Wenn potentielle Risiken nicht abgeklärt sind, sollten die Aktivitäten (die mit der Erzeugung dieses Risikos verbunden sind) nicht fortgeführt werden (UN-Resolution GA 37/7 1982)“), die praktisch jede technische Neue­rung unmöglich macht, bis zu einer solchen (sie lautet gemäß Overheadfolie: „Das Fehlen ausreichender wissenschaftlicher Sicherheit darf nicht als Begründung für das Aufschieben von kosteneffektiven Maßnahmen zum Schutz vor schädigenden Einflüssen verwendet werden (De­klaration von Rio, 1992)“), von der man sagen könnte: Eine Abwägung von Nutzen und Risiken kann unter Wahrung dieses Prinzips mit eingebracht werden.

In der EU ist, wie Sie wissen, das Vorsorgeprinzip in den Verträgen fest verankert. (Projektion der Overheadfolie „Das Vorsorgeprinzip in der EU“.) Es steht allerdings darin nicht, wie es zu inte­rpretieren ist. Dankenswerterweise hat die EU-Kommission im Februar dieses Jahres einen ausführlichen Kommentar zur Frage der Anwendung des Vorsorgeprinzips herausgebracht. Dieser Kommentar enthält sehr wichtige Punkte.

Der erste Punkt ist, dass das Vorsorgeprinzip keine willkürlichen Maßnahmen rechtfertigen darf. Das zweite Prinzip ist, dass der Anwendung eine sorgfältige Ermittlung der Gefahren, die mit der in Frage stehenden Technologie verbunden sind, voranzugehen hat. Weiters muss sich die wissenschaftliche Bewertung auf zuverlässige Daten gründen, das heißt auf solche Daten, die in so genannten „peer-review“-ten Artikeln erschienen sind, die sich also der wissenschaftlichen Diskussion gestellt haben. Diese wissenschaftliche Bewertung hat bestimmte Punkte zu be­rücksichtigen, die ich in der Abbildung ebenfalls angeführt habe: Sie reichen von der Ge­fah­renermittlung und Gefahrenbeschreibung bis zur Risikoermittlung und Risikobeschreibung. – Die Begriffe sind etwas ungewöhnlich gewählt. Ich werde später noch kurz darauf eingehen. Die Unsicherheit hinsichtlich jeder dieser Fragen – das ist ein sehr wichtiger Punkt – muss auch ent­sprechend berücksichtigt werden.

Nun zum ersten Punkt, der Gefahrenermittlung. (Projektion der Overheadfolie „Gefahren­ermitt­lung“.) Sie werden wahrscheinlich annehmen, dass es angesichts der Bedeutsamkeit dieser Fragestellung zahlreiche Untersuchungen zu den Auswirkungen von Feldern der Mobilfunk-Basisstationen gibt. Es ist aber leider nicht so – es gibt keine einzige wissenschaftliche Unter­suchung, die bisher zu diesem Problemkreis publiziert worden ist, die die Auswirkungen von solchen Basisstationen auf Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen untersucht hat. Was es gibt, sind Untersuchungen, die die Handys, also die Mobiltelefone selbst zum Gegenstand haben. Manche dieser Untersuchungen können jedoch mit gewisser Vorsicht auch zur Beur­teilung von Basisstationen verwendet werden, weil sie im Fernfeld exponiert haben, also nicht, wie das normalerweise bei der Benutzung eines Handys der Fall ist, im Nahfeld, sondern in einem Abstand, der eine Fernfeldeinwirkung garantiert.

Es gibt unter den bisher publizierten Untersuchungen eine bezüglich der Beeinflussung von Zellsystemen, eine so genannte In-vitro-Untersuchung, bei der man menschliche Lymphozyten in der Nähe einer Basisstation exponiert hat, um die Frage zu untersuchen, ob diese Felder in der Lage sind, die Wirkung einer gentoxischen Substanz zu beeinflussen. Ich habe Ihnen die Re­sultate mitgebracht, weil das eben die einzige Untersuchung an einer Basisstation ist. (Projektion der Overheadfolie „Maes et al. 1995, Kombinationswirkung zwischen einem Geno­toxin und den Feldern einer Basisstation“.)

Sie sehen darin, dass das Feld der Basisstation alleine nicht in der Lage ist, irgendeinen Ein­fluss auf die abhängige Variable, den so genannten Schwesterchromosomenaustausch, zu nehmen, dass es aber in der Lage ist, bei den beiden getesteten Dosen, also sowohl bei der niedrigen wie bei der höheren Dosis der gentoxischen Substanz, deren Wirkung eindeutig zu verstärken. – Das ist im Grunde die einzige Untersuchung, die an einer Basisstation durch­geführt wurde.

Ein weiteres Problem, dem sich die Bewertung stellen muss, ist die Tatsache, dass wir so gut wie keine geeigneten Langzeituntersuchungen haben. Von den geschätzten 10 000 Studien, die es zu dieser Thematik gibt, ist der überwiegende Teil Kurzzeiteffekten gewidmet. 1985, als Dr. Guy, einer der berühmtesten Wissenschaftler, die in diesem Bereich gearbeitet haben, die Literatur gesichtet hat, hat er 6 000 Studien gefunden, von denen keine die Frage der Lang­zeitwirkungen behandelt. Er hat daraufhin eine solche Langzeitstudie durchgeführt, die bislang allerdings nicht wiederholt wurde. Diese Untersuchung hat eine Erhöhung der Rate bösartiger Neubildungen bei den Versuchstieren erbracht, allerdings mit einer anderen Frequenz – es waren 2,45 Gigahertz.

Eine weitere Langzeituntersuchung, eine von den ganz wenigen, ist die Ihnen sicher bekannte Untersuchung von Repacholi. (Projektion der Overheadfolie „Repacholi et al. 1997, Unter­suchung der Lymphomrate mit transgenen Mäusen“.) Es handelte sich um eine Untersuchung an Mäusen, die 18 Monate täglich eine halbe Stunde einem Feld, das dem eines Handys ent­spricht, exponiert waren, allerdings ebenfalls im Fernfeld, sodass wir die Ergebnisse dieser Un­tersuchung – mit aller Vorsicht – auch auf die Auswirkungen von Basisstationen anwenden können.

Wie Sie in dieser Abbildung sehen können, ist die Rate an Lymphomen und auch die Überle­benskurve deutlich unterschiedlich. Die Rate an Lymphomen, die diese Mäuse entwickeln, hat sich mehr als verdoppelt, so dass wir zunächst auf Basis dieser Untersuchung ebenfalls von einem bedeutsamen gesundheitlichen Effekt sprechen können. – So weit zur Gefahren­ermitt­lung.

Zum Thema Gefahrenbeschreibung müssen wir eindeutig feststellen, dass die Befunde, die bis­her aus dem Niedrigdosisbereich vorliegen – und um diesen Bereich geht es ja –, keinen Schluss auf irgendeinen Wirkungsmechanismus zulassen. (Projektion der Overheadfolie „Ge­fah­renbeschreibung“.) Es gibt auch keine Befunde zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen, sodass wir keine Gefahrenbeschreibung im Sinne der EU-Richtlinien vornehmen können. Wir können nicht abschätzen, welche Morbidität, welche Mortalität im Zusammenhang mit Mobilfunk auftreten könnte, schon gar nicht im Zusammenhang mit Basisstationen, weil dafür das Datenmaterial einfach nicht ausreichend ist.

Es ist nur unter gewissen Randbedingungen überhaupt möglich, dass wir die derzeit vorlie­genden Daten für eine solche Beurteilung nutzen können. Wenn wir das tun, dann ist sicher das gravierendste Risiko, das wir dazu angeben können, die Frage der Möglichkeit der Beein­flussung der Krebsentstehung. Um das ein bisschen verstehen zu können, muss man etwas über die Krebsentstehung als solche wissen.

Ich möchte das anhand dieser Abbildung kurz erläutern (Projektion der Overheadfolie „Main steps in carcinogenic process“): Im Allgemeinen gehen wir heute davon aus, dass zwei we­sentliche Schritte zur Entwicklung eines Karzinoms notwendig sind. Der erste Schritt ist die bösartige Transformation einer einzelnen Zelle, die selbst wieder verschiedene Schritte durch­lau­fen kann. Diese Veränderung der Zelle muss fixiert werden, damit sie sich dann später zu einem Karzinom entwickeln kann. Sie können auf der Abbildung die Phase der bösartigen Ent­wicklung sehen, die wieder selbst verschiedene Unterphasen beinhaltet.

In welchen dieser Schritte könnten elektromagnetische Felder eine Rolle spielen? – Wir müssen es ganz frei sagen: Wir wissen es nicht! Es könnte in allen Schritten sein. Am unwahr­schein­lichsten ist, dass es schon im ersten Schritt beginnt – wir sprechen da von Initiation –, dass in diesem Schritt schon ein Einfluss der elektromagnetischen Felder möglich ist. Auch bei allen anderen Schritten gibt es durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, wir können es aber auf Grund des Datenmateriales derzeit nicht sagen.

Nun zur Risikoabschätzung. (Projektion der Overheadfolie „Risikoabschätzung“.) Die Begriffe der EU sind, wie gesagt, etwas abweichend zu dem, was wir sonst in der Risikoforschung kennen. Bei der Risikoabschätzung ist die Abschätzung der Frage, wie viele Personen dem Ri­si­ko ausgesetzt sind, gemeint. Wenn wir die Frage der Basisstationen behandeln, dann können wir sagen, dass auf Grund der Netzabdeckung jedenfalls der Großteil der österreichischen Be­völ­kerung exponiert ist – selbstverständlich in der überwiegenden Zahl nur sehr niedrigen Ein­wirkungen. Allerdings zeigen Messungen, dass sich heute auf Grund des Mobilfunks die Inten­sitäten elektromagnetischer Felder und damit auch die diesbezügliche Exposition der Bevöl­kerung im Durchschnitt etwa verdoppelt haben. Es gibt heute also einen durchaus nennenswer­ten Anteil bei der Hochfrequenzexposition.

Bei der Risikobeschreibung sieht die EU vor, dass man die vorhin genannten drei Schritte zu einer Gesamtbeurteilung des Risikos kondensiert. (Projektion der Overheadfolie „Risiko­ab­schätzung“.) Es ist auf Grund der nicht vorhandenen Daten nicht möglich, darüber eine klare Aussage zu treffen. Es besteht ein durchaus potentielles Risiko einer Beteiligung elektromag­netischer Felder, wie sie im Mobilfunk eingesetzt werden, bei der Krebsentstehung, und es trifft zu, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung dabei exponiert ist. Beide Faktoren zu­sam­men sind im Sinne des öffentlichen Gesundheitsschutzes sicher bedeutsam.

Zur Frage der wissenschaftlichen Unsicherheit, die auf Grund der EU-Richtlinien ein integraler Bestandteil der Beurteilung sein muss, sei gesagt (Projektion der Overheadfolie „Wissenschaft­liche Unsicherheit“): Warum werden diese Befunde – einige wenige davon habe ich Ihnen gezeigt – von den entsprechenden Normengremien und auch von der ICNIRP, der Internatio­nalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung, nicht berücksichtigt? – Dafür wird von dieser Organisation – und auch von anderen – eine Reihe von Gründen angeführt.

Der erste Punkt, den auch Kollege Röschke schon angesprochen hat: Die Untersuchungen wur­den noch nicht repliziert. Das stimmt zum Teil. Zum Teil wirken diese Aussagen aber insofern problematisch, als die Untersuchungen zehn, fünfzehn Jahre zurückliegen und man sich fragt, warum diese Studien bisher nicht repliziert wurden. Also es klingt ein wenig nach einer Schutz­behauptung.

Außerdem gibt es durchaus Effekte, die unabhängig repliziert wurden. Weiters ist zu sagen, dass die Replikationen, sozusagen die Wiederholung von Untersuchungen unter ähnlichen Um­ständen, durchaus an der Tagesordnung sind und dass man daher zumindest von einigen die­ser Effekte sagen kann, dass sie entsprechend abgesichert sind. Aber gerade bei den bedeut­samen Untersuchungen, die ich Ihnen vorhin gezeigt habe, gibt es keine entsprechenden Wie­derholungen. Das ist sicher ein Nachteil.

Zweiter Punkt: Es wird behauptet, dass Wiederholungen versucht wurden, aber fehlgeschlagen wären. Bei allen mir bisher bekannt gewordenen Studien, von denen das behauptet wurde, war diese Behauptung unrichtig. Es gibt sicher einige, auf die das zutrifft, aber auf jene, für die das bisher behauptet wurde, trifft es nicht zu.

Der dritte Punkt ist, dass die Effekte inkonsistent wären und keine klare Dosis-Wirkungs-Be­ziehung zeigten, etwa in der Art, wie es vorhin vom Kollegen Röschke dargelegt wurde. Sie se­hen zum Beispiel die Effekte bei einer mittleren Dosis, etwas schwächere Effekte bei einer niedrigen Dosis und noch schwächere Effekte bei einer hohen Dosis. Wir kennen solche Phä­nomene auch von anderen toxischen Substanzen. Insbesondere auch im Bereich hochfre­quenter elektromagnetischer Felder kennen wir Bereiche, in denen genau das in geradezu sys­tematischer Weise auftritt, und Untersuchungen theoretischer Art zeigen auch, dass das auf Grund von bestimmten Wirkungsmechanismen, die allerdings noch nicht entsprechend etabliert sind, so sein muss. Aber es ist durchaus denkbar, dass solche Nichtlinearitäten sozusagen zum Alltag dieser Wirkungen gehören.

Der vierte Punkt, der auch immer wieder ins Treffen geführt wird, war, dass die Exposition nicht gut genug bestimmt wurde. In vielen Fällen trifft dies zu, in manchen Fällen trifft es schon des­halb nicht zu, weil für diese Expositionen sozusagen Surrogate gefunden wurden, die min­destens so gut wie die Messung selber sind. Solche Surrogate sind in der Epidemiologie gang und gäbe, sind das tägliche Brot. Denn Sie müssen sich vorstellen: Wenn Sie die Exposition retrospektiv erfassen wollen, dann können Sie ja letztlich nur auf Erfahrungswerte von Stich­probenmessungen aus der Vergangenheit zurückgreifen.

Schließlich der letzte Punkt, den ich für den gravierendsten halte: Es wird behauptet, dass diese Effekte von fraglicher gesundheitlicher Relevanz sind. Sie müssen aber beachten: Wie sollte man die gesundheitliche Relevanz feststellen? – Das ginge nur auf zwei Wegen. Der erste Weg wäre das Experiment am Menschen. Das Experiment am Menschen – wenn wir jetzt kanze­rogene Effekte betrachten – ist aus ethischen Gründen von vornherein ausgeschlossen. Das heißt, die Relevanz zum Beispiel dieser Untersuchung an den Mäusen für den Menschen lässt sich aus ethischen Gründen nicht wissenschaftlich demonstrieren.

Die einzige Möglichkeit, die es gäbe, wäre ein Quasi-Totalexperiment im prospektiven Ansatz. Das heißt, dass man entscheidet, welche Gemeinden zum Beispiel in Österreich exponiert wer­den, und prospektiv in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren deren Schicksal untersucht wird.

Das ist natürlich ebenfalls ethisch und politisch sowie praktisch – weil man erst in 20 bis 30 Jah­ren ein Ergebnis hätte – nicht machbar. Daher ist ein Rückgriff auf die Behauptung, dass etwas hinsichtlich der gesundheitlichen Relevanz fragwürdig ist, immer sehr problematisch, zumal es sich um Effekte handelt, die in der Toxikologie eindeutig als toxische Wirkungsmechanismen gelten, wie zum Beispiel der Einfluss auf die Kalziumhomöostase.

Wenn man die Vorsichtsregeln der EU, die im bereits erwähnten Dokument der Kommission angeführt sind, anwendet (Projektion der Overheadfolie „Gesamtbewertung“), dann kann man aus der derzeitigen Faktenlage jedenfalls den vorsichtigen Schluss ziehen, dass gesund­heit­liche Auswirkungen auch unterhalb der Schwelle für eine relevante Temperaturerhöhung auf­treten können.

Diese Situation ist also unsicher – und auch die Menschen bemerken diese Unsicherheit. Es gibt zum Beispiel gewaltige Unterschiede bei den Grenzwerten in den verschiedenen Ländern, es gibt jede Menge an Informationen darüber in der Presse, im Internet und so weiter. Diese Unsicherheiten sind also den Menschen bekannt, und die können Angst auslösen! In Ver­bin­dung mit Kontrollverlust, mangelnder Einflussmöglichkeit können diese Angst machenden Fak­toren letztlich auch zu Krankheit führen. Daher sind beide Aspekte, die in der Mobilfunk-Petition enthalten sind, nämlich die Frage der Absenkung des Grenzwerts, aber auch die Frage der Beteiligung der Bürger, meiner Ansicht nach wichtige Elemente.

Zuletzt noch ein paar Worte zu den Prinzipien, die bei der Anwendung des Vorsorgeprinzips zu beachten sind. (Projektion einer zweiten Overheadfolie mit dem Titel „Das Vorsorgeprinzip in der EU“.) Die EU hat dafür fünf wichtige Prinzipien.

Das erste Prinzip ist die Verhältnismäßigkeit. – Das heißt, die Maßnahme darf in Bezug auf das mögliche Risiko nicht unverhältnismäßig sein. Es ist also nicht sinnvoll, ein Nullrisiko anzu­stre­ben, dennoch kann man, wenn technische Machbarkeit vorliegt – und das ist meiner Auffas­sung nach hier der Fall –, zum Beispiel bei einem Grenzwert strenger sein.

Zweites Prinzip: Es gilt ein Diskriminierungsverbot. – Man darf gleiche Sachverhalte nicht unter­schiedlich behandeln und unterschiedliche nicht gleich. Das ist der Kern des Diskriminie­rungs­verbotes. Es wurde vielfach ins Treffen geführt, dass der Mobilfunk nicht anders behandelt wer­den dürfe als andere Funktechniken, zum Beispiel Fernsehen und Rundfunk. Aus meiner Sicht ist das eine unzulässige Behauptung, weil damit Gleiches behauptet wird für Dinge, die nicht gleich sind. Mobilfunk ist eine neue Technologie, sie ist anders als Fernseh- und traditionelle Rundfunktechnologie und kann daher auch anders behandelt werden. Das wird, wie die NIS-Verordnung in der Schweiz zeigt, auch gemacht.

Das dritte Prinzip ist das Kohärenzgebot. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil damit gesagt wird, dass die Maßnahmen in vergleichbaren Situationen aufeinander abgestimmt werden müs­sen. Wenn Sie zum Beispiel bedenken, wie unsere Luftqualitätskriterien zustande kommen, nämlich genau auf Basis der Prinzipien, die die EU zur Anwendung empfiehlt, dann erkennen Sie, dass dabei durchaus dem Kohärenzgebot Rechnung getragen werden würde.

Man muss allerdings auch – viertes Prinzip – die Vor- und Nachteile der Tätigwerdens und auch des Nicht-Tätigwerdens abwägen. – Es ist ganz klar, dass dann, wenn man etwas an der bisherigen Rechtslage ändert, die Frage zu stellen ist, was das für Auswirkungen hat, und zwar im positiven und auch im negativen Sinn, und das auf alle Aspekte, sowohl auf die Bevölkerung wie auch auf die Wirtschaft und so weiter. All diese Fragen sind natürlich zu diskutieren.

Fünftes Prinzip: Verfolgung der wissenschaftlichen Entwicklung – ein Punkt, den ich auch für sehr wichtig halte. – Die Maßnahmen dürfen nicht einzementiert sein, sondern es muss möglich sein, sie in beide Richtungen, nämlich im Sinne einer Verschärfung oder sogar einer Aufhebung von Maßnahmen, zu verändern, wenn der wissenschaftliche Kenntnisstand es nahe legt. – Danke. (Beifall.)

14.16


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich danke Herrn Professor Kundi für seine Aus­führungen und bitte als nächsten Referenten Herrn Dr. Wolfgang Jankowitsch, das Wort zu ergreifen.

14.16


Referent Dr. Wolfgang Jankowitsch¦ (Amt der Wiener Landesregierung; nominiert von der Verbindungsstelle der Bundesländer): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf als Vertreter der Verbindungsstelle der österreichischen Bundesländer primär juristische Fragen, die im Zusammenhang mit der Mobilfunk-Petition stehen, behandeln. Am Anfang soll eine Ana­lyse der Verfassungsrechtslage stehen.

Die Errichtung und der Betrieb von Telekommunikationsanlagen – dazu gehören eben auch Mobilfunkanlagen – unterliegt dem Kompetenztatbestand „Fernmeldewesen“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG, welcher in Gesetzgebung und Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes fällt. Dies schließt zwar nach der Gesichtspunktetheorie landesgesetzliche Regelungen über die Bewilligungspflicht von Fernmeldeanlagen nicht aus, allerdings ist der Landesgesetzgeber nur auf jene Aspekte beschränkt, die sich nicht mit einem von der Bundeskompetenz „Fern­melde­wesen“ erfassten Gesichtspunkt decken. Diese Aussage entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die ich jetzt kurz erläutern werde.

Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem Erkenntnis vom 16. September 1997 zum Ergebnis gekommen, dass der Bewilligungspflicht einer Fernmeldeanlage nach dem Fernmeldegesetz die Festsetzung einer zusätzlichen Bewilligungspflicht durch die Baubehörde betreffend die in de­ren Kompetenz fallenden Gesichtspunkte nicht entgegensteht. Er hat dabei auf sein Erkennt­nis vom 19. September 1995 verwiesen, worin er ebenfalls festgestellt hat, dass eine zusätz­liche Bewilligungspflicht durch die Baubehörde aus kompetenzrechtlicher Sicht in Bezug auf solche in die Landeskompetenz fallenden Gesichtspunkte in Betracht kommt, die sich nicht mit einem von der Bundeskompetenz „Fernmeldewesen“ erfassten Gesichtspunkt decken. Soweit in baurechtlichen Bestimmungen etwa Gesichtspunkte des Ortsbildschutzes oder der Ortsbild­gestaltung maßgeblich sind, kommt dem Landesgesetzgeber die Zuständigkeit gemäß Art.15 Abs. 1 B-VG zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 1995 die in die Bundeskompetenz „Fernmeldewesen“ fallenden Gesichtspunkte klar definiert. Dies sind jene für die Errichtung und den Betrieb einer Fernmeldeanlage typischen Regelungsaspekte, wie die Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen und die Abwehr der von den Fernmeldeanlagen typischerweise ausgehenden Gefahren.

In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, dass Aspekte des Schut­zes des Lebens und der Gesundheit von der Bundeskompetenz „Fernmeldewesen“ erfasst sind und es sich bei diesen Gesichtspunkten nicht um die der Landeskompetenz „Baurecht“ zuzu­ord­nenden Gesichtspunkte handelt. Er ist daher auch zu dem Schluss gekommen, dass die Baubehörde gesundheitliche Belange im Zusammenhang mit Fernmeldeanlagen nicht prüfen darf.

Dies ist besonders wichtig, weil es auch die Einräumung einer generellen baubehördlichen Be­wil­ligungspflicht für GSM-Sendeanlagen und die Einräumung der Parteistellung für Anrainer in diesem Verfahren nicht sinnvoll macht: zum einen deswegen nicht, weil im Wesentlichen die gesundheitlichen Aspekte von den Anrainern in den Vordergrund gestellt werden und diese im baubehördlichen Bewilligungsverfahren, wie ausgeführt, keinen Platz haben, zum anderen besitzen Anrainer im Baubewilligungsverfahren kein subjektiv-öffentliches Anrainerrecht hin­sicht­lich Fragen des Ortsbildes. Daher erscheint die Einräumung einer Parteistellung im Bauver­fahren nicht zielführend.

Im Rahmen der naturschutzrechtlichen Bestimmungen sind die Errichtung und der Betrieb von Telekommunikationsanlagen dadurch erfasst, dass in Schutzgebieten dafür eine Bewilligungs­pflicht normiert wird, wie zum Beispiel im Wiener Naturschutzgesetz.

Die Einräumung einer Parteistellung für Nachbarn im naturschutzrechtlichen Verfahren ist des­halb nicht zielführend, weil das Ziel dieses Gesetzes die Pflege und der Schutz der Natur sind, sohin primär die Wahrung öffentlicher Interessen ist.

Weiters wurde im Rahmen der Mobilfunk-Petition das Verlangen gestellt, eine Vereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern zu schließen. Eine Vereinbarung nach Art. 15a B-VG ist zur Lösung des anstehenden Problems meiner Auffassung nach un­geeignet, da, soweit es sich um den Naturschutz und um den Ortsbildschutz handelt, lediglich öffentliche Interessen betroffen sind, sodass die Parteistellung der Anrainer nicht sachgerecht und zielführend wäre.

Das wahre Problem ist die Parteistellung im Verfahren nach dem Telekommunikationsgesetz, und das hat der Bundesgesetzgeber zur Wahrung der Rechte der Betroffenen, insbesondere des Gesundheitsaspektes, zu regeln. Hiezu bedarf es keiner Vereinbarung nach Art. 15a B-VG.

Es stellt sich auch die Frage nach etwaigen Kompetenzverlagerungen. Zu einer durch ein Bun­desverfassungsgesetz vorzunehmenden Änderung des B-VG hat das Land Vorarlberg seine Auffassung bekannt gegeben, dass eine Kompetenzverlagerung zu Gunsten des Landes durchaus vorstellbar sei. Käme es zu einer Kompetenzverlagerung, sodass der Landesgesetz­geber ein Verfahren betreffend die Errichtung und den Betrieb von Mobilfunkanlagen unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes vorsehen dürfte, dann könnte mit der dann zu schaffenden landesrechtlichen Regelung den Nachbarn auch in der Frage des Gesund­heits­schutzes eine Parteistellung eingeräumt werden.

Ich muss hinzufügen: Diesem Vorbringen des Landes Vorarlberg liegt kein einheitlicher Stand­punkt der Länder zugrunde. Im Zuge der Vorbereitung der Enquete haben die Länder Tirol und Vorarlberg den Standpunkt vertreten, dass die Beibehaltung der Zuständigkeit des Bundes zweckmäßig sei, da sich der Bund seiner Verantwortung auf dem Gebiet des Telekom­munika­tionsrechtes nicht zu Lasten der Länder entledigen darf. Weiters ist mir zur Kenntnis gelangt, dass auch der Salzburger Landtag in seinem Beschlussantrag die Festlegung bundes­einheit­licher Grenzwerte verlangt hat.

Ich komme jetzt auf jenen Punkt zu sprechen, der Forderungen zum Inhalt hat, die zu einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes führen müssten.

An erster Stelle stünde dabei die Frage der Information. Ich glaube, dass es sinnvoll ist, dass eine umfassende Information der betroffenen Personen über die Errichtung von Sendeanlagen erfolgt, und es wäre eine solche Verpflichtung im Telekommunikationsgesetz vorzusehen. Weiters ist der Vorschlag nach Aufklärungsmaßnahmen über bestehende oder mögliche Risken des Mobilfunks sinnvoll.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den Vorsorgewert. Die Novellierung des Telekom­muni­ka­tions­gesetzes dahin gehend, dass das Vorsorgeprinzip mit entsprechend wissenschaftlich fun­dierten und abgesicherten Grenzwerten eingeführt wird, wird nachdrücklich unterstützt. Dem­ent­sprechend wird die in der Petition enthaltene Aufforderung an den Bundesgesetzgeber zur Einführung einer bundeseinheitlichen Regelung einer maximalen Strahlenflussdichte für ather­mische Wirkungen im Sinne des Vorsorgeprinzips gutgeheißen.

Der Vorsorgegrenzwert sollte so niedrig gewählt werden, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeschlossen werden kann. Eine darüber wesentlich hinausgehende Beschränkung wäre nicht sinnvoll, da bei einem restriktiven Grenzwert der Emission für die Netzbetreiber die Wahrscheinlichkeit steigt, zusätzliche Anten­nenstandorte oder höhere Antennenanlagen errichten zu müssen, um ihrem Versorgungs­auftrag nachkommen zu können. Dies steht aber den Bestrebungen im Sinne des Ortsbild­schutzes entgegen, eher kleine, unauffällige und wenig störende Anlagen vorzusehen.

Ein weiterer Punkt betrifft die Kennzeichnungspflicht. Eine generelle Kennzeichnungspflicht für Antennen mit niederfrequenzmodulierten oder pulsmodulierten Feldern wird begrüßt. Eine derartige Kennzeichnung kann dem Anwender eine zusätzliche Entscheidungshilfe in Bezug auf die Gerätewahl beim Kauf beziehungsweise im eigenen Benützungsverhalten geben.

Ein weiterer Punkt ist die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Kataster für GSM-Anlagen und andere Funkdienste. Diese Forderung kann derzeit auf Grund der fehlenden Zusatzinfor­mationen nicht generell befürwortet werden. Gegebenenfalls wäre vorerst zu definieren, welche Funkdienste oder Quellen von Hochfrequenzstrahlung zu erfassen sind. Dies könnte nach Art der Aussendung oder der Sendeleistung erfolgen. Auf die Vielfältigkeit der vorhandenen Strah­lungsquellen – zum Beispiel Medizintechnik mit Bestrahlungsanlagen, Kurzwellenbereich in der Produktionstechnik bei Induktionsöfen, Amateurfunkbereich, Radar und so weiter – sei hin­gewiesen.

Einer weiteren Untersuchung bedürfte die Frage, ob diese Informationen in verwertbarer Form unter Berücksichtigung des Datenschutzes, insbesondere bei Funkdiensten im Bereich Militär und Exekutive, generell zur Verfügung gestellt werden könnten.

Ein weiterer Punkt betrifft die Kontrolle. – Dazu haben die technischen Dienststellen ausgeführt, dass zu prüfen wäre, ob eine flächendeckende messtechnische Kontrolle der Einhaltung der Sum­me der GSM-Immissionen, das heißt aller Betreiber, überhaupt technisch möglich wäre. Die gemessenen Werte können stark zeitlich – nach dem Teilnehmeraufkommen – und örtlich – Nähe zu mehreren Basisstationen, Reflexionen der HF-Strahlung – variieren. Aus der Messung ließe sich zwar eine durchschnittliche „Grundbelastung“ ableiten, während die Einhaltung der Grenz­werte voraussichtlich nur durch eine technische Betrachtung mit einem gewählten Berech­nungsmodell überprüfbar wäre. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

14.28


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich danke Herrn Dr. Wolfgang Jankowitsch für seine Ausführungen und bitte als nächsten Referenten Herrn Bürgermeister Hermann Kröll, das Wort zu ergreifen.

14.28


Referent Bürgermeister Hermann Kröll¦ (nominiert vom Städte- und Gemeindebund): Verehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich fühle mich in dieser heiklen Causa nicht als Experte, wohl aber als einer der vielen betroffenen Bürgermeister und Ge­meindevertreter und spreche daher in meiner Eigenschaft als Vizepräsident des Österreichi­schen Gemeindebundes und über Wunsch auch für den Städtebund.

Herzlich danken möchte ich für die Abhaltung dieser Enquete und für die Einladung dazu, weil es in der Tat so ist, dass jenseits der derzeitigen rechtlichen und politischen Kompetenzen die Bürgermeister und Gemeinden, ob sie wollen oder nicht, in diese Sache involviert sind, und zwar mehr, als ihnen lieb sein kann. Infolgedessen ist es uns nur recht, dass sich mit dieser wichtigen Thematik eine Enquete befasst und wir anlässlich dieser die Möglichkeit haben, dazu ein paar Worte vorzubringen. (Abgeordnete Gatterer übernimmt den Vorsitz.)

160 Gemeinden sind entweder dem Wunsch nach Veränderung beigetreten oder haben sich an den Gemeindebund und/oder an den Städtebund mit dem Ersuchen gewandt, eine Partei­stellung oder eine entsprechende Informationsverpflichtung zu verankern.

Die Rechtslage ist ausführlich dargestellt worden, und aus der Praxis wissen wir, dass wir damit leben müssen. Es ist aber auch so, dass die Gemeinde eben die dem Bürger nächste Einheit des Staates ist und daher – ob Kompetenz oder nicht Kompetenz – der Bürger mit seinen Sor­gen, ob sie berechtigt oder vermeintlich sind, ob sie echt sind oder auch da und dort geschürt werden, natürlich immer zu seiner örtlichen politischen Vertretung geht – zum Bürgermeister, zum Gemeinderat – und dort entsprechende Unterstützung erwartet.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich maßen wir uns nicht an, im gesundheitspoli­tischen Bereich eine echte Kompetenz zu verlangen. Aber allein die Tat­sache, dass auf Grund der heutigen Rechtslage ein Betreiber eine solche Anlage errichten kann, ohne den nächsten Anrainer, den Bürgermeister oder die Gemeinde informieren oder gar in ein Verfahren miteinbe­ziehen zu müssen, schürt natürlich Ängste. – Ob zu Recht oder zu Unrecht, das mögen wir nicht beurteilen, aber die Tatsache, dass wir verunsicherte Bürger haben, lässt sich durch viele Beispiele belegen.

Auch ich habe das persönlich erfahren: Mir ist es vor wenigen Monaten unter großer Anstren­gung gelungen, alle Betreiber zur Information auf freiwilliger Basis im Stadtsaal zu versammeln, um zu den Einwendungen der besorgten Bürger, aller Gemeindebürger Stellung zu nehmen. Das geschah im Einvernehmen mit den Betreibern, ist aber eine ganz freiwillige Sache, das müssen sie nicht tun. Es ist mir gelungen, und es muss sich jeder Bürgermeister auch ohne Kompetenz darum kümmern.

Das heißt: Um allfälligen Ängsten entgegenzuwirken, wäre es unbedingt erforderlich, zu Beginn einer Konzessionserteilung die Pflicht zur Information der Gemeinde und der Bürger im unmittelbaren Nahbereich vorzusehen. Es haben natürlich viele Gemeinden, 160 an der Zahl – ich sagte es schon –, den Wunsch, dabei Parteistellung zu haben. Das habe ich schon unter­strichen. Aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn eine Informationsverpflichtung für die betroffenen anrainenden Bürger und die Gemeinde als Auflage für die Erteilung einer Kon­zessionsberechtigung gegeben wäre.

Aus der Praxis einige Beispiele:

In unserem Fall geht es um eine größere Siedlungsanlage, in deren unmittelbarer Nähe der Mast einer Hochspannungsleitung – in Hinblick auf das Ortsbild vernünftigerweise, sage ich gleich dazu – dazu genutzt wurde, um eine Sendeanlage zu integrieren. Nicht allzu weit von die­sem Masten entfernt wäre ein weiterer gewesen. Hätte man vorinformiert und die Möglichkeit eines kooperativen Gespräches geboten, wäre vielleicht eine Bürgerinitiative, wie sie bei uns in recht beachtlichem Umfang stattgefunden hat, ausgeblieben.

Das meine ich mit Beispielen aus der Praxis. Es soll niemand glauben, dass wir den Fortschritt hemmen wollen, dass wir meinen, das Handy sei nicht wichtig. Im Gegenteil! Mir sind Fälle bekannt, wo per Handy Leben gerettet wurde, etwa bei Bergunfällen et cetera. Aber die derzei­tige Situation kann uns so nicht zufrieden stellen, denn die Bürger lassen sich an der Gemein­detüre nicht einfach abspeisen. Es kann nicht sein, das wir sagen: Ihr habt Recht, aber uns geht das alles nichts an, wir sind nicht die zuständige Behörde, wir haben zu all dem nichts zu sagen, wir sind nicht einmal Partei in diesem Verfahren! – So etwas sollte es im Jahr 2000 wirklich nicht geben.

Es wäre daher sicherlich sehr gut, wenn neben der Beobachtung, neben der weiteren For­schung, neben den Erkenntnissen, die international wissenschaftlich, medizinisch austauschbar sind, auch diese Koordinationsebene durch eine Verpflichtung, wie ich sie angesprochen habe, notwendig wäre.

Ein anderes Beispiel: Die Bevölkerung versteht nicht, dass für jede Kleinigkeit, die das Ortsbild beeinträchtigt oder ein Landschaftsschutzgebiet betrifft, eine Vielzahl von Auflagen erfüllt werden muss, nicht jedoch für die Errichtung dieser Sendemasten, und der Bürgermeister in seiner Eigenschaft als Baubehörde wird dann gefragt, warum es nicht statt beispielsweise vier Masten nur einen geben kann. Im Frühstadium wäre das leichter beantwortbar.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Wenn diese Enquete dazu führt, dass man den Sorgen der anrainenden Bevölkerung und der nicht haltbaren Si­tuation für die Gemeinden dahin gehend begegnet, dass man Möglichkeiten der verpflichtenden Information – zwingend! – einbaut und doch gewisse Mechanismen der Vorinformation ein­bringt, ist wahrscheinlich allen mehr gedient. Die jetzige Situation ist auf alle Fälle unbefrie­digend.

Namens der 160 Gemeinden, die diesbezüglich Veränderungen fordern, und anderer darf ich als Interessenvertreter ersuchen, auf diese Ängste Rücksicht zu nehmen, im 21. Jahrhundert doch das Gespräch zu suchen und sich nicht hinter zugeordneten, alleinigen Ansprüchen nach Rechtsnormen zu verschanzen! – Das ist meine Bitte in Vertretung.

Anfügen möchte ich noch: Angesichts der Tatsache, dass wir uns mit den Problemen herum­schlagen müssen, dass wir erheblich viel an Zeit und Geld aufwenden und – unzuständiger Weise! – doch mit den Bürgern reden müssen und dass bei der Vergabe von den Lizenzen erhebliche Einnahmen für die Republik erzielbar werden, sollte man doch die Stellung der Gemeinden in diesem rechtlichen Zusammenhang überdenken und so weit wie möglich berück­sichtigen. – Danke schön. (Beifall.)

14.37


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke vielmals, Herr Bürgermeister Kröll, für deine Ausführungen.

Ich möchte als Nächsten Herrn Sektionschef Dr. Hermann Weber um seine Ausführungen bitten.

14.37


Referent Sektionschef Dr. Hermann Weber¦ (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach diesen erfrischenden Worten eines Bürgermeisters nun ein etwas trockenerer Vortrag aus dem Ministerium.

Die äußerst erfolgreiche Liberalisierung des Telekomsektors hat Österreich drastisch gesun­kene Preise, ein wesentlich vergrößertes Dienstleistungsangebot und einen fast unglaublichen Boom im Mobilfunkbereich gebracht. Diese fast revolutionäre Entwicklung der letzten Jahre hat aber auch neue Probleme entstehen lassen. Beispielhaft angeführt sei hier der Bereich des Konsumentenschutzes, hervorgerufen durch die Vielzahl der Anbieter und der Betreiber oder, wie die heutige parlamentarische Enquete ja beweist, durch den Ausbau der Infrastruktur im Mobilfunkbereich für bald 6 Millionen Benützer.

Das Entstehen solcher Problembereiche hängt ursächlich mit der Deregulierung, das heißt mit der Zurücknahme staatlicher Eingriffe zu Gunsten marktwirtschaftlicher Selbstregulierung zu­sam­men. Auslösender Faktor aber scheint – mir zumindest – überwiegend ein Informations­mangel, der in solchen Situationen entsteht, zu sein.

Ich sehe heute meine Aufgabe darin, Ihnen die Rolle und die Möglichkeiten der Obersten Fernmeldebehörde im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie darzulegen.

Die Grundlage des Handelns der Behörde ist § 67 Abs. 2 des Telekommuni­kationsge­set­zes 1997. Ich möchte diesen zitieren: „Bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Endgeräten müssen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie der ungestörte Betrieb anderer Funkanlagen und Endgeräte gewährleistet sein. Bei der Gestaltung von Funkanlagen und Endgeräten ist unter Beachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf eine fachgerech­te Entsorgung, Bedacht zu nehmen.“ – Zitatende.

Um mit dem Leichteren zu beginnen: Umweltschutz, wie hier definiert, wirft eher weniger Fra­gen auf und ist von der Kompetenz her auch formal sehr eingeschränkt, da es sich um eine Materie des Artikels 15 des Bundes-Verfassungsgesetzes handelt, dafür also im Prinzip Länder­zuständigkeit besteht.

Dennoch wurde im Telekommunikationsgesetz bereits, wie ich glaube, sehr wirksam vorgesorgt, denn eine mit 13. Jänner 1999 in Kraft getretene Novelle zum Telekommunikationsgesetz er­möglicht es Betreibern, auch die Mitbenützung von Standorten anderer Betreiber durchzu­setzen. Das ist eine meiner Ansicht nach gut wirkende Bestimmung zur Eindämmung des so genannten Antennenwaldes, denn es werden meiner Information nach bereits mehr als 600 Stand­orte gemeinsam genutzt.

Das hier im Vordergrund stehende Thema, also der Schutz vor vermeintlichen Schädigungen durch Strahlungen, knüpft an den Begriff „Gesundheit“ in § 67 Abs. 2 des Telekommuni­kations­gesetzes an, sinnvollerweise gemessen an jeweils konkret auftretenden Immissionswerten, die­se wiederum bezogen auf einen bestimmten Standort der betriebenen Funkanlage, unabhängig davon, ob diese auf einem Masten oder sonstwo montiert ist.

Bei dem Stichwort „Masten“ möchte ich in aller Deutlichkeit auf ein immer wieder vorgebrachtes Missverständnis hinweisen, nämlich auf die Vermengung der Begriffe „Masten“ und „Funkanlage“. Ein „Masten“ ist gleich viel oder gleich wenig gefährlich, egal ob es sich um einen Fahnenmasten, einen Telegraphenmasten, einen Lichtmasten, einen Fahrleitungsmasten, ei­nen Hochspannungsleitungsmasten, um Rundfunk- oder Fernsehsendemasten oder um einen Mobilfunkmasten handelt. Ein Masten mag in Fragen konstruktiver Sicherheit eine Baurechts­frage sein oder nach Umweltgesetzen zu beurteilen sein, nach gewissen Regeln der Ortsbild­pflege oder des Ensembleschutzes, aber sicherlich nicht nach dem TKG. Das Telekommuni­kationsgesetz bietet nur Platz für Regeln, die Funkanlagen betreffen.

Nun zur Vollziehung des Gesetzes anhand der Formulierung „der Betrieb von Funkanlagen darf nicht die Gesundheit gefährden“. – Die Vollziehung dieses Passus hat nach der jetzigen Kon­struktion von Amts wegen durch die Fernmeldebehörden zu erfolgen. Dies geschieht bei Ertei­lung der Betriebsbewilligung von Funkanlagen.

Als Beispiel möchte ich hier anführen, dass es bei der Genehmigung der Übertragung von Daten mittels Laserstrahlen bei Überschreiten einer bestimmten Strahlungsstärke ein Instru­mentarium gesundheitsrelevanter Auflagen gibt. Die Fernmeldebehörde stützt sich aber hierbei nicht auf eigene Erkenntnisse, sondern sie zieht dafür eine Europanorm heran, nämlich die so genannte EN 60825. Sie stützt sich also auf fremde Daten, nicht auf eigene.

Desgleichen stützt sich die Fernmeldebehörde bei der Erteilung von Betriebsbewilligungen für Mobilfunkanlagen auf die Einhaltung von Standards, die einerseits von der technischen Seite her international genormt sind und für die es andererseits auch international geltende Grenz­werte – hier höre ich öfter den Begriff „Vorsorgewert“; ich würde meinen, das ist ein identischer Begriff – für den Gesundheitsschutz gibt. Sie sind empfohlen von der WHO, die seit Jahren schon einschlägige Forschungen betreibt, sie finden sich wieder in einer relativ neuen EU-Ratsempfehlung aus dem vergangenen Jahr, und sie existieren in Österreich auch nach der einschlägigen ÖNORM S 1120; ich glaube diese Zahl ist schon ein Begriff.

Für eine ordnungsgemäße Vollziehung des Telekommunikationsgesetzes sind diese Grund­lagen vollkommen klar und ausreichend.

Anschließend noch ein Wort zur immer wieder vorgebrachten Forderung nach Einräumung einer Parteistellung bei der Errichtung und beim Betrieb von Mobilfunkanlagen.

Ich glaube, es wird einerseits einmal verfassungsrechtlich nicht einfach sein, eine sachlich ge­recht­fertigte Abgrenzung von Mobilfunk-Basisstationen und mobilen Endgeräten zu finden. Beide senden, und beide empfangen Funkquellen, zugegebenermaßen mit unterschiedlicher Stärke, dafür aber auch mit sehr verschiedenem Abstand vom Benutzer dieser Technik.

Noch einmal: Jede Basisstation ist Sende- und Empfangsanlage, jedes Handy ist Sende- und Emp­fangsanlage!

Es handelt sich also um ein rechtliches Problem, die Vollziehung selbst aber wäre ein prak­tisches, mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbundenes, wenn man sich vor Augen führt, wie viele Hunderte von Verwaltungsverfahren vielleicht vor Ort abzuführen wären, nur um festzustellen, ob weltweit gültige technische Normen von standardisierten Produkten und präzise festgelegte Grenzwerte für den Gesundheitsschutz eingehalten werden. Dies könnte ganz einfach von einer einschlägigen papierenen Information abgelesen werden. Die Frage ist nur: Wie kommt man zu dieser Information?

Dazu – vielleicht mit Blick auf Herrn Bürgermeister Kröll – die Information, dass sich erst vor kurzem die Mobilfunkbetreiber gegenüber dem Bundesminister für Verkehr verpflichtet haben, anlässlich jeder Errichtung einer Anlage der Gemeinde die spezifischen Daten zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht mit einem einheitlichen Formblatt, unter Angabe des Standortes und der technischen Kenndaten der Anlage, und als ganz wesentliche Information für die interessierten Menschen wird darin auch der Sicherheitsabstand angeführt, wie er gemäß der einschlägigen Norm zu berechnen ist.

Herr Bürgermeister! Ich würde Ihnen nahe legen, dass Sie Ihre Mitglieder informieren und von ihnen verlangen, sie mögen die Einhaltung dieser Zusage auch einfordern. Dann werden wir sehen, wie das funktioniert. Ich glaube, das ist eine wesentliche Maßnahme, um ein gewisses Informationsmanko in diesem Bereich ad hoc abdecken zu können.

Dazu vielleicht auch ein Beispiel: Eine normale Anlage, wie sie zur Bedienung größerer Flächen verwendet wird, also nicht eine Mikrozelle für Hot-Spots oder für Indoorversorgung, hat eine Senderleistung von etwa 20 Watt. Wenn man den Antennengewinn miteinrechnet, so ergibt das einen errechneten Sicherheitsabstand von 1,95 Metern, und dieser Wert wird dann zur Infor­mation aufliegen. Und um diese Daten einzusehen, wird man nicht unbedingt eine Partei­stellung einräumen müssen, denn auch eine Parteistellung, dessen müssen wir uns bewusst sein, ist nicht geeignet, funktechnische oder physikalisch-medizinische Werte zu verändern.

Bei dieser Gelegenheit noch ein Wort zur Grenzwertdiskussion hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Sicherheitsabstand. Bei gleicher Funkanlage, wie ich sie vorhin erwähnt habe, würde sich der Sicherheitsabstand von zwei Metern auf 130 Meter erhöhen, wenn als Grenzwert der in der Petition geforderte Wert von 1 Milliwatt in die Berechnungsformel eingesetzt würde. Das ist jetzt vielleicht noch gar nicht so plakativ, aber dieser Grenzwert ergibt auch einen einzuhaltenden Sicherheitsabstand vom Handy – vom Gerät, bitte! – von mindestens vier bis fünf Metern zu Ihnen selbst, was das Telefonieren relativ schwierig machen wird, aber auch zu den Mit­menschen, die einer Immission, von welchem Handy auch immer, ausgesetzt sind. Ich halte das für ein gutes Beispiel dafür, was Herr Professor Kundi heute von der Verhältnismäßigkeit von Entscheidungen und Regeln berichtet hat.

Abschließend möchte ich noch auf zwei Anliegen der Petition eingehen, die einen engen Bezug zum Telekommunikationsgesetz haben.

In Punkt 14 wird die Abschaffung der Duldungspflicht, die in § 8 TKG normiert ist, und des Enteignungsrechtes – § 11 TKG – gefordert. Dazu verweise ich nur auf § 1 des Telekom­muni­kationsgesetzes und dessen programmatische Zweckdefinition. Demnach soll mittels Telekom­munikationsgesetz der Wettbewerb gefördert und auch gewährleistet werden, dass die Bevöl­kerung und die Wirtschaft mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Tele­kom-Dienstleistungen versorgt werden. Zur Durchsetzung dieses übergeordneten staatlichen Interesses kann auf § 8 und § 11 sicherlich nicht verzichtet werden.

Zuletzt möchte ich noch auf Punkt 5 der Petition eingehen, worin eine gesetzliche Bestimmung im Telekommunikationsgesetz gefordert wird, mit der die Betreiber zur Anpassung be­stehen­der GSM-Anlagen verpflichtet werden sollen.

Dies wäre ein Diskussionspunkt, wenn die seit Jahren weltweit betriebenen Forschungen kon­krete Ergebnisse erbracht hätten, die eine Revision der bisherigen Grenzwerte notwendig machten, wobei neben dem Umstellungszeitraum sicherlich auch die Kosten der Umstellung, die sich gewiss in Milliardenhöhe bewegen würden, ein großes Problem darstellen könnten.

Diese Forderung jedoch mit jener nach Einführung eines Grenzwertes von 1 Milliwatt zu ver­binden, eines Grenzwertes, der auch unter dem Begriff „Vorsorgewert“ in keiner wie immer gearteten seriösen Weise nachvollzogen und begründet werden kann, hat wohl den Boden der Realität und auch der Seriosität verlassen. Eine solche Forderung unwidersprochen zu lassen, wäre wohl qualifiziert dazu geeignet, das Vertrauen in Politik und Verwaltung in diesem Staat zu untergraben.

Im Übrigen meine ich, dass man die Forschungstätigkeit in diesem Bereich, insbesondere bei der Weltgesundheitsorganisation aufmerksam verfolgen, aber nicht in spektakulärer Weise neue Wörter erfinden soll, die einer objektiven Überprüfung nicht standhalten und daher auch nicht für eine rechtlich korrekte Vollziehung tauglich sind.

Ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich Ihnen aus der Sicht des Telekom­muni­kations­gesetzes ausreichende Informationen zum besseren Verständnis übermitteln konnte. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

14.53


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Ich danke Herrn Sektionschef Weber für seine Ausführungen.

Wir kommen nun zum nächsten und letzten Referenten. Wie bereits eingangs ausgeführt wur­de, wird dieses Referat übersetzt. Sie alle haben Empfangsgeräte auf Infrarotbasis vor sich liegen. Ich bitte, diese in Betrieb zu nehmen; auf Kanal 1 hören Sie die Beiträge in deutscher, auf Kanal 2 in englischer Sprache.

Ich bitte Herrn Dr. Marc Seguinot, das Wort zu ergreifen.

14.54


Referent Dr. Marc Seguinot¦ (Administrator, Europäische Kommission) (in Übersetzung): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich danke für Ihre Einladung zu dieser Enquete. Die Kommission hat die Bedenken bezüglich möglicher schädlicher Auswirkungen auf die Gesund­heit durch elektromagnetische Felder schnell zur Kenntnis genommen. Als Reaktion auf diese Situation hat der Rat mit 12. Juli 1999 eine Empfehlung angenommen, die Exposition der Bevöl­kerung gegenüber den elektromagnetischen Feldern zu begrenzen, nämlich im Bereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz, der so genannten nichtionisierenden Strahlung. Das Ziel der Rats­empfehlung ist es, einen allgemeinen Rahmen auf hohem Niveau für den Schutz der Gesund­heit der Bevölkerung bereitzustellen.

Wie Sie sehen können (der Redner zeigt in der Folge Overheadfolien), basiert der Text auf den besten wissenschaftlichen Daten und Expertisen in diesem Gebiet. Bis jetzt feststehende gesundheitliche Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern wurden dafür herangezogen. Die Empfehlung hat den Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit – und nicht jenen der Arbeiter – zum Ziel und wird daher im Besonderen auf relevante Gebiete angewendet, wo Men­schen signifikant viel Zeit im Verhältnis zu den Auswirkungen, die in dieser Empfehlung abge­deckt werden, verbringen.

Dem Text folgt ein Anhang mit technischen Daten. Er enthält die Mindestanforderungen für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Diese Anforderungen bestehen aus einer Reihe von maximalen Expositionsgraden, entsprechend den unterschiedlichen Frequenzen und Situ­ationen. Diese werden „grundsätzliche Grenzwerte“ und „Richtwerte“ genannt. Dieses techni­sche Gerüst basiert auf den ICNIRP-Richtlinien (International Committee for Non Ionising Ra­diation Protection). Das ist ein unabhängiges wissenschaftliches Komitee von internationalem Ansehen, ein Partner, der am WHO/EMF-Projekt teilnimmt. Diese Richtlinien wurden vom Wis­sen­schaftlichen Lenkungsausschuss der Kommission bestätigt.

Solche grundsätzlichen Grenzwerte und Richtwerte beziehen sich auf jede Strahlung, die von einem Gerätetyp emittiert wird, einschließlich GSM-Handys, jedoch mit der Ausnahme von optischer und ionisierender Strahlung. Bezüglich optischer Strahlung müssen die wissen­schaft­lichen Daten und Erkenntnisse noch weiter ausgewertet werden, bezüglich ionisierender Strah­lung gibt es bereits Vorgaben seitens der Gemeinschaft.

Der Text ist nicht bindend, es steht den Mitgliedstaaten frei, restriktivere Richtlinien anzu­wen­den. Die Art und Weise, wie die Mitgliedstaaten die Empfehlung übernommen haben, soll das Thema von Berichten auf nationaler Ebene und Gemeinschaftsebene sein. Die Mitgliedstaaten sollen die Verteilung von Information sowie Regeln zur Vorgangsweise auf diesem Gebiet fördern. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das Design, die Installierung und die Anwendung der Ausrüstung, mit dem Ziel, dass jene Expositionsgrade erreicht werden, die die empfohlenen Grenz­werte nicht überschreiten.

Die Expositionsgrenzwerte, die von der ICNIRP empfohlen und in die Empfehlung des Rates aufgenommen wurden, enthalten einen Sicherheitsfaktor. Das bedeutet, dass die empfohlenen Werte erheblich unter jenen Expositionsschwellenwerten liegen, bei denen gewisse Aus­wirkun­gen auf den Körper beobachtet werden können. Dieser Sicherheitsfaktor wurde einge­führt, um die unterschiedlichen Sensibilitäten von Personen zu berücksichtigen, mit beson­derem Bezug auf Kinder, Schwangere und ältere Menschen.

Als Ergebnis sehen die Empfehlungen des Rates Schutzschwellen bezüglich gesund­heits­schäd­licher Auswirkungen vor, die durch elektromagnetische Felder hervorgerufen werden kön­nen. Um die Übereinstimmung mit dem empfohlenen Expositionsgrad bewerten zu können, sind die Europäischen Normierungskomitees wie CENELEC und IEC dazu aufgerufen, Normen in­ner­halb des gesetzlichen Rahmens der Gemeinschaft zum Zwecke des Designs und des Aus­probierens der Ausrüstung zu entwickeln. Zurzeit findet eine technische Überprüfung des vor­hergehenden EG-Mandats M/032 statt.

Diese Normen erlauben die Definition von Emissionsgrenzwerten für jedes Gerät, das auf den Mobil­telefonmarkt kommt. Diese werden unter der Zuständigkeit der Generaldirektion für Unter­nehmenspolitik in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion für Gesundheit und Konsumenten­schutz entwickelt. Dieses Mandat wird im Juni 2000 beendet sein, und die ersten Normen wer­den für Dezember 2000 erwartet.

In diesem Zusammenhang sollte angemerkt werden, dass die ausführliche Forschungstätigkeit in Europa, die in einer konzertierten Aktion in den COST 244- und 244 bis-Projekten im letzten Jahrzehnt durchgeführt wurde, keine reproduzierbaren gesundheitsschädlichen Effekte bei Ra­dio­frequenz-Emissionen, die typisch für Mobiltelefone und Sendemasten sind, gezeigt hat.

Als Folge eines umfangreichen Gebrauchs von Mobiltelefonen ergibt sich deutlich, dass, falls es eine gesundheitsschädliche Auswirkung gibt, diese eine Langzeitwirkung sein könnte. Daher forscht man weiter, um solche Auswirkungen zu messen, nämlich innerhalb des 5. Rahmen­programms der Generaldirektion für Forschung in der Leitaktion 4, die „Umwelt und Leben“ heißt, die zurzeit biomedizinische und epidemiologische Studien auf dem Gebiet von gesund­heit­lichen Auswirkungen, verursacht durch Mobiltelefone und Antennen, mit finanziellen Mitteln unterstützt.

Es gibt ein Implementierungsprogramm der Kommission für die Empfehlung selber, in dem ver­schiedene Fristen für den Prozess der Überprüfung dieser Empfehlung vorgesehen sind. Die Dienste der Kommission werden auf jegliche neue wissenschaftliche Beweise, die in der Emp­fehlung nicht berücksichtigt wurden, reagieren, was vom Wissenschaftlichen Lenkungs­aus­schuss der Kommission gebilligt wird. Innerhalb von fünf Jahren nach der Veröffentlichung der Empfehlung wird die Kommission das Thema noch einmal prüfen, um den Text auf den ak­tuellen Stand zu bringen, wobei Berichte von Mitgliedstaaten und die neuesten wissen­schaft­lichen Daten und Expertisen berücksichtigt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

15.05


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich möchte auch den Experten noch einmal sehr herzlich für ihre Referate danken.

Wir gelangen jetzt zum zweiten Teil der Enquete, nämlich zur Debatte über dieses Thema.

Die erste Runde soll, wie eingangs ausgeführt, in erster Linie der Diskussion über die Referate die­nen. Die zweite Runde im Anschluss daran steht der allgemeinen Diskussion zur Verfügung. Mir liegen bereits etliche Wortmeldungen für die erste Runde vor.

Ich möchte als erster Rednerin der Proponentin der Petition, Frau Eva Maršálek, das Wort erteilen. – Bitte.

Diskussion

15.06


Eva Maršálek¦ (Proponentin der Petition): Frau Vorsitzende! Ich möchte Ihnen zuerst die mittler­weile weiter ge­sammelten Unterschriften – es sind mehr als 4 500 – überreichen. (Die Rednerin überreicht der Vorsitzenden Abgeordneten Gatterer die Unterschriftenlisten. – Beifall.)

Weiters möchte ich zu verschiedenen Punkten der Referate Stellung nehmen. Erstens – ich mache das jetzt einfach anhand meiner Notizen –: Der Bürger kann zum Beispiel in keiner Wei­se nachvollziehen, wieso es möglich ist, im Landschaftsschutzgebiet 30 Meter hohe Beton- oder Gittermasten zu errichten, während es ihm selbst verwehrt ist, ein Schwimmbecken im Grün­land auszuheben.

Betreffend Site-Sharing: Herr Dr. Weber hat diese TKG-Novelle sehr gelobt und als positiv bezeichnet. Ich kann dieser Novelle, die eigentlich nur dem optischen Problem Rechnung trägt, nur dann etwas abgewinnen, wenn gleichzeitig der Richtwert bundesweit auf den Salzburger Vor­sorgewert abgesenkt wird, denn es ist nicht einzusehen, dass aus optischen Gründen Anrainer mehrfach betroffen sind: Mit der Anzahl der Antennen, die auf einem Mast angebracht sind, erhöht sich ja auch die Strahlung ständig.

Zu den Punkten, die betreffend WHO/EU-Ratsempfehlung und ÖNORM angeführt wurden, muss festgehalten werden, dass die ÖNORM S 1120 eine Vornorm ist und diesen Status be­reits seit acht Jahren innehat. Ich habe mich im Normungsausschuss erkundigt: Es ist so, dass eine technische Norm, selbst wenn sie eine Norm ist, nach zehn Jahren bereits mehr als überholungsbedürftig ist; umso bedenklicher erscheint es da, dass eine Vornorm bereits seit acht Jahren einen Richtwert darstellt, der von den Betreibern freiwillig eingehalten wird.

Ebenso bedenklich und Angst auslösend für den Bürger ist es, wenn dem Ent­schei­dungs­gre­mium des Normungsausschusses der ÖNORM S 1120 Mitarbeiter der Mobilfunk-Branche ange­hören. Es stellt sich die Frage, ob sich damit die Industrie ihre Grenzwerte selbst gestalten kann.

Weiters – das gehört zwar nicht unbedingt zur ÖNORM, es sei aber doch darauf verwiesen – wurde am 14. Jänner als eine der letzten Unbedenklichkeitserklärungen seitens des ange­spro­chenen Ministeriums eine Studie von Professor Silny präsentiert. Es gibt hiezu ausführliche Kommentare über die schwerwiegenden Mängel, die dieser Studie innewohnen – das geht sogar bis zu Umrechnungsfehlern! Von einem Wissenschafter sollte man wohl erwarten kön­nen, dass er zumindest die Zahlen richtig umrechnen kann oder umrechnen lässt.

Weiters: Auch die WHO ist sicherlich eine Institution, die dem Bürger nicht gerade großes Ver­trauen in Bezug auf elektromagnetische Felder einflößt. Die WHO-Ottawa-Charta hat festgelegt, dass Gesundheit unter anderem dadurch entsteht, dass man Kontrolle über die eigenen Le­bens­­zustände ausüben kann. – Gerade dies wird jedoch den zwangsbeglückten Anrainern von Mobilfunk-Sendeanlagen in undemokratischster Weise verwehrt.

Die WHO stützt sich – auf einem Auge blind oder auf einem Ohr taub – auf die Aussagen eines Expertengremiums, nämlich jene der ICNIRP, wobei diese Kommission selbst bei jeder Gele­genheit weitere Forschungen fordert, einschränkende Aussagen tätigt, aber apodiktisch Grenz­werte festlegt. Das ist im Übrigen auch die Meinung von Herrn Dr. med. univ. Christoph König, dem stellvertretenden Landessanitätsdirektor von Salzburg.

Bei der Salzburger Tagung hat ein Dr. Malcom MacGarvin, der Consultant for the European En­vironment Agency ist, unter anderem im Hinblick auf das EU-Vorsorgeprinzip auch das Cholera-Beispiel gebracht. Es gab in London irgendwann im 19. Jahrhundert eine Choleraepidemie, wo­bei man sich nicht die Mühe genommen hat, zuerst zu erfragen oder zu erforschen, auf Grund welcher Ursachen diese Epidemie ausgebrochen ist, sondern man ist einen anderen Weg ge­gan­gen. Man hat zuerst einmal das Wasser untersucht, festgestellt, dass in den Brunnen eben jener Bezirke, in denen diese Epidemie aufgetreten ist, andere Werte gemessen wurden als in den Brunnen jener Bezirke, in denen die Leute gesund waren; daraufhin hat man vorsorglich die Brunnen geschlossen. Und siehe da: Die Epidemie hat sich nicht ausgebreitet! Es ist nun die Frage, wieso man just bei elektromagnetischen Feldern immer wieder andere Wege gehen will.

Interessant ist aber auch die Rolle von Herrn Dr. Repacholi. Ich bedauere es zutiefst, dass er nicht zu dieser Enquete kommen konnte, denn er ist Leiter des EMF-Projektes der WHO und war in den neunziger Jahren langjähriger Vorsitzender der ICNIRP. Ich hätte gerne von ihm einige Fragen beantwortet gehabt, und zwar bezüglich der Mechanismen, die zu seiner Be­stel­lung als Leiter des WHO/EMF-Projektes führten. Das hätte ich gerne von ihm offen gelegt ge­habt, weil ich zwei Informationen habe, zu denen ich gerne um seine Stellungnahme gebeten hätte. Man kann in den „Microwave News“ nachlesen, dass Motorola – das ist eine einschlägige Firma – das WHO/EMF-Projekt über den Umweg des Royal Adelaide Hospitals in Australien, wo Forschung an Mäusen betrieben wurde, sponsert, und zwar jährlich mit 50 000 US-Dollar.

Weiters hat Dr. Repacholi, wieder in seiner Funktion als Leiter des WHO/EMF-Projektes, China zwecks „Harmonisierung“ der EMF-Grenzwerte besucht. Man muss wissen, dass China nied­rigere Grenzwerte hat. Die WHO wollte diese Grenzwerte auf das Niveau der ICNIRP anheben. Herr Dr. Repacholi hat China in Begleitung von Vertretern der Firmen Nokia, Motorola und Lu­cent besucht. Auch das ist in den „Microwave News“ nachzulesen.

Interessant ist außerdem, dass Herr Dr. Repacholi in einem Paper, das Sie in Ihren Unterlagen finden, Folgendes mitteilt: „Es gibt bis heute noch keinen schlüssigen Beweis dafür, dass die Strahlung elektromagnetischer Felder tatsächlich ein Gesundheitsrisiko darstellt.“ Es gebe aber auch keinen Grund zur Entwarnung. Die wissenschaftlichen Untersuchungen seien einfach noch nicht weit genug fortgeschritten, um die Frage nach gesundheitlichen Schäden haltbar zu beantworten. Dieser Zustand sei überaus frustrierend. – Ich frage mich aber, wieso man in ei­nem Großfeldversuch an der Gesamtbevölkerung – nicht nur Österreichs, sondern weltweit – an diesen Nachsorgegrenzwerten mit derartiger Heftigkeit festhält. Ich sehe da doch dringenden Bedarf nach Vorsorgegrenzwerten.

Was den Abstand betrifft, den man, wie auch Herr Dr. Weber gesagt hat, bezüglich der Immit­tenten in den Datenblättern nachlesen kann oder können soll, so ist das zwar sicherlich sehr inter­essant; das ist aber nicht das, was die Bevölkerung bewegt. Uns alle bewegen nicht die Ab­stände, sondern uns bewegen die Immissionswerte. Betreffend Abstände sei Ihnen noch kurz Folgendes gesagt: Es wäre vielleicht lohnend, auf der Stockerauer Autobahn in Fahrtrichtung Wien zu fahren. Dort können Sie nämlich sogar ein Paneel angreifen, dort ist nicht einmal der Abstand von 1,50 Meter eingehalten.

Hinsichtlich Duldungspflicht: Ich glaube, es ist in unserer Zeit, in unserem Jahrhundert wohl eine Zumutung, dass man annimmt, dass Bürger bereit sind, es hinzunehmen, wenn auf ihren Privat­häusern unter Umständen Sender errichtet werden, dies zu dulden und dort auch noch zu woh­nen. Ich halte das doch für etwas überholt und sehe keine Möglichkeit, dass das von den Bür­gern mitgetragen werden sollte und könnte.

Außerdem würde mich noch interessieren, wie man von der Seite aller Beteiligten her, aber auch von EU-Seite her vorhat, mit heute bereits in ihrer Befindlichkeit Betroffenen umzugehen. Ich nehme nicht an, dass man diese alle psychiatrieren möchte, wenn ich mir die Zahlen in den Unterlagen von Herrn Dr. Röschke ansehe. Das heißt, man wird sicherlich Wege finden müs­sen, wie man mit Personen, die heute bereits in ihrer Befindlichkeit betroffen sind und die glaub­haft versichern können, erst nach der Errichtung von Sendern in diese Verfassung versetzt wor­den zu sein, umzugehen gedenkt.

Wichtig erscheint mir auch der Punkt, dass die Frage der Haftung ungeklärt ist. Das wurde, so glaube ich, heute noch nicht angesprochen. Sehr viele Versicherungen schließen in sehr vielen Fällen das Gesundheitsrisiko aus elektromagnetischen Feldern explizit aus ihren Bedingungen aus. Das ist meist nicht versicherbar. Frau Dr. Lindner von der Wiener Städtischen Ver­siche­rung hat das bereits im Jahre 1997 gesagt, weil man Folgen bis hin zur Zahlungsunfähigkeit der Bran­che fürchtet.

Was noch nicht angesprochen wurde, ist, dass der unkoordinierte Senderausbau – wenn das so weitergeht wie bisher – aus meiner Sicht sicherlich Auswirkungen auf den Tourismus haben wird. Es gibt diesbezüglich schon Rückmeldungen von Bürgermeistern aus Tourismus­gemein­den, denen ebenfalls die Hände gebunden sind, weil sie über keinerlei rechtliche Möglichkeiten in Bezug auf die Einflussnahme auf die Senderplatzierung verfügen. Die negativen Auswirkun­gen der zunehmenden Landschaftsverschandelung, die negativen Auswirkungen auf den Ge­sund­heits- und Lebensstil-Tourismus, der in Österreich zurzeit stark beworben wird, sowie die un­sen­sible Standortwahl, die einzelne Beherbergungsbetriebe sehr stark beeinträchtigt, sind si­cher­lich auch zu berücksichtigen.

Nicht angesprochen wurde weiters, dass die Petition auch eine Produktinformationspflicht für Handys fordert, und zwar in Bezug auf Emissionen und Immissionen. Ich bin der Auffassung, dass diese fehlende Produktinformationspflicht verhindert, dass der Konsument, wenn er aus seiner persönlichen Sicht das Bedürfnis hat, sich für ein strahlungsärmeres Gerät zu ent­scheiden, dieses auch wirklich kauft. Diese fehlende Produktinformationspflicht steht auch in krassem Widerspruch zur Empfehlung der Wiener EMF-Deklaration vom Oktober 1998, im krassen Widerspruch zur Forderung der Mobilfunk-Petition und in krassem Widerspruch zur Emp­fehlung der unabhängigen britischen Studiengruppe IEGMP sowie zu den Gepflogen­hei­ten, die bei anderen Elektrogeräten herrschen. Bei Kühlschränken etwa kann sich heute jeder ent­schei­den, ob er ein Gerät mit hohem oder niedrigem Stromverbrauch kauft. Bei Handys jedoch, die Sie sich direkt an das Ohr beziehungsweise an den Kopf halten, haben Sie keine Möglich­keit, sich für ein strahlungsarmes Gerät zu entscheiden. Das ist ein Umstand, der in der heuti­gen Zeit eigentlich unglaublich ist.

Nicht eingegangen wurde bisher auch auf das Mietminderungsurteil von München aus dem Jahr 1998, in dem der Richter erklärt hat, es sei für die Auseinandersetzung belanglos, dass die gegenständlichen Anlagen rechtlich zulässig sind und alle gegenwärtig in Deutschland gültigen Grenzwerte einhalten. Das Mietminderungsrecht wegen Baulärm hänge ja auch nicht davon ab, ob der Nachbar legal oder schwarz baue. – Ein österreichischer Rechtsanwalt ist der Meinung, dass die Rechtslage in Österreich vergleichbar ist. Die ersten Klagen wurden übrigens bereits eingebracht.

Bei der Salzburger Tagung wurde auch die Grundstücksentwertung angesprochen, die neben dieser Mietminderung zum Tragen kommt. Dr. Cindy Sage aus den USA hat aus ihrer Erfahrung berichtet, dass die Grundstücke im Nahbereich oder im Umkreis von Mobilfunksendern bis zu 40 Prozent an Wertminderung erfahren oder gar unverkäuflich sind. Ich frage mich, wie man diebezüglich gedenkt, mit Privateigentum umzugehen. In diesem Zusammenhang sehe ich einen krass fehlenden demokratischen Interessenausgleich zwischen Privatvermögen und Privatfir­men­interessen – denn man muss sich bitte immer vor Augen halten, dass es sich hier um Pri­vat­firmen handelt!

Weiters zu berücksichtigen wäre jene Grundstücksentwertung, die oft schon alleine durch die Optik eines 35 Meter hohen Mastes, zum Beispiel drei Meter neben einem Bungalow, eintritt.

Ich habe vor ein paar Tagen ein Papier der EU-Kommissarin für Umweltschutz Margot Wall­ström in die Hände bekommen. Es gibt jetzt eine neue Richtlinie in Bezug auf Umwelt­belas­tungen durch den rasch wachsenden Elektronikschrott. Ich frage mich, wie dies in Einklang mit der massiven Handy-Werbung für Ein-Jahres-Handys durch die Betreiber zu bringen ist. Auch das ist noch ein Problem, das auf uns zukommen wird.

Was die Informationspolitik betrifft, so ist sie im heutigen Stadium für die Betroffenen absolut un­glaubwürdig, und zwar nicht nur von Seiten des Forum Mobilkommunikation, das sich als ver­längerter Arm der einschlägigen Industrie verständlicherweise für eine betreiberfreundliche In­formationspolitik einsetzt. Das Forum Mobilkommunikation instrumentalisiert nämlich auch die WHO, die dann Pressetexte und Zitate des FMK widerrufen muss. Das Forum Mobilkom­muni­kation verkehrt Gutachten der Technischen Universität durch falsches Zitieren ins Gegenteil, das Forum Mobilkommunikation beziehungsweise die Betreiber brechen zum Beispiel selbst mit Politikern getroffene Vereinbarungen einseitig, und das nach nur acht oder neun Tagen. Es gibt dazu eine Presseaussendung mit dem Titel „Mobilkom narrt Bürger und Politiker“ – zugetragen hat sich dieser Fall in Steyr, in Oberösterreich.

Das FMK diffamiert Herrn Dr. Oberfeld, indem es ihm einen unwissenschaftlichen Grenzwert un­ter­stellt, tätigt rufschädigende Presseaussendungen, zuletzt anlässlich der Salzburger Kon­ferenz vom 9. Juni 2000, gibt falsche Sachverhaltsdarstellungen zur Salzburger Resolution ab und vermittelt nicht den Eindruck, denjenigen, die in ihrer Befindlichkeit betroffen sind, zielstrebig zu helfen, um Klarheit ihrer Situation herbeizuführen. Und entgegen den Behauptungen des FMK liegen GSM-Immissionen meist weit über jenen des ORF. Das „Salzburger Modell“ und Italien beweisen, dass entgegen den Behauptungen des FMK wesentlich niedrigere Grenzwerte – Mobilfunk, Rettungs- und Taxifunksysteme, sowie Radio und TV – durchaus realisierbar sind.

Aber auch Bund und Ministerien sind nicht wirklich vertrauenswürdige Ansprechpartner für die Bürger. Die Bürger werden in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld quasi überfahren und sehen ihre legitimen Anrainerrechte mit den Lizenzen mitverkauft. Die seinerzeitige Regierung fühlte sich offenbar reingewaschen, als die privaten Mobiltelekommunikations-Betreiber gegenüber der Bundesregierung ausdrücklich versicherten, die Aufstellung der Sendemasten in vorher­gehender Abstimmung mit den Anrainern durchzuführen, wie Frau Bundesministerin Prammer es am 8. April 1998 mitgeteilt hat. Man hat es jedoch verabsäumt, diese ausdrückliche Ver­siche­rung auch in einem Gesetz zu verankern. Die Bürger warten jedenfalls darauf.

Es gibt schwer wiegende Mängel – bis hin zu den schon erwähnten Umrechnungsfehlern – in der Silny-Studie, die am 14. Januar 2000 vom damaligen Bundesminister Einem präsentiert wur­de. Während also deutsche Politiker wegen der Handy-Studie aus Großbritannien besorgt sind, wird vom Austrian Research Center Seibersdorf eine neuerliche Studie präsentiert, der­zufolge eine Gesundheitsgefährdung für Menschen durch Mobilfunk nicht nachzuweisen ist, und der zuständige Minister appelliert, auf den Boden der Realität zurückzukommen. Die Frage ist nur: Was ist die Realität?

Dann gibt es noch die Argumentation, die Menschen würden insgesamt ungesund leben. – Wenn wir dieser folgen, wäre Gesundheitsvorsorge eigentlich auf allen Gebieten obsolet. Sollte dem aber nicht so sein, dann fordern wir auch bei elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks Ge­sundheitsvorsorge.

Noch nicht ausreichend dargelegt wurde meiner Meinung nach, dass sich auch die Grenz­wert­findung bei elektromagnetischen Feldern von jenen bei anderen Schadstoffen drastisch unter­scheidet. Dies wären die wesentlichen Punkte. – Danke.

15.24


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Ich bedanke mich sehr herzlich für die Aus­führungen und erteile Herrn Dr. Gerd Oberfeld das Wort. – Bitte.

15.24


Dr. Gerd Oberfeld¦ (Proponent der Petition): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich spreche heute als Amtsarzt, als Umweltmediziner des Landes Salzburg, nicht als Um­weltreferent der Österreichischen Ärztekammer. Ich muss sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass diese Enquete stattfindet, weil es aus meiner Sicht dringend notwendig war und ist, dass diese wichtige Frage in einem solchen Gremium umfassend diskutiert wird. Ich hoffe, dass es nicht die erste und letzte Veranstaltung ist, sondern dass dies ein Auftakt für einen Dialog in diesem Bereich ist.

Ich möchte Ihnen zunächst mitteilen, dass der Salzburger Landtag am 29. März dieses Jahres den Antrag, die Mobilfunk-Petition vom 30. November 1999 zu unterstützen, einstimmig zum Beschluss erhoben hat. In einem zweiten Punkt wurde ebenfalls einstimmig beschlossen, dass die Landesregierung ersucht wird, an die zuständigen Bundesstellen mit der Bitte heranzu­treten, unter Berücksichtigung sowohl thermischer als auch athermischer Wirkungen ein­heit­liche Grenzwerte für die Immissionen von GSM-Sendestationen zu erlassen. Die Erfahrun­gen mit dem Salzburger Vorsorgewert und die Ergebnisse der internationalen Fachkonferenz am 7. und 8. Juni sollten jedenfalls berücksichtigt werden. Das ist der Wunsch des Salzburger Landtages.

Es gibt in Umsetzung dieses Wunsches ein Schreiben des Landes an die Ministerien, die hier direkt angesprochen sind. Dieses wurde gestern am späteren Nachmittag mittels Fax abge­schickt und ist auch in den Ihnen vorliegenden Unterlagen – es ist diese blaue Broschüre, die vielleicht manche von Ihnen haben; das ist das Programm der internationalen Konferenz von vorletzter Woche – enthalten.

Was sind nun die Erfahrungen mit dem Salzburger Vorsorgewert? – Die Geschichte geht zurück auf das Jahr 1998, auf die Besetzung einer Baugrube für einen Handymast im Salzburger Stadtteil Parsch. Die Aktion wurde im Fernsehen gezeigt, am Abend wusste quasi die ganze Stadt, dass ein neuerlicher Sendeausbau durch die Firma Connect bevorsteht. Es kam relativ rasch zu Anrainerinitiativen, und die Firma Connect setzte sich mit den Bürgern unter anfäng­licher Be­teiligung auch der Stadtpolitik an einen Tisch, um das Ganze in einem demokratischen Prozess auszudiskutieren.

Ich mache es kurz: Im November 1998 kam es nach mehrmonatigen Verhandlungen zu der Einigung, dass zwischen zwölf Anrainerinitiativen und der Firma Connect zivilrechtliche Verein­barungen getroffen wurden, die die Einhaltung des Salzburger Vorsorgewertes von 1 Milliwatt pro Quadratmeter Leistungsflussdichte beinhaltet haben.

Vielleicht noch etwas zum Schmun­zeln: Ein Jahr später, im November oder Dezember 1999, wurde der Firma Connect – oder ONE, wie sie jetzt heißt – gemeinsam mit dem Institut für Kom­munikations-Planung, ikp, das den Vorgang begleitet hat, für diese vorbildliche Vorgangsweise von Bundesminister Einem der PR-Staatspreis verliehen.

Wie ging es nun weiter in Salzburg? – Der vierte Netzbetreiber, Telering, begann im Herbst 1999 mit Gesprächen mit der Stadt Salzburg und auch mit dem Land. Es wurde im Ok­tober 1999 zugesichert, dass die Sendeantennen, also Dachstandorte und Mastanlagen, nach dem Salzburger Vorsorgewert geplant und betrieben werden, und dass auch das Ortsbild­schutz­gesetz bei allen Dachstandorten – bei den Maststandorten ist es ja ohnehin gesetzlich verpflich­tend – angewendet wird. Bis dato wurden dazu etwa 40 Standorte zwischen Stadt, Land und Bürgern akkordiert und sind bereits auf Sendung.

Dies ist ein Beispiel dafür, dass auch innerhalb kürzester Zeit, innerhalb weniger Monate ein koordinierter Senderausbau möglich ist, der die verschiedenen Aspekte Gesundheit, Wohl­befinden und Ortsbildschutz berücksichtigt.

Ich darf auch darauf verweisen, dass die Empfehlungswerte der ICNIRP/WHO/EU-Ratsemp­fehlung – diese Werte sind ja identisch – ausschließlich auf eine zu starke Erwärmung im Hoch­frequenz­bereich abstellen und nicht vor allen anderen möglichen Effekten schützen.

Weiters muss ich darauf aufmerksam machen, dass ich in letzter Zeit zunehmend Berichte von verschiedenen Seiten bekomme, teilweise von Betroffenen selbst, die mich im Büro anrufen und über Beschwerden klagen. Bei diesen Beschwerden handelt es sich nicht um Magenschmer­zen, die man hat, wenn man sich über etwas ärgert, sondern es kristallisieren sich ganz typi­sche Mikrowellenbelastungssymptome heraus – dazu zählen etwa Schlafstörungen, Gedächt­nis­störungen, Blutdruckanstieg, Herzrhythmusstörungen, Immunschwächen, Ohrdruck und an­dere Hörphänomene, um jetzt nur einige anzuführen. Für mich als Mediziner – und ich bin seit acht Jahren als Umweltmediziner beim Land tätig – ist somit die Evidenz von Seiten der wis­senschaftlichen Literatur, von Seiten der verschiedenen Berichte und den Berichten aus der Be­völkerung gegeben, sie passen zusammen, sie sind kongruent, wenn man so will! Aus meiner Sicht besteht also bereits derzeit der dringende Handlungsbedarf, die Immissionen an jenen Stellen, an denen sie zu hoch sind, entsprechend abzusenken.

Zur Internationalen Konferenz „Situierung von Mobilfunksendern“, die am 7. und 8. Juni statt­gefunden hat und deren Ergebnisse ja gemäß dem vorliegenden Beschluss des Landtages berücksichtigt werden sollen: Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Mikrowellenstrahlung – Hochfrequenzstrahlung – nachteilige Effekte hat.

Es wurde in der Resolution, die am letzten Tag verabschiedet wurde, festgelegt, dass es deut­liche Hinweise darauf gibt, dass bei derartigen Feldern keine Schwelle für nachteilige gesund­heitliche Auswirkungen existiert. – Das heißt, ein Schwellenwert, wie man ihn sich vielleicht für eine Grenzwertfindung wünschen würde, existiert bei verschiedenen Endpunkten mit hoher Wahr­scheinlichkeit nicht.

Die Salzburger Resolution, die auch in den Unterlagen, in diesem blauen Programmheft, ent­halten ist, empfiehlt verschiedene Punkte, nämlich zum einen, dass die Situierung und der Be­trieb von Mobilfunksendeanlagen an ein Bewilligungsverfahren geknüpft werden sollten. Dabei soll­ten weitere Punkte angesprochen oder berücksichtigt werden. Das betrifft die vorangehende Information und die aktive Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, die Überprüfung mehrerer Standortalternativen, den Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens – das sind Punkte, die im Telekommunikationsgesetz ausgeklammert sind, im Gegensatz etwa zur Gewerbeordnung –, die Berücksichtigung des Ortsbildes und des Landschaftsbildes, die Berechnung und Messung der Exposition, wenn es notwendig ist, jedenfalls aber die Berechnung, sowie die Berück­sich­tigung bereits vorhandener hochfrequenter Feldquellen – dies deshalb, weil sich in einem Bei­trag gezeigt hat, dass etwa ein starker Rundfunksender durchaus in der Lage ist, die Mikro­wellen­belastung zu erhöhen; in diesem Fall ging es konkret um den Faktor bis zu zehn –, und es soll­te auch eine Überprüfung und Überwachung nach der Installation stattfinden.

Ich gehe jetzt nur noch auf zwei Punkte ein: Es wird weiters empfohlen, auf staatlicher Ebene eine Datenbank mit detaillierten Angaben über alle Basisstationen und deren Emissionen zu erstellen. Und als vierter Punkt wird geraten, zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Ge­sundheit, für die Summe der niederfrequent-pulsmodulierten hochfrequenten Immissionen von Mobil­funksendeanlagen, wie zum Beispiel GSM-Basisstationen, einen vorläufigen Beurteilungs­wert von maximal einem Milliwatt pro Quadratmeter zu empfehlen.

Sie sehen, dass sich eine Linie von der Petition über den Salzburger Vorsorgewert, der 1998 von der Landessanitätsdirektion Salzburg empfohlen wurde, bis hin zu dieser internationalen Salz­burger Resolution durchzieht und dass dringend zur Vorsorge geraten wird. Ich spüre es als Mediziner und als Umweltmediziner und würde auch sagen, ich weiß es, dass das ein not­wendiger Weg ist, den wir gehen müssen. – Danke. (Beifall.)

15.32


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Johann Padutsch.

15.32


Stadtrat Johann Padutsch¦ (Proponent der Petition): Meine Damen und Herren! Danke für die Einladung zu dieser Enquete. Ich möchte insbesondere den Aussagen von Herrn Dr. Weber widersprechen, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass sich an den bestehenden recht­lichen Rahmenbedingungen eigentlich nichts ändern müsste. – Ich schicke zunächst zwei Dinge voraus:

Zum Ersten: Mein Verhältnis zu GSM und Handys ist sehr entkrampft. Ich würde sowohl be­ruflich als auch privat ungern auf mein Handy verzichten. Ich habe aber einen sehr bewussten und durchaus vorsichtigen Umgang damit und habe es bisher auch geschafft, dass meine Kinder nicht in die allgemeine Hysterie verfallen, wonach heutzutage fast schon jedes Kind ein Handy braucht.

Zum Zweiten möchte ich vorausschicken, dass ich nicht nur Unterzeichner der Petition bin, son­dern auch seit 1992 Mitglied der Stadtregierung der Stadt Salzburg, mich seit dem Jahre 1996 intensiv mit dem Thema GSM beschäftige und 1997 eine erste Literaturanalyse sowie 1999 eine zweite veröffentlicht habe, die im Prinzip zu jenen Ergebnissen gekommen sind, die auch heute noch gelten, nämlich dass man schlicht und einfach zu wenig weiß und deshalb äußerst vorsichtig und sehr bewusst mit GSM umgehen sollte.

Ich leite die Behörden, die für den Vollzug des Ortsbildschutzes, für die Gutachtertätigkeit im Rahmen der Bauverfahren und für das Naturschutzgesetz verantwortlich sind, und ich bin des­halb ständig von dieser Problematik betroffen. Ich schätze, dass wir mittlerweile um die 400 Ba­sisstationen im Stadtgebiet Salzburg – und Salzburg ist eine relativ kleine Stadt! – haben. Wir hatten allein im letzten Jahr insgesamt 90 Verfahren beziehungsweise Neuerrichtungen von Sendeanlagen zu bewältigen, allein in den letzten vier Wochen – davon war ich zwei Wochen auf Urlaub – hatte ich insgesamt zehn Konfliktstandorte zu behandeln. – Damit Sie nur einmal die Dimension sehen, um die es geht.

Ich stehe immer vor derselben Situation, nämlich dass ich ein Gesetz vollziehe, das genau jene Dinge, die die Menschen interessieren, nämlich die Gesundheit beziehungsweise die Betroffen­heit im Bereich der Gesundheit, absolut nicht berücksichtigen kann. Deshalb bin ich genötigt, diese Punkte, die aus meiner Sicht bundesgesetzlich absolut ungenügend geregelt sind, an der Grenze der Rechtsstaatlichkeit auf freiwilliger Basis mit den Betreibern gemeinsam umzu­set­zen.

Es hat sich in allen Verfahren herausgestellt, dass überall dort, wo rechtzeitig die Rücksprache mit uns beziehungsweise die Information der Bevölkerung und deren Einbeziehung gepflegt wurde, die Konflikte relativ gering gehalten werden konnten, und überall dort, wo das nicht ge­schehen ist, die Konflikte in erheblichem Ausmaß ausgebrochen sind und letztlich zu einer Kosten­steigerung für die Betreiber geführt haben. Ich bin daher der Überzeugung, dass eine gesetzliche Regelung eines Vorsorgewertes und eine gesetzliche Regelung in Richtung einer Informationspflicht beziehungsweise Parteistellung für betroffene Anrainer letztlich ebenso zum Vorteil der Betreiber wie zum Vorteil der Anrainer im Sinne der Rechtssicherheit ist.

Ich widerspreche auch der Aussage, dass das eine Fülle, einen Wust an Verfahren und eine enorme Bürokratie nach sich ziehen würde. Da ich in der letzten Funktionsperiode nicht nur jene Behörden geleitet habe, die ich vorhin genannt habe, sondern auch alle anderen Be­hörden, die in einer Bezirkshauptmannschaft zu leiten sind, weiß ich, dass eine kluge gesetz­liche Vorgangs­weise erheblich zur Verkürzung der Verfahren beiträgt.

Wir machen das in Salzburg ganz einfach, wir praktizieren das ja. Es gibt eine Vorbesprechung zu gewünschten Standorten, wie es zuletzt mit tele.ring praktiziert wurde. Es gibt Aussagen darüber, welche Standorte wir uns grundsätzlich einmal vorstellen könnten, und zu diesen Standorten wird die Berechnung im Sinne des Vorsorgewertes geliefert. Wenn die Berechnung da ist, dann werden diese Standorte errichtet, ohne dass es große Konflikte oder sonst irgend­etwas gibt. Die Firma tele.ring führt auch vor, dass man letztlich auch – ohne dass das Netz und die Versorgungsqualität darunter leiden! – mit der Ausgangsleistung sehr wohl bestimmen kann, wie stark die Belastung ist, die beim nächst gelegenen Wohnhaus sozusagen ankommt. Und das ist das, was die Anrainer interessiert.

Zuletzt noch, was die Nachrüstung oder die Nachführung bereits bestehender Anlagen betrifft: Wir haben in Salzburg gemeinsam mit dem FMK und mit Seibersdorf ein Messprogramm durch­geführt und dabei die, was GSM-Basisstationen betrifft, am meisten exponierten Standorte ge­messen. Bei diesen Messungen ist in relativ wenigen Fällen eine Überschreitung des Salz­burger Vorsorgewertes festgestellt worden. Zudem sind das zum Teil Standorte von Mobilkom, und Mobilkom ist genötigt, seine Zellen zu verkleinern, die Leistung herunter zu drehen, was alleine schon zu einer Reduktion des Problems führt. Ich bestreite also auch, dass es zu einem unzumutbaren Aufwand in Milliarden- oder Millionenhöhe kommen würde, wenn man das nachführt.

Das wäre von meiner Seite vorerst einmal alles.

Mein Appell an Sie: Bitte nötigen Sie die lokalen Politiker, die mit der Angst und den Sorgen der Bevölkerung konfrontiert sind, nicht zum Amtsmissbrauch, weil Sie können hundertmal sagen, im Ortsbildschutzgesetz ist die Gesundheitsvorsorge nicht zu berücksichtigen, sondern das Ortsbild und sonst nichts, der Betroffene wird trotzdem und zu Recht einfordern, dass sein Hauptinteresse – das ist die Gesundheit – berücksichtigt wird. Wir müssen das also tun, ob wir wollen oder nicht, ob wir können oder nicht. Schaffen Sie eine verbindliche, österreichweit gül­tige Rechtsgrundlage insbesondere in Form eines Vorsorgewertes, aber auch in Form der Parteistellung und der Informationspflicht!

Es entsteht im Übrigen sehr leicht eine relativ unschöne Optik, wenn von derselben Institution, die sozusagen die Lizenzen versteigert und erhebliches Geld einnimmt, dann auch die Ver­fahren nach dem Telekommunikationsgesetz durchgeführt werden, so nach dem Motto: Wenn ich zuerst von jemandem Geld kassiere, werde ich ihm doch nicht nachher das Leben schwer machen. Auch in diesem Sinne wäre es meiner Meinung nach sehr gut und richtig, auch für das Ministerium, einen klaren, für ganz Österreich gültigen Vorsorgewert, auf den man sich stützen kann, und klare gesetzliche Regelungen, die für ganz Österreich gelten, zu haben, sodass niemand eine schiefe Optik herstellen kann.

15.39


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke, Herr Padutsch.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Maier. – Bitte.

15.39


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Mein Vorredner, der Stadtrat der Stadt Salzburg, Padutsch, hat soeben sehr eindrucksvoll dargestellt, wie in Salzburg mit dem Problem umge­gangen wird. Die Probleme sind offensichtlich.

Die Menschen erwarten sich Lösungen. Sie landen beim Bürgermeister, der allerdings der Letzte in der Kette ist, und den Letzten beißen bekanntlich die Hunde. Dieser sieht keine Mög­lichkeit – Herr Bürgermeister Kröll hat es dargestellt –, irgendeine Regelung für diese Menschen vorzusehen – es sei denn, man begeht diesen schmalen Grat zwischen Rechtsstaatlichkeit und Wirklichkeit.

Es bilden sich Bürgerinitiativen, die Menschen gehen in die Konsumentenschutzabteilungen der Arbeiterkammern oder kommen zum Verein für Konsumenteninformation. Ich kann es Ihnen nur von meiner Abteilung in Salzburg sagen: Wir hatten von Jänner bis gestern 722 Anfragen im Zusammenhang mit Miete beziehungsweise hinsichtlich des Aufstellens von derartigen An­tennen und Tragmastanlagen.

Daher hält es meine Fraktion für absolut notwendig, dass diese Petition einerseits auf sach­licher Ebene diskutiert wird, andererseits aber natürlich auch Lösungen gefunden werden, denn die Menschen draußen erwarten sich diese Lösungen.

Ich möchte kein Co-Referat halten, sondern einige Fragen an die Referenten stellen, insbe­sondere zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Ich bleibe einmal beim Problembereich Län­der­kompetenzen nach Artikel 15 Abs. 1 B-VG. Bürgermeister Kröll hat sehr deutlich gesagt: Der Bund darf sich nicht seiner Verantwortung entziehen. Trotzdem glaube ich, Herr Bürger­meis­ter, dass auch die Länder ihre Möglichkeiten im Bereich Denkmalschutz, Ortsbildschutz und Land­schaftsschutz ausnützen sollten. Es gibt derzeit nur zwei Bundesländer in Österreich, die dies entsprechend ausgenützt haben, nämlich Salzburg und Oberösterreich.

Meine erste Frage richtet sich an Herrn Dr. Panosch aus Salzburg, Lehrbeauftragter der juri­dischen Fakultät: Welche Möglichkeiten sehen Sie hier ganz konkret? Welche Kompetenzen haben die Länder, und wie sollten diese ausgenützt werden?

Die zweite Frage betrifft die zivilrechtlichen Aspekte, die heute bisher noch etwas zu kurz ge­kommen sind. Wir haben über den möglichen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht dis­kutiert. Frau Maršálek hat eine mögliche Mietzinsminderung angesprochen. Ich frage daher Herrn Dr. Kathrein vom Justizministerium, wie er diese Problemstellungen einschätzt, und ob er auch damit rechnet, dass ein ähnliches Judikat wie in Deutschland erreicht werden kann.

Im Mittelpunkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht allerdings aus meiner Sicht die notwendige Parteistellung im Telekommunikationsgesetz, verbunden mit gesetzlich vorge­schrie­benen Informationsmaßnahmen. Das Informationsdefizit ist offensichtlich, das sieht man bei Diskussionen mit betroffenen Bürgern und auch bei Bürgerinitiativen. Aus meiner Sicht ist damit auch die Notwendigkeit verbunden, ein Bundesgesetz zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlungen zu diskutieren. Daher lautet meine Frage an Herrn Sektionschef Weber – um es von ihm noch einmal zu hören –, wie er die Frage der Parteistellung, der verstärkten Infor­mationsmaßnahmen und betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor nichtionisierenden Strah­lungen sieht.

Damit hängt natürlich auch die Frage der Kennzeichnung zusammen. Das ist konsumenten­politisch ein ganz wesentlicher Punkt, und diese Forderungen haben nicht die Konsumenten­schützer erfunden, sondern die Ärzte und Krankenhäuser. Aber auch die Allgemeine Unfall­versicherungsanstalt verlangt eine Kennzeichnungspflicht von EMF-emittierenden Geräten. Auch da geht meine Frage an den Herrn Sektionschef, wie er diese Problematik sieht.

Ich möchte auch Fragen an Dr. Marc Seguinot betreffend die Empfehlung des Rates hin­sichtlich der GSM-Emissionen richten. Meine erste diesbezügliche Frage lautet: Würde der Rat unter Beachtung des Vorsorgeprinzips, das Dr. Kundi dargestellt hat, diese Entscheidung auch heute noch treffen? Zweite Frage: Welche relevanten wissenschaftlichen Daten aus dem Nied­rig­dosisbereich hinsichtlich dieser athermischen Aspekte waren damals der Kommission und dem Rat bekannt?

Noch eine Anmerkung zu DDr. Röschke: Ich habe Ihr Referat hervorragend gefunden, nur hat mir die Schlussfolgerung gefehlt. Daher lautet meine Frage an Sie: Sehen Sie die Notwen­digkeit, dass für diesen Bereich ein Vorsorgegrenzwert geschaffen wird?

15.46


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Ich bedanke mich.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Mag. Firlinger. – Bitte.

15.46


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoher Ausschuss! Zunächst einmal möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass dieses Thema in einem öffentlichen Verfahren einer parlamentarischen Behandlung zugeführt wurde, weil in der Öffentlichkeit sehr große Unsicherheit herrscht und daher Handlungs- und Diskussionsbedarf gegeben sind. Es wurde heute schon ausgeführt, dass in Teilbereichen viel zu wenig fundiertes Wissen vorhanden ist und dass jenes fundierte Wissen, das es gibt, nicht bis zum Letztverbraucher gelangt. So gesehen erwarte ich mir von dieser Veranstaltung einen Diskussionsprozess, der bewusstseinsbildend ist, der aber auch die Grenzen ganz klar aufzeigt.

Auf der einen Seite sehe ich natürlich – das wird in keinster Weise negiert –, dass es Sorgen der betroffenen Bevölkerung gibt, dass man darüber reden muss und auch Lösungen anbieten kann. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch die Gefahr, dass man zu Übertreibungen neigt, dass man von einem Extrem ins andere fällt, was beispielsweise die Frage der Grenzwerte betrifft. Wenn jetzt ein Tausendvierhundertstel des bisher erlaubten Grenzwertes die Norm sein soll, dann würde das bedeuten, dass sich jene, die sich den jetzigen Grenzwert einfallen haben lassen, überhaupt nichts dabei gedacht haben. Das stelle ich also einmal zur Diskussion.

Zweiter Punkt, der in der Petition angetönt, aber nicht klar genug herausgestrichen worden ist, und das ist auch mein persönlicher Kritikpunkt an der Petition: Als Telekom-Sprecher glaube ich, mir auch ein entsprechendes Beurteilungsvermögen anmaßen zu müssen. Die Frage der indi­vi­duellen Streuung von Handys ist sehr unterschiedlich. Es gibt Hunderte von Fabrikaten am Markt. Die Streuung ist sehr stark. Da gibt es solche, die im Nahbereich kaum Strahlungen aus­lösen, und andere, die sehr intensiv sind. Um die diesbezügliche Verunsicherung der Bevölke­rung einmal zu bannen, wäre, so glaube ich, der Gesetzgeber gefordert, eine verpflichtende Regelung ein­zuführen, damit diese Abstrahlleistung einmal dargestellt wird. Das wurde heute in der Dis­kussion schon angeregt, und ich greife das positiv auf. Der Konsument soll die Möglich­keit haben, zu wählen: strahlungsarm, nicht strahlungsarm, billig oder teuer. Das ist natürlich dann eine Frage des Preises. Die Diskussion muss auch in diese Richtung gehen.

Dritter und letzter Punkt. Wir stehen vor einem Technologiesprung. Wir unterhalten uns hier teilweise über etwas, was auslaufende Technologie ist, nämlich GSM-Mobilfunk. In zwei Jahren haben wir eine ganz andere Technologie, nämlich UMTS – vielleicht in zwei Zwischenstufen, die man nach außenhin gar nicht wahrnimmt. Diese neue Technologie wird meines Erachtens ganz andere Voraussetzungen bringen. Man kann GSM mit UMTS überhaupt nicht vergleichen, auch nicht von der Abstrahleigenschaft her. Das haben mir Techniker gesagt. Es wird sehr schwer sein, vorhandene Funkanlagen mit den neuen sozusagen zu vereinigen.

Das Site-Sharing wird dann nur beschränkt auf bestehende GSM-Anlagen Anwendung finden, und man wird Site-Sharing bei neuen UMTS-Anlagen machen können. Natürlich wird diese neue Entwicklung auch neue Sendeanlagen und damit auch neue Masten bedingen. Wenn wir das nicht wollen, dann müssten wir als österreichische Parlamentarier sagen, wir verzichten auf diese Technologie, weil wir nicht wissen, welche neuen Gefahren kommen, oder vielleicht auch nicht wissen, ob möglicherweise eine Gefahren- beziehungsweise Abstrahlreduktion eintritt. Das kann man heute nicht beurteilen.

Ich appelliere an alle Beteiligten, diese Diskussion äußerst sachlich zu führen – sie wurde bis­her zwar über große Strecken sachlich geführt, es gab aber auch unsachliche Argumente –, sodass es zu keiner Verunsicherung der Bevölkerung kommt. Wir im Parlament werden uns dieser Sache sehr ernsthaft annehmen, und ich glaube nicht, dass heute das letzte Wort ge­sprochen wurde. Wir werden auch nicht im Verkehrsausschuss das letzte Wort darüber ge­sprochen haben. Es werden neue Erkenntnisse kommen. Aber ich bin froh, dass dieser Prozess einmal eingeleitet wurde.

15.51


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke, Kollege Mag. Firlinger.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

15.51


Abgeordneter Johann Kurzbauer¦ (ÖVP): Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte aus Sicht der Gemeinde – ich spreche jetzt als Niederösterreicher – über die Errichtung von Sendeanlagen berichten und anhand eines Beispiels erläutern, wie sich das in der Praxis darstellt. Die derzeitige Praxis ist sehr unbefriedigend.

Die Situation ist so, dass der Netzbetreiber in der Regel mit dem Grundeigentümer die Ge­spräche führt und beide sich dann auf ein Grundstück einigen. Das Problem ist, dass die Ge­meinde oft relativ spät davon in Kenntnis gesetzt wird, dass in einem gewissen Teil der Ge­meinde eine Sendeanlage gebaut wird. Meistens ist das erst dann der Fall, wenn die Anrainer kommen. Letztlich kommen dann die Anrainer zum Bürgermeister und haben selbstverständlich die Erwartungshaltung, dass der Bürgermeister dieses Problem löst.

Sie alle wissen – wir haben das heute auch schon gehört –, dass der Bürgermeister letztlich auf den Goodwill der Firma angewiesen ist, ob es dort zu einer einvernehmlichen Lösung hin­sichtlich des Standortes kommt. Daher meine ich, dass gar nicht so sehr die Parteistellung notwendig ist, sondern grundsätzlich müsste die Vorgangsweise so geändert werden, dass die Gemeinde zeitgerecht informiert wird. Ich würde meinen, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Netzbetreiber den Standort ausfindig macht, müsste mit der Gemeinde Kontakt aufgenommen werden. – Das würde ich einmal dazu sagen.

Zu Herrn Sektionschef Dr. Weber: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie in Ihrem Referat darauf hingewiesen, dass auf ungefähr 600 Standorten eine gemeinsame Sendeanlage errichtet wurde. Wenn wir derzeit rund 10 000 Sendeanlagen in Österreich haben, dann sind das zirka 6 Prozent.

Meine Frage an das Ministerium lautet daher: Wie wird man in Zukunft vorgehen, damit dieser Prozentsatz erhöht wird? – Ich meine damit, dass insgesamt die Anzahl der Sendeanlagen eingedämmt wird, dafür aber gemeinsame Sendeanlagen für mehrere Netzbetreiber verwendet werden, und zwar vorwiegend wegen des Ortsbildes. – Das wäre in der ersten Runde meine Frage.

15.54


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Moser. – Bitte.

15.54


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Ausschuss! Da wir einen Problemkreis behandeln, der insgesamt drei wesentliche Kompo­nenten hat, nämlich erstens die Information, zweitens die Gesundheit und drittens die demo­kratie­politische, rechtsstaatliche Sichtweise, ist meiner Meinung nach diese Enquete sicherlich nicht der Start und auch nicht der Endpunkt eines langfristigen Prozesses, sondern es soll diese Enquete Nachschub leisten, um diese drei wesentlichen Konfliktkreise näher zu bearbeiten und auch einer möglichst günstigen Lösung zuzuführen.

Erstens, Information: Für mich ist es immer ein Problem, einer Vorstellung oder einer Technik Vertrauen entgegenzubringen, die gerade in Hinblick auf Information vergleichsweise zurück­haltend ist. Ich würde deshalb gerne vom Herrn Sektionschef Dr. Weber wissen: Entwickelt jetzt Herr Minister Schmid eine Verordnung mit einem Grenzwert? Wann ist damit zu rechnen? Wann soll sie Gültigkeit erlangen? Wie soll dieser Grenzwert ausschauen?

Zum Zweiten: Gemäß Ihren Ausführungen haben sich die Betreiber gegenüber Herrn Minister Schmid zur Information verpflichtet. Hat diese Verpflichtung irgendeine rechtliche Relevanz?

Wir kennen solche freiwilligen Verpflichtungen, sie wurden bereits gegenüber Ministerin Pram­mer geäußert und dann nicht eingehalten. Diese führen dann zu jenen Problemen, die Kollege Padutsch sehr gut umrissen hat.

Zum dritten Bereich, dem gesundheitlichen Bereich möchte ich eine Frage an Herrn Dr. Ober­feld stellen. Da in Salzburg eine internationale Wissenschafterwelt über dieses Problem getagt hat und zu der Erkenntnis gekommen ist, es gäbe an sich keinen Schwellenwert, möchte ich Sie fragen: Wie kann man angesichts der Tatsache, dass in der Bevölkerung unterschiedliche Sensibilitäten gegeben sind, die auf Grund diverser Anrufe, die Sie immer wieder entge­gennehmen müssen, zu Tage treten, wie beispielsweise Schlafstörungen, Gedächtnisschwund, Herzrhythmusstörungen et cetera, Grenzwerte vertreten?

Ich wäre durchaus froh, würde der Salzburger Grenzwert auch im Hinblick auf den letzten Problemkreis, also jenen der Rechtsstaatlichkeit, gesamtösterreichisch verankert werden.

An die Frage der Schwellenwerte, der Grenzwerte bei dieser neuen Technologie, die Kollege Firlinger auch mit der zukünftigen Entwicklung UMTS sehr zukunftsträchtig umrissen hat, knüpft sich meine nächste und letzte Frage. Wenn es jetzt einen Technologiesprung gibt und dieser wieder eine neue Sendemastenanlagenfrequenz beziehungsweise ein ganzes Konvolut an Sende­mastenanlagen nach sich zieht, dann frage ich mich: Wie kann das überhaupt rechtlich bewältigt werden? – Nach den bestehenden Möglichkeiten kann es sehr wohl erfolgen, nach den rechtsstaatlichen ist es meiner Meinung nach sehr schwer möglich, außer man kommt wirklich zu einer sinnvollen Übereinkunft mit den Betreibern und den Betroffenen.

Für mich war es schon ausschlaggebend und sehr bezeichnend, dass der Salzburger Grenz­wert sehr wohl eine flächendeckende Versorgung ermöglicht, auch unter der Bedingung, dass vier Betreiber parallel ihre Kundinnen und Kunden mit den entsprechenden Sendeleistungen ausstatten. – Danke.

15.58


Vorsitzende Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦: Danke, Frau Dr. Moser.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Grasberger. – Bitte.

15.59


Bundesrat Ing. Walter Grasberger¦ (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich haben sich aus den Ausführungen zwei wesentliche Fragen ergeben. Eine davon möchte ich an Herrn Sektionschef Dr. Weber und die zweite an den Herrn Umweltmediziner des Landes Salzburg stellen. (Abgeordneter Dr. Kurzmann übernimmt den Vorsitz.)

Erstens: Herr Sektionschef! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, würde dieser geforderte oder im Raum stehende Grenzwert von 1 Milliwatt je Quadratmeter maximaler Immissionswert dazu führen, dass – Sie haben das so ausgedrückt, wenn ich es richtig verstanden habe – der Ab­stand eines normalen Handys zum Benutzer vier bis fünf Meter sein müsste. Ich lese auch in der Mobilfunk-Petition – das haben Sie auch hier angeführt –, dass der Abstand von einem Mast, einer Sendeantenne im Hauptsendebereich von zwei Meter auf 134 Meter – also wesent­lich! – erweitert werden müsste.

Meine Frage lautet daher: Wenn diese Dinge so richtig sind – ich gehe davon aus, denn Sie beschäftigen sich damit –, welche Auswirkung hätte es dann, wenn diese Petition sozusagen bundesweit Gültigkeit bekäme?

Was hätte das für Auswirkungen für mich als Lokalpolitiker im Land Niederösterreich? Müsste ich damit rechnen, dass wesentlich mehr Sendestationen und dann vielleicht, wie ich fast vermute, kleinere platziert werden müssten? Welche Auswirkungen hätte das in der Landschaft, in der wir leben?

Zu Ihnen Herr Dr. Oberfeld vom Land Salzburg. Als Umweltmediziner haben Sie angesprochen, dass Sie orten, dass Menschen tagtäglich verschiedenste Beschwerden haben, von denen Sie vermuten, dass die Ursachen dafür im Mobilfunkanlagenbereich liegen.

Meine Frage an Sie: Wer soll diesen maximalen Immissionswert kontrollieren? Wie stellen Sie sich vor, dass das im Land Salzburg real umsetzbar ist? – Ich gehe davon aus, dass in Salzburg die gleiche Handy-Dichte wie in den anderen acht Bundesländern gegeben ist und dass man sich auch die gleichen Entwicklungschancen erwartet. Wie sehen Sie das? – Mich würde das sehr interessieren, weil die Position des Herrn Sektionschefs und die Position von Ihnen, Herr Umweltmediziner des Landes Salzburg, sehr konträr sind.

16.02


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke vielmals.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Univ.-Prof. Dr. Kerschner. – Ich bitte um Ihre Aus­führungen.

16.02


Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner¦ (Johannes Kepler-Universität, Institut für Umweltrecht): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf vorweg etwas zum Aufwecken sagen – ich glaube, wir alle sind schon etwas müde –: Ich war etwas überrascht, dass wir die Enquete im Budgetsaal abhalten, und habe gewisse Assoziationen gehabt. Ich hoffe, dass unser Problem nichts mit dem Bundesbudget zu tun hat. Das als erste Einleitung.

Ich möchte das Thema, weil es schon weitgehend juristisch ausgereizt und heute auch schon juristisch behandelt worden ist, nicht mehr wiederholen, sondern eher allgemein auf das Vorsorgeprinzip eingehen, das Kollege Kundi schon angesprochen hat und das ich für das ganz entscheidende, sachliche Problem halte.

Außerdem halte ich es auch für sehr positiv, dass wir sehr sachlich diskutieren, dass noch keine Emotionen hoch gegangen sind, wie das in anderen Veranstaltungen schon der Fall war. Ich glaube, nur so können wir der Sachlösung näher kommen. Wir dürfen keine Ängste schüren – das wurde auch schon gesagt –, aber wir dürfen andererseits Ängste nicht leugnen, Ängste nicht eskamotieren.

In der Sache selbst geht es meiner Meinung nach um die Entscheidung, welches Risiko, welches Restrisiko für die öffentliche Gesundheit, für den öffentlichen Gesundheitsschutz noch hinnehmbar, zumutbar ist. Allein das ist die sachliche Frage, und das ist auch die politische Frage. Es geht um die Vermeidung erheblicher Restrisken bei Forschungsdefiziten, die in die­sem Bereich sicherlich bestehen. Das ist Aufgabe – das ist auch unbestritten – des Vorsorge­prinzips.

Sicher ist für mich jedenfalls, dass in diesem Bereich sehr viel unsicher ist. Die Art und das Ausmaß der Unsicherheit müssen über die zu ergreifenden konkreten Maßnahmen auch entscheiden.

Meines Erachtens ist die Gesundheitsvorsorge schon derzeit im Telekommunikationsgesetz vorgesehen – Herr Sektionschef Dr. Weber hat darauf hingewiesen. Danach muss der Gesundheitsschutz „gewährleistet“ sein. Ich verstehe das im Sinne von: verbürgt sein, garantiert sein.

Ich für meinen Teil muss sagen, ich könnte den Gesundheitsschutz bei der derzeitigen wissenschaftlichen Lage nicht garantieren, wenn ich an entscheidender Stelle wäre. Ich könnte das nicht gewährleisten, jedenfalls nicht mit gutem Gewissen.

Das Vorsorgeprinzip – das ist auch schon gesagt worden – ist im EG-Vertrag, im Amsterdamer Vertrag in Artikel 174 verankert, ebenso wie der Gesundheitsschutz, und alles soll auf einem sehr hohen Schutzniveau erfolgen.

Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dass im Umweltschutzbereich manchmal allgemeine Prinzipien, Grundsätze vorangestellt werden, die eine Alibifunktion erfüllen sollen, aber die konkrete Umsetzung fehlt. Es gibt zwar ein weiches Schutzrecht, aber das harte Schutzrecht vermisse ich in vielen Bereichen.

Gerade was das Vorsorgeprinzip betrifft, ist aber die EU-Kommission sehr wohl sehr konkret. Die EU-Kommission nimmt das Vorsorgeprinzip sehr ernst: Es gibt – Professor Kundi hat schon darauf hingewiesen – eine ganz neue Mitteilung der Kommission vom Februar dieses Jahres über den Vorsorgegrundsatz.

Meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen empfehlen, dieses Papier einmal zu lesen. Daraus kann man sehr viel über den Vorsorgegrundsatz lernen. Wenn Sie erlauben, möchte ich auch ein paar ganz wichtige, über die Ausführungen von Professor Kundi hinausgehende Kernsätze der EU-Kommission referieren.

Die EU-Kommission meint etwa, dass beim Risikomanagement auch eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen werden muss, aber – das wird ausdrücklich betont – es darf keine rein wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse sein, sondern es müssen auch andere Interessen und besonders eben der Gesundheitsschutz berücksichtigt werden.

Die EU-Kommission stellt ausdrücklich klar: Nach einem allgemeinen Grundsatz und nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geht der Gesundheitsschutz wirtschaftlichen Erwägungen vor. Ich zitiere wörtlich: Dem Gesundheitsschutz kommt ausdrücklich ein größeres Gewicht zu als wirtschaftlichen Erwägungen. – Zitatende.

Man kann das natürlich fortsetzen: Je größer das Gesundheitsrisiko, je gefährlicher die Krankheit ist, umso eher ist dem Vorsorgegrundsatz zu entsprechen.

Noch zwei Bemerkungen dazu: Die EU-Kommission betont, dass der Rückgriff auf das Vorsorgeprinzip ein wesentliches Element der EU-Politik darstellt. Bezüglich der Kausalität oder Nichtbeweisbarkeit der Kausalität gibt es auch eine wesentliche Aussage. Die Kommission meint, das Nichttätigwerden, also das Nichtstun, das Keine-Maßnahmen-Ergreifen, sollte nicht mit einem fehlenden Kausalitätsnachweis begründet werden. – Also man darf nicht einfach sagen: Wir können den Zusammenhang zwischen der Strahlung und Gesundheitsrisken nicht nachweisen! – Das allein soll nicht ausreichen.

Noch etwas Wichtiges steht in der Mitteilung der Kommission: Auch eine Minderheit in der Wissenschaft reicht aus, um das Vorsorgeprinzip auf den Plan zu rufen – jedenfalls bei Glaubwürdigkeit und gutem Ruf der Wissenschafter, aber von einem solchen werden wir hier doch wohl ausgehen können.

Ich möchte mit einem konkreten Vorschlag abschließen. Natürlich wäre aus Rechtsschutz­gründen ein Genehmigungsverfahren mit Parteistellung ideal, zu befürworten und zu begrüßen, ich selbst habe das schon öfter vorgeschlagen. Ich habe aber das Gefühl, ein politisches Gefühl aus pragmatischer Sicht, dass das nicht gehen wird. Das ist keine pragmatische Lösung. Der Herr Sektionschef hat auch schon angedeutet, dass es möglicherweise zu viele Verfahren gibt, die zu aufwändig sind und bei denen es keine Beschleunigungseffekte gibt beziehungsweise eher sogar gegenteilige.

Daher möchte ich einmal einen Alternativvorschlag zur Diskussion stellen. Immer wieder wurde auch heute betont, die vorherige Information der Bevölkerung, der Nachbarn wäre ganz wichtig. Das wäre für mich auch ein ganz entscheidender Punkt, weil das in der Praxis entgegen anderen Behauptungen oft nicht passiert.

Zweitens: Statt einer Parteistellung der Nachbarn soll es zumindest ein Recht auf Gehör und ein Recht auf Stellungnahme geben, aber eben nicht eine Parteistellung.

Dritte Voraussetzung wäre meines Erachtens, dass zumindest dem jeweiligen Umweltanwalt eine Formalparteistellung eingeräumt wird. Dieser könnte dann berufen und Interessen der Nachbarn einbringen.

Zum Letzten, zum Sicherheitsabstand: Hier scheint mir eine pragmatische Lösung eher darin zu liegen, dass man nicht auf irgendwelche Grenzwerte abstellt, sondern dass man je nach Typ und Gefahrenbereich – nach Sachverständigen-Erkenntnissen natürlich – auf Meterabstände abstellt, etwa – ich nenne jetzt einmal eine Zahl – 50 und 100 Meter im Kegelbereich, im Hauptsendebereich, das wäre für mich eine pragmatische Lösung, würde aufwändige Verfahren erübrigen, es würde aber doch ein Rechtschutz gegeben sein. Dieser Abstand wäre auch relativ leicht überprüfbar.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, eine solche gesetzlich geforderte Abstandsregelung wäre allemal viel besser als der derzeitige Zustand, der auch meiner Meinung nach – das muss ich schon sagen – eines Rechtsstaates unwürdig ist. – Danke schön. (Beifall.)

16.11


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke, Herr Professor.

Ich darf Folgendes zur weiteren Vorgangsweise anmerken: Wir haben in dieser ersten Diskussionsrunde noch elf Wortmeldungen. Es schließt dann eine zweite Runde mit Wortmeldungen an, für die es auch schon vier oder fünf Wortmeldungen gibt.

Ich wollte das nur zur Vorgangsweise sagen und bitte jetzt Herrn Dr. Kunsch um seine Ausführungen und seinen Diskussionsbeitrag.

16.12


Dr. Barnabas Kunsch¦ (Österreichisches Forschungszentrum Seibersdorf): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde gerne zu drei Punkten etwas in die Diskussion einbringen, und zwar zur Information, zu den Grenzwerten sowie zur zukünftigen Forschung.

Das Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf hat in den letzten zwanzig Jahren wiederholt für die Behörden Literaturauswertungen auf diesem Gebiet gemacht, die öffentlich zugänglich sind und auch vom Bundeskanzleramt gratis abgegeben werden. Das sind Bände über mehrere hundert Seiten. Die letzte Studie dieser Art wurde vor ungefähr drei Wochen im Rahmen einer ORF-Sendung veröffentlicht, von der es auch Videokassetten gibt. Also greifen Sie zu, würde ich sagen. Diese Dinge sind für die Öffentlichkeit da.

Nun zu den Ergebnissen dieser Studie. Wir kommen zu dem Schluss – ich möchte erwähnen, dass Seibersdorf eine koordinierende und auf gewissen Gebieten auch führende Rolle hat, aber dass wir auf diesem Gebiet von einer Reihe von namhaften Instituten österreichweit unterstützt werden, sodass das als österreichweite Studie angesehen werden kann –, dass die Grenzwerte, die die ICNIRP vorgeschlagen hat und die auch die Grundlage für die Ratsempfehlung bilden, geeignet sind, die eventuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Bevölkerung hintanzuhalten.

Ich würde auch gerne ein Wort zu der Behauptung sagen, dass die Grenzwerte immer nur Kurzzeiteffekte und dergleichen berücksichtigen. Wenn Sie die Unterlagen genau ansehen, so werden Sie bemerken, dass alle – die gesamte Literatur, auch Langzeiteffekte und so weiter – bei der Auswertung berücksichtigt worden sind und dass man trotzdem bei diesen Grenzwerten gelandet ist. Das heißt, eventuelle Langzeiteffekte wurden wissenschaftlich bewertet und nicht als eine Grundlage für Grenzwertsetzungen angesehen.

Aber wenn Sie die EU-Ratsempfehlung anschauen, dann werden Sie darin einen ganz klaren Passus finden, in dem es heißt, dass der Sicherheitsfaktor von 50 auch mögliche Langzeit­effekte abdeckt. Also ich bitte Sie, das einmal zu akzeptieren. Das sind keine Regeln, die auf Kurzzeiteffekten basieren, sondern mit dem Sicherheitsabstand beziehungsweise Sicherheits­faktor 50 werden nach dem heutigen Stand des Wissens sehr wohl Langzeiteffekte abgedeckt.

Nun zur Forschung: Die Forschung auf diesem Gebiet ist sehr komplex. Sie ist multidisziplinär, es sind eine Menge Disziplinen gefordert, und diese Forschung ist sehr teuer. Man kann davon ausgehen, dass weltweit Bemühungen notwendig sein werden und sind, auf diesem Gebiet etwas Vernünftiges zu produzieren. Daher ist diese Rolle dieses EMF-Projektes so wesentlich. Die WHO koordiniert solch ein Forschungsprojekt, und Österreich trägt auch mit mehreren Projekten dazu bei. Ich glaube nicht, dass wir glauben dürfen oder glauben sollten, dass singuläre kleine Gruppen qualitativ wesentlich verbesserte Forschungsprojekte werden einbrin­gen können. – Danke schön.

16.15


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke vielmals.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Seguinot. – Bitte.

16.16


Referent Dr. Marc Seguinot¦ (Administrator, Europäische Kommission) (in Übersetzung): Ich werde mich wieder kurz halten und möchte vor allem Herrn Dr. Barnabas Kunsch dafür danken, dass er wiederholt hat, dass die Empfehlung des Rates das Vorsorgeprinzip und die Langzeiteffekte berücksichtigt, wobei der Sicherheitsfaktor 50 mit eingeschlossen ist. Das ist wirklich sehr wichtig und muss hervorgehoben werden. Zu viele Menschen lesen die Empfehlung als einen Text, der nur die Kurzzeiteffekte abdeckt. Das ist aber sicher nicht der Fall.

Es gab einige Fragen bezüglich der wissenschaftlichen Grundlage, die der Rat verwendet hat. Ich würde darauf antworten: die besten wissenschaftlichen Daten! Wie von allen Wissenschaftern auch gesagt wurde, handelt es sich hiebei um sehr komplexe Forschungen. Die Grundlage dafür ist eine ausführliche Liste, die für jeden verfügbar ist, der sie lesen möchte. Es gibt Übereinstimmung, was die Auswirkungen auf die Gesundheit betrifft.

Da ich heute Fragen bezüglich des Vorsorgeprinzips gehört habe, möchte ich fragen: Wo liegt der Grenzwert, den man wirklich verwenden könnte, um zu garantieren, dass man das, was man Vorsorgemaßnahmen und -prinzipien nennt, vollständig abdecken kann? – Im Salzburger Beispiel wurde angeführt, dass manche 1 Milliwatt pro Quadratmeter verwenden. Ich frage: Warum? Auf welcher Grundlage wird dieser Wert eher verwendet als andere? – Man muss eine Wahl treffen, und diese muss auf dem Gesundheitsstandard basieren, der von den wohlbekannten Effekten ausgeht. Da wir Langzeiteffekte berücksichtigen müssen, verwenden wir eine Sicherheitsspanne. Solange keine anderen Langzeiteffekte, die Krebs erregen, bewiesen werden können, gibt es keinen Grund, unter die bestehenden Grenzwerte zu gehen, um eben die Kohärenz der Gemeinschaftspolitik auf diesem Gebiet zu garantieren.

Es gab zwei Fragen bezüglich Kennzeichnung. Es ist sehr wichtig hervorzuheben, dass es, wenn zu viele Unterschiede bezüglich der Richtwerte beim Schutz vor elektromagnetischen Feldern in der Gemeinschaft selbst bestehen, klarerweise einige Kennzeichnungsprobleme geben wird. Der freie Verkehr von Gütern im Binnenmarkt wäre betroffen, es wäre schwierig, Güter in der Gemeinschaft verkaufen zu können. Solange die ICNIRP-Richtlinien als Referenz herangezogen werden und die Kommission sich dazu entschließt, einen Sicherheitsfaktor zu diesen Richtlinien hinzuzufügen, so lange ist die Kommission der Auffassung, dass diese Sicherheitsrichtlinien und der technische Anhang der Empfehlung angewendet werden müssen – eben auf der strengen Basis, die es erlaubt, die Erfordernisse des Vertrags von Amsterdam zu erfüllen.

Was Unabhängigkeit und Transparenz angeht, unterstützt die Kommission zurzeit mit mehr als 9 Millionen Euro wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet.

Wenn wir irgendwelche neue Beweise bekommen, werden wir diese berücksichtigen. Aber die Ergebnisse, die bis heute vorliegen, unterscheiden sich sehr von diesen Annahmen. Es gab keine klaren Beweise dafür, dass die Strahlung der Radiofrequenzen von Mobiltelefonen krebserregend ist. Die Exposition gegenüber dieser Art von Frequenz wird in der wissenschaftlichen Forschung von heute als nicht gesundheitsgefährdend angesehen.

Das waren die Bemerkungen, die ich in Beantwortung der verschiedenen Fragen dazu noch machen wollte. Wie ich vorher schon sagte, steht es den Mitgliedstaaten frei, eine restriktivere Regelung bezüglich der Grenzwerte anzuwenden. Die Kommission und der Rat haben diese Empfehlung nur als ersten Schritt gesehen. Meiner persönlichen Meinung nach wäre es natürlich ratsam, wenn die gesamte Gemeinschaft das als allgemeinen Rahmen verwendet, vielleicht weitere Entwicklungen abwartet und dann zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Entscheidung trifft.

Leider muss ich Sie jetzt verlassen, da mein Terminplan gedrängt ist. Wenn es jedoch noch Fragen an mich geben sollte, so könnten diese mir jetzt noch gestellt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

16.22


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke vielmals, Herr Doktor. Wir wünschen Ihnen einen guten Heimflug.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

16.22


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka¦ (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Univ.-Prof. Kerschner hat einleitend in seinem Statement gesagt: Sicher ist, dass sehr viel unsicher ist. – Das mag schon stimmen; diesen Eindruck habe ich auch, wenn ich mir all das heute anhöre, aber für die Politik ist das nicht sehr tröstlich.

Wir, die wir sozusagen auf Grund von Expertenmeinungen die Normen festlegen sollen, können mit solchen Aussagen relativ wenig anfangen. Deshalb meine ich, es geht schon auch darum, dass die Wissenschafter uns Politikern bessere, konkretere und überprüfbarere Ergebnisse zur Verfügung stellen – und das möglichst rasch.

Das, was ich heute generell gehört habe, spiegelt in gewisser Weise die Tatsache wider, dass krankmachende Effekte nicht nachweisbar sind, dass aber die Angst davor am ehesten krankmacht. Das heißt, jene, die krank oder in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sind, sind es – so habe ich den Eindruck – wegen der Angst, die sie vor der Mobilkommunikation und ihren möglichen negativen Auswirkungen haben, und weniger wegen der Tatsache, dass sie selbst ganz konkret betroffen sind.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen. Der Verkehrsaus­schuss hat sich im Rahmen der Telekommunikationsgesetze und der dazugehörigen Novellen schon des Öfteren damit befasst. Ich erinnere daran, dass wir schon zweimal im Nationalrat Entschließungsanträge dazu gefasst haben, nämlich als festgelegt wurde, dass wir durch den damaligen Verkehrsminister Einem eine wissenschaftliche Studie erstellen lassen, inwieweit diese Strahlenbelastung gesundheitsgefährdende Auswirkungen hat.

Ich möchte ausdrücklich festhalten – es gab eine Studie von Professor Dr. Silny; diese Studie und die entsprechenden Grenzwerte hat auch Herr Verkehrsminister Einem als Grundlage für seine Telekommunikationspolitik genommen –, dass die gemessenen Maximalwerte für elektro­magnetische Strahlungen wesentlich niedriger waren, als sie in der ÖNORM festgelegt sind, dass diese ÖNORM neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht, dass sie ausrei­chend vor den Folgen der Strahlung schützt und dass keine Gesundheitsbeeinträchtigung fest­gestellt werden konnte. Das war das, was uns auf Grund einer Entschließung des Nationalrates Herr Bundesminister Einem damals als Ergebnis präsentiert hat. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wir haben auch über das Thema Parteistellung diskutiert. Damals ist in einer Entschließung des Nationalrates Folgendes festgehalten worden: Die Bundesländer werden aufgefordert – da das in die Kompetenz der Bundesländer fällt –, in ihren Bauordnungen entsprechende Parteienrechte zu verankern. – Bis auf das Land Salzburg ist meines Wissens bisher kein einziges Land dieser Aufforderung nachgekommen. Das war die Linie, die der Nationalrat damals vertreten hat.

Ich meine, dass wir in dieser Frage kein österreichisches Sonderrecht schaffen sollten – das hielte ich für relativ absurd; ich wüsste nicht, warum die Strahlung in Österreich gefährlicher sein soll als in einem anderen europäischen Land –, sondern dass wir uns ebenfalls an die entsprechende EU-Richtlinie beziehungsweise an die Ratsempfehlung halten sollten und diese auch umsetzen sollten – natürlich unter Berücksichtigung der vollen Form des Vorsorgeprinzips, das die Europäische Union festgelegt hat.

Ich kann jedenfalls etwa in der Festlegung des Salzburger Vorsorgewertes für ganz Österreich keine wissenschaftliche Grundlage erkennen. Es konnte mir niemand klarmachen, warum dieser auf einer gesicherteren wissenschaftlichen Grundlage stehen soll als etwa die EU-Richtlinie. Ich meine, das sollte die Vorgangsweise sein, die gewählt wird.

Ich glaube, dass die bisherige Telekommunikationspolitik im Wesentlichen in dieser Frage richtig war, dass kein Anlass zu einer grundsätzlichen Änderung besteht und dass wir daran­gehen sollten, die Erkenntnisse, die es in Europa und auf der ganzen Welt laut internationalen Forschungen gibt und die auch in dieser EU-Richtlinie zusammengefasst wurden, auch in Österreich schnell und konsequent umzusetzen.

16.28


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke, Herr Abgeordneter.

Als Nächster auf der Rednerliste steht Herr Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Leitgeb. – Ich bitte um Ihre Ausführungen.

16.28


Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Norbert Leitgeb¦ (TU Graz, Institut für biomedizinische Technik): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich stellen diese heutige Veran­staltung und die Diskussion über dieses Thema eine ganz entscheidende Meinungsbildung dar, weil es um die Frage geht, wie sehr man als Bürger den zuständigen Gremien einschließlich der Weltgesundheitsorganisation trauen kann.

Mit dieser Frage verbindet sich im Prinzip das Gefühl der Sicherheit nicht nur im Bereich der elektromagnetischen Felder, sondern auch in vielen anderen Bereichen, in denen keiner von uns – mich eingeschlossen – Fachmann ist. Ich bin weder Fachmann in Hinblick auf Asbesteinwirkungen noch auf Gifte oder auf Verunreinigungen des Trinkwassers und so weiter. Ich muss den Gremien glauben. Um ihnen glauben zu können, ist es wichtig, dass auf der einen Seite die Fachkompetenz sichergestellt ist und auf der anderen Seite die Entscheidungskriterien offen liegen und nachvollziehbar sind.

Es ist in der heutigen Diskussion – leider, so muss ich sagen – mehrfach der Versuch unternom­men worden, der Weltgesundheitsorganisation oder der Internationalen Strahlenschutzkom­mission Befangenheit oder sogar Interessenkonflikte vorzuwerfen.

Ich muss das nach meinem Wissensstand ganz entschieden zurückweisen und muss sagen, dass zum Beispiel auch die Weltgesundheitsorganisation nicht nur der ICNIRP alleine traut, wie das hier erläutert worden ist. Das WHO-Projekt, das Dr. Michael Repacholi leitet und an dem sich auch Österreich beteiligt – mit österreichischer Unterstützung, mit österreichischem Geld und mit österreichischen Fachleuten –, hat in einem sehr aufwendigen und engagierten Programm zum Ziel, alle Informationen zusammenzufassen, zu bewerten und herauszufinden, ob es Bedarf gibt, die bestehenden Grenzwerte oder Empfehlungen zu hinterfragen oder zu ändern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Es ist eine anerkannte Regel innerhalb dieser Gremien, einschließlich des Österreichischen Normungsinstituts, von gesicherten Daten auszugehen. Das ist nicht ohne Grund erfolgt; gerade im Bereich der elektromagnetischen Felder gibt es eine Reihe von Beispielen, wie sinnhaft das war.

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen. Im Jahre 1972, als noch niemand über Grenzwerte im elektromagnetischen Bereich diskutiert hat, ist die westliche Welt von einem Normungsentwurf der Sowjetunion überrascht worden. Dort wurde für elektrische Felder bei 50 Hertz – also Netzspannungsfrequenz – ein Grenzwert von 5 Kilovolt pro Meter für beruflich exponierte Personen erlassen, mit einer Begründung, die heute auch sehr ins Ohr geht, nämlich dass Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit und so weiter auf die Feldeinwirkung zurückzuführen wären.

Es bestand bereits damals großer Druck, diesem Beispiel der Sowjetunion zu folgen. Die Argumentation war jener relativ ähnlich, wie sie auch heute immer wieder geführt wird, nämlich auf der einen Seite, dieses große Land würde so etwas nicht ohne Gründe tun, und auf der anderen Seite, die Amerikaner wären ja auch nicht dumm, denn sie haben niedrigere Netzspannungen – 110 Volt statt wie bei uns 220 Volt, daher niedrigere Feldstärken –, was doch einen Grund haben müsse. Der Druck war sehr groß, auch in Österreich diesem Beispiel zu folgen und Grenzwerte festzulegen.

Es hat acht Jahre lang gedauert – das ist eine lange Zeit für einen Wissenschafter oder auch für politische Gremien, diesem Druck zu widerstehen und darauf zu warten, bis es gesicherte Daten gibt –, bis es auf Grund des Tauwetters zwischen der Sowjetunion und den USA möglich war, vor Ort zu recherchieren, wie es zu diesen Erfahrungen, zu diesen Befunden gekommen ist. Man hat festgestellt, dass es keineswegs die elektrischen Felder waren, die zu diesen Effekten geführt haben, sondern der hohe Lärmpegel in den Umspannstationen, wo zwar hohe Feldstärken auftreten, aber eben auch sehr großer Lärm.

Ab diesem Zeitpunkt war dieses Thema vom Tisch. Die Forderungen, die sich daraus abgeleitet hätten, nämlich zum Beispiel Umstellungen der Netzspannung mit entsprechend volkswirtschaft­lichen Kosten und so weiter, wären von einem Mal zum anderen obsolet gewesen und man hätte genau das Gegenteil gefordert, nämlich, wie es dann in den achtziger Jahren der Fall war, die Spannung eher zu erhöhen und die Stromstärke zu verringern, weil es doch die Magnet­felder wären, die eventuell an den Befunden schuld sein könnten.

Das zweite Beispiel ist, so glaube ich, auch sehr leicht nachvollziehbar, nämlich was die Schlüssigkeit der Daten anlangt. Im Jahre 1979 wurde eine bereits historisch gewordene epidemiologische Studie veröffentlicht, in der über einen Zusammenhang zwischen Leukämie­erkrankungen von Kindern und Hochspannungsleitungen berichtet wurde, wobei von einem zirka dreifach erhöhten Krebsrisiko die Rede war.

Auch in dieser Hinsicht wurden natürlich Forderungen erhoben. Es gab auch in der Folge immer wieder epidemiologische Studien, und nach mehr als 20 Jahren Forschungstätigkeit und nach vielen, vielen epidemiologischen Studien kann man heute nur sagen: Ein Unschuldsbeweis konnte nicht geliefert werden. Man konnte zwar auf Grund der bisherigen Studien zeigen, dass die ursprüngliche Angst in diesem Ausmaß nicht berechtigt war, aber ein Unschuldsbeweis im Sinne einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, so wie es heute schon einmal erwähnt wurde, konnte bis heute nicht erbracht werden. In der Zwischenzeit hat man die Forschung auf epidemiologischen Gebiet bei 50 Hertz sehr stark zurückgenommen, weil man gesehen hat, dass man die Frage mit dieser Methodik nicht klären kann.

Das heißt, man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass auf diesem Gebiet und auf anderen Gebieten Entscheidungen nicht auf Grund eines vollständigen Wissenstandes zu fällen sind – grundsätzlich nicht, und wer so etwas erwartet, der irrt.

Für mich ist die Diskussion deswegen so programmatisch, weil der Grenzwert, wie immer er auch vorgeschlagen wird – ob es ein Milliwatt pro Quadratmeter ist oder etwas anderes –, nicht isoliert von anderen Frequenzen, von anderen Emittern und von anderen Randbedingungen gesehen werden kann. Als Fachmann auf diesem Gebiet könnte ich es zumindest nicht vertreten, auf der einen Seite zu sagen: Ich möchte einen Grenzwert, der um den Faktor mehr als 500 unter dem bestehenden Wert liegt, für die Allgemeinbevölkerung!, und auf der anderen Seite beruflich exponierten Personen, zum Beispiel Rauchfangkehrern, die auf dem Dach vor diesen Mobilfunkantennen arbeiten müssen, eine Emission zumuten, die um das 20 000-fache höher sein kann. Erklären Sie das einmal den Berufsverbänden! Ich kann es nicht.

Zum anderen ist es durchaus nicht so, dass es nicht auch andere Emittenten gibt, die zumindest vergleichbare Emissionen hervorrufen, wie zum Beispiel Fernsehsender oder Rundfunksender. Aber das gibt es nicht nur heute. Wir wissen – und ich glaube, die Insider wissen das –, dass in Zukunft im digitalen Fernsehen, im digitalen Radio genau das passieren wird, was heute im Mobilfunk passiert, nämlich dass man die Frequenzen mehrfach nützt, indem man sie zeitlich pulst.

Das heißt, das Problem, das wir hier am Beispiel des Mobilfunks diskutieren, wird uns, wenn jetzt schon nicht akzeptiert wird, dass es vergleichbare Emissionen gibt, in allzu naher Zukunft auch in vielen anderen Bereichen zu schaffen machen. Das bedeutet Folgendes: Ein Grenzwert, wie immer er aussieht, muss schlüssig sein im Hinblick auf andere Emissionen, er muss schlüssig sein im Hinblick auf beruflich Exponierte und die Allgemeinbevölkerung. Und das ist der Grund dafür, warum man auch bei der Grenzwertfestlegung nicht darauf vertrauen oder sich nicht darauf beschränken kann zu sagen: Ich lege den Grenzwert nur für jene Emittenten fest, für die Studien vorliegen.

Das Argument von Professor Kundi, es gebe zu wenige Untersuchungen zur Basisstation, ist für mich nicht so überzeugend, denn wir wissen sehr viel. Das Schlagwort „Sicher ist die Unsicherheit“ ist zwar sehr gängig – ein Ohrwurm, würde ich einmal sagen –, aber ich würde es auch umgekehrt sagen: Wir wissen sehr viel, und das, was wir nicht wissen, ist viel weniger als das, was wir wissen.

Ich vergleiche die Situation gerne mit einem Puzzle. Wenn Sie ein Puzzle mit 500 Teilen haben, Sie schütten diese aus und stellen das Puzzle zusammen, werden Sie, wenn Sie vielleicht 90 Prozent der Stücke zusammengestellt haben, das Bild erkennen können. Die restlichen 10 Prozent, die Sie nicht zuordnen können, werden das Bild aber nicht entscheidend in Frage stellen können.

So ist es auch auf dem Gebiet der elektromagnetischen Felder. Wir wissen sehr viel. Wir wissen über die physikalische Natur sehr genau Bescheid, wir wissen sehr genau darüber Bescheid, welche Wirkungsmöglichkeiten es überhaupt von der Physik her gibt, wir wissen über die wesentlichen biologischen Wechselwirkungen Bescheid. Es gibt eine Fülle von Untersuchungen auf molekularem Gebiet, auf dem Gebiet der chemischen Reaktionen, die möglicherweise beeinflusst werden könnten. Wir wissen von Versuchen an isolierten Zellen, an Geweben, an tierischen Lebewesen und auch am Menschen; und all diese Versuche, diese Ergebnisse stellen Puzzlestücke dar, die wir zusammenstellen und aus denen wir ein Bild über diese Felder gewinnen. Auf Grund dieses Wissens können wir eine Risikoabschätzung vornehmen, auf Grund dieses Wissens sind die Grenzwerte entstanden, die die Weltgesundheitsorganisation, die ICNIRP und das Österreichische Normungsinstitut erarbeitet haben.

Daher bin ich überzeugt davon, dass die Grenzwerte, wie sie derzeit auch in der österreichischen Vor-Norm festgelegt sind, durchaus den Schutz der Bevölkerung gewährleisten und dass die Sicherheitsabstände, die dort gewählt worden sind, auch dem Vorsorgeprinzip entsprechen.

Vielleicht noch eines, um eine Klarstellung zu treffen, weil es angesprochen worden ist: Dass die ÖNORM S 1120 keine volle Norm ist, sondern eine Vor-Norm, hat überhaupt nichts mit dem unvollständigen Wissen zu tun, sondern ist darauf zurückzuführen, dass Österreich sich verpflichtet hat, so wie auch in anderen Normungsgebieten, keine eigenständigen Normen zu jenen Fachgebieten oder Themenbereichen zu erlassen, zu denen es auf europäischem Gebiet bereits Normungsarbeiten gibt. Da es auf europäischem Gebiet Normungsarbeiten gibt, war es Österreich grundsätzlich nicht möglich – und wird es auch in Zukunft nicht möglich sein –, diese Vor-Norm zu einer vollen Norm zu erheben. – So viel zur Klarstellung, um die Desinformation ein wenig zu verringern.

Daher kann ich aus meiner Sicht nur sagen: Es ist wichtig und meiner Meinung nach auch erfreulich, dass es Gremien gibt, die die Fachkompetenz, die Unabhängigkeit und die Objek­tivität haben, sich aus diesen vielen – oft auch widersprüchlichen – wissenschaftlichen Berich­ten ein objektives Bild zu machen und einen verantwortungsbewussten Grenzwert zu erlassen.

Wenn es der politische Wunsch ist, diesen Gremien eine andere Vorgabe zu geben – in dem Sinne, dass es nicht nur gesicherte Daten sind oder, so wie es im Vorsorgekonzept richtig heißt, ausreichenden Verdacht auf eine gesundheitliche Wirkung gibt –, dann möge man oder auch der Nationalrat beschließen, dass bereits Verdachtsmomente als Grundlage für Grenzwerte heran­gezogen werden können.

Aber grundsätzlich muss uns allen bewusst sein, dass Grenzwerte einen Preis haben – und mit „Preis“ meine ich nicht den ökonomischen Preis, sondern das, was wir bereit sind, dafür zu zahlen. Wenn wir zum Beispiel der Meinung sind, die Normen – ich nehme jetzt bewusst den Niederfrequenz-Bereich her –, die Grenzwerte sollen um den Faktor 1000 reduziert werden – wie es diskutiert wird –, und die Österreichischen Bundesbahnen wären nicht mehr benützbar, weil die 16 2/3 Hertz-Magnetfelder zu groß sind, dann hat das einen Preis nicht nur im öko­nomi­schen Sinn, sondern dann verlagert sich der Verkehr auf die Straße. Dann steigen die Emis­sionen, die Umweltbelastung nimmt zu, die Zahl der Verkehrstoten erhöht sich. Das hat einen ganz konkreten Preis.

Wenn Sie sagen: Wir wollen keine Mobilkommunikation, so hat das nicht nur eine wirtschaft­liche Konsequenz für die Betreiber – das kann ich locker aushalten –, aber dann ist es eben nicht mehr möglich, nach einem Unfall schnell die Rettung zu rufen und das Überleben der Leu­te zu sichern. Es ist nicht mehr möglich, im Notfall schnell Hilfe herbeizuholen oder auch Kom­munikation zu betreiben, wenn es notwendig ist.

Das muss uns bewusst sein, und ich glaube, dass diese Abschätzung eine Werte-Abschätzung ist. Ich für meinen Teil kann nur sagen: Ich bin froh darüber, aus dem Insider-Wissen heraus den Gremien der Weltgesundheitsorganisation, der ICNIRP und dem Österreichischen Nor­mungs­institut trauen zu können. – Vielen Dank. (Beifall.)

16.42


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke, Herr Professor.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

16.42


Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦ (ÖVP): Herr Vorsitzender! Hoher Ausschuss! Ich meine, die Diskussion zeigt, wie wichtig diese allgemeine Aussprache ist, aber auch, wie schwierig dieses Thema ist. Auf der einen Seite gibt es die Bürgerinteressen: Umweltschutz, keinen Masten vor der eigenen Haustüre, Angst vor Strahlung, und auf der anderen Seite müssen wir uns natürlich auch dessen bewusst sein, dass 60 Prozent der Österreicher ein Handy besitzen. Ich glaube, dass alle hier Anwesenden ein Mobiltelefon haben. (Ruf: Nein!) – Nein? Dann gibt es noch ein paar Glückliche!

Aber das ist einfach ein Spannungsfeld, deswegen ist es auch, so glaube ich, wichtig, dass wir das einmal diskutieren. Aus diesem Grund möchte ich konkret in der ersten Runde, in der ja auch die Expertenmeinungen zur Diskussion stehen, Folgendes fragen: Herr Professor Leitgeb, Sie sind ja Strahlenschutzexperte. Der Vorsorgewert ist natürlich ein wesentlicher Faktor. Ist es realistisch, diesen beispielsweise auf den Wert von Salzburg zu senken? – Wir haben heute in Vorgesprächen schon gehört, dass das fast nicht realistisch ist. Wir haben auch die Meinung der EU gehört, dass es eben doch internationale Normen gibt, dass man sich an die WHO- oder an die Richtlinien der EU angleichen soll.

Und das Zweite – ganz wesentlich! – sind die neuen Technologien; das wurde schon ange­spro­chen. Diese neuen Technologien entwickeln sich rasant. Gibt es da andere Formen, um weni­ger Strahlungseinheiten zu haben? Kann man das zum Beispiel im Boden verlegen – oder wie auch immer; ich bin ja kein Techniker –?

Vor allem würde mich die Kennzeichnung von Geräten interessieren, weil ich glaube, dass es für den Bürger sehr wohl wichtig ist, dass er weiß, wie stark die Frequenz, wie stark die Strah­lung ist. Das ist ein wichtiger Punkt, und ich meine, wir könnten versuchen, das als Service­leistung anzupeilen, denn die Information des Bürgers ist ein ganz, ganz wichtiger Faktor, den wir vermehrt nutzen sollten.

Natürlich interessiert mich auch der internationale Vergleich, denn wir Österreicher liegen, so glaube ich, beim Handy-Gebrauch an fünfter Stelle. Wir sind also ganz vorne dabei, aber im Grunde geht dieses Problem auch alle anderen Länder an. Wenn jemand von den Experten etwas zum internationalen Vergleich sagen könnte, wäre ich dankbar dafür.

Herr Dr. Röschke! Bei Ihrem Versuch – Schlafforschung, Auswirkungen, hypnotische Wirkung – hat mich gestört, dass Sie nur junge Männer untersucht haben. Und außerdem war das Handy dabei 40 Meter entfernt. Das, was die Bürger mehr belastet, ist ja die Auswirkung der Ba­sisstationen. Jetzt stellt sich die Frage, ob Ihr Feldversuch auch umlegbar auf Basisstationen ist, ob es da aus Ihrer Sicht Resultate geben könnte.

Ein dritter Punkt. – Ich möchte da vielleicht meinen sehr geschätzten ehemaligen Kollegen, Bür­germeister Kröll, ansprechen, weil ich weiß, dass es vor Ort das größte Problem für Gemein­depolitiker ist, dass niemand es versteht, wenn ohne Bauverhandlung, mehr oder weniger über Nacht, ein neuer Sendemast aufgestellt werden darf. Jeder Häuslbauer weiß, wenn er eine neue Türe einbauen will, gibt es ein Bauverfahren. Aber bei einem Sendemasten gibt es kein Ein­spruchsrecht, kein Bürgerrecht!

Ich glaube, dass wir in diesem Bereich ganz dringend ansetzen müssten, und ich würde bitten, dass vielleicht du aus deiner großen Erfahrung auch in der Kommunalpolitik in ganz Österreich deine Vorstellungen ein bisschen konkreter nennst, dass du sagst, in welchem Bereich du dir vorstellen könntest, dass es ein besseres Mitspracherecht geben könnte.

16.47


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke vielmals.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Dr. Hutter.

16.47


Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter¦ (Vorstand von „Ärzte für eine gesunde Umwelt“): Herr Vor­sitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche hier im Namen der Orga­nisation „Ärzte für eine gesunde Umwelt“, bin selbst Arzt und Ökologe, habe als Amtsarzt im öffentlichen Gesundheitswesen Wiens gearbeitet und bin seit rund fünf bis sechs Jahren mit dieser Problematik der Sendeanlagen vertraut und betraut.

Ich möchte zuerst auf einen ganz wichtigen Punkt eingehen, der vorhin von Herrn Professor Leitgeb genannt worden ist: Die Kritik an der WHO soll nicht so verstanden werden, dass jetzt die ganze WHO – ich sage das einmal ganz locker – durch den Kakao gezogen werden soll, denn jeder, der sich im umweltmedizinischen Sektor bewegt, weiß, wie wichtig all diese WHO-Kriterien sind. Es ist das ein ganz wichtiges Instrument, ein Hilfsmittel im Alltag, mit dem man umgehen kann, ob das jetzt chemische Schadstoffe sind oder bis hin zu physikalischen Noxen.

Aber ich möchte schon anführen, dass es erlaubt sein muss, wenn man sich ein Werk ein biss­chen näher anschaut und auf dem Gebiet forscht, auch Kritik anzubringen, und dass zumindest einmal diskutiert werden kann, ob da gewisse Dinge falsch beziehungsweise nicht ganz richtig gelaufen sind. – Das wäre das Erste.

Ein Zweites: Es ist mir aufgefallen, dass wir gerade hier ein Beispiel dafür gesehen haben, wie in verschiedenen Veranstaltungen gewisse Ängste beziehungsweise Befürchtungen in Bezug auf den Mobilfunk geschürt werden. Diesmal habe ich es von der anderen Seite gehört. Ich habe nämlich gerade gehört, dass es dann, wenn die Mobilkommunikation in irgendeiner Weise mit einem neuen Richtwert festgelegt wird, noch mehr Verkehrstote geben wird, die Men­schen nicht rechtzeitig gerettet werden können. Ich möchte schon darauf hinweisen, dass die meisten Menschen bei Unfällen auf der Straße deshalb sterben, weil man sie nicht rechtzeitig in die stabile Seitenlage bringt.

Das ist nur ein Beispiel dafür, dass es hier von beiden Seiten leider Gottes immer wieder zu Überspitzungen – würde ich sagen – kommt, die nicht richtig sind.

Ich habe im Anschluss daran eine Frage an Herrn Sektionschef Weber. Sie haben gemeint, dass es ganz schwer sein wird, Handys und Sendeanlagen verfassungsrechtlich auseinander zu koppeln. – Ich verstehe das nicht ganz, denn wenn ich mir andere Umweltbereiche an­schaue, wie zum Beispiel Luftschadstoffe, dann stelle ich fest, dass das dort ganz einfach geht. Man muss nur die Ziga­retten hernehmen: Jeder kann rauchen! Wenn ich mir die Luftqualitätskriterien ansehe, so muss ich sagen: Diese wären schon hundert- bis tausendfach überschritten, wenn ich einen Zug mache. – Also da funk­tioniert diese Zweigleisigkeit auch. Warum kann das nicht im Mobilfunkwesen genauso sein?

Für einen anderen Hinweis, nämlich von Herrn Abgeordnetem Kukacka, bin ich auch dankbar. Er hat gesagt, dass es nicht ganz klar ist, ob es die Angst vor den Sendeanlagen oder die Sen­deanlagen per se sind, die diese Symptome hervorrufen. Ich sage Ihnen als Arzt und Gequälter vor Ort: Ich weiß es auch nicht. Die gesamte Literatur, die es dazu gibt, wird es auch nicht wissen. Wir stehen leider Gottes vor dem Problem, dass wir mit diesen Beschwerden – und das sind reelle Beschwerden; ob sie jetzt tatsächlich auftreten oder nicht, ist schon fast sekundär – und Ängsten umzugehen haben. Diese Angst hat die Menschen nicht einfach von heute auf morgen überfallen und ist da, weil sie paranoid sind, sondern das ist eine Reaktion auf eine geschichtliche Entwicklung des Mobilfunks in Österreich – von mir aus auch in Europa, denn das spielt sich überall ähnlich ab.

Es gab gewisse Versäumnisse. Die Leute sind nicht informiert worden, und man hat ihnen ir­gend­etwas quasi hingepflanzt, mit dem sie nicht zurechtkommen. Das weiß man schon lange, Herr Professor Leitgeb. Wir wissen es alle. Elektromagnetische Felder sind teilweise ein Spielfeld für verschiedene Ängste – das ist überhaupt keine Frage. Aber deswegen wäre es sehr wichtig gewesen, dass man schon damals die richtige Vorgangsweise gewählt hätte. Da kann man nichts mehr machen, deshalb ist jetzt dringender Handlungsbedarf gegeben, um zu­mindest mit dem derzeitigen Phänomen fertig zu werden.

Da ist meiner Ansicht nach nur über zwei Maßnahmenpakete ein Entgegenwirken möglich. Die­ses Entgegenwirken entschärft nicht nur Situationen für die Menschen vor Ort, die darunter leiden, sondern auch für jene, die die Menschen betreuen müssen. Das sind die Beratungs­stellen, das sind die Behörden vor Ort, und das sind doch sehr viele Kollegen, die auch bei uns anrufen und klagen, dass sie damit zunehmend überfordert sind. Auch diesen muss man helfen.

Das Erste wäre das Wie. Es müssten vertrauensbildende Maßnahmen gesetzt werden. Das kennt man aus anderen Umweltbereichen genauso, das ist überhaupt keine Neuigkeit. Nur wird das im Bereich der nicht ionisierenden Strahlen so aufgenommen, als ob das irgendetwas Be­sonderes wäre. Bei den Müllverbrennungsanlagen ist das eigentlich „gegessen“, da redet man über so etwas gar nicht mehr.

Zuerst sind also das Entgegenkommen und die Beteiligung bei der Standortwahl wichtig. Das ist zentral, denn die Leute vertrauen darauf, dass sie, selbst wenn ihre Meinung später nicht ganz gehört wird, zumindest einen Einfluss in dieser Phase hatten.

Das Zweite ist ein Festlegen von realistischen Richtwerten, die, nachdem Ärzte diese vorge­schla­gen und empfohlen haben, natürlich durchaus – das ist auch vorhin angeklungen – von der Politik und von der Gesellschaft diskutiert werden. Das ist dann eine Frage des gesell­schaftlichen Nutzen-Risiko-Verhaltens.

Weiters: die Information. Es kann nicht so sein, wie ich vorhin gehört habe, dass die Information lediglich daraus besteht, dass man irgendwo eine Meterentfernung und ein paar technische Da­ten der Sendeanlage abrufen kann. Ich glaube, das ist Ihnen allen bewusst. Damit kann ich wirk­lich nichts anfangen. Das wäre so, wie ich es mir unlängst erst gedacht habe: Sie gehen zum Arzt – und ich weiß, dass es viele Kollegen teilweise so machen –, und der sagt: Ospen 1500, morgens, mittags, abends. – Das ist ungefähr dasselbe Informationsmaterial, das ich zur Verfügung habe, wenn ich mir nur diese wenigen Daten anschaue.

Hier ist eine ganz reguläre Aufklärungspflicht gefragt, eine Information, mit der man auch etwas anfangen kann. Das heißt, sie muss verständlich, klar und vollständig sein. Wer soll diese Information geben? – Das war die nächste Frage, mit der wir uns auseinander gesetzt haben. Das Problem ist, so glaube ich, dass verschiedene Stellen an Glaubwürdigkeit verloren haben. Das ist leider passiert, obwohl es teilweise auch vom Ministerium ganz gute Versuche gegeben hat. Im Jahre 1997 fand eine Veranstaltung über Risikowahrnehmung, Risikobewertung und Ri­siko­kommunikation statt. Das war eher etwas, wobei ich mir gedacht habe: Aha, jetzt fängt ein Prozess an, sich aufzubauen! Nur war diese punktuelle Veranstaltung leider Gottes zu wenig. Man muss auch danach handeln, und jeder, der sich in diesem Bereich bewegt, wird sagen: Oje, das ist aber sehr schwierig! – Auch ich muss leider sagen, es ist furchtbar schwierig, das zu machen, aber es sind Grundlagen vorhanden. Es ist aus verschiedenen Problemfeldern – ob das jetzt die Chemie ist, ob das andere Strahlungsfelder sind – Erfahrung da. Man kann diese nützen und umsetzen.

Ich denke, dass das sehr wichtig sein wird, weil Herr Mag. Firlinger gesagt hat, das nächste System sei im Anrollen. Schon allein im Hinblick darauf, dass man irgendwann einmal etwas erklären muss, wird es notwendig sein, dass man sich jetzt hinsetzt und den ganzen Prozess in eine gewisse Struktur bringt, denn diese fehlt zurzeit für alle. Die meisten Bürger, die ich bei Veranstaltungen getroffen habe, haben keine riesige Angst vor Strahlungen, aber sie kommen sich alleine vor, sie kommen sich ein bisschen „überfahren“ vor, und sie wollen einfach eine Struktur, mit der sie umgehen können.

Ich glaube sehr wohl, dass das auch in einem rechtlichen Rahmen durchaus möglich ist. Des­wegen auch mein Vorschlag: Man kann eine Stelle beauftragen – so wie bei den Luftqualitäts­kriterien; da war es die Akademie der Wissenschaften, die offensichtlich unparteiisch ist –, und von dort aus könnte man, auch wiederum analog zu diesen Kriterien, ein Konzept entwickeln, wie vorgegangen wird. Das ist auch keine Hexerei.

Wie gesagt: Ich hoffe, dass diese Veranstaltung der Anfang, der Auftakt für eine Strukturierung im Kommunikationsprozess ist. Ich wünsche mir, dass dieser möglichst lang anhält und nicht gleich in ergebnislosen Papieren versiegt. – Danke.

16.57


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Martin Panosch. – Ich bitte um Ihre Ausführungen.

16.57


Dr. Martin Panosch¦ (Universität Salzburg, Lehrbeauftragter für österreichisches und euro­päisches Privatrecht): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf die aufgeworfenen Fragen von Herrn Abgeordnetem Maier eingehen und auch an den Vortrag von Dr. Jankowitsch anknüpfen.

Ich glaube, es ist wichtig, die Kompetenzlage auseinander zu halten, also inwieweit der Landes­gesetzgeber befugt ist, in dieser Angelegenheit Normen zu setzen, und inwieweit es der Bun­des­gesetzgeber ist. Dieses Thema ist auch in den letzten Wortmeldungen immer wieder aufge­taucht.

Ganz klar ist – Herr Dr. Jankowitsch hat das auch so ausgeführt –, dass die gesundheitlichen Belange in dieser Angelegenheit nicht Sache des Landesgesetzgebers sind. Es ist Sache des Bundesgesetzgebers, das zu regeln. Hiezu gibt es auch Höchstjudikate – wie bereits ange­führt –, die das ganz klar zum Ausdruck bringen. Das bedeutet auch, dass es den Landes­gesetz­gebern nicht möglich ist, beispielsweise im Bereich baurechtlicher Bestimmungen diese gesundheitlichen Belange zu implementieren. Das wäre verfassungswidrig.

Der Landesgesetzgeber hat aber meines Erachtens doch eine wichtige Aufgabe, die er im Zusam­menhang mit Mobilfunk erfüllen kann, denn neben dem Aspekt der möglichen gesund­heitlichen Beeinträchtigung gibt es natürlich auch noch den Aspekt des Ortsbildschutzes oder des Naturschutzes. Wir wissen das alle, und den Anrainern ist das in der Regel auch ein wich­tiges Anliegen. Antennentragmastenanlagen sind nicht immer unbedingt schön anzusehen, be­sonders am Stadtrand oder auch im Stadtgebiet. Es ist daher dem Landesgesetzgeber möglich, Normen im Ortsbildschutz, im Naturschutz zu setzen. Die Bundesländer Salzburg und Ober­österreich haben dies bereits getan.

Da ich Salzburger bin und mir daher die dortige Rechtslage natürlich vertrauter ist, darf ich Ihnen kurz sagen, wie das geregelt wurde. Es wurde einmal grundsätzlich fixiert, für welche Bauland­kategorien diese Antennentragmastenanlagen errichtet werden dürfen – also Ge­werbegebiete, Industriegebiete, Handelsgroßbetriebe – und dass, wenn auf anderen Flä­chen, gerade natürlich in Wohngebieten, eine derartige Anlage errichtet werden soll, hiefür eine Einzelbewilligung not­wendig ist, wobei speziell die Erfordernisse des Orts-, Stadt- und Land­schaftsschutzes zu erfül­len sind. Ähnliches gilt auch für Vorhaben, wenn sie im Grünland oder auf Verkehrsflächen in einem Abstand von weniger als 300 m zu Bauland realisiert werden sollen – außer, wie gesagt, in den erstgenannten Kategorien.

Solche Möglichkeiten haben sich, so glaube ich, bis zu einem gewissen Grad auch bewährt – Stadtrat Padutsch aus der Stadt Salzburg hat das schon angeführt –, vor allem dadurch, dass die Gemeinde zu Informationen kommt, und auch – zumindest indirekt – dadurch, dass die An­rainer in Informationsveranstaltungen eingebunden werden. Umso verwunderlicher ist es, sage ich jetzt dazu, dass das bisher nur in zwei Bundesländern gemacht worden ist.

Ich glaube, auch in anderen Ländern wurde angedacht, das Raumordnungsgesetz als Vehikel zu nehmen. Ich halte das persönlich für weniger geeignet, am ehesten geeignet noch als An­knüpfungspunkt für den Ortsbildschutz.

Das wichtigste Anliegen, das auch in der Petition zum Ausdruck kommt, ist sicher, ein Bewil­ligungsverfahren einzurichten, bei dem es Parteistellung für Anrainer und Gemeinden oder zumindest eine Informationspflicht gibt. Wenn man so etwas regeln will – bei den Problemen, die sich bisher in der Praxis ergeben haben, ist es wohl durchaus sinnvoll, das zu tun –, dann muss man das meiner Meinung nach im Telekommunikationsgesetz regeln, denn diese gesund­heitlichen Belange können, wie gesagt, nur bundesgesetzlich geregelt werden.

Für sehr interessant und instruktiv habe ich diesbezüglich die Ausführungen von Herrn Pro­fessor Kerschner gehalten, ebenso seine konkreten Vorschläge, wie man so etwas ausge­stalten sollte. Ich meine, da muss man ein bisschen Phantasie walten lassen, damit man eine Regelung findet, die praktikabel ist, gleichzeitig aber auch das Informationsbedürfnis der Bürger befriedigt.

Zur Grenzwertdiskussion: Im Telekommunikationsgesetz ist der Schutz von Gesundheit und Leben angesprochen. Meiner Meinung nach erfordert das – auch aus juristischer Sicht – einen bundesweiten und verbindlichen Grenzwert. Ganz wichtig ist es dabei aber sicher – das hat auch die Diskussion ergeben –, dass man, auch wenn es schwer ist, versuchen muss, in einem möglichst objektiven Verfahren auf Grund objektiver Grundlagen einen Grenzwert festzulegen. Ich bin weder Physiker noch Techniker noch Arzt, aber wenn ich das Eingangsstatement von Pro­fessor Kundi nehme, der sagte, es gebe auch unterhalb der Schwellwerte gesundheitlich relevante Effekte für bedeutsame Temperaturerhöhungen, dann muss ich sagen: Das wird wohl heißen, dass dieser Grenzwert unter dem derzeit empfohlenen Grenzwert der ÖNORM liegen müsste, also niedriger respektive schärfer ist. – So weit meine Ausführungen. Danke. (Beifall.)

17.03


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Dipl.-Ing. Peter Pelzmann. – Bitte.

17.03


Dipl.-Ing. Peter Pelzmann¦ (Techniker, Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Bis jetzt wurde bereits sehr viel gesagt, aber es ist darüber hinaus noch sehr viel mitzuteilen. Ich möchte meinen Ausführungen Folgendes voranstellen: Ich befasse mich mit Messungen von elektromagnetischen Feldern und habe daher in erster Linie mit den Leuten, mit den Betroffenen direkt zu tun, die mir ihr Leid mitteilen beziehungsweise klagen. Ich habe dann als Techniker das Problem, wie ich das den Leuten erklären soll.

Ich habe auf der einen Seite die ÖNORM S 1120, die mir als Techniker als Basismaterial und Grundlage dienen soll, und ich sage, auf Grund dieser Norm ist kein Problem vorhanden, auf der anderen Seite sehe ich aber den gesundheitlichen Zustand der Leute. Somit bin ich in ei­nem Zwiespalt, den ich nicht überbrücken kann. Ich kann den Leuten auch keine Antwort dahin gehend geben, ob die Ursache für ihre Beschwerden nun das magnetische Feld oder die Strah­lung der Basisstation ist oder ob die Betroffenen Probleme psychosomatischer Natur haben.

Ich habe natürlich schon die Erfahrung gemacht, dass sehr viele Beschwerden möglicherweise auch psychosomatischer Natur sind, dass körperliches Unwohlsein eben von der psychischen Seite her ausgelöst wird. Die Leute sehen den Sender und werden möglicherweise alleine schon dadurch krank. Das schließt aber auf der anderen Seite das nicht aus, was Herr Dr. Oberfeld und Professor Kundi gesagt haben, dass es nämlich im Niedrigdosisbereich trotzdem Probleme geben kann und möglicherweise auch geben wird.

Ich bin kein Arzt, ich kann das nicht verifizieren, treffe aber immer wieder auf die Gleichheit der Beschwerden. Diese decken sich 1 : 1 mit dem, was Dr. Oberfeld gesagt hat, und sie decken sich mit meinen Beobachtungen. Ich habe zirka 25 bis 30 entsprechende Stationen vermessen und habe – ohne von meiner Seite her polarisierend eingreifen zu wollen; das ist nicht meine Auf­gabe – immer wieder festgestellt: ähnliche Probleme ähnlicher Natur und ähnlicher Aus­wirkung.

Da gilt es jetzt – und zwar geht das an die Medizin –, festzustellen und zu differenzieren: Was ist wirklich passiert? Sind die Leute auf Grund dieser niedrigen Dosiswerte tatsächlich erkrankt? Da sprechen wir von einem Milliwatt pro Quadratmeter oder möglicherweise auch darunter. Be­merkt habe ich aber auch, dass manche Leute schon in diese Richtung vorprogrammiert oder geschärft sind. Das heißt, sie empfinden auf Grund ihrer Vorgeschichte möglicherweise sen­sibler als andere Leute. Diese Frage kann ich nicht beantworten.

Zur ÖNORM S 1120, die als Vor-Norm dient, kann ich nur sagen, diese Norm trägt unter an­deren den Titel: Weitere Erfahrungen sollen abgewartet werden; es wird gebeten, diese mit­zuteilen. – Möglicherweise haben sich die Ersteller dieser Norm sogar eine Türe offen gelassen, um damit eventuelle Erscheinungsbilder, die in die Krankheit – oder Gesundheit in diesem Fall – hineinreichen, abzudecken. Und möglicherweise wären sie vielleicht sogar dazu bereit, die Werte zu senken.

Zu den niedrigen Werten kann ich nur Folgendes sagen: Wenn ich mir die laut dieser Norm fest­gelegten Werte von 6 300 Milliwatt, also 6,3 Watt bei 950 Megahertz, anschaue, so kann ich feststellen, solche Werte habe ich noch nie gemessen – nicht einmal annähernd! Die Strahlung dieser Anlagen bewegt sich im Maximalfall um 10 Milliwatt pro Quadratmeter.

Ich muss noch eines dazu sagen: Manche Betreiber sind da großzügiger und geben bei Be­schwerden automatisch nach, manche verharren, tun nichts und berufen sich aus diese Norm.

Betrachte ich diese Norm als Physiker und gehe ich davon aus, dass ein Mensch etwa zu 80 Prozent aus Wasser besteht, so kann man, wenn diese Hochfrequenz absorbiert wird, mit 6,3 Watt bei einem Ruheumsatz von 100 Watt keine wesentlichen oder gravierenden Probleme hervorrufen. Das ist völlig richtig. Da muss ich den Physikern und Betreibern und allen anderen Recht geben, wenn sie sich auf diese Norm beziehen. Diese Norm richtet sich im Moment allerdings nur auf thermische Effekte und nicht auf athermische. Ich glaube aber, dass mehr Augenmerk auf athermische Effekte gelegt werden sollte. Diese könnten dann mög­licherweise in diese Norm eingebunden werden, denn ich meine, es ist seitens der Betreiber kein großer Schritt notwendig, um zum Wert des Dr. Oberfeld hinzukommen, ohne große Ein­bußen hinneh­men zu müssen. – Dies war meine Darstellung zur Normung.

Weiters wurde die Vorsorgeplanung schon oft angekündigt. Wenn ich mir die nächsten Tele­kommunikationssysteme so anschaue, stelle ich mir die Frage: Wo geht die Reise hin? Decken „UMTS low earth orbits“, diese neuen stationären oder geostationären Satelliten zwi­schen 42 Kilometern und 700 Kilometern, diese „GEO“, „MEO“ und „LEO“ – den Technikern wird das etwas sagen – und diese „wireless lanes“, das heißt, die internen drahtlosen Kommu­nikationen in Gebäuden, die sich zwischen 2,2 Gigahertz und 2,4, 3,6, bis 5,7 Gigahertz bewegen und eine Strahlungsleistung auf eine Distanz von bis zu 3 Kilometern abzudecken haben, das ab? – Da würde ich schon dafür plädieren, dass man eine vorsorgende Planung auch in diese Rich­tung vornimmt, denn man weiß jetzt noch nicht, wie sich das GSM- oder das DCS-Netz langzeitig auf die Gesundheit auswirken werden. Und man weiß auch nicht, wie sich diese neue Technologie in Zukunft kumulierend dazu auf den Menschen auswirken wird.

Eines soll ja als Resümee nicht herausgekommen: nämlich dass die Normen so sind, dass es am Ende heißt: Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Du kannst keine Beschwerden haben, weil die Norm sagt, du darfst sie nicht haben.

Ich glaube, die Betreiber, Techniker und Entwickler sind dazu bereit, in diese Richtung einen Weg zu beschreiten, nur muss man ihnen diesen Weg auch bereiten. – Danke. (Beifall.)

17.09


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Pfannhauser.

17.10


Mag. Harald Pfannhauser¦ (Fachverband der Telekommunikations- und Rundfunkunterneh­mun­gen): Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir schwirrt der Kopf – und ich habe mein Handy ausgeschaltet. Vielleicht sitze ich aber auf einer Wasserader. Ich danke herzlich für diese Veranstaltung und für diesen Meinungsaustausch auf hohem Niveau, ich danke namens der Wirtschaftskammer Österreich und des Fachverbandes für Telekommunikations- und Rund­funkunternehmungen.

Wir vertreten eine Branche in Österreich, die insgesamt – Festnetz und Mobilnetz – ungefähr 29 000 Beschäftigte und etwa 6 Millionen Kunden – wir haben es schon gehört – abbildet, die im Jahre 1999 im Mobilfunk eine Zuwachsrate von über 100 Prozent hatte und die derzeit die fünfthöchste Penetrationsrate in der EU hat. Es ist gut, dass wir nicht nur in diesem Bereich federführend tätig sind, sondern uns auch damit beschäftigen, die Auswirkungen zu diskutieren und festzuhalten.

Ich möchte nicht zu lange reden, weil die Zeit schon vorgeschritten ist. Manche der hier vor­gebrachten Argumente kamen mir vor wie seinerzeit bei der Einführung des Automobils. Da hieß es, ein Automobil sei schlecht, denn „alles, was schneller ist als ein Pferd, führt“ – wie es im Originaltext ganz nett heißt – „zur Desintegration des Körpers“. Bei Tunneln hat man sogar eine Todesgefahr durch Unterdruck gesehen. Diese Dinge sind jedoch alle nicht eingetreten.

Wir stehen heute vor der Einführung der dritten Mobilfunkgeneration, UMTS, bis 2003, vor der Digita­lisierung von Fernsehen und Rundfunk, und wir haben uns gleichzeitig mit den allfälligen Auswirkungen dieser Technologien zu beschäftigen, die sicher nicht weniger werden.

Ich möchte auf eine kleine Schere, die sich hier aufgetan hat und die sicher schon alle gesehen haben, zwischen Ortsbildschutz und Grenzwertsenkung hinweisen. Der Ortsbildschutz – der Land­tag in der Steiermark hat das gefordert und wird es wahrscheinlich noch vor dem Sommer Gesetz werden lassen – bedingt die Forderung nach weniger Masten und vor allem Funk­anlagen, die Grenzwertsenkung hingegen bedingt natürlich schon mehr Masten. Das ist eine Schere, innerhalb der man sich bewegen muss und auf die ich hier nur hinweisen möchte.

Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass dieser viel zitierte Salzburger Wert, der auch wissenschaftlich stark umstritten ist, natürlich das bereits eingeführte und mögliche Site-Sharing verhindern würde, denn wenn Sie auf einem Platz mehrere Funkanlagen zusammenbündeln wollen, haben Sie dort eine höhere Strahlung. Diese schlägt sich aber wieder mit der Grenz­wertsenkung, die ich vorher erwähnt habe.

Unsere Branche – wir vertreten alle Mobilfunk- und Festnetzbetreiber in Österreich – verlässt sich derzeit, wie ich glaube, zu Recht auf die WHO-Normen, auf die, wie bereits erwähnt, EU-Nor­men, auf die ÖNORM, und sei es nur eine Teilnorm, denn wir meinen, all diese Normen sind sicherlich wohl überlegt. Wohl überlegt sind auch die Sammelstudie des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, wie es im Jänner 2000 noch hieß, und die schon zitierte Seibers­dorf-Studie, in denen auf nationalem und internationalem Niveau festgehalten ist, dass man zwar eine Schädigung nicht ausschließen kann, aber nachweisen noch weniger.

Ich möchte aber hier nicht Platitüden dreschen – ohne sagen zu wollen, dass das hier vorher geschehen ist –, sondern ich möchte von Seiten der Branche schon einen Beitrag dazu leisten, wie man dieses Problem angehen könnte. Herr Sektionschef Weber hat es bereits erwähnt: Es gibt, von den vier Mobilfunkbetreibern akkordiert, freiwillige Informationsmaßnahmen bei der Errichtung von Mobilfunksendeanlagen. Ich darf hier kurz vorlesen, was das beinhalten würde:

Die Betreiber informieren zum Zeitpunkt der behördlichen Einreichung eines Bauprojektes auch die zuständigen lokalpolitischen Entscheidungsträger – Gemeinderat beziehungsweise Bezirks­rat – über beabsichtigte Baumaßnahmen. Dieser Information liegen alle technischen Daten der geplanten Mobilfunksendeanlage, eine Immissionsberechnung der zu erwartenden elektromag­ne­tischen Felder im unmittelbaren Umkreis laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO und die Empfehlung, alle Anrainer über die geplanten Baumaßnahmen zu informieren, bei.

Weiters benennen die Betreiber einen Ansprechpartner, der je nach Bedarf für weitere Infor­mationen bei der jeweiligen Anlage zur Verfügung steht. Sofern hier eine fachlich geeignete Stel­le vorgesehen wird, können die angeführten Immissionsberechnungen auch von einer Be­hörde überprüft werden. – Zitatende. Et cetera, et cetera.

Es ist dies ein in der Branche nach den EU-Vorgaben der zunehmenden Selbstregulierung verfasstes Papier. Die Branche ist dazu bereit, dieses Angebot an den Gemeindebund und an den Städtebund beziehungsweise an deren Vorsitzende zu senden und dies auch in eine rechtlich bindende Form überzuführen, wenn damit der allgemeinen Diskussion und der allge­meinen Informationslage gedient ist. – So viel zum Punkt Ortsbildschutz, Landschaftsschutz.

Zum Punkt Grenzwertsenkung möchte ich Folgendes sagen: Ich bin Wirtschafter und kein Tech­niker; nach dem heutigen hochinteressanten Nachmittag scheint es mir jedoch so zu sein, dass es wissenschaftliche Studien aller Art gibt, aber offensichtlich noch nicht genügend gründ­lich ausgeführte Studien. Es trifft sich ganz gut, dass die EU-Kommission am 20. März dieses Jahres in Brüssel ihr 5. Rahmenprogramm in Forschungsbelangen besprochen hat. Es wurde dabei ein Schwerpunkt in puncto „Bioelectromagnetics“ definiert. Es gibt bereits einige For­schungsprojekte dazu. Beim Forschungsprojekt „Perform-A“ – das ist ein wissenschaftliches Kürzel – ist auch Seibersdorf mit eingebunden.

Wir hielten es für sinnvoll, auf nationaler, aber auch auf europäischer Ebene die zweifellos zu er­wartenden höheren UMTS-Frequenzerlöse zu einem Teil zumindest für eine solide Grund­lagenforschung in diesem Bereich zur Verfügung zu stellen, damit – sicherlich über einen ge­wis­sen Zeitraum, um eine Validität zu erreichen – sichergestellt ist, dass diese boomende Branche für die Kunden und für die Anrainer keine schädlichen Auswirkungen bringt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

17.16


Vorsitzender Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦: Danke, Herr Magister.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Michaela Reeh.

17.16


Michaela Reeh¦ (Forum Mobilkommunikation): Herr Vorsitzender! Hoher Ausschuss! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Danke an Herrn Pfannhauser, der unsere Leistungen betrei­ber­seitig hier kommuniziert hat, sodass ich mich jetzt sehr kurz fassen kann.

Ich möchte, da noch viele Fragen an die Experten und Wissenschafter offen geblieben sind, ein­fach den Politikern eine Hilfestellung geben durch eine ganz kurze, aber ganz präzise Zu­satzinformation, die ihnen vielleicht in ihrer täglichen Arbeit hilft.

Als Interessenvertretung der österreichischen Netzbetreiber und der führenden Endgeräte­her­steller, aber auch als Interessenvertretung von derzeit fast 60 Prozent der Kunden schauen wir natürlich diese Themenentwicklung ganz genau an. Wir haben uns – Frau Maršálek hat das FMK hier schon breit angeschuldigt – die Entwicklung genau angeschaut, und ich möchte als Zusatzinformation für Sie – denn das ist etwas, was die Bevölkerung stark verunsichern kann – über die Mietrechtsminderung und die befürchtete Mietreduzierung ein paar Worte verlieren.

Das war ein Urteil, das in München vor zwei Jahren von einem Gericht erster Instanz gefällt wurde. Dieses Urteil konnte auf Grund des ganz geringen Streitwertes nicht in den weiteren In­stan­zenzug hinaufgehoben werden. Dieses Urteil des Münchner Gerichts wird daher auch im­mer so stehen bleiben. Viele andere Gerichte haben zur Mietminderung, zur Mietreduktion schon völlig andere Urteile gefällt.

Frau Maršálek hat vor kurzem eine Klage gegen zwei der österreichischen Mobilnetzbetreiber auf Unterlassung geführt, und zwar auf Unterlassung von zwei Sendestationen, Unterlassung des Betriebes und Demontage. Diese Klage wurde vor wenigen Wochen in erster Instanz abgewiesen. Sie wird selbstverständlich in Berufung gehen, aber einem weiteren Verfahren kann man nicht vorgreifen.

Zwei wichtige Worte zur Konferenz in Salzburg, die als internationale wissenschaftliche Kon­ferenz dargestellt wurde: Namhafte Wissenschafter, die zwar in Salzburg als Podiumsdis­kus­sionsteilnehmer und Experten vertreten waren, haben die Salzburger Resolution nicht mitun­terschrieben, und das aus einem sehr guten Grund. Die Experten Frau Sandström und Herr Hamnerius, die sich mit dem Thema GSM sehr breit auseinander gesetzt haben, verweigerten die Unterschrift unter die Resolution.

Wir begrüßen seitens der Betreiber, aber auch für die Industrie, dass der Herr Minister eine bundesweit einheitliche Grenzwertregelung angekündigt hat. Wir erwarten, dass er sich an den internationalen Gremien orientieren wird, und wir hoffen, dass er die EU-Ratsempfehlung, die im Juli letzten Jahres verabschiedet wurde, auch für Österreich in nationales Recht gießt. Wir erwarten damit Rechtssicherheit für die Betreiber, aber auch Rechtssicherheit für die Kom­munen, denn das, was wir heute sehr oft erleben, ist, dass viele Bürgermeister, die sich bei Betreibern um Standorte bemühen, diese Standorte auf Grund der Grenzwertdiskussion und auf Grund der mangelnden Rechtssicherheit heute nicht mehr realisieren können.

Wir hoffen, dass diese Regelung, diese Verordnung schon sehr bald in Kraft treten kann, denn das ist ein Markt, der kein zusätzliches Warten erlaubt. Es ist ein Markt, der diesem Wachstum, das wir speziell hier in Österreich haben, gerecht werden muss, und es ist ein Markt, der vor allem den User-Interessen entgegenkommt. Die Liberalisierung, die Reduzierung der Tarife hat dieses Wachstum erst möglich gemacht.

Wir sind auch gerne dazu bereit, über eine mögliche Kennzeichnung der Endgeräte weiter zu diskutieren, wobei ich da sehr große Schwierigkeiten sehe. Wir sollten uns noch einmal de­tailliert mit Technikern, mit Experten auseinander setzen. Jedes dieser Geräte, das auf dem Markt ist, folgt ganz bestimmten Richtlinien; es ist CE-gekennzeichnet und hat der Rtte-Richt­linie zu folgen. Ich sehe, wie es sich auch Herr Dr. Hutter wünscht, hier nicht die Möglichkeit, mit kurzen, prägnanten Informationen dem Kunden mehr Auskünfte zur Verfügung zu stellen. Ein Handy, ein Endgerät am Ohr ändert seine Leistung ständig. Wenn ich mich nur ein wenig drehe, verändern sich auch die Sende- und Empfangsbedingungen. Somit ist eine Leistungsangabe von Geräten etwas, womit wir Kunden und Konsumenten nur zusätzlich informieren können, weil es extrem technisch und spezifisch wird. (Abgeordnete Mag. Wurm übernimmt den Vor­sitz.)

Für das Forum Mobilkommunikation, für die österreichischen Betreiber und die Industrie hoffe ich auf eine politisch richtige, auf eine politisch baldige Entscheidung, um diesen Markt und vor allem um die Bevölkerung nicht weiter zu verunsichern. Das ist ein Wachstum, das in Österreich im europäischen Vergleich sicher herzeigenswert ist. Den Anschluss zu verlieren, um mit einem Milliwatt pro Quadratmeter als Grenzwert Netze unmöglich zu machen, sehe ich als unver­antwortlich in der heutigen Zeit an; genauso wie ich es auch als unrealistisch ansehe, regionale, lokale Lösungen für die Grenzwertdiskussion anzustreben. Wir haben es auf der einen Seite mit einem weltweiten Markt zu tun, wir haben es auf der anderen Seite aber auch weltweit mit der gleichen Konstellation und Konstitution der Bevölkerung zu tun. Gesundheit hat auf der ganzen Welt die gleichen Regeln. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

17.22


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke, Frau Reeh.

Als Letzter in dieser ersten Diskussionsrunde zu Wort gemeldet hat sich noch einmal Herr Bürgermeister Hermann Kröll.

17.22


Referent Bürgermeister Hermann Kröll¦ (nominiert vom Städte- und Gemeindebund): Wie von Herrn Sektionschef Weber oder zuletzt auch von Herrn Mag. Pfannhauser angesprochen, meine ich, dass es in der Tat so ist, dass es in erster Linie darum geht, vertrauensbildende Maß­nahmen zu installieren und diese auch glaubhaft umzusetzen. Da wäre natürlich eine absolute Informationsverpflichtung im Vorfeld, also ganz zu Beginn eines solchen Verfahrens, das Mindesterfordernis und eine unabdingbare Notwendigkeit. Dies käme ganz sicher allen Beteiligten zugute. Davon bin ich überzeugt.

Eine weitere Verbesserung wäre eine gewisse Abstimmung unter den Ländern, denn es hilft uns sehr wenig, wenn Regelungen in Gemeinden, die knapp diesseits oder jenseits einer Gren­ze liegen, in einem Bundesland im Baurecht, im Naturschutz oder im Ortsbild in einer be­stimmten Richtung ausgelegt würden und in einem anderen vielleicht gar keine Regelung bestünde. Das wäre schon ein Thema, das aus dieser Enquete auch an die Verbindungsstelle der Bundesländer heranzutragen wäre. Eine gewisse Abstimmung kann ja so unterschiedlich nicht sein, wenn es um die Menschen geht, wenn es um die Technik geht, die wir auch alle brauchen, wenn es aber vor allem darum geht, Verunsicherung zu vermeiden. Ich glaube, mit diesen Maßnahmen könnte wirklich eine erhebliche Verbesserung stattfinden.

17.24


Vorsitzende Abgeordnete Gisela Wurm¦: Danke. Nun sind wir am Ende der ersten Dis­kus­sionsrunde angelangt.

Ich würde, da ziemlich viele Fragen direkt an die Experten gerichtet wurden, vorschlagen, dass wir jetzt den Experten die Möglichkeit geben, zu den konkreten Fragen Stellung zu nehmen.

Bitte, Herr Dr. Röschke.

17.24


Referent Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke¦ (Universität Mainz, Psychiatrische Klinik): Ich werde mich angesichts der vorgeschrittenen Zeit etwas sputen, aber ich habe mir etliche Notizen gemacht und will versuchen, alle Fragen schnell zu beantworten.

Zum Ersten – das kam, glaube ich, von Ihnen, Frau Maršálek –: Wollen wir alle Betroffenen psychiatrieren? – Mir ist fast das Herz stehen geblieben, als Sie das gefragt haben. Natürlich wollen wir das nicht! Wir wollen – um Gottes Willen! – nicht stigmatisieren, wir wollen die Be­schwerden, die die Menschen haben, ernst nehmen. Diese sind ja vorhanden, darüber wurde hier mehrfach berichtet.

Ich möchte nur ein Wort dazu sagen und ein bisschen warnen. Herr Oberfeld hat – ich zitiere – von „typischen EMF-Beschwerden“ gesprochen. Herr Oberfeld! Diese gibt es nicht. Es gibt keine typischen EMF-Beschwerden, und Sie unterstellen damit im Grunde auch, dass es ein gesichertes EMF-Syndrom gibt. Das, was es gibt, sind unspezifische Symptome, die bei vielen anderen Erkrankungen auch vorkommen. Denken Sie an GAD, denken Sie an somatoforme Störungen, denken Sie an die ganze Psychosomatik! Da gehören sie hin. Aber ich warne wirklich davor, das in diesem Zusammenhang als EMF-typisch zu benennen, denn damit wür­den Sie wirklich Ängste schüren, das wäre – das haben wir heute auch den ganzen Tag über gehört – das Fatalste überhaupt.

Ich komme ja von etwas weiter her, aus Mainz, ich bin ja nicht aus Österreich, aber was sich für mich klar darstellt, ist, dass Sie zuallererst ein gewaltiges Kommunikationsproblem haben, aber nicht ein Kommunikationsproblem im Sinne der digitalen Kommunikation, sondern der Kom­munikation hier untereinander. Ich hoffe – ich drücke Ihnen die Daumen –, dass Sie das lösen.

In diesem Zusammenhang möchte ich vielleicht noch Folgendes ergänzen: Es gibt extrem gute Studien aus den skandinavischen Ländern. Da geht es genau darum: Ist es die Angst vor der Angst oder ist es die Angst vor dem Ungewissen, die die Menschen krankmacht? – Das kennen wir aus der Psychiatrie, auch aus der Psychosomatik und auch von vielen anderen Erkran­kungen. Diese Studien aus Schweden – von Frau Hiller zum Beispiel, oder Sie können auch die Arbeiten von Herrn Mild lesen – belegen eindeutig, dass sich diese unspezifischen Symptome, wenn man sie mit entsprechend kognitiven Verfahren, mit Verhaltenstherapien behandelt, ohne, dass man das Handy ausschaltet, verbessern lassen. Das heißt, dass die Patienten genesen können. Ich würde Ihnen empfehlen, darüber noch ein bisschen nachzulesen.

Dann kam eine Frage, in der mir Frauenfeindlichkeit unterstellt wurde. Dazu will ich auch etwas sagen. Das weise ich von mir. Das hat den einfachen Grund: Das Schlafprofil ist zyklusab­hängig; so viele Parameter können Sie gar nicht kontrollieren, damit das Ergebnis dann sauber ist. Wissenschaftlich bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig. Aber eigentlich war der Inhalt Ihrer Frage: Wie lässt sich das mit dem Handy am Ohr oder in 40 Zentimeter Entfernung mit den Sen­demasten vergleichen? – Natürlich lässt sich das von der physikalischen Qualität her grund­sätzlich vergleichen, aber die Energie, die da drinnen steckt, die Leistungsflussdichte, das sind Welten. Das heißt, dieses Handy am Ohr oder in einem Abstand von 40 Zentimetern ergibt ei­nen Faktor – ich kann jetzt keinen genauen Faktor nennen, aber ich würde schätzen, der Faktor ist 1 000 –, der viel, viel höher ist als jener der Sendemasten, die in der Leistung viel, viel niedriger sind.

Eine Frage, die ich mir aufgeschrieben habe, war, dass einem Teilnehmer das Fazit meines Vor­trages nicht klar geworden ist. Es wurde gefragt, ob es eine Notwendigkeit für Vorsor­gewerte gibt. Dazu kann ich sagen – das hat ja der Nachmittag gezeigt –: Es gibt eine Reihe von Argumenten, die man ins Feld führen kann. Es gibt politische, juristische, gesund­heitsöko­nomische und auch wissenschaftliche Argumente. Wenn ich mich jetzt nur auf den wissen­schaftlichen Part stütze, dann muss ich Ihnen sagen, dass es aus den vorliegenden Unter­suchungsergebnissen kein Argument gibt. Es mag andere Gründe geben, aber von der wissen­schaftlichen Seite her gibt es kein Argument zu fordern, dass diese Vorsorgewerte, so wie das hier diskutiert wurde, eingeführt werden.

Was habe ich mir noch notiert? – Die Angst habe ich schon angesprochen. Da bin ich im Übrigen ganz sicher, dass der größere Anteil die Angst ist, die die Menschen krank macht. Es wurde gesagt, es reiche nicht aus zu fordern, dass wir den Pathomechanismus kennen. Das ist richtig, da würde ich Ihnen auch zustimmen, nur haben wir im Moment beides nicht: Wir haben weder eine Idee für den Pathomechanismus, noch haben wir gesicherte Erkenntnisse. Wenn wir Erkenntnisse hätten, und jede Untersuchung würde belegen, dass irgendeine Störung so­zusagen ganz offensichtlich provoziert wird, und wir würden den Pathomechanismus nicht ken­nen, dann müssten uns nur den Kopf darüber zerbrechen, was es sein könnte. Wir sind aber im Moment so weit davon entfernt, dass wir weder eine Idee haben, welche Pathophysiologie dahin­tersteht, noch haben wir reproduzierbare nachweisbare Effekte, sodass ich von der wis­senschaftlichen Seite her die Frage, die Sie gestellt haben, eigentlich klar und eindeutig beantworten kann: Es gibt von dieser Seite her kein Argument.

Ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe, sonst fragen Sie mich eben noch einmal.

17.30


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke, Herr Dr. Röschke.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Sektionschef Dr. Hermann Weber.

17.30


Referent Sektionschef Dr. Hermann Weber¦ (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie): Danke schön, Frau Vorsitzende. Ich habe mir eine Reihe von Notizen gemacht und möchte mit der Frage von Herrn Abgeordnetem Maier beginnen, der gemeint hat, ich solle mich zu einer Parteistellung mit Informationsmaßnahmen äußern, wobei Herr Vizebürgermeister Padutsch, wie ich glaube, an dieser Frage ebenfalls Interesse hatte.

Ich bin für Informationsmaßnahmen. Ich sehe – und ich habe das in meinem Referat schon eindeutig gesagt – den Grund für diese Debatten überwiegend in einem Mangel an Information oder in irregeleiteter Information. Die Parteistellung kann man theoretisch natürlich einführen. Ich spreche mich aber dagegen aus, und zwar aus einem rein wirtschaftlichen Gesichtspunkt: weil es viel Aufwand ist, der relativ wenig bringt. Es ist durchaus denkbar, mit diesem Infor­mationspapier, mit welchem Grenzwert auch immer, festzulegen, wann die erlaubte Emis­sionsgrenze erreicht ist. Und wenn dieser Abstand des Senders zwei oder drei Meter beträgt, was man berechnen kann, dann wird sehr leicht vor Ort abgeschätzt werden können, wie weit der Mast tatsächlich von der Straße, vom nächsten Grundstück oder vom nächsten Gebäude entfernt ist. Es wäre also relativ viel Aufwand für die Verwaltung, etwas klarzustellen, was viel, viel einfacher bewerkstelligt werden kann.

Es freut mich sehr zu hören, dass seitens der Mobilfunkbetreiber auch daran gedacht ist, ihr Angebot an Information in eine rechtlich verbindliche Art überzuführen. Ich glaube, das sollte man auch annehmen. Es ist mir in der heutigen Zeit, in der wir doch einige Sparmaßnahmen zu effektuieren haben, viel lieber, wenn das System der Selbstregulierung greift als jenes eines behördlichen Einsatzes bei gleicher Qualität.

Was das Bundesgesetz über nicht ionisierende Strahlung anlangt, so glaube ich, es wäre sehr wünschenswert, wenn wir hier einmal eine Diskussion begännen. Aber ich gebe zu, ich tue mich da leicht, denn ich bin in dieser Angelegenheit nicht vom zuständigen Ressort. Aber wir haben ja in der Diskussion gehört, dass diese Zusammenhänge von Strahlungen in den verschiedensten Frequenzbereichen doch ein sehr komplexes Thema sind, und dieses Gesetz sollte für Strahlungsemissionen von null bis 300 Gigahertz angelegt sein, also in Bereiche hinauf, die schon eher in Richtung Licht gehen. Es wäre besser, das komplex zu diskutieren, als nur punktuelle Maßnahmen zu setzen.

Hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht für diese Geräte getraue ich mich im Augenblick nicht zu sagen, ob das realisierbar ist. Aus Konsumentenschutzsicht habe ich durchaus Verständnis dafür, dass es eine gute Information wäre zu wissen, welche Strahlungsintensität dieses oder jenes Gerät hat. Auch wenn sie sich verändert, wird sie doch gewisse Grenzwerte nicht über­schreiten – nach oben hin nicht können und nach unten hin nicht dürfen, denn sonst hört man ja nichts mehr.

Zur Frage, ob es mit der in der EU eingeführten Rechtsordnung zusammenpasst, dass es keine Zulassungsverfahren mehr gibt, dass also bei all diesen Geräten, Funkgeräten und Endgeräten, die Ex-Ante-Kontrolle hinsichtlich einer Ex-Post-Kontrolle der Marktüberwachung ausgeschaltet ist und dass es auch detaillierte Vorschriften gibt, welche Angaben ein Hersteller machen muss, um die Konformität dieser Geräte zu gewährleisten: Da muss man schauen, ob es durch eine solche Maßnahme, die man normiert – ich rede von einer Norm, die man hier vielleicht ins Auge fassen könnte –, nicht zu einem Handelshemmnis laut EU-Vorschriften kommt.

Wenn es freiwillige Informationen sind – wobei man darauf hinweisen muss, dass ja auch Konsumentenschutzvereine existieren –, wäre das vielleicht ein Weg, falls es mit Zwang nicht gehen sollte. Aber das muss man sich wirklich ansehen. Dazu getraue ich mich jetzt so ad hoc nichts zu sagen.

Als Nächstes habe ich mir die Frage von Herrn Bürgermeister Kurzbauer notiert, der freund­licherweise weniger die Notwendigkeit einer Parteistellung sieht als vielmehr die einer besseren und früheren Information. Zunächst zur Rechnung 10 000: 600: Das sind nicht Sendemasten im eigentlichen Sinne, sondern das sind Funkstellen. Ich würde schätzen, wir haben in etwa zwei- bis zweieinhalbtausend Masten, die man vergleichen könnte mit jenen 600, die bereits „ge­shared“ werden.

Zu den Maßnahmen zur künftigen Eindämmung. – In der letzten Novelle zum Telekommuni­kationsgesetz hinsichtlich UMTS wurde es ermöglicht, dass wir nationales Roaming vorschrei­ben. Und es wird eine mögliche Auflage bei der neuen Lizenzvergabe beziehungsweise in den Aus­schreibungsbedingungen sein, dass wir zumindest eine gewisse Zeit, eine gewisse Frist von ein paar Jahren vorsehen, in der nationales Roaming verpflichtend werden kann, damit wir von dieser Seite her indirekt eine zu große Zahl von Antennenstandorten eindämmen.

Das wird sicherlich nicht für das Grundnetz gelten, in das der Unternehmer investieren muss, sonst wäre er ja kein Mobilnetzbetreiber. Er muss ja ein eigenes Netz haben. Einen gewissen Anteil wird er selbst errichten müssen, aber darüber hinaus wird zu diskutieren sein, wie weit es sinnvoll ist, hier ein nationales Roaming zu installieren und damit indirekt auch die Probleme mit den Standorten zu vermindern.

Frau Abgeordnete Moser hat mich nach dem Datum des Erlasses der Grenzwertverordnung gefragt und auch nach den Grenzwerten selbst, mit denen man vorhat, in die Diskussion zu gehen. – Ich gehe davon aus, dass wir diese Verordnung in der Fachsektion noch im Juli so weit hinbringen. Hinsichtlich der Inhalte werde ich Bundesminister Schmid vorschlagen, dass er sich an die Ratsempfehlung der EU hält, aber nicht deshalb, weil ich in diese so „verliebt“ bin, sondern deswegen, weil sie den einzigen realistischen Anhaltspunkt für eine Regelung darstellt.

Jeder andere Wert, der hier im Raume steht oder noch nicht im Raume steht und angedacht ist, ist irgendwie ein willkürlicher Wert, und ich habe größte Probleme damit, einen willkürlichen Wert in einer Rechtsetzung zu vertreten, wenn er angefochten wird. Wir brauchen für eine Rechtsetzungsmaßnahme eine solide Basis, und wir haben verschiedentlich gehört, dass zumindest jene von der Weltgesundheitsorganisation, von der ICNIRP und auch jene der EU – Monsieur Seguinot – die im Augenblick sicherste Basis für eine Regelung bildet. Ich wüsste nicht, wie ich mich von dieser entfernen sollte.

Hinsichtlich der rechtlichen Relevanz der Verpflichtung der Betreiber, Frau Abgeordnete Moser, haben wir bereits die Zusicherung gehört, dass man durchaus geneigt sei, sich auch rechtlich zu binden.

Herr Bundesrat Grasberger hat mir die Frage gestellt, welche Auswirkungen es hätte, wenn man tatsächlich den Grenzwert von 1 Milliwatt hinsichtlich der Anzahl der Senderstandorte einführte. Habe ich das richtig in Erinnerung? (Bundesrat Ing. Grasberger: Ja!) – Ja, natürlich, da ist ein ursächlicher Zusammenhang gegeben. Je stärker die Sendeleistung ist, desto größer ist im Prinzip das Gebiet, das ich abdecken kann. Wenn ich von Grund auf nur eine Sende­leistung vorschreibe, mit der ich vielleicht 100 Meter abdecken kann, dann werde ich genötigt sein, anstatt alle dreieinhalb oder fünf Kilometer, je nach Standort, wahrscheinlich alle 100 Me­ter irgendeine Sendeanlage zu installieren. Ob das jetzt ein Mast ist, oder ob sich das unter einer Dachrinne versteckt, will ich damit nicht sagen. Aber grundsätzlich ist Ihre Frage richtig. Das hat einen direkten Zusammenhang.

Herr Univ.-Prof. Dr. Kerschner hat gemeint, es wäre ihm nicht wohl in seiner Haut, wenn er gewährleisten müsste, dass mit den derzeitigen Werten die Gesundheit geschützt sei. – Ich nehme an, das ist eine sehr subjektive Einschätzung. Ich würde eher der Weltgesund­heits­organisation und ihrer langjährigen und umfangreichen Forschung trauen. Wenn dieses Gre­mium von Fachleuten etwas meint, dann habe ich als Administrator, als Administrativbeamter, relativ wenig Probleme damit. Ich sehe das natürlich nur aus meiner Sicht als Jurist.

Ich kann fröhlich weiterblättern. – Herr Dr. Hutter hat gesagt, es sei ihm nicht klar, warum es ver­fassungsrechtlich schwierig sei, eine Trennung zwischen Basisstation und Mobilgerät her­beizuführen. Ich denke, verfassungsrechtlich ist das schon ein großes Problem – visuell sicher­lich nicht –, denn verfassungsrechtlich kann ich Gleiches nicht ungleich behandeln, und von der Wirkungsweise her ist eine Mobilfunkstation, eine Basisstation, im Prinzip das Gleiche wie ein Handgerät. Wir haben gehört, von den Auswirkungen her ist das Handgerät sogar relativ gefähr­licher im Vergleich zur Mobilfunkstation. Das war es, was ich angesprochen habe: dass es sehr schwierig wird, hier eine verfassungsrechtlich eindeutige Argumentation zu finden, warum man das eine regelt, aber das andere nicht.

Ich hoffe, ich bin keine Antwort schuldig geblieben. – Danke schön, Frau Vorsitzende.

17.42


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke, Herr Sektionschef.

Als Nächster zu Wort gemeldet, um Rede und Antwort zu stehen, hat sich Herr Professor Dr. Michael Kundi.

17.43


Referent Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi¦ (Universität Wien, Institut für Umwelthygiene): Da jetzt so oft die verschiedenen Normen genannt wurden – die EU-Ratsempfehlung, die Empfehlungen der ICNIRP und die ÖNORM –, möchte ich ganz kurz etwas über die Geschichte der Nor­mierung auf diesem Gebiet sagen. Die WHO hat zum ersten Mal im Jahre 1981 Grenzwerte in diesem Bereich diskutiert und hat sich zum damaligen Zeitpunkt außer Stande gesehen, Grenz­werte für die Allgemeinbevölkerung zu empfehlen. Sie hat nur Empfehlungen für die arbeitende Bevölkerung abgegeben. Sie hat bemerkenswerterweise nur darauf hingewiesen, dass die Ex­position der Allgemeinbevölkerung so niedrig wie nur möglich sein sollte. Sie hat also keinen definitiven Wert empfohlen.

Einige Jahre später, 1984, hat die IRPA – das ist die Internationale Strahlenschutzkommission – erstmals Grenzwerte erlassen und empfohlen, die schon dieselben waren, wie wir sie heute haben. Es hat sich seit 1984 kein i-Tüpfelchen geändert. Seit 1984, seit die IRPA diese Überle­gungen angestellt hat, ist der Basisgrenzwert der gleiche geblieben.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass in allen Normen, wie etwa auch in der ÖNORM, im We­sentlichen dieselben Werte zu finden sind. Sie unterscheiden sich nur in der Berechnungs­methode, wie auf Basis der so genannten Basisgrenzwerte die abgeleiteten Grenzwerte berechnet werden. Aber ansonsten gibt es keine wesentlichen Unterschiede.

Dass sich die EU-Ratsempfehlung auf die Grenzwerte bezieht, wie ich sie gerade geschildert habe, geht darauf zurück, dass die verschiedenen anderen Meinungen keine Mehrheit gefunden haben. Italien hat, wie Sie wissen, diese EU-Ratsempfehlung nicht unterstützt und wesentlich niedrigere Grenzwerte verordnet. Es wird jetzt sogar ein Wert als „operational level“ gesetzlich verankert werden – also als ein Wert, der für bestimmte Funkeinrichtungen gilt –, der in etwa dem des Salzburger Vorsorgewertes entspricht. Dazu liegt ein entsprechender Geset­zesantrag vor.

Auch die Schweiz hat, wie Sie schon gehört haben, von dieser Empfehlung der ICNIRP nicht Gebrauch gemacht, ebenso wie jetzt vermutlich Belgien davon abweichen wird. Es gibt also bereits eine ganze Reihe von Abweichungen von diesem Vorschlag der ICNIRP.

Weil Herr Sektionschef Weber von der so umfangreichen WHO-Forschungstätigkeit gesprochen hat, möchte ich betonen: Die WHO selbst forscht nicht. Ich möchte ihm diese Information ge­ben. Die WHO beobachtet die Forschung nur, sie gibt auch Empfehlungen über die Forschung ab, aber sie selbst forscht nicht. Die ICNIRP ist auch keine Organisation der WHO, sondern sie wurde von der WHO sozusagen damit beauftragt, diese Agenden wahrzunehmen.

Was die Frage der Langzeiteffekte anlangt, die auch Herr Dr. Kunsch angesprochen hat, und zwar die Langzeiteffekte, die abgedeckt wären – auch der Herr Seguinot hat das behauptet –, muss ich sagen: Das stimmt nicht! Die ICNIRP hat in ihren 1998 erschienen Richtlinien ausdrücklich gesagt, dass sie sich ausschließlich auf Kurzzeiteffekte bezieht, dass Lang­zeit­effekte nach ihrer Meinung wissenschaftlich nicht gesichert sind und dass daher auf Basis des gesicherten Wissens, das für die ICNIRP grundlegend ist, eine solche Ableitung nicht vor­genommen werden kann.

Es ist richtig, das es in der Empfehlung der ICNIRP Sicherheitsfaktoren gibt. Diese Sicher­heits­faktoren sind aber ausschließlich auf die unterschiedliche Thermoregulation abgestellt. Wenn Sie Personen beziehungsweise Patienten haben, die auf Grund der Medikation, auf Grund bestimmter Umstände von Krankheiten und so weiter in ihrer Thermoregulation behindert sind, dann müssen Sie eben mit dem Wert heruntergehen, und das hat die ICNIRP getan. Von einer Berücksichtigung von irgendwelchen Langzeiteffekten kann überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil: Die ICNIRP kommt zu dem Schluss, dass Langzeiteffekte nicht gesichert sind.

Andere Gremien kommen zu anderen Schlüssen, daher gibt es eben eine gewisse Debatte. Herr Kollege Leitgeb hat darauf hingewiesen – das ist sehr interessant –, dass diese Debatte auch im niederfrequenten Bereich existiert. Es ist zum Bespiel im selben Jahr, also 1998, als die ICNIRP davon gesprochen hat, dass im niederfrequenten Bereich kein Hinweis für eine Beteiligung an der Krebsentstehung vorliegt, eine Expertenkommission des NIH, des Bundes­gesundheitsinstituts in den USA, zu dem Schluss gekommen, dass das ein potentielles Karzino­genrisiko darstellt, und zwar wurde dies mit einer Mehrheit von – sofern ich mich recht er­innere – 22 gegen drei Stimmen festgestellt.

Dieses Gremium hat also mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt, dass man niederfre­quente elektromagnetische Felder im Netzbereich als ein mögliches Karzinogen, als eine mög­liche krebsauslösende Bedingung ansehen kann. Dass das nicht zu irgendwelchen gravie­renden Maßnahmen geführt hat, ist darauf zurückzuführen, dass man bei der Beurteilung des­sen, was daraus gefolgert werden kann, gesagt hat, bedeutsame Maßnahmen brauche man nicht zu treffen, bei neuen Anlagen sei aber auf eine gewisse Vorsicht Bedacht zu nehmen, und zwar dahin gehend, dass Abstände eingehalten werden et cetera.

Die wissenschaftliche Faktenlage ist in allen Bereichen von elektromagnetischen Feldern durch­aus umstritten, und es kommen hiebei unterschiedliche Gremien zu unterschiedlichen Positio­nierungen. Man darf auch nicht vergessen: Die ICNIRP setzt sich aus, wie ich glaube, zwölf – zu­ge­gebenermaßen zum größten Teil sehr angesehenen – Wissenschaftern zusammen. Es sind aber auch unter jenen, die zu den Kritikern gehören, durchaus angesehene Wissen­schafter. Jedenfalls ist diese Diskussion nach wie vor im Gange und wird auch noch weiter gehen.

Ich muss Herrn Kollegen Röschke, so sehr ich ihm in vielen Dingen zustimme, in einem Punkt widersprechen. Es ist aus meiner Sicht nicht so, dass wir weder gesicherte Effekte noch gesicherte Mechanismen haben. Wir haben reproduzierbare Effekte, wir haben ganz gute, theoretisch fundierte Mechanismen. Aber der Diskussionsprozess über diese Verbindung zwischen Effekten und vorgeschlagenen Mechanismen ist einfach noch in den Anfängen.

Wenn so sehr darauf vertraut wird, dass die EU-Forschung irgendetwas in diese Richtung bewegen wird, dann möchte ich sagen: Diese Möglichkeit sehe ich nicht so rosig, weil die EU ausdrücklich keine Forschung über Basisstationen durchführt, sondern ausschließlich über Handys. Das Geld aus dem 5. Rahmenprogramm, von dem gesprochen wurde, geht aus­schließlich in die Forschung über die Wirkung von Handys, also von an den Kopf gehaltenen Mikrowellenantennen. Darum geht es bei dieser Forschung, und nicht um Basisstationen. Bei den Basisstationen kommt es eben auf die Langzeitexposition, auf die Langzeiteffekte an, und diese sind anders zu behandeln als die Wirkungen von Mobiltelefonen. Mehr möchte ich dazu im Augenblick nicht sagen. – Danke.

17.51


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich bedanke mich, Herr Professor Dr. Kundi.

Bitte, Herr Dr. Jankowitsch.

17.52


Referent Dr. Wolfgang Jankowitsch¦ (Amt der Wiener Landesregierung; nominiert von der Verbindungsstelle der Bundesländer): Ich möchte nur kurz auf das Problem Ortsbildschutz, Ortsbildgestaltung eingehen. Dieser Bereich fällt, wie ich bereits ausgeführt habe, in die Kompetenz der Länder. Ich möchte vielleicht kurz auf das Beispiel Salzburg zurückkommen. Sofern ich mich richtig erinnere – sollte ich mich irren, Herr Professor, würde ich Sie bitten, mich gleich zu korrigieren –, ist es in Salzburg so, dass im Rahmen des Verfahrens betreffend den Ortsbildschutz die Anrainer keine Parteistellung, sondern nur ein Anhörungs­recht haben.

Das ist auch das Problem, das von den anderen Damen und Herren angesprochen worden ist: die Frage der Parteistellung. Diese ist im Bauverfahren im Rahmen des Ortsbildschutzes in al­len Bauordnungen, so weit ich mich erinnern kann, nicht gegeben. Es ist die Verpflichtung der Behörde, für den Ortsbildschutz zu sorgen. Diese Verpflichtung besteht – zumindest in Wien – aber auch dort, wo sozusagen kein formelles Baubewilligungsverfahren notwendig ist. Ein for­melles Baubewilligungsverfahren ist in Wien in Schutzzonen und bei Gebieten mit Bausperren vorgesehen. Das wollte ich nur zur Ergänzung noch anführen. – Danke.

17.53


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke sehr.

Jetzt stehen wir vor einem Problem: Einerseits haben wir die uns vorgegebene Zeit nahezu schon erreicht, und andererseits liegen mir noch 14 Wortmeldungen vor. Ich würde im Sinne der vorgeschrittenen Zeit, der Fairness und damit doch noch jeder das sagen kann, was ihm am Herzen liegt, um kurze und prägnante Wortmeldungen bitten, damit wir die zweite Diskussions­runde noch absolvieren können.

Sind Sie mit dieser Vorgangsweise einverstanden? (Die Teilnehmer geben ihr Einverständnis durch entsprechende Gesten zu verstehen.) – Da gibt es ein Kopfschütteln, aber ich glaube, das ist vom Tiroler Kollegen nicht wirklich ernst gemeint.

Als Erster zu Wort gemeldet in der zweiten Diskussionsrunde ist Herr Professor Dr. Leitgeb. – Bitte.

17.54


Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Norbert Leitgeb¦ (TU Graz, Institut für biomedizinische Technik): Ich möchte mich kurz fassen, aber es doch interessant, darauf hinzuweisen, dass die eigentlichen Sensationen sehr still sind. Ich weiß nicht, ob Ihnen aufgefallen ist, dass Herr Dr. Röschke ein sehr klares und prägnantes Statement abgegeben hat. Er hat gesagt, von seinen Ergebnissen sind keine Argumente für Grenzwerte abzuleiten. – Damit hat er ganz klar und dezidiert dem Salzburger Grenzwert die Grundlage entzogen, denn gerade von seinen Ergebnissen ist in Salzburg ein Grenzwert abgeleitet worden. Das möchte ich ganz klar hervorheben, und das ist doch immerhin ein sehr bemerkenswertes Ergebnis dieser Veranstaltung!

Zum Zweiten hat Herr Professor Kundi ein sehr gutes Beispiel dafür gebracht, wie ein und derselbe Sachverhalt von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus gänzlich anders gesehen wird. Ich möchte zwei Beispiele dafür bringen.

Das erste Beispiel sind die Ergebnisse von Herrn Dr. Röschke selbst, der sehr klar und wissen­schaftlich Folgendes ausgeführt hat: Er hat drei Studien durchgeführt. Die erste Studie war eine prospektive Studie, die eine Hypothese generiert hat, und in zwei weiteren Folgestudien hat er diese Hypothese nicht verifizieren können. – Ein ganz klares Ergebnis.

Herr Professor Kundi hat dieses Ergebnis ganz anders gesehen. Er hat gesagt, die zwei Fol­gestudien haben kein Ergebnis gebracht, die erste prospektive Studie schon. Bei dieser Studie war die Exposition geschätzt und nicht gemessen und lag zwischen den Werten der zwei an­deren Studien. Kundi sieht das als klaren Beweis für einen Fenstereffekt an, das heißt also für eine Wirkung, die nur bei einer sehr spezifischen Amplitude auftritt.

Das ist eine Auffassung, die ich aus wissenschaftlicher Sicht überhaupt nicht teilen kann, weil sie der sauberen Vorgangsweise des Herrn Dr. Röschke ganz konträr widerspricht und weil man diese Schlussfolgerung so absolut nicht ziehen kann! – Das ist ein ganz dezidiertes Statement.

Zweitens: Ich muss noch einmal auf Professor Kundi zurückkommen. Er hat die ICNIRP zitiert und hat gesagt, die ICNIRP habe festgestellt, Langzeiteffekte seien nicht gesichert. – Das ist richtig. Das ist so zu verstehen, dass es nach dem bisherigen Wissensstand keine Mecha­nismen und keine ernst zu nehmenden Hinweise gibt, die die Annahme rechtfertigen würden, dass über längere Zeit hinweg irgendein Effekt auftreten könnte, der nicht schon im akuten Fall da ist. Das bedeutet mit anderen Worten, dieses Statement bringt ganz klar Folgendes zum Aus­druck: Das, was wir aus der Röntgentechnik kennen, von der radioaktiven Strahlung, wo man über lange Zeit hinweg eine Wirkung summieren kann und dann ein Langzeiteffekt ver­zögert auftritt, ist hier nach allem, was wir wissen, dezidiert nicht anzunehmen. – So weit das Statement der ICNIRP.

Professor Kundi interpretiert dieses Statement: Er sagt, es ist nicht berücksichtigt worden. – Das sind doch zwei ganz klar qualitativ unterschiedliche Aussagen, und zwar von ein und dem­selben Statement abgeleitet.

Damit möchte ich auf die Frage zurückkommen, die mir gestellt worden ist: Ist es realistisch, den Grenzwert zu senken? – Dazu muss ich fragen: Was wollen wir mit dem Grenzwert erreichen? Die Basis für den Salzburger Grenzwert ist wissenschaftlich gefallen. Das ist nicht neu, aber es ist sehr wichtig, dass Herr Dr. Röschke als originärer Autor dieser Basis das noch einmal ganz dezidiert festgestellt hat.

Das heißt mit anderen Worten, bei der Grenzwertfestlegung muss man sich überlegen: Wel­chen Nutzen kann man durch einen Grenzwert erzielen? Dieser Nutzen im gesundheitlichen Sinne – also die Antwort auf die Frage: Welche gesundheitliche Beeinträchtigung kann man durch eine weitere Senkung des Grenzwertes verhindern? – lässt sich aus meiner Sicht und aus meiner Kenntnis nicht quantifizieren.

Jetzt können Sie sagen, aus politischen Gründen sei es gut, mit dem Faktor 10, 100 oder 1000 so wie jetzt herunterzugehen. Dann ist das eine – wie Herr Dr. Weber gesagt hat – rein  will­kürliche Entscheidung, die nicht auf einem wissenschaftlichen Sachverhalt beruht. Das ist es. Aber ich aus meiner Sicht habe das Problem, für eine Senkung des Grenzwertes einen ge­sundheitlichen Nutzen quantifizieren zu sollen.

Nächster Punkt: Ich bedauere, mit Frau Reeh nicht übereinstimmen zu können. Ich halte die Kennzeichnung von Handys für sehr sinnvoll und auch für realisierbar. Handyhersteller müssen sich natürlich bereits derzeit vergewissern, dass ihre Geräte den Grenzwerten entsprechen. Dazu müssen sie die spezifische Absorptionsrate untersuchen. Dazu gibt es Methoden, expe­rimentelle und mathematische Methoden, und diese Ergebnisse sind bekannt, müssen bekannt sein, sonst kann ein Produkt nicht auf den Markt kommen.

Ein Produkt, das ein CE-Kennzeichen hat, muss auch in dieser Hinsicht vom Hersteller geprüft worden sein. Ich halte es nicht für notwendig, eine solche Kennzeichnung gesetzlich vorzu­schreiben, aber man braucht auch das Rad nicht zum zweiten Mal zu erfinden.

Es gibt bereits ein Beispiel bei den PCs, bei den Personal Computers oder Bildschirm­ar­beitsplätzen, bei denen sich auf Grund eines Produktvergleiches ein Standard durchgesetzt hat, nämlich die schwedische Empfehlung. Das bedeutet: Wenn man die Hersteller dazu moti­vieren könnte, ihre kennzeichnende Größe – das ist nicht die Ausgangsleistung, das ist die spezifische Absorptionsrate am Kopf – anzugeben, diesen Wert anzugeben, dann wäre das eine sehr wich­tige und wertvolle Hilfe für die Kaufentscheidung des Kunden, und allein der Konkurrenzdruck würde dafür sorgen, dass sich diese Kennzeichnung durchsetzen würde. – Danke.

18.00


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Univ.-Prof. Dr. Kerschner.

18.00


Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner¦ (Johannes Kepler-Universität, Institut für Umweltrecht): Ich möchte es ganz kurz machen und nur zwei Hinweise geben.

Erstens zu einer Aussage von Herrn Sektionschef Dr. Weber, die ich nicht so im Raum stehen lassen möchte. Ich glaube schon, dass es sachlich erkennbare Unterschiede zwischen einem Handy und einer Mobilfunkstation gibt. Einen solchen Unterschied sehe ich – als Laie, ich bin ja kein Techniker – in der typisch unterschiedlichen Strahlenbelastung. Das würde meiner Ansicht nach auch vor dem Verfassungsgerichtshof eindeutig halten.

Zweitens zum Vorwurf der Willkür bei Sicherheitszuschlägen. Ich glaube, dass nach dem Vor­sor­gegrundsatz auf Grund der Natur der Sache natürlich eine gewisse Unbestimmtheit oder Un­bestimmbarkeit mitspielen muss, dass aber auch der Vorsorgegrundsatz sachliche Argumente eben für bestimmte Sicherheitszuschläge im Sinne der Gesundheit liefert und dass man damit auch nicht dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt werden kann. – Danke sehr.

18.01


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Moser.

18.02


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Nichts wäre mir lieber, als dass sich dieses Problem, so wie es Professor Leitgeb skizziert hat, in Luft auslöst – ich hätte dann viel mehr Ruhe!

Ich sehe allerdings ein Problem darin, dass die von Dr. Röschke dargelegte Studie beim ersten Mal, so glaube ich, 20, beim zweiten Mal 26 gesunde Männer betraf, dass jedoch nicht unter­sucht worden ist, wie sich die Strahlung auf Frauen auswirkt, wie sie sich auf Kinder auswirkt, wie sie sich auf nicht gesunde Menschen auswirkt. Außerdem wurden darin, wie heute schon öfter betont wurde, die Auswirkungen des Handys und nicht jene von Sendemasten untersucht.

Ich wiederhole: Mir wäre es am liebsten, wenn es keine Auswirkungen gäbe. Das Problem ist allerdings, dass Leute anrufen, dass Leute darüber klagen, und die Politik muss sich um diese Probleme kümmern. Und das Problem besteht auch darin, dass die Forschung offen ist, dass es dezidiert keine Langzeituntersuchungen darüber gibt. Daher stehe ich jetzt politisch vor der Schwierigkeit, über etwas entscheiden zu müssen, das noch nicht untersucht worden ist. Ich sage daher: „Zurück zur Forschung!“, „Zurück an den Staat!“, es müssen eben einmal Lang­zeituntersuchungen vorgenommen werden.

Diesbezügliche Anträge sind ja auch schon deponiert worden, und es gibt auf Grund dessen, dass die öffentliche Hand durch den Lizenzverkauf beachtliche Summen lukriert hat, auch ge­nügend Finanzmittel. Denn diese Summen können ohne weiteres der Forschung zugeführt werden. Das ist einfach eine Frage des Budgets, und diese ist immer eine Frage der politischen Wertung.

Ich plädiere also dafür, dass in erster Linie Langzeituntersuchungen durchgeführt werden, damit die Forschung einmal nachholt, und dass vor allem die ebenfalls noch immer ausstehenden Untersuchungen der Auswirkungen von Basisstationen endlich vorgenommen werden.

Der zweite Punkt betrifft die Information; dies ist ja auch schon wiederholt angedeutet worden. Auch ich habe einen Brief an die Oberste Fernmeldebehörde geschrieben, nachdem ich ver­geblich mit den Fernmeldebehörden vor Ort, zum Beispiel in Linz, telefoniert hatte, aber niemand – wirklich niemand – mir Auskunft darüber erteilen konnte, wo Sender stehen. Ich habe bei der Stadt Linz nachgefragt – die Stadt Linz weiß nicht, wo auf ihrem Gebiet Sender stehen. Andererseits aber ist es der öffentlichen Hand sehr wohl bekannt, wo einzelne Bäume stehen! Diese Diskrepanz ist für mich nicht erklärbar. Warum weiß man auf der einen Seite sehr viel über Dinge, die dezidiert als harmlos gelten, und warum weiß man auf der anderen Seite nicht, wo etwas steht, bei dem es – in Ihrem Sinne formuliert – offen ist, wie harmlos es ist?

Diese Rahmenbedingungen legen es nahe, hier einmal nachzufragen. Ich erachte weitere Forschungen dazu für unabdingbar notwendig und möchte außerdem eine Bestandsaufnahme und eine Information über die Bestandsaufnahme sogar als demokratisches Grundrecht in An­spruch nehmen. Wieso gibt es denn eigentlich ein UIG, ein Umweltinformationsgesetz? Hier trifft man auf ein Vakuum, welches dann eben Sorgen, Bedenken und Ängste verursacht, nicht primär bei mir, aber in der Bevölkerung. Bekanntermaßen unterliegen Dinge, die als nicht ganz ungefährlich gelten, gerne der Geheimhaltung. Es muss beim GSM-Bereich ja nicht so sein, aber die Rahmenbedingungen deuten darauf hin.

Zum Schluss noch eine kurze Bemerkung – weil man sich knapp halten soll –: Ich verstehe es nicht ganz, warum es in anderen Staaten niedrigere Grenzwerte gibt, die ebenfalls technisch einhaltbar sind und ebenfalls gewährleisten, dass es eine flächendeckende Versorgung geben wird. Warum kann man diesen Staaten – sei es nun Italien, die Schweiz oder auch Belgien – nicht nacheifern, vor allem angesichts dessen, dass Österreich immer wieder auf seine Umwelt­vorreiterrolle hinweist? – Es wäre meiner Überzeugung nach sehr wohl auch im Sinne der Verfassung, laut welcher der Menschenschutz, der Schutz der Bevölkerung vorrangig ist, vor­sichtig zu sein.

18.06


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Eva Maršálek. Ich erteile ihr das Wort.

18.06


Eva Maršálek¦ (Proponentin der Petition): Ich möchte da einhaken, wo Frau Abgeordnete Dr. Moser aufgehört hat. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn Herr Professor Leitgeb sagt, fast jubelt, dass der Salzburger Vorsorgewert hier gefallen sei. Die Beurteilung, ob er ge­fallen ist oder nicht, möchte ich Herrn Dr. Oberfeld überlassen. Ich als zwangsbeglückte An­rainerin mehrerer Basisstationen stelle einfach nur fest, dass – auch wenn der Salzburger Vorsorgewert hier gefallen ist, lang bevor er eingeführt wurde – in Italien niedrigere Grenzwerte gelten. Dort gibt es also offenbar eine ausreichende Basis, um diesen niedrigeren Grenzwert auch gesetzlich festzuschreiben. Und dieser scheint dort den verfassungsrechtlichen Bestim­mungen standzuhalten, denn sonst würde er nicht noch immer bestehen. Die Schweiz hat übri­gens auch einen niedrigeren Grenzwert eingeführt, dieser wird aber dort nicht vom Verfas­sungs­gerichtshof bekämpft, sondern von den Bürgerinitiativen. Das heißt, er hält auch in der Schweiz offenbar den verfassungsrechtlichen Bestimmungen stand.

Was den immer wieder angesprochenen Aspekt der Mastenminimierung betrifft, so sehe ich das zwar ein, glaube allerdings, dass in diesem Fall der – vorsichtig formuliert – nach wie vor of­fenen gesundheitlichen Auswirkungen, und zwar in Bezug auf Langzeiteffekte, die Ge­sund­heitsvorsorge dem Schutz der Optik sicherlich vorzugehen hat; Gesundheit sollte eigentlich wichtiger sein.

Professor Kerschner hat als Lösungsvorschlag einen Meterabstand angeregt. Ich kann mich, so sehr ich auch sonst mit Professor Kerschner konform gehe, dem leider Gottes nicht anschlie­ßen, weil sich nach meiner eigenen Erfahrung gezeigt hat, dass dann die Basisstationen zwar oft weiter weg von den Häusern errichtet werden, dafür aber wesentlich höhere Leistungen ha­ben, womit der Effekt des „weiter weg“ mehr als aufgehoben zu sein scheint.

Frau Reeh hat immer wieder von Rechtssicherheit für Betreiber und Kommunen gesprochen. Ich kann mich dem voll anschließen, sie vergisst dabei allerdings immer die Bürger. Auch die Bürger leben hier in diesem Land. Und ich möchte noch einmal betonen, dass die Mobil­kom­munikation kein so großes Geschäft wäre, wenn es nicht die Abnehmer beziehungsweise die Kunden gäbe. Diese Kunden sind jedoch auch Bürger, auch Anrainer, und möchten ebenfalls Rechts­sicherheit, und zwar nicht nur als Konsumenten einer angebotenen Dienstleistung, sondern auch in Gestalt von Haus- und Grundbesitzern, von Wohnungsbesitzern oder Woh­nungs­vermietern, die dort ihre Mieten lukrieren wollen. Es ist daher nicht nur Rechtssicherheit für Betreiber und Kommunen, sondern auch Rechtssicherheit für Anrainer von Mobilfunk-Basis­stationen herzustellen.

Was die Problematik des Vorsorgewertes für kommende Technologien betrifft, so stellt sich für mich die Frage anders: Ich halte es für dringend erforderlich, dass dieser Vorsorgewert und auch die Anrainerrechte, in welcher Form auch immer, beschlossen werden, durchgesetzt wer­den, bevor die UMTS-Lizenzen verkauft werden, denn sogar die Betreiber haben bereits medial ausrichten lassen, dass sie Akzeptanzprobleme für die UMTS-Sender orten. Ich glaube, die Betreiber liegen da völlig richtig, sie sehen das völlig richtig.

Wie heute allgemein, so glaube ich, aufgezeigt werden konnte, bestehen diese Akzeptanz­probleme ja bereits jetzt bei den GSM-Sendern. Ich frage mich, worauf gewartet wird. Die weltweite Harmonisierung der Grenzwerte gibt es nicht mehr, weil einige Länder schon aus­geschert sind. Sehr wohl gibt es aber eine weltweite Harmonisierung der Bürgerproteste, meine Herrschaften, denn die Bürger fühlen sich nicht nur in Österreich sozusagen überfahren und in ihrer Gesundheitsvorsorge allein gelassen, diese Situation ist weltweit so, auch EU-weit wird darüber diskutiert, sonst fände ja nicht eine diesbezügliche EU-Konferenz am 29. Juni statt.

Zusammenfassend ist zu sagen: Anrainer werden ohne Vorinformation mit derartigen Emis­sions­quellen in ihrem unmittelbaren Lebensbereich konfrontiert und nach der derzeitigen Geset­zeslage um jegliche Möglichkeit einer vorausschauenden Meinungsbildung und einer Einfluss­nahme zur Lösungsoptimierung gebracht. Auf Grund dessen haben Mobilfunksendeanlagen ei­ne Sonderstellung im Umweltrecht, denn im Gegensatz zu anderen, konkret definierbaren Quellen potentieller Umweltbelastungen, etwa genehmigungspflichtige betriebliche Anlagen, ist hiebei kein Parteiengehör vorgesehen.

Diese Meinung teilt übrigens auch Univ.-Prof. Dr. Kofler vom Institut für Hygiene und Sozial­medizin der Universität Innsbruck. Er meint, dass unabhängig von der Frage, ob Mobilfunk­sender auf Grund ihrer physikalischen Emissionen gesundheitsrelevant sind oder nicht, diese be­reits über Bewertungsprozesse, und zwar beispielsweise auf Grund der Hilflosigkeit der „über­fahrenen“ Anrainer, gesundheitsrelevante Wirkungen haben können. Professor Kofler vertritt die Ansicht, dass es Stand des Wissens ist, dass nicht nur physikalische sowie bio­logische und chemische Umwelteinflüsse gesundheitsrelevante Mechanismen auslösen kön­nen, sondern auch über diese Bewertungsprozesse beim gesunden, normal empfindenden Men­schen gesundheitsrelevante Wirkungen zum Beispiel über das Stress- oder Toxikopie-Prinzip zu erwarten sind.

Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen – wie es hier auch schon gesagt worden ist; nur resultiert die Angst für Professor Kofler aus anderen Gründen –: Angst macht krank, aber auch das Erfahren von Hilflosigkeit und Kontrollverlust über das eigene Lebensumfeld erhöht das Krankheitsrisiko wesentlich! Auch aus diesem Grunde ist, selbst wenn man sich den wis­senschaftlichen Erkenntnissen, die den Salzburger Vorsorgewert rechtfertigen, nicht anschlie­ßen sollte, Handlungsbedarf gegeben, meine Damen und Herren.

Professor Kofler führt weiter aus: Die österreichische Rechtsordnung unterscheidet hinsichtlich der Berücksichtigungswürdigkeit von Einflüssen auf das Schutzgut Gesundheit nicht zwischen physikalisch, biologisch und chemisch bedingten Wirkprinzipien einerseits und anderen gesund­heitsrelevanten Wirkprinzipien. Unabhängig von der Ätiologie sind alle gesundheitsgefähr­denden Prinzipien gleichermaßen zu berücksichtigen. Dabei kommt allerdings zum Beispiel im Anlagenrecht der Frage nach dem Verursacher – und das wären in diesem Fall in erster Linie die Basisstationen – verständlicherweise große Bedeutung zu.

Er schließt mit dem Satz: Bei bundesweiter Einführung des Salzburger Vorsorgewertes schei­nen nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion wichtige Gründe für Angst, jedenfalls beim gesunden, normal empfindenden Menschen, aus medizinischer Sicht vermie­den. – Zitatende.

Abschließend: Viele Bürger – sehr viele Bürger sogar, sie rufen auch bei mir täglich an – emp­finden die derzeitige Vorgangsweise so, dass sie nicht hinreichend abschätzbaren poten­tiellen Gefahren hilflos ausgeliefert sind, und fühlen sich der nötigen Kontrolle über ihre unmit­telbare Lebensumwelt sowie über ihr Privateigentum beraubt. Daher ist die Umsetzung der Forde­rungen der Mobilfunk-Petition noch vor der Vergabe, noch vor der Versteigerung weiterer Lizen­zen im Sinne eines fairen Ausgleichs von Anrainer- und Wirtschaftsinteressen uner­lässlich. – Danke.

18.14


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Ich bitte wirklich um die gebotene Kürze – bei einem Kollegen traue ich mich, das eher zu sagen. (Heiterkeit.)

18.15


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es kurz machen. Die Diskussion, die wir jetzt führen, ist eine Technologiefolgenabschätzungs-Diskussion, wie wir sie auch aus anderen Bereichen kennen. Ich möchte nur das Problem schildern, vor dem die Menschen, die Bür­gerinitiativen und auch Politiker stehen: Sie werden nämlich von einer wirtschaftlichen Entwick­lung überrollt. Bei Produkten und bei Dienstleistungen gibt es keine Genehmigungs- und Bewil­ligungsverfahren mehr, sondern es bleibt einer kritischen Marktbeobachtung überlassen fest­zustellen, ob Produkte und Leistungen möglicherweise gesundheitsschädlich sind oder nicht.

Ich habe die heutige Diskussion, obwohl es unterschiedliche Auffassungen gegeben hat und weiterhin geben wird, für sehr fruchtbringend gehalten und stelle daher, Frau Vorsitzende, den Antrag, dass das Stenographische Protokoll allen Abgeordneten zur Verfügung gestellt und dass dieses Thema auch im Plenum umfassend diskutiert wird.

Ich möchte trotzdem noch einige Punkte ansprechen. Zu den Ausführungen von Professor Leitgeb könnte man sehr vieles sagen. Bezüglich der Frage der Glaubwürdigkeit der WHO muss ich Sie, Herr Professor, korrigieren, und zwar mit aller Deutlichkeit: Die WHO ist bereits seit Jahren in Kritik geraten, und zwar auf Grund der undifferenzierten Zusammensetzung ihrer Gremien. Ich erinnere nur an die Diskussion zur Hormonproblematik – all das können Sie nach­lesen –, in der klar ersichtlich war, dass beispielsweise Verbrauchervertreter nicht in diesen Entscheidungsprozess einbezogen waren, sondern in erster Linie Vertreter der Industrie.

Außerdem darf ich die Kolleginnen und Kollegen des Parlaments auch darauf verweisen, dass im österreichischen Seattle-Bericht nach der Position der österreichischen Bundesregierung – diskutiert im Hauptausschuss – auf dieses Problem hingewiesen und von der jetzigen öster­reichischen Bundesregierung ausdrücklich betont wurde, dass dem Vorsorgeprinzip mehr Be­deu­tung eingeräumt werden müsse.

Ich sehe im Bereich der WHO und im Bereich der internationalen Organisationen, gerade was die Normung betrifft, enormen Handlungsbedarf, weil ich einfach nicht einsehe, dass dort nur Wissenschafter arbeiten, die zwar einen respektablen Ruf haben, allerdings von der Industrie bezahlt werden, wodurch Verbraucherinteressen unter die Räder kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die UMTS. Damit wird sich nämlich das Problem meiner Meinung nach verstärken. Daher meine Frage an Herrn Sektionschef Dr. Weber: Ist geplant, bei der Ausschreibung dieser Verstei­gerung – Europa ist ja in Goldgräberstimmung, jeder erwartet sich irrsinnig viel Geld – bestimm­te Auflagen vorzusehen, insbesondere beispielsweise Mittel für weitere Forschung bereitzu­stel­len, und zwar für die Basisstationen? – Denn die heutige Diskussion hat klar und deutlich ge­zeigt: Die EU forscht, aber nur im Bereich der Handys. Ich frage mich: Wer forscht eigentlich im Bereich der Basisstationen, um tatsächlich zu Aussagen über Langzeiteffekte zu kommen?

Dritter Punkt: Ich glaube auch nicht, dass der Salzburger Vorsorgewert gefallen ist, und zwar gerade deshalb, weil es eben keine Studie zu den Basisstationen und deren Langzeiteffekte gibt. Es gibt diesbezüglich, wie ich weiß, unterschiedliche Auffassungen; darüber müssen wir noch längere Zeit diskutieren.

Letzter Punkt: Mir hat es sehr gefallen, dass der Vertreter der Bundeswirtschaftskammer darauf hingewiesen hat, dass aus den Erlösen dieser UMTS-Lizenz-Versteigerung Mittel für die Forschung beigestellt werden sollten und können. Herr Sektionschef Weber, ich ersuche Sie, diesen Vorschlag der Bundeswirtschaftskammer auch Ihrem Ressortchef zu übermitteln.

Zum Schluss noch eine Frage an Herrn Professor Kundi. Frau Maršálek hat in ihrer ersten Wort­meldung gemeint, dass die Studie von Professor Silny mangelhaft sei, es gebe darin falsche Berechnungen. Ich kann das nicht nachvollziehen. Wie schätzen Sie persönlich, Herr Professor Kundi, die Silny-Studie ein?

18.20

18.20


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke.

Ich stehe auch noch auf der Rednerliste. Ich habe mich schon lange zuvor gemeldet – also nicht jetzt, sozusagen den Vorsitz ausnutzend – und möchte in der gebotenen Kürze einige Be­merkungen anbringen.

Für mich sind drei beziehungsweise vier Punkte wesentlich: Es gibt in § 1 des Tele­kom­muni­kationsgesetzes den Auftrag, dass die Bevölkerung flächendeckend versorgt werden soll, aber man muss auch die Besorgtheit der Bevölkerung berücksichtigen. Außerdem besteht sehr wohl die Erfahrung, dass es eben in Salzburg trotz der niedrigeren Vorsorgewerte und trotz der Ände­rung der Gesetzeslage in Bezug auf die orts- beziehungsweise naturschutzrechtlichen Be­stimmungen möglich ist, in relativ guter Qualität telefonieren zu können. – Diese Fakten gibt es einerseits.

Andererseits gibt es jedoch massive Beschwerden. Immer, wenn man mit Bürgerinitiativen spricht – und das ist ja auch meine Aufgabe –, wird man mit der Klage konfrontiert, dass die Parteien vor allen Dingen dieses „Über-den-Kopf-Hinwegentscheiden“ nicht goutieren. Das ist die Klage, die mir am öftesten zu Ohren kommt, wenn jemand in der Früh aufsteht und – ganz drastisch geschildert – ein Monstrum von einem zehn oder 20 Meter hohen Masten sozusagen vor der Nase stehen hat. Daher herrscht auch großes Unverständnis, weil man sich Folgendes fragt: Wenn ich irgendeine Änderung an meinem Haus vornehme – ob das der Bau eines Balkons ist oder etwas anderes; es gibt ja sehr rigide Bauordnungen, wenn ich mich zum Beispiel an Alpbach in Tirol erinnere, wo nahezu genau bestimmt ist, welche Holzfarbe zu verwenden ist –, gibt es sehr strenge Vorschriften, aber bei Sendemasten spielt das nahezu keine Rolle.

Weiters gibt es – darauf ist auch schon von Herrn Abgeordneten und Verkehrssprecher der ÖVP Kukacka hingewiesen worden – eine Entschließung des Nationalrates an die Landes­hauptleute, dass man genau diese Fragen, ob das eben das Orts- beziehungsweise Land­schaftsbild oder naturschutzrechtliche Kompetenzen betrifft, von den Ländern regeln lassen sollte.

Andererseits – ich habe mir die Stellungnahmen, die wir im Petitionsausschuss erhalten haben, genau durchgeschaut – sagen die Länder: Nein, das fällt in dieser Art und Weise nicht in unsere Kompetenz – und dazwischen ist der Bürger, die Bürgerin, der beziehungsweise die irgendwie im Kreis herumgeschickt wird. Das, so glaube ich, ist etwas, was hier bei dieser Veranstaltung und auch bei zukünftigen Veranstaltungen – denn das wird sicher nicht die letzte sein, die wir zu diesem Thema abhalten – besprochen werden sollte, da sollte mehr Transparenz Einzug halten. Wir müssen uns entscheiden: Soll diese Frage vor allem im Naturschutz- und Ortsbild­gesetz geregelt werden oder soll sie, wie die andere Rechtsmeinung ist, insbesondere im Telekom­munikationsgesetz geregelt werden?

Wenn das in orts- beziehungsweise naturschutzrechtlichen Gesetzgebungen geregelt wird, dann weiß ich schon, dass bezüglich eines Großteils der Gesetze, weil sie ja in Länder­kom­petenz fallen, eben keine Parteistellung vorgesehen ist, obwohl das von öffentlichem Interesse ist. Daher hat Herr Universitätsprofessor Kerschner ja das Anhörungsrecht angesprochen.

Es scheint – wenn ich in die Zukunft schaue – schon ein interessanter Alternativvorschlag zu sein, nämlich dass man einerseits trotzdem dem Versorgungsauftrag nachkommt, aber anderer­seits die Verfahren nicht zu sehr verschleppt, dass man wirklich eine Art der Vorausinformation ermöglicht und dass – eben so, wie damals Bundesminister Einem den PR-Preis für diesen Dialog vergeben hat – wirklich der Dialog mit der Bevölkerung, mit dem Bürger, mit der Bürgerin geführt wird. Dann kommt man auch – davon bin ich überzeugt – zu einer anderen Akzeptanz. Wenn man in diese Richtung weiterdenken würde, wäre vielen sehr geholfen, um diesen Pro­blembereich besser in den Griff zu bekommen.

Außerdem habe ich auch immer wieder Vorschläge gehört – wieso sollte man sich so etwas nicht auch überlegen? –, dass man so etwas wie einen – ich sage es jetzt volkstümlich – Han­dy-Masten-Plan erstellen soll, damit man ungefähr weiß: Wo sind die nächsten Standorte geplant? Was kommt auf mich zu? Gibt es zwischen den verschiedenen Gemeinden be­ziehungsweise Bürgermeistern dann nicht die Möglichkeit, dass man sich abspricht und dazu immer und immer wieder die Bevölkerung miteinbezieht?

Zum Abschluss – diese Frage ist meiner Meinung nach noch nicht gestellt und daher auch nicht in diesem Sinne beantwortet worden –: Wie stellen Sie von den Fachleuten oder vor allen Dingen Sie von den Technikern sich die künftigen Entwicklungen auf diesem Sektor allgemein vor? Wird es in Zukunft überhaupt noch dieses Problem mit den großen Handy-Masten geben? Man hört ja immer, dass das dann ganz kleine Kästchen sein werden. Aber wie viel Strahlung senden diese dann aus? Wie schaut die künftige technische Entwicklung aus, und zwar nicht nur die gleichförmige? Welche Weiterentwicklungen gibt es überhaupt auf diesem Sektor, und was ist Zukunftsmusik? – Danke.

18.25

*****


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Oberfeld. – Bitte.

18.25


Dr. Gerd Oberfeld¦ (Proponent der Petition): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf den Symptomenkomplex der Funkerkrankheit eingehen. Es ist so, dass Sie von Herrn Kollegen Röschke gehört haben, dass es sich dabei um unspezifische Symptome handelt. – Selbstverständlich! Eine Blutdruckerhöhung ist unspe­zi­fisch, Kopfschmerzen sind unspezifisch; es gibt dafür eine Vielzahl von möglichen Ursachen. Das Interessante jedoch ist, dann, wenn ein gewisser Symptomenkomplex immer und immer wieder genannt wird, ist das – sagen wir einmal unter Anführungszeichen – „verdächtig“, dass eine gewisse Ursache dafür in Frage kommt.

Zur Frage Handy und Basisstationen. Es ist tatsächlich so, dass ein Unterschied um etwa den Faktor 1 000 in der Leistungsflussdichte besteht. Das variiert natürlich sehr stark, hängt von verschiedenen Umständen ab, aber der Faktor ist etwa 1 000. Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, Handys seien gefährlicher als Basisstationen, ist aus meiner Sicht nicht zulässig. Stel­len Sie sich Folgendes vor: Sie halten sich ein Kofferradio an das Ohr, schalten es auf eine Lautstärke, die Sie leicht aushalten können, und tun dann dasselbe in der Nacht. Sie werden wahrscheinlich kein Auge zumachen können. – Das heißt, hiebei kommt es ganz darauf an, in welcher Phase eine Belastung auf den menschlichen Körper wirkt. Ich habe auch bei der Salz­burger Konferenz den Vergleich mit dem Lärm gezogen, weil er mir sehr schlüssig erscheint.

Zur Frage von Frau Abgeordneter Dr. Moser betreffend Schwelle und wie man überhaupt einen Grenzwert festlegen kann. Es ist ja in dem Statement der Salzburger Resolution enthalten, dass Hinweise dafür vorliegen, dass keine Schwelle vorhanden ist; das bezieht sich insbesondere auf gentoxische Wirkungen, das heißt, Wirkungen, die mit Krebs im Zusammenhang stehen. Es ist tatsächlich so, dass uns dieses Problem generell im Bereich der Umweltmedizin und Umwelt­hygiene betrifft. Es gibt eine Unzahl von Substanzen, die krebserregend sind. Man legt sehr wohl von Seiten des Gesetzgebers und von Seiten der verschiedenen Behörden Vorschläge für eine Grenzwertableitung vor. Dabei kommt es sehr darauf an, wie viel man bereit ist, an Risiko in Kauf zu nehmen.

Bezüglich der Anmerkung von Dr. Röschke, dass der Salzburger Grenzwert aus seiner Sicht durch seine Untersuchungen nicht gestützt wird – wenn ich seine Aussagen so richtig wie­dergebe –, ist Folgendes zu sagen: Es ist so, dass er drei Studien in der Schlafphase vorgestellt hat, die alle drei eine deutliche Reduktion der Traumphasen, der REM-Phasen, gezeigt haben. Die statistische Signifikanz war in der ersten Studie gegeben, in den zwei nachfolgenden Stu­dien aber nicht. Die statistische Signifikanz gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, ob ein Effekt real ist oder nicht, sondern sie besagt nur, dass nach dem Prinzip der Statistik eventuell auch der Zufall mitgespielt haben könnte.

Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit reichen diese Studien aus, um Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, insbesondere dann, wenn andere Studien in anderen Bereichen ebenfalls Effekte zeigen. Die Grenzwertableitung ist dann allerdings in dieser einen Studie von Mann/Röschke aus dem Jahr 1996 mit einem Sicherheitszuschlag von Faktor 500, wie er im Bereich der Toxikologie üblich ist, erfolgt.

Das war auch ein Grund dafür, warum Salzburg den Weg dieser internationalen Konferenz gegangen ist, die vor zwei Wochen stattgefunden hat, weil wir eben diese Diskussion auf internationaler Ebene führen möchten – eine Diskussion darüber, ob diese Vorsorgestrategie, wie sie in Salzburg gewählt worden ist, der richtige Weg ist. Wie man der Salzburger Resolution entnehmen kann, war das der richtige Weg: Der identische Salzburger Wert ist sogar bestätigt und empfohlen worden.

Bei der Salzburger Konferenz haben namhafte Wissenschafter aus vielen Teilen der Welt Stu­dien vorgestellt, die Effekte gezeigt haben, und zwar Gesundheitseffekte – nicht nur biologische Effekte, auch Gesundheitseffekte! –, die deutlich unterhalb jenes Schwellenwertes liegen, der von der ICNIRP, der WHO oder der EU derzeit empfohlen wird. Über diese Studien kann und darf man nicht hinweggehen, sondern man muss das Ganze im Kontext sehen, wie es Pro­fessor Leitgeb mit dem Puzzle sehr anschaulich gezeigt hat. Ich denke, das Puzzle ist da, man muss es nur mit der richtigen Brille betrachten; vielleicht kommt es auch darauf an, wie genau man hinsieht.

Ich möchte Professor Kundi darum bitten, dass er noch etwas zu der Ableitung der Emp­fehlungen der ICNIRP sagt. Es gibt diesbezüglich ganz massive Kritiker, ich nenne nur Dr. Neil Cherry aus Neuseeland, der die Grenzwertableitung beziehungsweise Empfehlungsableitung der ICNIRP massiv kritisiert und zu völlig anderen Schlussfolgerungen kommt.

Ich darf Sie auch auf seinen Beitrag im Tagungsband verweisen, der Anfang Juli vorliegen wird, im dem er ganz klar verschiedenste Studien, vor allem epidemiologische, aber auch andere, heranzieht und auf Grund seiner Erkenntnisse einen Wert von einem Zehntelmilliwatt empfiehlt. Er ist dann auf 1 Milliwatt umgeschwenkt, wenn man so sagen will, weil man sich zum Großteil doch in Innenräumen aufhält und im Durchschnitt auf Grund der Mauerdämpfungen der Faktor 10 zu erwarten ist, sodass er sich mit dem Wert 1 Milliwatt im Freien anfreunden kann. Sein Wert läge um den Faktor 10 niedriger, wie gesagt. Ich weiß, dass die Salzburger Konferenz den Salzburger Wert bestätigt und nicht in Frage gestellt hat.

Noch eine Anmerkung zum Beitrag von Frau Reeh betreffend die beiden Wissenschafter Pro­fessor Hamnerius und Dr. Sandström aus Schweden. Ich habe in der blauen Mappe das ent­sprechende Wortprotokoll beigefügt, sodass Sie sehen, dass beide Wissenschafter das Vor­sorgeprinzip ganz massiv unterstützen. Frau Sandström konnte sich deshalb nicht dazu ent­schließen, an dieser Sitzung der Arbeitsgruppe teilzunehmen, weil sie sagt, sie sei keine Expertin für Handy-Masten. Professor Hamnerius meinte, dass er sich auf keinen expliziten Wert festlegen will. Die Antwort von Professor Kundi, die Sie auch in der Mappe finden, war, dass das lange Zeit hindurch auch seine Meinung war, dass es aber im Sinne der Vorsorge notwendig ist, dass man sich einmal festlegt, denn nur zu sagen: Ja, ich will sehr vorsichtig sein!, nützt eigentlich niemandem.

Noch ein Wort zur WHO. Ich bin in Sachen Luftreinhaltung seit gut zwei Jahren in engem Kontakt mit der WHO Europa und kenne auch sonst die Grenzwertempfehlungen im Trink­wasserbereich sehr gut und muss sagen, dass das stimmig und schlüssig ist mit der wis­senschaftlichen Literatur. Was die Bewertung im EMF-Bereich der WHO betrifft, muss ich sa­gen, dass das Ganze vermutlich um Jahre zurückhinkt. Ich hoffe, dass der Aufholprozess sehr rasch erfolgen wird.

Zur Frage: Wie soll die Kontrolle funktionieren, wenn gewisse Werte festgelegt werden? – Das kann man auf verschiedene Weise bewerkstelligen. Jedenfalls sollten entsprechende Berech­nungsunterlagen für alle Behörden vorliegen, und auch für alle Anrainer, die das wünschen, sollten diese offen gelegt werden. Das bedeutet eine Datentransparenz, wie sie üblicherweise in Salzburg seit Beginn des Mobilfunkausbaues auch gegeben ist. Auf Grund der Berech­nungen sollten auch Kontrollmessungen stattfinden, sodass man ganz exakt sagen kann, wie viel Strahlung von welcher Anlage ausgeht. Es ist technisch kein Problem, das entsprechend abzuklären, wiewohl es natürlich, wenn es um mehr als hundert Messungen an einem Ort geht, sehr aufwendig ist. Aber man kann das auch mit Berechnungen entsprechend gut abschätzen. Ich sehe kein großes Problem darin.

Noch ein letzter Appell: Ich meine, dass es notwendig ist, dass es die Materie gebietet, Grenz­werte zum Schutz der Gesundheit nicht in einer Verordnung zum Telekommunikationsgesetz zu regeln, sondern in einem eigenen Gesetz zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung, das ja seit Jahren in Vorbereitung ist. Nur jetzt soll anscheinend ein anderer Weg gegangen werden. Diese Materie ist viel zu heikel, als dass man sie in einer einfachen Verordnung als Annex irgendwo anhängt. Das muss in einem entsprechenden Prozess, so meine ich, auch im Par­lament diskutiert werden. – Danke.

18.33


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Dipl.-Ing. Dr. Hutter.

18.33


Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter¦ (Vorstand „Ärzte für eine gesunde Umwelt“): Frau Vor­sitzende! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe mit Verwunderung wahrgenommen, dass Herr Dr. Röschke über die Aussage von Frau Maršálek erschrocken war, die Psy­chiatrierung der Menschen in Österreich finde statt. Er hat sich dagegen verwahrt, das sei natürlich nicht so. Etwas später hat er gesagt, es werde schon die Angst sein, weshalb die Leute auf Grund der Zuordnung zu den Sendeanlagen Beschwerden generieren. – Ich verstehe nicht ganz, wie Sie darauf kommen, denn dadurch, dass es ja im Sendeanlagenbereich keine einzige Lang­zeitstudie hinsichtlich epidemiologischer Auswirkungen gibt, kann man das nicht sagen. Dass man durch Suggestion irgendwelche Effekte erzielt, ist ein alter Hut. Jeder weiß, dass sehr viele Medikamente über den Placeboeffekt wirken können; das ist auch nichts Neues.

Ich möchte noch etwas sagen zu der willkürlichen „Ableitung“ – unter Anführungszeichen – von Grenzwerten. Ich beschäftige mich schon sehr lange mit der Ableitung von Grenzwerten chemi­scher Schadstoffe im Innenraumluftbereich. Mich wundert, dass das immer noch diskutiert wird. Es gibt hier eine klare Konvention, die abgesichert ist und nach der man ganz pragmatisch und einfach vorgeht. Das ist überhaupt kein Problem, ich frage mich nur, warum es hier – wie vorhin angesprochen – zu einem Problem gemacht wird und das zurückgewiesen wird.

Weiters würde mich interessieren, warum sich zum Beispiel Herr Professor Leitgeb so vehe­ment gegen Vorsorge einsetzt. Ich kann das irgendwie nicht verstehen; ich habe auch mit Ärz­ten gesprochen beziehungsweise mit Kollegen, die damit betraut sind. Als Arzt muss man die Symptome erkennen, muss man gegen die Beschwerden, egal ob sie jetzt direkt von Sen­deanlagen verursacht oder einfach zugeordnet werden, in irgendeiner Weise Vorsorge treffen. Mög­licherweise ist das bei Technikern anders, aber als Arzt sehe ich das sehr wohl so.

Letztendlich: Es wird immer wieder darüber diskutiert, dass es keine ausreichende Evidenz hinsichtlich der Daten, die zu einem Vorsorgeprinzip raten, gibt. Bei der letzten Enquete, bei der diese Literaturzusammenstellung von Seibersdorf präsentiert wurde, die im Übrigen ganz ordentlich gemacht ist, hat auch Herr Dipl.-Ing. Neubauer von Seibersdorf am Podium erzählt, es gebe erhöhte Krankheitsrisiken. Er hat zwar nicht gesagt, worauf sie sich beziehen, aber er hat – nehme ich einmal an – die für den Hochfrequenzbereich vorliegenden Arbeitsplatzstudien bei Radar­frequen­zen gemeint. Hier gibt es auf jeden Fall Hinweise darauf, dass es zur erhöhten kanzerogenen Inzidenzen kommt; das weiß man. Man kann jetzt natürlich nicht von A auf B schließen, aber es ist immerhin ein Hinweis darauf, neben vielen anderen Dingen, dass man auf diesem Gebiet ein bisschen vorsichtig sein muss. Nicht mehr möchten die Ärzte, die in diesem Bereich arbeiten. – Danke.

18.37


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier.

18.37


Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier¦ (Freiheitliche): Danke, Frau Vorsitzende! Für mich als Politiker, der zunehmend mit Bürgerprotesten konfrontiert ist, war diese heutige Diskussion, diese heutige Enquete sehr informativ. Die weitgehend parteiübergreifende sachliche Dis­kus­sion lässt auch hoffen, dass es bald zu einem positiven Ergebnis für die Bürger kommen wird.

Es herrscht, so glaube ich, weitgehend Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf besteht. Mei­ner Meinung nach hinkt hier doch der Gesetzgeber der technischen Entwicklung nach, wie das so oft der Fall ist, weil sich die Technik sehr schnell weiterentwickelt und verändert.

Es ist auch weitgehend unbestritten, dass es zu einem Wildwuchs vor allem bei der Errichtung der Sendeanlagen gekommen ist. Dieses oft zitierte Site-sharing-System hat meiner Meinung nach nicht funktioniert, zumindest nicht in jenem Bereich, wo ich das beobachten konnte. Ich bringe dazu immer folgenden Vergleich: Es werden ja auch nicht zwei Gleisanlagen zwischen München und Wien errichtet, weil einmal die ÖBB und einmal die Deutsche Bundesbahn auf dieser Strecke fahren. Das heißt, es dürfte auch technisch überhaupt kein Problem sein, das Zusammenfassen der verschiedenen Betreiber auf Sendeanlagen zu realisieren.

Es gibt auch weitgehend Einigkeit darüber, dass die Bürgerbeteiligung nicht funktioniert, dass die Bürgerinformation zu verbessern ist, und es wurde heute auch dieses schöne Zitat gebracht, dass der „demokratische Interessenausgleich“ nicht funktioniert hat.

Abschließend möchte ich noch etwas sagen, was heute vielleicht zu wenig angesprochen wurde: Wir sind ein Tourismusland und daher müssen uns auch Landschaftsschutz und Orts­bildschutz wichtig sein, deren Erhaltung muss gewährleistet sein. Für mich ist aber auch wich­tig, dass bei den bevorstehenden Entscheidungen Rechtssicherheit herrscht. Es muss auf je­den Fall, bevor es zu einer Versteigerung dieser UMTS-Lizenz kommt, klar sein, woran der künftige Betreiber dieser Lizenz ist und dass er nicht die Katze im Sack kauft. Priorität allerdings haben mit Sicherheit in erster Linie eine bessere Einbindung der Bürger und vor allem eine bessere Information der Bürger. Das war bisher meiner Meinung nach nicht zufriedenstellend. – Danke.

18.39


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Kathrein. Ich erteile es ihm.

18.40


Dr. Georg Kathrein¦ (Bundesministerium für Justiz): Frau Vorsitzende! Ich komme aus dem Justizministerium, bin für Zivilrecht zuständig und kann jetzt eigentlich nicht viel dazu sagen. Es ist so, dass wir nach unseren Informationen derzeit noch keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes oder der Obergerichte über die Frage des Einsatzes von Mobilfunkmasten oder auch von Handys haben. Denkbar ist, dass verschiedenste Rechtsinstrumente Anwendung finden können, angefangen von der Produkthaftung für Schäden an der Person, die durch ein Handy verursacht werden, bis hin zum Nachbarrecht und auch zur Preisminderung. Es schaut ja offenbar so aus, dass da schon mehrere Prozesse im Laufen sind. Es dürfte in absehbarer Zeit doch so sein, dass die Dinge geklärt werden.

Das zivilrechtliche Problem sehe ich vor allem darin, dass die wissenschaftlichen Grundlagen noch nicht recht erarbeitet sind und man schwer sagen kann, ob es zu einer Gesundheits­schädigung im haftungsrechtlichen Sinn kommt. Die Initiative hat ja verlangt, dass man ein verschuldensunabhängiges Gefährdungshaftungs- oder Schadenersatzgesetz einführen soll. Die Schwierigkeit liegt allerdings in der Frage: Wo liegt denn da eigentlich der Schaden? – Ein bloßes Risiko kann man noch nicht schadenersatzrechtlich geltend machen. So weit ist es also noch nicht. Eine Gefährdung allein reicht nicht, die Person muss schon auch einen Schaden erlitten haben. Da sehe ich gewisse Probleme.

Es liegt eine Entscheidung aus dem Jahr 1990 vor, die sich mit einem ähnlichen Fall befasst, bei dem es um das Nachbarrecht gegangen ist. Ein Nachbar einer Starkstromleitung hat geklagt und ist letztlich beim Obersten Gerichtshof unterlegen. Der OGH hat aber eine Reihe von doch bemerkenswerten Aussagen getroffen, und zwar hat er gemeint, dass auch elektrische Wellen oder ein Magnetfeld, also vergleichbare Bereiche, eine Immission im nachbarrechtlichen Sinn darstellen können, das heißt, dass sie unter Umständen untersagt werden können, nämlich dann, wenn sie über das ortsübliche Maß hinausgehen und auch wenn sie wesentlich sind. In dem entschiedenen Fall betreffend Starkstromleitung hat der Oberste Gerichtshof gesagt, dass die Einwirkungen, die auf das Grundstück des Nachbarn gegeben waren, nicht wesentlich waren. Das hängt jetzt natürlich hauptsächlich vom Einzelfall ab, auch von der Stärke des Masten und dergleichen. Man kann also schwer prognostizieren, wie die Sache ausgeht.

Man muss im Grunde genommen zwei Ansprüche unterscheiden, nämlich einerseits den An­spruch auf Unterlassung oder, wenn die Anlage genehmigt ist, andererseits den Anspruch auf Geldentschädigung, den der Nachbar geltend machen kann. In beiden Fällen können auch gesundheitliche Beeinträchtigungen eine Rolle spielen. Gewisse Probleme sehen wir allerdings in dem bisher wissenschaftlich nicht geklärten Risiko. Das bedeutet nach unserer Einschätzung, dass die Gerichte gar nichts anderes tun können, als sich letztlich auf die Aussagen von Sach­verständigern zu verlassen. Da steht man, so schätze ich es ein, vor dem gleichen Dilemma, vor dem jetzt die Enquete hier steht. – Danke schön.

18.43


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke, Herr Dr. Kathrein.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Reeh. – Bitte.

18.43


Michaela Reeh¦ (Forum Mobilkommunikation): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! Entschuldigen Sie die Verzögerung. Ich musste gerade Rede und Antwort stehen.

Ich hoffe, dass die heutige Veranstaltung dazu beitragen kann, dass der Wissensstand hier in diesem Gremium doch ein zusätzlich erhöhter oder ein ergänzter ist. Ich bin sehr froh darüber, dass Herr Dr. Röschke hier alle seine Arbeiten vorstellen konnte.

Ich möchte vielleicht noch davor warnen, dass man jetzt die Schweizer oder auch die italieni­sche Regelung für Österreich als Vorbild nimmt. Wir wissen, dass es in der Schweiz massive Vollzugsprobleme gibt, denn das BUWAL hat wohl einen Grenzwert, und zwar intentional nur für Sendestationen, erlassen, die Kantone wissen aber heute im Vollzug nicht, wie sie wirklich damit umgehen sollen. Es gibt in dieser Schweizer Verordnung viele Begriffsdefinitionen, viele Mängel, sodass sie eigentlich zu mehr Verwirrung in den Kantonen, aber auch bei den Betreibern beigetragen hat.

Von Italien wissen wir, dass der Grenzwert, der dort zwar per Dekret erlassen wurde, nicht wirklich exekutiert wird, und wir wissen, dass er in einigen Bereichen schon dazu geführt hat, dass man überlegen muss, Sendestationen von Rundfunk und Fernsehen zu verlegen. – So viel zur Situation in unseren Nachbarländern.

Ich darf vielleicht, weil auch Herr Padutsch dieses Messprojekt in Salzburg angesprochen hat, noch einmal zwei sehr wichtige Zahlen hier vor diesem Gremium präsentieren. Gemeinsam mit dem Forum Mobilkommunikation sowie Land und Stadt Salzburg hat das Forschungszentrum Seibersdorf an 72 Messpositionen, und zwar jeweils Worst-Case-Messpositionen, die Feld­stärken erhoben. Das Ergebnis war Folgendes: Der höchste in der Einzelfrequenz gemessene Wert, das heißt, der höchste GSM-Wert, hat 0,21 Prozent der ÖNORM betragen. Die ÖNORM weicht nicht viel von der EU-Ratsempfehlung oder von den von der Internationalen Strahlen­schutzkommission festgelegten Grenzwerten ab.

Eine zweite Zahl zu diesem Salzburger Messprojekt: Die gesamten Feldstärken, erhoben für Betriebsfunk, Rettungsfunk, Bündelfunk, Taxi, TV und Radio in Salzburg, hatten den höchst­gemessenen Wert von 3,3 Prozent der ÖNORM der in Österreich gültigen Grenzwerte.

Einen Zusatz erlauben Sie bitte noch: Das so genannte Salzburger Modell, das Beteiligungs­verfahren mit den Bürgern, war am Standort Salzburg in dieser Situation ein gangbarer Weg. Für einen flächendeckenden Netzausbau in den Zeithorizonten, wie das heute erforderlich ist, ist Bürgerbeteiligung kein gangbarer Weg, denn Netze lassen sich nicht realisieren. Das Salz­burger Vorgehen, dass man von tele.ring in der Zwischenzeit 0,25 Milliwatt für eine Sende­station, die dann mit weiteren Betreibern „geshared“ werden soll, verlangt, ist ein nicht gang­ba­rer Weg, Netze zu realisieren. Es gibt auch keine schriftliche Vereinbarung zwischen tele.ring und der Stadt Salzburg, die diesen Wert von 0,25 Milliwatt festschreibt. Die Betreiber orientieren sich unisono an der österreichischen Vor-Norm, ziehen aber schon die EU-Ratsempfehlung zur Grenzwerteinhaltung oder zur Dokumentation der Grenzwerte heran. 1 Milliwatt macht keine Netze möglich, nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

18.47


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Kunsch. Ich erteile es ihm.

18.47


Dr. Barnabas Kunsch¦ (Österreichisches Forschungszentrum Seibersdorf): Frau Vorsitzende! Ich würde gerne zwei Punkte ansprechen. Ich habe gehört, dass ein Stenographisches Proto­koll verfasst wird. Daher, so meine ich, sollte ich auf zwei persönliche Angriffe von Frau Maršálek auf Herrn Dr. Repacholi erwidern und einige Informationen dazu liefern, denn es sollte nicht zum Stil unseres Hauses oder von Österreichern werden, dass hier ein Ausländer diskreditiert wird.

Die zwei Anwürfe waren, soweit ich mich erinnere, Folgende: Erstens: Wieso kommt er zu sei­nem Job als EMF-Projektleiter? Zweitens: Was macht er in China mit Motorola? – EMF-Pro­jektleiter ist er deshalb geworden, weil natürlich bei so komplizierten Forschungen, die viele Millionen kosten, die Industrie mit an Bord genommen wird. Das können oder wollen die Staaten nicht alleine finanzieren. Wenn Sie das typische EU-Projekt anschauen, dann werden Sie erkennen, dass Seibersdorf dort nicht mit einer halben Finanzierung teilnehmen könnte. Die andere Finanzierung läuft über eine Finanzkonstruktion, woran selbstverständlich die Mobil­funkindustrie beteiligt ist. Aber – und da fällt jetzt die Rolle der ICNIRP und der WHO hinein – es gibt sozusagen eine Firewall-Konstruktion, dass die wissenschaftlichen Entschei­dungen, die Ver­öffentlichungsentscheidungen und all diese Dinge eben nicht von der Industrie dominiert werden. Sie dürfen mitzahlen. – So viel zum EMF-Projekt.

Was macht China? – Professor Leitgeb hat ja schon erzählt, dass in den Oststaaten – China war sozusagen ziemlich beeinflusst von der Sowjetunion – bei den Grenzwerten Philosophien eingeflossen sind, die nicht unserer, also der westlichen Philosophie entsprechen. Natürlich setzt man sich mit solchen Ländern auseinander, nicht nur deswegen, weil man dort Geschäfte machen möchte – selbstverständlich das auch –, sondern es kann doch bei einer solchen Fra­ge, die wissenschaftlich auf dem Tisch liegt, zu einem Meinungsaustausch kommen. Erstens: Warum liegt der chinesische Wert dort, wo er ist? Zweitens: Welche sind unsere Argumente dafür, dass unsere Grenzwerte dort liegen, wo sie eben liegen? So etwas kann man dort dis­kutieren. – So viel zu Repacholi. Das klarzustellen entspricht unserer internationalen Verpflich­tung.

Zur Frage Basisstationen und Langzeitwirkungen. Sie haben kritisiert – ich glaube, Herr Pro­fessor Kundi war es –, dass in dem EU-Projekt, in den Langzeitstudien die Basisstationen nicht vorkommen. Da können wir leicht Abhilfe schaffen.

Das, was in Seibersdorf läuft, ist das eine Perform-A-Projekt, ein quasi Langzeitversuch. Sie ha­ben gehört, dass dies aus ethischen Gründen bei Menschen nicht möglich ist, also macht man Tierversuche – eine, zwei oder drei Generationen, je nachdem, was man macht. Wir bestrahlen in dem Perform-A-Experiment selbstverständlich mit den vorgegebenen Strahlungscharakte­ris­tika der Handys. Aber ein Folgeexperiment mit einem fertig entwickelten Experiment für die Han­dys ist kein Problem. Ich könnte Ihnen jetzt eine Zahl aus dem Hut zaubern und sagen, was das kostet. Das tue ich gerne. Am besten wäre das anschließend an das laufende EU-Projekt, denn die Vorentwicklungen werden bezahlt. Wir brauchen eigentlich nur den Sender zu ändern. Der Rest kann gleich bleiben und noch einmal verwendet werden. Also technisch ist das über­haupt kein Problem, Seibersdorf würde das gerne machen.

Das Letzte, was ich erwähnen wollte, ist die Interpretation von Ing. Neubauer bei der ORF-Sendung. Herr Hutter ist, glaube ich, leider schon weg. Was dort zur Diskussion gestanden ist: Radar – Krebserhöhungen, das sind die Studien Szmigielski in Polen. Dort ist das einfache Pro­blem, man weiß nichts über die Exposition. Die Studien wurden unter Marinesoldaten mit An­nah­men gemacht. Der eine war mehr exponiert als der andere. Ich kann Ihnen sehr leicht nach­weisen, wo da die Probleme sind. Wenn man nicht weiß, ob diese Probanden mehr oder weni­ger exponiert waren, sind epidemiologische Studien im Nachhinein, also zehn bis 15 Jahre nach der Exposition, selbstverständlich äußerst schwer zu bewerten. Das ist auch eine Crux, die auf diesem ganzen Gebiet besteht. – Danke.

18.52


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke sehr.

Ich möchte vielleicht noch Ihr Angebot bekannt geben. Es ist mir mitgeteilt worden, dass es Videos vom Forschungszentrum Seibersdorf gibt. Wer solch ein Video zum Thema Mobilfunk mit­nehmen möchte, kann sich, wie mir berichtet wurde, an Sie wenden.

18.52


Dr. Barnabas Kunsch¦ (Österreichisches Forschungszentrum Seibersdorf): Ja, das stimmt. Ich habe fünf Videos mit, und zwar ist das der Mitschnitt dieser ORF-Sendung. Es war eine Video­konferenz mit Repacholi und anderen. Da könnten Sie diesen inkriminierten Herrn sehen. Wir haben einen achtminütigen Zusammenschnitt dieser Sendung gemacht, die Aufnahme im ORF war zwei Stunden lang, in Ö1 war es eine halbe Stunde. Auf dem Video sind es acht Minuten. Jeden, der daran interessiert ist, bitte ich einfach, uns eine Nachricht zu schicken. Wir schicken das Video gerne diesem Kreis, der hochrangig genug ist, sodass es das Geld wert ist. – Danke schön.

18.53


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich bedanke mich für dieses Angebot und bin sicher, dass der eine oder die andere davon Gebrauch machen wird.

Als Vorletzter zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Radunsky.

18.53


Dr. Klaus Radunsky¦ (Umweltbundesamt): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Meine Damen und Herren! Ich komme vom Umweltbundesamt und möchte zu dem viel strapazierten Vorsorge­prinzip noch kurz drei Anmerkungen machen.

Zum Ersten ist es sicherlich so – das kann ich bestätigen –, dass die Auffassungen über das Vor­sorgeprinzip in den einzelnen Regionen durchaus unterschiedlich sind. Die Auffassungsun­terschiede zwischen den USA und der Europäischen Union haben beispielsweise dazu geführt, dass die Europäische Union eine Publikation über das Vorsorgeprinzip herausgegeben hat, um eben ihre Position auf den Tisch zu legen.

Der zweite Punkt ist der, dass eine Facette im Vorsorgeprinzip heute noch nicht erwähnt wor­den ist, und zwar jene, dass Grenzwerte, ganz egal, wie hoch sie gesetzt werden, eigentlich nicht auszuschöpfen sind, sondern dass man möglichst darauf bedacht sein sollte, die Belas­tung gering zu halten. Das würde übertragen etwa auf diese Mobilfunkproblematik bedeuten, dass von den Betreibern eine flächendeckende Versorgung gewährleistet wird, wobei die Ge­samtbelastung für die Bevölkerung möglichst gering sein sollte und man auch – und ich glaube, das kann man nicht genug betonen – die Belastung durch die Benutzung der Handys mit ein­zubeziehen hätte, weil ja diese Belastung mitunter ungleich höher ist als die Belastung durch die stationären Sendeanlagen.

In diesem Zusammenhang sehe ich die Kennzeichnungspflicht der Handys selbst wirklich als sehr wichtig an, was auch Professor Leitgeb betont hat, um dem Konsumenten die Möglichkeit zu geben, zu vergleichen und seine Belastung möglichst gering zu halten.

Das waren die Punkte, die ich hier zum Vorsorgeprinzip und zur Minimierung der Belastung sagen wollte. – Vielen Dank.

18.56


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Hohenberg. Ich erteile es ihm.

18.56


Min.-Rat Dipl.-Ing. Johann-Klaus Hohenberg¦ (Bundesministerium für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Abteilung I/8U): Danke, Frau Vorsitzende. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme aus dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, und zwar aus dem Strahlenschutzbereich, und möchte darauf hinweisen, dass für den Strahlenschutz die Belange der nicht ionisierenden Strahlung und die Belange der elektromagnetischen Felder seit mehr als 20 Jahren durchaus ein Thema sind.

Das seinerzeitige Bundesministerium für Gesundheit und Umwelt hat in den achtziger Jahren, als die Frage der elektromagnetischen Felder doch deutlich am Horizont zu sehen und erkenn­bar war, dass Maßnahmen zu setzen sein werden, dem Forschungszentrum Seibersdorf den Auftrag für eine Studie erteilt. Im Rahmen dieser umfassenden Studie sollte zunächst erhoben werden, welche Geräte und Anlagen in Österreich auf diesem Gebiet verwendet werden und welche Strahlenbelastungen bei der Anwendung für die Beschäftigten und für die Allge­meinbevölkerung auftreten.

Weiters sollten im Rahmen dieser Studie ein Vergleich all jener Grenzwertfestlegungen ange­stellt werden, die weltweit zugänglich sind, und auch Grenzwertfestlegungen erhoben werden, die sozusagen internationalen Charakter haben könnten. Es hat sich damals schon die ICNIRP gebildet. Es hat sich gezeigt, dass die ICNIRP international tätig ist – eine Gesellschaft, die aus der IRPA, der Internationalen Strahlenschutzkommission, hervorgegangen ist und Grenzwert­festlegungen gemacht hat.

Die Grundlagen für die Grenzwertfestlegungen schienen uns damals extrem plausibel und nach­vollziehbar zu sein. Das war letztlich auch der Grund dafür, warum diese Studie vielen Stellen in Österreich, den Landesregierungen, sonstigen Betroffenen, dem Normungsinstitut und so weiter zur Verfügung gestellt wurde. Auf der Basis dieser Grenzwertfestlegungen der seiner­zeitigen ICNIRP ist die ÖNORM, die heute schon vielfach strapaziert wurde, entstanden. Das heißt, die Bestandsaufnahme ist in Österreich vor etwa 20 Jahren gemacht worden, und es ist auch reagiert worden. Wir haben die zuständigen Ministerien, die davon betroffen sind, das Wirtschaftsministerium und auch andere Ressorts, über die Inhalte informiert. Wir haben sie auch über die vorgefundenen Überschreitungen von seinerzeitigen Grenzwerten informiert und haben gebeten, allfällige Maßnahmen zu setzen.

Es wurden dann zwei Folgestudien gemacht, die im Wesentlichen Literaturstudien waren, um auch der Deutsch sprechenden Bevölkerung einen Zugang zu der weltweiten Forschung auf diesem Gebiet und zu den Forschungsergebnissen zu verschaffen. Die Studie – eine davon ist noch nicht veröffentlicht, eine ist schon veröffentlicht – enthält einen eigenen Literaturband, so­dass auch die Informationen über die Quellen, die der Studie zugrunde liegen, offen und trans­parent sind.

Was die Grenzwertfestlegung selbst betrifft, sehe ich ein Problem dahin gehend, dass ich für ein und die selbe Strahlenqualität – jetzt ist es eben doch eindeutig so, dass sowohl das Handy als auch die Basisstation senden und empfangen – physikalisch nur einen Grenzwert festlegen kann. Es gibt keinen vernünftigen Grund, einen gesonderten Grenzwert für dieselbe physika­lische Größe festzulegen, bloß weil die Strahlung von der Basisstation kommt, wollen wir es einmal so sagen.

Auf der – heute bereits oft erwähnten – Salzburger Konferenz ist eine Übersicht über die Strah­lenbelastungen bei schwedische Basisstationen vorgestellt worden, und es hat sich im We­sentlichen herausgestellt, dass selbst in Ballungsgebieten der häufig strapazierte Salzburger Vorsorgegrenzwert von 1 Milliwatt pro Quadratmeter im Durchschnitt nicht überschritten wird.

Wir stehen also vor dem Problem, dass wir einerseits einen Grenzwert haben, der von der ICNIRP international festgelegt ist, der von der WHO unterstützt wird, der von der Europäischen Union ebenfalls unterstützt wird, und dass dieser Grenzwert in der Praxis um einen sehr hohen Faktor unterschritten wird. Damit ergibt sich die Frage, ob es unbedingt einer gesetzlichen Maß­nahme bedarf, um der Vorsorge Rechnung zu tragen. Ich gehe davon aus, dass dadurch, dass die Basisstationen an sich und von sich aus so geringe Strahlenmengen abstrahlen, der Vorsorge eigentlich in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird.

Wir müssen uns auch überlegen, ob wir in Zeiten, in denen wir die Sozialversicherung und die Krankenkassen nicht bezahlen können, tatsächlich Geld für Dinge wie zusätzliche Bewilligungs­verfahren ausgeben wollen, die einen entsprechenden Behördenaufwand erfordern würden. Ich möchte in diesem Zusammenhang durchaus noch einige andere Schlagworte ansprechen. Es gibt den Begriff vom schlanken Staat. Es gibt den Begriff der Verwaltungsvereinfachung. Es gibt den Begriff der Deregulierung. Demgegenüber werden hier aber weitere Bewilligungsverfahren verlangt.

Damit bin ich schon bei den rechtsstaatlichen Prinzipien. Wir müssen heute ein bisschen über die österreichischen Grenzen hinausblicken und uns auch an den Rechtsgrundsätzen anderer europäischer Staaten oder auch an den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union orien­tieren.

Bei der Gerätetechnik – und ganz allgemein bei Maschinen und Geräten – geht die Euro­päische Union davon aus, dass der Hersteller eines solchen Gerätes, einer solchen Maschine sein Gerät beziehungsweise seine Maschine zu zertifizieren hat. Dasselbe finden Sie bei­spielsweise auch im Medizinproduktegesetz. Nur dann, wenn wirklich besondere Gefahren be­stehen, muss dieses Zertifizieren durch besondere Anstalten erfolgen. Das heißt, man hat die Beweispflicht für die Richtigkeit der Produktion dem Erzeuger und Hersteller übertragen, was im Sinne einer Deregulierung durchaus sinnvoll ist. Dasselbe Prinzip gilt beispielsweise auch beim Handy – Professor Leitgeb hat schon erwähnt, dass die Handys im Prinzip alle das CE-Zeichen tragen. Das heißt, dass sie nach einschlägigen technischen Normen hergestellt worden sind. Und der Zugang der Bevölkerung zu diesen Regeln ist durchaus gegeben, denn diese Regeln sind in Amtsblättern allgemein publiziert, beispielsweise eben auch im Amtsblatt der Euro­pä­ischen Union.

Zum Thema Information ist heute oft der Vorwurf erhoben worden, dass die Information nicht aus­reichend ist, vor allem auch in diesem Gremium nicht ausreichend ist. Wir haben heute schon mehrfach über verschiedene Interpretationen von ICNIRP-Publikationen gesprochen. Es gibt diese Publikation von ICNIRP in der englischen Originalfassung sowie in einer deutschen Übersetzung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Deutschland. Ich werde mir erlauben, allen Mitgliedern des Ausschusses ein Exemplar zuzusenden. Wir haben darüber hinaus beispielsweise auch eine Broschüre der WHO über elektromagnetische Felder ins Deutsche übersetzen lassen. Auch diese Dokumentation steht bei uns zur Verfügung. Über die Studien, die vom Forschungszentrum Seibersdorf gemacht wurden, gibt es auch entsprechende Publikationen, die ebenfalls bezogen werden können, so­dass wir auch – meine ich – der Informationspflicht im weitesten Sinne nachgekommen sind.

Wenn ich den Ausführungen von Herrn Sektionschef Weber korrekt folgen konnte, so hat auch er angekündigt, dass Herr Bundesminister Schmid versprochen hat, auf dem Informationssektor umfassend tätig zu werden beziehungsweise, dass ihm diese Zusicherung von den Betreibern gegeben wurde. Ich würde ersuchen abzuwarten, wie sich das entwickelt. Ich gehe davon aus – Informationsmaterial liegt genügend vor –, dass dieser Informationsfluss zur Bevölkerung si­cher­lich zufrieden stellend funktioniert. Man wird das im Auge behalten und falls es irgendwo Schwierigkeiten gibt, wird man sicherlich über das Bundesministerium für Verkehr dafür sorgen, dass die Mängel wieder bereinigt werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

19.05


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. Sie waren der letzte Redner, der auf der Rednerliste stand.

Ich nehme an, dass die Referenten zu dieser zweiten Diskussionsrunde noch Anmerkungen in Form eines Schlusswortes machen möchten.

Schlussworte

19.05


Referent Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi¦ (Universität Wien, Institut für Umwelthygiene): Viel­leicht einige Anmerkungen zu ein paar Punkten, da konkret angesprochen wurde, wie ich zu der angeführten Studie von Prof. Silny stehe. Weil er nicht anwesend ist, möchte ich mich nicht näher dazu äußern. Ich habe nur deponiert, dass ich es im Grunde für eine Blamage für die Republik Österreich halte, dass diese Studie ohne weitere Korrektur in Druck gegangen ist. Mehr möchte ich dazu im Augenblick nicht sagen.

Die Fragen, die hier aufgeworfen wurden, sind so komplex, und man sieht auch an dieser Diskussion, dass sie so viele Aspekte umfassen, dass die Thematik wahrscheinlich für jeden von Ihnen inzwischen noch unsicherer geworden ist, als sie es vorher war. Das geht im Grunde jedem so. Auch uns ist es ursprünglich so gegangen. Als wir mit dieser Thematik konfrontiert wurden, haben wir auch – wie wir das sonst immer machen – auf die Dokumente der WHO Be­zug genommen, wir haben auf die internationalen Grenzwerte Bezug genommen. Erst nach näherer Beschäftigung mit der Materie sind wir darauf gekommen, dass mit ganz anderen Maßstäben vorgegangen wird, als wir das sonst im Bereich der Umwelthygiene gewohnt sind.

Das Einzige, das ich einfordern möchte, ist, dass man auch bei elektromagnetischen Feldern nach Prinzipien vorgeht, wie sie in der Umwelthygiene zum Beispiel auch von der Akademie der Wissenschaften in Österreich angewendet werden. Ich denke, dass diese Diskussion heute insofern eine große Bedeutung hat, als den Mandataren meiner Meinung nach noch klarer ge­worden ist, dass auf diesem Gebiet doch ein Regulationsbedarf besteht. Wie ich am Anfang ausgeführt habe, führt die Analyse wahrscheinlich zu einem Handlungsbedarf, und dabei müs­sen Sie dann die Ziele vorgeben. Da bin ich ganz auf der Seite von Professor Leitgeb. Letztlich ist es eine politische Entscheidung. Sie müssen die Ziele vorgeben, ob Sie auf diesem Gebiet eine Vorgangsweise wünschen, wie sie etwa bei Luftschadstoffen üblich ist, oder ob Sie die stren­gere, aber durchaus argumentierbare Vorgangsweise der ICNIRP wählen. Das ist letztlich eine politische Entscheidung. – Danke.

19.08


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Herr Prof. Röschke. – Bitte.

19.08


Referent Univ.-Prof. DDr. Joachim Röschke¦ (Universität Mainz, Psychiatrische Klinik): Ich will nur ganz schnell etwas sagen. Frau Abgeordnete Moser hat gefragt, ob wir noch Hand­lungs­bedarf bei den wissenschaftlichen Fragestellungen sehen. Natürlich sehen wir den. Die Grup­pen, die Sie vorhin aufgezählt haben, gerade die etwas Älteren oder die psychiatrisch Auffäl­ligen oder anders Gehandikapte sind natürlich die Zielgruppen, die uns am Herzen liegen. Na­türlich ist es auch so, dass wir die Forschung auf das fokussieren müssen, was neben den Basis­stationen passiert.

In diesem Zusammenhang kann ich nur sagen, dass wir gemeinsam mit einem Konsortium von zehn europäischen Zentren tatsächlich einen solchen Antrag bei der EU eingereicht haben. Die­ser kostet Geld, wie Sie sich vorstellen können. Die lapidare Antwort war: Der Rahmen ist gesprengt. Punkt. – Es ging genau um diese Frage, was bei den Basisstationen passiert, und wie die Menschen, die dort wohnen, ihre Beschwerden attribuieren, ob sie das dem Sendemast attribuieren oder nicht, und ob es in diesem Kollektiv Strahlungssensible gibt oder nicht. Aber wie gesagt, die EU hat im Moment nicht so viel Geld, als dass sie eine solche Untersuchung finanzieren könnte. Damit wollte ich jedoch dokumentieren, dass wir selbstverständlich diesen Forschungsbedarf sehen.

Eines, Herr Dr. Oberfeld, kann nicht unwidersprochen bleiben: Die Statistik kann man nicht verbiegen. Wer seriöse Forschung macht, braucht die Statistik, und da gibt es internationale Stan­dards. Wenn diese erfüllt sind, ist es gut, aber wenn sie nicht erfüllt sind, dann war es das.

19.10


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Herr Sektionschef Dr. Weber. – Bitte.

19.10


Referent Sektionschef Dr. Hermann Weber¦ (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie): Danke. – Nur ganz kurz, ohne ein Resümee zu ziehen, das aus meiner Sicht recht positiv ausfallen würde. Es hat sich eigentlich sehr schön gezeigt, dass zwischen Wunsch und Möglichkeit doch einige Abstriche gemacht werden sollten und auch gemacht werden müssen.

Ich möchte jedoch eine Frage beantworten. Herr Abgeordneter Maier hat mich gefragt, ob es möglich wäre, in die Konzessionsausschreibung eine Auflage aufzunehmen, dass man zu diesen Fragen Mittel für die Forschung bereithalten sollte. Das ist leider nicht möglich, denn für eine Auflage brauche ich eine gesetzliche Deckung, und so weit ist das Telekom­muni­kations­gesetz nicht, dass wir diese Vorschreibung machen könnten. Ansonsten nehme ich Ihren Wunsch mit, dem Herrn Bundesminister zu berichten, dass man daran denken könnte, For­schung vielleicht aus den Erlösen zu bezahlen. Das ist zwar wieder eine budgetäre Frage, aber es ist durchaus ein Ansatzpunkt.

Eine Bemerkung möchte ich noch zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Dr. Moser ma­chen. Die Frau Abgeordnete hat – leicht erregt – gemeint, dass die Behörde nicht einmal wüss­te, wo die Standorte ihrer festen Sendeanlagen sind. Nun, das stimmt sicherlich nicht! Wir haben jeden Standort registriert. Nur haben wir das auf eine Art und Weise registriert, dass ein normaler Staatbürger damit nichts anfangen kann, weil das für Zwecke der Behörde ist. Jeder Standort ist bei uns unter Grad, Minuten und Sekunden registriert, auf der Skala der Höhen- und Breitengrade. Das ist das, was wir brauchen. Wenn wir nämlich einen Sender und eine Störung suchen, dann finden wir sie nicht, wenn dort die Adresse dritter Baum am Jauerling steht oder Klosterneuburgerstraße 27. Das verstehen unsere Geräte leider nicht; die kurbeln nur die Himmelsrichtung ab.

Das ist der Grund, warum vielleicht ein unverständliches Muster von Standorten an Sie als Brief hinausgegangen ist, Frau Abgeordnete. – Ich danke recht schön. (Abg. Dr. Moser: Der Brief ist nicht angekommen!) Ich habe keinen unterschrieben!

19.12


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke sehr. – Herr Dr. Jankowitsch. – Bitte.

19.12


Referent Dr. Wolfgang Jankowitsch¦ (Amt der Wiener Landesregierung, nominiert von der Verbindungsstelle der Bundesländer): Ich möchte eine kurze Stellungnahme zu zwei Punkten abgeben. Zum von Ihnen angesprochene Problem der Regelung der Zuständigkeit nach der Bun­desverfassung zwischen Bund und Ländern: Ich darf nochmals darauf verweisen – das haben auch andere Teilnehmer bestätigt –, dass die Regelung der gesundheitlichen Aspekte nur im Telekommunikationsrecht zulässig und möglich ist, nicht jedoch im Baurecht und im Na­turschutzrecht. Selbst wenn man eine Parteistellung für Nachbarn schaffen würde, könnten die gesundheitlichen Aspekte in diesen Bereichen nicht behandelt werden. Das wäre Punkt eins.

Als Punkt zwei würde ich noch auf den Umstand hinweisen, dass die subjektiven, öffentlichen Nachbarrechte keine zusätzlichen Rechte schaffen, sondern sie sollen nur die Einhaltung dessen sichern helfen, wozu die Behörde an sich von Amts wegen verpflichtet wäre. – Danke.

19.13


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Das absolute Schlusswort soll, wie es den Gepflogenheiten des Ausschusses entspricht, der die Initiative für diese Enquete ergrif­fen hat – es ist der Petitionen- und Bürgerinitiativenausschuss –, jemand von Ihnen, also von der Bürgerinitiative, von den Proponenten der Petition haben. Ich ersuche Sie aber, sich kurz zu fassen. – Bitte.

19.14


Dr. Gerd Oberfeld¦ (Proponent der Petition): Ich möchte die heutige Veranstaltung für mich damit beschließen, dass ich einen Appell an Sie richte. Ich war vor Jahren auch der Meinung, dass die WHO-Werte und die ÖNORM-Werte ausreichend seien. Es war bei mir das Ergebnis eines Bewusstseinsprozess, den ich im Laufe der Jahre durchmachte, dass ich erkannte, dass diese Werte für den Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht ausreichen.

Es gibt zahlreiche Studien auf Englisch, es gibt wenige auf Deutsch. Das ist auch einer der Grün­de, warum von der Salzburger Konferenz ein Tagungsband auch in deutscher Sprache angeboten werden wird, der beim Land Salzburg zu beziehen sein wird. Ich werde selbst­verständlich jeden Abgeordneten separat anschreiben und ihn über die näheren Umstände des Bezuges informieren.

Mein Appell an Sie lautet: Das Thema „Elektromagnetische Felder“ ist aus meiner Sicht ge­nauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als der Bereich der Partikel bei den Luft­schadstoffen. In diesem Bereich hat sich gerade in den letzten zehn Jahren gezeigt, dass mas­sive Effekte auftreten. Es ist vielen Österreichern gar nicht bewusst, dass im Jahre 1996 2 400 Todesfälle auf die Partikelbelastung durch den Verkehr zurückzuführen waren. Das war das Ergebnis einer Studie, die die Republik Österreich gemeinsam mit der Schweiz, Frankreich und der WHO, Regionalbüro Europa, gemacht hat, an deren Erstellung ich auch beteiligt war.

Ich schätze das elektromagnetische Feld deswegen als relevant ein, weil in den letzten Jahren eine Entwicklung eingetreten ist, die uns überrollt: Die Feldstärken aus dem Hochfre­quenz­bereich haben massiv zugenommen; wir ersehen das aus den Messergebnissen aus Salzburg. Nur eine Zahl dazu: Fernseh- und Rundfunksender, ein Hundertstel Milliwatt – in dieser Grö­ßenordnung etwa – im Freien, im Nahbereich von Sendeanlagen bis hinauf zu 10, 20, 30, 40, 50, 60 Milliwatt. Rein aus diesem Vergleich können Sie ersehen, wo bei der Exposition der Bevölkerung im Nahbereich von Sendeanlagen relevante Feldquellen sind.

Ich möchte damit meine Ausführungen auch schon beschließen und Sie bitten, dass Sie sich in diese Materie vertiefen. Im Sinne der Gesundheit der Bevölkerung ist es das wert, dass wir diesem Bereich ganz intensives Augenmerk schenken, um zu den richtigen vorsorgenden Ent­scheidungen zu kommen.

19.16

19.16


Eva Maršálek¦ (Proponentin der Petition): Auch ich möchte mich abschließend für die Ver­anstaltung bedanken und noch den Appell an Sie richten, dass die Exposition bei einem Handy in der Regel freiwillig und kurzzeitig geschieht, dass aber die Exposition bei den Sendemasten 24 Stunden täglich und unter Umständen für den Rest des Lebens passiert – und das unfreiwillig.

Ich möchte dem Forum Mobilkommunikation Folgendes mit auf den Weg geben: Sollten Sie der Auffassung sein, dass das Salzburger Modell kein gangbarer Weg für einen flächendeckenden Ausbau ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass es à la longue ein gangbarer Weg ist, die Bürger zu „überfahren“ und auf selbstherrliche Art und Weise das Sendernetz zu errichten. – Danke.

19.17


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Auch der Fairness wegen: Herr Dr. Oberfeld, Sie haben gebeten, dass Sie auch ankündigen dürfen, dass es einen Ta­gungs­band von dieser internationalen Konferenz gibt. Wenn Sie da vielleicht noch ein Wort dazu sagen möchten.

19.17


Dr. Gerd Oberfeld¦ (Proponent der Petition): Danke für die Möglichkeit. Ich habe es vorhin kurz erwähnt: Es gibt einen umfangreichen Tagungsband mit allen Beiträgen dieser internationalen Konferenz. Dieser wird ab Anfang Juli vorliegen, und – wie gesagt – ich werde alle Abgeord­neten diesbezüglich von Seiten des Landes Salzburg anschreiben. – Danke noch einmal.

19.17


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Jetzt liegt mir noch ein Antrag des Abgeordneten Maier vor. Er hat den Antrag gestellt, das Stenographische Protokoll dieser Enquete gemäß § 98a Abs. 5 der Geschäftsordnung des Nationalrats dem Nationalrat als Ver­handlungsgegenstand vorzulegen.

Herr Abgeordneter Firlinger! Sie wollen sich zum Antrag zu Wort melden. – Bitte.

Debatte zur Geschäftsbehandlung

19.18


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es parteienübergreifend eine andere Regelung gibt. Die Re­gelung lautet, dass jeder Klub ein Exemplar von der Parlamentsdirektion zur Verfügung gestellt bekommt, auf Basis des Protokolls, das erstellt wird. Ich sehe darüber hinaus, dass wir eine Materie im Verkehrsausschuss liegen haben, die ganz genau dieselbe Grundlage bietet, die nur vertagt wurde, und die sinnvollerweise deshalb vertagt wurde, weil es in der Zwischenzeit diese Petition gibt.

Mit der Vorgangsweise, die vom Kollegen Maier vorgeschlagen wurde, würden wir noch ein wei­teres Procedere einleiten. Ich glaube, das war nicht im Sinne des Übereinkommens, und daher würde ich jetzt von diesem neuen Ansinnen Abstand nehmen. Das möchte ich Herrn Kollegen Maier zu bedenken geben.

19.19


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Abgeordneter Maier hat sich dazu zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.19


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Kollege Firlinger! Diese Vereinbarung ist uns – zumindest den Abgeordneten, die hier sitzen – nicht bekannt. Wir sind der Auffassung – und da schließe ich an DDr. Röschke an, der das auch bemerkt hat –, wir haben ein Kommuni­kationsproblem. Wir sollten, so denke ich zumindest, dieses Thema so ernsthaft, wie wir es heute diskutiert haben, weiter diskutieren und nicht in einem von der Öffentlichkeit abgeschlos­senen Ausschuss, sondern das sollte in einer Plenardiskussion passieren.

19.19


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Frau Abgeordnete Moser hat sich dazu zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.20


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Es ist im parlamentarischen Gebrauch ja üblich, dass man zu den Tagesordnungs­punkten, sei es des Ausschusses oder des Plenums, die jeweiligen Beilagen des Stenogra­phischen Protokolls erhält. Sie alle bekommen Berge von Akten und Berge von Protokollen beziehungsweise auch Berge von Beilagen. Auf eine mehr oder weniger kommt es mir wirklich nicht mehr an.

Ich plädiere allerdings für den modernen, für den EDV-Weg. Ich habe im Präsidium schon ein­mal angeregt, dass die verschiedensten Beilagen den Abgeordneten auf EDV-Basis zugespielt werden, damit man den ökologisch belastenden Aufwand – Kopieren, Papierverbrauch und so weiter – etwas reduziert.

Deswegen ersuche ich, auch mit diesem Protokoll an die Abgeordneten heranzutreten. Mir wäre der moderne Weg am liebsten, der bedarf kaum eines zusätzlichen Aufwandes. Wenn es nicht möglich ist, dann soll es der konventionelle sein, und der konventionelle bedeutet eben etwas mehr Papier.

19.21


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

19.21


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Frau Vorsitzende! Als Antwort auf Kollegen Maier: Es ist ja keineswegs so, das irgendjemand eine Diskussion abwürgen möchte. Dieses Thema wird im Plenum öffentlich diskutiert werden, aber bitte nach der Sitzung des Ver­kehrs­ausschusses.

Wir alle haben heute auf Grund der vielen Inputs, die es gegeben hat, mitbekommen, dass es genügend Material zu verdauen gilt. Das wollen wir tun, und das entspricht auch der Er­wartungshaltung. Aus diesem Grunde hat es dieses Übereinkommen gegeben. Ich bedauere, dass Kollege Maier es nicht kennt. Mir ist es bekannt. – Tut mir Leid, das habe ja nicht ich ver­handelt. Ich finde es nur eigenartig, hier mit neuen Vorschlägen zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Maier.) – Nein, das verhält sich nicht so, da braucht man auch nicht zu deuten. Das wurde im Vorfeld abgeklärt, Herr Kollege!

19.22


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Danke. – Herr Abgeordneter Maier. – Bitte.

19.22


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Frau Vorsitzende! Kollege Firlinger! Zur Klar­stel­lung: Dieses Protokoll wird erst im August fertig werden – Punkt eins.

Punkt zwei: Die Sitzung des Verkehrsausschusses findet bereits kommende Woche statt. Daher sehe ich das Problem nicht. Nach der Tagesordnung, die mir zur Verfügung gestellt worden ist, befindet sich der Antrag der Kollegin Moser genau zu diesem Thema, nämlich Änderung des Telekommunikationsgesetzes, auf der Tagesordnung. Kollege Firlinger, ich verstehe Ihre Argu­men­tation nicht!

19.22


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich möchte auch gerne etwas dazu sagen. Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Enquete einige Enqueten zu anderen Themen angeschaut. Mir ist aufgefallen – ob das jetzt die Enquete zu Qualitätssicherung in Lehre und Forschung oder zum Minderheitsvotum innerhalb des Verfassungsgerichtshofes war –, dass der Antrag gemäß § 98a Abs. 5 nach jedem mir zur Verfügung stehenden Stenographischen Protokoll zu Enqueten gestellt wurde. Das kann ich dazu beitragen.

Noch einmal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

19.23


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Ohne die ohnedies lang andauernde Sitzung noch weiter verlängern zu wollen: Frau Vorsitzende! Es stimmt nicht, was Sie sagen. Ich erinnere nur daran, dass es vor Kurzem in diesem Haus ein Hearing zum Thema Mietrecht gegeben hat. Dazu wurde auch kein Stenographisches Protokoll öffentlich zugänglich gemacht.

19.24


Vorsitzende Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦: Ich möchte darauf hinweisen, dass es selbst­verständlich einen Unterschied zwischen Hearing und Enquete gibt. – Also wie gesagt: Die Unter­lagen, die mir zur Verfügung standen, sind samt und sonders publiziert worden, und zwar publiziert insofern, als sie den Abgeordneten zur Verfügung stehen. Wie auch Abgeordneter Maier bereits gesagt hat, käme das Protokoll wahrscheinlich erst zwei Monate später den Abge­ordneten zur Kenntnis.

Ich verstehe nicht ganz, warum das nicht so sein sollte und lasse jetzt über den Antrag des Abgeordneten Maier abstimmen.

Wer für den Antrag des Abgeordneten Maier ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen recht herzlich für diesen meiner Überzeugung nach sehr informativen Nachmittag und wünsche uns allen, dass es in diesem Sinn weitergeht.

Ich schließe hiemit die Enquete. – Danke.

Schluss der Enquete: 19.25 Uhr

 

                                               Print Media Austria AG   720 990