III-89 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Lebensmittelsicherheit in Österreich und Europa“

 

 

 

 

 

 

Parlamentarische Enquete

Freitag, 2. Feber 2001

 

(Stenographisches Protokoll)

 

 

 

 

 

 

 


Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier


Parlamentarische Enquete

Freitag, 2. Feber 2001

(XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Lebensmittelsicherheit in Österreich und Europa“


Dauer der Enquete

Freitag, 2. Feber 2001: 10.04 – 16.31 Uhr

*****

Tagesordnung

Eingangsstatements:

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer

Referenten:

Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka, Vorstand des Instituts für Neurologie, Universität Wien

Ökonomierat Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark

Dr. Hannes Mraz, Geschäftsführer des Lebensmittelhandels in der Wirtschafts­kammer Österreich

Hofrat Dr. Arnold Köchl, Leiter des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft, Wien

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Walter Schuller, Leiter der Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung in Mödling

Ministerialrat Mag. Dr. Peter Weber, Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen

Udo Pollmer, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, EU.L.E., Hochheim, Deutschland

Mag. Georg Schöppl, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria

Mag. Herbert Allerstorfer, Leiter Marketing „ERNTE für das Leben“, Linz

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Johann Gyimóthy, Leiter der Bundesanstalt für Lebens­­mitteluntersuchung und -forschung, Wien

Dipl.-Ing. Hannes Spitalsky, Verein für Konsumenteninformation

Dipl.-Ing. Heinz Schöffl, Bundesarbeiterkammer

Johannes Kapeller, Geschäftsführer „Linzer Kraftfutter Ges.m.b.H. & Co.KG“, Ob­mann das Fachverbandes der Futtermittelindustrie

*****

Eingangsstatements

Bundesminister Mag. Herbert Haupt .....................................................  5, 14

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer ...................................................... 8

Referate

Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka .................................................................... 11

Ökonomierat Gerhard Wlodkowski ........................................................... 14

Dr. Hannes Mraz ....................................................................................... 16

Hofrat Dr. Arnold Köchl ............................................................................ 18

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Walter Schuller ........................................................ 43

Ministerialrat Mag. Dr. Peter Weber .......................................................... 45

Udo Pollmer ............................................................................................. 48

Mag. Georg Schöppl ................................................................................ 51

Mag. Herbert Allerstorfer .......................................................................... 52

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Johann Gyimóthy ........................................ 55

Dipl.-Ing. Hannes Spitalsky ....................................................................... 56

Dipl.-Ing. Heinz Schöffl ............................................................................. 58

Johannes Kapeller .................................................................................... 61

Diskussion

Abg. Mag. Johann Maier ....................................................................  22, 69

Abg. Dr. Eva Glawischnig ......................................................................... 23

Abg. Dr. Alois Pumberger ......................................................................... 24

EP-Abg. Dr. Marilies Flemming ................................................................ 24

Abg. Mag. Ulrike Sima ............................................................................. 25

EP-Abg. Ing. Harald Ettl ............................................................................ 25

Abg. Ludmilla Parfuss .............................................................................. 26

Abg. Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ..................................................  27, 66

Abg. Anna Huber ...................................................................................... 27

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Alfred Haiger ...................................................... 27

Dr. Franz Josef Plank .........................................................................  28, 80

Abg. Heinz Gradwohl .........................................................................  29, 63

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer .................................................... 29

Dipl.-Ing. Heinz Schöffl ......................................................................  32, 76

Abg. Dr. Gabriela Moser .....................................................................  33, 69

Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm .................................................................... 33

EP-Abg. Christa Prets ................................................................................ 34

Abg. Georg Schwarzenberger ............................................................  34, 65

Abg. Jakob Auer ...................................................................................... 35

Bundesrat Leopold Steinbichler .........................................................  35, 70

Abg. Ing. Wilhelm Weinmeier ................................................................... 36

Bundesminister Mag. Herbert Haupt .......................................................... 36

Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka .................................................................... 43

Abg. Anna Elisabeth Achatz ..................................................................... 64

Abg. Dkfm. Dr. Hannes Bauer ................................................................... 66

Abg. Ing. Hermann Schultes ..................................................................... 67

Abg. Dr. Kurt Grünewald .......................................................................... 68

Abg. Mag. Martina Pecher ........................................................................ 71

Präsident Ludwig Penz ....................................................................... ..... 72

Direktor Mag. Franz Ledermüller .............................................................. 73

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 74

Ökonomierat Gerhard Wlodkowski ........................................................... 75

Dipl.-Ing. Hannes Spitalsky ....................................................................... 76

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Walter Schuller ........................................................ 77

Mag. Herbert Allerstorfer .......................................................................... 79

Johannes Kapeller .................................................................................... 81

Hofrat Dr. Arnold Köchl ............................................................................ 82

Mag. Georg Schöppl ................................................................................ 83

Geschäftsbehandlung

Ersuchen der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, das Stenographische Protokoll dieser Enquete dem Nationalrat als Verhandlungsgegenstand vorzulegen             5, 5

Wortmeldungen betreffend Anwesenheit der Bundesminister Mag. Herbert Haupt und Mag. Wilhelm Molterer sowie des Referenten Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka:

Abg. Mag. Ulrike Sima ............................................................................. 20

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ...................................................  20, 22

EP-Abg. Ing. Harald Ettl ...................................................................... ..... 21

Abg. Georg Schwarzenberger ................................................................... 21

Abg. Dr. Eva Glawischnig ......................................................................... 21

Abg. Ludmilla Parfuss .............................................................................. 22

Ersuchen der Abgeordneten Anna Elisabeth Achatz um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen an die Wirtschaftskammer ......................................................................................... 76

Antrag im Sinne des § 98a Abs. 5 GOG, das Stenographische Protokoll dieser Enquete dem Nationalrat als Verhandlungsgegenstand vorzulegen – Annahme ..............................................  84

Beginn der Enquete: 10.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Werner Fasslabend, Abgeordnete Annemarie Reitsamer, Abge­ordneter Georg Schwarzenberger.

*****


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die parlamentarischen Enquete zum Thema „Lebensmittelsicherheit in Österreich und Europa“. Es ist dies ein Thema, das die Menschen in unserem Lande derzeit wie kein anderes beschäftigt – und wahrscheinlich auch noch in Zukunft beschäftigen wird.

Ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen. Mein besonderer Gruß gilt den Mitgliedern der Bun­desregierung, dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer sowie dem Staatssekretär für das Gesundheitswesen Dr. Reinhart Waneck. Weiters begrüße ich alle Abgeordneten, Referenten, Experten und sonstigen Teilneh­mer an der Enquete.

Ich möchte bekannt geben, dass einige der eingeladenen Referenten beziehungsweise Teilneh­mer nicht kommen konnten, so etwa Agrarkommissar Dr. Franz Fischler und Verbraucher­schutzkommissar David Byrne, die leider aus terminlichen Gründen heute nicht dabei sein können. Gleichfalls seitens der Referenten hat sich Herr Werner Lampert, Geschäftsführer der „Ja! Natürlich“ GesmbH, entschuldigt, außerdem konnten von den Generaldirektionen Landwirt­schaft und Verbraucherschutz keine Vertreter entsandt werden. Weiters haben sich auch die Herren Bundesminister Dr. Böhmdorfer und Dr. Bartenstein entschuldigt. Die Regierung ist aber an sich sehr zahlreich hier vertreten.

Bevor wir in die Diskussion eingehen, möchte ich kurz den geplanten Ablauf der Veranstaltung bekannt geben.

Zunächst werden Bundesminister Mag. Haupt und Bundesminister Mag. Molterer jeweils ein Einleitungsstatement machen.

Danach werden die geladenen Referenten zu Wort kommen. Es sind dies 13 an der Zahl. Wir haben eine Redezeit von maximal 10 Minuten pro Referent vorgesehen. Ich werde immer gleich die Rede­zeiten dazusagen, und Sie werden feststellen, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns bemühen, die vorgesehenen Redezeiten einzuhalten.

Im Anschluss daran werden wir in die Diskussion eintreten. Zunächst werden die Mandatare Gelegenheit haben, Fragen zu stellen, danach werden die Referenten ersucht, zu den aufge­worfenen Fragen Stellung zu nehmen. Dann folgt eine Fragerunde der Experten; diese Fragen sollen dann wieder von den Referenten beantwortet werden. Und wenn es dann noch immer Fragen gibt, wird es eine dritte Fragerunde geben.

Für die Diskussion ist eine Rede- beziehungsweise Fragezeit für die Abgeordneten von je 3 Mi­nuten und für die Experten von je maximal 5 Minuten vorgesehen. Für die Referenten ist – wie schon erwähnt – eine maximale Redezeit von 10 Minuten geplant. Nach überschlagsmäßiger Berechnung dieser Zeitlimits habe ich festgestellt, dass deren Einhaltung sehr wichtig ist, damit wir unseren Zeitplan einhalten können.

Ich schlage auch vor, dass all diejenigen, die interessante Fragen haben, diese nicht noch ein­mal stellen, wenn sie schon gestellt wurden. Ich meine, wir sollten uns wirklich konzentrieren, damit nicht möglicherweise interessante Fragen aus dem Expertenbereich erst zu einer Tages­zeit gestellt werden können, wenn das Interesse und die Konzentration schon eher nachge­lassen haben. Das sollten wir gerade bei diesem Thema vermeiden!

Zu dieser Vorgangsweise liegen mir zwei Wortmeldungen vor.

Ich erteile zunächst Herrn Abgeordnetem Schwarzenberger das Wort. – Bitte.


Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Ich möchte ersuchen, dass das Protokoll, das heute verfasst wird, dem Nationalrat als Bericht zugeleitet wird, und dass auch jene Abgeord­neten, die heute nicht anwesend sind, dieses Protokoll bekommen.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich danke für diese Anregung.

Es ist in der Präsidiale beziehungsweise in den zuständigen Ausschüssen darüber Einverneh­men erzielt worden, dass wir am Ende der parlamentarischen Enquete einen entsprechenden Beschluss fassen. Ich halte es für sehr zielführend, dass das Protokoll dem Nationalrat zur Ver­fügung gestellt wird. Zu Sitzungsende wird, wie gesagt, ein diesbezüglicher Beschluss gefasst werden.

Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Pirklhuber das Wort. – Bitte.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte ersuchen, dass das Protokoll dem Nationalrat zur Verfügung gestellt wird, möchte aber zusätzlich anregen, dass es darüber hinaus auch zum Verhandlungsgegenstand gemacht wird.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: An sich ist in der Geschäftsordnung eine derartige Beschlussfassung für das Ende der Enquete vorgesehen. Daher wird so vorgegangen werden.

Ich bitte jetzt die beiden Herren Bundesminister um die Einleitungsstatements. Als Erstem er­teile ich Herrn Bundesminister Mag. Haupt das Wort.

Eingangsstatements von Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt und Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer

10.14


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich darf Sie alle auf das Herzlichste zu dieser Enquete begrüßen. Es tut mir Leid, dass die beiden EU-Kommissare nicht erscheinen konnten, weil die Einladung für sie zu kurzfristig war und sie andere Termine wahrnehmen mussten.

BSE, das gegenwärtig eine große Krise des Fleischmarktes in Europa bewirkt, sowie die illegale Anwendung von Medikamenten sowohl in Bayern als auch in Österreich als zweite Bedrohung sind sozusagen Spotlights einer langjährigen Entwicklung sowohl auf europäischer Ebene als auch in Österreich. In diesem Zusammenhang darf ich etwa auch an den Dioxin-Skandal, welcher Futtermittel aus Holland betraf, und andere derartige Skandale erinnern.

Man sollte nicht vergessen, dass auf BSE bereits 1980 in ersten Berichten auf europäischer Ebene, damals von englischen Veterinären, als „unerkannte Erkrankung“ der Rinder auf­merksam gemacht wurde. Dann folgte sozusagen eine Pause bis 1985. 1985 wurde in Berich­ten auf europäischer Ebene, und zwar von englischen Forschern, dargelegt, dass es sich hiebei um eine Prionen-Erkrankung von Rindern handelt. 1987 wurde diese Erkrankung in Jamaika bei einem Weltkongress über Prionic-Erkrankungen bei Mensch und Tier durchgehend analysiert und wissenschaftlich das erste Mal auf breiter Basis vorgestellt.

Daraufhin wurden im österreichischen Parlament, und zwar in den Jahren 1988, 1989 und 1990, die ersten Vorkehrungsmaßnahmen getroffen. Eiweißfuttermittel tierischer Herkunft für Wieder­käuer wurden verboten. 1990 wurde unter – heute als Europaabgeordnetem anwesen­den – Bun­desminister Ettl in Österreich das erste Fütterungsverbot für Tierkörpermehl für Wie­der­käuer eingeführt. Dieses wurde und wird bis zum heutigen Tage aufrechterhalten. Flankie­rend dazu hat immer auch eine breite Diskussion über Antibiotika, Hormone und den Einsatz von Medikamenten in der Tierzucht insgesamt, aber auch bei der Behandlung von Tieren statt­gefunden.

Auf europäischer Ebene gab es sukzessive ein breites Verbot von Antibiotika. Am wichtigsten waren für mich in diesem Zusammenhang die weltweite Vorbehaltung von Chloramphenicol für die Behandlung von Typhus und Salmonellosen-Erkrankungen und das Verbot des generellen Einsatzes von Chloramphenicol in der Veterinärmedizin. Damit wurde auch in der Europäischen Union der weltweit zu beobachtenden Zunahme von Salmonellosen-Erkrankungen sowohl beim Tier als auch beim Menschen und den geringen therapeutischen Möglichkeiten bei Resistenz­fällen Rechnung getragen.

Heute sind auf europäischer Ebene nur noch vier Stoffe als Fütterungszumischungen zugelas­sen, und auch diese werden auf Grund des österreichischen Antrages in Zukunft mit einem Ver­bot belegt sein.

Ich glaube, dass sich – mit geringem Erfolg in den Anfangsjahren, dann aber doch schrittweise unter dem zunehmenden Druck von Seiten der Konsumenten sowie der Medien – einiges zum Besseren gewendet hat.

Auf europäischer Ebene wird immer wieder angezweifelt, dass die Sachlage in Österreich tat­sächlich besser ist als in anderen Staaten. Im Dezember 2000 ist es uns endlich gelungen, dass auch seitens der Europäischen Union amtlich festgestellt wurde, dass es sich bei Österreich ebenso wie bei Schweden und Finnland um Staaten mit geringerer Inzidenz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern handelt.

Wenn man die Bemühungen zur BSE-Bekämpfung in Österreich verfolgt, dann kann man durchaus sagen, dass wir in diesen wichtigen Bereichen zunehmend die führende Rolle auf europäischer Ebene übernommen haben. Wir hatten 1990 als Erste ein Verfütterungsverbot für Tierkörpermehl. Wir hatten ab 1994 laufend entsprechende Verordnungen betreffend Melde­pflichten. Zusätzlich wurden flankierende Begleitgesetze für den humanen Bereich betreffend die Herstellung von Gelatine sowie Rinderblut zur Herstellung von Medikamenten geschaffen.

Wir haben Viehimporte und den Import von Samen und Embryonen nach Österreich aus einer Reihe von europäischen Ländern, je nach der dortigen Seuchenlage, verboten. Zuerst betraf das Großbritannien. Wir mussten dieses Verbot kurzfristig, und zwar von 1994 auf 1995, auf­heben, haben es dann aber wieder neu erlassen.

Ich meine, dass wir mit all diesen flankierenden Maßnahmen der äußeren Seuchenbekämpfung in Österreich eine bessere Lage geschaffen haben, als dies in vielen anderen europäischen Ländern der Fall ist.

Ich kann mich noch an die Jahre 1990, 1991, 1992 erinnern: Wir hatten den Import von schotti­schen Hochlandrindern verboten, und die Liberalisierung in diesem Bereich wurde damals von europäischer Seite, aber auch von interessierten Kreisen vehement gefordert. – Ich glaube, dass wir heute durchaus zufrieden sein können, dass wir auf diesem Gebiet unsere Sperrmaß­nahmen in Österreich konsequent durchgehalten haben, ähnlich wie wir auch mit jenen Sperr­maßnahmen verfahren, die ich gegen Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland verfügt und nunmehr auch gegen Italien notifiziert habe.

Ich sage es klar: Gegen Italien habe ich die Maßnahmen deswegen nur notifizieren lassen und nicht in die Praxis umgesetzt, weil von Italien unter der derzeitigen Regierung in diesem Bereich offensichtlich ein ordnungsgemäßes Seuchenmanagement betrieben wird, sodass die Gefahr auf Grund des einen BSE-Falls, der bis dato in Italien aktenkundig ist, sowohl für die österreichi­schen Konsumenten als auch für die österreichische Landwirtschaft als absolut gering eingestuft werden kann. Das ist auch der Grund dafür, dass gegenüber Irland die Einfuhrbeschränkungen von seinerzeit nicht mehr zur Anwendung kommen, weil es derzeit praktisch keinen diesbezügli­chen Handel mit Irland gibt und daher eine Notifizierung und ein Einfuhrverbot aus unserer Sicht unnotwendig sind.

Damit man die Zahlen vergleichen kann: Im Jahre 2000 wurden 78 Tiere offiziell aus Frankreich nach Österreich importiert. Wir werden vielleicht jetzt, da es zu der einen oder anderen Schlach­tung kommt, betreffend Hausimporte sehen, wie die Lage tatsächlich ist, denn es ist leider zu vermuten, dass eine Reihe von Tierbesitzern nicht ordnungsgemäß importiert hat, sodass es einige Tiere in Österreich gibt, die inoffiziell über die Grenze gekommen sind, weil eben auf Grund der offenen Grenzen, wenn keine Verbote gegen einzelne Länder ausgesprochen sind, auch keine entsprechenden Kontrollen stattgefunden haben.

Über ein Kuriosum möchte ich noch berichten: Am gleichen Tag, als in Österreich ein fraglicher BSE-Fall auftrat, trat in Italien ebenfalls ein fraglicher Fall auf. Im österreichischen Fall fiel der BSE-Test Gott sei Dank negativ aus, im italienischen Fall jedoch tragischerweise positiv. Télé­vision Française 1 hat am gleichen Tag berichtet, dass es in Österreich einen BSE-Fall und in Italien einen fraglichen Fall gibt, was dazu geführt hat, dass die österreichischen Produkte in Oststaaten geächtet wurden, die italienischen Produkte hingegen frei über die Grenze gekom­men sind.

Ich darf dem Parlament und der interessierten Öffentlichkeit berichten, dass wir über das Außen­ministerium sofort eine diesbezügliche Berichtigung in Frankreich vorgenommen haben und über unsere Veterinärbehörden – mit Polen beginnend – sämtliche ehemaligen Warschau­er-Pakt-Staaten benachrichtigt haben, damit diese Sperren aufgehoben werden.

Die Schweiz hat auf Grund des illegalen Medikamenteneinsatzes ein Importverbot für Schweine verhängt. Die Schweizer haben uns signalisiert, dass sie bereit sind, dieses Importverbot aufzu­heben, wenn Österreich für die Zukunft flankierende Maßnahmen betreffend Lebensmittel­sicherheit gegen illegalen Medikamenteneinsatz setzt.

Wir haben in meinem Ministerium, beginnend mit meiner Amtseinführung im Oktober, bereits veranlasst, dass ein Tierarzneimittel-Transportgesetz entwickelt wird. Dies ist nunmehr so weit, dass es bei der nächsten Regierungssitzung verabschiedet werden wird und dann in Begutachtung gehen kann. Dieses Tierarzneimittel-Transportgesetz besagt schlicht und ein­fach, dass der Besitz illegaler Medikamente auch schon auf dem Transport strafbar ist.

Zweitens habe ich mit dem Herrn Bundesminister für Justiz Gespräche geführt, die im Lebens­mittelgesetz mit drei Jahren beschränkte Strafe für fortgesetzte Gesundheitsschädigung auf das Strafausmaß des Strafrechtes, nämlich auf zehn Jahre zu erhöhen. Diese Änderung soll gleich­zeitig mit der Einführung des Tierarzneimittel-Transportgesetzes vorgenommen werden.

Drittens soll endlich das Lebensmittelgesetz selbst mit einer seit dem Jahre 1978 noch immer ausstehenden Verordnung so „wasserdicht“ gemacht werden, dass Straftäter nicht auf Grund dieser fehlenden Verordnungen aus dem Strafrecht sozusagen herausfallen und dann mit dem Verwaltungsrecht relativ billig wegkommen.

Ich darf in diesem Zusammenhang einen Fall aus dem Jahre 2000 nennen: Ein Tierbesitzer wurde mit 70 Kilo Chloramphenicol ertappt, einer – wie ich ausführlich geschildert habe – welt­weit ausdrücklich der Behandlung von Salmonellosen-Erkrankungen bei Menschen vorbehal­tenen Medikamentenzubereitung. Dieser Besitz von 70 Kilo Chloramphenicol hat zu einer Strafe von 1 500 S und – durch den Unabhängigen Verwaltungssenat – zu der Verpflichtung zur Rück­gabe des Chloramphenicols an den Besitzer geführt.

Damit man sich ein Bild machen kann: Mit 70 Kilo Chloramphenicol in Reinsubstanz kann man 10 000 Flaschen Chloramphenicol in der für den Menschen notwendigen Konzentration anferti­gen. Das würde ausreichen, um die Einwohner einer ganzen Stadt etwa in der Größe von Wels generell gegen Typhus zu behandeln!

Ich meine daher, dass wir in diesem Bereich dringenden Handlungsbedarf haben, um diese Un­zukömmlichkeiten, die ich bei meinem Amtsantritt übernommen habe, schleunigst abzustellen, und damit das, was strafrechtlich zu verurteilen ist, auch tatsächlich nach dem Strafrecht verur­teilt werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Einerseits glaube ich, dass es für beide Bereiche in Öster­reich eine sehr gute Gesetzgebung seitens des Parlaments gibt, andererseits hat sich aber herausgestellt, dass es in der Praxis doch einige Gesetzeslücken gibt, die, eben auf Grund der Erfahrungen der vergangenen Jahre, schleunigst zu schließen sind. Straftaten können nur im Strafrecht abgehandelt werden – noch dazu, wenn es sich um die Gefährdung der menschli­chen Gesundheit handelt! Und es gibt meiner Überzeugung nach überhaupt keinen Grund, das irgendwie anders zu sehen!

Ich sage jetzt aber auch dazu: Um der österreichischen Landwirtschaft in Zukunft deren Exis­tenz zu sichern, bedarf es meines Erachtens flankierender Maßnahmen. Ich werde daher eine europaweite Zulassung auch für Österreich erwirken, damit in Österreich Medikamente legal zu niedrigeren Preisen, und zwar sowohl für Veterinärmediziner als auch zur Anwendung für die Tiergesundheit in der Landwirtschaft, wo sie für kurative Praxis notwendig sind, zur Verfügung stehen. Ich glaube, damit setzen wir einen wichtigen Schritt, um von der Illegalität in die Lega­lität zu kommen und dem Konsumenten das Vertrauen in die Sicherheit der Produkte tierischer Herkunft in Österreich, das er in den vergangenen Wochen verloren hat, wiederzugeben.

Für mich ist wichtig, dass in folgender Reihenfolge vorgegangen wird: Zuerst muss die Gesund­heit der Menschen garantiert werden, zweitens muss es ordnungsgemäße Aufzuchts- und Hal­tungsbedingungen für unsere Tiere geben, damit in Österreich langfristig sowohl die Landwirt­schaft als auch die daran hängenden Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie und im Handel gesichert werden können und in der Zukunft das umgesetzt werden kann, was wir ver­sprochen haben, nämlich dass wir Österreich als „Feinkostladen Europas“ mit guten Produk­ten von hoher Qualität in der Welt bekannt machen.

Ich meine, wir haben in der jetzigen Krise die Chance, ähnlich wie seinerzeit beim Weinskandal durchzustarten, mit einem dichten Kontrollnetz die Straftäter zu verdrängen, die Produkte für die Zukunft sicher zu machen und für gute Produkte von hoher Qualität auch den Produzenten einen fairen Preis zu gewährleisten.

10.28


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Herr Bundesminister.

Ich erteile nunmehr Herrn Bundesminister Mag. Molterer das Wort zu seinem Einleitungsstate­ment. – Bitte.

10.28


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wil­helm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich aus­drücklich bei allen im Nationalrat vertretenen Fraktionen für die Initiative zur parlamentarischen Enquete zum Thema Lebensmittelsicherheit bedanken! Sie gibt uns einerseits die Möglichkeit, in einem konstruktiven Dialog klarzustellen, dass in Österreich in der Vergangenheit viel in die Sicherheit und in die Qualität der Lebensmittel investiert wurde, andererseits können wir aber auch darüber diskutieren, wo wir Weiterentwicklungen brauchen.

Klar ist, dass an der obersten Priorität: Sicherheit für die Konsumenten und für die Qualität der Lebensmittel! nicht gerüttelt werden kann und darf. Ich möchte Ihnen daher aus meiner Sicht zehn Punkte zur Diskussion präsentieren, die den Start und die Umsetzung von Weiterentwick­lungen sowie die Schaffung von noch besseren Bedingungen für die Konsumenten betreffen, und gleichzeitig soll damit sichergestellt werden, dass die erwartete und gewünschte Qualitäts­produktion durch die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich auch ökonomisch ermöglicht wird.

Erstens: Die Schaffung der Agentur für Ernährungssicherheit ist aus meiner Sicht in Öster­reich ein wesentlicher Schritt zur Steigerung der Effizienz und der Kontrolle, wobei in einem Zwei-Schritt-Verfahren vorgegangen werden soll. Der erste Schritt beinhaltet die Koordination der Bundesaufgaben im Bereich Veterinärrecht, Lebensmittelrecht und Betriebsmittelrecht, im zweiten Schritt sollen auch die Bundesländer eingebunden werden, damit beispielsweise allfäl­lige Schnittstellenproblematiken vermieden werden können.

Auch auf europäischer Ebene ist die Agentur für Lebensmittelsicherheit auf Basis des Weiß­buchs zur Lebensmittelsicherheit rasch einzurichten. Daher bin ich dankbar dafür, dass heute auch Vertreter des Europäischen Parlaments hier sind, weil auch diese Initiative letztlich abge­stimmt werden muss.

Wir wollen diese Agentur rasch verwirklichen, weil wir meinen, dass wir mit diesem Instrument auch mehr Effizienz etwa im Bereich der Forschungsinitiativen bewirken können.

Zweiter Punkt: Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene, wo notwendig. Es wurde bereits von Kollegem Haupt erwähnt – auch ich befürworte dezidiert diese Änderung im Bereich des Tierarzneimittel-Transportgesetzes –, dass auch der Besitz solcher Mittel unter Strafe gestellt wird. Ich begrüße auch die geplanten Ände­rungen im Bereich des Lebensmittelrechtes. Ich meine, dass wir in diesem Zusammenhang mit den bereits gesetzten Initiativen – nur ein Stichwort: Verbot der tierischen Fette im Wieder­käuerfutter; gestern im Nationalrat beschlossen – absolut richtig liegen.

Europaweit sind bei der gesetzlichen Regelung klarerweise einheitliche Zulassungsbedingun­gen auf möglichst hohem Niveau anzustreben, wie sie Kollege Haupt bereits angesprochen hat, denn es geht nicht an, dass durch den Binnenmarkt ermöglicht wird, dass das Fleisch grenz­überschreitend transportiert werden kann, es jedoch unterschiedliche Bedingungen in den Mitgliedstaaten gibt. Entsprechende Regelungen sind daher für eine langfristige Absicherung notwendig.

Wir wollen das Tiermehlverfütterungsverbot über den 30. Juni 2001 hinaus dauerhaft absichern. Gestern wurde im Nationalrat ein Entschließungsantrag eingebracht, den ich klar unterstütze. Und sollte diese Bestimmung auf europäischer Ebene nicht zeitgerecht getroffen werden, dann wird Österreich eigenständige Maßnahmen zu ergreifen haben.

Zum Verbot von Antibiotika im Futtermittel: Diese österreichische Initiative wird von einer breiten Mehrheit in Europa unterstützt, und wir erwarten von der Kommission rasch einen Vor­schlag. Ich meine, dass wir bei den gesetzlichen Regelungen vor allem auch die Frage der Tier­transport­bedingungen und der Tierhaltungsbedingungen mit einbeziehen müssen.

Zur Verbesserung der Tiertransportbedingungen in Europa: In diesem Zusammenhang er­warten wir Vorschläge, welche die Kommission ja bereits angekündigt hat, und es liegt bereits – allerdings ein noch nicht ausreichender – Vorschlag hinsichtlich der Frage der Haltungsformen im Bereich der Schweineproduktion auf dem Tisch.

Dritter Schwerpunkt: Strategie der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Landwirtschaft ins­gesamt. Ich meine, wir müssen im Rahmen dieser Strategie Grundanforderungen der Ökologie und Qualität auf hohem Niveau definieren, wie es etwa die so genannte gute fachliche landwirt­schaftliche Praxis vorsieht.

Auf diesem hohen Grundniveau, das auch „konventionelle Produktion“ genannt werden kann, werden Herkunfts- und Gütesiegelprogramme entwickelt, nach welchen freiwillig höhere Stan­dards als jene, die den Grundanforderungen entsprechen, erbracht werden, und selbstverständ­lich wird der Sektor der biologischen Landwirtschaft ausgeweitet werden. Diese Strategie geht von gewissen Grundanforderungen auf hohem Niveau betreffend Qualität und Ökologie aus, und darauf bauen Herkunfts- und Gütesiegelprogramme sowie der Ausbau der biologischen Produktionsweise auf.

Vierter Punkt: Die Landwirtschaft muss Interesse daran haben, dass das von mir skizzierte Landwirtschaftsmodell, das man als flächendeckend, nachhaltig und multifunktionell bezeichnen kann, mit der Entwicklung eines Lebensmittelmodells eine Antwort bekommt. Warum? – Ich halte es für ganz zentral, dass das Lebensmittelmodell diese Strategie integral mitträgt. Mit den Grundelementen des Lebensmittelmodells, nämlich Herkunft, Qualität, Sicherheit und Vielfalt der Produkte, erfolgt eine Weiterentwicklung und Integration des Agrarmodells. Das sehe ich als zentralen vierten Schwerpunkt.

Fünfter strategischer Schwerpunkt: der europäische Eiweißplan. Ich denke, dass Europa erkennen muss, dass eine eigene Futtergrundlage gerade im Eiweiß- und Ölsaatensektor ein wichtiges Element ist, und zwar nicht nur ein strategisches Element, sondern letztendlich auch ein Element der Sicherheit für die eigene Versorgung. Dieser europäische Eiweißplan muss auch als aktive und offensive Antwort auf das Tiermehlverfütterungsverbot gesehen werden. Ich habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Antwort auf das Tiermehlverfütterungsverbot doch nicht ein Anstieg des Imports von Soja sein kann, sondern dass wir selbst unsere Produk­tionsgrundlagen ausbauen müssen. Wenn ich hiefür breite Unterstützung habe, so ist mir das nur recht!

Sechster strategischer Schwerpunkt: Bio-Konzept Österreich. Sie wissen, dass seit einigen Monaten im Ministerium daran gearbeitet wird, dass ein Entwurf eines derartigen Konzeptes nun zur öffentlichen Diskussion im Internet steht und dass darüber eine Enquete am 1. März stattfinden wird. Ein wesentlicher Teil dieser Strategie muss es sein, dass Vermarktungsinitia­tiven gestartet werden, damit es letztlich eine entsprechende Marktchance für biologische Pro­dukte als Kernelement der Strategie der Ausweitung der Bioproduktion gibt.

Siebenter strategischer Punkt: Etablierung von österreichweiten transparenten Tiergesund­heits-Diensten. Ich danke Herrn Professor Leibetseder, der ja heute hier anwesend ist, dass er es bereits vor einem Dreivierteljahr übernommen hat, diese Plattform zwischen Landwirtschaft und Tierärzteschaft zu schaffen, denn ich sehe in diesem Tiergesundheits-Dienst ein zentrales Element strategischer Orientierung, und zwar letztlich auch in der Frage der Qualitätsproduktion und der Hygienebedingungen in der tierischen Produktion.

Achter strategischer Punkt: vertikale Integration und Kooperation zwischen Produzent, Ver­arbeiter, Handel und Konsument. Mir ist das deswegen ein besonderes Anliegen, weil wir uns, wenn wir von Lebensmittelsicherheit, von Qualität, von Chancen der Qualitätsproduktion auf dem Markt und von markt- und kostengerechten Preisen sprechen, dessen bewusst sein müssen, dass das wohl nur möglich ist, wenn wir alle Glieder dieser Wertschöpfungskette und Qualitätskette in diese Strategie mit einbinden. Was meine ich damit? – Es muss beispielsweise klar sein, dass es im Lebensmittelhandel langfristig nur dann Qualität gibt, wenn dieser zu akzeptieren bereit ist, dass Qualität ihren Preis hat.

Ein konkretes Beispiel: Wenn es beispielsweise bei Frischmilch massiven Preisdruck gibt, dann ist die logische Konsequenz, dass die Produktion auf H-Milch ausweicht; H-Milch ist für mich jedoch nicht der Inbegriff von Qualitätssicherung! Genau dieses Element muss bei der vertika­len Integration aber gegeben sein!

Neunter strategischer Punkt: Forschung. Ich denke, dass wir im Bereich Forschung für Ernäh­rung und Nahrungsmittelsicherheit sowohl auf europäischer als auch auf österreichischer Ebene durchaus noch Bedarf haben. Wir wissen, dass beispielsweise Professor Budka, der ja heute auch anwesend ist, ein entsprechendes Konzept für den BSE-Bereich vorgelegt hat. Wir haben gemeinsam die Frage Forschung in Lebendtests bei BSE als wesentliches strategisches Ele­ment einer besseren Bekämpfungsmöglichkeit erörtert.

Zehnter Punkt: Ich meine, dass wir in dieser Situation sehr wohl so etwas wie ein Vertrauens- und Imagekonzept für die österreichische Qualitätsproduktion brauchen. Dazu stelle ich etwas in den Raum beziehungsweise zur Diskussion: Wir haben in Österreich bis dato keinen Fall von BSE, haben aber dieselben Reaktionen und Verunsicherung auf den Märkten wie Staaten, in welchen es beispielsweise 177 000 BSE-Fälle gibt.

Wir können guten Gewissens sagen, dass noch nie so viel wie jetzt in die Sicherheit von Nah­rungsmitteln und Lebensmitteln investiert wurde. Daher meine ich, dass es eine gemeinsame Aufgabenstellung sein muss, dieses Konzept auch im Sinne der Mithilfe und der wirtschaftlichen Absicherung unserer bäuerlichen Betriebe und deren Qualitätsproduktion, aber auch der Siche­rung des Standortes im Bereich der Verarbeitungswirtschaft in Angriff zu nehmen. Das ist eine gemeinsame Aufgabenstellung, und ich bitte, dass sich alle daran beteiligen!

Meine Damen und Herren! Das Ziel lautet: absolute Sicherheit – so weit dies eben menschen­möglich ist – für die Konsumenten, zweitens Qualitätsproduktion in der bäuerlichen Landwirt­schaft, drittens aber auch eine Diskussion darüber, wie die wirtschaftlichen Rahmenbedingun­gen beschaffen sein müssen, damit im wettbewerbsorientierten Europa Qualitätsproduktion letztendlich dauerhaft möglich ist. – Danke schön.

10.40


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herzlichen Dank für dieses Einleitungsstate­ment, Herr Bundesminister.

Ich möchte beiden Bundesministern für die Kürze und Kompaktheit ihrer Ausführungen danken.

Referate


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen jetzt zur Reihe der Referenten. Ich erteile als Erstem Herrn Universitätsprofessor Dr. Herbert Budka das Wort.

10.41


Referent Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka (Universität Wien, Vorstand des Instituts für Neuro­logie): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Es ist mir eine Freude und Ehre, Ihnen heute einige Aspekte betreffend Prionen-Erkrankungen – da ich Humanmediziner bin, vor allem ausgerichtet auf menschliche Erkrankungen, aber auch die Verbindung zu den tierischen Erkrankungen – zu präsentieren.

Ich werde kurz die Erkrankungen des Menschen behandeln, einige diagnostische Aspekte an Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit und am Nervengewebe erwähnen – das hat durchaus auch Relevanz für den Bereich der Veterinärmedizin –, weiters werde ich über die Überwachung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Österreich berichten, sodann die Verbindung zwischen BSE und den Erkrankungen des Menschen behandeln, einige Aspekte der mir wichtig erscheinenden TSE- und BSE-Forschung in Österreich skizzieren und am Schluss eine Bemerkung über die so genannten BSE-Schnelltests machen.

Ich weiß nicht, ob die Projektion auf der Leinwand von überall gut sichtbar ist, werde aber versuchen, das Wesentliche auch verbal vorzutragen.

Zunächst sehen Sie (der Redner zeigt in der Folge mehrere Dias) eine Tabelle der diesbezüg­lichen Erkrankungen des Menschen und deren Entstehungsweise. Die wichtigste Krankheit wird nach den Erstbeschreibern als Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bezeichnet.

Es gibt vier Unterformen dieser Krankheit. Die bei weitem häufigste ist die so genannte spora­dische Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, von welcher man eigentlich nicht genau weiß, wie sie ent­steht – es gibt sehr viele Ideen dazu –; sehr wahrscheinlich handelt es sich um eine spontane Änderung im dafür verantwortlichen Prion-Protein im Hirngewebe selbst.

Weiters gibt es eine Reihe familiärer Krankheitsformen, die erblich sind und auf eine Änderung der Erbsubstanz im Gen, welches das Prion-Protein codiert, zurückgehen.

Außerdem gibt es tragische Krankheitsfälle, die unbeabsichtigt in den achtziger Jahren durch medizinische Maßnahmen – zum Beispiel durch Hornhaut-Transplantationen oder durch Be­handlung mit Hypophysen-Hormonpräparaten – übertragen wurden.

Schließlich gibt es die mittlerweile im Mittelpunkt des Interesses stehende Variante der Creutz­feldt-Jakob-Krankheit. Ich möchte betonen, dass heute so gut wie sicher ist, dass diese infektiö­ser Genese durch Kontakt mit dem BSE-Agens ist.

Schließlich gibt es noch die Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Krankheit – und das ist für Öster­reich, glaube ich, nicht zuletzt deswegen wichtig, weil Gerstmann, Sträussler und Scheinker die nach ihnen benannte Krankheit 1936 in Wien erstmals hier beschrieben haben –, welche eben­falls eine genetische Prionen-Krankheit ist, die ebenso wie die so genannte familiäre fatale Insomnie auf eine Mutation im Prion-Protein zurückgeht.

Zu erwähnen ist auch noch die medizinhistorisch interessante beziehungsweise fast „faszinie­rende“ Kuru-Krankheit, die auf einen rituellen Kannibalismus in der Sprachgruppe der Kuru im Bergland von Papua-Neuguinea – bis Ende der fünfziger Jahre wurde dieser Kannibalismus durchgeführt – zurückgeführt werden kann.

Nunmehr sehen Sie eine Übersicht über die heute in Europa und letztlich auch weltweit übli­chen Überwachungskriterien betreffend die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit des Menschen. – Ich gehe nicht wirklich auf die Details ein, Sie können mir aber glauben, dass sich diese Überwa­chungskriterien bewährt haben und dadurch ein eigentlich sehr verlässlicher Überblick darüber möglich ist, wie sich die epidemiologische Situation weltweit und im Besonderen in Europa dar­stellt. Auch Österreich ist im Rahmen des österreichischen Referenzzentrums für diese Krank­heiten, das ich leiten darf, entsprechend eingebunden.

Ich möchte noch einen Punkt erwähnen, der sich in den letzten Jahren als wichtig herausge­stellt hat: Den Nachweis eines bestimmten Proteins in der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit – des so genannten 14-3-3-Proteins – haben wir bereits auch bei uns am Institut etabliert und können diesen allen österreichischen Ärzten anbieten, und dieser Nachweis wird auch vorge­nommen. Es ist dies ein Testverfahren, das, ähnlich dem Prionics-Schnelltest, ein so genannter Western-Blot ist, bei welchem ein entsprechender Eiweiß-Protein-Extrakt entweder vom Hirnge­webe oder vom Liquor selbst – der Rückenmarksflüssigkeit – aufgetragen wird, im elektrischen Feld wandern kann und mit einem Antikörper dann die Stelle markiert wird, wo dieses Protein an einer ganz bestimmten Stelle entsprechend der Größe dieses Moleküls angefärbt werden kann. Diese Methode hat sich bei uns in Österreich als klinisch-diagnostisches Verfahren sehr gut bewährt.

Die Krankheit selbst kann derzeit definitiv und mit Sicherheit lediglich nach dem Tode des Patienten im Rahmen einer Autopsie festgestellt werden. – Auf der nun projizierten Tabelle zeigt sich aber, dass diese Bestimmung des 14-3-3-Proteins eine sehr hohe Sensitivität und Spezifizität aufweist. Das bedeutet einen großen Fortschritt für die klinische Diagnostik, weil diese Untersuchung bei all jenen Fällen, bei denen sich nachher im Rahmen der Autopsie her­ausgestellt hat, dass es sich tatsächlich um die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gehandelt hat, bei 100 Prozent einen positiven Befund ergeben hat. Und auch bei der wahrscheinlichen Creutz­feldt-Jakob-Krankheit entsprechend den Überwachungskriterien gab es bei immerhin über 70 Prozent dieser Untersuchungen ein positives Ergebnis. Da eine gewisse Zahl von positiven Ergebnissen auch dann auftritt, wenn ungezielt untersucht wird, ist sehr wichtig, dass eine ganz bestimmte klinische Konstellation vorhanden ist, weil nur dann diese Untersuchung entspre­chende Spezifizität hat.

Nun sehen Sie ein Bild, wie das krankheitsassoziierte Protein – das ist ein Merkmal dieser Krankheiten, egal, ob es sich um tierische oder Erkrankungen des Menschen handelt – im erkrankten Hirngewebe, im Rückenmarksgewebe und teilweise auch in den Nerven abgelagert wird. Das kann man anfärben und darstellen. Ähnlich wird zum Beispiel auch bei den Schnell­tests vorgegangen, wenn auch mit anderen Methoden, das Ziel ist aber immer, dass man diesen Krankheitsmarker – bitte, verwechseln Sie diesen Marker nicht mit Infektiosität und nicht unbedingt mit dem Erreger! – anfärben kann.

Hier sehen Sie zum Beispiel an einem Schnitt des Hirngewebes, wie massiv dieses krankheits­assoziierte Protein in der Hirnrinde abgelagert wird.

Wie sieht die epidemiologische Situation in Österreich aus? – Ich zeige Ihnen nun die Zahl der diagnostizierten Fälle anhand einer Skala, und zwar ist das die Zahl der Fälle pro Million Ein­wohner pro Jahr, und zwar vom Jahre 1969, als der erste nachgewiesene Fall gesichert werden konnte, bis zum Jahre 2000. Sie sehen, dass die Fallerfassung in den siebziger und achtziger Jahren sehr inkomplett war, dass aber seit Mitte der achtziger Jahre ein steter Anstieg zu beob­achten ist und dass wir diesbezüglich in den vergangenen Jahren ein sehr gutes Niveau er­reicht haben.

International und weltweit wird immer ein Fall pro Million Einwohner pro Jahr als Inzidenz ange­geben. Wir liegen da ein bisschen darüber, was ich auf die Güte der Überwachung in Österreich auf Grund sehr guter Voraussetzungen zurückführen möchte. Es besteht bei uns kein beson­deres Risiko, das diesen Anstieg erklärt, sondern das ist ganz einfach auf die verbesserte Fall­erfassung zurückzuführen.

Das jetzt projizierte Tortendiagramm zeigt, wie wichtig die Durchführung einer Autopsie und einer entsprechenden Untersuchung durch die Neuropathologen nach dem Tode der Patienten ist. Wir haben an 98 österreichischen Patienten, von welchen sehr genaue Aufzeichnungen vor­liegen, untersucht, wie diese klinisch zu kategorisieren wären. – Bedenken Sie, dass internatio­nal immer nur definitive, also neuropathologisch gesicherte Fälle und auch Fälle der so genannten wahrscheinlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in die Statistik einfließen.

Wir konnten in diesem Zusammenhang zeigen, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Patien­ten, bei welchen sich nachträglich die definitive Krankheit neuropathologisch diagnostizieren ließ, die Kriterien der wahrscheinlichen Krankheit hatten; 29 Prozent der möglichen und im­merhin 19 Prozent weder-noch. Das heißt, es ist sehr wichtig, dass gerade die atypischen Fälle ebenfalls durch Autopsie erfasst werden, und ich muss sagen, dass die gegenwärtige diesbe­zügliche Situation in Österreich meines Erachtens international absolut vorbildlich ist.

Nun kommen wir zu den Übertragungsmöglichkeiten auf den Menschen. Sie sehen hier ein Schema mit den Erkrankungen der bestimmten Spezies. Schafe und Ziegen sind seit Jahrhun­derten bekannte Träger der Scrapie-Krankheit – auf Deutsch: der Traberkrankheit –, und mögli­cher­weise Überträger von Scrapie, möglicherweise aber auch durch eine spontane Erkrankung bei Rindern ist BSE auf Tiere übertragen worden, und durch die Rezyklierung in der gleichen Tierspezies kam es zu einer katastrophalen Epidemie.

Ich möchte darauf hinweisen, dass auch andere spontane oder infektiöse Erkrankungen bei Nerzen, Hirschen und Elchen beschrieben werden. Von BSE gibt es eindeutig eine Infek­tions­schiene einerseits zu Zootieren auf Grund der Verfütterung von kontaminiertem Futter, vor allem zu Großkatzen, Wiederkäuern und Lemuren, also Primaten, im Zoo, aber auch zu Haus­katzen. Wie wir heute glauben beziehungsweise eigentlich mit der Sicherheit, die heute möglich ist, wissen, ist so eine neue Krankheitsform des Menschen entstanden, die wir als Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bezeichnen.

Wieso wissen wir, dass das wirklich eine neue Krankheit ist? – Es gibt entsprechende epidemio­logische Hinweise. Etwa zehn Jahre nach dem Beginn einer Epidemie bei Rindern tritt eine völlig anders als die „gewöhnliche“ Creutzfeldt-Jakob-Krankheit aussehende Form besonders bei jungen Menschen mit einem anderen Verlauf als die „gewöhnliche“ Krankheit auf. Vor allem haben wir Hirngewebsveränderungen wie diese Plaques – wie wir das nennen –, die von Lücken umgeben sind, bisher eigentlich noch nie bei dieser Krankheitsgruppe beim Menschen beobachtet, und damit konnte gesichert werden, dass dies wirklich eine neue Krankheitsform ist. Und es gibt noch eine Reihe weiterer Argumente dafür.

Abschließend noch einige Aspekte: Es gibt dazu insgesamt vier Forschungsgruppen in Öster­reich. Ich habe Vorschläge betreffend Forschungsthemen für Forschungsgruppen gemacht, möchte jetzt aus Zeitgründen aber nicht näher darauf eingehen.

Mein allerletztes Dia zeigt eine Situation, die für mich neu war. Ich habe davon gestern in Brüssel erfahren, und in Anbetracht dessen meine ich, dass die Vorgangsweise hinsichtlich der so genannten BSE-Schnelltests wirklich diskutiert werden sollte. Nach meinem Wissensstand werden in Österreich 100 Prozent der Schlachtrinder, die über 30 Monate alt sind und in den menschlichen Verzehr kommen sollen, untersucht. Merkwürdigerweise muss hingegen die eigentliche Risikopopulation, nämlich die notgeschlachteten und die gefallenen Tiere, nur zu einem winzigen Teil, zu einer fixierten Rate untersucht werden. Das halte ich für völlig unsin­nig! Darum bitte ich, in Betracht zu ziehen, dass man, wenn man 100 Prozent der Schlachttiere untersucht, auf jeden Fall auch 100 Prozent der Risikotiere untersuchen sollte! – Ich bedanke mich.

10.55


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Herr Professor.

Herr Bundesminister Haupt möchte ein ganz kurzes ergänzendes Statement zu seinen Ausfüh­rungen abgeben. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.55


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich möchte eine ergänzende Bemerkung zu dem machen, was Herr Professor Budka gerade in den Raum gestellt hat.

Innerhalb der Bundesregierung ist es unbestritten, dass alle Tiere, die vom Markt genommen werden und über 30 Monate alt sind, selbstverständlich untersucht werden müssen. Diesbezüg­lich gibt es bei uns überhaupt keine Diskussion! Wir wollen es gar nicht aufkommen lassen, dass in diesem Bereich nicht untersucht wird!

Zweitens möchte ich sagen, dass auf freiwilliger Basis auch Tiere zwischen 24 und 30 Monaten untersucht werden und diese Tiere unter dem gleichen Seuchenregime geschlachtet werden wie alle anderen. Sie müssen also so lange im Schlachthof und im Kühlhaus verbleiben, bis die entsprechenden Tests vorliegen, damit wir auch über diesen Bereich epidemiologische Studien bekommen. – Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen, damit da nichts anderes im Raum stehen bleibt!

10.56


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Herr Bundesminister.

Der Nächste in der Reihenfolge der Referenten ist der Präsident der Steirischen Landwirt­schaftskammer Gerhard Wlodkowski.

10.56


Referent Ökonomierat Gerhard Wlodkowski (Präsident der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich möchte mich sehr dafür bedanken, dass ich die Probleme der Landwirtschaft in diesem Kreis darstellen kann.

Festhalten möchte ich, dass die gegenwärtige Diskussion Verunsicherung beim Konsumenten verursacht und selbstverständlich die Existenz vieler Bauern und auch Arbeitsplätze in der Lebensmittelindustrie gefährdet. Ich persönlich möchte hier sagen, dass die derzeit geführte Debatte aus unserer beziehungsweise meiner Sicht in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Situation in der Landwirtschaft und dem Problem, das wir derzeit diskutieren, steht.

Für mich stellt sich die Frage: Kann mit der jetzigen Agrarpolitik die Sicherheit der Lebensmittel garantiert werden? – Ich persönliche sage dazu: Ja, selbstverständlich! Und ich begründe das wie folgt: Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten und auch in den letzten Jahren, und zwar durch eine restriktive Agrarpolitik, durch Bestandsobergrenzen, aber auch durch die Verfütte­rung von heimischem Getreide, wesentlich dazu beigetragen, dass es die Probleme, die wir der­zeit diskutieren, bei uns nicht gibt.

Zweitens glaube ich, dass wir nach dem EU-Beitritt durch das Umweltprogramm, aber auch durch die Förderung unserer Biobetriebe gezeigt haben, dass wir es ermöglichen wollen, dass auch in Anbetracht dieses Wettbewerbs unsere Betriebe nachhaltig bewirtschaftet werden.

Was wurde und wird nun aus unserer Sicht getan, und was sind die wichtigsten Punkte?

Erstens möchte ich festhalten, dass im Lebensmittelbereich bei Fleischuntersuchungen ständig nachgeforscht wird, ob es Antibiotika- oder Hormonrückstände und so weiter gibt. Sie können das in allen Lebensmittel- und Untersuchungsberichten nachlesen. Daraus geht hervor, dass wir einen sehr hohen Standard haben und nur ab und zu etwas finden.

Zweitens möchte ich hier sehr deutlich festhalten, dass wir von Seiten der Landwirtschaft schon vor dem EU-Beitritt beziehungsweise im Rahmen des EU-Beitritts versucht haben, auf unserem Agrarmarkt, etwa mit dem AMA-Gütesiegel, den Konsumenten Sicherheit und die Information und den Nachweis zu bieten, woher ein Produkt kommt und wie es behandelt wird. Es gibt zusätzliche Qualitätsvorschriften, und wir haben sehr deutlich unabhängige Kontrollen vorge­schrieben, auf Grund welcher aus unserer Sicht, wenn es das AMA-Gütesiegel vor allem im Fleischbereich, aber auch bei anderen Produkten durchgehend gibt, dem Konsumenten die größtmögliche Sicherheit geboten werden kann. – Man kann aber natürlich darüber diskutieren, ob nicht das eine oder andere noch verbessert werden könnte.

Drittens möchte ich die Forderung unseres Herrn Bundesministers unterstreichen. Es geht vor allem darum, wie wir den Tiergesundheits-Dienst in Österreich in Zukunft neu organisieren. Jedes Bundesland hat seinen eigenen Tiergesundheits-Dienst, und es laufen nun Gespräche und Verhandlungen unter der Leitung von Professor Leibetseder, bei welchen versucht wird, ein einheitliches und bundesländerübergreifendes Tiergesundheitsgesetz zu schaffen.

Ich persönlich glaube, dass wir die wichtigsten Punkte, in welchen wir uns von den EU-Nach­barländern unterscheiden, ordnen und regeln müssen. Hiebei geht es zum Beispiel um die ein­heitliche Zulassung von Arzneimitteln, um die genaue Definition, was Bauern tun dürfen und was der Tierarzt tun darf, und um die Klärung, wie das in den anderen Ländern gemacht wird. Eine unab­hängige Kontrolle der Behörde ist selbstverständlich zuzulassen, und es ist auch zu hinter­fragen, wie die Tierärzte grundsätzlich vorgehen: Ein Amtstierarzt darf beispielsweise keine Beschau machen, damit es nicht zu Kollisionen kommt.

Ich bin der Ansicht, dass es fünf Minuten vor zwölf beziehungsweise schon fünf Minuten nach zwölf ist – und dass wir weiterkommen müssen! Ich glaube, dass dieses Tiergesund­heits­gesetz neu, wenn die Regierung das will und Sie als Abgeordnete das wollen, von heute auf morgen zu beschließen ist.

Im Moment beschäftigt uns BSE am meisten und verursacht die größten Probleme. Ich möchte den Darstellungen der Herren Bundesminister nichts mehr hinzufügen, sondern nur noch so viel sagen: Fachlich geht die Landwirtschaft mit den nötigen Maßnahmen mit – egal, ob es sich nun um Keulung, um das Tiermehlverbot oder andere Dinge handelt. Für uns ist aber selbstver­ständlich, dass es sozusagen Begleitmusik dazu geben muss: Das heißt zum Beispiel, dass es, wenn ein Tiermehlverbot auf Dauer kommt, einen eigenen Eiweißanbau in Österreich und in Europa geben muss. Daher fordert die Landwirtschaft den Herrn Bundesminister auf, zu versu­chen, in Brüssel die hiefür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen!

Außerdem müssen wir Sicherheit beim Bauern betreffend die Kostenfrage schaffen. Es muss uns allen klar sein, dass Tiermehlverbrennung, alle Tests und eben diese angesprochene „Begleit­musik“ sehr viel Geld kosten. In den EU-Nachbarländern werden diese Kosten von der öffentlichen Hand getragen, und wir Bauern bitten, auch im Interesse der Konsumenten und der Lebensmittelsicherheit dafür zu sorgen, dass in Zukunft Klarheit darüber herrscht, wie die Kosten aufgeteilt werden und wie das finanziert wird.

Mein letzter und wichtigster Punkt: Wir Bauern sagen sicherlich ein Ja zur Lebensmittelsicher­heit. Wir brauchen diese, um den Absatz zu sichern und das Vertrauen des Konsumenten zu haben. Lebensmittelqualität, flächengebundene Produktion, Gentechnikfreiheit, Hormonfreiheit und Tierschutz gibt es aber nicht zum Nulltarif. Wenn wir in Europa dem Wettbewerb ausge­setzt sind und es eine Handelslandschaft gibt, in welcher das Lebensmittel Fleisch und andere Produkte zum Lockartikel gemacht werden, dann sind wir Bauern eben das letzte Glied in der Kette – und den Letzten beißen bekanntlich die Hunde!

Ich persönlich möchte festhalten: Wir verlangen von der Wissenschaft insgesamt, dass sie ko­ordinierte Aussagen in der Öffentlichkeit trifft, denn wenn über ein und dasselbe Problem fünf Mal etwas anderes gesagt wird, kennt sich der Bauer nicht mehr aus, was er zu tun hat, und dann kennt sich auch der Konsument nicht aus – und ist noch mehr verunsichert. Ich verlange also im Interesse der Konsumenten und der Bauern, dass koordinierte Vorgangsweisen festge­legt werden, damit nicht die Konsumenten und wir noch mehr verunsichert werden!

Ich stelle fest: Ob Bioproduzenten oder konventionelle Bauern, bei beiden Varianten muss es Lebensmittelsicherheit geben. Es darf kein Unterschied bestehen; und bei den Bioproduzenten kommen eben noch zusätzliche Kriterien dazu.

Abschließend möchte ich festhalten, dass wir bereit sind, diesen Weg zu gehen, dass wir bereit sind, alles zu tun, um Sicherheit für den Konsumenten zu bieten, aber auch das Vertrauen des Kon­su­menten zu gewinnen. Beim Einkauf entscheidet der Konsument, wohin er greift, ob er dann zum billigsten Lebensmittel oder zum Qualitätsprodukt greift. Wir sind bereit, das Quali­täts­produkt zu liefern. – Danke.

11.05


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke schön. – Als Nächster zu Wort gelangt Herr Dr. Mraz.

11.05


Referent Dr. Hannes Mraz (Geschäftsführer des Lebensmittelhandels in der Wirtschafts­kammer Österreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es passt, dass ich im Anschluss an den Vertreter der wahr­scheinlich in der derzeitigen Situation davon am unmittelbarsten betroffenen Sparte als Vertre­ter der Wirtschaft sprechen darf.

Sie werden gleich ein Chart sehen, anhand welchem wir Ihnen zeigen, welche Branchen von der BSE-Krise und jetzt auch von den Schweine-Problemen betroffen sind, wenn auch in unter­schiedlichem Maße und nicht alle von den gleichen Problemen. Ich will meine Darstellungen in aller Kürze auf die gegenwärtige Situation in den wohl am schwersten betroffenen Branchen der gewerblichen Wirtschaft beschränken, nämlich auf jene in den Schlachthöfen und in den Verar­beitungsbetrieben, und ein Wort zum Darmbereich und Lebensmittelhandel sagen.

Die Schlachthöfe hatten nach Auftreten der BSE-Krise in Deutschland auch in Österreich son­derbarerweise die gleichen Probleme. Der gesamte Fleischabsatz konnte zwar um die Weih­nachtszeit in Summe aufrechterhalten werden, weil es zu Substitutionen etwa im Schweine- und Geflügelbereich gekommen ist, Anfang des Jahres ist dieser Absatz aber dramatisch zurück­gegangen. Die Umsatzrückgänge in den Schlachthöfen von bis zu 60 Prozent sind allerdings nicht allein auf den Umstand des Konsumverzichts in Österreich zurückzuführen, sondern auch darauf, dass die gesamte Exportschiene – Österreich ist bekanntlich ein sehr großes Rind­fleischexportland – zusammengebrochen ist. Wir hatten laufend Schwierigkeiten mit den ver­schiedensten Ländern, es wurde unterschiedlich gesperrt und dann wieder geöffnet. Diesbe­züglich hatten wir eine sehr intensive Zusammenarbeit vor allem mit dem Außenministerium. Besonders ins Gewicht fällt aber die Tatsache, dass leider unser wichtigster Exportmarkt, nämlich Italien, nach wie vor praktisch geschlossen ist.

Ein weiteres Problem im Schlachthofbereich war die unsichere Finanzierungsseite. Wie Sie wissen, gibt es seit 1. Oktober vergangenen Jahres die zwingende Entsorgung von Risiko­material, und lange Zeit war ungeklärt, wie die Finanzierung erfolgen sollte. Mit Beginn dieses Jahres wurde dieser Risikomaterialanteil dramatisch erhöht, da der gesamte Darmbereich mit einbezogen wurde, was natürlich zusätzliche Kosten verursachte und logistischer Maßnahmen bedurfte. Auch die diesbezügliche Finanzierung war völlig unklar. Dazu kamen die zwingend vorgeschriebenen BSE-Tests für über 30 Monate alte Rinder, eine Maßnahme, die wir natürlich voll unterstützen. Die Folge war aber, dass es auch in diesem Bereich zu logistischen Ände­rungen gekommen ist – und bei welchen es wohl bleiben wird, denn wir gehen davon aus­, dass diese Tests auch weiterhin gemacht werden.

Auch bei den Zerlegebetrieben – die Presse hat darüber bereits ausführlichst berichtet – sind massive Einbrüche festzustellen. Auch in diesem Bereich schlägt sich der Konsumrückgang zu Buche, vor allem im Zusammenhang mit Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und der Gastronomie, wo Rindfleisch eben nicht mehr akzeptiert wird. In diesem Bereich sind rund 2 500 bis 3 000 Arbeitsplätze gefährdet; eine Firma hat bereits Kurzarbeit angemeldet. Derzeit versucht man, die Lage mit Urlaubs- beziehungsweise Überstundenabbau in den Griff zu bekommen. Das Hauptproblem ist aber, dass die Betriebskosten dennoch weiterlaufen, auch wenn es unter Umständen Möglichkeiten im Personalkostenbereich gibt.

Im Fleischergewerbe und Lebensmittelhandel sind die Umsatzeinbußen in etwa gleich hoch. Ich habe Mitte dieser Woche eine Umfrage im Lebensmittelhandel gestartet: Wir haben Einbrüche bei Rindfleisch bis zu 50 Prozent, bei Wurst um etwa 15 Prozent. Für konkrete Aussagen betref­fend den Schweinebereich ist der Zeitpunkt noch etwas zu früh, man rechnet aber bereits mit rund 15 bis 20 Prozent.

Umgelegt auf den Lebensmittelhandel, welcher der größte Fleischverkäufer Österreichs ist – etwa zwei Drittel dieses Marktes gehen über den Lebensmittelhandel –, betragen die Einbußen im ersten Monat rund 100 Millionen Schilling. – Sie sehen also, welche Dimensionen diese Krisen für die gesamte Wirtschaft haben!

Ich sage nur der Ordnung halber: Die Firmen aus dem Darmbereich werden überhaupt vom Markt verschwinden, weil diese auf Grund der Risikomaterialregelungen nicht mehr bestehen können. Wir sind uns darüber im Klaren, dass im Zusammenhang mit dieser Tatsache enorme Kosten entstehen werden, die nie und nimmer auf jemanden überwälzt werden können. Wir fordern aber doch, dass Maßnahmen, die letztlich im Interesse der Sicherheit aller getroffen werden, durch die öffentliche Hand getragen werden. Im Hinblick darauf tut es mir Leid, dass der Herr Finanzminister nicht hier ist. Wir sehen etwa an der Katastrophenfondslösung, dass es zwar guten Willen gibt, diese Lösung kam aber sehr spät, und es hat für uns Verunsicherung gegeben. Wir harren noch immer einer Klarstellung, was nach Auslaufen dieser Regelung per 1. März geschehen soll. Alle wesentlichen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit BSE getrof­fen wurden, sind auf Grund des Tierseuchengesetzes getroffen worden, und daher meinen wir, dass die entsprechenden Mittel von der öffentlichen Hand kommen sollen, um da einen Wett­bewerb nicht nur innerhalb Österreichs, sondern auch auf internationaler Ebene zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Wir gehen davon aus, dass sich die Situation wieder beruhigen wird. Durch eine Belastung auf irgendeiner Stufe in der Wirtschaftskette – sei es beim Bauern, beim Schlachthof, beim Zerlegerbetrieb – werden wir aus dem internationalen Markt EU-weit, aber auch weltweit katapultiert. Wir wissen, dass im größten Agrarland der Europäischen Union, in Frankreich, öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit das Produkt konkurrenzfähig bleibt. Wir betteln nicht um Subventionen, vielmehr geht es in diesem Zusammenhang um eine Maßnahme, die letztlich im Interesse der gesamten Wirtschaft liegt: beginnend von der Land­wirtschaft bis hin zum Verkauf.

Welche sind nun unsere Forderungen in diesem Zusammenhang? – Wir unterstützen selbstver­ständlich die Errichtung einer Lebensmittelagentur in Österreich, wie sie von den beiden hier anwesenden Herren Bundesministern verlangt wird, wir verlangen aber in diesem Zusammen­hang auch die unbedingte Einbeziehung der Länder, denn es geht nicht an, dass es in einem relativ kleinen Land wie Österreich unterschiedliche Standards in der Kontrolle gibt.

Auch wir vertreten die Auffassung, dass Strafbestimmungen nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sind. Wir haben allerdings festgestellt, dass es Lücken gibt, und wir sind natürlich dafür, dass diese geschlossen werden, wie wir überhaupt bereit sind, alles zu unterstützen, damit wirklich Ordnung auf dem Markt herrscht.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir, bevor es noch zur offiziellen oder behördlichen Importsperre gegenüber Deutschland gekommen ist, im Rahmen einer Selbstverpflichtung der gesamten Wirtschaft versucht haben, Importe aus Deutschland zu verhindern, und es wurde auch kein Fleisch mehr eingeführt. – Die Gütesiegel wurden ja heute schon erwähnt. Wir haben freiwillig auf das zum Teil zu Unrecht kritisierte „A“-Zeichen verzichtet, und es wird dieses in Zukunft für österreichische Lebensmittel nicht mehr geben.

Das Notwendigste in Zukunft wird unseres Erachtens die Forschung sein. Wir meinen, dass nur Tests am lebenden Tier ausreichend Sicherheit geben, denn nur dann hat der Konsument – und dieser ist für uns der wichtigste Partner – die Chance, zu wissen, dass die Ware, die auf den Markt kommt, wirklich einwandfrei ist. Es wäre schön, wenn Österreich entsprechende Initiativen setzen beziehungsweise diesbezüglich bestehende Initiativen unterstützen könnte, denn das Allerwichtigste ist gegenwärtig: dass auf dem Markt eine Beruhigung eintritt. Letztlich ist es bei uns im Zusammenhang mit BSE zu einer Vertrauenskrise in einem Nicht-Skandal gekommen!

Insbesondere für die problematischen Futtermittelbereiche wird es einen eigenen Referenten geben. Allerdings kann derzeit noch niemand abschätzen, inwieweit es in Zukunft bei den gegenüber der Zeit vor der Krise geänderten Konsumgewohnheiten bleiben wird. Sollte es dabei bleiben, dann ist im Rahmen der Fleischwirtschaft natürlich mit gravierenden Umstellun­gen zu rechnen.

Abschließend noch eine Bemerkung – auch das wurde heute schon angedeutet –: Im Lebens­mittelhandel in Österreich gibt es, europaweit gesehen, sicherlich eine starke Konzentration. Eine derart starke Konzentration, meine Damen und Herren, gibt es aber auch in England. Immer wieder werden die Billigstpreise genannt. Wir befinden uns in einem gemeinsamen Markt, und ich bitte Sie, zu beachten, dass die Landwirtschaft sowie der Lebensmittelhandel in Konkurrenz stehen. Ich sage ganz offen, dass auch ich die Preisgestaltung im Lebensmittelhan­del nicht immer für vernünftig halte. Aber es ist ganz einfach nicht richtig, immer die Billigpreise als Ursache anzuführen, denn der Handel hat ganz andere Kalkulationsgegebenheiten als etwa ein Produzent oder ein Verarbeiter. Würde nämlich diese Definition stimmen, dann hätte es in England nie einen BSE-Fall geben dürfen, denn dort gibt es die relativ höchsten Verbraucher­preise – und dort ist BSE am häufigsten aufgetreten. – Danke schön.

11.16


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Referent ist Herr Hofrat Dr. Köchl. – Bitte.

11.16


Referent Hofrat Dr. Arnold Köchl (Leiter des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Die Betriebsmittel sind ein wichtiges Glied in der Produktions­kette von Nahrungsmitteln. Dementsprechend gibt es Bundesbehörden zu deren Überwachung. In Österreich gibt es zwei solcher Behörden, und zwar sind das Bundesamt und Forschungs­zentrum für Landwirtschaft für den Osten Österreichs und die Bundesanstalt für Agrarbiologie für den Westen zuständig.

Dem Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft obliegen die Zulassung, die Zertifi­zierung und die nachlaufende Kontrolle etwa bei den Futtermitteln. Der zweite Kontrollkörper für die nachlaufende Kontrolle ist in Linz situiert.

Mitunter sind Diskussionen über die bestehenden Probenzahlen aufgetreten. Meine Damen und Herren! Wir haben entsprechend unseren Möglichkeiten und mit großer Intensität in den vergangenen Jahren kontrolliert. Wenn man die Probenzahlen diskutiert, muss man allerdings auch in Betracht ziehen, dass es innerhalb der Probenzahlen eine beträchtliche Verschiebung gegeben hat, und zwar von den so genannten wertgebenden Inhaltsstoffen, die eigentlich noch vom Ursprung des Futtermittelgesetzes hinsichtlich Schutz des Bauern vor Übervorteilung und Schutz der Händler vor Konkurrenz herrühren, hin in Richtung Untersuchung kritischer Stoffe. Davon ist nicht nur das Tiermehl betroffen, sondern in dieses Programm wurde selbstverständ­lich im Verlauf der Jahre zunehmend auch die Untersuchung auf Schwermetalle, auf Pestizide, auf Hormone, auf Dioxine, auf PCB, auf PAH und so weiter aufgenommen. – Das heißt, das Untersuchungsspektrum hat sich in Richtung kritischer und unerlaubter Stoffe erweitert, und in diesem Zusammenhang wurde in den vergangenen Jahren natürlich auch Tiermehl intensiv untersucht.

Wir nehmen weiters für uns in Anspruch, dass wir nicht nur untersucht haben, sondern dass wir, wenn innerhalb der im Europaverbund vereinbarten Norm beziehungsweise des Grenzwertes von 0,5 Prozent Spuren bis hinunter in den Bereich von 0,01 Prozent aufgetreten sind, das nicht einfach hingenommen haben, sondern eine Beanstandung mit Kostenüberwälzung auf den Betrieb ausgesprochen haben.

Als im Verlauf des Jahres 2000 in Europa sub-akute Fälle aufgetreten sind, haben wir bereits auch in solchen Fällen, also auch bei geringsten Spuren, Anzeige erstattet beziehungsweise beschlagnahmt.

Im Verlauf dieses Jahres wurden der Probenpool natürlich ganz erheblich erweitert und die Kontrolle so massiv verstärkt, dass wir Mitte Februar bereits in etwa den Probenstand der Vor­jahre erreicht haben. Wir stellen fest, dass im Verlauf der Zeit die Spuren auslaufen, und auch genau in jenem Rhythmus, den zum Beispiel auch der Wissenschaftliche Lenkungsausschuss beziehungsweise die Beratende Gruppe, die Working Group, festgestellt haben, dass es nämlich ungefähr drei Spülchargen in einer gemischten Produktion brauche, um tatsächlich die Anlage so frei zu bekommen, dass auch diese geringsten Spuren von 0,01 Prozent nicht mehr feststellbar sind.

In der Spurenproblematik insgesamt gibt es noch einen weiteren Gesichtspunkt, der normaler­weise nicht angesprochen wird, dass nämlich in der Mikroskopie Rückstände beziehungsweise mikroskopisch kleine Knochensplitter von Säugetieren und Vögeln nicht eindeutig unterschie­den werden können. Eine Unterscheidung zwischen Landtieren und Fischen ist hingegen sehr leicht möglich. Insofern sind wir sehr dankbar, dass das Verbot auch auf die Futtermittel für Schweine und Rinder ausgeweitet wurde, weil dieses Problem damit nicht mehr gegeben ist, weil wir eindeutig für Freiheit von Rückständen plädieren und auch darauf untersuchen.

Es stellt sich die Frage, wie effizient die staatliche Kontrolle war. Meine Damen und Herren! Normalerweise wird die Effizienz einer Institution daran gemessen, wie die gesellschaftliche Zielsetzung umgesetzt wurde. Die Polizei wird nicht daran gemessen, wie viele Ausfahrten sie macht, sondern daran, ob die Kriminalitätsrate gesunken ist, und eine Universität wird nicht an der Anzahl der Vorlesungen gemessen, sondern daran, wie die Drop-out-Rate aussieht. So ver­hält es sich meines Erachtens auch mit den Überwachungsbehörden des Bundes. – Ich glaube, dass die Kontrolle effizient war und auch andere Kriterien eingehalten wurden, denn bekanntlich konnten und können wir in Österreich tatsächlich keinen einzigen – weder akuten noch sub-akuten! – BSE-Fall verzeichnen, und dies in unmittelbarer Nachbarschaft der Schweiz mit 366 Fällen, die im Allgemeinen als vorbildhaft akkurat gilt! Ich hoffe, dass das so bleiben wird, und meine also, dass Österreich hinsichtlich Kontrolle einen ganz erheblichen Beitrag geleistet hat!

Zur zweiten Thematik, der Frage der Spuren von Antibiotika beziehungsweise Medikamenten, die jetzt gefunden werden, darf ich berichten, dass wir seit Jahren nicht nur die Einhaltung der Bandbreite jener letzten vier Antibiotika untersucht haben, die zugelassen waren und nunmehr auch verboten werden, sondern auch hinsichtlich unerlaubter Antibiotika regelmäßig und mit großer Dichte kontrolliert wurde. Ich darf dazu feststellen, dass – soweit unsere Kontrollen rei­chen – unerlaubte Antibiotika in keinem Fall Handelsfuttermitteln zugesetzt worden sind. Ich möchte auch festhalten, dass in Artikel 10 Z 12 Bundes-Verfassungsgesetz festgehalten ist, dass die Bundesbehörden nur den geschäftlichen Verkehr der Futtermittel zu kontrollieren ha­ben, sprich bei den Produzenten, Lizenzmischern, Abgabestellen, Lagerhäusern und Landes­pro­duktenhändlern, nicht aber die Verfütterung und die Anwendung, denn das ist bundes­staatlich geregelt, und unsere Reichweite geht eben nur bis zur Abgabestelle. An dieser Stelle beginnt die Verantwortung des Landes­hauptmannes, bei manchen Betriebsmitteln liegt sogar die Gesetz­gebung im Bereich der Länder.

Wenn es künftighin einen effizienten Kontrollapparat geben soll – und eine Bündelung der Kräfte ist, wie ich höre, mit der neuen Lebensmittelagentur geplant –, dann ist es, wie Herr Bun­desminister Molterer bereits angedeutet hat, im zweiten Schritt unbedingt notwendig, dass diese Sperrschichte durchstoßen wird und es zu einer integralen Kontrolle sozusagen vom Futtertrog bis zum Tellerrand kommt. Das ist eine ganz entscheidende und wesentliche Voraussetzung, wenn wir nicht in absehbarer Zeit in eine neue Krise geraten wollen!

Meine Damen und Herren! Betreffend die viel kritisierte „Intensität“ der österreichischen Land­wirtschaft darf ich in Erinnerung rufen, dass im Hinblick auf eine Betriebsgröße in Österreich mit im Durchschnitt acht Kühen – in England sind es 80 –, auf einen Bestand von 3,5 Millionen Schweinen – Dänemark ist halb so groß, und dort sind es 14 Millionen! – und auf bloß zwei Betriebe mit über 1 000 Schweinen von „Intensität“ wahrlich nicht gesprochen werden kann!

Ich möchte Ihnen noch eine APA-Meldung Mitte des Vorjahres, als die BSE-Krise noch nicht so akut war, vorlesen – ich zitiere –:

„Österreichs Kühe bei Milchleistung beinahe Schlusslicht im europäischen Vergleich. Beinahe skandalös erweist sich nach Angaben des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes die Leis­tungsbereitschaft der österreichischen Milchkühe. Laut einer am Freitag veröffentlichten Studie sind Österreichs Kühe, was ihre Produktivität betrifft, beinahe Schlusslicht in der Europäischen Union. Nur die Wiederkäuer Irlands und Griechenlands erweisen sich als noch ,fauler‘.“

Ich meine, dass daran zu ersehen ist, dass es in Österreich eine kleinbäuerliche Struktur im Sinne des Leitbildes gibt, und ich vertrete die Auffassung, dass diese Struktur bewahrt werden und es künftig zu einer entsprechenden Ergänzung durch einen vertikal konstruierten Kontroll­apparat hinsichtlich Ernährungssicherheit kommen muss – dies auch schon deshalb, weil in Österreich immerhin vom gesamten Futteraufkommen weniger als 5 Prozent über den Markt gehen. Die 1 Million Tonnen macht bei rund 20 Millionen Tonnen Futteraufkommen im Inland maximal 5 Prozent aus. Ich glaube, dass unsere Chancen in diese Richtung gut stehen und wir diese auch nutzen sollten! – Danke schön.

11.26


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt eine Abweichung von meiner ursprünglich vorgeschlagenen Vorgangsweise abklären.

Einer der Referenten, nämlich Herr Professor Budka, muss um 13.45 Uhr gehen, Herr Bundes­minister Haupt um 13 Uhr und Herr Bundesminister Molterer bereits um 12 Uhr, weil er Besuch vom Landwirtschaftsminister Sloweniens hat.

An sich ist eine parlamentarische Abhandlung dieser Angelegenheit nicht vorgesehen, ich meine aber, dass diese drei Referenten doch von Bedeutung für dieses Thema sind. Wie ange­regt wurde, möchte ich daher für den Fall, dass sich spezifische Fragen an diese drei Herren ergeben sollten, jetzt doch eine Fragerunde an diese drei Personen einschieben.

Frau Abgeordnete Sima hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.27


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Ich muss mich angesichts dieser Äußerung schon sehr verwundert zeigen, denn ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass, wenn heute im Parla­ment eine Enquete zu diesem doch sehr wichtigen Thema stattfindet, zumindest die beiden zustän­digen Bundesminister während der vollen Länge der Veranstaltung hier anwesend sind. Ich empfinde es als Brüskierung des Parlaments und der anwesenden Experten, wenn ich jetzt höre, dass die beiden Bundesminister um 12 Uhr beziehungsweise 13 Uhr die Veranstaltung verlassen, die gerade erst um 10 Uhr begonnen hat. Darüber kann ich mich nur sehr wundern und möchte meinen Protest hiemit zum Ausdruck bringen!

11.28


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesminister Mag. Haupt möchte eine kurze Bemerkung machen. – Bitte.

11.28


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Kolle­gin Sima! Verzeihen Sie mir, dass ich einen Platz neben meinen Kollegen, die Experten sind, eingenommen habe, damit ich auch das sehen konnte, was an die Wand projiziert wurde. Jedenfalls war ich aber ununterbrochen hier im Saal!

11.28


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich darf ganz kurz darauf eingehen: Diese Enquete war keine langfristig geplante Angelegenheit, sondern wurde terminlich kurzfristig ein­geschoben. Beide Minister haben zugesagt, dass sie sich für ein Statement Zeit nehmen werden, beide haben aber auch darauf hingewiesen, dass sie nur begrenzte Zeit anwesend sein können, ebenso wie Herr Professor Budka und wahrscheinlich auch der eine oder andere Referent.

Es ist dies, wie gesagt, eine Enquete und keine parlamentarische Abhandlung eines Themas, bei welcher die Anwesenheit eines Ministers erforderlich wäre. Es geht jetzt um die sachliche Aufarbeitung eines Themas, und die beiden Minister haben sich bereit erklärt, nach einer Frage­runde entsprechend Stellung zu nehmen.

Bitte, Herr Abgeordneter Ettl.

11.29


Abgeordneter zum Europäischen Parlament Ing. Harald Ettl (SPÖ): Ich bin über das Vorgehen wirklich befremdet! Die Abgeordneten können bei jeder Gelegenheit miteinander oder mit Fachleuten über dieses Thema sprechen. Der Sinn dieser Enquete ist doch, dass man auch mit den zuständigen Bundesministern in einen politisch sinnvollen und fachlichen Dialog treten, Anregungen geben und darauf aufbauend erarbeiten kann, wie wir national und international vorgehen. Daher bin ich befremdet darüber, dass Sie jetzt einfach gehen wollen, so nach dem Motto: Spielt allein weiter! – Das ziemt sich nicht für ein Haus wie dieses!

11.29


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Es liegen mir jetzt noch einige weitere Wort­meldungen vor. Ich bitte Sie aber nochmals, zu bedenken, dass unsere Zeit insgesamt sehr begrenzt ist und wir diese kostbare Zeit nicht mit einer langen Geschäftsordnungsdebatte ver­geuden sollten.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

11.30


Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich war im Hauptausschuss Erstunterzeichner des Antrages betreffend diese Enquete. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass es Sinn und Zweck dieser Enquete ist, dass dieses Thema von der emotionellen auf die sachliche Ebene gehoben wird und wir Ab­geordnete die Meinung der Experten dazu hören wollen, um dann unsere Entscheidungen tref­fen zu können.

Ich muss dazu sagen, dass im Hauptausschuss vereinbart wurde, dass die Präsidenten des Nationalrates den Vorsitz führen.

Erwähnen möchte ich weiters, dass auch EU-Kommissar Fischler heute nicht an dieser Enquete teilnehmen kann. Und ich möchte nicht wissen, wie die Meldungen in der Presse morgen lauten würden, wenn Minister Molterer seinen slowenischen Amtskollegen heute nicht empfangen würde!

11.31


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. – Bitte.

11.32


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Ich möchte mich namens der grünen Fraktion dem Befremden, das nun zum Ausdruck gebracht wird, anschließen und darauf hinweisen, dass in der Öffentlichkeit unter Umständen der Eindruck entstehen könnte, dass diese Enquete aus­schließlich einer Medieninszenierung dient, wenn die Minister nur während jener Zeit anwesend sind, in der die Medien ihre Berichterstattungen machen. Ich halte das für eine inhaltliche Dis­kussion für sehr kontraproduktiv!

11.32


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

11.32


Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Vorsitzender! Mich als Abgeordnete würde nach den Referaten der Experten vor allem interessieren, welche Schlüsse die Minister aus diesen Darstellungen ziehen. Wenn die Minister aber nicht mehr da sind, dann werde ich nicht erfah­ren, welche Schlüsse diese letztendlich ziehen.

11.33


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nun hat sich noch Herr Bundesminister Mag. Haupt zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.33


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich möchte zur Frage betreffend die wirtschaftliche Gestion klar sagen, dass ich die Gesamtzahl der Schlachtungen des Monats Jänner durch meine Beamten sofort erheben lassen habe, damit Sie dann eine klare Antwort bekommen.

11.34


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich komme nun zu dem Schluss, dass es offenbar allgemeines Interesse daran gibt, die Minister beziehungsweise die Sachverständigen zu hören, so lange sie anwesend sind. Daher werden wir jetzt so vorgehen, dass wir nun eine Fragerunde an die Minister und an Herrn Professor Budka durchführen.

Ich möchte hinzufügen, dass Ihnen die Minister im Rahmen des parlamentarischen Betriebes, also in den entsprechenden Ausschüssen beziehungsweise auch im Plenum, für weitere Fragen selbstverständlich zur Verfügung stehen werden. Daher meine ich, dass wir jetzt vor allem die Anwesenheit der Experten nutzen sollten.

Diskussion


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich erteile in dieser ersten Fragerunde nun­mehr Herrn Abgeordnetem Mag. Maier das Wort. – Bitte.

11.35


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die beiden Bundesminister jetzt die Gelegenheit wahrnehmen, ihre Vorstellungen darzulegen, dann ist es meiner Meinung nach auch Aufgabe der größten Oppositionspartei, darzulegen, was sich gestern in diesem Hause zugetragen hat.

Die Regierungsparteien haben mit Mehrheit Forschungsanträge, einen Antrag auf Hormonver­bot und einen Antrag auf Verstärkung des Biolandbaus abgelehnt.

Herr Bundesminister Molterer! Ich höre jetzt von Ihnen, dass Forschungsbedarf besteht. Ich höre das gerne, ich glaube es Ihnen aber nicht! (Bundesminister Mag. Molterer: Sie glauben nicht, dass ein Bedarf besteht?) Ich glaube Ihnen nicht, nachdem ich in den vergangenen Tagen erlebt habe, welche Politik in diesem Lande tatsächlich gemacht wird.

Herr Bundesminister Molterer! Ich möchte Ihnen zwei konkrete Fragen stellen. – Sie haben die Schaffung einer Lebensmittelagentur angekündigt. Ich habe einen Entwurf dazu, der aus Ihrem Büro stammt, und wenn ich mir diesen Entwurf ansehe, dann kann ich nur feststellen, dass das Ganze eine optische Täuschung ist und nur zur Beruhigung der Konsumenten dient! Die Kompetenzen sind nämlich formal bei beiden Bundesministerien geblieben, es kommt zu keiner Kompetenzbereinigung. Und jetzt kommt es, Herr Bundesminister Molterer: Sie überneh­men die Lebensmittelüberwachung in Österreich! Nach diesem Entwurf bestellen Sie sechs von neun Aufsichtsräten! – Ich sage Ihnen hier mit aller Deutlichkeit: Das ist unannehmbar! Ein Produzentenminister kann nicht die Mehrheit der Aufsichtsräte bestellen!

Ich sage noch einmal mit aller Deutlichkeit: Wir diskutieren heute Fragen der Lebensmittel­sicherheit. (Abg. Schwarzenberger: Sie betreiben Missbrauch mit dieser Enquete!) Daher stelle ich folgende konkrete Frage an Herrn Bundesminister Molterer. (Abg. Dr. Leiner: Das ist keine Fragestunde!) Herr Bundesminister Molterer! Soll die von Ihnen angekündigte Lebens­mittelagentur in der Fassung Ihres Büroentwurfs verwirklicht werden? Sie brauchen diese Frage nur mit einem Ja oder Nein zu beantworten!

Herr Dr. Budka hat darauf hingewiesen, dass es bei gefallenen beziehungsweise notgeschlach­teten Tieren nur Stichprobenkontrollen gibt, BSE-Tests also nur stichprobenartig durchgeführt werden. Ich nehme an, dass er jene Rinder gemeint hat, die jünger als 30 Monate sind.

Ich stelle daher die konkrete Frage an Herrn Bundesminister Haupt, wie die diesbezügliche Situation in Österreich tatsächlich aussieht.

11.38


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste ist Frau Abgeordnete Glawisch­nig. – Bitte.

11.38


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Aus meiner Sicht geht es bei dieser Enquete um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem gesamten Fragenkomplex. Das schließt allerdings nicht aus, dass man auch Fragen an die Minister richten kann.

Wir haben in den vergangenen Tagen viel über die möglichen Folgen und über Folgekosten in Österreich gehört. Ich meine, dass in diesem Zusammenhang die Klärung der Frage besonders wesentlich ist, wie man vom Risikomanagement zu einer wirklich vorsorgeorientierten Agrar­politik kommt, bei welcher es solche Vorkommnisse gar nicht geben kann.

Oft wird auf die tatsächlich nach wie vor vorhandenen Forschungsdefizite hingewiesen. Es gibt jedoch auch viele Hinweise darauf, dass die Probleme in engem Zusammenhang mit der industriellen Massentierhaltung und der Agroindustrie stehen. Daher lautet meine Frage, wie man insgesamt vom Risikomanagement zu einer sicheren Agrarstruktur und einem sicheren Agrarsystem kommen will. Welche Schritte sind in diesem Zusammenhang zuerst zu setzen? – Mir ist bewusst, dass die wissenschaftliche Frage noch nicht ausdiskutiert ist, dass die Pro­bleme aber in irgendeiner Weise mit Tiermehl zu tun haben, ist meiner Meinung wohl klar.

In diesem Zusammenhang stelle ich meine zweite Frage: Warum gibt es in Anbetracht dessen immer noch zum Beispiel eine Diskussion um das Tiermehlverbot? Warum wird in Österreich nach wie vor abgelehnt, dass das für die nächste Zukunft fixiert wird?

Meine dritte Frage: Mich persönlich hat besonders die Möglichkeit der Übertragung durch Tier­fette beunruhigt, die nach wie vor besteht. Wie ist die diesbezügliche Situation in Österreich? Wie kann man das garantiert ausschließen? Wie kommt man auch in diesem Bereich weg vom Risikomanagement in Richtung vorsorgeorientierte Agrarpolitik?

Wir haben in diesem Zusammenhang sehr viele Vorschläge gemacht. Zugegebenermaßen können diese Maßnahmen nicht alle damit begründet werden, dass damit BSE nachweislich ausgeschlossen werden kann. Wie schon erwähnt, ist aber klar, dass BSE in Zusammenhang mit industrieller Landwirtschaft steht und dass die Biolandwirtschaft sichtlich den einzigen Ausweg darstellt, damit diese Probleme in Zukunft vermieden werden können.

11.40


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Worterteilung: Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

11.40


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich gehe davon aus, dass es unser Hauptziel sein muss, dass es wieder mehr Vertrauen betreffend unsere Lebensmittel gibt. Die Einbrüche in der Landwirtschaft sind derzeit nämlich wirklich so immanent, dass von Gefahr in Verzug gesprochen werden kann.

Ich gehe auch davon aus, dass die Wissenschaft die besten Möglichkeiten zur Hebung des Ver­trauens hat. Wenn unsere Wissenschafter daher in der Lage sind, Vertrauensbeweise zu füh­ren, dann sind sie dazu aufgefordert, dies auch zu tun!

Vor fünf Jahren hat Professor Budka bei einer Fernsehdiskussion all die Befürchtungen, die ich damals hatte, zerstreut, als er gesagt hat, dass in keiner Weise irgendeine Gefahr be­stehe. – Inzwischen sind fünf Jahre vergangen, es ist in Österreich bisher kein einziger Fall von BSE aufgetreten, und es gibt bei uns bisher meines Wissens keinen einzigen Fall der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Es besteht also überhaupt kein Grund zur Hysterie! – In Österreich erleidet alle 15 Minuten jemand einen Herzinfarkt. Darüber wird nicht gesprochen! Hingegen wird im Zusammenhang mit Krankheiten, die es bei uns gar nicht gibt, eine Hysterie verursacht!

Herr Professor Budka bezieht zu den Problemen in einem Artikel in einer Ärztezeitung Stellung und fährt dabei eine starke Verunsicherungsstrategie, wenn er sagt, dass quasi alles vergiftet sein kann, was immer man isst, dass man bei Billigprodukten aufpassen soll, dass man etwa bei Ravioli mit Fleischfüllung und bei Pasteten oder Konserven aufpassen soll. – Ich zitiere: Ein negativer BSE-Test beweist nicht, dass ein Tier ungefährlich ist! – Weiters stellt Professor Budka die Speziesbarriere überhaupt in Frage. Als Worst-case-Szenario könne man sagen, dass diese überhaupt nicht existiere.

Wissen Sie, was das bedeutet? – Die Menschen, die das lesen – und das sind Millionen! –, kommen zu dem Schluss, dass das Ganze viel gefährlicher ist, als überhaupt bekannt bezie­hungsweise anzunehmen ist!

Ich gehe davon aus, dass das Äußerungen sind, die medizinisch nicht bewiesen sind. – Zum Entstehen der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sagt Herr Professor Budka dieser Zeitschrift gegenüber, dass sie sich an psychischen Symptomen, Verhaltensauffälligkei­ten, Gefühlsstörungen oder Ataxie zeigt. – Dazu sage ich: Das hat schnell jemand! Und jetzt ist gleich jeder beunruhigt!

Daher meine ich, dass ein Wissenschafter nur das behaupten sollte, was er auch untermauern kann – und nicht mit Worst-case-Szenarien agieren soll.

Meine Frage: Herr Professor Budka, Sie sind in Österreich der oberste Prionenforscher und weit über unsere Grenzen hinaus ein international anerkannter Forscher und Neurologe gerade für den BSE-Bereich. Sind Sie bereit, mit Ihrer Arbeit – und wie wir wissen, hören die Menschen auf die Wissenschaft – zur Hebung des Vertrauens der Bevölkerung in Österreich und in Europa hinsichtlich unserer Lebensmittel beizutragen?

11.43


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die nächste Wortmeldung: Frau Abgeord­nete Dr. Flemming. – Bitte.

11.43


Abgeordnete zum Europäischen Parlament Dr. Marilies Flemming (ÖVP): Ich habe ein Bitte an Herrn Bundesminister Molterer. Wir haben gestern im Europäischen Parlament eine Richt­linie beschlossen, mit welcher bei der Tiermast weiterhin sechs Hormone verboten bleiben und wodurch auch das Einfuhrverbot von Tieren aus den USA und Kanada weiterhin besteht. Ich weiß, dass, wenn das in den Rat kommt, die Lobbies und die WTO wieder versuchen werden, unsere Vertreter „weichzuklopfen“. Daher bitte ich Sie, Herr Bundesminister, da stark zu bleiben!

11.44


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte in Anbetracht der weiteren Wort­meldungen darum, dass wir, da Herr Minister Molterer als Erster weggehen muss, zuerst vor allem Fragen an ihn richten. – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Sima.

11.44


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Vorsitzender! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Molterer, bei Ihrem Punkteprogramm hat mir die Trennung hinsichtlich der Kontrolle zwischen Erzeugern und Kontrolloren gefehlt. Im Rah­men des Landwirtschaftsministeriums kontrollieren sich die produzierenden Landwirte ja indirekt selbst.

Es hat auch schon die Überlegung gegeben, die gesamte diesbezügliche Kontrollkompetenz zum Gesundheitsministerium zu transferieren. Ich bitte daher beide Minister, zu dieser Frage Stellung zu nehmen: Wie könnte man die Kontrolle effizienter gestalten und den ganzen Kom­plex sozusagen entwirren?

Bei Statements sagen Sie immer, dass Sie für ein Verbot von sämtlichen Antibiotika als Leis­tungsförderer sind. – Gestern jedoch wurde ein diesbezüglicher Antrag im Nationalrat abge­lehnt! Ich bitte daher um Klarstellung: Treten Sie nur für ein Antibiotika-Verbot ein, wenn es auf EU-Ebene kommt, oder wird es auch ein nationales Verbot von Antibiotika als Leistungs­förderer geben?

An Herrn Dr. Budka habe ich eine Frage bezüglich der Schnelltests: Ab welchem Alter der Tiere sehen Sie die Schnelltests als sinnvoll an? Halten Sie eine Senkung der Altersgrenze nach unten für sinnvoll?

Zu Ihren Forschungsvorschlägen, die Sie nicht im Detail ausgeführt haben: Diesbezüglich wurde auch auf EU-Ebene nicht wirklich koordiniert vorgegangen. Wie plant man, in diesem Be­reich weiter zu verfahren? Eigentlich ist der Wissensstand über den BSE-Erreger nach nunmehr 14 Jahren Forschungstätigkeit noch relativ gering, und ich meine, dass man auf diesem Gebiet ein bisschen weiterkommen sollte.

11.47


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nunmehr erteile ich Herrn Abgeordnetem Ettl das Wort. – Bitte.

11.47


Abgeordneter zum Europäischen Parlament Ing. Harald Ettl (SPÖ): Erlauben Sie mir vor­weg eine Bemerkung: Ich bin nach dieser Wortmeldung des Vorsitzenden des Gesundheitsaus­schusses etwas erschüttert! – Würden wir in allen Bereichen, in welchen Unsicherheiten be­stehen, auf die wissenschaftliche Verifizierung warten, dann würden wir innerhalb Europas und der Welt schon ganz schlecht dastehen!

Es geht jetzt nicht um Panikmache. Wir sind in Österreich bisher in einer glücklichen Situation gewesen, und das hat vielerlei Gründe; wir hatten natürlich auch Glück. Jetzt geht es aber in Wirklichkeit darum, weiterhin vernünftig vorzugehen und die Maßnahmen auszubauen.

Zuerst eine Anmerkung in Richtung des Herrn Bundesministers Haupt: Natürlich möchte auch ich die Lebensmittelagentur in Ihrem Ressort angesiedelt sehen, denn ich war immer ein Ver­fechter der Methode, dass Produzenten und Prüfer ressortmäßig klar getrennt sind. Ich meine, dass die Zahl der Prüfungen auf vielen Ebenen verdichtet werden muss, und zwar vom Produ­zenten bis zum Markt. Ich meine, dass die Koordinierung der entsprechenden Mechanismen in Ihrem Bereich liegen muss. Wenn nämlich diese Kompetenz ausgegliedert und in den freien Raum gestellt wird und der Gesundheitsminister kein starkes Durchgriffsrecht hat, dann schadet man der Sache selbst.

Ein zweite Anmerkung: Ich meine, es hat einen sehr gescheiten Vorstoß von Herrn Kommissar Fischler gegeben – obwohl er nicht unmittelbar dafür zuständig ist –, im Lebensmittelsektor auf europäischer Ebene betreffend Kontrolle so etwas wie OLAF zu schaffen. – Ihre Reaktion dar­auf war, dass wir, wenn wir österreichintern all diese Verschärfungen vornehmen, dieses Pro­blem gelöst hätten. Herr Bundesminister Haupt! Meine Befürchtungen gehen in die Richtung, dass es uns, wenn wir es nicht schaffen, ein europäisches Eingreifszenario neben der euro­päischen Lebensmittelagentur zu bekommen, mit welchem wirklich grenzübergreifend kontrol­liert und auch in Länderkompetenzen eingegriffen werden kann, nicht gelingen wird, die Kri­mina­li­sierung und Verbrechensbekämpfung bezüglich Lebensmittel in den Griff zu bekommen.

Meine Frage in diesem Zusammenhang: Können wir uns auch in Österreich darauf verstän­digen, dass es auf diesem Sektor schärfere Bestimmungen geben muss?

Herr Bundesminister Molterer! Die Diskussion über ein einheitliches Tierschutzgesetz in Öster­reich und über Bestimmungen betreffend artgerechte Tierhaltung ist sozusagen alter Kaffee. – Ich möchte anregen, die jetzige Situation zu nutzen, um auf diesem Gebiet etwas weiterzu­kommen. Die Frage der Bundesländerkompetenzen ist nicht einfach zu lösen. Ich habe zum Beispiel 1990 aus Anlass der Schweinepest gesehen, wie schwach die diesbezüglichen Durch­griffsmöglichkeiten sind. – Wird sich Österreich unter Ihrer Führung aufraffen können, da Kompetenzklarheiten zu schaffen?

Ich meine abschließend, dass es der beste Ansatz wäre, die Kompetenzen des Agrarbereichs und des Gesundheitsprüfbereichs auch in Zukunft getrennt zu halten. – Danke.

11.51


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte aus gegebenem Anlass alle Abge­ordneten, ihre Debattenbeiträge nachher zu leisten, weil sonst der Herr Bundesminister nicht mehr rechtzeitig zu Wort gelangt.

Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Parfuss das Wort. – Bitte.

11.51


Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzte Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Redebeitrag passt zu den Ausführungen meines Vorredners.

Ich möchte mich auf die Ausführungen von Herrn Präsidenten Wlodkowski beziehen, der als Bauernvertreter für mich erfreulicherweise ein Umdenken in der Landwirtschaft signalisiert und eigentlich ein Plädoyer für ein Bundes-Tiergesundheitsgesetz gehalten hat. Er hat uns gerade­zu dazu aufgefordert, ein solches Gesetz zu verabschieden.

Tiergesundheit bedeutet meiner Überzeugung nach die Schaffung entsprechender Haltungsbe­dingungen, die Schaffung von Bestimmungen betreffend Fütterung und tierärztliche Betreuung und natürlich einer unabhängigen Kontrolle. Wir wissen, dass es in Österreich derzeit einen „Verordnungs-Dschungel“ gibt: Die Verantwortlichkeit liegt bei den Ländern, der Bund wird so­zusagen nur mit Missständen konfrontiert – siehe letzter Bericht der EU –, und wir dürfen dann die Länder bitten, ihrer Verantwortung nachzukommen. Auch ich meine, dass die Schaffung der Bundesebene als Kompetenzebene überfällig ist.

Mein Vorredner hat auch ein Bundes-Tierschutzgesetz angesprochen. Ich glaube, dass, wenn die Notwendigkeit besteht, dass entsprechende Korrekturen vorgenommen werden, der Bund diese wesentlich rascher vornehmen kann als neun Länder, die zuerst dazu aufgefordert werden müssen.

Wie Sie wissen, haben wir gestern die Bundesregierung aufgefordert, ein Bundes-Tierschutzge­setz vorzulegen; dies ist jedoch abgelehnt worden. Angesichts der Wortmeldung von Herrn Präsidenten Wlodkowski stelle ich die Frage an Herrn Bundesminister Molterer und auch an Herrn Bundesminister Haupt, welche politischen Schlüsse sie daraus ziehen. Werden Sie ein Bundes-Tierschutzgesetz weiterhin ablehnen?

11.53


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeord­netem Pirklhuber das Wort. – Bitte.

11.53


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister Molterer! Ich möchte an Sie die Frage richten, welche Konsequenzen Sie aus den aktuellen Agrarkrisen Europas und auch aus der Krise in Österreich im Hinblick auf die europäische Agrarpolitik ziehen. Sie haben ein Zehn-Punkte-Programm vorgestellt, ich vermisse aber eine Aussage darüber, wo Sie die wesentlichen Weichenstellungen für die europäische Agrarpolitik sehen. Welche Konsequenzen werden Sie in diesem Bereich in Zukunft einfordern?

Herr Bundesminister Haupt! Bis wann gedenken Sie, hinsichtlich der Trennung von amtstier­ärztlicher Kontrolle und Beratung im tierärztlichen Bereich Maßnahmen zu setzen? Welche Chancen bestehen generell hinsichtlich der gezielten Beseitigung der Rückstandssituation von Tierarzneimitteln – ich denke da an die Stoffgruppe der Tetracycline – und der Bewertung der diesbezüglichen Auswirkungen auf die Umwelt?

11.55


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Huber das Wort. – Bitte.

11.55


Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Herren Minister! Die Kon­sumenten sind sehr verunsichert, und deren Reaktion hat katastrophale Auswirkungen. Das alles war ja den Vorträgen hier zu entnehmen.

Herr Minister Molterer! Sie haben von vertrauensbildenden Maßnahmen im Rahmen eines Zehn-Punkte-Programms gesprochen und haben unter anderem dezidiert auch von unabhängi­gen Kontrollen geredet. Angesichts des Konstrukts der Lebensmittelagentur frage ich mich aller­dings, wie Sie diese Unabhängigkeit garantieren wollen, wenn die Mittel für diese Lebensmittel­agentur einerseits von dieser selbst aufgebracht werden müssen, die Agentur also Aufträge entgegennehmen muss, diese aber andererseits unter Umständen Produkte der Auftraggeber beanstanden muss. – Ich kann mir in Anbetracht dessen nicht vorstellen, wie diese Unabhän­gigkeit beschaffen sein soll. Wie will man diese Quadratur des Kreises erreichen?

Weiters würde mich interessieren, was der Herr Gesundheitsminister dazu sagt, dass der Pro­duzent gleichzeitig auch der Kontrollor sein soll. Damit würden wir ja hinter die Erkenntnisse der EU zurückgehen, welche sehr wohl die Kompetenzen des Konsumentenschutzes in einem Bereich zusammengefasst hat.

Sie haben auch angesprochen, dass Qualität ihren Preis haben muss. – Auch ich vertrete diese Meinung. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Frage an Herrn Minister Molterer richten: Wenn 80 Prozent der Milch und der anderen Agrarprodukte von den Genossenschaften ver­marktet werden, dann stellt sich wirklich die Frage, wer eigentlich die Genossenschaften daran hindert, den Bauern als den Hauptleidtragenden endlich einmal einen höheren Preis zu zahlen.

Herr Minister Molterer! Wie stehen Sie zu einer Änderung der Förderungspolitik? Ich meine, dass es jetzt hoch an der Zeit ist, dass Förderungen nicht nach Flächen, sondern zum Beispiel nach entsprechender Qualität vergeben werden.

11.57


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Nunmehr erteile ich Herrn Univer­sitätsprofessor Haiger das Wort.

11.57


Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Alfred Haiger (Universität für Bodenkultur, Wien): Herr Bundesminis­ter Molterer! Ich möchte meinen zwei Fragen einen Satz vorausschicken. Pestalozzi hat gesagt: „Früher oder später, aber gewiss immer wird sich die Natur an allem Tun rächen, was wider sie ist.“

Nun komme ich zu meinen Fragen. Erstens: Wenn Sie eine Pressekonferenz bei Herrn Grafen Hardegg abhalten und von der „guten fachlichen Praxis“ sprechen: Sind Sie deshalb dorthin gegangen, damit die Leute eine gute fachliche Praxis sehen, nämlich Zuchtsauen im Kasten­stand?

Zweite Frage: Können Sie sich damit anfreunden, dass genauso viel Geld in die Forschung des biologischen Landbaus fließt, wie in diese Agentur fließen wird?

11.58


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Plank. – Bitte.

11.58


Dr. Franz Josef Plank (Verein gegen Tierfabriken): Erstens möchte ich festhalten, dass es hier um zirka 2 Millionen Rinder geht, die vielleicht demnächst in der EU gekeult werden sollen, und dass es weiters um Hunderttausende Schweine und Millionen Hühner geht, die in Österreich vermutlich mit illegalen Antibiotika und anderen Arzneimitteln gefüttert wurden, was seit Jahren bekannt ist, wogegen aber nichts getan wurde.

Es geht also um Millionen von Tieren, und möglicherweise werden Tiere auch nur auf Verdacht gekeult werden, um den Marktpreis zu stützen. Das hat Herr Fischler ganz klar zugegeben. Zu dieser Enquete ist aber nur ein einziger Vertreter des Tierschutzes eingeladen worden, nämlich ich – und das nur, weil mich die Grünen eingeladen haben; ich wurde also nicht offiziell vom Parlament eingeladen. – Das möchte ich vorweg zu bedenken geben.

Zu meinen Fragen an die Herren Minister Haupt und Molterer. – Erstens: Warum haben Sie nicht schon früher bezüglich dieser Antibiotika-Skandale gehandelt? Es hat nämlich zahlreiche entsprechende Anfragen von der Opposition und Anzeigen von Tierschutzorganisationen gegeben. Jetzt auf einmal wird groß gehandelt und so getan, als wäre man „Vorreiter“! Man macht aber nur das Nötige, was schon vor Jahren hätte gemacht werden sollen.

Was gedenken Sie also in Österreich hinsichtlich der angekündigten Schlachtung von Millionen von Rindern zu tun? In Österreich werden es vielleicht Zehntausende sein, die nur zur Marktstüt­zung vom Markt genommen werden, also nicht einmal in den Fleischkonsum kommen. In Deutsch­land gibt es diesbezüglich schon massive Proteste, weil es nach dem Tierschutzgesetz verboten ist, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten. Auch in einigen österreichischen Tier­schutzgesetzen ist das so formuliert.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass es endlich an der Zeit wäre, dass ein Bundes-Tierschutzgesetz geschaffen wird, in welchem das einheitlich und korrekt formu­liert wird. Das ist in Österreich bisher aber leider immer an einer gewissen Partei gescheitert!

Wieso war der Besitz von Medikamenten nicht verboten, den wir schon öfters in den Ställen des Herrn Hardegg, der ja hier schon erwähnt wurde, festgestellt haben? Wieso kann man das aufdecken, ohne dass dann entsprechende Konsequenzen gezogen werden?! Wieso kann es da­zu kommen, dass – wie Experten in den Zeitungen sagen – die Antibiotika, die auch bei Hühnern eingesetzt werden, zu neuen Keimen wie Campylobacter geführt haben?!

Wieso bekommt die AMA, die in Tageszeitungen ganzseitig inseriert und die Konsumenten täuscht – das kann ich jetzt sogar auf Grund einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung be­haupten –, dieses Jahr 90 Millionen Schilling mehr an Förderungen, während die Bioverbände um 3 Millionen Schilling weniger bekommen? Ist das wirklich das richtige Zeichen in dieser Zeit?

12.02


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Ich muss wirklich auf Einhaltung der Redezeit achten, denn sonst haben die anderen keine Chance.

Nun hat sich noch Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.02


Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister Molterer, ich möchte Ihnen in aller Kürze zwei Fragen stellen.

Erstens: Ist es Ihrer Meinung nach tatsächlich eine progressive Vorgangsweise für die Zukunft, wenn die gute fachliche landwirtschaftliche Praxis als zielorientiertes Mittel zur Offensive der österreichischen Agrarwirtschaft umgesetzt wird, wie Sie es in Ihrem Zehn-Punkte-Programm vorgestellt haben? (Abg. Reitsamer übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Wann wird es Ihrer Meinung nach so weit sein, dass sich auch die beharrlichsten Kräfte innerhalb der Agrar-Lobby dieser Republik dazu bekennen werden, dass eine Totalum­stellung des Agrarsystems und des diesbezüglichen Fördersystems ein Gebot der Stunde ist und zurzeit die besten Voraussetzungen bestehen, diese Umstellung vorzunehmen und damit die Zukunft der österreichischen Agrarwirtschaft zu sichern und den familienbetrieblich struktu­rierten bäuerlichen Bereich zu erhalten?

12.03


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Ich erteile Herrn Bundesminister Molterer das Wort. – Bitte.

12.03


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wil­helm Molterer: Meine Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich vor langer Zeit einen Termin mit meinem slowenischen Amtskollegen, eben für heute, vereinbart habe.

Zweitens möchte ich betonen, dass ich dem Hohen Haus in den vergangenen Tagen sehr intensiv Rede und Antwort gestanden bin und dass ich selbstverständlich auch in Zukunft zu diesem Dialog bereit bin und diesen auch für notwendig halte. Dieser ist fortzusetzen, und es sind jeweils entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Betrachten Sie daher bitte die Tat­sache, dass ich die Enquete auf Grund einer Terminkollision heute vorzeitig verlassen muss, nicht als Missachtung des Hohen Hauses! Als ehemaliger Abgeordneter weiß ich, wie wichtig ein solcher Dialog ist.

Herr Abgeordneter Maier! Es gibt einen Rohentwurf für diese Lebensmittelagentur, der in meinem Haus erstellt wurde, ich möchte aber zu bedenken geben, dass ein Rohentwurf anders aussieht als das, was dem Hohen Haus letztlich zugeleitet werden wird. Es finden nun selbst­verständlich Verhandlungen und Diskussionen mit Herrn Kollegen Haupt auf Basis dieses Roh­entwurfs statt, und es ist klar, dass noch notwendige Veränderungen vorgenommen werden müssen.

Frau Abgeordnete Glawischnig! Ich meine, dass wir Risikomanagement brauchen und fraglos auch in Zukunft brauchen werden, dass wir gleichzeitig aber auch in vermehrtem Maße Vor­sorgeprinzipien brauchen. Daher habe ich beispielsweise hinsichtlich Futtermittel und Tiermehl gestern klar gesagt – und ich wiederhole das gern –, dass ich für ein generelles, dauerhaftes Tiermehlverfütterungsverbot eintrete und dass ich, wenn wir in Europa dafür nicht die entsprechenden Mehrheiten bekommen, natürlich eine österreichische Lösung vorschlagen werde.

Über einen Punkt möchte ich aber sehr wohl diskutieren. Ich weiß, dass es ein bisschen proble­matisch ist, wenn ich das sage, aber ich halte das für notwendig: Es ist die Frage zu stellen, ob es ein „Null-Risiko“ überhaupt gibt. – Die Erörterung dieses Themas ist mir in zweierlei Hin­sicht besonders wichtig: Einerseits muss darüber diskutiert werden, welche Maßnahmen wir in Richtung „Null-Risiko“ anstreben müssen, gleichzeitig ist aber auch die Diskussion legitim, wie wir dieses Ziel überhaupt erreichen können.

Manchmal hat man den Eindruck, dass erwartet wird, dass es hundertprozentige Garantien für alles und jedes gibt. Daher ist mir diese Diskussion wichtig, ebenso wie mir die Diskussion darüber wichtig ist, wie wir in Österreich mit Verdachtsfällen umgehen. Die Erörterung dieser Themenkreise ist meiner Meinung nach sehr wichtig, und ich bitte daher, dass diese Diskussion auch hier im Hohen Hause geführt wird!

Frau Abgeordnete Glawischnig, wie Sie wissen, haben wir Tierfett als Futter für Wiederkäuer mit dem Beschluss von gestern Nacht verboten, und bezüglich anderer Tierfuttermittel schrei­ben wir vor, dass nur jene Fette verwendet werden dürfen, die dem Lebensmittelstandard ent­sprechen. Ich halte das im Sinne des Vorsorgeprinzips für wichtig. Und es ist auch gelungen, in den Schlussfolgerungen der Europäischen Union den Prüfungsauftrag betreffend Tierfettverbot zu verankern. Das ist wichtig, weil diese Vorsorgeprinzipien auch auf europäischer Ebene stärker verankert sein sollen.

Frau Abgeordnete Flemming! Österreich hat in der Hormonfrage immer eine unmissverständ­liche Haltung eingenommen, nämlich dass es klarerweise ein Verbot von Hormonen im Be­reich der Fütterung geben muss, und wir treten auch für das Verbot der Einfuhr von Rindfleisch aus den Vereinigten Staaten ein, wo in der Produktion offensichtlich Hormonbehandlungen vor­genommen werden. Diese Haltung wird Österreich im Interesse der Gesundheit der Öster­reicher sowie auch der europäischen Bevölkerung weiterhin vertreten. Ich sage Ihnen allerdings sehr offen – und diesbezüglich teile ich die Einschätzung des Kollegen Ettl –, dass sich die Politik nicht in jeder Phase ausschließlich auf wissenschaftlichen Rat verlassen kann, weil es im Bereich der Wissenschaft eben auch sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Daher ist es manchmal notwendig, eine politische Entscheidung noch klarer im Sinne des Vorsorgeprinzips zu treffen. Hinsichtlich Hormonen und Fleisch aus den USA wird jedenfalls so vorgegangen werden.

Frau Abgeordnete Sima! Ich möchte nochmals klarstellen, dass für Fragen des Lebensmittel­rechts und des Veterinärrechts nicht das Landwirtschaftsministerium zuständig ist. Meines Er­achtens wurde diese Trennung seit den siebziger Jahren – aus gutem Grund! – herbeigeführt, und diese hat sich auch bewährt.

Kollege Ettl sagt – was auf Grund seiner Erfahrung als Gesundheitsminister völlig verständlich ist –, dass da ein Durchgriffsrecht für den Minister gesichert sein muss. Das ist legitim. Gleich­zeitig fordert Frau Abgeordnete Huber, dass eine möglichst große Unabhängigkeit hergestellt werden soll. – Ich meine, dass der Gesundheitsminister selbstverständlich auch dem Parlament gegenüber die Verantwortung hat. (EP-Abg. Ing. Ettl: Sonst hätte man 1990 nichts erlassen kön­nen!) Ich meine daher, dass das Durchgriffsrecht im Sinne der Ministerverantwortlichkeit und der raschen Handlungsfähigkeit sinnvoll ist. Es gibt in den letzten Wochen einige Beispiele, dass nur auf Grund dieser Möglichkeiten rasche Entscheidungen möglich waren. Das hat sich als absolut richtig herausgestellt.

Zur Frage des Antibiotika-Verbotes sage ich Ihnen klar, dass wir dafür eintreten werden, dass es dieses auch auf europäischer Ebene gibt, und zwar deshalb, weil sich gerade beim Futter­mittelproblem herausgestellt hat, dass es auf Grund der Binnenmarktsituation letztlich nur mit der europäischen Lösung möglich ist, wirklich Sicherheit zu bieten. Daher ist es aus ganz klaren Überlegungen mein Ziel, dieses Verbot auf europäischer Ebene zu erreichen. Acht Staaten haben uns vergangenen Montag bei unserer Initiative bereits unterstützt, und ich bin sicher, dass wir dieses Ziel auf europäischer Ebene erreichen werden.

Herr Kollege Ettl! Ich meine, dass die EU-Lebensmittelagentur mehrere Aufgaben haben sollte, und ich glaube, dass diese Überkontrolle Sinn macht, denn auf diese Weise kann sicher­gestellt werden, dass die nationalen Kontrollen in allen europäischen Staaten auch tatsächlich ordnungsgemäß durchgeführt werden. Gegenwärtig wird in diesem Zusammenhang diskutiert, dass es ein Mindestmaß an Koordination zwischen den nationalen Kontrollen und den Kontrol­len durch die Agentur in Dublin geben muss, denn nur durch eine Koordination und Koopera­tion der Kontrollinstanzen können optimale Ergebnisse erzielt werden.

Ich meine, dass jetzt so manche Kompetenzfrage betreffend Tierschutzgesetz zu diskutieren sein wird, ebenso wie auch im Hinblick auf die Lebensmittelagentur. Wie schon gesagt wurde, kann absolute Effizienz nur unter Einbindung der Länder in Vollziehung und Kontrolle – nach Beseiti­gung gewisser Schnittstellenprobleme – sichergestellt werden.

Frau Abgeordnete Parfuss! Die Schaffung von möglichst transparenten Tiergesundheits-Diensten – die auch Präsident Wlodkowski verlangt hat – halte ich für wichtig. Ein interessanter Ansatzpunkt dabei ist, dass auch der Bereich der Veterinärmedizin dazu beitragen soll, diese Sicherheit und Transparenz auszubauen.

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich meine, dass ich gestern in der Fragestunde des Nationalrates sehr deutlich auf die Notwendigkeiten in der Weiterentwicklung der europäischen Politiken hin­ge­­wiesen habe, etwa im Bereich der Agrarpolitik mit der Staffelung der Marktordnungs­prämien nach Betriebsgrößen oder der Flächenbindung auch im Prämienbereich. Ich habe darauf hinge­wiesen, dass wir beim Verbraucherschutz weitere Niveausteigerungen brauchen, etwa die Kennzeichnung, die heute aus meiner Sicht noch viel zu kurz gekommen ist. Weiters müssen auch Maßnahmen hinsichtlich des Tierschutzes beim Tiertransport getroffen werden, und es muss die Frage des Lebensmittelmodells aus integraler statt aus sektoraler Sicht erörtert werden.

Frau Abgeordnete Huber! Ich habe schon erwähnt, dass ich da ein Durchgriffsrecht des Ministers für notwendig halte, weil die Minister – auch gegenüber dem Parlament – die poli­tische Verantwortung tragen.

Zur Frage der Finanzierung: Ich habe immer gesagt – und das entspricht auch dem Beschluss des Ministerrates –, dass es für die Lebensmittelagentur selbstverständlich Budgetmittel geben wird. Diese sind bereits in meinem Ressort und im Ressort des Kollegen Haupt budgetiert. Es müssen jetzt noch die Fragen geklärt werden, wo wir Zusätzliches brauchen und ob diese Agentur die Möglichkeit haben soll, etwa wie das Umweltbundesamt eigenständig tätig zu werden.

Zum Milchbereich möchte ich erwähnen, dass die Auszahlungspreise jetzt erhöht worden sind, weil es möglich war, höhere Preise auf dem Markt durchzusetzen. Die Genossenschaften kön­nen den Bauern aber selbstverständlich nur jene Preise zahlen, die zuerst auf dem Markt ver­dient werden, denn eine Genossenschaft ist per definitionem keine Einrichtung wie die Caritas. Ich füge hinzu, dass es wirtschaftlich nicht klug wäre, aus der Substanz zu leben, denn eine solche Politik führt letztlich zum Konkurs. (Abg. Schwarzenberger: Wie beim „Konsum“!) Und das will ich nicht, und ich nehme an, dass auch Sie das nicht wollen!

Hinsichtlich der Förderung habe ich schon zwei Punkte angesprochen.

Herr Professor Haiger! Ich habe diese Frage bereits gestern beantwortet. Ich nehme nicht an, dass Sie gegen den Geschäftsführer des WWF, Dr. Lutschinger, weil er mit mir an der gleichen Podiumsdiskussion über nachhaltige Agrarpolitik teilgenommen hat, jetzt alle möglichen Ver­dachtsmomente hegen. Ich bitte daher, dass auch Sie ein gewisses Maß an Fairness bewah­ren, denn so habe ich Sie schließlich kennengelernt!

Ich meine, dass wir im Bereich des biologischen Landbaus mit etwa 1,5 bis 1,6 Milliarden Schilling insgesamt für die Bauern ein gutes Niveau haben, und wenn es mehr Teilnahme gibt, dann wird dieses Niveau selbstverständlich ausgebaut werden. Für Forschung im Bereich des Biolandbaus gibt es selbstverständlich entsprechende Mittel.

Herr Kollege Plank! Sie können nicht einerseits mehr Kontrolle verlangen – und gleichzeitig den Vorwurf erheben, dass die AMA mehr Geld dafür bekommt. – Die AMA bekommt mehr Geld, weil die Kontrollintensität und die Kontrollnotwendigkeit erhöht wurden, unter anderem auf Grund europäischer Regelungen.

Zweitens möchte ich Ihnen mitteilen, dass Österreich bei der Europäischen Union den Antrag gestellt hat, von der Keulung im Zusammenhang mit dieser Ankaufsaktion Abstand zu nehmen. Bisher wurde von der Kommission noch keine Entscheidung darüber getroffen, ich werde aber alles daransetzen, dass Österreich von dieser Maßnahme nicht Gebrauch machen muss. Ich kann aus heutiger Sicht jedoch nicht ausschließen, dass auf Grund gewisser Entwicklungen die Situation eintreten könnte, dass wir Tiere haben, die nicht verkäuflich sind, und dann würde ich eine Antwort auf diese Frage brauchen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, dass die grüne Landwirtschafts­ministerin in Deutschland gestern in der Regierung den Antrag gestellt hat, diese Ankaufsaktion für Deutschland durchzuführen. – Daher bitte ich Sie, auch diesbezüglich bei dem zu bleiben, was Sache ist! Ich habe gestern – Sie waren ganz offensichtlich nicht dabei – die Fragestunde des Nationalrates dazu benutzt, den Nachweis darüber zu führen, was Österreich und auch ich in dieser Sache getan haben.

Herr Abgeordneter Gradwohl! Ich meine, dass die gute fachliche Praxis als europaweite Mög­lichkeit, Mindeststandards umzusetzen, eine vernünftige Maßnahme ist. Ich verstehe daher Ihren kritischen Unterton nicht! Ich halte das für einen Fortschritt!

Betreffend agrarische Förderungen habe ich Ihnen schon zwei konkrete Beispiele genannt, wie sich das europäische Förderungssystem weiterentwickeln soll. Es muss aber auch betont werden, dass Österreich die Möglichkeiten im Förderungssystem, etwa beim Umweltprogramm, so genutzt hat, dass Österreich in diesem Bereich hinsichtlich Finanzierung von Umweltpro­grammen nun die europäische Nummer eins ist. Wir wenden – in absoluten Zahlen gespro­chen – in Österreich mehr Geld für das Umweltprogramm auf als beispielsweise Frankreich, Deutschland oder Italien, obwohl diese genannten Länder bekanntlich etwas größer sind.

Werfen wir daher nicht alles über Bord, was wir haben, sondern verbessern wir dort, wo es notwendig ist! Das ist meine Strategie. – Danke schön. (Beifall.)

12.19


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke, Herr Bundesminister.

Ich erteile nun Herrn Dipl.-Ing. Schöffl das Wort. – Bitte.

12.19


Referent Dipl.-Ing. Heinz Schöffl (Bundesarbeiterkammer): Frau Vorsitzende! Ich möchte an Herrn Bundesminister Haupt mehrere Fragen stellen.

Aus unserer Sicht besteht die Notwendigkeit, dass das Vorsorgeprinzip tatsächlich implemen­tiert wird, wir können aber nicht erkennen, dass das in Österreich beziehungsweise in der EU bereits sichergestellt wäre. Wir sind für eine Verstärkung der Kontrolle – der Lebensmittelauf­sicht und der Veterinärkontrollen. Wir können uns aber nicht vorstellen, wie das mit der ange­kün­dig­­ten Lebensmittelagentur, die hauptsächlich das Ziel hat, eine Ausgliederung der Bun­des­an­stalten zu betreiben, gewährleistet werden kann.

Wir sind in der Vergangenheit immer wieder dafür eingetreten, dass der Vollzug des Lebens­mittelgesetzes effizienter gestaltet wird. Wir haben auch Vorschläge gemacht, die darin münden, dass Lebensmittelvergehen keine Kavaliersdelikte sein sollen. Wir alle wissen, in welcher Größenordnung sich sowohl Verwaltungsstrafen als auch Gerichtsstrafen bewegen. Wir treten für strengere Strafen ein, es soll eben klar sein, dass derartige Vergehen keine Kavaliers­delikte sind. Wir treten aber auch für Mindeststrafen ein. Sie haben gesagt, dass das Ausmaß der Höchststrafen angehoben werden soll. Die Höchststrafe wird aber bekanntlich nicht ver­hängt. Daher geht es unserer Meinung nach darum, dass entsprechende Mindeststrafen festge­setzt werden. – Treten Sie dafür ein, dass solche Mindeststrafen eingeführt werden?

Wir haben vorgeschlagen, dass zur Steigerung der Effizienz des Vollzugs auch die Möglichkeit der öffentlichen Bekanntgabe von regelmäßigen Lebensmittelsündern bestehen muss. Im Zu­sammenhang mit gesundheitsschädlichen Produkten ist das ja der Fall; für andere Tatbestände besteht diese Möglichkeit hingegen nicht. – Das wäre eine effiziente Möglichkeit zur Verbesse­rung des Vollzugs. Auch hiezu hätte ich gerne eine Stellungnahme. Eine Gelegenheit dafür hätte es im Rahmen der Lebensmittelgesetznovelle gegeben; diese notwendige Maßnahme wurde aber nicht getroffen, obwohl derzeit auch der Druck von Seiten der Konsumenten groß ist.

12.21


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Zu Wort gelangt nun Frau Abge­ordnete Moser. – Bitte.

12.21


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister Haupt. Ich möchte ein Fragenbündel an Sie richten, da Sie mein Ansprechpartner in Sachen KonsumentInnenschutz sind.

Meine erste Frage betrifft den Tierschutz. Derzeit steht im Raum, dass es zu einer Massenver­nichtung einerseits auf Grund von BSE, andererseits auch auf Grund von illegalem Medikamen­teneinsatz kommen soll. – Ich möchte konkret fragen, inwieweit es jetzt Mindestanforderungen betreffend den Schutz der Tiere im Zuge dieser Massenvernichtungen gibt. Wie stehen Sie persönlich, auch als ehemaliger Tierarzt, zur Einrichtung von Tieranwaltschaften?

Zum zweiten Fragenkomplex: Gegenwärtig wird die Finanzierung der so genannten Entsorgung der BSE-Opfer diskutiert. Mit März wird die Kostenfrage wieder völlig offen sein. Wie stehen Sie dazu? Wer soll die Kosten tragen? Letztlich bleibt das ja immer am Steuerzahler und der Steuerzahlerin beziehungsweise am Konsumenten und der Konsumentin hängen. Welches Modell scheint Ihnen da am besten zu sein?

Mein letzter Fragenblock betrifft die Lebensmittelagentur. – Da Sie bis jetzt die Hauptagenden im Bereich der Lebensmittelkontrolle und der Veterinärkontrolle innehaben, würde das vor allem zur Auslagerung Ihrer Agenden in diese Agentur bedeuten. Sicherlich sind da das Weisungs­recht beziehungsweise auch die Ministerverantwortung besser im Gesundheitsministerium als im Landwirtschaftsministerium anzusiedeln.

Auf welche Weise gedenken Sie, die Landwirtschaftsinteressen hintanzuhalten, Ihren Kompe­tenzumfang in vollem Maße zu wahren und von Ihrer Seite sozusagen die Hand auf diese Agentur zu legen, sodass nicht den Landwirtschaftsinteressen irgendwie ein Hintertürl geöffnet wird? Sind Sie bereit, die Konzeption und die Finanzierung dieser Agentur einer öffentlichen Diskussion mit allen in diesem Bereich Beteiligten zu unterziehen? Inwieweit ist Ihres Erachtens auszuschließen, dass diese Agentur auf externe Aufträge aus der Industrie angewiesen sein wird, damit sich die Tätigkeit dieser Agentur nicht nach externen Interessen richten muss, son­dern wirklich unabhängig agieren kann? – Danke.

12.24


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Ich erteile nun Herrn Professor Widhalm das Wort. – Bitte.

12.24


Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm (Ärztekammer Wien): Meine Damen und Herren! Meine Ausfüh­rungen werden kurz sein.

Wir haben sehr viel über Fleisch und Fleischprodukte, die in großen Mengen erzeugt wurden und erzeugt werden sollen, gehört. Man hat den Einbruch im Konsum bedauert und will offen­sichtlich Fleischprodukte wieder in derselben Menge sicher produzieren. Es wurde aber – mit Ausnahme einer kurzen Bemerkung von Herrn Dr. Pumberger – mit keinem Wort erwähnt, dass der starke Fleischkonsum in Österreich zu einem gigantischen Gesundheitsproblem geführt hat. Wir haben in Österreich nicht nur alle 15 Minuten einen Herzinfarkt zu beklagen, sondern es ist auch die krankhafte Fettsucht, die Adipositas, in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel angestiegen. Die Kosten, die durch ernährungsbedingte Erkrankungen verursacht wer­den, werden in Deutschland bereits mit 10 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets veran­schlagt. Bedenken Sie, dass der Österreicher im Durchschnitt jährlich 57 Kilogramm Fett konsu­miert, davon die Hälfte in Form von Fleisch und Fleischprodukten und Milch- und Milchpro­dukten. Die Hälfte des Fetts ist also versteckt. Diese Art der Ernährung führt zu einer hohen Inzidenz von Ernährungserkankungen wie etwa Diabetes mellitus bereits im Kindesalter.

Zu dieser Problematik ist aber kein Wort gefallen, und ich möchte betonen, dass mir dies in diesem Zusammenhang erwähnenswert erscheint. Als Vertreter der österreichischen Ärzte­schaft und Ärztekammer fordern wir selbstverständlich die Zurverfügungstellung von gesunden, antibiotikafreien und auch prionenfreien Lebensmitteln. Gott sei Dank ist noch kein einziger Fall einer Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung in Österreich aufgetreten. Wir fordern aber auch, dass den Menschen eine vernünftige Art der Ernährung bereits frühzeitig beigebracht wird – und dass es jetzt nicht Ziel der Politik sein soll, dass wieder möglichst viel Fleisch an den Konsu­menten ge­bracht wird und wir dann so viele ernährungsbedingte Erkrankungen haben, sodass wir an den Gesundheitskosten in Hinkunft geradezu ersticken.

Ich bitte also, auch den Gesundheitsaspekt im Gesamten im Auge zu behalten – und nicht nur das Produkt per se! (Beifall.)

12.26


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Prets. – Bitte.

12.27


Abgeordnete zum Europäischen Parlament Christa Prets (SPÖ): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Ich möchte kurz einige Fragen stellen.

Wie sieht es mit der Importkontrolle aus Drittländern aus? Wie ist der Stand der diesbe­züglichen Verhandlungen im zuständigen Rat?

Meine zweite Frage bezieht sich auf Antibiotika- und Hormonmissbrauch, wie ich es jetzt bezeichnen möchte. Wir wissen, dass es in diesem Zusammenhang strenge Vorschriften gibt, die aber nicht eingehalten werden. Was werden Sie in Zukunft tun, damit dieses Verbot in Österreich und insbesondere auch auf europäischer Ebene intensiviert wird? Welche Maßnah­men werden gesetzt werden?

Drittens: Die meisten Geldmittel, die jetzt investiert werden, gehen in die Bekämpfung von BSE. Allein das diesbezügliche Nachtragsbudget der Europäischen Union beträgt 971 Millionen Euro, davon werden 700 Millionen Euro nur für die Vernichtung der Rinder aufgewendet. – Meine Frage lautet daher: Wie sieht es nach wissenschaftlichem Ermessen mit einer Kohortentötung aus? Müssen gleich ganze Herden getötet werden, oder kann man sich auch auf eine Kohortentötung verlassen, die dann doch vielleicht im Widerspruch zu der Forderung steht, dass Rinder auch schon unter einem Alter von 30 Monaten gekeult werden sollen?

12.28


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schwarzenberger zu Wort. – Bitte.

12.28


Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Frau Vorsitzende! Herr Bundesminister Haupt! Ich möchte Ihnen eine ganz konkrete Frage stellen.

Heute wird ganz massiv gefordert, dass unter Umständen nur in Österreich ein Antibiotika-Verbot durchgesetzt werden soll, wenn dieses in der EU nicht durchsetzbar sein sollte. Bun­desminister Molterer hat dazu gesagt, dass er sehr wohl Hoffnung hat, dass dieses Verbot auch in der EU durchgesetzt werden kann. – Voraussetzung müsste dann aber sein, dass wir sämt­liche Fleischimporte aus Staaten verbieten können, bei denen es solche Verbote nicht gibt, denn ansonsten würde sich im Binnenmarkt ein eklatanter Wettbewerbsnachteil daraus ergeben.

Sehen Sie Möglichkeiten, Herr Minister, in Österreich im Falle eines solchen Alleinganges diese Fleischimporte zur Gänze verhindern zu können? – An und für sich stehen wir von der Landwirtschaft positiv zu einem europaweiten Verbot, denn das Vertrauen der Konsumenten ist auch für uns oberstes Gebot.

Zweitens: Es ist immer wieder von „Massentierhaltung“ in Österreich die Rede. – Dazu möchte ich sagen: Nur 2,2 Prozent aller Schweine befinden sich in Österreich in Ställen mit einer Schweineproduktion von über 1 000 Schweinen pro Jahr. Mit 97 Prozent Klein- und Mittel­betrieben liegt Österreich da, und zwar mit Abstand, an letzter Stelle in der EU!

Auch mit der Milchleistung der heimischen Rinder von 4 700 Kilogramm Milch pro Kuh pro Jahr befindet sich Österreich an vorletzter Stelle in der EU; Griechenland bildet das Schlusslicht.

In Anbetracht dieser Zahlen kann doch nicht von einer „Massen- und Intensivtierhaltung“ die Rede sein! Diese Behauptung muss man zurückweisen!

12.31


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Zu Wort gelangt nun Herr Abge­ordneter Auer. – Bitte.

12.31


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht kann mir nach den Ausführungen von Herrn Professor Budka entweder Herr Bundesminister Haupt oder der Herr Professor selbst eine entsprechende Antwort geben: Es wurde hier ein Szenario – und ich kann das weder entkräften noch verstärken – betreffend die verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und von BSE dar­gestellt. In verschiedenen Beiträgen wurde auch die Gefahr dargestellt, die von der Verwendung von Antibiotika im Tierfutter ausgeht.

Meine Frage lautet: Wie verhält es sich mit der Verwendung beziehungsweise der Ausschei­dung und den Rückständen von Medikamenten im menschlichen Bereich, welche schließlich in Form von Klärschlamm auf dem Boden der Landwirtschaft möglichst billig entsorgt werden? Gibt es in diesem Zusammenhang auch eine Infektionsgefahr? Wenn ja, dann müsste nämlich klargestellt sein, dass es in Zukunft ein absolutes Verbot des Ausbringens vor Klärschlamm gibt! Es hat diesbezüglich ja Interventionen von bestimmter Seite gegeben – ich möchte mir jetzt aber die parteipolitische Agitation ersparen –, dass dieser Klärschlamm auch in der Dünge­mittelindustrie verwertet wird.

12.32


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Ich erteile nun Herrn Bundesrat Steinbichler das Wort.

12.32


Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Geständnis beginnen: Ich habe heute bereits um fünf Uhr früh Tiere „gequält“, ich habe nämlich meine Kühe gemolken! (Heiterkeit.)

Herr Minister Haupt! Auf Grund Ihrer fachlichen Kompetenz und Ihrer beruflichen Tätigkeit werden Sie bestätigen können, dass die österreichische Landwirtschaft im Vergleich zu inter­nationalen Größen geradezu als „Schrebergarten-Landwirtschaft“ bezeichnet werden kann! Ich habe hier eine Tabelle, aus welcher hervorgeht, dass die Anzahl der Bestände über 50 Milch­kühe bei 0,7 Prozent liegt. Es kann also bei uns keinesfalls von Massentierhaltung gesprochen werden.

Herr Minister! Sehen Sie einen Ansatz hinsichtlich der diskutierten „Herodes-Prämie“? Ich darf auf diese Aktion im Zusammenhang mit dem Edelvollmilchkalb bei uns in Oberösterreich ver­weisen, für welche ich den Landes-Innovationspreis bekommen habe.

Herr Professor Widhalm hat auf das Gesundheitsdenken hingewiesen. Wir in Oberösterreich haben das Edelvollmilchkalb sozusagen kreiert, um „Kalbfleisch wie zu Großmutters Zeiten“ zu erzeugen. Wir haben allerdings große Umsatzeinbrüche dadurch erlitten, dass wir in den Lan­deskrankenhäusern ausgelistet wurden und unser Produkt durch holländisches Importkalb­fleisch ersetzt wurde. Ich möchte das erwähnen, damit man weiß, wie das Gesundheitsdenken der Ärzte in die Tat umgesetzt wird! Ich bitte Sie daher, auch diesbezüglich zu wirken! Mit der genannten Aktion kann man die „Herodes-Prämie“ verhindern, wenn man nämlich Kälber von besserer Qualität früher schlachtet und keine Mastochsen erzeugt.

Geschätzte Damen und Herren! Dem Durchschnittskontingent von 33 000 Kilogramm Milch pro Betrieb in Österreich entsprechen auch die Einkommensmöglichkeiten des bäuerlichen Betrie­bes. Wenn man mit dem in Österreich erzielbaren Höchstpreis von 5 S rechnet, so ergibt sich ein Bruttoumsatz, welcher meist dem Familieneinkommen entspricht, von 165 000 S. Diese Summe kann man halbieren, denn eine Hälfte wird für die Kosten des laufenden Betriebs auf­gewendet.

Herr Professor Haiger! Sie haben eine Wende vollzogen. Sie haben früher gesagt, dass die Zwei­­­nutzungsrasse „out“ sei und wir uns spezialisieren müssen. – In der Wissenschaft ändert sich die Meinung schnell, in der Praxis kann man sich jedoch nicht so schnell umstellen.

Ich möchte mir jetzt auch einen Seitenhieb auf Herrn Kollegen Plank nicht ersparen, der – in der Zeitung abgebildet – als Haustorschlüssel in Zukunft vermutlich ein Brecheisen verwenden wird. – Danke.

12.36


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Zu Wort gelangt nun Herr Abge­ord­neter Weinmeier. – Bitte.

12.36


Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst mein Bedauern darüber ausdrücken, dass niemand von der Euro­päischen Kommission hier zu uns gekommen ist. Für mich ist nämlich ganz klar, dass die Wurzeln des BSE-Problems in einer verfehlten europäischen Agrarpolitik liegen, vor allem im Zusammenhang mit der völlig unmöglichen Massentierhaltung, die ja noch bis vor kurzem von der Europäischen Kommission propagiert wurde.

Ich erinnere mich, dass, als 1996 der BSE-Skandal in England begann und Österreich eine Importsperre verhängte, EU-Kommissar Fischler verlangt hat, dass Österreich diese Import­sperre so bald wie möglich wieder aufhebt. (Zwischenruf des EP-Abg. Ing. Ettl.)

Es gibt Informationen, dass in den Staaten der EU-Beitrittskandidaten keine BSE-Fälle vorlie­gen, weil es dort keine BSE-Kontrollen gibt. Trotzdem gibt es Importe von Fleisch und Fleisch­produkten, und zwar angeblich in nicht kleinen Mengen, aus diesen Staaten nach Österreich. – Herr Minister! Wirst du dich dafür einsetzen, dass diese EU-Beitrittskandidaten schon im Rah­men der Beitrittsverhandlungen dazu angehalten werden, bereits jetzt EU-konforme Kontrollen durchzuführen?

12.38


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Nunmehr gelangt Herr Bundes­minister Haupt zu Wort. – Bitte.

12.38


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich werde mich bemühen, die an mich gerichteten Fragen in aller Kürze zu beantworten.

Zu den Fragen betreffend die Agentur: Ich bin und war auch in den Regierungsverhandlungen immer darum bemüht, dass Kontrolle, Produktion und Wirtschaft klar getrennt werden, und ich werde dafür auch in Zukunft eintreten. Ich meine, dass man in der jetzigen Phase die unter­schiedlichen Modelle, die für die Implementierung der Agentur in Österreich entwickelt werden, nicht gleich als Gesetzesvorschläge beziehungsweise als der Weisheit letzten Schluss auffas­sen sollte.

Es gibt von meinem Haus entsprechende Vorschläge, es gibt Vorschläge der Landeshaupt­leutekonferenz, es gibt Vorschläge der EU und von verschiedenen Mitgliedstaaten. Ich sage es ganz offen: Das britische Modell entspricht am ehesten meinen Vorstellungen, weil es in diesem eine klare Trennung von Kontrolle und Produktion gibt und weil Kontrolle, beginnend vom Was­ser über die Futtermittel und über Milch bis zum Fleisch, auch im Zusammenhang mit den verar­beitenden Betrieben und den Handelsketten quasi bis „zum Teller“ vorgesehen ist. Wenn wir in Österreich so etwas zuwege bringen, dann brauchen wir uns meiner Meinung nach auch keine Sorgen zu machen, dass es da zu einer Vermengung von Wirtschaftsinteressen und von Kontrolle im Interesse der Gesundheit der Menschen kommt!

In meinem Konzept ist darüber hinaus auch vorgesehen, dass in allen Produktionsschritten gleichzeitig auch Untersuchungen auf Verunreinigungen mit gentechnischen Produkten vorge­nommen werden sollen, damit auch diesbezügliche Sicherheit für Konsumenten, die den Wunsch haben, gentechnikfreie Lebensmittel zu genießen, gewährleistet werden kann.

Kollege Molterer und ich sind uns in den diesbezüglichen Bemühungen durchaus einig, und die Bundesregierung hat bei der Verabschiedung des Vorhabens betreffend Lebensmittelagentur klar und deutlich gesagt, dass es eine klare Trennung der Kompetenzen hinsichtlich Kontrolle, Produktion und Wirtschaft geben muss. Ich bin daher guten Mutes, dass dieses Vorhaben letztlich so umgesetzt werden wird, wie es sich die Damen und Herren hier im Parlament zu Recht im Interesse des Konsumenten erwarten.

Ich möchte aber auch klar feststellen – da immer wieder mit der Größe der Betriebseinheiten argumentiert wird –, dass nicht unbedingt überall dort, wo die Strukturen kleiner sind, auch bes­serer Tierschutz gewährleistet ist. – Ich darf dazu ein Beispiel nennen. Zwei Staaten, die immer wieder heftig kritisiert werden, nämlich Dänemark und Holland, haben meiner Ansicht nach ein sehr gutes System der Umsetzung: Wenn in diesen Staaten etwa die Lebensmittel­kontroll­orga­ne und Schlachthof-Tierärzte vor Ort bei der Schlachtung bei Schweinen massive Leber- und Milzschwellungen beziehungsweise Leber- oder Lungenschädigungen feststellen, dann wird das im Bezirk zuständige Kontrollorgan sofort telefonisch verständigt und der betref­fende Betrieb gesperrt und auf Antibiotika- und Hormoneinsatz sowie Einhaltung des Tier­schutzes kon­trol­liert. Erst dann, wenn die Kontrollen abgeschlossen sind, wird der Betrieb wieder freigegeben.

Eine solche Vorgangsweise stelle ich mir für die Zukunft auch für meine Kontrollorgane vor. Dann wird es aber auch keine Rolle mehr spielen, ob es zu einem solchen Vorfall in Salzburg, in Tirol, im Burgenland, in Wien oder in einem anderen Bundesland kommt, denn derjenige, der vor Ort kontrolliert, wird die Tierschutzgesetze des jeweiligen Landes vollinhaltlich umzusetzen haben. Meines Erachtens wird es dann aber auch notwendig sein, dass das Amtsorgan, das in diesem Zusammenhang tätig wird, nicht in der gleichen Branche auch als Tierarzt tätig sein kann. Um es klar zu formulieren: Ein Amtstierarzt oder ein Lebensmittel- und Fleischunter­sucher wird dann nicht mehr zugleich als Behandler von Großtieren, Schweinen, Schafen oder Hühnern tätig sein können, denn er kann sich nicht selbst in der Funktion kontrollieren, für welche er als Kontrollorgan auftritt.

Jene, die schon länger im Parlament sind, wissen, dass ich seinerzeit wollte, dass eine solche Re­ge­lung im Fleischuntersuchungsgesetz implementiert wird. Damals ist das aber am Wider­stand der Bundesländer Steiermark und Oberösterreich gescheitert. – Ich hoffe aber, dass die Da­men und Herren dort jetzt gescheiter geworden und bereit sind, dafür zu sorgen, dass es in die­sem Bereich eine saubere Kontrolle gibt. Ich war jedenfalls noch nie dafür, dass der Kontrol­lor sich selbst kontrollieren kann!

Es sollen aber auch Kontrollen im Vorfeld auf freiwilliger Basis eingeführt werden, um das ge­samte Umfeld und die notwendigen offiziellen Endkontrollen besser vorzubereiten. Damit kann einiges aus dem Weg geräumt werden, was im Endeffekt bei den Kontrollen unter Umständen teuer und existenzbedrohend sein könnte. Es soll meines Erachtens eben ein Nebeneinander von Eigenkontrollen und einer abschließenden ordnungsgemäßen Überkontrolle geben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, die USA sind nicht dafür bekannt beziehungs­weise verrufen, dass sie der Liberalität Tür und Tor versperren würden. Wer dort auf einem Flughafen ankommt, sieht jedoch Beagles oder andere Hunde der National Food and Drugs Commission, die Folgendes untersucht: die illegale Einfuhr von Saatgut, die illegale Einfuhr von Lebensmitteln, die illegale Einfuhr von Medikamenten und die illegale Einfuhr von Drogen. – Ich meine daher, dass wir gar nicht darüber diskutieren müssen, dass die Endkompe­tenz der Kontrolle in staatlicher Hand zu liegen hat, dass aber auch der eine oder andere Be­reich privat strukturiert sein kann. Die privaten Labors werden es sich dann aber auch gefallen lassen müssen, von staatlichen Organen kontrolliert zu werden, ob sie die entsprechenden Rahmenbedingungen auch tatsächlich erfüllen.

Ich wurde heftig kritisiert, weil ich in der Eingangsphase der Umsetzung der Maßnahmen gegen BSE ausschließlich auf staatliche Strukturen zurückgegriffen habe. – Ich bin stolz darauf, dass diese staatlichen Strukturen innerhalb von drei Wochen in der Lage waren, 100 Prozent der anfallenden Tiere rund um die Uhr zu kontrollieren! So hat man etwa seitens des Schlachthofs Salzburg-Bergheim, der von mir die Zusage hatte, dass eine Untersuchungsstraße vor Ort installiert wird, sogar auf diese verzichtet, weil die diesbezügliche Versorgung durch die Bun­desanstalt in Innsbruck so gut ist, dass die Anschaffung einer solchen Untersuchungsstraße nicht mehr notwendig war. Das möchte ich auch klar sagen, weil es anfänglich heftige Diskus­sionen gab und gesagt wurde, dass „meine“ Behörden zu stur, zu wenig flexibel – und was noch alles in den Zeitungen zu lesen war! – gewesen seien. Daher danke ich allen meinen Mitarbeitern in diesen Einrichtungen, dass sie so flexibel gearbeitet und eine ordnungsgemäße Umsetzung in der Praxis ermöglicht haben.

Ich bin auch dafür dankbar, dass in Österreich die Kontrolle ausschließlich von Fachleuten durchgeführt wird. Wir haben bis dato bei mehr als 15 000 mit dem Schnelltest untersuchten BSE-Proben im Monat Jänner keinen einzigen fraglichen Test und meines Wissens bis jetzt nur zwei Tests, nach welchen die Köpfe auch noch untersucht werden mussten, weil bezüglich der eingeschickten Probe sozusagen nachgefasst werden musste.

Allein in Deutschland gab es in einem privaten Labor, das auch den Tiroler „Fall“ produziert hat, innerhalb eines Monats – mit einem anderen Test auf anderer Basis, das sollte man fairerweise auch dazu sagen – mehr als 68 fragliche Fälle. In Anbetracht dessen meine ich, dass sich die österreichische Entscheidung im Interesse der Sicherheit der Konsumenten bewährt hat, auf das besteingeführte Produkt der Schweizer Firma Prionics und nicht auf das voll zertifizierte Produkt aus Deutschland zu setzen. Letzteres ist im Übrigen nur eine Nachempfindung eines ursprünglich von der Europäischen Union vorgestellten Tests aus Frankreich. Es wurde in einer Evaluierungsphase eingesetzt, und die von meinen Experten bei diesem Produkt zu Recht vermuteten Anfangsschwierigkeiten gereichen nunmehr zum Schaden der deutschen Landwirt­schaft und der Landwirtschaft in ganz Europa. Ich meine daher, dass mein Ministerium mit der Beratung durch meine Fachleute verantwortungsvoll gehandelt hat, auch wenn die Kritik in den Zeitungen massiv war.

Ich sage in aller Klarheit: Es wurde mir von vielen Seiten angeboten, Tests in Österreich durch­zuführen, mit welchen wir aber erst frühestens im März in der Lage gewesen wären, eine effi­ziente Umsetzung vorzunehmen, weil nicht einmal noch die Einrichtung, geschweige denn das Personal zur Verfügung stand, aber schon gesagt wurde, dass diese Tests billiger sein werden als die durch unsere Bundesstellen durchgeführten.

Ich sage Ihnen auch, warum wir in der Kalkulation der Kosten von 1 500 S diese nunmehr um etwas mehr als ein Drittel reduzieren konnten: Es wird in diesem Zusammenhang ein unfaires Benchmarking betrieben. Die Zahlen, die private Labors nennen, in welchen keine Überstun­den, keine Nachtarbeit und keine Wochenendarbeit geleistet wird, werden verglichen mit unse­ren Kal­kula­tionen. In den 1 500 S, die zuerst veranschlagt wurden, sind die gesamten Kosten der Tests, der Überstunden und Wochenendarbeit, der nach wissenschaftlicher Erwartung an­fallen­den Nachuntersuchungen in der Häufigkeit zwischen 0,5 und 10 Prozent, das Werkzeug für die Untersuchungen und die Versandkosten enthalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es für unfair, Kosten in ihrer Gesamtstruktur mit den Kosten des reinen Laborbetriebs zu vergleichen. Ich bitte Sie daher, bei dieser Diskussion nicht Globalkosten mit Teilkosten zu vergleichen, denn das halte ich für unzulässig!

Wir sind nunmehr in der Lage, unsere Kosten so weit zu reduzieren, dass die Untersuchungen für Rinder zwischen 24 und 30 Monaten zum Preis von knapp über 900 S und im laufenden Bereich zwischen 540 S und 700 S – je nachdem, ob auch Wochenendarbeit, etwa für die Großindustrie, nötig ist – angeboten werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich brauche mich für diese unsere Strukturen nicht zu genie­ren, denn diese sind nunmehr vergleichbar. Diese unsere Strukturen haben sich bewährt, und es gibt einen Vorteil: Sie sind unbestechlich, weil sie nicht von Drittmitteln leben. Jeder, der in der zweiten Phase anbietet, wird sich gefallen lassen müssen, von meinen ausgebildeten Fach­kräften, die hervorragende Arbeit leisten, kontrolliert zu werden. Anbieter werden sich nicht ein­bilden können, dass sie auf Kosten der Gesundheit bei den Tests schlampig vorgehen oder Qualität nicht erbringen können, die nach meinem Dafürhalten in unseren Anstalten zu erbrin­gen sind und die selbstverständlich auch von privaten Anbietern zu erbringen sein werden.

Das gleiche Problem wird sich voraussichtlich auch im Zusammenhang mit der Agentur dort ergeben, wo heute schon private Mitkontrollen bestehen. All das ist bei der Beschlussfassung und Implementierung der Agentur ordnungsgemäß mit zu berücksichtigen.

Nunmehr zu den Ausmerzmaßnahmen und den Marktmaßnahmen: Ich habe immer klar gesagt, dass ich gegen die „Herodes-Prämie“ bin, in welcher Form auch immer: egal, ob Alters- oder eine Jung-„Herodes-Prämie“. Ich bin dafür, dass den Kälbern wieder das als Nahrungsmittel gegeben wird, was adäquat für sie ist, nämlich Milch, und zwar ohne Zumischung von Rindertalg oder anderen Fetten. Wir sollten das Problem nicht gering schätzen, denn wir haben meines Wissens nur mehr eine große Produktionsstätte in Österreich für Kälberstarter; der Rest kommt aus dem Ausland.

Ich bin daher stolz darauf, dass es mir mit meinem Kollegen Molterer wenigstens gelungen ist, von den Fetten, die dem Kälberstarter auf europäischer Ebene hinzugefügt werden dürfen, Wiederkäuerfette generell auszuschließen und zu erreichen, dass dort, wo Fette verwendet werden dürfen, nur mehr das Erhitzungsverfahren und das Sterilisierungsverfahren zugelassen sind, jedoch nicht mehr das bis Ende 2000 noch zugelassene Verfahren der Druckplatten­diffusion zur Gewinnung von Ölen und Fetten.

Wir können also in Zukunft damit rechnen, dass in jenen Fällen, in welchen Kälberstarter nach Österreich kommen, wenigstens die Prionengefahr nicht mehr besteht. – Das ist, wie ich meine, durchaus ein guter Erfolg!

Ich meine, dass man hier auch einmal klar feststellen muss, dass es – soweit ich informiert bin – noch keine wissenschaftliche Arbeit gibt, die belegt, dass im Fleisch selbst Prionen ge­funden wurden. Diese finden sich in sehr vielen Organen des Körpers: im Blut, in der Lymphe, im Gehirn, in der Rückenmarksflüssigkeit, in der Milz, in der Thymusdrüse et cetera. – Darüber können Ihnen aber sicherlich Herr Professor Budka oder andere Fachleute kompetenter und umfassender Auskunft auf dem letzten Stand der Wissenschaft geben.

Ich sage Ihnen aber auch, warum ich für die Ausmerzung einer gesamten Herde bin – und nicht für die Kohortenausmerzung: Wenn man den Scrapie-Fall von Island und die Erkenntnisse in die­sem Zusammenhang betrachtet, kann man feststellen, dass es dort erstens eine massive Ver­­seuchung des Bodens und zweitens eine Übertragung durch stechende Ektoparasiten gege­ben hat. – Und in Anbetracht dessen glaube ich, dass es nicht verantwortungsvoll ist, unter Um­ständen aus tierschützerischen Gründen nur eine Kohortenvernichtung im Betrieb durchzu­füh­ren, denn wir wissen, wie lange die Inkubationszeit ist, und es ist bekannt, dass in Deutsch­land in einigen Fällen mehrere Tiere im Stall parallel infiziert waren, die nicht miteinander verwandt waren.

Wenn man den Übertragungsmodus, die Übertragungsmöglichkeiten und die Verseuchung der Umwelt in Betracht zieht, dann handelt man aus meiner Sicht nur verantwortungsvoll, wenn man diesen tödlichen Kreislauf möglichst schnell unterbricht, die Tiere nicht mehr auf die Weide oder auf die Hochalm lässt, sondern dort vernichtet, wo sie zu vernichten sind, nämlich im Betrieb. Ich bin daher auch dafür, dass diese Tiere im Betrieb nicht geschlachtet, sondern ge­tötet werden, die entsprechenden Proben für die notwendigen Untersuchungen entnommen und die Tiere von dort direkt in der Decke in die Verbrennung geschickt werden, um auch da Kosten zu sparen. So kann es auf dem Transportweg auch keinen Missbrauch geben, es kann nicht sozusagen ein Kilo Fleisch abhanden kommen – und die Tiere brauchen nicht in Transport­zügen zu Sonderschlachthöfen gebracht werden. – Ich meine, dass dieses Konzept, das ich vorgelegt habe und der Landwirtschaft als Diskussionsthema vorstelle, systemimmanent ist.

Wenn man schon Tiere vom Markt nehmen muss, um Marktmaßnahmen zu treffen, und auch dem Argument Rechnung trägt, das von der Humanmedizin vorgebracht wird, dass näm­lich ein sinkender Fleischverzehr der Gesundheit durchaus zuträglich wäre, dann sollte man meiner Meinung nach die jetzigen Maßnahmen auch dazu nutzen, bestehende Tierseuchen, die wir um teures Geld bekämpfen, ebenfalls gleich zu beenden. Ich habe den Vorschlag gemacht, dass Tiere, die Ausscheider von boviner Virusdiarrhöe und über 30 Monate alt sind, im Rahmen dieser Aktion getötet und entfernt werden. Auf diese Weise können die Tierbestände gesund­heitlich saniert und der Landwirtschaft die Kosten für die dauernde Seuchenbekämpfung ge­nommen und gleichzeitig für den Markt im Bedarfsfall notwendige Effekte erzielt werden

Ich habe auf europäischer Ebene – wie auch die deutsche Ministerin – vorgeschlagen, das Fleisch, das derzeit in Intervention, nicht getestet und über 30 Monate ist, zu verwerfen und eher die 1-Million-Tonnen-Intervention in Anspruch zu nehmen, bis sich der Markt wieder stabili­siert hat, als Tiere ohne Grund zu töten, die gesund sind. Ich meine, dass meine Überlegungen auch betreffend jene Bereiche, die mich kompetenzmäßig nichts angehen – aber Sie haben mich ja gefragt – aus meiner Sicht als Tierarzt durchaus schlüssig und im Einklang mit den Überlegungen, die den Markt betreffen, sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn in diesem Zusammenhang auch das Lebensmittelge­setz und dessen Vollziehung diskutiert wurden, dann möchte ich sagen, dass sich auch Kolle­ge Schöffl dessen bewusst sein sollte, dass im Rahmen des Lebensmittelgesetzes zwei Lücken evi­dent geworden sind: Auf Grund der europäischen Rechtslage, des österreichischen Lebens­mit­tel­rechts und der fehlenden Verordnung, ist es dazu gekommen, dass Straftäter sozusagen aus dem Strafrecht in das Verwaltungsrecht gefallen und dort äußerst glimpflich davongekom­men sind.

Ich möchte nicht, dass die Frage der Höchststrafen releviert wird. Selbstverständlich ist die Festsetzung von entsprechenden Mindeststrafen notwendig, und zwar sowohl in Form von Geld­strafen als auch in Form von Haftstrafen. Und das befürwortet, wie ich weiß, auch der Herr Jus­tiz­­minister. Höchststrafen sind mir aber deswegen wichtig, weil es in diesem Zusammen­hang – wie Kollege Ex-Bundesminister Ettl, nunmehr Europaabgeordneter, bereits angespro­chen hat – auch um die internationale Verbrechensbekämpfung geht. Sie wissen sehr wohl, dass hinsicht­lich der mafiösen Strukturen, die sich in diesem Markt aufgebaut haben, der Erfolg von Raster­fahn­dung, Telefonabhörung und internationalen Fahndungsmethoden auch davon abhän­gig ist, dass es Höchststrafen für die jeweiligen Delikte gibt. Ich vertrete nämlich die Auffas­sung, dass transnationale Verbrecher, die zum Schaden der Konsumenten, der Bauern und der Wirtschaft agieren, tatsächlich als Verbrecher im eigentlichen Sinn verfolgt und behandelt werden sollen. – Ich glaube, dass meine Vorstellungen auch in diesem Sinne durchaus kon­kludent sind.

Ich möchte auch klar festhalten, dass ich, als ich ins Ministerium gekommen bin, in die Wege geleitet habe, dass mit der Bibliothek der Veterinärmedizinischen Universität eine Datenverbin­dung aufgebaut wird, damit wir betreffend Humanmedizin, Biologie, Landwirtschaft, Lebens­mittel- und Ernährungswissenschaft, weiters hinsichtlich der Bereiche Gentechnik, BSE-For­schung und Anaerobia-Forschung auf dem letzten wissenschaftlichen Stand sein können und meinen Beamten ein besseres Instrumentarium in die Hand gegeben wird, um auf europäischer Ebene – und dort gelten ja nur Gesundheitsargumente – in der Lage zu sein, Beschränkungen aufrecht zu erhalten und zu notifizieren. Damit kann ich auch den Austausch erreichen, dessen Nichtvorhandensein ich immer als Mangel empfunden habe, dass nämlich Humanmediziner über veterinärmedizinische Probleme reden, Veterinärmediziner über juris­tische Probleme, Juris­ten über Landwirtschaftsprobleme, Landwirtschaftsfachleute über che­mische Probleme und Chemiker unter Umständen wiederum über tierärztliche Probleme.

Ich möchte keinem verwehren, über Randbereiche zu sprechen, würde mir aber vor allem wünschen, dass es uns in der Agentur endlich gelingt, die unterschiedlichen wissenschaftlichen Meinungen an einen Tisch zu bringen, damit das Fachwissen aus all diesen Gebieten so ver­netzt wird, dass es eben eine globale Sichtweise geben kann.

Ich meine, dass es auch unzulässig ist, jetzt vordergründig den Fleischkonsum für gesundheit­liche Probleme wie etwa Herzinfarkt verantwortlich zu machen. Wir wissen nämlich aus der Ge­sundheitspolitik, dass unsere Lebensweise, etwa die sitzende Tätigkeit, und zahlreiche Phä­no­mene unserer Freizeitgesellschaft in Bezug auf gesundheitliche Probleme eine bedeu­tende Rolle spielen – und nicht allein der Fleischkonsum. Wie schon erwähnt, sollten wir all diese Pro­bleme global diskutieren. Zum Thema „Ernährung und gesunde Lebensweise“ können wir gerne eine Enquete veranstalten, um betreffend diesen Bereich eine umfassende Debatte führen zu können. Dafür stehe ich mit meinem Haus und mit meinen Experten selbstverständ­lich zur Verfügung. Ich bin aber davon ausgegangen, dass wir uns heute diesem auf der Tages­ordnung stehenden aktuellen Thema zuwenden.

In diesem Zusammenhang haben wir im Staatssekretariat einen Arbeitskreis eingerichtet, der sich vom Grundkonzept her aus Humanmedizinern zusammensetzt, der aber mit Veterinärmedi­zinern sozusagen angereichert wird, und in welchem also auch vergleichende Forschung eine wichtige Rolle spielt und die Gesamtsicht des Problems eingehender diskutiert werden kann als im Österreichischen Sanitätsrat.

Ich meine also, dass wir im Begriffe sind, sehr viele Ideen, die heute in Diskussion gebracht wurden, ohne sie vorher von den Damen und Herren Abgeordneten gehört zu haben, auf Grund der Erkenntnisse der Wissenschafter aus allen Bereichen umzusetzen. Darüber hinaus haben wir auch Forschungsinitiativen gesetzt und diese unterstützt.

So haben Kollege Molterer, Kollegin Forstinger und ich beispielsweise die Firma „Hämosan“ in Österreich unterstützt, um einen Lebend-Test auf Prionen aus dem Blut zu entwickeln. Die Firma hat vor etwa drei Wochen das letzte von vier europäischen Patenten in diesem Bereich bekommen, und sie geht nunmehr daran, die Validierung ihres Tests umzusetzen. Ich hoffe, dass die Erfahrungen und die Werte, die uns diese Firma zur Verfügung stellen kann, bald in zweierlei Hinsicht für uns wichtig sein werden. Erstens erhoffe ich mir, über das Krankheits­geschehen mehr zu erfahren. Zum Zweiten besteht die Möglichkeit, in Bereichen, in denen es heute noch offene Fragen etwa über das Verhältnis zwischen Kohorten und Gesamtbetrieb gibt, in Zukunft über gesicherte Erkenntnisse zu verfügen.

Den mir bislang vorliegenden Unterlagen folgend bin ich aber ein Anhänger des so genannten strengen Seuchenregimes. In der Vergangenheit hat das in Österreich dazu geführt, dass wir mit Tierseuchen, angefangen von der Schweinepest, über die Maul- und Klauenseuche, das Ausmerzen der Tuberkulose bis hin zum Ausmerzen des Abortus bang – um nur einige Erkran­kungen anzuführen – immer schneller als vergleichbare europäische Länder fertig geworden sind.

Im Falle der zwei Scrapie-infizierten Schafe in Oberösterreich hat es keine Diskussion über Kohorten- oder Bestandsschlachtung gegeben. Bei dieser Krankheit wissen wir aus der Vergan­genheit, dass die Bestandsschlachtung, die Schlachtung aller Kontakttiere das zu wählende Mittel ist.

In Anbetracht dessen, was wir in dieser Hinsicht vom Schaf, was wir von der Katze, was wir aus der Humanforschung wissen, dann verstehe ich nicht ganz, warum wir da von etwas abweichen sollten, was die WHO meiner Ansicht zu Recht gemacht hat. Dort, wo nur Tierversuche und Humanversuche, auch statistische Überlegungen vorliegen, ist es in der WHO üblich, einen Faktor 1 000 zur Berücksichtigung der humanen Sicherheit zu veranschlagen. So lange keine ordnungsgemäße wissenschaftliche Abschätzung des technologischen oder gesundheitlichen Risikos möglich ist, ist dieser Sicherheitsfaktor für die humane Sicherheit zu berücksichtigen. Ich bitte Sie, auch bei der Diskussion um die Kohorten- oder Bestandsschlachtung diese Grund­überlegungen der WHO, die in diesem Bereich unbestritten sind, einzubeziehen. Es sollte auch bedacht werden, dass die ungebrochene weitere Ansteckung von Tieren, wenn man bei der Seuchenbekämpfung sozusagen auf dem falschen Dampfer sitzt, kein tierfreundlicher Akt ist.

Zum Medikamentenskandal bin ich gefragt worden, warum ich „nichts getan“ hätte. – Ich habe mich als Abgeordneter sehr wohl, und zwar mehrfach, darum gekümmert, wie übrigens auch aus Anfragen ersichtlich ist. Ich habe daher auch konsequenterweise als Minister immer gesagt, dass die Problematik eigentlich allen bekannt gewesen sein muss. Aber ich habe im Unter­schied zum Kollegen Plank als Minister nur eine Möglichkeit, nämlich im Rahmen der Rechts­staatlichkeit vorzugehen oder anonyme Anzeigen, die mir zukommen, zu verfolgen.

Im November 2000 sind die ersten diesbezüglichen Anzeigen in der Staatsanwaltschaft Schärding eingelangt. Dort ist die Telefonabhörung und die Aktion gestoppt worden, weil in der Beurteilung der gesetzlichen Lage ein Übergleiten ins Verwaltungsrecht und damit auch keine Möglichkeit zur Telefonabhörung gesehen wurde. Daher hat also diese Aktion insgesamt zwei Monate an Verzögerung erfahren.

Ich habe daraufhin mit dem Herrn Justizminister ein Gespräch geführt und ihm meine Sicht der Dinge dargelegt. Ich bin immer noch der Meinung, dass Akademiker mit ihrer höheren Qualifika­tion, die eben entsprechend ausgebildet sind und über die Folgen ihres Tuns Bescheid wissen, mehr als etwa ein Bauer, der das unter Umständen im besten Glauben von einem Tierarzt für seinen Betrieb übernimmt, selbstverständlich auch eine höhere Strafwürdigkeit haben. Daher stellt für mich der Tatbestand der illegalen Medikamentenabgabe schlicht und einfach eine vor­sätzliche Gesundheitsgefährdung dar, und dafür ist im Strafgesetzbuch ein Strafausmaß von zehn Jahren, im Lebensmittelgesetz eines von drei Jahren vorgesehen. Daraufhin hat sich die Staatsanwaltschaft St. Pölten, offensichtlich auch auf Grund interner Überlegungen im Justiz­ministerium, meiner Meinung angeschlossen, sodass dann diese Fahndungen doch erfolgreich waren.

Basis dieser Fahndungen waren – das möchte ich nicht auf meine Fahne heften – Privatinitia­tiven, wo eben Anzeigen erstattet wurden und ständig Kontakt mit den Behörden gehalten wurde. Wir ersehen aber aus diesen Schwierigkeiten im Justizbereich, dass es dringend not­wendig ist, das, was in mein Haus ressortiert, nämlich ein Lebensmittelrecht und ein Tierarznei­mittel-Transportgesetz schleunigst zu verabschieden, um eben Gesetzeslücken zu schließen, nämlich den illegalen Besitz und die illegale Anwendung von Medikamenten strafbar zu machen, um so den Konsumenten zu schützen.

Ich hoffe, damit die wichtigsten aufgeworfenen Fragen beantwortet zu haben.

Zum Tierschutz noch: Angesichts der Tiergesundheits- und Tierschutz-Standards in Europa – auch in der letzten Sitzung des Landwirtschaftsrates am Montag dieser Woche gab es einen Ta­ges­ordnungspunkt betreffend die jährlichen Berichte darüber – sollten wir uns mit den Argu­menten des Kollegen Schwarzenberger auseinander setzen und uns überlegen, das, was auf euro­päischer Ebene vielfach weiter fortgeschritten ist und durchaus auch im Interesse der österreichischen Bauern läge, auch in Österreich umzusetzen. Die ständige Diskussion um das Nachhinken Österreichs gegenüber in Europa schon längst umgesetzten Standards in der Tierhaltung nützt den Bauern nichts, schon gar nicht den Tieren und auch nicht den Konsu­menten. Es wäre höchst an der Zeit, bei uns einen Umdenkprozess einzuleiten, denn sogar Länder, die häufig kritisiert werden, haben etwa in Bezug auf Schweinebuchten, in Bezug auf Aufstallungsform, Geflügelaufstallungen und bei vielen anderen Dingen mehr – das geht aus den dem Landwirtschaftsausschuss der Europäischen Union und den in Ratstagungen vorge­legten Unterlagen hervor – einen Standard erreicht, der bitte in Österreich erst nachvollzogen werden muss.

13.06


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke, Herr Bundesminister.

Ich erteile nunmehr Herrn Professor Budka das Wort. – Bitte.

13.06


Referent Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka (Universität Wien, Vorstand des Instituts für Neuro­logie): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Ich möchte kurz vorausschicken, dass ich wirklich sehr gerne bis zum Ende dieser sehr wichtigen Enquete anwesend gewesen wäre, habe allerdings bereits lange vor der Einladung vom 24. Jänner, heute hierher zu kommen, der Salzburger Landesregierung für eine Informationsveranstaltung heute am Abend zugesagt. Ich bitte daher um Verständnis, nicht bis zum Schluss bleiben zu können.

Da aber ohnehin nur zwei Sachfragen an mich gerichtet wurden, werde ich jetzt versuchen, diese so gut wie möglich zu beantworten. Es fällt mir allerdings ein bisschen schwer, Herrn Abgeordneten Dr. Pumberger zu antworten, da seine Ausführungen eigentlich keine einzige Sachfrage beinhaltet haben. Herr Dr. Pumberger, ich kann mich an diese Fernsehsendung sehr gut erinnern, bei der Sie damals fälschlicherweise behauptet haben, dass es sich bei einem Creutzfeldt-Jakob-Kranken in Österreich um jene Variante gehandelt habe, die von BSE herrührt. Ich habe Ihnen dargelegt, dass das nicht so ist, und das ist bis zum heutigen Tag so. Die anderen Dinge, die Sie erwähnt haben: Das hat alles nicht stattgefunden.

Ich gebe gerne zu, dass die Wissenschaft, was das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit be­trifft, in vielen Belangen nicht richtig oder nicht ausreichend gehandelt hat. Das müssen wir als die im Wissenschaftsbereich Tätigen verbessern. Ich sehe allerdings nicht die Möglichkeit, mit herausgerissene Sätzen aus irgendwelchen Aussagen meinerseits zu belegen, dass ich einer­seits „Worst-case“-Szenarien konstruiert und andererseits behauptet hätte, es sei ohnehin alles in Ordnung. Ich darf Sie bitten, wenn Sie wirklich konkrete Sachfragen haben, mir das schriftlich oder mündlich mitzuteilen. Ich werde selbstverständlich gerne alles beantworten und das selbst­verständlich auch diesem Gremium zur Verfügung stellen.

Ich darf ganz kurz zur Anfrage von Frau Abgeordneter Sima Stellung nehmen, was die Schnell­tests betrifft. Das wird ja von Herrn Professor Schuller noch eingehend erörtert werden. Aus meiner Sicht ist es so, dass ich es für nicht sehr sinnvoll und nicht sehr ökonomisch halte, dass Alter von 30 Monaten herabzusetzen. Das negative Ergebnis eines derartigen Tests bedeutet doch ohnedies nicht, dass das Tier BSE-frei ist – das wird immer vergessen, zu betonen. Die Chance, dass man bei besonders jungen Tieren ein positives Testergebnis bekommen wird, halte ich für dermaßen gering, dass Konsumentenschutzmaßnahmen im Bereich der Entfer­nung des spezifizierten Risikomaterials viel sinnvoller und notwendiger sind.

Eine Sachfrage galt der Übertragungsmöglichkeit der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit durch Aus­scheidungen der Patienten. – Das ist ein sehr wichtiges Thema. Bundesminister Haupt hat be­reits angeführt, dass es aus dem Bereich der Tierseuchen, nämlich bei Scrapie, Anhaltspunkte gibt, dass eventuell über Boden und Pflanzenbewuchs die Erkrankung weitergegeben werden könnte. Nun gibt es bei Menschen glücklicherweise etwas genauere Untersuchungen, was die Infektiosität betrifft, naturgemäß nicht in der gleichen Art, aber zumindest in nahe gelegenen Arten. Es gibt Primaten-Experimente, die gezeigt haben, dass Stuhl und Urin von Patienten mit Creutzfeldt-Jakob-Krankheit keine nachweisbare Infektiosität aufweist. Das ist um einiges besser als die vielen Experimente an Nagetieren, vor allen an Mäusen, auf die wir bei der Beur­teilung der BSE-Situation teilweise noch immer angewiesen sind. – Danke.

13.11

Fortsetzung der Referate


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Herr Professor Schuller, bitte.

13.11


Referent Hofrat Univ.-Prof. Dr. Walter Schuller (Leiter der Bundesanstalt für Tierseuchen­bekämpfung in Mödling): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie sind noch so glykämisch, dass Sie überhaupt noch wach sind und irgendwelchen Ausfüh­rungen folgen wollen. Ich werde es jedenfalls relativ kurz machen.

Sie wissen vielleicht aus den Medien, dass in den letzten Wochen ein Nichtereignis stattge­funden hat: Gott sei Dank hat es nämlich bis jetzt in Österreich keinen BSE-Fall gegeben. Es war für mich aber faszinierend, zu beobachten, wie man eigentlich mit nichts Wellen schlagen kann. Es war geradezu sagenhaft, wie Medien und Medienvertreter in dieser Sache agierten. Die Geschichte ist natürlich gut, das ist gar keine Frage, es bleibt den Journalisten gar nichts anderes übrig, als entsprechende Artikel zu schreiben. Fairerweise muss ich aber auch einräu­men, dass der weitaus überwiegende Teil die Zitate oder die Informationen, die ich gegeben habe, zumindest korrekt wiedergegeben hat, und das ist doch schon einmal ein Fortschritt bei einer solchen Sache.

Dazu einige Zahlen: Ich kann Ihnen darlegen, dass wir – Stand 1. Februar – rund 14 936 befun­dete Proben haben. Wichtig dabei ist, dass diese Zahl in etwa der 200 000-Stück-Vorgabe für das ganze Jahr 2000 entspricht. Es scheint also nicht so zu sein, dass wir weniger Schlach­tungen von über 30 Monate alten Tieren haben, wie zunächst allgemein befürchtet wurde. Am Anfang war es etwas langsam, es haben sich alle gefürchtet. Das hat uns geholfen, die Proben weiter zu untersuchen beziehungsweise unsere Kapazitäten auf 100 Prozent zu erhöhen. Wir sind derzeit mit den fünf Untersuchungsstellen sehr gut in der Lage, auch mehr Proben, als der­zeit anfallen, zu bearbeiten. Interessant sind die Zahlen für Oberösterreich: 6 383/6 118, Salz­burg: 3 680/3 680, Niederösterreich: 2 130/2 065, die viehreichsten Bundesländer. – Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich wollte Ihnen nur die Zahlen vorlegen, damit Sie wissen, was überhaupt bis jetzt gelaufen ist.

Erklärung dazu: Die Zahl links, das sind die eingeschickten Proben. Wir hinken immer ungefähr 24 bis 36 Stunden hinten nach, weil wir die Proben eben abarbeiten müssen. Wir garantieren aber noch immer, dass 36 Stunden nach Einlangen der Probe der Befund beim einsendenden Tierarzt ist. Das hat insofern den zusätzlichen Vorteil, als das Abhängen der geschlachteten Tiere und die Fleischreife durch diese Aktion weit verbessert werden konnte, weil das Fleisch auf jeden Fall 24 oder 48 Stunden im Kühlraum hängen muss. Indirekt ist also sogar eine indirekte Förderung in Bezug auf die Fleischqualität gegeben.

Als Nächstes möchte ich Ihnen eine Overhead-Tabelle zeigen, aus der die Anzahl der BSE-Fälle in verschiedenen Ländern der Europäischen Union zu ersehen ist. Im Jahre 2000 gab es in Frankreich 138 Fälle. Interessant ist auch, dass dort 87 Fälle sozusagen klinisch gewesen sind und der Rest durch Massenuntersuchungen aufgedeckt wurde. Sie wissen, dass diese serologischen Untersuchungen – in diesem Fall die Prionics-Tests – nur am toten Tier durchge­führt werden können. Ich erwarte ungefähr in eineinhalb Jahren die ersten Lebend-Tiertests. Das Problem ist dann nur – das muss ich ganz offen sagen –: Was ist, wenn so ein Lebendtier-Test anzeigt? Wir haben nämlich keine Möglichkeit, Gegenkontrollen durchzuführen. Wir werden dann versuchen müssen, da sozusagen eine zweite Methode – Liquor et cetera – als zusätzlichen Test einzusetzen. Das darf ich Ihnen jetzt schon ankündigen. – Der in Frankreich angewandte Test dürfte die Erkrankung zirka drei Monate vor Auftreten der klinischen Symp­tome anzeigen.

Irland: 57 positive Proben im letzten Jahr, und das macht mir ein bisschen Sorge, denn in Irland geht die Zahl der Fälle nicht und nicht zurück. – Portugal ist diesbezüglich sehr schlecht dran, ist ja auch gesperrt. – Die Zahl der Fälle in Deutschland wird vermutlich noch etwas ansteigen, und ich persönlich glaube, dass die Franzosen mit BSE-Fällen und auch der neuen Variante von Creutzfeldt-Jakob ziemliche Probleme bekommen werden.

Wir werden ab April/Mai nächsten Jahres die ersten Resultate des Vor-Screening-Verfahrens der Europäischen Kommission bekommen, das heißt, wir werden im Sommer/Herbst nächsten Jahres eine Ausschreibung durchführen, und dann wird man sehen, welcher Test auf den Markt kommt. Momentan ist es ein „Verkäufermarkt“: Die einzige Firma, die relativ seriös arbeitet und deren Test wir verwenden, ist ja günstigstenfalls mit den Preisen nicht hinaufgegangen, und darüber ist man schon froh. Von einem Preisdruck kann keine Rede sein; über Preisnachlässe wird nur mehr gelächelt.

Meine Damen und Herren, Sie haben über die Epidemiologie, über die Ursachen von BSE wahr­scheinlich schon genug gehört. Ich denke, dass ich Ihnen hier nicht noch langmächtig etwas darüber erzählen muss; das haben Sie schon x-fach gelesen, gehört et cetera. Einige generelle Bemerkungen zur Lebensmittelsicherheit möchte ich jetzt aber schon machen: Es gibt keine absolute Sicherheit der Lebensmittel. Dessen sollten sich die Konsumentinnen und Konsumen­ten endlich einmal bewußt sein, auch bitte die Journalistinnen und Journalisten! Es ist eine Täuschung der Konsumenten, wenn man ihnen weismachen will, dass es irgendwo auf der Welt eine absolute Lebensmittelsicherheit gäbe. Der moderne Mensch ist sicherlich verwundbarer als der Mensch in früheren Jahrhunderten, der in seinem Umfeld gelebt und in einem Umkreis von 30 Kilometern alle Sachen bekommen hat, die er gebraucht hat.

Meiner Meinung nach ist eine Verteufelung der Landwirtschaft oder der Produktion in der Fleischbranche schlicht und einfach unfair. Dass es in den verschiedenen Branchen auch ausgewachsene schwarze Schafe gibt, das weiß ich selbst, das können Sie mir glauben – und das wissen Sie wohl selbst. Das ist eben so: Es gibt die Globalisierung der Landwirtschaft und des Handels, und damit einher geht natürlich auch eine Globalisierung der Krankheitserreger – keine Frage. Wenn man im Jänner Erdbeeren aus Marokko haben will und die Kokosnuss aus Kakadu-Island oder wie immer die Herkunftsländer auch heißen mögen, dann darf man sich nicht darüber wundern, dass wir in absehbarer Zukunft enorme Probleme mit Lebensmittelver­giftungen und Infektionen bekommen werden. Es gibt x Voraussagen gerade auch vom CDC in den USA, die diesbezüglich ganz klar und eindeutig sind.

Es hat schon so seine Richtigkeit: „Be a microbe and see the world.“ – Es fliegen heute Mikroben innerhalb von zwölf bis 16 Stunden vom Punkt a zum Punkt b, werden dann vielleicht am nächsten Tag noch ein bisschen in der Wärme belassen – und dann wundert man sich, wenn die Leute krank werden. – Damit werden wir aber leben müssen, gar keine Frage.

Dieses Treiben und dieser Aktionismus, was den Tierschutz anlangt, stören mich schon beson­ders, denn ich bilde mir ein, dass ich in meinem Leben wahrscheinlich schon mehr Schweinen helfen konnte, als die meisten Tierschützer in ihrem Leben überhaupt je gesehen haben. Ich bin zehn Jahre lang im Tier-, im Schweinegeschäft tätig gewesen. Ich war an einer Klinik und habe teilweise die Feldarbeit gemacht. Und wenn da die „glücklichen Tiere“, die „glücklichen Hühner“ und „glücklichen Schweine“ im Wald herumspringen, stellt es mir von der Hygiene her gesehen die Haare auf! Denken Sie doch nur an die Trichinen, an die Parasiten, die unter diesen Be­dingungen enorm zunehmen werden. Es hat schon seine Gründe, dass ab einer gewissen Zeit Stallhaltung favorisiert wurde.

Essentiell und wirklich entscheidend ist für mich die Hinwendung zum Tier. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Professor Bartussek:

Wenn man Tiere hält, muss es einfach möglich sein, sich mit diesen Tieren zu beschäftigen, dass man in den Stall geht, die Tiere anschaut und schaut, was mit ihnen los ist. Wenn man das nicht kann, dann soll man nicht Schweine oder Rinder züchten, dann soll man von mir aus Meerschweinchen züchten – bei denen ist es vielleicht einfacher. Für mich ist egal, welche Haltungsform, welche Art des Betriebes gewählt wurde: Wenn nicht das Auge für und das Interesse an den Tieren gegeben ist, ist alles umsonst – und es wird zu Problemen kommen. Und dann Antibiotika einzusetzen, um eben diese Fehler zu korrigieren, das geht ein Mal, das geht von mir aus zwei Mal, aber nicht drei Mal. – Danke schön. (Beifall.)

13.23


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Herr Ministerialrat Dr. Weber, bitte.

13.23


Referent Ministerialrat Mag. Dr. Peter Weber (Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen): Sehr verehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nachdem Professor Schuller über die Tests und Allgemeines zur Lebensmittel-Sicherheit gesprochen hat, werde ich – in medias res – das BSE-Problem angehen, um auch einmal von der medizinischen Seite her darzustellen, wie das Ganze ausschaut, dass es eine Krankheit ist und so weiter. Und ich werde dann auch die Maßnahmen darzustellen versuchen, die in Österreich, um dieses Pro­blem zu minimieren, ergriffen wurden.

BSE ist eine langsam fortschreitende und immer tödlich endende neurologische Erkrankung des erwachsenen Rindes mit einer ganz typischen Klinik – zentralnervöse Symptome, insbesondere Bewegungsanomalien und Verhaltensstörungen, erhöhte Ängstlichkeit, Lärmempfindlichkeit und Nachhandschwäche. Und warum bringe ich das überhaupt vor? – Nicht, um zu versuchen, Sie jetzt sozusagen zu Klinikern zu machen, sondern um zu zeigen, dass es sich hiebei um eine Erkrankung der Rinder handelt; auch wenn zurzeit häufig der Eindruck erzeugt wird, es handle sich um einen ubiquitären Risikofaktor.

Die Krankheit ist in der Regel langwierig, sie dauert zwischen zwei, drei Wochen – das ist aber eher kurz – und sechs Monaten. Die Krankheit tritt im Schnitt im Alter von drei bis elf Jahren auf. In der Infektionsmedizin und Epidemiologie – und in diesem Bereich bewegen wir uns bei diesem Thema – ist die Statistik ein wichtiges Hilfsmittel, ein wichtiges Werkzeug. Der Einzelfall mag zwar oft tragisch sein – es gibt auch immer Ausreißer –, aber ganz wichtig ist eben die Statistik, und diese gibt uns darüber Auskunft, ab welchem Alter der Tiere es erst sinnvoll wird, zu untersuchen.

So viel zur Diagnose – und das steht schon im Zusammenhang mit der ganzen Problematik der Tes­tung –: Ich habe gehört, dass manche glauben, die Schnelltests würden bereits am lebenden Tier durchgeführt. Das habe ich auch von Leuten gehört, die das eigentlich besser wissen sollten, nämlich hochrangige Funktionäre der Tierzucht, die doch behauptet haben, Tiere kämen „getestet“ aus Frankreich. – Das ist sicherlich nicht der Fall, sondern die Tests, die Diagnosen sind klinisch nur Verdacht-Diagnosen. Eine eindeutige Diagnose kann eben nur postmortal erstellt werden. Klassisch war es früher die Histologie, jetzt eben auch die Immun-Histochemie, Western Blot und eben diese Schnelltests, die Professor Schuller angesprochen hat, die eine eindeutige Diagnose erlauben.

Diese Schnelltests sind insofern relativ verlässlich – es sind das abgekürzte Verfahren –, als nach allen EU-Vorschriften und den Vorschriften der Firmen selbst sogar im positiven Fall das Rind nur als verdächtig gilt. Und dieser österreichische Verdachtsfall – ich habe direkt mit dem Labor telefoniert – war nur nicht ganz negativ. Diese Tests müssen also dann mit einer der klassischen Methoden, die wir in Österreich schon seit zehn Jahren verwenden, nachgeprüft werden. Professor Schuller hat zwar Recht: Es wird diskutiert, dass die Tests vielleicht bis zu drei Monate vor Krankheitsausbruch bereits anzeigen, aber evaluiert wurden sie mit Tieren mit klinischen Symptomen. Man muss also da wirklich vorsichtig sein! Es ist ein klinisches Geschehen, bei dem das Alter sehr wichtig ist, und es würde falsche Sicherheit erzeugen, wenn man früher testet.

Wie sieht es epidemiologisch aus? Sie wissen, die Ursache – Professor Budka hat es ange­sprochen – sind Scrapie-infizierte Schafe, bei denen das Tierkörpermehl in der TKV nicht gut abgetötet wurde – eben mit der einzig wirksamen Methode, die wir in Österreich schon lange verwenden. Da man BSE bei Schafen natürlich gar nicht mehr findet, spielt in der Diskussion eine immer größere Rolle, dass es sich möglicherweise doch um eine autochthone Rinder­erkrankung handelt, wobei die Epidemie dann eben auch durch das Zirkulieren in den Tier­körpermehlen, die nicht ordnungsgemäß abgetötet waren, in der Fütterung ausgelöst wurde.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch noch darauf hinweisen, dass Tierkörpermehl per se auch nicht gefährlich ist, sondern nur dann, wenn der Erreger drinnen ist. Aber dadurch, dass es sehr schwer zu differenzieren ist, hat man da eben weiterreichende Maßnahmen ge­troffen.

Wie sieht der Seuchenverlauf in England aus? – Was sich doch sehr deutlich gezeigt hat, ist, dass die wichtigste Maßnahme das Verbot der Tiermehlverfütterung war. 1989 trat die Krank­heit erstmals breiter auf – es stimmt schon, dass 1986 und 1988 die Krankheit erstmals be­schrieben wurde –, danach verbreitete sie sich aber sprunghaft. Jetzt macht sich aber langsam das Verfütterungsverbot von Tierkörpermehl bemerkbar. Aber es gibt natürlich „Ausreißer“, und es geht das auch weiter, und zwar aus zwei Gründen: a) ist das Fütterungsverbot nicht lücken­los durchgehalten worden und b) gibt es eben auch die transmaternale Übertragung, das heißt: Übertragung von der Mutter auf die Nachkommen, was ja lange Zeit geleugnet wurde, etwas, was wir aber, weil es ein Scrapie-Agens ist, immer angenommen haben. Letztere soll zwar in ihren Auswirkungen so gering sein, dass sie angeblich die Epidemie nicht aufrechterhalten kann, aber eines von beiden muss ja passiert sein: entweder das nicht lückenlos eingehaltene Fütterungsverbot oder die transmaternale Infektion. Eines von beiden muss ja sozusagen die Epidemie aufrechterhalten.

Bei der Frage der Testungen ist das Alter der Tiere bei Krankheitsausbruch von großer Be­deutung. Am Anfang, also 1989, gab es einen einzigen Fall, in dem das betroffene Tier jünger als zwölf Monate alt war. Das kam auch während des Höhepunkts der Epidemie nicht mehr vor. Und auch bei dem einen Fall bin ich mir nicht sicher. Ich möchte die Tests nicht in Frage stellen, aber in der Biologie – da ich selbst jahrzehntelang in Labors gearbeitet habe, weiß ich das – sagt ein positiver Test nichts aus. Weiters hat es bis 1985/1986 Fälle unter 30 Monaten ge­geben, am meisten aber auch wieder 1990, 1991, 1992, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Infektionsdruck sehr hoch war. 1996 gibt es noch einen Fall, ab 1997 keinen mehr. Es sinkt also diese Inzidenz, weil der Infektionsdruck nachgelassen hat. Ich weiß, es wird derzeit ein deutscher Fall diskutiert. Da könnte ich Ihnen das Protokoll zeigen, dann würden Sie diesen Fall auch etwas skeptischer beurteilen, und auch der zweite, der spanische Fall, hat sich als nicht relevant erwiesen.

Professor Schuller hat bereits die europäische Situation dargestellt. Daher kann ich gleich dazu übergehen, was wir in Österreich zur Risikominimierung getan haben. Das meiste ist ja be­kannt, ich möchte es nur noch einmal zusammenfassen: Sehr wichtig war die Anzeigepflicht. Warum ist das wichtig? – Wenn man nicht erfährt, wenn niemand weiß, wie die Krankheit aus­schaut, wenn niemand die Krankheit meldet, dann wissen wir es eben nicht. Die Anzeigepflicht ist also ein ganz wichtiger Faktor. Die Anzeigepflicht bezüglich Scrapie ist etwas später nachge­kommen, weil wir zwar sehr viel auf Scrapie untersucht, aber nie etwas gefunden haben. Es wurde aber dann auch da die Anzeigepflicht in Österreich eingeführt – und auch, weil dies im Rahmen der EU notwendig war. Es ist dann auch zum ersten diesbezüglichen Fall in Österreich gekommen. Trotz meiner Warnungen – bei Scrapie ist es im Gegensatz zu BSE erwiesen, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen, und die österreichischen Bergschafe sind resistent – hat man diese eingeführt, und da ist es dann passiert.

Wichtig ist ein permanentes, wirksames Überwachungsprogramm, das eben auf der Klinik, auf der Feststellung von Tieren, die ein neurologisch auffälliges Verhalten zeigen, beruht. Das ist das Programm, das auch vom OIE heute noch propagiert wird und selbstverständlich auch bei den Tests im Vordergrund steht. Wenn Sie feststellen, dass man die Schnelltests mit den klassischen Methoden nachprüfen muss, dann kann es sich hiebei auch nur immer um etwas mit der Klinik Verbundenes handeln. Man darf nie vergessen, dass man in der Klinik – wie Pro­fessor Budka ausgeführt hat, gilt das auch in der Humanmedizin –, wenn man ungezielt unter­sucht, auch nichts finden wird. Also die Klinik behält schon auch noch ihre Rolle, wenn auch jetzt, wie bereits gesagt, auch die drei Monate vor Ausbruch der Krankheit von Bedeutung sind.

Ganz wichtig sind die Kleinstbetriebe mit extensiver Haltung, die hier immer wieder angespro­chen und auch von verschiedensten Seiten gefordert werden. In Österreich ist seit jeher das Zweinutzungsrind für die Fleisch- und Milchproduktion gebräuchlich. Über 90 Prozent der Fälle in Großbritannien finden sich bei den Intensiv-Milchhaltungen. Das, was in Österreich bis vor kurzem praktiziert wurde, diese extensive Haltung war ein wichtiger Faktor der Risikomini­mierung. Jetzt, so habe ich gehört, will die Landwirtschaft ein bisschen umstellen, aber bis dato gab es diese intensive Einnutzenhaltung nicht. Eiweißfutter tierischer Herkunft wurde auch aus ökonomischen Gründen an Wiederkäuer nicht verfüttert. Sie werden es vielleicht besser wissen: Seit 1954 gibt es sozusagen eine für die Amerikaner vorteilhafte Regelung. Das sind alles Dinge, die das Risiko minimiert haben.

Diese Risikominimierungen wurden auch international anerkannt. In den geographischen Risk-Assessments 1999 – und diese stehen auch in Beziehung zu den Untersuchungsergebnissen – wird das geographische Risiko in Österreich als sehr nieder bis négligeable bewertet. Es ist besonders wichtig, dass unsere Maßnahmen somit auch international anerkannt wurden. Im Jahre 2000, obwohl sich nichts geändert hat, hat die Kommission, in der ich für andere, für Drittländer, ebenfalls dieses Risk-Assessment mitgemacht habe, dann festgestellt, es sei „unlike“, unwahrscheinlich, dass klinische oder präklinische Infektionen mit BSE in Österreich passieren, aber es kann „nicht ausgeschlossen“ werden. – Dieses „Nicht-ausgeschlossen-Werden“ ist nicht sehr wissenschaftlich, aber es zeigt das immer noch einen sehr niedrigen geo­graphischen Risikofaktor. Daraus ergibt sich, dass unsere Maßnahmen doch gegriffen haben, denn schließlich – wie bereits Professor Schuller ausgeführt hat –: Null Risiko gibt es nicht. Aber von einem minimierten Risiko in Österreich kann man sicherlich sprechen. – Danke.

13.35


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Herr Professor Dr. Pollmer, bitte.

13.36


Referent Udo Pollmer (Wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, EU.L.E., Hochheim, Deutschland): Sehr geehrte Frau Vor­sitzen­­de! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Verehrte Anwesende! Für die Einladung hierher darf ich mich als „Piefke“ ganz herzlich bedanken, auch wenn ich gleich eine Kleinigkeit anzu­mer­ken habe: Ich bin weder „Professor“ noch „Doktor“ noch „Ernährungswissenschafter“. Ich bin Lebens­mittelchemiker und wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Institutes für Lebens­mittel- und Ernährungswissenschaften; das ist eine gemeinnützige Organisation.

Zunächst ganz kurz eine kleine Bestandsaufnahme der wesentlichen Thesen zur BSE-Krise, weil das vielleicht auch ein bisschen deutlich macht, warum der Verbraucherschutz so nicht funktionieren wird.

Bis vor fünf Jahren glaubte man in der Wissenschaft, dass die Verfütterung von Scrapie-halti­gem Tiermehl die Ursache für den Ausbruch von BSE ist. Seit etwa 1995 geht die Mehrzahl der Experten – in Österreich sehe ich, ist das etwas anders – nicht mehr von dieser Hypothese aus, und zwar deshalb, weil in der ganzen Welt Scrapie-haltiges Tiermehl an Hochleistungsrinder verfüttert wurde, aber es nirgendwo einen vergleichbaren Massenausbruch gegeben hat. Auch haben die Briten ihr Tiermehl, das massiv mit BSE belastet war, in alle Welt verkauft – ohne dass vergleichbare Massenausbrüche beobachtet wurden, wie man sie vorher in Großbritan­nien mit einem sicherlich viel niedrigerem Titer an diesen Materialien hatte.

Das Hauptargument ist aber ein anderes: Bei den Übertragungsversuchen von Scrapie auf Rinder, auf Kälber, und zwar auf dem Wege einer intracranialen Überimpfung, bekam man nicht BSE als Ergebnis, sondern eine andere Krankheit, die man längst kennt, nämlich das Downer-Syndrom. Dieses Downer-Syndrom blieb auch erhalten, wenn man eine weitere Passage durchs Rind gemacht hat. Das heißt also, wir haben es offenbar mit zwei Spongiform-Enzephalopathien zu tun, nämlich erstens mit BSE und zweitens mit dem Downer-Syndrom.

Dass bei diesen Downer-Kühen offenbar spongiforme Fälle dabei sind, ist darüber nachzu­weisen, dass die Verfütterung von Downer-Kühen sowohl in Europa als auch in Nordamerika in den letzten Jahrzehnten wiederholt zu Massenausbrüchen an Spongiform-Enzephalopathie bei Nerzen geführt hat. – In der Pelztierzucht hat das also erhebliche Probleme verursacht.

Da BSE seit über 100 Jahren bekannt und in der Fachliteratur beschrieben ist, und zwar nicht in Großbritannien, sondern auf dem Kontinent, müssen wir davon ausgehen, dass es diese beiden Krankheiten mit einer niedrigen Inzidenz seit vielen, vielen Jahren gibt: seit Jahrzehnten sicher, wahrscheinlich bereits seit Jahrhunderten – oder sogar noch länger.

Woher kommt dann diese Seuche? Wie kam es zu einem Massenausbruch? – Die heute von der Mehrzahl der mir bekannten Fachleute vertretene Hypothese lautet: Man hat in Groß­britan­nien – vermutlich nicht nur dort! – im Rahmen der Produktion Hormone eingesetzt, und zwar Hormone, die man aus der Hypophyse von Kälbern, von Rindern gewonnen hatte, und diese Hormone wurden in den siebziger und achtziger Jahren gespritzt. Damals gab es noch kein gentechnisches Verfahren, und sie waren analytisch nicht nachweisbar – im Gegensatz zu den Sexualhormonen, über die damals in der Presse diskutiert wurde, wie zum Beispiel das DES. Wenn da auch nur ein einziges Mal ein solcher sporadischer BSE-Fall mit dabei war, hat man diese Krankheit mit diesen Hormonspritzen auf Tausende von Tieren übertragen und damit diese Seuche gestartet. – Eine weitere Hypothese geht davon aus, dass es eventuell Impfstoffe waren. Aber diese Hypophysen-Geschichte ist das Plausibelste.

An Verbreitungswegen für spongiforme Enzephalopathien gesichert sind Parasiten, und zwar bei Scrapie – in diesem Falle konnte man es bereits vor 30 Jahren in Island für Milben nach­weisen –, und auf Grund der Erfahrung mit Scrapie-Sperma und auf Grund von epidemio­logischen Studien am Menschen mutmaßlich auch der Verzehr von Augen und Hirn.

Das bedeutet, dass vom wissenschaftlichen Standpunkt her eigentlich nur das konsequente Aus-dem-Verkehr-Ziehen von Risikomaterial – also Hirn, Auge und Rückenmark – eine sinn­volle, wirksame und gerechtfertigte Reaktion darstellt und dass es sich dabei offensichtlich nicht um eine Erkrankung handelt, die Ergebnis der Massentierhaltung oder skrupelloser Billig­produktion ist, auch wenn die vielleicht zur Ausbreitung in der einen oder anderen Weise etwas beigetragen haben mögen.

Nun heißt das Thema aber „Lebensmittelsicherheit in Europa“ und ich will als Deutscher natür­lich nicht ihre innenpolitischen Maßnahmen kommentieren, sondern ein bisschen den Blick dafür öffnen, welche Maßnahmen erforderlich sind, damit in Europa die Lebensmittelüber­wachung funktioniert. Und da ist zunächst einmal erforderlich, dass die Lebensmittelüber­wachung letztlich zentral organisiert wird und dass – wie im Weißbuch auch vorgeschlagen und vorgeschrieben – die Ergebnisse dem Bürger gegenüber transparent und zugänglich gemacht werden.

Hinzu kommt, dass ich glaube, dass eine solche Behörde letztlich polizeiliche Befugnisse be­nötigt. Was mich allerdings irritiert, ist der Umstand, dass diese Behörde – nach dem bisherigen Stand der Diskussion – keine politischen Kompetenzen bekommen soll. Und da frage ich mich schon, was dann passiert, wenn eines Tages eine Seuche auftaucht, die nicht fünf Jahre lang braucht, bis sie sich ausbreitet, sondern die, wie die meisten anderen Seuchen, nur eine Woche oder 14 Tage benötigt.

Es gibt auf unserem Globus jede Menge von Seuchenausbrüchen bei Mensch und Tier, und mit dem zunehmenden Tourismus, mit dem zunehmenden Austausch an Waren müssen wir davon ausgehen, dass auch da – egal, in welchem europäischen Land – einmal etwas ankommt, das ein enormes Risiko darstellt. – Und wenn ich mir die Maßnahmen in Sachen BSE anschaue, so habe ich kein großes Vertrauen, dass man rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um Mensch und Tier zu schützen.

Punkt zwei betrifft die Justiz, das Lebensmittelrecht. Dabei, denke ich, ist es notwendig, dass sich die lebensmittelrechtlichen Sanktionen am jeweiligen unrechtmäßigen Gewinn orientieren. Der maximale Strafrahmen bei einer Geldstrafe beträgt zum Beispiel in Deutschland 25 000 Euro! So etwas fördert natürlich geradezu Betrügereien und benachteiligt den Ehrlichen!

Es dürfen da keine Gesetze gemacht werden, die dazu führen, dass der Betrüger am Ende der Gewinner ist, denn, wenn Millionen damit erwirtschaftet werden, kann man bitte nicht mit einer Strafe von einigen 1 000 Euro, D-Mark oder Schilling agieren.

Außerdem ist es erforderlich, dass derjenige, der Missbräuche ahnden will, Fachleute benötigt – in diesem Fall auch unter Juristen. Das Lebensmittelrecht ist eine unglaublich komplizierte und sich sehr, sehr schnell ändernde Materie. Hinzu kommt, dass die Beurteilung lebensmittel­rechtlicher Tatbestände immer auch lebensmittelchemisches, -analytisches und lebensmittel­technologisches Know-how erfordert. Ich sehe das auch im Interesse der Lebensmittelwirtschaft selbst. Diese hat Anspruch darauf, dass sie an Richter gerät, die ihrerseits auch in der Materie sachverständig sind und sich nicht in erster Linie mit anderen Rechtsfragen befassen.

Punkt drei betrifft die Experten. Deutschland – und in diesem Fall Bayern – war da ein negatives Beispiel. – Deshalb: Wir brauchen unabhängige Experten, deren Arbeit nachvollziehbar und auch transparent ist. Ohne die gravierenden Mängel bei der Auswahl der Experten in Deutsch­land hätte die deutsche Politik nicht ein so desaströses Bild in der Öffentlichkeit abgegeben. Ich halte es für notwendig, dass Experten – egal, wann und wo – dazu verpflichtet werden, von vornherein auf etwaige Interessenkonflikte hinzuweisen.

Der letzte Punkt betrifft den Lebensmittelhandel. Die Verbraucher – und ich habe den Ein­druck, das gilt auch in anderen Bereichen – machen sich kaum eine Vorstellung davon, wie die Verhandlungen zwischen Lebensmittelherstellern und Lebensmittelhandel abgehen. Normaler­weise denken wir in den Kategorien: Verbraucher – der hat Macht, dann die „bösen Hersteller“ – die wollen betrügen, und schließlich die „armen Bauern“, die immer ausgenommen werden. Aber diese Verhandlungen, die der Lebensmittelhandel führt, werden auch – wenn ich das so sagen darf – mit einer gewissen Brutalität geführt. Nicht, weil diese Menschen von Natur aus rücksichtslos wären, sondern weil sie sich ihrerseits in einer Zwangslage sehen. Wenn Sie mit einem Handelskonzern verhandeln wollen, dann müssen Sie erst einmal „Eintrittsgeld“ entrich­ten. In Deutschland sind das einige Millionen D-Mark, damit Sie mit dem überhaupt reden dür­fen, und dann sagt der Ihnen: Sie können mir Ihre Ware, Ihren Fischsalat 250g für 1,59 D-Mark liefern, das ist der höchste Preis, den ich Ihnen bezahle! – Und dann haben Sie als Hersteller zwei Möglichkeiten: Entweder liefern Sie zu dem Preis – und sei es, dass Sie den Inhalt Ihrer Biotonne nehmen und ihn „analysefest“ machen –, oder Sie liefern nicht und schließen Ihren Laden, weil Sie nämlich über diese ganz wenigen Handelsketten, die es gibt, verkaufen müssen.

Dann sind noch Regalmieten zu entrichten, zurzeit so etwa 10 000 D-Mark pro Meter pro Super­markt, dann kommen noch Werbekostenzuschüsse hinzu, und dann kann es sogar mal sein, dass der Sohnemann eines solchen Handelsunternehmers von seinem Vater im eigenen Unter­nehmen befördert wird, und dann gibt es ein Rundschreiben, dass man bitte so und so viele Millionen D-Mark auf ein „Sonderkonto“ zu überweisen hätte.

Diese Praktiken übt der Handel auch nicht aus Jux und Tollerei. Die Summen, die da fließen, werden ganz normal verbucht, es ist also nicht Schwarzhandel oder schwarze Kassen oder so etwas, aber in dem Moment, in dem der eine Wettbewerber um ein paar Groschen, ein paar Pfennig heruntergeht, muss der andere seinen Lieferanten ebenfalls zwingen, hinunterzugehen. Und an dieser Preisspirale wird ständig gedreht, und das Ganze kostet auch den Handel Geld, nicht nur den Lebensmittelhersteller. Der Handel ist genauso Opfer dieses Systems.

Wenn man da etwas ändern, wenn man dafür sorgen will, dass die Lebensmittel besser werden, so ist der erste Ansatzpunkt nicht die Verschärfung der Kontrollen – auch wenn ich das für sinnvoll, richtig und notwendig halte –, sondern der allererste Ansatzpunkt ist der, dass man diesen „Flaschenhals“ mal ein bisschen „lüftet“ und einen Weg findet, den Handel mit in die Verantwortung zu nehmen. Und ein ganz einfacher Vorschlag – mal in die Diskussion gewor­fen – wäre, dass bei lebensmittelrechtlichen Verstößen der Handel zur Hälfte mithaftet – nicht nur der Hersteller –, und dass diese Haftung nicht an den Hersteller übertragen werden darf. Wenn wir das haben, dann wird nicht mehr nur um die letzten halben Groschen verhandelt, die man einsparen möchte, wodurch man den Hersteller wieder zu einer Manipulation zwingt, die er selber nicht verantworten kann, sondern dann würde auch darüber diskutiert: Wenn das zehn Groschen billiger wird, wie viele Skandale hole ich mir damit?

In dem Moment, wo der Handel mit zur Verantwortung gezogen wird – das kann ich mir vorstel­len –, wird sich da auf lange Sicht einiges ändern. Und der Handel selbst hätte auch noch Nutzen bei dieser Sache, denn dann müsste er nicht immer nur um den Preis feilschen – da verdient er doch selber nichts daran –, sondern er könnte auch einmal aktiv ein bisschen ins Qualitätsmarketing hineingehen. – Ich bedanke mich. (Beifall.)

13.47


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Herr Mag. Schöppl, bitte.

13.48


Referent Mag. Georg Schöppl (Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde gerne einleitend einige Thesen zum Thema Lebensmittelsicherheit aus Sicht der Agrarmarkt Austria formulieren.

In den vorhergehenden Beiträgen wurde sehr viel über das Thema Kontrolle gesprochen. Kon­trolle ist wichtig, sehr wichtig sogar – Kontrolle ist aber kein Allheilmittel und nicht automatisch Garant für Qualität. Lebensmittelsicherheit ist nicht ausschließlich eine Frage der Kontrolle. Kontrollen sind ein zentraler Faktor der Qualitätssicherung, aber eben nicht der einzige.

Zweite These: Sicherheit und Qualität entstammen keinem statischen System, sondern einem lau­fen­den Pro­zess, der auf mehreren Faktoren basiert.

Zunächst gilt es, das Produktionsziel zu definieren: Was will ich produzieren? Die Produzenten müssen unter Berücksichtigung der Marktnachfrage – ist gleich: vorhandene und potentielle Konsumentenwünsche – ein klares Produktionsziel definieren.

Basierend darauf ist ein Kriterienkatalog festzulegen – das Wie der Produktion –, wobei die größte Aufmerksamkeit darauf zu legen ist, dass dieses System dem Prinzip der Fehlerver­meidung größte Aufmerksamkeit schenkt.

Dann geht es um die Frage: Wie erreichen wir dieses Produktionsziel? Wie wird die Einhaltung dieses Produktionsziels überwacht? – Durch Kontrollen! Und schließlich: Wie gehen wir mit Abweichungen um? Nur wenn man aus den Abweichungen die entsprechenden Rückschlüsse und Verbesserungsmaßnahmen auf das Was und Wie der Produktion ableitet und umsetzt, erreicht man ein sinnvolles Prozessmanagement und damit einen kontinuierlichen Verbesse­rungsprozess und damit auch eine Qualitätsspirale nach oben.

Meine dritte These: Sicherheit und Qualität sind zwei Begriffe, die man in der Diskussion voneinan­der trennen sollte. Einerseits der Gesundheitsschutz: Aus meiner Sicht ist Gesund­heits­­­schutz, ist diese Art der Sicherheit eine Grundvoraussetzung. Jeder Konsument hat An­spruch darauf, dass jedes Lebensmittel, das in Verkehr kommt, genusstauglich ist. Und zwei­tens der Täuschungsschutz: Erwünscht sind unterschiedliche Qualitätsstandards als Differenzie­rungs­­möglichkeit: je nach Nachfrage der Konsumenten. Es muss allerdings gewährleistet sein, dass das, was man verspricht, und das, was man auslobt, auch stimmt – und dass das über zerti­fi­zierte Systeme und über unabhängige Kontrollen auch entsprechend nachgewiesen wird.

Meine vierte These: Kontrolle ist nicht gleich Kontrolle. Endproduktkontrollen beziehungsweise sequentielle Kontrollen, wie wir sie jetzt haben, Futtermittelkontrollen, Fleischbeschau und so weiter sind sinnvoll und notwendig, aber diese Kontrollen alleine sind zu wenig.

Zentral sind aus meiner Sicht vernetzte Prozesskontrollen auf allen Produktionsstufen – bis hin zum Konsumenten mit einer laufenden Rückkopplung –, um damit immer wieder Verbesse­rungsmaßnahmen und permanente System-Optimierung sicherzustellen. Und – ein wichtiger Punkt –: Kontrollen müssen unabhängig sein. Es gibt dafür zahlreiche Beispiele gerade auch in unserem Bereich: Agrovet, Ziviltechnikerbüro Wolfslehner, Klassifizierungsdienste, SGS, diverse Lebensmittel-Prüfanstalten für das AMA-Gütesiegel – alles Organisationen, die gemäß anerkannter Normen arbeiten.

Kontrollsysteme sollten nach einem definierten Schema von amtlichen und unabhängigen Stellen zertifiziert und überwacht werden.

Meine fünfte These: Qualität beruht auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Und dies sollte auch für die Prüfstellen gelten. Damit meine ich den verstärkten Datenaustausch zwischen Be­hörden und ein vernetztes Kontrollinformationssystem.

Meine sechste These: Sicherheit und Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Sicherheit und Quali­tät sind einerseits mit einem gewissen Verwaltungsaufwand – im Aufbau des Systems, in der Kontrolltätigkeit, in der Überprüfung – und dadurch auch mit einem gewissen Kostenaufwand verbunden, der eben entweder von der öffentlichen Hand oder vom Markt zu tragen ist.

Siebente und letzte These: Qualität liegt sowohl im Verantwortungsbereich des Produzenten als auch des Konsumenten. Entscheidend ist das richtige Produktionsangebot, aber auch die entsprechende Nachfrage. Nur wenn die Nachfrage gesichert ist, kann auch das richtige Angebot nachhaltig gesichert werden – und vice versa.

Welche Berührungspunkte hat die Agrarmarkt Austria mit dem Thema Lebensmittelsicherung und Lebensmittelsicherheit? Als AMA-Behörde sind wir einerseits für den Bereich der Lebend-Rinderkennzeichnung und der Rindfleischkennzeichnung zuständig, ebenso für die Vollziehung des Qualitätsklassengesetzes bei der Klassifizierung von Rindern und Schweinen, im Bereich der ländlichen Entwicklung für die Administration des Umweltprogramms – und bei den Markt­mechanismen der gemeinsamen Agrarpolitik für Maßnahmen wie Intervention und private Lagerhaltung zum Beispiel.

Als AMA-Marketing sind wir Systembetreiber der Branchenlösung für das Rindfleischkenn­zeichnungssystem „bos“. Das bietet jedem Teilnehmer die Möglichkeit, nähere Informationen zur Herkunft oder zu bestimmten Eigenschaften des Tieres mittels genehmigten und kontrollier­ten Etikettierungsangaben zu geben. Zweitens treten wir als Programmbetreiber mit dem AMA-Gütesiegel und dem AMA-Biozeichen auf. Der dritte Bereich: Wir haben ein Qualitätslabor, das Qualitätslabor der Agrarmarkt Austria: ein akkreditiertes Labor als unabhängige Prüfstelle ge­mäß EN 45001. Dieses unterliegt damit der Überwachung durch das Wirtschaftsministerium.

Als ein konkretes Beispiel für den Versuch der Umsetzung der Postulate, die ich eingangs for­mu­liert habe, möchte ich jenes Teilsegment des Rindfleisches nennen, in dem wir in den ver­gan­genen Jahren – lange, bevor die Krise auf dem Höhepunkt war, wo wir heute stehen – ent­spre­chende Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt haben. Wir arbeiten da nach einem Bau­kas­tensystem: Wir verwalten die zentrale Rinderdatenbank für die Lebend-Rinderkenn­zeichnung, in der in Österreich jeder Landwirt jedes seiner Rinder registrieren und jeden Orts­wechsel vom landwirtschaftlichen Betrieb weg melden muss, und zwar innerhalb von sieben Tagen. In diesem Zusammenhang überprüfen und kontrollieren wir jedes Jahr 10 Pro­zent der Betriebe.

Der zweite Teil dieses Baukastensystems ist die Klassifizierung und Rindfleischetikettierung mit der Branchenlösung „bos“ im Rindfleischbereich. Hier haben wir einen großen Vorteil gegen­über anderen EU-Mitgliedstaaten: Während wir uns in Österreich auf ein System, auf eine Bran­chen­­lösung einigen konnten, gibt es zum Beispiel in Deutschland oder in Frankreich Hunderte solcher Systeme. – Der Vorteil im Interesse der Konsumenten liegt klar darin, sich auf einige wenige Systeme zu konzentrieren.

Im Bereich der Qualitätskennzeichnungsprogramme, als Beispiele sind das AMA-Gütesiegel und das AMA-Biozeichen anzuführen, wird mit klar definierten Qualitätskriterien und unabhän­gigen Kontrollen die Überwachung dieser Qualitätsstandards durchgeführt und umgesetzt. Unser Ziel dabei ist eine nachvollziehbare und kontrollierte Qualität des Produkts. Wichtig ist die ständige Weiterentwicklung des Systems im Interesse aller Beteiligten.

Aus Sicht der Agrar­markt Austria liegt die Zukunft der Qualitätsproduktion in diesen nachvoll­ziehbaren und transpa­renten Systemen, und wir werden auch weiterhin einen Beitrag für den Ausbau und für die Weiterentwicklung dieser Systeme leisten.

13.57


Vorsitzende Abgeordnete Annemarie Reitsamer: Danke. – Herr Mag. Allerstorfer, bitte.

13.58


Referent Mag. Herbert Allerstorfer (Leiter Marketing „ERNTE für das Leben“, Linz): Ge­schätzte Damen und Herren! Ich komme vom Verband der Biobauern „ERNTE für das Leben“ und bin sozusagen Interessenvertreter. Als solcher müsste ich nach allem, was den Medien zu entnehmen ist, sagen: Die Biobauern sind auf Seiten der Gewinner; für „Bio“ läuft alles in die richtige Richtung. „Bio“ ist eine heile Welt, „Bio“ – da passt alles!

Ich bin aber als Experte in Sachen Qualitätssicherung und -kontrolle eingeladen. Wie Sie wissen, besteht im Biobereich ein sehr hoher Anspruch an die Kontrollen, an die Qualitäts­sicherung. Es handelt sich um die Prozesskontrolle zusätzlich zur Produktkontrolle, und zwar von Beginn an: von den Futtermitteln, bis zum fertigen Produkt. Es handelt sich um die Ver­zahnung von Kontrollen bei den Bauern und den Verarbeitern, das heißt alles das, was zuneh­mend gefordert wird. Ich will Ihnen jetzt beinhart, wirklich dramatisch berichten, wie es uns geht, wenn wir das alles wirklich durchführen, wobei ich gleich einmal anmerke, dass wir keine Kon­trollfirma sind.

Ich selbst stehe genau im Brennpunkt, wo zu garantieren ist, dass die Produkte, die an unsere Partner geliefert werden – das sind einerseits der Handel: „Ja natürlich“, „Spar natur pur“, „Bio plus“, und wie die Marken alle heißen, aber genauso die verarbeitende Industrie: „Hipp“ und so weiter –, wirklich in Ordnung sind. Wir als Organisation können es uns einfach nicht leisten, dass es zu einem Bio-Skandal kommt.

Nunmehr möchte ich darauf eingehen, welche Unterstützung wir dabei von staatlicher Seite, von EU-Seite erfahren. Sie werden sehen, es ist dramatisch. Wenn man sich nur auf das ver­lassen würde, was in den Rahmenbedingungen im Kontroll- und Qualitätssicherungsbereich auf amtlicher Seite passiert, hätte man früher einen Bio-Skandal als einen BSE-Skandal.

Ich möchte noch einmal sagen: Die Anforderungen sind sehr hoch. Was heißt das konkret? – Es gibt bei uns zum Beispiel nicht nur stichprobenartige Kontrollen, sondern jeder Bauer, jeder Verarbeiter wird kontrolliert. Es gibt Warenflusskontrollen. Wenn man das wirklich durch­führt, wenn wir uns wirklich darauf verlassen würden, würde es dramatisch, denn jedes zweite Kontrollzeugnis funktioniert nicht – und international schon gar nicht. (Präsident Dr. Fass­labend übernimmt den Vorsitz.)

Ich könnte Ihnen erzählen, dass wir beispielsweise, obwohl eine deutsche Herkunft „garantiert“ wird, mit unseren Nachforschungen in Rumänien landen – und ähnliche Dinge mehr. Und das alles bitte mit amtlichen Siegel! Das heißt: Das Kontrollsystem der EU, diese staatlich autori­sierten, zumindest „offiziell“ unabhängigen, privaten Kontrollstellen einzurichten, ist gut gemeint. Das ist wirklich gut gemeint und als Einstieg geeignet, um überhaupt einmal die Verarbeiter, die Bauern aufzuklären, was Sache ist, ein Kontrollsystem im Nachhinein für die Basis – darüber hinaus aber völlig unzureichend, und in der Praxis ist das zu vergessen beziehungsweise zumindest in Zukunft massiv zu verbessern.

Konkret besteht eine sehr hohe Abhängigkeit der Kontrollstellen vom Auftraggeber, handelt es sich doch um privatwirtschaftliche Betriebe, die den Kontroll-Auftrag erst einmal bekommen müssen. Natürlich wird, wie eben der Markt so ist, sehr oft auf die billigste Kontrollstelle zurück­gegriffen. Man will sich doch Geld sparen! Und ich brauche wohl nicht zu betonen, dass die Qualität der Kontrolle in den meisten Fällen sehr darunter leidet.

Das ganze System ist international nicht durchschaubar. Auch wenn man noch so viele Papier­chen von staatlich autorisierten Kontrollstellen in Spanien, Italien und von wo auch immer in die Hand bekommt, besagt das im Grunde kaum etwas. Ich sage das bewusst provokant: Auch in Österreich – wer sich mit mir einen Spaß erlauben will: organisieren wir uns innerhalb einer Woche eine autorisierte Kontrollstelle in Österreich mit mehr oder weniger Fachkenntnis, mit mehr oder weniger Unabhängigkeit – ist es relativ einfach, als staatlich autorisierte Bio-Kon­trollstelle anerkannt zu werden. – Das kann es aber nicht sein, das muss viel mehr in die Hand genommen werden, und wenn es schon privat organisiert sein soll, dann muss es von staat­licher Seite viel genauer nachvollzogen werden können!

Es wirken also die Marktinteressen. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu erzählen, dass es dem, der kontrolliert wird – sei es nun eine große Handelskette, die, wenn etwas schief gelaufen ist, auf keinen Fall will, dass das an die Öffentlichkeit dringt, sei es ein Verarbeiter oder wer auch immer –, am liebsten ist, wenn die Kontrolle keine Probleme verursacht. Es ist somit sehr zu hinterfragen, inwieweit die Kontrolle tatsächlich eine unabhängige Kontrolle ist, auch wenn sie am Papier unabhängig aussieht.

Die konkrete Situation zurzeit ist die: Wenn diese staatliche Kontrolle, wenn dieses System nicht funktioniert – ich möchte noch einmal betonen: das System; es geht nicht um einzelne Dinge, die man aufdeckt –, dann muss sich der Handel, muss sich ein Verarbeiter oder eine Orga­nisa­tion wie wir ein zusätzliches Kontrollsystem aufbauen. Derzeit hat das der Handel in die Hand genom­men und versucht, zusätzliche Kontroll- und Qualitätssicherungsmaßnahmen aufzu­bauen. Ich brauche nicht zu erzählen, was es bedeutet, wenn der Handel auf die Verarbei­ter zugeht, mit welchem Druck und welchen Maßnahmen das einhergeht. Aber letztlich ist es eben nicht weiter verwunderlich, dass der Handel und genauso auch Verarbeiter diese Maßnah­men durchführen, um ihre Marken zu schützen.

Was bedeutet das aber letztlich für die Landwirtschaft und für die Qualität der Bioprodukte an sich? – Wenn es uns nicht gelingt, ein allgemeines System zu schaffen, das für alle Bio­bauern, alle Verarbeiter – unabhängig davon, ob sie einer Marke zuliefern oder nicht – ein Sicherungs­system, ein Sicherheitssystem gewährleistet, dann befinden wir uns über kurz oder lang auf verlorenem Posten!

Grundsätzlich gibt es europaweit ein System, das sich auf Grund der Problematik, dass es gesetzlich nicht wirklich abgesichert ist, entwickelt hat. Daher bedeutet „auf einer höheren Ebene angesiedelt“ nicht unbedingt immer auch strengere Richtlinien. Ohne aber über kurz oder lang ein durchgängigeres System der vorsorgenden Qualitätssicherung – nicht bloß Kon­trolle hintennach, sondern vorsorgend während des gesamten Produktionsprozesses – einzufüh­ren, wird es diesen Skandal, die massive Abhängigkeit – konkret aus unserer Sicht der Bauern – von den Abnehmern, vom Markt geben. Es wäre daher ungeheuer wichtig, so etwas zu starten, um auch international reüssieren zu können.

In ganz Europa verbreiten sich Billigqualitäten und Mindeststandards. In Österreich müssen wir uns mit besonderer Qualität profilieren. Daher gibt es auch jetzt schon – gefordert vom Markt, aber auch grundsätzlich vorbauend für zukünftige Marktentwicklungen – zusätzliche Richt­linien, zusätzliche Standards, die kontrolliert werden müssen. Wir als Organisation müssen hiezu Kontrollfirmen auswählen, um diese Kontrollen durchzuführen, und zwar produktbe­zogene Kontrollen, Analysen zusätzlich zu den Biokontrollen, die zunächst einmal Prozesskon­trollen sind – und das natürlich in Verbindung mit den Entwicklungen im Kontrollsystem und der Entwicklung insgesamt. Nicht jede Kontrollfirma kann das, das muss uns auch klar sein. Grund­sätzlich muss dieses Qualitätssicherungs-System letztlich für alle Partner der Biobauern in Österreich zugänglich sein – und nicht nur für jene, die einer Marke zuliefern.

Wesentlich ist also, dass ein begleitendes, zusätzliches Qualitätssicherungs-System ent­steht, insbesondere auch im Hinblick auf die Internationalisierung des Marktes. Was ist das Pro­blem? Dieses zusätzliche System ist im Wesentlichen im ERNTE-Verband gemeinsam mit Ver­arbeitungspartnern für verschiedene Marken entwickelt worden. Unser Ziel ist, dass dieses Know-how allen zur Verfügung steht – egal, ob sie „Billa“, „Spar“, „ADEG“ oder wie auch immer heißen, dass das also keine Monopolisierung zur Folge hat. Unmittelbar entstehen jedoch daraus Kosten; derzeit sind allein zwei Leute damit beschäftigt, solche Projekte abzuwickeln.

Als Beispiel – ich will mich nicht allzu sehr verbreiten, nur damit Sie das verstehen –: Wenn die Gentechnikfreiheit gesichert werden muss, muss ein Tier, eine Kuh zu 100 Prozent biologisch gefüttert werden. Das ist mehr als der gesetzliche Standard. Es muss wirklich jedes einzelne Tier, jeder Schlachthof, der in dieses System eingebunden ist, kontrolliert werden. Auf der anderen Seite müssen die Bauern mit den geeigneten Futtermitteln versorgt werden. Ein solches System muss aufgebaut werden – ist aber im Bereich „Milch“ und in Ansätzen im Bereich „Fleisch“ gegeben. In den anderen Bereichen ist es einfach noch nicht da. Die inter­nationale Anerkennung dieses Systems kostet natürlich auch wieder Geld.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die 10 Minuten sind an sich abgelaufen. Bitte, zum Schluss zu kommen!


Referent Mag. Herbert Allerstorfer (fortsetzend): Momentan ergibt sich folgende Problema­tik – und ich sage das ganz bewusst vor diesem Auditorium –: Bisher ist das auch aus den Mit­teln der Verbandsförderung bezahlt worden. Diese werden gekürzt. Damit haben wir uns schon abgefunden, realistischerweise abgefunden, gekämpft sollte natürlich immer noch werden – dies nur angemerkt, weil du (in Richtung des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber) jetzt gerade lächelst.

Es muss uns aber klar sein, dass damit genauso die Zertifizierung der Bioprodukte, diese Quali­tätssicherung massiv darunter leidet. Entweder wir schaffen es, für dieses ganz konkrete Pro­jekt der Qualitätssicherung zusätzlich Geld auf die Beine zu stellen – oder es geht etwas verlo­ren. Es geht nicht nur darum, dass zusätzlich etwas gemacht wird, sondern es ginge ansonsten tatsächlich etwas verloren.

Abschließend: Ich hoffe, dass es möglich sein wird, diese Maßnahmen in Zukunft auch noch ausgedehnter als bisher wirklich durchführen zu können. – Der ERNTE-Verband hat aber der­zeit nicht das Geld dazu.

14.09


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Ich erteile nunmehr das Wort Herrn Professor Dr. Gyimóthy. – Bitte.

14.09


Referent Hofrat Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Johann Gyimóthy (Leiter der Bundesanstalt für Lebens­mitteluntersuchung und -forschung, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Staats­sekretär! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Direktor der Bundes­anstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien möchte ich kurz über unsere Tätigkeit referieren.

Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung ist im Rahmen ihres Wirkungs­bereichs für die amtliche Kontrolle der dem Lebensmittelgesetz 1975 unterliegenden Waren zuständig. Darunter fallen Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft, Verzehrprodukte, Gebrauchsgegenstände und Kosmetika. Unsere Bundesanstalt wurde am 1. Dezember 1897, ein Jahr nach der Herausgabe des Lebensmittelgesetzes, gegründet. Sie agiert somit bereits seit mehr als 100 Jahren im Dienste der Lebensmittelsicherheit, zum Schutz der Konsumenten vor Gesundheitsschädigung und im Bereich des Verbraucherschutzes. Daraus ersieht man, dass der Begriff „Lebensmittelsicherheit“ zwar ein moderner ist, die Kontrolle der Lebensmittel aber seit vielen Jahren praktiziert wird.

Von der Bundesanstalt werden jährlich etwa 21 000 Proben untersucht. Die Beanstandungs­quote liegt im Allgemeinen bei zirka 20 bis 25 Prozent. Die Bundesanstalt hat jedoch nicht nur die Routineaufgaben der amtlichen Kontrolle zu erfüllen, sie arbeitet ihrem Forschungsauftrag gemäß zum Beispiel auch Analyse-Methoden aus, die dann nicht nur österreichweit, sondern – worauf wir ganz besonders stolz sind – europaweit angewandt werden. Als Beispiel sei die Be­stimmung von Antibiotika-Rückständen in Honig und die Identifizierung von enterohämorrhagi­schen Escherichia-Kolibakterien (EHEC) mit molekularbiologischen Methoden erwähnt.

Weiters ist die Bundesanstalt in Österreich Referenzlabor für die Bereiche Milch, Milchpro­dukte, Honig, Eier und marine Biotoxine. Für die Gebiete „gentechnisch modifizierte Lebens­mittel“ und „Pestizide in Obst und Gemüse“ versieht die Anstalt quasi Referenzlaboraufgaben.

Bei vielen Anlässen in der Vergangenheit hat die Bundesanstalt ihre fachliche Kompetenz bewiesen. Als Beispiel sei der Reaktorunfall von Tschernobyl oder der so genannte Dioxin­skandal angeführt. Doch auch aktuelle Anlässe wie der so genannte Arzneimittelskandal und die derzeitige BSE-Krise zeigen die Kompetenz der Bundesanstalt im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. So werden zahlreiche Proben auf das Vorhanden­sein von Arzneimitteln, Risikomaterial und Separatorenfleisch untersucht sowie die Korrektheit der Deklaration von „Rindfleischfreiheit“ überprüft.

Gestatten Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass sich Arzneimittelskandale immer wieder wiederholen werden, solange man nicht bereit ist, alle Tierhaltungssysteme in art- und tiergerechter Weise zu gestalten, um so das Problem von der Wurzel her zu lösen.

Wenn wir die Tätigkeit der Bundesanstalt im Rahmen der allgemein angestrebten Sicherheit „vom Stall bis zum Tisch“ betrachten, kontrolliert die Anstalt jenen Bereich, der unmittelbar vor dem Konsumenten, das heißt auf dem „Tisch“ des Konsumenten liegt. Es wird jene Ware, die im Groß- und Detailhandel angeboten wird, entsprechend umfangreich auf Hygiene- bezie­hungsweise sonstige Mängel untersucht und dadurch auch die amtliche Kontrolle der Lebens­mittelsicherheit überprüft.

Zu den künftig der Europäischen Lebensmittelbehörde zu übertragenden Aufgaben gehören vor allem Risikobewertung, Informationserhebung und -analyse sowie Kommunikation. Es sind das Bereiche, in denen die Bundesanstalt schon heute tätig ist. Die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gremien der Europäischen Union wird auch durch die so genannten Monitoring-Programme dokumentiert. Die Bundesanstalt nimmt insbesondere an den Program­men zur Erfassung und Bewertung von Pestizid- und Nitratrückständen in pflanzlichen Lebens­mitteln sowie Arzneimittelrückständen in tierischen Lebensmitteln – wie Milch, Eier und Honig – teil.

Darüber hinaus arbeiten Mitarbeiter der Bundesanstalt in verschiedenen Experten-Arbeits­gruppen der Europäischen Kommission als nationale Experten, sodass die Anstalt wohl in alle europäischen Aktivitäten der Lebensmittelsicherheit eingebunden ist. Die beamteten Anstalts­experten sind dabei bemüht, das von Österreich stets angestrebte höchstmögliche Gesund­heitsschutzniveau abzusichern und zu gewährleisten.

Ein Beispiel für Österreichs Vorreiterrolle in Fragen der Lebensmittelsicherheit sind die derzeit diskutierten Grenzwerte für Listerien in Lebensmitteln. Da tritt Österreich – im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten – dafür ein, dass Lebensmittel frei von Kontamination durch vermeh­rungsfähige pathogene Keime/Listerien sein müssen.

Mit großer Freude berichte ich schließlich, dass es der Bundesanstalt ermöglicht wird, ein Labor zur Erfassung von Viren in Trinkwasser und Lebensmitteln, Gemüse, Obst und Meeres­früchten zu begründen. Die Wichtigkeit dieses Labors ist durch zahlreiche internationale Studien belegt, die besagen, dass etwa 65 Prozent aller Lebensmittelvergiftungen durch Viren verur­sacht werden, wohingegen Bakterien zu etwa 25 und Parasiten nur zu etwa 2 Prozent als Aus­löser gefunden werden. – Dem Hepatitis E-Virus kommt hiebei eine ganz besondere Bedeutung zu.

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend weise ich ausdrücklich darauf hin, dass die Bundesanstalt als unentbehrliches Instrument des österreichischen Gesundheits- und Verbrau­cherschutzes nur dann imstande ist, wesentlich zu einer fortgeschrittenen Vollziehung und Weiterentwicklung der Lebensmittelkontrolle beizutragen, wenn sie unbelastet durch eigene wirtschaftliche Interessen agieren kann. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall.)

14.17


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Referent ist Herr Dipl.-Ing. Spitalsky. – Bitte.

14.18


Referent Dipl.-Ing. Hannes Spitalsky (Verein für Konsumenteninformation): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordnete – und meine Damen und Herren, die noch ausharren! Ich danke, dass ich Ihnen hier auch einige Worte aus der Sicht der Konsumenteninformation vortragen darf.

Was mir heute aufgefallen ist: Eine Aussage, auf die wir alle so stolz sind, ist bisher überhaupt noch nicht gefallen, nämlich „Feinkostladen Europas“. Sind wir es jetzt überhaupt noch? – Ich meine schon, denke aber, dass uns die Skandale der letzten Zeit doch Anlass sein sollten, umzudenken – und dies gilt nicht nur für einzelne Gruppen. Ich bin der Auffassung: Das sollten alle tun! Es ist die Politik insbesondere im Hinblick auf ihre Förderungsbemühungen gefordert, es sind die Bauern gefordert, aber auch die Wirtschaft und auch den Handel darf man da auf gar keinen Fall auslassen, aber – und das muss ich ebenfalls zugeben – auch der Konsument selbst ist gefordert.

Ich möchte Ihnen kurz meine Gedanken zu drei Themenkreisen mitteilen: „Wettbewerb“ – dazu hat heute bereits Herr Pollmer etwas gesagt –, „Kontrollen und Regeln“ und letztlich „Produk­tion“, womit ich dann wieder zum Fleisch zurückkehren werde.

Zum Thema Wettbewerb: Wir merken heute, dass es im Lebensmittelhandel eigentlich einen reinen Preiswettbewerb gibt. Der Qualitätswettbewerb ist völlig in den Hintergrund getreten; auf dem Markt findet heutzutage nur mehr ein reiner Preiswettbewerb statt.

Ich möchte das an einem ganz kleinen Beispiel festmachen: Fruchtjoghurt. Das wurde vor einigen Jahren noch zu Preisen angeboten, bei denen sich alle gewundert haben, wie man es um das Geld überhaupt noch ins Regal stellen kann. In diesem Fall hat die Industrie eine Mög­lichkeit gefunden, sehr wohl wieder höhere Preise zu erzielen. Man hat pro-biotische Joghurts erfunden, hat sie mit Vitaminen aufgemotzt, man hat Mineralstoffe zugesetzt. Dadurch konnte man sozusagen wieder einen angemessenen Preis realisieren.

Aber was haben wir als Konsumenten davon – und was hat das mit Lebensmittelsicherheit zu tun? Einzelne solcher Produkte sind doch nicht mehr sehr weit von Arzneimitteln entfernt. Ich denke auch, der Konsument ist falsch informiert; er glaubt an falsche Ernährung, wenn er sich ganz normal ernährt. Letztlich ist auch das ein negativer Beitrag zur Lebensmittelsicherheit.

Fleisch- und Wurstwaren waren stets – und sind es immer noch – integraler Bestandteil des Preiswettbewerbs. Allerdings gibt es wenig Möglichkeiten, Fleisch sozusagen aufzumotzen, denn vermutlich kommt kaum jemand auf die Idee, beispielsweise Schnitzel mit Antibiotika anzubieten. – Das wird es wahrscheinlich doch nicht geben.

In diesem Zusammenhang muss man sagen – und das ist meiner Meinung nach auch dem Kon­su­menten bewusst –, dass Preis und Qualität in einer gewissen Relation zueinander stehen müssen, dass Qualität nun einmal auch ihren Preis hat. – Das darf aber natürlich nicht das einzige Verkaufsargument sein, denn der Wettbewerb hat sehr wohl dafür zu sorgen, dass der Preis nicht außer Kontrolle gerät.

Zum Thema Kontrollen und Sanktionen: Wenn Übertretungen nachweislich Gesundheits­schäden verursachen, ist ganz klar, dass das Strafrecht zur Anwendung kommen muss. Wo wir aber noch Mängel sehen, ist dort, wo der Verbraucher getäuscht wird, wo unter Falschbe­zeichnungen gehandelt wird und sich gewisse Anbieter dadurch Wettbewerbsvorteile verschaf­fen. Die im Verwaltungsstrafverfahren – das haben wir ja heute schon ein paar Mal gehört – verhängten Strafen stehen bei weitem nicht in einem realistischen Verhältnis zu den erzielten Wettbewerbsvorteilen. Außerdem sollte man auch das Missverhältnis zu Strafen für ganz „nor­male“ Bürger beachten, die beispielsweise „vergessen“, ihr Autobahnpickerl zu kleben, was sie 3 000 S kostet.

Die Täuschung des Verbrauchers wird also eigentlich nicht so geahndet, wie wir uns das vor­stellen und wie das auch im Hinblick auf die Prävention nötig wäre.

Was wir uns von der Überwachung wünschen: In Österreich funktioniert die Lebensmittelkon­trolle nicht so schlecht. Was aber fehlt, ist die Kontrolle vom Stall oder vom Feld bis ins Ge­schäft, bis zum Verbraucher. In diesem Bereich sehen wir heute noch Mängel. Die einzige Mög­lichkeit, diese zu beheben, besteht darin, all diese Kontrolleinrichtungen zumindest zu ver­netzen, sodass es nicht dazu kommen kann, dass man nur Teile dieser Kette im Blick hat – und nicht darüber informiert ist, was andere vielleicht schon gefunden haben.

Was wir immer wieder auch von wissenschaftlichen Untersuchungsanstalten hören, ist, dass sich die Auftragsforschung im Moment sehr einseitig entwickelt. Aufträge kommen faktisch nur mehr aus einer Richtung. Es müsste etwas gegen diese einseitige Ausrichtung der Forschung unternommen werden, denn es macht sicherlich einen Unterschied, ob jemand beauftragt wird, einen Wachstumsförderer zu entwickeln, den man nicht entdeckt – oder ob man den Auftrag erteilt, festzustellen, wie man Wachstumsförderer sehr wohl entdeckt. Da besteht ein Unter­schied, der natürlich durch unterschiedliche Interessenlagen verursacht wird. – In meinen Augen kommen hiebei die Interessen des Verbrauchers jedenfalls ein wenig zu kurz.

In Bezug auf die Lebensmittelagentur sollte man doch auch europäisch denken. Wenn in Europa die „Lebensmittelagentur“ bei SANCO, also bei der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz, angesiedelt ist, dann sollte man das auch in Österreich in dieser Form machen. Es wäre auch etwas seltsam, wenn sich Minister aus unterschiedlichen Bereichen auf europäischer Ebene treffen würden – und das einzig Gemeinsame wäre der Konsumenten­schutz. Ich meine, man sollte doch auch ein bisschen in diese Richtung denken, und ich sehe daher eigentlich keine andere Möglichkeit, als dass die Kontrolle über unsere Lebensmittel, über die Gesundheit der Verbraucher eben dem dafür zuständigen Ministerium zugeordnet wird.

Selbstverständlich sollten, wenn man an so etwas denkt, auch die Verbraucherseite, die Ver­braucherorganisationen mit eingebunden werden. Auch wir machen ständig Untersuchungen auf dem Lebensmittelsektor. Ein Monitoring, das dann auch veröffentlicht wird, wäre da sehr sinnvoll, denn bei den geringen Strafen, die derzeit im Verwaltungsstrafverfahren vorgesehen sind, hat eigentlich nur noch die Veröffentlichung eine verbessernde Wirkung.

Zum Thema Produktion: Es geht nicht an, dass wir in Österreich verschiedene Tierschutz­gesetze haben. Wir brauchen ein einheitliches Bundesgesetz. Wir brauchen, wenn wir den Gedanken „Feinkostladen Europa“ weiterführen wollen, auch eine naturnahe und artgerechte Tierhaltung. In der Fleischproduktion hat Qualität ihren Preis. Da aber auch Wettbewerb stattfin­det, sollte dafür gesorgt werden, dass dieser unter fairen und gleichen Bedingungen stattfindet, die auch echt kontrolliert werden, so dass derjenige, der sich – gezwungen oder nicht gezwungen – nicht an Spielregeln hält, nicht eine ganze Branche verunglimpfen kann, sondern als Firma, als Person auch zur Verantwortung gezogen wird.

Letztlich ist auch entscheidend, wie die Verbraucher reagieren. Beim Verein für Konsumenten­information – er verfügt über ein „Ernährungstelefon“ – gibt es jetzt viele Anrufe. Kürzlich erzählte mir ein Bekannter, er glaube, er bekomme heuer keine Grippe, denn er habe genug Schweinefleisch gegessen. – Sie sehen, in welch krausen Gedanken Verbraucher jetzt schon befangen, wie verunsichert sie sind. Es ist sehr schwierig, den Leuten klar zu machen, dass sie damit völlig auf dem falschen Dampfer sind, dass sie in dieser Beziehung eigentlich – soweit wir bis jetzt sehen – noch keine Angst haben müssen.

Auch diejenigen, die meinen, sie sollten jetzt völlig auf Fleisch verzichten, möchte ich daran erinnern, dass sie ein Umstellen auf rein pflanzliches Eiweiß in die nächste Falle treiben wird: Gentechnik.

Das heißt, trotz aller Skandale oder gerade wegen aller Skandale, bitte umdenken: Der Haupt­risikofaktor – das haben wir heute auch schon mehrfach gehört – ist falsche Ernährung. – Danke schön. (Beifall.)

14.27


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Als nächstem Referenten erteile ich Herrn Dipl.-Ing. Schöffl das Wort. – Bitte.

14.28


Referent Dipl.-Ing. Heinz Schöffl (Bundesarbeiterkammer): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das BSE-Problem ist in der Vergangenheit meiner Meinung nach zu lange als reine Tierseuche betrachtet worden. Das ist ein Grundübel, das ist ein Problem, das den Konsumenten verunsichert hat. Wir wissen seit mehreren Jahren, dass es auch ein ge­sundheitliches Problem ist. Ich erinnere in diesem Zusammenhang beispielsweise daran, dass es mehr als drei Jahre lang gedauert hat, auf europäischer Ebene beschließen zu können, das Entfernen von Risikomaterial durchzusetzen. Im Wissen, dass das so gelaufen ist, entwickeln Konsumenten natürlich Zweifel daran, dass das Vorsorgeprinzip angewandt wird, dass auf euro­päischer Ebene – wie man den Verträgen entnehmen kann – Lebensmittelsicherheit höchste Priorität hat. Wir wissen, dass das nicht so ist, dass man sich natürlich an den Erfordernissen des Marktes orientiert hat und auch weiter orientiert – und das ist im Übrigen nicht nur in Europa so, sondern eben auch in Österreich.

Der erste und zentrale Punkt wäre also: Wenn man will, dass die Lebensmittelsicherheit tat­sächlich diesen Stellenwert einnimmt, muss man das Vorsorgeprinzip auch wirklich implemen­tieren, und zwar in allen Rechtsvorschriften in Europa und eben auch in Österreich. – Davon ist jedoch noch nicht sehr viel zu sehen, aber es gibt richtige Schritte in diese Richtung. Im Weiß­buch der EU-Kommission wurde das auch schon erwähnt; es ist auch in den Vorschlägen zum europäischen Lebensmittelrecht in Spuren enthalten. – Das ist also durchaus zu begrüßen.

Allerdings werden dem Konsumenten, wie gesagt, eigentlich genau diese Elemente schon seit sehr vielen Jahren als zentrale Zielsetzung der europäischen Politik und natürlich auch der österreichischen Politik verkündet – und trotzdem kommt es in diesem Bereich zu massiven Problemen. Das BSE-Problem ist eben nur eines von vielen, das jetzt vielleicht stellvertretend zu diskutieren ist, ist aber nur Symptom einer doch verfehlten Agrarpolitik, die zu diesen Problemen geführt hat. In Wirklichkeit betrifft das eigentlich alle Lebensmittel.

Die Konsequenz daraus: Wir haben gute Gesetze – das ist zweifellos richtig –, und auf diese sind wir immer stolz gewesen. Was aber fehlt, ist mit Sicherheit eine wirklich effiziente Kon­trolle. Das betrifft wiederum die europäische, aber auch die österreichische Ebene, wenn wir auch sagen können, dass die Lebensmitteluntersuchung, die Lebensmittelkontrolle funktioniert. Es gibt aber Defizite im Bereich der Veterinärkontrollen, und wir haben mit Sicherheit nicht jenes Maß an Sicherheit für die Konsumenten, das wir uns wünschen würden.

Was ist notwendig? – Notwendig ist – das wurde ja in der Europäischen Union diskutiert – die Agentur für Lebensmittelsicherheit, die auch ein Vorbild für die österreichische sein sollte – zumindest wurde es so angekündigt –, die Beratungsfunktion hat. Aber auch das ist zu wenig. Eine unabhängige Beratungsinstitution, die Transparenz herstellt, ist ein Fundament. Für den europäischen Konsumenten wäre aber wichtig und von Nutzen, wenn diese Agentur auch wirklich Kontrollfunktionen hätte. Aus unserer Sicht wäre sie zur Sicherstellung einer auch wirklich einheitlich angewandten europäischen Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten sehr not­wendig und dringend erforderlich.

Was auch vorhanden sein müsste, ist so etwas wie eine „schnelle Eingreiftruppe“ zur Lösung von europäischen Problemen. Die Lebensmittelprobleme, mit denen wir konfrontiert sind, haben europäische Dimension. Es nützt auch nichts, zu sagen, wir seien in Österreich frei davon, seien davon nicht betroffen. Wir leben in einem Binnenmarkt, wir haben Produkte aus anderen Ländern, es wäre also kurzsichtig, zu behaupten, wir könnten uns mit Regelungen im Inland schützen.

Was den Rindfleischbereich anlangt, finden wir in Österreich sicherlich eine gute Situation vor, aber die Verunsicherung der Konsumenten wird doch nicht dadurch beseitigt, dass man ihnen sagt: Wir haben das Problem bei Frischfleisch aus Österreich nicht!, wenn gleichzeitig auch Waren aus dem Ausland angeboten werden. Bei Wurstwaren beispielsweise weiß man eigent­lich nicht, woher sie kommen, wo der Rohstoff gewonnen wurde. Und ringsum in Europa kann man beobachten, dass in einem Land nach dem anderen BSE-Fälle auftreten.

Das heißt, die Verunsicherung der Konsumenten ist gegeben, und die kann man nicht durch massive Regelungen allein in Österreich beruhigen. Vorausgesetzt ist, dass Kontrollen, Maß­nahmen in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen getroffen werden. Es ist wirklich bedauerlich – ich möchte das noch einmal wiederholen –, dass die Entfernung des Risikomaterials erst mit dreijähriger Verspätung in Kraft getreten ist. Das ist nicht zuletzt Schuld der europäischen Agrarminister, die zu keiner Einigung gekommen sind, das frühzeitiger umzusetzen.

Was ist in Österreich notwendig, um unseren Beitrag zur Sicherheit der Konsumenten zu leisten? – Wir meinen, dass die Kontrollen ausgeweitet werden müssen. Wo Kontrollen heute nicht effizient sind, sind diese zu intensivieren. Das bedeutet aber auch, dass Lebensmittelauf­sicht und auch Futtermittelaufsicht die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen er­halten müssen. Es darf nicht sein, dass versucht wird, das einzuschränken. – Dass aber da die Möglichkeiten eher geringer werden, konnte man auch im Zusammenhang mit der Reduzierung der Futtermittelkontrollen in den letzten Jahren beobachten. Das ist unbefriedigend, und damit kann man dem österreichischen Konsumenten nicht die Sicherheit geben, dass wirklich effi­ziente Kontrollen stattfinden.

Was brauchen wir noch? – Wir brauchen eine Lebensmittelagentur – sofern eine solche über­haupt installiert wird –, die wirklich unabhängig ist, die gewährleisten kann, dass die Kontrollen unabhängig durchgeführt werden. Diese darf nicht in einen Interessenkonflikt hineinmanövriert werden, Mittel durch Privatgutachten, durch Aufträge von der Industrie, durch Aufträge von Privaten zumindest ergänzend aufbringen zu müssen, um die amtlichen Aufgaben dann über­haupt durchführen zu können. Wenn diese Agentur so kommt, wie sie in diesem Rohentwurf skizziert ist – ich hoffe das nicht! –, dann könnten genau die angesprochenen Punkte nicht erfüllt werden.

Zu den Veterinärkontrollen: Wir haben das Problem im Schweinefleischbereich, und das Pro­blem der Amtstierärzte wurde ja heute auch schon erwähnt. Vielleicht spielt eine Rolle, dass es zu wenig Amtstierärzte gibt, dass Amtstierärzte auch Tierarztpraxen außer eben Kleintierpraxen haben, dass sie also sozusagen gleichzeitig in der Beratung, in der privaten Untersuchung von Höfen, von Tieren tätig sind – und gleichzeitig auch eine amtliche Aufgabe zu vertreten haben. Das kann nicht effizient sein!

Ich möchte auch noch auf einen aus unserer Sicht ganz wesentlichen Punkt eingehen: Wir haben zwar ein strenges Lebensmittelgesetz – in manchen Punkten ist dieses noch zu verbes­sern –, stellen aber fest, dass die Maßnahmen, die beim Vollzug des Gesetzes getroffen werden können, zum Teil mangelhaft sind.

Eine große Frage dabei: Sind die Strafen, die in diesem Bereich verhängt werden können, effi­zient genug? Ist eine Strafe von 150, 200, vielleicht 500 S ausreichend, um zu verhindern, dass der wirtschaftliche Vorteil, der durch Manipulationen, durch Fehlverhalten entsteht, ausge­glichen wird? – Aus unserer Sicht ist das nicht der Fall! Wir haben daher auch die Möglichkeit gefordert, dass durch Bekanntgabe von Lebensmittelsündern, vor allem dann, wenn es um wiederholte Verstöße geht, sozusagen öffentlicher Druck erzeugt werden kann, wenn es eben darum geht, dass manche halt unbelehrbar sind. Wenn bestehenden Gesetzen nicht entspro­chen wird, dann muss es möglich sein – der Konsument verlangt das, der Konsument fragt doch: Wer sind die Sünder? –, dass das Instrument Öffentlichkeit benützt wird, um Druck auf Handelsunter­neh­men, auf Produzenten zu machen, damit sich diese eben an die bestehenden Regelungen und Gesetze auch wirklich halten.

Genau das ist der Knackpunkt: Wir haben zwar strenge Gesetze, nur sind wir offensichtlich nicht dazu in der Lage, genau diese Regelungen mit den Möglichkeiten des Vollzugs wirklich konsequent umzusetzen. Und da braucht man sich dann natürlich nicht zu wundern, dass wirklich alle Spielräume ausgenützt werden, die sich bieten – und es bieten sich da sehr viele!

Ich danke dem Vorvorredner für die klaren Worte im Zusammenhang mit der Biokontrolle. Das bestätigt schlicht und einfach, dass die vorhandenen Kontrollen noch zu wenig effizient sind, um Betrügern so rasch als möglich auf die Spur zu kommen.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Redezeit von 10 Minuten wäre jetzt erreicht.


Referent Dipl.-Ing. Heinz Schöffl (fortsetzend): Im Wissen um die Defizite im Veterinärbereich gibt es auch von unserer Seite den Wunsch, dass neben beziehungsweise zur Unterstützung der Amtstierärzte im Vollzug der veterinärrechtlichen Bestimmungen eine überregionale – ich nenne es einmal so – Eingreif- oder Kontrolltruppe des Bundes aktiv werden sollte, wenn sich eben Verdachtsmomente ergeben. Das bitte, um im Interesse der Konsumenten zu ge­währleisten, dass Probleme, die es natürlich auch in Zukunft auf dem Lebensmittelmarkt geben wird, wesentlich schneller angegangen werden – und wir nicht wieder zwei oder drei Jahre warten müssen, bis sich da etwas tut. – Danke. (Beifall.)

14.38


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Als nächstem Referenten erteile ich Herrn Dr. Kapeller das Wort.

14.39


Referent Johannes Kapeller (Obmann des Fachverbandes der Futtermittelindustrie, Ge­schäftsführer der „Linzer Kraftfutter Ges.m.b.H. & Co.KG“): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich stehe als Repräsentant jener Branche vor Ihnen, die in den letzten Monaten sehr stark ins Gerede gekommen ist beziehungsweise – wenn ich das so sagen darf – ins Ge­rede gebracht wurde. Ich möchte mich für die Möglichkeit bedanken, im Namen der öster­reichischen Mischfutterwirtschaft mitzuteilen, welchen Beitrag unsere Branche für die Nahrungs­mittelproduktion leistet, welche Verantwortung wir tragen.

In Zeiten wie diesen möchte ich vorweg damit beginnen, Anschuldigungen direkter oder indirek­ter Art – teils aus der Politik, teils aus der Presse – ausdrücklich zurückzuweisen, weil wir uns – und ich hoffe, ich kann Ihnen das hernach darlegen – wirklich keiner wie auch immer gearteten Schuld an der derzeitigen Misere bewusst sind.

Was sind also die Aufgaben der Mischfutterwirtschaft? – Ihre primäre Aufgabe ist, aus erlaub­ten Rohstoffen – im Rahmen der Gesetze, insbesondere des Futtermittelgesetzes – neue Mischungen herzustellen und hiebei Kunden- und Konsumentenwünsche zu berücksichtigen. Wir produzieren Fertigfutter, wir produzieren Konzentrate, wir produzieren Mineralstoffe, zu denen hofeigenes Futter dazugemischt wird, wir produzieren Biofutter, je nach Auftrag, nach Wunsch der Konsumenten beziehungsweise Kunden.

Welche Technik steht dieser Produktion zur Verfügung? Die Mischfutterwirtschaft ist großteils qualitätszertifiziert. Es werden die Rohstoffe, die Fertigerzeugnisse entsprechend geprüft: optisch, analytisch, mikroskopisch. Wir haben einen durchwegs hohen Technologiestandard. Wir fahren beispielsweise Spülchargen bei Rezepturwechseln, allerdings haben wir – und dar­auf möchte ich hinweisen – nicht den technischen Level der Pharmazie; das wäre nicht zu bezahlen. Das heißt: Großkomponenten sind Schüttgüter; Reste im Mikrospurenbereich sind möglich. Man bezeichnet das als technologische Grenzwerte.

Wir unterliegen laufend der Futtermittelkontrolle – und das ist mehr, als heute hin und wieder angeklungen ist. Wir werden nach verschiedenen Kriterien untersucht. Jene, die die Biofutter­erzeugungs-Konzession haben, haben ganz strenge zusätzliche Kontrollen. Wir akzeptieren diese Kontrollen, weil sie notwendig sind. Soweit mir bekannt ist, ist die Mischfutterwirtschaft, mit einer einzigen Ausnahme – ich bedauere das, weil das in den letzten Tagen aufgetreten ist –, nicht schuldhaft von irgendwelchen Skandalen im eigentlichen Sinn betroffen.

Wichtig ist, dass die Kontrolle der Ausgangsstoffe, der Rohstoffe erfolgt, denn wenn zum Beispiel Rückstände von Schwermetallen und dergleichen verhindert werden sollen, so muss die Kontrolle bei den Rohstoffen beginnen. – Wir geben diese nicht hinein; das dürfen Sie uns wirklich glauben!

Welche aktiven Beiträge zur Bewältigung der gegenwärtige Krise können wir leisten bezie­hungsweise haben wir geleistet? Sie wissen, die BSE-Krise ist Anfang Dezember ausgebro­chen – Gott sei Dank nicht in Österreich –, und es wurden dann Maßnahmen gesetzt. Vom Ge­setz her wäre der Tiermehl-Einsatzstopp ab 1. Jänner 2001 notwendig gewesen: Die Branche hat aber freiwillig, und zwar bereits ab 6. Dezember 2000, auf jeglichen Tiermehleinsatz ver­zichtet. Dass Tiermehl im Wiederkäuerfutter schon seit 1990 nicht mehr eingesetzt wird, brauche ich hier wohl nicht besonders zu betonen. Aber auch damals gab es kaum Rezeptur-Umstellungen, weil in Österreich Tiermehleinsatz oder überhaupt der Einsatz von tierischem Eiweiß für Wiederkäuer einfach nicht Usus war. – Das war in anglikanischen Ländern Praxis, aber nicht bei uns in Österreich.

Wir haben – gestern wurde dieses Gesetz beschlossen – Anfang Jänner, und zwar in Abstim­mung mit dem Landwirtschaftsministerium, freiwillig auf den Einsatz von Tierfett im Milch­austauscher verzichtet. Es wurden in allen Werken Betriebsreinigungen durchgeführt, um diese alten Tiermehlreste zu entfernen. Allerdings kann auch eine Null-Toleranz nicht erfüllt werden, weil Gutachten belegen, dass Käfer, Mäusereste und dergleichen in Rohstoffen enthalten sind und eine analytische Trennung in Tiermehlrest beziehungsweise Reste von tierischen Bestand­teilen derzeit nicht möglich ist.

In der Vergangenheit wurde eine Tiermehl-Resttoleranz von weniger als 0,5 Prozent zugelas­sen, weil sie nur technisch bedingt war. In diesem Punkt muss ich die Branche in Schutz neh­men: Über Nacht wurde – gegen jeden Vertrauensgrundsatz! – auch ein Rest von weniger als 0,5 Prozent nicht nur beanstandet, sondern auch beschlagnahmt, angezeigt und dergleichen. Ich frage mich, wo da der Vertrauensgrundsatz geblieben ist!

Bleiben wir doch realitätsbezogen und am Boden: Wenn in anderen Ländern Tiermehleinsätze über Jahre, ja über Jahrzehnte in hohen Dosierungen im Wiederkäuerfutter bis Mitte der neun­ziger Jahre vorkamen, so kann man dann doch nicht überzogen gleich ins andere Extrem fallen, dass Mikroreste im wirklichen Spurenbereich auch schon wieder fast kriminalisiert werden.

Erlauben Sie mir auch ein Wort zum derzeitigen Tiermehlverbot: Wir haben kein Problem mit dem unbefristeten Einsatzverbot. Ob das allerdings volkswirtschaftlich, auch gesundheitlich auf Dauer vertretbar ist, darf hinterfragt werden. Daher stellen wir eine Variante zur Diskussion: Wenn man die tierischen Rohstoffe am Beginn in Risikomaterial wie Hirn, Rückenmark et cetera und Kadaver trennt und sämtliche Risikomaterialien in eigenen Tierkörperbeseitigungsanstalten verbrennt, wenn man in anderen, ganz klar getrennten TBAs aus Schlachtabfällen von gesun­den, beschauten Tieren Fleischmehl – ich betone den Unterschied zwischen Tiermehl und Fleischmehl – erzeugt und dieses Fleischmehl in Futtermitteln für Nicht-Wiederkäuer einsetzt, so ist nach einhelliger Expertenmeinung kein Risikopotential gegeben. Das würde volkswirt­schaftlich höchst interessant sein – und ich komme dann auch noch kurz darauf zu sprechen. Dies alles bitte unter der Prämisse, dass eine Produktion von Wiederkäuerfutter ausschließlich in Werken und Produktionsstätten stattfinden darf, in denen kein tierisches Eiweiß eingesetzt wird, wie wir das seit Anfang Jänner auch bei Fischmehlverwendung umgesetzt haben.

Das wäre eine Variante, nach der man Fleischmehl, verbunden mit alternativem österrei­chischem Eiweiß, das ja bekanntlich weniger Protein enthält, zu Lasten von importiertem Soja­schrot einsetzen könnte.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Doktor, ich mache Sie auf die Redezeit aufmerksam!


Referent Johannes Kapeller (fortsetzend): Kurz noch zur GMO-freien Produktion. In Öster­reich betrifft das nur Soja, den wichtigsten Eiweißrohstoff. Und wir können das nicht insgesamt mit niedrigprozentigem Eiweiß ersetzen, wir sind zu klein für eine logistische Separierung, wie wir mehrmals von den europäischen Handelshäusern hörten. Wir warten auf eine „Novel-Feed“-Verordnung, damit man Schwellenwerte festlegen kann, die dann auch analytisch überprüft werden können. Wir hätten gerne eine GMO-, eine gentechnikfreie Zone auch in diesem Bereich, aber es muss eben möglich sein.

Zur Kennzeichnung; das ist auch ein Kritikpunkt. In allernächster Zeit kommt die Kennzeich­nung aller Einzelrohstoffe in Futtermitteln in prozentuellen Bandbreiten, das heißt: über 30 Pro­zent, 15 bis 30, 5 bis15, 2 bis 5, kleiner als 2 Prozent. Darauf wird in den nächsten Monaten umgestellt. Man sieht dann also – und darauf hat der Konsument und Kunde ein Recht! –, wie viele und vor allem welche Rohstoffe enthalten sind.

Antibiotika sind nicht unser Problem und der gesamte Medikamentenskandal nicht unser The­ma. Wir vermischen keine Ampullen und – mit einer einzigen Ausnahme, das muss ich jetzt da­zu sagen – auch keine Fütterungsarzneimittel. Wir mischen höchstens bei Bedarf und von örtli­chen Tierärzten rezeptierte Medikamente verdünnt auf 1 zu 1 000 ein, damit im Futtertrog keine zu hohe Konzentration da ist. Das ist unsere Funktion – und keine andere – in diesem Segment!

Dass wir keine Hormone verfüttern beziehungsweise einmischen, versteht sich von selbst. Auf die Leistungsförderer, die noch eingesetzt werden dürfen, die vier Fütterungsantibiotika, könnte die Mischfutterindustrie verzichten. Mehr als die Hälfte der Futtermittel enthalten keine Leistungsförderer. Ich denke da beispielsweise nur an die verschiedenen Markenfleisch-Pro­gramme, allen voran das AMA-Programm, bei denen es schon seit Jahren keine Leistungs­förderer mehr gibt. – Und wenn sie morgen verboten würden, soll es uns auch recht sein.

Saubere Produktion: Für kriminelle Handlungen einzelner können wir – so wie andere – nichts! Gott sei Dank haben wir aber bislang nur einen einzigen Fall.

Als Schluss-Resümee: Wir leisten unseren Beitrag für eine gesunde Nahrungsmittelproduktion, allerdings müssen die Lebensmittel-Lockpreise von den Handelsketten verbannt werden. Ziel müssen eine verbesserte Tierhaltung mit überschaubaren Bestandsgrößen – wir haben zwar keine Riesengrößen, können uns aber auch nicht die Idylle von Kleinstbeständen vorgaukeln – sowie nicht völlig ausgereizte Fütterungssysteme sein. Das möchte ich besonders betonen. Das Ziel ...

14.52


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Herr Doktor! Jedes Kapitel war wichtig – aber das Resümee können die Abgeordneten und Experten auch für sich ziehen!

Wir bedanken uns recht herzlich bei Ihnen, aber auch bei allen anderen Referenten.

Diskussion der Referate


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor wir in die Diskussionsrunde eingehen, möchte ich bekanntgeben, dass Herr Staatssekretär Dr. Waneck an unserer Veranstaltung bis 15.30 Uhr teilnehmen wird.

Ich erteile nunmehr das Wort Herrn Abgeordnetem Gradwohl. – Bitte.

14.53


Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich finde es wirklich bedauerlich, dass mit dem Herrn Staatssekretär der letzte Regierungsvertreter diese Enquete verlassen wird. Ich orte das durchaus als eindeutiges Zeichen dafür, wie diese Bundesregierung dem Parlament gegenüber gesinnt ist: Sie stimmt einer Einladung zu einer parlamentarischen Enquete zu, verflüchtigt sich dann aber im Laufe der Enquete. Das ist doch ein beredtes Zeichen dafür, welche „Wertschätzung“ diese Regierung dem Parlament gegen­über hegt – und das ist sicherlich noch genauer zu hinterfragen!

Herr Staatssekretär! Da Sie hier als Vertreter der Regierung anwesend sind, darf ich im An­schluss an die Ausführungen von Herrn Pollmer in Bezug auf das Risikomaterial eine Frage an Sie richten. Im Juli vergangenen Jahres ist ein Schreiben der damaligen Ministerin Sickl und des – noch! – amtierenden Ministers Molterer an den EU-Kommissar für Konsumentenschutz nach Brüssel gegangen, und zwar mit dem Ersuchen, Österreich von der Regelung auszuneh­men, kein Risikomaterial mehr zu verwenden. Herr Bundesminister Molterer ist anlässlich einer Sitzung im Herbst vergangenen Jahres – meiner Erinnerung nach war das im November – nach wie vor zu dieser Forderung gestanden.

Daher meine Frage an Sie, Herr Staatssekretär: Hat sich die Haltung dieser Bundesregierung dazu in der Zwischenzeit, vernünftigerweise, gewandelt – oder besteht die Regierung nach wie vor darauf, dass Risikomaterial in Österreich wieder in die Nahrungskette gelangen soll, und das vor allem vor dem Hintergrund der heute gehörten Ausführungen?

Eine Frage in die Expertenrunde: Herr Hofrat Dr. Köchl, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig ver­standen oder missverstanden habe. Sie haben in Ihren Ausführungen angeführt, dass Öster­reich da an und für sich nachhinken würde. Festgemacht haben Sie das an der „Turbo-Kuh“, an der Milchproduktion. Könnte man nicht davon ausgehen, dass der „Feinkostladen Österreich“ nur dann umsetzbar wäre, wenn es uns gelingt, aus der Spirale „schneller, besser, größer, mehr“ heraus zu kommen und wirklich zu einem Qualitätsvergleich, zu einem Qualitätswettbe­werb zu kommen – nicht aber zu einem Preiswettbewerb! –, indem wir hier in Österreich eben forcieren, dass die „Turbo-Kühe“ weniger werden und die wirklich qualitätsvolle Milchwirtschaft zunimmt? Oder habe ich das missverstanden, dass Sie in Richtung mehr Produktion und gesteigerte Produktion argumentiert haben?

Ich würde auch die Kolleginnen und Kollegen von der Agrarvertretung um eine Meinungs­äußerung dahin gehend ersuchen, ob sie nicht auch der Ansicht sind, dass eine Veränderung in der Förderpolitik, in der Förderstrategie, und zwar eine radikale Veränderung, genau in diese Richtung, nicht nach mehr an Quantität, sondern an Qualität und damit mehr Förderung für kleinere Betriebe in Anbindung an die Arbeitskraft sinnvoller wäre.

Eine letzte Frage noch an Sie, Herr Dr. Kapeller, an einen Kenner der Situation – einen besse­ren Kenner haben wir nicht –: Welche Schätzungen gibt es in Ihrer Branche in Bezug auf Futter­mittel-Importe im letzten Jahrzehnt im Jahresdurchschnitt – seien sie jetzt legal oder illegal passiert –, die auf den österreichischen Markt gekommen sind? Würden Sie in diesen Futter­mittel-Importen nicht auch eine mögliche Ursache dafür sehen, dass die Branche ins Gerede gekommen ist und vielleicht auch teilweise unschuldig beschuldigt wurde?

14.58


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Achatz, bitte.

14.58


Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich bin froh, dass die Taferln der Kollegen von der ÖVP mittlerweile nicht mehr auf dem Tisch stehen. Ich würde auch die SPÖ-Fraktion bitten, diese Taferln wegzustellen, denn erstens sind wir keine Taferlklasse, und zweitens waren alle diese Argumente, mit denen Sie argumentiert haben, nämlich die kleinen Strukturen in Österreich und die Massentierhaltung innerhalb der Europäischen Union, bereits vor dem EU-Beitritt Österreichs bekannt. Wir Freiheitlichen haben übrigens immer wieder darauf hingewiesen.

Von der Politik wurde uns geantwortet, und zwar sowohl von SPÖ- als auch von ÖVP-Seite, und da insbesondere von Herrn Fischler: Es wartet ein 380-Millionen-Markt auf uns, und es wird den „Feinkostladen Österreich“ geben.

Statt 380 Millionen Menschen, die auf uns warten, brennen mittlerweile Millionen Rinder, und ich muss sagen, das ist eine ethische Schande für ganz Europa! Ich schäme mich jedenfalls dafür!

Herr Dipl.-Ing. Schöppl! Die AMA vergibt ein Gütesiegel auf verarbeitete Produkte, deren Inhalt nur zu 70 Prozent aus Österreich stammen muss. Ich finde, dass das eine Täuschung der Konsumenten ist! – Ich frage Sie, wie lange Sie an dieser Regelung festhalten wollen bezie­hungsweise wie die Kontrollen laufen.

Mir geht es nämlich als Laien nicht ein, wie man das kontrollieren kann, wie viel Prozent des Fleisches aus Österreich und wie viel Prozent aus dem Ausland kommt! – Ich glaube, dass es höchste Zeit ist, dass diese Regelung geändert wird!

Eine Frage an Herrn Dr. Mraz. – Er ist nicht mehr da; das tut mir Leid. Ist noch ein anderer Herr von der Wirtschaftskammer anwesend?


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir werden dann sehen, wer sich dafür zu­ständig erklärt.


Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (fortsetzend): Zum Gütesiegel Austria, dem Austria-Zeichen, das die Wirtschaftskammer jetzt gnädigerweise zurückgenommen hat: Dieses Austria-Gütesiegel ist für Produkte wie zum Beispiel holländische Schweine vergeben worden, die nur in Österreich geschlachtet werden mussten – und schon ist das als „österreichisches Fleisch“ an die Konsumenten gegangen. Das ist, gelinde gesagt, eine Täuschung der Konsumenten! Ich finde, das geht an die Grenze zum Betrug!

Es ist zwar recht „nett“, dass die Wirtschaftskammer das jetzt freiwillig zurückgenommen hat, aber ich finde, so darf es nicht sein. Die Wirtschaftskammer ist in Anbetracht dieser Skandale meiner Meinung nach dazu verpflichtet, das auf Dauer zurückzunehmen. Und ich möchte jetzt fragen, ob die Wirtschaftskammer dazu bereit ist.

Zu den Assoziierungsabkommen, die wir vor dem EWR-Beitritt mit den Reformstaaten getroffen haben: In diesen Assoziierungsabkommen sind Zollfreiheit und Kontingentfreiheit für Produkte vorgesehen, bei denen es mir wirklich den Magen umdreht: Schlachtabfälle, Teigwaren mit Fleischfüllen aus Rumänien, Ungarn, der Tschechoslowakei beziehungsweise aus Polen! – Wir Freiheitlichen haben damals dagegen gestimmt, sind aber auch da in der Minderheit geblieben.

Ich möchte die Vertreter der Wirtschaft hier fragen: In welchem Ausmaß wurde von diesen Importen Gebrauch gemacht? In welche Produkte wurde das hineinverarbeitet?

15.02


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Schwarzenberger, bitte.

15.02


Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich habe eine Frage an Professor Dr. Schuller als Exper­ten für BSE-Untersuchungen. Wie ist es erklärbar, dass in Österreich, obwohl wir die Vorsichts­maßnahmen schon sehr früh getroffen haben – wir haben schon 1990 mit dem Tiermehlverbot für Wiederkäuer begonnen, aber auch sonst versucht, alle Gefahrenmomente zu vermeiden –, trotzdem, wenn man sich die Medien anschaut, das Gefühl entsteht, Österreich sei total BSE-verseucht?

Eine Umfrage wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht. Danach glauben 37 Prozent der Bevöl­kerung, dass Rindfleisch in Österreich BSE enthält. Ich komme fast zu dem Verdacht, dass in Österreich die Medien die BSE-Seuche „übertragen“ haben. Dafür, dass das die Rinder übertra­gen hätten, haben wir bisher noch keinen Beweis.

Was kann man jetzt unternehmen, um das Vertrauen der Konsumenten wiederherzustellen?

Ich bedauere es, dass es gerade Vertreter der Arbeiterkammer sind – Sie haben selbst gesagt, dass die Landwirtschaft in dieser Frage verteufelt wurde –, die offensichtlich vergessen, dass damit auch Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich gefährdet sind. – 70 Prozent der Bauern liefern übrigens ihre Pflichtbeiträge an die Arbeiterkammer ab.

Das wird zur Folge haben, dass wir einen enormen Strukturwandel erleben. Sehr viele Rinderbauern – das kann ich schon voraussagen – werden in nächster Zeit aufhören, und es werden die „Kleinen“ sein, die in diesem Bereich aufhören. Und danach werden dann wieder die Klagen darüber einsetzen, dass sich die Struktur so verändert hat.

Eine Frage hätte ich an Professor Haiger gehabt; er ist allerdings nicht mehr hier. Er ist Vor­stand des Instituts für Nutztierwissenschaften an der Universität für Bodenkultur. Wir hatten früher in Österreich fast ausschließlich zwei Nutzungsrinder, die für die extensive naturnahe Bewirtschaftung geeignet waren. Professor Haiger war es, der gesagt hat: Diese Rinder haben keine Zukunft, es muss eine Spezialisierung in Milchrassen und in Fleischrassen geben.

Dafür war aber das Zuchtmaterial in Österreich nicht vorhanden. Die Milchrassen wurden aus Schleswig-Holstein importiert, die Fleischrassen aus Frankreich. Aber jetzt wirft man den Bauern vor, sie hätten damit unter Umständen auch BSE nach Österreich eingeschleppt. – Gott sei Dank hat es aber bei uns bisher noch keinen positiven Fall gegeben, und hoffentlich wird es dazu auch nicht kommen.

Wie ist es da mit der Verantwortung? – Man ist ja damit ein Beratungsgeschädigter.

Herr Dipl.-Ing. Spitalsky, Sie haben dieses Beispiel gebracht: Joghurt war ein Billigprodukt, man hat dann Vitamine und Mineralstoffe beigesetzt. Aber das ist wieder etwas, was gerade die SPÖ kritisiert, dass den Lebensmitteln chemische Produkte beigesetzt werden. Das ist kein natür­liches Produkt mehr; das darf kein Biobauer beisetzen. Aber Sie haben das als Beispiel dafür genannt, wie man damit einen höheren Preis erzielt.

15.05


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster ist Herr Abgeordneter Pirklhuber. – Bitte.

15.05


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss darauf dem Kollegen Schwarzenberger eine Antwort geben; ganz kurz: Es ist doch das Problem für die Konsumenten, dass wir in einem EU-Wirtschaftsraum leben, wo es für den Handel keine Grenzen mehr gibt. Es gibt auch keine Grenzen mehr für den Import von Rindern, für den Import von Rindfleisch nach Österreich. Das ist das Problem. Wir können das leider nicht herunterspielen, wir haben diese Realität anzuerkennen.

Es wurden, und zwar jahrelang, aus Deutschland Rinder – auch Zuchtrinder – importiert; eben­so aus England und aus Frankreich. – Das zu dieser Sache.

Ich hätte eine Frage an den Kollegen Pollmer, wenn er noch hier wäre; schade, dass er schon gegangen ist. Es gibt eine Theorie, die aus England kommt, in Bezug auf die Dasselfliegen-Bekämpfung. Dazu wird ein Medikament eingesetzt, das den Rindern in den Rücken gespritzt wird. Es hat offensichtlich Überlegungen gegeben, dass das der Auslöser gewesen sein könnte. Darauf hätte ich gerne eine Antwort gehabt; das wurde heute nicht diskutiert.

Zur AMA, konkret zu Herrn Schöppl: Erstens bin ich sehr überrascht davon, dass Sie hier die AMA-Marketing mit vertreten. Sie haben hier vom AMA-Gütesiegel, vom AMA-Biosiegel und so weiter gesprochen. Meines Wissens ist das in der AMA-Marketing beheimatet. In der Öffentlich­keit wird das immer wieder in einen Topf geworfen. Da würde ich mir in Zukunft erwarten, dass das klar getrennt wird, nämlich die Förderabwicklung und die Marktüberlegungen in Österreich.

Meine Fragen an Sie: Wie sehen Sie da die Entwicklungen in Ihrem Ressort, in Ihrem Bereich? Welche Maßnahmen werden Sie da setzen?

Vor allem überrascht es mich – und darauf hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen gehabt –, dass Sie jetzt groß in den österreichischen Medien inserieren – natürlich nicht Sie, sondern die AMA-Marketing, aber Sie vertreten sie heute hier – und gleichzeitig öffentlich bekannt geworden ist, dass auch AMA-Gütesiegel-Betriebe von diesem Antibiotika-Missbrauch betroffen sind. Ich hätte gerne die Antwort von Ihnen: Wie viele dieser Betriebe sind davon betroffen?

Gegenüber dem Kollegen Allerstorfer möchte ich kurz ein Argument aufgreifen, das ich für nachprüfbar und wichtig halte. Es betrifft die Frage, dass sich der Handel die Kontrolle selbst macht. Das halte ich wirklich für ein nachhaltiges, zentrales Problem. Wenn wir es auf staat­licher Ebene – und auch auf Bauern-Ebene, sage ich jetzt zu den Kollegen hier – nicht mehr schaffen, die Qualität so zu sichern, dass der Konsument uns – also auch den Produzenten – glaubt, und wenn umgekehrt nicht mehr gewährleistet wird, dass der Konsument weiß, dass die Kontrolle des Staates ausreichend ist, dann sind wir auch auf dieser Ebene sozusagen privati­siert. Aber das ist gefährlich!

Abschließend ganz kurz in Richtung des Herrn Kollegen Kapeller: Ich hätte gerne gewusst, was Sie im Rahmen des heimischen Eiweißprogrammes machen werden beziehungsweise wie Sie in den nächsten Jahren versuchen werden, Gentechnik-Freiheit im österreichischen Futter­mittelmarkt, vor allem im Bereich Biofuttermittel, zu sichern?

15.08


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster: Herr Abgeordneter Bauer, bitte.

15.09


Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Ich behaupte, es ist ja nicht so, dass die Bauern, die das verfüttern, damit etwas anstellen wollen, sondern sie tun es, weil ihnen gesagt wird, dass das in Ordnung ist. Man darf nicht vergessen, dass zum Beispiel in dieser Sache im Zusammenhang mit Tiermehl in der Thatcher-Ära die Temperatur deshalb reduziert wurde, weil die Gewinne erhöht werden sollten; da ist man draufgekommen, dass das auch mit niedrigeren Temperaturen geht. (Ruf: Den Wunsch hat es hier auch gegeben!) Ja, aber ich plädiere eben dafür, dass man sich in diesem Bereich nicht nur im freien Wettbewerb bewegen kann, sondern im fairen Wettbewerb. Fairer Wettbewerb bedeutet aber, dass man die Spielregel nicht nur national spielen darf. Das ist das Hauptproblem.

Da ich jetzt die Macht des Handels angesprochen habe: Ich glaube, dass der Handel durch seine Konzentration eine übermächtige Stellung erlangt hat. Es ist praktisch eine oligopolis­tische Struktur entstanden – und nicht mehr die ursprüngliche Struktur vorhanden, die noch als atomistisch anzusehen war. Heute geht es in die andere Richtung. Das heißt, man kann daher den Handel natürlich auch in der Frage der Haftung vielleicht noch einbinden. – Das ist die eine Frage.

Das Zweite, was ich für sehr wesentlich halte, ist Folgendes. Es ist sehr eigenartig, dass man im Handel trotz dieser hohen Konzentration in Wirklichkeit auf Filialsysteme abstellt. Das heißt, die Kontrolle und vieles, was damit verbunden ist, ist auf die Filiale und nicht auf den Konzern abgestimmt. Und da muss man schon einmal fragen: Wer kommt auf eine so dümmliche An­nahme, dass die kleine Filiale sozusagen das Problem darstellt und die ganze Kette dahinter sozusagen aus dem Schneider wäre? – So kann es wohl nicht sein! Daher muss man auch über diese Konzentrationen reden, das halte ich für ungemein wichtig.

Ich glaube, die einzige Chance, die wir da haben, ist, zu beweisen, dass wir eine Qualitäts­schiene fahren, und zwar durchgehend: vom Boden beginnend und auch über das Futtermittel, die ganze Kette hindurch. Das müssen wir aber auch beweisen können.

Wir müssen meiner Ansicht nach auch darangehen – ich meine, dass das in allen Branchen üblich ist –, Marktsegmentierungen vorzunehmen. Die Frage bei der Marktsegmentierung ist natürlich die jeweilige Preiselastizität, die der Konsument akzeptiert – oder eben nicht. Welche Preiselastizitäten haben wir, um gewisse Schienen auch befahren zu können?

Diese Elastizität dürfte bei Lebensmitteln relativ gering sein. Das heißt, wir brauchen auch eine andere Bewusstseinslage. Dabei darf man nicht vom Grundsatz abgehen, dass jedes Nahrungsmittel, das angeboten wird, ausreichende Qualität aufweist. Das ist ein Grundsatz, dennoch glaube ich, dass man da sehr wohl unterschiedliche Marktsegmente zu bedienen hat. Erst wenn diese Segmentierung gelingt, bedeutet das, dass man sich letztlich eine Export­chance aufbaut. Man muss daher das Ganze sehr wohl als eine Chance zur Exportorientierung, als Marktmaßnahme und als Wettbewerbsvorteil betrachten.

Um diesen Wettbewerbsvorteil nutzen zu können – und damit schließe ich, Herr Vorsitzender –, braucht man sozusagen einen Heimmarkt, der das beweist. Ich halte es für sehr wichtig, dass dieser Heimmarkt insgesamt sozusagen als Qualitätsgütesiegel vorgezeigt werden kann.

15.13


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Schultes ist der Nächste. – Bitte.

15.13


Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verwahre mich vehement dagegen, dass die österreichischen Kontrollsysteme für Gütesiegel und für die Gütesiegel-Produktion auch unter biologischen Auszeichnungen pauschal verun­glimpft werden! Herr Allerstorfer kann für den ERNTE-Verband reden – das kann er im ERNTE-Verband vielleicht auch vertreten –, aber sicherlich nicht für den Rest der österreichischen Bio­bauern – und auch nicht für alle anderen Gütesiegel-Bauern!

Herr Allerstorfer hat auch gesagt, dass alle anderen Markenzeichen von der Kontrolle her frag­würdig sind; man könne sich jede Organisationsform der Kontrolle leicht besorgen. – Und ich frage ihn jetzt, ob das von seiner Auffassung her auch für die österreichische Marke „Ja! Natür­lich“ gilt.

Ich hätte noch eine Frage an Herrn Professor Budka gehabt, er ist aber leider nicht mehr hier. Vielleicht kann einer der anderen Experten dazu Stellung nehmen.

Separatorenfleisch ist in Österreich verboten. Ist das in Lebensmitteln überall sonst in Europa auch schon so sichergestellt wie bei uns? Ist dadurch die Situation in Österreich besser gewor­den? Ist es bei uns noch in irgendeinem Bereich problematisch, oder kann man jetzt sagen, dass alles, was an Sicherheit möglich ist, auch wirklich getan wird?

15.14


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Grünewald ist der Nächste. – Bitte.

15.14


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, man sollte zur Überschrift zurückkommen, und die heißt „Lebensmittelsicherheit“. Ich halte es für wichtig, dabei zu erwähnen, dass etwas Häufiges häufig und etwas Seltenes selten ist. Daher würde ich – um ganz offen zu sein – die Antibiotikaresistenz-Gefahr im Prinzip höher einschät­zen als die BSE-Gefahr in Österreich.

Eine Frage geht an Herrn Dr. Plank: Ist es nicht denkbar, dass der Antibiotika-Verbrauch sozu­sagen parallel zur Größe der Betriebe verläuft, das heißt, entsprechend dem Bestand an dort gezüchteten Tieren? Ja oder nein? Gibt es da Zahlen?

Zu BSE zurückkommend, würde mich Folgendes interessieren: Es ist bekannt, dass Artengren­zen übersprungen werden. Wenn man sichergehen will, ist es ja schön, wenn man sich auf Rinder konzentriert, aber gibt es harte Daten und Fakten über Symptome bei Geflügel, Strauße zum Beispiel, Wild et cetera? Gibt es auch verifizierte Diagnosen in dieser Richtung? – Dann würde die Sache natürlich wieder ganz anders aussehen.

Bezüglich Testung möchte ich feststellen: Es ist mir klar, dass es eine hundertprozentige Risiko­abdeckung nicht gibt, aber: Inwieweit ist es dann sinnvoll? – Nun hat man gesagt: Die Grenze von 30 Monaten retour auf 24. Für wie sinnvoll halten Sie es, wenn man noch weiter hinun­tergeht?

Professor Budka ist nicht mehr da, und ich habe auch seine Folie kaum lesen können. – Ich würde sehr empfehlen, die Forschung sozusagen nicht nur an den Prionen festzumachen, weil da nichts fix ist. Es wäre schade, wenn man damit in eine Sackgasse käme. Das sollte man möglichst breit anlegen – so meine Anregung.

Zu den Futtermitteln und deren Herstellern: Ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn man sagt, dass eine Null-Toleranzgrenze teilweise nicht machbar ist. Man ist kein Pharmabetrieb, das verstehe ich auch. Aber erlauben Sie mir dazu folgende Bemerkung, da von 0,5 Prozent die Rede war: Wenn man sagt, das sind Mäuse, Käfer und sonstiges Gefleuch, dann gilt bei einem Gewicht von einer Tonne: 0,5 Prozent sind 5 Kilogramm, und 5 Kilogramm entsprechen – ich schätze, die Anzahl geht je nach Ernährungszustand – mindestens 50 Mäusen, 1 500 Küchen­schaben oder Kakerlaken. Dann haben Sie ein Hygieneproblem. Da möchte ich fragen: Gibt es das vielleicht?

Zum Schluss: Ich kann natürlich auch verstehen, dass Qualität ihren Preis hat, daran ist etwas Wahres, ich sage okay. Aber da sollte meiner Ansicht nach die Politik ansetzen. Wenn das zum Dogma erhoben oder forciert wird, sollte man schon überlegen: Will ich, dass nur noch das oberste Einkommensdrittel Rehbraten und Sachertorte essen kann und sich das unterste Ein­kommensdrittel von Brot und Kartoffelsuppe ernährt?

Da müsste man sich auf jeden Fall etwas einfallen lassen. – Danke.

15.18


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Maier ist der Nächste. – Bitte.

15.18


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bundesminister Molterer ist leider nicht mehr hier; er hat heute wieder einmal den Eindruck zu erwecken versucht, er wäre mit dieser Kompetenzverteilung immer einverstanden gewesen. Ich möchte nur daran erinnern, dass er bei den Parteienverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ versucht hat, das Lebensmittel- und Veterinärressort zu bekommen. Es ist nur dem jetzigen Bundesminister Haupt zu verdanken, dass dieser Bereich im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen verblieben ist. An dem, was wir heute zu dieser Lebensmittel­agentur gehört haben, bemerkt man wieder den Griff nach der Kontrolle durch die Landwirt­schaft.

Es soll ja verstärkt kontrolliert werden, der Personal- und Sachaufwand muss sichergestellt werden. Herr Staatssekretär, daher die Frage an Sie: Wird der Ministerratsbeschluss außer Kraft gesetzt, wonach in der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung beziehungsweise auch in den anderen Untersuchungsanstalten durch Pensionierungen frei werdende Dienst­posten nicht mehr nachbesetzt werden? – Derzeit wird jedenfalls nicht mehr nachbesetzt.

Frage zwei: Wie soll diese Lebensmittelagentur finanziert werden? Von welchem Betrag geht die Bundesregierung da aus?

Die dritte Frage betrifft den Präsidenten der Steirischen Landwirtschaftskammer. Er hat gesagt, man muss im Arzneimittelbereich klären, was der Bauer darf und was der Tierarzt darf. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine klare Regelung: Medikamenteneinsatz nur durch den Tierarzt, unter tierärztlicher Kontrolle! Wir lehnen Laiendiagnose und Laienanwen­dung durch Bauern ab.

Meine Frage, Herr Staatssekretär: Planen Sie wirklich eine Änderung des Tierärztegesetzes in dieser Richtung?

Meine vierte Frage richtet sich an die Vertreter der Landwirtschaft. Es gibt bei uns importierten Rindersamen, der aus Ländern stammt, in denen BSE aufgetreten ist. Herr Staatssekretär, wer kontrolliert die Nicht-Anwendung dieses Rindersamens? Oder anders ausgedrückt: Denken Sie daran, diesen Rindersamen, der beispielsweise aus Deutschland importiert worden ist, zu vernichten?

Die letzte Frage betrifft Nahrungsergänzungsmittel und Kraftfutter. Gestern haben die Regie­rungsparteien ein Verfütterungsverbot von Knochenmehlen an Nutztiere beschlossen. Ich betone, dieses Knochenmehl darf weiterhin an Menschen „verfüttert“ werden. Das betrifft insbe­sondere dieses Kraftfutter, dass man in Fitnesscentern, Drogerien und Apotheken bekommt.

Ich frage Sie dazu, Herr Staatssekretär: Sehen Sie da keinen Handlungsbedarf? – Danke.

15.21


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

15.21


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe drei kleinere Fragenblöcke; der Erste richtet sich an den Vertreter der AMA, an Herrn Mag. Schöppl. Inwieweit sind Ihre Richtlinien so ausgerichtet, dass auch die Tierhaltung dadurch erfasst wird und die Fütterungsauflage entsprechend berücksichtigt wird? Dazu: Wie schaut es mit dem Zukauf von Tieren überhaupt aus?

Kollegin Achatz hat schon darauf hingewiesen, dass 70 Prozent der Produkte nicht aus Öster­reich stammen. Ich möchte gerne wissen, wie weit auch der Zukauf von Tieren bei Ihnen Be­rücksichtigung findet, wie weit Sie da kontrollieren und wie da insgesamt die Handhabung des Gütesiegels vor sich geht. – Soweit zum Ersten.

Zum Zweiten an den Herrn Staatssekretär. Es wurde, glaube ich, von Herrn Ing. Schöffl auch ein Vergleich der Lebensmittelkontrollen in Europa herangezogen. Wie liegt da Österreich? Haben Sie Erkundigungen in dieser Richtung eingezogen? Ist Österreich, was den Anspruch des Qualitäts- und Delikatessenladens anlangt, auch bei der Lebensmittelkontrolle noch im Spit­zenfeld? Oder hat – was ich viel eher befürchte – dieser finanzielle und personelle Dauer-Ader­lass, der Nachbesetzungsmangel in den vergangenen Jahren bereits so eklatante Lücken in der Kontrolle verursacht, dass wir beileibe nicht mehr jene Standards aufrechterhalten könnten, die auch der Codex Alimentarius Austriacus nahelegen würde? – Das wäre die erste Frage an Sie.

Die zweite Frage deckt sich mit etwas, was bereits vorhin angesprochen wurde: In welchem Umfang ist die Finanzierung dieser zukünftigen Agentur gesichert? Können Sie konkret aus­schließen, dass diese Agentur auf Finanzmittel aus privater Hand – durch verschiedene Kon­trolluntersuchungen im Auftrag der Industrie – angewiesen sein wird? – Herr Minister Haupt hat diese Frage leider nicht beantwortet. Ich denke, Sie, Herr Staatssekretär, sind da vielleicht noch kompetenter und können eine konkrete Absicht nennen.

Darum wiederhole ich: Inwieweit denkt man wirklich daran, die Finanzierung dieser Agentur auch auf private Ebene, sozusagen auch auf Auftragsebene zu stellen?

Zum Schluss an Herrn Ing. Schöffl: Ganz konkret haben Sie auch die vergangenen „Sünden“ angesprochen, nämlich dass wir die Risikomaterialien nicht in dem Ausmaß entfernen ließen, wie es notwendig gewesen wäre. – Wo sehen Sie da den Handlungsbedarf? Sehen Sie da schon genügend Maßnahmen getroffen, sodass das in Zukunft nicht eintreten wird? Wie stellen Sie sich insgesamt die Entwicklung der österreichischen Lebensmittelkontrolle vor? – Danke.

15.24


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

15.24


Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Ein Mann aus dem Handel, der es wissen muss, hat richtigerweise gesagt – 5 Kilometer von mir entfernt, in einer der größten Brauereien, der Brauerei Zipf –: Wer nur nach Billigpreis kauft, tötet die Qualität.

Man sagt immer: Wer viel Bier trinkt, wird dumm. – Es scheint anders zu sein. Ich bringe hier ein Preisbeispiel: Vor 30 Jahren, als ich zu melken begann, kostete der Liter Milch im Verkauf 13,40 S und die Kiste Bier im Supermarkt 59,90 S. – Heute kostet die Kiste Bier 159 S und der Liter Milch 6,90 S! Nur, damit wir auch wissen, was sich da geändert hat.

Herr Dipl.-Ing. Spitalsky hat den „Feinkostladen Österreich“ angesprochen. Ich sehe da eine Riesenchance, gerade wenn international ein Umdenken erfolgt. Vielleicht ist es der Vorteil, dass wir in dieser Einheit dabei sind, um es jetzt einmal positiv zu sehen. Da könnten wir als Musterbeispiel hingestellt werden, weil wir in der Entwicklung die Letzten sind, noch die kleinsten Strukturen haben, als Musterbeispiel dafür, dass das eigentlich der richtige Weg ist. Ich denke auch an all die Mengenbeschränkungen und Kontingentierungen. Diese sollte man eigentlich beibehalten, statt darüber zu diskutieren, wann man das auflassen könnte.

Zur Rinder-Datenbank: Ich darf ein Beispiel bringen, weil von Ihnen die Frage gekommen ist, ob die Kontrolle auf dem Bauernhof ausreichend ist. Die Kontrolle geht so weit, dass Tiere nach der Geburt bis zum siebenten Lebenstag gemeldet und gekennzeichnet sein müssen, und sie werden in dieser Datei erfasst. Das geht so weit: Wenn Tiere, die am Montag bei uns in Regau in der Versteigerung auf dem Markt vom Besitzer aufgetrieben und dort nicht verkauft wurden, ist an die AMA eine Abgangsmeldung zu machen, und am selben Abend hat wieder eine Zu­gangsmeldung zu erfolgen. Es besteht eine lückenlose Kontrolle bis zum Lieferschein, wenn der Viehhändler das Tier holt. Dann endet für mich als Bauer die Kontrolle auf dem Bauernhof. – Diese Kontrolle ist also hundertprozentig in Ordnung, hundertprozentig nachvoll­ziehbar und jederzeit überprüfbar.

Kollege Maier hat einen wesentlichen Aspekt angesprochen. Mir ist etwas passiert, was ich selbst nie geglaubt hätte. Mein Sohn hat in seiner Studienzeit einmal das Gefühl gehabt, dass er weniger Muskeln als der Vater hat und etwas auftrainieren muss. Das hat nicht so gut funktioniert, daher hat er immer ein bisschen „spioniert“ beziehungsweise darüber nachgedacht, was er machen sollte. Eines Morgens habe ich ihn mit einer Zwei-Kilo-Packung Kraftnahrung erwischt, einem Eiweiß-Extrakt. Auf meine Frage: Thomas, was soll das?, hat er geantwortet: Wenn ich einen Löffel davon esse, habe ich die fünffache Menge von dem, was ich hätte, wenn ich Rindfleisch essen würde.

Ich glaube, das wäre ein wesentlicher Ansatz, wenn wir heute das Thema nicht verfehlen wollen. Wir unterhalten uns die ganze Zeit über Tiere und Tiernahrung, aber wenn ohnehin ein so großer Teil der Bevölkerung kein Fleisch mehr isst, haben wir das Thema verfehlt. Ich hoffe, dass da der gesamte Lebensmittelbereich zur Sprache kommen wird, alles, was dort angeboten wird. Da gibt es auch Auswüchse; so hat sich etwa Frau Abgeordnete Eisenriegler in Oberöster­reich sogar darüber beschwert, dass die Kinder noch Schulmilch trinken. – Es können doch bitte nicht nur Cola und Chips sein! – Aber da sollte man den gesamten Bereich erfassen.

Letzter Satz, Herr Vorsitzender; ich weiß, die Redezeit. – Es ist auch der Förderungsansatz angesprochen worden. Es sollten – wiederum natürlich EU-weit – Flächenbindung und GVE pro Hektar das Ziel sein.

Herr Kollege Plank, ich bitte Sie eines: Haben Sie Kollegen in Holland? Sind diese gerade vor Ort und kontrollieren sie dort, wo der sechsstöckige Schweinestall gebaut wird, dass das nicht mehr passiert und dass das ein Parkhaus wird? – Hören Sie endlich auf, unsere kleinen Ein­heiten zu kritisieren – und fangen Sie dort an, wo Missstände bestehen!

15.27


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste erhält Frau Abgeordnete Pecher das Wort. – Bitte.

15.29


Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich stört weniger, dass die Minister nicht mehr da sind, als dass einige Experten leider schon weggegangen sind. Umso mehr möchte ich mich bei jenen Experten bedanken, die hier durchhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich wollte eigentlich eine Frage an Herrn Pollmer richten, aber Herr Bauer hat sich dan­kenswerterweise auch sehr intensiv und auf dieser Linie mit diesem Thema beschäftigt. Es geht um die Darstellung der Handels-Landschaft in Österreich, die mittlerweile tatsächlich sehr oligopolistisch und damit sehr problematisch ist. Ich verstehe umgekehrt auch den Handel, der diesen starken Konzentrationsprozess mitgemacht hat, weil ja international auch der Kon­zentrationsprozess in der Industrie sehr stark geworden ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Hannes Bauer.)

So ist es. Da muss man eben differenzieren, dass das für österreichische Hersteller nicht gilt, weil sie praktisch nicht hinauskommen und damit natürlich dieses Missverhältnis besteht: Auf der einen Seite kommen europäische Anbieter herein, die österreichischen können nicht hinaus und sind damit großteils auf das Oligopol angewiesen. Für ein paar Branchen hingegen trifft das überhaupt nicht zu. Gerade die Fleischbranche ist eine, die nach wie vor eigentlich sehr klein strukturiert ist; sie steht dann diesem starken Oligopol gegenüber. Ich kann daher durchaus nachfühlen, was Herr Pollmer hier geschildert hat und wie es dort teilweise zugeht.

Trotzdem ist es meiner Meinung nach unrealistisch, zu sagen, der Handel trägt eine Haftung, eine Produkthaftung mit. Auch wenn die Gespräche hart verlaufen, wenn sie etwa so verlaufen: Du musst mir das um 4,90 S machen, koste es, was es wolle!, selbst dann sagt ja der Handel nie: Du sollst hier etwas einfüllen, was du nicht einfüllen darfst. Das heißt, es liegt trotzdem in der Verantwortung des Produzenten, korrekt zu produzieren, auch wenn er unter Preisdruck steht.

Das bedeutet eine Haftungsaufteilung derart, dass der Handel für seinen Bereich zuständig ist, sprich: wenn er irgendein Produkt falsch lagert und dieses dadurch verdorben wird, ist das sein Bereich. Aber der Produzent wird meiner Meinung nach immer dafür haften müssen, dass das korrekt ist, was im Produkt enthalten ist und wie es deklariert ist.

Ich kann es wirklich sehr stark nachfühlen, dass man sich in dieser oligopolistischen Situation überlegt, die Kontrollen oder auch Strafen zu verschärfen. Das halte ich in vielen Bereichen für richtig, aber das kostet natürlich auch Geld. Meiner Meinung nach wäre es problematisch, in dieser Situation das Geld beim Bauern oder beim Verarbeiter einzuheben, weil sie dann mehr oder weniger mit diesen Kosten „übrigblieben“.

Die andere Sicht wäre, das Geld vom Steuerzahler einzuheben, wenn man zum Beispiel sagt: Es ist im Interesse des Verbrauchers, daher wird es über eine Steuer hereingeholt. – Das ent­spräche aber auch nicht gerade dem Zeitgeist.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bitte um den Schlusssatz!


Abgeordnete Mag. Martina Pecher (fortsetzend): Es wäre meiner Meinung nach denkbar und zu überlegen, ob man beim Oligopol, also beim Handel, einen Beitrag für verstärkte Kontrollen einhebt, was durchaus auch sehr stark im Interesse des Handels selbst wäre.

15.32


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster: Herr Penz. – Bitte.

15.32


Präsident Ludwig Penz (Landes-Landwirtschaftskammer Tirol): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wir haben keinen BSE-Fall in Österreich. Oder haben wir doch einen? – Ich stelle diese Frage deshalb, weil ich hautnah mitbekommen habe, wie sich die Situation vor wenigen Wochen dargestellt hat, als ein Fall in Tirol von deutscher Seite nicht ganz klar negativ dargestellt wurde. Was dort passiert ist: Man hat das Gefühl gehabt, ganz Österreich wartet geradezu darauf, dass wir einen BSE-Fall haben. Die haben sich wie „wilde Tiere“ auf diesen Bauern gestürzt, er ist wie ein Verbrecher behandelt worden. Ich meine, das darf nicht sein. Und dieser Bauer hat wirklich keine Schuld, denn in seinem Betrieb wird sehr umweltbewusst und naturnah gewirtschaftet. Er ist wie ein Verbrecher behandelt worden! – Ich möchte darum bitten, das in diese Richtung mitzutragen.

Das spreche ich auch deshalb an, weil von meiner Vorrednerin gesagt wurde: Wir haben keinen BSE-Fall in Österreich, wir sind aber bereit, die Kontrollen zur Sicherheit des Konsumenten mit allem Drum und Dran mitzutragen. – Aber es kann nicht sein, dass diese Kosten vom Produ­zenten getragen werden! Machen wir uns doch nichts vor: Es geht um enorme Kosten, die da anfallen!

Wir müssen einen Weg finden, dass diese Kosten nicht auf den Bauern abgewälzt werden. Im Augenblick ist die Situation auf dem Viehmarkt mehr als katastrophal. Gestern war es bei einer Versteigerung so, dass die Tiere nicht abgesetzt werden konnten! Es waren keine Käufer da; überhaupt niemand aus Italien. Die Bauern mussten die Tiere wieder auf den Hof zurückneh­men.

Wir haben in Tirol Kälberpreise von 600 S pro Kalb; das ist für die Bauern eine katastrophale Situation! Jetzt können Sie sich vorstellen, dass die Tiere, wenn sie nicht verkauft werden können, auf dem Hof stehen. Und was heißt das? – Der Bauer hat mehr Rinder, als er füttern kann und in der Kalkulation eingerechnet hat. Das heißt auf der anderen Seite, dass er mög­licherweise Futter zukaufen muss. Ist es in Österreich nicht erhältlich, muss er es aus dem Ausland zukaufen. Das ist eine ganz, ganz schwierige Situation für die Landwirtschaft.

Ich möchte Sie bitten, hier mitzuhelfen. Es wird die Frage an Sie kommen, was wir tun sollen und wie wir die Kosten verteilen. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, dass wir das nicht auf dem Kopf des Bauern austragen können! Das würde – wie schon heute angesprochen – wirklich zu einem Bauernsterben führen, das würde dazu führen, dass vor allem viele kleine Bauern das Handtuch werfen.

15.35


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster gelangt Herr Mag. Ledermüller zu Wort. – Bitte.

15.35


Direktor Mag. Franz Ledermüller (Österreichischer Bauernbund): Hohes Haus! Die Euro­päische Kommission hat diese Woche die Entwicklung der Absatzzahlen beim Fleischkon­sum bekannt gegeben: Österreich liegt, was die Rückgänge betrifft, im Spitzenfeld – und das trotz der bekannten Tatsache, dass wir keinen BSE-Fall haben.

Die Bauern machen dafür unter anderem verantwortlich, dass die öffentliche und politische Dis­kussion um dieses Thema so geführt worden ist beziehungsweise geführt wird, dass es eben offensichtlich nicht um die Lösung eines Problems geht, sondern um die Skandalisierung und um den politischen Nutzen aus dieser Skandalisierung. Das hat die Konsequenz, dass unsere derzeitigen Erlöse die Produktionskosten nicht decken. Das ist eine Situation, die kein wirt­schaften­der Betrieb sehr lange aushalten wird!

Wir werden, wenn es so weitergeht, mit Jahresende allein in der tierischen Produktion mit Ein­kommensverlusten in der Größenordnung von 1,5 Milliarden Schilling zu rechnen haben. Dar­über hinaus sind ein paar tausend Arbeitsplätze in der fleischverarbeitenden Industrie gefähr­det. Es wäre unser Wunsch, dass wir zu mehr Nüchternheit und Sachlichkeit in der Behandlung der beiden Probleme, die wir heute diskutieren, zurückkommen. – Das ist eher ein Appell gewesen, und nun komme ich zu meinen Fragen.

Leider ist Herr Pollmer jetzt nicht mehr da. Zu seinen Ausführungen, zu seiner Hypothese, dass die Verbreitung vielleicht auch von der Verwendung eines Hormons, das aus der Hypophyse gewonnen wurde, ausgegangen sein kann, hätte ich eine Frage gehabt. Das hätte mich wirklich brennend interessiert.

Die Engländer haben das ja wahrscheinlich nicht selbst erfunden, sondern wenn man die Ver­bindungen zu Amerika kennt, dann wird das wohl eher daher kommen. Die Amerikaner sind nach wie vor diejenigen, die in der Fleischproduktion Hormon als gängiges Mittel einsetzen. Es wäre daher interessant gewesen, ob es irgendwelche Nachweise darüber gibt – vielleicht wissen das auch andere Experten –, wieweit in der amerikanischen Rinderproduktion Verhal­tensstö­run­gen, die, sagen wir einmal, BSE zugeordnet werden, aufgetreten sind. Offiziell gibt es ja kein BSE in Amerika. Aber wenn diese Verbreitungshypothese von Pollmer irgendetwas an sich hat, dann müsste es da einmal gewaltig „krachen“. Dann wäre das natürlich auch ein Punkt, der hinsichtlich des Streits zwischen der Europäischen Union und den USA innerhalb der WTO von erheblicher Bedeutung ist.

Was die Teilung der Haftungsrücklage betrifft, wäre meine Frage gewesen, wie jemand, der sozusagen in der Wirtschaft steht, sich vorstellt, dass es gelingt, beim Handel durchzusetzen, dass dieser das nicht in den Preis weiterverrechnet. Selbstverständlich kann man den Handel gesetzlich verpflichten, Haftungsrücklagen zu bilden, aber: Wie verhindert man, dass er es weiterverrechnet?

Meine letzte Frage ist eine, die die Bauern und die Landwirtschaft derzeit sicherlich am bren­nendsten berührt, und sie richte ich an den anwesenden Vertreter der Bundesregierung hier, an Herrn Staatssekretär Waneck: Wir haben eine Finanzierungsregelung bis Ende Februar. Jetzt stehen wir am Anfang des Monats, und es steht eine Urlaubswoche bevor. Die Sorge wächst, dass wir am Ende des Monats nicht wissen, wie die Finanzierung der Tests und die Entsor­gung des Tiermehls längerfristig vor sich gehen werden.

Ich kann nur das unterstützen, was Herr Präsident Penz gesagt hat: Ein Produktionszweig, der produziert und dabei die Betriebskosten nicht deckt, ist völlig außerstande, noch in irgendeiner Form Belastungen auf sich zu nehmen.

15.39


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke. – Ich schließe damit die Fragerunde ab, und wir kommen jetzt zur Antwortrunde.

Ich bitte als Ersten Herrn Staatssekretär Dr. Waneck um die Beantwortung der regierungsrele­vanten beziehungsweise direkt an ihn gerichteten Fragen.

15.39


Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Rein­hart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Teilnehmer dieser Enquete! Selbstverständlich bleibe ich hier im Parlament, bis die Enquete zu Ende ist. Ich habe nur in Richtung des Präsidenten gewagt festzustellen, dass ich zu Hause Kinder habe, die sich einbilden, dass ich heute noch mit ihnen wegfahre. Aber es ist keine Frage, dass ich als Vertreter der Regierung natürlich bis zum Ende hier bleibe und kei­nes­wegs in irgendeiner Form eine „Flucht“ antrete. – Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

Zu den einzelnen Fragen darf ich ein zusammenfassend Stellung nehmen, und ich beginne gleich mit den Fragen nach dem Separatorenfleisch. In dieser Hinsicht ist die Lebensmittel­industrie in Österreich freiwillig auf die Nicht-Weiterverwendung eingegangen; dies wurde dann in einer Sitzung in den Codex aufgenommen. Das bedeutet, dass Separatorenfleisch ab jetzt gekennzeichnet werden muss, wenn es verwendet wird.

Uns liegen keine Meldungen darüber vor, dass innerhalb der EU ähnliche Aktionen auf freiwilli­ger Basis stattgefunden hätten. Allerdings ist letzte Woche im Agrarministerrat die Kommission beauftragt worden, einen Textvorschlag zu erarbeiten, der in Richtung einer allgemeinen EU-Richtlinie zielen soll.

Zur Frage bezüglich Rindersamen ist festzustellen, dass dieser damals legal importiert und laut wissenschaftlichen Untersuchungen vom Lenkungsausschuss her kein Risiko festgestellt wurde.

Was die Fragen Personaleinsparungen und Lebensmittelkontrolle in den Betrieben anlangt, ist festzustellen, dass diese Kontrolle durchaus gesichert ist, zumal zum gegenwärtigen Zeit­punkt auch die Mitarbeit durch Personal aus den Ländern und Gemeinden erfolgt. Aber gerade da überlegen wir uns Struktur- und Anpassungsmöglichkeiten, sodass die notwendigen Maß­nahmen der Hoheitsverwaltung auch in Hinkunft ohne entsprechende Spar-Erlässe durchge­führt werden können.

In Bezug auf die Finanzierungsregelung bis Ende Februar ist noch keine konkrete Entschei­dung gefallen. Ich kann aber für die beiden derzeit hier nicht anwesenden Minister sagen, dass sie sehr wohl massiv an einer Lösung arbeiten, die dann, soweit mir bekannt ist, gleich nach der „Energiewoche“ in Wien auch den Ministerrat beschäftigen wird. Ich glaube, dass da nach dem Ablaufen der jetzigen Regelung und vor einer weiteren Regelung kein Vakuum entstehen wird.

Zur Frage, ob Laien medikamentöse Behandlungen vornehmen sollen oder ob das aus­schließlich dem Tierarzt vorbehalten sein soll, können Sie mich als Arzt ansprechen: Ich stehe, ebenso wie in der Humanmedizin, vorbehaltlos dazu, dass eine therapeutische Verabreichung von Medikamenten ausschließlich durch den dazu Ausgebildeten zu erfolgen hat. Und das ist im Bereich Tierhaltung eben der Veterinärmediziner.

Zur Frage hinsichtlich des Briefes der vorhergehenden Ministerin für soziale Sicherheit und Generationen, Frau Bundesminister Sickl, bezüglich eines Ansuchens beziehungsweise einer Mitteilung, dass Österreich betreffend Verwendung von Risikomaterialien eine Ausnahme wünscht, darf ich erstens feststellen, dass natürlich jedem zugestanden werden muss, dass sich Situationen ändern und dass man auf entsprechende Situationen dann reagiert. Dazu ist auch die Politik aufgerufen.

Zum damaligen Zeitpunkt war das ein gemeinsamer Vorstoß gemäß der eindeutig durch die EU festgelegten geographischen Risiko-Assessment-Bestimmung, dass Schweden, Finnland und Österreich als BSE-frei deklariert waren. Daher kam es zu diesem Antrag, der übrigens auch von diesen beiden erstgenannten Ländern mitgetragen wurde.

Hiezu ist festzustellen, dass unter der damaligen Kenntnis der Lage die Kriterien der Tierkörper­verwertung, die gemäß dem wissenschaftlichen Veterinärausschuss das pathogene Agens in­aktivieren können – nämlich in Österreich bei 133 Grad Celsius und drei Bar mindestens 20 Se­­kun­den lang –, eingehalten wurden und dass das die Grundlage dafür war. – Ich darf darauf hinweisen, dass es auch von der vorhergehenden Bundesregierung – seitens der damali­gen Minister Prammer und Molterer – einen solchen Brief gab, als ebenfalls schon die BSE-Fra­ge und die Behandlung der Risikomaterialien sozusagen auf dem Tapet standen. (Abg. Grad­wohl: Wie ist die jetzige Position?)

Die jetzige Position ist eindeutig: Ein solches Schreiben wird es sicherlich nicht mehr geben. Deswegen habe ich gesagt, man muss auch der Politik zugestehen, dass sie gescheiter wird und auf bestimmte Situationen entsprechend reagiert. Daher kann ich Sie beruhigen: Die jetzige Situation wird derart gehandhabt, dass diesbezüglich kein Vorstoß mehr zu unternehmen ist.

In diesem Zusammenhang darf ich aber auch darauf hinweisen, dass die Schweden noch immer das Fischmehl verwenden wollen und hiefür um Ausnahmegenehmigungen ansuchen. Das ist ein Problem, das uns zwar aus geographischen Gründen nicht direkt betrifft, aber ich erwähne das deshalb, damit Sie sehen, dass demgegenüber wir in unserer Denkweise weniger liberal und lieber vorsichtiger sind als Länder, die etwa die gleiche Situation wie wir vorfinden.

Zur Frage hinsichtlich Finanzierung der Lebensmittelagentur darf festgestellt werden, dass diese grundsätzlich aus den Budgetmitteln zu bedecken ist. Dies ist in der Konstruktion auch vorgesehen, weil ja die personellen Einrichtungen vorhanden sind und diese Agentur lediglich in einer konzentrierten, überschaubaren Form – daher auch für Außenstehende nicht nur als direk­ter Ansprechpartner, sondern auch als überschaubare Einrichtung – eingerichtet wird. Das heißt, die Bedeckung erfolgt aus den jeweiligen Budgets der sich beteiligenden Ministerien. – Danke vielmals.

15.46


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke schön, Herr Staatssekretär.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Präsidenten Wlodkowski das Wort. – Bitte.

15.48


Referent Ökonomierat Gerhard Wlodkowski (Präsident der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark): Ich möchte hier in diesem Kreis deutlich sagen, dass ich nicht Doktor bin. Das ist nämlich im Fernsehen in der Steiermark zweimal so vorgekommen. Damit nicht auch noch hier im Parlament der Eindruck entsteht, dass ich Doktor bin, nochmals: Ich bin kein Doktor. – Aber es zu sein, wäre vielleicht gar nicht so schlecht, weil eben die erste Frage, die ich beantworten soll, den Arzneimittelbereich betrifft. Dazu ist aber schon von Herrn Staats­sekretär Waneck eine Antwort gekommen, und ich möchte dazu nur soviel sagen: Die Verhand­lungen laufen, und wir stehen dazu, dass Medikamente, Antibiotika et cetera nur von Tierärzten verabreicht werden sollen.

Ich möchte hier in diesem Kreis aber auch festhalten, dass man sich sozusagen das Umfeld an­schauen muss: Was dürfen Bauern in anderen Ländern, wenn sie beim Gesundheitsdienst sind, wenn sie unter Aufsicht des Tierarztes die Herde betreuen, und so weiter? Es geht mir darum, dass wir uns auch in diesem Forum über Folgendes im Klaren sein müssen: Wenn wir in Zu­kunft völlig andere Lösungen treffen, als das in anderen Ländern und Nachbarländern der Fall ist, werden immer wieder Probleme auftreten.

Ich möchte den diesbezüglichen Verhandlungen nicht vorgreifen, aber: Man wird das klar aus­diskutieren müssen. Es geht um eine klare Regelung dessen, was erlaubt ist beziehungsweise nicht. Dass wir uns an das Gesetz zu halten haben, ist ohnehin klar. Aber es darf nicht passie­ren, dass Arzneimittel bei uns wesentlich teuerer als in den anderen Ländern sind und dass die Pharmafirmen hier einfach ein Spielfeld haben, weil wir den Außenschutz haben, weil wir dieses oder jenes nicht tun dürfen und weil wir die Apothekerspanne noch dazwischen haben, sodass damit „gewährleistet“ ist, dass wir da um 30 Prozent höher liegen. Ich möchte jedem sagen, der den Grenzverkehr und andere Dinge kennt: Da ist schon wieder Tür und Tor geöffnet.

Die Frage des Herrn Abgeordneten Gradwohl, ob wir die Förderung umstellen sollen oder nicht, hat bereits Herr Bundesminister Molterer beantwortet. Aber wir werden ja noch öfters Gelegen­heit haben, auf diese Diskussion einzugehen. Ich möchte hier nur noch deutlich feststellen. Wenn wir die Förderung nach dem derzeitigen Modell in der EU auf die Arbeitskraft festlegen, dann bekommen die kleineren Bauern sicher weniger als jetzt.

15.50


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke schön. – Nächster Redner: Herr Dipl.-Ing. Spitalsky. – Bitte.

15.50


Referent Dipl.-Ing. Hannes Spitalsky (Verein für Konsumenteninformation): Meines Wissens bin ich nur wegen des Joghurt-Beispiels angesprochen worden. Ich habe es als negatives Bei­spiel gebracht: wie es dazu führt, dass auch das zu einem Problem für die Lebensmittelsicher­heit und vor allem für die Gesundheit der Leute werden kann, indem sie Verlockungen nach­geben, die nicht gerechtfertigt sind.

Ich meine, dass eine ausgewogene Ernährung das Richtige ist. Wenn man den Forschungen trauen kann, so ist ja das menschliche Gebiss für Pflanzenesser gedacht; es gibt aber auch andere wissenschaftliche Untersuchungen, denen zufolge es für Fleischesser gedacht ist. Ich nehme daher an, dass es für beides passt, sodass eine ausgewogene Ernährung, die Fisch, Fleisch und Pflanzen beinhaltet, das Richtige ist.

Aber das Beispiel mit dem Joghurt war als negatives Beispiel für Wettbewerbs-Auswüchse ge­dacht.

15.52


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Dr. Mraz – und für den Fall, dass er nicht mehr da ist, wurde ein anderer Vertreter der Bundeswirtschaftskammer angesprochen. – Es ist keiner mehr anwesend; verkürzen wir also die Rednerliste. (Abg. Achatz: Zur Geschäftsordnung!) – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Da kein Vertreter der Wirtschaftskammer mehr da ist, um die Fragen zu beantworten, ersuche ich um schriftliche Beantwortung meiner Frage an die Wirtschaftskammer.


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Dem werden wir gerne nachkommen, Frau Abgeordnete.

Als Nächstem erteile ich Herrn Dipl.-Ing. Schöffl das Wort. – Bitte.

15.53


Referent Dipl.-Ing. Heinz Schöffl (Bundesarbeiterkammer): Ich möchte jene Fragen beantwor­ten, die direkt an mich gestellt wurden, und als Zweites möchte ich versuchen, zur Frage im Zusammenhang mit der Entstehung von BSE, die an Dr. Pollmer gerichtet wurde – dieser ist ja nicht mehr hier –, einige Klarstellungen zu treffen.

Beginnen möchte ich mit der Frage nach dem Risikomaterial. – Ich habe das als Beispiel dafür gebracht, dass da der Gesundheitsschutz einfach ein sekundäres Ziel war, und das hat man ja daran gesehen, dass die Herausnahme von Risikomaterial, das für den Menschen problema­tisch ist, sehr spät erfolgt ist, nämlich in Wirklichkeit erst im Oktober letzten Jahres – nach drei­jähriger Verzögerung.

Dass das jetzt – so hoffe ich! – konsequent gemacht wird, mit all den Problemen, die man beim Schlachtvorgang vielleicht noch hat, und mit all den Problemen, die man damit hat, dass man jetzt auch noch beschließen musste, weiteres Risikomaterial zu definieren, nämlich Separato­renfleisch – das ist durchaus zu unterstützen – und auch die gesamte Wirbelsäule, die da als Ganze herauszunehmen wäre, soll die Sicherheit des Konsumenten bezüglich dieser Produkte erhöhen.

Zur Lebensmittelkontrolle in Österreich: Soweit mir bekannt ist, haben sich im Prinzip die Pro­bennahme-Dichte und die Probennahme-Häufigkeit größenordnungsmäßig in den letzten Jah­ren nicht so sehr verändert. Wir liegen im internationalen Vergleich, glaube ich, bei fünf Pro­ben pro 1 000 Einwohner. Das war das Ergebnis einer Erhebung der EU-Kommission dar­über, wie die Lebensmittelkontrollen in den Mitgliedstaaten funktionieren. In Belgien kommt eine Kont­rol­­le auf 1 000 Einwohner, in den Niederlanden 26. Das heißt, Österreich liegt da mit Deutsch­land irgendwo im Mittelfeld – und das über einen längeren Zeitraum hinweg. Wir haben amtliche Proben in der Größenordnung von 40 000 bis 50 000 Stück.

Was man an der Kontrolle insgesamt verbessern kann: Wir haben gefordert, dass jetzt bei den Produkten stichprobenartig ein Schwerpunkt gesetzt wird. Es gibt neue Regelungen, auch die Regelung im Hinblick auf das Verfütterungsverbot von Tiermehl. Da muss streng kontrolliert werden, und man muss schauen, ob sich alle an die bestehenden Verbote halten. Dasselbe gilt natürlich auch für das Risikomaterial.

Wir haben in der Vergangenheit immer vorausgesetzt, dass Gesetze, sobald sie einmal da sind, automatisch eingehalten werden. Dessen sicher sein kann man sich aber nur dann, wenn wirklich eine konsequente Kontrolle erfolgt, und da sind die Möglichkeiten – die Analytik, das zu tun – noch nicht so weit, dass man das wirklich konsequent machen könnte. Man hätte früher begin­nen müssen, auch apparativ-analytisch Vorsorge zu treffen, da diese Regelung seit Okto­ber besteht – und auch zu kontrollieren ist, ob die Produkte diese Materialien tatsächlich nicht mehr enthalten.

Zur Frage BSE: Ich glaube, da hat es eine Unklarheit gegeben. Es ging um eine Hypothese über die Entstehung von BSE – und nicht um die Verbreitung. Unstrittig ist, dass es jedenfalls im Zusammenhang mit Tiermehl steht. Ob die Entstehung von BSE – sozusagen der erste Fall, die ersten paar tausend Fälle in Großbritannien – aus einem spontanen Fall eines BSE-Rindes, dessen Hypophyse man für Wachstumshormone herangezogen hat, zu erklären ist oder ob das eine andere Ursache hat, ist für die Verbreitung letztlich egal. Wenn man Maßnahmen er­greift, um die Verbreitung zu verhindern, dann muss man jetzt beim Tiermehl ansetzen.

Warum das nicht in anderen Ländern gleichzeitig passiert ist? – Wenn diese Theorie stimmt, hätte das natürlich ein spontaner Fall von BSE gewesen sein können; dieser musste nicht gleichzeitig an vielen Stellen in der Welt auftreten.

15.56


Vorsitzender Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Professor Schuller, bitte.

15.56


Referent Hofrat Univ.-Prof. Dr. Walter Schuller (Leiter der Bundesanstalt für Tier­seuchen­bekämpfung in Mödling): Herr Vorsitzender! Ich möchte ganz kurz auf die einzelnen Fragen antworten. Prinzipiell ist bezüglich der Artenbarriere davon auszugehen, dass es der Faktor 10 hoch 3 ist: Eine Rinder-Dosis bringt also eine Kuh um, und die tausendfache Rinder-Dosis bringt einen Menschen um – um es einmal ganz banal auszudrücken. Der derzeit nied­rigste Wert ist 0,1 Gramm: „zero point one gramme kills a cow“, tötet eine Kuh, das ist sozusagen der engli­sche Stehsatz. Das sind aber noch nicht die letzten Zahlen. Das geht noch weiter herunter, da laufen derzeit die Versuche.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir seit zehn Jahren mit dieser Krankheit arbeiten. Ein Ver­suchsdurchgang dauert beim Rind fünf Jahre. Bei der Maus als Labortier sind es eineinhalb bis zwei Jahre pro Versuchsdurchgang. Wir wissen daher darüber noch nicht so viel – und können es aus zeitlichen Gründen einfach noch nicht wissen. Es laufen derzeit in der Kommission rund 100 Forschungsvorhaben, und wir werden in drei bis vier Jahren sicherlich viel mehr wissen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden auch kommerziell einsetzbare Tests für Lebendtiere vorhanden sein. Ich sehe dieser Sache daher eher gelassen entgegen.

Eine Frage von Ihnen galt, glaube ich, der Ursache der Erkrankung und der Prionentheorie. Es geht dabei um die veränderten Prionen, um die schlechtmachenden; Prionen haben wir ja alle, gar keine Frage, aber das heißt nicht, dass wir alle einen „Huscher“ haben. Auf jeden Fall verursachen Prionen, und zwar die „gekippten“ Prionen, um es einmal sehr vorsichtig und allge­mein auszudrücken, diese Krankheit. Dazu sagen mir mehrere Mitglieder des Ad-hoc-Komitees des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses für BSE: Ich weiß nicht, da ist noch etwas dahin­ter! – Ich sage es Ihnen so, wie ich es gehört habe, ich werte es nicht. Ich weiß es nicht, aber alle legen die Ohren an. Es ist ja auch der Test, der derzeit läuft, relativ stabil, wie Sie wissen.

Ich sehe da jedenfalls der Zukunft relativ gelassen entgegen. Ich bleibe bei meiner Einschät­zung, die ich auch öffentlich abgegeben habe, dass wir in zirka eineinhalb bis zwei Jahren – wenn überhaupt – bei uns den ersten Fall haben werden. Ich sage das persönlich und mit aller Vorsicht: Das kann morgen sein, es kann nächste Woche sein, es kann auch irgendwann in den nächsten Monaten einen solchen Fall geben. Aber ich glaube, Österreich hat einfach die Gnade des späten EU-Beitrittes gehabt. Bis sich die Märkte drehen, dauert es ungefähr ein Jahr oder eineinhalb Jahre. Sie können mich einen „Ignoranten“ schimpfen – und werden viel­leicht Recht haben –, aber ich glaube einfach, dass es bei uns, wenn überhaupt, frühestens nächstes Jahr im Herbst „krachen“ wird. Dass es „krachen“ wird, davon gehe ich aus. Ich hoffe nur, dass wir alle miteinander die Nerven haben werden, das durchzustehen.

Was wir bei BSE tun können, dazu bin ich nach meiner Einschätzung gefragt worden. – Am besten ist es, gar nichts zu tun und zu warten, bis es besser wird. Es wird dieses Thema wieder aus den Medien verschwinden, und es wird das alles ruhiger werden. Da wird keine Werbe­kampagne etwas bringen. Und stellen Sie sich vor: Wir starten eine Werbekampagne – und vier Wochen später haben wir den ersten BSE-Fall; der Teufel schläft nicht! Daher ist es besser, Ruhe zu geben. So ist die Welt. (Heiterkeit.)

Man sollte nicht vergessen, dass derzeit der Konsum von Rindfleisch in der Schweiz höher als vor der BSE-Krise ist, obwohl man dort laufend BSE-Fälle hat. Das Volk gewöhnt sich daran, so makaber das auch ist. Ganz offen gesagt, ist die Sache auch gelaufen. Die gefährliche Zeit war zwischen 1988 und 1992 – nicht mehr jetzt. Es werden derzeit auch aus politischen Gründen sehr wichtige Entscheidungen getroffen, und so weiter.

Zur Frage betreffend Hormone: Jene Hormone, die hier angesprochen wurden und die in Amerika eingesetzt werden, sind die Wachstumshormone bei der Ochsenmast. Sie wissen ja, dass es in Amerika zum Unterschied von Österreich eine Ochsenmast gibt: der bullock oder steer ist der amerikanische Ochse. Wir hingegen haben Stiere, und diese sind gut ausgestattet und brauchen daher nicht unbedingt diese Hormone, wogegen es in der Ochsenmast das Zeranol, eben diese synthetischen Hormone sind, nicht aber solche, die aus irgendeinem Körper gespritzt werden. – Das möchte ich dazusagen.

Zum Test: Der Test zeigt nur „positiv“ an. Wenn der Test nicht „positiv“ anzeigt, heißt das aber noch lange nicht, dass das Vieh nicht infiziert ist; so weit ist das klar. Wenn ein Tier zum Bei­spiel mit sieben Jahren erkranken würde, aber schon mit drei Jahren geschlachtet wird, dann wird der Test nicht „positiv“ anzeigen, darüber sollte man sich völlig im Klaren sein. Daher sind Aktionen, die auf 24 Monate hinuntergehen, nicht sehr zielführend. (Abg. Schwarzenberger übernimmt den Vorsitz.)

Erstens zeigt der Test – nach Berechnungen des Joint Research Centers in Geel, Belgien – bis zu drei Monate früher an, bevor die Tiere klinisch krank werden; damit sind wir dann auf 27 Monaten. Zum Zweiten ist die Trefferquote einfach zu gering. Das kostet ja alles, und da muss man auch die Proportionen sehen!

Bezüglich des Geflügels hat es Versuche gegeben, und zwar mit Hühnern; mit Straußen wurden bis jetzt noch keine Versuche unternommen. Bei Hühnern haben sich keine Infektionen ergeben; auch nicht bei Schweinen. Es sind die Fütterungsversuche nicht angegangen, das heißt, die Tiere haben keine Läsionen und auch kein klinisches Auffälligkeitsverhalten gezeigt. Es ist auch nicht so – wie immer behauptet wird –, dass die Hühner für diesen Versuch zu jung getötet wurden; sie sind schon fast im „Rollstuhl“ gesessen, bis sie dort endlich zur Schlachtung gekommen oder den natürlichen Weg alles Irdischen gegangen sind.

Interessant aber ist – nur damit Sie es wissen –: Es haben alle Wiederkäuer, alle Wild-Wieder­käuer angesprochen, es haben alle Katzentiere angesprochen, alle katzenartigen Raubtiere, aber keine Hunde. Kein Mensch weiß, warum. Es ist auch so, dass beim Menschen eine gewisse genetische Disposition dafür vorhanden ist, das heißt, es gibt irgendetwas wie ein Codon 129-Methionin, glaube ich. Alle Fälle beim Menschen – es sind jetzt 88 in Großbritan­nien – hatten eine gewisse genetische Konstellation, also eine gewisse Information, diese war bei allen gleich. Dasselbe System haben wir ja beim Schaf, da sind auch gewisse Schafrassen und Schaflinien empfänglich für Scrapie. So ist es eben. – Aber mehr kann ich Ihnen da jetzt nicht anbieten.

16.04


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Danke. – Als Nächster gelangt Herr Mag. Allerstorfer zu Wort. – Bitte.

16.04


Referent Mag. Herbert Allerstorfer (Leiter Marketing „ERNTE für das Leben“, Linz): Kurz zu diesem Vorwurf, ich hätte durch meine Ausführungen alle Gütezeichen, insbesondere das AMA-Gütezeichen, verunglimpft: Ich kann mich erstens überhaupt nicht daran erinnern, dass ich über das AMA-Gütezeichen gesprochen hätte. (Zwischenruf.) Da brauchen wir nicht lange zu disku­tieren. Ich habe wiederholt in der Presse, wenn ich gefragt wurde – und zwar nur dann –, Stel­lung zu irgendwelchen Zeichen bezogen und dabei das AMA-Gütezeichen als grundsätzlich vor­bild­liches Zeichen in Sachen Produktkontrolle, Produktqualitätskontrolle hingestellt. Ich stehe also nicht an, positive Dinge herauszustellen. – Sonst habe ich über Gütezeichen gar nichts gesagt. Aber wer sich angesprochen fühlt, soll sich angesprochen fühlen.

Ich lasse es mir nicht nehmen, auf das Positive, das im Kontrollsystem des Bio-Bereichs vor­handen ist, hinzuweisen: dass Prozesskontrollen und ähnliche Dinge stattfinden, die woanders ziemlich sicher nicht stattfinden. Dazu möchte ich auch Folgendes sagen: Obwohl ich der Über­zeugung bin, dass das Bio-Kontrollsystem eines der sichersten ist, mit der höchsten Sicher­heitsstufe über den gesamten Prozess, halte ich es für falsch, Konsumenten dauernd in dem Glauben zu lassen, dass alles sicher ist. Darum habe ich es ganz bewusst so angelegt, dass ich heute gesagt habe: Auch Bio ist nicht sicher, aber es ist ziemlich sicher; es hat das geringste Sicherheitsrisiko.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass das staatliche Kontrollsystem – das ist im Wesentlichen abgeleitet von der EU – massive Lücken aufweist. Es ist zwar in der Theorie sehr gut gemeint, aber in der Praxis nicht korrekt umsetzbar – und es wird auch nicht umgesetzt. Das beginnt bei der Praxis der Zulassung der Kontrollstellen, dem ganzen Abhängigkeitssystem, das dadurch entsteht, und beim ganzen Kontrollprogramm. Ich bringe Ihnen dazu ein Beispiel: Ein Kontrollor hat gewisse Dinge gar nicht zu kontrollieren, oder das Kontrollsystem sieht nicht vor, dass die Gastronomie überhaupt kontrolliert wird.

Jeder Gastronom, jede Großküche kann groß „Bio-Schnitzel“ draufschreiben; das ist nicht zu kontrollieren, es ist im Gesetz einfach nicht vorgesehen. Der Konsument erwartet aber, glaube ich, etwas anderes. Daraus ergibt sich – die Behörde kann letztlich nichts dafür –, dass die Landes-Lebensmittelbehörde inaktiv ist, weil sie sagt: Der ist ja nicht zu kontrollieren, wir kontrollieren ihn daher nicht und lassen das gelten! Es gibt also überall das Bio-Schnitzel, aber ist eben oft kein Bio-Schnitzel.

Zu „Ja! Natürlich“ kann ich nur sagen – ich habe auch da kein Problem, darüber zu reden –: „Ja! Na­türlich“ ist ein Partner des ERNTE-Verbandes. Überall dort, wo ich die Hände mit drinnen ha­be – das heißt, bei Milchprodukten, bei Fleischprodukten; zwar nicht bei sizilianischen Orangen, um ein Beispiel dafür zu nennen, wo wir nicht involviert sind –, dort, wo wir dieses Pro­gramm begleiten, lege ich meine Hand dafür auch ins Feuer. Dort weiß ich, welcher Bauer welches Futtermittel gefüttert hat, welches Tier wie lange auf dem Hof war, in welchen Schlachthof es gekommen ist, in welche Teile, wie es zerlegt worden ist. Da weiß ich Dinge – ich sage es jetzt ein bisschen provo­kant –, da würden andere ganz schön „schlackern“, was es da für Dinge gibt. Aber ich traue mich noch immer nicht zu sagen, dass es zu 100 Prozent sicher ist.

Was ich ankreide, ist diese „Wegschau-Mentalität“, nämlich einfach zu sagen: Es ist sicher – egal, welches Gütezeichen das macht. Ich sage in Bezug auf den Bio-Bereich ganz bewusst – wer immer mich fragt –: „Bio“ ist sehr sicher, aber auch nicht zu 100 Prozent sicher. – Auch ich habe einen BSE-Krisenplan in der Schublade, obwohl es derzeit die höchste Sicherheit bietet, Bio-Rind, Bio-Fleisch zu kaufen.

16.08


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Danke. – Die nächste Expertenantwort kommt von Herrn Dr. Plank. – Bitte.

16.08


Dr. Franz Josef Plank (Verein gegen Tierfabriken): Zur Frage bezüglich Antibiotika in großen Betrieben möchte ich sagen, dass es eine Untersuchung gibt, die in der „Deutschen tierärzt­lichen Wochenschrift“ schon vor einigen Jahren veröffentlicht wurde, wonach entsprechend der Größe der Betriebe – von 150 bis zu über 1 000 verkauften Tieren pro Jahr – proportional auch die Krankheiten beziehungsweise der Anteil des Medizinalfutters steigen. Auch die Krankheiten nehmen zu, EVD – also epidemische Virusdiarrhöe – und TGE – transmissible Gastroenteritis – steigen proportional zur Größe des Betriebes. Das wurde bereits wissenschaftlich untersucht.

Es ist also eigentlich das, was wir ohnehin wissen und was sich nicht geändert hat: dass näm­lich der massive Einsatz von Antibiotika letztlich geradezu notwendig ist, um diese Art von Intensivtierhaltung durchzuführen. „Massentierhaltung“ sagt man dann, wenn man darstellen will, dass das letztlich ein tierquälerisches, unökologisches System ist! Und das geht nicht ohne Medikamente.

Wenn Herr Schwarzböck, der Präsident des Bauernbundes, im Radiointerview öffentlich zugibt, dass es ohne Antibiotikaeinsatz nicht geht, wenn das der oberste Bauernvertreter zugibt: Was brau­chen wir noch mehr als diese Bestätigung, dass dieses System – das unter diesem Preis­druck gar nicht anders kann, als teilweise illegal zu sein – vor allem mit den großen Betrieben zu­nimmt! Das haben alle gewusst, hinter vorgehaltener Hand hat es jeder gesagt. Aber keiner hat sich getraut – beziehungsweise es waren die Gesetze dazu völlig unzureichend –, dagegen ent­spre­chend einzuschreiten. Wenn man jetzt, nach vielen Jahren, da erstmals anfängt, aufzu­wachen, so ist das bitte ein bisschen spät!

Bei BSE sehe ich es ähnlich: Auch da hat man spätestens seit dem EU-Beitritt gewusst, dass zigtausende Tonnen importiert werden, nicht nur Lebend-Rinder, die hier geschlachtet werden, sondern teilweise auch gefallene Transit-Rinder, dass es Fleischimporte auch aus den Ländern, in denen jetzt BSE auftritt, und sogar Tiermehlimporte gibt. Hier so zu tun, als wäre Österreich noch immer eine „Insel der Seligen“, ist unangebracht – auch wenn bei uns BSE offiziell nicht gefunden wurde!

Die Konsumenten scheinen da ohnehin sensibler als Politiker und Experten zu sein, und der Markt reagiert. Es ist nicht auszuschließen, und man kann nicht sagen, bei uns gibt es BSE nicht, nur weil wir es noch nicht gefunden haben. Bei uns wurde bis zum 1. Jänner 2001 praktisch kaum kontrolliert. Jetzt fängt man damit an, weil es vorgeschrieben ist. Es ist trotzdem nicht sicher – das haben wir heute schon oft gehört –, wenn der Test negativ verläuft, dass es trotzdem wirklich nicht vorhanden ist. Das Problem kann schon längst gegessen sein! Da unterstütze ich den Kollegen Schuller, wenn er sagt, dass Werbekampagnen eher kontrapro­duktiv sind. – Es wird jedenfalls noch immer so getan, als würde uns das alles nichts angehen.

Da jetzt über die Kosten gesprochen wird: Ich verwahre mich dagegen, dass das allgemein die Steu­erzahler zahlen sollen! Unter ihnen ist immerhin ein gewisser Prozentsatz solcher, die wirk­lich nichts damit zu tun haben, nämlich die konsequenten Biofleisch-Esser beziehungs­wei­se die Vege­tarier. Diese müssten auch mitzahlen, wenn das Geld aus dem allgemeinen Budget kä­me – und das wäre unfair! Das soll gefälligst auf den Fleischpreis aufgeschlagen werden, der ist ja – hier gibt es zumindest einen Konsens – sowieso viel zu niedrig. (Bundesrat Steinbich­ler: Ich möchte jetzt auch schön langsam ein Referat halten!)

Schauen Sie, ich bin hier offensichtlich der einzige kritische Experte; also werden Sie mich das vielleicht noch sagen lassen, Herr Bundesrat Steinbichler von der ÖVP! Sie haben auch gesagt, ich sei da mit einer Zange abgebildet und würde einbrechen. Erstens einmal ist dieses Foto, von dem ich nichts gewusst habe, mindestens fünf Jahre alt. Das hat „NEWS“ irgendwo ausge­graben. (Bundesrat Steinbichler: Haben Sie es gemacht oder nicht?) Zweitens ist es natürlich gestellt; ich bin noch nie irgendwo eingedrungen. Drittens deutet das nur auf die Tatsache hin, dass es leider in unserem Staat so ist, dass diese illegalen Praktiken, die mittlerweile offen­sichtlich mehr als 500 Schweinebetriebe betreffen (Vorsitzender Abg. Schwarzenberger gibt das Glockenzeichen), immer von unabhängigen Tierschützern – nicht einmal Konsumenten­schützern – aufgedeckt werden müssen, damit das an die Öffentlichkeit kommt. Dann erst werden Behörden und Politik aktiv. Das wird damit symbolisiert: Tierschützer müssen das aufdecken. Das ist eigentlich das Traurige, dass es so weit gekommen ist. (Bundesrat Stein­bichler: Haben Sie in Holland auch Freunde? Gibt es dort auch Tierschützer ...?)


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger (das Glockenzeichen gebend): Wir machen kein Zwiegespräch mehr! Ich hoffe, Dr. Plank wird bald fertig, weil sonst nämlich eine neue Diskussionsrunde beginnt.


Dr. Franz Josef Plank (fortsetzend): Wenn ich noch die Frage bezüglich Holland beantworten darf: Wie wir auch in „Help-TV“ gehört haben, ist Holland ein Land, in dem zum Beispiel die sehr tierquälerischen Kastenstände schon im Übergang sind, obwohl Holland eines der größten schwei­neexportierenden Länder der Welt ist. Natürlich gibt es Extrembeispiele, aber das heißt nicht, dass jetzt österreichische Betriebe für das Einzeltier besser sind. Einem einzelnen Schwein ist es egal, ob es in so einem Betrieb steht – es ist übrigens, glaube ich, nicht sechs-, son­dern nur vierstöckig, aber schlimm genug – oder in Österreich genauso eng in einem Kas­tenstand, und dazu nur zehn andere Sauen. Für das einzelne Schwein ist es schlimm genug.

Offensichtlich geht es auch hier in Österreich, in diesem angeblichen Vorbild-Land, nicht ohne Antibiotika – auch bei Geflügel! – und andere Medikamente. Das sind Tatsachen, und das wollte ich hiermit gesagt haben. – Danke.

16.15


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Die nächste Antwort gibt Herr Dr. Kapeller. – Bitte.

16.15


Referent Johannes Kapeller (Obmann des Fachverbandes der Futtermittelindustrie, Ge­schäftsführer der „Linzer Kraftfutter Ges.m.b.H. & Co.KG“): Ich darf damit beginnen, dass man auch mir einen Doktortitel verliehen hat, den ich nicht habe. – Das zur Einleitung.

Ich möchte kurz auf die Ausführungen meines Vorredners eingehen: So schlecht, wie es hier dar­­gestellt wird, ist es in der österreichischen Landwirtschaft bei weitem nicht! Das möchte ich schon sagen. Laut Veterinärjahresbericht 1998 gab es nach 847 Untersuchungen an Schwei­nen null Positivproben für Stoffe mit anaboler Wirkung, und von 1 643 Proben, wiederum bei Schwei­nen, waren drei Proben positiv – das sind 0,18 Prozent – im Hinblick darauf, ob sie mit Tierarzneimitteln kontaminiert waren. Das bitte zur Klarstellung, damit man sieht, dass es nicht so schlecht ist, wie es immer darzustellen versucht wird, so, als ob diese Praktiken gang und gäbe wären.

Nun zu den Fragen, die mir gestellt wurden: Es wurde gefragt, wie hoch schätzungsweise die Futtermittelimporte sind. – Wir wissen es nicht genau. Die Schätzungen bewegen sich zwischen 3 und 5 Prozent, das sind in etwa zwischen 30 000 und 50 000 Tonnen jährlich. Das hat sich auf den Westen Österreichs konzentriert, und zwar transportbedingt. Das ist ganz natürlich, weil es bis 1995 überhaupt keine Futtermittelimporte gab. Seither haben die deutschen Kollegen Österreich leider Gottes als neues Marketingfeld gesehen und haben das auch entsprechend beworben. Ich kann Ihnen aber berichten, dass seit Beginn dieser ganzen Krise wieder verstärkt eine Rückkehr sozusagen in den heimatlichen Schoß feststellbar ist. In Oberösterreich und Salzburg wird wieder sehr stark im Inland gekauft, und auch in den westlichen Bundesländern hält dieser Trend an.

Zum Herrn Kollegen Pirklhuber: „Bio“ ist hundertprozentig gentechnikfrei. Das Zweite ist, dass die Milchviehfütterung auch im konventionellen Bereich faktisch gentechnikfrei zu sehen ist. Wir benötigen dort keinen Sojaschrot, und damit haben wir auch dort keine Probleme. Für den Schweine- und Geflügelbereich ist es schwierig, weil wir die Rohstoffkomponente Sojaschrot als hochprozentigen Eiweißträger brauchen und diesen derzeit, aus Logistikgründen, nicht aus dem Ausland bekommen. Wir werden es aber versuchen; ich war selbst schon in den USA. Wir brauchen dazu aber die Hilfe der holländischen oder deutschen Handelshäuser, damit wir Mengen für Österreich bekommen, die vertretbar sind und die wir auch umsetzen können.

Was einen inländischen Aufbau betrifft, habe ich heute in meinem Referat ja schon eine Dis­kussion angeboten: Fleischmehl plus einheimischer Eiweißträger – Erbsen, Bohnen und der­gleichen – ergibt in etwa denselben Eiweißgehalt wie Sojaschrot. Da wären zumindest wesent­liche Reduzierungen denkbar.

Auf die Frage nach den 0,5 Prozent an Tiermehlresten darf ich antworten, dass es da an­scheinend ein kleines Missverständnis gegeben hat. Es heißt erstens „kleiner als 0,5 Prozent“ und nicht „0,5 Prozent“. Zweitens: Diese Reste gab es in erster Linie bei den alten Tiermehl­resten, und da waren zwei, drei Kilo auf 1 000 Kilo von der Technik her ganz natürlich. Aber mit den Mäusen und Käfern wird man sicherlich darunter bleiben. Der Wert ist also niedriger als 0,5 Prozent!

Zuletzt: Tiermehlfütterungsverbots-Kontrolle – selbstverständlich und gerne! Aber ich darf Ihnen versichern: Sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Futtermittelwirtschaft ist Tiermehl seit 1. Jänner weg. Es ist nicht mehr erhältlich und daher mit Sicherheit auch nirgends mehr drinnen. – Danke.

16.20


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Als Nächstes folgt die Beantwortung durch Herrn Hofrat Dr. Köchl. – Bitte.

16.20


Referent Hofrat Dr. Arnold Köchl (Leiter des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft, Wien): Herr Abgeordneter Gradwohl hat mich gefragt, ob ich einer Intensivie­rung der Produktion das Wort rede. – Das Gegenteil ist der Fall! Da muss ich missverstanden worden sein.

Ich habe gesprochen von der kleinbäuerlichen, extensiven Struktur, die wir in Österreich haben und die sich durch viele Zahlen belegen lässt, beispielsweise eben durch die Durchschnittszahl von acht statt 80 Rindern oder dadurch, dass auf einen Kopf in Österreich nicht einmal eine Schlacht­schweinehälfte kommt, in Dänemark hingegen gleich acht; das heißt, dass dort ein großer Exportüberschuss gegeben ist.

Im Ausland belächelt man Österreich da und dort wegen der geringen Milchleistung, aber das ist eine Chance, nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft, und das sollte be­wahrt werden. Ich habe also davon gesprochen, dass das Leitbild der österreichischen Land­wirtschaft das bäuerliche Familienunternehmen ist.

In Ergänzung zu diesen günstigen Voraussetzungen haben wir dann, wenn wir die Struktur­schwächen in der Kontrolle beseitigen – die insbesondere darin liegen, dass Bundes- und Lan­desdienststellen unabhängig voneinander agieren, dass wir insgesamt eigentlich elf Behörden haben, wenn wir die neun Länder- und die zwei Bundesbehörden zusammenzählen –, die besten Chancen und Voraussetzungen, tatsächlich in Bezug auf Ernährungssicherheit weiterzu­kommen. Ich würde das in diesem Sinne sehen wollen. – Danke.

16.22


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Als Nächster der Experten antwortet Herr Mag. Schöppl. – Bitte.

16.22


Referent Mag. Georg Schöppl (Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Auf die Frage von Frau Abgeordneter Achatz, was die Herkunft der Tiere betrifft: Es gibt diesbezüglich seit dreieinhalb Jahren eine eindeutige Regelung, dass 100 Pro­zent der Tiere im Programm in Österreich geboren sein müssen, in Österreich aufwachsen und in Österreich geschlachtet werden müssen. Das ist in der „Richtlinie Frischfleisch“ enthalten; diese ist öffentlich zugänglich. Es hat diesbezüglich übrigens auch schon einige parlamen­tarische Anfragebeantwortungen gegeben, in denen auf diesen Umstand hingewiesen wurde.

Was die Frage nach den Kontrollen betrifft, ist es so, dass wir im Rahmen der Lebend-Rinder-Kennzeichnung einerseits Verwaltungskontrollen und andererseits vor Ort Kontrollen an den Betrieben durchführen. Wir kontrollieren dabei – das ist eine EU-Bestimmung – mindestens 10 Prozent der Betriebe jährlich vor Ort.

Darüber hinaus kontrollieren wir im Zuge der übrigen Programme – als Beispiel das letzte Jahr – 20 Prozent des Viehhandels, der Viehhändler, und 35 Prozent der Schlachthöfe. – Das zur Frage bezüglich Kontrolle.

Zu den Fragen des Herrn Abgeordneten Pirklhuber, der dieses Inserat angesprochen hat. Dieses Inserat war und ist als Information gedacht – nicht als Werbung, sondern als Infor­mation über das System und darüber, wie es funktioniert.

Sie, Herr Abgeordneter Pirklhuber, haben auch betroffene Betriebe angesprochen. – Uns wurde von der zuständigen Veterinärverwaltung mitgeteilt, dass voraussichtlich ein Betrieb betroffen ist. Und da kann ich mich nur meinen Vorrednern, Herrn Allerstorfer und Herrn Professor Schuller, anschließen: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht – und kann es nicht geben. Man kann nur versuchen, in die Nähe davon zu kommen. – Wir gehen jedenfalls davon aus, dass unser Gütesiegel sehr sicher ist.

Was den Schweinebereich betrifft, haben wir allein im letzten Jahr 18 Prozent der Betriebe kontrolliert. Gerade dieser eine betroffene Betrieb, den Sie wahrscheinlich angesprochen haben, ist für mich ein sehr interessantes Beispiel, weil wir dort im September eine Kontrolle durchgeführt, genau diese Mittel untersucht und Rückstellproben genommen haben; diese sind nach wie vor vorhanden. Und damals wurde das Mittel, das jetzt festgestellt wurde, nicht gefunden.

Das heißt: Wir können hundertprozentige Sicherheit nicht haben, wir können uns nur dorthin bewegen. Hundertprozentige Sicherheit würde permanente Kontrolle rund ums Jahr am Betrieb bedeuten, was wahrscheinlich von der Kostenseite her nicht durchführbar, nicht machbar ist.

Aus meiner Sicht gibt es keine Alternative zu diesen Systemen. Ich möchte da kein System besonders hervorheben oder ausschließen. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen für diese Systeme stimmen, dass sie nachvollziehbar sind, dass das, was ausgelobt wird, entsprechend kontrolliert wird und kontrolliert werden kann und dass das durch unabhängige Kontrollen geschieht. Das sind, glaube ich, die zentralen Punkte. Diese Systeme sollte man laufend weiter­entwickeln. Und da sollte es auch laufend gegenseitige Abstimmungen und Verbesserungs­maßnahmen geben.

Auf die Fragen von Frau Abgeordneter Moser, was die Richtlinien in der Tierhaltung betrifft: Da ist es so, dass im Zuge des Gütesiegels die Einhaltung der jeweiligen Tierschutzgesetze über­prüft wird. Das wird vor Ort am Betrieb, bei den Betriebskontrollen überprüft.

Was die Frage der Fütterungsauflagen betrifft: Es dürfen nur amtlich zugelassene Futtermittel eingesetzt werden, mit einzelnen zusätzlichen Kriterien. Als Beispiel ist in der Schweinehaltung anzuführen, dass wir schon seit langem das Verbot aller Leistungsförderer haben und das auch entsprechend kontrollieren.

Auf Ihre Frage, was den Zukauf von Tieren betrifft, kann ich nur auf die Antwort auf die Frage von Frau Abgeordneter Achatz verweisen, dass 100 Prozent der Tiere in Österreich geboren, aufgezogen und in Österreich geschlachtet werden müssen.

Abschließend sei in diesem Zusammenhang folgende Bemerkung erlaubt. (Zwischenruf.) – Bei den Tieren, der Herkunft der Tiere, ich habe von der Herkunft der ... (Abg. Achatz: Nur zur Kenntnis: Ich habe gefragt, wie lange Sie am AMA-Gütesiegel noch festhalten wollen, wonach auch bei verarbeiteten Produk­ten, zum Beispiel bei Wurst, nur 70 Prozent der Rohstoffe aus Österreich kommen müssen! Ich habe im Landwirtschaftsausschuss schon Kommissar Fischler darauf hingewiesen ...! Fischler hat gesagt, 70 Prozent der Rohstoffe sind deshalb vorgesehen, weil alle Produkte zur Herstel­lung einer Wurst in Österreich wachsen!)


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete Achatz, ein Zwischenruf kann höchstens zwei Sätze bedeuten, aber nicht einen zusätzlichen Debattenbeitrag!


Referent Mag. Georg Schöppl (fortsetzend): Selbstverständlich gehe ich auf diese Zwischen­frage gerne ein. Bei dem, was Sie mit den 70 Prozent angesprochen haben, geht es um die Frage der Futtermittel. Es ist tatsächlich so, dass es beim Futtermittelzukauf diese 70-Prozent-Grenze gibt, eben gerade deshalb. Wir hatten ja vorhin auch die Diskussion über die Notwen­digkeit, Rohstoffe zu importieren, wenn zum Beispiel nicht genügend heimische Rohstoffe – seien es Soja oder andere Rohstoffe – vorhanden sind. Dann dürfen bis zu maximal 30 Prozent hinzugefüttert werden.

Im Verarbeitungsprodukt selbst muss dort, wo ein inländischer Rohstoff vorhanden ist, dieser eingesetzt werden. Eine Ausnahme ist zum Beispiel folgende: Wir haben in Österreich keine Pistazienkulturen. Das heißt, für eine Mortadella zum Beispiel, die wir sonst ausschließen müssten, sind Pistazien erlaubt. Es gilt der Grundsatz: Was in Österreich vom Typus her an Rohstoff vorhanden ist, muss eingesetzt werden – aber wenn etwa Pistazien und Ähnliches in der Produktion für die jeweilige Rezeptur notwendig sind, so ist dies erlaubt. – Das zur Klar­stellung.

Erlauben Sie mir abschließend folgende Feststellung: Ich habe in den letzten Monaten sehr viele Vorträge gehört. Bis vor kurzem wurde die Agrarmarkt Austria immer wieder dafür kritisiert, dass wir sehr streng kontrollieren. Es wurde dabei auch immer wieder der Vorwurf der Büro­kratie vorgebracht, gerade was die strengen Regeln der Tierkennzeichnung betrifft. Ich komme nochmals auf etwas zurück, was ich bereits in meinem Einleitungs-Statement gesagt habe: Sicherheit und Transparenz erfordern einen gewissen Verwaltungsaufwand. Dessen müssen wir uns alle bewusst und darüber müssen wir uns alle im Klaren sein. Es ist wichtig, das auch gemeinsam mitzutragen. – Danke.

16.29


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Damit ist auch die Rednerliste der Experten geschlossen.

Wir kommen zum Schluss zu einer Abstimmung.

Es liegt mir ein Vier-Parteien-Antrag vor, gemäß § 98a Abs. 5 Geschäftsordnungsgesetz das Stenographische Protokoll dieser Enquete als Verhandlungsgegenstand dem Nationalrat vorzulegen, wobei der Wunsch geäußert wurde, diesen Bericht im Gesundheitsausschuss zu bearbeiten.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

betreffend die Parlamentarische Enquete „Lebensmittelsicherheit in Österreich und Europa“

Gemäß § 98a (5) GOG wird ersucht, das Stenographische Protokoll als Verhandlungsgegen­stand dem Nationalrat vorzulegen.

*****


Vorsitzender Abgeordneter Georg Schwarzenberger: Ich ersuche diejenigen Abgeordneten, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Der Antrag ist einstimmig ange­nommen.

Zur Klarstellung: Der Abstimmungsvorgang betrifft nur die Vorlage des Stenographischen Proto­kolls. Darüber, welchem Ausschuss es übermittelt wird, entscheidet der Präsident. Wir können allerdings einen entsprechenden Wunsch äußern, und das habe ich getan.

Ich danke nun vor allem Herrn Staatssekretär Dr. Waneck, der bis zum Schluss bei uns geblie­ben ist, obwohl er mit seiner Familie heute noch fortfahren möchte.

Ich danke auch allen Experten, die noch hier sind, aber auch all denjenigen, die vorzeitig weg­mussten.

Ich danke weiters den Abgeordneten, die ihr Interesse so lange gezeigt haben, dass sie alle Expertenmeinungen hören konnten, um ihre Entscheidungen treffen zu können.

Damit ist die Enquete geschlossen.

Schluss der Enquete: 16.31 Uhr

 

 

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