13/A XXII.GP

Eingelangt am: 20.12.2002

ANTRAG

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und
Freunde

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, BGBI. Nr. 60/1974 in der Fassung
BGBI. l Nr. 134/2002 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

“Artikel I
Der Paragraph 207b wird ersatzlos aufgehoben.

Artikel II

Ab dem Inkrafttreten von Artikel l ist die damit aufgehobene Strafbestimmung nicht
mehr anzuwenden."

Begründung:

Nach der Aufhebung von § 209 StGB durch den Verfassungsgerichtshof wurde mit
den Stimmen der blau-schwarzen Regierungsmehrheit der § 207b StGB in das
Strafgesetzbuch eingefügt. Die neue Strafbestimmung ist ohne
Begutachtungsverfahren verabschiedet worden. Warnungen wegen der äußerst
unklaren Formulierung sind nicht berücksichtigt worden. Mittlerweile zeigt sich, dass
manche Strafgerichte und Staatsanwaltschaften den § 207b StGB als Ersatz für §
209 StGB ansehen.

Auch nach der tatsächlichen Aufhebung des § 209 StGB am 14. August werden in
Österreich Strafverfahren gegen schwule Männer wegen Handlungen, die unter den
Tatbestand des verfassungswidrigen § 209 StGB fallen, geführt. Die Gerichte
begründen dies damit, dass es Verdachtsgründe auf die Erfüllung der
Ersatzbestimmung § 207b StGB, die sexuelle Kontakte mit Jugendlichen unter
bestimmten Umständen weiterhin unter Strafe stellt (Ausnutzen einer besonderen
"Unreife" oder einer "Zwangslage", "Verleiten" gegen Entgelt) gäbe.


So stehen nach wie vor schwule Männer wegen eines Paragraphen vor Gericht - §
209StGB -, den es seit Monaten gar nicht mehr gibt. Solche Anklagen wären wegen
heterosexueller oder lesbischer Handlungen nicht möglich, weil der neue § 207b
StGB nur bei schwulen Beziehungen rückwirkt und auf "Taten" vor dem 14. August
2002 anwendbar ist.

Mittlerweile haben sich weitere Befürchtungen hinsichtlich der neuen
“Ersatzbestimmung" für den verfassungswidrigen § 209 StGB bestätigt. Manche
Strafgerichte verweigern die vorzeitige Entlassung von Männern, die wegen § 209
StGB hinter Gittern sitzen. Begründet wird diese Verweigerung der nach dem
österreichischen Strafgesetzbuch möglichen nachträglichen Strafminderung gemäß
§ 31 a StGB ausdrücklich mit den neuen Straftatbeständen in § 207b StGB.

Es hat nie einen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Nachfolgebestimmung von
§ 209 StGB gegeben. Das österreichische Strafgesetzbuch legt nämlich in den §§
206 und 207 für alle Mädchen und Burschen ein generelles Mindestalter von 14
Jahren fest. Darüber hinaus bieten folgende Straftatbestände ausreichenden Schutz
für alle hetero- und homosexuellen Jugendliche: “Vergewaltigung" (§ 201 StGB),
“geschlechtliche Nötigung" (§ 202 StGB) “Schändung" (§ 205 StGB), “Sittliche
Gefährdung von Personen unter 16 Jahren" (§ 208 StGB), “Missbrauch eines
Autoritätsverhältnisses" (§ 212 StGB), “Kuppelei" (§ 213 StGB), “Entgeltliche
Förderung fremder Unzucht" (§ 214 StGB), “Zuführung zur Prostitution" (§ 215
StGB), “Zuhälterei" (§ 216 StGB) und “Menschenhandel" (§ 217 StGB).

Der Schutz eines selbstbestimmten Sexuallebens junger Menschen ist strafrechtlich
ausreichend abgesichert. Der § 207b StGB kann somit ersatzlos entfallen.

Damit sicher gestellt werden kann, dass es nicht noch zu weiteren Verurteilungen auf
Grund des § 207b StGB kommt, muss dieser Paragraph daher mit sofortiger
Wirkung aufgehoben werden.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.