53/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 26.02.2003

Entschließungsantrag

     der Abgeordneten Mag. Maier, Spindelberger, Lackner

     und GenossInnen

     betreffend Magnetfeldtherapiegeräte - Vertriebsverordnung nach dem

     Medizinproduktegesetz (MPG)

      

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat in der Anfragebeantwortung
betreffend „Magnetfeldtherapie" (1796/AB; XXI. GP) vom 26.3.01 den Fragestellern
mitgeteilt, dass zur Lösung der Probleme beim Vertrieb von Medizinprodukten (z.B.
Magnetfeldtherapieprodukte) eine „Vertriebsverordnung" nach dem MPG geplant ist. Darin
soll u. a. eine ärztliche Verschreibungspflicht vorgesehen werden. Dies wurde nochmals in
der Anfragebeantwortung (3387/AB; XXI. GP) vom 10.04.2002 bestätigt. Bedauerlicherweise
ist diese zugesagte „Vertriebsverordnung" - trotz zunehmender öffentlicher Diskussion - bis
heute nicht erlassen worden! Geht es nach dem Wirtschaftsminister könnten in Zukunft
Magnetfeldtherapie ohne geschultes Personal auch in Drogerien verkauft werden. Nach dieser
Verordnung könnten Magnetfeldgeräte künftig wie Schwangerschaftstests oder
Inhalationsgeräte behandelt werden und frei über Drogerien verkauft werden. Der
Wirtschaftsminister will „gesunde" Geschäfte auf Kosten der Konsumenten liberalisieren und
im Widerspruch zu den Zusagen des Gesundheitsministers.

Mit der Verordnung des BM für soziale Sicherheit und Generationen könnten jedoch
bestimmte unseriöse und rechtswidrige Praktiken beim Vertrieb derartiger Produkte
unterbunden werden. „Die ärztliche Verschreibungspflicht soll zu einer fundierten
Indikationsstellung der Magnetfeldtherapie beitragen und den Wildwuchs an Indikationen
einschränken. Selbstverständlich muss zusätzlich entschieden verhindert werden, dass der
wissenschaftlich fundierte Zugang zur Magnetfeldtherapie durch eventuelle
Provisionszahlungen von Firmen an Arzte konterkariert wird. Durch die kommende
Verschreibungspflicht wird das im § 108 MPG ausgesprochene Verbot derartiger
Vorteilsangebote bzw. -annahmen im Bereich der Magnetfeldtherapie unterstützt. Die
geplante Vertriebsverordnung für Medizinprodukte wird sich nicht spezifisch mit
Magnetfeldtherapiegeräten befassen, soll aber auch einige Punkte enthalten, die auf
Magnetfeldtherapiegeräte anwendbar sein werden, wie ein generelles Verbot von
Werbepartys, Werbefahrten und dergleichen für Medizinprodukte und damit auch für
Magnetfeldtherapiegeräte." (siehe 3387/AB; XXI. GP).

Seit Jahren beobachten österreichische Konsumentenschützer kritisch Werbung, Verkauf und
Vertrieb sowie unkontrollierte Anwendung von Magnetfeldtherapieprodukten. Geworben
wird mit den abenteuerlichsten Krankheitsbildern (Indikationen). Verkauft wird oft mit
üblen
Hausierermethoden und dann die Konsumenten kräftig zur Kasse gebeten. Da die in der
Werbung zugesagten gesundheitlichen Wirkungen in den meisten Fällen objektiv und
wissenschaftlich bislang nicht nachgewiesen werden konnten, werden mit Not und Krankheit
von Menschen "Millionen Euro-Geschäfte" gemacht. Dies führte bereits zu mehreren
gerichtlichen Auseinandersetzungen der österreichischen Konsumentenschützern mit
Vertreibern von Magnetfeldtherapieprodukten. Da Magnetfeldtherapiegeräte
werbemäßig für

 eine Vielzahl von Anwendungsbereichen und Krankheiten angeboten werden ist auch die
Ärztekammer bereits gegen diese Auswüchse aufgetreten.

Viele Indikationsangaben sind medizinisch und wissenschaftlich nicht nachvollziehbar, unter
bestimmten Voraussetzungen für Menschen sogar (lebens)gefährlich. Diese zum großen Teil
irreführenden Werbeaussagen sind im Zusammenhang mit aggressiven Vertriebsmethoden zu
sehen, die mit allen Mitteln verhindert werden müssen, weil sie eine „Selbstmedikation" ohne
ärztliche Diagnose miteinschließen. Diese kann für Patientinnen möglicherweise sogar
lebensgefährlich sein. Es fehlen objektive und firmenunabhängige Informationen (z.B.
Gutachten) zur sicheren Anwendung der Magnetfeldtherapie. Absolut ungeklärt ist sicher
Anwendung, Nutzen sowie Risiken bei schwersten Erkrankungen - insbesondere
Krebserkrankungen. Eine Stellungnahme des Obersten Sanitätsrates dazu fehlt noch immer

Nachfolgender Auszug aus dem ÖBIG-Gutachten (nach Riedhart, Wicker, Burger-Rafael;
2001), gibt diese Situation sehr klar wieder:

Die Magnetfeldtherapie weist vor allem auf dem Gebiet der gestörten
Knochenheilung und bei degenerativen Gelenkserkrankungen die höchste auch
wissenschaftlich dokumentierte Erfolgsrate auf. Bei allen übrigen Indikationen liegen
nicht viele Studien von guter Qualität vor und die wenigen zur Verfügung stehenden
Arbeiten bieten alle ein uneinheitliches Bild, so dass hier keine abschließende
Bewertung möglich ist.

Sachkundige Angaben über diagnosespezifische Anwendungen der
Magnetfeldtherapie (Signalbeschreibung, Flussdichte und Dauer der Anwendung)
wurden in vielen Studien dadurch das ÖBIG nicht gefunden (nur ca. ein Drittel der
Studien ausreichende Angaben).

Daraus ergeben sich u.a. folgende Schlussforderungen: Keine evidence-based
Wirkungen; Studiendesigns entsprechen nicht „state of the art", um
Wirkungsbehauptungen zu unterlegen; sie sind nicht reproduzierbar, daher ist diese
Aussagekraft der Studien die in ersten Linie von Vertreibern und Produzenten
finanziert wurden mehr als fraglich!

Nicht überrascht daher die Tatsache, dass einige dieser ,Gesundheitsverkäufer’ durch Kritik
ihr Geschäft bedroht sehen. Aus diesem Grund hat beispielsweise ein
Magnetfeldtherapiegerätevertreiber (MAS) die AK Salzburg - aber auch den VKI - u.a. auf
Unterlassung geklagt.

Das Landesgericht Salzburg hat in einer sehr schlüssigen -jedoch noch nicht
rechtskräftigen - Entscheidung die Klage gegen die AK Salzburg in allen
Punkten abgewiesen.

Dieser Magnetfeldtherapiegerätevertreiber wollte mit der Klage erreichen, dass es die
Arbeiterkammer in Zukunft zu unterlassen habe, öffentlich zu behaupten, dass die
Verwendung von Magnetfeldtherapiegeräten in jenen Fällen, in denen der Anwender ein
Krebsleiden oder einen Tumor hat, lebensgefährlich sei, oder sinngleiche Äußerungen zu
tätigen. Mitverlangt wurde ein öffentlicher Widerruf, dass dies unrichtig sei,
Veröffentlichungen in diversen Druckschriften sowie die Feststellung, dass durch die
Arbeiterkammer Schadenersatz zu leisten sei.

.


 

Als Kernsatz der rechtlichen Beurteilung durch das LG Salzburg kann hervorgehoben werden,
dass „es sicher nicht überzogen sei, wenn eine Verbraucherschutzorganisation darauf
hinweist, dass die Anwendung von Magnetfeldtherapie bei schwersten Krankheiten
ohne ärztliche Behandlung lebensgefährlich ist, weil die Auswirkungen der Therapie
weitgehend nicht untersucht sind".

Grundlage für diese Entscheidung war unter anderem das zitierte ÖBIG-Gutachten („Mit
Indikationsstellungen im Bereich der Magnetfeldtherapie muss sehr sorgsam umgegangen
werden, weil die PEMF bei schweren Krankheitsformen wie Tumoren,.... in ihren
Auswirkungen nicht ausreichend untersucht wurde und daher potentiell Schäden verursachen
könnte.") sowie eine wissenschaftliche Studie der Veterinärmedizinischen Fakultät in
Hannover, die eine Untersuchung bei Spraque-Dawley-Ratten durchgeführt hat. („Werden
weibliche Spraque-Dawley-Ratten magnetischen Feldern ausgesetzt, so ist eine gesteigerte
Zellwucherung festzustellen, die Werte des Melatoninspiegels in den Milchdrusen blieben
jedoch unbeeinflusst").

Einige Vertreiber fuhren nach dem ÖBIG-Gutachten überdies eine Krebserkrankung
ausdrücklich als Kontraindikation an - nicht jedoch MAS.
Bei drei von sieben Geräten wird in den Kontraindikationen „Tumor" oder
„Krebserkrankungen" explizit genannt d.h. die Ableitung, dass Magnetfeldtherapiegeräte für
eine Anwendung bei Tumorerkrankungen nicht geeignet ist.

Konsumentenschützer und Arzte sind darüber hinaus auch Einzelfalle bekannt geworden, wo
nach Anwendung von Magnetfeldtherapiegeräten bei bestehender Krebserkrankung sich der
Krankheitszustand der Patienten verschlechterte und u.a. mit einer Chemotherapie begonnen
werden musste.

Darüber hinaus werden auch andere Probleme zunehmend bekannt.

Dass der medizinische Einsatz der Magnetfeldtherapie sehr differenziert betrachtet werden

muss, wird beispielsweise aus nachfolgender Mitteilung deutlich

„Mir sind aus Kärnten Fälle bekannt mit chronischer Niereninsuffizienz die

Magnetfeldtherapie mit den Hinweis angeraten wurde, dass dadurch eine Dialyse-Behandlung

nicht oder erst später notwendig werden würde.

In meiner ersten Studie habe ich bei 62 Patienten randomisiert und plazebokontrolliert und

eine dreiwöchige Magnetfeldtherapie bei der Indikation Low back pain durchgeführt. Es hat

sich dabei gezeigt, dass Magnetfeldtherapien die Schmerzintensität und die Beweglichkeit

günstig beeinflussen können. Drei Monate nach Beendigung der Magnetfeldtherapie besteht

jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Verum- und der Placebogruppe

mehr."

(Brief von Dr. Michael Ausserwinkler, Leiter der Außenstelle Althofen des Ludwig

Boltzmann Institutes für Rheumatologie).

 

Für besonders bedenklich ist zu halten, dass diese Therapien und Produkte auch zunehmend    

von Ärzten unkritisch übernommen und sogar gegen Entgelt vermittelt oder vertrieben
(Kurier 22.11.2001, Seite 11 „Ärzte sollen verbotene Provisionen kassieren") werden. Daher
ging auch die Ärztekammer gegen diese aggressive Werbung vor, da Ärzten die
Publikumswerbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und Medizinprodukte verboten ist, soweit
sie ihren Beruf in freier Praxis oder im Spital nachgehen. Dies ist als Standeswidrigkeit zu
qualifizieren.


Die Österreichische Ärztekammer teilte bereits am 22.11.2001 über die APA mit, dass gegen
Ärzte, die für den Einsatz mancher Magnetfeldtherapieprodukte besonders engagiert und aktiv
geworben haben, Schritte unternommen wurden. Es liegen Verfahren wegen Verletzung der
ärztlichen Berufspflichten an. Insgesamt waren es nach derzeitigen Wissensstand 27
Disziplinarverfahren, die gegen Ärzte eingeleitet wurden. Auch der Verfassungsgerichtshof
beschäftigte sich bereits mit einem Verweis nach einer ärztlichen Werbung für
Magnetfeldtherapie mit Werbebeschränkungen und erklärte diesen als rechtens und
verfassungskonform. Weiters wurde durch die Ärztekammer ein Verfahren wegen unlauteren
Wettbewerbs gegen die Fa. MAS eingeleitet (Verfahren ist noch nicht abgeschlossen).

§ 53 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169, sieht für Ärzte
Werbebeschränkungen und Provisionsverbote vor.

Gemäß § 53 Abs. l leg. cit. hat sich der Arzt jeder unsachlichen, unwahren oder das
Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines
Berufes zu enthalten.

Insbesondere legt die gemäß § 53 Abs. 4 leg. cit. beschlossene Richtlinie der Österreichischen
Ärztekammer "Arzt und Öffentlichkeit" in Art. 3 lit. c fest, dass eine standeswidrige
Information insbesondere dann vorliegt, wenn Ärzte für Arzneimittel, Heilbehelfe und
sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber werben.
Gemäß § 53 Abs. 2 des Ärztegesetzes 1998 darf der Arzt keine Vergütungen für die
Zuweisung von Kranken an ihn, sich oder einem anderen versprechen, geben, nehmen oder
zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig.
Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden.
Provisionsannahmen verstoßen daher gegen das Ärztegesetz 1998 und
verletzen jedenfalls das Standesansehen.

Die Salzburger Gebietskrankenkasse hat bereits 1996 zur Magnetfeldtherapie mitgeteilt, dass
sie nach den zugänglichen Informationen als "wirkungslos" zu bezeichnen ist.
Weiters: "Die Magnetfeldtherapie wurde früher unter dem Anspruch, die Bildung von Kallus
nach Frakturen zu beschleunigen, aber auch in der Indikation "Behandlung von
Lockerungserscheinungen bei Hüft-Totalendoprothesen" angewandt. Eine wissenschaftlich
abgesicherte Wirkung konnte nach dem Informationsstand auch in diesem Bereich nicht
erreicht werden. Weiters wurde die Magnetfeldtherapie auch zur Therapie der Osteoporose
eingesetzt, wobei das Verfahren hauptsächlich von sog. Alternativmedizinern in Verwendung
stand."

Im Bereich der österreichischen Sozialversicherungsträger wird die Magnetfeldtherapie weder
im Honorarkatalog noch im Bereich der erstattungsfähigen Leistungen angeführt bzw.
akzeptiert.

 

Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht ist generell zum Kostenersatz der
Magnetfeldtherapie folgendes festzuhalten:

 

    In den Honorarordnungen der österreichischen Krankenversicherungsträger für die
niedergelassenen Ärzte ist Magnetfeldtherapie als Leistungsposition nicht enthalten.


    Einige Träger haben die Erbringung der Leistung in physikalischen Instituten unter
     bestimmten Voraussetzungen vertraglich geregelt. Die Kosten einer ärztlichen
     verordneten Behandlung werden nur bei entsprechender medizinischer Indikation
     (mangelnde Kallusbildung und instabile totale Endoprothese) sowie einem vom
     Vertragsinstitut zu erbringen Gerätenachweis erstattet. Zusätzlich ist noch eine
     chefärztliche Bewilligung erforderlich.

    Bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes- oder Institutes werden nur dann Kosten erstattet,

      wenn die mit den physikalischen Institut vertraglich vereinbarten (Verrechnungs-)kriterien
      erfüllt werden.

     Neben der Behandlung in physikalischen Institutes haben einzelnen Kassen Verträge mit
       Firmen über die leihweise Abgaben von Magnetfeldgeräten (Magnetodyn) zur
       Heimtherapie abgeschlossen. Voraussetzung ist eine ärztliche Verordnung, die
       chefärztlich bewilligt werden muss. (1796/AB)

Weitere kritische Beurteilungen:

„Bislang fehlen generell klinische Belege, für die von den Anwendern der Magnetfeldtherapie
behaupteten Wirksamkeit. Nach derzeitigem Wissensstand beruht diese Behandlungsart auf
un-zureichend belegten Hypothesen" (Bittere Naturmedizin, Seite 816 f) oder:
„Magnetfeldgeräte und Magnetfolien sind nach derzeitigem Wissensstand wohl ungefährlich,
sofern Kontraindikationen beachtet werden. Patienten mit einem Herzschrittmacher sollten
sich allerdings auf keinen Fall einer Magnetfeldtherapie unterziehen, weil dadurch das
elektrisch gesteuerte Implantat beeinflusst werden könnte" (Quelle eben da).

Frau Prof. Dr. Veronika Fialka-Moser führte zum einen eine Medline-Suche von 1966-
1997 durch, wobei Wahlberichtsstudien, nicht kontrollierte Studien sowie kontrollierte
Studien dabei berücksichtigt wurden. Im Ergebnis kam folgendes heraus:
„Ein Großteil der ausgehobenen Studien ist nicht kontrolliert bzw. handelt es sich um
Falschstudien, deren wissenschaftliche Güte und Aussagekraft nur von geringem Wert ist. Für
die klinische Anwendung aussagekräftig sind vielmehr die kontrollierten Studien. Davon
konnten insgesamt nur sechs ermittelt werden. Bei diesen Studien wurde der Effekt
elektromagnetischer Felder im Vergleich zu Placebos nicht eindeutig nachgewiesen. Dort wo
über einen Erfolg berichtet wurde, war die Patientenzahl zu gering, das Studiendesign nicht
adäquat oder die Feldstärke betrug 1,45 Tesla - das ist mehr als das Doppelte jener Feldstärke,
die in dem vorliegenden Prospekt ausgewiesen wird.

Nach den im Umlauf befindlichen Prospekten sollten diese Geräte bei den verschiedensten
Krankheitsbildern angewendet werden können. Anhand einer Fülle von Unterlagen sowie
nicht fundierter Daten aus medizinischen Fachzeitschriften und nicht belegten Indikationen
wird dem Konsumenten unterschiedlichstes nicht zusammenhängendes Material angeboten.
Das vorliegende paramedizinische Angebot soll durch angeblich schulmedizinische
Argumente erhärtet werden. Bei den Empfehlungen der Geräteanwender handelt es sich
offensichtlich um ein intensives Interesse, einen eventuellen Therapieerfolg zu propagieren."

Aufgrund dieser Recherche kam Fr. Univ. Prof. Dr. Veronika Fialka-Moser zu folgendem
Schluss:"Die angepriesenen positiven Effekte des vorhandenen Systems bei den
unterschiedlichsten Indikationen entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage."


Vertriebsfirmen in Europa bzw. Österreich verkaufen dieselben Produkte oft unter
unterschiedlichen Namen. Magnetfeldgeräte (z.B. sog. Magnetfelddecke, Magnetanhänger,
Magnetfeldstab) werden insbesondere bei diversen Werbeveranstaltungen, Publikumsmessen,
über Internet- und Postfachfirmen (Flugblätter, Inserate) oder direkt im sog. Haustürgeschäft
verkauft (Direkt- bzw. Strukturvertrieb) oder in sog. Magnetfeldstudios, sowie nunmehr
Kosmetik- und Massageinstitute sogar durch Ärzte und durch Handelsketten, bei letzteren
ohne entsprechende medizinische und fachliche Beratung.

Dass sich in Österreich (aber auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten) derartige agressive
Vertriebsformen, Konsumententäuschung sowie rechtswidrige und unseriöse
Geschäftemacherei am Markt breit machen konnten, hängt auch mit einer intransparenten
Zulassung und unzureichenden Kontrollen in den Mitgliedsstaaten zusammen. Wenn
überhaupt erfolgt eine Kontrolle nur stichprobenartig.

Die Überwachung der Betriebe, die berufs- oder gewerbsmässig Medizinprodukte in Verkehr
bringen oder sonst mit ihnen umgehen, erfolgt entweder durch Organe des
Bundesministeriums oder durch von diesen beauftragte Sachverständige. Soweit im Rahmen
eines Konformitätsbewertungsverfahrens eine Überwachung vorgesehen ist, erfolgt diese
durch eine „Benannte Stelle".

Alle aktiven therapeutischen Produkte, die zur Abgabe oder zum Austausch von Energie
bestimmt sind, gehören zur Klasse II a, es sei denn, die Abgabe oder der Austausch von
Energie an den bzw. mit dem menschlichen Körper kann unter Berücksichtigung der Art, der
Dichte und des Körperteiles, an dem die Energie angewandt wird, aufgrund der Merkmale des
Produktes eine potentielle Gefährdung darstellen; in diesem Fall werden sie der Klasse II b
zugeordnet.

Nach der Medizinprodukterichtlinie hat der Hersteller sicherzustellen, dass im
Herstellungsverfahren die Übereinstimmung der Produkte mit dem in der EG-
Baumusterprüfbescheinigung beschriebenen Baumuster und mit den einschlägigen
Anforderungen der Richtlinie sichergestellt wird.

Die sog. benannten Stellen nehmen die entsprechenden Prüfungen und Tests zur Überprüfung
der Konformität des Produktes mit den Anforderungen der Richtlinie je nach Wahl des
Herstellers entweder durch Kontrolle und Erprobung jedes einzelnen Produktes gem.
Abschnitt 5 oder durch Kontrolle und Erprobung der Produkte auf statistischer Grundlage
gem. Abschnitt 6 vor.

Gem. Art. 11 Abs 2 kann der Anhang IV nach Massgabe der nachstehenden Abweichungen

auf Produkte der Klasse II a angewendet werden:

Abweichend von den Abschnitten l und 2 gewährleistet und erklärt der Hersteller durch die

Konformitäterklärung, dass die Produkte der Klasse II a im Einklang mit der technischen

Dokumentation gem. Anhang VII Abschnitt 3 hergestellt werden und der einschlägigen

Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen.

Abweichend von den Abschnitten l, 2, 5 und 6 (des Anhanges IV) haben die von der

benannten Stelle durchgeführten Prüfungen das Ziel, die Konformität der Produkte der Klasse

II a mit der technischen Dokumentation gem. Anhang VII Abschnitt 3 zu überprüfen.

TÜV Österreich ist beispielsweise eine akkreditierte Prüf-, Überwachungs- und
Zertifizierungsstelle für Medizinprodukte( Benannte Stelle). Dieser stellte bei der
Zertifizierung „EG-Einzelprüfung" nach Anhang IV der Richtlinie 93/42/EWG für das
Magnetfeld-Therapiegerät von MAS u.a. folgendes unter Zweckbestimmung fest: ..."Eine


Überprüfung der medizinischen Zweckerfüllung war nicht Gegenstand der
Überprüfung durch den TÜV Österreich."

Ähnliche Erklärungen liegen auch von anderen Zertifizierungsstellen auch zu anderen
Magnetfeldtherapieprodukten verschiedener Hersteller vor.

Mit dem Zertifizierungsentscheid können diese Produkte mit dem CE-Kennzeichen und
der Kennnummer der Zertifizierungsstelle (z.B. TÜV Österreich) versehen werden.
Dies bedeutet letztendlich, dass niemand medizinische Zweckerfüllung, d. h.
Anwendung, Nutzen sowie Risken überprüft. Das CE-Zeichen sagt darüber überhaupt
nichts aus.

In der aktuellen aggressiven Werbung und Akquisition (Inserate, Werbeveranstaltungen,
Strukturvertrieb) werden zum Großteil Indikationen vertreten, bei denen nach vorliegendem
Informationsstand eine klinische Evidenz nicht gegeben ist. Diese Geräte sollen bei den
unterschiedlichsten Krankheitsbildern (über 100 Indikationen) erfolgreich angewendet werden
können. Dabei wird (aufglänzenden Prospekten) mit Werbeaussagen (z.B. Heilungserfolgen,
Arztbestätigungen) gearbeitet, die zumeist wissenschaftlich in keiner Weise haltbar sind, oft
untermauert mit einem/einer namentlich genannten Ärztin, der/die diese Aussagen positiv
beurteilt. Werbeaussagen sind nach den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes auf ihre
Zulässigkeit zu überprüfen (Laienwerbung).

   Derartige - und ähnliche - Produkte unterliegen dem "Medizinproduktegesetz".

     Hinsichtlich der Werbung gibt es in den §§102 ff (MPG) sehr klare Bestimmungen zum

     Schutz der Verbraucher vor Irreführung und Täuschung (Irreführung, Laienwerbung,

     Fachwerbung).

     Die Verkäufer derartiger „Magnetfelddecken" etc. machen sich daher mit derartigen

     rechtswidrigen Werbeaussagen nach dem Medizinproduktgesetzes strafbar (Strafausmaß:

     7.267,28 bis 14.534,37 Euro) und können überdies mit einer Wettbewerbsklage (z.B.

     Verbandsklage) wegen Irreführung gerichtlich verfolgt werden (§ l und § 2 UWG).

     Gemäß § 107 Abs. l Ziffer 4 MPG hat Medizinproduktewerbung, die für Verbraucher
bestimmt ist, u.a. einen deutlich wahrnehmbaren Hinweis darauf zu enthalten, falls das
Medizinprodukt auch unerwünschte Wirkungen hervorrufen kann.

    Bei Kontraindikationen (zum Beispiel Herzschrittmacherträger, Schwangerschaft und
ähnliches) - dies wäre bei der Europäischen Zulassung / CE-Kennzeichnung zu
berücksichtigen - und bei Indikationen, bei denen jegliche klinische Evidenz fehlt, ist die
Anwendung nicht vertretbar!

   Bei Schwangeren und Patienten mit malignen Tumoren oder solchen Patienten, die eine
derartige Krankheit hinter sich haben darf aus vorsorglichen Gründen die
Magnetfeldtherapie nicht angewandt werden.

   Entscheidend ist für Patientinnen, dass die Magnetfeldtherapie nur als zusätzliche
Behandlungsmethode gedacht und in jedem Fall nur als Begleittherapie als Teil eines
ärztlichen Behandlungskonzeptes eingesetzt werden sollte und nicht als Ersatz für
ärztliche Behandlungen.
Für gesicherte Indikationen, welche durch klinische Evidenz abgedeckt sind, ist die


Magnetfeldtherapie unter Beachtung allfälliger Kontraindikationen und unter
Abwägung therapeutischer Alternativen als zusätzliche Behandlungsmethode
medizinisch vertretbar.

Hauptprobleme liegen somit bei der Zulassung, beim Vertrieb, in der fehlenden
Marktkontrolle und Transparenz sowie in den fehlenden eindeutigen wissenschaftlichen
Belegen für den sinnvollen und risikolosen Einsatz der Magnetfeldtherapie.

Die Stellungnahme der deutschen Verbraucherzentralen zum „zweiten Gesundheitsmarkt"
gibt diese Problematik deutlich wieder:

„Zu einem funktionierenden Marktgeschehen gehört Kompetenz beim Kunden, Transparenz
auf Seiten der Anbieter und das Wissen um eigene Rechte. Davon kann im Gesundheitsmarkt
keine Rede sein. Sofern es gesellschaftlichen Konsens sein sollte, dass Patienten zu
Verbrauchern gemacht werden, gibt es den Auftrag, die Position des künftigen Kunden zu
stärken. Sachlich Aufklärung und Interessensvertretung kann dabei nur durch eine
unabhängige Institution wahrgenommen werden."

Diese Schlussfolgerungen gelten selbstverständlich auch für Medizinprodukte
(z.B.Magnetfeldtherapiegeräte) und deren Einsatz; dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag:

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert:

 

1. bis 31.05.2003 eine „Vertriebsverordnung" nach dem Medizinproduktegesetz zu

verordnen nach der u.a. Magnetfeldtherapiegeräte von einem Arzt verschrieben werden
müssen. Mit diesem Verschreibungsvorbehalt soll es in Zukunft leichter sein, Irreführung,
Konsumententäuschung und unseriöse Geschäftemacherei zu unterbinden. Dabei ist neben
einem Verbot des Verkaufs von Magnetfeldprodukten im Direktvertrieb, bei
Werbeveranstaltungen und im Handel ohne ärztlicher Verschreibung auch sicherzustellen,
dass für Ärzte und sonstigen medizinischen Berufe Werbung in Massenmedien sowie
Vertrieb und Verkauf dieser Produkte ausdrücklich verboten ist. Ärzte etc. dürfen bei
ärztlicher Verschreibung auch keine wie immer gearteten finanziellen Vorteile (z.B.
Provisionen) lukrieren.

 

2. Weiters hat diese Verordnung zu enthalten:

 

     2.1.    Es ist in der Verordnung aus konsumentenpolitischen Gründen klarzustellen, dass mit
dem Begriff „Magnetfeldtherapiegeräte" ALLE Produkte gemeint sind, die mit
elektromagnetischen Feldern oder Ähnlichem sowie deren Wirkung beworben
werden (z.B. Matten, Matratzenunterlagen, Decken, Stäbe, Armreifen etc.),
unabhängig davon, ob diese Gegenstände tatsächlich elektromagnetische Felder
aufbauen oder nicht. Dies ist notwendig, um zu verhindern, dass etwa durch eine


simple Namensänderung derartige Produkte in Zukunft weiter im Direktvertrieb
vertrieben werden.

     2.2.    Es ist in der Verordnung auch eindeutig klarzustellen, dass jegliche Werbung für
derartige Produkte ausgeschlossen wird, da auch für alle anderen
verschreibungspflichtigen Heilmittel ein Werbeverbot gegenüber Laien besteht.

     2.3.    Es ist in der Verordnung auch die Haftung für eventuelle negative Folgen durch die
Anwendung von verschriebenen Therapiegeräten für den verschreibenden Arzt
explizit anfuhren.

     2.4.    Es ist in der Verordnung auch ein Verbot der Anwendung bei Schwangeren und
Patienten mit malignen Tumoren oder solchen, die eine derartige Erkrankung hinter
sich haben, vorzusehen, da hier der wissenschaftliche Beweis einer sicheren
Anwendung aussteht (angewandtes Vorsorgeprinzip)!

     2.5.    Es ist in der Verordnung auch eine Beobachtung der Behandlung und eine explizite
Aufzeichnungspflicht des Therapieerfolges durch den verschreibenden Arzt
vorzusehen.

     2.6.    Es ist in der Verordnung auch vorzuschreiben, dass nicht nur die Bezeichnung oder
der Typ des verordneten Magnetfeldtherapiegerätes, sondern eine genaue
Beschreibung des Gerätes, alle technischen Daten und eine Gebrauchsanweisung mit
möglichen Kontraindikationen den Patienten im Sinne der Anwendungssicherheit
mitgegeben werden muss.

     2.7.     Es sind in der Verordnung auch für Verstöße gegen Bestimmungen dieser

Verordnung Strafen mit abschreckender Wirkung vorzusehen (im Entwurf waren
bedauerlicherweise keine Strafbestimmungen vorgesehen).

3. Es sind in Anlehnung zum Lebensmittelgesetz „Besondere Kontrollorgane" im
Medizinproduktegesetz (MPG) vorzusehen, welche unter anderen die Einhaltung der
Abgabe- und Werbebeschränkungen kontrollieren (vgl. Marktamt, Lebensmittelaufsicht),
Probenziehungen vornehmen, Untersuchungen veranlassen und im Anlassfall rasch und
effizient eine Verfolgung, Untersagung des Inverkehrbringens bzw. Beschlagnahmen
einleiten.

4. Laufende Kontrollen (insbesondere) bei allen Formen der Aquisition und Überprüfung
aller Indikationsangaben für alle Magnetfeldtherapiegeräte auf allen möglichen
Vertriebsebenen vorzunehmen.


5. Eine Liste von geprüften bzw. zertifizierten 10 Geräten für diverse Anwendungen von 10
(Indikationen) zu erstellen und für die Öffentlichkeit frei zugänglich machen.

6.           Wissenschaftliche Studien sind durch das Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen mitzufinanzieren, um u.a. die medizinische Wirkung der Magnetfeldtherapie
bzw. der einzelnen Geräte auf bestimmte Krankheiten(z.B. Tumorerkrankungen)
nachweisen zu können. Derzeit liegen kaum sachkundige Angaben über
diagnosespezifische Anwendungen der Magnetfeldtherapie vor.

7. Der oberste Sanitätsrat ist zu beauftragen eine gutachterliche Stellungnahme zur

sinnvollen und risikolosen Anwendung der Magnetfeldtherapie als Begleittherapie - unter
Berücksichtigung des Einsatzes dieser bei Tumorerkrankungen - abzugeben. Diese ist bis
31.10.2003 dem Nationalrat vorzulegen.