104/A XXII. GP

Eingebracht am 29.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Donabauer, Lichtenegger
und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 86, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/2001,
wird wie folgt geändert:

1. Der Titel dieses Bundesgesetzes lautet:

"Bundesgesetz vom 23. Jänner 1975 über den Verkehr mit Lebensmitteln einschließlich
Nahrungsergänzungsmittel, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen
(Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975)"

2. § l Abs. l lautet:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ist auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln einschließlich
Nahrungsergänzungsmittel, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen anzuwenden."

3. In den §§ 4, 6, 7, 8, 10 Abs. l, U, 12, 13, 14, 19 Abs. l, 20, 21 Abs. l, 22 Abs. l, 24, 25, 25a Abs. l, 28 Abs.
l, 29, 30 Abs. l, 2 und 5, 38, 56 Abs. l, 61, 63, 65 Abs. l und 74 Abs. l, 2 und 3 wird das Wort
"Verzehrprodukt" in all seinen grammatikalischen Formen durch das Wort "Nahrungsergänzungsmittel" in der
jeweils entsprechenden grammatikalischen Form ersetzt.

4. §2 lautet:

"Lebensmittel

§ 2. Lebensmittel sind alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach
vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder
unverarbeitetem Zustand von Menschen zu Ernährungs- oder Genusszwecken aufgenommen werden."

5. § 3 lautet:

"Nahrungsergänzungsmittel

§ 3. Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu
ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Vitaminen oder Mineralstoffen oder sonstigen
Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in Verkehr
gebracht werden, d.h. in Form von z.B. Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen
Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen
Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen."

6. In § 8 lit. f wird die Wortfolge "oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9)" durch die
Wortfolge "oder mit verbotenen krankheitsbezogenen Angaben (§ 9)" ersetzt.

7. § 9 lautet:

"Verbot krankheitsbezogener Angaben

§ 9. Es ist verboten, beim Inverkehrbringen einem Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzstoff
Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den
Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen."

8. § 17 Abs. l letzter Satz lautet:

"Wahrheitsgemäße Angaben über den diätetischen Zweck sind keine nach § 9 verbotenen Bezeichnungen."

9. § 18 lautet:

"Nahrungsergänzungsmittel

§ 18. (1) Es ist verboten, Nahrungsergänzungsmittel vor ihrer Meldung beim Bundesministerium für soziale
Sicherheit und Generationen in Verkehr zu bringen.

(2) Mit der Meldung gemäß Abs. l ist ein Muster des für das Nahrungsergänzungsmittel verwendeten
Etiketts vorzulegen."

10. § 26 Abs. 2 lautet:

"(2) § 8 lit. a und b sowie § 8 lit. f, ausgenommen die Wortfolge "oder mit verbotenen krankheitsbezogenen
Angaben (§ 9)", gelten sinngemäß."

11. §28 Abs. l letzter Absatz lautet:
"§ 8 lit. a und f gelten sinngemäß."

12. § 40 Abs. 1 lit. a Z 3 lautet:

"3. trotz Untersagung nach § 17 Abs. 4 in Verkehr gelangen oder"

13. § 74 Abs. 4 Z 4 lautet:

"4. den nach den §§ 17 Abs. 4, 22 bis 24 oder 34 Abs. 3 getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt,"

 


Begründung

I. Allgemeines

Es besteht ein dringender Anpassungsbedarf des Lebensmittelgesetzes an das Gemeinschaftsrecht im Hinblick
auf die jüngsten Urteile des EuGH im Bereich gesundheitsbezogener Angaben sowie die neue
"Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie". Diese Anpassungen sind unter Gewährleistung des Schutzes der
Verbraucher herbeizuführen. Es ist zu berücksichtigen, dass sich das Leitbild des Verbrauchers in den letzten 25
Jahren gewandelt hat und grundsätzlich von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und
verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist.

Für den Bund sind keine Kosten zu erwarten. Für andere Gebietskörperschaften (Organe der Länder gemäß
§ 35 Abs. l LMG 1975 und der Gemeinden gemäß § 35 Abs. 3 LMG 1975) ist festzuhalten, dass diese bereits
jetzt mit der Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen betraut sind.

II. Zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu Punkt l bis 5:

Aufgrund der Richtlinie 2002/46/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Nahrungsergänzungsmittel, welche bis 31.7.2003 umzusetzen ist, ist es erforderlich, das Verfahren gemäß
§ 18 LMG 1975 zu reformieren und dem Gemeinschaftsrecht anzupassen. In diesem Zusammenhang ist der
Begriff „Verzehrprodukte" gemäß § 3 LMG 1975 durch den Begriff „Nahrungsergänzungsmittel“ zu ersetzen
und der Begriff „Lebensmittel" gemäß dem neuen EU-Lebensmittelrecht (Verordnung EG Nr. 178/2002 des
Europäischen Parlamentes und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des
Lebensmittelrechts, zur Errichtung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und ...) zu definieren.
Der Begriff „Lebensmittel" umfasst somit auch Nahrungsergänzungsmittel".

Zu Punkt 6 - 8:

§ 9 LMG 1975 sieht ein Verbot gesundheitsbezogener Angaben bei Lebensmitteln, Verzehrprodukten und
Zusatzstoffen vor. Allerdings besteht gemäß § 9 Abs. 3 LMG 1975 die Möglichkeit der bescheidmäßigen
Zulassung gesundheitsbezogener Angaben für Lebensmittel und Verzehrprodukte, wenn dies mit dem Schutz der
Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist.

In dieser Bestimmung hat die Europäische Kommission - zusammengefasst - ein Handelshemmnis gesehen
(Widerspruch zur Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG) und daher ein Vertragsverletzungsverfahren (RS C-
221/00) gegen Österreich angestrengt. Zusätzlich hatte auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof bei ihm
anhängige Beschwerdeverfahren zu § 9 LMG 1975 ausgesetzt und den EuGH um Vorabentscheidung ersucht
(Vorabentscheidungsverfahren).

Nunmehr liegt die Entscheidung des EuGH vor. In seinem Urteil vom 23. Jänner 2003 sieht der EuGH das
generelle Verbot gesundheitsbezogener Angaben und die Ausnahmegenehmigung gemäß § 9 Abs. 3 LMG 1975
als gemeinschaftsrechtswidrig an. Der Grundsatz des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes in Verbindung mit der
unmittelbaren Anwendbarkeit des vorliegenden Urteils hat nun zur Folge, dass § 9 LMG 1975 nicht mehr
anwendbares nationales Recht darstellt. Es erfolgt daher eine Anpassung an die Etikettierungsrichtlinie
79/112/EWG (kodifizierte Fassung: 2000/13/EG), d.h. das Verbot krankheitsbezogener Angaben wird aufrecht
erhalten; das Verbot irreführender Angaben ist bereits durch §§ 7 und 8 LMG 1975 verwirklicht.

Die Bestimmung des § 17 Abs. l LMG 1975 war entsprechend anzupassen.
Zu Punkt 9:

Für Nahrungsergänzungsmittel sind durch die Installierung eines Meldesystems, welches Artikel 10 der
Richtlinie 2002/46/EG entspricht, besondere Schutzmaßnahmen im Vergleich zu anderen Lebensmitteln
vorgesehen. Der Schutz der Verbraucher wird durch eine koordinierte, risikoorientierte Überwachung unter
Einbindung der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, und der gemäß § 49
autorisierten Untersuchungsanstalten der Länder und Gemeinden sichergestellt.

Zu Punkt 10 - 11:

Bedingt durch die Änderung des § 9 LMG 1975 sind auch die entsprechenden Bestimmungen für kosmetische
Mittel und Gebrauchsgegenstände anzupassen, wobei bei letzteren keine entgegenstehenden Bestimmungen auf
Gemeinschaftsebene vorliegen.

Betreffend kosmetische Mittel ist hingegen auf Artikel 6 Abs. 3 der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel zu verweisen, wonach die Mitgliedstaaten alle
erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass bei der Etikettierung, der Aufmachung für den


Verkauf und der Werbung für kosmetische Mittel nicht Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und
andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale vortäuschen, die die betreffenden
Erzeugnisse nicht besitzen. Der erschöpfende Charakter dieser Regelung bedingt, - so der Europäische
Gerichtshof - dass die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt sind, strengere nationale Maßnahmen zum Zweck der
Bekämpfung irreführender Werbung in Bezug auf die Merkmale kosmetischer Mittel zu erlassen (vgl. Urteil des
EuGH vom 24. Oktober 2002, Rechtssache C-99/01).

Zu Punkt 12 - 13:

Die Wortfolge "§ 18 Abs. 2" ist - aufgrund der Änderung des § 18 LMG 1975 - in der Bestimmung betreffend
die vorläufige Beschlagnahme und in den Verwaltungsstrafen zu streichen.

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Gesundheitsausschuss
zuzuweisen.