154/A XXII. GP

Eingebracht am 13.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Dr. Matznetter, Verzetnitsch, Spindelberger,

Erika Scharer

und Genossinnen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz

geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarkt geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz, mit den das Kapitalmarktgesetz geändert wird.

Das Kapitalmarktgesetz BGBL l Nr. 97/2001, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGBL l Nr. 97/2001 wird wie folgt geändert:

Artikel l

1.  In § 3 Abs. 1 Z 9 wird die Zahl 40.000 Euro durch die Zahl 100.000 Euro
ersetzt und lautet nun wie folgt:

"Wertpapiere oder Veranlagungen, die in Stückelungen (Anteilen) zu
mindestens 100.000 Euro oder dem entsprechenden Euro-Gegenwert in einer
ausländischen Währung oder in einer Rechnungseinheit angeboten werden
oder Wertpapiere oder Veranlagungen, die nicht unter diesem Wert oder
Gegenwert von einem einzelnen Anleger erworben werden können;"


2. § 5 Abs 4 lautet wie folgt:

„ Das Rücktrittsrecht nach Abs. 1 erlischt mit Ablauf von 14 Tagen nach dem
Tag, an dem der Prospekt oder die Angaben nach § 6 veröffentlich wurden.
Das Rücktrittsrecht nach Abs. 2 erlischt mit Ablauf von 14 Tagen nach dem
Tag, an dem dem Verbraucher der Erwerb gemäß § 14 Z 3 bestätigt wurde."

3. § 7 Abs 1 lautet wie folgt:

㤠7. (1) Der Prospekt ist in deutscher oder englischer Sprache zu erstellen,
wobei im zweiten Fall eine beglaubigte Übersetzung beizufügen ist. Dieser hat
alle Angaben zu enthalten, die es den Anlegern ermöglichen, sich ein
fundiertes Urteil über die Vermögenslage, insbesondere über die Vermögens-,
Finanz- und Ertragslage des Emittenten und dessen Entwicklungsaussichten
und über die mit den Wertpapieren oder den Veranlagungen verbundenen
Rechte zu bilden."

4. § 11 lautet wie folgt(Prospekthaftung):

„§ 11. (1) Jedem Anleger haften für den Schaden, der ihm im Vertrauen auf
die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Prospektangaben (§ 7) oder der
sonstigen nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Angaben (§§ 6 und 10),
die für die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen erheblich sind,
entstanden ist,

1.       der Emittent für durch eigenes Verschulden oder durch Verschulden
seiner Leute oder sonstiger Personen, deren Tätigkeit zur
Prospekterstellung herangezogen wurde, erfolgte unrichtige oder
unvollständige Angaben,

2.       der Prospektkontrollor für durch eigenes Verschulden oder durch

Verschulden seiner Leute oder sonstiger Personen, deren Tätigkeit zur
Prospektkontrolle herangezogen wurde, erfolgte unrichtige oder
unvollständige Kontrollen,

3.       derjenige, der im eigenen oder im fremden Namen die

Vertragserklärung des Anlegers entgegengenommen hat und der
Vermittler des Vertrages, sofern die in Anspruch genommene Person
den Handel oder die Vermittlung von Wertpapieren oder
Veranlagungen gewerbsmäßig betreibt und sie oder ihre Leute die
Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Anlagen im Sinne der Z 1 oder
der Kontrolle gekannt haben oder infolge Fahrlässigkeit nicht gekannt
haben, und

4.       der Abschlussprüfer, der in Kenntnis der Unrichtigkeit oder

Unvollständigkeit der Angaben im Sinne der Z 1 und in Kenntnis, dass
der von ihm bestätigte Jahresabschluss eine Unterlage für die
Prospektkontrolle darstellt, einen Jahresabschluss mit einem
Bestätigungsvermerk versehen hat.

Bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes beim Prospektkontrollor braucht der
Anleger das Vorliegen des in den Z 1 oder 2 genannten Verschuldens nicht zu
beweisen. Die Haftung nach Z 3 besteht nur gegenüber jenem Anleger, dessen


Vertragserklärung ein Haftungspflichtiger entgegengenommen oder dessen Erwerb
von Wertpapieren oder Veranlagungen er vermittelt hat.

(2) Bei Wertpapieren oder Veranlagungen ausländischer Emittenten trifft

die Haftpflicht gemäß Abs. 1 Z 1 auch denjenigen, der das prospektpflichtige
Angebot im Inland gestellt hat.

(3) Trifft die Haftpflicht mehrere, so haften sie zur ungeteilten Hand. Ihre Haftung
wird nicht dadurch gemindert, dass auch andere für den Ersatz desselben
Schadens haften.

(4) Die Haftpflicht kann im voraus zum Nachteil von Anlegern weder
ausgeschlossen noch beschränkt werden.

(5) Ersatzansprüche können nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass
infolge unrichtiger oder unvollständiger Prospektangaben die im Prospekt
beschriebenen Wertpapiere oder Veranlagungen nicht erworben wurden.

(6) Die Höhe der Haftpflicht gegenüber jedem einzelnen Anleger ist nicht
begrenzt. Bei unentgeltlichem Erwerb ist der letzte bezahlte Erwerbspreis
zuzüglich Spesen und Zinsen ab Zahlung des Erwerbspreises maßgeblich.

(7) Schadenersatzansprüche aus der Verletzung anderer gesetzlicher
Vorschriften oder aus der Verletzung von Verträgen bleiben hievon
unberührt."

Artikel II
Inkrafttreten

Dieses Bundesgesetz trifft am 1. November 2003 in Kraft.

Über diesen Antrag wird die Anberaumung einer Ersten Lesung innerhalb von 3
Monaten verlangt.

Zuweisungsvorschlag: Finanzausschuss


Begründung

Mit diesem Gesetzesantrag werden konsumentenrechtlich nachteilige Bestimmungen
im Kapitalmarktgesetz korrigiert. Damit wird insgesamt der Anlegerschutz verstärkt.
Dies nicht zuletzt aus aktuellen Gründen, da im Rahmen der privaten Altersvorsorge
beispielsweise Anteile und sonstige Beteiligungen an kapitalgedeckten
Pensionsinvestmentfonds (PIF's) bzw. anderen privaten Pensionsmodellen mit
hohen Renditeversprechungen heftigst beworben wurden und werden. Allerdings
befinden sich nun die Pensionsinvestmentfonds „Tief im Minus".
Und nun kommt die „Zukunftsvorsorge neu" (entweder als Fondsvariante oder als
Versicherungsprodukt). 4 % - 6 % Ertrag soll die „Zukunftsvorsorge neu" nach
Schätzung der Anbieter bringen. Trotz staatlicher Förderung sind aber viele Fragen
ungeklärt, insbesondere auch, ob die Kapitalgarantie und Prämiengarantie sowie
Steuerfreiheit langfristig aufrecht bleiben. Denkbar ist natürlich auch wieder eine
Anlassgesetzgebung wie beim Pensionskassengesetz, wenn die Börsenkurse fallen
und die prognostizierten bzw. versprochenen Erträge nicht vorhanden sind.

Ungeklärt sind die Höhe der diversen Gebühren (Ausgabeaufschlag und jährliche
Managementgebühren), Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie die
Sicherungskosten für die sog. Kapitalgarantie. Bemerkenswert ist, dass keine
Mindestverzinsung in Höhe der Inflation garantiert wird und die Inflation durch die
reine Kapitalgarantie nicht abgegolten wird. Dies kann zu langfristig realer
Kapitalverminderung führen. Besonders riskant ist aber die Abhängigkeit von der
Entwicklung der Wiener Börse, da der Aktienanteil von mindestens 40 % dort zu
investieren ist. Dieses Risiko kann besonders deutlich bei der Entwicklung der
Pensionsinvestmentfonds, die trotz staatlicher Förderungen Millioneneinbußen an
der Börse hinnehmen mussten, nachvollzogen werden.

Die österreichische Nationalbank hat als „neutrale Institution" am 10.6.2003 auf die
Kursrisiken in der neuen staatlich geförderten Privatvorsorge aufmerksam gemacht.
OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher betonte dabei er hielte es aber für
unverantwortlich, nicht darauf hinzuweisen, dass dies keine „Einbahnstraße" sei.
„Das ist kein Game, das immer nur Gewinne kennt."

Der 5. Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB weist auf die möglichen Risken der
„Zukunftsvorsorge" in durchaus scharfer Form hin. Wörtlich heißt es in diesem
Bericht: „Die Konzentration der staatlichen Förderung der institutionalisierten
individuellen Altersvorsorge auf ein Produkt mit einem hohen Anteil inländischer
Aktien birgt...... nicht unbeträchtliche finanzökonomische Probleme in sich."


Darüber hinaus wird die Inlandsquote kritisiert sowie auch das Argument, dass die
staatlich geförderte Zukunftsvorsorge den heimischen Kapitalmarkt auf Sicht
wesentlich beleben wird.

Die Bundesregierung beabsichtigt trotzdem die staatlich geförderte private
Altersvorsorge weiter zu forcieren: „Neben der Sicherung der Pensionen durch das
Umlageverfahren (1. Säule) wird als Ergänzung auch der Ausbau der betrieblichen
und der individuellen Altersvorsorge (2. und 3. Säule), vor allem im Lichte einer
zusätzlichen Altersvorsorge und entsprechender internationaler Gepflogenheiten
weiter forciert
(siehe Entschließungsantrag der Abgeordneten Molterer, Scheibner
vom 11.6.2003)". Statt einer langfristigen Absicherung des gesetzlichen
Pensionsrechts und des Umlageverfahrens werden damit die Menschen in
Österreich risikoträchtigen privaten Vorsorgemodellen ausgesetzt, für die gegenüber
dem ABGB die eingeschränkten „Anlegerschutzbestimmungen" (z.B. Haftung) des
Kapitalmarktgesetzes zur Anwendung gelangen. Dies erfordert eine Änderung des
Kapitalmarktgesetzes und auch eine generelle Verbesserung der einschlägigen
Publizitätsvorschriften.

Konsumentenschützer (z.B. Arbeiterkammer Niederösterreich) warnen jetzt bereits
vor üblen Geschäftspraktiken beim Verkauf privater Vorsorgeprodukte. Die Gründe
sind einleuchtend: Die Pensionsreform der Bundesregierung hat die Menschen in
Österreich einerseits weiter verunsichert, andererseits veranlasst dies immer mehr
Menschen für private Altersvorsorge vorzusehen. Die negative Folge davon ist, dass
Banken, Versicherungsuntemehmungen sowie Strukturvertriebe in diesen Markt
groß einsteigen wollen. Neue Mitarbeiter - ohne entsprechende Qualifikation -
versuchen zu entsprechenden Abschlüssen zu kommen. Mit unseriösen Methoden
wird versucht an das Geld von verunsicherten Konsumentinnen zu kommen.

Tausende Menschen in Österreich haben den Versprechungen der Anbieter von
Pensionsinvestmentfonds geglaubt und dort investiert. Die Entwicklung spricht
allerdings eine andere Sprache.

„8 Prozent Durchschnittsrendite hatten einige Anbieter einst bei Auflage der
Pensionsinvestmentfonds (PIFs) prognostiziert. Nun, davon kann zumindest bislang
keine Rede sein. Im Gegenteil: Seit Anfang 2000 sind sämtliche österreichischen
Pensionsinvestmentfonds im Minus. Das Börsen-Dauertief hat - so wie bei anderen
gemischten Fonds heimischer Banken und Kapitalanlagegesellschanen auch - zu
teils massiven Kursverlusten geführt. Lediglich bei Fonds mit geringem Aktienanteil
halten sich die Verluste derzeit in Grenzen" (Konsument 6/2003).

Aus der anschließenden Aufstellung ergeben sich äußerst eindrucksvoll die aktuellen
Einbußen der einzelnen Pensionsinvestmentfonds aufgrund der Verluste an der
Börse.


Pensionsinvestmentfonds:
Schwer im Minus

 

Werteentwicklung
in % *)

 

Aktienquote
derzeit

 

Fonds

 

staatl
inkl.

 

. Prämie
exkl.

 

in%

 

Raiffeisen-Pensionsfonds Sicherheit

 

- 0,81

 

-6,41

 

30

 

BAWAG P.S.K. PIF Ausgewogen

 

- 4,01

 

-9,54

 

36

 

Volksbank-Pension

 

- 4,23

 

-9,84

 

31

 

ESPA PIF MIX

 

-4,29

 

-9,93

 

34

 

Klassik Pension Ertrag

 

- 5,04

 

-0,53

 

36

 

Capital Invest Pensionsinvest traditionell

 

- 5,18

 

-10,75

 

30

 

Kepler Pensionsfonds Sicherheit

 

- 6,77

 

-12,29

 

34

 

3 Banken Defensiv-PIF

 

- 8,54

 

-14,00

 

35

 

Raiffeisen-Pensionsfonds Ertrag

 

- 8,77

 

-14,08

 

40

 

BAWAG P.S.K. PIF Dynamisch

 

-10,98

 

-16,37

 

55

 

RINGTURM PIF-traditionell

 

-12,45

 

-17,89

 

33

 

Capital Invest Pensionsinvest klassisch

 

-13,32

 

-18,62

 

50

 

S-Penslons Vorsorge-OÖ/PIF

 

-14,07

 

-19,35

 

53

 

Kepler Pensionsfonds Ertrag

 

-15,88

 

-21,10

 

48

 

Raiffeisen-Pensionsfonds Wachstum

 

-17,46

 

-22,47

 

60

 

ESPA PIF TOP

 

-17,65

 

-22,87

 

61

 

Volksbank-Pension Plus

 

-18,13

 

-23,24

 

60

 

SKWB Schoellerbank PIF

 

-18,88

 

-23,83

 

60

 

Klassik Pension Wachstum

 

-19,88

 

-24,86

 

66

 

Allianz Invest Pension Plus

 

-20,34

 

-25,43

 

70

 

RINGTURM PIF-dynamisch

 

-20,91

 

-26,15

 

41

 

Capital Invest Pensionsinvest dynamisch

 

-21,36

 

-26,38

 

70

 

3 Banken Offensiv-PIF

 

-24,19

 

-29,12

 

60

 

Kepler Pensionsfonds Wachstum

 

-24,32

 

-29,25

 

63

 

•) Werteentwicklung vom 1.1. 2000 bis 26.2. 200360

Um den Anlegerschutz für Produkte der Zukunftsvorsorge langfristig sicherzustellen
ist aus den dargelegten Gründen eine Änderung des Kapitalmarktgesetzes
notwendig sowie eine Verbesserung bei den Publizitätsvorschriften.

Zu den Änderungen des Kapitalmarktgesetzes im einzelnen:

Die Verlängerung der Rücktrittsfrist auf 14 Tage entspricht einerseits dem Ziel alle
konsumentenrechtlichen relevanten Rücktrittsfristen in Österreich zu vereinheitlichen,
andererseits auch der europäischen Tendenz bei bestimmten Verbraucherverträgen
eine 14tägige Rücktrittsfrist vorzusehen (zuletzt siehe Entwurf EU -
Verbraucherkredit-Richtlinie).

Ein Prospekt ausschließlich in englischer Sprache ist für nichtprofessionelle Anleger
schwer zu lesen und zu durchschauen. Um mögliche Fehlentscheidungen und
finanzielle Nachteile möglichst gering zu halten, werden Anbieter verpflichtet
zumindest eine beglaubigte Übersetzung in deutscher Sprache dem Prospekt
beizufügen, wobei damit der deutsche Wortlaut für die Veranlagung maßgeblich ist.

Die Haftung nach dem Kapitalmarktgesetz bleibt in der derzeit gültigen Fassung
hinter der nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und auch nach
dem Börsegesetz zurück. Der Prospektkontrollor und der Anbieter sowie Vermittler
der Anlage sollen daher ebenfalls bereits für leichte Fahrlässigkeit zu haften haben.
Eine derartige Regelung ist im Kapitalmarktgesetz zu verankern, weil das


Kapitalmarktgesetz in der derzeit gültigen Fassung nur eine Haftung für grobe
Fahrlässigkeit vorsieht.

Auch die Beschränkung der Schadensersatzhöhe im Kapitalmarktgesetz stellt eine
Verschlechterung gegenüber den Schadenersatzbestimmungen im ABGB dar. Da
diese sachlich nicht gerechtfertigt ist, wird diese Beschränkung im
Kapitalmarktgesetz korrigiert.

Die derzeit gültige Sonderverjährungsfrist ist sachlich ebenfalls nicht nachvollziehbar,
daher folgt eine ersatzlose Streichung von § 11 Abs. 7 i. d. Fassung BGBL l Nr.
97/2001 Kapitalmarktgesetz (KMG).