221/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 24.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

betreffend Auftrag an die Zukunftskommission - Berücksichtigung der sozialen
Problematik im Österreichischen Schulsystem

Kinder aus weniger begüterten Familien mit niedrigem Bildungsstand der Eltern
haben nach wie vor deutlich weniger Chancen im österreichischen Bildungssystem
als jene aus sozioökonomisch bevorzugtem Umfeld. Das zeigen Daten aus der
internationalen Bildungsvergleichsstudie „PISA" und Studien des Instituts für
Bildungsforschung.

Der von Österreich zusätzlich durchgeführte Vergleich der Ergebnisse der „PISA-
Studie" zwischen den zehn reichsten Staaten Europas zeigt sehr deutlich die hohe
Abhängigkeit der Schülerinnenleistungen von der Schulbildung der Eltern. In
Finnland, dem Spitzenreiter in der „PISA"-Studie, beträgt der durchschnittliche
Leistungsunterschied zwischen Schüler
Innen, deren Eltern der höchsten
Bildungsschicht angehören, und jenen, deren Eltern der niedrigsten Bildungsschicht
angehören, 39 Punkte, in Irland sind es 37,5 Punkte. In Österreich sind es dagegen
91,5 Punkte. Eine Stufe in der fünfteiligen PISA-Skala beträgt 41 Punkte. Während
es einigen Ländern also gelingt, die Unterschiede innerhalb einer Stufe zu halten
liegt der durchschnittliche Unterschied in Österreich bei weit mehr als 2 Stufen.

In allen neun Ländern, die in der PISA-Studie bei der Lesekompetenz vor Österreich
rangieren, bestehen die Leistungsunterschiede vorwiegend innerhalb einer Schule.
In Österreich dagegen sind die Unterschiede zwischen den Schulen viel größer. Das
ist das Ergebnis der frühzeitigen Selektion in Österreich nach der vierten Klasse
Volksschule. Auch in der PISA-Studie wird der "Abbau der sozioökonomischen
Segregation zwischen den Schulen" als mögliche Strategie dargestellt, um dem
Problem der Unterschiede zwischen den Schulen beizukommen.

Dass der größte Einfluss auf die Bildungskarriere der Kinder vom Bildungsniveau der
Eltern ausgeht, belegen auch Studien des Österreichischen Instituts für
Familienforschung. Demnach maturieren 80 Prozent der Kinder von Akademikern.
Bei Kindern von Eltern mit Pflichtschulabschluss sind es hingegen nur zehn Prozent -
ein Verhältnis, das sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert hat.
Ähnliches gilt im Bereich der Hochschulbildung: Gerade einmal 40 % der
Studienanfängerinnen sind Kinder von Eltern ohne Matura - Tendenz rückläufig.

Angesichts dieser Daten muss sich die Zukunftskommission mit der Frage
auseinander setzen, wie die soziale Problematik im Schulsystem abgemildert werden
kann. Auch wenn das Schlagwort Chancengleichheit nicht umsetzbar ist, muss es in
der Bildungspolitik immer um eine Chancenangleichung gehen. Es ist daher
notwendig, dass die Zukunftskommission mit Themen wie Frühförderung im
Vorschulbereich, individueller Förderung von Kindern aus sozioökonomisch
benachteiligten Schichten und Überprüfung der Auswirkungen der frühen Selektion
nach vier Schuljahren beschäftigt.


Die Zukunftskommission wurde mit der Aufgabe betraut ein umfassendes
Reformkonzept für das österreichische Schulwesen vorzulegen. Wesentliche
Themenbereiche wurde dabei jedoch entweder vergessen oder dezidiert aus der
Diskussion genommen. So etwa die Frage nach Änderungen in der
Schulorganisation, die, so BM Gehrer, ausdrücklich Aufgaben des
Österreichkonvents wären. Eine Schulreform ist jedoch ohne Berücksichtigung der
Fragen der Schulorganisation nicht denkbar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert die
Zukunftskommission mit der Ausarbeitung eines umfassenden Maßnahmenpaketes
für die Lösung der sozialen Problematik im Österreichischen Schulsystem zu
betrauen. Weiters soll die Zukunftskommission die Möglichkeit erhalten, Fragen der
Schulorganisation zu diskutieren.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss
vorgeschlagen.