256/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 12.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Lackner, Renate Csörgits, Erika Scharer,
Beate Schasching, Heidrun
Silhavy, Ing. Kaipel, Dr. Kräuter, Mag. Maier, Spindelberger
und
GenossInnen
betreffend Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und
Harmonisierung des Beitrags-
und Leistungsrechts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
Unter dem Eindruck steigender Ausgaben im
Gesundheitswesen wurden in den 80er und 90er
weltweit Kostenbeteiligungen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen
eingeführt.
Auch in Österreich werden mittlerweile rund 18 Prozent der Gesundheitsausgaben
über
Selbstbehalte finanziert, damit liegt Österreich mit Finnland, Italien,
Griechenland und
Portugal
im europäischen Spitzenfeld.
In den meisten OECD-Staaten ist der Anteil der
Selbstbehalte an den Gesundheitsausgaben
relativ
gering. Angesichts des Ungewissen Risikos und hoher individueller Kosten von
Erkrankungen wird dem solidarischen Finanzierungsausgleich generell der Vorzug
gegeben.
Öffentlich finanzierte Gesundheitssysteme beziehen die
Beiträge (Steuern) auf die
Einkommenshöhe und nicht wie in einer Privatversicherung auf das
unterschiedliche
Erkrankungsrisiko. Im Fall der Inanspruchnahme erfolgt die Bezahlung der
Anbieter durch
eine dritte Partei. Abgesehen von Zeit- und Reisekosten entstehen für Patienten
keine
unmittelbaren
Kosten.
Obwohl soziale und wirtschaftliche Gründe für dieses
System sprechen, werden fehlende
Eigenleistungen kritisiert. Es wird damit argumentiert, dass dadurch überzogene
Nachfrage
erzeugt
und die Gesundheitsausgaben außer Kontrolle geraten würden.
Die Befürworter von Selbstbehalten argumentieren:
1.
Es kommt zu
einem erhöhten Kostenbewusstsein auf Verbraucherseite und damit zu einem
Anreiz nicht notwendige ärztliche Kontakte einzuschränken und daher zu
eingedämmten
Kosten.
2. Gleichzeitig werden Selbstbehalte
als ergänzendes Finanzierungsinstrument angepriesen,
welche anstelle öffentlich aufgebrachter Mittel treten.
3. Indem Selbstbehalte die Funktion
von Preisen zugesprochen wird, welche unmittelbar mit
der Inanspruchnahme von Leistungen zu zahlen sind, werden Präferenzen von
Patienten
direkt gegenüber den Anbietern von Gesundheitsleistungen geäußert.
4. Im Verhältnis zum Arzt oder
anderen Anbietern wird argumentiert, dass die Rolle der
Patienten gestärkt würde, da diese nunmehr als Zahler auftreten.
5. In diesen Konzepten sollen
Entscheidungen von der politischen oder Service-
Verwaltungsebene direkt auf die Konsumenten einer Leistung verlagert
werden.
Die theoretischen Annahmen - von denen letztlich auch
die Wirkungen abhängen -
sind:
a.) die Elastizität der Nachfrage auf erhöhte Preise;
b.) die Unabhängigkeit von Angebot und Nachfrage;
c.) Patienten treffen ihre Entscheidungen auf der Grundlage vollständiger Information.
Würden diese Annahmen zutreffen, müssten mit höherem
Anteil der Selbstbehalte ein
relativer Unterschied bei der Inanspruchnahme von Leistungen und
korrespondierenden
Ausgaben
für Gesundheitsleistungen zumindest ansatzweise erkennbar sein.
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Selbstbehalte Arzt- Verschreibungen
Spital *)
Ausgaben
% der Ausgaben besuch
Aufnahme % BIP pro Kopf $
(Verweildauer)
Italien |
22,9 |
6,1 |
5,8 |
117,6 |
(7,2) |
8,1 |
2.031 |
Finnland |
20,6 |
4,3 |
5,0 |
203,0 |
(4,4) |
6,6 |
1.664 |
Austria |
18,6 |
6,7 |
12,5 |
283,0 |
(6,3) |
8,0 |
2.162 |
USA |
15,3 |
5,8 |
-,— |
117,6 |
(5,9) |
13,0 |
4.631 |
UK |
10,8 |
5,4 |
10,6 |
147,0 |
(6,2) |
7,3 |
1.763 |
Deutschland |
10,6 |
6,5 |
9,5 |
205,2 |
(7,2) |
10,6 |
2.748 |
Quelle: OECD-Gesundheitsdaten, jeweils letzt verfugbares Jahr
*) Die Zahlen in der
Tabelle zeigen die Inanspruchnahme pro Kopf der Bevölkerung. Bei
Spitälern
sind die Aufnahmen pro l .000 Einwohner dargestellt, in der Klammer die
Verweildauer
in Tagen.
Die Gegenüberstellung zeigt deutlich den fehlenden
Zusammenhang zwischen der Höhe
von Selbstbehalten, der Nutzung und den Kosten von Gesundheitsleistungen.
Dies erklärt sich aus der Besonderheit des
Gesundheitswesens, wonach für die Entwicklung
der Ausgaben die von den Anbietern bestimmte Intensität der diagnostischen und
therapeutischen Leistungen maßgeblich ist, welche von der Nachfrage kaum
beeinflussbar
ist.
Zudem gibt es kein homogenes Gut
„Gesundheitsleistungen", vielmehr zeichnen sich Güter
und Dienstleistungen im Gesundheitswesen durch eine Vielzahl unterschiedlicher
und
vielfältiger
Charakteristika aus. Manche sind öffentliche Güter oder rein private Güter,
viele
Leistungen
vereinen beide Charakteristika in sich: der Nutzen ist nicht bloß auf
Individuen
beschränkt, welche die Leistung beanspruchen, sondern erstreckt sich auch auf
andere, die an
der Transaktion nicht direkt beteiligt sind.
In aller Regel sind Konsumenten von Gesundheitsleistungen
nicht in der Lage, eine
informierte Entscheidung zu treffen. Es ist der Arzt, der auf der Grundlage
seiner
Fachkenntnisse und im Rahmen qualitätssichernder gesetzlicher Vorgaben
über die Art
und den Umfang der angebrachten Behandlung entscheidet.
Diese Besonderheit im Gesundheitswesen, auch als
asymmetrische Information bezeichnet,
begründet den Marktfehler der angebotsgesteuerten Nachfrage.
Damit ist aber die angenommene Unabhängigkeit von Angebot
und Nachfrage nicht
länger aufrecht zu erhalten und die Wirksamkeit von generellen
Selbstbehalten als
nachfrageorientiertes Steuerungsinstrument in Frage gestellt.
Empirie zu Selbstbehalten
Inzwischen liegen gesicherte Erkenntnisse vor, die eine
Beurteilung der Wirkungen von
Selbstbehalten zulassen. Es ist nachweisbar, dass sich Selbstbehalte auf
Aspekte sozialer
Gerechtigkeit nachteilig auswirken, die ökonomischen Lenkungseffekte äußerst
schwach sind
und die finanzielle Ergiebigkeit von gegenläufigen Mehrausgaben überlagert
wird.
Ursprüngliche Annahmen über die Reaktion der Nachfrage
auf Preisimpulse waren sehr roh
und
ungenau. Die Preiselastizität der Nachfrage (PEN) wurde zwischen 0 und
elastisch (-1,5)
eingeschätzt. Nach dem Stand der Erkenntnisse aus der Mitte der 80er Jahre
wurde
anerkannt, dass der Preis eine Rolle spielt.
Mittlerweile liegen tiefergehende empirische
Untersuchungen vor, die bekanntesten
Vorläufer
im Health Insurance Experiment (HIE) finden, eine Studie, die von
der RAND
Corporation zwischen 1974 und 1982 in den USA durchgeführt wurde.
Trotz einiger
Unzulänglichkeiten
sind die Ergebnisse aussagekräftig und inzwischen durch andere
Untersuchungen
weitgehend bestätigt worden.
Je nach Höhe der Eigenbeteiligung liegt die Reaktion der
Nachfrage in den Bereichen -0,17
(Selbstbehalt = 0-25 %) und -0,22 (Selbstbehalt = 25-95 %). Verglichen
mit anderen
Gütern ist die Elastizität der Nachfrage nach
Gesundheitsgütern relativ gering.
Differenziert betrachtet ist die Preiselastizität der
Nachfrage am höchsten bei präventiven
Leistungen (0,43) und am niedrigsten bei Spitalsaufenthalten (0,14). Die
systematische
ausgeprägte
niedrigere Preiselastizität bei stationärer Versorgung bringt die Schwere der
Erkrankung
zum Ausdruck.
Selbstbehalte haben komplementäre Wirkung: höhere
Selbstbehalte für ambulante
Leistungen
fuhren auch zu einem Rückgang bei Spitalsaufenthalten, auch wenn dafür kein
Beitrag zu leisten ist.
Als Konsequenz der äußerst geringen Elastizität der
Nachfrage auf Preisimpulse sind die
kostendämmenden
Wirkungen natürlich ebenso eingeschränkt. Dieser Zusammenhang wurde
in
einer Untersuchung (1997) in den Niederlanden eindrucksvoll bestätigt
und war mit
einer der Gründe warum die generellen Selbstbehalte beseitigt wurden.
Einkommenseffekt
Aufgrund von Studien Ergebnissen ist nachweisbar, dass mit steigendem
Einkommen
tatsächlich auch die Nachfrage nach anspruchsvolleren und teureren
Behandlungsmethoden steigt.
Vorliegende Untersuchungen haben inzwischen auch
nachgewiesen, dass Bezieher niedriger
Einkommen stärker auf Preiserhöhungen reagieren und zudem die so verringerte
Inanspruchnahme zu nachteiligen gesundheitlichen Konsequenzen führen
kann.
Die RAND HIE-Studie hat gezeigt, dass Selbstbehalte
für das unterste
Einkommensquartil mit einem um 10 Prozent höherem Sterblichkeitsrisiko
verbunden
sind.
Gleiches konnte in einer kanadischen Studie nachgewiesen werden:
Einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen werden durch
Selbstbehalte im höheren
Ausmaß vom Zugang zu Gesundheitsleistungen abgeschreckt. Ein
Selbstbehalt von CAD
1,50
für einen Arztbesuch hat Arztkontakte durchschnittlich um 6 bis 7 Prozent
verringert,
bei ärmeren Bevölkerungsschichten um 18 Prozent (l Kanadischer Dollar [CAD] =
ca.
62,3 Eurocent).
In der Niederlande haben die generellen
Selbstbehalte zu einer einkommensabhängigen
Einschränkung
beim Medikamentengebrauch geführt, dieser Zusammenhang wurde auch für
einen
speziellen Selbstbehalt für Medikamente in Quebec bestätigt.
Die Fortsetzung der kanadischen Studie hat auch
die mittelfristig sozial und ökonomisch
nachteiligen Folgen aufgezeigt: die unbehandelten Krankheiten haben sich
verschlechtert und
in
Folge deutlich höhere Behandlungskosten erforderlich gemacht.
Die schwedischen Erfahrungen
In den 90er Jahren hat die damals konservative Regierung
in Schweden einige grundlegende
Neuerungen
im Gesundheitswesen umgesetzt (ADEL-Reform 1992). Die lokalen
Entscheidungsträger
wurden unter anderem mit der Kompetenz ausgestattet, in einem
vorgegebenen
Rahmen Selbstbehalte festzulegen.
Für alle Leistungen wurden höhere Eigenbeiträge mit
Höchstgrenzen eingeführt (praktischer
Arzt:
100 SEK, Spezialist oder Spital: 200 - 250 SEK, Höchstgrenze pro Jahr 800 SEK
[l
Schwedenkrone = ca. 10,9 Eurocent]).
Für pflegebedürftige Menschen wurden Gebühren in
unüberschaubarer Vielfalt durch
Gemeinden
festgelegt. Der anhaltende Anstieg der Gesundheitsausgaben führte 1997 zu einer
Neuregelung
von Eigenbeiträgen für Medikamente. Demzufolge wurde eine maximale
Zahlung
von l .800 SEK innerhalb eines Jahres festgelegt. Vor allem ältere und
chronisch
Kranke haben diese Grenzen relativ rasch erreicht.
Dieses System bewirkt einen Schutz vor hohen Kosten, aber
vernachlässigt den Schutz von
Beziehern niedriger Einkommen. Tatsächlich haben sich die Erstkontakte bei der
Inanspruchnahme
von Gesundheitsleistungen bei den Beziehern niedriger Einkommen
deutlich
reduziert.
Untersuchungen, die in den Jahren
1993, 1995 und 1996, in Stockholm durchgeführt
wurden, zeigten, dass 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung aus
finanziellen Gründen vom
Arztbesuch abgehalten werden, 8 Prozent holten deswegen ein ärztlich
verordnetes
Medikament nicht ab.
Die abschreckende Wirkung gilt insbesondere für
Arbeitslose, Studenten, Einwanderer
oder generell für Personen mit niedrigem Einkommen.
Im Ergebnis ist Schweden erstmals seit den 60er Jahren
wieder mit einkommens-
bezogenen Unterschieden bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen
konfrontiert.
Ausnahmen als soziale Lösung?
Ausnahmen können an diesem unbefriedigenden Ergebnis
wenig ändern. Bedenken gegen
Selbstbehalte sind selbst im Fall von einkommensbezogenen Ausnahmen bestätigt
worden:
Patienten werden abgehalten, notwendige medizinische Behandlung in Anspruch zu
nehmen,
weil
sie die dafür notwendigen Mittel nicht aufbringen können.
Weiters zeichnen sich Ausnahmebestimmungen in aller
Regel durch hohe administrative
Kosten
aus.
Selbstbehalte als Finanzierungsinstrument?
Kostenbeteiligung von Patienten wird von den Befürwortern
als Instrument zur
Einschränkung von Gesundheitsleistungen empfohlen, dieser Ansatz ist nicht ohne
weiteres
kompatibel
mit dem Ziel damit auch zusätzliche Einnahmen zu erreichen: In dem Ausmaß,
als
die Nachfrage nach medizinischen Leistungen sinkt, gehen auch die Einnahmen aus
Selbstbehalten zurück. Zudem ist zu bewerten, dass vermiedene Erstkontakte
einen hohen
Preis haben, da zeitlich verzögerte Behandlungen in Folge weit höhere Kosten
erforderlich
machen. Selbst wenn diese Aspekte vernachlässigt bleiben, ist die potentielle
finanzielle
Ergiebigkeit im Vergleich mit Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen weit
schwächer
ausgeprägt.
Auch dieser Zusammenhang war in der niederländischen
Entscheidung zur Beseitigung
genereller Selbstbehalte von maßgeblicher Bedeutung. In einer
Evaluierung wurde
festgestellt, dass weder die erwarteten verbrauchshemmenden Wirkungen
eingetreten
sind - abgesehen von Personen in der niedrigsten Einkommensstufe - noch
die
erwarteten Einnahmen für die Krankenkassen realisiert wurden.
Verteilungswirkungen
Generell wird bei öffentlich finanzierten Sozialsystemen eine
progressive
Finanzierungsabsicht zugrunde gelegt. Beiträge zur Sozialversicherung (Steuern)
werden
nach
der Höhe des Einkommens bemessen und im Gegensatz zur privaten Versicherung vom
Risiko
der Versicherten losgelöst. Der Zugang zu Leistungen ist nach dem Bedarf
ausgerichtet, unabhängig von der individuellen Fähigkeit dafür auch zahlen zu
können.
Soziale Krankenversicherung entspricht somit einem solidarischen
Verständnis
zugunsten jener Menschen, die ein höheres Krankheitsrisiko haben und soll auch
vor
existenzbedrohenden Folgen hoher Kosten einer Behandlung schützen.
Demgegenüber verschieben Selbstbehalte als
Finanzierungsinstrument die Relationen
zu Lasten jener, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Über diesen
Weg wird
eine
direkte Beziehung mit dem jeweiligen Gesundheitszustand hergestellt. Kranke
Menschen
haben konsequenterweise mehr zu zahlen als relativ Gesunde. Nachdem zwischen
Einkommen und Gesundheitsrisiko ein eindeutiger Zusammenhang besteht, verlagert
eine
Politik
der Selbstbehalte finanzielle Lasten von den (relativ) Gesunden und Wohlhabenden
zu
Bevölkerungsschichten
mit höherem Krankheitsrisiko und gleichzeitig niedrigerem
Einkommen. Die finanzielle Belastung hat eine eindeutig regressive Wirkung.
Am Beispiel von Geschlecht und Alter werden die
ungerechten finanziellen Belastungen
und
die negativen gesundheitspolitischen Folgen sichtbar:
Frauen nehmen das Gesundheitssystem in jüngeren Jahren
häufiger in Anspruch als Männer.
Dementsprechend belasten allgemeine Selbstbehalte insbesondere jüngere Frauen
im
Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes. In Grönland konnte gezeigt
werden, dass nach
Einführung von Selbstbehalten Frauen insbesondere präventive
Gesundheitsvorsorge
eingeschränkt haben, etwa Vorsorgeuntersuchungen gegen Brustkrebs.
Mit steigendem Alter, etwa ab dem fünfzigsten
Lebensjahr, werden Gesundheitsleistungen
häufiger
in Anspruch genommen, dies ist eine natürliche Folge des Alterungsprozesses.
Insgesamt steigt die Häufigkeit von Arztbesuchen und Spitalsaufenthalten,
welche die
Intensität der Erkrankungen zum Ausdruck bringen. 60 Prozent der Unterschiede
in den
Gesundheitsausgaben
kann aus der Art und Schwere der Erkrankung erklärt werden.
Selbstbehalte haben hier den eindeutigen Charakter einer Krankensteuer zu
Lasten
älterer Menschen.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die vorliegenden Erfahrungen relativieren die Sinnhaftigkeit von generellen Selbstbehalten.
• Die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sinkt mit steigenden Selbstbehalten.
• Dieser kurzfristige Effekt wird durch erhöhte Intensität des Angebots überkompensiert.
•
Selbstbehalte wirken generell abschreckend, ohne zwischen notwendigen
und weniger
sinnvollen
Behandlungen zu unterscheiden.
• Insgesamt
zieht die abschreckende Wirkung insbesondere für Bezieher niedrigerer
Einkommen
nachteilige gesundheitliche Folgen und Mehrkosten nach sich.
• Ausnahmen
können keinen tatsächlichen Schutz für Einkommensschwache und
chronisch
Kranke gewährleisten. Die hohen Administrationskosten von Ausnahmen
werden unterschätzt.
• Die Gesamteinnahmen aus Selbstbehalten bleiben hinter den Erwartungen zurück.
• Die
Finanzierung ist regressiv, anstelle eines solidarischen Risikoausgleichs
werden
erkrankte
Menschen unmittelbar belastet
Deswegen bewerten gesundheitspolitische Analysen
Selbstbehalte als ungeeignetes
Instrument, um zu den Zielen Gerechtigkeit und Effizienz beizutragen.
Vielmehr wird überschießend hohe oder ineffiziente
Inanspruchnahme als angebotsinduziert
angesehen
und Gegenmaßnahmen daher zunehmend auf dieser Ebene gesetzt.
Vor diesem Hintergrund werden Selbstbehalte in erster
Linie als politisches Instrument
eingesetzt, sie dienen als Symbol für einen liberalen marktorientierten
Politikansatz,
der individuelle Verantwortung in den Vordergrund stellt.
In Verbindung mit einer Politik, die auf eine Senkung der
Staatsquote ausgerichtet ist,
werden Selbstbehalte zu einer verteilungspolitisch motivierten, regressiv
ausgerichteten
Finanzierungsquelle.
Ein Beitrag zur Lösung der offensichtlichen
Strukturprobleme im Gesundheitswesen
wird damit aber nicht geleistet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert,
dem Nationalrat bis
29. Mai 2004 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die in den
Krankenversicherungsgesetzen noch immer bestehenden
Ungerechtigkeiten in den Beitrags-
und Leistungsrechten beseitigt werden.
Insbesondere sind die Beitragssätze der Unselbstständigen
und der Selbstständigen
anzugleichen und die Leistungen gerecht zu harmonisieren, gleichzeitig sind die
unsozialen
Selbstbehalte zu reduzieren."
Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss