258/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 12.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Lackner, Renate Csörgits, Erika Scharer, Beate Schasching, Heidrun

Silhavy, Ing. Kaipel, Dr. Kräuter, Mag. Maier, Spindelberger

und GenossInnen

betreffend mehr Rechte für PatientInnen

Österreich hat sich in den letzten Jahrzehnten unter sozialdemokratischer Führung zu einem
der wohlhabendsten Länder der Welt entwickelt, mit niedriger Arbeitslosigkeit und gutem
Wirtschaftswachstum, bei gleichzeitiger Preisstabilität.

Ein wesentlicher Teil dieser positiven Entwicklung stützt sich auf unsere Systeme der
sozialen Sicherheit.

Ein elementarer Pfeiler der sozialen Sicherheit ist das österreichische Gesundheitssystem.
Es ist nachgewiesen, dass die Gesundheitschancen entsprechend dem Einkommen und dem
sozialen Status unterschiedlich sind, daher ist es wichtig festzuhalten, dass die
gesundheitliche Versorgung ein öffentliches Anliegen und nicht die Privatsache der
BürgerInner ist.

Es war der gesamtgesellschaftliche Konsens, dass in Österreich grundsätzlich das
Finanzierungsprinzip der solidarischen Finanzierung über Beiträge und Steuern gilt.

Die WHO hat in ihrem World Health Report 2000 eine indexierte Bewertung der
Gesundheitssysteme von 191 Ländern vorgenommen. Bewertet wurden Elemente wie
Lebenserwartung, Finanzierungsgerechtigkeit, Patientenorientierung und
Gesundheitsausgaben. Nach dieser Bewertung ist Österreich ist auf Platz 9 gereiht.

Die wichtigste Maßzahl ist die Zufriedenheit der Menschen mit dem
Gesundheitssystem. Eine Befragung der Bürger der EU-Staaten, durch die Europäische
Kommission, nach der Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung, ergab
folgendes Bild:

35 Prozent der ÖsterreicherInnen sind mit der medizinischen Versorgung sehr
zufrieden und weitere 35 Prozent zufrieden. Mit mehr als 70 Prozent Zustimmung
liegen wir hinter Finnland (78 Prozent Zustimmung) an zweiter Stelle.
Der EU-Durchschnitt liegt bei etwa 40 Prozent.


Der Prüfstein für unser Gesundheitssystem ist die Zukunftsfähigkeit. Investitionen in
Innovation und Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitssystems sind die
wesentlichen Herausforderungen.

Für uns gilt der Grundsatz, dass sich eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik nicht
damit zufrieden geben darf das Erreichte abzusichern, sondern sie muss sich den neuen
Herausforderungen stellen.

Die finanzielle Konsolidierung soll daher nicht über Leistungskürzungen und die generelle
Erhöhung von Selbstbehalten erfolgen, sondern über Produktivitäts- und
Qualitätssteigerungen und neuen Elementen der transparenten, gerechten Finanzierung.

Selbstbehalte als Finanzierungsinstrument verschieben dem gegenüber die Relationen zu
Lasten jener, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Kranke Menschen haben
konsequenterweise mehr zu zahlen als relativ Gesunde. Nachdem zwischen Einkommen und
Gesundheitsrisiko ein eindeutiger Zusammenhang besteht, verlagert eine Politik der
Selbstbehalte finanzielle Lasten von den (relativ) Gesunden und Wohlhabenden zu
Bevölkerungsschichten mit höherem Krankheitsrisiko und gleichzeitig niedrigerem
Einkommen.

Deswegen bewerten gesundheitspolitische Analysen Selbstbehalte als ungeeignetes
Instrument, um zu den Zielen Gerechtigkeit und Effizienz beizutragen.

Vor diesem Hintergrund werden Selbstbehalte in erster Linie als politisches Instrument
eingesetzt, sie dienen als Symbol für einen liberalen marktorientierten Politikansatz, der
individuelle Verantwortung in den Vordergrund stellt.

In Verbindung mit einer Politik, die auf eine Senkung der Staatsquote ausgerichtet ist, werden
Selbstbehalte zu einer verteilungspolitisch motivierten, regressiv ausgerichteten
Finanzierungsquelle.

Ein Beitrag zur Lösung der offensichtlichen Strukturprobleme im Gesundheitswesen wird
damit aber nicht geleistet.

Daher bedeutet für uns die Reform des Gesundheitswesens nicht nur anstehende
Finanzierungsprobleme zu lösen, sondern auch das Leistungsangebot für Menschen an die
Bedarfslagen von morgen anzupassen.


Für uns ist es die Aufgabe des öffentlichen Gesundheitssystems, die Chance gesund zu
bleiben für alle zu verbessern und im Fall der Erkrankung rasch eine angemessene
Behandlung zu finden.

Daher ist es wichtig, einen fairen, gleichen Zugang zur Basisversorgung und zur
Spitzenmedizin für alle Menschen sicherzustellen.

Es ist uns ein wichtiges Ziel, den Schutz der Privatsphäre von PatientInnen und die
„Eigenständigkeit" der Patient
Innen zu stärken. Menschen dürfen in Zukunft nicht mehr als
Objekte der Behandlung gesehen werden.

Die PatientInnenrechte sollen daher in Österreich bundesweit einheitlich geregelt werden. Das
Recht auf Aufklärung über den Gesundheitszustand, den Zweck und die Art der Behandlung,
die Folgen, die Risken und mögliche Behandlungsalternativen sollen ebenso festgeschrieben
sein, wie das Recht auf Einholung einer zweiten medizinischen Beurteilung und das
Recht auf Einsicht in die Krankengeschichte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis
29. Mai 2004 eine Regierungsvorlage für eine umfassende, bundesweit einheitliche
Neuregelung der Patient
Innenrechte zuzuleiten. Die Gesetzesvorlage hat insbesondere
folgende Punkte zu enthalten:

Das Recht auf Aufklärung über den Gesundheitszustand, den Zweck und die Art der
Behandlung, die Folgen, die Risken und mögliche Behandlungsalternativen, das Recht auf
Einholung einer zweiten medizinischen Beurteilung und das Recht auf Einsicht in die
Krankengeschichte.

Die Privatsphäre von PatientInnen und die „Eigenständigkeit" der PatientInnen ist zu stärken,
damit Menschen in Zukunft nicht mehr als Objekte der Behandlung gesehen werden."

Zuweisungsverschlag: Gesundheitsausschuss