266/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 12.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Lackner, Renate Csörgits, Erika Scharer,
Beate Schasching, Heidrun
Silhavy, Ing. Kaipel, Dr. Kräuter, Mag.
Maier, Spindelberger und GenossInnen
betreffend
Prävention und betriebliche Gesundheitsforderung zur Vermeidung
arbeitsbedingter Erkrankungen
Arbeitsbedingte Erkrankungen sind „Gesundheitsstörungen,
die durch Arbeitsbedingungen
ganz oder teilweise verursacht sind bzw. in ihrem Verlauf ungünstig beeinflusst
werden
können". Es gibt demnach nicht nur spezifische „arbeitsbedingte Erkrankungen",
sondern
prinzipiell können alle Erkrankungen einen arbeitsbedingten Anteil haben.
Zahlreiche internationale und nationale Studien kommen zu
dem Ergebnis, dass ca. 50 % des
gesamten
Krankheitsgeschehens durch Faktoren der Arbeitswelt bedingt sind.
In der BRD werden die Kosten arbeitsbedingter
Erkrankungen durch körperliche Belastungen
mit mindestens 28,4 Mrd. € für das Jahr 1998 veranschlagt. Psychische
Belastungen
verursachen 24,5 Mrd. €, wobei sich beide Bereiche kostenmäßig überschneiden.
Dies
entspricht ca. 1,6 % des BIP.
Für Österreich hat die Studie „Muss Arbeit die Gesundheit
kosten?" (1999) für den Bereich
der Bauwirtschaft ähnliche Ergebnisse hervorgebracht.
Im internationalen Durchschnitt werden die Kosten
arbeitsbedingter Erkrankungen mit 2,5 %
des
BIP ausgewiesen, wobei für Österreich von 1,4 %, für Finnland von 3,8 % und für
Schweden
von 4 % angegeben werden.
Laut deutschem Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im
Gesundheitswesen
(Jahresgutachten
2000/2001, TZ 115) beträgt das „präventive Rationalisierungspotential" 25
-
30
% der derzeitigen, gesamten Gesundheitsausgaben. Allein durch die Verringerung
der
hohen Arbeitsbelastungen (Arbeitsschwere/Lastenheben, geringer
Handlungsspielraum,
geringe psychische Anforderungen) wären 11 % der Arbeitsunfähigkeit aufgrund
dieser
Erkrankungen
verhinderbar.
In Österreich gab es ca. 39,2 Mio. Krankenstandstage im
Jahr 2000, von denen ca. 9 % (3,5
Mio. Tage) allein durch Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten hervorgerufen
wurden.
Die großen Erfolge in der Arbeitsunfallprävention in
Österreich (von 1994 - 2001 - 28 %, das
sind
ca. 41.000 Arbeitsunfälle im Jahr 2001 weniger) verdeutlichen die Möglichkeiten
einer
umfassenden
Prävention auch bei arbeitsbedingten Erkrankungen.
Ziele und Strategien
Die Ottawa Charta der Weltgesundheitsorganisation zur
(allgemeinen) Gesundheitsförderung
(1986) skizziert eine umfassende Strategie für Gesundheitsförderung auf
mehreren sich
wechselweise
beeinflussenden Aktionsebenen, die das ganze Spektrum des neuen
Gesundheitsverständnisses abdecken.
Dazu gehört zentral die Arbeitswelt: „Die sich
verändernden Lebens-, Arbeits- und
Freizeitbedingungen haben entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit. Die Art
und Weise,
wie
eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit
organisiert, sollte
eine
Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung
schafft
sichere, anregende, befriedigende und angenehme Arbeits- und
Lebensbedingungen".
Mit der Luxemburger Deklaration zur betrieblichen
Gesundheitsförderung (BGF, 1997) der
Mitglieder des europäischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung
(ENFBG)
wurde
die Grundlage zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz
gelegt
(Ziele und Leitlinien).
Das Cardiff Memorandum (1998) legte die Prioritäten des
ENFBG in Klein- und
Mittelbetrieben
fest.
In Deutschland sind die Träger der Unfallversicherung verpflichtet, mit
allen geeigneten
Mitteln für die Verhütung der arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu sorgen.
Sie haben
dabei auch den Ursachen von arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit
nachzugehen
und mit den Krankenkassen zusammenzuarbeiten (§ 14 Sozialgesetzbuch VII).
Die Krankenkassen informieren über Erkenntnisse, die sie
über Zusammenhänge zwischen
Erkrankungen
und Arbeitsbedingungen gewonnen haben. (§ 20 Sozialgesetzbuch V)
In Deutschland wurde durch das Kooperationsprogramm
Arbeit und Gesundheit zwischen den
Berufsgenossenschaften
und den Betriebskrankenkassen (KOPAG, 1995) ein erfolgreicher
Ansatz für die Zusammenarbeit bei der Verhütung arbeitsbedingter
Gesundheitsgefahren
entwickelt. Durch das Integrationsprogramm Arbeit und Gesundheit (IPAG, 1999)
wurde die
Zusammenarbeit fortgesetzt. Weiters wurden ein gemeinsamer Leitfaden der
Spitzenverbände
der Krankenkassen (Juni 2001) und gemeinsame
Vorstellungen über die Weiterentwicklung
der Prävention und Gesundheitsforderung in Deutschland (Mai 2002) beschlossen.
Prioritäre
Handlungsfelder sind:
•
arbeitsbedingte körperliche Belastungen,
•
Betriebsverpflegung,
•
psychosozialer Stress,
•
gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung und
•
Genuss- und Suchtmittelkonsum.
An Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Prävention werden
vorgeschlagen:
•
Verständigung auf nationale Gesundheits- und Präventionsziele
•
Verbesserung der Kooperation und Vernetzung der Akteure
•
Überprüfung der gesetzlichen Regelungen zur Prävention
•
Gemeinsames Forum aller Verantwortung tragenden Akteure
• Stärkung der
Finanzierungsgrundlagen (Erhöhung der Ausgaben für
Krankheitsvorbeugung
und Gesundheitsfbeförderung).
Weiters wird das deutsche Forum für Prävention und
Gesundheitsförderung sukzessive
ausgebaut;
und zur Steigerung der Wirksamkeit präventiver Maßnahmen werden die
entsprechenden
Vorschriften in einem eigenen Präventionsgesetz zusammengefasst und
ergänzt.
Auch in Finnland ist die Prävention eine erfolgreiche
Teilstrategie zur Anhebung des
faktischen Pensionsanfallsalters.
Aktuelle Situation
in Österreich
Die betriebliche Gesundheitsförderung wurde durch die
österreichische Kontaktstelle
(OÖGKK)
im letzten Jahrzehnt weiter entwickelt und vom Fonds Gesundes Österreich (FGÖ)
finanziell
unterstützt.
Zuletzt wurde von allen politischen Parteien, unter dem Eindruck
wachsender
Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen, die Bedeutung der Prävention in der
Arbeitswelt
erkannt. Die SPÖ legt daher ein umfassendes Programm zur Vermeidung
arbeitsbedingter
Erkrankungen vor. Zur Umsetzung dieser systematischen Problemlösung ist
die AUVA aufgrund der herausragenden Erfahrungen sachlich und organisatorisch
bestens
geeignet.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag:
„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird
aufgefordert, dem Nationalrat bis
29. Mai 2004 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, durch deren Regelungen es
älteren
ArbeitnehmerInnen ermöglicht werden soll länger im Arbeitsleben zu verbleiben.
Die Gesetzesvorlage hat insbesondere folgende Punkte zu enthalten:
Einen gesetzlichen Schwerpunkt zur verstärken Prävention
arbeitsbedingter Erkrankungen,
um die Arbeits- und Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern.
Die AUVA soll gesetzlich verpflichtet werden die Prävention
arbeitsbedingter Erkrankungen
und die arbeitsplatzbezogene Gesundheitsförderung in Zusammenarbeit mit den
Krankenkassen
durchzuführen.
Zuweisungsvorschlag:
Gesundheitsausschuss