296/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 03.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Melitta Trunk
und GenossInnen
betreffend Ausbau der Erwachsenenbildung
Obwohl
• im Regierungsprogramm
„Lebensbegleitendes Lernen" zu einem zentralen Schwerpunkt
der
Bildungspolitik erklärt worden ist;
• Bundeskanzler Schüssel versprochen hat, dass bei der
Bildung nicht gespart wird;
• eine Studie der OECD ergeben hat,
dass Österreich 1,11 Milliarden Euro investieren
müsste,
um ein optimales Weiterbildungssystem zu gestalten;
• auch der Rechnungshof die geringen Ausgaben der
öffentlichen Hand für
Erwachsenenbildung kritisiert hat,
hat Bildungsministerin Gehrer keine konkreten politischen
Konzepte präsentiert, wie der
dringend
notwendige Ausbau des Weiterbildungssystems erfolgen kann.
Während europaweit die Bedeutung des „Lebenslangen
Lernens" wächst, drohen den ohnehin
bescheidenen öffentlichen Mitteln für Erwachsenenbildung in Österreich weitere
Einschränkungen.
Mit Subventionskürzungen von 25 % ist die Förderleistung
des Bundesministeriums für
Bildung, Wissenschaft und Kultur nach bereits mehreren Jahren rückläufiger
Entwicklung auf
einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Mehrere hundert Arbeitsplätze sind akut
gefährdet.
In den Erwachsenenbildungseinrichtungen und öffentlichen Bibliotheken arbeiten
rund 400
MitarbeiterInnen, die vom Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und
Kultur als sog.
„Personal
Subventionen des Bundes" bezuschusst werden. Diese pädagogischen
MitarbeiterInnen
bilden die strukturelle Basis für rund 197.000 Bildungsveranstaltungen mit
über
5 Mio. Teilnahmen jährlich.
Ursprünglich betrug der Zuschuss des Bundesministeriums
für Bildung, Wissenschaft und
Kultur
€ 23.255 pro MitarbeiterIn und Jahr. Dieser Zuschuss sank kontinuierlich auf
zuletzt
€
14.856, wobei allein die Kürzung von 2002 auf 2003 über 20 % betrug. Bei
Berücksichtigung der jährlichen Lohnsteigerungen sanken diese
Personalsubventionen in den
letzten Jahren um über 50 %! Unter
Aufbietung aller Kräfte konnten Kündigungen bisher
vermieden werden. Aufgrund der neuerlichen drastischen Kürzung ist der
MitarbeiterInnenstand
allerdings nicht mehr haltbar. Es besteht die Gefahr, dass die
Erwachsenenbildungseinrichtungen bis zu 400
MitarbeiterInnen beim AMS zur Kündigung
anmelden
müssen.
Neben Schule und Universität ist die Erwachsenenbildung
die dritte konstitutive Säule des
Bildungssystems in Österreich. Die Bedeutung der Erwachsenenbildung - darüber
herrscht
politischer
Konsens - steigt ständig. Vollkommen unverständlich ist dabei aber die
Tatsache,
dass
dieser steigenden gesellschaftlichen Bedeutung von Seiten des Bundes budgetär
in keiner
Weise Rechnung getragen wird. Im Gegenteil:
Die Entwicklung lässt befürchten, dass sich
der Bund gänzlich aus seiner Verantwortung zurückzieht. So wurden u.a. Ende
2002 die
Förderungsstellen des Bundes für Erwachsenenbildung, in denen rund 50
MitarbeiterInnen
wichtige Supportleistungen für die Erwachsenenbildung und das Bibliothekswesen
in
Österreich erbracht haben, geschlossen. Die Bundesländer, die im Zuge des
Finanzausgleiches die Agenden übernehmen sollten, haben bisher keine
entsprechende
Ersatzstruktur
geschaffen. Dies trifft vor allem die regional und flächendeckend arbeitenden
Organisationen
sowie das Bibliothekswesen mit einem hohen Anteil an ehrenamtlichen
MitarbeiterInnen.
Auch die Ausschöpfung von EU-Mitteln wird immer
schwieriger, da die Durchführung
größerer
Projekte nur auf der Basis einer gesicherten Grundstruktur möglich ist. Diese
Grundstruktur
ist durch das kontinuierliche Aushungern der Erwachsenenbildungs-
organisationen durch das Bildungsministerium nicht mehr gegeben. Außerdem
fehlen dadurch
ausreichend
nationale Mittel, um entsprechende EU-Mittel zu lukrieren.
Dass vom Budget 2003 für Bildung und Wissenschaft (8,2
Mrd. Euro) 0,11 % (9 Mio. Euro)
für
die Erwachsenenbildung abfallen ist schlichtweg blamabel. Weder die Kritik des
Rechungshofes, der 1998 empfahl, auf ein ausgewogenes Verhältnis der Ausgaben
für
Erstausbildung zu jenen der Weiterbildung zu achten, noch die OECD-Studie 1996,
die für
die Erwachsenenbildung ein Finanzierungsbedarf von 1,1 Mrd. Euro (!)
errechnete, damit
Österreich an das Spitzenfeld der Länder mit überdurchschnittlich hoher
Bildungsbeteiligung
aufschließen kann, haben zu einer Verbesserung geführt.
Es geht darum, allen Österreicherinnen und Österreichern
zu sozial verträglichen Preisen
flächendeckend
die Teilnahme an Erwachsenenbildung zu ermöglichen. Die
Erwachsenenbildung
ausschließlich „dem Markt" zu überlassen verschlechtert die
Bildungsmöglichkeiten
großer Bevölkerungsteile.
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat
wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur wird aufgefordert,
1. das Erwachsenenbildungsbudget im
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur zumindest auf das Niveau von 1996 inflationsangepasst anzuheben. Das
würde
mehr
als eine Verdoppelung des Budgetansatzes für Erwachsenenbildung von 2003
bedeuten.
2.
Das gleiche gilt für die rund 400 pädagogischen MitarbeiterInnen in den
Erwachsenenbildungseinrichtungen, den sogenannten
Personalsubventionen des Bundes.
3. Die Grundstruktur der gemeinnützigen
Erwachsenenbildungseinrichtungen ist finanziell
so abzusichern, dass die Teilnahme am „Lebenslangen Lernen" für alle
Österreicher/innen
möglich
ist.
4. Es sind ausreichend Budgetmittel zur nationalen
Kofinanzierung von EU-Projekten zur
Verfügung
zu stellen, damit die EU-Mittel ausgeschöpft werden können."
Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss