302/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 03.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

betreffend Überwinden der "digital divide" und der Nachteile des ländlichen Raums
bei der Versorgung mit Informations- und Kommunikationsdiensten

Dem Zugang zu Breitbandinfrastruktur kommt im Hinblick auf die zunehmende
Wissenbasiertheit von Gesellschaft und Wirtschaft gewichtige Bedeutung zu. Soll diese
infrastrukturelle Ebene helfen, bestehende gesellschaftliche und auch ökonomische Muster
von Inklusion und Exklusion, von online und offline, von Zugang und Ausschluß, von
Bevorzugung und Benachteiligung tatsächlich überwinden, so ist dabei auf möglichst
flächendeckenden Zugang zu gleichen Bedingungen besonderes Augenmerk zu legen. Mit
dem Leben und Wirtschaften in einer Informationsgesellschaft, mit lebenslangem Lernen
sind große permanente Herausforderungen für die/den Einzelne/n verbunden, deren
Bewältigung keinesfalls als selbstverständlich vorausgesetzt werden darf. Ebenso zeigt
bereits die bisherige Entwicklung, dass trotz großer Bemühungen um entsprechende
Marktregulierung diese Frage nicht durch den Markt oder die Marktkräfte alleine gelöst wird.
Zugleich dürfen die Folgewirkungen der infrastrukturellen und finanziellen Nachteile
insbesondere der agglomerationsferneren Regionen Österreichs keinesfalls unterschätzt
werden. Sozial und geographisch umfassendem Zugang zu IKT-Infrastrukturen im
allgemeinen und zu Breitbandinfrastruktur im besonderen hat vor diesem Hintergrund
zentralen Stellenwert. Benachteiligte Bevölkerungsgruppen und benachteiligte Regionen
sind nicht von Natur aus benachteiligt. Vielmehr werden sie benachteiligt, nicht zuletzt durch
unausgewogene und in ihren Wirkungen unzureichend reflektierte
Infrastrukturentscheidungen des Staates, die Konzentrations- und Ballungstendenzen des
gegenwärtigen Wirtschaftssystems unterstützen anstatt diesen ausreichend
gegenzusteuern.

Österreich ist bei der Versorgung von BürgerInnen und Unternehmen mit
Breitbandinfrastruktur nach einem im europäischen Vergleich frühen Einstieg in diese
Technologie und der damit verbundenen Spitzenposition in den letzten Jahren ins
internationale und europäische Mittelfeld abgerutscht. Dies wird nicht zuletzt von einer jüngst
im Auftrag der RTR (Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH) erstellten Studie des
WIFO belegt. Österreich hält bei knapp 16% Breitbandzugang gegenüber deutlich mehr als
20% in anderen EU-Staaten. Noch schwerer wiegt, dass es in Österreich eine große Zahl
von Regionen gibt, wo für teilweise weit weniger als 50% der Bevölkerung
Breitbandverfügbarkeit besteht. Das heißt, die Mehrheit der Bevölkerung in vielen ländlichen
Regionen hat nicht einmal theoretisch die Möglichkeit zur vollen Nutzung der Möglichkeiten
der Informations- und Kommunikationstechnologie. In der WIFO-Studie wird auch die
Bedeutung einzelstaatlichen Engagements belegt, die über das im Rahmen des
Aktionsplans „eEurope" vorgesehene „Pflichtprogramm" hinausgehen. Als Optionen für
einen Aufholprozeß Österreichs werden vom WIFO nachfrageseitig die Behebung von
Informationsdefiziten, die Förderung von Inhalten und Applikationen, die Stimulierung von
Innovationsaktivitäten sowie Steuer- und Subventionsanreize genannt. Angebotsseitig wird
auf die Vielzahl bereits innerhalb Europas erkennbaren Strategien hingewiesen, von
kostensenkenden Technologien - bei denen allerdings auch vorsorgliche Überlegungen
hinsichtlich eventueller Gesundheitsauswirkungen erforderlich sind - über Risikominimierung
für Anbieter durch Nachfragebündelung bis zu Infrastrukturinvestitionen des Staates selbst.


Bisher haben sich die staatlichen Aktivitäten in Österreich in diesem Zusammenhang in
Grenzen gehalten. Einziger aktiver Schritt der Bundesregierung war eine Änderung des
Einkommensteuergesetzes, mit der für den Zeitraum Mai 2003 bis Ende 2004 eine teilweise
steuerliche Absetzbarkeit der erstmaligen Herstellung sowie der folgenden Nutzung eines
Breitbandzugangs eingeführt wurde. Dies ist allerdings bisher weitgehend erfolglos
geblieben. Neben einigen weiteren Nachteilen wie der Exklusion wesentlicher bestehender
und potentieller Nutzergruppen ist dieser Zugang auch aus systematischen Gründen nicht
geeignet, die angebotsseitig bedingten Versorgungsunterschiede zwischen zentralen und
ländlichen Regionen zu überwinden: Wo keine Infrastruktur vorhanden ist, können für
Nachfrager auch keine steuerlichen Vorteile zum Tragen kommen; in unerschlossenen
Gebieten muß das Instrument daher im Normalfall seine angestrebte Wirkung verfehlen.

Den Fehlschlag gesteht die Bundesregierung indirekt ein, wenn sie im Rahmen des
„Wachstums- und Standortgesetzes 2003" eine weitere, diesmal angebotsseitige Initiative
setzen will. Deren Wirkung wird sich allerdings insofern erneut in Grenzen halten, als es sich

* erstens um Umschichtungen und nicht um zusätzliche Mittel handelt,

* zweitens der in Diskussion stehende Betrag (seitens des Bundes 10 Mio Euro) nur etwa
ein Achtel des laut WIFO jährlich Notwendigen ausmacht und damit klar unzureichend ist,

* und überdies die korrespondierend genannten Beiträge der Länder und der Europäischen
Union noch offen sind.

Zudem ist die Zielsetzung einer Versorgungsverbesserung in Regionen mit geringer
Breitbandpenetration nicht explizit im Gesetzestext, sondern nur in einem Nebensatz der
Erläuterungen festgehalten.

Zur Überwindung der mittlerweile unübersehbaren „digital divide" zwischen eingebundenen
und ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen einerseits und zwischen ausgestatteten und
vernachlässigten Regionen andererseits ist es aber unbedingt erforderlich, dass der
Gesetzgeber sich verstärkt engagiert. Über die getroffene grundsätzliche Entscheidung für
ein gewisses, wenn auch bei weitem nicht ausreichendes finanzielles Engagement in dieser
Frage hinaus ist auch eine klare Festlegung hinsichtlich der inhaltlichen und
geographischen/regionalwirtschaftlichen Zielrichtung nötig. Nur dann werden auch die in
Aussicht gestellten Möglichkeiten des E-Government oder des E-Learning in Zukunft
tasächlich gleichwertig in Stadt und Land genutzt werden können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie wird aufgefordert, im Zusammenwirken mit der RTR die
Grundlagen für möglichst flächendeckenden Zugang zu Breitband-lnternetdiensten
in allen österreichischen Regionen und insbesondere auch im ländlichen Raum
zügig sicherzustellen. Damit soll die bestehende „digital divide" in der


österreichischen Gesellschaft überwunden und die volle Teilhabe der Bevölkerung
an den Möglichkeiten aus den Informations- und Kommunikationstechnologien
gesichert werden. Dazu sind im Bereich Breitband sowohl die anbieter- als auch die
nachfragerseitigen Aktivitäten in Dotierung und Intensität auszuweiten und zu
intensivieren, wobei gesundheitlich unbedenkliche Technologien Vorrang haben
müssen. Es ist ein kriterienbasierter Zugang zu verfolgen und die Verbesserung der
Versorgung in ländlichen Regionen klar zu priorisieren.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuß vorgeschlagen.