316/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 13.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeodneten Heidrun Silhavy

und GenossInnen

betreffend Modernisierung und adäquate Budgetierung der Arbeitsmarktpolitik

ÖVP und FPÖ haben die Geschäfte zu einem Zeitpunkt günstiger Arbeitsmarktentwicklung
übernommen: Seit Herbst 1999 gingen die Arbeitslosenzahlen bei gleichzeitig steigender
Beschäftigung kontinuierlich zurück. Die österreichische Arbeitsmarktpolitik war auf dem
besten Weg, das im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung gesetzte Ziel von 3,5 %
Arbeitslosigkeit zu erreichen.

Nach vier Jahren Regierungsarbeit der ÖVP und FPÖ sieht die Situation grundlegend
anders aus: Die Arbeitsmarktlage in Österreich hat sich seit 2000 deutlich verschlechtert -
die Arbeitslosenrate ist von 5,8 % nach nationaler Zählung im Jahr 2000 auf 8,7 % im
Dezember 2003 gestiegen.

Gegenüber Dezember 2000, als 217.000 Personen arbeitslos gemeldet waren, gibt es im
Dezember 2003 um beinahe 80.000 Arbeitslose mehr, 296.916 gemeldete Arbeitslose und
34.567 Arbeitslose, die sich in Schulungen des Arbeitsmarktservice befanden, insgesamt
somit 331.483 arbeitslose Menschen in unserem Land. Das ist ein Anstieg um 36,7 Prozent.
Im abgelaufenen Jahr waren insgesamt 850.000 Menschen zumindest einmal arbeitslos.
Beinahe jeder dritte Arbeitnehmer in Österreich ist damit von Arbeitslosigkeit betroffen. Die
Jugendarbeitslosigkeit stieg in diesem Zeitraum um 52,4 Prozent. Derzeit sind 64.000 junge
Menschen ohne Job.

Gleichzeitig reicht das Arbeitsplatzangebot der österreichischen Wirtschaft nicht aus, um dem

nach wie vor steigenden Arbeitskräfteangebot ausreichend Beschäftigung zu ermöglichen.

Die massiv in die Öffentlichkeit getragenen Vorhaben der Bundesregierung, dem

Konjunkturabschwung durch wirtschaftspolitische Maßnahmen gegenzusteuern, sind

offensichtlich ohne Wirkung geblieben.

In Österreich wurde 2003 mit durchschnittlich 240.000 registrierten Arbeitslosen und

rund 35.000 Arbeitslosen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen die höchste

Arbeitslosigkeit seit 1945 registriert.

Diese verheerende Arbeitsmarktbilanz geht sicher zu einem guten Teil auf das Versagen der

Bundesregierung in der Wirtschafts- und Konjunkturpolitik zurück.

Doch auch die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung hat zu dieser negativen Entwicklung
entscheidend beigetragen.

Trotz mehrerer von der Bundesregierung gestarteten arbeitsmarktpolitischen
Jugendprogramme fehlen nach wie vor rund 2.500 Ausbildungsplätze für 15-jährige


SchulabgängerInnen und steigt die Arbeitslosigkeit der 19-24-jährigen
überdurchschnittlich.

Die Beschäftigungsquote bei den >55jährigen ist nach wie vor besorgniserregend
niedrig,
die Arbeitslosigkeit der Älteren steigt mittlerweile stark an. Die Beschäftigung und
Arbeitslosigkeit der Frauen entwickelt sich zwar leicht besser als die der Männer, dennoch
sind die Arbeitsmarktprobleme der Frauen nach wie vor ungelöst. Insbesondere besteht
ein beachtliches Einkommensgefälle zwischen Frauen und Männern, ist - wie auch die
Europäische Kommission bestätigt - die Versorgungslage mit Kinderbetreuungseinrichtungen
unzureichend und beruht das Beschäftigungswachstum bei den Frauen ausschließlich in oft
unfreiwilliger Teilzeitarbeit.

Der österreichischen Arbeitsmarktpolitik wurden alleine in den Jahren 2001 und 2002 rund
2,8 Mrd Euro Mittel entzogen (zirka die Hälfte eines Jahresbeitragsaufkommens in der
Arbeitslosenversicherung). Gleichzeitig hat sich der Bund jeglicher finanziellen
Verantwortung für die Finanzierung von Arbeitsmarktpolitik begeben - auf Bundesebene
wird Arbeitsmarktpolitik seit 2001 ausschließlich durch Beiträge der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitgeber zur Arbeitslosenversicherung finanziert.

In der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Beratung und Qualifizierung von Arbeitslosen, Förderung
von Beschäftigung und Qualifizierung von Beschäftigten im Rahmen des Europäischen
Sozialfonds) wurde nur unzureichend auf die Steigerung der Arbeitslosigkeit reagiert.
Im Zeitraum Februar 2000 bis Herbst 2003 wurden keine mittelfristig notwendigen
Initiativen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gesetzt, um den zentralen künftigen
Herausforderungen für den österreichischen Arbeitsmarkt - die EU-Erweiterung und der
demographischen Alterung der Erwerbsbevölkerung rechtzeitig zu begegnen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat
umgehend, spätestens jedoch bis 31. März 2004 eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung
zu übermitteln, durch welche die Arbeitsmarktpolitik nach folgenden Grundsätzen
modernisiert und adäquat budgetiert wird:


1)      Aufbau eines umfassenden Ausbildungs- und Unterstützungsangebotes für alle
Arbeitssuchenden spätestens nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit.

2)      Valorisierung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe durch Aufwertung der
Bemessungsgrundlagen.

3)      Entsprechende finanzielle Ausstattung der Arbeitsmarktpolitik: Kurzfristige Erhöhung
der Arbeitsmarktförderungsmittel um zumindest 60 Mio €. damit auch Arbeitslose im
Haupterwerbsalter im heurigen Jahr adäquat unterstützt werden können. Mittelfristig
muss das Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik um 250 Mio € erhöht werden, damit
flächendeckend wieder gute fachliche Ausbildung für Arbeitslose möglich wird.

4)      Arbeitsmarktpolitische Beiträge zur Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit älterer
Arbeitnehmerinnen.

5)      Qualität der Dienstleistungen des AMS für Arbeitsuchende und Betriebe insbesondere
durch Erhöhung des Personalstandes im AMS verbessern."

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales