323/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 28.01.2004
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Heidrun Silhavy

und GenossInnen

betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldes

 

„Das angepatzte Lieblingsbaby“ wie es Eva Linsinger im Standard vom 21.1.2004 so treffend bezeichnet, das Kinderbetreuungsgeld, macht wieder einmal Schlagzeilen. Rückforderung „Ja oder Nein“, Einhaltung des Gesetzes „Ja oder Nein“, „gleich oder erst später“, keiner kennt sich mehr aus und die Betroffenen sind mehr als verunsichert. Bundesminister Haupt erteilt eine Weisung das Gesetz zur Zeit nicht zu vollziehen – und prompt ist dann die NÖGKK schuld daran, weil sie tat was schwarz-blau ihr aufgetragen. Staatssekretärin Haubner sagt, dass niemand etwas zurückzahlen muss, Bundeskanzler Schüssel sagt, dass Gesetze einzuhalten sind.

Die FPÖ-Regierungsmitglieder, Bundesminister Haupt und Staatssekretärin Haubner wollen jetzt eine Evaluierung des Gesetzes abwarten, ABER: In einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes über die „Auswirkungen der Kindergeldregelung auf die Beschäftigung von Frauen mit Kleinkindern“ liegt bereits seit März 2003 eine erste Evaluierung des geltenden Kinderbetreuungsgeldgesetzes vor.

 

Diese hat man anscheinend übersehen, oder nicht beachten wollen, weil sie eben nicht den gewünschten Erfolg bringt: Die Studie zeigt nämlich auf, dass die Einführung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Verlängerung des Rückzugs von Frauen aus dem Erwerbsleben zur Folge hat, ohne eine verstärkte Beteiligung der Väter an der Karenz zur Betreuung von Kleinkindern zu bewirken, sodass das Ziel des Kindergeldes, nämlich die Wahlfreiheit der Eltern über die Betreuung der Kinder und ihre Erwerbsbeteiligung zu erhöhen, völlig verfehlt wurde.

 

Weiters kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass die Neuregelung zu den Zuverdienstgrenzen nur eine kleine Gruppe von Frauen zu einer rascheren Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes veranlasst. Wesentlich stärker wirkt der beschäftigungshemmende Effekt aus der Verlängerung der möglichen Dauer des Leistungsbezuges. Insbesondere Frauen, die jung ein Kind zur Welt bringen und Frauen mit mehreren Kindern ziehen sich nun längere Zeit aus dem Erwerbsleben zurück. Im Gegenzug zur längeren Inanspruchnahme von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld durch Mütter sinkt die Inanspruchnahme durch die Väter. Damit wurde bisher weder das Ziel einer Ausweitung der Beschäftigung von Frauen mit kleineren Kindern erreicht, noch das einer faireren Aufteilung der Betreuungsarbeit zwischen den Eltern. Damit wird erstmals die Kritik der SPÖ, dass das Kinderbetreuungsgeldgesetz nicht dazu beiträgt, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, die Wahlfreiheit zu erhöhen und die Erwerbsbeteiligungen der Frauen zu steigern, wissenschaftlich bestätigt.

 

In der im Herbst 2003 veröffentlichten OECD-Studie „Babies and Bosses. Reconciling work and family life“ wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich, Irland und Japan unter die Lupe genommen. Untersucht wurde, wie sich Steuersysteme, Sozialleistungen, Kinderbetreuungs- und Beschäftigungspolitiken in diesen Ländern auf das Berufsleben der Eltern auswirken und die Gründung von Familien beeinflusst.

 

Für Österreich kommt die Studie zum Befund, dass zwar schon viel getan wurde, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dennoch schwierig sei. Neben den Mängeln in den Kinderbetreuungsmöglichkeiten kritisiert die OECD unter anderem die erwerbshemmende Wirkung der Kinderbetreuungsgeldregelung, da diese Regelung Frauen größere Anreize bietet länger aus dem Beruf auszusteigen und durch die längere Abwesenheit vom Arbeitsmarkt die beruflichen Chancen von Frauen gemindert werden.

 

Die Politikempfehlungen an Österreich, die die OECD in dieser Studie formuliert, betonen besonders stark die Notwendigkeit einer Reform des Kinderbetreuungsgeldes, um berufstätige Eltern ähnlich zu unterstützen, wie Familien, wo sich ein Elternteil zu einer ganztägigen Kinderbetreuung entschließt.

 

Unter anderem wird genannt:

 

·               Einführung eines höheren Kinderbetreuungsgeldes für jene, die zu einem früheren Zeitpunkt ins Berufsleben zurückkehren

·               Ein Überdenken der bestehenden Zuverdienstregelung

·               Die Verknüpfung eines Teils des Kinderbetreuungsgeldes mit der Nutzung anerkannter, formeller außerfamiliärer Kinderbetreuung, wie z.B. Kinderkrippen und Tageseltern und die

·               Gewährleistung einer ausreichenden Information über den Verlust des Kündigungsschutzes nach Ablauf der Karenz zum 2. Geburtstag, damit sie durch die längere Geldleistung nicht dazu verleitet werden, ihren Arbeitsplatz aufzugeben.

 

Weiters wird als dringend notwendig erachtet, die Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Kinder aller Altersstufen – insbesondere auch der 0-3-jährigen – auszuweiten. Dafür sollen Initiativen auf verschiedenen Regierungsebenen gestartet werden, da in der Studie die Gefahr gesehen wird, dass die zuständigen Länder die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes als Signal betrachten, weniger oder jedenfalls nicht vermehrt in Kinderbetreuung zu investieren.

 

Eva Linsinger schreibt in ihrem Artikel treffend: „....Auf jeden Fall hat die Regierung mit dem Kindergeld bisher ihr laut propagiertes Hauptziel weit verfehlt: jenes, die Geburtenrate zu heben – die ist nämlich im Vorjahr gesunken.

Außer der schwarz-blauen Regierung kann das eigentlich niemand überraschen. Länder wie Frankreich oder Schweden exerzieren es seit Jahren vor, alle Experten predigen es landauf, landab: Nur wenn Beruf und Familie miteinander vereinbar sind, entscheiden sich Frauen und Männer für ein Kind – oder für mehr als ein Kind. In Frankreich oder Schweden gibt es dichte Netze von Babykrippen, Kindergärten und Ganztagsschulen – und einen Geburtenboom. In Österreich fehlen 90.000 Kinderbetreuungsplätze, Kindergartenplätze für Kinder unter drei gibt es außerhalb Wiens kaum, von Ganztagsschulen ganz zu schweigen – und die Geburtenraten sinken, jede dritte gut ausgebildete Frau bleibt überhaupt kinderlos.....“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

                             Entschließungsantrag:

 

 

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis längstens 30. April 2004 eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, in der folgende Änderungen zum Kinderbetreuungsgeldgesetz und weitere Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie enthalten sind:

 

·          Flexible Gestaltung des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes: Wer nicht die volle Zeit des Bezuges in Anspruch nimmt, soll die Möglichkeit bekommen, ein höheres Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Ab einer Mindestdauer des Bezuges von einem Jahr soll die derzeit höchstmögliche Gesamtsumme des Kinderbetreuungsgeldes zur Verfügung stehen. Mütter und Väter sollen die Bezugszeit des Kindergeldes individuell wählen können.

·          Abschaffung der derzeit geltenden Zuverdienstregelungen in Verbindung mit der Möglichkeit einer Arbeitszeitreduktion.

·          Ausdehnung des Kündigungsschutzes auf die gesamte Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes.

·          Ein Recht auf Elternteilzeitarbeit bis zum Ablauf des ersten Schuljahres des Kindes mit einem Rückkehrrecht in die Vollzeitbeschäftigung.

·          Das Recht auf flexible Arbeitszeitgestaltung für Eltern mit noch nicht schulpflichtigen Kindern, um ihnen die Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung zu erleichtern.

·          Verstärkte Wiedereinstiegshilfen für Eltern nach der Berufsunterbrechung.

·          Ausbau von bedarfsgerechten, flächendeckenden Kinderbetreuungseinrichtungen mit bundeseinheitlichen Qualitätsstandards und einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder von AlleinerzieherInnen ab dem ersten Lebensjahr.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Sozialausschuss