328/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 29.01.2004
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Einsatz für ein unabhängiges Verfahren unter UNO-Aufsicht bei Behandlung der irakischen Schulden

 

Der Irak, bei Machtergreifung Saddam Husseins praktisch schuldenfrei, gehört heute zu einem der am höchsten verschuldeten Länder der Welt. Schätzungen beziffern den Schuldenstand auf 120 Mrd. USD (Exportleistung im Jahr 2002: 15 Mrd. USD), dazu kommen noch immense Reparationsforderungen aus dem Golfkrieg.

Viele Schulden gehen auf die Finanzierung von Waffenlieferungen an das Regime Saddam Husseins zurück. Gegenwärtig sind Verhandlungen im Gange, dem Irak einen Teil seiner Schulden nachzulassen.

 

Der Pariser Club, das Forum der staatlichen Gläubiger, dem Österreich angehört, hat am 10. Juli 2003 in einer Presseaussendung die österreichischen Forderungen an den Irak mit 813,1 Mio. USD angegeben. Nicht eingerechnet sind dabei darauf anfallende Zinsen. Damit gehört Österreich, gemessen an seiner Größe, zu einem der größeren irakischen Gläubiger.

 

Käme es auf der Ebene des Pariser Clubs zu einem teilweisen Schuldenerlass, so müsste Österreich den gleichen Erlass-Anteil leisten, wie jene Länder, die mit  Krediten und staatlichen Garantien Waffenlieferungen erst ermöglichten.

 

Illegitime oder „verabscheuungswürdige Schulden“ („odious debts“) wurden in einer völkerrechtlichen Doktrin des Juristen Alexander Sack in den 1920er Jahren als Schulden definiert, die ohne Zustimmung der betroffenen Bevölkerung zustande kamen und von denen die Bevölkerung keinen Nutzen zog. Als drittes Kriterium benannte Sack, dass all dies dem Gläubiger bei der Kreditvergabe bekannt gewesen sein muss. Da es sich beim Regime Saddam Hussein um eine nicht demokratisch legitimierte Regierung handelte, die Militär- und Unterdrückungsmaschinerie mit Krediten finanziert wurde und die repressive Natur des Regimes allgemein bekannt war, werden diese Kriterien im Falle der irakischen Schulden erfüllt.

 

Die Doktrin von Alexander Sack sollte im Rahmen eines unabhängigen Schiedsverfahrens angewendet werden. Da bei den Pariser Club-Verhandlungen die Frage der Legitimität von Schulden keine Rolle spielt, ist der Pariser Club für die Klärung der Legitimität nicht das geeignete Gremium.

 

Ein derartiges unabhängiges Schiedsverfahren könnte unter Vorsitz der Vereinten Nationen die Ansprüche aller Gläubiger erheben. Dabei sollte die Legitimität bzw. Illegitimität von Forderungen geprüft und illegitime Forderungen zur Gänze erlassen werden. Alle verbleibenden legitimen Forderungen würden proportional auf ein für den Irak tragfähiges Maß reduziert. Wie hoch der Schuldenerlass ist, würde im Rahmen des Schiedsverfahrens festgelegt.

 

Österreich kann von einem solchen Verfahren profitieren. Da die Garantie- bzw. Kreditvergabe für Waffenlieferungen gesetzlich untersagt ist, ist davon auszugehen, dass es sich bei den österreichischen Forderungen nicht um illegitime Forderungen im Sinne von Alexander Sack handelt. Nach völliger Streichung illegitimer Schulden wäre die proportionale Entschuldungsleistung Österreichs daher geringer als bei einem herkömmlichen Verfahren im Rahmen des Pariser Clubs.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, sich innerhalb der Bundesregierung sowie auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene, insbesondere bei der UNO, für ein solches unabhängiges Verfahren einzusetzen und dies in Schreiben und diplomatischen Gesprächen sowie in der Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.