390/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 06.05.2004
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Entschliessungsantrag
der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Ulrike
Königsberger-Ludwig
und GenossInnen
betreffend Errichtung einer
Arbeitslosenanwaltschaft
In Österreich herrscht
Rekord-Massenarbeitslosigkeit: Im April 2004 gab es 240.556 arbeitslos
vorgemerkte Personen. Dies entspricht einer Zunahme gegenüber dem
Vergleichsmonat 2003 um 4,1 Prozent. Hinzu zu rechnen sind dabei auch noch jene
43.753 Personen, die in Schulungen des Arbeitsmarktservice untergebracht sind.
Waren im Jahr 2000 noch 689.000 Personen
jährlich von Arbeitslosigkeit betroffen, so galt dies 2003 für bereits 774.000
Personen. Prognosen zeigen, dass wir heuer die 800.000-Grenze überschreiten
werden. Statistisch muss also jede dritte Arbeitskraft im privaten Sektor in
Österreich damit rechnen, einmal im Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen zu
sein. Etwa 40% der unselbständig Erwerbstätigen im privaten Sektor haben
Erwerbskarrieren mit laufend auftretender Arbeitslosigkeit.
Das öffentliche Lobbying für
Arbeitslose ist wenig entwickelt, die Gruppe der Betroffenen wenig selbstbewusst
und meilenweit davon entfernt, mit einer Stimme lautstark für ihre
Anliegen einzutreten.
Die Situation am Arbeitsmarkt
und die häufige Unzufriedenheit mit dieser Situation, vor allem im
Schulungsbereich, verlangt nach neuen Lösungsansätzen. Die Arbeitsmarktpolitik
braucht Innovationen. Es ist eine strukturelle Schwachstelle des AMS, dass
Vermittlung, Leistungsbemessung, (eventuell sogar Sanktionsmaßnahmen), sowie
Beratung und Beschwerden von einer Instanz abgewickelt werden.
Auch muss das Prinzip der
Partizipation (NAP inklusive) endlich umgesetzt werden.
Eine neue Form der Vertretung von
arbeitslosen Menschen – die Arbeitslosenanwaltschaft - kann in diesem Bereich wertvolle Arbeit
leisten.
Die Arbeitslosenanwaltschaft
ist als eine Initiative „von Betroffenen für Betroffene“ eine niederschwellige
Anlaufstelle, die breiten Zuspruch finden wird. In der Öffentlichkeitsarbeit
ist sie „Sprachrohr“ für Arbeitslose und Kontaktstelle zu den Medien, um
Situation, Anliegen und Standpunkte der Betroffenen öffentlichkeitswirksam zu
vertreten. Als Beschwerdestelle (Ombudsmannfunktion) hat sie zwischen AMS und Arbeitsuchenden
die Aufgabe der Information, Moderation und Mediation. Das Anliegen einer
solchen Anwaltschaft ist insgesamt ein berechtigter Vorstoß der „Zivilgesellschaft“
und ist ein Signal an sehr viele Menschen, die in diesem Bereich engagiert
arbeiten.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher
folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 30. Juni dieses Jahres eine
Regierungsvorlage zur Beratung und Beschlussfassung zu übermitteln, welche die Schaffung
einer Arbeitslosenanwaltschaft nach folgenden Grundsätzen beinhaltet:
·
Die Arbeitslosenanwaltschaft ist eine vom AMS unabhängige und
weisungsfreie Einrichtung, die im Endausbau in jedem Bundesland
errichtet wird.
·
Die Inanspruchnahme ist für arbeitslose Menschen kostenlos und
freiwillig.
·
Die Finanzierung erfolgt durch Bundesmittel, eine Finanzierung aus dem Beitragsaufkommen
der Arbeitslosenversicherung scheidet dabei allerdings aus.
·
Ihre hauptsächlichen Aufgaben liegen in der Öffentlichkeitsarbeit
und in ihrer Funktion als Beschwerdestelle.
·
Die Arbeitslosenanwaltschaft führt keine Vermittlungstätigkeit
und auch keine vertiefte Einzelfallberatung durch.
·
Die Arbeitslosenanwaltschaft soll informell in die Planung von
regionalen und überregionalen Schulungs- und Qualifikationsmaßnahmen eingebunden
sein. Dasselbe gilt für die Begutachtung von einschlägigen Gesetzesvorhaben.
·
Die Arbeitslosenanwaltschaft hat jährlich an den Nationalrat Bericht über ihre Tätigkeit und die
Entwicklung der Lebenslage Arbeit suchender Menschen in Österreich zu
erstatten.“
Zuweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales