435/A XXII. GP
Eingebracht am 09.07.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANTRAG
der Abgeordneten Maga.
Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlassung aus dem
Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem
die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet
wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
1. § 46 Abs. 2 StGB lautet:
„Hat ein Rechtsbrecher zwei Drittel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, es sei denn, dass besondere Gründe befürchten lassen, der Rechtsbrecher werde in Freiheit schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen.“
3. § 46 Abs. 3 StGB lautet:
„Bei jeder Entscheidung über eine bedingte Entlassung sind die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben, seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seine Aufführung während der Vollstreckung zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist die bedingte Entlassung nur in Verbindung mit anderen Maßnahmen auszusprechen.“
4. § 46 Abs. 5 StGB lautet:
„Ein Rechtsbrecher, der zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, darf nicht bedingt entlassen werden, bevor er fünfzehn Jahre verbüßt hat. Trifft diese Voraussetzung zu, so ist er gleichwohl nur dann bedingt zu entlassen, wenn nach seiner Person, seinem Vorleben, seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der Vollstreckung anzunehmen ist, dass er in Freiheit keine schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen werde.“
5. Nach § 46 Abs. 5 StGB wird ein neuer §
46 Abs. 6 eingefügt:
„Ein Rechtsbrecher,
dem nach Abs. 2 der Rest der Strafe nicht bedingt nachgesehen wurde, ist der
Strafrest nach fünf Sechstel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg
festgesetzten zeitlichen Strafe bedingt nachzusehen. In diesem Fall ist die
bedingte Entlassung in Verbindung mit anderen Maßnahmen auszusprechen. Von der
bedingten Entlassung ist abzusehen, wenn aus ganz besonders schwerwiegenden
Gründen, die in der Person des Rechtsbrechers, seines Vorlebens, seiner
Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der
Vollstreckung liegen, zu befürchten ist, der rechtsbrecher werde in Freiheit
schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen.“
Begründung:
Allgemeines:
Der österreichische Strafvollzug befindet sich in einer schweren Krise. In
Österreich befinden sich derzeit rund 8.300 Menschen im Gefängnis, davon über
2.200 in Untersuchungshaft. Die wahre Dramatik verdeutlicht aber erst der
Anstieg der Häftlingszahlen: Langjährig wurde die Grenze von 7.000 Häftlingen
niemals überschritten. Den historischen Tiefststand gab es dank gezielter
Strafrechtsreformen 1989 mit 5.950 Häftlingen. Mit dem Antritt der
Schwarz-blauen Bundesregierung im Jahr 2000 sind die Häftlingszahlen geradezu
explodiert (ein Plus von 22,5 Prozent innerhalb von nur 2 Jahren!). Ein
derartiges Wachstum des Gefängnisbelages ist beispiellos.
Zugleich verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Häftlingen und
JustizwachebeamtInnen vom langjährigen Schnitt 2:1 auf 2,55:1. Bei einem
Personalstand von rund 3.300 besteht laut Justizministerium ein Mehrbedarf im
Strafvollzug von 750. Besonders schlimm ist die Situation in Österreichs
größtem Gefängnis in der Wiener Josefstadt, das nach der Auflösung des Wiener
Jugendgerichtshof mit einem Überbelag von 400 InsassInnen kämpfen muss.
Dabei gelten Gefängnisse bereits ab einer Auslastung von 85 bis 90 Prozent
als vollbelegt. In überfüllten Gefängnissen können Gefangenengruppen (z.B.
ErsttäterInnen von kriminell Vorbelasteten oder Gruppen zwischen denen
ethnische Spannungen bestehen) nicht mehr voneinander getrennt werden, mit dem
erhöhten Stress sowohl für
InsassInnen als auch BetreuerInnen steigt das Risiko von größeren
Zwischenfällen; das Arbeitsangebot steigt nicht entsprechend,
Rehabilitierungsmaßnahmen treten zurück ... - der Strafvollzug verkommt wieder
zum reinen Verwahrungsvollzug.
In Österreich werden nur 20 % aller Strafgefangenen bedingt entlassen. In
Deutschland sind es mehr als 50% und in der Schweiz 92%. Dabei ist freilich zu
bedenken, dass Gefangene mit Freiheitsstrafen von weniger als drei Monaten und
Gefangene, die eine teilbedingte Strafe verbüßen, nach geltender Gesetzeslage
gar nicht bedingt entlassen werden können. In der Öffentlichkeit ist weitgehend
unbekannt, dass Bewährungshilfe bei zu unbedingten Freiheitsstrafen
verurteilten Personen ausschließlich im Falle einer vorzeitigen bedingten
Entlassung möglich ist. Das bedeutet, dass in Österreich 80 % der
Haftentlassenen keine Weisungen erteilt werden können und keine Unterstützung
durch einen/eine BewährungshelferIn erhalten, sondern nur auf die
Haftentlassenhilfe angewiesen sind – ein aus spezialpräventiver Sicht absolut
untragbarer Zustand!
Als Argument gegen die vorzeitige bedingte Entlassung wird immer wieder die
Generalprävention bemüht. Um andere Menschen von strafbaren Handlungen
abzuhalten, müssen TäterInnen ihre Strafe bis zum letzten Tag absitzen. Diese
Behauptung ist durch nichts belegt. Abschreckend wirkt nicht die Dauer der
Strafe, sondern die Wahrscheinlichkeit „erwischt“ zu werden.
Dazu kommt, dass sich, wer keine Gefängniserfahrung hat, überhaupt nicht
vorstellen kann, was eine Freiheitsstrafe ist. Hier geistern noch immer
Klischees vom Polstermöbel und dem Luxusgut Fernsehapparat herum. Um sich das
Leben in einem Gefängnis vorzustellen, muss man davon ausgehen, dass
JustizwachebeamtInnen unter der Woche acht Stunden Dienst machen. In dieser
Zeit ist die Anstalt in Betrieb. In dieser Zeit muss eine Vielzahl von Aufgaben
erledigt werden: Hofspaziergang, arbeiten, essen, zweimal pro Woche duschen,
Besuch, medizinische Versorgung... Ein derartiges Programm für Hunderte von
Gefangenen zu organisieren ist nur möglich, wenn absolut jedes Detail geregelt
ist und sich alle penibel daran halten. Den Gefangenen wird jeder Schritt und
jeder Handgriff vorgeschrieben – jeder Anflug von Selbstständigkeit ist absolut
unmöglich. Außerhalb der „Betriebszeit“ und auch am Wochenende sind die
Gefangenen eingeschlossen – in kleineren Anstalten sind das 2-Personen-Zellen
mit gerade einmal 10 m2. Dort verbringen sie 16 Stunden täglich mit
Lesen, Karten spielen, Gesprächen, Fernsehen...
Gefangene führen ein Leben, das man mit dem eines Vorschulkindes
vergleichen kann: Es steht am morgen auf, wenn es geweckt wird, ihm wird das
Essen zubereitet und serviert, es wird in den Kindergarten gebracht, es wird
ihm gesagt, wann es schlafen gehen soll... Dann folgt die Entlassung und 80
Prozent sollen von heute auf morgen ohne jede Betreuung durch eine
BewährungshelferIn in der wieder erlangten Freiheit zurecht kommen. Das kann
nicht funktionieren!
Schon heute besteht die Möglichkeit einer bedingten Entlassung nach der
Strafhälfte. Nach geltendem StGB sollte im Regelfall jedenfalls nach zwei
Drittel der Strafe eine bedingte Entlassung erfolgen. Die (meisten)
Strafgerichte handhaben diese Gesetzesbestimmungen viel zu restriktiv – oft
wird aus generalpräventiven Gründen eine bedingte Entlassung verweigert.
Eine Reform der bedingten Entlassung ist notwendig, um die Anhaltezeit auf
ein kriminalpolitisch sinnvolles Maß zu beschränken. Die Kürzungen der Ausgaben
für den Strafvollzug und die ansteigenden Gefangenenzahlen, die zu unhaltbaren
Zuständen in den Strafvollzugsanstalten geführt haben, erfordern jetzt
Sofortmaßnahmen. Die Reform der bedingten Entlassung würde es ermöglichen, für
eine kleinere Zahl von Gefangenen die Anstalten länger offen zu halten, die
Gefangenen besser zu beschäftigen und durch einen gelockerteren Vollzug besser
auf ein Leben nach der Entlassung vorbereiten zu können.
Nicht zu letzt besteht dadurch ein direktes Potential zur Einsparung von
Vollzugskosten und ein indirektes (erhebliches) Einsparungspotential, weil
keine Gefängnisneubauten notwendig sind. Damit werden zu erwartende Mehrkosten
für Bewährungshilfemaßnahmen schon aus ökonomischer Sicht bei weitem
kompensiert.
Derzeit ist eine bedingte Entlassung aus dem
Strafvollzug erst nach Verbüßen von mindestens drei Monaten möglich (§ 46 Abs.1
und Abs. 2). In der kriminalpolitischen Fachkreisen werden Überlegungen
diskutiert, den Kreis der verhängten Freiheitsstrafen, bei denen eine bedingte
Entlassung möglich ist, zu erweitern. Eine bedingte Entlassung soll bereits
nach einem Monat Strafvollzug zulässig sein.
Diese Forderung ist ambivalent. Bis zum StrÄG
1987 war das Dogma von der Schädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen konsequent
dadurch verwirklicht, dass die bedingte Entlassung erst nach sechs Monaten
möglich. Die RichterInnen sollten dadurch angehalten sein, möglichst keine
kurzen Freiheitsstrafen zu verhängen. Der Gedanke, dass eine bedingte
Entlassung ohnehin bereits nach kurzer Zeit möglich ist, sollte sie nicht
indirekt zu kurzen unbedingten Freiheitsstrafen ermuntern. Mit der Einführung
teilbedingter Freiheitsstrafen wurde die Mindestzeit auf drei Monate verkürzt,
weil teilbedingte Freiheitsstrafen erst ab sechs Monaten möglich sind. Die
weitere Verkürzung in § 46 Abs 2a für junge Erwachsene sollte die Möglichkeit
des JGG fortschreiben.
Das Dogma von der Schädlichkeit kurzer
Freiheitsstrafen ist heute umstritten. Einerseits wird es von BefürworterInnen
der „Schockstrafe“ abgelehnt. Andererseits auch von liberalen KriminalpolitikerInnen,
allerdings nur bei entsprechender Ausgestaltung des Kurzstrafenvollzugs
(Freigang, Wochenendvollzug, „Freizeitstrafe“ usw).
Eine Verkürzung der Mindeststrafdauer auf
einen Monat ist erst in einem weiteren Reformschritt sinnvoll, wenn parallel
dazu alternative Formen des Kurzstrafvollzuges umgesetzt werden.
Ohne flankierende Maßnahmen ist nämlich zu
befürchten, dass vermehrt die BefürworterInnen von Schockstrafen ermuntert
werden, kurze unbedingte Freiheitsstrafen zu verhängen, weil ja eine bedingte
Entlassung ohnehin nach kürzerer Zeit schon wieder möglich ist. Uns erscheint
aus diesen Überlegungen eine Verkürzung der Mindestzeit auf einen Monat ohne
weitergehende flankierende Maßnahmen kriminalpolitisch kontraproduktiv und
daher nicht erstrebenswert.
Nach geltender Rechtslage ist eine
bedingte Entlassung auch aus teilbedingten Freiheitsstrafen nicht möglicht.
Auch darüber wird derzeit eine Fachdiskussion geführt. Auch hier halten wir
eine Erweiterung für problematisch. Durch die Möglichkeit der bedingten
Entlassung könnten RichterInnen ermuntert werden, beim unbedingten Teil einer
teilbedingten Freiheitsstrafe das mögliche Drittel voll auszuschöpfen. Weiters
besteht die Gefahr, dass der Vorrang der vollständigen vor der teilbedingten
Freiheitsstrafe faktisch zurückgedrängt wird und das Konzept der Schockstrafe
damit indirekt unterstützt wird.
Vorgeschlagene Maßnahmen:
·
Überlegungen, ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um andere von
strafbaren Handlungen abzuhalten (Generalprävention), sollen – so wie in
Deutschland und der Schweiz – keine Rolle mehr spielen.
·
Nach Verbüßen von zwei Drittel der Strafe muss die bedingte Entlassung die
Regel sein. Ausnahmen gibt es nur bei einer erhöhten Rückfallgefahr zu schweren
Gewalttaten oder gemeingefährlichen Delikten.
·
Da die bedingte Entlassung nichts mit einer neuerlichen Strafzumessung zu
tun hat sondern die letzte Phase des Strafvollzuges bildet, sollen darüber
nicht mehr die Vollzugsgerichte, sondern Strafvollzugskommissionen (StaatsanwältIn,
Vollzugsbedienstete und SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe) entscheiden.
Da wir der Überzeugung sind, dass derartig wichtige verfahrens- und
organisationsrechtliche Bestimmungen einer besonderen Vorarbeit bedürfen und
daher tunlichst nicht durch Initiativanträge vorbereitet werden sollen, bringen
wir zugleich einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Bundesministerin für
Justiz aufgefordert wird, dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage
zuzuleiten.
·
Auch bei besonderen Risikogruppen erfolgt die bedingte Entlassung
grundsätzlich spätestens nach fünf Sechstel der Strafe, damit Hilfe und
Unterstützung durch die Bewährungshilfe geleistet werden kann (und damit auch
die Erteilung von Weisungen ermöglicht wird – denn wer seine Strafe bis zum
letzten Tag absitzt, verlässt das Gefängnis „als freier Mann“). Nur
ausnahmsweise und aufgrund besonders schwerwiegender Gründe kann von einer
bedingten Entlassung nach fünf Sechstel abgesehen werden.
Zu den einzelnen Bestimmungen:
§ 46 Abs. 2 StGB:
Nach Verbüßen von zwei Drittel der
Freiheitsstrafe sieht das geltende Gesetz die bedingte Entlassung vor, es sei
denn dass besondere Gründe befürchten lassen, der/die RechtsbrecherIn werde in
Freiheit weitere strafbare Handlungen begehen. Schon bisher soll eine bedingte
Entlassung nach Abs. 2 nur ausnahmsweise aus besonderen spezialpräventiven
Gründen ausgeschlossen sein.
Daher schlagen wir eine Klarstellung des
Gesetzgeber vor, dass nun auf die besondere Gefährlichkeit des/der TäterIn
abgestellt werden soll. Ein solcher besonders spezialpräventiver Grund soll nur
bei einer Wahrscheinlichkeit weiterer schwerer Taten, die den/die TäterIn
„gemeingefährlich“ macht - nämlich die Gefahr schwerer Gewaltdelikte, wie z.B.
schwere Schlägereien und Vergewaltigung, oder gemeingefährdender Verbrechen,
wie z.B. die vorsätzliche Gefährdung durch Kernenergie oder ionisierende
Strahlen und Luftpiraterie.
§ 46 Abs. 3 StGB:
Überlegungen,
ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um der Begehung strafbarer
Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Generalprävention), sollen generell
entfallen.
Wissenschaftlich
könnte noch nie belegt werden, dass der konkreten Dauer des Strafvollzugs eine
besondere generalpräventive Wirkung zukommt, zumal eine bedingte Entlassung in
den meisten Fällen gar nicht öffentlich bekannt wird. Generalpräventive Wirkung
haben hingegen die Wahrscheinlichkeit als TäterIn ausgeforscht werden und die
Raschheit der staatlichen Reaktion. Daher kann auf generalpräventive Überlegungen
bei der Frage der bedingten Entlassung generell verzichtet werden.
§ 46 Abs. 5 StGB:
Überlegungen,
ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um der Begehung strafbarer
Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Generalprävention), sollen auch bei
der bedingten Entlassung aus einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe entfallen
und die spezialpräventiven Überlegungen auf das Risiko schwerer
Gewaltverbrechen oder gemeingefährlicher Verbrechen eingeschränkt werden.
§ 46 Abs. 6 StGB:
Strafgefangene, die nach Verbüßen von zwei
Drittel der Strafe aus den besonderen spezialpräventiven Überlegungen des Abs.
2 nicht bedingt entlassen wurden, sind jedenfalls spätestens nach fünf Sechstel
der Strafe bedingt zu entlassen, um die Anordnung von Bewährungshilfe und
Weisungen zu ermöglichen. Solche Weisungen sind gerade bei TäterInnen, bei
denen ein besonderes Risiko besteht, dass sie schwere Gewaltverbrechen und
gemeingefährliche Verbrechen begehen, unverzichtbar.
Die derzeitige Praxis TäterInnen mitunter
wenige Tage vor dem Strafende noch bedingt zu entlassen, um ihnen Weisungen
erteilen zu können, wirkt psychologisch kontraproduktiv. Würde der/die
StraftäterIn nämlich die Strafe zur Gänze absitzen, könnten keinerlei Weisungen
mehr erteilt werden. Dass im Extremfall der/die TäterIn das Gefängnis wegen
eines einzigen Tages vorzeitiger Entlassung nicht als freier Mann/freie Frau
verlassen kann, wird von den Betroffenen zu Recht und aus nachvollziehbaren
Gründen als Schikane empfunden. Um den Betroffenen einen positiven Anreiz zu
bieten, soll die bedingte Entlassung daher grundsätztlich spätestens nach
Verbüßen von fünf Sechstel der Strafe erfolgen.
Vorgesehen wird aber eine Möglichkeit, aus ganz besonders
schwerwiegenden Gründen eine Vollverbüßung anordnen zu können. Ansonsten
bestünde die Gefahr, dass die RichterInnen die Freiheitsstrafe, weil ja jedeR
nach fünf Sechstel entlassen werden muss, automatisch um ein Sechstel höher zu
bemessen, um jedenfalls den vollzogenen Strafteil auf bisherigem Niveau halten
zu können. Das wäre wohl kontraproduktiv.
Im Verfahrendrecht werden hier flankierende
Maßnahmen notwendig: Eine Verweigerung der bedingten Entlassung nach Abs. 6
darf nur nach einer mündlichen Verhandlung erfolgen. In dieser Verhandlung muss
der/die Gefangene angehört und eine Stellungnahme aus dem bereich der
Bewährungs- oder Entlassenenhilfe sowie des Anstaltsleiters besprochen werden.
In einem Entschließungsantrag werden wir die Justizministerin auffordern, eine
entsprechende Gesetzesvorlage dem Nationalrat zu zuleiten.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss
vorgeschlagen sowie die Durchführung einer ersten Lesung
innerhalb von drei Monaten verlangt.