436/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 09.07.2004
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Maga.
Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
betreffend Zuständigkeit zur bedingten Entlassung aus dem
Strafvollzug
Die Grünen haben eine
Gesetzesinitiative zur Ausweitung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug
eingebracht. Darin werden im wesentlichen folgende Änderungen in § 46 StGB vorgeschlagen:
·
Überlegungen, ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um andere von
strafbaren Handlungen abzuhalten (Generalprävention), sollen – so wie in
Deutschland und der Schweiz – keine Rolle mehr spielen.
·
Nach Verbüßen von zwei Drittel der Strafe muss die bedingte Entlassung die
Regel sein. Ausnahmen gibt es nur bei einer erhöhten Rückfallgefahr zu schweren
Gewalttaten oder gemeingefährlichen Delikten.
·
Da die bedingte Entlassung nichts mit einer neuerlichen Strafzumessung zu
tun hat sondern die letzte Phase des Strafvollzuges bildet, sollen darüber
nicht mehr die Vollzugsgerichte, sondern Strafvollzugskommissionen
(StaatsanwältIn, Vollzugsbedienstete und SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe)
entscheiden.
Da wir der Überzeugung sind, dass derartig wichtige verfahrens- und
organisationsrechtliche Bestimmungen einer besonderen Vorarbeit bedürfen und
daher tunlichst nicht durch Initiativanträge vorbereitet werden sollen, bringen
wir zugleich einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Bundesministerin für
Justiz aufgefordert wird, dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage
zuzuleiten.
·
Auch bei besonderen Risikogruppen erfolgt die bedingte Entlassung
grundsätzlich spätestens nach fünf Sechstel der Strafe, damit Hilfe und
Unterstützung durch die Bewährungshilfe geleistet werden kann (und damit auch
die Erteilung von Weisungen ermöglicht wird – denn wer seine Strafe bis zum
letzten Tag absitzt, verlässt das Gefängnis „als freier Mann“). Nur
ausnahmsweise und augrund besonders schwerwiegender Gründe soll von einer
bedingten Entlassung nach fünf Sechstel abgesehen werden können.
Neben diesen Änderungen
im materiellen Strafrecht sind aber begleitend auch verfahrensrechtliche
Änderungen zur Ausweitung der bedingten Entlassung notwendig.
Da die bedingte Entlassung nichts
mit einer neuerlichen Strafzumessung zu tun hat, sondern die letzte Stufe des
Entlassungsvollzuges bildet, sollen darüber nicht mehr die Vollzugsgerichte,
sondern eigene Strafvollzugskommissionen entscheiden. Sie sollen sich aus
einem/einer StaatsanwältIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und
einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe zusammensetzen. Gegen ihre
Entscheidung soll ein Rechtsmittel an eine Oberkommission, bestehend aus
einem/einer RichterIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und
einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe.
In unserem
Initiativantrag wir vorgeschlagen, dass ein Rechtsbrecher, dem nach § 46 Abs. 2
StGB der Rest der Strafe nicht bedingt nachgesehen wurde, der Strafrest nach
fünf Sechstel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten
zeitlichen Strafe bedingt nachzusehen ist. In diesem Fall soll die bedingte
Entlassung in Verbindung mit anderen Maßnahmen auszusprechen. Von der bedingten
Entlassung könne nur abgesehen werden, wenn aus ganz besonders schwerwiegenden
Gründen, die in der Person des Rechtsbrechers, seines Vorlebens, seiner
Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der
Vollstreckung liegen, zu befürchten ist, der Rechtsbrecher werde in Freiheit
schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen. Hier sind
im Verfahrendrecht flankierende Maßnahmen notwendig: Eine Verweigerung der
bedingten Entlassung nach Abs. 6 darf nur nach einer mündlichen Verhandlung
verweigert werden. In dieser Verhandlung muss der/die Gefangene angehört und
eine Stellungnahme aus dem bereich der Bewährungs- oder Entlassenenhilfe sowie
des Anstaltsleiters besprochen werden.
Zur Einheitlichkeit des
Verfahrensrechts sollte parallel zu den Änderungen bezüglich der bedingten
Entlassung die Strafvollzugskommissionen auch für die Entlassung aus einer mit
Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zuständig gemacht werden.
Derartig wichtige verfahrens- und
organisationsrechtliche Bestimmungen bedürfen aber einer besondere Vorarbeit
und –bereitung und sollen daher tunlichst nicht durch Initiativanträge
vorbereitet werden. Gerade in Kernbereichen des Justizrechtes halten wir das
für eine sinnvolle und sachgerechte Tradition. Daher bringen wir keinen
Initiativantrag ein, sondern fordern wir die Bundesministerin für Justiz auf,
dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage zuzuleiten.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesministerin für
Justiz wird ersucht,
·
dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem die
Zuständigkeit über die Entscheidung einer bedingten Entlassung aus dem
Strafvollzug sowie einer Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung
verbundenen vorbeugenden Maßnahme von den Vollzugsgerichten auf eigene
Strafvollzugskommissionen, die sich aus einem/einer StaatsanwältIn, einem/einer
leitenden VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der
Bewährungshilfe zusammensetzen, übergeht;
·
gegen die Entscheidung einer Vollzugskommission soll ein Rechtsmittel an
eine Oberkommission, bestehend aus einem/einer RichterIn, einem/einer leitenden
VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe
möglich sein;
·
im Verfahrendrecht werden bei der vorgeschlagenen fünf
Sechstel-Entlassung flankierende Maßnahmen notwendig: Eine Verweigerung der
bedingten Entlassung nach Abs. 6 darf nur nach einer mündlichen Verhandlung
erfolgen. In dieser Verhandlung muss der/die Gefangene angehört und eine
Stellungnahme aus dem Bereich der Bewährungs- oder Entlassenenhilfe sowie des
Anstaltsleiters besprochen werden; und
·
dem Nationalrat drüber zu berichten.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an
den Justizausschuss vorgeschlagen.