450/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 22.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Gisela Wurm

und GenossInnen

betreffend eine dringend erforderliche Weiterentwicklung der Kriminaljustizstatistik

Eine erfolgreiche Kriminalpolitik und Strafrechtspolitik liegt sehr im Interesse der
Bürgerinnen, da eine solche mit dazu beitragen kann, die Sicherheit in unserem Land zu
erhöhen und die Kriminalitätsraten zu senken. Eine vorausschauende erfolgreiche
Kriminalpolitik ist aber nur dann möglich, wenn sie sich auf gesicherten wissenschaftlichen
und sachlichen Grundlagen bewegt. Auf Basis dieser Grundlagen und der gesellschaftlichen
Entwicklungen soll in einem Dialog zwischen Wissenschaft, Fachleuten, Politik und
Bevölkerung die Kriminalpolitik entwickelt werden, welche bestmöglich bereits dem
Entstehen von Kriminalität entgegenwirkt bzw. wirksam vor Kriminalität schützt.

Die Ressourcen im Bereich der Justiz und für die Kriminalitätsbekämpfung im allgemeinen
sind derzeit eindeutig zu gering und sollten erhöht werden. Aber auch bei einer
entsprechenden Erhöhung dieser Mittel sollte ein vernünftiges Ressourcenmanagement
erfolgen und deshalb scheint es von Bedeutung, ausreichend geeignetes Datenmaterial bei der
Entwicklung einer erfolgreichen Kriminalpolitik zur Verfügung zu haben, um einen möglichst
effektiven und effizienten Einsatz von Mitteln zu gewährleisten. Es muss aber mit Sorge
festgestellt werden, dass die gegenwärtig verfügbare Kriminaljustizstatistik den genannten
Anforderungen nicht entspricht und eine Reform der Kriminaljustizstatistik erforderlich
scheint. Es gibt im Bereich der Kriminaljustizstatistik erhebliche datenorganisatorische
Defizite, einen Datenwildwuchs von verschiedenen Stellen im Bereich des
Bundesministeriums für Justiz bzw. des Bundesministeriums für Inneres, wobei die Daten
nicht aufeinander abgestimmt sind und nicht konzeptionell koordiniert werden können.


Folgende Problemfelder seien hier beispielhaft aufgezählt:

  Die bisherige „Rückfallstatistik" der Statistik Austria ist vor einiger Zeit überhaupt

eingestellt worden.

  Selbst bei einer Wiedereinführung einer hoffentlich verbesserten Rückfallstatistik bliebe

das Problem, dass mit der (durchaus zu begrüßenden) Einführung der Diversion die
Notwendigkeit besteht, das statistische Material auch in dieser Hinsicht zu adaptieren.
Es müsste demnach die „Diversionsstatistik" und die „gerichtliche Kriminalstatistik"
zu einer „Statistik justizieller Erledigungen" zusammengeführt werden.

  Die Strafverfolgung als Prozess, der sich über verschiedene Verfahrensstadien

hinwegzieht, ist derzeit kaum erfasst (polizeiliche Verfolgung, gerichtliche
Verfolgung, staatsanwaltliche Untersuchung, gerichtliche Verhandlung, Verurteilung,
Strafverbüßung, allfällige Wiederverurteilung, Tilgung).

  Um die tatsächliche Brauchbarkeit statistischer Daten zu erhöhen, wäre im Rahmen

einer neuen gerichtlichen Kriminalstatistik eine regionale Differenzierung auch
unterhalb des OLG-Sprengels (wenn möglich nach Bezirksgerichten gegliedert)
sinnvoll.

  Die Vorgaben des Datenschutzes sollten selbstverständlich eingehalten werden, aber

unter der Einhaltung dieser Voraussetzungen soll eine Rückfallstatistik möglichst
weitgehend (zumindest von der justiziellen Entscheidung bis zur allfälligen neuen
Straftat) erfolgen.

  Um einen guten Überblick über alle Verfahrensstadien zu haben, wäre auch eine

Neugestaltung der Strafvollzugsstatistik von hohem Interesse.

  Um die kriminalpräventive Wirkung des strafrechtlichen Mitteleinsatzes bestmöglich

evaluieren zu können, sollen die Instrumente justiziellen Handelns besser
dokumentiert werden, insbesondere die Relation von Ressourceneinsatz, Kosten und
Erfolg empirisch analysiert werden.

  Ohne Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Justiz sollte es möglich sein, nicht nur

den einzelnen Akteur der Justiz sondern ganze Gerichtseinheiten oder größere
Gerichtssprengel statistisch im Hinblick auf Kontrolle von Resultaten zu erfassen.


• Beim jährlich dem Nationalrat zu erstattende Sicherheitsbericht der Bundesregierung,
welcher dadurch gekennzeichnet ist, dass der Polizeiteil und der Justizteil nicht
integriert und aufeinander abgestimmt sind, soll künftig eine derartige Integration
herbeigeführt werden.

Ein Ziel der Neustrukturierung der Kriminaljustizstatistik wäre demnach, die
Diversionsstatistik, die gerichtliche Kriminalstatistik und die Rückfallstatistik
zusammenzuführen, wobei bereits vorher die Qualität der verschiedenen Datensammlungen
überprüft werden sollte.


Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht,

im Interesse der Sicherheit für unsere Bürgerinnen und der bestmöglichen Bekämpfung der

Kriminalität

und eingedenk der Tatsache, dass eine vorausschauende, erfolgreiche Kriminalpolitik nur

möglich ist, wenn sie sich auf gesicherten, sachlichen und wissenschaftlichen Grundlagen

bewegt,

eine grundlegende Weiterentwicklung der Kriminaljustizstatistik einzuleiten und fortzusetzen,
wobei dabei insbesondere

die Diversionsstatistik, die gerichtliche Kriminalstatistik und die Rückfallstatistik
zusammengeführt werden sollen, wobei am Beginn dieser Arbeiten die Qualität der
verschiedenen Datensammlungen überprüft werden soll, sowie

Gespräche mit dem Bundesminister für Inneres aufzunehmen, mit dem Ziel beim jährlichen
Sicherheitsbericht der Bundesregierung darauf hinzuwirken, den Polizei- und Justizteil besser
zu integrieren und aufeinander abzustimmen.