455/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 13.10.2004
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Doris Bures, Heidrun Silhavy

und GenossInnen

betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses

 

Immer mehr Menschen sind trotz Erwerbsarbeit armutsgefährdet. Viele haben keine Chance am Arbeitsmarkt, besonders Frauen leben aufgrund fehlender eigenständiger Existenzsicherung unter der Armutsgrenze. Wegen mangelnder Mindeststandards reichen soziale Leistungen, wie Kinderbetreuungs- oder Arbeitslosengeld nicht für das Notwendigste.

 

So sieht die sozialpolitische Bilanz dieser Regierung Schüssel aus.

 

310.000 Menschen in Österreich (4 Prozent der Wohnbevölkerung) sind von Armut betroffen, ein Drittel der Armutsbevölkerung sind Kinder. Ihre Eltern sind erwerbslos, alleinerziehend oder haben Jobs, von denen sie nicht leben können. Ungefähr 100.000 Personen sitzen dauerhaft unter den Bedingungen von Armut und Ausgrenzung fest.

 

In einem reichen Land wie Österreich muss eine wirksame Armutsbekämpfung leistbar und machbar sein. Dass Armutsbekämpfung in erster Linie eine Frage des politischen Willens ist, zeigt die Tatsache, dass es beispielsweise bei der Anschaffung der Eurofighter um ein Vielfaches jener Summe geht, die notwendig wäre, um die gröbsten Lücken im sozialen Netz zu schließen. Eine auf der 5. Österreichischen Armutskonferenz präsentierte Studie zur bedarfsorientierten Grundsicherung zeigt, dass dafür bereits 1 Milliarde Euro ausreichen würde.

 

Die offiziellen Aktionspläne gegen Armut, zu denen sich auch die österreichische Regierung beim EU-Gipfel in Nizza verpflichtet hat, geben keine ausreichende Antwort auf die neuen sozialen Herausforderungen und Probleme des Sozialsystems: fehlende Mindestsicherungselemente, Armut trotz Arbeit, mangelhaftes Netz für psychisch Kranke, Zugang zu Arbeit und Wohnen für MigrantInnen, aktive Arbeitsmarktpolitik für stark Benachteiligte.

 

Auch die EU-Kommission schreibt in ihrer Bewertung der Aktionspläne gegen Armut vom „Fehlen innovativer aktiver Arbeitsmarktpolitik für diejenigen, die nicht im „ersten Arbeitsmarkt“ Beschäftigung finden, und vom Fehlen einer konkreten Reformperspektive für die Sozialhilfe, welche von den Ländern entwickelt werden müsste“.

„Eine Reihe von Änderungen im Sozialbereich unter dem Titel „Soziale Treffsicherheit“ sollten evaluiert werden, - auf ihre möglichen Effekte im Zugang zu sozialen Gütern und Diensten."

„Verbindlichkeiten auf die zwei Jahre angelegte Perspektive des Nationalen Aktionsplanes (NAP) sind rar, Vorschläge für eine mittelfristige Strategie fehlen. Da der NAP keine finanziellen Vereinbarungen inkludiert, ist nicht klar, wie das Ziel der stärkeren Unterstützung der am stärksten von Armut gefährdeten Gruppen erreicht werden soll“, kritisiert die EU-Kommission. Und weiter: „Der Plan tätigt mehr Anstrengung in die Auflistung eines Katalogs existierender Maßnahmen als in Aktionen, die in der Zukunft unternommen werden müssen“.

                       

Alleine die Pensionspolitik dieser Regierung öffnet den Weg in die Altersarmut. Seit vier Jahren werden die Einkommen der PensionistInnen schamlos abgewertet. Bei einer 1.000-Euro-Brutto-Monatspension beträgt die Wertminderung bereits 808,61 Euro im Jahr oder rund 5,5 Prozent!

Das sind im Jahr umgerechnet 11.126,65 österreichische Schilling. Die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ haben für 2004 und 2005 beschlossen, dass alle Pensionen die über der Armutsgrenze (670 Euro monatlich) liegen, keine Teuerungsabgeltung erhalten, sie werden weiter gekürzt.

 

Die Arbeiterkammer hat errechnet, dass dadurch in bloß 20 Jahren die bestehenden Pensionen 48,6 Prozent ihres Wertes verlieren, also halbiert werden! In absehbarer Zeit werden durchschnittliche Männerpensionen von derzeit 1.000 Euro und durchschnittliche Frauenpensionen von derzeit 700 Euro unter die Armutsgrenze fallen! Für künftige Pensionistinnen und Pensionsisten wird diese Abwertungspolitik auch noch durch die bereits durchgeführten und die nunmehr geplanten Kürzungsmaßnahmen dramatisch verschärft.

 

Als unfassbar müssen unter diesem Gesichtspunkt die Aussagen von ÖVP-Klubchef Molterer, dass die Koalition nicht in der Lage sei, den dringend notwendigen Heizkostenzuschuss zu organisieren, gesehen werden. Molterer delegiert an die Länder. Dort gibt es unterschiedlichste, bürokratische Regelungen. Dass die Verfassung eine Zuständigkeit der Länder gebiete, kann  nur als Ausrede gewertet werden.

 

Unter Sozialminister Geppert war es möglich, bundeseinheitlich unbürokratisch und automatisch einen Heizkostenzuschuss an Ausgleichszulagenbezieher, Arbeitslosengeld- und NotstandshilfebezieherInnen, PensionsvorschussbezieherInnen, BezieherInnen von Opferrenten usw. auszubezahlen (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1990, BGBl Nr. 741/1990). Es stellt sich die Frage, warum eine Leistung, die 1990 möglich war, nun unter für die Bevölkerung viel problematischeren Bedingungen nicht möglich sein sollte.

 

Die gestiegenen Energiepreise, die hohe Steuer- und Abgabenbelastung und die Pensionskürzungen der Regierung Schüssel machen die Schaffung eines bundesweit einheitlichen Heizkostenzuschusses im heurigen Winter dringend notwendig.

Für viele NiedrigeinkommensbezieherInnen sind die hohen Heizkosten einfach nicht mehr leistbar.

 

Heizöl kostete im September 2003 0,383 Euro/Liter (2.000 Liter) und im September 2004 0,512 Euro/Liter (ebenfalls für 2.000 Liter). Das bedeutet für einen Haushalt (Einfamilienhaus), der durchschnittlich 2.000 Liter in der Heizsaison verbraucht, finanzielle Mehrkosten gegenüber dem Vorjahr von 258 Euro.

 

Die Belastungspolitik dieser Regierung hat mit dem Budgetbegleitgesetz 2003auch die Einführung einer Kohleabgabe gebracht. Diese bedeutet pro Kilogramm Koks oder Kohle zusätzlich zu den Preissteigerungen einen finanziellen Mehraufwand von 0,05 Euro. Vergleicht man die Einlagerungspreise von Koks, so zeigt sich, dass 2003 für 1.000 kg Koks 320  Euro zu bezahlen waren und heuer 485 Euro. Das bedeutet für Personen, die mit Koks heizen – und das sind im Regelfall nicht die begütertsten Mitmenschen – eine zusätzliche Belastung von 165 Euro (inklusive 50 Euro ! Kohleabgabe für den Finanzminister) bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 1.000 kg Koks je Heizsaison.

 

Durch gestiegene Preise und Steuer- bzw. Abgabenerhöhungen im Bereich der Mineralölsteuer ergaben sich im heurigen Jahr bereits Mehreinnahmen von rund 270 Millionen Euro für das 

Budget. Aus den Energieabgaben (Einführung der Kohleabgabe und Erhöhung der Erdgasabgabe) ergeben sich weitere Mehreinnahmen von rund 135 Millionen Euro – somit insgesamt über 405 Millionen Euro zusätzliches Körberlgeld für den Finanzminister.

Es ist daher nur recht und billig, wenn ein Teil dieser Mehreinnahmen in Form eines Heizkostenzuschusses wieder an die betroffene Bevölkerung zurückfließt.

 

Jene Menschen, deren Haushaltseinkommen unter 875 Euro liegt bzw. bis zur Höhe des Familienausgleichszulagenrichtsatzes reicht – das sind insbesondere Notstandshilfe- und KindergeldbezieherInnen, PensionistInnen, Kranke, behinderte Menschen, ArbeitslosengeldbezieherInnen und BezieherInnen von Opferrenten – sollen einen monatlichen Heizkostenzuschuss für die Monate Oktober bis April von 40 Euro pro Monat erhalten.

 

Notwendig ist ein bundeseinheitlicher Heizkostenzuschuss, der unbürokratisch beziehbar ist, denn aufgrund mangelnder Information, bürokratischer Hindernisse und unterschiedlicher Kriterien und Vergabemodalitäten in den Bundesländern sind viele nur schlecht oder gar nicht in der Lage, einen Zuschuss zu beantragen. Auch die Abhängigkeit von der Sozialhilfe schließt viele Bedürftige – wie Arbeitslosengeld-, Notstandshilfe- oder KindergeldbezieherInnen – von einem Heizkostenzuschuss aus.

 

Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich, spätestens jedoch bis 8. November 2004 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, damit von der Sozialversicherung, dem Arbeitsmarktservice bzw. dem Bund für die Monate Oktober 2004 bis April 2005 so rasch wie möglich unbürokratisch ein Heizkostenzuschuss in der Höhe von 40 Euro monatlich an BezieherInnen von Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Karenzgeldgesetz, dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, dem Sonderunterstützungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem Heeresversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz, dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 sowie an alle Pensions- und RuhegenußbezieherInnen nach bundesrechtlichen Vorschriften, die ein Haushaltseinkommen von unter 875 Euro netto bzw. bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten bis zum Familienausgleichszulagenrichtsatz von 1.015 Euro im Monat haben, ausbezahlt werden kann.“