460/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 14.10.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Doris Bures, Heidrun Silhavy
und GenossInnen
betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses
Immer mehr
Menschen sind trotz Erwerbsarbeit armutsgefährdet. Viele haben keine
Chance
am Arbeitsmarkt, besonders Frauen leben aufgrund fehlender
eigenständiger Existenzsicherung
unter der Armutsgrenze. Wegen mangelnder Mindeststandards reichen
soziale Leistungen, wie
Kinderbetreuungs- oder Arbeitslosengeld nicht für das Notwendigste.
So sieht die sozialpolitische Bilanz dieser Regierung Schüssel aus.
310.000 Menschen
in Österreich (4 Prozent der Wohnbevölkerung) sind von Armut betroffen, ein
Drittel der Armutsbevölkerung sind Kinder.
Ihre Eltern sind erwerbslos, alleinerziehend oder haben
Jobs, von denen sie nicht leben können. Ungefähr 100.000 Personen sitzen
dauerhaft unter den
Bedingungen von Armut und Ausgrenzung fest.
In einem reichen
Land wie Österreich muss eine wirksame Armutsbekämpfung leistbar und
machbar sein. Dass Armutsbekämpfung in
erster Linie eine Frage des politischen Willens ist, zeigt
die Tatsache, dass es beispielsweise bei der Anschaffung der Eurofighter
um ein Vielfaches jener
Summe geht, die notwendig wäre, um die
gröbsten Lücken im sozialen Netz zu schließen. Eine
auf der 5. Österreichischen Armutskonferenz präsentierte Studie zur
bedarfsorientierten
Grundsicherung zeigt, dass dafür bereits 1 Milliarde Euro ausreichen würde.
Die offiziellen Aktionspläne gegen Armut, zu denen sich auch die
österreichische Regierung beim
EU-Gipfel in Nizza verpflichtet
hat, geben keine ausreichende Antwort auf die neuen sozialen
Herausforderungen und Probleme des
Sozialsystems: fehlende Mindestsicherungselemente, Armut
trotz Arbeit, mangelhaftes Netz für psychisch Kranke, Zugang zu Arbeit
und Wohnen für
MigrantInnen, aktive Arbeitsmarktpolitik für stark Benachteiligte.
Auch die EU-Kommission schreibt in ihrer Bewertung der Aktionspläne
gegen Armut vom „Fehlen
innovativer
aktiver Arbeitsmarktpolitik für diejenigen, die nicht im „ersten
Arbeitsmarkt"
Beschäftigung finden, und vom
Fehlen einer konkreten Reformperspektive für die Sozialhilfe,
welche von den Ländern entwickelt werden
müsste ".
„Eine Reihe von Änderungen im Sozialbereich unter dem Titel „Soziale
Treffsicherheit" sollten
evaluiert werden, - auf ihre
möglichen Effekte im Zugang zu sozialen Gütern und Diensten."
„ Verbindlichkeiten auf die zwei Jahre angelegte Perspektive des
Nationalen Aktionsplanes (NAP)
sind rar, Vorschläge für
eine mittelfristige Strategie fehlen. Da der NAP keine finanziellen
Vereinbarungen inkludiert, ist nicht klar,
wie das Ziel der stärkeren Unterstützung der am stärksten
von Armut gefährdeten Gruppen erreicht werden soll", kritisiert die EU-Kommission. Und weiter:
„Der Plan tätigt mehr Anstrengung in die Auflistung eines Katalogs
existierender Maßnahmen als
in Aktionen, die in der Zukunft unternommen
werden müssen ".
Alleine die Pensionspolitik dieser Regierung öffnet den Weg
in die Altersarmut. Seit vier Jahren
werden die
Einkommen der PensionistInnen schamlos abgewertet. Bei einer 1.000-Euro-Brutto-
Monatspension beträgt die
Wertminderung bereits 808,61 Euro im Jahr oder rund 5,5 Prozent!
Das sind im Jahr umgerechnet 11.126,65
österreichische Schilling. Die Abgeordneten von ÖVP und
FPÖ haben für 2004 und 2005 beschlossen, dass alle Pensionen die über
der Armutsgrenze
(670 Euro monatlich) liegen, keine Teuerungsabgeltung erhalten, sie werden
weiter gekürzt.
Die
Arbeiterkammer hat errechnet, dass dadurch in bloß 20 Jahren die bestehenden
Pensionen
48,6 Prozent ihres Wertes verlieren, also halbiert werden! In
absehbarer Zeit werden
durchschnittliche Männerpensionen von
derzeit 1.000 Euro und durchschnittliche Frauenpensionen
von derzeit 700 Euro unter die Armutsgrenze fallen! Für künftige
Pensionistinnen und
Pensionisten wird diese Abwertungspolitik auch noch durch die bereits
durchgeführten und die
nunmehr geplanten Kürzungsmaßnahmen dramatisch verschärft.
Als unfassbar müssen unter diesem Gesichtspunkt die Aussagen von
ÖVP-Klubchef Molterer, dass
die Koalition nicht in der Lage sei, den dringend notwendigen
Heizkostenzuschuss zu organisieren,
gesehen werden. Molterer delegiert
an die Länder. Dort gibt es unterschiedlichste, bürokratische
Regelungen. Dass die Verfassung eine Zuständigkeit der Länder gebiete, kann nur
als Ausrede
gewertet werden.
Unter Sozialminister Geppert war es möglich, bundeseinheitlich
unbürokratisch und automatisch
einen Heizkostenzuschuss an
Ausgleichszulagenbezieher, Arbeitslosengeld- und
NotstandshilfebezieherInnen, PensionsvorschussbezieherInnen, BezieherInnen von
Opferrenten
usw. auszubezahlen
(Sozialrechts-Änderungsgesetz 1990, BGBl Nr. 741/1990). Es stellt sich die
Frage, warum eine Leistung, die 1990 möglich war, nun unter für die
Bevölkerung viel
problematischeren Bedingungen nicht möglich sein sollte.
Die gestiegenen Energiepreise, die hohe Steuer- und Abgabenbelastung
und die Pensionskürzungen
der Regierung Schüssel machen die
Schaffung eines bundesweit einheitlichen
Heizkostenzuschusses im heurigen Winter
dringend notwendig.
Für viele NiedrigeinkommensbezieherInnen sind die hohen Heizkosten einfach nicht mehr leistbar.
Heizöl kostete
im September 2003 0,383 Euro/Liter (2.000 Liter) und im September 2004
0,512 Euro/Liter (ebenfalls für 2.000
Liter). Das bedeutet für einen Haushalt (Einfamilienhaus), der
durchschnittlich 2.000 Liter in der Heizsaison verbraucht, finanzielle Mehrkosten
gegenüber dem
Vorjahr von 258 Euro.
Die Belastungspolitik dieser Regierung hat mit dem Budgetbegleitgesetz
2003auch die Einführung
einer Kohleabgabe gebracht.
Diese bedeutet pro Kilogramm Koks oder Kohle zusätzlich zu den
Preissteigerungen einen finanziellen Mehraufwand von 0,05 Euro. Vergleicht man
die
Einlagerungspreise von Koks, so zeigt sich,
dass 2003 für 1.000 kg Koks 320 Euro zu bezahlen
waren und heuer 485 Euro. Das bedeutet für Personen, die mit Koks heizen
- und das sind im
Regelfall nicht die begütertsten Mitmenschen - eine zusätzliche Belastung
von 165 Euro
(inklusive 50 Euro ! Kohleabgabe für den Finanzminister) bei einem
durchschnittlichen
Verbrauch von 1.000 kg Koks je Heizsaison.
Durch gestiegene
Preise und Steuer- bzw. Abgabenerhöhungen im Bereich der Mineralölsteuer
ergaben sich im heurigen Jahr bereits Mehreinnahmen von rund 270 Millionen
Euro für das
Budget. Aus den Energieabgaben (Einführung
der Kohleabgabe und Erhöhung der Erdgasabgabe)
ergeben sich weitere Mehreinnahmen von rund 135 Millionen Euro -
somit insgesamt über
405 Millionen Euro zusätzliches Körberlgeld für den Finanzminister.
Es ist daher nur recht und billig, wenn ein Teil dieser Mehreinnahmen in Form
eines
Heizkostenzuschusses wieder an die
betroffene Bevölkerung zurückfließt.
Jene Menschen,
deren Haushaltseinkommen unter 875 Euro liegt bzw. bis zur Höhe des
Familienausgleichszulagenrichtsatzes reicht - das sind insbesondere
Notstandshilfe- und
KindergeldbezieherInnen, PensionistInnen, Kranke, behinderte Menschen,
ArbeitslosengeldbezieherInnen und BezieherInnen von Opferrenten - sollen einen
monatlichen
Heizkostenzuschuss für die Monate Oktober bis April von 40 Euro pro Monat
erhalten.
Notwendig ist ein bundeseinheitlicher Heizkostenzuschuss, der
unbürokratisch beziehbar ist, denn
aufgrund mangelnder Information, bürokratischer Hindernisse und
unterschiedlicher Kriterien und
Vergabemodalitäten in den Bundesländern sind viele nur schlecht oder gar nicht
in der Lage, einen
Zuschuss zu beantragen. Auch die Abhängigkeit von der Sozialhilfe schließt
viele Bedürftige - wie
Arbeitslosengeld-, Notstandshilfe- oder KindergeldbezieherInnen - von einem
Heizkostenzuschuss
aus.
Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die
Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich, spätestens
jedoch bis
8. November 2004 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, damit von der
Sozialversicherung, dem
Arbeitsmarktservice bzw. dem Bund für die Monate Oktober 2004 bis April 2005 so
rasch wie
möglich unbürokratisch ein Heizkostenzuschuss in der Höhe von 40 Euro monatlich
an
BezieherInnen von Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem
Karenzgeldgesetz,
dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, dem
Sonderunterstützungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem
Heeresversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz, dem
Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 sowie
an alle Pensions- und RuhegenußbezieherInnen nach bundesrechtlichen
Vorschriften, die ein
Haushaltseinkommen von unter 875 Euro netto bzw. bei im gemeinsamen Haushalt
lebenden
Ehegatten bis zum
Familienausgleichszulagenrichtsatz von 1.015 Euro im Monat haben, ausbezahlt
werden kann."
Zuweisungsvorschlag: Sozialausschuss