461/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 21.10.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHER ANTRAG

 

 

gemäß  § 74a Abs. 1  in Verbindung mit  § 93 Abs. 2  GOG-NR

 

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Scheibner 

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Novellierung des Asylgesetz

 

 

Seit Inkrafttreten der Asylgesetznovelle 2003 am 1. Mai 2004 ist die Zahl der Asylanträge  erheblich zurückgegangen. Waren es im April 2004 noch 3.137 Anträge, so sank die Zahl im Mai 2004 auf nur noch 1.304.

 

Insgesamt wurden im Jahre 2004 18.762 Asylanträge gestellt (Stand 1. Oktober 2004), um 23,63% weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (24.566 Anträge) Die Asylantragsstatistik für weist für das Jahr 2003 eine Gesamtsumme von 32.359 und im Jahre 2002 39.354 Asylantragsteller aus.

 

Nach dem Asylgesetz 1997 gab es  bis 1. Oktober 2004 insgesamt 17.947 rechtskräftige Erledigungen von Asylverfahren,. 29.003 Verfahren sind immer noch offen.

 

Nach dem Asylgesetz 2003 wurden seit 1. Mai 2004 3.206 Asylverfahren rechtskräftig erledigt und 6.462 Verfahren sind noch offen.

 

Im Jahr 2004 zählen zu den Spitzenreitern unter den Herkunftsländern bis dato die Russische Förderation  mit 4.689 Anträgen, Serbien und Montenegro mit 1.981 Anträgen, Indien mit 1.556 Anträgen, Nigeria mit 1.509 Anträgen und Georgien mit 1.359 Anträgen.

 

Der Belagstand der Bundesbetreuungseinrichtungen, im speziellen die Betreuungsstellen Bad Kreuzen, Reichenau, Thalham und Traiskirchen, weist per 1. Oktober 2004 eine Gesamtsumme von 1.941 Personen auf.

 

Gemäß den Angaben des Innenministeriums werden derzeit fast 13.800 von insgesamt rund 26.000 Asylwerbern in Wien und Niederösterreich untergebracht. Wien liegt mit 8.580 Asylwerbern um 80 Prozent über seinem ursprünglich vereinbarten Anteil, in Niederösterreich sind es mit 5.354 Asylwerbern acht Prozent.

Die übrigen Bundesländer erfüllen nicht den von ihnen geforderten Anteil.

 

Besonders problematisch ist, daß insbesondere in Wien zahlreiche Personen zu Unrecht als schutzbedürftige Fremde eingestuft und dadurch die vorhandenen Kapazitäten in jeder Hinsicht überfordert worden sind.

 

Der Budgetvoranschlag für 2005 sieht im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens für die Flüchtlingsbetreuung und Integration Ausgaben von 106,688.000 € vor, was im Vergleich zum Jahre 2004, wo 52,862.000 € im Budget veranschlagt wurden,, mehr als eine Verdoppelung bedeutet .

 

Bei der Zahl der Asylsuchenden und ihrer Herkunftsländer bestehen große Unterschiede zwischen den Ländern der Europäischen Union. In Frankreich beläuft sich die Zahl der Asylsuchenden auf  51.360, in Deutschland auf 50.445, in Großbritannien auf 49.369 und in Österreich auf 32.342. Im Jahr 2003 beliefen sich die Asylanträge in den EU-Staaten Großbritannien auf 61.050, in Frankreich auf 51.360, in Deutschland auf 50.450 und in Österreich auf 32.340. Österreich ist daher trotz aller Bemühungen eines der Hauptzielländer für Asylsuchende und Wirtschaftsflüchtlinge.

 

Am Freitag den 15. Oktober 2004 gab der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung  über die Anfechtungen einzelner Bestimmungen des Asylgesetzes 2003 bekannt.  Die Anträge der Oberösterreichischen und der Wiener Landesregierung sowie des Unabhängigen Bundesasylsenats wurden teilweise aus formalen Gründen zurückgewiesen, zum Großteil hielten auch die übrigen angefochtenen Bestimmungen des Asylgesetzes der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof stand. Nur in drei Punkten, nämlich beim Neuerungsverbot, beim generellen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Ausweisung im Dublin-Verfahren  und bei der Verhängung von Schubhaft, wurde den Antragstellern, und hier auch nur teilweise, Recht gegeben.

 

Das Neuerungsverbot des Asylgesetzes sah als eine von vier Ausnahmen vor, daß ein Asylwerber in zweiter Instanz nur dann neue Beweise vorbringen durfte, wenn er  "aufgrund einer medizinisch belegbaren Traumatisierung" nicht in der Lage war, diese in erster Instanz vorzubringen. Diese Bestimmung ist für den Verfassungsgerichtshof zu eng gefasst, weshalb sie ersatzlos gestrichen wird. Das Neuerungsverbot an sich bleibt damit zwar in Kraft, allerdings können sich künftig alle Asylwerber auf eine "psychische und physische Sondersituation" und damit auf die Ausnahmebestimmungen berufen. Die Beweiswürdigung liegt letztlich beim Unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Vom Verfassungsgerichtshof wurde auch jene Bestimmung aufgehoben, wonach im Dublin-Verfahren die Ausweisungsentscheidung generell sofort durchsetzbar war. wenn der Asylantrag deshalb zurückgewiesen wurde, weil die Verfahrensführung in die Zuständigkeit eines anderen Staates fiel. Hier stünden dem öffentlichen Interesse einer raschen Durchführung der Ausweisung mögliche Nachteile des Asylwerbers entgegen. Die im Sinne der Menschenrechtskonvention nötige Interessensabwägung könne nur im Einzelfall vorgenommen werden. Der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung mache eine derartige Interessensabwägung unmöglich.

 

Weiters wurde angefochten, daß die bloße Stellung eines erneuten Asylantrages nach rechtskräftiger negativer Entscheidung, ein sogenannter Folgeantrag, zur Verhängung der Schubhaft genügt. Das Anliegen des Gesetzgebers, Mißbräuchen in Form von wiederholten Antragstellungen bei gleicher Sach- und Rechtslage entgegenzuwirken, geht dem Verfassungsgerichtshof zu weit. Für diesen Punkt hat der Verfassungsgerichtshof eine Reparaturfrist bis zum 30. Juni 2005 gesetzt.

 

Bestätigt wurden hingegen die angefochtenen Bestimmungen zur Drittstaatsicherheit von Schweiz und Liechtenstein, die Durchsuchungsbestimmungen, die Liste sicherer Herkunftsstaaten und die Regelung der Bundesbetreuung.

 

Durch die Aufhebung von Teilen des Asylgesetzes 2003 besteht die Gefahr, dass es erneut  zu einem verstärkten Asylantragsaufkommen kommt. Österreich wird dadurch für Asylwerber aufgrund der geänderten Gesetzeslage im Vergleich zu den anderen EU-Ländern interessanter.

 

Aufgrund des Fehlens der aufgehobenen Bestimmungen wird möglicherweise eine Verlangsamung der Verfahren eintreten. Dies wiederum würde einerseits eine  verstärkte Ungewissheit für die Asylwerber und möglicherweise eine Verteuerung für Bund und Länder andererseits bedeuten.

 

Konkret bezieht sich dies auf die Einschränkung des Neuerungsverbots. Dieses hätte dazu führen sollen, daß alle Behauptungen über Verfolgungen bereits in der ersten Instanz vorgelegt bzw. vorgebracht werden müssten. Noch vor kurzem war es gängige Praxis, daß in der zweiten Instanz und teilweise sogar noch direkt vor der Abschiebung von den Asylwerbern neue Behauptungen aufgestellt worden waren, warum doch Asylgründe vorhanden und dadurch ein positives Asylverfahren zu erwarten sei.

 

Eine rasche Novellierung des Asylgesetzes 2003 ist daher notwendig, um die durch den Verfassungsgerichtshof-Entscheid entstandene Lücke schnellstmöglich zu schließen. Da nun Teile des Asylgesetzes aufgehoben wurden, bietet diese Situation auch die beste Chance, dieses Gesetz im Zuge einer Reparatur weiter zu verbessern und  neu zu gestalten. Bestehende Probleme, die sich im Vollzug herausgestellt haben, wie zum Beispiel im Bereich Traumatisierung, Zurückweisung an der Grenze, etc. könnten gleichzeitig mit der Reparatur ausgeräumt werden. Ein sehr strenges, restriktives und auch im Vollzug funktionierendes neues Asylgesetz muss jetzt sicherstellen, daß Österreich wirksam Schutz und Hilfe für Flüchtlinge nach der Genfer Konvention gewährt, aber Wirtschaftsflüchtlinge entweder gar nicht in das Land lässt oder umgehend in ihre Heimatländer abschiebt.

 

Österreich soll daher unter Wahrung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechtskonvention alle rechtlichen  Möglichkeiten ausschöpfen, um einen Missbrauch des Asylrechts hintanzuhalten.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher an den Bundesminister für Inneres folgenden

 

 

 

D r i n g l i c h e n   A n t r a g:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, dem Nationalrat ehebaldigst eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung der Asylgesetznovelle 2003, BGBl. Nr. I 101/2003 im Interesse der österreichischen Bevölkerung und der im Sinne der Genfer Konvention bzw. der EMRK Verfolgten verfassungskonform überarbeitet und folgende Maßnahmen unter Beachtung der bereits in der EU harmonisierten Bereiche des Asyl- und Migrationswesens beinhaltet:

 

·         Rasche Prüfung und – negativen Falls - Abschiebung von wegen schwerer Straftaten verurteilter Asylwerber

·        Unterbindung des Asylmissbrauchs

·        Verbesserung der Vollzugsmöglichkeiten des Asylgesetzes

·        Klare Mitwirkungsverpflichtungen eines Asylwerbers an der Identitäts-feststellung und im Asylverfahren

 

Ferner wird der Bundesminister für Inneres ersucht, im Interesse der Sicherung von Abschiebungen seine Bestrebungen zum Abschluss von Rückübernahme-übereinkommen fortzusetzen.

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und der Erstantragstellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.