500/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 26.01.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

betreffend umgehende Erlassung von Regelungen für die Videoüberwachung im öffentlichen Raum durch Private zum Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes

 

 

Ende des Jahres wurde mit einer Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz für die Sicherheitsexekutive die Möglichkeit geschaffen, Videoüberwachungen bei sogenannten Kriminalitätsbrennpunkten vorzunehmen. Für die Grundrechtskonformität dieser Maßnahme wurden aber Löschungsverpflichtungen und eine zwingende Kennzeichnung des videoüberwachten Raums eingeführt.

 

Gleichzeitig fehlen aber in Österreich gesetzliche Bestimmungen betreffend die Videoüberwachung durch „Private“ im öffentlichen Raum.

 

Es ist nicht akzeptabel, dass einerseits für die Sicherheitsexekutive solche Regeln normiert wurden, aber andererseits für Private diesbezüglich keine Regeln und Grenzen bestehen. Es ist daher dringend geboten, den Datenschutz und die Garantie der Persönlichkeitsrechte auch gegenüber „Privaten“ abzusichern. Diesbezügliche Anregungen hat auch der hiefür zuständige Datenschutzrat formuliert, welche auch in das Regierungsprogramm der Regierung Schüssel II aufgenommen wurden. Hier heißt es, dass einheitliche Regelungen zum Einsatz von Videoüberwachungen im öffentlichen Raum erlassen werden sollen.

 

Bedauerlicherweise ist aber bisher eine Umsetzung nicht angegangen worden, diesbezügliche sozialdemokratische Initiativen im Rahmen der Beratung des Sicherheitspolizeigesetzes wurden von den Regierungsfraktionen mit Hinweis auf den dadurch resultierenden Zeitverlust abgelehnt.


Die SPÖ hat dennoch der Videoüberwachung im Sicherheitspolizeigesetz zugestimmt, dabei aber auch darauf hingewiesen, dass die Initiative nach Schaffung von Regelungen für Videoüberwachungen im öffentlichen Raum durch Private durch die SPÖ weiter verfolgt werden wird.

 

Auch das Arbeitsdokument der „Artikel 29 – Datenschutzgruppe (EU)“ zum Thema Verarbeitung personenbezogener Daten aus der Videoüberwachung stellt das Problem, den Anwendungsbereich, internationale Rechtsgrundlagen sowie die Anwendung der europäischen Datenschutzrichtlinie (inkl. Ausnahmen) dar (RL 95/46/EG):

 

„Die Besonderheit und Sensibilität der Verarbeitung personenbezogener Ton- und Bilddaten werden in den einleitenden Erwägungsgründen der Richtlinie thematisiert. Zusätzlich zu den Überlegungen weiter unten über den Geltungsbereich wird in diesen Erwägungsgründen und den entsprechenden Artikeln in der Richtlinie folgendes erläutert:

 

a)      die Richtlinie findet in Anbetracht der Bedeutung der Entwicklung der Techniken der Erfassung, Veränderung und sonstigen Verwendung personenbezogener Daten grundsätzlich auch auf Ton- und Bilddaten Anwendung (Erwägungsgrund 14).

b)      die Schutzprinzipien der Richtlinie müssen für alle Informationen – auch Ton- und Bilddaten – über eine bestimmte oder bestimmbare Person gelten, indem alle Mittel berücksichtigt werden, die von dem Verantwortlichen für die Verarbeitung oder von einem Dritten eingesetzt werden könnten, um die betreffende Personen zu bestimmen (Artikel 2 Buchstabe a und Erwägungsgrund 26).

 

Neben den vorgenannten spezifischen Bezügen entfaltet die Richtlinie ihre Wirkungen im Rahmen ihrer einzelnen Bestimmungen, die sich insbesondere auf folgende Punkte beziehen:

 

1.)    Datenqualität: Bilder müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise und für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke verarbeitet werden. Bilder sind gemäß dem Grundsatz zu verwenden, dass sie den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, dafür erheblich sind und nicht darüber hinausgehen, sowie dass sie in keiner mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Sie werden nur für einen begrenzten Zeitraum aufbewahrt usw. (siehe Artikel 6)

2.)    Kriterien für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung: Auf der Grundlage dieser Kriterien muss die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videoüberwachung mindestens eine der in Artikel 7 aufgeführten Voraussetzungen erfolgen: Einwilligung ohne jeden Zweifel, vertragliche Festlegung, Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person, Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, ausgewogene Interessensabwägung (Artikel 7).

3.)    Die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten: Sie unterliegt den Schutzbestimmungen, die im Rahmen der Videoüberwachung für die Verwendung sensitiver Daten oder für Daten gelten, die Straftaten betreffen (vgl. Artikel 8)

4.)    Unterrichtung der Betroffenen (siehe Artikel 10 und 11).

5.)    Rechte der Betroffenen, insbesondere Recht auf Zugang zu eigenen Daten und Widerspruchsrecht gegen die Datenverarbeitung aus schutzwürdigen Gründen (siehe Artikel 12 und 14a),

6.)    Schutzklauseln im Zusammenhang mit automatisierten Einzelentscheidungen (vgl. Artikel 15),

7.)    Sicherheit der Verarbeitung (Artikel 17),

8.)    Meldung von Verarbeitungen (vgl. Artikel 18 und 19),

9.)    Vorabkontrolle von Verarbeitungen, die spezifische Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen beinhalten können (Artikel 20) und

10.)           Übermittlung von Daten an Drittstaaten (vgl. Artikel 25 und folgende).

 


Die Besonderheit und Sensibilität der Verarbeitung von Bild- und Tondaten wird schließlich auch im letzten Artikel der Richtlinie gewürdigt, wonach sich die Kommission verpflichtet, insbesondere die Anwendung dieser Richtlinie auf die Verarbeitung solcher Daten zu prüfen und alle geeigneten Vorschläge zu unterbreiten, die sich unter Berücksichtigung der Entwicklung der Informationstechnologie und der Arbeiten über die Informationsgesellschaft als notwendig erweisen könnten (siehe Artikel 33).“

 

Die Rechtslage im Zusammenhang mit Videoüberwachung war auch Gegenstand von Untersuchungen im Rahmen der für Datenschutz zuständigen Abteilung des Bundeskanzleramtes.

„Für die Frage, ob eine Gesetzesinitiative notwendig ist, sollte sinnvollerweise der Abschluss der Arbeiten in der Arbeitsgruppe abgewartet werden“ – so der Bundeskanzler in der Anfragebeantwortung XXII. GP Nr. 570/AB vom 14.8.2003. Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden bislang der Öffentlichkeit vorenthalten.

 

Aus Sicht der SPÖ ist – wie schon eingangs erwähnt - eine Novellierung des Datenschutzgesetzes 2000 absolut notwendig, da bestimmte Vorgaben der Datenschutz RL in Österreich für Video- oder Bilddaten noch nicht umgesetzt wurden.

 

Für Deutschland ist der Einsatz von Videoanlagen im deutschen Datenschutzgesetz geregelt.

Die Regelungen und Erfahrungen in Deutschland könnten Ausgangspunkt für eine umfassende Lösung auch in Österreich sein.

 

Der deutsche Gesetzestext im Wortlaut:

(1)   Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

(2)   Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(3)   Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4)   Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über die Verarbeitung oder Nutzung entsprechend den §§ 19a und 33 zu benachrichtigen.

 

Eine besondere Problematik stellt die Tätigkeit der Berufsdetektive dar: So ergibt sich beispielsweise, dass im Rahmen privater Ermittlungsdienste Daten von dritten Personen erhoben, recherchiert und verarbeitet werden. Der Datenschutzrat führte zu dieser Problematik aus:

„Insbesondere scheint das Gewerbe der Berufsdetektive geeignet, die Privatsphäre von Betroffenen erheblich zu beeinträchtigen. Folgt man manchen Medienberichten, finden offenbar immer wieder – etwa in Scheidungsverfahren – Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz der Betroffenen statt, die von Art und Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre mit dem auf staatlicher Ebene eingeführte Lausch- und Spähangriff vergleichbar sind. Diese letztgenannten staatlichen Eingriffe sind aber nur zur Bekämpfung bestimmter Verbrechen und unter den in der StPO gesetzlich detailliert geregelten Voraussetzungen zulässig. Ein gleichartiges Vorgehen durch Private würde jeder gesetzlichen Grundlage entbehren und wäre auch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinesfalls zu rechtfertigen.“

 

Aus all den erwähnten Gründen ist es daher zum Schutz der Privatsphäre und zum Schutz des Datenschutzes dringend notwendig, dieses auch von der Regierung zugestandene Problem einer Lösung herbeizuführen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag:

 


Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Entschließung

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten und dem Nationalrat noch in der Tagung 2004/2005 vorzulegen, die unter Berücksichtigung der Europäischen Normen und zum Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes in Österreich die Problematik der Videoüberwachung im öffentlichen Raum durch Private einer Lösung zuführt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss