521/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 26.01.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Heidrun Silhavy
und GenossInnen
betreffend Schaffung eines Konsumentenschutzrates
Mit dem vorliegenden Antrag wird die Schaffung eines „Konsumentenschutzrates"
durch
eine Novellierung des
Konsumentenschutzgesetzes vorgeschlagen. Die Einrichtung dieses
Experten- und Beratungsgremiums ist aus verschiedenen Gründen notwendig
geworden.
Konsumentenschutz
ist in Österreich eine klassische Querschnittsmaterie,
Konsumentenschutzangelegenheiten werden in vielen Gesetzen geregelt, für
Konsumentenschutzangelegenheiten sind damit die unterschiedlichsten Ressorts
zuständig.
Daher wären Konsumentenschutzinteressen in den jeweiligen
Gesetzgebungsverfahren
ausreichend zu berücksichtigen. Da es keine
institutionalisiete Einbindung von VertreterInnen
von Konsumentenschutzorganisationen im Gesetzgebungsverfahren gibt, ist dies
oft nicht der
Fall.
Auch der bereits in den 70iger Jahren eingerichtete „Konsumentenpolitische
Beirat" wurde
seit 2000 kein einziges Mal
einberufen; im Bundesministeriengesetz in der derzeit gültigen
Fassung fehlt überhaupt jeder Hinweis auf
die Existenz des Konsumentenpolitischen Beirates
und auf die diesbezügliche Kompetenz des Bundesministers für Soziale
Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz. Er wurde im Zuge der Änderung des
Bundesministeriengesetzes ersatzlos gestrichen!
Während auf
europäischer Ebene Konsumentenschutzorganisationen beratend in
verschiedenen Ausschüssen und damit in
europäische Gesetzgebungsverfahren sowie in die
Vollziehung eingebunden sind, ist dies bislang in Österreich nicht der
Fall. Auf EU-Ebene
wurde beispielsweise bereits mit Beschluss der Kommissionen vom 4. Mai 2000 ein
„Verbraucherausschuss" eingerichtet (2000/323/EG). Dieser setzt sich aus
Vertretern
nationaler und europäischer Konsumentenorganisationen zusammen.
Aufgrund des
Querschnittcharakters wurden Konsumentenschutzangelegenheiten in
Österreich in der Vergangenheit von mehreren und je nach Legislaturperiode
unterschiedlichen Ressorts wahrgenommen.
Eine sachlich nachvollziehbare und schlüssige
Zuordnung gab es nicht. Oft kam die primäre Zuständigkeit für einzelne
konsumentenpolitische Vorhaben anderen Bundesministerien zu, als dem nach dem
Bundesministeriengesetz zuständigen Konsumentenschutzministerium.
Kompetenzprobleme wurden nie gelöst und ein
starkes Konsumentenschutzministerium nie
geschaffen: Somit konnte auch ein „Aktionsplan Konsumentenschutz" nie
realisiert werden.
Wenn gleich
Österreich eines der ersten europäischen Länder war, in dem ein
Regierungsmitglied mit
Konsumentenschutzangelegenheiten betraut wurde, kam es nie zu
einem umfassenden strategischen konsumentenpolitischen Konzept und damit
zu einer
sachlich schlüssigen Kompetenzaufteilung in
Konsumentenangelegenheiten zwischen den
einzelnen Ressorts.
Es fehlte
somit ein starkes Konsumentenschutzministerium mit gebündelten
Kompetenzen, in dem die - heute aufgeteilten
- wesentlichen
Konsumentenschutzangelegenheiten
verantwortlich vollzogen werden und in dem auch
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Preisüberwachung,
Preisauszeichnung,
(Technische) Marktbeobachtung,
Warenkennzeichnung zusammengefasst sind.
Das
Regierungsprogramm von 1999 (ÖVP/FPÖ I) sah im Kapitel VI (Konsumentenschutz) -
mit Ausnahme der Umsetzung von EU-Richtlinien (z.B. Garantierichtlinie) - keine
weiteren
konkreten Maßnahmen vor; was man fand, waren oberflächlich gehaltene
Erklärungen zu
einzelnen Konsumentenproblemen. Auch das Kapitel „Justiz" enthielt keine
besonderen
konsumentenpolitisch orientierte Zielsetzungen.
Das
Konsumentenschutzprogramm war einerseits unvollständig, anderseits wurden dem
Konsumentenschutzgedanken abträgliche
Zielvorgaben festgelegt. Das war beispielweise der
ausdrückliche Ausschluss der Umkehr der Beweislast und die Festlegung,
dass der nationale
Handlungsspielraum bei der Umsetzung von EU-Richtlinien nicht ausgenützt werden
soll.
Die Novelle zum Bundesministeriengesetz 1986 im Jahr 2000 war typisch
für die Aufteilung
der Kompetenzen:
Konsumentenschutzmaterien, die vorerst beim Bundeskanzleramt
angesiedelt waren, wurden
auf verschiedene Ministerien
aufgeteilt. Es wurden die „Produktsicherheitsangelegenheiten"
dem Justizminister - als
Konsumentenschutzminister - zugeteilt, die frühere Sektion VI des
Bundeskanzleramtes (dann Sektion IX des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit und
Generationen) zuständig für Lebensmittelkontrolle, Gentechnik,
Veterinärverwaltung und
Strahlenschutz dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen
zugeordnet.
Vom Bundeskanzleramt wurden weiters die Angelegenheiten des Giftverkehrs sowie
allgemeine Angelegenheiten des Schutzes vor ionisierenden Strahlungen an das
Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, abgegeben.
Datenschutz wiederum verblieb im Bundeskanzleramt. Über mögliche
Kompetenzkonflikte
wurde nie gesprochen.
Diese
Zuständigkeiten einzelner Ministerien (mit nicht unwesentlichen
Konsumentenschutzkompetenzen) blieben allerdings weiterhin unter anderem von
der
(technischen) Marktüberwachung sowie den
Angelegenheiten der Preisauszeichnung und des
EWAG getrennt. Zahlreiche konsumentenrelevante Angelegenheiten blieben
nämlich
weiterhin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt (z.B.
Preisauszeichnung, technische Marktüberwachung, Maß- und Eichwesen).
Die Änderungen des Bundesministeriengesetzes 1986 im Jahr 2003 brachten
wiederum
Änderungen:
Das
Justizministerium verlor mit Ausnahme des zivilrechtlichen Konsumentenschutzes
die
Konsumentenschutzagenden. Für Konsumentenschutz zuständig wurde das
Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.
Letzteres
verlor allerdings die Kompetenzen in Lebensmittelangelegenheiten sowie
Veterinär- und
Gentechnikbereich. Diese Kompetenzen wanderten
zum neugeschaffenen Bundesministerium
für Gesundheit und Frauen.
Das nun
bestehende Konsumentenschutzministerium ist ein Ministerium ohne wirkliche
Kompetenzen. Das Produktsicherheitsgesetz ist das einzige Gesetz, welches in
Konsumentenangelegenheiten dem
Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz zur Vollziehung zugeordnet wurde. Damit werden die
wichtigsten
Konsumentenschutzgesetze bzw. -bestimmungen
weiterhin in anderen Ministerien im
Gesetzgebungsverfahren vorbereitet und als Gesetze vollzogen.
Das
Hauptproblem blieb daher: Seit
2000 kein starkes Ministerium, keine sachlich
schlüssige Abgrenzung zu anderen
Bundesministerien und keine gebündelten Kompetenzen
für das Bundesministerium für Justiz bzw. für das Bundesministerium für Soziale
Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz als Konsumentenschutzministerium.
Die Folgen waren
auch klar: Die verschiedensten MinisterInnen waren in den letzten Jahren
in unterschiedlichsten Räten und Gremien in Konsumentenschutzangelegenheiten
auf
europäischer Ebene (EU) tätig. Auf EU Ebene werden die
Konsumentenschutzkompetenzen
nämlich nicht gemäß der innerstaatlichen Kompetenzverteilung wahrgenommen.
Konsumententhemen sind auf verschiedene
Ministerräte verteilt. Sie werden oft „unter ferner
liefen" abgehandelt.
Im Regelfall ist von einer sogenannten Mitvertretung von
Konsumentenschutzanliegen gemäß
den Schwerpunkten der einzelnen
Ministerräte auszugehen.
Allerdings
wurden auf europäischer Ebene notwendige Kompetenzänderungen zu Gunsten
der „Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz" bereits
vorgenommen. Diese
waren u.a. auf die Erkenntnisse des nicht ständigen
BSE-Untersuchungsausschusses des
Europäischen Parlaments zurückzuführen. So hat die Europäische Kommission
bereits am
12. Februar 1997 beschlossen, ihre
Dienststellen neu zu ordnen, um auf diese Weise in deren
Tätigkeit im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheitsschutz den EU Bürgern
zu mehr
Effizienz und Transparenz zu verhelfen. Der Umstrukturierung lagen
grundsätzliche
Überlegungen zu Grunde. Zum einen erwies sich eine Trennung bestimmter
Funktionen
geboten, um zu vermeiden, dass bestimmte Dienststellen gleichzeitig als
„Richter" und
„Kläger" fungieren. (Konkret: Es soll nicht ein und dieselbe Person
Dienstvorschriften
ausarbeiten, die beratende Wissenschaftergremien konsultieren, und die
Anwendung der
Rechtsvorschriften kontrollieren dürfen). Zum anderen soll die Verbreitung der
Information
über gefasste Beschlüsse und über die
Ergebnisse der Kontrolle ihrer Anwendung verbessert
werden.
In Anbetracht
der unübersichtlichen kompetenzrechtlichen Situation des
Konsumentenschutzes in Österreich sind daher grundsätzliche Überlegungen
hinsichtlich
einer Neuordnung der Konsumentenschutzkompetenzen anzustellen. Dies gilt
insbesondere
für den Lebensmittel-, Veterinär- und den
agrarischen Betriebsmittelbereich und zwar sowohl
auf Bundesebene, wie auch auf Länderebene.
Die
Regierungsparteien waren aber bislang in keiner Weise bereit diese notwendigen
Kompetenzänderungen vorzunehmen. So blieb
einerseits die Kompetenz für das agrarische
Betriebsmittelrecht - insbesondere
des Futtermittelrechts - beim BM für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und
Wassertechnik, anderseits verschaffte sich im Jahr 2002 dieses
Bundesministerium als Hälfteeigentümer der Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit GesmbH (AGES) einen unmittelbaren Zugriff auf die
Lebensmitteluntersuchungstätigkeit, das heißt auf die Lebensmittelsicherheit.
Da aus
verschiedenen Gründen nicht damit gerechnet werden konnte, dass die derzeitige
österreichische Bundesregierung die zentralen konsumentenrelevanten
Angelegenheiten
bündelt und einem
Konsumentenschutzministerium zuordnet ( Konzentration der wichtigsten
Konsumentenschutzmaterien), ist eine bessere Koordinierung der
konsumentenpolitischen
Anliegen und Gesetzesvorhaben unumgänglich und anzustreben.
Aufgrund dieser realen Gegebenheiten muss eine Lösung gefunden werden,
um zu einer
koordinierten Konsumentenpolitik -
und damit zu deren Aufwertung - in Österreich zu
gelangen:
Der
„Konsumentenschutzrat" - auf gesetzlicher Basis eingerichtet - soll diese
Aufgaben
erfüllen.
Dieser soll dem
- auch national anerkannten - Datenschutzrat (DSR) nachgebildet werden.
Mit dem Konsumentenschutzrat wird erstmals die Beteiligung von
KonsumentenvertreterInnen
im Gesetzgebungsverfahren gesichert und auf eine gesetzliche
Grundlage gestellt. Als Vorbild dafür dient der Datenschutzrat, dessen
einstimmig oder
mehrheitlich beschlossenen Stellungnahmen
oft zu Änderungen in Ministerialvorlagen bzw.
sogar zu Abänderungsanträgen im Nationalrat geführt haben.
Hauptaufgabe des
Konsumentschutzrates ist es, Mitglieder der Bundesregierung aber auch
andere Gebietskörperschaften in
Angelegenheiten des Konsumentenschutzes durch Gutachten
und Stellungnahmen zu beraten.
Damit sollte
Konsumentenpolitik in Österreich sinnvoll koordiniert werden,
Konsumentenschutz und Konsumentenarbeit
aufgewertet und damit einen neuen Stellenwert
in der Gesellschaft erhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
wird
aufgefordert, gemeinsam mit der Bundesministerin für Justiz dem Nationalrat
unverzüglich
eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der im Rahmen der Novellierung des
Konsumenten-
schutzgesetzes der Konsumentenschutzrat als unabhängiges Beratungsgremium der
Bundesregierung und anderer
Gebietskörperschaften in Konsumentenschutzangelegenheiten
geschaffen wird."
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales