566/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 03.03.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Lunacek, Stoisits, Freundinnen und Freunde

betreffend Ratifikation des 12. und 14. Zusatzprotokolls zur Europäischen
Menschenrechtskonvention

Das 12. Zusatzprotokoll zur EMRK wurde am 4. November 2000 in Rom auf der
Konferenz anlässlich des 50. Jahrestages der Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 - Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK) zur Unterzeichnung vorgelegt und am 26. Juni
2000 vom Ministerkomitee des Europarates verabschiedet. 25 der zu diesem
Zeitpunkt 41 Mitgliedsstaaten des Europarates- inklusive Österreich - haben das 12.
Zusatzprotokoll schon am 4.11.2000 unterzeichnet. Das 12. Zusatzprotokoll statuiert
ein generelles und umfassendes Diskriminierungsverbot, das über das in Art. 14 der
Menschenrechtskonvention hinausgeht, da Art. 14 sich auf Diskriminierungen
beschränkt, die die von ihr geschützten Rechte betreffen. Beim 12. Zusatzprotokoll
handelt es sich hingegen um einen allgemeinen Diskriminierungsschutz. Art. 1.
Absatz 2 des 12. Zusatzprotokolls verbietet jegliche Diskriminierung durch öffentliche
Gewalt (einschließlich der Gerichte, des Gesetzgebers und der Verwaltung).
Verletzungen des Diskriminierungsverbots können vor den nationalen Gerichten und
gegebenenfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt
werden.

In den Erläuterungen des 12. Zusatzprotokolls wird darauf hingewiesen, dass das
12. Zusatzprotokoll auch Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung mit
einschließt. Das 12. Zusatzprotokoll bietet daher Lesben, Schwulen und Bisexuellen
explizit Schutz vor Diskriminierung, wie er in dieser Form durch die österreichische
Gesetzgebung derzeit nicht gegeben ist.

Bislang haben 11 Staaten (Albanien, Armenien, Bosnien und Herzegowina,
Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Finnland, Georgien, Kroatien,
Niederlande, San Marino, Serbien und Montenegro, Zypern) das 12. Zusatzprotokoll
EMRK ratifiziert - zuletzt Armenien und Finnland am 17.12.2004 wodurch das 12.
Zusatzprotokoll in den 11 genannten Staaten mit 1.4.2005 in Kraft tritt. Im Gegensatz
zu diesen Staaten hat Österreich das 12. Zusatzprotokoll bislang noch nicht
ratifiziert.

Ebenso noch nicht ratifiziert hat Österreich das 14. Zusatzprotokoll zur EMRK. Das
14. Zusatzprotokoll EMRK wurde am 13.5.2004 den Mitgliedsstaaten zur
Unterzeichnung vorgelegt. Bislang haben 38 Staaten das 14. Zusatzprotokoll
unterschrieben, darunter auch Österreich am 10. November 2004.

Das 14. Zusatzprotokoll sieht vor, die mittel- und langfristige Wirksamkeit des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu sichern. Hintergrund ist der
Anstieg der Individualbeschwerden über mutmaßliche Verletzungen der EMRK.
Durch die Einführung eines neuen Filtermechanismus - ein(e) RichterIn unterstützt
von einer/einem AssistentIn entscheidet über die Unzulässigkeit von Fällen statt wie
bislang ein Ausschuss aus drei RichterInnen - soll gewährleistet werden, dass die


Individualbeschwerden in angemessener Frist behandelt werden können. Zusätzlich
soll nun ein Richterlnnenausschuss bestehend aus drei RichterInnen über
offensichtlich gut begründete Beschwerden abschließend urteilen können.
Änderungen ergeben sich auch beim Zulassungskriterium. Durch das 14.
Zusatzprotokoll könnte das Ministerkomitee nun Verfahren vor Gericht bringen, bei
denen sich der jeweilige Staat weigerte, einem Urteil nachzukommen. Zudem sieht
das Protokoll bei mangelnder Umsetzung von bestimmten Urteilen ein
Vertragsverletzungsverfahren vor, das dem Ministerkomitee des Europarats die
Kompetenz gibt, beim Gerichtshof ein Feststellungsurteil zu erwirken.

Sechs Staaten haben das 14. Zusatzprotokoll zur EMRK bislang ratifiziert (Armenien,
Dänemark, Georgien, Irland, Malta, Norwegen), Österreich aber noch nicht, obwohl
das 14. Zusatzprotokoll die Effektivität des Europäischen Gerichtshofs fördert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis Ende April die notwendigen
Vorlagen zur Ratifizierung des 12. und des 14. Zusatzprotokolls zur Europäischen
Menschenrechtskonvention vorzulegen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte
vorgeschlagen.