600/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 11.05.2005
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Dringlicher Antrag

Gem. § 74 a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR

der Abgeordneten Neugebauer, Grillitsch, Herta Mikesch, Amon MBA,
Kolleginnen und Kollegen

betreffend Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit war immer eine Priorität der österreichischen Bundesregierung. Die Schaffung von Rahmenbedingungen für mehr Wachstum ist dabei die zentrale Herausforderung, denn nur durch ein ausreichendes Wachstum entstehen neue Arbeitsplätze, womit die Arbeitslosigkeit nachhaltig gesenkt werden kann.

Die österreichische Arbeitslosenquote war Ende April 2005 nach Irland (4,3%) und Luxemburg (4,5%) die drittniedrigste in der Europäischen Union. Die Arbeitslosenquote der EU-25 beträgt 8,9% (Februar 2005) und liegt damit deutlich über dem österreichischen Wert. Insgesamt waren Ende April ca. 246.000 Österreicher und Österreicherinnen ohne Arbeit, EU-weit sind 19 Millionen Menschen auf Arbeitsuche. Jeder Arbeitsloser ist aber ein Arbeitsloser zuviel und deshalb müssen gezielte Anstrengungen unternommen werden, um die Arbeitslosigkeit zu senken.

 

Bei der Jugendarbeitslosenquote (15 bis 24 Jahre) liegt Österreich mit 10,1% (März 2005) nach wie vor deutlich unter dem europäischen Durchschnitt (EU-25) von 18,8% im Februar 2005.

 

Ende April 2005 betrug die Zahl der unselbständig Beschäftigten - ohne geringfügige Beschäftigungsverhältnisse - 3.202.603 . Österreich kann mit 1,0% (2004 laut Eurostat) einen höheren Beschäftigungszuwachs als der EU-Durchschnitt (0,6% laut Eurostat) aufweisen. Heute gibt es in Österreich 33.563 Beschäftigte mehr als im April 2004. Trotzdem ist es nicht möglich, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, weil das Beschäftigungspotential überdurchschnittlich anstieg.

 

Von den 35.000 Personen, die jährlich neu auf den Arbeitsmarkt kommen (ein Drittel davon Frauen, ein Drittel über 54-Jährige auf Grund geringerer Anzahl von Frühpensionen und ein Drittel Nicht-Österreicher – davon auch immer mehr Deutsche) finden daher rund 5.000 keine Arbeit.

 

Derzeit haben wir eine ähnliche Arbeitslosenrate wie in den Jahren 1996 bis 1998, in denen die internationale Konjunktur besser und dadurch bedingt auch das Wirtschaftswachstum in Österreich höher war als heute.

 

Bis sich die Arbeitslosigkeit durch die demographische Entwicklung in einigen Jahren (spätestens 2010) drastisch verringern wird und es sogar zu einem Arbeitskräftemangel kommen wird, müssen daher Maßnahmen gesetzt werden, um die Zahl von Arbeitslosen zu verringern.

 

Auf der Suche nach Strategien für mehr Jobs hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Regierungs- und Oppositionsparteien, Wirtschaftsforscher, Unternehmer und Sozial­partnerspitzen am 1. Mai zu einem "Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung" in die Wiener Hofburg geladen.

 

Bei diesem Reformdialog wurden folgende Maßnahmen ins Auge gefasst:

 

1.      Infrastrukturausbau: Die Bundesregierung hat seit dem Jahr 2000 die Mittel für Infrastruktur auf ein historisches Höchstmaß verstärkt. So werden im Jahre 2005 rund 3 Mrd € in die hochrangigen Verkehrswege investiert. Als Schwerpunkt dabei gilt die Verbesserung der Verkehrswege nach Mittel- und Osteuropa. Darüber hinaus setzt nun die Bundesregierung eine weitere Offensive mit zusätzlichen 300 Mio €. Mit diesen Mitteln sollen baureife Projekte im hochrangigen Strassen- und Bahnnetz vorangetrieben werden, wobei bei der Struktur der Bauvorhaben besonderes Augenmerk darauf gelegt werden soll, dass vor allem die Wettbewerbschancen von Klein- und Mittelunternehmen berücksichtigt werden.

Die Realisierung dieses zusätzlichen Bauvolumens erfolgt über Aufnahme in das Bauprogramm bzw. in den Rahmenplan von ASFINAG und ÖBB.

 

2.      Forschungsoffensive: Die Bundesregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, Österreichs F&E-Quote bis zum Jahr 2010 auf 3% des BIPs anzuheben. Durch eine Forschungsanleihe werden künftig für diesen Zeitraum
1 Mrd € zusätzlich für Forschung in Österreich zur Verfügung stehen. D
arüber hinaus wird im Bereich F&E eine Mittelstandsoffensive gestartet: Es soll künftig auch die Auftragsforschung steuerlich begünstigt werden. Diese Maßnahme wird erheblich dazu beitragen, die Forschung in den breiten Mittelstand zu bringen. Klein- und Mittelunternehmen  können somit in Zukunft einen Forschungsfreibetrag oder eine Forschungsprämie für Auftragsforschung geltend machen (geschätztes Volumen 300 Mio €).

3.      Verfahrensbeschleunigung: Ein neu geschaffenes Verfahrenbeschleunigungsgesetz  wird zur raschen Umsetzung der Investitionen (z.B. Kraftwerksprojekte, Ökostromprojekte etc. mit einem Volumen von 6,2 Milliarden Euro) beitragen.
Im Bereich der Gewerbeordnung werden der Anwendungsbereich für das vereinfachte Genehmigungsverfahren von 300m2 auf 800 m2 Betriebsfläche ausgedehnt und Kriterien entwickelt, nach denen eine anlagenrechtliche Bewilligung entfallen könnte.

4.      Breitbandoffensive: Durch eine intensivierte Fortsetzung der bisherigen Offensive werden vor allem ländliche Regionen Zugang zu Breitbandinternet erhalten. Der Bund verdoppelt die bisherige Förderung und stellt dafür zusätzliche 10 Mio. € bereit; die Länder sollen sich in gleicher Höhe beteiligen.

5.      Ausbau Ökostrom: Verlängerung der Frist für die verpflichtende erstmalige Einspeisung von Ökostrom aus bereits genehmigten Anlagen um eineinhalb Jahre bis zum 31. Dezember 2007.

 

6.      Beschäftigungschance flexiblere Arbeitszeit: Die Sozialpartner werden ihre Bemühungen um eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit auf Kollektivvertragsebene verstärken und damit Österreichs Standortqualität weiter verbessern.

 

7.      Qualifikationsförderung: Qualifikation und ständige Weiterbildung der österreichischen Arbeitkräfte ist das beste Mittel zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit. Das Arbeitsmarktservice, Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen werden bedarfsgerechte Ausbildungsmodule anbieten. Vor allem dem Nachholen von Hauptschulabschlüssen soll besonderes Augenmerk geschenkt werden. Ausweitung der frühen Sprachförderung durch 150 zusätzliche Pädagogen. Durch die Ausweitung der Tagesbetreuung um weitere 10.000 Plätze werden rund 170 Jobs geschaffen.

 

8.      Lehrlingsoffensive: Durch eine Richtlinienänderung soll das AMS künftig jene Betriebe mit einem Bonus (mit 400€/Monat und Lehrling im 1. Lehrjahr) fördern, die zusätzliche Lehrstellen vor allem in innovativen Lehrberufen (z.B. Mechatronik, Lagerlogistik, …) anbieten. Darüber hinaus bekräftigt die Bundesregierung ihre Zusage jedem Jugendlichen, der keine Lehrstelle findet, auch im Herbst einen Lehrgangsplatz zur Verfügung zu stellen.

 

9.      Kampf gegen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit: Der Kampf gegen Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit wird verstärkt. Zu diesem Zweck plant die Bundesregierung eine Verstärkung der Betrugsbekämpfungseinheiten um ca. 200 Bedienstete. Weiters sollen die Befugnisse der Kontrolleinheiten erweitert und die Strafen wesentlich erhöht werden.

 

10.  Fortsetzung der Internationalisierungsstrategie
Die Internationalisierungsoffensive „go international“ stellt einen nachhaltigen Impuls zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen dar. Die Weiterführung der Offensive wird weitere Betriebe zum Export motivieren und damit zur Stärkung des österreichischen Außenhandels beitragen. 

 

 

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG NR folgenden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt und unterstützt diese Vorschläge der Bundesregierung und ersucht diese zwecks Umsetzung ihrer Beschäftigungsoffensive umgehend alle Maßnahmen zu ergreifen, welche

·        die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs stärken,

·        das Wirtschaftswachstum fördern,

·        und damit die bestehenden Arbeitsplätze absichern und neue Arbeitsplätze schaffen,

·        den Arbeits- u. Wirtschaftsstandort sichern und ausbauen,

·        die Infrastruktur verbessern, was insbesondere durch den Lückenschluss und den Ausbau des hochrangigen Straßen- und Bahnnetzes geschehen soll,

·        die Forschungsquote von derzeit 2,3 % des BIP auf mittelfristig 3 % BIP erhöhen,

·        die laufenden bzw. zukünftigen Bewilligungsverfahren beschleunigen,

·        eine Forcierung der Breitbandanbindungen sicherstellen,

·        die Errichtung von bereits genehmigten Ökostromanlagen ermöglichen,

·        flexiblere Arbeitszeiten – auf Sozialpartnerebene verhandelt – gestatten,

·        Qualifikationsoffensiven zur ständigen Weiterbildung fördern,

·        die zusätzliche Einstellung von Lehrlingen fördern,

·        die illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit bekämpfen,

·        und die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft unterstützen.“

 

Der Nationalrat begrüßt weiters, dass dieser Reformdialog den Startschuss zur Erarbeitung des nationalen Reformplans darstellt und geht davon aus, dass nach Erarbeitung auf breiter Basis dieser von Österreich im Rahmen der „Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung“ im Herbst 2005 der EU vorgelegt wird.

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.