607/A XXII. GP

Eingebracht am 11.05.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Mag.Tancsits, Walch

und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992

Das Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 21 Z 2 lautet:

         „2. in den letzten fünf Jahren mindestens zwei Jahre in Österreich berufstätig waren, und“

2. § 21 Z 3 lautet:

         „3. abgesehen vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft und des Wahlalters von der Wählbarkeit in den Nationalrat nicht ausgeschlossen sind.“

3. Nach § 100 Abs. 12 wird folgender Abs. 13 angefügt:

„(13) § 21 Z 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2005 treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 53 Abs. 1 lautet:

„(1) Wählbar sind alle Arbeitnehmer, die

           1. amTag der Ausschreibung der Wahl das 19. Lebensjahr vollendet haben und

           2. seit mindestens sechs Monaten im Rahmen des Betriebes oder des Unternehmens, dem der Betrieb angehört, beschäftigt sind und

           3. abgesehen vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind (§ 22 Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl. 471/1992, in der jeweils geltenden Fassung).“

2. § 126 Abs. 5 lautet:

„(5) Wählbar sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die

           1. am Tag der Wahlausschreibung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und

           2. am Tag der Wahl seit mindestens sechs Monaten im Betrieb beschäftigt sind und

           3. abgesehen vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft und des Alters vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind (§ 22 Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl. 471/19992, in der jeweils geltenden Fassung).“

3. Nach § 254 Abs. 16 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) §§ 53 Abs. 1 und 126 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2005 treten mit 1. Juli 2005 in Kraft und sind auf Wahlen anzuwenden, bei denen die Wahlausschreibung nach dem 30. Juni 2005 erfolgt.“

Begründung

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 8. Mai 2003, Rs C-171/01 ausgesprochen, dass § 21 AKG, der türkische Arbeitnehmer vom passiven Wahlrecht ausschließt, ge­meinschaftsrechtswidrig ist. Auf Grund dieses Urteils erkannte der VfGH in seinem Erkenntnis vom 3. Dezember 2003, W I-14/99 die Wahl zur Vollversammlung der Arbeiterkammer Vorarlberg 1999 als rechtswidrig.

Im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (Rs C-465/01) hat der EuGH am 16. September 2004 schließlich entschieden, dass

         1. der Ausschluss von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Mitgliedstaaten der EU oder des EWR vom passiven Wahlrecht zu den Arbeiterkammern dem Gemeinschaftsrecht widerspricht und

         2. der Ausschluss von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Drittstaaten, mit den denen ein Abkommen in Bezug auf die Nicht-Diskriminierung bei den Arbeitsbedingungen besteht, vom passi­ven Wahlrecht zu den Betriebsräten und zu den Arbeiterkammern ebenfalls dem Gemeinschaftsrecht widerspricht.

Aus diesen Gerichtsentscheidungen ergibt sich folgende Rechtslage:

Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europä­ischen Wirtschaftsraumes oder Staatsangehörige eines Staates, mit dem die Ge­meinschaft ein Abkommen geschlossen hat, das den Grundsatz der Nichtdiskriminie­rung der rechtmäßig in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus diesem Staat regelt, sind sowohl zum Betriebsrat als auch zur Vollversammlung der Arbeiterkammer - bei Erfüllung der sonstigen Wählbarkeits­voraussetzungen - passiv wahlberechtigt.

Die gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung des § 21 AKG wurde bei den letzten Arbeiterkammerwahlen 2004 mittels eines Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die Hauptwahlkommissionen  sichergestellt.

Allerdings genügt die gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung nationaler Bestimmungen, die vom Wortlaut her gemeinschaftsrechtswidrig sind, nicht. Not­wendig ist vielmehr eine ausdrückliche Änderung gemeinschaftsrechtswidriger na­tionaler Regelun­gen, wie sie mit dem gegenständlichen Initiativantrag vorgesehen ist.

Die vorliegende Änderung dehnt das passive Wahlrecht auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, aus und trägt damit auch den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Europäischen Sozialcharta (Art. 5) sowie aus Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (Übereinkommen Nr. 87) Rechnung.

Die Änderung soll mit 1. Juli 2005 wirksam werden. In Bezug auf Betriebsratswahlen ist dabei auf das Datum der Wahlausschreibung (§ 55 Abs. 2 ArbVG) abzustellen.

Über die Öffnung des passiven Wahlrechts auch auf nicht-österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinaus soll in § 21 Z 2 AKG die bisher enthaltene Wählbarkeitsvoraussetzung, wonach eine mindestens 2-jährige Beschäftigung in einem die Arbeiterkammerzugehörigkeit begründenden Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis in einem Bezugszeitraum von 5 Jahren vorliegen muss, geändert werden. Sachlicher Hintergrund der Anforderung des § 21 Z 2 ist es, bei einer Wahlwerberin bzw. einem Wahlwerber eine gewisse Kenntnis des Arbeitslebens und dessen Rahmenbedingungen vorauszusetzen, wobei dies aber nicht unbedingt daran geknüpft wird, dass jemand eine gewisse Zeitspanne in seiner Tätigkeit arbeiterkammerzugehörig war.

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die Erste Lesung dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.