678/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 08.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Mag. Johann Maier, Mag. Gisela Wurm, Pendl, Bettina Stadlbauer
und GenossInnen
betreffend
Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (RAO), des Rechtsanwalts-Tarifgesetzes
(RATG) und weiterer Regelungen hinsichtlich der freien Rechtsberufe
Bereits in der
Diskussion zum Rechtsanwaltsberufsrechtsänderungsgesetz (1999) und der
Parlamentarischen Diskussion zum EuRAG
(2000) wurde deutlich, dass es für die
rechtsuchende Bevölkerung u.a. ein Kostenproblem bei Inanspruchnahme von
RechtsanwältInnen gibt. Dies wurde vor kurzem auch in einer Umfrage bestätigt:
So hält 83,4 % der vor kurzen in Österreich im Rahmen der
Verbraucherstudie „European
Trusted Brands 2005" Befragten ab, aus
Angst vor hohen Kosten einen Rechtsanwalt zu
konsultieren. Überhöhte Honorarforderungen durch RechtsanwältInnen sind ein
weiteres
Problem. Daher mussten in zahlreichen Disziplinarverfahren die einzelnen
Rechtsanwaltskammern (Disziplinarrat) in den
letzten Jahren auch Beschwerden wegen
überhöhten RA-Honoraren behandeln.
Es
ist daher sinnvoll die Informations- und Aufklärungspflichten von
RechtsanwältInnen zu verstärken und
im Rahmen einer generellen Neuordnung des
anwaltlichen Kostenrechtes strenge Regelungen zur Kostentransparenz in der RAO
bzw. im RATG vorzusehen.
Darüber hinaus sind ergänzende standesrechtliche Regelungen bzw.
zusätzliche gesetzliche
Maßnahmen sinnvoll. Wenn gleich für Rechtsanwälte die Eintragung in das
anwaltliche
Treuhandbuch beim Liegenschaftsverkehr zwar nun obligatorisch ist, stellt der
Missbrauch
bzw. die Veruntreuung von Klientengeldern noch immer ein Problem mit fatalen
Auswirkungen für die betroffenen
Treugeberlnnen dar. Bedauerlicherweise haben auch nicht
alle österreichischen Rechtsanwaltskammern
„Vertrauensschadensversicherungen“
abgeschlossen. Daher sollten die bestehenden Treuhandregelungen und
Versicherungen bei
den freien Rechtsberufen evaluiert werden. Darüber hinaus sollte in
diesem Zusammenhang
eine gesetzliche Neuregelung des Instituts
der Treuhandschaft in Erwägung gezogen werden.
Dem internationalen
Trend folgend ist auch in Österreich, die interdisziplinäre
Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen freien Rechtsberufen zu regeln. Durch
den
Gesetzgeber
sollte daher auch multidisziplinäre Partnerschaften zwischen den freien
Rechtsberufen unter bestimmten Bedingungen ermöglicht werden.
Mit der
geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie sollte auch die Rechts- und
Steuerberatung
inklusive der Vertretung vor Gerichten und
Behörden erfasst und beispielsweise für
Rechtsanwälte aus anderen EU-Mitgliedsländern geöffnet werden: Dienstleistungen
von
Rechtsanwälten bzw. von den freien Rechtsberufen sollten
grenzüberschreitend in anderen
Mitgliedsstaaten angeboten und durchgeführt werden können.
Für
alle Dienstleistungsbringer, die in einem anderen EU-Land ihre Leistungen
anbieten
wollen, ohne sich dort
niederzulassen, sah der Bolkestein-Vorschlag allerdings das - zu Recht
heftigst kritisierte -
„Herkunftslandprinzip“ vor. Dies bedeutet, dass Rechtsanwälte,
Steuerberater etc. grundsätzlich in einem anderen Mitgliedstaat tätig
werden können, solange
sie nur die im Land ihrer Niederlassung
(z.B. Slowakei) geltenden Rechts- und
Verwaltungsvorschriften einhalten. Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen
wären sie
keinen zusätzlichen Anforderungen, wie Zulassungen, einer besonderen
Berufshaftpflichtversicherung (d.h. mit Mindestdeckungssumme), einer
Vertrauensschadensversicherung, oder dem Disziplinarrecht einer
Interessensvertretung
unterworfen. Die österreichischen Rechtsanwaltskammern - wie auch andere
gesetzliche
Interessensvertretungen der freien Berufe - würden damit weitestgehend
ausgeschaltet, auch
hinsichtlich der Wahrung der Interessen der anwaltlichen KlientInnen (z.B.
Disziplinarrat).
Die nationalen
Bestimmungen des Niederlassungsstaates (z.B. Slowakei) würden nach diesen
Vorstellungen u.a. Qualität der
Rechtsberatung und der Vertretung, Werbung, Honorar und
Haftung (z.B. für fehlerhafte Beratung) dieser Rechtsanwälte regeln.
Außerdem wäre nur das
Herkunftsland des Rechtsanwaltes (z.B.
Slowakei) für die Kontrolle verantwortlich, dass
Rechtsanwälte alle Rechtsvorschriften einhalten, selbst dann, wenn die
Leistungen in einem
anderen Mitgliedstaat (z.B. Österreich) ausgeführt werden. Aber auch der Ersatz
des
„Herkunftslandsprinzip“ durch das „Prinzip der gegenseitigen
Anerkennung“ löst viele dieser
Probleme nicht. Aus Sicht der Antragsteller
ist der Zugang bzw. Niederlassung von
Rechtsanwälten aus anderen EU-Mitgliedsländern in Österreich unter Wahrung des
Rechtsschutzes der Klienten im EuRAG ausreichend geregelt.
Die Europäische
Union wiederum hat nun für die anstehenden WTO-Verhandlungen (GATS)
den WTO-Mitgliedern u.a. auch den Zugang zum
Rechtsberatungsmarkt angeboten,
ausländische Rechtsanwälte (z.B. USA)sollen im EU-Raum ohne
Einschränkung tätig werden
dürfen. Ein
Vorteil für die rechtssuchende Bevölkerung kann darin allerdings nicht erblickt
werden; im Gegenteil, Probleme und
Nachteile für KlientInnen werden zunehmen.
Klare Regelungen sind einerseits zum Schutz der KlientInnen und
andererseits zur
Absicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Personen, die in Österreich
in den
freien Rechtsberufen tätig sind,
notwendig. Eine Deregelulierung würde die Probleme nur
verschärfen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
1.
Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht einen Gesetzesvorschlag
hinsichtlich der
Änderung der Rechtsanwaltsordnung (RAO) und
des RATG. dem Nationalrat
vorzulegen und darin insbesondere gesetzliche Regelungen vorzusehen, die
1.1.
eine große und
grundsätzliche Reform des anwaltlichen Kostenrechts (um
beispielsweise besondere
Aufklärungspflichten des Rechtsanwaltes über den zu
erwartenden Honoraranspruch vorzusehen und eine bessere Information der
Klientinnen
zu gewährleisten),
1.2.
eine Verkürzung
der Rechtsanwaltsausbildung - unter Beibehaltung der
österreichischen Ausbildungs- und Qualitätsstandards - um eine Benachteiligung
inländischer Rechtsanwältinnen zu
verhindern,
1.3.
eine Einbeziehung
aller Rechtsanwaltsanwärterinnen ab dem Beginn ihrer
Tätigkeit in die Alters -,
Berufsunfahigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der
Rechtsanwaltskammern mit einer angemessenen Mindestversorgung sowie
1.4.
die Ermöglichung
der Gründung interdisziplinärer Gesellschaften zwischen
Mitgliedern der freien Rechtsberufe (z.B. Rechtsanwälte und
Wirtschaftstreuhänder)
beinhalten.
2.
Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, die bestehenden
Treuhandregelungen
bzw.
Treuhandschutzeinrichtungen bei den freien Rechtsberufen (Treuhänder) einer
Evaluierung zu unterziehen und
allenfalls Reformvorschläge zu erstatten, um für die
Zukunft Rechtssicherheit und Vertrauen bei
den Treugeberlnnen sicherzustellen.
3.
Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, auf der europäischen
Ebene mit
allem Nachdruck das
Herkunftslandprinzip wie auch das Prinzip der gegenseitigen
Anerkennung für die berufliche Tätigkeit der freien Rechtsberufe
(Rechtsanwälte,
Notare, Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater
etc.) im Rahmen der EU-
Dienstleistungsrichtlinie sowie einen nicht geregelten Zugang zur
Ausübung der freien
Rechtsberufe in Europa mit allem Nachdruck abzulehnen (WTO).
Zuweisung: Justizausschuss