682/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 08.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend österreichisches Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013

 

 

Nach der grundlegenden Reform der ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in den Jahren 2003 und 2004 steht im neuen EU-Finanzierungszeitraum (2007 - 2013) die Entwicklung des ländlichen Raums (zweite Säule) im Mittelpunkt der Reformen. Das neue Programm und dessen Finanzierung wird die ländlichen Regionen in Europa tiefgreifend beeinflussen. Die künftige EU-Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) nach dem Motto: „Ein Fonds, ein Programm, eine Kontrolle“ wird den Schwerpunkt auf die drei folgenden Bereiche legen:

 

Achse 1: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirtschaft

Achse 2: Förderung von Umweltschutz und Landmanagement

Achse 3: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft und Verbesserung der Lebens­qualität im ländlichen Raum

 

Das Leader-Modell wird auf EU-Ebene fortgesetzt und ausgebaut, wobei in jeder Achse der Leader-Ansatz integriert werden sollte. Die Mitgliedstaaten, Regionen und lokale Aktionsgruppen sollen mehr Mitsprachemöglichkeiten haben. Die Programme müssen auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmt werden.

 

Die Ziele, Maßnahmen und Förderakzente für die Programm-Periode 2007-2013 sind an folgenden gesellschaftlich erwünschten Leistungen zu messen:

 

-          Verbesserung der Ökologischen Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit

-          Sicherung der Gentechnikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft

-          Stärkung des ländlichen Raums als Lebens- und Arbeitsraum

-          Verbesserung der Lebensqualität

-          Herstellung von Fördergerechtigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen

-          Gleichstellung von Frauen und Männern

-          Förderung von artgerechter Tierhaltung und Tierschutzmaßnahmen

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird ersucht, im Zusammenhang mit dem österreichischen Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 folgende Voraussetzungen zu schaffen bzw. Maßnahmen zu setzen:

 

Allgemeine Ziele und Leitlinien:

 

-   Ländliche Entwicklung finanziell absichern: Die Nettozahler-Position der österreichischen Bundesregierung darf die Finanzierung des Programms für die Ländliche Entwicklung (ELER) auf EU-Ebene nicht gefährden. Das bisherige Gesamtvolumen des Österreichischen Programms für den ländlichen Raum darf keinerlei Kürzungen zum Opfer fallen.

 

-   Partizipation ermöglichen: Es ist ein Begleitausschuss einzurichten und bereits bei der Programmplanung eine breite Palette von einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, des Regionalmanagements, der Umwelt-, Bio- und Tierschutzorganisationen sowie kultureller Interessensgemeinschaften sowie Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in die Programmplanung einzubinden.

-        Das österreichische Parlament ist laufend zu informieren und einzubinden. Das neue Programm muss vor der Einreichung in Brüssel dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

 

-   Gleichstellung verankern: Das Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter ist in allen Achsen zu berücksichtigen. Chancengleichheit muss messbar werden, daher sind die Daten um Chancenindikatoren zu erweitern (Geschlecht, Alter, Art der geförderten Bereiche, Tätigkeiten). In den Programmdokumenten ist eine geschlechterbezogene Sprache anzuwenden. Der Umsetzungsprozess muss begleitet werden.

 

-   Gentechnikfreiheit absichern: Ziel des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung muss eine gentechnikfreie Produktion und die Schaffung gentechnikfreier Regionen sein.

 

-   Biolandwirtschaft als Leitbild: Zwischen dem EU-Strategiepapier zur Ländlichen Entwicklung und dem EU-Bioaktionsplan ist eine nachvollziehbare Verbindung herzustellen.

 

-   Fördergerechtigkeit herstellen: Die Modulation ist unter Berücksichtigung der Betriebskostendegression bei größeren Betrieben zu verstärken mit dem Ziel, Wettbewerbsverzerrungen mit kleineren oder mittleren Betrieben auszugleichen und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten und zu schaffen. Mit den Mitteln der Modulation sind ökologische Maßnahmen und kleine Betriebe verstärkt zu fördern.

 

-   Erfolgsprojekt Leader ausbauen. Das Leader-Modell ist in größerem Maßstab anzuwenden und die Entstehung dynamischer Netzwerke von unten ist zu fördern.

 

-   Die Forstlichen Förderungen sind an den Ergebnissen des Walddialogs auszurichten. Die Gewährung von Forstlichen Förderungen ist an einen Kriterienkatalog „Gute forstfachliche Praxis“ zu binden.

 

-   Die Evaluierungsergebnisse des bisherigen Programms für die ländliche Entwicklung sind im neuen Programm konsequent zu berücksichtigen.

 

 

Maßnahmen der Achse 1 Wettbewerbsfähigkeit:

 

-   Investitionsförderungen: Es ist ein Gleichgewicht zwischen Betriebsrentabilität, Umweltschutz und der sozialen Dimension zu finden. Die Investitionsförderungen sind so anzulegen, dass die geförderten Investitionen aus ökologischer, arbeitsmarktpolitischer und sozialer Sicht eine nachhaltige Wirkung zeigen:

-             Senkung des Mindest-Investitionsvolumens von derzeit allgemein € 7.500,-- bzw. € 3.700,-- für Verbesserungsinvestitionen im Bereich Qualität und artgerechte Tierhaltung, damit auch kleinere Investitionsvorhaben von den Förderungen profitieren können

-             Vereinfachung der Abwicklung bei niedrigen Förderbeträgen unter 2500 Euro; verpflichtende Erstellung eines Betriebskonzeptes bei hohen Förderbeträgen über 10.000 Euro

-             Ausweitung des FörderbezieherInnenkreises auf große Verarbeitungsbetriebe nur bei Schaffung neuer Arbeitsplätze oder innovativer Produktionen

-             Förderung der Umstellung auf artgerechte Tierhaltungssysteme, wobei umfassendere Tierschutzziele deutlich bevorzugt zu fördern sind

-             Förderung einer gentechnikfreien Produktionsschiene im Futter- und Lebensmittelbereich und keine Förderungen für Investitionen in die Gentech-Produktion

-             Förderung betriebsübergreifender Investitionen in Verarbeitung, Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit sowie Förderung von Innovationen

-             Förderung der Diversifizierung der landwirtschaftlichen Betriebe mit Schwerpunkt auf Qualitätserzeugnisse, Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung sowie umweltverträgliche Produktionsverfahren

 

-   Bildung:

-             Der Zugang zu Fördermitteln im Bildungs- und Beratungsbereich ist einem erweiterten Kreis an Bildungsanbietern zu ermöglichen, um durch verstärkten Wettbewerb eine Qualitätssteigerung zu erreichen. Es ist eine Vernetzung der Bildungsanbieter und der Bildungsinfrastruktur anzustreben.

-             Die Ausbildung und Beratung ist an die neuen ökologischen Herausforderungen anzupassen und zu verbessern. Innovative Ausbildungs- und Bildungsprogramme für Bäuerinnen und Bauern sind verstärkt zu fördern, insbesondere in den Bereichen Ökologie, Tourismus, Gesundheit.

-             Es ist ein übergeordneter Bildungsausschuss einzurichten, der  Bildungsschwerpunkte festsetzt, die Kontinuität von Bildungsmaßnahmen sicherstellt, Qualitätsprüfungen vornimmt und die Qualität laufend weiterentwickelt.

 

-   Frauen:

-             Die Gleichstellungsorientierung und Gender Mainstreaming ist auf allen Bereichen und Ebenen anzuwenden. Zur Umsetzung sollte ein entsprechender finanzieller und institutioneller Rahmen zur Verfügung gestellt werden. Es sind spezifische Fördermaßnahmen für Frauen im Programm zu formulieren und umzusetzen. Die Organisation und Vernetzungsarbeit von Frauen im ländlichen Raum ist zu fördern.

 

Maßnahmen der Achse 2 Landmanagement:

 

-   Die Ausgleichszulage für Bergbäuerinnen und –bauern ist als erfolgreiches Konzept zur Erhaltung der Berglandwirtschaft beizubehalten und die Empfehlungen laut Evaluierungsbericht sind zu berücksichtigen. Betriebskategorien mit besonders hoher Bewirtschaftungserschwernis sind in der Förderung besser zu dotieren.

 

-   Das Österreichische Agrarumweltprogramm ist qualitativ nachweisbar zu verbessern durch klare Zielvorgaben und Berücksichtigung der Evaluierungsergebnisse. Weitere Maßnahmen:

-             Die Teilnahme am ÖPUL ist an die Verwendung von gentechnikfreiem Saatgut zu binden.

-             Österreich muss seinem Ruf als „Bio-Vorreiter-Land“ gerecht werden und im nationalen Programm die Steigerung des Biolandbaus als Ziel verankern.

-             Die Maßnahme Biolandbau muss im Vergleich zur Maßnahme Betriebsmittelverzicht wesentlich höher als bisher dotiert werden, um die wesentlich höheren Anforderungen an Biobetriebe auszugleichen.

-             Durch die Förderungen im Rahmen des ÖPUL sollen möglichst viele Betriebe motiviert werden, nach hohen Umweltstandards zu wirtschaften. Größere Betriebe profitieren auch bei der Produktion nach hohen Umweltauflagen von einer Degression der Fixkosten.  Um die Fördergerechtigkeit sicherzustellen, sollten die Förderbeiträge je nach Programm daher ab 100 ha Reduzierte Landwirtschaftliche Nutzfläche (RLN) degressiv gestaltet werden. 

-             Artgerechte Tierhaltung und Tierschutz ist als verpflichtende Maßnahme in Achse II zu verankern. Die Förderung von Tierschutzmaßnahmen ist durch Etablierung eines entsprechenden Finanztopfes sicherzustellen. Freilandhaltung und Weidemanagment sind verstärkt zu berücksichtigen.

-             Die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen zur Umsetzung von Natura 2000 (partizipative Erstellung von Managementplänen, Durchführung von Maßnahmen, Abgeltung von Bewirtschaftungseinschränkungen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) muss verbessert, zumindest jedoch im bisherigen Ausmaß sichergestellt werden. Bisher erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen (Anlegung von Landschaftselementen, ökologisch wertvolle Flächen, Streuobstwiesen etc.) sollen konsequent weitergeführt werden.

 

-   Grünland:

-             Die Grundförderung für Grünland muss im Hinblick auf den Beitrag zum Bodenschutz, zur Kulturlandschaft und Artenvielfalt im Prinzip aufrechterhalten werden. Die Umsetzung kann im Zusammenhang mit Weidehaltung, Offenhaltung der Kulturlandschaft und Mindestbewirtschaftung erfolgen.

-             Die Grünlandprämie ist insbesondere im biologischen Landbau aufzustocken, um die Auflagen der Bio-Tierhaltung und Fütterung abzugelten.

-             Die arbeitsintensive Bewirtschaftung der Bergmähder ist verstärkt zu fördern.

-             Silofreie Grünlandbewirtschaftung (Qualitätsmilchprodukte) soll regional etabliert und die Bewirtschaftungserschwernis abgegolten werden.

 

-   Biodiversität, Artenvielfalt:

-             Voraussetzung für alle am ÖPUL beteiligten Betriebe ist die Offenhaltung der Kulturlandschaft und die verpflichtende Erhaltung der Landschaftselemente.

-             Die Erhaltung und Verbesserung der pflanzen- und tiergenetischen Ressourcen ist verstärkt zu fördern.

-             Die genetische Variabilität von Saatgut und die Herstellung von Biosaatgut und gentechnikfreiem Saatgut sind verstärkt zu fördern und sicherzustellen.

 

-   Schutz des Grundwassers:

-             Es sollen nur Betriebe bis max. 2,5 GVE/ha, die sich verpflichten, ihren Tierbesatz innerhalb der Programmperiode auf 2 GVE/ha abzusenken, am ÖPUL-Grundwasserschutz-Programm teilnehmen können. Eine generelle Senkung des Eintrages von Nitrat in die Porengrundwässer ist anzustreben.  Sie soll zu einer messbaren  Verringerung des Nitratgehaltes führen und bis zum Jahr 2012 sollte der Nitratgehalt im Bundesdurchschnitt um 20 % und in den Problemgebieten  soweit gesenkt sein, dass es an keiner Messstelle zu nennenswerten Überschreitungen des Schwellenwertes kommt.

 

-   Pestizidreduzierende Maßnahmen sollen nach der  ökologischen Effektivität abgestuft und möglichst gesamtbetrieblich zur Wirksamkeit kommen: die biologische Bewirtschaftung und der gesamtbetriebliche Verzicht auf Pestizideinsatz, sowie der Verzicht auf Herbizide im Getreidebau müssen daher Vorrang erhalten.

 

-   Forstförderungen:

-             Förderungsschwerpunkt ist die naturnahe Waldbewirtschaftung; wirksame waldbauliche Förderungen (z.B. Läuterungen) sind aufrecht zu erhalten.

-             Die Förderung von Aufforstungen ist auf spezielle Fälle zu beschränken: z.B. Wiederaufforstung nach Katastrophen, Anlage von Laubholzkulturen, Schutzwaldsanierung, Anlage von (standortangepassten Mischwäldern) in waldarmen Regionen.

-             Die Förderung des Forststraßenbaus sollte an konkrete Maßnahmen wie z.B. Verbesserung der Schutzfunktion und die Naturnähe der Bewirtschaftung geknüpft werden. Die Fördergelder sollten verstärkt für die Sanierung von Forstwegen herangezogen werden.

-             Geeignete Maßnahmepakete zur Umsetzung der Natura2000-Richtlinie in betroffenen bewaldeten Flächen sind zu entwickeln.

-             Die Bereitstellung von Energieholz ist zu fördern (z.B. Energieholzprämie bei unrentablen Erstdurchforstungen in schwierigem Gelände).

 

Maßnahmen der Achse 3 Lebensqualität und Diversifizierung

 

-   Anstatt die EU-Agrarwirtschaft „wettbewerbsfähiger“ für den Weltmarkt zu machen, gilt es, ein weiteres Aussterben der Dörfer und die Abwanderung in die Städte zu verhindern.

 

-   Stärkung der Verbindung Landwirtschaft, Tourismus und Handel:

-             Die Vernetzung der Land- und Forstwirtschaft mit anderen Sektoren der regional ansässigen Wirtschaft (Bäckereien, Gasthöfen, Fleischhauereien etc.) ist zu fördern.

-             Die Diversifizierung der Betriebe hin zu nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten z.B. im Dienstleistungs- und Tourismusbereich („Urlaub am Bauernhof“) ist zu unterstützen.

 

-   Die Besonderheiten der Bergland- und forstwirtschaft sind in geeigneter Weise zu nutzen und in den gesamten Bereich von der Nahrungsmittelproduktion über die Verarbeitung bis zur Vermarktung mit einzubeziehen. Das Protokoll Berglandwirtschaft der Alpenkonvention zur Erhaltung einer standort- und umweltgerechten Landwirtschaft und Almwirtschaft ist umzusetzen. Die Multifunktionalität der Wirtschaftstätigkeiten im Berggebiet (Erwerbskombination, Tourismusaktivitäten, regionale Spezialitäten) ist durch integrative Konzepte speziell zu berücksichtigen:

-             Kooperation mit den Schulen (Förderung von „Schule am Bauernhof-Projekten“)

-             Förderung von grenzüberschreitenden Kooperationen

-             Förderung der Schaffung von Bio-Regionen

 

-   Es müssen neue Einkommensmöglichkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien wie Biomasse, Wind, Sonne und nachwachsende Rohstoffe geschaffen werden. Der Leader-Ansatz bietet sich für die vertikale Integration der Logistikkette im Bereich der Bereitstellung von Energie aus Biomasse an.

 

-   Die Basisinfrastruktur und die Voraussetzungen für den Zugang zu Basisdienstleistungen insbesondere für Frauen und ältere Menschen müssen verbessert werden.

 

-   Durch den verbesserten Zugang zu neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sollen insbesondere für junge Menschen und Frauen neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden.

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.