779/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 25.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Bettina Stadibauer, Dr. Jarolim, Gabriele Heinisch-Hosek
und GenossInnen
betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen
Der organisierte Menschenhandel ist neben dem Drogenhandel und dem illegalen
Waffenhandel ein
Schwerpunkt des Betätigungsfeldes
der international organisierten Kriminalität. Immer mehr
Menschen (vor allem Frauen, aber auch Kinder und im geringeren Maß Männer)
werden Opfer
dieser verbrecherischen Aktivitäten. Laut Schätzungen der UNO werden zwischen
700.000 und
zwei Millionen Mädchen und Frauen pro Jahr verschleppt und zur Prostitution
gezwungen. Bis zu
500.000 Frauen werden allein jährlich in
EU-Länder geschleust.
Einer der
Ansatzpunkte, mit welchem diesen verbrecherischen Aktivitäten gegengesteuert
werden
soll, besteht sicher darin, die internationale Zusammenarbeit von Justiz und
Polizei gegen die
organisierte Kriminalität zu verstärken und
diese Form der Kriminalität bestmöglich zu bekämpfen.
Darüber hinaus muss natürlich auch versucht werden, in den Ländern, in
denen besonders für den
Menschenhandel rekrutiert wird, die Strukturen so zu verbessern, dass eine
präventive Wirkung
eintritt. Dazu ist verstärkt eine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit
mit diesen Ländern
von Seiten der reicheren Länder herzustellen.
Ein weiterer
wichtiger Ansatzpunkt muss natürlich darin bestehen - und darin liegt der Fokus
des
vorliegenden Forderungskataloges —jenen
Frauen in Österreich, die bereits Opfer des
Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung wurden, möglichst effizient
zu helfen. Gerade in
der bevorstehenden EU-Präsidentschaft Österreichs sollte diesem Thema
ausreichend Raum
gewidmet werden. Es geht darum, diese Frauen
aus der Gewalt zu befreien und ihnen die Rückkehr
zu einem normalen Leben - sei es in ihrem Heimatland oder gegebenenfalls
auch in Österreich - zu
ermöglichen.
Folgender Forderungskatalog (1.-10.) soll demnach zügig umgesetzt werden:
1. Nationaler Aktionsplan
Für ein reibungsloses Zusammenwirken aller staatlichen und
nichtstaatlichen Akteure soll ein
Nationaler Aktionsplan (NAP) erstellt werden. Dieser NAP soll den Rahmen zur
umfassenden
koordinierten Bekämpfung von
Menschenhandel setzen, indem darin für einen bestimmten
zeitlichen Rahmen die Handlungen aller involvierten Akteure in verbindlicher
und
institutionalisierter Weise festgelegt
werden.
Nationale/r Koordinator/in:
Dem im
Nationalen Aktionsplan (NAP) enthaltenen Koordinationsmechanismus soll ein
Nationaler Koordinator vorstehen. Dieser
soll von der Regierung eingesetzt werden und die
übergeordnete Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung des NAP
tragen. Dazu
sollen geeignete Rechtsgrundlagen
geschaffen werden, dass der/die nationale Koordinator/in
durch die entsprechenden Ministerien vollumfängliche logistische und
politische
Unterstützung erfährt.
Nationale/r Berichterstatter/in (Rapporteur/in):
Der/die nationale Rapporteur/in soll mit umfassenden Befugnissen
ausgestattet werden und in
erster Linie die Daten- und
Informationsbeschaffung auf dem Gebiet des Menschenhandels
und deren Auswertung sicherstellen. Alle relevanten Fakten, Daten und weiteren
Informationen sollen an zentraler Stelle
gesammelt und zueinander in Bezug gebracht werden
und damit der Schwerpunkt von eher reaktiven zu proaktiven Maßnahmen
gelenkt werden.
Eine gut ausgestattete Infrastruktur ist dabei notwendig.
2.
Die betroffenen Frauen
sollen eine Stabilisierungszeit von 30 Tagen haben.
Informationspflicht über deren Rechte durch
die zuständige Stelle, den Bund. Möglichkeit der
Krankenversicherung soll gegeben sein.
3.
Aufenthaltstitel
für jene Frauen, die bereit sind, mit der Behörde zu kooperieren.
4.
Bis zur Klärung des Aufenthaltstitels brauchen Frauen Zugang zu
Unterkunft und Betreuung.
Nach Erlangung des Aufenthaltstitels: Es soll der Grundsatz gelten, dass „wer
legal hier lebt,
auch arbeiten können soll".
5.
Um Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr - Unterstützung vor Ort
(Reintegration).
(Durch Zusammenarbeit mit lokalen
NGO's oder Behörden.)
6.
Bei polizeilichen
und gerichtlichen Einvernahmen soll in diesem Zusammenhang speziell
geschultes Personal herangezogen werden.
Deshalb sind die Fortbildungsmöglichkeiten für
RichterInnen, StaatsanwältInnen und PolizistInnen zu verbessern. Man
braucht mehr
spezifisch geschulte DolmetscherInnen.
7.
Der Bund soll die Zahl der Plätze in spezialisierten
Opferschutzeinrichtungen für Opfer von
Frauenhandel/Menschenhandel für alle Bundesländer dringend erhöhen. Diese
Stellen sind
außerdem mit den nötigen
personellen und finanziellen Mitteln auszustatten.
8.
Maßnahmen zum
Schutz der Zeuginnen und Opfer. Namen der Opfer sollen nicht der
Akteneinsicht des Beschuldigten (dessen Rechtsvertreters) unterliegen, soweit
dies ohne
Beeinträchtigung der Beschuldigtenrechte möglich ist. Jedenfalls sollten nicht
die
Heimatadressen und auch nicht die Adressen
der Opferschutzeinrichtungen ersichtlich sein.
Sicherstellung der Kenntnisse über die Möglichkeit der getrennten Einvernahme.
9.
Im Strafrecht soll
die Förderung des Menschenhandels besser als bisher erfasst werden,
insbesondere durch eine Konkretisierung und
Ausweitung der Beitragstäterschaft. Auch soll
das vorsätzliche und wissentliche Ausnützen der Zwangssituation eines
gehandelten Opfers
für den „Freier" adäquat pönalisiert werden (geeignete
gemeinnützige Dienste bzw.
Geldstrafe/Geldbuße - Geld soll zweckgebunden für Opferschutzeinrichtungen
verwendet
werden).
10.
Die europaweite Dimension des Kampfes gegen Menschenhandel und sexuelle
Ausbeutung
von Frauen muss verstärkt wahrgenommen und berücksichtigt werden.
Eine groß angelegte Kampagne gegen Frauenhandel ist dringend erforderlich.
In diesem Sinn stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesregierung wird im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches ersucht,
1. legistische Maßnahmen
vorzubereiten und dem Nationalrat zuzuleiten, welche die
legistischen Forderungen des in der
Begründung dargestellten Forderungskataloges erfüllen,
2, jene Maßnahmen zu setzen, die der Umsetzung der
weiteren Punkte und Inhalte des
Forderungskataloges dienen,
3. dem Nationalrat noch in dieser
Gesetzgebungsperiode einen Bericht über die Umsetzung des
Forderungskataloges betreffend die Maßnahmen gegen Menschenhandel und
sexuelle
Ausbeutung von Frauen zu erstatten.
Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss