793/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 13.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Posch, Dr. Wittmann

und GenossInnen

betreffend Verankerung von sozialen Grundrechten und Einrichtung eines

Menschenrechtsbeirates

In seinen Schlussfolgerungen vom 25. November 2005 über den Bericht Österreichs nach der
UN-Konvention über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte zeigte sich der dafür
zuständige UN-Ausschuss als tief besorgt über den hohen Prozentsatz von an der
Armutsgrenze lebenden Österreicherinnen: 13 % aller Österreicher, sogar 18 % aller Familien
mit mehreren Kindern. Auch in vielen anderen Bereichen zeigt dieser Bericht große soziale
Defizite auf, wobei die hohe Ungleichheit zwischen Mann und Frau, die hohe Anzahl an
„prekären" Arbeitsverhältnissen, der Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen, insbesondere
für Kinder unter drei Jahren, die mangelhaften Arbeitsmarktmaßnahmen und nicht zuletzt die
Auswirkungen der „Pensionsharmonisierung" besonders hervorzuheben sind.

Mit besonderer Dringlichkeit mahnt der UN-Ausschuss die Schaffung von einklagbaren
sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Grundrechten ein und fordert eine geeignete
Institution, die die Einhaltung dieser Menschenrechte überprüft.

Es ist beschämend, dass Österreich, das eines der reichsten Länder der Welt ist, die UN-
Konvention über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte noch immer nicht umgesetzt
hat. Noch beschämender und für die Bevölkerung unmittelbar negativ spürbar ist freilich der
Sozialabbau, der von der ÖVP/FPÖ-Regierung seit 2000 betrieben wird und der in dem
kritischen Bericht des UN-Sozialausschusses dokumentiert wird. Dabei besteht freilich ein
Zusammenhang: Mit der Verankerung von wirkungsvollen sozialen Grundrechten könnte
jede/r Österreicherin einem ungerechtfertigten Sozialabbau wirksam entgegentreten und die
tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau durchsetzen.

Im Österreich-Konvent ist zwar auch über soziale Grundrechte diskutiert worden, doch
gelangte man zu keinem einvernehmlichen Ergebnis. Vor allem scheiterte eine Einigung an
der Weigerung von ÖVP und FPÖ, die Grundrechte wirksam einklagbar zu gestalten, wie dies
auch der Sozialausschuss der UNO entsprechend der UN-Konvention über soziale,
wirtschaftliche und kulturelle Rechte fordert.


Die SPÖ hat einen Grundrechtskatalog vorgelegt, der zeigt, wie eine Umsetzung dieser
Rechte erfolgen könnte, und der als Anlage diesem Entschließungsantrag beigeschlossen ist.
Besonders hervorzuheben sind Art. 10 betreffend das Recht von Frauen und Männern auf
tatsächliche Gleichstellung, Art. 11 über die Behindertenrechte, Art. 12 über die Kinderrechte,
Art. 13 betreffend die Rechte von älteren Menschen, Art. 29 betreffend das Recht, zu arbeiten
und ein Unternehmen zu gründen, sowie die sozialen Rechte der Art. 32 bis 40a. Unter diesen
sozialen Rechten findet sich neben dem Anspruch auf Grundsicherung in Art. 32 und dem
Recht auf soziale Sicherheit in Art. 33 auch das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und
Familie in Art. 38, der jede Frau und jedem Mann einen Anspruch auf ein ausreichendes
Angebot an Kinderbetreuung einräumt.

Die SPÖ hat im Österreich-Konvent gemeinsam mit den Grünen auch Vorschläge für einen
wirksamen Rechtsschutz gemacht, und zwar durch die Möglichkeit einer Beschwerde vor
dem Verfassungsgerichtshof gegen alle Entscheidungen von Gerichten, die diese Grundrechte
verletzen, sowie eine Staatshaftung bei Untätigkeit des Gesetzgebers, wenn der verabsäumt,
die Grundrechte wirksam umzusetzen. Als Instrument der vorbeugenden Rechtskontrolle hat
die SPÖ vorgeschlagen, einen Menschenrechtsbeirat bei der Bundesregierung einzurichten,
der eine umfassende Zuständigkeit für die gesamte Vollziehung hat und entsprechende
Empfehlungen abgeben kann.

ÖVP und FPÖ haben in der letzten Sitzung des besonderen Ausschusses zum Österreich-
Konvent die Verwirklichung dieser Vorschläge wiederum abgelehnt.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher folgende

 


Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, den Nationalrat bis Jahresende einen Bericht über
folgende Fragen vorzulegen:

       Ob die Bundesregierung die Schaffung eines Grundrechtskataloges nach dem Muster des
vom Sozialdemokratischen Grundrechtsforum vorgelegten Grundrechtskatalogs für
unterstützenswert hält?

       Auf welche Weise sonst die Bundesregierung soziale Grundrechte in der Verfassung
verankern will?

       Auf welche Weise die Bundesregierung die tatsächliche Gleichstellung von Mann und
Frau anstrebt?

       Auf welche Weise die Bundesregierung die steigende Armut in Österreich bekämpfen
will?

       Auf welche Weise nach Auffassung der Bundesregierung soziale Grundrechte
einklagbar gestaltet werden sollen, wie dies der UN-Sozialausschuss fordert?

       Ob die Bundesregierung bereit ist, einen Menschenrechtsbeirat mit umfassender
Zuständigkeit für die gesamte Vollziehung einzurichten?

 

Zuweisungsvorschlag: Menschenrechtsausschuss