803/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 02.03.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag.a Brigid Weinzinger und KollegInnen

 

 

betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel

 

 

Trotz einiger gesetzlicher Verbesserungen bei Opferschutz und -rechten in den letzten Jahren ist die Situation von Opfern von Frauenhandel in Österreich nach wie vor nicht zufriedenstellend: häufig werden Opfer von Frauenhandel an Österreichs Grenzen gar nicht als solche erkannt, Informationen über Verfahrensrechte, Beratungsstellen, etc. seitens der Behörden erfolgen oft nicht rechtzeitig oder sind für die Opfer nicht verständlich, die Anonymität im Verfahren wird nicht gewahrt. Es fehlen ausreichende Aufenthaltsrechte für alle Opfer von Frauenhandel sowie Möglichkeiten zur eigenständigen Existenzsicherung. Auch die Situation der entsprechenden Beratungsstellen und Opferschutzeinrichtungen ist in Österreich prekär.

 

Diese Gesetzeslage ermutigt Opfer von Frauenhandel nicht dazu, Täter anzuzeigen, da sie sich damit selbst verschiedenen Gefahren aussetzen: Der weiteren Verfolgung durch Täter oder deren Komplizen, wenn ihre Namen im Verfahren nicht anonymisiert werden, vor allem aber der Verfolgung durch österreichische Behörden im Zuge einer Abschiebung. So werden nicht nur Gewaltopfer in Österreich „im Regen stehen gelassen“, sondern auch der Anspruch des Staates auf Verfolgung von strafrechtlich relevanten Delikten konterkariert.

 

Daher müssen in verschiedenen Bereichen dringend weitere Maßnahmen zum Ausbau der Opferrechte ergriffen werden.

 

 

1.      Ein transparentes Vorgehen im Grenzbereich ist sicherzustellen, damit Opfer von Menschenhandel als solche erkannt und über ihre rechtlichen Möglichkeiten informiert werden und diese Rechte in Anspruch nehmen können.

 

2.      Generell bedarf es umfassender Informationen seitens der Behörden über Opferschutzeinrichtungen und –rechte bereits beim Verdacht, dass es sich um Opfer von Menschenhandel handeln könnte, und zwar je nach Bedarf in Deutsch, Englisch oder der Muttersprache des Opfers.

 

3.      Dringend verbessert werden muss auch die Zusammenarbeit von NGOs und Behörden in Fragen der Opferidentifizierung. Bereits hier – also schon im Vorfeld etwaiger Verfahren – muss es eine Zusammenarbeitspflicht der Behörden geben.

 

4.      Es ist sicherzustellen, dass Opfer von Menschenhandel, die Anzeige gegen Täter erstatten, nicht selbst wegen Erfüllung diverser Verwaltungsstraftatbestände hohe Verwaltungsstrafen zahlen müssen.

 

5.      Erforderlich ist eine klarere Regelung betreffend das Verlangen auf Prozessbegleitung und eine Garantie, dass alle Personen, bei denen die Opferschutzeinrichtungen eine Prozessbegleitung bejahen, diese auch tatsächlich im erforderlichen Umfang erhalten.

 

6.      Eine Erweiterung der gesetzlichen Verankerung von Opferschutzeinrichtungen um die speziell im Bereich Frauenhandel tätigen ist vorzunehmen. Außerdem  sind gesicherte Finanzierung und ein Ausbau der Einrichtungen sicherzustellen.

 

7.      Die Anonymität der Opfer von Menschenhandel im Strafverfahren ist zu wahren.

 

8.      Ein Rechtsanspruch auf Aufenthalt für alle Opfer von Menschenhandel nicht nur während des Verfahrens, sondern auch danach, ist gesetzlich zu verankern.

 

9.      Opfer von Menschenhandel müssen in Österreich ausreichenden Versicherungsschutz und Zugang zu Gesundheitseinrichtungen haben.

 

10.    Es ist sicherzustellen, dass Opfer von Menschenhandel eine Möglichkeit zur eigenständigen Existenzsicherung erhalten, das heißt, dass sie während des Aufenthaltes in Österreich realen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen.

 

11.    Im Bereich Menschenhandel müssen begleitende Schulungen von Exekutive, Gerichten, etc. durch die jeweiligen Ressorts stattfinden.

 

12.    Die Migrationsstatistiken des BMI sind dahingehend zu verbessern, dass in Zukunft die Zahlen betreffend humanitäre Aufenthaltserlaubnisse so weiter untergliedert werden müssen, dass die Zahl der Opfer von Menschenhandel, die eine solche Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, ersichtlich wird.

 

13.    Es sind spezielle Resettlement-Programme für jene Opfer von Menschenhandel auszuarbeiten und umzusetzen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren wollen.

 

 

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der ein umfassendes Paket von Opferrechten für Opfer von Frauenhandel enthält.

 

Dieser Gesetzesentwurf soll die in der Begründung angesprochenen Bestimmungen enthalten und vom Grundprinzip getragen sein, dass Opfer von Frauenhandel mit umfassenden Rechten ausgestattet werden müssen,

 

- um aus der Gewaltsituation so früh wie möglich und so unversehrt wie möglich herauszukommen;

- um erlittene Traumatisierungen mittels kompetenter Beratung und Begleitung so gut wie möglich verarbeiten zu können;

- um unter Wahrung der eigenen Sicherheit möglichst effizient Täter anzeigen und im Verfahren mitwirken zu können;

- um in Verfahren gegen die Täter nicht nochmals von Behörden gedemütigt zu werden, entsprechend mitwirken zu können und ihre eigenen Ansprüche gegen die Täter durchsetzen zu können;

- um durch ausreichend gesicherten Aufenthalt und Existenzsicherungsrecht in Österreich aus der Opferrolle treten und eigenständig für sich sorgen zu können.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.