811/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 29.03.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Bettina Stadlbauer, Parnigoni,

Beate Schasching, Dr. Wittmann

und GenossInnen

betreffend „Sicherheit im Sport - Sicherheitskonzepte für Sportgroßveranstaltungen

(EURO 2008) - Gegen Gewalt, Hooliganismus und Rassismus im Sport"

Der Entschließungsantrag 709 (XXII.GP) vom 28. September 2005 betreffend
"Sicherheitskonzept für die EURO 2008 - Sicherheit bei Sportveranstaltungen" wurde im
Innenausschuss und im Nationalrat durch die Abgeordneten der Regierungsparteien aus nicht
nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Ein fast gleichlautender EA wurde im Sportausschuss -
ebenfalls mit den Stimmen der Abgeordneten der Regierungsparteien - vertagt.

Wenngleich nun Teile des Sicherheitskonzeptes für die EURO 2008 öffentlich gemacht wurden
und mit der Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes notwendige Rahmenbedingungen zur
Bekämpfung von Gewalt und Hooliganismus geschaffen wurden, sind viele Sicherheitsfragen zur
EURO 2008 sowie insgesamt zu zukünftigen Sportgroßveranstaltungen bislang unbeantwortet
geblieben.

Dieser abgelehnte SPÖ-Antrag war u.a. wie folgt begründet:

„Das Sicherheitskonzept für die Fußball-Europameisterschaft 2008 wurde überraschend am
26.9.2005 durch die Bundesministerin für Inneres vorgestellt. Nach Presseberichten sieht dieses
Konzept eine umfassende Überwachung in nachstehenden Bereichen vor:

Kriminalität, Hooliganismus, Personenschutz, organisiertes Verbrechen,
Katastrophenschutz, Terrorismus und Verkehrssicherheit.


Konkret vorgesehen sind dabei u. A. Sicherheitszonen mit Wegweiserecht um die Stadien (SPG-
Novelle), die Erstellung einer zentralen Gefährderdatei (Hooligan-Datei), Datenaustausch
zwischen den Mitgliedstaaten sowie der Einsatz von strafrechtlichen Schnellverfahren.
Grenzkontrollen könnten gegenüber den Schengen-Staaten wieder eingeführt werden. Besondere
Aufgaben sollen auch private Sicherheitsdienste übernehmen.

Unbekannt sind aber weiterhin die Kosten für die Umsetzung dieses geplanten
Sicherheitskonzeptes, die Details des Konzeptes sowie deren Kostentragung. Nicht bekannt ist, in
welcher Form und Umfang Videoüberwachung erfolgt, welche Sicherheitstechnik eingesetzt wird
und ob es zu einem Datenabgleich kommt. Nach Ansicht der Antragsteller besteht die Gefahr, dass
gerade durch „überzogene und unverhältnismäßige Maßnahmen" friedliche Fußballfans
pauschal kriminalisiert werden.“

National wie international haben gewalttätige Ausschreitungen vor, bei und nach
Sportveranstaltungen - insbesondere bei Fußballspielen - zugenommen. Gerade international
haben diese Ausschreitungen beim Vereinsfußball eine neue Dimension erfahren. Bei einige
Vereinen hat sich in den letzten Jahren eine gewaltbereite Szene etabliert, die - meist unter
Alkoholeinfluss - vor nichts zurückschreckt. Dabei sind auch - trotz aller Anstrengungen der
FIFA und der UEFA - rassistisch motivierte Ausschreitungen nicht mehr zu übersehen.
Rassismus, Naziverherrlichung, Gewaltpropaganda und Gewalt darf selbst im Sport aber in
keiner Weise toleriert werden.

Neben zweckentsprechenden Kontrollen und abschreckenden Sanktionen sind dazu national
zielgerichtete Präventionsmodelle (sog. Fanprojekte) durchzuführen.

Sicherheit und Schutz vor Gewaltausschreitungen vor, bei und nach Sportveranstaltungen
gewinnen daher immer mehr an Bedeutung und damit auch die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit der Polizeibehörden (insbes. Datenaustausch).

So werden aus Sicht der Deutschen Polizei die Ausschreitungen von so genannten Hooligans bei
internationalen Fußballspielen immer brutaler. Besonders aus Tschechien und Polen kommen
zunehmend gewaltbereite Hooligans mit Beilen und Schlagstöcken zu Spielen. In Deutschland
wurde daher bereits vor einiger Zeit eine Datei „Gewalttäter Sport" angelegt. Derzeit sind in
dieser Datei nach Polizeiangaben allein in Deutschland rund 10.000 Menschen registriert, die
Mehrzahl sind Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren.

Was besonders nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass sich unter den Hooligans viele gut
verdienende Menschen befinden, die den „Kick" suchen. Unter den Hooligans, die sich 2005
anlässlich des Spieles der deutschen Nationalmannschaft in Bratislava prügelten, befanden sich
Rechtsanwälte und Notare, ein Ingenieur und ein Universitätsdozent. Die Situation ist in
Österreich nicht unähnlich.


England hat seit Jahren sehr restriktive Regelungen. Rund 3.500 gewaltbereite britische Fußball-
Hooligans werden nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland einreisen können.
Dieser Personenkreis unterliegt auch auf der Insel einem Besuchsverbot von Fußballstadien.
Durch strikte Stadionverbote ist es gelungen, die Ausschreitungen in Stadien erheblich zu
reduzieren. Die Reisepässe dieser Hooligans wurden in Hinblick auf die WM 2006 eingezogen.
Sie müssen sich zusätzlich regelmäßig zur Kontrolle bei englischen Polizeistellen melden.

Die Erfahrungen der Fußball WM 2006 in Deutschland sind auch bei der weiteren Erarbeitung
des Sicherheitskonzeptes für die EURO 2008 in Österreich zu berücksichtigen
(Stadiensicherheit, RFID-gestützte Eintrittskarten, portables Fingerabdrucksystem,
Zwangsprostitution und Frauenhandel, Public-Viewing-Events, Verkehrsüberwachung,
Finanzierung etc.).

Neben den notwendigen gesetzlichen Maßnahmen sind die lokalen und regionalen
Sicherheitsvorkehrungen entsprechend auszugestalten.

Dafür muss es aber österreichweit einheitliche Bestimmungen geben (z.B. Zugangskontrollen,
Überwachung, Alkoholausschank, Wegweisungsrecht).

Neben traditionellen Sicherheitsfragen (z.B. vor und in Fußballstadien) sind somit eine Vielzahl von
zusätzlichen - neuen - Problemstellungen bei der Durchführung von Sportgroßveranstaltungen wie
der EURO 2008 zu berücksichtigen. Unbestritten ist, dass die größten Sicherheitsprobleme
außerhalb der Stadien bestehen, wo Auseinandersetzungen zwischen Fangruppen zu befürchten sind.
Sicherheitskonzepte dürfen sich nicht auf die Austragungsstadien beschränken, sondern müssen
„Public Viewing-Events" miteinschließen. Es geht daher konkret um die Kontrolle und
Überwachung von „Public-Viewing-Events" sowie um die Überwachung der Verkehrswege von
Bahn und Bussen.

Damit verbunden sind natürlich auch Finanzierungsfragen. So wurden beispielsweise in der Schweiz
bei der Vorbereitung der EURO 2008 die Sicherheitskosten absolut unterschätzt (derzeit 82,5 Mio.
Franken).

Gesamtzahlen über Gewalt, Auseinandersetzungen, Tätlichkeiten vor, während und nach
Sportveranstaltungen liegen in Österreich nicht vor. Bekannt sind nur die Zahlen der T-Mobile
Fußballbundesliga. In Österreich gibt es aber keine Zahlen über die Red-Zac-Liga und andere
Fußball-Ligen sowie über andere Sportarten wie Eishockey etc.. Auch die staatlichen Reaktionen
auf Gewalt, Auseinandersetzungen und Tätlichkeiten und die darauf folgenden
Verfahrensergebnisse sind unbekannt.


Österreich hatte gerade aufgrund der bekannten Sicherheitsprobleme mit der Novelle zum SPG
zu reagieren und für die erfolgreiche Austragung der Fußball-Europameisterschaft 2008
entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit die Spiele in Wien, Klagenfurt, Innsbruck und
Salzburg ohne Krawalle und Auseinandersetzungen abgewickelt werden können. Diese erfordert
aber noch zusätzliche Maßnahmen durch die Landesgesetzgeber insbesondere bei
Videowallveranstaltungen (Public-Viewing-Events). Die österreichische Exekutive hat auf alle
möglichen Herausforderungen gerüstet zu sein - dies betrifft klassische Kriminalität,
Hooliganismus bishin zum Terrorismus. Aus der Vergangenheit bekannt sind zahlreiche Fälle
von Zwangsprostitution (Frauenhandel) bei Sportgroßveranstaltungen, die in Zukunft verhindert
werden müssen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung - insbesondere die Bundesministerin für
Inneres, der für Sportangelegenheiten ressortzuständige Bundeskanzler sowie die
Bundesministerin für Justiz - werden aufgefordert,

1.   ein Rahmen-Sicherheitskonzept für nationale und internationale
Sportveranstaltungen und Sportveranstaltungsreihen (z.B. Meisterschaften) unter
Berücksichtigung internationaler Erfahrungen vorzulegen, welches konkrete Maßnahmen zur
Verhinderung von Gewaltpropaganda, Gewalt, Hooliganismus und Rassismus im Sport
vorsieht,

2.                    einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Frauenhandel und Zwangsprostitution bei
Sportgroßveranstaltungen vorzulegen sowie


3.    eine wissenschaftliche Grundlagenstudie über Gewaltpropaganda, Gewalt, Hooliganismus
und Rassismus vor, bei und nach Sportveranstaltungen in Österreich samt einer Analyse der
möglichen sicherheitsbehördlichen und präventiven Maßnahmen (z.B. Fanprojekte) unter
Berücksichtigung internationaler Erfahrungen in Auftrag zu geben. Mit einzubeziehen sind
auch internationale Beschlüsse und Vorgaben sowie die einschlägige Gesetzeslage. Eine
Analyse und Bewertung von sicherheitsbehördlichen, verwaltungsstrafrechtlichen und
gerichtlichen Maßnahmen (bzw. Erledigungen) sollen einen allfälligen Handlungsbedarf in
der Gesetzgebung oder Vollziehung darlegen. Diese Studie ist in Folge dem Nationalrat als
Bericht vorzulegen.

Zuweisungsvorschlag: Innenausschuss